Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Juli 2018 - KZR 35/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:170718BKZR35.17.0
bei uns veröffentlicht am17.07.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Tenor

Das Verfahren über die Revision gegen das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 30. März 2017 wird bis zum Abschluss des Nichtigkeitsberufungsverfahrens X ZR 35/18 des Bundesgerichtshofs ausgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Klägerin nimmt die beiden Beklagten wegen Patentverletzung auf Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung, Vernichtung und Rückruf sowie auf Feststellung der Verpflichtung zum Schadensersatz in Anspruch.

2

Die Klage ist gestützt auf Anspruch 17 des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 264 504. Das Patent wurde im Einspruchsverfahren beschränkt aufrechterhalten.

3

Die Beklagten wenden unter anderem ein, die angegriffenen Ausführungsformen machten nicht von sämtlichen Merkmalen des Anspruchs 17 des Klagepatents Gebrauch, stellen dessen Rechtsbestand in Frage und erheben den kartellrechtlichen Zwangslizenzeinwand.

4

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte teilweise Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Verurteilung der Beklagten auf die Erteilung von Auskunft und Rechnungslegung und auf die Feststellung der Schadensersatzpflicht beschränkt. Im Übrigen hat es die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen, weil der kartellrechtliche Zwangslizenzeinwand durchgreife. Damit seien die Ansprüche auf Unterlassung und Vernichtung derzeit nicht gerichtlich durchsetzbar. Der Anspruch auf Schadensersatz bestehe dem Grunde nach, doch sei er auf das beschränkt, was sich nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie ergebe. Entsprechend seien auch Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch beschränkt.

5

Die Klägerin hat die zugelassene Revision eingelegt, mit der sie ihre im Berufungsrechtszug zuletzt gestellten Anträge weiter verfolgt. Mit ihrer Anschlussrevision verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

6

Das Patentgericht hat auf die von den Beklagten erhobene Nichtigkeitsklage das Klagepatent insgesamt für nichtig erklärt (BPatG, Urteil vom 14. Februar 2018 - 6 Ni 15/15 (EP), in juris). Die Klägerin hat gegen diese Entscheidung Berufung eingelegt. Die Beklagten beantragen im Hinblick auf die Nichtigerklärung des Klagepatents, den Rechtsstreit auszusetzen. Die Klägerin tritt diesem Antrag entgegen.

II.

7

Auf den Aussetzungsantrag der Beklagten ist die Entscheidung über die Revision auszusetzen.

8

1. Der Patentverletzungsstreit ist durch die Bindung des Gerichts an das erteilte Patent gekennzeichnet. Selbst nach einem Erfolg der Nichtigkeitsklage in erster Instanz müsste die Entscheidung im Revisionsverfahren deshalb nach Maßgabe der bestehenden Patentlage getroffen werden, solange die Entscheidung des Patentgerichts nicht rechtskräftig ist. Erwächst jedoch die Entscheidung, mit der das Klagepatent für nichtig erklärt wird, in Rechtskraft, ist eine bisher erfolgreiche Verletzungsklage ohne weiteres abweisungsreif. Ist der Verletzungsrechtsstreit zu diesem Zeitpunkt bereits rechtskräftig abgeschlossen, kann die Restitutionsklage in entsprechender Anwendung des § 580 Nr. 6 ZPO darauf gestützt werden, dass die Urteilsgrundlage aufgrund der rechtskräftigen Nichtigerklärung im Nichtigkeitsverfahren entfallen ist (BGH, Urteil vom 10. Januar 2017 - X ZR 17/13, BGHZ 213, 238 Rn. 10 mwN - Vakuumtransportsystem).

9

Zur Vermeidung widerstreitender Entscheidungen hat das Gericht die Möglichkeit, den Verletzungsrechtsstreit im Hinblick auf ein anhängiges Patentnichtigkeitsverfahren auszusetzen (§ 148 ZPO). Eine solche Aussetzung ist auch noch während des Revisionsrechtszugs zulässig (BGH, Beschluss vom 6. April 2004 - X ZR 272/02, BGHZ 158, 372, 374 - Druckmaschinen-Temperierungssystem I; BGH, Beschluss vom 28. September 2011 - X ZR 68/10, GRUR 2012, 93 Rn. 3 - Klimaschrank).

10

Die Entscheidung über eine Aussetzung liegt im Ermessen des Gerichts. Maßgebliche Bedeutung kommt dabei den Erfolgsaussichten des anhängigen Nichtigkeitsverfahrens zu. Zur Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes ist grundsätzlich die Aussetzung des Verletzungsrechtsstreits geboten, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass das Klagepatent der erhobenen Nichtigkeitsklage nicht standhalten wird (BGH, Beschluss vom 16. September 2014 - X ZR 61/13, BGHZ 202, 288 Rn. 4 - Kurznachrichten).

11

Eine Aussetzung ist zwar nicht allein deshalb geboten, weil eine Nichtigkeitsklage anhängig ist. Zu berücksichtigen ist vielmehr auch das gegenläufige Interesse des Verletzungsklägers an einem zeitnahen Abschluss des Verletzungsverfahrens, dem umso stärkeres Gewicht zukommt, je später die Nichtigkeitsklage erhoben worden ist (BGH, GRUR 2012, 93 Rn. 5 - Klimaschrank).

12

Wird aber das Klagepatent durch das erstinstanzlich zur Beurteilung seiner Rechtsbeständigkeit berufene Bundespatentgericht für nichtig erklärt, ist grundsätzlich nicht nur die Aussetzung des Verletzungsrechtsstreits, sondern auch die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Urteil angezeigt (BGHZ 202, 288 Rn. 5 - Kurznachrichten). Dies beruht auf der Erwägung, dass aufgrund der Entscheidung des auch mit technischen Richtern besetzten Spruchkörpers eine erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass das Schutzrecht, auf das sich der Verletzungskläger stützt, keinen Bestand haben wird und damit die Grundlage für ein Verletzungsurteil entfällt. Deshalb überwiegen in dieser Situation grundsätzlich die Interessen des Beklagten.

13

Eine andere Einschätzung kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn sich aus den Gründen der patentgerichtlichen Entscheidung gewichtige Anhaltspunkte dafür ergeben, dass diese einer Überprüfung im Berufungsverfahren aller Voraussicht nach nicht standhalten wird (BGHZ 202, 288 Rn. 6 - Kurznachrichten; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 10. Auflage, E 663).

14

2. Nach diesen Maßgaben übt der Senat sein Ermessen dahin aus, dass das Revisionsverfahren bis zum Abschluss des Berufungsverfahrens im Nichtigkeitsverfahren ausgesetzt wird.

15

a) Nach der derzeit allein möglichen vorläufigen Beurteilung wird der Erfolg ihres Rechtsmittels, wie auch die Klägerin in ihrer Stellungnahme geltend macht, im Wesentlichen davon abhängen, ob das Verständnis insbesondere der Patentansprüche 1 und 17, das das Patentgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, zutreffend ist. Das Patentgericht hat diese Auslegung in ausführlicher Auseinandersetzung mit dem bereits im ersten Rechtszug von der hiesigen Klägerin eingenommenen abweichenden Standpunkt begründet. Im derzeit erreichten Sach- und Streitstand sieht der Senat den Ausgang des Berufungsverfahrens als offen an.

16

b) Die weiteren von der Klägerin angeführten Gesichtspunkte rechtfertigen keine andere Beurteilung.

17

aa) Die Beklagte hat die Nichtigkeitsklage im August 2015 erhoben und damit nur ein knappes Jahr, nachdem die Verletzungsklage rechtshängig wurde. Der Verzögerung der Entscheidung im Nichtigkeitsverfahren, die dadurch herbeigeführt wurde, dass eine schon zuvor erhobene Nichtigkeitsklage wegen unterbliebener Einzahlung der erforderlichen Gerichtsgebühren als nicht erhoben galt, kommt danach keine maßgebliche Bedeutung zu.

18

bb) Der Einwand der Klägerin, selbst bei einer Fortführung des Revisionsverfahrens sei nicht mit einem Abschluss des Verletzungsrechtsstreits vor der Entscheidung über die Berufung im Nichtigkeitsverfahren zu rechnen, weil ihre Revision nur zu einer Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht führen werde, greift bereits deshalb nicht durch, weil mit Blick auf die Zweifel hinsichtlich des Rechtsbestands des Klagepatents die Grundlage für die Verletzungsprüfung nicht hinreichend gesichert ist.

Limperg     

        

Meier-Beck     

        

Kirchhoff

        

Sunder     

        

Deichfuß     

        

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(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde

Zivilprozessordnung - ZPO | § 580 Restitutionsklage


Die Restitutionsklage findet statt:1.wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;2.wenn eine Urkunde, auf die das Urteil
Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Juli 2018 - KZR 35/17 zitiert 2 §§.

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Die Restitutionsklage findet statt:

1.
wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;
2.
wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war;
3.
wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat;
4.
wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist;
5.
wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat;
6.
wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist;
7.
wenn die Partei
a)
ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder
b)
eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
8.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

10
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Restitutionsklage bei Klagen aus einem Patent, an dessen Bestand das Gericht im Verletzungsrechtsstreit gebunden ist, in entsprechender Anwendung des § 580 Nr. 6 ZPO darauf gestützt werden kann, dass die Urteilsgrundlage aufgrund des Widerrufs des Klagepatents im Einspruchsverfahren oder der Nichtigerklärung im Nichtigkeitsverfahren entfallen ist, und dies auch dann gilt, wenn der Gegenstand des Patents im Beschränkungs-, Einspruchs- oder Nichtigkeitsverfahren bestandskräftig derart eingeschränkt worden ist, dass das Klagepatent im Umfang eines Patentanspruchs, dessen Benutzung durch die als patentverletzend angesehene Ausführungsform vom Verletzungsgericht festgestellt worden ist, vollständig oder durch die Aufnahme zusätzlicher Merkmale , deren Benutzung nicht festgestellt ist, in Wegfall geraten ist (BGH, Urteil vom 29. Juli 2010 - Xa ZR 118/09, BGHZ 187, 1 Rn. 12 - Bordako; Urteil vom 17. April 2012 - X ZR 55/09, GRUR 2012, 753 Rn. 13 - Tintenpatrone III).

(1) Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

(2) Das Gericht kann ferner, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von Feststellungszielen abhängt, die den Gegenstand eines anhängigen Musterfeststellungsverfahrens bilden, auf Antrag des Klägers, der nicht Verbraucher ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des Musterfeststellungsverfahrens auszusetzen sei.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZR 272/02
vom
6. April 2004
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Druckmaschinen-Temperierungssystem
Ist ein Patentnichtigkeitsverfahren anhängig, kann im Patentverletzungsrechtsstreit
die Entscheidung über die Beschwerde gegen eine Nichtzulassung der
Revision bis zur Entscheidung in dem Patentnichtigkeitsverfahren ausgesetzt
werden.
BGH, Beschl. v. 6. April 2004 - X ZR 272/02 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 6. April 2004 durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, die Richter Scharen, Keukenschrijver, die
Richterin Mühlens und den Richter Dr. Meier-Beck

beschlossen:
Die Entscheidung über die Beschwerde der Beklagen gegen die Nichtzulassung der Revision gegen das am 14. November 2002 verkündete Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf wird bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die unter dem Az. 4 Ni 17/03 beim Bundespatentgericht anhängige Nichtigkeitsklage ausgesetzt.

Gründe:


I. Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des europäischen Patents 0 602 312 (Klagepatents), das auf einer Anmeldung vom 8. Dezember 1992 beruht, mit der eine deutsche Priorität vom 30. Januar 1992 in Anspruch genommen worden ist.
Patentanspruch 1 des in der Verfahrenssprache Deutsch erteilten Klagepatents lautet wie folgt:
"Druckmaschinen-Temperierungssystem für Rotationskörper einer Druckmaschine, mit folgenden Merkmalen:
1.1. Es sind mindestens zwei verschiedene Arten von Kühlvorrichtungen vorgesehen, von welchen eine eine FeuchtwasserAuftragsvorrichtung (120, 146, 142, 184, 174, 162, 138, 134, 132) zum Aufbringen von temperiertem Feuchtwasser (124) auf den betreffenden Rotationskörper (6, 122) der Druckmaschine und die andere eine Kaltwasser-Kühlvorrichtung (2, 107, 80, 82, 85, 88, 91) zum Wärmeaustausch zwischen temperiertem Kaltwasser und der Oberfläche des betreffenden Rotationskörpers (6, 107) der Druckmaschine ist;
1.2. die Feuchtwasser-Auftragsvorrichtung enthält einen ersten Vorratsbehälter (132) für das Feuchtwasser (124);
1.3. die Kaltwasser-Kühlvorrichtung enthält einen zweiten Vorratsbehälter (80) für das Kaltwasser (130);
1.4. eine Kühlanlage (190) mit einem einzigen Kälteerzeuger (192, 194, 196, 202, 204, 208) zur Kühlung von Kältemittel und mit einer Wärmeaustauschervorrichtung (82, 83, 84, 88, 93 und 140, 180, 162, 139, 138, 158, 174, 176) zum Wärmeaustausch zwischen dem Kältemittel des Kälteerzeugers und dem Feuchtwasser (124) sowie zwischen dem Kältemittel des Kälteerzeugers und dem Kaltwasser (130);
1.5. Mittel (66, 82, 86, 114, 138, 146, 184) zum wahlweisen Umschalten zwischen der Betriebsart 'Feuchtwasser-Offsetdruck' unter Verwendung der Feuchtwasser-Auftragsvorrichtung mit oder ohne gleichzeitige Kühlung durch die KaltwasserKühlvorrichtung und der Betriebsart 'wasserloser Offsetdruck' unter Verwendung der Kaltwasser-Kühlvorrichtung ohne gleichzeitiges Auftragen von Feuchtmittel durch die FeuchtwasserAuftragsvorrichtung."
Die Beklagte stellt in der Bundesrepublik Deutschland her und vertreibt hier sogenannte Kombinations-Temperiergeräte für Druckmaschinen. Zwei Ausführungsformen dieser Geräte hält die Klägerin für patentverletzend. Beide Ausführungsformen weisen keine Mittel für eine Blasluftkühlung auf; im Kaltwassernetz haben sie jeweils ein Ausdehnungsgefäß.
Das Landgericht hat die auf Unterlassung, Rechnungslegung sowie Feststellung einer Entschädigungs- und Schadensersatzpflicht gerichtete Patentverletzungsklage abgewiesen, weil es Patentanspruch 1 entnommen hat, die beanspruchte Kaltwasser-Kühlvorrichtung verlange ihrerseits eine zweifache Kühlung, nämlich sowohl die Kühlung der Farbauftragswalzen als auch mittels gekühlter Blasluft die Kühlung des Druckplattenzylinders. Das ergebe sich aus der in der Beschreibung des Klagepatents genannten Aufgabenstellung, daraus, daß übereinstimmend mit der Aufgabenformulierung auch in den Vorteilsangaben als zur Auswahl des Anwenders stehend drei Kühlungsarten erwähnt seien, und ferner aus dem Umstand, daß das betreffende Merkmal nicht dahingehend formuliert sei, daß zwei Kühlvorrichtungen vorgesehen seien, von denen die eine eine Feuchtwasser-Auftragsvorrichtung und die andere Kühlvor-
richtung eine Kaltwasser-Kühlvorrichtung sei. Der sich hieraus ergebende Sinngehalt habe seinen Niederschlag in Patentanspruch 1 aber auch insoweit gefunden , als im Zusammenhang mit der geforderten Kaltwasser-Kühlvorrichtung ausdrücklich sowohl auf die Bezugsziffer (2), welche die Blasluftkühlvorrichtung identifiziere, als auch auf die Bezugsziffer (107) verwiesen sei, mit der die gekühlten Farbauftragswalzen bezeichnet seien.
Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht mit Urteil vom 14. November 2002 das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Beklagte antragsgemäß verurteilt, weil Patentanspruch 1 insgesamt nur (mindestens) zwei Kühlungsarten voraussetze und bei den angegriffenen Vorrichtungen in Form des Ausdehnungsgefäßes auch der ferner erforderliche Vorratsbehälter vorhanden sei. Die Revision ist nicht zugelassen worden. Hiergegen wendet sich nunmehr die Beklagte mit der Nichtzulassungsbeschwerde.
Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 30. April 2003 Nichtigkeitsklage erhoben. Hierin hält sie dem Klagepatent unter anderem als offenkundig vorbenutzt ein Temperierungssystem mit einer Kälteanlage entgegen. Außerdem macht sie den Nichtigkeitsgrund der unzulässigen Erweiterung geltend. Sie macht sich das Verständnis des Oberlandesgerichts vom Sinngehalt des Patentanspruchs 1 des Klagepatents zu eigen. Bei diesem Sinngehalt sei die Stammanmeldung erweitert worden, weil nach ihrem Inhalt stets eine Blasluftkühlvorrichtung gegeben sein müsse.
Die Beklagte beantragt im Hinblick auf die Nichtigkeitsklage,
das Verfahren bis zu deren rechtskräftiger Entscheidung auszusetzen.
Die Klägerin tritt diesem Aussetzungsantrag ebenso wie der Nichtzulassungsbeschwerde entgegen.
II. 1. Das Klagepatent betrifft den Bereich der Kühlung (Temperierung) beim Rotations-Offsetdruck. Beim Offsetdruck unterscheidet man prinzipiell zwei Arten, den Feuchtwasser-Offsetdruck und den wasserlosen Offsetdruck. Beim Feuchtwasser-Offsetdruck wird das Feuchtwasser zur Kühlung auf bestimmte Bereiche der Oberfläche der Druckplatte aufgebracht. Beim wasserlosen Offsetdruck durchströmt Kaltwasser als Kühlflüssigkeit die Farbauftragswalzen. Die Kühlung der Druckfarben und der Oberfläche der Druckplatte geschieht durch Wärmeaustausch. Zusätzlich kann beim wasserlosen Offsetdruck die Oberfläche der Druckplatte mit Kaltluft gekühlt werden, die ihrerseits vom Kaltwasser gekühlt sein kann.
Patentanspruch 1 des Klagepatents verlangt nach der Merkmalsgliederung des Oberlandesgerichts bei einem Druckmaschinen-Temperierungssystem für Rotationskörper einer Druckmaschine folgende Merkmale:
1. Es sind mindestens zwei verschiedene Arten von Kühlvorrichtungen vorgesehen, von welchen

a) die eine Kühlvorrichtung eine FeuchtwasserAuftragsvorrichtung zum Aufbringen von temperiertem
Feuchtwasser auf den betreffenden Rotationskörper der Druckmaschine und

b) die andere Kühlvorrichtung eine Kaltwasser-Kühlvorrichtung zum Wärmeaustausch zwischen temperiertem Kaltwasser und der Oberfläche des betreffenden Rotationskörpers der Druckmaschine ist.
2. Die Feuchtwasser-Auftragsvorrichtung enthält einen ersten Vorratsbehälter für das Feuchtwasser.
3. Die Kaltwasser-Kühlvorrichtung enthält einen zweiten Vorratsbehälter für das Kaltwasser.
4. Eine Kühlanlage weist auf

a) einen einzigen Kälteerzeuger zur Kühlung von Kältemittel und

b) eine Wärmetauschervorrichtung zum Wärmeaustausch zwischen dem Kältemittel des Kälteerzeugers und dem Feuchtwasser sowie zwischen dem Kältemittel des Kälteerzeugers und dem Kaltwasser.
5. Es sind Mittel vorgesehen zum wahlweisen Umschalten zwischen

a) der Betriebsart "Feuchtwasser-Offsetdruck" unter Verwendung der Feuchtwasser-Auftragsvorrichtung mit oder ohne gleichzeitige Kühlung durch die Kaltwasser-Kühlvorrichtung und

b) der Betriebsart "wasserloser Offsetdruck" unter Verwendung der Kaltwasser-Kühlvorrichtung ohne gleichzeitiges Auftragen von Feuchtmittel durch die Feuchtwasser-Auftragsvorrichtung.
2. Auf den Aussetzungsantrag der Beklagten hin ist die Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde auszusetzen.

a) Bereits die Entscheidung über die Beschwerde gegen eine Nichtzulassung der Revision gegen ein Urteil in einem Patentverletzungsprozeß kann ausgesetzt werden.
Im Patentverletzungsrechtsstreit ist eine Aussetzung nach § 148 ZPO wegen eines anhängigen Patentnichtigkeitsverfahrens auch noch während des Revisionsrechtszugs zulässig (BGH, Beschl. v. 08.10.1957 - I ZR 164/56, GRUR 1958, 75 - Tonfilmwand), weil auch im Revisionsrechtszug jede Änderung der Patentlage zu berücksichtigen ist (BGHZ 81, 397 - Verbauvorrichtung) und im Falle einer rechtskräftigen Nichtigerklärung des Klagepatents auch eine bisher erfolgreiche Verletzungsklage ohne weiteres abweisungsreif ist (BGH, Beschl. v. 28.03.1963 - Ia ZR 19/63, GRUR 1963, 494 - Rückstrahlerdreieck). Dabei galt nach der Rechtsprechung des Senats zu § 554 b Abs. 1 ZPO in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung, daß die Aussetzung eines Patentverletzungsprozesses im Revisionsverfahren wegen der Vorgreiflichkeit der Entscheidung im Patentnichtigkeitsverfahren die Entscheidung über die An-
nahme der Revision oder deren Ablehnung offen läßt (BGHZ 81, 397 - Verbauvorrichtung ). Die Aussetzung des Patentverletzungsrechtsstreits nach § 148 ZPO durch den Senat war also vor dessen Entscheidung über die Annahme der Revision zulässig (BGHZ 81, 397, 399 - Verbauvorrichtung). Diese Möglichkeit zu nutzen, war auch sachgerecht, weil hierdurch in prozeßwirtschaftlicher Weise die Entstehung widerstreitender Rechtstitel zu verhindern ist (vgl. Busse, PatG, 6. Aufl., § 140 Rdn. 18 m.w.N.).
Die Neuordnung des Revisionsrechts gibt keine Veranlassung, in Abweichung von dieser sachgerechten Praxis eine Aussetzung des Patentverletzungsrechtsstreits erst nach der nunmehr geforderten Entscheidung über die Zulassung der Revision auszusprechen. Es liegt vielmehr im Sinn der Zulassungsrevision , daß der Senat auch die Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 ZPO in einem Patentverletzungsrechtsstreit aussetzen kann, obwohl es sich bei dem Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde - anders als es beim bisherigen sog. Annahmeverfahren der Fall war (BGHZ 81, 397, 399 - Verbauvorrichtung) - um ein eigenständiges Verfahren handelt, an das sich nur im Falle der Zulassung als weiteres Verfahren das Revisionsverfahren anschließt.
Der Patentverletzungsrechtsstreit ist durch die Bindung des Richters an das erteilte Patent gekennzeichnet (Sen.Beschl. v. 12.11.2002 - X ZR 176/01, GRUR 2003, 550 - Richterablehnung). Trotz anhängigen Patentnichtigkeitsverfahrens müßte die Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde deshalb nach Maßgabe der bestehenden Patentlage getroffen werden. Erscheint aus diesem Grund eine Nichtzulassung der Revision geboten, droht ein Widerspruch des zu treffenden Beschlusses mit der Nichtigerklärung des Patents, die
in dem Patentnichtigkeitsverfahren ausgesprochen werden kann. Dies stünde nicht im Einklang mit dem Interesse an der Vermeidung widerstreitender Entscheidungen , das in dem Revisionsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zum Ausdruck kommt und auch ein Grund für die Regelung in § 148 ZPO ist. Diesem Interesse kann andererseits durch eine Zulassung der Revision wegen des anhängigen Patentnichtigkeitsverfahrens nicht sachgerecht genügt werden, weil diese das Revisionsverfahren auch für den Fall eröffnete, daß die Nichtigkeitsklage abgewiesen wird, es also bei der im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren maßgeblichen Patentlage bleibt. Das widerspräche dem gerade auch durch § 148 ZPO zum Ausdruck kommenden Gebot der Prozeßökonomie , wenn auf der Grundlage der bestehenden Patentlage ein Zulassungsgrund nicht besteht.
Der Senat leitet aus dieser, sich aus Besonderheiten des geltenden Revisionsrechts ergebenden Sachlage die Anwendbarkeit dieser Vorschrift, ferner aber auch ab, daß in Fällen, in denen Patentnichtigkeitsverfahren und Patentverletzungsrechtsstreit parallel geführt werden, in letzterem auf zulässige Nichtzulassungsbeschwerde hin die Revision zuzulassen ist, wenn das den Prozessen zugrundeliegende Patent ganz oder teilweise für nichtig erklärt worden ist und diese Entscheidung Auswirkung auf diejenige im Verletzungsrechtsstreit haben kann.

b) Die mit der Aussetzung eintretende Verfahrensverzögerung, die bei der nach § 148 ZPO zu treffenden Ermessensentscheidung zu berücksichtigen ist (BGH, Beschl. v. 07.05.1992 - V ZR 192/91, MDR 1992, 1083 m.w.N.), bildet im Streitfall keinen Grund, die beantragte Maßnahme abzulehnen, obwohl die Beklagte die Nichtigkeitsklage erst nach Abschluß der Tatsacheninstanzen ein-
geleitet hat (vgl. zu Fällen dieser Art BGH, Beschl. v. 08.10.1957 - I ZR 164/56, GRUR 1958, 75 - Tonfilmwand). Denn angesichts der Auslegung des Patentanspruchs 1 durch das Oberlandesgericht ist die Nichtigkeitsklage jedenfalls wegen des geltend gemachten Nichtigkeitsgrunds der unzulässigen Erweiterung erfolgversprechend und kann ihre Erhebung nicht als bloße Maßnahme der Verzögerung des Verletzungsrechtsstreits angesehen werden.
Melullis Scharen Keukenschrijver
Mühlens Meier-Beck
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Nach der Rechtsprechung des Senats kann die Entscheidung über eine Nichtzulassungsbeschwerde in einem Patentverletzungsrechtsstreit gemäß § 148 ZPO ausgesetzt werden, wenn gegen das Patent, auf das die Klage gestützt wird, eine Nichtigkeitsklage anhängig ist. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass eine Änderung der Patentlage, insbesondere eine vollständige oder teilweise Nichtigerklärung des Patents, auch in der Revisionsinstanz zu berücksichtigen ist und im Verfahren über eine Nichtzulassungsbeschwerde zur Zulassung der Revision führt, wenn diese Änderung Auswirkungen auf die Entscheidung im Verletzungsrechtsstreit haben kann (BGH, Beschluss vom 6. April 2004 - X ZR 272/02, BGHZ 158, 372, 375 f. - Druckmaschinen-Temperierungssystem I).
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verurteilt das Verletzungsgericht auch dann, wenn es eine Verletzung des in Kraft stehenden Patents bejaht, grundsätzlich nur dann wegen Patentverletzung , wenn es eine Nichtigerklärung nicht für (überwiegend) wahrscheinlich hält; andernfalls setzt es die Verhandlung des Rechtsstreits nach § 148 ZPO aus, bis jedenfalls erstinstanzlich über die Klage auf Nichtigerklärung des Patents entschieden ist. Denn eine - vorläufig vollstreckbare - Verpflichtung des Verletzungsbeklagten zu Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung sowie Vernichtung patentgemäßer Erzeugnisse ist regelmäßig nicht zu rechtfertigen, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten steht, dass dieser Verurteilung durch die Nichtigerklärung des Klagepatents die Grundlage entzogen werden wird. Der aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) in Verbindung mit den Grundrechten folgende und damit verfassungsrechtlich verbürgte Justizgewährungsanspruch (s. nur BVerfGE 88, 118, 123) gebietet, dem Verletzungsbeklagten wirkungsvollen Rechtsschutz zur Verfügung zu stellen, wenn er sich gegen den Angriff aus dem Klagepatent mit einem Gegenangriff gegen den Rechtsbestand dieses Patents zur Wehr setzen will. Dies erfordert nicht nur eine effektive Möglichkeit, diesen Angriff selbst durch eine Klage auf Nichtigerklärung führen zu können, sondern auch eine angemessene Berücksichtigung des Umstands, dass in diesem Angriff auch ein - und gegebenenfalls das einzige - Verteidigungsmittel gegen die Inanspruchnahme aus dem Patent liegen kann. Wegen der gesetzlichen Regelung, die für die Ansprüche nach §§ 139 ff. PatG lediglich ein in Kraft stehendes Patent verlangt und für die Beseitigung dieser Rechtsposition nur die in die ausschließliche Zuständigkeit des Patentgerichts fallende Nichtigkeitsklage zur Verfügung stellt, kann der Angriff gegen das Klagepatent anders als in anderen Rechtsordnungen nicht als Einwand im Verletzungsverfahren oder durch Erhebung einer Widerklage auf Nichtigerklärung geführt werden. Dies darf indessen nicht dazu führen, dass diesem Angriff jede Auswirkung auf das Verletzungsverfahren versagt wird. Die Aussetzung des Verletzungsstreits ist vielmehr grundsätzlich geboten, wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass das Klagepatent der erhobenen Nichtigkeitsklage nicht standhalten wird. Ist der Verletzungsbeklagte bereits durch ein vorläufig vollstreckbares Ur5 teil wegen Patentverletzung verurteilt, reicht jedoch die Aussetzung allein nicht aus, um einer wahrscheinlichen Nichtigerklärung des Klagepatents Rechnung zu tragen. Vielmehr erschüttert die Erwartung des Verletzungsgerichts, das Klagepatent werde für nichtig erklärt werden, zugleich die Grundlage eines bereits ergangenen, auf Patentverletzung erkennenden Urteils oder Versäumnisurteils in einem solchen Maße, dass es grundsätzlich geboten ist, von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, die Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil nach §§ 719 Abs. 1, 707 Abs. 1 ZPO gegen Sicherheitsleistung einstweilen einzustel- len. Dies ist regelmäßig angezeigt, wenn das Klagepatent durch das erstinstanzlich zur Beurteilung seiner Rechtsbeständigkeit berufene Bundespatentgericht bereits für nicht erklärt worden ist. Dem entspricht auch die obergerichtliche Einstellungspraxis (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7. Juli 2008 - 2 U 90/06, InstGE 9, 173 - Herzklappenringprothese). Eine andere Einschätzung kann im Einzelfall geboten sein, wenn sich