Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Mai 2014 - XII ZB 705/13

bei uns veröffentlicht am28.05.2014
vorgehend
Amtsgericht Idar-Oberstein, 9 XVII 359/10, 09.10.2013
Landgericht Bad Kreuznach, 1 T 197/13, 26.11.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB705/13
vom
28. Mai 2014
in der Betreuungssache
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Dass eine Betreuung gegen den Willen des Betroffenen eingerichtet oder verlängert
wird, begründet für sich genommen noch nicht die Notwendigkeit, einen Verfahrenspfleger
zu bestellen (Abgrenzung zu Senatsbeschluss vom 29. Juni 2011
- XII ZB 19/11 - FamRZ 2011, 1577).

b) Die Bestellung eines Verfahrenspflegers ist in der Regel erforderlich, wenn der
Verfahrensgegenstand eine Anordnung einer Betreuung in allen Angelegenheiten
als möglich erscheinen lässt (im Anschluss an Senatsbeschlüsse vom
4. August 2010 - XII ZB 167/10 - FamRZ 2010, 1648 und vom 7. August 2013
- XII ZB 223/13 - FamRZ 2013, 1648).
BGH, Beschluss vom 28. Mai 2014 - XII ZB 705/13 - LG Bad Kreuznach
AG Idar-Oberstein
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Mai 2014 durch den
Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin Weber-Monecke und die Richter
Dr. Klinkhammer, Dr. Günter und Guhling

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bad Kreuznach vom 26. November 2013 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen. Beschwerdewert: 5.000 €

Gründe:

I.

1
Für die heute 59jährige Betroffene, die an einer leichten intellektuellen Beeinträchtigung vom Ausmaß einer Lernbehinderung leidet, wurde nach dem Tod ihres Ehemanns im November 2010 auf ihre Anregung eine rechtliche Betreuung mit den Aufgabenkreisen Gesundheitsfürsorge, Vermögenssorge, Aufenthaltsbestimmung , Organisation der Haushaltsführung und Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post im Rahmen der übertragenen Aufgabenkreise eingerichtet sowie ein Einwilligungsvorbehalt hinsichtlich der Vermögenssorge angeordnet. Eine 2012 von der Betroffenen beantragte Aufhebung der Betreuung lehnte das Amtsgericht ab.
2
Durch Beschluss vom 9. Oktober 2013 hat das Amtsgericht die Betreuung im gleichbleibenden Umfang mit Überprüfungsfrist zum 8. Oktober 2020 verlängert. Die Beschwerde der Betroffenen ist vom Landgericht zurückgewiesen worden. Mit der von ihr eingelegten Rechtsbeschwerde rügt sie vor allem, dass ihr kein Verfahrenspfleger bestellt worden sei.

II.

3
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg, denn der angefochtene Beschluss beruht auf einem fehlerhaften Verfahren.
4
1. Nach § 295 Abs. 1 Satz 1 FamFG gelten für die Verlängerung der Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts die Vorschriften über die erstmalige Anordnung dieser Maßnahmen entsprechend. Nach § 276 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 FamFG ist die Bestellung eines Verfahrenspflegers in der Regel erforderlich, wenn Gegenstand des Verfahrens die Bestellung eines Betreuers zur Besorgung aller Angelegenheiten des Betroffenen oder die Erweiterung des Aufgabenkreises hierauf ist, wenn sich das Verfahren auf eine Entscheidung über den Fernmeldeverkehr des Betreuten und über die Entgegennahme , das Öffnen und das Anhalten seiner Post erstreckt (§ 1896 Abs. 4 BGB) oder die Sterilisation des Betreuten zum Gegenstand hat (§ 1905 BGB). Dabei ist nach der Rechtsprechung des Senats aufgrund der Bedeutung des Verfahrensgegenstands die Bestellung eines Verfahrenspflegers in der Regel schon dann erforderlich, wenn der Verfahrensgegenstand eine Anordnung einer Betreuung in allen Angelegenheiten als möglich erscheinen lässt (Senatsbeschlüsse vom 4. August 2010 - XII ZB 167/10 - FamRZ 2010, 1648 Rn. 11 f.; vom 28. September 2011 - XII ZB 16/11 - FamRZ 2011, 1866 Rn. 9 und vom 7. August 2013 - XII ZB 223/13 - FamRZ 2013, 1648 Rn. 11). Abgesehen von den Regelfällen nach § 276 Abs. 1 Nr. 2 FamFG hat das Gericht dem Betroffenen gemäß § 276 Abs. 1 Satz 1 FamFG einen Verfahrenspfleger zu bestellen, wenn dies zur Wahrnehmung seiner Interessen erforderlich ist. Nach der Rechtsprechung des Senats hängt die Notwendigkeit der Bestellung eines Verfahrenspflegers vom Grad der Krankheit oder Behinderung des Betroffenen sowie von der Bedeutung des jeweiligen Verfahrensgegenstands ab (Senatsbeschlüsse vom 13. November 2013 - XII ZB 339/13 - FamRZ 2014, 192 Rn. 10 und vom 11. Dezember 2013 - XII ZB 280/11 - FamRZ 2014, 378 Rn. 11).
5
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde begründet der Umstand , dass die Betreuung letztlich gegen den Willen des Betroffenen eingerichtet oder verlängert wird, weil dieser nicht in der Lage ist, einen der Betreuung entgegenstehenden freien Willen nach § 1896 Abs. 1 a BGB zu bilden, für sich genommen noch nicht die Notwendigkeit, einen Verfahrenspfleger zu bestellen. Etwas Anderes folgt auch nicht aus dem Senatsbeschluss vom 29. Juni 2011 (XII ZB 19/11 - FamRZ 2011, 1577 Rn. 8 mwN). Zur Wahrung des rechtlichen Gehörs kommt es vielmehr darauf an, ob der Betroffene die Möglichkeit hat, seine Interessen gegenüber dem Betreuungsgericht geltend zu machen und seinen Willen kundzutun. Das wird noch nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Betroffene - etwa wegen mangelnder Krankheitseinsicht - nicht in der Lage ist, die Notwendigkeit der Betreuung zu erkennen. Ob in diesem Fall die Bestellung eines Verfahrenspflegers zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen notwendig ist, hängt vielmehr von den weiteren Umständen, insbesondere vom Grad der Krankheit oder Behinderung des Betroffenen sowie von der Bedeutung des jeweiligen Verfahrensgegenstands ab (Senatsbeschlüsse vom 13. November 2013 - XII ZB 339/13 - FamRZ 2014, 192 Rn. 10 und vom 11. Dezember 2013 - XII ZB 280/11 - FamRZ 2014, 378 Rn. 11). Je weniger der Betroffene in der Lage ist, seine Interessen selbst wahrzunehmen, je eindeutiger erkennbar ist, dass die geplanten Betreuungsmaßnahmen gegen seinen natürlichen Willen erfolgen und je schwerer und nachhaltiger der beabsichtigte Eingriff in die Rechte des Betroffenen ist, umso eher ist die Bestellung eines Verfahrenspflegers erforderlich (vgl. Senatsbeschluss vom 11. Dezember 2013 - XII ZB 280/11 - FamRZ 2014, 378 Rn. 11 mwN).
6
2. Nach den genannten Grundsätzen war im vorliegenden Fall die Bestellung eines Verfahrenspflegers notwendig.
7
Die verlängerte und vom Umfang her beibehaltene Betreuung bezieht sich auf die Aufgabenkreise Gesundheitsfürsorge, Vermögenssorge, Aufenthaltsbestimmung , Organisation der Haushaltsführung und Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post im Rahmen der übertragenen Aufgabenkreise sowie den Einwilligungsvorbehalt hinsichtlich der Vermögenssorge. Damit handelt es sich um eine umfassende Betreuung im Sinne der oben genannten Senatsrechtsprechung.
8
Die Begründung dafür, dass von einer Verfahrenspflegerbestellung abgesehen worden ist, ist unzutreffend. Das Amtsgericht hat in seinem Beschluss darauf abgestellt, dass aufgrund der durchgeführten Ermittlungen die Betreuungsbedürftigkeit für die angeordneten Wirkungskreise und die Geeignetheit des Betreuers offenkundig seien. Diese Gründe tragen ein Absehen von der Verfahrenspflegerbestellung nicht, weil es auf die Offenkundigkeit insoweit nicht ankommt und die Verfahrenspflegerbestellung gerade auch in diesem Fall das rechtliche Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG gewährleisten soll. Dem Beschluss des Landgerichts mangelt es gänzlich an einer Begründung.
9
3. Der angefochtene Beschluss ist aufzuheben, weil sich nicht ausschließen lässt, dass nach Bestellung und Anhörung des Verfahrenspflegers eine andere Entscheidung veranlasst ist. Ob das Landgericht von einer persönlichen Anhörung der Betroffenen absehen durfte, bedarf keiner Entscheidung. Auf- grund der gebotenen Verfahrenspflegerbestellung und des weiteren Zeitablaufs wird das Landgericht nach Zurückverweisung zu prüfen haben, ob es von einer eigenen Anhörung der Betroffenen absehen kann.
Dose Weber-Monecke Klinkhammer Günter Guhling
Vorinstanzen:
AG Idar-Oberstein, Entscheidung vom 09.10.2013 - 9 XVII 359/10 -
LG Bad Kreuznach, Entscheidung vom 26.11.2013 - 1 T 197/13 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Mai 2014 - XII ZB 705/13

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 276 Verfahrenspfleger


(1) Das Gericht hat dem Betroffenen einen geeigneten Verfahrenspfleger zu bestellen, wenn dies zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen erforderlich ist. Die Bestellung ist in der Regel erforderlich, wenn1.von der persönlichen Anhörung des Betr

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 295 Verlängerung der Betreuung oder des Einwilligungsvorbehalts


(1) Für die Verlängerung der Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts gelten die Vorschriften über die erstmalige Anordnung dieser Maßnahmen entsprechend. Von der erneuten Einholung eines Gutachtens kann abgesehen w
Bundesgerichtshof Beschluss, 28. Mai 2014 - XII ZB 705/13 zitiert 5 §§.

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(1) Für die Verlängerung der Bestellung eines Betreuers oder der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts gelten die Vorschriften über die erstmalige Anordnung dieser Maßnahmen entsprechend. Von der erneuten Einholung eines Gutachtens kann abgesehen werden, wenn sich aus der persönlichen Anhörung des Betroffenen und einem ärztlichen Zeugnis ergibt, dass sich der Umfang der Betreuungsbedürftigkeit offensichtlich nicht verringert hat und eine Verlängerung dem erklärten Willen des Betroffenen nicht widerspricht. Das Gericht hat die zuständige Behörde nur anzuhören, wenn es der Betroffene verlangt oder es zur Sachaufklärung erforderlich ist.

(2) Über die Verlängerung der Betreuung oder des Einwilligungsvorbehalts hat das Gericht spätestens sieben Jahre nach der Anordnung dieser Maßnahmen zu entscheiden. Ist die Maßnahme gegen den erklärten Willen des Betroffenen angeordnet worden, ist über eine erstmalige Verlängerung spätestens nach zwei Jahren zu entscheiden.

(1) Das Gericht hat dem Betroffenen einen geeigneten Verfahrenspfleger zu bestellen, wenn dies zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen erforderlich ist. Die Bestellung ist in der Regel erforderlich, wenn

1.
von der persönlichen Anhörung des Betroffenen nach § 278 Abs. 4 in Verbindung mit § 34 Abs. 2 abgesehen werden soll oder
2.
die Bestellung eines Betreuers oder die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts gegen den erklärten Willen des Betroffenen erfolgen soll.

(2) Von der Bestellung kann in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 abgesehen werden, wenn ein Interesse des Betroffenen an der Bestellung des Verfahrenspflegers offensichtlich nicht besteht. Die Nichtbestellung ist zu begründen.

(3) Der Verfahrenspfleger hat die Wünsche, hilfsweise den mutmaßlichen Willen des Betroffenen festzustellen und im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen. Er hat den Betroffenen über Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens in geeigneter Weise zu informieren und ihn bei Bedarf bei der Ausübung seiner Rechte im Verfahren zu unterstützen. Er ist nicht gesetzlicher Vertreter des Betroffenen.

(4) Als Verfahrenspfleger ist eine natürliche Person zu bestellen. Wer Verfahrenspflegschaften im Rahmen seiner Berufsausübung führt, soll nur dann zum Verfahrenspfleger bestellt werden, wenn keine andere geeignete Person zur Verfügung steht, die zur ehrenamtlichen Führung der Verfahrenspflegschaft bereit ist.

(5) Die Bestellung eines Verfahrenspflegers soll unterbleiben oder aufgehoben werden, wenn die Interessen des Betroffenen von einem Rechtsanwalt oder einem anderen geeigneten Verfahrensbevollmächtigten vertreten werden.

(6) Die Bestellung endet, sofern sie nicht vorher aufgehoben wird, mit der Rechtskraft der Endentscheidung oder mit dem sonstigen Abschluss des Verfahrens.

(7) Die Bestellung eines Verfahrenspflegers oder deren Aufhebung sowie die Ablehnung einer derartigen Maßnahme sind nicht selbständig anfechtbar.

(8) Dem Verfahrenspfleger sind keine Kosten aufzuerlegen.

11
aa) Die Rechtsbeschwerde beruft sich darauf, dass die Betreuung nach der Erweiterung um die Aufgabenkreise Aufenthaltsbestimmung und Wohnungsangelegenheiten im Ergebnis alle Angelegenheiten im Sinne von § 276 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 FamFG umfasse. Dem ist insoweit zu folgen, als dass jedenfalls der Verfahrensgegenstand eine umfassende Betreuung in diesem Sin- ne als möglich erscheinen lässt und schon von daher die Bestellung eines Verfahrenspflegers in der Regel erforderlich ist.
9
aa) Die Bestellung eines Verfahrenspflegers für den Betroffenen ist regelmäßig schon dann geboten, wenn der Verfahrensgegenstand die Anordnung einer Betreuung in allen Angelegenheiten als möglich erscheinen lässt. Für einen in diesem Sinne umfassenden Verfahrensgegenstand spricht, dass die vom Gericht getroffene Maßnahme die Betreuung auf Aufgabenkreise erstreckt, die in ihrer Gesamtheit alle wesentlichen Bereiche der Lebensgestaltung des Be- troffenen umfassen und damit in die Zuständigkeit des Betreuers fallen. Selbst wenn dem Betroffenen nach der Entscheidung letztlich einzelne restliche Bereiche zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung verblieben sind, entbindet dies jedenfalls dann nicht von der Bestellung eines Verfahrenspflegers, wenn die verbliebenen Befugnisse den Betroffenen in seiner konkreten Lebenssituation keinen nennenswerten eigenverantwortlichen Handlungsspielraum belassen (Senatsbeschluss vom 4. August 2010 - XII ZB 167/10 - FamRZ 2010, 1648 Rn. 13).

(1) Das Gericht hat dem Betroffenen einen geeigneten Verfahrenspfleger zu bestellen, wenn dies zur Wahrnehmung der Interessen des Betroffenen erforderlich ist. Die Bestellung ist in der Regel erforderlich, wenn

1.
von der persönlichen Anhörung des Betroffenen nach § 278 Abs. 4 in Verbindung mit § 34 Abs. 2 abgesehen werden soll oder
2.
die Bestellung eines Betreuers oder die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts gegen den erklärten Willen des Betroffenen erfolgen soll.

(2) Von der Bestellung kann in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 abgesehen werden, wenn ein Interesse des Betroffenen an der Bestellung des Verfahrenspflegers offensichtlich nicht besteht. Die Nichtbestellung ist zu begründen.

(3) Der Verfahrenspfleger hat die Wünsche, hilfsweise den mutmaßlichen Willen des Betroffenen festzustellen und im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen. Er hat den Betroffenen über Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens in geeigneter Weise zu informieren und ihn bei Bedarf bei der Ausübung seiner Rechte im Verfahren zu unterstützen. Er ist nicht gesetzlicher Vertreter des Betroffenen.

(4) Als Verfahrenspfleger ist eine natürliche Person zu bestellen. Wer Verfahrenspflegschaften im Rahmen seiner Berufsausübung führt, soll nur dann zum Verfahrenspfleger bestellt werden, wenn keine andere geeignete Person zur Verfügung steht, die zur ehrenamtlichen Führung der Verfahrenspflegschaft bereit ist.

(5) Die Bestellung eines Verfahrenspflegers soll unterbleiben oder aufgehoben werden, wenn die Interessen des Betroffenen von einem Rechtsanwalt oder einem anderen geeigneten Verfahrensbevollmächtigten vertreten werden.

(6) Die Bestellung endet, sofern sie nicht vorher aufgehoben wird, mit der Rechtskraft der Endentscheidung oder mit dem sonstigen Abschluss des Verfahrens.

(7) Die Bestellung eines Verfahrenspflegers oder deren Aufhebung sowie die Ablehnung einer derartigen Maßnahme sind nicht selbständig anfechtbar.

(8) Dem Verfahrenspfleger sind keine Kosten aufzuerlegen.

10
b) Ob es auch dann, wenn keiner der in § 276 Abs. 1 Satz 2 FamFG aufgeführten Regelfälle vorliegt, eines Verfahrenspflegers bedarf, hängt vom Grad der Krankheit oder Behinderung des Betroffenen sowie von der Bedeutung des jeweiligen Verfahrensgegenstandes ab (BT-Drucks. 11/4528 S. 171; allgemeine Meinung, vgl. etwa BayObLG FamRZ 2003, 1044; HK-BUR/Bauer [Stand: Dezember 2010] § 276 FamFG Rn. 71; Knittel Betreuungsrecht [Stand: 1. Oktober 2005] § 67 FGG Rn. 5; Brosey in Bahrenfuss FamFG § 276 Rn. 3; SchulteBunert /Weinreich/Rausch FamFG 3. Aufl. § 276 Rn. 4; MünchKommFamFG/ Schmidt-Recla 2. Aufl. § 276 FamFG Rn. 5; Bienwald in Bienwald/Sonnenfeld/ Hoffmann Betreuungsrecht 5. Aufl. § 276 FamFG Rn. 29). Das Gericht hat hierzu eine Einzelfallbeurteilung vorzunehmen, ohne dass ihm insoweit ein Ermessen eröffnet ist (vgl. Keidel/Budde FamFG 17. Aufl. § 276 Rn. 3; SchulteBunert /Weinreich/Rausch FamFG 3. Aufl. § 276 Rn. 4).
11
c) Die Erforderlichkeit der Bestellung eines Verfahrenspflegers im Beschwerdeverfahren ergab sich aber aus der Generalklausel des § 276 Abs. 1 Satz 1 FamFG. Ob es auch dann, wenn keiner der in § 276 Abs. 1 Satz 2 FamFG genannten Regelfälle vorliegt, eines Verfahrenspflegers bedarf, hängt vom Grad der Krankheit oder Behinderung des Betroffenen sowie von der Bedeutung des jeweiligen Verfahrensgegenstands ab (Senatsbeschluss vom 13. November 2013 - XII ZB 339/13 - juris Rn. 10). Das Gericht hat hierzu eine Einzelfallbeurteilung vorzunehmen, ohne dass ihm insoweit ein Ermessen eröffnet ist (Keidel/Budde FamFG 17. Aufl. § 276 Rn. 3). Je weniger der Betroffene in der Lage ist, seine Interessen selbst wahrzunehmen, je eindeutiger erkennbar ist, dass die geplanten Betreuungsmaßnahmen gegen seinen natürlichen Willen erfolgen und je schwerer und nachhaltiger der beabsichtigte Eingriff in die Rechte des Betroffenen ist, umso dringender erforderlich ist die Bestellung des Verfahrenspflegers (Prütting/Helms/Fröschle FamFG 3. Aufl. § 276 Rn. 11; HK-BUR/Bauer [Stand: September 2009] § 276 FamFG Rn. 79).
8
Die vorrangige Aufgabe des Verfahrenspflegers besteht darin, gegenüber dem Gericht den Willen des Betroffenen kundzutun und dessen aus Art. 103 Abs. 1 GG folgenden Anspruch auf rechtliches Gehör zu verwirklichen (BT-Drucks. 15/2494 S. 41). Aus dieser Aufgabenstellung folgt, dass ein Verfahrenspfleger vor allem dann zu bestellen ist, wenn der Betroffene nicht mehr in der Lage ist, seinen Willen kundzutun bzw. einen freien Willen überhaupt noch zu bilden (vgl. BayObLG FamRZ 2003, 786, 787; 1997, 1358; KG FamRZ 2009, 641; Keidel/Budde FamFG 16. Aufl. § 276 Rn. 3; vgl. auch Prütting/ Helms/Fröschle FamFG § 276 Rn. 9). Eine Verfahrenspflegschaft ist nach den Vorstellungen des Gesetzgebers allerdings dann nicht anzuordnen, wenn die Verfahrenspflegerbestellung "einen rein formalen Charakter hätte" (Senatsbeschluss vom 4. August 2010 - XII ZB 167/10 - FamRZ 2010, 1648 Rn. 15 unter Hinweis auf BT-Drucks. 13/7158 S. 36).
10
b) Ob es auch dann, wenn keiner der in § 276 Abs. 1 Satz 2 FamFG aufgeführten Regelfälle vorliegt, eines Verfahrenspflegers bedarf, hängt vom Grad der Krankheit oder Behinderung des Betroffenen sowie von der Bedeutung des jeweiligen Verfahrensgegenstandes ab (BT-Drucks. 11/4528 S. 171; allgemeine Meinung, vgl. etwa BayObLG FamRZ 2003, 1044; HK-BUR/Bauer [Stand: Dezember 2010] § 276 FamFG Rn. 71; Knittel Betreuungsrecht [Stand: 1. Oktober 2005] § 67 FGG Rn. 5; Brosey in Bahrenfuss FamFG § 276 Rn. 3; SchulteBunert /Weinreich/Rausch FamFG 3. Aufl. § 276 Rn. 4; MünchKommFamFG/ Schmidt-Recla 2. Aufl. § 276 FamFG Rn. 5; Bienwald in Bienwald/Sonnenfeld/ Hoffmann Betreuungsrecht 5. Aufl. § 276 FamFG Rn. 29). Das Gericht hat hierzu eine Einzelfallbeurteilung vorzunehmen, ohne dass ihm insoweit ein Ermessen eröffnet ist (vgl. Keidel/Budde FamFG 17. Aufl. § 276 Rn. 3; SchulteBunert /Weinreich/Rausch FamFG 3. Aufl. § 276 Rn. 4).
11
c) Die Erforderlichkeit der Bestellung eines Verfahrenspflegers im Beschwerdeverfahren ergab sich aber aus der Generalklausel des § 276 Abs. 1 Satz 1 FamFG. Ob es auch dann, wenn keiner der in § 276 Abs. 1 Satz 2 FamFG genannten Regelfälle vorliegt, eines Verfahrenspflegers bedarf, hängt vom Grad der Krankheit oder Behinderung des Betroffenen sowie von der Bedeutung des jeweiligen Verfahrensgegenstands ab (Senatsbeschluss vom 13. November 2013 - XII ZB 339/13 - juris Rn. 10). Das Gericht hat hierzu eine Einzelfallbeurteilung vorzunehmen, ohne dass ihm insoweit ein Ermessen eröffnet ist (Keidel/Budde FamFG 17. Aufl. § 276 Rn. 3). Je weniger der Betroffene in der Lage ist, seine Interessen selbst wahrzunehmen, je eindeutiger erkennbar ist, dass die geplanten Betreuungsmaßnahmen gegen seinen natürlichen Willen erfolgen und je schwerer und nachhaltiger der beabsichtigte Eingriff in die Rechte des Betroffenen ist, umso dringender erforderlich ist die Bestellung des Verfahrenspflegers (Prütting/Helms/Fröschle FamFG 3. Aufl. § 276 Rn. 11; HK-BUR/Bauer [Stand: September 2009] § 276 FamFG Rn. 79).

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.