Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Sept. 2014 - XI ZB 21/13

bei uns veröffentlicht am30.09.2014
vorgehend
Landgericht München I, 27 O 2189/09, 15.04.2013
Oberlandesgericht München, 11 W 1802/13, 02.10.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZB21/13
vom
30. September 2014
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 30. September 2014 durch
den Richter Dr. Joeres als Vorsitzenden, die Richter Dr. Ellenberger und
Dr. Matthias sowie die Richterinnen Dr. Menges und Dr. Derstadt

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 2. Oktober 2013 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 2.161,99 €.

Gründe:

I.

1
Die Parteien streiten im Verfahren der Kostenfestsetzung darum, ob der Beklagten eine 1,6-fache Verfahrensgebühr für das Berufungsverfahren zu erstatten ist.
2
Die Klägerin nahm die Beklagte in erster Instanz erfolglos aus dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung im Zusammenhang mit der Ablösung von Darlehen in Anspruch. Gegen das klageabweisende landgerichtliche Urteil legte sie am 13. Juli 2012 Berufung ein. Daraufhin bestellte sich am 20. Juli 2012 der Prozessbevollmächtigte der Beklagten für die zweite Instanz und beantragte, die Berufung zurückzuweisen. Die Klägerin begründete ihre Berufung am 17. September 2012. Auf Hinweis des Berufungsgerichts vom 19. Oktober 2012 gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO nahm die Klägerin ihre Berufung mit der Kostenfolge des § 516 Abs. 3 ZPO zurück.
3
Dem Antrag der Beklagten, für das Berufungsverfahren eine 1,6-fache Verfahrensgebühr nach §§ 2, 13 RVG i.V.m. Nr. 3200 VV RVG aus einem Streitwert bis 65.000 € nebst einer Pauschale gemäß Nr. 7002 VV RVG und der Umsatzsteuer auf die Vergütung gemäß Nr. 7008 VV RVG gegen die Klägerin festzusetzen, hat das Landgericht entsprochen. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Klägerin hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen.

II.

4
Die Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
5
1. Das Beschwerdegericht (JurBüro 2014, 80 ff.; RPfleger 2014, 228 ff.) hat in seiner Entscheidung ausgeführt, die Beklagte sei berechtigt gewesen, einen Prozessbevollmächtigten zu beauftragen. Entsprechend seien die ihr dadurch entstandenen Kosten in voller Höhe einer 1,6-fachen Verfahrensgebühr von der Klägerin zu ersetzen. Dass die Beklagte einen Sachantrag gestellt habe, bevor die Klägerin ihre Berufung begründet habe, sei ohne Bedeutung, weil die Klägerin anschließend noch eine Begründung eingereicht habe. Gleichfalls bedeutungslos sei der Umstand, dass das Berufungsverfahren nach Vorlage der Berufungsbegründung auf Hinweis des Berufungsgerichts nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO durch Rücknahme erledigt worden sei.
6
2. Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde vergeblich.
7
a) Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig (§ 575 ZPO). Sie ist insbesondere rechtzeitig eingelegt worden. Die vom Beschwerdegericht verfügte formlose Mitteilung des angefochtenen Beschlusses konnte die Notfrist des § 575 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht in Lauf setzen. Der Zustellungsmangel ist nicht nach § 189 ZPO geheilt, weil eine Heilung nach dieser Vorschrift voraussetzt, dass das Gericht mit Zu- stellungswillen gehandelt hat (BGH, Urteil vom 27. Januar 2011 - VII ZR 186/09, BGHZ 188, 128 Rn. 42). Das vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der Beschwerdeschrift der Sache nach abgegebene Empfangsbekenntnis vermag den mangelnden Zustellungswillen des Gerichts nicht zu ersetzen (BGH, Beschluss vom 31. Juli 2003 - III ZB 58/02, WM 2004, 598, 599). Im Übrigen wäre die Beschwerdefrist selbst dann gewahrt, wenn sich die Klägerin an dieser Angabe festhalten lassen müsste (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Juli 2008 - VII ZB 7/08, juris Rn. 7).
8
b) Die Rechtsbeschwerde ist aber in der Sache unbegründet. Zu Recht haben die Vorinstanzen für die Vertretung der Beklagten im Berufungsverfahren die 1,6-fache Verfahrensgebühr nach §§ 2, 13 RVG i.V.m. Nr. 3200 VV RVG als erstattungsfähig angesehen.
9
aa) Der Beklagten sind nach §§ 2, 13 RVG i.V.m. Nr. 3200 VV RVG und Teil 3 Vorbem. 3 Abs. 2 RVG Kosten in Höhe einer 1,6-fachen Verfahrensgebühr für ihren Prozessbevollmächtigten entstanden. Nach Nr. 3201 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VV RVG ermäßigt sich die Verfahrensgebühr zwar bei einer vorzeitigen Beendigung des Auftrags, wozu auch die Beendigung durch Rücknahme der Berufung gehört, auf eine 1,1-fache Gebühr. Hat der Rechtsanwalt aber - wie hier - bereits einen Schriftsatz eingereicht, der Sachanträge enthält, kommt eine vorzeitige Beendigung des Auftrags und damit eine Ermäßigung der Gebühr nicht mehr in Betracht (BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2013 - V ZB 143/12, NJW-RR 2014, 185 Rn. 5 f. mwN). Nr. 3201 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VV RVG ist zudem zu entnehmen, dass allein die Stellung der Sachanträge die volle Verfahrensgebühr auslöst, auch wenn der Schriftsatz des Rechtsmittelgegners keinen Sachvortrag zur Begründung seines Antrags enthält (BGH, Beschluss vom 2. Oktober 2008 - I ZB 111/07, NJW-RR 2009, 859 Rn. 9).
10
bb) Diese Kosten sind der Beklagten nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu erstatten , weil sie zu einer zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Frage, ob aufgewendete Prozesskosten notwendig sind, bestimmt sich grundsätzlich danach, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei eine die Kosten auslösende Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Veranlassung als sachdienlich ansehen durfte. Nach Einreichung der Rechtsmittelbegründung hat der Rechtsmittelgegner ein berechtigtes Interesse daran, mit anwaltlicher Hilfe eine Zurückweisung des Rechtsmittels anzustreben und einen entsprechenden Antrag anzukündigen. Stellt der Rechtsmittelgegner vor Einreichung der Rechtsmittelbegründung einen Zurückweisungsantrag und geht die Rechtsmittelbegründung anschließend ein, ist die Verteidigung bei wertender Betrachtung ebenfalls notwendig. Es liefe auf eine unnötige Förmelei hinaus, vom Rechtsmittelgegner zu fordern, nach Eingang der Rechtsmittelbegründung nochmals einen Schriftsatz mit einem Gegenantrag bei Gericht einzureichen, um die Erstattungsfähigkeit der vollen Verfahrensgebühr herbeizuführen (BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2013 - V ZB 143/12, NJW-RR 2014, 185 Rn. 10). Für die Frage der Erstattungsfähigkeit kommt es mithin nicht auf die zeitliche Reihenfolge der jeweiligen Anträge an.
11
cc) Der Umstand, dass das Berufungsgericht nach Vorlage der Berufungsbegründung nicht in der Sache entschieden hat, weil die Klägerin die Berufung auf Hinweis gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO zurückgenommen hat, ändert , wie in der höchstrichterlichen Rechtsprechung inzwischen geklärt ist, an der Erstattungsfähigkeit der 1,6-fachen Verfahrensgebühr nichts (BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2013 - V ZB 143/12, NJW-RR 2014, 185 Rn. 11 ff.). Ist die Verteidigung des Rechtsmittelgegners in dem Zeitpunkt notwendig, in dem die Rechtsmittelbegründung eingereicht wird, kann es keinen Unterschied machen, auf welche Weise das Rechtsmittelverfahren später beendet wird. Der von der Rechtsbeschwerde angeführte Beschluss des VIII. Zivilsenats vom 10. November 2009 (VIII ZB 60/09, NJW-RR 2010, 1224 Rn. 10) betraf die anders gelagerte Frage, ob der Berufungsbeklagte nach einem ihm mitgeteilten Hinweis des Berufungsgerichts auf den verspäteten Eingang der Berufungsbegründungsschrift Anlass hatte, innerhalb der mit dem Hinweis verbundenen Stellungnahmefrist kostenauslösende Maßnahmen zu ergreifen. Damit ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar.

III.

12
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Joeres Ellenberger Matthias Menges Derstadt
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 15.04.2013 - 27 O 2189/09 -
OLG München, Entscheidung vom 02.10.2013 - 11 W 1802/13 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 30. Sept. 2014 - XI ZB 21/13

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

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(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.§ 542 Ab

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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwer
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(1) Die Gebühren werden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert). (2) Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 13 Wertgebühren


(1) Wenn sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert richten, beträgt bei einem Gegenstandswert bis 500 Euro die Gebühr 49 Euro. Die Gebühr erhöht sich bei einem Gegen- standswert bis ... Eurofür jeden angefangenen Betrag von weiteren ... Euroum ... E

Zivilprozessordnung - ZPO | § 516 Zurücknahme der Berufung


(1) Der Berufungskläger kann die Berufung bis zur Verkündung des Berufungsurteils zurücknehmen. (2) Die Zurücknahme ist dem Gericht gegenüber zu erklären. Sie erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 189 Heilung von Zustellungsmängeln


Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist das Dokument unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, so gilt es in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem das Dokument der Person, an die die Zuste

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(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Der Berufungskläger kann die Berufung bis zur Verkündung des Berufungsurteils zurücknehmen.

(2) Die Zurücknahme ist dem Gericht gegenüber zu erklären. Sie erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes.

(3) Die Zurücknahme hat den Verlust des eingelegten Rechtsmittels und die Verpflichtung zur Folge, die durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten zu tragen. Diese Wirkungen sind durch Beschluss auszusprechen.

(1) Die Gebühren werden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert).

(2) Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz. Gebühren werden auf den nächstliegenden Cent auf- oder abgerundet; 0,5 Cent werden aufgerundet.

(1) Wenn sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert richten, beträgt bei einem Gegenstandswert bis 500 Euro die Gebühr 49 Euro. Die Gebühr erhöht sich bei einem

Gegen-
standswert
bis ... Euro
für jeden
angefangenen
Betrag von
weiteren ... Euro
um
... Euro
2 00050039
10 0001 00056
25 0003 00052
50 0005 00081
200 00015 00094
500 00030 000132
über
500 000

50 000

165


Eine Gebührentabelle für Gegenstandswerte bis 500 000 Euro ist diesem Gesetz als Anlage 2 beigefügt.

(2) Bei der Geschäftsgebühr für eine außergerichtliche Inkassodienstleistung, die eine unbestrittene Forderung betrifft (Absatz 2 der Anmerkung zu Nummer 2300 des Vergütungsverzeichnisses), beträgt bei einem Gegenstandswert bis 50 Euro die Gebühr abweichend von Absatz 1 Satz 1 30 Euro.

(3) Der Mindestbetrag einer Gebühr ist 15 Euro.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
§ 542 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses durch Einreichen einer Beschwerdeschrift bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerdeschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Entscheidung, gegen die die Rechtsbeschwerde gerichtet wird und
2.
die Erklärung, dass gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde eingelegt werde.
Mit der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift der angefochtenen Entscheidung vorgelegt werden.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist, sofern die Beschwerdeschrift keine Begründung enthält, binnen einer Frist von einem Monat zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung. § 551 Abs. 2 Satz 5 und 6 gilt entsprechend.

(3) Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit die Entscheidung des Beschwerdegerichts oder des Berufungsgerichts angefochten und deren Aufhebung beantragt werde (Rechtsbeschwerdeanträge),
2.
in den Fällen des § 574 Abs. 1 Nr. 1 eine Darlegung zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 574 Abs. 2,
3.
die Angabe der Rechtsbeschwerdegründe, und zwar
a)
die bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt;
b)
soweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Beschwerde- und die Begründungsschrift anzuwenden. Die Beschwerde- und die Begründungsschrift sind der Gegenpartei zuzustellen.

(5) Die §§ 541 und 570 Abs. 1, 3 gelten entsprechend.

Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist das Dokument unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, so gilt es in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem das Dokument der Person, an die die Zustellung dem Gesetz gemäß gerichtet war oder gerichtet werden konnte, tatsächlich zugegangen ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 58/02
vom
31. Juli 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Für die Klage auf Auszahlung einer nach DDR-Recht festgesetzten, jedoch
nicht geleisteten (steckengebliebenen) Enteignungsentschädigung ist der
Zivilrechtsweg gegeben.
BGH, Beschluß vom 31. Juli 2003 - III ZB 58/02 - KG Berlin
LG Berlin
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Dr. Rinne und die Richter Streck, Schlick, Dr. Kapsa und Galke am 31. Juli
2003

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden der Beschluß des 9. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 2. Juli 2002 aufgehoben und der Beschluß der Zivilkammer 13 des Landgerichts Berlin vom 4. Dezember 2001 geändert: Der Zivilrechtsweg ist zulässig.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Beschwerdeverfahren, an das Landgericht Berlin zurückverwiesen.
Beschwerdewert: 30.632,14

Gründe


I.


Die Rechtsvorgängerin der Klägerin, die "O. " D. B. - und P. -Gesellschaft mit beschränkter Haftung, war Eigentümerin des
Grundstücks N. -Sraße 10-16 in B. . Durch Inanspruchnahmebescheide vom 12. September 1984 wurde das Grundstück nach dem Aufbaugesetz der ehemaligen DDR vom 6. September 1950 (GBl. I S. 965) mit Wirkung vom 1. Oktober 1984 enteignet und in Volkseigentum überführt. Rechtsträger wurden teils das Staatliche Komitee für Rundfunk beim Ministerrat der DDR, teils der VEB Energiekombinat B. . Mit Feststellungsbescheid vom 22. August 1988 wurde auf der Grundlage des Entschädigungsgesetzes der DDR vom 15. Juni 1984 (GBl. I S. 209) für den Grundbesitz eine Entschädigung von zusammen 289.116 Mark festgesetzt. Weder eine Auszahlung dieses Betrags noch die Begründung von Schuldbuchforderungen ist erfolgt. 1994 wurde im Vermögenszuordnungsverfahren bestandskräftig festgestellt , daß Eigentümer des Grundstücks nunmehr die Bundesländer Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen als BGB-Gesellschaft zur gesamten Hand sind.
Die Klägerin beantragte erfolglos die Rückübertragung des Grundbesitzes nach dem Vermögensgesetz. Mit der vorliegenden Klage nimmt sie das Land B. auf Auskehrung der festgesetzten, im Verhältnis 2:1 umgestellten Entschädigungssumme nebst Zinsen in Anspruch, insgesamt auf Zahlung von 179.733,19 DM zuzüglich weiterer Zinsen. Das Landgericht hat auf die Rüge des Beklagten den ordentlichen Rechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Berlin verwiesen. Die von der Klägerin erhobene Beschwerde hat das Kammergericht mit Beschluß vom 2. Juli 2002 zurückgewiesen und darin die "weitere Beschwerde" zugelassen; der Beschluß ist der Klägerin am 22. Juli 2002 zugegangen. Gegen diese Entscheidung hat sie zunächst beim Kammergericht "weitere Beschwerde" und nach einem Hin-
weis des Senats am 8. November 2002 beim Bundesgerichtshof nochmals "Rechtsbeschwerde" eingelegt.

II.


Das Rechtsmittel hat Erfolg.
1. Nach nunmehr gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wie des Bundesarbeitsgerichts ist die weitere Beschwerde nach § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG an einen obersten Gerichtshof des Bundes seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887) am 1. Januar 2002 eine Rechtsbeschwerde im Sinne der §§ 574 ff. ZPO oder jedenfalls als solche zu behandeln (BAG NJW 2002, 3725; 2003, 1069; BGH, Beschluß vom 16. Oktober 2002 - VIII ZB 27/02 - NJW-RR 2003, 277, 279, für BGHZ 152, 213 vorgesehen; BGH, Beschluß vom 12. November 2002 - XI ZB 5/02 - NJW 2003, 433, 434; Beschluß vom 26. November 2002 - VI ZB 41/02 - NJW 2003, 1192 f.; Senatsbeschluß vom 10. Juli 2003 - III ZB 91/02, Umdruck S. 6, für BGHZ bestimmt). Die im vorliegenden Fall erfolgte Zulassung der "weiteren Beschwerde" ist daher als Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) zu werten.
2. Die Rechtsbeschwerde ist auch rechtzeitig innerhalb der Monatsfrist des § 575 Abs. 1 Satz 1 ZPO beim Bundesgerichtshof eingegangen. Die Einlegungsfrist beginnt mit der Zustellung des angefochtenen Beschlusses. Eine Zustellung ist im Streitfall nach dem Akteninhalt jedoch nicht erfolgt. Die statt dessen verfügte formlose Mitteilung an den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin konnte die Notfrist des § 575 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht in Lauf setzen. Auch
eine Heilung nach dem hier bereits anwendbaren § 189 ZPO in der Fassung des Zustellungsreformgesetzes vom 25. Juni 2001 (BGBl. I S. 1206) setzt voraus , daß das Gericht mit Zustellungswillen gehandelt hat (BGH, Beschluß vom 26. November 2002 - VI ZB 41/02 - NJW 2003, 1192, 1193), woran es im vorliegenden Fall fehlt. Das vom Prozeßbevollmächtigten der Klägerin in der Beschwerdeschrift vom 5. August 2002 der Sache nach abgegebene Empfangsbekenntnis , die Entscheidung des Kammergerichts am 22. Juli 2002 "zugestellt" erhalten zu haben, vermag den mangelnden Zustellungswillen des Gerichts nicht zu ersetzen. Auf die weitere Frage, ob die Rechtsbeschwerde nicht wegen der seinerzeit unklaren Rechtslage zumindest in Anwendung des Meistbegünstigungsgrundsatzes als zulässig angesehen werden müßte (vgl. dazu BGH, Beschluß vom 16. Oktober 2002 - VIII ZB 27/02, aaO), kommt es deswegen nicht an.

III.


Die danach zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Für den mit der Klage verfolgten Anspruch auf Zahlung einer Enteignungsentschädigung steht, auch wenn sich die Forderung materiell nach DDR-Recht richtet, nach Inkrafttreten des Grundgesetzes im Beitrittsgebiet (Art. 3 EV) gemäß Art. 14 Abs. 3 Satz 4 GG der Zivilrechtsweg offen.
1. Art. 14 Abs. 3 Satz 4 GG weist entsprechend der deutschen Rechtstradition Streitigkeiten wegen der Höhe einer Enteignungsentschädigung den ordentlichen Gerichten zu. Die Norm enthält damit eine prozessuale Sonderregelung , die in ihrem Anwendungsbereich die sonst begründete allgemeine Zu-
ständigkeit der Verwaltungsgerichte für öffentlich-rechtliche Streitigkeiten nicht verfassungsrechtlicher Art nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO verdrängt. Das betrifft zwar, wie der Zusammenhang mit den vorausgehenden materiellrechtlichen Bestimmungen über die Zulässigkeit von Enteignungen und den Umfang der zu zahlenden Entschädigung in den Sätzen 1 bis 3 des Art. 14 Abs. 3 GG ergibt, nur Enteignungen im engeren Sinn (dazu Ehlers in Schoch/Schmidt-Aßmann /Pietzner, VwGO, § 40 Rn. 499 ff.); insofern ist Art. 14 Abs. 3 Satz 4 GG die prozessuale Ergänzung des in Art. 14 Abs. 3 Satz 2 GG normierten Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Entschädigung (BVerfGE 58, 300, 319). Hieraus folgt aber nicht, daß diese Sonderzuweisung ausschließlich für unter der Herrschaft des Grundgesetzes erfolgte und deswegen an ihm zu messende Enteignungen gelten könnte. Gegen ein derart enges Verständnis der in ihrem Wortlaut weit gefaßten und uneingeschränkten Zuständigkeitsbestimmung in Art. 14 Abs. 3 Satz 4 GG spricht wesentlich schon, daß hierdurch eine einheitliche Rechtsmaterie aufgespalten und die Gefahr widersprechender Entscheidungen begründet würde. Der Verfassungsgeber hat aber auch die Streitigkeiten über Enteignungsentschädigungen erkennbar im Anschluß an die entsprechende Regelung in Art. 153 Abs. 2 Satz 3 WRV insgesamt den ordentlichen Gerichten zuweisen wollen. Die für ihn maßgebenden Gründe, bei den Zivilgerichten sei ein besonderes Engagement für die Eigentümerinteressen zu erwarten und die bürgerlichen Rechte seien deswegen bei ihnen am besten gesichert, mögen inzwischen zwar rechtspolitisch überholt sein (Bryde in v. Münch/ Kunig, GG-Kommentar, 5. Aufl., Art. 14 Rn. 96); sie bestimmen gleichwohl weiterhin den Inhalt der Norm. Demgemäß hat der Bundesgerichtshof in älteren Entscheidungen auch keine Bedenken gesehen, auf der Grundlage des Art. 14 Abs. 3 Satz 4 GG den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten für Ansprüche
nach dem Reichsleistungsgesetz zu bejahen, obwohl in diesen Fallgestaltungen die Inanspruchnahme des Eigentums bereits vor Inkrafttreten des Grundgesetzes erfolgt war (BGHZ 4, 266, 271 ff.; 8, 344, 345 f.; ebenso BVerwGE 8, 226, 227). Die diesen Urteilen zugrundeliegenden Erwägungen gelten entsprechend für Entschädigungsansprüche wegen Enteignungen außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes.
2. Nach diesen Maßstäben ist im Streitfall an der Zulässigkeit des Zivilrechtswegs nicht zu zweifeln. Die Klage betrifft selbst nach dem früheren DDRRecht (Art. 16 DDR-Verfassung, § 14 Abs. 2 Aufbaugesetz) und erst recht nach heutigem Rechtsverständnis mit dem Entzug des Grundeigentums zugunsten anderer in einem förmlichen Verfahren eine Enteignung im klassischen Sinn. Auch der Umstand, daß das beklagte Land seine Verantwortlichkeit für die Zahlung der Entschädigung insgesamt in Frage stellt (s. hierzu auch Senatsurteil BGHZ 145, 145), steht nicht entgegen. Im Verfahren über die Höhe der Enteignungsentschädigung hat das Zivilgericht nach ständiger Rechtsprechung zugleich über den Grund des Anspruchs zu entscheiden (BGHZ 4, 266, 272 f.; 15, 268, 270; BVerwGE 39, 169, 171 ff.; ebenso etwa Papier in Maunz/Dürig, GG, Art. 14 Rn. 646 f. m.w.N.).
Rinne Streck Schlick Kapsa Galke

(1) Die Gebühren werden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert).

(2) Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz. Gebühren werden auf den nächstliegenden Cent auf- oder abgerundet; 0,5 Cent werden aufgerundet.

(1) Wenn sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert richten, beträgt bei einem Gegenstandswert bis 500 Euro die Gebühr 49 Euro. Die Gebühr erhöht sich bei einem

Gegen-
standswert
bis ... Euro
für jeden
angefangenen
Betrag von
weiteren ... Euro
um
... Euro
2 00050039
10 0001 00056
25 0003 00052
50 0005 00081
200 00015 00094
500 00030 000132
über
500 000

50 000

165


Eine Gebührentabelle für Gegenstandswerte bis 500 000 Euro ist diesem Gesetz als Anlage 2 beigefügt.

(2) Bei der Geschäftsgebühr für eine außergerichtliche Inkassodienstleistung, die eine unbestrittene Forderung betrifft (Absatz 2 der Anmerkung zu Nummer 2300 des Vergütungsverzeichnisses), beträgt bei einem Gegenstandswert bis 50 Euro die Gebühr abweichend von Absatz 1 Satz 1 30 Euro.

(3) Der Mindestbetrag einer Gebühr ist 15 Euro.

(1) Die Gebühren werden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, nach dem Wert berechnet, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat (Gegenstandswert).

(2) Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz. Gebühren werden auf den nächstliegenden Cent auf- oder abgerundet; 0,5 Cent werden aufgerundet.

(1) Wenn sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert richten, beträgt bei einem Gegenstandswert bis 500 Euro die Gebühr 49 Euro. Die Gebühr erhöht sich bei einem

Gegen-
standswert
bis ... Euro
für jeden
angefangenen
Betrag von
weiteren ... Euro
um
... Euro
2 00050039
10 0001 00056
25 0003 00052
50 0005 00081
200 00015 00094
500 00030 000132
über
500 000

50 000

165


Eine Gebührentabelle für Gegenstandswerte bis 500 000 Euro ist diesem Gesetz als Anlage 2 beigefügt.

(2) Bei der Geschäftsgebühr für eine außergerichtliche Inkassodienstleistung, die eine unbestrittene Forderung betrifft (Absatz 2 der Anmerkung zu Nummer 2300 des Vergütungsverzeichnisses), beträgt bei einem Gegenstandswert bis 50 Euro die Gebühr abweichend von Absatz 1 Satz 1 30 Euro.

(3) Der Mindestbetrag einer Gebühr ist 15 Euro.

5
1. Durch die Einreichung des Schriftsatzes, mit dem die Zurückweisung der Berufung beantragt wurde, ist nach §§ 2, 13 RVG i.V.m. Nr. 3200 VV RVG i.V.m. Teil 3 Vorbem. 3 Abs. 2 RVG eine 1,6-fache Verfahrensgebühr entstanden.
9
Die 1,6-fache Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 RVG VV entsteht nach Teil 3 Vorbem. 3 Abs. 2 RVG VV für das Betreiben des Geschäfts. Zum Betreiben des Geschäfts zählt das Einreichen von Schriftsätzen bei Gericht. Die Verfahrensgebühr ermäßigt sich zwar bei einer vorzeitigen Beendigung des Auftrags nach Nr. 3201 RVG VV auf eine 1,1-fache Gebühr. Als eine vorzeitige Beendigung des Auftrags ist auch die Beendigung durch Rücknahme der Beru- http://www.juris.de/jportal/portal/t/1lwb/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE312152003&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1lwb/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE312152003&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1lwb/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE312152003&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1lwb/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=2&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE313462003&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 6 - fung anzusehen. Hat der Rechtsanwalt aber bereits einen Schriftsatz eingereicht , der Sachanträge oder Sachvortrag enthält, kommt - wie sich aus Nr. 3201 Satz 1 Nr. 1 RVG VV ergibt - eine vorzeitige Beendigung des Auftrags und damit eine Ermäßigung der Gebühr nicht mehr in Betracht. Der Regelung der Nummer 3201 Satz 1 Nr. 1 RVG ist zudem zu entnehmen, dass allein die Stellung der Sachanträge die volle Verfahrensgebühr auslöst, auch wenn der Schriftsatz keinen Sachvortrag zur Begründung der Anträge enthält.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

5
1. Durch die Einreichung des Schriftsatzes, mit dem die Zurückweisung der Berufung beantragt wurde, ist nach §§ 2, 13 RVG i.V.m. Nr. 3200 VV RVG i.V.m. Teil 3 Vorbem. 3 Abs. 2 RVG eine 1,6-fache Verfahrensgebühr entstanden.

(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.

(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass

1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat,
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,
3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und
4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Das Berufungsgericht oder der Vorsitzende hat zuvor die Parteien auf die beabsichtigte Zurückweisung der Berufung und die Gründe hierfür hinzuweisen und dem Berufungsführer binnen einer zu bestimmenden Frist Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Beschluss nach Satz 1 ist zu begründen, soweit die Gründe für die Zurückweisung nicht bereits in dem Hinweis nach Satz 2 enthalten sind. Ein anfechtbarer Beschluss hat darüber hinaus eine Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen zu enthalten.

(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.

5
1. Durch die Einreichung des Schriftsatzes, mit dem die Zurückweisung der Berufung beantragt wurde, ist nach §§ 2, 13 RVG i.V.m. Nr. 3200 VV RVG i.V.m. Teil 3 Vorbem. 3 Abs. 2 RVG eine 1,6-fache Verfahrensgebühr entstanden.
10
b) Ob ein Berufungsbeklagter diese Obliegenheit verletzt, wenn er nach Ablauf der Frist zur Begründung der Berufung die Verwerfung des Rechtsmittels beantragt, wird in der Spruchpraxis der Oberlandesgerichte sowie im kostenrechtlichen Schrifttum unterschiedlich beurteilt (zum Meinungsstand KG, NJWRR 2009, 1007, 1008). Die hier gegebene Fallgestaltung ist - anders als diejenige , die dem Beschluss des V. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 2. Juli 2009 (V ZB 54/09, z.V.b.) zugrunde gelegen hat - dadurch gekennzeichnet, dass das Berufungsgericht auf den nach Aktenlage eindeutig verspäteten Eingang der Berufungsbegründung durch Bezugnahme auf § 522 Abs. 1 ZPO und damit auf die hierin geregelte Amtsprüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen sowie die beabsichtigte Verwerfung der Berufung durch Beschluss als unzulässig hingewiesen und dies auch den Klägern/Berufungsbeklagten zur Kenntnis gebracht hat. Bei dieser Sachlage wird einhellig angenommen, dass für einen Berufungsbeklagten keine Veranlassung besteht, kostenauslösende Maßnahmen zu ergreifen. Denn nach der ihm vorteilhaften Ankündigung des Berufungsgerichts , in der zugleich eine weitgehend abgeschlossene Meinungsbildung in der Beurteilung der Zulässigkeitsfrage zum Ausdruck kommt, hat ein Berufungsbeklagter durch ein Untätigbleiben jedenfalls bis zum Ablauf der gesetzten Frist ersichtlich weder Rechtsnachteile zu befürchten noch Anlass, die Prozesssituation als für sich risikobehaftet einzuschätzen, noch kann er sonst davon ausgehen, durch Abgabe einer Stellungnahme einen Verfahrensab- schluss wesentlich zu beschleunigen (vgl. BGHZ 166, 117, Tz. 20 zur Ankündigung einer Einspruchsverwerfung gemäß § 341 ZPO; BAG, NJW 2008, 1340, 1341; OLG Koblenz, MDR 2007, 866; LAG Düsseldorf, JurBüro 1994, 424, 425; Musielak/Wolst, ZPO, 7. Aufl., § 91 Rdnr. 14; MünchKommZPO/Giebel, 3. Aufl., § 91 Rdnr. 96; Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl., § 91 Rdnr. 13 "Berufung"; Thomas/ Putzo/Hüßtege, ZPO, 29. Aufl., § 91 Rdnr. 21). Dem schließt sich der Senat an.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)