Bundesgerichtshof Urteil, 29. Apr. 2015 - 2 StR 405/14

bei uns veröffentlicht am29.04.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
2 StR 405/14
vom
29. April 2015
in der Strafsache
gegen
wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 29. April
2015, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Krehl
als Vorsitzender,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Eschelbach,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott,
Richter am Bundesgerichtshof
Zeng,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Bartel,
Richterin am Amtsgericht
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwältin
als Vertreterin der Nebenklägerinnen M. und Ma. Mi .,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 16. Mai 2014 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels und die den Nebenklägerinnen hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in acht Fällen und sexuellen Missbrauchs von Kindern in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf Verfahrensrügen und die Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.

I.

2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts missbrauchte der Angeklagte seine am 11. August 1990 geborene Enkelin, die Nebenklägerin Ma. Mi. , im Zeitraum vom 11. August 1999 bis Oktober 2003, indem er ihr in einem Fall die Brust streichelte (Fall II.2.a der Urteilsgründe), sie im Schwimmbad an der Scheide streichelte und einen Finger einführte (Fall II.2.b), sie auf einer Couch in seinem Arbeitszimmer an die Scheide fasste, einen Finger einführte und sie dazu veranlasste, seinen Penis anzufassen (Fall II.2.c), ihr bei zwei Ge- legenheiten im Bett an die Scheide griff und einen Finger einführte (Fälle II.2.d und e), sie im Kinderzimmer an der Scheide berührte sowie einen Finger einführte (Fall II.2.f) und ihr einen Zungenkuss gab (Fall II.2.g).
3
Die am 5. Mai 1993 geborene Nebenklägerin M. Mi. , eine weitere Enkelin des Angeklagten, missbrauchte er im Zeitraum zwischen dem 5. Mai 2000 und Oktober 2003, indem er ihr an die nackte Brust fasste (Fall II.2.h), sie bei drei Gelegenheiten in ihrem Zimmer an der Scheide berührte und einen oder zwei Finger einführte (Fälle II.2.j und k) sowie in einem dieser Fälle außerdem versuchte, ihr einen Zungenkuss zu geben (Fall II.2.l).
4
2. Bei einer familieninternen Aufdeckung im Jahre 2003 räumte der Angeklagte die Taten ein, entschuldigte sich und bot der Mutter der Geschädigten an, sich selbst bei der Polizei anzuzeigen. Dies lehnte die Mutter ab. Nach einer anonymen Strafanzeige im Jahre 2004 waren die Geschädigten zunächst nicht bereit, gegen den Angeklagten auszusagen, weshalb das Ermittlungsverfahren eingestellt wurde. Der Angeklagte übernahm die Kosten einer Therapie der psychisch stark beeinträchtigten Geschädigten Ma. Mi. . Er ließ sich auf Verlangen der Eltern der Geschädigten therapeutisch behandeln, wonach er sich als "geheilt" ansah und in die Zukunft schauen wollte. Die Familie der Geschädigten war dagegen lange Zeit erfolglos damit befasst, das Geschehen aufzuarbeiten. Ein an die Nebenklägervertreterin gerichtetes Angebot einer "Wiedergutmachung" und finanzieller Leistungen lehnten die Nebenklägerinnen kategorisch ab.
5
3. Das Landgericht hat in den Fällen des sexuellen Missbrauchs von Kindern (Fälle II.2.a, g, h) jeweils minder schwere Fälle im Sinne von § 176 Abs. 1 StGB aF angenommen, in den Fällen des schweren sexuellen Missbrauchs (Fälle II.2.b bis f, j bis l) ist es davon ausgegangen, dass keine minder schweren Fälle im Sinne von § 176a Abs. 3 aF vorliegen. Auch der Milderungsgrund gemäß § 46a StGB greife nicht ein, weil eine Wiedergutmachung durch die Nebenklägerinnen abgelehnt worden sei und ein kommunikativer Prozess nicht stattgefunden habe. Die Verantwortungsübernahme durch den Angeklagten und sein Angebot von Schadenersatz seien daher im Rahmen der Strafbemessung im engeren Sinne zu berücksichtigen.

II.

6
Ein gemäß § 6 StPO von Amts wegen zu berücksichtigendes Verfahrenshindernis liegt nicht vor.
7
1. Die Revision beanstandet die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts (§ 24 Abs. 1 GVG). Dem liegt folgendes Prozessgeschehen zu Grunde:
8
Die Verteidigung hatte der Staatsanwaltschaft unter dem 18. Dezember 2013 eine am 20. Dezember 2013 eingegangene Erklärung des Angeklagten zur Sache übersandt und mit Bezug hierauf angeregt, Anklage zum Amtsgericht Köln zu erheben. Die Staatsanwaltschaft beantragte mit Anklageschrift vom 20. Dezember 2013, das Hauptverfahren vor dem Landgericht zu eröffnen, ohne allerdings den von ihr vorausgesetzten Grund für die Zuständigkeit zu nennen. Das Landgericht eröffnete durch Beschluss vom 21. Februar 2014 das Hauptverfahren vor der Strafkammer, ohne sich zur Frage der Zuständigkeit zu äußern.
9
2. Die Rüge ist unbegründet. Die Strafkammer hat ihre sachliche Zuständigkeit nicht willkürlich angenommen. Sie hat deshalb nicht gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verstoßen, wodurch alleine die Perpetuierung der Zuständigkeit des Gerichts höherer Ordnung gemäß § 269 StPO durchbrochen werden könnte.
10
a) Ein Richterspruch ist nur willkürlich, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist, so dass sich der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Eine gerichtliche Zuständigkeitsbestimmung darf sich bei Auslegung und Anwendung der Zuständigkeitsnormen nicht so weit von dem Grundsatz des gesetzlichen Richters entfernen, dass sie nicht mehr zu rechtfertigen ist (BGH, Beschluss vom 7. März 2012 - 1 StR 6/12, BGHSt 57, 165, 167). Objektive Willkür in diesem Sinne schließt der Senat hier aus.
11
b) Jedenfalls war die Annahme einer Straferwartung, die den Strafbann des Amtsgerichts überschreiten würde, gerechtfertigt. Deshalb war die Zuständigkeit des Landgerichts gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GVG begründet.
12
Dem Angeklagten ist eine Serie von Taten des sexuellen Missbrauchs von zwei Kindern zur Last gelegt worden. In der Mehrzahl handelte es sich um qualifizierte Fälle im Sinne von § 176a Abs. 2 StGB. Bei dieser Sachlage wäre nach dem für das Tatgericht bei der Strafzumessung im Urteil eröffneten Spielraum innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens auch eine Gesamtfreiheitsstrafe von mehr als vier Jahren in Betracht gekommen. Es ist unbeschadet des Prozessergebnisses nicht ersichtlich, dass der für die Straferwartung bei der Eröffnungsentscheidung bestehende weite Spielraum überschritten wurde.
13
Bei dem Anklagevorwurf von zwölf Taten des sexuellen Missbrauchs beziehungsweise schweren sexuellen Missbrauchs von zwei Kindern (im Fall II.2.i der Urteilsgründe wurde das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO in der Hauptverhandlung eingestellt) ist der Grund für die Zuständigkeitsannahme auch ohne Weiteres erkennbar. Einer ausdrücklichen Begründung der Eröffnungsentscheidung bedurfte es insoweit nicht, auch wenn dies - nachdem die Verteidigung eine Anklageerhebung vor dem Amtsgericht angeregt hatte - nahe gelegen hätte.

14
c) Die Staatsanwaltschaft hat nicht ausdrücklich wegen der besonderen Schutzbedürftigkeit der Verletzten, des besonderen Umfangs oder der besonderen Bedeutung des Falles ihre Anklage beim Landgericht erhoben (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GVG, Nr. 113 Abs. 2 Satz 1 RiStBV). Ob dies ebenfalls zur sachlichen Zuständigkeit des Landgerichts führen konnte, kann offen bleiben.

III.

15
Auch im Übrigen bleibt die Revision ohne Erfolg.
16
1. Die Verfahrensrügen sind aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift genannten Gründen unzulässig.
17
2. Die Sachrüge ist unbegründet. Der Schuldspruch ist rechtsfehlerfrei. Einwände gegen die Strafzumessung greifen nicht durch.
18
a) Das Landgericht hat in den Fällen des § 176 Abs. 1 StGB aF jeweils minder schwere Fälle angenommen. In den gemäß § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB qualifizierten Fällen hat es dagegen eine Einordnung als minder schwere Fälle im Sinne des Qualifikationstatbestands (§ 176a Abs. 4 StGB) abgelehnt. Dagegen ist rechtlich nichts einzuwenden.
19
Die Annahme der Strafkammer, dass die Fälle des § 176a Abs. 2 Nr. 1 StGB wegen Eindringens in den Körper der Geschädigten und nicht umgekehrt in den Körper des Täters über die Unterschwelle des Qualifikationstatbestands hinausreiche, gibt hier keinen Anlass zur Beanstandung. Das Landgericht hat die Handlungen nach dem konkreten Tatbild bewertet und zudem berücksichtigt , dass eine Serie gleichgelagerter Taten vorliegt. Dagegen bestehen keine rechtlichen Bedenken, mögen sich die Taten auch "im unteren Bereich der Tat- bestandsverwirklichungen" bewegt haben. Die Berücksichtigung gleichartiger Taten über einen langen Zeitraum ist unbedenklich, wenn eine solche Tatbegehung - wie hier - die Beeinträchtigung der Opfer nachhaltig vergrößert. Im Übrigen ist der Hinweis der Strafkammer im Rahmen der konkreten Strafzumessung , die Geschädigten hätten vor der Tatserie über keine sexuellen Erfahrungen verfügt und seien jedenfalls zu Beginn der Übergriffe noch präpubertär gewesen , nicht rechtsfehlerhaft. Das geringe Alter der Geschädigten innerhalb der Schutzaltersgrenze von neun bzw. sieben Jahren beim jeweiligen Beginn der Tatserie und der dann noch nicht fortgeschrittene Entwicklungsstand konnten ohne Verstoß gegen § 46 Abs. 3 StGB bei der Strafzumessung berücksichtigt werden.
20
b) Die Ablehnung einer im Ermessen des Tatgerichts stehenden Strafrahmenmilderung gemäß § 46a in Verbindung mit § 49 Abs. 1 StGB ist nicht zu beanstanden.
21
Nach § 46a Nr. 1 StGB kann zwar schon das ernsthafte Bemühen des Täters um Wiedergutmachung, das darauf gerichtet ist, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen, genügen. Die Vorschrift setzt aber nach der gesetzgeberischen Intention einen kommunikativen Prozess zwischen Täter und Opfer voraus (BT-Drucks. 12/6853, S. 21, 22), der auf einen umfassenden, friedensstiftenden Ausgleich der durch die Straftat verursachten Folgen angelegt sein muss. Das einseitige Wiedergutmachungsbestreben des Angeklagten ohne Einbeziehung der Opfer genügt daher nicht. Wenn auch ein Wiedergutmachungserfolg nicht zwingende Voraussetzung für eine Strafrahmenmilderung nach § 46a Nr. 1 StGB ist, so muss sich dafür doch das Opfer freiwillig zu einem Ausgleich bereitfinden und sich darauf einlassen. Ein erfolgreicher TäterOpfer -Ausgleich im Sinne von § 46a Nr. 1 StGB setzt grundsätzlich voraus, dass das Opfer die erbrachten Leistungen oder Bemühungen des Täters als friedensstiftenden Ausgleich akzeptiert. Das ergibt sich aus dem Zweck und der Entstehungsgeschichte der Vorschrift (vgl. BGH, Urteil vom 5. November2014 - 1 StR 327/14, BGHR StGB § 46a Nr. 1 Ausgleich 12).
22
Nach diesem Maßstab hat die Strafkammer bei ihrem Ermessensgebrauch nicht rechtsfehlerhaft entschieden. Sie hat die Bereitschaft des Angeklagten , Verantwortung zu übernehmen und seine Bemühungen, sich mit seinen Enkelinnen auszusöhnen, nicht übersehen. Zugleich hat sie die Versagung der Strafrahmenmilderung nachvollziehbar darauf gestützt, dass die Nebenklägerinnen eine Wiedergutmachung durch den Angeklagten nachdrücklich abgelehnt haben und zwischen ihnen und dem Angeklagten ein kommunikativer Prozess nicht stattgefunden hat. Krehl Eschelbach Ott Zeng Bartel

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 29. Apr. 2015 - 2 StR 405/14

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(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes

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(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes: 1. An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.2. Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf hö

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Strafgesetzbuch - StGB | § 46 Grundsätze der Strafzumessung


(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen. (2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Um
Bundesgerichtshof Urteil, 29. Apr. 2015 - 2 StR 405/14 zitiert 11 §§.

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(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer 1. sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,2. ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer d

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(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer 1. sexuelle Handlungen vor einem Kind vornimmt oder vor einem Kind von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,2. ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen

Strafgesetzbuch - StGB | § 46a Täter-Opfer-Ausgleich, Schadenswiedergutmachung


Hat der Täter 1. in dem Bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich), seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wiedergutgemacht oder deren Wiedergutmachung ernsthaft erstrebt oder2. in einem Fall, in welchem die

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 24


(1) In Strafsachen sind die Amtsgerichte zuständig, wenn nicht 1. die Zuständigkeit des Landgerichts nach § 74 Abs. 2 oder § 74 a oder des Oberlandesgerichts nach den §§ 120 oder 120b begründet ist,2. im Einzelfall eine höhere Strafe als vier Jahre F

Strafprozeßordnung - StPO | § 6 Prüfung der sachlichen Zuständigkeit


Das Gericht hat seine sachliche Zuständigkeit in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen.

Strafprozeßordnung - StPO | § 269 Verbot der Verweisung bei Zuständigkeit eines Gerichts niederer Ordnung


Das Gericht darf sich nicht für unzuständig erklären, weil die Sache vor ein Gericht niederer Ordnung gehöre.

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Apr. 2015 - 2 StR 405/14 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

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Tenor 1. Der Angeklagte H... ist schuldig - des schweren sexuellen Missbrauchs an einem Kind in zwei sachlich zusammentreffen den Fällen - und des sexuellen Missbrauchs an einem Kind. 2. Er wird deshalb zu einer Ge

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(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.

Hat der Täter

1.
in dem Bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich), seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wiedergutgemacht oder deren Wiedergutmachung ernsthaft erstrebt oder
2.
in einem Fall, in welchem die Schadenswiedergutmachung von ihm erhebliche persönliche Leistungen oder persönlichen Verzicht erfordert hat, das Opfer ganz oder zum überwiegenden Teil entschädigt,
so kann das Gericht die Strafe nach § 49 Abs. 1 mildern oder, wenn keine höhere Strafe als Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bis zu dreihundertsechzig Tagessätzen verwirkt ist, von Strafe absehen.

Das Gericht hat seine sachliche Zuständigkeit in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen.

(1) In Strafsachen sind die Amtsgerichte zuständig, wenn nicht

1.
die Zuständigkeit des Landgerichts nach § 74 Abs. 2 oder § 74 a oder des Oberlandesgerichts nach den §§ 120 oder 120b begründet ist,
2.
im Einzelfall eine höhere Strafe als vier Jahre Freiheitsstrafe oder die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus, allein oder neben einer Strafe, oder in der Sicherungsverwahrung (§§ 66 bis 66b des Strafgesetzbuches) zu erwarten ist oder
3.
die Staatsanwaltschaft wegen der besonderen Schutzbedürftigkeit von Verletzten der Straftat, die als Zeugen in Betracht kommen, des besonderen Umfangs oder der besonderen Bedeutung des Falles Anklage beim Landgericht erhebt.

Eine besondere Schutzbedürftigkeit nach Satz 1 Nummer 3 liegt insbesondere vor, wenn zu erwarten ist, dass die Vernehmung für den Verletzten mit einer besonderen Belastung verbunden sein wird, und deshalb mehrfache Vernehmungen vermieden werden sollten.

(2) Das Amtsgericht darf nicht auf eine höhere Strafe als vier Jahre Freiheitsstrafe und nicht auf die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, allein oder neben einer Strafe, oder in der Sicherungsverwahrung erkennen.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

Das Gericht darf sich nicht für unzuständig erklären, weil die Sache vor ein Gericht niederer Ordnung gehöre.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 6/12
vom
7. März 2012
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
___________________________
Die Jugendschutzkammer hat ihre Zuständigkeit nicht deshalb willkürlich bejaht,
weil ihr die Sache durch das Beschwerdegericht zur Eröffnungsentscheidung
vorgelegt wurde.
BGH, Beschluss vom 7. März 2012 - 1 StR 6/12 - LG Hechingen
in der Strafsache
gegen
wegen Körperverletzung im Amt
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. März 2012 gemäß § 349
Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hechingen vom 12. Oktober 2011 wird als unbegründet verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht - Jugendschutzkammer - hat den Angeklagten wegen Körperverletzung im Amt in drei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 150 Ta- gessätzen zu je 70 € verurteilt. Hiergegen richtet sich die Revision des Ange- klagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.
2
Sein Rechtsmittel ist unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
3
I. Nach den Feststellungen der Jugendschutzkammer war der Angeklagte in den Schuljahren 2007/2008 und 2008/2009 als verbeamteter Lehrer an einer Realschule tätig und betreute dort eine wegen "ihres teilweise respektlosen Verhaltens gegenüber den Lehrkräften" auffällige siebente bzw. (im Folgejahr ) achte Schulklasse, zu der auch die Schüler M. und B. gehörten.
4
Bei zwei zeitlich nicht genau bestimmbaren Gelegenheiten zwischen dem 15. September 2008 und Dezember 2008 verletzte der Angeklagte vorsätzlich und ohne rechtfertigenden Grund den Schüler B. , indem er bei einer Gelegenheit dessen Oberkörper zwischen dem Rahmen und dem geöffneten Flügel eines Fensters im zweiten Obergeschoss einklemmte, wodurch dieser ein Hämatom unterhalb der Rippen und Schmerzen erlitt, und ihn bei einer anderen Gelegenheit mit dem Ellenbogen in den Bauch stieß, was bei diesem Bauchschmerzen verursachte. Zu einem nicht mehr genau bestimmbaren Zeitpunkt zwischen dem 15. September 2008 und dem 31. Juli 2009 schlug der Angeklagte dem Schüler M. ohne rechtfertigenden Grund mit einem Klassenbuch auf den Kopf, sodass dieser Kopfschmerzen erlitt.
5
II. Die Verfahrensrügen greifen nicht durch.
6
1. Ohne Erfolg beanstandet der Angeklagte, die Jugendschutzkammer habe ihre sachliche Zuständigkeit willkürlich angenommen und ihn dadurch seinem gesetzlichen Richter entzogen (vgl. hierzu u.a. auch BGH, Urteil vom 22. April 1997 - 1 StR 701/96 = BGHSt 43, 53 ff.; BGH, Urteil vom 27. Februar 1992 - 4 StR 23/92 = BGHSt 38, 212 ff.).
7
Der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 4 StPO ist nicht gegeben.
8
a) Der Rüge liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
9
Die Staatsanwaltschaft Hechingen hatte am 7. Dezember 2010 wegen der genannten Taten und eines weiteren, in der Hauptverhandlung nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellten Vorwurfs Anklage zum Amtsgericht - Strafrichter - Albstadt erhoben. Mit Beschluss vom 12. Mai 2011 lehnte der Strafrichter die Eröffnung des Hauptverfahrens mangels hinreichenden Tatverdachts ab. Auf die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft (§ 210 Abs. 2, § 311 StPO) hob die zuständige Beschwerdekammer des Landgerichts Hechingen mit Beschluss vom 30. Juni 2011 den Ablehnungsbeschluss auf und entschied zugleich, dass die Akten über die Staatsanwaltschaft Hechingen der Großen Jugendkammer - Jugendschutzkammer - des Landgerichts Hechingen zur Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens vorzulegen seien, wobei sie zur Begründung der Vorlage auf die besondere Bedeutung der Sache (§ 24 Abs. 1 Nr. 3 GVG) verwies. Die Staatsanwaltschaft Hechingen legte daraufhin die Akten mit dem Antrag, das Hauptverfahren dort selbst zu eröffnen, der Jugendschutzkammer vor. Die - hinsichtlich der Berufsrichter mit der Beschwerdekammer personenidentisch besetzte - Jugendschutzkammer ließ gegen die schriftsätzlich vorgebrachten Einwände des Verteidigers mit Beschluss vom 8. August 2011 die Anklage zu und eröffnete (vor sich selbst) das Hauptverfahren. In der Hauptverhandlung wurde keine Zuständigkeitsrüge erhoben.
10
b) Die Rüge ist unbegründet. Die Jugendschutzkammer (§ 74b GVG) hat ihre sachliche Zuständigkeit nicht willkürlich (vgl. hierzu Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 338 Rn. 32) angenommen.
11
Ein Richterspruch ist willkürlich, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist, sodass sich der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht (BVerfG NJW 1996, 1336; BVerfGE 87, 273, 278 f.; BGH, Urteil vom 8. Dezember 1992 - 1 StR 594/92, NJW 1993, 1607 f.). Eine gerichtliche Zuständigkeitsbestimmung darf sich bei Auslegung und Anwendung der Zuständigkeitsnormen nicht so weit von dem Grundsatz des gesetzlichen Richters entfernen, dass sie nicht mehr zu rechtfertigen ist (vgl. BGH, Urteil vom 8. Dezember 1992 - 1 StR 594/92, NJW 1993, 1607 f.). Bei der Auslegung und Anwendung des Gesetzes kann von Willkür dann nicht gesprochen werden, wenn sich ein Gericht mit der Rechtslage eingehend auseinandersetzt und seine Auffassung nicht jeden sachlichen Grundes entbehrt (BVerfG NJW 1996, 1336; BVerfGE 87, 273, 279). Selbst eine objektiv falsche Anwendung von Zuständigkeitsnormen genügt unter diesen Umständen für eine Verletzung des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG regelmäßig nicht (vgl. BVerfGE 29, 198, 207; 9, 223, 230; ebenso BGH, Urteil vom 13. Februar 1980 - 3 StR 57/80 (S), BGHSt 29, 216, 219).
12
Bei Anwendung dieser Maßstäbe vermag der Senat in der Bejahung ihrer Zuständigkeit durch die Jugendschutzkammer keine Willkür zu erkennen.
13
aa) Unbehelflich ist in diesem Zusammenhang der Verweis der Revision auf die personenidentische Besetzung der Jugendschutzkammer mit der Beschwerdekammer. Die Zuständigkeit ist allein nach Maßgabe der Gerichte und Spruchkörper zu beurteilen. Sind diese nach der Geschäftsverteilung mit denselben Richtern besetzt, bleibt die Lösung hieraus etwaig resultierender Konflikte im Einzelfall ausschließlich den §§ 22 ff. StPO vorbehalten, wobei es über die Personenidentität hinaus des Hinzukommens weiterer Umstände bedarf.
14
bb) Aus der Tatsache, dass die Jugendschutzkammer den Eröffnungsbeschluss als solchen - auch im Hinblick auf die strittige Frage der sachlichen Zuständigkeit - nicht begründet hat, lässt sich der Vorwurf willkürlichen Verhaltens nicht ableiten. Zwar kann eine Entscheidung im Einzelfall willkürlich sein, wenn sie jeder Begründung entbehrt (vgl. BVerfG NJW 1995, 2911 f.; NJW 1996, 1336); dies gilt jedoch nur dann, wenn sich die Gründe nicht schon aus den für die Verfahrensbeteiligten erkennbaren Besonderheiten des Falles ergeben (vgl. BVerfG NJW 1996, 1336). So aber liegt der Fall hier, da durch das vorausgegangene Beschwerdeverfahren, namentlich den sorgfältig begründeten Beschluss vom 30. Juni 2011, die maßgeblichen Erwägungen der Zuständigkeitsbestimmung bereits offengelegt waren. Wie auch das Revisionsvorbringen zeigt, war für alle Verfahrensbeteiligten offensichtlich, dass die Jugendschutzkammer sich diese Begründung bei ihrer Eröffnungsentscheidung zu Eigen gemacht hat.
15
cc) Die Annahme "besonderer Umstände" i.S.d. § 24 Abs. 1 Nr. 3 GVG erfolgte ebenfalls ohne Willkür.
16
Die von der Beschwerdekammer aufgeführten und von der Jugendschutzkammer ersichtlich übernommenen Kriterien - u.a. die besondere Stellung des Angeklagten als verbeamteter Lehrer, das lokalmediale Interesse an der Aufklärung vor dem Hintergrund einer aktuellen gesamtgesellschaftlichen Diskussion um Übergriffe in Erziehungsverhältnissen, das öffentliche Aufsehen, welches die Vorfälle in der eher ländlichen Gegend erregten, die Unruhe im Alltag der Schule - sind unter Beachtung der einschlägigen obergerichtlichen Rechtsprechung herangezogen worden. Auch im Hinblick auf die Zuständigkeit der Jugendschutzkammer als eines Jugendgerichts (§§ 26, 74b GVG) wurde rechtsfehlerfrei auf das Kriterium der notwendigen Einvernahme jugendlicher Zeugen abgestellt (§ 26 Abs. 2, 1. Alt. GVG).
17
Der von der Revision in diesem Zusammenhang vorgebrachte Einwand des Zeitablaufs vermag den Vorwurf der Willkür nicht zu begründen. Auch unter Berücksichtigung der Zeitspanne zwischen den Tatzeiten und der Durchführung des Strafverfahrens werden die aufgezeigten Kriterien jedenfalls nicht in einem solchen Maße abgeschwächt, dass ihre weitere Berücksichtigung fehlerhaft oder gar willkürlich wäre.
18
dd) Auch in der Sache trifft der Vorwurf nicht zu, die Jugendschutzkammer habe durch ihre Eröffnungsentscheidung die Bestimmungen über das Vorlageverfahren (§§ 209, 210 StPO) willkürlich umgangen.
19
Es kann hier dahinstehen, ob ein fehlerhaftes Vorlageverfahren die Annahme von Willkür bei der Bejahung seiner Zuständigkeit bei dem letztlich erkennenden Gericht begründen kann. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn das Vorlageverfahren seinerseits nicht willkürlich erfolgt ist.
20
Die Begründung des Beschlusses vom 30. Juni 2011 zeigt, dass sich die Beschwerdekammer eingehend mit dem Umfang ihrer Prüfungs- und Entscheidungskompetenz beschäftigt hat. Sie hat dabei die unterschiedlichen Rechtsansichten dargelegt und ist mit überzeugenden Gründen zu einem vertretbaren Ergebnis gelangt.
21
(1) Die Annahme einer eigenen Prüfungskompetenz des Beschwerdegerichts hinsichtlich der sachlichen Zuständigkeit des Strafrichters unterliegt keinen Bedenken. Insbesondere war die Beschwerdekammer weder durch die in der Anklage von der Staatsanwaltschaft getroffene Zuständigkeitsbestimmung noch durch die Zielrichtung der staatsanwaltschaftlichen Beschwerde in ihrer Prüfungskompetenz beschränkt.
22
Bei der Beurteilung der sachlichen Zuständigkeit sind die Gerichte an Anträge der Staatsanwaltschaft nicht gebunden. Vor Entscheidungen des angerufenen erstinstanzlichen Gerichts die sachliche Zuständigkeit betreffend (§§ 225a, 270 StPO) bestehen ab dem Zeitpunkt der Anklageerhebung allenfalls (vorherige) Anhörungspflichten (vgl. Meyer-Goßner aaO, § 270 Rn. 14 mwN); selbst diese entfallen bei § 209 Abs. 2 StPO (vgl. Stuckenberg in Löwe/ Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 209 Rn. 41 mwN; Schneider in KK, StPO, 6. Aufl., § 209 Rn. 15).
23
Gleiches gilt im Beschwerdeverfahren. Zwar richtete sich im vorliegenden Fall die Beschwerde maßgeblich gegen die Ablehnung des hinreichenden Tatverdachts durch den Strafrichter und nicht gegen die der Ablehnungsentscheidung immanente Zuständigkeitsbestimmung. Eine Beschränkung des Prüfungsumfangs trat dadurch jedoch nicht ein.

24
Das Beschwerdegericht prüft bereits grundsätzlich die angefochtene Entscheidung nicht nur im Hinblick auf das konkrete Beschwerdebegehren, sondern umfassend (vgl. Cirener in Graf (Hrsg.), BeckOK StPO, Edit. 13, § 309 Rn. 5).
25
Dieser Grundsatz wird für Beschwerden nach § 210 Abs. 2 StPO allerdings teilweise eingeschränkt. Bei einer Beschwerde gegen die Eröffnung vor einem Gericht niederer Ordnung (§ 210 Abs. 2, 2. Alt. StPO) soll dem Beschwerdegericht nach einer in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung die Prüfung der weiteren Voraussetzungen der Eröffnung, namentlich des hinreichenden Tatverdachts, grundsätzlich untersagt sein (vgl. KG NStZ-RR 2005, 26 mwN; OLG Saarbrücken wistra 2002, 118; aA jedoch BayObLG NJW 1987, 511; Rieß in Löwe/Rosenberg, StPO, 25. Aufl., § 210 Rn. 22; Meyer-Goßner aaO, § 210 Rn. 2).
26
Für den umgekehrten Fall, in dem sich - wie im vorliegenden Fall geschehen - die Beschwerde gegen die Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens richtet (§ 210 Abs. 2, 1. Alt. StPO), wird ein Prüfungsverbot hinsichtlich der Zuständigkeitsfrage demgegenüber nicht vertreten. Vielmehr wird hier eine Prüfungskompetenz ausdrücklich angenommen; lediglich über den weiteren Verfahrensgang, namentlich über die zu treffende Entscheidung des Beschwerdegerichts , besteht Uneinigkeit (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 14. Februar 1986 - 1 Ws 27/85, MDR 1986, 605 f.; Stuckenberg aaO, § 210 Rn. 29; Schneider aaO, § 210 Rn. 11; Julius in Heidelberger Kommentar zur StPO, 4. Aufl., § 210 Rn. 12; Reinhart in Radtke/Hohmann, StPO, 1. Aufl., § 210 Rn. 7; MeyerGoßner JR 1986, 471 ff.).

27
Der Senat teilt die Auffassung, dass sich jedenfalls bei einer Beschwerde gemäß § 210 Abs. 2, 1. Alt. StPO die Prüfungskompetenz des Beschwerdegerichts auch auf die Zuständigkeit erstreckt.
28
Für eine durchgreifende Prüfungskompetenz spricht insbesondere, dass nach § 6 StPO die Gerichte zur Prüfung der sachlichen Zuständigkeit in jeder Lage des Verfahrens verpflichtet sind; die Kontrolle der Zuständigkeit der Ausgangsgerichte erfolgt auch in den Rechtsmittelinstanzen (vgl. BGH, Urteil vom 10. Januar 1957 - 2 StR 575/56, BGHSt 10, 74 ff.; Meyer-Goßner aaO, § 309 Rn. 6; § 328 Rn. 7).
29
(2) Auch die von der Beschwerdekammer im Ergebnis gewählte weitere Vorgehensweise, die Akten zur Entscheidung über die Eröffnung an die Jugendschutzkammer (vgl. hierzu auch § 209a Nr. 2 StPO) des Landgerichts vorzulegen , ist zumindest vertretbar und unter dem Gesichtspunkt der Willkür nicht zu beanstanden.
30
(a) Die Berechtigung zur Vorlage der Akten an das für zuständig befundene ranghöhere Gericht wird in Rechtsprechung und Schrifttum befürwortet (vgl. OLG Frankfurt aaO; dem folgend z.B. Julius aaO, § 210 Rn. 12; für den Fall, in dem - wie hier - das zuständige Gericht auch gegenüber dem Beschwerdegericht ein solches höherer Ordnung darstellt, auch Stuckenberg aaO, § 210 Rn. 31, der im Übrigen eine direkte Eröffnung vor dem im Vergleich zum Ausgangsgericht höherrangigen Gericht fordert, aaO, § 210 Rn. 29 und Reinhart aaO, § 210 Rn. 7, der im Übrigen für eine Zurückverweisung an das Ausgangsgericht votiert).

31
Demgegenüber wird auch vertreten, dass sich das Beschwerdegericht einer Sachentscheidung zu enthalten habe und unter Aufhebung der Ausgangsentscheidung die Sache lediglich zur erneuten Entscheidung über die Eröffnung an das Ausgangsgericht zurückverweisen dürfe (vgl. Meyer-Goßner JR 1986, 471 ff.; grds. auch Reinhart aaO, § 210 Rn. 7).
32
Nach einer weiteren Auffassung soll das Beschwerdegericht das Hauptverfahren vor dem rangniederen Ausgangsgericht eröffnen können (vgl. Schneider aaO, § 210 Rn. 11).
33
Nach den beiden letzten Auffassungen hat das Beschwerdegericht nur die Möglichkeit, eine Verweisung der Sache durch das Ausgangsgericht an das höhere Gericht anzuregen (vgl. Meyer-Goßner aaO und Schneider aaO).
34
Mit diesen widerstreitenden Auffassungen hat sich die Kammer im Beschluss vom 30. Juni 2011 auseinandergesetzt und sich für die Möglichkeit der Vorlage an das ranghöhere Gericht ausgesprochen.
35
(b) Für diese Vorlageentscheidung sprechen gewichtige sachliche Gründe :
36
Durch die Vorlage an das ranghöhere Gericht bleibt diesem die eigenständige Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens vorbehalten; die gesetzliche Systematik des Vorlageverfahrens wird gewahrt. Darüber hinaus sichert diese Vorgehensweise die Durchsetzung der Rechtsauffassung des Beschwerdegerichts gegenüber dem Ausgangsgericht, während die auf eine - unverbindliche - Anregung beschränkten Auffassungen im Streitfalle nur auf die Möglichkeit der Zurückverweisung oder Eröffnung vor einem anderen, dem Ausgangsgericht gleichgeordneten Gericht (§ 210 Abs. 3 StPO) zurückgreifen können. Die direkte Vorlage durch das Beschwerdegericht trägt zudem prozessökonomischen Aspekten und dem Gedanken der Verfahrensbeschleunigung Rechnung. Ein Instanzenverlust ist nicht zu befürchten; vielmehr wird durch die Vorlage ein neuer Instanzenzug für die Eröffnungsentscheidung gewährt.
37
Sinn und Zweck der §§ 209, 210 StPO legen eine Vorlageentscheidung des Beschwerdegerichts nahe.
38
Die in § 209 Abs. 2 StPO enthaltene Formulierung, wonach die Vorlage durch das Gericht zu erfolgen hat, "bei dem die Anklage eingereicht ist", zwingt im Hinblick auf § 309 Abs. 2 StPO, der dem Beschwerdegericht aufgibt, "die in der Sache erforderliche Entscheidung" zu treffen, nicht dazu, die Vorlageberechtigung ausschließlich dem erstinstanzlichen Gericht zuzusprechen.
39
Für die Entscheidungen des Beschwerdegerichts im Zwischenverfahren sind die §§ 209, 210 StPO vielmehr gemeinsam mit § 309 Abs. 2 StPO zu lesen. Nach dem Wortlaut des § 210 Abs. 3 StPO, der mit Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG vereinbar ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. Juni 1999 - 2 BvR 1067/99 mwN), gibt das Beschwerdegericht lediglich "der Beschwerde statt" und kann - zusätzlich - das Hauptverfahren vor einem anderen, dem Ausgangsgericht gleichgeordneten Gericht eröffnen. Die grundsätzlich notwendige Entscheidungsformel i.S.d. "Stattgabe" wird jedoch allein aus § 210 Abs. 3 StPO heraus nicht verständlich, sondern erschließt sich erst unter Hinzuziehung des § 309 Abs. 2 StPO, der "die in der Sache erforderliche Entscheidung" fordert.
40
Auch die in § 210 Abs. 3 StPO gegebene Möglichkeit, vor einem anderen , mit dem Ausgangsgericht gleichrangigen Gericht zu eröffnen, führt nicht im Umkehrschluss dazu, dass - materiell - eine andere Entscheidung als die Eröffnung des Hauptverfahrens ausgeschlossen ist. Denn die Bestimmung des § 210 Abs. 3 StPO ist dem § 354 Abs. 2 StPO nachempfunden (vgl. bereits BTDrucks. I/530, S. 44 zu Nr. 83). Während dessen Vorgängernorm - § 394 Abs. 2 StPO aF - bereits in der 1877 in Kraft getretenen Fassung der StPO vorhanden war, fand § 210 Abs. 3 StPO - als § 204 Abs. 1 Satz 3 StPO aF - erst durch Verordnung vom 13. August 1942 im Zuge des Versuchs einer Beseitigung des Eröffnungsverfahrens Eingang in das Gesetz (RGBl. 1942, S. 512). Nach Kriegsende wurde diese Bestimmung als § 210 Abs. 3 StPO dem im Übrigen in der vor dem Krieg geltenden Fassung wiederhergestellten § 210 (Abs. 1 und 2) StPO angegliedert (BGBl. 1950 I, S. 455). Nach den Motiven (BT-Drucks. I/530, S. 44 zu Nr. 83) handelt es sich um eine "Fortentwicklung des Verfahrensrechts , die beibehalten werden kann". Daraus erhellt, dass die zusätzliche Entscheidungsmöglichkeit in § 210 Abs. 3 StPO eine Erweiterung, aber keine inhaltliche Begrenzung der aus § 210 Abs. 1 und 2 StPO eigenständig zu ermittelnden Entscheidungsmöglichkeiten im Eröffnungsverfahren bewirken sollte.
41
Dass ungeachtet der sprachlichen Fassung des § 210 Abs. 3 StPO auch andere Entscheidungen als lediglich die Eröffnung des Hauptverfahrens vor dem Ausgangs- oder einem diesem gleichgeordneten Gericht möglich sind, zeigt sich auch aus Folgendem:
42
Obwohl § 210 Abs. 3 StPO keine Zuständigkeitsbestimmung für ein Gericht anderer Ordnung als der des Ausgangsgerichts vorsieht - eine dem § 354 Abs. 3 StPO vergleichbare Bestimmung fehlt -, darf nach einhelliger (und richtiger ) Ansicht das Beschwerdegericht - im Hinblick auf § 209 Abs. 1 StPO - das Hauptverfahren auch vor einem rangniedrigeren als dem Ausgangsgericht eröffnen (vgl. Stuckenberg aaO, § 210 Rn. 28; Rieß aaO, § 210 Rn. 21; Ritscher in Graf, StPO, 1. Aufl., § 210 Rn. 7; Reinhart aaO, § 210 Rn. 7; Schneider aaO, § 210 Rn. 11). § 209 Abs. 1 StPO ist (auch hier) gemeinsam mit § 309 Abs. 2 StPO zu lesen, obwohl auf den ersten Blick alleiniger Normadressat das "Gericht ist, bei dem die Anklage eingereicht ist".
43
Ergibt sich aus alledem aber eine über § 210 Abs. 3 StPO hinausgehende Entscheidungskompetenz für das Beschwerdegericht in Fragen der sachlichen Zuständigkeit, so besteht kein Grund, in umgekehrter Richtung eine Sperrwirkung anzunehmen, die eine einander ergänzende Anwendung der §§ 209 Abs. 2 und 309 Abs. 2 StPO mit dem Ergebnis einer Vorlage an das zuständige höhere Gericht ausschließt.
44
Die Jugendschutzkammer hat daher ihre Zuständigkeit keinesfalls willkürlich angenommen.
45
2. Die Aufklärungsrüge (§ 244 Abs. 2 StPO), mit der die Revision beanstandet , der - zur Begründung widersprüchlichen Einlassungsverhaltens des Angeklagten herangezogene - Inhalt seiner früheren Einlassungen sei nur durch Vorhalte, jedoch nicht durch eine sich aufdrängende Verlesung in die Hauptverhandlung eingeführt worden, bleibt ohne Erfolg.
46
a) Die Rüge ist zulässig; sie ist in einer § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entsprechenden Form erhoben. Auf den hilfsweise gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, der grundsätzlichen Bedenken begegnen würde, da bei rechtzeitig erhobener Sachrüge nur in Ausnahmefällen Wiedereinsetzung zur formgerechten Erhebung von Verfahrensrügen gewährt wird (st. Rspr.; vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 28. Dezember 2011 - 2 StR 411/11), kommt es hier nicht an. Denn der wesentliche Inhalt der fehlenden Seite 34 der Revisionsbegründungsschrift ergibt sich in noch hinreichendem Umfang aus dem weiteren Revisionsvorbringen, insbesondere der Synopse der verschiedenen Einlassungen des Angeklagten (S. 43 ff. der Revisionsbegründungsschrift).
47
b) Die Rüge ist aber unbegründet.
48
Das Gericht ist nicht stets verpflichtet, Widersprüche zwischen der Einlassung des Angeklagten in der Hauptverhandlung und seinen vorprozessualen Einlassungen durch Verlesung früherer Vernehmungsprotokolle oder Schriftsätze des Verteidigers festzustellen. Vielmehr kann, worauf auch der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend hinweist, der Inhalt früherer Einlassungen zulässigerweise auch durch Vorhalt in die Hauptverhandlung eingeführt werden (vgl. BGH, Urteil vom 11. September 1997 - 4 StR 287/97; BayObLG, Beschluss vom 22. März 1999 - 5 St RR 35/99; Kuckein in KK, aaO § 344 Rn. 58 mwN).
49
Der Angeklagte hat sich im vorliegenden Fall auf Vorhalt seiner widersprüchlichen vorprozessualen Einlassungen nicht nur geäußert, sondern die Abgabe widersprüchlicher Erklärungen ausweislich der Urteilsfeststellungen (UA S. 8 unter b.aa.) sogar ausdrücklich eingeräumt. Umstände, die bei dieser Sachlage eine weitergehende Aufklärungspflicht der Kammer auslösten, hat die Revision nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich. Die lediglich aufgestellte Behauptung der Revision, durch eine Verlesung der Einlassungen - anstelle des Vorhalts - wäre der Sachverhalt besser aufgeklärt worden, ist vor diesem Hintergrund nicht hinreichend substantiiert.
50
III. Die auf die Sachrüge vorzunehmende Nachprüfung des angefochtenen Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

51
Der von der Revision geltend gemachte Erörterungsmangel liegt nicht vor. Den Urteilsgründen ist zu entnehmen, dass dem Angeklagten vorgehalten worden ist, widersprüchliche Angaben gemacht zu haben, und dass er dies eingeräumt hat. Damit hat die Kammer ihrer Erörterungspflicht hier Genüge getan. Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als das Landgericht seine Überzeugungsbildung im Kern auf die glaubhaften Angaben mehrerer Zeugen gestützt hat. Nack Rothfuß Elf Graf Sander

(1) In Strafsachen sind die Amtsgerichte zuständig, wenn nicht

1.
die Zuständigkeit des Landgerichts nach § 74 Abs. 2 oder § 74 a oder des Oberlandesgerichts nach den §§ 120 oder 120b begründet ist,
2.
im Einzelfall eine höhere Strafe als vier Jahre Freiheitsstrafe oder die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus, allein oder neben einer Strafe, oder in der Sicherungsverwahrung (§§ 66 bis 66b des Strafgesetzbuches) zu erwarten ist oder
3.
die Staatsanwaltschaft wegen der besonderen Schutzbedürftigkeit von Verletzten der Straftat, die als Zeugen in Betracht kommen, des besonderen Umfangs oder der besonderen Bedeutung des Falles Anklage beim Landgericht erhebt.

Eine besondere Schutzbedürftigkeit nach Satz 1 Nummer 3 liegt insbesondere vor, wenn zu erwarten ist, dass die Vernehmung für den Verletzten mit einer besonderen Belastung verbunden sein wird, und deshalb mehrfache Vernehmungen vermieden werden sollten.

(2) Das Amtsgericht darf nicht auf eine höhere Strafe als vier Jahre Freiheitsstrafe und nicht auf die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, allein oder neben einer Strafe, oder in der Sicherungsverwahrung erkennen.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen vor einem Kind vornimmt oder vor einem Kind von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen vornimmt, soweit die Tat nicht nach § 176 Absatz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 mit Strafe bedroht ist, oder
3.
auf ein Kind durch einen pornographischen Inhalt (§ 11 Absatz 3) oder durch entsprechende Reden einwirkt.

(2) Ebenso wird bestraft, wer ein Kind für eine Tat nach Absatz 1 anbietet oder nachzuweisen verspricht oder wer sich mit einem anderen zu einer solchen Tat verabredet.

(3) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 strafbar. Bei Taten nach Absatz 1 Nummer 3 ist der Versuch in den Fällen strafbar, in denen eine Vollendung der Tat allein daran scheitert, dass der Täter irrig annimmt, sein Einwirken beziehe sich auf ein Kind.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) In Strafsachen sind die Amtsgerichte zuständig, wenn nicht

1.
die Zuständigkeit des Landgerichts nach § 74 Abs. 2 oder § 74 a oder des Oberlandesgerichts nach den §§ 120 oder 120b begründet ist,
2.
im Einzelfall eine höhere Strafe als vier Jahre Freiheitsstrafe oder die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus, allein oder neben einer Strafe, oder in der Sicherungsverwahrung (§§ 66 bis 66b des Strafgesetzbuches) zu erwarten ist oder
3.
die Staatsanwaltschaft wegen der besonderen Schutzbedürftigkeit von Verletzten der Straftat, die als Zeugen in Betracht kommen, des besonderen Umfangs oder der besonderen Bedeutung des Falles Anklage beim Landgericht erhebt.

Eine besondere Schutzbedürftigkeit nach Satz 1 Nummer 3 liegt insbesondere vor, wenn zu erwarten ist, dass die Vernehmung für den Verletzten mit einer besonderen Belastung verbunden sein wird, und deshalb mehrfache Vernehmungen vermieden werden sollten.

(2) Das Amtsgericht darf nicht auf eine höhere Strafe als vier Jahre Freiheitsstrafe und nicht auf die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, allein oder neben einer Strafe, oder in der Sicherungsverwahrung erkennen.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vornimmt oder an sich von dem Kind vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen an einer dritten Person vornimmt oder von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
3.
ein Kind für eine Tat nach Nummer 1 oder Nummer 2 anbietet oder nachzuweisen verspricht.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 kann das Gericht von Strafe nach dieser Vorschrift absehen, wenn zwischen Täter und Kind die sexuelle Handlung einvernehmlich erfolgt und der Unterschied sowohl im Alter als auch im Entwicklungsstand oder Reifegrad gering ist, es sei denn, der Täter nutzt die fehlende Fähigkeit des Kindes zur sexuellen Selbstbestimmung aus.

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
sexuelle Handlungen vor einem Kind vornimmt oder vor einem Kind von einer dritten Person an sich vornehmen lässt,
2.
ein Kind dazu bestimmt, dass es sexuelle Handlungen vornimmt, soweit die Tat nicht nach § 176 Absatz 1 Nummer 1 oder Nummer 2 mit Strafe bedroht ist, oder
3.
auf ein Kind durch einen pornographischen Inhalt (§ 11 Absatz 3) oder durch entsprechende Reden einwirkt.

(2) Ebenso wird bestraft, wer ein Kind für eine Tat nach Absatz 1 anbietet oder nachzuweisen verspricht oder wer sich mit einem anderen zu einer solchen Tat verabredet.

(3) Der Versuch ist in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 und 2 strafbar. Bei Taten nach Absatz 1 Nummer 3 ist der Versuch in den Fällen strafbar, in denen eine Vollendung der Tat allein daran scheitert, dass der Täter irrig annimmt, sein Einwirken beziehe sich auf ein Kind.

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

Hat der Täter

1.
in dem Bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich), seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wiedergutgemacht oder deren Wiedergutmachung ernsthaft erstrebt oder
2.
in einem Fall, in welchem die Schadenswiedergutmachung von ihm erhebliche persönliche Leistungen oder persönlichen Verzicht erfordert hat, das Opfer ganz oder zum überwiegenden Teil entschädigt,
so kann das Gericht die Strafe nach § 49 Abs. 1 mildern oder, wenn keine höhere Strafe als Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bis zu dreihundertsechzig Tagessätzen verwirkt ist, von Strafe absehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 S t R 3 2 7 / 1 4
vom
5. November 2014
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 5. November
2014, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß
als Vorsitzender
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Radtke,
Prof. Dr. Mosbacher,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Amberg vom 24. Februar 2014 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten dieses Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird verworfen. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin dadurch im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Vom Vorwurf zweier weiterer Taten hat es ihn aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.
2
Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit ihrer zuungunsten des Angeklagten eingelegten Revision, gestützt auf die Sachrüge, die Beweiswürdigung.
Sie wendet sich sowohl gegen die Nichtverurteilung wegen eines Sexualdelikts, soweit der Angeklagte verurteilt worden ist, als auch gegen den Teilfreispruch. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
3
Der Angeklagte beanstandet mit seiner Revision die Verletzung materiellen Rechts, soweit er verurteilt wurde. Das in der Revisionshauptverhandlung auf den Strafausspruch beschränkte Rechtsmittel ist unbegründet.

A.

I.

Im Hinblick auf die Verurteilung des Angeklagten hat das Landgericht im
4
Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
5
1. Der im Jahr 1979 geborene ledige Angeklagte hatte bereits mehrfach feste Beziehungen für einen Zeitraum von maximal einem Jahr. Anfang des Jahres 2012 wurde er wegen Besitzes kinderpornographischer Schriften und wegen Verbreitung kinderpornographischer Schriften in drei tatmehrheitlichen Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt, deren Vollstreckung das Landgericht zur Bewährung ausgesetzt hat.
6
2. Anfang September 2012 lernte der Angeklagte über die Internetplatt- form „friend-Scout24“ dieNebenklägerin kennen. Nach mehreren telefonischen Kontakten und weiterer Kommunikation mittels SMS verabredeten sich beide für den 14. September 2012 an der Wohnung des Angeklagten in S. .
7
Am Nachmittag dieses Tages fragte die Nebenklägerin vor ihrer Abfahrt per SMS bei dem Angeklagten an, ob sie am Folgetag noch bei ihm duschen könne. Ebenfalls per SMS forderte der Angeklagte ein Foto von ihr in Unterwäsche , um überprüfen zu können, ob sie auch tatsächlich schlank sei. Die Ne- benklägerin lehnte dies ab, schickte ihm aber mittels MMS ein Bild von ihrem nackten Bauch sowie ein Ganzkörperfoto, jedoch in bekleidetem Zustand. Ihrer Mutter, die am 15. September 2012 gegen 15.00 Uhr einen Arzttermin hatte, versprach die Nebenklägerin, früh morgens wieder nach Hause zu fahren, sodass sie gegen Mittag spätestens wieder daheim sein werde.
8
Nachdem die Nebenklägerin am 14. September 2012 gegen 20.00 Uhr bei der Wohnung des Angeklagten in S. angekommen war, fuhren beide zunächst mit dem PKW des Angeklagten zu einer Lounge in R. , wo sie sich bis etwa 23.00 Uhr aufhielten. Der Angeklagte konsumierte dort keinen Alkohol; die Nebenklägerin trank etwa einen halben Longdrink. Das Gespräch beider hatte alltägliche Dinge ohne sexuellen Hintergrund zum Gegenstand.
9
Nach der gemeinsamen Rückkehr in seine Wohnung empfahl der Angeklagte der Nebenklägerin zur Entspannung und gegen den inneren Stress die Einnahme von Globuli. Die Nebenklägerin nahm daraufhin gegen Mitternacht fünf vom Angeklagten übergebene Tabletten mit Wasser ein. Er hatte diese zuvor aus dem oberen Fach des Wohnzimmerschranks geholt und als solche seiner Mutter bezeichnet, die als Heilpraktikerin tätig sei. Die Nebenklägerin machte sich über das Aussehen der Tabletten und die fehlende Verpackung keine Gedanken. Nach ihrer Meinung sahen die Tabletten wie Schüssler Salze aus; zudem hatte ihr der Angeklagte gesagt, „es sei nur etwas Pflanzliches“. Tatsächlich handelte es sich um benzodiazepinhaltige Tabletten wie Valium, deren Einnahme zu einer erheblich über dem therapeutischen Bereich von etwa 200 ng/ml liegenden Konzentration von insgesamt 700 ng/ml Diazepam im Blut führte.

10
Aufgrund der Wirkung der Tabletten trat bei der Nebenklägerin eine plötzliche Müdigkeit auf. Sie legte sich auf die Couch im Wohnzimmer des Angeklagten. Zuvor hatte sie, da sie ihre eigene mitgebrachte Schlafhose nicht mehr finden konnte, die Jogginghose des Angeklagten als Schlafhose erhalten und angezogen. Die Nebenklägerin geriet sodann in einen sedierten, muskulaturentspannten unnatürlichen Schlafzustand, in dem die ordnungsgemäßen körperlichen Funktionen, wie die Wahrnehmungsfähigkeit, gestört waren.
11
Als die Nebenklägerin nach Mitternacht im Bett des Angeklagten in dem beschriebenen Zustand „schlief“, fasste sie der Angeklagte massiv im Hüft-, Oberschenkel- sowie im gesamten Beinbereich an und verursachte dadurch insbesondere an ihrem linken Oberschenkel zwei schmerzhafte Hämatome und weitere Hämatome an ihren Beinen, sowie Hüftschmerzen. Desweiteren wurden ihr durch den Angeklagten die Beine auf die Brust gedrückt. Die Nebenklägerin spürte hierdurch einen länger anhaltenden Druck auf ihren Brustkorb. Die Handlungen des Angeklagten nahm die Nebenklägerin jeweils im Halbschlaf bei teilweisem Bewusstsein wahr.
12
Durch die verabreichten Mittel bestand die Gefahr des Erbrechens sowie der Aspiration, sodass für die Nebenklägerin aufgrund des nicht kontrollierbaren Zustands Lebensgefahr durch die Gefahr des Erstickens an Erbrochenem bestand.
13
Der Angeklagte wusste bei Verabreichung der benzodiazepinhaltigen Tabletten, dass diese eine schlafmittelähnliche Wirkung entfalteten, und wollte die Nebenklägerin in den unnatürlichen Schlafzustand bringen. Ihm war die gesundheitsschädliche Wirkung der Tabletten bewusst. Zudem erkannte er, dass deren Verabreichung zu einem für ihn nicht mehr kontrollierbaren Zustand der Nebenklägerin führen konnte mit der Möglichkeit einer Lebensgefahr in Form der Gefahr des Erstickens nach Erbrechen und Aspiration des Erbrochenen.
14
3. Am nächsten Morgen wachte die Nebenklägerin im Bett des Angeklagten auf; sie hatte nur noch ihren Slip, ihren BH und ein Achsel-T-Shirt an. Die Nebenklägerin konnte kaum aufstehen bzw. stehen bleiben und hatte Schmerzen im Hüftbereich. Während der Heimfahrt fühlte sie sich sehr müde und stark benommen. Nach ihrer Rückkehr gegen 14.00 Uhr schlief sie nochmals ein. Auch danach und am Folgetag verblieb es bei der Benommenheit und Übelkeit bzw. einem gewissen Rauschzustand der Nebenklägerin. Sie verständigte deshalb den medizinischen Notdienst.
15
4. Ein DNA-Vergleich der Spuren an dem von der Nebenklägerin in der Tatnacht getragenen Slip erbrachte am Bund (Außenseite sowie Innenseite) Y-chromosomale Merkmale, die in sieben von neun Merkmalen mit den Y-Chromosomen des Angeklagten übereinstimmten. Ein Spermatest im Zwickelbereich des Slips der Nebenklägerin sowie die Untersuchung eines Genitalabstrichs von ihr auf Spermien hin blieben negativ. Am Bett des Angeklagten befanden sich dessen Spermaspuren.
16
5. Im Zusammenhang mit dem festgestellten Geschehen hat das Landgericht auch zwei Ermittlungsvorgänge der Polizeidirektion Nabburg in den Blick genommen. Am 4. März 2010 hatte eine junge Frau berichtet, sie sei stark alkoholisiert gewesen und sei nach einem Diskothekenbesuch von dem Angeklagten heimgefahren worden. Sie konnte noch in der Nacht im PKW des Angeklagten aufgefunden werden. Die junge Frau behauptete später, es habe sich nach zwei Monaten der Verdacht einer Geschlechtskrankheit ergeben, die nicht von ihrem Freund habe stammen können. Ende März 2010 hatte eine andere junge Frau gegenüber der Polizei angegeben, im Mai 2009 in einer Diskothek in N. gewesen zu sein, sich aber an nichts mehr erinnern zu können, bis sie in der Wohnung des Angeklagten erwacht sei. In beiden Fällen wurden die Ermittlungen eingestellt.
17
6. In der Hauptverhandlung schloss der Angeklagte mit der Nebenklägerin nach einer Entschuldigung für die Verabreichung der benzodiazepinhaltigen Tabletten einen Vergleich, in dem er sich im Hinblick auf Ansprüche aus Delikt zur Zahlung von 5.000 Euro in monatlichen Teilbeträgen von 250 Euro verpflichtete.
18
7. Von dem festgestellten Tatgeschehen hat sich das Landgericht im Wesentlichen aufgrund eines Geständnisses des Angeklagten sowie der Angaben der Nebenklägerin überzeugt. Es hat die Richtigkeit des Geständnisses anhand von weiteren Zeugenaussagen sowie gestützt auf Sachverständigengutachten , insbesondere zur Konzentration der im Blut der Nebenklägerin festgestellten Benzodiazepine und der Wirkungen auf sie, überprüft.
19
8. Das Landgericht hat das Verhalten des Angeklagten als gefährliche Körperverletzung durch Beibringen eines gesundheitsschädlichen Stoffes und mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung (§ 224 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 5 StGB) gewertet. Die durch das Wenden und Drehen der Nebenklägerin entstandenen Hämatome hat das Landgericht als tateinheitlich begangene vorsätzliche Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1 StGB eingestuft.
20
Von der Vornahme sexueller Handlungen (§ 184g Nr. 1 StGB) des Angeklagten an der Nebenklägerin und damit einer Sexualstraftat konnte sich das Landgericht nicht überzeugen (UA S. 24 f.). Es sei nicht zweifelsfrei festgestellt, dass die DNA-Spuren am Bund des Slips der Nebenklägerin von dem Angeklagten stammten. Zudem würde selbst solches nicht zwingend eine sexuelle Handlung belegen, weil die Spuren auch beim bloßen Entfernen der Kleidung entstanden sein konnten. Das festgestellte Drehen und Wenden der Nebenklägerin durch den Angeklagten und die von ihm verursachten Hämatome ließen nach Auffassung des Landgerichts ebenfalls keine sichere Überzeugung von sexuellen Handlungen des Angeklagten an der Nebenklägerin zu. Dasselbe gelte im Hinblick auf die beiden von der Polizeidirektion Nabburg gegen den Angeklagten eingeleiteten Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs widerstandsunfähiger Personen, die später eingestellt worden seien.
21
9. Das Vorliegen eines minder schweren Falls der gefährlichen Körperverletzung lehnte das Landgericht auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Umstände ab. Die Voraussetzungen eines Täter-OpferAusgleichs i.S.v. § 46a Nr. 1 StGB hielt das Landgericht nicht für gegeben.

II.

1. Aufgrund einer weiteren Anklage der Staatsanwaltschaft Amberg
22
(Az. 109 Js ) lagen dem Angeklagten darüber hinaus folgende Taten zur Last:
a) Zu einem nicht mehr genau bestimmbaren Zeitpunkt im Jahr 2008,
23
vermutlich am 22. Juni 2008, habe der Angeklagte in seiner Wohnung einer unbekannt gebliebenen Geschädigten Schlafmittel oder Ähnliches verabreicht, um sie zum Einschlafen zu bringen oder sie bewusstlos zu machen und um sich an ihr in diesem Zustand ohne ihr Einverständnis zu vergehen. Als die Geschädigte fest geschlafen habe oder bewusstlos gewesen sei
24
und weder zu einer Willensentscheidung noch zu einer Gegenwehr fähig gewesen sei, habe sie der Angeklagte im Genitalbereich berührt, um sich sexuell zu befriedigen. Dabei habe er gewusst, dass die Geschädigte damit nicht einverstanden gewesen wäre.
b) Zu einem nicht mehr genau bestimmbaren Zeitpunkt im Jahr 2010 ha25 be der Angeklagte dieses Vorgehen in gleicher Weise gegenüber einer anderen unbekannten Geschädigten im Stadtgebiet von R. oder M. wiederholt.
26
2. Zu diesen Tatvorwürfen hat das Landgericht Folgendes festgestellt:
27
a) Der Angeklagte filmte eine unbekannte junge Frau, die sich nur mit einem Slip bekleidet auf dem Rücken oder seitwärts liegend auf einem Bett in seiner Wohnung befand. Ihre Augen waren geschlossen. Nach der Berührung von Gesicht, Händen und Fingern der Frau durch den Angeklagten fiel eine Hand der Frau nach unten, nachdem sie losgelassen wurde. Anschließend wurde das Geschlecht der Geschädigten durch Wegschieben des Slipzwickels sichtbar; die Hand des Angeklagten manipulierte am Genital der Geschädigten. Bei den Berührungen zeigte die Frau keine Reaktion.
28
b) Zu einem weiteren Zeitpunkt filmte der Angeklagte wiederum eine unbekannte Frau, die bäuchlings auf einem Bett oder einer Couch lag und von dem Angeklagten berührt wurde. Zu sehen ist auch der unbekleidete Po der Frau und deren Genital, das von dem Angeklagten mit den Fingern berührt wurde. Ihr rechter Arm war um ihren Kopf gelegt. Bei der Berührung zeigte die Frau keine Reaktion. Auf dem Computer bzw. Mobiltelefon des Angeklagten befanden sich zudem vier Bilddateien dieser Frau, darunter ein Nacktbild von ihr.
29
3. Für beide Sachverhalte gelangte der medizinische Sachverständige zu dem Ergebnis, dass sich die in den Videosequenzen erkennbaren jungen Frau- en in einem Zustand tiefer Bewusstseinsbeeinträchtigung, mithin – aus medizinischer Sicht – einer Widerstandsunfähigkeit, befunden hatten. Der Angeklagte gab zu diesen Vorwürfen an, die beiden Frauen seien mit seinen Handlungen einverstanden gewesen.
30
4. Das Landgericht konnte sich nicht davon überzeugen, dass die unbekannten Frauen mit den sexuellen Manipulationen des Angeklagten nicht einverstanden gewesen seien. Zwar sei in der Stellungnahme seines Verteidigers zur Haftbeschwerde zunächst angegeben worden, es habe sich bei beiden Frauen um Gelegenheitsbekanntschaften gehandelt, an deren Einwilligung zu Foto- und Videoaufnahmen der Angeklagte keine Zweifel gehabt habe. Hierin liege jedoch kein Widerspruch zu der Angabe des Angeklagten in der Hauptverhandlung , die Frauen seien mit den Handlungen einverstanden gewesen. Die Einlassung gehe lediglich über die Erklärung seines Verteidigers im Zusammenhang mit der Haftbeschwerde hinaus.
31
Wie die beiden Frauen in den auf den beiden kurzen Videoclips erkennbaren Zustand gekommen seien, sei völlig offen. Möglicherweise sei dies auf genossenen Alkohol zurückzuführen. Auch ihr Einverständnis mit den sexuellen Handlungen des Angeklagten könne nicht ausgeschlossen werden. Dass die eine Frau zumindest mit der Erstellung der aufgefundenen Fotoaufnahmen einverstanden gewesen sei, sei naheliegend (UA S. 35).

B.

32
Die zuungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.

I.

33
Die Freisprechung des Angeklagten vom Vorwurf der ihm durch die Anklage der Staatsanwaltschaft Amberg vom 14. Oktober 2014 (Az. 109 Js ) zur Last gelegten Sexualdelikte zum Nachteil von zwei von ihm im bewusstlosen oder schlafenden Zustand gefilmten unbekannten Frauen hat keinen Bestand. Die tatgerichtliche Beweiswürdigung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
34
1. Spricht das Tatgericht einen Angeklagten frei, weil es Zweifel an seiner Täterschaft oder, wie hier, am Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen eines strafbaren Verhaltens nicht zu überwinden vermag, ist dies durch das Revisionsgericht in der Regel hinzunehmen. Die revisionsgerichtliche Prüfung ist darauf beschränkt, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich , unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt. Rechtsfehlerhaft ist es auch, wenn sich das Tatgericht bei seiner Beweiswürdigung darauf beschränkt, die einzelnen Belastungsindizien gesondert zu erörtern und auf ihren jeweiligen Beweiswert zu prüfen, ohne eine Gesamtabwägung aller für und gegen die Täterschaft sprechenden Umstände vorzunehmen. Denn einzelne Belastungsindizien, die für sich genommen zum Beweis der Täterschaft nicht ausreichen, können doch in ihrer Gesamtheit die für eine Verurteilung notwendige Überzeugung des Tatgerichts begründen. Deshalb bedarf es einer Gesamtabwägung aller für und gegen die Täterschaft sprechenden Umstände. Der revisionsgerichtlichen Überprüfung unterliegt zudem, ob überspannte Anforderungen an die für die Verurteilung erforderliche Gewissheit gestellt worden sind (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 27. April 2010 – 1 StR 454/09, NStZ 2011, 108, 109; vom 1. Februar 2011 – 1 StR 408/10 Rn. 15; vom 7. Juni 2011 – 5 StR 26/11 Rn. 9; vom 7. November 2012 – 5 StR 322/12 Rn. 10; vom 18. Dezember 2012 – 1 StR 415/12 Rn. 28 [insoweit in BGHSt 58, 72 nicht abgedruckt].
35
2. Solche Rechtsfehler liegen hier vor.
36
a) Die Urteilsgründe lassen bereits besorgen, dass das Landgericht, das das Einverständnis der beiden unbekannten Frauen mit den an ihnen vorgenommenen sexuellen Handlungen nicht auszuschließen vermochte (UA S. 35), insoweit einen falschen Beurteilungsmaßstab zugrunde gelegt hat.
37
Einlassungen, für deren Richtigkeit oder Unrichtigkeit es keine objektiven Anhaltspunkte gibt, sind nicht ohne weiteres als „unwiderlegbar“ hinzunehmen und den Feststellungen zugrunde zu legen. Das Tatgericht hat vielmehr auf der Grundlage des gesamten Beweisergebnisses darüber zu entscheiden, ob derartige Angaben geeignet sind, seine Überzeugungsbildung zu beeinflussen. Es ist weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zugunsten des Angeklagten Geschehensabläufe zu unterstellen, für deren Vorliegen außer den nicht widerlegbaren, aber auch durch nichts gestützten Angaben des Angeklagten keine Anhaltspunkte bestehen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 18. August 2009 – 1 StR 107/09, NStZ-RR 2010, 85 und vom 6. März 1986 – 4 StR 48/86, BGHSt 34, 29, 34).
38
Das Landgericht hätte deshalb das vom Angeklagten behauptete Einverständnis der von ihm gefilmten unbekannten jungen Frauen nicht ohne nähere Wiedergabe und Erörterung seiner Einlassung als nicht ausgeschlossen ansehen dürfen (UA S. 35). Es hätte sich jedenfalls mit dem Umstand auseinandersetzen müssen, dass es sich um eine eher fernliegende Annahme handelt, die Frauen könnten damit einverstanden gewesen sein, dass sexuelle Handlungen an ihnen im Zustand tiefgreifender Bewusstseinsstörung vorgenommen und davon Fotoaufnahmen angefertigt werden.
39
b) Die Beweiswürdigung ist zudem lückenhaft.
40
Angesichts der Feststellungen zur Verabreichung der Tabletten an die Nebenklägerin hätte das Landgericht näher erörtern müssen, ob die unbekannten Frauen damit einverstanden waren, dass an ihnen im schlafenden oder bewusstlosen Zustand sexuelle Handlungen vorgenommen werden. Zeigte sich nämlich im Fall der Nebenklägerin, dass es dem Angeklagten nicht wesensfremd war, eine Frau gegen deren Willen in einen Zustand der Bewusstlosigkeit oder der Widerstandsunfähigkeit zu versetzen, konnte dies jedenfalls ein Indiz dafür sein, dass auch die gefilmten Frauen nicht freiwillig in diesen Zustand geraten waren. Einer Erörterung hätte dieser Umstand auch deswegen bedurft, weil die Nebenklägerin geäußert hatte, sie habe im Halbschlaf wahrgenommen, dass der Angeklagte ihre Hand hochhob und wieder fallen ließ (UA S. 14). Eine solche Handlung ist auch auf einer der Filmaufnahmen zu sehen (UA S. 31).
41
c) Schließlich fehlt es auch an der gebotenen Gesamtwürdigung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände. Die Beweiswürdigung der Strafkammer lässt nicht erkennen, dass sich das Landgericht des Umstandes bewusst war, dass einzelne Belastungsindizien, die für sich genommen zum Beweis der Täterschaft nicht ausreichen, doch in ihrer Gesamtheit die für eine Verurteilung notwendige Überzeugung des Tatgerichts begründen können (vgl. BGH, Urteil vom 17. September 1986 – 2 StR 353/86; BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung , unzureichende 1).

II.

42
Soweit das Landgericht bei der vom Angeklagten eingeräumten Tat zum Nachteil der Nebenklägerin sexuelle Handlungen und damit eine sexuelle Nöti- gung oder Vergewaltigung (§ 177 StGB) als nicht nachweisbar angesehen hat (UA S. 24 ff.), hält die Beweiswürdigung ebenso rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
43
Zwar wurde der Angeklagte insoweit nicht freigesprochen, sondern wegen gefährlicher Körperverletzung (§ 224 StGB) sowie – insoweit rechtsfehlerhaft (vgl. MüKo-StGB/Joecks, 2. Aufl., § 223 Rn. 116, § 224 Rn. 52) – in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung (§ 223 StGB) verurteilt. Im Fall einer Nichtverurteilung wegen eines idealkonkurrierenden Delikts aus tatsächlichen Gründen gilt jedoch für das Revisionsgericht derselbe Prüfungsmaßstab wie bei Freisprüchen. Es hat auf die Sachrüge hin zu prüfen, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind, insbesondere, ob die Beweise erschöpfend gewürdigt worden sind. Solche Rechtsfehler in der Beweiswürdigung liegen hier vor.
44
1. Das Landgericht hat bereits den Anwendungsbereich des Zweifelssat- zes verkannt. Der Grundsatz „in dubio pro reo“ ist keine Beweis-, sondern eine Entscheidungsregel, die das Gericht erst dann zu befolgen hat, wenn es nach abgeschlossener Beweiswürdigung nicht die volle Überzeugung von der Täterschaft zu gewinnen vermag. Auf einzelne Elemente der Beweiswürdigung ist er grundsätzlich nicht anzuwenden (vgl. BGH, Urteil vom 22. Mai 2007 – 1 StR 582/06).
45
Hier hat das Landgericht einzelne Indizien, wie etwa das Vorhandensein männlicher DNA am Bund des von der Nebenklägerin getragenen Slips oder das festgestellte Drehen und Wenden der Nebenklägerin jeweils isoliert mit der Begründung als Belastungsindiz ausgeschieden, dass sich daraus nicht zwingend eine sexuelle Handlung ergebe bzw. dies keine sichere Überzeugung von sexuellen Handlungen zulasse (UA S. 24). Dies ist rechtsfehlerhaft. Das Land- gericht hätte der DNA-Spur am Bund des Slips der Nebenklägerin nicht deshalb jegliche Indizwirkung absprechen dürfen, weil es Zweifel an ihrer Verursachung durch den Angeklagten hatte (UA S. 24). Vielmehr hätte es dieses Indiz, wenn auch mit eingeschränktem Beweiswert, in die gebotene Gesamtwürdigung einstellen müssen.
46
2. Zudem werden wesentliche Umstände vom Landgericht nicht erörtert, obwohl dies nahegelegen hätte.
47
a) Die Urteilsgründe lassen nicht erkennen, an welchen Stellen genau die Nebenklägerin Hämatome erlitten hat und welche Handlungen des Angeklagten hierfür ursächlich gewesen sein können. Dies wäre jedoch erforderlich gewesen, um einen möglichen Sexualbezug der Gewaltanwendung beurteilen zu können. So lässt sich etwa der Umstand, dass der Angeklagte der Nebenklägerin ihre Knie auf die Brust drückte und diese daraufhin einen länger anhaltenden Druck auf dem Brustkorb verspürte (UA S. 9, 14), nicht ohne weiteres mit einem vom Landgericht in den Blick genommenen nicht sexualbezogenen „Entfernen der Kleidung“ (UA S. 24)erklären. Vielmehr legt dies eine der Nebenklägerin aufgezwungene unnatürliche Haltung nahe, bei der das Genital entblößt wird, was eine nachfolgende Manipulation, wie sie auf den Videos der unbekannten Frauen erkennbar ist, leicht ermöglicht.
48
b) Soweit sich das Landgericht nicht davon überzeugen konnte, dass der Angeklagte Spurenverursacher der DNA-Antragungen männlichen Ursprungs am Bund (Innen- und Außenseite) des Slips der Nebenklägerin war (UA S. 24), verhalten sich die Urteilsgründe nicht dazu, ob überhaupt ein anderer Spurenverursacher in Betracht kommt.
49
c) Schließlich hätte das Landgericht erörtern müssen, dass die auf den Videosequenzen an den unbekannten Frauen dokumentierten sexuellen Hand- lungen ebenfalls nicht mit einem Eindringen verbunden waren, sodass – worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hingewiesen hat – das Fehlen entsprechender medizinischer Befunde oder von Sperma vor dem Hintergrund der von dem Angeklagten geübten Praktiken sexuelle Handlungen nicht ausschließt.
50
3. Der Senat kann nicht ausschließen, dass in einer neuen tatgerichtlichen Hauptverhandlung eine Verurteilung des Angeklagten wegen Sexualdelikten möglich ist.

III.

51
Das Urteil ist somit auf die Revision der Staatsanwaltschaft insgesamt mit den Feststellungen aufzuheben; die Sache ist zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.

C.

52
Die wirksam auf den Strafausspruch beschränkte Revision des Angeklagten ist unbegründet, die Strafzumessung weist keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
53
1. Entgegen der Auffassung der Revision des Angeklagten hat das Landgericht die Voraussetzungen eines Täter-Opfer-Ausgleichs gemäß § 46a Nr. 1 StGB als vertyptem Strafmilderungsgrund ohne Rechtsfehler verneint.
54
a) Nach § 46 Abs. 2 StGB ist das Nachtatverhalten des Täters, insbesondere sein Bemühen um Wiedergutmachung und das Erstreben eines Ausgleichs mit dem Verletzten, bei der Strafzumessung zu berücksichtigen. Vor diesem Hintergrund muss bereits aus gesetzessystematischer Sicht der vertyp- te Strafmilderungsgrund des § 46a StGB an weitergehende Voraussetzungen geknüpft sein (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 2002 – 2 StR 73/02, insoweit nicht abgedruckt in NStZ 2002, 646).
55
Nach § 46a Nr. 1 StGB kann zwar das ernsthafte Bemühen des Täters um Wiedergutmachung, das darauf gerichtet ist, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen, genügen. Die Vorschrift setzt aber nach der gesetzgeberischen Intention (BT-Drucks. 12/6853, S. 21, 22) und nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs einen kommunikativen Prozess zwischen Täter und Opfer voraus, der auf einen umfassenden, friedensstiftenden Ausgleich der durch die Straftat verursachten Folgen angelegt sein muss. Das einseitige Wiedergutmachungsbestreben ohne den Versuch der Einbeziehung des Opfers genügt nicht (vgl. BGH, Urteil vom 27. August 2002 - 1 StR 204/02, NStZ 2003, 29). Wenn auch ein Wiedergutmachungserfolg nicht zwingende Voraussetzung ist (vgl. BGH, Beschluss vom 22. August 2001 - 1 StR 333/01, NStZ 2002, 29), so muss sich doch das Opfer auf freiwilliger Grundlage zu einem Ausgleich bereitfinden und sich auf ihn einlassen. Ein erfolgreicher Täter-Opfer-Ausgleich im Sinne von § 46a Nr. 1 StGB setzt grundsätzlich voraus, dass das Opfer die erbrachten Leistungen oder Bemühungen des Täters als friedensstiftenden Ausgleich akzeptiert (vgl. BGH, Urteile vom 26. August 2003 – 1 StR 174/03, NStZRR 2003, 363 und vom 12. Januar 2012 – 4 StR 290/11, NStZ 2012, 439; jeweils mwN). Das ergibt sich aus der ratio und der Entstehungsgeschichte dieser Norm. Der Täter muss zudem mit dem ernsthaften Bestreben handeln, das Op- fer „zufriedenzustellen“. Ob dernach § 46a Nr. 1 StGB erforderliche kommunikative Prozess gegeben ist, ist im Einzelfall anhand deliktsspezifischer Gesichtspunkte zu prüfen (BGH, Urteil vom 31. Mai 2002 – 2 StR 73/02, NStZ 2002, 646, 647).

56
b) Hier hat das Landgericht ausgehend von zutreffenden Maßstäben das Vorliegen der Voraussetzungen eines Täter-Opfer-Ausgleichs im Sinne von § 46a Nr. 1 StGB rechtsfehlerfrei verneint.
57
Zwar schloss der Verteidiger des Angeklagten in der Hauptverhandlung mit der Nebenklägerin einen Vergleich über ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000 Euro, das ab dem 1. Januar 2015 in monatlichen Teilbeträgen von 250 Euro gezahlt werden sollte. Dies genügte für die Annahme eines TäterOpfer -Ausgleichs hier jedoch nicht.
58
Dem Vergleich fehlte bereits die für einen friedensstiftenden Ausgleich mit der Nebenklägerin erforderliche Einbeziehung des Sexualbezugs der dem Angeklagten vorgeworfenen Handlungen. Er bezog sich ersichtlich – ebenso wie die zuvor erfolgte Entschuldigung – allein auf die Verabreichung der benzodiazepinhaltigen Tabletten, nicht aber auf die Vornahme sexueller Handlungen (UA S. 11).
59
Zudem hat sich das Landgericht rechtsfehlerfrei davon überzeugt, dass der in der Hauptverhandlung abgeschlossene Vergleich ohne vorherige Einbeziehung der Nebenklägerin in einen kommunikativen Prozess vorwiegend Mittel zur Vermeidung einer längeren Freiheitsstrafe für den Angeklagten sein sollte. Im Hinblick darauf, dass noch keinerlei Zahlungen geleistet waren und auch der in Aussicht gestellte Zahlungsbeginn erst zehn Monate in der Zukunft liegen sollte, begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, dass das Landgericht dieses Verhalten gegenüber dem Opfer nicht als Ausdruck der Übernahme von Verantwortung , sondern als prozesstaktisches Vorgehen des Angeklagten (UA S. 29) gewertet hat. Das Landgericht hat nicht verkannt, dass auch in der Hauptverhandlung noch ein friedensstiftender Täter-Opfer-Ausgleich möglich ist. Es hat sich vielmehr davon überzeugt, dass die vom Angeklagten vorgenommenen Ausgleichsbemühungen nicht vom Willen zu einem friedensstiftenden Gesamtausgleich mit der Nebenklägerin getragen waren. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Somit fehlte es an einem Täter-OpferAusgleich im Sinne von § 46a Nr. 1 StGB.
60
Der Angeklagte wird jedoch Gelegenheit haben, bis zur neuen Hauptverhandlung vor dem Tatgericht weitere Bemühungen um einen Täter-OpferAusgleich mit der Nebenklägerin zu unternehmen, um dadurch die Voraussetzungen einer Strafrahmenverschiebung gemäß § 46a Nr. 1, § 49 Abs. 1 StGB zu schaffen.

61
2. Auch im Übrigen hält die Strafzumessung rechtlicher Nachprüfung stand. Insbesondere hat das Landgericht aufgrund einer Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Umstände rechtsfehlerfrei das Vorliegen eines minder schweren Falls der gefährlichen Körperverletzung ausgeschlossen. Rothfuß Graf Jäger Radtke Mosbacher

Hat der Täter

1.
in dem Bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich), seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wiedergutgemacht oder deren Wiedergutmachung ernsthaft erstrebt oder
2.
in einem Fall, in welchem die Schadenswiedergutmachung von ihm erhebliche persönliche Leistungen oder persönlichen Verzicht erfordert hat, das Opfer ganz oder zum überwiegenden Teil entschädigt,
so kann das Gericht die Strafe nach § 49 Abs. 1 mildern oder, wenn keine höhere Strafe als Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bis zu dreihundertsechzig Tagessätzen verwirkt ist, von Strafe absehen.