Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Okt. 2018 - XII ZB 288/18

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:311018BXIIZB288.18.0
bei uns veröffentlicht am31.10.2018
vorgehend
Amtsgericht Hamburg-Wandsbek, 708 XVII 11/17, 28.03.2018
Landgericht Hamburg, 309 T 56/18, 23.05.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 288/18
vom
31. Oktober 2018
in der Unterbringungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der in einer Unterbringungssache bestellte Verfahrenspfleger ist nicht gesetzlicher
Vertreter des Betroffenen; er kann in Vertretung des Betroffenen keine
wirksamen Verfahrenshandlungen vornehmen und ist insbesondere nicht zur
Einlegung eines Rechtsmittels im Namen des Betroffenen befugt (im Anschluss
an Senatsbeschluss vom 15. August 2018 - XII ZB 370/17 - juris).
BGH, Beschluss vom 31. Oktober 2018 - XII ZB 288/18 - LG Hamburg
AG Hamburg-Wandsbek
ECLI:DE:BGH:2018:311018BXIIZB288.18.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. Oktober 2018 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Prof. Dr. Klinkhammer, Schilling, Dr. Nedden-Boeger und Dr. Botur
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Betroffenen gegen den Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Hamburg vom 23. Mai 2018 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beschwerde der Betroffenen gegen den Beschluss des Amtsgerichts HamburgWandsbek vom 28. März 2018 verworfen wird. Das Rechtsbeschwerdeverfahren ist gerichtskostenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

1
Die Betroffene wendet sich gegen die Genehmigung ihrer geschlossenen Unterbringung.
2
Für die Betroffene besteht seit dem Jahr 2013 eine umfassende Betreuung. Das Amtsgericht hat Rechtsanwalt T. zum Verfahrenspfleger bestellt und nach den erforderlichen Ermittlungen die weitere Unterbringung der Betroffenen in der geschützten Abteilung einer Pflegeeinrichtung bis längstens zum 28. März 2019 genehmigt. Gegen diesen Beschluss hat Rechtsanwalt T. Beschwerde "im Namen der Betroffenen" eingelegt. Das Landgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Betroffene mit ihrer Rechtsbeschwerde.

II.

3
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
4
1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Die Beschwerdebefugnis der Betroffenen folgt für das Verfahren der Rechtsbeschwerde daraus, dass ihre Erstbeschwerde zurückgewiesen worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 14. Oktober 2015 - XII ZB 695/14 - FamRZ 2016, 120 Rn. 12 mwN).
5
2. Die Rechtsbeschwerde ist aber unbegründet, weil bereits die vom Verfahrenspfleger "im Namen der Betroffenen" eingelegte Erstbeschwerde unzulässig gewesen ist.
6
a) Die Bestellung eines Verfahrenspflegers in einer Unterbringungssache soll die Wahrung der Belange des Betroffenen in dem Verfahren gewährleisten. Der Verfahrenspfleger hat daher in erster Linie die Pflicht, dem Anspruch des Betroffenen auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) Geltung zu verschaffen; außerdem hat er den tatsächlichen oder mutmaßlichen Willen des Betreuten zu erkunden und in das Verfahren einzubringen. Anders als der Betreuer in dem jeweiligen Aufgabenkreis ist er jedoch nicht gesetzlicher Vertreter des Betroffenen. Daraus folgt, dass eine vom Verfahrenspfleger ausdrücklich im Namen des Betroffenen vorgenommene Verfahrenshandlung unzulässig und der Verfahrenspfleger insbesondere zur Einlegung der Beschwerde im Namen der Betroffenen nicht befugt ist (Senatsbeschluss vom 15. August 2018 - XII ZB 370/17 - juris Rn. 5 mwN).
7
Etwas anderes ist nur dann möglich, wenn sich der Verfahrenspfleger nicht auf sein Amt, sondern ausdrücklich darauf beruft, vom Betroffenen mit der Einlegung einer Beschwerde beauftragt worden zu sein. In diesen Fällen muss sich aus der Beschwerdeschrift aber hinreichend deutlich ergeben, dass der Verfahrenspfleger – mit der Folge der Aufhebung seiner Bestellung (vgl. § 317 Abs. 4 FamFG) – seine bisherige Rolle im Verfahren aufgeben und als Verfahrensbevollmächtigter für den Betroffenen handeln will (Senatsbeschluss vom 15. August 2018 - XII ZB 370/17 - juris Rn. 6 mwN).
8
b) Gemessen hieran war die von dem Verfahrenspfleger im Namen der Betroffenen eingelegte Beschwerde unzulässig. Eingangs der Beschwerdeschrift des Rechtsanwalts T. heißt es: "vertrete ich als Verfahrenspfleger die Betroffene". Als Verfahrenspfleger ist er aber gerade nicht gesetzlicher Vertreter der Betroffenen. Weiter beruft sich Rechtsanwalt T. in der Beschwerdeschrift ausdrücklich nur auf ein Handeln "im Namen" und nicht auf ein Handeln "im Namen und im Auftrag" der Betroffenen. Auch im Übrigen lässt die Beschwerdeschrift nicht hinreichend deutlich erkennen, dass Rechtsanwalt T. mit der Anbringung der Beschwerde aufgrund eines ihm erteilten Auftrags als (anwaltlicher ) Verfahrensbevollmächtigter für die Betroffene tätig werden wollte. Die Beschwerde lässt sich auch nicht in ein im eigenen Namen des Verfahrenspflegers eingelegtes Rechtsmittel umdeuten. Denn Rechtsanwalt T. hat in der Beschwerdeschrift hervorgehoben, dass die Voraussetzungen einer geschlossenen Unterbringung aus "Sicht der Betroffenen" nicht vorliegen, bzw. dass der Beschluss "nach Ansicht der Betroffenen" aufzuheben sei.
Dose Klinkhammer Schilling Nedden-Boeger Botur
Vorinstanzen:
AG Hamburg-Wandsbek, Entscheidung vom 28.03.2018 - 708 XVII 11/17 -
LG Hamburg, Entscheidung vom 23.05.2018 - 309 T 56/18 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Okt. 2018 - XII ZB 288/18

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Okt. 2018 - XII ZB 288/18

Referenzen - Gesetze

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 317 Verfahrenspfleger


(1) Das Gericht hat dem Betroffenen einen geeigneten Verfahrenspfleger zu bestellen, wenn dies zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen erforderlich ist. Die Bestellung ist insbesondere erforderlich, wenn von einer Anhörung des Betroffenen abge
Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Okt. 2018 - XII ZB 288/18 zitiert 3 §§.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 317 Verfahrenspfleger


(1) Das Gericht hat dem Betroffenen einen geeigneten Verfahrenspfleger zu bestellen, wenn dies zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen erforderlich ist. Die Bestellung ist insbesondere erforderlich, wenn von einer Anhörung des Betroffenen abge

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Okt. 2018 - XII ZB 288/18 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Okt. 2018 - XII ZB 288/18 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 15. Aug. 2018 - XII ZB 370/17

bei uns veröffentlicht am 15.08.2018

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 370/17 vom 15. August 2018 in der Unterbringungssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja FamFG § 317 a) Der in einer Unterbringungssache bestellte Verfahrenspfleger ist nicht gesetzlicher V

Bundesgerichtshof Beschluss, 14. Okt. 2015 - XII ZB 695/14

bei uns veröffentlicht am 14.10.2015

Tenor Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 3 gegen den Beschluss des 12. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 18. Juli 2014 wird verworfen.
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Okt. 2018 - XII ZB 288/18.

Bundesgerichtshof Beschluss, 20. Feb. 2019 - XII ZB 244/18

bei uns veröffentlicht am 20.02.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 244/18 vom 20. Februar 2019 in der Unterbringungssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja FamFG § 317 a) Der in einer Unterbringungssache bestellte Verfahrenspfleger ist nicht gesetzlicher V

Bundesgerichtshof Beschluss, 27. März 2019 - XII ZB 66/19

bei uns veröffentlicht am 27.03.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 66/19 vom 27. März 2019 in der Familiensache ECLI:DE:BGH:2019:270319BXIIZB66.19.0 Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. März 2019 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Schilling, Dr

Referenzen

(1) Das Gericht hat dem Betroffenen einen geeigneten Verfahrenspfleger zu bestellen, wenn dies zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen erforderlich ist. Die Bestellung ist insbesondere erforderlich, wenn von einer Anhörung des Betroffenen abgesehen werden soll. Bei der Genehmigung einer Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme oder deren Anordnung ist die Bestellung eines Verfahrenspflegers stets erforderlich.

(2) Bestellt das Gericht dem Betroffenen keinen Verfahrenspfleger, ist dies in der Entscheidung, durch die eine Unterbringungsmaßnahme genehmigt oder angeordnet wird, zu begründen.

(3) Der Verfahrenspfleger hat die Wünsche, hilfsweise den mutmaßlichen Willen des Betroffenen festzustellen und im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen. Er hat den Betroffenen über Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens in geeigneter Weise zu informieren und ihn bei Bedarf bei der Ausübung seiner Rechte im Verfahren zu unterstützen. Er ist nicht gesetzlicher Vertreter des Betroffenen.

(4) Als Verfahrenspfleger ist eine natürliche Person zu bestellen. Wer Verfahrenspflegschaften im Rahmen seiner Berufsausübung führt, soll nur dann zum Verfahrenspfleger bestellt werden, wenn keine andere geeignete Person zur Verfügung steht, die zur ehrenamtlichen Führung der Verfahrenspflegschaft bereit ist.

(5) Die Bestellung eines Verfahrenspflegers soll unterbleiben oder aufgehoben werden, wenn die Interessen des Betroffenen von einem Rechtsanwalt oder einem anderen geeigneten Verfahrensbevollmächtigten vertreten werden.

(6) Die Bestellung endet, sofern sie nicht vorher aufgehoben wird, mit der Rechtskraft der Endentscheidung oder mit dem sonstigen Abschluss des Verfahrens.

(7) Die Bestellung eines Verfahrenspflegers oder deren Aufhebung sowie die Ablehnung einer derartigen Maßnahme sind nicht selbständig anfechtbar.

(8) Dem Verfahrenspfleger sind keine Kosten aufzuerlegen.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 3 gegen den Beschluss des 12. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 18. Juli 2014 wird verworfen.

Gerichtskosten für das Verfahren der Rechtsbeschwerde werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Verfahrenswert: 3.000 €

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin begehrt die Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung eines polnischen Scheidungsurteils nicht erfüllt seien.

2

Der im August 2010 verstorbene Michael V. war in erster Ehe mit der Antragstellerin verheiratet; aus dieser 1995 geschiedenen Ehe sind ein Sohn und eine Tochter hervorgegangen.

3

Die aus Polen stammende Antragsgegnerin hatte im Jahr 1990 die Ehe mit Janusz K. geschlossen. Im Jahr 1995 wurde der Sohn der Antragsgegnerin geboren. Das Amtsgericht P. stellte fest, dass Janusz K. nicht der Vater des Kindes ist. Michael V. erkannte 1997 die Vaterschaft für das Kind an und heiratete die Antragsgegnerin im Jahr 1998.

4

Die Antragstellerin und ihre beiden Kinder auf der einen Seite und die Antragsgegnerin und ihr Kind auf der anderen Seite stehen sich seit dem Tod von Michael V. in verschiedenen zivil- und nachlassgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten gegenüber. Zwischen der Antragsgegnerin und ihrem Sohn als Kläger und der Antragstellerin als Beklagter ist unter anderem ein Verfahren vor dem Landgericht I. anhängig, in dem die Feststellung begehrt wird, dass Unterhaltsansprüche der Antragstellerin aus notariellen Vereinbarungen zwischen ihr und dem verstorbenen Michael V. gegen den Nachlass und die Erbengemeinschaft nach Michael V. nicht bestehen. In diesem Verfahren bestreitet die Antragstellerin insbesondere das Erbrecht der Antragsgegnerin. Sie macht dazu geltend, dass die Antragsgegnerin bei ihrer Heirat mit Michael V. eine Doppelehe eingegangen sei. Ein von der Antragsgegnerin in Kopie vorgelegtes Scheidungsurteil des Wojewodschaftsgerichts in Danzig (Sąd Wojewódzki w Gdańsku) vom 8. März 1995, wonach ihre frühere Ehe mit Janusz K. in Polen geschieden worden sei, sei "gekauft" und ein "Scheinurteil".

5

Im vorliegenden Verfahren begehrt die Antragstellerin die Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung der Entscheidung des Wojewodschaftsgerichts Danzig vom 8. März 1995 in Deutschland nicht vorliegen. Die Landesjustizverwaltung hat diesen Antrag als unzulässig abgewiesen. Gegen den Bescheid der Landesjustizverwaltung hat sich die Antragstellerin mit ihrem Antrag auf gerichtliche Entscheidung gewandt. Das Oberlandesgericht, dessen Entscheidung in FamRZ 2015, 76 veröffentlicht ist, hat den Bescheid aufgehoben und die Sache an die Landesjustizverwaltung zur Neubescheidung zurückverwiesen.

6

Die Landesjustizverwaltung hat dagegen die vom Oberlandesgericht zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt, mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Zurückweisung des Antrages auf gerichtliche Entscheidung erstrebt. Die Antragstellerin hat sich der Rechtsbeschwerde angeschlossen. Sie trägt ebenfalls auf eine Aufhebung der Entscheidung des Oberlandesgerichts an, allerdings mit dem Ziel, das Oberlandesgericht zu einer eigenen Sachentscheidung über ihren Feststellungsantrag zu verpflichten.

II.

7

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 1 FamFG iVm § 107 Abs. 7 Satz 3 FamFG statthaft (vgl. auch Senatsbeschluss BGHZ 189, 87 = FamRZ 2011, 788 Rn. 6 f.); an die Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Oberlandesgericht ist der Senat gebunden (§ 70 Abs. 2 Satz 2 FamFG).

8

Sie ist aber im Übrigen unzulässig. Es braucht dabei nicht grundlegend erörtert zu werden, ob die Landesjustizverwaltung, deren Bescheid durch einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 107 Abs. 5 FamFG angefochten wird, an dem anschließenden Verfahren vor dem Oberlandesgericht grundsätzlich zu beteiligen ist (Staudinger/Spellenberg BGB [2004] Art. 7 § 1 FamRÄndG Rn. 196; Jansen/Wick FGG 3. Aufl. § 16 a Rn. 20) oder ob sie nach der Reform des familiengerichtlichen Verfahrens im Anerkennungsverfahren allein die Funktion einer ersten Instanz übernimmt und schon deshalb nicht Beteiligte des mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung vor das Oberlandesgericht gezogenen Verfahrens sein kann (Keidel/Zimmermann FamFG 18. Aufl. § 107 Rn. 48). Denn selbst wenn die Landesjustizverwaltung - der im vorliegenden Fall Gelegenheit zur Stellungnahme zum Antrag der Antragstellerin gegeben worden ist - als Beteiligte des vor dem Oberlandesgericht geführten Anerkennungsverfahrens angesehen werden könnte, erwächst ihr allein aus ihrer Verfahrensbeteiligung keine Rechtsbeschwerdeberechtigung.

9

1. Entgegen der Auffassung der Landesjustizverwaltung ist nicht nur die Zulässigkeit einer (Erst-)Beschwerde, sondern auch die Zulässigkeit einer Rechtsbeschwerde von einer Beschwerdeberechtigung des Rechtsmittelführers abhängig. Richtig ist zwar, dass die Vorschriften über die Rechtsbeschwerde (§§ 70 ff. FamFG) keine unmittelbare Verweisung auf die entsprechende Anwendung der Vorschriften für das Beschwerdeverfahren enthalten. Es entspricht indessen allgemeiner Auffassung, dass das Rechtsbeschwerdegericht gleichwohl die Beschwer des Rechtsbeschwerdeführers in formeller und materieller Hinsicht zu prüfen hat (vgl. nur Keidel/Meyer-Holz FamFG 18. Aufl. § 74 Rn. 6; Borth/Grandel in Musielak/Borth FamFG 5. Aufl. § 74 Rn. 2; MünchKommFamFG/Ansgar Fischer 2. Aufl. § 59 Rn. 4; BeckOK-FamFG/Gutjahr [Stand: Juli 2015] § 74 Rn. 7). Wird der Rechtsbeschwerdeführer durch die angefochtene Entscheidung nicht formell beschwert, setzt die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde auch in Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit stets eine materielle Beschwer des Rechtsbeschwerdeführers voraus. Dies ergab sich unter dem bis zum 31. August 2009 geltenden Verfahrensrecht für das Verfahren der weiteren Beschwerde unmittelbar aus §§ 29 Abs. 4, 20 Abs. 1 FGG, und es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Reformgesetzgeber abweichend vom früheren Rechtszustand eine Popularbeschwerde zum Bundesgerichtshof eröffnen wollte.

10

2. Der Landesjustizverwaltung steht keine Befugnis zur Rechtsbeschwerde gegen eine im Anerkennungsverfahren ergangene Entscheidung des Oberlandesgerichts zu.

11

a) Auf eine Sonderregelung für Behörden nach § 59 Abs. 3 FamFG lässt sich eine Beschwerdebefugnis der Landesjustizverwaltung nicht stützen. Über den Fall einer eigenen Rechtsbeeinträchtigung hinaus räumt die Vorschrift Behörden nur bei entsprechender besonderer gesetzlicher Anordnung eine Beschwerdeberechtigung ein (Senatsbeschlüsse vom 8. Oktober 2014 - XII ZB 406/13 - FamRZ 2015, 42 Rn. 11 und vom 18. April 2012 - XII ZB 624/11 - FamRZ 2012, 1131 Rn. 8). Eine solche Regelung der (Rechts-) Beschwerdeberechtigung der Landesjustizverwaltung für das Anerkennungsverfahren gemäß § 107 FamFG findet sich weder im Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit noch in anderen Vorschriften.

12

b) Eine formelle Beschwer für die Landesjustizverwaltung ist nicht in der Aufhebung des von ihr erlassenen Bescheids zu sehen. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist eine - für die Beschwerdebefugnis im Rechtsbeschwerdeverfahren ausreichende - formelle Beschwer gegeben, wenn und soweit die eigene Erstbeschwerde des Rechtsbeschwerdeführers zurückgewiesen oder als unzulässig verworfen wurde (vgl. Senatsbeschlüsse vom 17. Juni 2015 - XII ZB 730/12 - FamRZ 2015, 1479 Rn. 6 und vom 5. November 2014 - XII ZB 117/14 - FamRZ 2015, 42 Rn. 4 mwN). Ausgehend von diesen Grundsätzen kann die Landesjustizverwaltung durch eine Entscheidung des Oberlandesgerichts im Anerkennungsverfahren nicht formell beschwert werden, denn sie kann nicht diejenige sein, die mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung den (ersten) Rechtsbehelf zum Oberlandesgericht ergreift.

13

c) Schließlich ist die Landesjustizverwaltung auch in materieller Hinsicht nicht beschwert.

14

aa) Nach § 59 Abs. 1 FamFG steht die Beschwerde demjenigen zu, der durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Eine Rechtsbeeinträchtigung liegt vor, wenn der Entscheidungssatz des angefochtenen Beschlusses unmittelbar in ein dem Rechtsmittelführer zustehendes Recht eingreift. Die angefochtene Entscheidung muss daher ein bestehendes Recht des Rechtsmittelführers aufheben, beschränken, mindern, ungünstig beeinflussen oder gefährden, die Ausübung dieses Rechts stören oder dem Rechtsmittelführer die mögliche Verbesserung seiner Rechtsstellung vorenthalten oder erschweren. Eine Beeinträchtigung lediglich wirtschaftlicher, rechtlicher oder sonstiger berechtigter Interessen ist nicht ausreichend. Daher kann sich für eine Behörde aus § 59 Abs. 1 FamFG eine Beschwerdeberechtigung nur dann ergeben, wenn sie durch eine gerichtliche Entscheidung in gesetzlich eingeräumten eigenen Rechten unmittelbar betroffen ist. Eine bloße Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Erfüllung der einer Behörde übertragenen öffentlichen Aufgabe genügt dagegen nicht (Senatsbeschlüsse vom 17. Juni 2015 - XII ZB 730/12 - FamRZ 2015, 1479 Rn. 16 und vom 8. Oktober 2014 - XII ZB 406/13 - FamRZ 2015, 42 Rn. 15).

15

bb) Gemessen daran fehlt es an einer materiellen Beschwer für die Landesjustizverwaltung.

16

Wie der Senat bereits entschieden hat, wird eine Behörde nicht schon deshalb in eigenen Rechten unmittelbar betroffen, weil sie durch ein Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit zur Vornahme einer bestimmten Amtshandlung angehalten wird (vgl. Senatsbeschluss vom 17. Juni 2015 - XII ZB 730/12 - FamRZ 2015, 1479 Rn. 17). Die Aufhebung eines im Anerkennungsverfahren nach § 107 FamFG ergangenen Bescheids und die Zurückverweisung der Sache an die Landesjustizverwaltung mit der Maßgabe, dass dort weitere Ermittlungen zur Aufklärung des Sachverhalts durchzuführen seien, berührt allein das allgemeine öffentliche Interesse an der ordnungsgemäßen Erfüllung der der Landesjustizverwaltung kraft Gesetzes übertragenen Aufgabe, stellt aber keinen Eingriff in ein eigenes Recht der Behörde dar.

17

Gleiches gilt, soweit die Landesjustizverwaltung nach der Zurückverweisung der Sache nach §§ 107 Abs. 7 Satz 3, 69 Abs. 1 Satz 4 FamFG an die Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts gebunden ist, wonach die Landesjustizverwaltung auch nach der Reform des Verfahrens in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit bei Heimatstaatenentscheidungen weiterhin um eine Feststellung der Anerkennungsvoraussetzungen gebeten werden kann (vgl. zum früheren Recht Senatsbeschluss BGHZ 112, 127 = FamRZ 1990, 1228, 1229 f.). Entgegen der Auffassung der Landesjustizverwaltung steht den in einem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit beteiligten Behörden ohne weiteres auch kein eigenes Recht zu, in den für die Erfüllung ihrer Aufgaben wichtigen und umstrittenen Rechtsfragen eine klärende ober- oder höchstgerichtliche Entscheidung herbeizuführen. Auch hierzu bedarf es einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung im Sinne von § 59 Abs. 3 FamFG (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Februar 2014 - XII ZB 180/12 - FamRZ 2014, 741 Rn. 5 f. zum Beschwerderecht der Standesamtsaufsicht).

III.

18

Da die Rechtsbeschwerde der Landesjustizverwaltung als unzulässig zu verwerfen ist, verliert die unselbständige Anschlussrechtsbeschwerde der Antragstellerin ihre Wirkung (§ 73 Satz 3 FamFG).

Dose                     Schilling                        Günter

              Botur                         Guhling

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

5
1. Die Bestellung eines Verfahrenspflegers in einer Unterbringungssache soll die Wahrung der Belange des Betroffenen in dem Verfahren gewährleisten. Der Verfahrenspfleger hat daher in erster Linie die Pflicht, dem Anspruch des Betroffenen auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) Geltung zu verschaffen; außerdem hat er den tatsächlichen oder mutmaßlichen Willen des Betreuten zu erkunden und in das Verfahren einzubringen (vgl. Senatsbeschluss vom 22. Februar 2017 - XII ZB 341/16 - FamRZ 2017, 923 Rn. 17). Anders als der Betreuer in dem jeweiligen Aufgabenkreis ist er jedoch nicht gesetzlicher Vertreter des Betroffenen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 11. Februar 2015 - XII ZB 48/14 - FamRZ 2015, 918 Rn. 6 und vom 14. August 2013 - XII ZB 270/13 - juris Rn. 4 mwN). Daraus folgt, dass eine vom Verfahrenspfleger ausdrücklich im Namen des Betroffenen vorgenommene Verfahrenshandlung unzulässig und der Verfahrenspfleger insbesondere zur Einlegung der Beschwerde im Namen der Betroffenen nicht befugt ist (vgl. Senatsbeschluss vom 22. März 2017 - XII ZB 460/16 - FamRZ 2017, 1069 Rn. 4).

(1) Das Gericht hat dem Betroffenen einen geeigneten Verfahrenspfleger zu bestellen, wenn dies zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen erforderlich ist. Die Bestellung ist insbesondere erforderlich, wenn von einer Anhörung des Betroffenen abgesehen werden soll. Bei der Genehmigung einer Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme oder deren Anordnung ist die Bestellung eines Verfahrenspflegers stets erforderlich.

(2) Bestellt das Gericht dem Betroffenen keinen Verfahrenspfleger, ist dies in der Entscheidung, durch die eine Unterbringungsmaßnahme genehmigt oder angeordnet wird, zu begründen.

(3) Der Verfahrenspfleger hat die Wünsche, hilfsweise den mutmaßlichen Willen des Betroffenen festzustellen und im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen. Er hat den Betroffenen über Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens in geeigneter Weise zu informieren und ihn bei Bedarf bei der Ausübung seiner Rechte im Verfahren zu unterstützen. Er ist nicht gesetzlicher Vertreter des Betroffenen.

(4) Als Verfahrenspfleger ist eine natürliche Person zu bestellen. Wer Verfahrenspflegschaften im Rahmen seiner Berufsausübung führt, soll nur dann zum Verfahrenspfleger bestellt werden, wenn keine andere geeignete Person zur Verfügung steht, die zur ehrenamtlichen Führung der Verfahrenspflegschaft bereit ist.

(5) Die Bestellung eines Verfahrenspflegers soll unterbleiben oder aufgehoben werden, wenn die Interessen des Betroffenen von einem Rechtsanwalt oder einem anderen geeigneten Verfahrensbevollmächtigten vertreten werden.

(6) Die Bestellung endet, sofern sie nicht vorher aufgehoben wird, mit der Rechtskraft der Endentscheidung oder mit dem sonstigen Abschluss des Verfahrens.

(7) Die Bestellung eines Verfahrenspflegers oder deren Aufhebung sowie die Ablehnung einer derartigen Maßnahme sind nicht selbständig anfechtbar.

(8) Dem Verfahrenspfleger sind keine Kosten aufzuerlegen.

5
1. Die Bestellung eines Verfahrenspflegers in einer Unterbringungssache soll die Wahrung der Belange des Betroffenen in dem Verfahren gewährleisten. Der Verfahrenspfleger hat daher in erster Linie die Pflicht, dem Anspruch des Betroffenen auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) Geltung zu verschaffen; außerdem hat er den tatsächlichen oder mutmaßlichen Willen des Betreuten zu erkunden und in das Verfahren einzubringen (vgl. Senatsbeschluss vom 22. Februar 2017 - XII ZB 341/16 - FamRZ 2017, 923 Rn. 17). Anders als der Betreuer in dem jeweiligen Aufgabenkreis ist er jedoch nicht gesetzlicher Vertreter des Betroffenen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 11. Februar 2015 - XII ZB 48/14 - FamRZ 2015, 918 Rn. 6 und vom 14. August 2013 - XII ZB 270/13 - juris Rn. 4 mwN). Daraus folgt, dass eine vom Verfahrenspfleger ausdrücklich im Namen des Betroffenen vorgenommene Verfahrenshandlung unzulässig und der Verfahrenspfleger insbesondere zur Einlegung der Beschwerde im Namen der Betroffenen nicht befugt ist (vgl. Senatsbeschluss vom 22. März 2017 - XII ZB 460/16 - FamRZ 2017, 1069 Rn. 4).