Bundesgerichtshof Teilurteil, 03. Nov. 2016 - I ZR 101/15

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:031116UIZR101.15.0
bei uns veröffentlicht am03.11.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Tenor

Es wird festgestellt, dass das Verfahren hinsichtlich der Beklagten zu 2, soweit es in die Revisionsinstanz gelangt ist, unterbrochen ist.

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg - 5. Zivilsenat - vom 27. März 2015 aufgehoben, soweit zugunsten der Beklagten zu 1 erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin, ein in I.   ansässiges Textilunternehmen, ist Inhaberin der am 6. März 2001 angemeldeten und am 16. Februar 2004 für eine Vielzahl von Waren, darunter

Badezimmerwäsche, Badetücher, Strandhandtücher, Bett- und Tischüberzüge, Betttücher, Bettdecken, Decken, Kissenbezüge, Federbettbezüge, Gesichtshandtücher, Haarhandtücher, Handtücher für den gewerblichen Gebrauch (für Hotels, Krankenhäuser, Laboratorien), Kopfkissenbezüge, Steppdeckenbezüge, Lacken [gemeint wohl: Laken], Gesichtstücher aus Textil, Hand- und Badetücher aus Textil, Badezimmer Matten

eingetragenen Unions-Wortmarke Nr. 002116275 "MICRO COTTON" (Klagemarke 1). Die Klägerin ist weiterhin Inhaberin der am 22. März 2007 angemeldeten und am 15. Mai 2008 für "Badwäsche, Badetücher, Strandtücher" sowie "Textilhandtücher" eingetragenen Unions-Wortmarke Nr. 005778031 "MICRO COTTON GREEN EARTH" (Klagemarke 2).

2

Im Mai 2010 verkaufte die Beklagte zu 1, Einkaufsgesellschaft der Supermarktketten A.  Nord und A.  Süd, Handtücher in der folgenden Aufmachung, die ihr die Beklagte zu 2, eine Textilherstellerin, geliefert hatte (Abbildung Anlage K 8):

Abbildung

3

Die Klägerin sieht hierin eine Verletzung ihrer Marken und hat die Beklagten erfolglos vorgerichtlich abgemahnt. Sie stützt ihr Begehren vorrangig auf die Klagemarke 1, nachrangig auf die Klagemarke 2.

4

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr das Zeichen "Microcotton" für den Vertrieb von Handtüchern zu benutzen, insbesondere dieses Zeichen auf Handtüchern, ihrer Aufmachung, ihrem Etikett und/oder ihrer Verpackung anzubringen, unter diesem Zeichen Handtücher anzubieten und/oder anbieten zu lassen, in den Verkehr zu bringen und/oder in den Verkehr bringen zu lassen, zu diesem Zweck zu besitzen, unter diesem Zeichen Handtücher einzuführen und/oder einführen zu lassen, auszuführen und/oder ausführen zu lassen und/oder in der Werbung, insbesondere im Internet, für Handtücher zu benutzen und/oder benutzen zu lassen, jeweils wenn dies geschieht wie aus der Anlage K 8 ersichtlich;

2. die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin unter Vorlage aller entsprechenden Rechnungen Auskunft zu erteilen über den Umfang der Verletzungshandlungen gemäß vorstehender Ziffer 1, insbesondere über die Herkunft und den Vertriebsweg der unter Ziffer 1 beschriebenen Produkte unter Angabe von Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer, der gewerblichen Abnehmer und Auftraggeber, sowie die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Artikel;

3. die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin unter Vorlage aller entsprechenden Rechnungen über den Umfang der Verletzungshandlungen gemäß vorstehender Ziffer 1 Auskunft zu erteilen und zwar unter detaillierter Aufschlüsselung aller mit den bezeichneten Waren erzielten Umsätze und Kostenfaktoren, aufgeschlüsselt nach Kalendervierteljahren und unter Angabe des Umfangs der betriebenen Werbung, aufgelistet nach Kalendervierteljahren und Werbeträgern, Auflagenhöhen und Verbreitungsgebieten und Verbreitungszeiträumen;

4. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus den in Ziffer 1 beschriebenen Handlungen bereits entstanden ist oder künftig noch entstehen wird;

5. die Beklagten zu verurteilen, die in ihrem Besitz befindlichen Gegenstände, die mit dem Zeichen "Microcotton" gekennzeichnet sind, nämlich Handtücher, deren Etiketten, Verpackungen und Kataloge zu vernichten;

6. die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin jeweils einen Betrag in Höhe von 699,90 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. September 2010 zu zahlen.

5

Die Beklagten haben widerklagend beantragt,

die Unionsmarke 2 116 275 "MICRO COTTON" für nichtig zu erklären,

hilfsweise, die vorgenannte Unionsmarke für verfallen zu erklären.

6

Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt (LG Hamburg, Urteil vom 4. Oktober 2011 - 312 O 558/10, juris). Auf den Hilfsantrag der Widerklage hat das Landgericht die Klagemarke 1 in Bezug auf die folgenden Waren für verfallen erklärt:

Tischbezüge, Tischtücher, Rollos, Tücher, Baumwollstoffe, Gardinen, Federbetten, Stoffe, Stoffe für den textilen Gebrauch, Möbelbezüge, Taschentücher, Haushaltswäsche, Textilartikel für den Haushalt, Servietten und Windeln, Steppdecken, Duschvorhänge, Tischbezüge, Tischunterlagen, Geschirrtücher, Textilartikel, Textilartikel, die nicht in einer anderen Klasse enthalten sind, Stückwaren aus Textil, Wandbehänge aus Textil, Textilien und Güter aus Textil, Textilien und textile Güter, die nicht in anderen Klassen beinhaltet sind, Make-up Entfernungstücher aus Textil, Polsterstoffe, gewobene Güter und Textilien, Teppichrückenverstärkungen, Teppiche, Läufer, Matten, Türvorleger, Fußbodenbeläge, Wandverkleidungen und Wandbehänge.

7

Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen und auf die Widerklage die Klagemarke 1 für nichtig erklärt (OLG Hamburg, Urteil vom 27. März 2015 - 5 U 230/11, BeckRS 2016, 6264).

8

Mit Beschluss des Amtsgerichts Dortmund vom 27. Mai 2016 ist über das Vermögen der Beklagten zu 2 das Insolvenzverfahren eröffnet worden.

9

Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Beklagte zu 1 beantragt, verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge und den Antrag auf Abweisung der Widerklage weiter.

Entscheidungsgründe

10

I. Das Berufungsgericht hat die Klage für zulässig, aber unbegründet, die Widerklage dagegen als begründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt:

11

Ansprüche wegen Verletzung der Klagemarke 1 bestünden nicht, weil die angegriffene Verwendungsform keine markenmäßige Benutzung darstelle. Die Klage sei auch im Hinblick auf die Klagemarke 2 nicht begründet, weil diese Marke keine stärkere Rechtsposition vermittle als die Klagemarke 1. Die auf die Nichtigerklärung der Klagemarke 1 gerichtete Widerklage sei wegen fehlender Unterscheidungskraft und wegen Vorliegens eines Freihaltebedürfnisses begründet.

12

II. Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten zu 2 ist der zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 2 anhängige Rechtsstreit gemäß § 240 ZPO unterbrochen. Diese Unterbrechung berührt jedoch das Prozessrechtsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1 nicht. Insoweit ist der Rechtsstreit durch Teilurteil zu entscheiden.

13

1. Ein Teilurteil ist hinsichtlich der Klage zulässig.

14

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf ein Teilurteil nur ergehen, wenn es von der Entscheidung über den Rest des geltend gemachten prozessualen Anspruchs unabhängig ist, so dass die Gefahr einander widerstreitender Erkenntnisse, auch durch das Rechtsmittelgericht, nicht besteht. Ein Teilurteil ist schon dann unzulässig, wenn nicht auszuschließen ist, dass es in demselben Rechtsstreit zu einander widersprechenden Entscheidungen kommt (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 2003 - VI ZR 8/03, NJW 2004, 1452; Urteil vom 7. November 2006 - X ZR 149/04, NJW 2007, 156 Rn. 12; Urteil vom 11. Mai 2011 - VIII ZR 42/10, BGHZ 189, 356 Rn. 13; Urteil vom 23. September 2015 - I ZR 78/14, GRUR 2015, 1201 Rn. 26 = WRP 2015, 1487 - Sparkassen-Rot/Santander-Rot). Ein Teilurteil kann danach grundsätzlich nicht für oder gegen einzelne von mehreren Streitgenossen ergehen.

15

In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist allerdings anerkannt, dass gegen einen einfachen Streitgenossen ein Teilurteil trotz der Gefahr einer widerstreitenden Entscheidung im weiteren Verfahren ergehen kann, wenn das Verfahren durch Insolvenz oder Tod des anderen Streitgenossen unterbrochen ist. Diese Ausnahme ist gerechtfertigt, weil die Unterbrechung des Verfahrens zu einer faktischen Trennung des Rechtsstreits führt und regelmäßig nicht voraussehbar ist, ob und gegebenenfalls wann das unterbrochene Verfahren aufgenommen werden wird. Da die übrigen Prozessbeteiligten keine prozessuale Möglichkeit haben, die Aufnahme des Verfahrens und damit den Fortgang des Prozesses insgesamt zu bewirken, wäre es mit ihrem Anspruch auf effektiven Rechtsschutz nicht vereinbar, wenn die Unterbrechung des Verfahrens eine Entscheidung nur deshalb nachhaltig verzögerte, weil die abstrakte Gefahr einer widersprüchlichen Entscheidung nach einer eventuellen Aufnahme des Verfahrens besteht (vgl. BGH, Urteil vom 19. Dezember 2002 - VII ZR 176/02, NJW-RR 2003, 1002, 1003; BGH, NJW 2007, 156 Rn. 15 f.; GRUR 2010, 343 Rn. 22 - Oracle; BGHZ 189, 356 Rn. 17; BGH, GRUR 2015, 1201 Rn. 29 - Sparkassen-Rot/Santander-Rot).

16

b) Danach ist der Erlass eines Teilurteils über die Klage im Streitfall zulässig, weil die Beklagten einfache Streitgenossen sind.

17

aa) Notwendige Streitgenossenschaft im Sinne des § 62 Abs. 1 ZPO besteht, wenn das Rechtsverhältnis aus prozessualen oder materiell-rechtlichen Gründen allen Streitgenossen gegenüber nur einheitlich festgestellt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 1984 - V ZR 67/83, BGHZ 92, 351, 353 f.; Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl., § 62 Rn. 2 ff.). Eine prozessual begründete notwendige Streitgenossenschaft liegt etwa vor, wenn gesetzliche Vorschriften die Rechtskraft des gegenüber dem einen Streitgenossen ergangenen Urteils auf den anderen Streitgenossen erstrecken (BGH, Urteil vom 15. Juni 1959 - II ZR 44/58, BGHZ 30, 195, 198 ff.; BGHZ 92, 351, 353 f.). Eine Streitgenossenschaft ist materiell-rechtlich eine notwendige, wenn ein Recht aus materiell-rechtlichen Gründen nur von mehreren Berechtigten oder gegen mehrere Verpflichtete gemeinsam ausgeübt werden darf, die Klage also wegen fehlender Prozessführungsbefugnis abgewiesen werden müsste, wenn sie nur von einem einzelnen Mitberechtigten oder gegen einen einzelnen Mitverpflichteten erhoben würde (BGHZ 92, 351, 353; BGH, Urteil vom 24. Januar 2012 - X ZR 94/10, BGHZ 192, 245 Rn. 19 - Tintenpatrone II).

18

bb) Im Streitfall werden die Beklagten von der Klägerin als einfache Streitgenossen in Anspruch genommen. Die von der Klägerin gegenüber den Beklagten geltend gemachte Haftung auf Unterlassen besteht für jeden von mehreren Schuldnern selbständig und unabhängig voneinander (vgl. BGH, Beschluss vom 15. April 2008 - X ZB 12/06, GRUR-RR 2008, 460 Rn. 8 = WRP 2008, 952). Gleiches gilt für die Geltendmachung von Ansprüchen auf Auskunft, Vernichtung und Abmahnkostenersatz. Auch die gesamtschuldnerische Schadensersatzhaftung mehrerer Beklagter begründet keine notwendige Streitgenossenschaft, weil es dem Kläger freisteht, alle Gesamtschuldner gemeinsam oder auch nur einzelne von ihnen gerichtlich in Anspruch zu nehmen.

19

2. Über die Widerklage kann ebenfalls im Wege des Teilurteils entschieden werden. Dies gilt unbeschadet des Umstands, dass die Beklagten hinsichtlich ihrer auf Nichtigerklärung der Klagemarke 1 gerichteten Widerklage notwendige Streitgenossen sind.

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Erheben mehrere Streitgenossen Nichtigkeitsklage gegen ein registergebundenes Schutzrecht, so sind sie notwendige Streitgenossen aus prozessrechtlichen Gründen, weil die durch Gestaltungsurteil ergehende Nichtigerklärung des Schutzrechts gegenüber jedem der Kläger einheitlich ergehen muss und sie zudem Wirkung gegenüber jedermann hat (vgl. zum Patent BGH, Teilurteil vom 2. Februar 2016 - X ZR 146/13, juris Rn. 6). Dies gilt gemäß Art. 52 Abs. 1, Art. 55 Abs. 2 der Verordnung (EU) 2015/2424 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates über die Gemeinschaftsmarke und der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates über die Gemeinschaftsmarke und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2869/95 der Kommission über die an das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) zu entrichtenden Gebühren (ABl. L 341 vom 24.12.2015, S. 21; Unionsmarkenverordnung - UMV) auch für die nach Art. 100 UMV erhobene Nichtigkeitsklage gegen eine Unionsmarke. Im Falle einer solchen Nichtigkeitsklage steht die notwendige Streitgenossenschaft dem Erlass eines Teilurteils für oder gegen einzelne von mehreren Streitgenossen jedoch nicht entgegen. Es liegt nach den §§ 145, 147 ZPO, die als verfahrensrechtliche Vorschriften nach Art. 101 Abs. 2 UMV anwendbar sind, im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, mehrere Nichtigkeitsverfahren zu verbinden oder auch zu trennen. Besteht aber die Möglichkeit, durch Verfahrenstrennung hinsichtlich einzelner Streitgenossen separat zu entscheiden, ist es auch zulässig, ohne Abtrennung über die Nichtigkeitsklage des Streitgenossen zu entscheiden, hinsichtlich dessen das Verfahren nicht nach § 240 ZPO unterbrochen ist (vgl. BGH, Teilurteil vom 2. Februar 2016 - X ZR 146/13, juris Rn. 7).

21

III. Die Revision der Klägerin ist begründet. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung können die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche aus der Klagemarke 1 nicht verneint werden (nachfolgend III 1 und 2). Das Berufungsgericht hat der Nichtigkeitswiderklage der Beklagten zu 1 zu Unrecht stattgegeben (dazu III 3).

22

1. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann der von der Klägerin aus der Klagemarke 1 geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß Art. 102 Abs. 1, Art. 9 Abs. 2 Buchst. b UMV und Art. 102 Abs. 1, Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b GMV nicht verneint werden.

23

a) Nach dem Zeitpunkt der behaupteten Zuwiderhandlungen ist das im Streitfall maßgebliche Recht durch die am 23. März 2016 in Kraft getretene Unionsmarkenverordnung novelliert worden. Die im Streitfall maßgebliche Vorschrift des Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b GMV ist durch Art. 1 Nummer 11 UMV zwar ergänzt und geändert worden. An die Stelle des Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b GMV ist die Vorschrift des Art. 9 Abs. 2 Buchst. b UMV getreten. Diese Änderungen haben aber keine Auswirkungen auf die im Streitfall entscheidungserheblichen Voraussetzungen der Verwechslungsgefahr und das Erfordernis des Handelns im geschäftlichen Verkehr (vgl. BGH, Urteil vom 28. April 2016 - I ZR 82/14, GRUR 2016, 810 Rn. 18 = WRP 2016, 1252 - profitbricks.es).

24

b) Die Revision wendet sich mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die beanstandete Zeichenverwendung stelle keine markenmäßige Benutzung dar.

25

aa) Das Berufungsgericht hat eine markenmäßige Verwendung verneint. Es handele sich ausschließlich um eine produktbeschreibende Verwendung des Zeichens, weil es dem Betrachter nicht in hervorgehobener Form nach Art einer Marke gegenübertrete, sondern in die Warenbeschreibung zwischen der Zahl "2" und dem Wort "Handtücher" eingebettet sei und am rechten Rand die erkennbar herkunftshinweisende Bezeichnung "aquarelle" auffalle. Der Verkehr werde in dieser Zeichenverwendung keine Mehrfachkennzeichnung erkennen. "Microcotton" sei zwar ein Kunstwort, das keine unmittelbare Wortbedeutung habe. Es wecke jedoch nachhaltige Assoziationen zum allseits bekannten Begriff "Mikrofaser". Jedenfalls bei der Verwendung für Baumwollhandtücher, die als flauschig und voluminös beschrieben würden, sei "Microcotton" auf den ersten Blick sinntragend, weil diese Eigenschaften feine, sehr weiche Fasern voraussetzten. Der Begriff "Microcotton" sei in Deutschland schon vor der beanstandeten Handlung als Sachbeschreibung für Textilien verwendet worden, so dass eine entsprechende Prägung des Verkehrsverständnisses erfolgt sei. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

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bb) Eine Markenverletzung nach Art. 9 Abs. 2 Buchst. b UMV kann grundsätzlich nur angenommen werden, wenn eine markenmäßige Verwendung der beanstandeten Bezeichnung vorliegt. Eine markenmäßige Verwendung oder - was dem entspricht - eine Verwendung als Marke setzt voraus, dass die beanstandete Bezeichnung im Rahmen des Produkt- oder Leistungsabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer dient. Die Rechte aus der Marke nach Art. 9 Abs. 2 Buchst. b UMV, dessen Anwendung eine Verwechslungsgefahr voraussetzt, sind daher auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen die Benutzung des Zeichens durch einen Dritten die Hauptfunktion der Marke, das heißt die Gewährleistung der Herkunft der Ware oder Dienstleistung gegenüber dem Verbraucher, beeinträchtigt oder immerhin beeinträchtigen könnte (BGH, Urteil vom 11. April 2013 - I ZR 214/11, GRUR 2013, 1239 Rn. 20 = WRP 2013, 1601 - VOLKSWAGEN/Volks.Inspektion; Urteil vom 30. Juli 2015 - I ZR 104/14, GRUR 2015, 1223 Rn. 21 = WRP 2015, 1501 - Posterlounge). Eine rein beschreibende Verwendung, die weder die Herkunftsfunktion noch andere Markenfunktionen beeinträchtigt, stellt keine Benutzung im Sinne des Art. 9 Abs. 2 Buchst. b UMV dar (vgl. EuGH, Urteil vom 18. Juni 2009 - C-487/07, Slg. 2009, I-5185 = GRUR 2009, 756 Rn. 61 - L'Oréal/Bellure; BGH, Urteil vom 6. Dezember 2001 - I ZR 136/99, GRUR 2002, 814, 815 = WRP 2002, 987 - Festspielhaus; Urteil vom 20. Dezember 2001 - I ZR 135/99, GRUR 2002, 812, 813 = WRP 2002, 985 - FRÜHSTÜCKS-DRINK II; Urteil vom 13. März 2008 - I ZR 151/05, GRUR 2008, 912 Rn. 19 = WRP 2008, 1353 - metrosex). Hat ein Wort beschreibenden Charakter, wird es vom Verkehr eher als Sachhinweis und nicht als Kennzeichen aufgefasst (vgl. BGH, GRUR 2008, 912 Rn. 19 - Metrosex; BGH, Urteil vom 18. Dezember 2008 - I ZR 200/06, GRUR 2009, 772 Rn. 59 = WRP 2009, 971 - Augsburger Puppenkiste). Dabei wird die Verkehrsauffassung auch durch die konkrete Aufmachung bestimmt, in der die angegriffene Bezeichnung dem Publikum entgegentritt (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Juni 2008 - C-533/06, Slg. 2008, I-4231 = GRUR 2008, 698 Rn. 64 - O2/Hutchison; BGH, Urteil vom 20. Dezember 2001 - I ZR 60/99, GRUR 2002, 809, 811 = WRP 2002, 982 - FRÜHSTÜCKS-DRINK I; Urteil vom 14. Januar 2010 - I ZR 92/08, GRUR 2010, 838 Rn. 20 = WRP 2010, 1043 - DDR-Logo; Urteil vom 9. Februar 2012 - I ZR 100/10, GRUR 2012, 1040 Rn. 19 = WRP 2012, 1241 - pjur/pure). Eine blickfangmäßige Herausstellung oder die Verwendung eines Zeichens im Rahmen der Produktkennzeichnung spricht für eine markenmäßige Verwendung (vgl. BGH, GRUR 2012, 1040 Rn. 19 - pjur/pure).

27

Die Beurteilung der Frage, ob der Verkehr eine Bezeichnung als Herkunftshinweis versteht, obliegt im Wesentlichen dem Tatrichter. Im Revisionsverfahren ist daher nur zu prüfen, ob der Tatrichter den Rechtsbegriff zutreffend erfasst und ohne Widerspruch zu Denkgesetzen und Erfahrungssätzen geurteilt hat und ob das gewonnene Ergebnis von den getroffenen Feststellungen getragen wird (BGH, GRUR 2013, 1239 Rn. 21 - VOLKSWAGEN/Volks.Inspektion; GRUR 2015, 1223 Rn. 21 - Posterlounge).

28

cc) Mit diesen Grundsätzen steht die Beurteilung des Berufungsgerichts nicht im Einklang.

29

(1) Keinen Bestand hat die Beurteilung des Berufungsgerichts, infolge der Einbettung des Begriffs "Microcotton" zwischen der Zahl "2" und der Angabe "Handtücher" handele es sich um eine Zeichenverwendung, die nicht hervorgehoben in Art einer Marke sei und die der Verkehr ausschließlich als produktbeschreibende Angabe und nicht als Mehrfachkennzeichnung wahrnehme. Diese Beurteilung wird von den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht getragen.

30

Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die beanstandete Zeichenverwendung im Rahmen eines Produktetiketts in einer größeren Schrift als der übrige Text abgefasst und anders als dieser nicht in schwarzer Schrift gehalten, sondern dunkelfarbig unterlegt ist. Der Verkehr entnimmt einer solchen in einem Produktetikett enthaltenen Darstellung, die durch Schriftgröße und graphische Gestaltung nach Art einer Überschrift betont wird, typischerweise einen Hinweis auf die Herkunft des Produkts (vgl. BGH, GRUR 2002, 809, 811 - FRÜHSTÜCKS-DRINK I). Hierbei steht einer herkunftshinweisenden Wahrnehmung nicht entgegen, dass die hervorgehobene Textzeile mit den Zeichen "2" und "Handtücher" auch zweifelsfrei produktbeschreibende Bestandteile enthält. An einer hinreichenden Hervorhebung fehlt es auch nicht deshalb, weil das Etikett mit dem Zeichen "aquarell" am rechten Rand über ein ebenfalls als Herkunftshinweis wahrgenommenes Wort-Bild-Zeichen verfügt. Diese Kennzeichnung wirkt dem potentiell herkunftshinweisenden Charakter der graphisch hervorgehobenen Textzeile nicht entgegen. Die Annahme des Berufungsgerichts, eine Mehrfachkennzeichnung sei im Bereich der Heimtextilien nicht verbreitet anzutreffen, wenn an anderer Stelle bereits ein deutlicher Herkunftshinweis angebracht sei, entbehrt einer hinreichenden tatsächlichen Grundlage.

31

(2) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht weiter angenommen, der Begriff "Microcotton" sei rein beschreibend, weil er zwar ein Kunstwort sei, das keine unmittelbare Wortbedeutung in sich trage, jedoch nachhaltige Assoziationen zum allseits bekannten Begriff "Mikrofaser" wecke und jedenfalls bei der Verwendung für Baumwollhandtücher, die als flauschig und voluminös beschrieben würden, auf den ersten Blick sinntragend sei. Dieser Beurteilung liegt ein unzutreffender rechtlicher Maßstab zugrunde.

32

Ein Begriff, der gewisse Unschärfen aufweist und deshalb die Eigenschaften eines Produkts nicht fest umreißt, kann zwar einen beschreibenden Anklang haben (BGH, GRUR 2012, 1040 Rn. 31 - pjur/pure). Eine beschreibende Benutzung als Sachangabe für Waren und Dienstleistungen setzt nicht voraus, dass die Bezeichnung feste begriffliche Konturen erlangt und sich eine einhellige Auffassung zum Sinngehalt herausgebildet hat (vgl. BGH, Beschluss vom 13. März 2008 - I ZB 53/05, GRUR 2008, 900 Rn. 15 = WRP 2008, 1004 - SPA II). Einem in der maßgeblichen Sprache nicht vorhandenen Fantasie- und Kunstwort mit eigenschöpferischem Gehalt kann jedoch auch bei bestehendem beschreibenden Anklang grundsätzlich nicht jegliche Unterscheidungskraft versagt werden (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2007 - I ZR 132/04, GRUR 2008, 258 Rn. 24 = WRP 2008, 232 - INTERCONNECT/T-InterConnect; Urteil vom 24. Februar 2011 - I ZR 154/09, GRUR 2011, 826 Rn. 16 = WRP 2011, 1168 - Enzymax/Enzymix). Um einen solchen Fall handelt es sich vorliegend.

33

Nach den zutreffenden Feststellungen des Berufungsgerichts handelt es sich bei dem Begriff "Microcotton" um ein Kunstwort, das keine unmittelbare Wortbedeutung hat. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Begriff sei auf den ersten Blick sinntragend, steht, wie die Revision mit Recht rügt, hierzu allerdings im Widerspruch.

34

Nicht frei von Rechtsfehlern ist auch die weitere Annahme des Berufungsgerichts, der in Deutschland angesprochene Verkehr assoziiere aufgrund der gleichartigen Wortbildung den geläufigen Begriff "Mikrofaser", so dass "Microcotton" in Bezug auf Baumwollhandtücher als Beschreibung der flauschigen und voluminösen Beschaffenheit verstanden werde. Tatsächliche Anhaltspunkte für ein solches Verständnis hat das Berufungsgericht nicht festgestellt; sie sind auch nicht ersichtlich. Gegen ein rein beschreibendes Verständnis spricht weiter, dass die vom Berufungsgericht angenommenen Assoziationen mehrere Gedankenschritte voraussetzen, die die Zuschreibung des vom Berufungsgericht gesehenen Begriffsinhalts zu der beanstandeten Bezeichnung keineswegs als naheliegend erscheinen lassen. Feststellungen über ein rein beschreibendes Verständnis in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union hat das Berufungsgericht nicht getroffen.

35

(3) Die Revision wendet sich weiter mit Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Begriff "Microcotton" sei in Deutschland bereits vor der beanstandeten Handlung in einem Maße beschreibend für Textilien verwendet worden, dass hierdurch das Verkehrsverständnis im Sinne eines beschreibenden Begriffsinhalts geprägt worden sei.

36

Das Berufungsgericht hat seine Würdigung auf von den Parteien vorgelegte Anlagen gestützt. Der Auszug aus einem Bestellkatalog der Firma T.   enthalte die Beschreibung von Handtüchern "aus Micro-Cotton" sowie daneben die in einem Kästchen angebrachte Definition dieses Begriffs. Diese Verwendung durch einen großen Anbieter mit einem umfangreichen Filialnetz präge das Verkehrsverständnis, auch wenn die Klägerin gegen diese Werbung vorgegangen sei und eine Unterlassungsverpflichtungserklärung dieses Anbieters erwirkt habe. Die Klägerin selbst habe in einer Produktinformation unter einem als Marke erkennbaren, graphisch gestalteten Zeichen "MicroCotton" die Beschreibung "Badehandtuch aus Micro-Cotton" angebracht. Eine solche beschreibende Verwendung durch den Markeninhaber selbst sei zur Beeinflussung des Verkehrsverständnisses besonders geeignet. Der Begriff "Microcotton" erscheine hier als Sachangabe und das gestaltete Zeichen als Herkunftshinweis. In einer Produktwerbung der Firma G.   K.   , einem Vertriebspartner der Klägerin, heiße es "Microcotton ist unglaublich voluminös und dennoch leicht und hat einen wundervollen, seidig-weichen Griff". In Bezug auf Produkteigenschaften werde hier die Schreibweise "Microcotton" und für das Produkt selbst die Schreibweise "Micro Cotton" verwendet. Diese Würdigung ist nicht frei von Rechtsfehlern.

37

Eine Berücksichtigung der vom Berufungsgericht herangezogenen Zeichenverwendung durch die Firma T.   kommt von Rechts wegen nicht in Betracht. Im Rahmen des Art. 12 Abs. 2 MarkenRL steht ein Vorgehen des Markeninhabers gegen Verwendungsformen, die zur Entwicklung der Marke zu einer beschreibenden Bezeichnung führen, einer Löschung der Marke wegen Verfalls entgegen (vgl. EuGH Urteil vom 27. April 2006 - C-145/05, Slg. 2006, I-3703 = GRUR 2006, 495 Rn. 25 und 34 - Levi Strauss/Casucci; Urteil vom 6. März 2014 - C-409/12, GRUR 2014, 374 Rn. 33 f. = WRP 2014, 411 - Kornspitz). In gleicher Weise hat bei der im Rahmen der Prüfung des Art. 9 Abs. 2 UMV erfolgenden Beurteilung, ob der Verkehr die Verwendung eines Zeichens nicht als markenmäßig wahrnimmt, weil er dem Zeichen infolge einer vor der beanstandeten Handlung erfolgten Gewöhnung nur eine rein beschreibende Bedeutung entnimmt, eine Zeichenverwendung außer Betracht zu bleiben, gegen die der Markeninhaber vorgegangen ist.

38

Im Übrigen entspricht, wie die Revision zu Recht rügt, die Würdigung des Berufungsgerichts nicht den Anforderungen des § 286 ZPO. Die vom Berufungsgericht herangezogenen Verwendungsbeispiele belegen kein rein beschreibendes Verständnis des Begriffs "Microcotton". Die Kombination mit der Präposition "aus" bezeichnet zwar das Material, aus dem die jeweils angebotene Ware hergestellt ist, lässt aber auf den beschreibenden Charakter des folgenden Begriffs nicht schließen, wenn dieser Begriff selbst - wie im Streitfall (siehe Rn. 31 ff.) - nicht rein beschreibend ist. Dem Verkehr ist geläufig, dass die Beschaffenheit von Textilien im Falle der Verwendung von neuartigen Ausgangsstoffen - etwa Kunstfasern - unter Verwendung von Eigennamen angegeben wird, ohne dass der Verkehr den Begriff deshalb inhaltlich rein beschreibend verstünde. Gegen ein beschreibendes Verkehrsverständnis spricht im Falle des Bestellkatalogs der Firma T.   sowie der Produktwerbung der Firma G.   K.   zudem der Umstand, dass die Anbieter die Notwendigkeit einer Definition des - aus sich heraus offenbar nicht verständlichen - Begriffs "Micro-Cotton" für notwendig erachtet haben.

39

Danach rechtfertigen die vom Berufungsgericht herangezogenen Unterlagen nicht die Annahme, das Verständnis des angesprochenen Verkehrs in Deutschland sei bereits vor der beanstandeten Handlung im Sinne eines rein beschreibenden Begriffsinhalts geprägt worden.

40

(4) Das angegriffene Urteil erweist sich nicht deshalb aus anderen Gründen als zumindest teilweise richtig (§ 561 ZPO), weil sich aus den von der Beklagten zu 1 vorgelegten Unterlagen ergäbe, dass in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union der Begriff "Microcotton" rein beschreibend verstanden würde. Es ist nicht festgestellt und auch nicht ersichtlich, dass für die in englischer, niederländischer und französischer Sprache vorgelegten Angebotsnachweise etwas anderes gilt (siehe Rn. 34).

41

c) Das angegriffene Urteil erweist sich auch nicht deshalb als richtig (§ 561 ZPO), weil - wie das Berufungsgericht angenommen hat - markenrechtlichen Ansprüchen der Klägerin die Schutzschranke des Art. 12 Buchst. b UMV entgegenstünde.

42

Nach Art. 12 Buchst. b UMV gewährt die Unionsmarke ihrem Inhaber nicht das Recht, einem Dritten zu verbieten, Zeichen oder Angaben ohne Unterscheidungskraft oder über die Art, die Beschaffenheit, die Menge, die Bestimmung, den Wert, die geografische Herkunft oder die Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder über andere Merkmale der Ware oder Dienstleistung im geschäftlichen Verkehr zu benutzen. Diese Vorschrift privilegiert die Benutzung beschreibender Angaben über Merkmale der Ware oder Dienstleistung; sie gestattet jedoch nicht die Verwendung von kennzeichnungskräftigen Marken Dritter (BeckOK UMV/Pohlmann/Schramek, 3. Edition, Stand 25.8.2016, Art. 12 Rn. 5). Von einer rein beschreibenden Verwendung kann nach dem Vorstehenden nicht ausgegangen werden. Vielmehr weist die beanstandete Verwendung des Zeichens "Microcotton" allenfalls einen beschreibenden Anklang auf.

43

2. Danach können auch die von der Klägerin auf der Grundlage der Klagemarke 1 geltend gemachten Ansprüche auf Auskunft, Schadensersatz und Abmahnkostenersatz nicht mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung verneint werden.

44

3. Die Revision wendet sich weiter mit Erfolg gegen die auf die Widerklage erfolgte Nichtigerklärung der Klagemarke 1.

45

a) Das Berufungsgericht hat angenommen, das Markenwort "MICRO COTTON" sei schon nicht hinreichend unterscheidungskräftig. Baumwolle sei ein maßgeblicher Grundstoff der in das Warenverzeichnis aufgenommenen Stoffe und Textilien. Der Bestandteil "COTTON" werde auch von Adressaten, deren Muttersprache nicht Englisch sei, als "Baumwolle" verstanden, so dass er unmittelbar beschreibend sei. Der Bestandteil "MICRO" bedeute "klein" und sei daher ebenfalls unmittelbar beschreibend. Das Gesamtzeichen verstehe der Verkehr im Zusammenhang mit Textilien ohne weiteres als Angabe der Beschaffenheit im Sinne "feiner Baumwollfasern". Jedenfalls bestehe das Eintragungshindernis des Freihaltebedürfnisses, weil es sich um eine Wortkombination handele, die im Verkehr zur Bezeichnung der Beschaffenheit oder sonstiger Merkmale dienen könne. Die Eintragungshindernisse bestünden jedenfalls für den Bereich Deutschlands, so dass die Unionsmarke für nichtig zu erklären sei. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

46

b) Das Berufungsgericht hat zu Unrecht das Eintragungshindernis fehlender Unterscheidungskraft gemäß Art. 7 Buchst. b UMV bejaht.

47

aa) Nach Art. 7 Buchst. b UMV sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben. Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und die Waren oder Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. EuGH, Urteil vom 21. Januar 2010 - C-398/08, Slg. 2010, I-535 = GRUR 2010, 228 Rn. 33 - Audi/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2014 - I ZB 61/13, GRUR 2015, 581 Rn. 16 = WRP 2015, 248 - Langenscheidt-Gelb; Beschluss vom 21. Juli 2016 - I ZB 52/15, GRUR 2016, 1167 Rn. 13 = WRP 2016, 1364 - Sparkassen-Rot, mwN). Die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2008 - I ZB 48/08, GRUR 2009, 778 Rn. 11 = WRP 2009, 813 - Willkommen im Leben; Beschluss vom 24. Juni 2010 - I ZB 115/08, GRUR 2010, 1100 Rn. 10 = WRP 2010, 1504 - TOOOR!; BGH, GRUR 2014, 872 Rn. 12 - Gute Laune Drops; GRUR 2015, 581 Rn. 9 - Langenscheidt-Gelb; GRUR 2016, 1167 Rn. 13 - Sparkassen-Rot). Bei der Prüfung absoluter Eintragungshindernisse ist auf den Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens und das zu diesem Zeitpunkt bestehende Verkehrsverständnis abzustellen (vgl. BGH, Beschluss vom 18. April 2013 - I ZB 71/12, GRUR 2013, 1143 Rn. 15 = WRP 2013, 1478 - Aus Akten werden Fakten; Beschluss vom 17. Oktober 2013 - I ZB 65/12, GRUR 2014, 483 Rn. 21 = WRP 2014, 438 - test; Beschluss vom 9. Juli 2015 - I ZB 65/13, GRUR 2015, 1012 Rn. 10 = WRP 2015, 1108 - Nivea-Blau; BGH, GRUR 2016, 1167 Rn. 22 - Sparkassen-Rot).

48

Feststellungen zur Verkehrsauffassung liegen im Wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet und sind revisionsrechtlich nur darauf überprüfbar, ob die tatrichterliche Würdigung einen zutreffenden Rechtsbegriff zugrunde gelegt, nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juni 2012 - I ZR 228/10, GRUR 2012, 1273 Rn. 19 = WRP 2012, 1523 - Stadtwerke Wolfsburg; Urteil vom 22. Januar 2014 - I ZR 71/12, GRUR 2014, 382 Rn. 20 = WRP 2014, 452 - REAL-Chips; BGH, GRUR 2015, 1012 Rn. 21 - Nivea-Blau; BGH, Beschluss vom 9. November 2016 - I ZB 43/15, GRUR 2017, 186 Rn. 15 = WRP 2017, 183 - Stadtwerke Bremen). Diesem Maßstab hält die Würdigung des Berufungsgerichts nicht stand.

49

bb) Der Beurteilung des Berufungsgerichts, die Klagemarke 1 sei nicht unterscheidungskräftig, liegt ein unzutreffender rechtlicher Maßstab zugrunde. Der Begriff "Microcotton" weist keinen ausschließlich beschreibenden Gehalt auf, weil es sich um ein Fantasie- und Kunstwort mit eigenschöpferischem Gehalt handelt (siehe Rn. 31 ff.). Die Klagemarke 1 ist auch keine bloße Aneinanderreihung beschreibender Bestandteile, deren Eindruck nur unmaßgeblich von dem abweicht, der durch die Zusammenfügung der Bestandteile entsteht (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Februar 2004 - C-363/99, GRUR 2004, 674 Rn. 98 f. - Postkantoor). Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass der Bestandteil "MICRO" vom deutschen Verkehr als "klein" und der Bestandteil "COTTON" als "Baumwolle" verstanden wird. Das Berufungsgericht hat weiter angenommen, "kleine Baumwolle" gebe es begrifflich nicht. Die weitere Feststellung des Berufungsgerichts, infolge der Assoziation des geläufigen Begriffs "Mikrofaser" verstehe der Verkehr die Bezeichnung "MICRO COTTON" als Beschreibung einer besonders fein gewebten Baumwollstruktur, zeigt, dass die Kombination der beiden beschreibenden Bestandteile einen Eindruck erzeugt, der von demjenigen einer bloßen Aneinanderreihung der Bestandteile erheblich abweicht, weil ein neuer Begriffsinhalt assoziiert wird.

50

c) Das Berufungsgericht hat ferner zu Unrecht angenommen, dass die Klagemarke 1 eine beschreibende Angabe im Sinne des Art. 7 Buchst. c UMV darstellt. Unter diese Vorschrift fallen Zeichen und Angaben, die im normalen Sprachgebrauch nach dem Verständnis des Verbrauchers die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen entweder unmittelbar oder durch Hinweis auf eines ihrer wesentlichen Merkmale bezeichnen können. Jede erkennbare Abweichung in der Formulierung einer angemeldeten Wortverbindung von der Ausdrucksweise, die im üblichen Sprachgebrauch der betroffenen Verbraucherkreise für die Bezeichnung der Ware oder der Dienstleistung oder ihrer wesentlichen Merkmale verwendet wird, ist geeignet, einer Wortverbindung die für ihre Eintragung als Marke erforderliche Unterscheidungskraft zu verleihen. Die Feststellung, dass es sich bei der Klagemarke 1 um ein Kunstwort handelt, das keinen unmittelbaren Begriffsinhalt aufweist, dessen Sinn sich dem Verkehr im Wege der Assoziation eines anderen geläufigen Begriffs erschließt, führt zu der Annahme, dass die Klagemarke 1 kein im Sinne des Art. 7 Buchst. c UMV rein beschreibendes Zeichen ist (vgl. Rn. 33).

51

4. Da keine vernünftigen Zweifel an der Auslegung des im Streitfall anwendbaren Unionsrechts bestehen, ist ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV nicht veranlasst (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - 283/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 21 = NJW 1983, 1257 - C.I.L.F.I.T.; Urteil vom 1. Oktober 2015 - C-452/14, GRUR Int. 2015, 1152 Rn. 43 - Doc Generici, mwN).

52

IV. Danach ist das Berufungsurteil auf die Revision der Klägerin aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

53

Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

54

1. Das Berufungsgericht wird Feststellungen zur rechtserhaltenden Benutzung der Klagemarken zu treffen haben, die die Beklagte zu 1 bestritten hat.

55

2. Die beanstandete Zeichenverwendung dürfte als markenmäßig zu beurteilen sein, weil der Begriff "Microcotton" nicht rein beschreibend ist und die Art der Gestaltung des Produktetiketts unter Verwendung dieses Begriffs vom Verkehr als herkunftshinweisend wahrgenommen wird.

56

3. Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr wird wegen eines beschreibenden Anklangs von geringer Kennzeichnungskraft der Klagemarke 1 auszugehen sein. Es dürfte hochgradige Zeichenähnlichkeit vorliegen, weil die im Schriftbild bestehenden Unterschiede der Annahme einer Zeichenidentität entgegenstehen (vgl. Urteil vom 28. April 2016 - I ZR 254/14, GRUR 2016, 1301 Rn. 61 = WRP 2016, 1510 - Kinderstube).

Büscher     

       

Schaffert     

       

Kirchhoff

       

Koch     

       

Feddersen     

       

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Teilurteil, 03. Nov. 2016 - I ZR 101/15

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 561 Revisionszurückweisung


Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 240 Unterbrechung durch Insolvenzverfahren


Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfa
Bundesgerichtshof Teilurteil, 03. Nov. 2016 - I ZR 101/15 zitiert 8 §§.

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(1) Kann das streitige Rechtsverhältnis allen Streitgenossen gegenüber nur einheitlich festgestellt werden oder ist die Streitgenossenschaft aus einem sonstigen Grund eine notwendige, so werden, wenn ein Termin oder eine Frist nur von einzelnen Strei

Zivilprozessordnung - ZPO | § 145 Prozesstrennung


(1) Das Gericht kann anordnen, dass mehrere in einer Klage erhobene Ansprüche in getrennten Prozessen verhandelt werden, wenn dies aus sachlichen Gründen gerechtfertigt ist. Die Entscheidung ergeht durch Beschluss und ist zu begründen. (2) Das Gl

Zivilprozessordnung - ZPO | § 147 Prozessverbindung


Das Gericht kann die Verbindung mehrerer bei ihm anhängiger Prozesse derselben oder verschiedener Parteien zum Zwecke der gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung anordnen, wenn die Ansprüche, die den Gegenstand dieser Prozesse bilden, in rechtlic

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Bundesgerichtshof Urteil, 28. Apr. 2016 - I ZR 82/14

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I Z R 7 8 / 1 4 Verkündet am: 23. September 2015 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Bundesgerichtshof Urteil, 30. Juli 2015 - I ZR 104/14

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 1 0 4 / 1 4 Verkündet am: 30. Juli 2015 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Juli 2015 - I ZB 65/13

bei uns veröffentlicht am 09.07.2015

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I Z B 6 5 / 1 3 Verkündet am: 9. Juli 2015 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsbeschwerdeverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Okt. 2014 - I ZB 61/13

bei uns veröffentlicht am 23.10.2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I Z B 6 1 / 1 3 Verkündet am: 23. Oktober 2014 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Rechtsbeschwerdesache Nachschlagewerk: ja BGHZ:.
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Teilurteil, 03. Nov. 2016 - I ZR 101/15.

Bundesgerichtshof Urteil, 09. Nov. 2017 - I ZR 110/16

bei uns veröffentlicht am 09.11.2017

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 110/16 Verkündet am: 9. November 2017 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja form-strip II Ver

Referenzen

Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Entsprechendes gilt, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 8/03 Verkündet am:
25. November 2003
Blum,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Besteht die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen, ist der Erlaß
eines Teilurteils gegen einen von mehreren einfachen Streitgenossen (hier:
Belegarzt und Träger des Belegkrankenhauses) unzulässig.

b) Kommt es im Arzthaftungsprozeß auf den Inhalt der Mutterschafts-Richtlinien
an, so hat das Gericht in geeigneter Weise zu klären, welche Fassung in
dem für die Haftungsfrage maßgeblichen Zeitraum gegolten hat.

c) Zu der Frage, ob im Jahr 1990 eine werdende Mutter bei einem möglicherweise
makrosomen Kind vom Arzt über die Möglichkeit einer Schnittentbindung
aufzuklären war.
BGH, Urteil vom 25. November 2003 - VI ZR 8/03 - OLG Frankfurt
LG Darmstadt
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. November 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten zu 2 wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 11. Dezember 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Mutter des Klägers begab sich am 21. Januar 1990 nach Mitternacht in der 41. Schwangerschaftswoche mit einem vorzeitigen Blasensprung in die Geburtshilfeabteilung des Belegkrankenhauses des Beklagten zu 2. Die Geburt des Klägers, die von dem Beklagten zu 1, einem Belegarzt, betreut wurde, erfolgte gegen 5 Uhr. Dabei erlitt der Kläger, der bei der Geburt 4.230 g wog, eine Schulterdystokie und nachfolgend eine Clavikulafraktur und eine Erb'sche Läh-
mung. Infolge der Armplexuslähmung ist der Kläger zu 80% behindert. Er wirft dem Erstbeklagten ärztliche Behandlungsfehler und dem Zweitbeklagten Organisationsmängel vor, die den Gesundheitsschaden verursacht hätten. Er nimmt deshalb beide Beklagte auf Zahlung von Schmerzensgeld und Feststellung ihrer Ersatzpflicht in Anspruch. Das Landgericht hat den Beklagten zu 2 durch Teilurteil verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld von 60.000,00 DM zu zahlen; ferner hat es die Ersatzpflicht des Zweitbeklagten für die materiellen und immateriellen Schäden festgestellt, die dem Kläger aufgrund der bei seiner Geburt eingetretenen Gesundheitsbeeinträchtigungen noch entstehen. Das Oberlandesgericht hat die dagegen gerichtete Berufung des Beklagten zu 2 zurückgewiesen und ihn auf die Berufung des Klägers zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von insgesamt ! #" %$& (')" $* + , , - /.- ,- 0 " 51.129,19 Revision verfolgt der Beklagte zu 2 das Ziel einer Abweisung der gegen ihn gerichteten Klage weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht führt in dem angefochtenen Urteil (veröffentlicht in OLG-Report Frankfurt 2003, 55) aus: Das Landgericht habe zulässigerweise durch Teilurteil entschieden, weil sich die Entscheidung abschließend gegen einen der verklagten Streitgenossen richte.
Es habe auch im Ergebnis zutreffend ein zum Schadensersatz verpflichtendes Organisationsverschulden bejaht. Es habe schon 1990 zum allgemeinen Krankenhausstandard gehört, daß eine vor der Entbindung stehende Patientin einer fachärztlichen Eingangsuntersuchung zu unterziehen sei. Dies hätte auch in dem Belegkrankenhaus des Beklagten zu 2 durch organisatorische Anweisungen sichergestellt werden müssen. Eine ärztliche Eingangsuntersuchung sei vorliegend um so mehr angezeigt gewesen, als die Mutter des Klägers einen vorzeitigen Blasensprung gehabt habe. Auch schon die 1990 geltenden Mutterschafts -Richtlinien hätten in einem vorzeitigen Blasensprung eine Indikation für eine Ultraschalluntersuchung gesehen. Dies habe der von dem Senat bestellte Sachverständige auf gerichtliches Befragen ausdrücklich erklärt. An der erforderlichen Organisationsanweisung habe es vorliegend gefehlt. Der Organisationsmangel sei schlechterdings nicht nachvollziehbar und deshalb als grob zu bewerten. Auch in einem Belegkrankenhaus habe der Träger dafür Sorge zu tragen, daß jederzeit ein ausreichend qualifizierter Arzt für die indizierte Behandlung zur Verfügung stehe. Wäre die gebotene (fach-)ärztliche Aufnahmeuntersuchung durchgeführt worden, so wäre die Patientin auch sonographiert worden. Aufgrund der bei vorzeitigem Blasensprung von den Mutterschafts-Richtlinien verlangten Ultraschalluntersuchung , die im übrigen auch wegen der seit der letzten derartigen Untersuchung verstrichenen Zeit und der verstärkten Gewichtszunahme der Kindesmutter erforderlich gewesen sei, hätte sich der Arzt einen Eindruck über Lage und Stellung des Fötus verschaffen können. Zwar seien 1990 die technischen und diagnostischen Möglichkeiten, ein makrosomes Kind eindeutig zu erkennen, gegenüber heute eingeschränkt gewesen. Deshalb wäre die Makrosomie des Klägers möglicherweise selbst bei der gebotenen Ultraschalluntersuchung nicht erkannt worden. Insoweit kämen
dem Kläger wegen des groben Organisationsverschuldens des Beklagten zu 2 aber Beweiserleichterungen zugute. Es müsse von einer Umkehr der Beweislast ausgegangen werden. Den Beweis, daß auch bei Durchführung aller gebotenen Untersuchungen das Übergewicht des Klägers nicht erkannt worden wäre, habe der Beklagte zu 2 nicht angetreten. Die Kausalität zwischen dem Unterlassen der Eingangsuntersuchung und dem geltend gemachten Schaden sei zu bejahen. Wären die gebotenen Untersuchungen ordnungsgemäß durchgeführt worden, so wäre die Mutter des Klägers über das Schulterdystokierisiko aufzuklären gewesen. Der Senat sei aufgrund ihrer Anhörung davon überzeugt, daß sie sich dann - auch entgegen möglicher ärztlicher Empfehlung - für einen Kaiserschnitt entschieden hätte. Insofern müsse deutlich unterschieden werden zwischen der Risikoaufklärung einerseits und der Schnittentbindungsindikation andererseits.

II.

Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand. 1. Das angefochtene Urteil ist auf die Rüge der Revision bereits deshalb aufzuheben, weil es unzutreffend annimmt, das Landgericht habe über den gegen den Beklagten zu 2 gerichteten Anspruch durch Teilurteil entscheiden dürfen. Die dafür gegebene Begründung, das Teilurteil sei zulässig, weil es nur einen der beiden verklagten Streitgenossen betreffe, entspricht nicht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.
a) Danach darf ein Teilurteil nur dann ergehen, wenn es von der Entscheidung über den Rest des geltend gemachten prozessualen Anspruchs unabhängig ist, so daß die Gefahr einander widerstreitender Erkenntnisse, auch
durch das Rechtsmittelgericht, nicht besteht (vgl. Senatsurteile BGHZ 120, 376, 380; vom 23. Januar 1996 - VI ZR 387/94 - VersR 1996, 779, 780 und vom 12. Januar 1999 - VI ZR 77/98 - VersR 1999, 734 f. jew. m.w.N.; BGHZ 107, 236, 242; BGH, Urteil vom 5. Juni 2002 - XII ZR 194/00 - FamRZ 2002, 1097). Das gilt auch bei Klagen gegen mehrere einfache Streitgenossen (Senatsurteil vom 12. Januar 1999 - VI ZR 77/98 - aaO; BGH, Urteil vom 19. Dezember 2002 - VII ZR 176/02 - ZIP 2003, 594; vgl. auch OLG München, NJW-RR 1994, 1278 f.; LG Köln, MDR 2001, 232 mit Anm. von E. Schneider; Stein/Jonas/Leipold, 21. Aufl., § 301 Rn. 8; Zöller/ Vollkommer, 24. Aufl., § 301 Rn. 4, 7). Ein Teilurteil ist schon dann unzulässig, wenn die bloße Möglichkeit besteht, daß es in demselben Rechtsstreit, auch im Instanzenzug, zu einander widersprechenden Entscheidungen kommt (vgl. Senatsurteil vom 12. Januar 1999 - VI ZR 77/98 - aaO, m.w.N.). Das vorliegende Verfahren gibt keinen Anlaß, diese Rechtsprechung in Frage zu stellen.
b) Dem vom Berufungsgericht für seine Entscheidung angeführten Urteil des Bundesgerichtshofs vom 7. Juli 1983 (III ZR 119/82, NJW 1984, 615, insoweit in BGHZ 88, 85 nicht abgedruckt) ist nichts Abweichendes zu entnehmen. Dort geht es nicht um die Zulässigkeit eines Teilurteils, sondern darum, unter welchen Umständen eine Beschränkung der Revisionszulassung möglich ist. Soweit den dortigen Ausführungen entnommen werden kann, daß bei einer Klage gegen einfache Streitgenossen der Erlaß eines Teilurteils grundsätzlich denkbar ist, ist dies zweifellos richtig. Dies besagt aber nichts darüber, ob ein Teilurteil bei subjektiver Klagehäufung erlassen werden darf, obwohl dem Gebot der Widerspruchsfreiheit nicht genügt ist.
c) Im vorliegenden Fall ist die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen nicht auszuschließen. Nach dem Vortrag des Klägers stehen die behauptete unzureichende Organisation des Krankenhauses der Zweitbeklagten und die
ebenfalls behauptete fehlerhafte Betreuung der Geburt durch den Erstbeklagten in einem unmittelbaren Zusammenhang. Es handelt sich um einen komplexen einheitlichen Lebenssachverhalt, der auch dadurch geprägt ist, daß die Tätigkeit der anwesenden Hebamme je nach Zeitabschnitt und rechtlicher Sicht dem Beklagten zu 1 oder dem Beklagten zu 2 zugeordnet werden kann. Da das Berufungsgericht ein - durch organisatorische Maßnahmen sicherzustellendes - ärztliches Tätigwerden im Vorfeld des Geburtsvorgangs für erforderlich hält, kann es für die Haftung beider Beklagter darauf ankommen, welche ärztlichen Maßnahmen situationsbedingt erforderlich waren. Daß hier eine ausreichend deutliche zeitliche oder sachbedingte Zäsur vorliegt, die eine widerspruchsfreie, völlig getrennte Beurteilung beider Verantwortungsbereiche ermöglicht, läßt sich auf Grund der bisher getroffenen Feststellungen nicht ausreichend sicher sagen.
d) Das Berufungsgericht hätte die Unzulässigkeit des Teilurteils von Amts wegen (vgl. Senatsurteil vom 12. Januar 1999 - VI ZR 77/98 - aaO), aber auch deshalb berücksichtigen müssen, weil sie in der Berufungsbegründung des Beklagten zu 2 gerügt war. Schon dieser Fehler führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht (dazu unten

III).

2. Unabhängig davon sind wesentliche Feststellungen, die das Berufungsgericht seiner rechtlichen Beurteilung zu Grunde legt, nicht in verfahrensrechtlich einwandfreier Weise getroffen worden. Der für die Entscheidung des Berufungsgerichts wesentlichen Annahme, bei der Aufnahme der Mutter des Klägers wäre eine Ultraschalluntersuchung (Sonographie) durchzuführen gewesen , fehlt eine ausreichende tatsächliche Grundlage.

a) Das Berufungsgericht meint, daß im Rahmen der für erforderlich erachteten Eingangsuntersuchung eine Ultraschalluntersuchung durchgeführt und dabei möglicherweise die Übergewichtigkeit (Makrosomie) des Klägers entdeckt worden wäre und daß sodann die Mutter des Klägers über die bestehenden Risiken, insbesondere einer Schulterdystokie, und die Möglichkeit einer Schnittentbindung hätte aufgeklärt werden müssen, für die sie sich nach der Überzeugung des Berufungsgerichts entschieden hätte.
b) Das Berufungsgericht stützt seine Auffassung, bei der Eingangsuntersuchung wäre eine Sonographie durchzuführen gewesen, auf die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen. Dieser hat in seinem schriftlichen Gutachten ausgeführt, "laut Mutterschaftsrichtlinien" stelle der vorzeitige Blasensprung eine Indikation für eine Ultraschalluntersuchung dar; diese sei auch wegen der verstärkten Gewichtszunahme der Mutter und deshalb zu fordern gewesen, weil die letzte derartige Untersuchung acht Wochen zurückgelegen habe. Die Revision zeigt jedoch einen Widerspruch zwischen den Äußerungen des Sachverständigen und den für den Zeitpunkt der Geburt des Klägers geltenden Mutterschafts -Richtlinien auf, dem das Berufungsgericht hätte nachgehen müssen. Ersichtlich hat der Sachverständige seinem schriftlichen Gutachten die Mutterschafts-Richtlinien nach dem Stand von 1999 zugrunde gelegt. Bei seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht hat der Sachverständige sodann auf Fragen des Gerichts erklärt, die Mutterschaftsrichtlinien hätten auch schon zum Zeitpunkt der Geburt des Klägers bei einem vorzeitigen Blasensprung eine Indikation für eine Ultraschalluntersuchung vorgesehen. Das hat der Zweitbeklagte mit nachgelassenem Schriftsatz in Abrede gestellt. Diesem Widerspruch hätte das Berufungsgericht in geeigneter Weise nachgehen müssen.
Die Mutterschafts-Richtlinien werden vom Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen gemäß § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) i.V.m. § 196 der Reichsversicherungsordnung (RVO) bzw. § 23 des Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG 1972) beschlossen. Sie dienen der Sicherung einer nach den Regeln der ärztlichen Kunst und unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen ärztlichen Betreuung der Versicherten während der Schwangerschaft und nach der Entbindung (§§ 2 Abs. 1, 12 Abs. 1, 28 Abs. 1, 70 Abs. 1 und 73 Abs. 2 SGB V). Die jeweiligen Fassungen sind im Bundesanzeiger bzw. im Bundesarbeitsblatt veröffentlicht und lassen sich bis zu der für den Eingriff maßgeblichen Fassung zurückverfolgen. Im Hinblick darauf erscheint es als bedenklich, wenn das Gericht, sofern es auf die zu einem bestimmten Zeitpunkt geltende Fassung der Richtlinien ankommt , hierfür lediglich in der mündlichen Verhandlung den Sachverständigen befragt, der sich auf diese Frage erkennbar nicht hat vorbereiten können.
c) Die Revision zeigt auf, daß hier ein Widerspruch zwischen den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen und den für den Behandlungszeitpunkt maßgeblichen Mutterschafts-Richtlinien vorliegt. Sie beruft sich mit Recht darauf, daß die Mutterschafts-Richtlinien in der 1990 geltenden Fassung sonographische Untersuchungen lediglich in der 16. bis 20. und in der 32. bis 36. Schwangerschaftswoche vorsahen (Abschnitt A Nr. 5) und daß darüber hinausgehende Ultraschalluntersuchungen nur nach Maßgabe des Indikationskataloges nach Anlage 1 der Richtlinien angezeigt waren (Abschnitt B Nr. 4a), dessen Voraussetzungen hier nicht vorlagen. Daraus folgert die Revision zutreffend, daß sich eine Verpflichtung des Zweitbeklagten, bei stationärer Aufnahme von Schwangeren in die gynäkologische Abteilung eine Ultraschall-
untersuchung sicherzustellen, aus den 1990 geltenden MutterschaftsRichtlinien nicht herleiten läßt.
d) Bei dieser Sachlage beruhen die tatsächlichen Feststellungen, aus denen das Berufungsgericht einen für den Schaden des Klägers möglicherweise ursächlichen Organisationsfehler herleiten will, auf einem durchgreifenden Verfahrensfehler. Das angefochtene Urteil ist demnach auch wegen fehlerhafter Feststellungen aufzuheben. 3. Da das Berufungsurteil schon aus den oben (zu 1 und 2) erörterten Gründen keinen Bestand haben kann, bedarf es keiner abschließenden Erörterung der Revisionsrügen, nach denen das Berufungsgericht zu Unrecht einen groben Organisationsfehler mit der Folge einer Beweislastumkehr bejaht hat. Für das weitere Verfahren weist der erkennende Senat lediglich auf Folgendes hin:
a) Das Berufungsgericht geht ersichtlich davon aus, daß die Makrosomie des Klägers nur hätte entdeckt werden können, wenn im Rahmen der von ihm für erforderlich gehaltenen Eingangsuntersuchung eine Ultraschalluntersuchung durchgeführt worden wäre. Sollte die Ergänzung der Beweisaufnahme - wofür derzeit nichts spricht - ergeben, daß eine solche Untersuchung auch unter Berücksichtigung der bereits 1990 geltenden Mutterschafts-Richtlinien durchzuführen war, wird es darauf ankommen, ob die Durchführung einer Eingangsuntersuchung zu den Organisationspflichten des Beklagten zu 2 als Träger des Belegkrankenhauses gehörte. Dafür kann sprechen, daß nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ein Belegkrankenhaus ungeachtet der Tatsache , daß es grundsätzlich keine ärztlichen Leistungen schuldet, für schuldhafte Versäumnisse innerhalb seines Verantwortungsbereichs, die zu einem Schaden des Patienten führen, einzustehen hat (Senatsurteile BGHZ 129, 6, 13 f. und
vom 16. April 1996 - VI ZR 190/95 - VersR 1996, 976, 977). Auf die in den ge- nannten Entscheidungen entwickelten Grundsätze wird gegebenenfalls zurückzugreifen sein.
b) Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der von ihm bejahte Organisationsfehler sei als grob zu bewerten. Insoweit verweist die Revision mit Recht darauf, daß das Berufungsgericht ausreichende tatsächliche Feststellungen, die diese Wertung tragen, nicht getroffen hat. Inwieweit sich das Organisationsversäumnis auch unter Berücksichtigung dessen als besonders schwerwiegend darstellt, daß die Mutter des Klägers von der anwesenden Hebamme betreut wurde und ärztliche Hilfe, wie die Hinzuziehung des Beklagten zu 1 zu der Geburt zeigt, zur Verfügung stand, legt das Berufungsgericht nicht dar. Es ist auch nicht ersichtlich, daß diese Frage Gegenstand der Befragung des Sachverständigen war. Der Senat hat aber bereits mehrfach darauf hingewiesen, daß der Tatrichter einen groben Behandlungsfehler nicht ohne ausreichende Grundlage in den medizinischen Darlegungen des Sachverständigen bejahen darf (zuletzt Senatsurteile vom 3. Juli 2001 - VI ZR 418/99 - VersR 2001, 1116, 117 und vom 28. Mai 2002 - VI ZR 42/01 - VersR 2002, 1026, 1027 f., jeweils m.w.N.). Entsprechendes kann auch für einen Organisationsfehler des Krankenhausträgers gelten, soweit es um die Anforderungen an die Organisation aus medizinischer Sicht geht.
c) Erheblichen Bedenken begegnet die Auffassung des Berufungsgerichts , die aus dem von ihm bejahten groben Organisationsverschulden hergeleitete Beweiserleichterung reiche so weit, daß zugunsten des Klägers davon ausgegangen werden könne, die Makrosomie wäre entdeckt worden. Mit Recht macht die Revision geltend, das Berufungsgericht habe nicht ausreichend beachtet , daß ein Verstoß gegen die bei der Eingangsuntersuchung aus medizinischer Sicht gebotene Befunderhebung im Wege der Beweiserleichterung auf
ein reaktionspflichtiges positives Befundergebnis nur schließen läßt, wenn dies hinreichend wahrscheinlich ist (vgl. Senatsurteile BGHZ 132, 47, 50 ff. und vom 6. Juli 1999 - VI ZR 290/98 - VersR 1999, 1282, 1283). Beweiserleichterungen sind jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn ein haftungsbegründender Ursachenzusammenhang "äußerst unwahrscheinlich" ist (Senatsurteile BGHZ 85, 212, 216 f.; 129, 6, 12; 138, 1, 8; vom 1. Oktober 1996 - VI ZR 10/96 - VersR 1997, 362, 363 f. m.w.N.). Das Berufungsgericht erkennt selbst, daß eine Makrosomie des Klägers angesichts der eingeschränkten Erkenntnismöglichkeiten im Jahr 1990 möglicherweise nicht entdeckt worden wäre. Aufgrund welcher Erwägungen die gegenteilige Feststellung im Streitfall gleichwohl als gerechtfertigt erscheint, ist den Ausführungen in dem angefochtenen Urteil nicht ausreichend deutlich zu entnehmen.
d) Die Ausführungen des Berufungsgerichts lassen auch nicht hinreichend klar erkennen, ob es sich bei der Annahme, dem Kläger komme eine mehrstufige Beweiserleichterung zugute, der Voraussetzungen bewußt gewesen ist, die nach der Rechtsprechung des erkennenden Senat insoweit zu beachten sind (vgl. Senatsurteile BGHZ 132, 47, 50 ff.; 138, 1, 4 ff.; vom 4. Oktober 1994 - VI ZR 205/93 - VersR 1995, 46 f.; vom 21. November 1995 - VI ZR 341/94 - VersR 1996, 330 ff.; vom 6. Juli 1999 - VI ZR 290/98 – aaO). Dem muß indes im Hinblick auf die verschiedenen vorrangig zu prüfenden, bisher nicht zu beantwortenden Fragen nicht weiter nachgegangen werden.
e) Der erkennende Senat muß angesichts der zahlreichen ungeklärten Vorfragen auch nicht abschließend zu der vom Berufungsgericht aufgeworfenen Zulassungsfrage Stellung nehmen, ob die Mutter des Klägers über die Möglichkeit einer Schnittentbindung hätte aufgeklärt werden müssen.
aa) Das Berufungsgericht erkennt selbst, daß seine Ansicht, diese Frage sei zu bejahen, im Widerspruch zur Mehrheit der dazu publizierten Entscheidungen steht (vgl. OLG Frankfurt, AHRS 2500, 159; OLG Hamm, VersR 1990, 52; AHRS 2500, 169; OLG München, AHRS 2500/110; OLG Schleswig, VersR 2000, 1544; OLG Stuttgart, VersR 1989, 519; OLG Zweibrücken, VersR 1997, 1103). Ob es sich mit Recht auf die von ihm als abweichend bezeichneten Urteile (OLG Hamm, VersR 1997, 1403; OLG Koblenz, NJW-RR 2002, 310; OLG Köln, OLGR 1997, 296) berufen kann oder ob diese Entscheidungen, wie die Revision meint, durch besondere Sachverhaltsgestaltungen veranlaßt waren, kann hier dahinstehen. Festzuhalten ist aber, daß die Ausführungen des Berufungsgerichts schwerlich in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats stehen. Nach dieser muß über die Möglichkeit einer Schnittentbindung nur aufgeklärt werden, wenn sie aus medizinischer Sicht indiziert ist, weil für den Fall, daß die Geburt vaginal erfolgt, ernstzunehmende Gefahren für das Kind drohen und daher im Interesse des Kindes gewichtige Gründe für eine Schnittentbindung sprechen, wobei diese auch unter Berücksichtigung der Konstitution und Befindlichkeit der Mutter in der konkreten Situation eine medizinisch verantwortbare Alternative darstellen muß (Senatsurteile BGHZ 106, 153, 157; vom 12. November 1991 - VI ZR 369/90 - VersR 1992, 237; vom 19. Januar 1993 - VI ZR 60/92 - VersR 1993, 835; vom 16. Februar 1993 - VI ZR 300/91 - VersR 1993, 703). Der vorliegende Fall gibt keinen Anlaß, von diesen Grundsätzen abzuweichen. bb) Mit Recht weist die Revision auch darauf hin, daß sich das Berufungsgericht für seine Auffassung nicht auf die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen berufen kann. Dieser hat in seinem schriftlichen Gutachten ausgeführt, nach dem ärztlichen Standard von 1990 sei ein Hinweis auf die Schulterdystokie und auf die Alternative einer Sectio angesichts der Unsicherheiten bei der ultrasonographischen Gewichtsschätzung "höchstens als erwä-
genswert zu bewerten" gewesen, zumal zum damaligen Zeitpunkt der Umstand, daß ein "großes" Kind zu erwarten sei, keine Indikation zu einer Schnittentbindung dargestellt habe. In diesem Sinne hat sich der Sachverständige auch zunächst bei seiner mündlichen Anhörung durch das Berufungsgericht geäußert. Seine im späteren Verlauf der Anhörung vorgebrachte scheinbar abweichende Äußerung beruht auf einem zumindest mißverständlichen Vorhalt des Berufungsgerichts zur Rechtslage und ist deshalb nicht aussagekräftig.

III.

Auf die Revision ist das angefochtene Urteil danach aufzuheben. Der erkennende Senat verweist die Sache an das Berufungsgericht zurück. Zwar ist das Teilurteil des Landgerichts unzulässig, so daß eine Zurückverweisung der Sache an das Landgericht in Betracht kommt. Das Berufungsgericht kann den beim Landgericht verbliebenen Teil des Rechtsstreits jedoch an sich ziehen (Senatsurteil vom 12. Januar 1999 - VI ZR 77/98 - aaO). Inwieweit diese Möglichkeit auf Grund der ab dem 1. Januar 2002 geltenden Vorschriften über das Berufungsverfahren möglicherweise eingeschränkt ist, kann dahinstehen. Im vorliegenden Fall sind für das Berufungsverfahren nach Zurückverweisung der Sache noch die am 31. Dezember 2001 geltenden Vorschriften weiterhin anzuwenden , weil die mündliche Verhandlung vor dem Landgericht am 16. Juli 1998 geschlossen worden ist (vgl. § 26 Nr. 5 EGZPO). Eine abschließende Entscheidung der Sache durch das Berufungsgericht erscheint als sachdienlich (§ 540 ZPO a.F.). Zur Verantwortlichkeit des Beklagten zu 1 ist in erster Instanz bereits verhandelt und Beweis erhoben worden. Der Gesamtablauf des Behandlungsgeschehens bedarf möglicherweise, zumindest in Teilaspekten, einer einheitlichen Betrachtung. Nicht zuletzt fällt auch ins Gewicht, daß der Rechtsstreit seit
mehr als neun Jahren anhängig ist, so daß das Interesse an einer alsbaldigen abschließenden Entscheidung hinsichtlich sämtlicher Streitgegenstände das Interesse, den Verlust einer Instanz zu vermeiden, deutlich überwiegt.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll
12
1. Allerdings rügt die Revision zu Recht, dass sich das Berufungsgericht mit der von ihm gegebenen Begründung in Widerspruch zur gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gesetzt hat. Auch bei subjektiver oder objektiver Klagehäufung oder grundsätzlicher Teilbarkeit des Streitgegenstandes darf ein Teilurteil nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nur ergehen, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen - auch infolge abweichender Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht - ausgeschlossen ist (vgl. BGHZ 107, 236, 242; BGH, Urt. v. 20.7.2001 - V ZR 170/00, NJW 2002, 302; Urt. v. 5.6.2002 - XII ZR 194/00, BGHRep. 2002, 829; Urt. v. 25.11.2003 - VI ZR 8/03, NJW 2004, 1452). Zwar setzt eine solche Gefahr bei einer Mehrheit selbständiger prozessualer Ansprüche voraus, dass zwischen den prozessual selbständigen Ansprüchen eine materiell-rechtliche Verzahnung besteht oder die Ansprüche prozessual in ein Abhängigkeitsverhältnis gestellt sind (BGHZ 157, 133, 142 f.). Diese Voraussetzung ist hier indes ohne weiteres gegeben, da die geltend gemachten Rückgewähransprüche zwar prozessual selbständig sind, weil sie verschiedenen Gläubigern zustehen, materiellrechtlich jedoch denselben Rechtsgrund haben.
13
1. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung darf auch bei der grundsätzlichen Teilbarkeit des Streitgegenstandes ein Teilurteil (§ 301 ZPO) nur ergehen, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen - auch infolge abweichender Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht - ausgeschlossen ist. Eine Gefahr sich widersprechender Entscheidungen ist namentlich dann gegeben, wenn in einem Teilurteil eine Frage entschieden wird, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann. Das gilt auch insoweit, als es um die Möglichkeit einer unterschiedlichen Beurteilung von bloßen Urteilselementen geht, die weder in Rechtskraft erwachsen noch das Gericht nach § 318 ZPO für das weitere Verfahren binden (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 26. April 1989 - VIb ZR 48/88, BGHZ 107, 236, 242; vom 10. Oktober 1991 - III ZR 93/90, NJW 1992, 511 unter III 1; vom 4. Februar 1997 - VI ZR 69/96, NJW 1997, 1709 unter II; vom 4. Oktober 2000 - VIII ZR 109/99, WM 2001, 106 unter II 1 b; vom 25. November 2003 - VI ZR 8/03, NJW 2004, 1452 unter II 1 a; vom 7. November 2006 - X ZR 149/04, NJW 2007, 156 Rn. 12; vom 19. November 2008 - VIII ZR 47/07, NJW-RR 2009, 494 Rn. 14 f.; vom 16. Juni 2010 - VIII ZR 62/09, MDR 2010, 944 f.).
26
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf ein Teilurteil nur ergehen, wenn es von der Entscheidung über den Rest des geltend gemachten prozessualen Anspruchs unabhängig ist, so dass die Gefahr einander widerstreitender Erkenntnisse, auch durch das Rechtsmittelgericht, nicht besteht. Das gilt ebenfalls bei Klagen gegen mehrere einfache Streitgenossen. Ein Teilurteil ist schon dann unzulässig, wenn nicht auszuschließen ist, dass es in demselben Rechtsstreit zu einander widersprechenden Entscheidungen kommt (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 1999 - VI ZR 77/98, NJW 1999, 1035; Urteil vom 25. November 2003 - VI ZR 8/03, NJW 2004, 1452; Urteil vom 7. November 2006 - X ZR 149/04, NJW 2007, 156, 157; BGHZ 189, 356 Rn. 13). Die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen - auch infolge einer abweichenden Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht - ist gegeben, wenn in ei- nem Teilurteil eine Frage entschieden wird, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann. Dazu reicht die Möglichkeit einer unterschiedlichen Beurteilung von bloßen Urteilselementen aus, die weder in Rechtskraft erwachsen noch das Gericht nach § 318 ZPO für das weitere Verfahren binden (BGHZ 189, 356 Rn. 13 f., mwN; BGH, Urteil vom 27. März 2013 - III ZR 367/12, NJW-RR 2013, 683 Rn. 12; Urteil vom 21. August 2014 - VII ZR 24/12, NJW-RR 2014, 1298 Rn. 9). Ein Teilurteil darf deshalb nur ergehen, wenn der weitere Verlauf des Prozesses die zu treffende Entscheidung unter keinen Umständen mehr berühren kann (vgl. BGH, Urteil vom 1. Oktober 2009 - I ZR 94/07, GRUR 2010, 343 Rn. 21 = WRP 2010, 527 - Oracle).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 176/02 Verkündet am:
19. Dezember 2002
Heinzelmann,
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Die Unterbrechung eines Verfahrens gegen einen einfachen Streitgenossen wegen
der Eröffnung des Konkurs- oder Insolvenzverfahrens gemäß § 240 ZPO berührt
das Verfahren der übrigen Streitgenossen nicht.

b) Dieses Verfahren kann regelmäßig durch Teilurteil abgeschlossen werden.
BGH, Urteil vom 19. Dezember 2002 - VII ZR 176/02 - OLG Dresden
LG Leipzig
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Dezember 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die
Richter Hausmann, Dr. Kuffer, Prof. Dr. Kniffka und Bauner

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Teilurteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 10. April 2002 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der Kosten der Nebenintervention.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von den Beklagten zu 1 bis 3 als Gesamtschuldner Zahlung von Restwerklohn aus einem Bauvertrag. Die Beklagte zu 1 sowie die in der Objektgesellschaft Auepark GbR zusammengeschlossenen Beklagten zu 2 und 3 beauftragten die Klägerin mit Erschließungsleistungen. Die Klägerin hat die nach ihrer Auffassung vertraglich geschuldete Vergütung für die Bereitstellung von Containern verlangt. Das Landgericht hat die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 158.527,50 DM nebst Zinsen verurteilt. Während des Berufungsverfahrens ist über das Vermögen der Beklagten zu 2 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Das Berufungsgericht hat nach Vernehmung von Zeugen und der Anhö-
rung des Geschäftsführers der Klägerin die gegen die Beklagten zu 1 und 3 gerichtete Klage durch Teilurteil abgewiesen. Dagegen richtet sich die zugelassene Revision der Klägerin, mit der sie die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist unbegründet.

I.


Das Berufungsgericht kommt aufgrund der Beweisaufnahme zu der Überzeugung, die Geschäftsführer der Klägerin und der Beklagten zu 2 hätten sich während der Baumaßnahmen dahin geeinigt, daß die Klägerin aus der Position für die Bereitstellung des Baucontainers ungeachtet einer längeren Nutzungsdauer lediglich eine Vergütung für 4 Wochen verlangen könne. Das ergebe sich aus der Aussage des Zeugen G. und dem damit in Übereinstimmung zu bringenden Akteninhalt. Die Angaben des als Partei gehörten Geschäftsführers der Klägerin seien dagegen nicht glaubhaft. Für eine von der Klägerin angeregte Parteivernehmung ihres Geschäftsführers lägen die Voraussetzungen des § 448 ZPO nicht vor. Gegen die Richtigkeit der Sachdarstellung der Klägerin sprächen in Würdigung der Gesamtumstände weitaus überwiegende und letztlich überzeugende Gesichtspunkte. Die Parteivernehmung zum Zwecke des Gegenbeweises sei nicht zulässig. Der Gesichtspunkt der prozessualen Waffengleichheit rechtfertige keine andere Beurteilung. Dieser sei
durch den Grundsatz der freien Beweiswürdigung gewährleistet. Die Vernehmung des nicht gehörten Geschäftsführers der Beklagten zu 2 sei ebenfalls entbehrlich, wie sich bereits aus dem in § 445 Abs. 2 ZPO normierten Rechtsgedanken ergebe. Die Klägerin habe keine Ansprüche mehr, weil die sich aus der nachträglichen Einigung ergebende Vergütung bezahlt sei. Die Klage gegen die Beklagten zu 1 und 3 könne durch Teilurteil abgewiesen werden. Der Grundsatz, dass ein Teilurteil nur ergehen dürfe, wenn es von der Entscheidung über den Rest des geltend gemachten Anspruchs unabhängig sei, gelte bei einer subjektiven Klagehäufung nur eingeschränkt. Den Beklagten zu 1 und 3 sei es nicht zumutbar, nach der Beweisaufnahme die Verfahrensverzögerung bis zur Beendigung der Unterbrechung hinsichtlich der Beklagten zu 2 hinzunehmen. Ohne diese Unterbrechung hätte der Senat die Verfahren gemäß § 145 ZPO trennen können.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Verfahrensfehlerfrei hat das Berufungsgericht durch Teilurteil entschieden (1.) und von einer Vernehmung der Geschäftsführer der Klägerin und der Beklagten zu 2 abgesehen (2.). 1. Das Berufungsurteil hat die Klage gegen die Beklagten zu 1 und 3 ohne Verfahrensfehler durch Teilurteil abgewiesen.
a) Zutreffend weist die Revision allerdings darauf hin, daß nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich ein Teilurteil nur dann ergehen darf, wenn es von der Entscheidung über den Rest des geltend gemachten prozessualen Anspruchs unabhängig ist, so daß die Gefahr einander
widerstreitender Erkenntnisse, auch durch das Rechtsmittelgericht, nicht besteht (BGH, Urteil vom 5. Juni 2002 - XII ZR 194/00, MDR 2002, 1068 m.w.N.). Das gilt auch dann, wenn die Klage über einen Anspruch gegen mehrere Personen erhoben wird (BGH, Urteil vom 12. Januar 1999 - VI ZR 77/98, NJW 1999, 1035). In diesem Fall darf sich jedenfalls dann, wenn eine Beweisaufnahme stattzufinden hat, ein Gericht grundsätzlich nicht auf ein Prozeßrechtsverhältnis beschränken und gleichzeitig über das andere vorab durch Teilurteil entscheiden. Denn die Beweise sind wegen der Einheitlichkeit des Verfahrens nur einmal zu erheben und einheitlich frei zu würdigen, so daß unterschiedliche Ergebnisse gegen einzelne Streitgenossen ausgeschlossen sind (BGH, Urteil vom 11. Oktober 1991 - V ZR 341/89, WM 1992, 242, 243).
b) Diese Grundsätze gelten jedoch nicht, wenn über das Vermögen eines einfachen Streitgenossen das Konkurs- oder Insolvenzverfahren eröffnet und deshalb gemäß § 240 ZPO das Verfahren insoweit unterbrochen worden ist. Das Verfahren gegen die übrigen Streitgenossen wird durch die Unterbrechung des Verfahrens gegen einen einfachen Streitgenossen nicht berührt. In diesen Fällen hat der Bundesgerichtshof trotz der jeweils offen liegenden Gefahr, daß bei Aufnahme des durch den Konkurs bzw. die Insolvenz unterbrochenen Verfahrens eine abweichende Entscheidung ergehen könnte, stets die Möglichkeit bejaht, gemäß § 301 ZPO ein Teilurteil zu erlassen (BGH, Urteil vom 3. Juli 2001 - VI ZR 284/00, BGHZ 148, 214, 216; Urteil vom 10. März 1988 - IX ZR 194/87, NJW 1988, 2113; Urteil vom 1. April 1987 - VIII ZR 15/86, NJW 1987, 2367, 2368). Diese Ausnahme von dem Grundsatz, daß ein Teilurteil dann nicht ergehen soll, wenn die Gefahr widerstreitender Erkenntnisse besteht, ist im Falle der Unterbrechung des Verfahrens durch Konkurs oder Insolvenz eines einfachen Streitgenossen regelmäßig gerechtfertigt, weil die Unterbrechung zu einer faktischen Trennung der Verfahren führt. Die Dauer der Unterbrechung ist in der Regel ungewiß. Sie endet, wenn das Verfahren nicht nach den für das
Konkurs- oder Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen wird, erst dann, wenn das Konkurs- oder Insolvenzverfahren beendet ist. Dieses Verfahren kann sich in Einzelfällen viele Jahre lang hinziehen. Ob und gegebenenfalls wann eine Aufnahme des Verfahrens erfolgt, ist in aller Regel nicht voraussehbar. Die übrigen Streitgenossen haben keine prozessuale Möglichkeit , die Aufnahme des Verfahrens und damit auch den Fortgang des Prozesses insgesamt zu bewirken. Es wäre mit dem Anspruch der übrigen Prozeßbeteiligten auf einen effektiven Rechtsschutz nicht vereinbar, wenn die Unterbrechung des Verfahrens eine Entscheidung nur deshalb nachhaltig verzögern würde, weil die abstrakte Gefahr einer widersprüchlichen Entscheidung nach einer eventuellen Aufnahme des Verfahrens besteht. Anders kann es zu beurteilen sein, wenn Anhaltspunkte dafür gegeben sind, daß das unterbrochene Verfahren alsbald fortgesetzt werden kann. Solche Anhaltspunkte lagen nicht vor. 2. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, das Berufungsgericht hätte aus Gründen der prozessualen Waffengleichheit die Geschäftsführer der Klägerin und der Beklagten zu 2 von Amts wegen als Partei vernehmen müssen.
a) Die Entscheidung über die Vernehmung einer Partei nach § 448 ZPO liegt im Ermessen des Tatrichters und ist im Revisionsverfahren nur daraufhin nachprüfbar, ob die rechtlichen Voraussetzungen verkannt sind oder das Ermessen rechtsfehlerhaft ausgeübt worden ist. Die Parteivernehmung von Amts wegen darf nur angeordnet werden, wenn aufgrund einer vorausgegangenen Beweisaufnahme oder des sonstigen Verhandlungsinhalts bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die zu beweisende Tatsache spricht (BGH, Urteil vom 16. Juli 1998 - I ZR 32/96, NJW 1999, 363, 364 m.w.N.). Das Berufungsgericht hat in rechtlich nicht zu beanstandender Weise die in § 448 ZPO geregelten
Voraussetzungen für eine Parteivernehmung der Geschäftsführer der Klägerin und der Beklagten zu 2 verneint. Es ist zu der Überzeugung gekommen, daß die im einzelnen festgestellten Ergebnisse der Beweisaufnahme überzeugend gegen die Richtigkeit der Darstellung der Klägerin sprächen. Damit hat es zum Ausdruck gebracht, daß die Behauptung der Klägerin unwahrscheinlich ist. Die von der Revision angeführten Gründe, die für eine gewisse Wahrscheinlichkeit der Behauptung der Klägerin sprechen sollen, hat das Berufungsgericht umfassend berücksichtigt.
b) Durch die Ablehnung der Vernehmung der Geschäftsführer der Klägerin und, soweit zulässig, der Beklagten zu 2 hat das Berufungsgericht entgegen der Auffassung der Revision nicht gegen den Grundsatz der Waffengleichheit verstoßen, wie er aus dem Gleichheitssatz, dem Rechtsstaatsgebot und Art. 6 Abs. 1 EMRK abgeleitet werden kann (vgl. die Entscheidung des EGMR, NJW 1995, 1413, 1414 - Dombo Beheer B.V.; BVerfG, Beschluß vom 25. Juli 1979 - 2 BvR 878/74, BVerfGE 52, 131, 156; Beschluß vom 21. Februar 2001 - 2 BvR 140/00, NJW 2001, 2531, 2532). aa) Erfordert der Grundsatz der Waffengleichheit, daß der Partei, die für ein Gespräch keinen Zeugen hat, Gelegenheit gegeben wird, ihre Darstellung des Gesprächs in den Prozeß persönlich einzubringen, so ist dem grundsätzlich Genüge getan, wenn die Partei nach § 141 ZPO angehört wird. Die dagegen von der Revision und teilweise auch von der Literatur erhobenen Bedenken (Kluth/Böckelmann, MDR 2002, 476, 480; Messer, Festschrift 50 Jahre Bundesgerichtshof , S. 67, 81 f.) sind unbegründet. Sie tragen nicht dem Umstand Rechnung, daß der Bundesgerichtshof einerseits den Anwendungsbereich und den Beweiswert einer Parteianhörung gesteigert und andererseits die Anforderungen an die Zulässigkeit der Vernehmung einer Partei, die sich in Beweisnot befindet, abgesenkt hat (vgl. BVerfG, Beschluß vom 21. Februar 2001 - 2 BvR
140/00, aaO; BGH, Urteil vom 9. März 1990 - V ZR 244/88, BGHZ 110, 363, 365 f.). Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung gewährleistet, daß das Ergebnis der Anhörung ausreichend Gewicht hat (BGH, Urteil vom 16. Juli 1998, aaO). Durch die Anhörung der Partei wird das Gericht freilich nicht von der Prüfung der Frage entbunden, ob nach § 448 ZPO eine förmliche Parteivernehmung stattzufinden hat. Bei dieser Prüfung kann es jedoch unter Heranziehung aller Umstände wie auch der Anhörung der Partei nach § 141 ZPO zu dem Ergebnis kommen, daß keine Wahrscheinlichkeit für die unter Beweis gestellte Behauptung besteht (vgl. Lange, NJW 2002, 476, 482). Das Berufungsgericht hat den Geschäftsführer der Klägerin nach § 141 ZPO angehört. Es hat seine Angaben bei der persönlichen Anhörung in der Beweiswürdigung ausführlich berücksichtigt. bb) Der Grundsatz der Waffengleichheit wird nicht verletzt, wenn das Gericht nach Vernehmung eines Zeugen davon absieht, die Gegenpartei gemäß § 448 ZPO von Amts wegen zu vernehmen, weil es keine Wahrscheinlichkeit für die Parteibehauptung erkennt (BGH, Urteil vom 19. April 2002 - V ZR 90/01, NJW 2002, 2247).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 101 ZPO. Dressler Hausmann Kuffer Kniffka Bauner

(1) Kann das streitige Rechtsverhältnis allen Streitgenossen gegenüber nur einheitlich festgestellt werden oder ist die Streitgenossenschaft aus einem sonstigen Grund eine notwendige, so werden, wenn ein Termin oder eine Frist nur von einzelnen Streitgenossen versäumt wird, die säumigen Streitgenossen als durch die nicht säumigen vertreten angesehen.

(2) Die säumigen Streitgenossen sind auch in dem späteren Verfahren zuzuziehen.

19
a) Notwendige Streitgenossenschaft liegt nach § 62 Abs. 1 Fall 2 ZPO vor, wenn ein Recht aus materiellrechtlichen Gründen nur von mehreren Berechtigten oder gegen mehrere Verpflichtete gemeinsam ausgeübt werden darf, die Klage also wegen fehlender Prozessführungsbefugnis abgewiesen werden müsste, wenn sie nur von einem einzelnen Mitberechtigten oder gegen einen einzelnen Mitverpflichteten erhoben würde (BGH, Urteil vom 26. Oktober 1984 - V ZR 67/83, BGHZ 92, 351, 353 = NJW 1985, 385).
8
Das Beschwerdegericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei den gegenüber den Beklagten zu 1 und 3 als selbständigen juristischen Personen geltend gemachten Unterlassungsansprüchen um verschiedene Gegenstände handelt. Beide Gesellschaften mit ihren persönlich in Anspruch genommenen Organen hätten im Falle des Obsiegens der Klägerinnen nämlich jeweils selbständig und unabhängig voneinander, nur je für sich das gegen sie gerichtete Unterlassungsbegehren beachten können. Anders als in § 421 BGB für die gesamtschuldnerische Haftung vorgesehen, kann der Unterlassungsgläubiger die Leistung nicht nur einmal fordern, weil dem Unterlassen nicht die für die Gesamtschuld notwendige Gesamtwirkung der Erfüllung zukommt. Umgekehrt kann sich der Unterlassungsschuldner nicht, wie § 422 Abs. 1 Satz 1 BGB dies den Gesamtschuldnern ermöglicht, auf die Beachtung der Unterlassungspflicht durch den anderen Schuldner mit dem Ergebnis der Schuldbefreiung berufen. Dementsprechend wird - auch im Wettbewerbsrecht - überwiegend eine gesamtschuldnerische Haftung von Unterlassungsschuldnern abgelehnt (OLG Köln OLG-Rep. 2006, 134; JurBüro 1993, 671; OLG Frankfurt a.M. JurBüro 2002, 139; OLG Düsseldorf GRUR 2000, 825; OLG Zweibrücken AnwBl 2000, 695; Hanseatisches OLG JurBüro 1998, 541, 542; JurBüro 1989, 64, 65 mit zustimmender Anmerkung von Mümmler; OLG Stuttgart JurBüro 1998, 302, 303; OLG Düsseldorf JurBüro 1994, 544, 545; OLG Karlsruhe JurBüro 1992, 239; OLG Hamm JurBüro 1996, 312, 313; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 9. Aufl., 14. Kap. Rdn. 29 f.; Hefermehl/Köhler/ Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., § 8 UWG Rdn. 2.30; Ahrens/Jestaedt, Wettbewerbsprozess, 5. Aufl., 21. Kap. Rdn. 37; Köhler, AcP 1990 (1990), 496, 529 f.; Ullmann, jurisPK-UWG/Seichter, § 8 Rdn. 71; Palandt/Grüneberg, 67. Aufl., Überblick vor § 420 Rdn. 11; Erman/Ehmann, 11. Aufl., § 421 Rdn. 83; Staudinger/Noack, Neubearb. 2005, § 431 Rdn. 11). Handelt es sich aber um in diesem Sinne jeweils eigenständige, sich nicht überschneidende Rechte, die die Klägerinnen gegen die Beklagten verfolgt haben, ist auch insoweit der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit der Beklagten nicht derselbe.

(1) Das Gericht kann anordnen, dass mehrere in einer Klage erhobene Ansprüche in getrennten Prozessen verhandelt werden, wenn dies aus sachlichen Gründen gerechtfertigt ist. Die Entscheidung ergeht durch Beschluss und ist zu begründen.

(2) Das Gleiche gilt, wenn der Beklagte eine Widerklage erhoben hat und der Gegenanspruch mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch nicht in rechtlichem Zusammenhang steht.

(3) Macht der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend, die mit der in der Klage geltend gemachten Forderung nicht in rechtlichem Zusammenhang steht, so kann das Gericht anordnen, dass über die Klage und über die Aufrechnung getrennt verhandelt werde; die Vorschriften des § 302 sind anzuwenden.

Das Gericht kann die Verbindung mehrerer bei ihm anhängiger Prozesse derselben oder verschiedener Parteien zum Zwecke der gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung anordnen, wenn die Ansprüche, die den Gegenstand dieser Prozesse bilden, in rechtlichem Zusammenhang stehen oder in einer Klage hätten geltend gemacht werden können.

Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Entsprechendes gilt, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.

18
a) Nach dem Zeitpunkt der behaupteten Zuwiderhandlungen ist das im Streitfall maßgebliche Recht durch die am 23. März 2016 in Kraft getretene Verordnung (EU) 2015/2424 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates über die Gemeinschaftsmarke und der Verordnung (EG) Nr. 2868/95 der Kommission zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates über die Gemeinschaftsmarke und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2869/95 der Kommission über die an das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) zu entrichtenden Gebühren (nachfolgend: VO (EU) Nr. 2015/2424) novelliert worden (ABl. L 341 vom 24.12.2015, S. 21). Die im Streitfall maßgebliche Vorschrift des Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b GMV ist durch Art. 1 Nummer 11 der VO (EU) Nr. 2015/2424 zwar ergänzt und geändert worden. An die Stelle des Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b GMV ist die Vorschrift des Art. 9 Abs. 2 Buchst. b der VO (EU) Nr. 2015/2424 getreten. Diese Änderungen haben aber keine Auswirkungen auf die im Streitfall entscheidungserheblichen Voraussetzungen der Verwechslungsgefahr und das Erfordernis des Handelns im geschäftlichen Verkehr. Deshalb besteht kein Anlass, die mündliche Verhandlung wegen dieser Gesetzesänderung nach § 156 Abs. 1 ZPO wiederzueröffnen.
20
aa) Eine markenmäßige Benutzung oder - was dem entspricht - eine Verwendung als Marke setzt voraus, dass die beanstandeten Bezeichnungen im Rahmen des Produkt- oder Leistungsabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer dienen. Die Rechte aus der Marke nach Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b GMV, dessen Anwendung eine Verwechslungsgefahr voraussetzt, sind daher auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen die Benutzung des Zeichens durch einen Dritten die Hauptfunktion der Marke, das heißt die Gewährleistung der Herkunft der Ware oder Dienstleistung gegenüber dem Verbraucher beeinträchtigt oder immerhin beeinträchtigen könnte (zu Art. 5 Abs. 1 Buchst. b MarkenRL EuGH, Urteil vom 12. Juni 2008 - C-533/06, Slg. 2008, I-4231 = GRUR 2008, 698 Rn. 57 - O2/Hutchison; Urteil vom 18. Juni 2009 - C-487/07, Slg. 2009, I-5185 = GRUR 2009, 756 Rn. 59 - L'Oréal/Bellure; zu § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG BGH, Urteil vom 22. April 2010 - I ZR 17/05, GRUR 2010, 1103 Rn. 25 = WRP 2010, 1508 - Pralinenform II; zu Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b GMV BGH, Urteil vom 24. November 2011 - I ZR 175/09, GRUR 2012, 618 Rn. 17 = WRP 2012, 813 - Medusa).
21
a) Eine Markenverletzung nach Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b GMV kann grundsätzlich nur angenommen werden, wenn eine markenmäßige Verwendung der beanstandeten Bezeichnung vorliegt. Eine markenmäßige Verwendung oder - was dem entspricht - eine Verwendung als Marke setzt voraus, dass die beanstandete Bezeichnung im Rahmen des Produkt- oder Leistungsabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer dient. Die Rechte aus der Marke nach Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b GMV, dessen Anwendung eine Verwechslungsgefahr voraussetzt, sind daher auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen die Benutzung des Zeichens durch einen Dritten die Hauptfunktion der Marke, das heißt die Gewährleistung der Herkunft der Ware oder Dienstleistung gegenüber dem Verbraucher, beeinträchtigt oder immerhin beeinträchtigen könnte (BGH, Urteil vom 11. April 2013 - I ZR 214/11, GRUR 2013, 1239 Rn. 20 = WRP 2013, 1601 - VOLKSWAGEN/Volks.Inspektion, mwN). Die Beurteilung der Frage, ob der Verkehr eine Bezeichnung als Herkunftshinweis versteht, obliegt im Wesentlichen dem Tatrichter. Im Revisionsverfahren ist daher nur zu prüfen, ob der Tatrichter den Rechtsbegriff zutreffend erfasst und ohne Widerspruch zu Denkgesetzen und Erfahrungssätzen geurteilt hat und ob das gewonnene Ergebnis von den getroffenen Feststellungen getragen wird (BGH, GRUR 2013, 1239 Rn. 21 - VOLKSWAGEN/Volks.Inspektion).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
I ZR 136/99 Verkündet am:
6. Dezember 2001
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Festspielhaus
Die Benutzung eines Zeichens im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG setzt voraus
, daß es im Rahmen des Produkt- oder Leistungsabsatzes jedenfalls auch der
Unterscheidung der Waren/Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer
dient.
BGH, Vers.-Urt. v. 6. Dezember 2001 - I ZR 136/99 - OLG München
LG München I
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. Dezember 2001 durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Erdmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Starck, Pokrant
und Dr. Büscher

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 25. März 1999 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird auf die Berufung des Beklagten das Urteil der 9. Kammer für Handelssachen des Landgerichts München I vom 11. August 1998 weiter abgeändert. Die Klage wird auch insoweit abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger, ein eingetragener Verein, betreibt seit dem 1. Januar 1995 im Auftrag der Stadt München die überregionale Jugendkultureinrichtung "Festspielhaus" in München. Seit dieser Zeit tritt der Kläger mit Werbeanzeigen für seine Veranstaltungen in Münchener Zeitungen hervor. Er ist Inhaber der Marke Nr. 2 052 697 "FESTSPIELHAUS MÜNCHEN - KOBOLD e.V.", eingetragen am 22. Dezember 1993 für "Betrieb eines Veranstaltungsortes und - raumes in München mit dem Ziel, kulturelle Dienstleistungen in den Bereichen Fest, Theater, Tanz, Musik, Spiel, Ausstellungen, Film-/Video-Produktion und -vorführung sowie Bewirtung von Gästen zu planen, organisieren und durchzuführen". Er ist des weiteren Inhaber der nachfolgend abgebildeten Wort /Bildmarke Nr. 397 30 568, eingetragen am 19. August 1997 für "Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Betrieb eines Veranstaltungsortes und -raumes mit dem Ziel, kulturelle Dienstleistungen in den Bereichen ... " (es folgen ähnliche Angaben wie bei der Marke Nr. 2 052 697)

Der Beklagte wurde von der "Reactorhalle und C.-Gesellschaft" gegenüber dem Kreisverwaltungsreferat München für Veranstaltungen jeweils freitags und samstags, und zwar für die Samstage erstmals ab 10. Mai 1997, für die Freitage ab 25. Juni 1997, in der Reactorhalle als Veranstalter benannt.
In Anzeigen in der Programmzeitschrift "I. München", auf Handzetteln und auf großen Plakaten wurde von Mai bis August 1997 für insgesamt 14 Veranstaltungen im Reactor, D.straße 33 unter der Bezeichnung "Festspielhaus" oder "Festspielhaus D.straße 33", später, bis ins Jahr 1998 hinein, auch unter der Bezeichnung "Schwabinger Festspielhaus" geworben. Der Kläger hat darin eine Verletzung seiner Markenrechte und eines Rechts an der Bezeichnung "Festspielhaus", die er seit geraumer Zeit als Unternehmenskennzeichen benutzt habe, gesehen und geltend gemacht, der Beklagte sei für die Werbemaßnahmen verantwortlich, da er gegenüber dem Kreisverwaltungsreferat als Veranstalter gemeldet worden sei. Er hat Unterlassung der Verwendung der Bezeichnungen "Festspielhaus" in Alleinstellung und in Kombination mit anderen Wort- und Bildbestandteilen, insbesondere in der Form "Schwabinger Festspielhaus", sowie Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht begehrt. Der Beklagte ist dem entgegengetreten. Er hat eine Störerhaftung in Abrede gestellt und geltend gemacht, er sei bei den Veranstaltungen lediglich wie ein Hausmeister tätig geworden. Bei der Bezeichnung "Festspielhaus" handele es sich um einen nicht schutzfähigen und freihaltungsbedürftigen Begriff, der auch als Unternehmenskennzeichen nicht unterscheidungskräftig sei. Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Die Berufung ist im wesentlichen erfolglos geblieben, jedoch ist im Umfang einer teilweisen Klagerücknahme die Unterlassungsverurteilung hinsichtlich der Worte "/oder in Kombination mit anderen Wort- und/oder Bildbestandteilen" entfallen und die Verurteilung zur Auskunftserteilung sowie die Schadensersatzfeststellung auf die Zeit ab dem 10. Mai 1997 beschränkt worden.
Mit der Revision verfolgt der Beklagte sein Begehren, die Klage insgesamt abzuweisen, weiter. Der Kläger ist im Termin zur mündlichen Verhandlung über die Revision trotz ordnungsgemäûer Ladung nicht vertreten gewesen.

Entscheidungsgründe:


Die Entscheidung hat angesichts der Säumnis des Klägers und Revisionsbeklagten im Termin zur Verhandlung über die Revision durch Versäumnisurteil zu ergehen. Sie beruht aber nicht auf Folgen der Säumnis, sondern ist eine Entscheidung in der Sache, die ebenso ergangen wäre, wenn der Kläger in der mündlichen Revisionsverhandlung ordnungsgemäû vertreten gewesen wäre (vgl. BGHZ 37, 79, 81). I. Das Berufungsgericht hat - unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Landgerichts - den Unterlassungsanspruch aus der Marke "Festspielhaus" durchgreifen lassen, weil die Bezeichnung unterscheidungskräftig sei und an ihr ein konkretes Freihaltungsbedürfnis nicht bestehe. Ihr komme für die in Betracht zu ziehenden Dienstleistungen ein gewisser Phantasiegehalt zu. Gegenüber den bekannten Festspielhäusern in Salzburg und Bayreuth, bei denen es sich um Veranstaltungsorte gröûter Opern-, Musik- und Theateraufführungen handele, unterschieden sich die Dienstleistungen der Parteien grundlegend. Die Dienstleistungen des Klägers beschränkten sich auf Schauspiele mit Elementen aus Kabarett, Satire usw. sowie Inszenierungen mit Beteiligung des Publikums. Bei den vom Beklagten durchgeführten Veranstaltungen handele es sich um die Präsentation von Gogo-Girls, erotische Darbietungen u.a.
Die Verantwortlichkeit des Beklagten ergebe sich - anders als das Landgericht angenommen habe - nicht aus einer Störereigenschaft wegen der erfolgten Anmeldung des Beklagten als Veranstalter gegenüber dem Kreisverwaltungsreferat. Dieser sei aber nicht nur Hausmeister gewesen, sondern Veranstalter der in Rede stehenden Darbietungen. An ihn sei, wie dem Schreiben an das Kreisverwaltungsreferat zu entnehmen sei, die Gastronomie für die fraglichen Tage abgegeben worden; jedenfalls habe er nicht dargetan, wer anderes als er die Gastronomie übernommen gehabt habe. II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. 1. Das Berufungsgericht ist zu Unrecht von einer Markenverletzung durch den Beklagten ausgegangen.
a) Es fehlt schon - was das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft ungeprüft gelassen hat - an der Grundvoraussetzung für die Annahme einer Markenverletzung im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, einer Verwendung der angegriffenen Bezeichnung als Marke, nämlich zur Unterscheidung der in Frage stehenden Dienstleistungen von denen anderer Unternehmen im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften. Die Frage, ob eine Markenrechtsverletzung nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG grundsätzlich bei jeder wie auch immer gearteten Benutzung im geschäftlichen Verkehr oder nur dann angenommen werden kann, wenn die beanstandeten Handlungen auch das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal einer markenmäûigen Benutzung erfüllen, ist im deutschen Schrifttum umstritten (vgl. die Hinweise bei Althammer/Klaka, Markengesetz, 6. Aufl., § 14 Rdn. 66; Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 14 Rdn. 30). Der Bundesgerichtshof hat diese
Frage in seiner Rechtsprechung bisher ausdrücklich offen gelassen (BGH, Urt. v. 15.1.1998 - I ZR 259/95, GRUR 1998, 697, 698 = WRP 1998, 763 - VENUS MULTI; BGHZ 138, 143, 157 f. - Les-Paul-Gitarren). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften hängt die Frage, ob die Bestimmung des Art. 5 Abs. 1 MarkenRL, die durch § 14 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG umgesetzt worden ist und die deshalb in gleicher Weise wie die Richtlinienbestimmung auszulegen ist, Anwendung findet, davon ab, ob die in Frage stehende Bezeichnung zur Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen als solche eines bestimmten Unternehmens, also als Marke, benutzt wird, oder ob die Verwendung zu anderen Zwecken erfolgt (EuGH Slg. 1999, I-905 = GRUR Int. 1999, 438, 440 Tz. 39 = WRP 1999, 407 - BMW/Deenik). Damit hat der Gerichtshof nicht jede Benutzung eines Zeichens im geschäftlichen Verkehr auch schon als Markenbenutzung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 MarkenRL angesehen (a.A. Althammer/Klaka a.a.O. Rdn. 67); denn er hat auf die Unterscheidungsfunktion der Marke abgehoben. Eine Markenbenutzung im vorgenannten Sinne einer Verletzungshandlung nach Art. 5 Abs. 1 MarkenRL und entsprechend nach § 14 Abs. 2 MarkenG setzt demnach voraus, daû sie jedenfalls im Rahmen des Produkt- oder Leistungsabsatzes auch der Unterscheidung der Waren/Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer dient (vgl. Fezer a.a.O. Rdn. 39a). Eine derartige Verwendung der Bezeichnung "Festspielhaus" in Alleinstellung oder in der Form "Schwabinger Festspielhaus" zur Unterscheidung der Dienstleistungen, die nach der Behauptung des Klägers vom Beklagten oder jedenfalls unter seiner Verantwortung in den Räumlichkeiten in München in der D.straûe 33 erbracht worden sind, hat der Kläger nicht dargelegt. Die von ihm vorgelegten Verwendungsbeispiele belegen eine derartige Verwendung nicht.
Bei deren Beurteilung ist unter Zugrundelegung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers (vgl. BGH, Urt. v. 13.1.2000 - I ZR 223/97, GRUR 2000, 506, 508 = WRP 2000, 535 - ATTACHÉ/TISSERAND) von der Auffassung der beteiligten Verkehrskreise, also der von der entsprechenden Werbung angesprochenen Personen auszugehen. Angesichts der zahlreichen Benutzungsbeispiele, in denen die Angabe "Festspielhaus D.straûe 33" oder "Schwabinger Festspielhaus" verwendet worden ist und des begrifflichen Inhalts der Bezeichnung "Festspielhaus" als einer Angabe über eine Örtlichkeit, in der Festspiele oder jedenfalls festliche Veranstaltungen abgehalten werden, liegt nach der allgemeinen Lebenserfahrung die Annahme fern, daû das angesprochene Publikum in der Angabe mit oder ohne Zusatz der genaueren Adresse einen Hinweis nicht auf den Ort der entsprechenden Veranstaltung, sondern auf den Erbringer der Dienstleistungen sieht, die an dem genannten Ort dargeboten werden. Gegen eine solche Annahme oder jedenfalls die Möglichkeit, daû der Verkehr in der Angabe auch einen unterscheidenden Hinweis auf den Veranstalter der in Frage stehenden Darbietungen sieht, spricht maûgeblich auch, daû der Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nur an einzelnen Wochentagen gegenüber dem Kreisverwaltungsreferat als Veranstalter in Erscheinung getreten ist, was die Möglichkeit offenläût, daû an anderen Wochentagen andere Veranstalter von Darbietungen an dem angeführten Ort auftraten. Feststellungen dazu, daû es im Streitfall anders liegt und die beteiligten Verkehrskreise die Angabe des Veranstaltungsorts als Synonym für den Beklagten als Veranstalter der dargebotenen Dienstleistungen verstehen, hat das Berufungsgericht nicht getroffen.
b) Eine Markenverletzung i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist aber auch deswegen zu verneinen, weil der Beklagte mit den angegriffenen Hand-
lungen wegen des Fehlens einer Verwechslungsgefahr nicht in den Schutzbereich der Marken des Klägers eingegriffen hat. Die Frage einer markenrechtlichen Verwechslungsgefahr ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung der maûgeblichen Faktoren der Waren-/Dienstleistungsidentität oder -ähnlichkeit, der Markenidentität oder -ähnlichkeit und der Kennzeichnungskraft der Klagemarke in dem Sinne auszugehen, daû ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren/Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken und/oder eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der Klagemarke aufgewogen wird und umgekehrt (st. Rspr.; BGH, Urt. v. 3.5.2001 - I ZR 18/99, GRUR 2002, 65, 66 = WRP 2001, 1447 - Ichthyol). Die Frage der Markenähnlichkeit ist dabei nach dem Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen zu beurteilen (st. Rspr.; BGH, Urt. v. 26.4.2001 - I ZR 212/98, GRUR 2002, 167, 168 = WRP 2001, 1320 - Bit/Bud, m.w.N.). Im Streitfall ist nach den getroffenen Feststellungen von einem hohen Grad der Ähnlichkeit der Dienstleistungen auszugehen. Es fehlt jedoch auch bei Annahme einer normalen Kennzeichnungskraft der Klagemarken an einer eine Verwechslungsgefahr begründenden hinreichenden Markenähnlichkeit. Die Marke Nr. 2 052 697 "FESTSPIELHAUS MÜNCHEN - KOBOLD e.V." besteht aus mehreren Wortbestandteilen, mit denen die angegriffene Bezeichnung nur in dem Teil "Festspielhaus" übereinstimmt. Die Wort-/Bildmarke Nr. 397 30 568 des Klägers besteht neben dem Wortbestandteil "Festspielhaus" noch aus graphischen Elementen, die in den angegriffenen Bezeichnungen keine Entsprechung haben.
Beide Klagemarken werden in ihrem Gesamteindruck nicht von dem Bestandteil "Festspielhaus" geprägt. Die komplexe Wortmarke enthält mehrere kennzeichnende Bestandteile, die vom Verkehr nach der allgemeinen Lebenserfahrung so aufgenommen werden, wie sie ihm entgegentreten, so daû sie gleichermaûen den Gesamteindruck der Marke bestimmen, ohne daû der Bestandteil "Festspielhaus", der dem Verkehr weniger kennzeichnend als vielmehr den Ort der Erbringung der fraglichen Dienstleistungen beschreibend erscheinen wird, prägend hervortritt. Ist hiervon auszugehen, begründet die gegebene Übereinstimmung allein in dem Bestandteil "Festspielhaus" nur eine marginale Ähnlichkeit der Zeichen, die eine Verwechslungsgefahr nicht zu begründen vermag. Entsprechendes gilt für die Wort-/Bildmarke, die ebenfalls - wenn auch aus Rechtsgründen - nicht von dem Wortbestandteil "Festspielhaus" in ihrem Gesamteindruck geprägt wird. Zwar ist der Verletzungsrichter an die Eintragung einer Marke in dem Sinne gebunden, daû es ihm versagt ist, der Marke jeglichen Schutz zu versagen (BGH, Urt. v. 9.10.1997 - I ZR 95/95, GRUR 1998, 412, 413 Analgin). Das besagt aber nicht, daû er gehindert ist, einen Schutz aus Einzelelementen einer Marke, die als solche mangels Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) oder wegen des Bestehens eines Freihaltungsbedürfnisses (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) nicht schutzfähig sind, zu versagen (BGH, Urt. v. 20.10.1999 - I ZR 110/97, GRUR 2000, 608, 610 = WRP 2000, 529 - ARD-1; Urt. v. 3.11.1999 - I ZR 136/97, GRUR 2000, 888, 889 = WRP 2000, 631 - MAG-LITE). Dementsprechend kann auch aus der Wort-/Bildmarke wegen der Übereinstimmung mit den angegriffenen Bezeichnungen allein in dem Bestandteil "Festspielhaus" ein markenrechtlicher Schutz nicht abgeleitet werden. Denn bei der Bezeichnung "Festspielhaus" handelt es sich, bezogen auf die Dienstleistungen, für die diese Klagemarke Schutz ge-
nieût, um die Angabe des Ortes der Erbringung, die als solche nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht als Marke eingetragen werden kann und mithin als Bestandteil einer eingetragenen Marke aus Rechtsgründen keine Prägung des Gesamteindrucks bewirken kann. Auch bezüglich der Wort-/Bildmarke kann deshalb nur von einem ganz geringen - für die Annahme einer Verwechslungsgefahr nicht hinreichenden - Ähnlichkeitsgrad ausgegangen werden.
c) Den geltendgemachten Ansprüchen stünde aber auch die Vorschrift des § 23 Nr. 2 MarkenG entgegen, nach der ein Markeninhaber nicht das Recht hat, Dritten zu untersagen, ein mit seiner Marke identisches oder ähnliches Zeichen zur Angabe über Merkmale der Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, sofern die Benutzung nicht gegen die guten Sitten verstöût. Im Streitfall geht es um eine derartige Benutzung, nämlich, wie bereits ausgeführt, um die Angabe des Ortes der Darbietung der in Frage stehenden Dienstleistungen (vgl. BGH GRUR 1998, 697, 699 - VENUS MULTI; BGH, Urt. v. 18.6.1998 - I ZR 25/96, GRUR 1999, 238, 239 = WRP 1999, 189 - Tour de culture). Einen Anhalt dafür, daû die angegriffene Verwendung gegen die guten Sitten verstöût , hat der Kläger nicht vorgetragen, ein solcher ist auch sonst nicht ersichtlich. 2. Die geltend gemachten Ansprüche ergeben sich auch nicht aus §§ 5, 15 MarkenG wegen Verletzung einer für den Kläger geschützten Unternehmenskennzeichnung "Festspielhaus". Ein derartiges Schutzrecht setzt neben der Benutzung einer entsprechenden Bezeichnung deren Schutzfähigkeit voraus , an der es im Streitfall mangelt. Dem Begriff "Festspielhaus" fehlt es für die Tätigkeit des Klägers an der erforderlichen Unterscheidungskraft. Die Bezeich-
nung beschreibt nämlich, wie schon vorangehend zu II. 1. a) ausgeführt, die Örtlichkeit der Erbringung der Dienstleistungen des Klägers. Soweit der Kläger sein Unternehmen mit einer Kombination der Bezeichnung "Festspielhaus" und weiteren Angaben, etwa in der Form der Wortmarke , bezeichnet, wäre zwar die Unterscheidungskraft nicht zu bezweifeln. In diesem Fall würde es an einer Verwechslungsgefahr i.S. von § 15 Abs. 2 MarkenG fehlen, weil aus dem Bestandteil "Festspielhaus", in dem die angegriffenen Bezeichnungen allein übereinstimmen, aus den vorgenannten Gründen ein selbständiger Schutz nicht hergeleitet werden könnte. III. Danach war das angefochtene Urteil aufzuheben und auf die Berufung des Beklagten das Urteil des Landgerichts auch im übrigen abzuändern und die Klage insoweit abzuweisen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 2 ZPO.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Starck
Pokrant Büscher

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 135/99 Verkündet am:
20. Dezember 2001
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
FRÜHSTÜCKS-DRINK II
Von der Benutzung einer Bezeichnung als Marke, nämlich als Unterscheidungsmittel
gegenüber Waren anderer Unternehmen, kann nicht ausgegangen
werden, wenn es sich bei der Bezeichnung um eine beschreibende Angabe
(hier: Frühstücks-Trank) handelt, die vom angesprochenen Verkehr, also von
dem angesprochenen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen
Durchschnittsverbraucher, nur als solche und nicht als Herkunftshinweis
verstanden wird.
BGH, Urt. v. 20. Dezember 2001 - I ZR 135/99 - LG Nürnberg-Fürth
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Dezember 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Erdmann und die Richter Starck, Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher und
Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth, 4. Kammer für Handelssachen, vom 26. März 1999 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Markt für Fruchtsäfte.
Die Klägerin, die am 21. Januar 1997 unter ihrer Firmenbezeichnung "Frühstücks-Drink GmbH" in das Handelsregister eingetragen wurde, ist Inhaberin der - mit Priorität vom 9. Februar 1996 - farbig eingetragenen Wort-/Bildmarke Nr. 396 05 880, die nachstehend schwarz-weiß abgebildet ist

sowie der weiteren - am 29. April 1998 eingetragenen - Wort-/Bildmarke Nr. 398 23 659 "FRÜHSTÜCKS-DRINK".
Ein als "FRÜHSTÜCKS-DRINK" bezeichnetes vitaminhaltiges Mehrfruchtgetränk der Klägerin ist seit April 1995 auf dem Markt.
Die Beklagte stellte unter ihrer Herstellermarke "C. " u.a. ein vitaminisiertes, durch Zugabe von Cerealien ballaststoffhaltiges Getränk her, das sie unter der Bezeichnung "Frühstücks-Trank" vertrieb.
Die Klägerin sieht darin eine Marken- und Firmenrechtsverletzung.
Sie hat beantragt,
die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zur Kennzeichnung eines durch Zugabe von Cerealien ballaststoffhaltigen , vitaminisierten Getränks die Bezeichnung "Frühstücks -Trank" zu benutzen.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.
Mit der (Sprung-)Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Das Landgericht hat die geltend gemachten Ansprüche wegen Verletzung der Klagemarken und des Unternehmenskennzeichens der Klägerin für begründet erachtet und dazu ausgeführt:
Obwohl es sich bei den Klagemarken um Wort-/Bildmarken handele, sei im Rahmen der Kollisionsprüfung auf deren jeweilige Wortbestandteile "FRÜHSTÜCKS-DRINK" abzustellen, weil bei einem Kombinationszeichen aus Wort- und Bildelementen in erster Linie dem Wortbestandteil prägende Bedeutung für das Gesamtzeichen zuzumessen sei. Diesem Wortbestandteil könne originäre Kennzeichnungskraft nicht abgesprochen werden.
So habe das Oberlandesgericht Nürnberg im der Klage vorangegangenen Verfahren der einstweiligen Verfügung zur Unterscheidungskraft des Bestandteils im Firmennamen der Klägerin ausgeführt, daß die Wortkombination hinreichend eigenartig sei, um als Name eines Unternehmens zu wirken. Es handele sich um eine Wortbildung, die es als geläufigen Begriff der deutschen Sprache bisher nicht gegeben habe. Sie gewinne ihre eigentümliche Prägung durch den Widerspruch, daß bei dem Wort "Drink" noch die Vorstellung von Alkohol mitschwinge, während es weitgehend unüblich sei, zum Frühstück alkoholische Getränke zu konsumieren. Das gelte in gleicher Weise für die Klagemarken. Ein die Kennzeichnungskraft einschränkendes Freihaltungsbedürfnis an der in Rede stehenden Bezeichnung sei nicht gegeben. Deren freie Verwendung sei nicht erforderlich, um damit ein zum Verzehr beim Frühstück bestimmtes Getränk zu bezeichnen. Auch der angesprochene Verkehr fasse die Bezeichnung - anders als das Wort Frühstücksgetränk - nicht als rein beschreibende Angabe auf.
Angesichts der gegebenen Branchenidentität und der starken Ähnlichkeit zwischen dem Wortbestandteil der Klagemarken und der angegriffenen Bezeichnung sei trotz nur schwacher Kennzeichnungskraft der Klagezeichen eine Verwechslungsgefahr im Hinblick auf die Wechselwirkung der Beurteilungsfaktoren nicht zu verneinen. Ohne Erfolg berufe sich die Beklagte darauf, daß bei der konkreten Verwendungsweise der angegriffenen Bezeichnung ihre
Marke "C. " als beherrschend anzusehen sei. Die angegriffene Bezeichnung werde als Name eines bestimmten Produkts, zumindest als Zweitmarke verwendet. Darin liege ein kennzeichenmäûiger Gebrauch im Sinne von § 14 Abs. 2 und 3 MarkenG.
Darüber hinaus finde das Klagebegehren seine Stütze auch in der Verletzung der Unternehmensbezeichnung der Klägerin nach § 15 Abs. 2 und 4 MarkenG.
II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist weder wegen Markennoch wegen Firmenrechtsverletzung begründet.
1. Das Landgericht ist als Grundvoraussetzung für eine Markenrechtsverletzung vom Erfordernis eines markenmäûigen Gebrauchs der angegriffenen Bezeichnung ausgegangen und hat diesen jedenfalls im Sinne der Verwendung einer Zweitmarke bejaht. Das ist nicht frei von Rechtsfehlern.
Allerdings ist die Frage, ob eine Markenrechtsverletzung nach § 14 Abs. 2 MarkenG grundsätzlich bei jeder wie auch immer gearteten Benutzung im geschäftlichen Verkehr oder nur dann angenommen werden kann, wenn die beanstandeten Handlungen auch das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal einer markenmäûigen Benutzung erfüllen, im deutschen Schrifttum umstritten (vgl. die Hinweise bei Althammer/Klaka, Markengesetz, 6. Aufl., § 14 Rdn. 66; Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 14 Rdn. 30). Der Bundesgerichtshof hat diese Frage in seiner Rechtsprechung zunächst ausdrücklich offengelassen (BGH, Urt. v. 15.1.1998 - I ZR 259/95, GRUR 1998, 697, 698 = WRP 1998, 763 - VENUS MULTI; BGHZ 138, 143, 157 f. - Les-Paul-Gitarren).
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften hängt die Beantwortung der Frage, ob die - durch § 14 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG umgesetzte - Bestimmung des Art. 5 Abs. 1 MarkenRL Anwendung findet, davon ab, ob die in Rede stehende Bezeichnung zur Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen als solche eines bestimmten Unternehmens , also als Marke benutzt wird, oder ob die Verwendung zu anderen Zwecken erfolgt (EuGH Slg. 1999, I-905 = GRUR Int. 1999, 438, 440 Tz. 39 = WRP 1999, 407 - BMW/Deenik). Damit hat der Gerichtshof nicht jede Benutzung eines Zeichens im geschäftlichen Verkehr auch schon als Markenbenutzung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 MarkenRL angesehen (a.A. Althammer/Klaka aaO Rdn. 67); denn er hat auf die Unterscheidungsfunktion der Marke abgehoben. Eine Markenbenutzung im vorgenannten Sinne einer Verletzungshandlung nach Art. 5 Abs. 1 MarkenRL und entsprechend nach § 14 Abs. 2 MarkenG setzt demnach voraus, daû sie jedenfalls im Rahmen des Produkt- oder Leistungsabsatzes auch der Unterscheidung der Waren/Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer dient (BGH, Urt. v. 6.12.2001 - I ZR 136/99 - Festspielhaus, Umdr. S. 7; Urt. v. 20.12.2001 - I ZR 60/99 - FRÜHSTÜCKSDRINK I; vgl. Fezer aaO Rdn. 39a). Ein derartiger Gebrauch der in Alleinstellung angegriffenen Bezeichnung "Frühstücks-Trank" als Marke liegt - anders als in der Sache "FRÜHSTÜCKSDRINK I", in der die Bezeichnung "FRÜHSTÜCKS-TRUNK" nur in der konkreten Gestaltung des Gesamtetiketts angegriffen war - im Streitfall jedoch nicht vor. Bei seiner abweichenden Beurteilung hat das Landgericht vernachlässigt, daû es sich bei der Bezeichnung, worauf sich die Beklagte auch ausdrücklich bezogen hat, nicht um eine unterscheidungskräftige Wortzusammenstellung handelt, die vom angesprochenen Verkehr dementsprechend als Hinweis auf die Herkunft der mit ihr bezeichneten Waren verstanden wird, sondern um eine beschreibende Angabe im Sinne einer Bestimmungsangabe, die vom Verkehr, nämlich von dem angesprochenen durchschnittlich informierten, aufmerksamen
und verständigen Durchschnittsverbraucher, auf dessen Verständnis es allein ankommt (vgl. BGH, Urt. v. 13.1.2000 - I ZR 223/97, GRUR 2000, 506, 508 = WRP 2000, 535 - ATTACHÉ/TISSERAND), nur in diesem Sinne als ein Getränk , das zum Frühstück getrunken wird, und nicht als Herkunftshinweis verstanden wird. Denn nach der allgemeinen Lebenserfahrung liegt es fern und das Landgericht hat dahin deutende Anhaltspunkte auch nicht festgestellt, daû der Durchschnittsverbraucher in einer beschreibenden Angabe, wie der angegriffenen Bezeichnung, einen Herkunftshinweis erblicken wird.
Es ist nicht widersprüchlich, dem Wortbestandteil "FRÜHSTÜCKSDRINK" der Klagemarken Unterscheidungskraft zuzubilligen, den Bestandteil "Frühstücks-Trank" der angegriffenen Bezeichnung dagegen als rein beschreibend , also nicht unterscheidungskräftig anzusehen. Beide Bezeichnungen unterscheiden sich in ihrer Bildung schon dadurch wesentlich, daû die Wortbestandteile der Klagemarken durch den der englischen Sprache entstammenden Wortteil, der zudem regelmäûig im Zusammenhang mit alkoholischen Getränken verwendet wird, einen gewissen Phantasiegehalt aufweist, während die angegriffene Bezeichnung sich ganz im Rahmen üblicher deutscher Wortbildung hält. Die Annahme einer beschreibenden Angabe setzt auch nicht voraus, daû der Verkehr aus ihr die genaue Art des so bezeichneten Produkts und seine wesentlichen Inhaltsstoffe entnehmen kann. Auch mit der Bestimmung eines Getränks (vorzugsweise) zum Verzehr beim Frühstück, wie es die angegriffene Bezeichnung angibt, wird das Getränk seiner Bestimmung nach beschrieben.
Auf die Frage einer Verwechslungsgefahr im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG kommt es bei dieser Sachlage nicht an.
Daû die Klägerin aus ihrem markenrechtlichen Ausschlieûlichkeitsrecht (§ 14 Abs. 1 MarkenG) gegen eine derartige Bezeichnung nicht mit Erfolg vor-
gehen kann, ergibt sich auch aus § 23 Nr. 2 MarkenG. Nach dieser Vorschrift kann der Inhaber einer Marke nicht gegen die Verwendung eines identischen oder ähnlichen Zeichens vorgehen, das als Angabe über Eigenschaften von Waren benutzt wird, sofern die Benutzung nicht gegen die guten Sitten verstöût. So liegt es im Streitfall, in dem hinreichende Anhaltspunkte für einen Sittenverstoû im Sinne der genannten Vorschrift nicht gegeben sind.
2. Aus den gleichen Erwägungen kann der geltend gemachte Anspruch auch nicht aus dem Firmennamen der Klägerin nach § 15 Abs. 2 MarkenG hergeleitet werden. Auch insoweit fehlt es an einer kennzeichenmäûigen Verwendung der angegriffenen Bezeichnung, und es greift die Schutzschranke des § 23 Nr. 2 MarkenG ein.
III. Danach war auf die Revision das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage mit der Kostenfolge aus § 91 Abs. 1 ZPO abzuweisen.
Erdmann Starck Bornkamm
Büscher Schaffert
19
(1) Aus der Tatsache, dass die Domainnamen von der Beklagten als einem kaufmännischen Unternehmen angemeldet worden sind, kann nicht herge- leitet werden, dass bei einer Verwendung der Domainnamen neben dem Handeln im geschäftlichen Verkehr notwendig auch die weiteren Voraussetzungen der § 14 Abs. 2, § 15 Abs. 2 MarkenG erfüllt sind (vgl. BGH, Urt. v. 19.7.2007 - I ZR 137/04, GRUR 2007, 888 Tz. 13 = WRP 2007, 1193 - Euro Telekom). Der Schutz dieser Kennzeichen setzt voraus, dass der als Verletzer in Anspruch genommene Dritte die verwechslungsfähige Bezeichnung kennzeichenmäßig verwendet (BGH, Urt. v. 16.12.2004 - I ZR 177/02, GRUR 2005, 419, 422 = WRP 2005, 605 - Räucherkate, m.w.N.). An einer kennzeichenmäßigen Verwendung der angegriffenen Bezeichnung kann es fehlen, wenn sie vom Verkehr als beschreibende Angabe und nicht als Hinweis auf ein Unternehmen oder auf eine bestimmte betriebliche Herkunft der im Zusammenhang mit der Bezeichnung angebotenen Produkte verstanden wird (vgl. BGH, Urt. v. 6.12.2001 - I ZR 136/99, GRUR 2002, 814, 815 = WRP 2002, 987 - Festspielhaus ; Urt. v. 20.12.2001 - I ZR 135/99, GRUR 2002, 812, 813 = WRP 2002, 985 - FRÜHSTÜCKS-DRINK II).
59
Zwar kann Ortsbezeichnungen die Kennzeichnungskraft fehlen, wenn sie beschreibend aufgefasst werden oder freihaltebedürftig sind (vgl. EuGH, Urt. v. 4.5.1999 - C-108 und 109/97, Slg. 1999, I-2779 = GRUR 1999, 723 Tz. 31 f. = WRP 1999, 629 - Chiemsee; EuG GRUR 2004, 148 Tz. 30 f. und 34 - Oldenburger). Als Bestandteil von Kombinationszeichen werden sie regelmäßig nur als Sachhinweis zur Unterrichtung des Publikums und nicht als Herstellerangabe aufgefasst. Ihnen kommt im Zweifel keine prägende Bedeutung zu (vgl. BGH GRUR 2002, 167, 170 - Bit/Bud; Ullmann, GRUR 1999, 666, 672). Dies gilt jedoch nicht ausnahmslos. Wird eine geographische Herkunftsbezeichnung von beachtlichen Teilen des Verkehrs nicht als bloß beschreibende Angabe, sondern als Warenkennzeichen aufgefasst, verfügt sie über Kennzeichnungskraft (vgl. BGHZ 139, 59, 65 - Fläminger; BGH GRUR 2002, 167, 170 - Bit/Bud). Besteht das Gesamtzeichen aus kennzeichnungsschwachen Bestandteilen, kann auch eine für sich genommen beschreibende Angabe herkunftshinweisende Bedeutung erlangen, so dass sie im Gesamteindruck nicht zu vernachlässigen ist oder diesen sogar dominieren kann (vgl. BGH, Urt. v. 19.1.1989 - I ZR 217/86, GRUR 1990, 361, 363 - Kronenthaler; Ullmann, GRUR 1999, 666, 673).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 60/99 Verkündet am:
20. Dezember 2001
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
FRÜHSTÜCKS-DRINK I
Wird eine Ausstattung (Flaschenetikett) insgesamt als Markenverletzung angegriffen
, ist die Prüfung der Frage, ob eine Benutzung als Marke, nämlich als
Unterscheidungsmittel gegenüber den Waren anderer Unternehmen, vorliegt,
grundsätzlich auf die Ausstattung als solche und nicht auf einzelne Elemente
zu beziehen.
BGH, Urt. v. 20. Dezember 2001 - I ZR 60/99 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Dezember 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Erdmann und die Richter Starck, Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher und
Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 14. Januar 1999 wird auf Kosten der Klägerinnen zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Markt für Fruchtsäfte. Die Klägerin zu 2 ist ein Tochterunternehmen der Klägerin zu 1. Beide Klägerinnen nehmen die Beklagte wegen einer Flaschenausstattung in Anspruch.
Die Klägerin zu 1 brachte im Mai 1995 unter der Bezeichnung "FRÜHSTÜCKS-DRINK" ein vitaminhaltiges Mehrfruchtgetränk als neues Produkt auf den Markt. Es enthält neben den herkömmlichen Inhaltsstoffen zusätzlich Ballaststoffe aus Getreide und die Vitamine C und E sowie das Provi-
tamin A. Am 9. Februar 1996 meldete die Klägerin zu 1 die nachstehend schwarz-weiß abgebildete, inzwischen eingetragene farbige Wort-/Bildmarke Nr. 396 05 880 "FRÜHSTÜCKS-DRINK" an:

Im Juni 1996 brachte die Beklagte einen Mehrfruchtsaft mit Ballaststoffen und dem Zusatz der Vitamine A, C und E auf den Markt. Die Flaschenetiketten sind wie nachfolgend im Klageantrag abgebildet gestaltet.
Die Klägerinnen halten das für unlauter und für eine Marken- und Firmenrechtsverletzung.
Sie haben beantragt,
I. der Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verbieten, ein Fruchtsaftgetränk unter der Bezeichnung "FRÜHSTÜCKS-TRUNK" mit der nachfolgend wiedergegebenen Flaschenausstattung zu vertreiben, anzubieten , feilzuhalten und/oder zu bewerben:

II. die Beklagte zu verurteilen, den Klägerinnen über den Umfang der vorstehend zu I. bezeichneten Handlungen Auskunft zu erteilen, und zwar unter Angabe des mit dem
"FRÜHSTÜCKS-TRUNK" erzielten Umsatzes sowie der Angabe des Umfangs der Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern;
III. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, den Klägerinnen allen Schaden zu ersetzen, der aus Handlungen der vorbezeichneten Art gemäß Ziffer I. entstanden ist und künftig entstehen wird.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerinnen ist erfolglos geblieben.
Mit der Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgen die Klägerinnen ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat marken-, firmen- und wettbewerbsrechtliche Ansprüche der Klägerinnen verneint und dazu ausgeführt:
Das Landgericht habe die Klagemarke zutreffend dahin analysiert, daß ihr Gesamteindruck von dem Wortbestandteil "FRÜHSTÜCKS-DRINK" geprägt werde. Gleichermaßen würden die angegriffenen Flaschenetiketten von den Wortbestandteilen geprägt. Anders als es das Landgericht gesehen habe, wer-
de der Verkehr aber bei der Identifizierung des Getränks der Beklagten die Firmenbezeichnung "DIETZ" nicht als Dachmarke vernachlässigen. Wie bei den Gattungsbegriffen "Orangensaft" oder "Guavennektar" gewinne auch die Bezeichnung "FRÜHSTÜCKS-TRUNK" in dem Etikett der Beklagten keine kennzeichnende Bedeutung. Der Begriff Trunk sei ein Synonym für Getränk. Ein Frühstückstrunk sei für jedermann sofort erkennbar ein Getränk, das für das Frühstück bestimmt sei. Die Begriffsbildung entspreche Wörtern wie "Frühstücksmilch" , "Frühstückskaffee" oder "Frühstückstee". Daû das Wort Frühstückstrunk eher einer gewählten Sprache entstamme, stehe dem nicht entgegen. Es erscheine ausgeschlossen, daû die Marke "FRÜHSTÜCKS-DRINK" das Verständnis des Verkehrs bereits dahin geprägt habe, daû dieser auch dem beschreibenden Begriff "FRÜHSTÜCKS-TRUNK" eine kennzeichnende Bedeutung beimesse. Danach erscheine das Firmenschlagwort "DIETZ" als einziges kennzeichnendes Wort in dem angegriffenen Etikett, das für den Verbraucher von vornherein die Annahme unmöglich mache, "FRÜHSTÜCKSTRUNK" solle nach Art einer Marke verwendet werden. Zwar müsse der Verbraucher das ihm angebotene Produkt wegen der Vielzahl anderer Angebote der Beklagten mit dem Begriff "FRÜHSTÜCKS-TRUNK" identifizieren, aber nur im Rahmen der durch das Firmenschlagwort verbundenen Angebote.
Da § 14 MarkenG nur Schutz gegen eine markenmäûige Verwendung biete, erledigten sich alle weiteren Erwägungen zur Verwechslungsgefahr.
Die geltend gemachten Ansprüche seien auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer vermeidbaren Herkunftstäuschung oder einer unlauteren Rufausbeutung nach § 1 UWG begründet.
II. Die Revision hat keinen Erfolg.

1. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht Ansprüche der Klägerinnen aus der Klagemarke verneint, so daû es auf die Frage der Aktivlegitimation , die zunächst nur für die Markeninhaberin angenommen werden kann, nicht maûgeblich ankommt.

a) Die Revision wendet sich allerdings mit Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe die angegriffene Bezeichnung nicht markenmäûig verwendet.
Die Frage, ob eine Markenverletzung nach § 14 Abs. 2 MarkenG grundsätzlich - wie die Revision meint - bei jeder wie auch immer gearteten Benutzung im geschäftlichen Verkehr oder nur dann angenommen werden kann, wenn die beanstandeten Handlungen auch das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal einer markenmäûigen Benutzung erfüllen, ist im deutschen Schrifttum umstritten (vgl. die Hinweise bei Althammer/Klaka, Markengesetz, 6. Aufl., § 14 Rdn. 66; Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 14 Rdn. 30). Der Bundesgerichtshof hat diese Frage in seiner Rechtsprechung zunächst ausdrücklich offen gelassen (BGH, Urt. v. 15.1.1998 - I ZR 259/95, GRUR 1998, 697, 698 = WRP 1998, 763 - VENUS MULTI; BGHZ 138, 143, 157 f. - Les-Paul-Gitarren).
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften hängt die Beantwortung der Frage, ob die - durch § 14 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG umgesetzte - Bestimmung des Art. 5 Abs. 1 MarkenRL Anwendung findet, davon ab, ob die in Rede stehende Bezeichnung zur Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen als solche eines bestimmten Unternehmens , also als Marke benutzt wird, oder ob die Verwendung zu anderen Zwecken erfolgt (EuGH Slg. 1999, I-905 = GRUR Int. 1999, 438, 440 Tz. 39 =
WRP 1999, 407 - BMW/Deenik). Damit hat der Gerichtshof nicht jede Benutzung eines Zeichens im geschäftlichen Verkehr auch schon als Markenbenutzung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 MarkenRL angesehen (a.A. Althammer/Klaka aaO Rdn. 67); denn er hat auf die Unterscheidungsfunktion der Marke abgehoben. Eine Markenbenutzung im vorgenannten Sinn einer Verletzungshandlung nach Art. 5 Abs. 1 MarkenRL und entsprechend nach § 14 Abs. 2 MarkenG setzt demnach voraus, daû sie jedenfalls im Rahmen des Produkt- oder Leistungsabsatzes auch der Unterscheidung der Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen dient (BGH, Urt. v. 6.12.2001 - I ZR 136/99 - Festspielhaus, Umdr. S. 7; Urt. v. 20.12.2001 - I ZR 135/99 - FRÜHSTÜCKS-DRINK II vgl. Fezer aaO Rdn. 39a).
Ein derartiger Gebrauch der angegriffenen Ausstattung als Marke kann - wie die Revision zu Recht geltend macht - im Streitfall angesichts der angegriffenen Benutzungsform in der Gestalt des von der Beklagten verwendeten Etiketts nicht ernsthaft in Frage gestellt werden; denn dem angesprochenen Verkehr tritt diese Ausstattung als Herkunftshinweis und Identifizierungsmittel für das in Frage stehende von der Beklagten vertriebene Getränk entgegen. Die ausdrückliche Verneinung einer markenmäûigen Verwendung durch das Berufungsgericht, bei der es aus den Augen verloren hat, daû nur die Ausstattung insgesamt angegriffen ist, kann deshalb keinen Bestand haben.

b) Die Verneinung der Verletzung der Klagemarke erweist sich jedoch aus anderen Gründen als zutreffend (§ 563 ZPO). Es fehlt - wie der Senat aufgrund der vom Berufungsgericht teils auch in anderem Zusammenhang getroffenen Feststellungen selbst beurteilen kann - an einer Verwechslungsgefahr.
Die Beurteilung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so daû ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH, Urt. v. 16.11.2000 - I ZR 34/98, GRUR 2001, 507, 508 = WRP 2001, 694 - EVIAN/REVIAN, m.w.N.).
Im Streitfall handelt es sich um identische Waren. Zur Kennzeichnungskraft der Klagemarke haben weder das Landgericht noch das Berufungsgericht Feststellungen getroffen. Sie kann nach den gegebenen Umständen von Hause aus als normal eingestuft werden. Zugunsten der Klägerinnen kann unterstellt werden, daû die Klagemarke aufgrund der von ihnen behaupteten Bekanntheit eine gesteigerte Kennzeichnungskraft erlangt hat.
Bei der Beurteilung der Markenähnlichkeit ist, wie das Berufungsgericht in anderem Zusammenhang zutreffend zugrunde gelegt hat, von dem das Kennzeichenrecht beherrschenden Grundsatz auszugehen, daû auf den jeweiligen Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Marken abzustellen ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 21.9.2000 - I ZR 143/98, GRUR 2001, 164, 165 = WRP 2001, 165 - Wintergarten, m.w.N.).
Hinsichtlich der Klagemarke hat das Berufungsgericht angenommen, daû deren Gesamteindruck durch den Wortbestandteil "FRÜHSTÜCKSDRINK" geprägt werde. Das erweist sich als frei von Rechtsfehlern. Soweit sich
die Revisionserwiderung gegen die Beurteilung wendet, kann ihr nicht beigetreten werden. Das Landgericht, auf dessen Ausführungen sich das Berufungsgericht zu diesem Punkt gestützt hat, ist von dem anerkannten Erfahrungssatz ausgegangen, daû bei Wort-/Bildzeichen wie der Klagemarke regelmäûig der Wortbestandteil den Gesamteindruck präge, weil sich der Verkehr an ihm als der einfachsten Kennzeichnungsart orientiere. Es hat des weiteren zutreffend zugrunde gelegt, daû eine Prägung der Klagemarke durch den Bestandteil "FRÜHSTÜCKS-DRINK" nur dann in Betracht komme, wenn er seiner Natur nach unterscheidungskräftig und deshalb geeignet sei, die mit ihm versehene Ware zu identifizieren und von Waren anderer Herkunft zu unterscheiden. Diese Funktion hat das Landgericht dem Bestandteil angesichts seiner eigentümlichen Bildung, insbesondere wegen der ungewöhnlichen Verwendung des Wortes "DRINK", das fremdsprachig sei und in der Regel für alkoholische Getränke verwendet werde, zugesprochen. Ein Verstoû gegen Erfahrungssätze oder die Denkgesetze kann darin nicht gesehen werden; einen solchen zeigt auch die Revisionserwiderung nicht auf.
Den Gesamteindruck der angegriffenen Ausstattung hat das Berufungsgericht als von dem Wortbestandteil "DIETZ", nicht von der Bezeichnung "FRÜHSTÜCKS-TRUNK" geprägt angesehen, weil es sich bei dieser Wortzusammenstellung um eine für die in Frage stehenden Waren beschreibende Angabe im Sinne eines Getränks für das Frühstück handele. Das beanstandet die Revision ohne Erfolg.
Die Revision rügt, daû das Berufungsgericht in "FRÜHSTÜCKS-TRUNK" eine beschreibende Angabe gesehen hat, obwohl der Begriff in keinem Wörterbuch oder Sprachführer zu finden sei. Das greift nicht durch. Angesichts der in der deutschen Sprache gegebenen Möglichkeit, beliebig zusammengesetzte
Wörter zu bilden, deren begriffliche Bedeutung in der Regel für den Verkehr ohne weiteres erkennbar ist, kann es auf einen lexikalischen Nachweis einer Wortzusammenstellung nicht maûgeblich ankommen.
Ohne Erfolg macht die Revision auch geltend, eine beschreibende Angabe setze voraus, daû der Verkehr aus ihr die Art des so bezeichneten Produkts und seine wesentlichen Eigenschaften erkennen könne. Diese Anforderungen vernachlässigen, daû Gattungsbegriffe nicht nur die Art und die wesentlichen Eigenschaften eines Produkts bezeichnen können, sondern auch andere Merkmale, etwa die Bestimmung eines Produkts, worum es im Streitfall geht. Mit der Bestimmung eines Getränks (vorzugsweise) zum Verzehr beim Frühstück, wie es die angegriffene Bezeichnung angibt, wird das Getränk dieser Bestimmung nach beschrieben.
Zu Unrecht beanstandet die Revision des weiteren, das Berufungsgericht habe sich nicht mit der Möglichkeit befaût, daû die angegriffene Bezeichnung trotz ihres beschreibenden Inhalts vom Verkehr herkunftskennzeichnend verstanden werde. Diesen Aspekt hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei in seine Beurteilung einbezogen, wenn es ausführt, es erscheine ausgeschlossen , daû die Marke "FRÜHSTÜCKS-DRINK" das Verständnis des Verkehrs bereits dahin geprägt habe, daû dieser auch dem beschreibenden Begriff "FRÜHSTÜCKS-TRUNK" eine kennzeichnende Bedeutung beimesse. Das Berufungsgericht hätte in diesem Zusammenhang auch die Vorstellung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers heranziehen können (vgl. BGH, Urt. v. 13.1.2000 - I ZR 223/97, GRUR 2000, 506, 508 = WRP 2000, 535 - ATTACHÉ/TISSERAND).
Das Berufungsgericht ist in seiner Beurteilung auch nicht deswegen widersprüchlich , weil es einerseits dem Wortbestandteil "FRÜHSTÜCKS-DRINK" der Klagemarke Unterscheidungskraft zugebilligt, den Bestandteil "FRÜHSTÜCKS -TRUNK" der angegriffenen Bezeichnung andererseits als rein beschreibend , also nicht unterscheidungskräftig angesehen hat. Beide Bezeichnungen unterscheiden sich in ihrer Bildung schon dadurch wesentlich, daû der Bestandteil der Klagemarke durch seinen aus der englischen Sprache stammenden Wortteil, der zudem regelmäûig im Zusammenhang mit alkoholischen Getränken verwendet wird, einen Phantasiegehalt aufweist, während der Bestandteil der angegriffenen Bezeichnung sich im Rahmen üblicher deutscher Wortbildung hält. Zwar kennzeichnet das Wort "Trunk" in anderen Zusammenstellungen (z.B. Umtrunk, Trunksucht), worauf die Revision zu Recht hinweist, auch den Umgang mit alkoholischen Getränken. In Alleinstellung kommt diese Bedeutung dem Wort Trunk aber ebensowenig zu wie in der im Streitfall in Rede stehenden Zusammenstellung.
Angesichts der angegriffenen komplexen Ausstattung und des beschreibenden Inhalts kann schlieûlich auch der Annahme der Revision nicht beigetreten werden, in der Bezeichnung "FRÜHSTÜCKS-TRUNK" liege ein im geschäftlichen Verkehr verwendetes Bestellzeichen, das die Annahme einer Markenrechtsverletzung rechtfertigen könne.
Kann demnach nicht von einer Prägung des Gesamteindrucks der angegriffenen Etiketten durch den allein eine Kollision mit der Klagemarke begründenden Bestandteil "FRÜHSTÜCKS-TRUNK" ausgegangen werden, ist wegen fehlender Markenähnlichkeit eine markenrechtliche Verwechslungsgefahr im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG selbst bei unterstellter gesteigerter Kennzeichnungskraft zu verneinen, und zwar auch in der Form eines gedankli-
chen Inverbindungbringens im Sinne einer Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne.
2. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht Ansprüche der Klägerin zu 2 aus ihrem Unternehmenskennzeichen "Frühstücks-Drink GmbH" (§§ 5, 15 MarkenG) verneint. Insoweit ist zwar ohne weiteres von originärer Unterscheidungskraft des Kennzeichens auszugehen, weil dieses für ein Unternehmen keinen beschreibenden Inhalt hat. Auch im Zusammenhang mit dem Unternehmenskennzeichen fehlt es aber an einer Zeichenähnlichkeit, weil, wie vorangehend begründet ist, der Gesamteindruck der angegriffenen Ausstattung nicht durch den allein eine Kollision begründenden Bestandteil "FRÜHSTÜCKS -TRUNK" geprägt wird.
3. Das Berufungsgericht hat schlieûlich auch Ansprüche aus § 1 UWG unter den Gesichtspunkten einer vermeidbaren Herkunftstäuschung oder wegen unlauterer Rufausnutzung verneint. Diese Beurteilung erweist sich ebenfalls als rechtsfehlerfrei.
Für die Prüfung in der Revisionsinstanz ist von einer wettbewerblichen Eigenart der Kennzeichnung der Produkte der Klägerinnen auszugehen.
Zutreffend hat das Berufungsgericht insoweit allein auf die übereinstimmenden Elemente in den einander gegenüberstehenden Aufmachungen abgestellt und die Produktidentität auûer Betracht gelassen. Soweit die Revision sich auf eine annähernd identische Produktnachahmung stützt und beanstandet , daû sich die Beklagte an die Produktinnovationen der Klägerinnen angehängt habe, hat das für die Frage einer Herkunftstäuschung infolge der Verwendung einer Ausstattung oder einer Rufausbeutung durch Anhängen an eine
Ausstattung, wie sie mit den Klageanträgen allein angegriffen ist, keine maûgebliche Bedeutung.
Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Aufmachungen ergäben durch die unterschiedlichen bildlichen Gestaltungen je einen abweichenden Eindruck für den Verkehr, beruht im wesentlichen auf tatrichterlicher Würdigung , die revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüft werden kann.
Das Berufungsgericht hat angesichts der unterschiedlichen Anmutungen der einander gegenüberstehenden Aufmachungen eine Ähnlichkeit oder eine Herkunftstäuschung für nicht gegeben erachtet. Es hat dabei Ähnlichkeiten in einzelnen Elementen, die allenfalls allgemeine Assoziationen erwecken können , für nicht ausreichend gehalten, um den durch die unterschiedlichen Wortbestandteile hervorgerufenen unterschiedlichen Eindruck zu überspielen. Das kann nicht als erfahrungswidrig angesehen werden.
III. Danach war die Revision mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Erdmann Starck Bornkamm
Büscher Schaffert
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c) Die Beurteilung, ob eine Bezeichnung vom Verkehr als Herkunftshinweis verstanden wird, obliegt im Wesentlichen dem Tatrichter (BGH, Urt. v. 3.2.2005 - I ZR 45/03, GRUR 2005, 414, 415 = WRP 2005, 610 - Russisches Schaumgebäck). Im Ansatz zutreffend hat das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang auch auf die Kennzeichnungsgewohnheiten in dem maßgeblichen Warensektor abgestellt (vgl. BGH, Urt. v. 22.7.2004 - I ZR 204/01, GRUR 2004, 865, 866 = WRP 2004, 1281 - Mustang), in dem der Verkehr in unterschiedlicher Größe angebrachte Aufdrucke markenrechtlich geschützter Zeichen auf der Vorderseite von Bekleidungsstücken vorfindet. Das Berufungsgericht hat jedoch rechtsfehlerhaft nicht ausreichend berücksichtigt, dass die Ant- wort auf die Frage, ob der Verkehr ein auf der Vorderseite eines Bekleidungsstückes angebrachtes Motiv als produktbezogenen Hinweis auf die Herkunft oder als bloß dekoratives Element auffasst, nach der Art und der Platzierung des Motivs variieren kann. Denn anders als bei eingenähten Etiketten auf der Innenseite von Bekleidungsstücken (vgl. hierzu BGH, Beschl. v. 24.4.2008 - I ZB 21/06, GRUR 2008, 1093 Tz. 22 = WRP 2008, 1428 - Marlene-DietrichBildnis
I) geht der Verkehr bei Bildern, Motiven, Symbolen und Wörtern auf der Vorderseite von Bekleidungsstücken nicht generell davon aus, es handele sich um einen Herkunftshinweis. Ob dies der Fall ist, bedarf vielmehr einer Beurteilung im jeweiligen Einzelfall. Der Verkehr wird zwar Zeichen, die ihm als Produktkennzeichen für Bekleidungsstücke bekannt sind, ebenfalls als Herkunftszeichen auffassen, wenn sie auf der Außenseite der Kleidung angebracht sind (vgl. BGH, Urt. v. 6.7.2000 - I ZR 21/98, GRUR 2001, 158, 160 = WRP 2001, 44 - Drei-Streifen-Kennzeichnung). Zeichen, die dem Verkehr - wenn auch in anderem Zusammenhang - als Produktkennzeichen bekannt sind, wird er häufig ebenso als Kennzeichen ansehen (vgl. OLG Hamburg GRUR-RR 2005, 258, 260). Entsprechendes gilt für Phantasiebezeichnungen oder Bildzeichen, wie sie vielfach von Unternehmen zur Kennzeichnung von Bekleidungsstücken außen auf der Kleidung verwandt werden. Diese Maßstäbe lassen sich auf die angegriffene Bezeichnung nicht übertragen, weil der Verkehr das beanstandete Logo auf dem T-Shirt als Zusammensetzung der Abkürzung der früheren Deutschen Demokratischen Republik und ihres Staatswappens erkennt. Der durchschnittlich informierte angemessen aufmerksame Durchschnittsverbraucher hat danach bei der Wiedergabe auf der Vorderseite von Bekleidungsstücken keine Veranlassung, der Bezeichnung statt dieser ihm bekannten Bedeutung nunmehr zumindest auch einen Herkunftshinweis zu entnehmen.
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dd) Die Revision macht vergeblich geltend, der Annahme einer markenmäßigen Verwendung der Kollisionszeichen stünden die weiteren Feststellungen des Berufungsgerichts entgegen, wonach der Verkehr dem englischen Wort „pure“ die Bedeutung von „pur, rein“ beimesse. Hat ein Wort beschreibenden Charakter, wird es vom Verkehr zwar eher als Sachhinweis und nicht als Kennzeichen aufgefasst (vgl. BGH, Urteil vom 13. März 2008 - I ZR 151/05, GRUR 2008, 912 Rn. 19 = WRP 2008, 1353 - Metrosex; Urteil vom 18. Dezember 2008 - I ZR 200/06, GRUR 2009, 772 Rn. 59 = WRP 2009, 971 - Augsburger Puppenkiste; Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 2. Aufl., § 14 MarkenG Rn. 133). Bestimmt wird die Verkehrsauffassung jedoch auch durch die konkrete Aufmachung , in der die angegriffene Bezeichnung dem Publikum entgegentritt (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Juni 2008 - C-533/06, Slg. 2008, I-4231 = GRUR 2008, 698 Rn. 64 - O2/Hutchison; BGH, Urteil vom 20. Dezember 2001 - I ZR 60/99, GRUR 2002, 809, 811 = WRP 2002, 982 - FRÜHSTÜCKS DRINK I; Urteil vom 14. Januar 2010 - I ZR 92/08, GRUR 2010, 838 Rn. 20 = WRP 2010, 1043 - DDR-Logo; Hacker in Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 14 Rn. 104). Danach ist die Annahme einer Verwendung der angegriffenen Zeichen als Marke vorliegend nicht zu beanstanden. Beachtliche Teile des angesprochenen Ver- kehrs werden die Bezeichnung, so wie sie ihnen auf den Produktflaschen entgegentritt , als Herkunftshinweis auffassen, weil sie schriftbildlich hervorgehoben und blickfangmäßig nach Art einer Marke und an einer Stelle erfolgt, an der eine Produktkennzeichnung erwartet wird, und weil keine anderen Kennzeichen vorhanden sind (vgl. BGH, Urteil vom 20. März 2003 - I ZR 60/01, GRUR 2003, 963, 964 = WRP 2003, 1353 - AntiVir/AntiVirus).
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aa) Die vom Bundespatentgericht herangezogenen Beispiele belegen die beschreibende Verwendung des Begriffs "SPA" im dargestellten Sinn. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde kommt es in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob für sämtliche mit dem Begriff bezeichneten Behandlungen und Programme die Verwendung von Wasser zwingend erforderlich ist und ob "SPA" nicht teilweise auch in einem umfassenden Sinn als Synonym für Wellness benutzt wird. Eine beschreibende Benutzung als Sachangabe für die Waren und Dienstleistungen setzt nicht voraus, dass die Bezeichnung feste begriffliche Konturen erlangt und sich eine einhellige Auffassung zum Sinngehalt herausgebildet hat. Von einem die Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Begriff kann auch auszugehen sein, wenn das Markenwort verschiedene Bedeutungen hat (vgl. BGH, Beschl. v. 19.1.2006 - I ZB 11/04, GRUR 2006, 760 Tz. 14 = WRP 2006, 1130 - LOTTO), sein Inhalt vage ist (BGH, Beschl. v. 17.2.2000 - I ZB 33/97, GRUR 2000, 882, 883 = WRP 2000, 1140 - Bücher für eine bessere Welt) oder nur eine der möglichen Bedeutungen die Waren oder Dienstleistungen beschreibt (EuGH, Urt. v. 23.10.2003 - C-191/01, Slg. 2003, I-12447 = GRUR 2004, 146 Tz. 33 - DOUBLEMINT).
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Der allein kennzeichnende Bestandteil "INTERCONNECT" besitzt als in der deutschen Sprache nicht vorhandenes Fantasie- und Kunstwort einen eigenschöpferischen Gehalt. Er hat damit trotz beschreibender Anlehnung an die von der Klagemarke erfassten Netzdienstleistungen ("Inter" für "zwischen" oder als abkürzende Anspielung auf "international" sowie "Connect" für "Verbindung /verbinden") jedenfalls geringe originäre Kennzeichnungskraft. Es liegt keine rein beschreibende Angabe ohne Kennzeichnungskraft vor, sondern nur ein beschreibender Anklang. Auch bei Kenntnis von der Bedeutung der Begriffe "inter" und "connect" kann der Verkehr keine klare, umfassende und erschöpfende Zuordnung zu den konkreten Dienstleistungen der Klägerin vornehmen (vgl. BGH, Urt. v. 21.11.1996 - I ZR 149/94, GRUR 1997, 468, 469 = WRP 1997, 1093 - NetCom; Urt. v. 26.6.1997 - I ZR 56/95, GRUR 1997, 845, 846 = WRP 1997, 1091 - Immo-Data; Urt. v. 28.1.1999 - I ZR 178/96, GRUR 1999, 492, 494 = WRP 1999, 523 - Altberliner).
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c) Der Schutzumfang von Zeichen, die sich an eine beschreibende oder sonst freizuhaltende Angabe anlehnen, ist regelmäßig eng zu bemessen. Unabhängig davon, dass im Verletzungsprozess ohnehin vom Bestand des eingetragenen Zeichens auszugehen ist, kann der Klagemarke allerdings nicht jegli- che Unterscheidungskraft abgesprochen werden. Es handelt sich nicht schlicht um ein aus beschreibenden Begriffen zusammengesetztes Zeichen. Vielmehr ist die Klagemarke trotz beschreibender Anklänge ein in der deutschen Sprache nicht vorhandenes Fantasie- und Kunstwort mit eigenschöpferischem Gehalt (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2007 - I ZR 132/04, GRUR 2008, 258 Rn. 24 = WRP 2008, 232 - INTERCONNECT/T-InterConnect). Für das Gesamtzeichen "Enzymax" fehlt, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, ein eindeutiger Begriffsinhalt. Insbesondere wird dem Verbraucher keine konkrete Vorstellung eines Nahrungsergänzungsmittels mit dem Maximum verfügbarer Proteine vermittelt. Die Bezeichnung gibt auch keinen Aufschluss über den stofflichen Inhalt oder die Wirkungsweise des Präparats (vgl. OLG Stuttgart, GRUR-RR 2008, 425, 426).

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

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bb) Die Annahme des Bundespatentgerichts, dass die Farbe Gelb von der Markeninhaberin als Marke verwendet worden ist, hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
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a) Gemäß § 50 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die Eintragung einer Marke zu löschen, wenn ihr im Hinblick auf die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und die Waren oder Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. EuGH, Urteil vom 21. Januar 2010 - C-398/08, Slg. 2010, I-535 = GRUR 2010, 228 Rn. 33 - Audi/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2011 - I ZB 56/09, GRUR 2012, 270 Rn. 8 = WRP 2012, 337 - Link economy; Beschluss vom 4. April 2012 - I ZB 22/11, GRUR 2012, 1143 Rn. 7 = WRP 2012, 1396 - Starsat; Beschluss vom 22. November2012 - I ZB 72/11, GRUR 2013, 731 Rn. 11 = WRP 2013, 909 - Kaleido; BGH, GRUR 2015, 581 Rn. 16 - Langenscheidt-Gelb). Die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2008 - I ZB 48/08, GRUR 2009, 778 Rn. 11 = WRP 2009, 813 - Willkommen im Leben; Beschluss vom 24. Juni 2010 - I ZB 115/08, GRUR 2010, 1100 Rn. 10 = WRP 2010, 1504 - TOOOR!; BGH, GRUR 2014, 872 Rn. 12 - Gute Laune Drops; GRUR 2015, 581 Rn. 9 - Langenscheidt-Gelb).
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a) Unterscheidungskraft im Sinne der in Frage stehenden Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d.h. jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH, Beschl. v. 24.4.2008 - I ZB 21/06, GRUR 2008, 1093 Tz. 13 = WRP 2008, 1428 - Marlene-Dietrich-Bildnis, m.w.N.). Kann einem Wortzeichen kein für die fraglichen Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihm die vorerwähnte Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH, Beschl. v. 28.6.2001 - I ZB 1/99, GRUR 2002, 64 f. = WRP 2001, 1445 - INDIVIDUELLE; BGHZ 167, 278 Tz. 18 f. - FUSSBALL WM 2006).
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1. Unterscheidungskraft i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und die Waren oder Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. EuGH, Urt. v. 21.1.2010 - C-398/08, GRUR 2010, 228 Tz. 33 = WRP 2010, 364 - Audi [Vorsprung durch Technik]; BGH, Beschl. v. 9.7.2009 - I ZB 88/07, GRUR 2010, 138 Tz. 23 = WRP 2010, 260 - ROCHER-Kugel). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH, Beschl. v. 4.12.2008 - I ZB 48/08, GRUR 2009, 778 Tz. 11 = WRP 2009, 813 - Willkommen im Leben; Beschl. v. 14.1.2010 - I ZB 32/09, GRUR 2010, 640 Tz. 10 = WRP 2010, 891 - hey!). Die Unterscheidungskraft ist im Hinblick auf jede der Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke Schutz beansprucht, gesondert zu beurteilen. Abzustellen ist auf die Anschauung des angesprochenen Verkehrs. Dabei kommt es auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines normal informierten , angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen an (EuGH, Urt. v. 8.5.2008 - C-304/06, Slg. 2008, I-3297 = GRUR 2008, 608 Tz. 67 - EUROHYPO; BGH, Beschl. v. 15.1.2009 - I ZB 30/06, GRUR 2009, 411 Tz. 8 = WRP 2009, 439 - STREETBALL).
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4. Der Senat hält im Blick auf diese Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht an seiner bisherigen Rechtsprechung fest. Für die im Eintragungsverfahren (§ 37 Abs. 1, § 41 Satz 1 MarkenG) und im Nichtigkeitsverfahren (§ 50 Abs. 1 MarkenG) vorzunehmende Prüfung, ob einem Zeichen für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt oder gefehlt hat und es daher von der Eintragung nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ausgeschlossen oder entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG eingetragen worden ist, ist auf das Verkehrsverständnis im Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens abzustellen. Dafür spricht nicht nur das Interesse des Anmelders, durch die Dauer des Eintragungsverfahrens keine Nachteile zu erleiden. Hinzu kommt das Interesse der Allgemeinheit an einer grundsätzlich einheitlichen Auslegung dieser miteinander übereinstimmenden Regelungen der Gemeinschaftsmarkenverordnung einerseits und des Markengesetzes andererseits (vgl. Bölling, GRUR 2011, 472, 477). Diese Interessen des Anmelders und der Allgemeinheit sind - jedenfalls in ihrer Gesamtheit - höher zu bewerten als das Interesse an einer schnellen Erledigung einer Vielzahl von Anmeldungen.
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aa) Nach § 50 Abs. 1 und 2 MarkenG kann eine Marke wegen fehlender Unterscheidungskraft nur gelöscht werden, wenn die Marke entgegen §§ 3, 7 oder 8 MarkenG eingetragen worden ist und - von dem hier nicht interessierenden Fall des § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG abgesehen - das Schutzhindernis im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag noch besteht. Daraus folgt, dass eine Löschung der Marke nicht mehr in Betracht kommt, wenn die fehlende Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG durch eine nachträgliche Verkehrsdurchsetzung im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag überwunden worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 2. April 2009 - I ZB 94/06, GRUR 2009, 954 Rn. 12 und 18 = WRP 2009, 1250 - Kinder III).
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a) Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und die Waren oder Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. EuGH, Urteil vom 21. Januar 2010 - C-398/08, Slg. 2010, I-535 = GRUR 2010, 228 Rn. 33 - Audi/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2011 - I ZB 56/09, GRUR 2012, 270 Rn. 8 = WRP 2012, 337 - Link economy; Beschluss vom 4. April 2012 - I ZB 22/11, GRUR 2012, 1143 Rn. 7 = WRP 2012, 1396 - Starsat; Beschluss vom 22. November 2012 - I ZB 72/11, GRUR 2013, 731 Rn. 11 = WRP 2013, 909 - Kaleido; Beschluss vom 23. Oktober 2014 - I ZB 61/13, GRUR 2015, 581 Rn. 9 = WRP 2015, 726 - Langenscheidt-Gelb). Die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen , so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2008 - I ZB 48/08, GRUR 2009, 778 Rn. 11 = WRP 2009, 813 - Willkommen im Leben ; Beschluss vom 24. Juni 2010 - I ZB 115/08, GRUR 2010, 1100 Rn. 10 = WRP 2010, 1504 - TOOOR!; BGH, GRUR 2014, 872 Rn. 12 - Gute Laune Drops; GRUR 2015, 581 Rn. 9 - Langenscheidt-Gelb).
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Von einer derartigen Mehrheitsbeteiligung - im Streitfall der Stadt Wolfsburg - geht das allgemeine Publikum auch unter Berücksichtigung der vollständigen Firmierung der Klägerin aus. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Verkehr werde weder dem Bestandteil "LSW", der aus den Anfangsbuchstaben der Wörter "LandE", "Stadtwerke" und "Wolfsburg" gebildet sei, noch der Bezeichnung "LandE" einen Hinweis auf einen weiteren Gesellschafter - hier auf die LandE GmbH - entnehmen. Die LandE GmbH sei nur ortskundigen und schon länger in Wolfsburg wohnhaften Verbrauchern bekannt. Die überwiegenden Teile der Verkehrskreise könnten mit der aus sich heraus nicht verständlichen Bezeichnung "LandE" nichts anfangen. Allenfalls werde der Verbraucher einen Hinweis darauf vermuten, dass die Klägerin nicht nur das Stadtgebiet, sondern auch das Umland versorge. Diese im Wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet liegenden Feststellungen des Berufungsgerichts zur Verkehrsauffassung sind nur darauf hin vom Revisionsgericht überprüfbar, ob das Berufungsgericht bei seiner Würdigung gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat. Solche Rechtsfehler sind nicht ersichtlich.
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Ohne Erfolg macht die Revision insoweit geltend, die Beklagte habe unter Hinweis auf die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts vom 4. Oktober 2010, wonach den angemeldeten Zeichen "REAL" und "REAL Crisps" jede Unterscheidungskraft fehle, dargelegt, dass auch die Klagemarke originär nicht unterscheidungskräftig sei. Die Feststellung, ob die angesprochenen Verkehrskreise das Markenwort "real" als glatt beschreibend auffassen und die Marke daher nur aufgrund ihrer weiteren Bestandteile originär kennzeichnungskräftig sein kann, obliegt im Wesentlichen dem Tatrichter (vgl. BGH, Urteil vom 27. November 2003 - I ZR 79/01, GRUR 2004, 514, 515 = WRP 2004, 758 - Telekom). In der Revisionsinstanz ist nur zu prüfen, ob der Tatrichter einen zutreffenden Rechtsbegriff zugrunde gelegt, nicht gegen Erfahrungssätze und Denkgesetze verstoßen oder wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat. Rechtsfehler des Berufungsgerichts zeigt die Revision in diesem Zusammenhang nicht auf. Vielmehr begibt sie sich mit ihrer gegenteiligen Beurteilung auf das ihr grundsätzlich verschlossene Gebiet tatrichterlicher Würdigung.
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Die im Wesentlichen auf tatsächlichem Gebiet liegenden Feststellungen zur Verkehrsauffassung sind im Rechtsbeschwerdeverfahren nur darauf überprüfbar , ob das Bundespatentgericht bei seiner Würdigung gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Umstände unberücksichtigt gelassen hat (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juni 2012 - I ZR 228/10, GRUR 2012, 1273 Rn. 19 = WRP 2012, 1523 - Stadtwerke Wolfsburg; Beschluss vom 9. Juli 2015 - I ZB 65/13, GRUR 2015, 1012 Rn. 21 = WRP 2015, 1108 - Nivea-Blau). Solche Rechtsfehler hat die Rechtsbeschwerde nicht aufgezeigt.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

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Aufgrund der Übereinstimmungen im Wortbestandteil "Kinderstube" der Klagemarke 1 mit der Bezeichnung "Kinder STUBE" für das Internetangebot der Beklagten ist begriffliche und klangliche Zeichenidentität gegeben. Aufgrund der bestehenden Unterschiede im Schriftbild - einerseits der Zusammenschreibung in der Klagemarke 1, andererseits der Getrenntschreibung in der angegriffenen Bezeichnung - liegt eine hohe, jedenfalls eine durchschnittliche Zeichenähnlichkeit , nicht aber Zeichenidentität vor. Ein Zeichen ist nicht nur mit einem geschützten anderen Zeichen identisch, wenn es ohne Änderung oder Hinzufügung alle Elemente wiedergibt, die das geschützte Zeichen bilden, sondern auch, wenn es als Ganzes betrachtet nur so geringfügige Unterschiede gegenüber dem geschützten Zeichen aufweist, dass sie einem Durchschnittsverbraucher entgehen können (vgl. EuGH, Urteil vom 20. März 2003 - C-291/00, Slg.