Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Feb. 2013 - XII ZB 492/12

bei uns veröffentlicht am27.02.2013
vorgehend
Amtsgericht Ingolstadt, 17 XVII 26/92, 01.06.2012
Landgericht Ingolstadt, 12 T 1050/12, 20.07.2012

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 492/12
vom
27. Februar 2013
in der Betreuungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Höhe des dem Berufsbetreuer gemäß § 4 VBVG zu vergütenden Stundensatzes.
BGH, Beschluss vom 27. Februar 2013 - XII ZB 492/12 - LG Ingolstadt
AG Ingolstadt
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Februar 2013 durch den
Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin Dr. Vézina und die Richter
Dr. Klinkhammer, Dr. Günter und Dr. Botur

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Ingolstadt vom 20. Juli 2012 wird auf Kosten der Beteiligten zu 1 zurückgewiesen. Beschwerdewert: 110 €

Gründe:

I.

1
Die Beteiligte zu 1 (im Folgenden Betreuerin), die im Februar 2006 zur Berufsbetreuerin des mittellosen Betroffenen bestellt wurde, beantragte für den Abrechnungszeitraum vom 1. Januar 2012 bis zum 31. März 2012 die Festsetzung ihrer Vergütung auf der Grundlage des ihr bis dahin im Verwaltungsverfahren erstatteten Stundensatzes von 44 €.
2
Sie schloss im Jahr 2004 erfolgreich die Ausbildung zur Sozialwirtin (BFZ-FH) bei den beruflichen Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft in Kooperation mit der Fachhochschule Ravensburg-Weingarten ab.
3
Das Amtsgericht hat die Vergütung antragsgemäß festgesetzt. Auf die dagegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 2 (im Folgenden Staatskas- se) hat das Landgericht den Beschluss des Amtsgerichts dahin abgeändert, dass es die Vergütung auf der Grundlage eines Stundensatzes von 33,50 € festgesetzt hat.
4
Mit der vom Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Betreuerin ihren Vergütungsantrag in voller Höhe weiter.

II.

5
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 70 Abs. 1 FamFG), und auch im Übrigen zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
6
1. Die tatrichterliche Würdigung des Beschwerdegerichts, nach der die Betreuerin nicht über besondere für die Betreuung nutzbare Kenntnisse verfügt, die sie durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben hat, ist nicht zu beanstanden. Das Beschwerdegericht hat unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Senats zu den Voraussetzungen einer mit einer Hochschulausbildung vergleichbaren Ausbildung (Senatsbeschlüsse vom 18. Januar 2012 - XII ZB 409/10 - FamRZ 2012, 629 Rn. 11 [staatlich anerkannte Sozialwirtin] und vom 4. April 2012 - XII ZB 447/11 - NJW-RR 2012, 774 Rn. 16 ff. [Sparkassenbetriebswirtin
]) in nicht zu beanstandender Weise entschieden, dass die von der Betreuerin absolvierte Ausbildung zur Sozialwirtin schon im Hinblick auf Art und Umfang nicht mit einer Ausbildung an einer Hochschule zu vergleichen ist.
7
2. Das Beschwerdegericht war - entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde - auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes verpflichtet , an dem zuvor von dem Rechtspfleger im Verwaltungsverfahren der Betreuerin zugebilligten Stundensatz von 44 € für die Zukunft festzuhalten. Es musste vielmehr auf den neu gestellten Vergütungsfestsetzungsantrag das Vorliegen der Voraussetzungen für die Höhe der Vergütung erneut prüfen. Nachdem es dabei abweichend von der früheren Wertung des Rechtspflegers zu dem Ergebnis gelangt ist, dass die Betreuerin die Voraussetzungen für eine Erhöhung des Stundensatzes gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VBVG nicht erfüllt, war es seine Aufgabe, entsprechend zu entscheiden (vgl. BVerfGE 18, 224, 240, 241; BGH Urteil vom 2. Dezember 1976 - VII ZR 88/75 - NJW 1977, 375, 376). Die Betreuerin musste auch schon früher stets damit rechnen, dass der im Verwaltungsverfahren zugebilligte Stundensatz bei einer gerichtlichen Festsetzung und Überprüfung durch das Beschwerdegericht herabgesetzt wird (vgl. Senatsbeschluss vom 8. Februar 2012 - XII ZB 231/11 - juris Rn. 15).
8
Das Beschwerdegericht hat somit zu Recht ein schützenswertes Vertrauen der Betreuerin verneint und die Vergütung auf der Grundlage eines Stundensatzes von 33,50 € festgesetzt. Dose Vézina Klinkhammer Günter Botur
Vorinstanzen:
AG Ingolstadt, Entscheidung vom 01.06.2012 - 17 XVII 26/92 -
LG Ingolstadt, Entscheidung vom 20.07.2012 - 12 T 1050/12 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Feb. 2013 - XII ZB 492/12

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Feb. 2013 - XII ZB 492/12

Referenzen - Gesetze

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 70 Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde


(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat. (2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzlic

Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz - VBVG | § 4 Vergütung des Betreuers


(1) Die dem Betreuer nach § 1 Absatz 2 zu bewilligende Vergütung bestimmt sich nach monatlichen Fallpauschalen, die in den Vergütungstabellen A bis C der Anlage festgelegt sind. (2) Die Vergütung des Betreuers richtet sich nach Vergütungstabelle

Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern


Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz - VBVG
Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Feb. 2013 - XII ZB 492/12 zitiert 4 §§.

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 70 Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde


(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat. (2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzlic

Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz - VBVG | § 4 Vergütung des Betreuers


(1) Die dem Betreuer nach § 1 Absatz 2 zu bewilligende Vergütung bestimmt sich nach monatlichen Fallpauschalen, die in den Vergütungstabellen A bis C der Anlage festgelegt sind. (2) Die Vergütung des Betreuers richtet sich nach Vergütungstabelle

Gesetz über die Vergütung von Vormündern und Betreuern


Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz - VBVG

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Feb. 2013 - XII ZB 492/12 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Feb. 2013 - XII ZB 492/12 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Jan. 2012 - XII ZB 409/10

bei uns veröffentlicht am 18.01.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 409/10 vom 18. Januar 2012 in der Betreuungssache Nachschlagewerk: nein BGHZ: nein BGHR: nein BGB §§ 1836, 1908 i; VBVG §§ 4, 5 Eine Erhöhung des dem Berufsbetreuer zu vergütenden Stundensatzes nac

Bundesgerichtshof Beschluss, 04. Apr. 2012 - XII ZB 447/11

bei uns veröffentlicht am 04.04.2012

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 447/11 vom 4. April 2012 in der Betreuungssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB §§ 1908 i, 1836; VBVG § 4 Abs. 1 Satz 2 a) Eine Erhöhung des dem Berufsbetreuer zu vergütenden Stunden
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Feb. 2013 - XII ZB 492/12.

Bundesgerichtshof Beschluss, 06. Nov. 2013 - XII ZB 86/13

bei uns veröffentlicht am 06.11.2013

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS XII ZB 86/13 vom 6. November 2013 in der Betreuungssache Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja VBVG § 2 Satz 1; FamFG § 168 Abs. 1 Satz 4; JBeitrO § 8 a) Die materielle Ausschlussfrist des § 2 Satz 1

Amtsgericht Offenburg Beschluss, 09. Juni 2016 - 1 XVII 333/14

bei uns veröffentlicht am 09.06.2016

Tenor Die Erinnerung des Betreuers vom 22.01.2016 (AS 623 f.) gegen den Beschluss vom 18.01.2016 (AS 541 f.) wird zurückgewiesen. Gründe   I. 1 Die Erinnerung des Betreuers … … richtet sich gegen die Höhe der festgesetzten Betreuervergütung

Referenzen

(1) Die dem Betreuer nach § 1 Absatz 2 zu bewilligende Vergütung bestimmt sich nach monatlichen Fallpauschalen, die in den Vergütungstabellen A bis C der Anlage festgelegt sind.

(2) Die Vergütung des Betreuers richtet sich nach Vergütungstabelle A, sofern der Betreuer über keine besonderen Kenntnisse verfügt, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind.

(3) Verfügt der Betreuer über besondere Kenntnisse, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind, so richtet sich die Vergütung

1.
nach Vergütungstabelle B, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Lehre oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind;
2.
nach Vergütungstabelle C, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder durch eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind.

(4) § 3 Absatz 2 gilt entsprechend. § 1 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 findet keine Anwendung.

(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in

1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts,
2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie
3.
Freiheitsentziehungssachen.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 gilt dies nur, wenn sich die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss richtet, der die Unterbringungsmaßnahme oder die Freiheitsentziehung anordnet. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 ist die Rechtsbeschwerde abweichend von Satz 2 auch dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen den eine freiheitsentziehende Maßnahme ablehnenden oder zurückweisenden Beschluss in den in § 417 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 genannten Verfahren richtet.

(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.

11
(2) Einer Hochschulausbildung vergleichbar ist eine Ausbildung, die in ihrer Wertigkeit einer Hochschulausbildung entspricht und einen formalen Abschluss aufweist. Gleichwertig ist eine Ausbildung, wenn sie staatlich reglementiert oder zumindest staatlich anerkannt ist und der durch sie vermittelte Wissensstand nach Art und Umfang dem eines Hochschulstudiums entspricht (OLG Frankfurt OLGR 2009, 317 Rn. 11; OLG Karlsruhe OLGR 2007, 167 Rn. 5; BayObLG BayObLGR 2000, 35). Als Kriterien können somit insbesondere der mit der Ausbildung verbundene Zeitaufwand, der Umfang und Inhalt des Lehrstoffes und die Zulassungsvoraussetzungen herangezogen werden (BayObLG FamRZ 2001, 187). Demgegenüber kommt es auf die Bezeichnung der Einrichtung nicht an (vgl. OLG Hamm FamRZ 2001, 1398; HK-BUR Lütgens Stand 2005 vor §§ 3, 4 VBVG Rn. 15).
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dd) Einer Hochschulausbildung vergleichbar ist eine Ausbildung, die in ihrer Wertigkeit einer Hochschulausbildung entspricht und einen formalen Abschluss aufweist. Gleichwertig ist eine Ausbildung, wenn sie staatlich reglementiert oder zumindest staatlich anerkannt ist und der durch sie vermittelte Wissensstand nach Art und Umfang dem eines Hochschulstudiums entspricht (OLG Frankfurt OLGR 2009, 317 Rn. 11; OLG Karlsruhe OLGR 2007, 167 Rn. 5; BayObLGR 2000, 35 zu § 1 BVormVG). Als Kriterien können somit insbesondere der mit der Ausbildung verbundene Zeitaufwand, der Umfang und Inhalt des Lehrstoffes und die Zulassungsvoraussetzungen herangezogen werden (BayObLG FamRZ 2001, 187). Für die Annahme der Vergleichbarkeit einer Ausbildung mit einer Hochschul- oder Fachhochschulausbildung kann auch sprechen , wenn die durch die Abschlussprüfung erworbene Qualifikation Zugang zu beruflichen Tätigkeiten ermöglicht, deren Ausübung üblicherweise Hochschulabsolventen vorbehalten ist (BayObLG FamRZ 2001, 187 f. und OLG Hamm OLGR 2002, 181 zu § 1 BVormVG; OLG Karlsruhe OLGR 2007, 167 Rn. 6 mwN). Bei der Prüfung der Vergleichbarkeit hat der Tatrichter strenge Maßstäbe anzulegen (vgl. Senatsbeschluss vom 23. Juli 2003 - XII ZB 87/03 - FamRZ 2003, 1653).

(1) Die dem Betreuer nach § 1 Absatz 2 zu bewilligende Vergütung bestimmt sich nach monatlichen Fallpauschalen, die in den Vergütungstabellen A bis C der Anlage festgelegt sind.

(2) Die Vergütung des Betreuers richtet sich nach Vergütungstabelle A, sofern der Betreuer über keine besonderen Kenntnisse verfügt, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind.

(3) Verfügt der Betreuer über besondere Kenntnisse, die für die Führung der Betreuung nutzbar sind, so richtet sich die Vergütung

1.
nach Vergütungstabelle B, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Lehre oder eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind;
2.
nach Vergütungstabelle C, wenn diese Kenntnisse durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder durch eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben sind.

(4) § 3 Absatz 2 gilt entsprechend. § 1 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 findet keine Anwendung.