Bundesgerichtshof Urteil, 09. März 2016 - 2 StR 450/15

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:090316U2STR450.15.0
bei uns veröffentlicht am09.03.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 450/15
vom
9. März 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Hehlerei u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:090316U2STR450.15.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 9. März 2016, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Fischer,
die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Krehl, Dr. Eschelbach, Zeng, die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Bartel,
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof in der Verhandlung, Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof bei der Verkündung als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt als Verteidiger des Angeklagten B. ,
Justizhauptsekretärin in der Verhandlung, Justizangestellte bei der Verkündung als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Mühlhausen vom 25. März 2015, soweit es den Angeklagten B. betrifft, aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte wegen Hehlerei in fünf Fällen verurteilt worden ist, mit den Feststellungen zum subjektiven Tatbestand;
b) soweit er von den Tatvorwürfen Ziffer 3 und 4 der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Gera vom 16. Oktober 2013 freigesprochen worden ist, mit den Feststellungen. 2. Auf die Revision des Angeklagten B. wird das Urteil des Landgerichts Mühlhausen vom 25. März 2015, soweit es ihn betrifft, im Ausspruch über den Verfall von Wertersatz mit den Feststellungen aufgehoben. 3. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 4. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten B. unter Freispruch im Übrigen wegen Hehlerei in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und eine Verfallsentscheidung getroffen.
2
Mit ihrer zuungunsten des Angeklagten B. eingelegten Revision beanstandet die Staatsanwaltschaft, dass das Landgericht in den Verurteilungsfällen die Annahme gewerbsmäßiger Hehlerei (§ 260 Abs. 1 Nr. 1 StGB) abgelehnt und den Angeklagten vom Tatvorwurf zweier weiterer Fälle der Hehlerei , die ihm unter Ziffer 3 und 4 der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Gera vom 16. Oktober 2013 zur Last gelegt worden sind, freigesprochen hat. Die Revision des Angeklagten ist auf die Verletzung materiellen Rechts gestützt.
3
Das vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat in vollem Umfang Erfolg. Die Revision des Angeklagten hat den aus dem Urteilstenor ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet.

I.

4
Das Landgericht hat Folgendes festgestellt:
5
1. a) Der Angeklagte verschaffte sich zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt zwischen dem 18. Mai 2011 und Juli 2011 von einem unbekannten Dritten sieben Motorräder verschiedener Marken sowie Motorradbekleidung, die – wie er wusste – aus einem in der Nacht vom 17. auf den 18. Mai 2011 verübten Einbruchsdiebstahl bei der Firma H. in P. stammten.
6
Am 6. Juni 2011 veräußerte der Angeklagte die Motorradbekleidung zu einem Preis von 1.800 Euro an den gesondert verfolgten S. . Eines der Motorräder verkaufte der Angeklagte im Juni 2011 zum Preis von 3.500 Euro an den nicht revidierenden Mitangeklagten M. , dem er außerdem riet, sich über das Internet einen passenden Karosserierahmen mit dazugehörigem Kfz-Brief zu besorgen, um die deliktische Herkunft des Motorrads zu verschleiern. Auf die Bitte des Mitangeklagten M. veranlasste der Angeklagte , dass die ursprüngliche Fahrzeugidentifikationsnummer (FIN) entfernt und durch diejenige des neu erworbenen Karosserierahmens ersetzt wurde. Weitere vier Motorräder veräußerte der Angeklagte am 10. November 2012 unter Vermittlung des Mitangeklagten M. zum Gesamtpreis von 8.500 Euro an einen Verdeckten Ermittler; ein weiteres Motorrad veräußerte er an den gesondert verfolgten Pe. , der den vereinbarten Kaufpreis von 2.500 Euro jedoch nicht entrichtete.
7
b) Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt verschaffte sich der Angeklagte von einem unbekannten Dritten in Kenntnis ihrer deliktischen Herkunft vier Motorräder, die am 7. Oktober 2012 von unbekannten Personen bei der Firma B. GmbH in G. entwendet worden waren.
8
Am 24. Januar 2013 veräußerte er unter Vermittlung des Mitangeklagten M. vier der aus diesem Einbruchsdiebstahl herrührenden Motorräder sowie ein aus dem Einbruch bei der Firma H. stammendes Motorrad zum Gesamtpreis von 14.500 Euro an einen Verdeckten Ermittler. Für die Vermittlung des Geschäfts erhielt der Mitangeklagte M. einen Betrag in Höhe von 1.250 Euro, den Restkaufpreis vereinnahmte der Angeklagte B. .
9
c) Nachdem der Verdeckte Ermittler gegenüber dem Mitangeklagten M. weiteres Kaufinteresse bekundet und erklärt hatte, über einen Geldbe- trag von 100.000 Euro verfügen zu können, verschaffte sich der Angeklagte B. auf nicht näher ermittelbare Weise am 11. März 2013 fünf Wassermotorräder („Jet-Skis“) sowie ein dreirädriges Motorrad im Gesamtwert von 108.000 Euro, die in der Nacht vom 10. auf den 11. März bei der Firma W. in K. entwendet worden waren. Noch am 11. März 2013 transportierte der Angeklagte B. die Motorräder auf das Firmengelände des Angeklagten M. , lagerte sie dort für einen kurzen Zeitraum und transportierte sie sodann in die Lagerhalle eines Bekannten nach E. .
10
Der Mitangeklagte M. einigte sich mit dem Verdeckten Ermittler auf einen Verkauf der Gegenstände zum Gesamtpreis von 43.000 Euro. Bei Abwicklung des Geschäfts am 14. Mai 2013 wurde er festgenommen und die Motorräder sichergestellt.
11
d) Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt zwischen dem 27. März 2012 und dem 11. März 2013 verschaffte sich der Angeklagte einen Anhänger im Wert von 7.000 Euro, der in der Nacht vom 26. März auf den 27. März 2012 bei der Firma L. in Ha. entwendet worden war. Der Angeklagte, der den Anhänger am 11. März 2013 für den Transport der in K. entwendeten Jet-Skis nutzte, bot ihn dem Verdeckten Ermittler zum Verkauf an, der dieses Angebot jedoch ablehnte.
12
e) Der Angeklagte verschaffte sich zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt nach dem 29. November 2010 einen neuen schwarzen Außenbordmotor der Firma Su. , der bei einem Einbruchsdiebstahl in ein Lagerhaus der Spedition HH. GmbH & Co. KG in Ham. zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt zwischen dem 27. November 2011 und dem 29. November 2011 entwendet worden war. Der Außenbordmotor wurde am 14. Mai 2013 in der Originalverpackung auf dem Grundstück des Angeklagten sichergestellt.
13
2. Das Landgericht hat den Straftatbestand der Hehlerei (§ 259 Abs. 1 StGB) in fünf Fällen als erfüllt angesehen, weil der Angeklagte sich die genannten Gegenstände in Kenntnis ihrer deliktischen Herkunft verschafft hat. Die späteren Veräußerungshandlungen hat es als mitbestrafte Nachtaten angesehen.
14
Die Annahme gewerbsmäßigen Handelns im Sinne des § 260 Abs. 1 Nr. 1 StGB hat das Landgericht im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt , dass der Angeklagte durch den Verkauf der gehehlten Gegenstände zwar „nicht unerhebliche Geldbeträge erhalten“, dieeinzelnen Geschäfte jedoch in großem zeitlichen Abstand voneinander abgewickelt und die Folgegeschäfte nur begangen habe, weil der Verdeckte Ermittler Kaufinteresse bekundet hatte. Da der Angeklagte B. über ein geregeltes Einkommen aus Rentenzahlungen und Mieteinnahmen verfüge, genügten „die drei Verkäufe an den Verdeckten Ermittler, der Verkauf des Motorrades an den Mitangeklagten M. und der Erlös aus den von dem Angeklagten M. anderweitig verkauften Motorrad nicht“, um diefür die Annahme von Gewerbsmäßigkeit erforderliche Absicht, sich eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen, zu begründen.
15
Ausgehend vom Strafrahmen des § 259 Abs. 1 StGB hat das Landgericht Einzelfreiheitsstrafen zwischen einem Jahr und zwei Jahren verhängt, daraus eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren gebildet und über einen Geldbetrag in Höhe von 26.050 Euro den Wertersatzverfall angeordnet.
16
3. Von weiteren Tatvorwürfen, insbesondere von zwei weiteren, dem Angeklagten mit Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Gera vom 16. Oktober 2013 zur Last gelegten Vergehen der Hehlerei hat es den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen.

II.

17
Die Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.
18
1. Die Ablehnung gewerbsmäßigen Handelns im Sinne des § 260 Abs. 1 Nr. 1 StGB in den Verurteilungsfällen ist nicht tragfähig begründet.
19
a) Gewerbsmäßigkeit bedeutet, dass der Täter die Absicht verfolgt, sich durch die wiederholte Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen. Die Wiederholungsabsicht des Täters muss sich dabei auf dasjenige Delikt beziehen, dessen Tatbestand durch das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit qualifiziert ist (st. Rspr, vgl. BGH, Beschluss vom 27. Februar 2014 – 1 StR 15/14, NStZ 2014, 271; Senat, Beschluss vom 2. Februar 2011 – 2 StR 511/10, NStZ 2011, 515, 516).
20
b) Zwar kann bei einmaligem Sicherverschaffen mehrerer gestohlener Gegenstände aus deren späterer sukzessiven Veräußerung im Einvernehmen mit dem Vortäter, die im Falle einvernehmlichen Handelns mit dem Vortäter als Nachtat mitbestraft wäre (BGH, Beschluss vom 7. Mai 2014 – 1 StR 150/14, NStZ 2014, 577; Urteil vom 3. Juni 1975 – 1 StR 228/75, NJW 1975, 2109, 2110; Walter, in LK-StGB, 12. Aufl., § 259 Rn. 51, 107), nicht ohne Weiteres auf Gewerbsmäßigkeit geschlossen werden (vgl. Senat, aaO). Nicht erforderlich ist es jedoch, dass der Angeklagte den Betrieb eines „kriminellen Gewerbes“ plant und seinen Lebensunterhalt dauerhaft ganz oder jedenfalls teilweise hierdurch bestreiten will (Fischer, StGB, 63. Aufl., Vor § 52 Rn. 61).
21
c) Gemessen an diesen Maßstäben ist die Ablehnung gewerbsmäßigen Handelns nicht tragfähig begründet. Die insoweit angestellten Beweiserwägun- gen sind lückenhaft und geben Anlass zu der Besorgnis, dass das Landgericht seiner Prüfung einen unzutreffenden Bezugspunkt zugrunde gelegt hat.
22
Das Landgericht hat auf die Veräußerungsgeschäfte des Angeklagten abgestellt und aus deren großen zeitlichen Abstand auf das Fehlen gewerbsmäßigen Handelns geschlossen (vgl. UA S. 69/70). Dies ist rechtsfehlerhaft. Bezugspunkt der Prüfung gewerbsmäßigen Handelns ist – worauf der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend hingewiesen hat – nicht das Absatzgeschäft; Bezugspunkt der Prüfung sind vielmehr die Beschaffungsgeschäfte des Angeklagten. Insoweit hätte das Landgericht in den Blick nehmen müssen, dass der Angeklagte sich jeweils eine Mehrzahl wertvoller Gegenstände beschaffte.
23
2. Die aus tatsächlichen Gründen erfolgten Freisprüche in den Fällen Ziffer 3 und 4 der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Gera vom 16. Oktober 2013 halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
24
a) Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts. Die revisionsgerichtliche Prüfung ist darauf beschränkt, ob ihm dabei Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung lückenhaft , in sich widersprüchlich oder unklar ist, gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit überspannte Anforderungen gestellt werden (st. Rspr., vgl. Senat, Urteil vom 6. November 1998 – 2 StR 636/97, BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung

16).

25
b) Gemessen an diesen Maßstäben hält die Beweiswürdigung des Landgerichts rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Beweiserwägungen sind lückenhaft.
26
c) Das Landgericht hat die den Angeklagten belastenden Indizienzwar festgestellt. Die sehr knappen Beweiserwägungen lassen jedoch besorgen, dass der Tatrichter nicht erkennbar bedacht hat, dass ein Tatnachweis auch durch die Gesamtwürdigung mehrerer, für sich genommen nicht ausreichender Indizien geführt werden kann. Hinsichtlich des Freispruchs vom Tatvorwurf der Hehlerei von Heizöl (Fall 3 der Anklage) hat es deshalb allein auf den Umstand abgestellt, dass das beim Angeklagten sichergestellte Heizöl aufgrund seiner stofflichen Zusammensetzung nicht zweifelsfrei dem Heizöldiebstahl hat zugeordnet werden können. Hinsichtlich des Freispruchs vom Tatvorwurf der Hehlerei zweier Jet-Skis und eines Jetski-Transportanhängers (Fall 4 der Anklage) fehlt es an der erforderlichen Gesamtwürdigung aller Umstände; auch insoweit hat das Landgericht dem Umstand, dass die Jet-Skis nicht aufgefunden werden konnten, möglicherweise eine zu hohe Beweisbedeutung beigemessen.

III.

27
Die Revision des Angeklagten hat den aus dem Urteilstenor ersichtlichen Teilerfolg und führt zur Aufhebung der Entscheidung über den Wertersatzverfall. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet.
28
1. Die Feststellungen, die auf einer insgesamt noch tragfähigen Beweiswürdigung beruhen, tragen den Schuldspruch wegen Hehlerei in fünf Fällen, §§ 259 Abs. 1, 53 StGB. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Landgericht den Angeklagten nicht auf wahldeutiger Grundlage wegen Diebstahls oder wegen Hehlerei verurteilt. Es ist vielmehr der Einlassung des Angeklagten gefolgt und hat angenommen, dass der Angeklagte an der Vortat nicht beteiligt gewesen ist, sondern dass er die Hehlerware von einem unbekannten Dritten in Kenntnis ihrer deliktischen Herkunft erworben hat. Bei dieser Sachlage kommt es auf die Frage, ob die gesetzesalternative Verurteilung wegen Diebstahls oder wegen Hehlerei mit Art. 103 Abs. 2 GG vereinbar ist (vgl. Beschluss des Senats vom 11. März 2015 – 2 StR 495/12) nicht an.
29
2. Auch der Strafausspruch begegnet keinen Bedenken.
30
3. Die Anordnung des Wertersatzverfalls hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
31
Dem angefochtenen Urteil kann nicht entnommen werden, dass die Strafkammer im Rahmen dieser Entscheidung geprüft hat, ob die Voraussetzungen des § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB vorliegen. Es hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Wert des durch die Taten Erlangten noch im Vermögen des Angeklagten vorhanden ist (vgl. Senat, Beschluss vom 18. November 2015 – 2StR 399/15, NStZ-RR 2016, 83, 84 mwN). Die knappen Feststellungen zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Angeklagten im Rahmen der Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen genügen insoweit nicht.
32
Für die neue Verhandlung weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass das Landgericht eingehender als bisher geschehen zu prüfen haben wird, ob der Anordnung des Wertersatzverfalls Ansprüche Verletzter entgegenstehen. Fischer Krehl Eschelbach Zeng Bartel

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(2) Die §§ 247 und 248a gelten sinngemäß.

(3) Der Versuch ist strafbar.

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27. Februar 2014
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gegen
1.
2.
3.
wegen zu 1. + 3.: unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge u.a.
zu 2.: Hehlerei u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Februar 2014 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten B. und N. wird das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 12. September 2013
a) bezüglich des Angeklagten B.
aa) im Schuldspruch dahingehend geändert, dass der Angeklagte B. im Fall II. 1 der Urteilsgründe wegen Hehlerei in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Schusswaffen und Munition und mit unerlaubtem Verbringen von Schusswaffen in den Geltungsbereich des Waffengesetzes schuldig ist, bb) im Ausspruch über die Einzelstrafen in den Fällen II. 1, 12 und 13 der Urteilsgründe und im Gesamtstrafausspruch aufgehoben, cc) im Ausspruch über den Verfall (von Wertersatz) mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit die Anordnung einen Betrag in Höhe von 18.975 Euro übersteigt ,
b) bezüglich des Angeklagten N.
aa) im Schuldspruch dahingehend geändert, dass der Angeklagte N. wegen Hehlerei in Tateinheit mit unerlaub- tem Handeltreiben mit Schusswaffen und Munition und mit unerlaubtem Verbringen von Schusswaffen in den Geltungsbereich des Waffengesetzes schuldig ist, bb) im Strafausspruch aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten B. und N. werden verworfen.
2. Die Revision des Angeklagten O. gegen das vorgenannte Urteil wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass der Schuldspruch wegen tateinheitlich begangenen unerlaubten Verbringens von Munition in den Geltungsbereich des Waffengesetzes entfällt.
Der Angeklagte O. hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

I.


1
Das Landgericht hat die Angeklagten wie folgt verurteilt: Den Angeklagten B. wegen „gewerbsmäßiger Hehlerei in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Schusswaffen und Munition und in weiterer Tateinheit mit unerlaubtem Verbringen von Schusswaffen und Munition in den Geltungsbereich des Waffengesetzes sowie wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zehn Fällen, wobei es sich in sieben Fällen um eine nicht gerin- ge Menge handelte, und wegen Steuerhehlerei in zwei Fällen“ zu einer Ge- samtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten; den Angeklagten N. wegen „gewerbsmäßiger Hehlerei in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Schusswaffen und Munition und in weiterer Tateinheit mit unerlaubtem Verbringen von Schusswaffen und Munition in den Geltungsbereich des Waffenge- setzes“ zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten; den Ange- klagten O. wegen „unerlaubten Verbringens von Schusswaffen und Munition in den Geltungsbereich des Waffengesetzes in Tateinheit mit Beihilfe zur Hehlerei und in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Schusswaffen und Munition sowie wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 24 Fällen, wobei es sich in einem Fall um eine nicht geringe Menge handelte, und wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten. Zudem hat das Landgericht 264,79 Gramm Kokain eingezogen und hinsichtlich des Angeklagten B. einen Betrag in Höhe von 42.400 Euro sowie hinsichtlich des Angeklagten O. einen Betrag in Höhe von 1.070 Euro für verfallen erklärt.

II.


2
Die jeweils mit der Sachrüge begründeten Revisionen der Angeklagten erzielen den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen sind sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
3
1. Zum Schuldspruch:
4
a) Der Schuldspruch der gewerbsmäßigen Hehlerei bei den Angeklagten B. und N. wird von den Feststellungen nicht getragen.
5
Gewerbsmäßigkeit bedeutet, dass der Täter die Absicht verfolgt, sich durch wiederholte Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen. Die Wiederholungsabsicht des Täters muss sich dabei auf dasjenige Delikt beziehen, dessen Tatbestand durch das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit qualifiziert ist (st. Rspr.; vgl. nur Beschluss vom 2. Februar 2011 – 2 StR 511/10, NStZ 2011, 515, 516).
6
Die Revisionen und der Generalbundesanwalt weisen zutreffend darauf hin, dass – anders als das Landgericht meint – beim einmaligen Sichverschaffen mehrerer gestohlener Gegenstände die Gewerbsmäßigkeit der Hehlerei nicht daraus geschlossen werden kann, dass die Hehlerware anschließend sukzessive nur einzeln verkauft wird (vgl. Reichsgericht, Urteil vom 22. November 1918 – IV 740/18, RGSt 53, 155; BGH, Urteil vom 19. Juni 1952 – 5 StR 491/52; Fischer, StGB, 61. Aufl., Vor § 52 Rn. 61a mwN; vgl. auch [jeweils zu § 146 Abs. 1 StGB] BGH, Beschlüsse vom 1. September 2009 – 3 StR 601/08, NStZ 2010, 148, 149; vom 2. Februar 2011 – 2 StR 511/10, NStZ 2011, 515, 516). Feststellungen dazu, dass die Angeklagten B. und N. neben der festgestellten Tat weitere Hehlereitaten beabsichtigt hätten, was für die Annahme von Gewerbsmäßigkeit trotz einmaliger Tatbegehung ausreichen würde, enthält das Urteil nicht. Weil es sich bei dem Angebot des Kaufs gestohlener Waffen um ein überraschendes einmaliges Angebot handelte, schließt der Senat mit dem Generalbundesanwalt aus, dass insoweit weitere Feststellungen getroffen werden können, die den Schuldspruch der gewerbsmäßigen Hehlerei tragen könnten. Der Schuldspruch war deshalb entsprechend § 354 Abs. 1 StPO bei beiden Angeklagten auf (einfache) Hehlerei zu ändern.
7
Soweit der Generalbundesanwalt meint, bei dem Angeklagten B. könne der Schuldspruch der gewerbsmäßigen Hehlerei gleichwohl bestehen bleiben, weil sich dieser in zwei Fällen wegen (gewerbsmäßig begangener) Steuerhehlerei nach § 374 AO schuldig gemacht hat, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Gemäß § 260 Abs. 1 StGB muss „die Hehlerei“ gewerbsmäßig begangen werden, weshalb sich die Wiederholungsabsicht auf den Tatbestand des § 259 StGB beziehen muss.
8
b) Die Feststellungen tragen den Schuldspruch auch insoweit nicht, als die Angeklagten B. , N. und O. wegen des unerlaubten Verbringens von Munition in den Geltungsbereich des Waffengesetzes verurteilt worden sind, denn sie haben nur Waffen, aber keine Munition von der Schweiz in das Bundesgebiet verbracht. Auch insoweit schließt der Senat aus, dass noch weitergehende Feststellungen getroffen werden können. Der Schuldspruch war deshalb entsprechend § 354 Abs. 1 StPO abzuändern.
9
2. Zum Strafausspruch:
10
a) Die Änderung des Schuldspruchs führt bei den Angeklagten B. und N. zur Aufhebung des entsprechenden Strafausspruchs, weil das Landgericht die Strafe jeweils dem Strafrahmen des § 260 Abs. 1 StGB entnommen hat. Da der Rechtsfehler den Schuldspruch betrifft, ist es dem Senat verwehrt, von sich aus auf die ausgeurteilte Strafe als angemessene Strafe zu erkennen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 2007 – 2 BvR 136/05, 1447/05, BVerfGE 118, 212), auch wenn die in diesen Fällen jeweils verhängten Strafen (drei Jahre und neun Monate bzw. drei Jahre und zwei Monate) angesichts der großen Anzahl von Schusswaffen und deren besonders gefährlicher Verbreitung im kriminellen Milieu eher milde erscheinen.
11
b) Entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts waren zudem zur Klarstellung die vom Landgericht in den Fällen II. 12 und 13 gegen den Angeklagten B. versehentlich verhängten Einzelfreiheitsstrafen aufzuheben. Diese Fälle betreffen alleine den Angeklagten O. , weshalb das Landgericht auch keine Feststellungen zu einer Straftat des Angeklagten B. in diesen Fällen getroffen hat.
12
c) Die Aufhebung der drei Einzelstrafen zieht die Aufhebung des Gesamtstrafausspruchs bei dem Angeklagten B. nach sich.
13
d) Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es insoweit nicht, weil diese von der Gesetzesverletzung nicht berührt werden (vgl. § 353 Abs. 2 StPO). Das Landgericht kann ergänzende Feststellungen treffen, soweit diese den bisherigen nicht widersprechen.
14
e) Bei dem Angeklagten O. kann der Senat ausschließen, dass sich die geringfügige Änderung des Schuldspruchs auf den Strafausspruch ausgewirkt hat. Im Rahmen der Strafzumessung hat das Landgericht insoweit nur auf die große Anzahl von Schusswaffen, nicht aber auf etwa miteingeführte Munition abgestellt.
15
3. Zur Verfallsentscheidung:
16
Dem Antrag des Generalbundesanwalts folgend hebt der Senat die Verfallsanordnung betreffend den Angeklagten B. mit den zugehörigen Feststellungen auf, soweit diese den Betrag von 18.975 Euro übersteigt. Aus den abgeurteilten Drogengeschäften hat der Angeklagte B. insgesamt einen solchen Betrag als Verkaufserlös erlangt. Bezüglich der darüber hinaus gehenden Summe, die sich aus den Erlösen des Waffenverkaufs und des Verkaufs unverzollter Zigaretten zusammensetzt, hat das Landgericht nicht bedacht, dass insoweit Ansprüche Verletzter einer Verfallsanordnung entgegenstehen (§ 73 Abs. 1 Satz 2 StGB; vgl. BGH, Beschluss vom 28. Mai 2008 – 2 StR 96/08 zur Hehlerei; Beschluss vom 28. Juni 2011 – 1 StR 37/11 zur Steuerhehlerei , jeweils mwN). Das Landgericht wird insoweit zu prüfen haben, ob und inwieweit die Voraussetzungen des § 111i Abs. 2 StPO vorliegen.
Raum Wahl Graf
Jäger Mosbacher

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 511/10
vom
2. Februar 2011
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: nein
Veröffentlichung: ja
Der Täter handelt nicht gewerbsmäßig im Sinne des § 146 Abs. 1 Nr. 2 und 3,
Abs. 2 StGB, wenn er sich eine Falschgeldmenge in einem Akt verschafft hat
und diese Menge dann plangemäß in mehreren Teilakten in Verkehr bringt.
BGH, Beschluss vom 2. Februar 2011 - 2 StR 511/10 - LG Gießen
in der Strafsache
gegen
wegen Geldfälschung
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu Ziff. 1a) und d) auf dessen Antrag -
am 2. Februar 2011 gemäß §§ 206a, 349 Abs. 2 und 4, 354 Abs. 1 StPO beschlossen
:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts
Gießen vom 1. Juli 2010

a) mit den Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte
im Fall II. 2. der Urteilsgründe verurteilt worden ist. Insoweit
wird das Verfahren eingestellt; die Kosten des Verfahrens
und die notwendigen Auslagen des Angeklagten fallen insofern
der Staatskasse zur Last;

b) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte in den
Fällen II. 1. und 3. jeweils einer Geldfälschung schuldig ist;

c) im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben in den
Fällen II. 1. und 3. sowie im Gesamtstrafenausspruch;

d) im Ausspruch über den Verfall von Wertersatz aufgehoben,
soweit ein 8.500 € übersteigender Betrag für verfallen erklärt
worden ist.
2. Im Umfang der Aufhebung zu 1. c) wird die Sache zu neuer
Verhandlung und Entscheidung, auch über die weiteren Kosten
des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts
zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Geldfälschung in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Zudem hat es den Wertersatzverfall von 20.000 € angeordnet. Dagegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten , die in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg hat; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.

2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts erwarb der Angeklagte im September 2009 zusammen mit einem Mittäter in Neapel Falschgeld im Nennwert von 50.000 € zum Preis von 20 % des Nennwerts. Gemeinsam brachten sie das Falschgeld in Deutschland teils durch Weiterverkauf an bösgläubige Aufkäufer, teils in Form von Barzahlungen an gutgläubige Dritte in Verkehr. Der Angeklagte erlöste auf diese Weise 8.500 € (Fall II. 1.).
3
Ende Oktober 2009 kam es zu einer weiteren Fahrt nach Neapel, bei der Falsifikate im Nennwert von 85.000 € eingekauft, nach Deutschland eingeführt und in zuvor beschriebener Weise in mehreren Tranchen in Verkehr gebracht wurden. Hierdurch erlöste der Angeklagte insgesamt 11.500 € (Fall II. 2.).
4
Im Januar 2010 überredete der Mittäter den Angeklagten, der nach der Einkaufsfahrt im Oktober 2009 unmissverständlich darauf hingewiesen hatte, dass er "die Schnauze voll habe" und keine weiteren Unternehmungen dieser Art mehr wünsche, zu einer letzten Fahrt nach Neapel, wo sie Falsifikate im Nennwert von 210.290 € erwarben. Auf der Rückreise erfolgte ihre Festnahme und die Sicherstellung des Falschgeldes (Fall II. 3.).
5
2. Die Strafkammer hält das Qualifikationsmerkmal der Gewerbsmäßigkeit in allen drei Fällen für gegeben. Zwar lasse sich nicht feststellen, dass der Angeklagte bereits im Vorfeld der ersten Reise nach Italien weitere Beschaffungsfahrten ins Auge gefasst hätte; allerdings habe er von Beginn an beabsichtigt , seinen Anteil an dem Falschgeld über einen längeren Zeitraum hinweg in einzelnen Tranchen als echt in den Verkehr zu bringen. Da jede dieser Handlungen für sich genommen den Tatbestand des § 146 Abs. 1 Nr. 3 StGB erfülle und lediglich aufgrund des zuvor erfolgten Sich-Verschaffens nach § 146 Abs. 1 Nr. 2 StGB nur eine Tat im Rechtssinne vorliege, habe von vornherein die Absicht einer wiederholten Geldfälschung vorgelegen.

II.

6
1. Die Verurteilung im Fall II. 2. wegen gewerbsmäßiger Geldfälschung zu einer Einzelfreiheitsstrafe von zwei Jahren hat keinen Bestand. Insoweit fehlt es an der Verfahrensvoraussetzung eines rechtswirksamen Eröffnungsbeschlusses. Wegen dieses Tatvorwurfs hat die Staatsanwaltschaft Gießen am 1. Juli 2010 in laufender Hauptverhandlung Nachtragsanklage erhoben. Die große Strafkammer hat über die Eröffnung des Hauptverfahrens und die Zulassung dieser Anklage nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Besetzung mit drei Berufsrichtern unter Ausschluss der Schöffen entschieden, da die Beschlussfassung während der Hauptverhandlung in der gemäß § 76 Abs. 2 Satz 1 GVG reduzierten Besetzung mit zwei Berufsrichtern und zwei Schöffen erfolgte. In dieser Besetzung war die Strafkammer jedoch nicht zur Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens berufen (BGHSt 50, 267, 269). Damit besteht ein von Amts wegen zu beachtendes Verfahrenshindernis, das zur Aufhebung des Urteils im Fall II. 2. und insoweit zur Einstellung des Verfah- rens gemäß § 206a Abs. 1 StPO führt (vgl. Senatsbeschluss vom 13. Juni 2008 - 2 StR 142/08). Damit entfällt die für diesen Fall verhängte Einzelfreiheitsstrafe von zwei Jahren.
7
2. Auch die Würdigung der Fälle II. 1. und 3. des Urteils durch die Strafkammer als gewerbsmäßig begangene Geldfälschungen gemäß § 146 Abs. 2 StGB hält sachlichrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
8
a) Zwar hat das Landgericht im Fall II. 1. zu Recht eine einheitliche Geldfälschung nach § 146 Abs. 1 StGB angenommen; denn die Verwirklichung mehrerer Varianten des § 146 Abs. 1 StGB - hier das "Sich-Verschaffen" des Falschgeldes in einem Akt und das anschließende "Als echt in den Verkehr bringen" durch mehrere Handlungen - sind in der Regel eine Tat (Fischer, StGB 58. Aufl. § 146 Rn. 22). Der Angeklagte handelte hierbei jedoch nicht gewerbsmäßig :
9
Gewerbsmäßig handelt, wer sich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen will. Liegt diese Absicht vor, ist bereits die erste Tat als gewerbsmäßig begangen einzustufen, auch wenn es entgegen den ursprünglichen Intentionen des Täters zu weiteren Taten nicht kommt. Eine Verurteilung wegen gewerbsmäßiger Deliktsbegehung setzt daher schon im Grundsatz nicht notwendig voraus, dass der Täter zur Gewinnerzielung mehrere selbständige Einzeltaten der jeweils in Rede stehenden Art verwirklicht hat. Ob der Angeklagte gewerbsmäßig gehandelt hat, beurteilt sich vielmehr nach seinen ursprünglichen Planungen sowie seinem tatsächlichen, strafrechtlich relevanten Verhalten über den gesamten ihm anzulastenden Tatzeitraum (vgl. BGH NJW 2004, 2840, 2841; NStZ-RR 2006, 106, 107). Erforderlich ist dabei stets, dass sich seine Wiederholungsabsicht auf dasjenige Delikt bezieht, dessen Tatbe- stand durch das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit qualifiziert ist (vgl. BGH NJW 1996, 1069; Fischer aaO Vor § 52 Rn. 62).
10
Nach diesen Maßstäben liegt eine gewerbsmäßig begangene Straftat nach § 146 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 StGB dann nicht vor, wenn der Täter sich eine Falschgeldmenge in einem Akt verschafft und seine Absicht darauf gerichtet ist, die falschen Banknoten in mehreren Teilmengen im Sinne des § 146 Abs. 1 Nr. 3 StGB in Verkehr zu bringen, es hierzu aber nicht kommt (BGH NStZ 2009, 3798; Fischer aaO S. 146 Rn. 31). Gleiches gilt, wenn es dem Täter - wie hier - tatsächlich gelingt, die in einem Akt erworbene Falschgeldmenge sukzessive in Umlauf zu bringen. Die besondere Qualifikation einer gewerbsmäßig begangenen Straftat ergibt sich nämlich nicht daraus, dass der Täter durch die - gegebenenfalls sukzessive erfolgende - Verwertung des durch die Straftat erlangten Gegenstands eine Gewinnerzielung zur Finanzierung seiner Bedürfnisse anstrebt (vgl. OLG Hamm NStZ-RR 2004, 335). Vielmehr handelt der Täter einer Geldfälschung nach § 146 Abs. 1 Nr. 2 StGB nur dann gewerbsmäßig im Sinne des § 146 Abs. 2 StGB, wenn er beabsichtigt, sich die erstrebte Einnahmequelle gerade durch das wiederholte "Sich-Verschaffen" von Falschgeld in der Absicht zu erschließen, es als echt in den Verkehr zu bringen. In der bloßen Weiterverbreitung des nicht gewerbsmäßig verschafften Falschgeldes liegen nur weitere Teilakte einer tatbestandlichen Handlungseinheit, die nicht geeignet sind, das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit nach § 146 Abs. 2 StGB zu begründen (ebenso zur gewerbsmäßigen Hehlerei BGH, Urteil vom 19. Juni 1952 - 5 StR 491/52, zur gewerbsmäßigen Steuerhehlerei BGH, Urteil vom 4. September 1952 - 5 StR 51/52 und zum gewerbsmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln Senatsbeschlüsse vom 13. Oktober 1978 - 2 StR 480/78 sowie StV 1993, 248; anders BGH, Beschluss vom 13. Oktober 1992 - 1 StR 580/92). Da es im Übrigen auch den Normalfall darstellt, dass beim Handel mit illegalen Waren der Weiterverkauf in Teilmengen erfolgt, würde an- dernfalls bereits der "Normaltäter" des Grunddelikts in aller Regel unter die Qualifikationsstrafdrohung der Gewerbsmäßigkeit fallen (vgl. Winkler, juris PRStrafR 24/2009 Anm. 1).
11
b) Im Fall II. 3. der Urteilsgründe hat das Landgericht außer Acht gelassen , dass der Angeklagte bereits nach der vorangegangenen Neapel-Reise erklärt hatte, sich an keinen weiteren Einkaufsfahrten mehr beteiligen zu wollen. Dass es dem Mittäter gleichwohl gelang, den Angeklagten noch einmal zu einer weiteren - einmaligen - Beschaffungsfahrt zu überreden, begründet kein gewerbsmäßiges Handeln in der Person des Angeklagten.
12
3. Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung Feststellungen getroffen werden können, die in den Fällen II. 1. und 3. ein gewerbsmäßiges "Sich-Verschaffen" von Falschgeld durch den Angeklagten tragen würden; er ändert deshalb selbst den Schuldspruch in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO ab. Dies hat den Wegfall der insoweit verhängten Einzelstrafen und der Gesamtstrafe zur Folge.
13
4. Der Ausspruch über den Verfall von Wertersatz kann nach der Einstellung des Falles II. 2. der Urteilgründe nur insoweit Bestand haben, als die Strafkammer in Bezug auf Fall II. 1. die Voraussetzungen für den Fall von Wertersatz in Höhe eines Betrages von 8.500 € festgestellt hat. Fischer Appl Schmitt Krehl Ott

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 1 5 0 / 1 4
vom
7. Mai 2014
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbsmäßiger Hehlerei
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 7. Mai 2014 beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Amberg vom 26. November 2013 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte verurteilt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in 31 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Weiter hat es festgestellt, dass auf Verfall des aus den Taten Erlangten nicht erkannt werden kann, weil Ansprüche eines Verletzten im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen. Im Übrigen hat das Landgericht den Angeklagten freigesprochen. Gegen seine Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner auf eine Verfahrensrüge und die ausgeführte Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg.

I.

2
Das Landgericht hat Folgendes festgestellt:
3
1. Im Zeitraum vom 30. Juni 2011 bis zum 19. Dezember 2012 erwarb der Angeklagte von dem Mitangeklagten F. zehn Elektronikartikel, die dieser aus den Geschäftsräumen der Firma C. entwendet hatte, darunter insbesondere Flachbildfernseher und Laptops. Der Angeklagte bezahlte für die Elektronikartikel, deren „strafbare Herkunft“ er billigend in Kauf nahm, ein Drittel bis ein Viertel des üblichen Verkaufspreises und wollte sich dadurch eine Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen. Der reguläre Verkaufspreis dieser Gegenstände betrug 7.770,96 Euro (Fall III.1. der Urteilsgründe

).


4
2. Der Angeklagte veräußerte weiterhin zu 30 in den Urteilsgründen näher bestimmten Zeitpunkten zwischen Sommer 2011 und Ende Dezember 2012 Elektronikgegenstände, die der Mitangeklagte F. ebenfalls aus den Geschäftsräumen der Firma C. entwendet hatte, an verschiedene Abnehmer. Der Angeklagte wollte sich auch hierdurch eine Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer verschaffen. In einigen Fällen blieb es allerdings bei einem erfolglosen Angebot an potentielle Erwerber.
5
Der Angeklagte hatte die Gegenstände, bei denen die Etiketten der Firma C. abgeschnitten bzw. abgekratzt worden waren, zuvor von dem Mitangeklagten F. für ein Drittel bis ein Viertel des Ladenverkaufspreises erworben. Für den Verkauf setzte der Angeklagte jeweils einen gegenüber seinem Erwerb bei F. um einen Aufschlag von mindestens 50 Euro erhöhten Verkaufspreis an, der die Hälfte des Warenwerts nicht überstieg (Fälle III.2. Nr. 1 bis 30 der Urteilsgründe).

II.

6
Das Landgericht hat die Handlungen des Angeklagten als 31 in Tatmehrheit stehende Fälle der gewerbsmäßigen Hehlerei gemäß § 259 Abs. 1, § 260 Abs. 1 Nr. 1, § 25 Abs. 2 StGB eingestuft. Es hat dabei ersichtlich die Tatbestandsvariante des „Absetzens“ in den Blick genommen; denn es führt aus, die Tatvollendung setze einen Absatzerfolg nicht voraus. Nach Auffassung des Landgerichts reichte daher zur Tatvollendung der Hehlerei das bloße Tätigwerden zum Zweck des Absatzes, auch wenn dieser hier in einigen Fällen nicht gelang.

III.

7
Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).
8
1. Der Schuldspruch in den Fällen III.1. und III.2. Nr. 1 bis 30 der Urteilsgründe hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
9
a) Unabhängig davon, dass ein vollendetes Absetzen im Sinne des § 259 Abs. 1 StGB nach neuer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs einen Absatzerfolg voraussetzt (BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2013 – 3 StR 69/13, NJW 2014, 951), der hier in einigen Fällen nicht eingetreten ist, begegnet die Verurteilung des Angeklagten wegen Hehlerei in der Tatbestandsvariante des Absetzens durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Denn der Angeklagte hatte die Waren zuvor vom Vortäter angekauft.
10
Unter Absetzen im Sinne des § 259 Abs. 1 StGB ist die im Einvernehmen mit dem Vortäter, im Übrigen aber selbständig vorgenommene wirtschaftliche Verwertung einer bemakelten Sache durch ihre rechtsgeschäftliche Weitergabe an gut- oder bösgläubige Dritte gegen Entgelt zu verstehen (vgl. BGH, Urteil vom 26. Mai 1976 – 2 StR 634/75, NJW 1976, 1698; Stree/Hecker in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 259 Rn. 28; Walter in LK-StGB, 12. Aufl., § 259 Rn. 51; Fischer, StGB, 61. Aufl., § 259 Rn. 15 f.). Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob der Angeklagte hier beim Weiterverkauf der vom Vortäter F. erworbenen Elektronikgegenstände noch im Einvernehmen mit dem Vortäter oder allein im eigenen wirtschaftlichen Interesse gehandelt hat. Denn eine Bestrafung des Absetzens als Hehlerei kommt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn der Hehler zuvor die Sache angekauft und sich bereits dadurch der Hehlerei (§ 259 Abs. 1 StGB) strafbar gemacht hat. Das Absetzen ist dann, wenn der Hehler überhaupt noch im Einvernehmen mit dem Vortäter tätig wurde und „in dessen Lager“ (vgl. Fischer aaO Rn. 16) stand, als Nachtat mitbestraft (vgl. BGH, Urteil vom 3. Juni 1975 – 1 StR 228/75, NJW 1975, 2109 sowie Walter aaO Rn. 107).
11
Ausgehend von diesen Maßstäben hat das Landgericht rechtsfehlerhaft statt des „Ankaufens“ des Diebesgutes allein dessen „Absatz“ durch den Ange- klagten in den Blick genommen. Denn die Urteilsfeststellungen belegen, dass der Angeklagte die Elektronikgegenstände, die er im Tatkomplex III.2. der Urteilsgründe zur Erzielung eines eigenen Gewinns verkaufte oder zumindest zum Verkauf anbot, zuvor vom Mitangeklagten F. angekauft hatte. Damit war der Ankauf der gestohlenen Elektronikgegenstände die für die Verurteilung des Angeklagten maßgebliche Hehlereihandlung im Sinne des § 259 Abs. 1 StGB, nicht die spätere Verwertung der angekauften Waren.
12
Es ist dem Senat – ungeachtet etwaiger Hinweispflichten aus § 265 StPO – verwehrt, den Schuldspruch als vom Ankauf der Elektronikgegenstände durch den Angeklagten getragen anzusehen. Denn das Urteil enthält keine ausreichenden Feststellungen dazu, wann und aufgrund wie vieler Ankäufe der Angeklagte sich die zum Weiterverkauf bestimmten Elektronikgegenstände verschafft hat. Erwirbt aber ein Hehler einheitlich mehrere aus einer oder verschiedenen Vortaten stammende Sachen, liegt nur eine Hehlerei vor (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Juni 2005 – 4 StR 64/05, NStZ-RR 2005, 236). Damit kann der Senat nicht entscheiden, in wie vielen Fällen der Hehlerei gemäß § 259 Abs. 1 StGB sich der Angeklagte strafbar gemacht hat. Auch fehlen Feststellungen zum Schuldumfang der jeweiligen Taten.
13
b) Auch der Schuldspruch im Fall III.1. der Urteilsgründe kann keinen Bestand haben. Zwar beschwert es den Angeklagten nicht, dass das Landgericht die sich über einen Zeitraum von achtzehn Monaten erstreckenden Ankäufe von zehn aus Diebstählen stammenden Elektronikgeräten lediglich als eine Tat angesehen hat. Die Urteilsfeststellungen lassen jedoch nicht erkennen, durch welche Ankäufe der Angeklagte die zehn Gegenstände erworben hat. Damit bleibt auch offen, ob und gegebenenfalls in wie vielen Fällen vom Angeklagten Gegenstände aus dem Tatkomplex III.1. der Urteilsgründe zusammen mit solchen aus dem Tatkomplex III.2. der Urteilsgründe angekauft worden sind. Da sämtliche Elektronikgegenstände aus Diebstählen des Mitangeklagten F. bei der Firma C. stammten, liegt ein solcher gemeinsamer Ankauf mehrerer Gegenstände hier jedenfalls nicht fern. Der Schuldspruch im Fall III.1. der Urteilsgründe kann daher nicht isoliert bestehen bleiben. Das neue Tatgericht wird zu den Umständen des Ankaufs Feststellungen zu treffen haben.
14
2. Um dem neuen Tatgericht insgesamt widerspruchsfreie Feststellungen zum Ankauf der aus den Diebstählen des F. stammenden Elektronikgegenstände zu ermöglichen, hebt der Senat die bisherigen, zwar nicht fehlerhaften, aber jedenfalls lückenhaften Urteilsfeststellungen vollständig auf.
15
3. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass bei Feststellungen gemäß § 111i Abs. 2 StGB der Umfang des Erlangten im Urteilstenor zu bezeichnen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 5. September 2013 – 1 StR 162/13, Rn. 100 ff., wistra 2014, 57). Raum Jäger Cirener Radtke Mosbacher

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Wer eine Sache, die ein anderer gestohlen oder sonst durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat erlangt hat, ankauft oder sonst sich oder einem Dritten verschafft, sie absetzt oder absetzen hilft, um sich oder einen Dritten zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Die §§ 247 und 248a gelten sinngemäß.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 495/12
vom
11. März 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Diebstahls oder gewerbsmäßiger Hehlerei
hier: Vorlagebeschluss nach § 132 Abs. 2 und 4 GVG
ECLI:DE:BGH:2015:1103152STR495.12.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. März 2015 gemäß § 132 Abs. 2 und 4 GVG beschlossen:
Dem Großen Senat für Strafsachen wird die Frage vorgelegt: Ist die Rechtsfigur der gesetzesalternativen Verurteilung, insbesondere bei einer Verurteilung wegen (gewerbsmäßig begangenen ) Diebstahls oder gewerbsmäßiger Hehlerei, mit Art. 103 Abs. 2 GG vereinbar?

Gründe:

A.

1
Die Vorlagefrage betrifft die Zulässigkeit der gesetzesalternativen Verur- teilung (so genannte „echte Wahlfeststellung“).

I.

2
Die Rechtsfigur der gesetzesalternativen Verurteilung beruht auf Richterrecht.
3
1. Nach der anfänglichen Rechtsprechung des Reichsgerichts wurde eine alternative Sachverhaltsfeststellung nur dann nicht beanstandet, wenn es sich bei den Alternativen um unterschiedliche Ausführungsarten desselben Delikts handelte (RG, Urteil vom 18. Juni 1920 – II 476/20, RGSt 55, 44). Das im Schuldspruch genannte Delikt musste sicher nachgewiesen sein (RG, Urteil vom 29. September 1884 – Rep. 1763/84, RGSt 11, 103, 104). Wegen des Grundsatzes „nullum crimen sine lege“ durfte eine Strafe nur ausgesprochen werden, wenn die zugrunde liegende Handlung einen bestimmten Straftatbestand erfüllte (RG, Urteil vom 9. November 1891 – Rep. 2638/91, RGSt 22, 213, 216). Eine Ausnahme kam nur in Frage, wenn ein Straftatbestand verschiedene Umstände als Modalitäten desselben Delikts mit gleichem Strafrahmen vorsah (RG, Urteil vom 8. April 1892 – Rep. 822/92, RGSt 23, 47, 48; Urteil vom 1. Februar 1921 – II 899/20, RGSt 55, 228, 229; Urteil vom 19. April 1921 – IV 483/21, RGSt 56, 35 f.; Urteil vom 4. Januar 1923 – II 538/22, RGSt 57, 174 f.). Davon wurde der Fall unterschieden, dass die in Betracht gezogenen Sachverhaltsalternativen unterschiedliche Straftatbestände erfüllten. In diesem Fall war weder eine eindeutige noch eine alternative Verurteilung möglich. Das galt auch für die Alternative von Diebstahl oder Hehlerei (RG, Urteil vom 30. April 1919 – III 156/19, RGSt 53, 231, 232).
4
2. Von dieser Rechtsprechung rückten die Vereinigten Strafsenate des Reichsgerichts durch Beschluss vom 2. Mai 1934 – 1 D 1096/33 (RGSt 68, 257, 259 ff.) ab. Die Zulassung einer Wahlfeststellung zwischen Diebstahl oder Hehlerei trage dem allgemeinen Rechtsempfinden Rechnung, weil es der Tat des Hehlers dieselbe sittliche Missbilligung angedeihen lasse wie derjenigen des Diebes (RGSt 68, 257, 262). Für andere Tatbestandsalternativen wurde eine gesetzesalternative Verurteilung weiter abgelehnt (RGSt 68, 257, 260 f.).
5
3. Durch Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuchs vom 28. Juni 1935 (RGBl. 1935 I, S. 839) wurde eine Regelung über die unbeschränkte Möglichkeit der gesetzesalternativen Verurteilung als § 2b RStGB eingeführt. Diese wurde durch Gesetz des Alliierten Kontrollrats für Deutschland Nr. 11 vom 30. Januar 1946 (Amtsblatt des Kontrollrats in Deutschland S. 55) wieder auf- gehoben (vgl. Etzel, Die Aufhebung von nationalsozialistischen Gesetzen durch den Alliierten Kontrollrat [1945 – 1948], 1992, S. 83 ff.).
6
4. Der Bundesgerichtshof knüpfte ab 1951 an den Beschluss der Vereinigten Strafsenate des Reichsgerichts vom 2. Mai 1934 an (BGH, Urteil vom 19. April 1951 – 3 StR 165/51, BGHSt 1, 127, 128; Urteil vom 21. Juni 1951 – 4 StR 26/51, BGHSt 1, 275, 276). Auch der Große Senat für Strafsachen folg- te ihm (BGH, Beschluss vom 15. Oktober 1956 – GSSt 2/56, BGHSt 9, 390, 392 ff. mit Anm. Dreher MDR 1957, 179 f. und Heinitz JR 1957, 126 ff.).
7
Die Bejahung einer gesetzesalternativen Wahlfeststellung durch den Bundesgerichtshof betraf zunächst erneut nur die Alternative von Diebstahl oder Hehlerei (BGH, Urteil vom 12. September 1951 – 4 StR 533/51, BGHSt 1, 302, 304; Urteil vom 2. Oktober 1951 – 1 StR 353/51, BGHSt 1, 327, 328; Urteil vom 16. April 1953 – 4 StR 377/52, BGHSt 4, 128, 129; Urteil vom 4. Dezember 1958 – 4 StR 411/58, BGHSt 12, 386, 388; Urteil vom 4. Dezember 1958 – 4 StR 411/58, BGHSt 12, 386, 388), dann aber auch Konstellationen wie Raub oder räuberische Erpressung (BGH, Urteil vom 12. Januar 1954 – 1 StR 631/53, BGHSt 5, 280, 281), Diebstahl oder Begünstigung (Senat, Urteil vom 21. Oktober 1970 – 2 StR 316/70, BGHSt 23, 360 f.), Betrug oder Hehlerei (BGH, Urteil vom 20. Februar 1974 – 3 StR 1/74, NJW 1974, 804, 805). Erweiterungen der Rechtsfigur erfolgten ferner mit der Möglichkeit der
8
gesetzesalternativen Verurteilung aufgrund mehrerer Tatbestandsvarianten, so bei den Varianten des Diebstahls, der Hehlerei oder der Beihilfe zum Diebstahl in Tateinheit mit Hehlerei (Senat, Urteil vom 30. Juni 1960 – 2 StR 275/60, BGHSt 15, 63, 64 ff.) und des Diebstahls, der Unterschlagung oder der Hehlerei (Senat, Urteil vom 26. Juli 1961 – 2 StR 190/61, BGHSt 16, 184, 186 f.).
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Schließlich wurde angenommen, dass Erschwerungsgründe bei einer Alternative der gesetzesalternativen Verurteilung nicht entgegenstehen, wenn die Grundgestaltung rechtsethisch und psychologisch vergleichbare Tatbestände betrifft (BGH, Urteil vom 17. Oktober 1957 – 4 StR 73/57, BGHSt 11, 26, 28). In einem solchen Fall müsse sich die Verurteilung auf das Vergleichbare beschränken , so bei der Möglichkeit von schwerem Raub oder Unterschlagung, wobei auf Diebstahl oder Unterschlagung erkannt wurde (BGH, Urteil vom 15. Mai 1973 – 4 StR 172/73, BGHSt 25, 182, 183 f. mit Anm. Hruschka NJW 1973, 1804 ff.).
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5. Die Bundesregierung wies im Entwurf eines Dritten Strafrechtsänderungsgesetzes (Strafrechtsbereinigungsgesetz) vom 29. September 1952 darauf hin, bei der aufgehobenen Regelung des § 2b RStGB habe es sich nicht um typisch nationalsozialistisches Recht gehandelt. Die obersten Gerichte hätten sich wieder der Rechtsprechung des Reichsgerichts angeschlossen. Unter diesen Umständen könne die Frage, wie die Grenzen für die Zulässigkeit von wahlweisen Schuldfeststellungen zu ziehen seien, der Rechtsprechung und dem Schrifttum überlassen werden (BT-Drucks. I/3713 S. 19).

II.

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Der Senat hat folgenden Fall zu entscheiden:
12
1. Das Landgericht Meiningen hat den Angeklagten L. wegen Diebstahls oder gewerbsmäßiger Hehlerei in neunzehn Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren, den Angeklagten E. wegen Diebstahls oder gewerbsmäßiger Hehlerei in achtzehn Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Im Übrigen hat es die Angeklagten freigesprochen.
Gegen die Verurteilung richten sich die Revisionen der Angeklagten mit der Sachbeschwerde.
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Nach den Feststellungen des Landgerichts stahlen oder hehlten die Angeklagten seit dem Jahr 2008 in erheblichem Umfang Gegenstände, vor allem Fahrzeuge und Fahrzeugteile sowie Werkzeuge und andere Hilfsmittel, die bei der Montage oder Demontage von Fahrzeugen Verwendung finden konnten. Ob die Angeklagten bei den abgeurteilten Fällen als Mittäter jeweils Diebstähle begangen oder die später bei ihnen sichergestellten Gegenstände als Hehler erworben haben, konnte die Strafkammer nicht klären. Sie hat ausgeführt, es sei auch möglich, dass die Angeklagten in den einzelnen Fällen getrennt voneinander Beutestücke aus den Diebstählen angekauft oder einer von beiden – neben Dritten – an den Diebstählen beteiligt gewesen sei und danach Beute- gegenstände an den jeweils anderen abgegeben habe.
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Der Angeklagte E. mietete zur Lagerung der Gegenstände und zur Montage oder Demontage von Fahrzeugen ein Werkstattgebäude an. Dort reparierte er auch fremde Fahrzeuge und trieb mit Fahrzeugteilen Handel. Der Angeklagte L. verfügte über ein Grundstück mit Garagen und einem Container , wo er Gegenstände, die aus Diebstählen herrührten, lagerte und Fahrzeuge bearbeiten konnte. Nach einer anonymen Strafanzeige wurden die Räume am 23. und 24. Juni 2009 durchsucht. Dabei wurden zahlreiche Gegenstände sichergestellt, die in dem für die Einzeltaten näher konkretisierten Tatzeitraum zwischen dem 26. März 2007 und dem 20. Juni 2009 gestohlen worden waren. Dabei handelte es sich um Diebstähle, die „in vielen Fällen schon auf- grund der Menge des Diebesgutes und der Schwere der einzelnen Gegenstän- de gar nicht allein hätten durchgeführt werden können.“ Auch war „bei allen Ta- ten aufgrund des professionellen Vorgehens zu erwarten, dass zumindest ein Täter den Tatort abgesichert hat.“
15
Das Landgericht hat den Angeklagten jeweils nur Diebstahl oder gewerbsmäßige Hehlerei zugerechnet, soweit bei ihnen selbst Gegenstände aus solchen Taten aufgefunden wurden. Soweit bei dem jeweils anderen Angeklagten Beutestücke festgestellt wurden, hat es die Angeklagten freigesprochen.
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Mit Ausnahme zweier Fälle (Fälle 6 und 11 bei dem Angeklagten L. ) handelte es sich bei den Diebstählen – von gewerbsmäßiger Tatbegehung gemäß § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StGB abgesehen – auch um Taten im Sinne von § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 oder Nr. 2 StGB.
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Bei den Diebstählen war regelmäßig erheblicher Sachschaden verursacht und umfangreiche Beute erzielt worden, während die sichergestellten Gegenstände, deren Erlangung den Angeklagten zugerechnet wurde, Einzelstücke aus der Diebesbeute darstellten.
18
2. Die Strafkammer hat die Angeklagten wegen Diebstahls gemäß §§ 242 Abs. 1, 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StGB oder gewerbsmäßiger Hehlerei im Sinne der §§ 259 Abs. 1, 260 Abs. 1 Nr. 1 StGB verurteilt.
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Die Voraussetzungen einer Postpendenzfeststellung der gewerbsmäßigen Hehlerei hat sie verneint, weil sie eine zumindest einseitig sichere Feststellung der Hehlereivoraussetzungen – hier hinsichtlich der Tatbegehung in Bezug auf eine „Sache, dieein anderer gestohlen … hat“ – nicht treffen konnte: „Ob die Angeklagten bei den jeweiligen abgeurteilten Fällen gemeinschaftlich die Diebstähle begangen oder Gegenstände angekauft haben, konnte nicht geklärt werden. So ist es auch möglich, dass in diesen Fällen beide getrennt voneinander von derselben Quelle gekauft haben oder einer der beiden den Diebstahl begangen hat und an den anderen Diebesgut abgegeben hat.“
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3. Weil der Strafrahmen für gewerbsmäßige Hehlerei gemäß § 260 Abs. 1 StGB eine höhere als die in § 243 Abs. 1 StGB angedrohte Mindeststrafe vorsieht, ist die Strafkammer vom Strafrahmen des § 243 Abs. 1 Satz 1 StGB ausgegangen. Bei der – einheitlich vorgenommenen – Strafzumessung hat sie den geringeren Schaden zu Grunde gelegt, der beim Erwerb der einzelnen Beutestücke durch Hehlerei verursacht worden wäre. Im Übrigen hat sie auf allgemeine Strafzumessungsgesichtspunkte abgestellt, ohne ein konkretes Tatbild zu bewerten.

III.

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1. Die Beweiswürdigung des Landgerichts weist keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten auf.
22
2. Auch die Ablehnung einer eindeutigen Verurteilung wegen gewerbsmäßiger Hehlerei ist rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. Senat, Beschluss vom 11. November 1987 – 2 StR 506/87, BGHSt 35, 86, 88).
23
Für eine Postpendenzfeststellung müsste – da Diebstahl und Hehlerei sich gegenseitig ausschließen – feststehen, dass die Angeklagten als Hehler die Gegenstände nicht selbst durch Diebstahl erlangt hatten (BGH, Urteil vom 29. März 1990 – 4 StR 681/89, BGHR StGB vor § 1 Wahlfeststellung, Postpendenz 4). Der Dieb ist kein tauglicher Täter der Hehlerei (vgl. Fischer, StGB, 62. Aufl., § 259 Rn. 30; SK/Velten, StPO, 4. Aufl., § 261 Rn. 133; LK/Walter, StGB, 12. Aufl., § 259 Rn. 90 f.). Eine einseitig eindeutige (Postpendenz-) Feststellung der Täterschaft der Angeklagten in Form einer Hehlerei war der Strafkammer aber deshalb nicht möglich, weil sie ihre (Mit-) Täterschaft beim Diebstahl jeweils nicht ausschließen konnte.
24
3. Insoweit stünde die Verurteilung im Wege der Wahlfeststellung zwischen Diebstahl oder gewerbsmäßiger Hehlerei in Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Der Senat beabsichtigt jedoch, diese Rechtsprechung aufzugeben.

IV.

25
1. Der Senat hat durch Beschluss vom 28. Januar 2014 – 2 StR 495/12 (StV 2014, 580 ff.) gemäß § 132 Abs. 3 GVG bei den anderen Strafsenaten angefragt , ob sie an der bisherigen Rechtsprechung zur Zulässigkeit einer gesetzesalternativen Verurteilung festhalten.
26
Darin hat er die Auffassung vertreten, eine gesetzesalternative Verurteilung verstoße gegen Art. 103 Abs. 2 GG. Deshalb sei eine Verurteilung wegen (gewerbsmäßigen) Diebstahls oder gewerbsmäßiger Hehlerei rechtlich zu beanstanden. Eine derartige gesetzesalternative Verurteilung verstoße gegen das Analogieverbot. Sie wirke strafbegründend, weil in einem solchen Fall die Erfüllung einer bestimmten Strafnorm nicht feststellbar sei. Die Verurteilung beruhe dann letztlich auf einer ungeschriebenen dritten Norm, die nicht durch den Gesetzgeber erlassen worden sei, sondern Richterrecht darstelle. Aus diesem Grund sei im Fall einer gesetzesalternativen Verurteilung auch keine dem Gesetz entsprechende Strafzumessung möglich.
27
2. Die anderen Strafsenate sind dem entgegen getreten.
28
a) Der 1. Strafsenat hat durch Beschluss vom 24. Juni 2014 – 1 ARs 14/14 (NStZ-RR 2014, 308 f.) ausgeführt, bei der gesetzesalternativen Verurteilung handele es sich um eine Verfahrensregel, die nicht der Verfassungsbestimmung des Art. 103 Abs. 2 GG unterliege. Die richterrechtliche Regel be- stimme nicht darüber, was strafbar ist, sondern lege lediglich fest, wie das Gericht in einer bestimmten Situation prozessual zu reagieren habe. Die Strafbarkeit sei mit den alternativ anwendbaren Straftatbeständen durch den Gesetzgeber bestimmt und für den Normunterworfenen vorhersehbar. Der Angeklagte werde nicht aus einer ungeschriebenen dritten Strafnorm verurteilt. Die Möglichkeit der gesetzesalternativen Verurteilung aufgrund von Richterrecht entspreche auch der Einschätzung des Gesetzgebers. Das von der Rechtsprechung entwickelte Merkmal der rechtsethischen und psychologischen Gleichwertigkeit der verschiedenen Taten stelle nur sicher, dass die Rechtsfolgenentscheidung trotz der Tatsachenalternativen an einen im Kern einheitlichen Schuldvorwurf anknüpfen könne. Erschwerende Umstände, die nur bei einer der alternativ in Betracht kommenden Verhaltensweisen infrage kämen, dürften dem Angeklagten nicht angelastet werden.
29
b) Der 3. Strafsenat hat durch Beschluss vom 30. September 2014 – 3 ARs 13/14 (NStZ-RR 2015, 39 f.) erklärt, die richterrechtlich entwickelte Rechtsfigur der gesetzesalternativen Verurteilung verletze nicht Art. 103 Abs. 2 GG. Der Sache nach handele es sich um eine Entscheidungsregel. Solche Regelungen würden von Art. 103 Abs. 2 GG nicht erfasst. Der Zweck des Gesetzlichkeitsprinzips , für den Angeklagten seine Bestrafung vorhersehbar zu halten, bleibe unberührt. Grundlage der Bestrafung sei nicht eine ungeschriebene dritte Norm, die übereinstimmende Unrechtselemente der beiden Strafgesetze in sich vereinigen würde. Vielmehr müsse in jeder in Betracht kommenden Sachverhaltsvariante jeweils ein Straftatbestand vollständig erfüllt sein. Dass der vom Gericht zu treffende Schuldspruch stets bestimmt sein müsse, lasse sich der Verfassungsnorm des Art. 103 Abs. 2 GG nicht entnehmen. Die Einschränkung, dass eine Verurteilung im Fall der gesetzesalternativen Verurteilung nach der Rechtsprechung nur zulässig ist, wenn die in Betracht kommenden Straftatbestände rechtsethisch und psychologisch vergleichbar seien, schränke den An- wendungsbereich der Rechtsfigur ein, die – gemessen an Art. 103 Abs. 2 GG – aber auch unbeschränkt zulässig wäre.
30
c) Der 4. Strafsenat hat in seinem Beschluss vom 11. September2014 – 4 ARs12/14 (NStZ-RR 2015, 40 f.) ausgeführt, die Tatsache, dass bei einer Verurteilung auf der Grundlage einer Wahlfeststellung nicht feststehe, welcher der Straftatbestände verletzt worden sei, ändere nichts daran, dass die strafrechtlichen Handlungsverbote für den Täter zur Tatzeit erkennbar gewesen seien. Da ein Angeklagter im Fall der Wahlfeststellung nur verurteilt werden dürfe, wenn die nach Ausschöpfung aller Beweismöglichkeiten alternativ in Betracht kommenden Sachverhalte jeweils einen Straftatbestand vollständig erfüllen und andere Sachverhaltsalternativen sicher ausscheiden, bleibe gewährleistet, dass der Gesetzgeber über die Voraussetzungen der Strafbarkeit entscheide. Der Angeklagte werde nicht wegen Verstoßes gegen einen außergesetzlichen Gesamttatbestand verurteilt. Da sämtliche Voraussetzungen des jeweils in Betracht kommenden Delikts in den Sachverhaltsalternativen verwirklicht sein müssten, komme es nicht zu einer Verschleifung von Tatbestandsmerkmalen oder Tatbeständen. Zu der Frage, ob eine Verurteilung im Schuldspruch eindeutig sein müsse oder mehrdeutig sein dürfe, treffe Art. 103 Abs. 2 GG keine Aussage. Da die gesetzesalternative Verurteilung nur erfolgen dürfe, wenn den in Betracht kommenden Delikten eine ähnliche rechtsethische Bewertung zukomme und eine vergleichbare psychologische Beziehung des Täters zu den infrage kommenden Sachverhalten bestehe, werde die mit der alternativen Aufzählung in der Urteilsformel verbundene Belastung für den Verurteilten auf ein Maß begrenzt, das zur Vermeidung ungerechter Ergebnisse hinnehmbar sei. Soweit der Bestimmtheitsgrundsatz neben den Anforderungen an die Voraussetzungen der Strafbarkeit auch verlange, dass die mögliche Strafe im Gesetz hinreichend bestimmt geregelt sein müsse, gerate die Wahlfeststellung ebenfalls nicht mit Art. 103 Abs. 2 GG in Konflikt. Der Tatrichter habe auf der Grund- lage der Sachverhaltsalternativen zu erörtern, welche Strafe er jeweils für angemessen gehalten hätte, wenn zweifelsfrei die eine oder die andere Handlung nachgewiesen wäre; sodann habe er die mildeste Strafe zu verhängen. Der Zulässigkeit der gesetzesalternativen Verurteilung stehe auch nicht entgegen, dass eine eindeutige Verurteilung aufgrund eines Auffangtatbestands möglich wäre. Zwar habe die Möglichkeit einer eindeutigen Verurteilung grundsätzlich Vorrang. Davon sei aber eine Ausnahme anzuerkennen, wenn feststehe, dass der Täter in jeder der Sachverhaltsalternativen ein schwerer wiegendes Delikt begangen habe.
31
d) Der 5. Strafsenat hat durch Beschluss vom 16. Juli 2014 – 5 ARs 39/14 (NStZ-RR 2014, 307 f.) ausgeführt, bei der gesetzesalternativen Verurteilung handele es sich um eine prozessuale Entscheidungsregel. Diese stelle eine Ausnahme von dem Rechtssatz „in dubio pro reo“ dar. Ein Freispruch in doppelter Anwendung des Zweifelsatzes wäre in Fällen, in denen ein strafloses Verhalten des Angeklagten sicher auszuschließen sei, mit dem Gebot der Gerechtigkeit unvereinbar. Die gesetzesalternative Verurteilung ziehe auch keine Ungenauigkeiten bei der Strafzumessung nach sich, da die Strafe dem mildesten Gesetz zu entnehmen sei.

B.

32
Der Senat hält auch unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Anfrageverfahrens an seiner Rechtsauffassung fest, dass die gesetzesalternative Verurteilung mit Art. 103 Abs. 2 GG unvereinbar ist. Deshalb ist die Vorlage der Sache an den Großen Senat des Bundesgerichtshofs für Strafsachen gemäß § 132 Abs. 2 GVG erforderlich. Die Vorlage ist aber auch im Sinne von § 132 Abs. 4 GVG zur Fortbildung des Rechts angezeigt, unter anderem zur Frage der Auslegung und Anwendung der Unterschlagung und der Geldwäsche als Auffangtatbestände bei unklarer Vortatbeteiligung (dazu unten B.II.3.a).

I.

33
Art. 103 Abs. 2 GG gewährleistet, dass eine „Tat“ nur bestraft werden kann, wenn „die Strafbarkeit“ gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. Der Begriff der Strafbarkeit betrifft dabei sowohl die Voraussetzungen der Strafbarkeit als auch das Strafmaß (vgl. mit Erläuterung der Entstehungsgeschichte der Verfassungsnorm BVerfG, Beschluss vom 23. Juli 1968 – 2 BvL 15/68, BVerfGE 25, 269, 288).
34
1. Die Bedeutung dieser Verfassungsbestimmung erschöpft sich nicht im Verbot der gewohnheitsrechtlichen oder rückwirkenden Strafbegründung. Art. 103 Abs. 2 GG enthält ein striktes Bestimmtheitsgebot für die Gesetzgebung sowie ein damit korrespondierendes, an die Rechtsprechung gerichtetes Verbot strafbegründender Analogie (BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2011 – 2 BvR 2500/09, 1857/10, BVerfGE 130, 1, 43). Diese Garantien dienen einem doppelten Zweck:
35
Einerseits soll sichergestellt werden, dass der Gesetzgeber selbst abstrakt-generell über die Strafbarkeit entscheidet. Insoweit enthält Art. 103 Abs. 2 GG einen strengen Gesetzesvorbehalt, der es der vollziehenden und der rechtsprechenden Gewalt verwehrt, die normativen Voraussetzungen einer Bestrafung selbst festzulegen. Der Gesetzgeber übernimmt mit der Entscheidung über strafwürdiges Verhalten die demokratisch legitimierte Verantwortung für eine Form hoheitlichen Handelns, die zu den intensivsten Eingriffen in die individuelle Freiheit zählt. Andererseits geht es um den rechtsstaatlichen Schutz des Normadressaten. Jedermann soll vorhersehen können, welches Verhalten verboten und mit Strafe bedroht ist. Art. 103 Abs. 2 GG hat insofern freiheitsgewährleistende Funktion (BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 – 2 BvR 2559/08, 105, 491/09, BVerfGE 126, 170, 194).
36
Wenn die Verfassung fordert, dass die Strafbarkeit „gesetzlich bestimmt“ sein muss, bedeutet dies zweierlei. Die Voraussetzungen der Strafbarkeit müssen gesetzlich geregelt und das diesbezügliche Gesetz muss hinreichend bestimmt sein. Für den Gesetzgeber enthält Art. 103 Abs. 2 GG dabei die Verpflichtung , wesentliche Fragen der Strafwürdigkeit oder Straffreiheit im demokratisch -parlamentarischen Willensbildungsprozess zu klären und die Voraussetzungen der Strafbarkeit so konkret zu umschreiben, dass Tragweite und Anwendungsbereich der Straftatbestände zu erkennen sind und sich durch Auslegung ermitteln lassen. In Grenzbereichen trifft die Rechtsprechung ein Präzisierungsgebot.
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2. Für die Strafgerichte enthält der Satz „nullum crimen, nulla poena sine lege“ Verpflichtungen in mehrfacher Hinsicht:
38
Den Gerichten ist es verwehrt, die gesetzgeberische Entscheidung abzuändern. Dies gilt auch dann, wenn infolge des Bestimmtheitsgebots besonders gelagerte Einzelfälle aus dem Anwendungsbereich eines Strafgesetzes herausfallen, obwohl sie ähnlich strafwürdig erscheinen mögen wie das pönalisierte Verhalten. Es ist dann vielmehr die Aufgabe des Gesetzgebers zu entscheiden , ob er die Strafbarkeitslücke bestehen lassen oder durch eine neue Regelung schließen will (BVerfG aaO, BVerfGE 126, 170, 197).
39
Dementsprechend darf die Auslegung der Begriffe, mit denen der Gesetzgeber das unter Strafe gestellte Verhalten bezeichnet hat, nicht dazu führen , dass die dadurch bewirkte Eingrenzung der Strafbarkeit im Ergebnis auf- gehoben wird. Einzelne Tatbestandsmerkmale dürfen also auch innerhalb ihres möglichen Wortsinns nicht so weit ausgelegt werden, dass sie vollständig in anderen Tatbestandsmerkmalen aufgehen (BVerfG aaO, BVerfGE 126, 170,

198).

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3. Das in Art. 103 Abs. 2 GG enthaltene Gebot der Gesetzesbestimmtheit gilt zum einen für den Straftatbestand (nullum crimen sine lege). Es gilt zum anderen aber auch für die Strafandrohung (nulla poena sine lege). An der Idee der Gerechtigkeit gemessen müssen Tatbestand und Rechtsfolge sachgerecht aufeinander abgestimmt sein. Beide sind wechselseitig aufeinander bezogen. Einerseits richtet sich die Strafhöhe nach dem normativ festgelegten Wert des verletzten Rechtsguts und der Schuld des Täters. Andererseits lässt sich das Gewicht einer Straftat in der Regel erst aus der Höhe der angedrohten Strafe entnehmen. Insofern ist auch die Strafandrohung für die Charakterisierung, Bewertung und Auslegung des Straftatbestands von entscheidender Bedeutung (BVerfG, Beschluss vom 23. Juli 1968 – 2 BvL 15/68, BVerfGE 25, 269, 286; Urteil vom 20. März 2002 – 2 BvR 794/95, BVerfGE 105, 135, 153 f.).

II.

41
Nach diesem Maßstab ist die richterrechtliche Rechtsfigur der gesetzesalternativen Verurteilung mit Art. 103 Abs. 2 GG nicht zu vereinbaren.
42
1. Die gesetzesalternative Verurteilung greift in den Schutzbereich des Art. 103 Abs. 2 GG ein und verletzt dessen Normzweck.
43
a) Für eine rein prozessuale Regelung würden die Gebote des Art. 103 Abs. 2 GG zwar nicht gelten (Kudlich in Kudlich/Montiel/Schuhr [Hrsg.], Gesetzlichkeit und Strafrecht, 2012, S. 233, 239 ff. mwN). Darum geht es hier aber nicht. Die Rechtsfigur der gesetzesalternativen Verurteilung bestimmt vielmehr „die Strafbarkeit“.
44
aa) Strafrecht ist Eingriffsrecht des Staates, das nach dem Prinzip vom Vorbehalt des Gesetzes eine bestimmte gesetzliche Eingriffsermächtigung erfordert , deren Voraussetzungen im Einzelfall auch tatsächlich vorliegen müssen (Freund/Rostalski JZ 2015, 164, 168). Mangels sicheren Nachweises des Vorliegens aller Tatbestandsmerkmale der alternativ in Betracht kommenden Strafnormen , einschließlich ihres jeweiligen subjektiven Tatbestands, steht in der Wahlfeststellungssituation jedoch gerade nicht fest, dass der Angeklagte die eine oder die andere Tat im Sinne von Art. 103 Abs. 2 GG begangen hat und deshalb verurteilt werden kann.
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Aus der exklusiven Alternativität von zwei Verdachtsfällen folgt somit eine die Aburteilung tragende Sachverhaltsgewissheit nur in Bezug auf einen Unrechtskern. Die Verdachtsfälle lassen sich aber nicht zu einer einheitlichen Schuldfeststellung verbinden (Alwart GA 1992, 545, 565; Freund/Rostalski JZ 2015, 164, 166). Schließen sich die in Betracht kommenden Tatbestände – wie Diebstahl oder Hehlerei – gegenseitig aus, fehlt in der Wahlfeststellungssituation jeweils der Nachweis mindestens eines objektiven (und zugehörigen subjektiven ) Tatbestandselements bei beiden Strafnormen. Die wahldeutige Verurteilung erfolgt dann gerade nach der Begründung der bisherigen Rechtsprechung nicht durch bloße Anwendung einer prozessualen Entscheidungsregel, sondern aufgrund des gemeinsamen Unrechtskerns. Die Regel, wonach wahldeutige Verurteilung zulässig sei, tritt daher – unter den Voraussetzungen, die ihre Anwendung legitimieren sollen – an die Stelle der jeweils fehlenden sachlichrechtlichen Voraussetzungen eines (eindeutigen) Schuldspruchs. Sie stellt damit eindeutig materielles Strafanwendungsrecht dar.
46
Der gesetzesalternative Schuldspruch läuft auf eine „Entgrenzung“ von Tatbeständen oder auf eine „Verschleifung“ zweier Straftatbestände durch al- ternative Vereinigung der Einzelvoraussetzungen hinaus, die noch über die ver- fassungsrechtlich zu beanstandende „Verschleifung“ von verschiedenen Tatbe- standsmerkmalen einer einzigen Strafnorm (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 – 2 BvR 2559/08, 105, 491/09, BVerfGE 126, 170, 198) hinausgeht. Die Verurteilung beruht in dieser Konstellation auf einer ungeschriebenen dritten Norm (Endruweit, Die Wahlfeststellung und die Problematik der Überzeugungsbildung , der Identitätsbestimmung, der Urteilssyllogistik sowie der sozialen und personalen Gleichwertigkeit von Straftaten, 1973, S. 270; Freund in Festschrift für Wolter, 2013, S. 35, 49; Köhler, Strafrecht. Allgemeiner Teil, 1997, S. 96; Kotsoglou ZStW 127 [2015], 334, 359; Lobe GS 104 [1934], S. 161, 166; H. Mayer, Strafrecht. Allgemeiner Teil, 1953, S. 417; Wagner ZJS 2014, 436, 441), welche die – angeblich – übereinstimmenden Unrechtselemente der beiden gerade nicht zur Anwendung gelangenden Normen in sich vereinigt.
47
bb) Die materiell-rechtliche Einordnung der Rechtsfigur der gesetzesalternativen Verurteilung wird durch die Voraussetzungen ihrer begrenzten Ausdehnung in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bestätigt. Die Recht- sprechung hat das Kriterium der „rechtsethischen und psychologischen Vergleichbarkeit“ der infrage kommenden Straftatbestände als Voraussetzung für die Zulassung einer gesetzesalternativen Aburteilung entwickelt. Das Richterrecht hat daher nur für bestimmte Konstellationen eine Ausnahme von dem Grundsatz geschaffen, dass die Voraussetzungen der Strafbarkeit im Einzelfall sämtlich zur Überzeugung des Tatgerichts feststehen müssen. Über diese Schranke darf nicht hinweggegangen werden (BGH, Beschluss vom 15. Oktober 1956 – GSSt 2/56, BGHSt 9, 390, 394). Sie bestimmt dann jedoch über die Voraussetzungen der „Strafbarkeit“, die im Schutzbereich des Art. 103 Abs. 2 GG liegt.
48
Ist nach dieser Begrenzungsklausel kein Fall gegeben, bei dem eine Ausnahme vom Gebot der eindeutigen Verurteilung in Betracht kommt, kann eine Strafnorm, deren Voraussetzungen nicht vollständig sicher feststellbar sind, nicht angewendet werden. Greift dagegen die richterrechtliche Ausnahme ein, weil alternativ zwei – angeblich – rechtsethisch und psychologisch vergleichbare Tatbestände erfüllt sein sollen, so gelangt das Gericht zur (gesetzesalternativen ) Verurteilung. Das Abgrenzungskriterium für die Unterscheidung zwischen zulässiger und nicht zulässiger Wahlfeststellung füllt dabei funktional die Lücke zwischen den alternativ in Frage kommenden Tatbeständen. Es ist materiell-rechtlicher Natur (Montenbruck, Wahlfeststellung und Werttypus in Strafrecht und Strafprozessrecht, 1976, S. 219), denn es bezieht sich nicht auf eine prozessuale Frage, sondern fordert mit Blick auf den Schuldgrundsatz ausschließlich einen nach sachlich-rechtlichen Kriterien vorzunehmenden Vergleich.
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cc) Ein Unterschied der Rechtsfigur der gesetzesalternativen Verurteilung gegenüber nicht an Art. 103 Abs. 2 GG zu messenden prozessualen Rechtsinstituten wie der Verjährung der Strafverfolgung oder dem Erfordernis eines Strafantrags, kommt darin zum Ausdruck, dass hier über den Schuld- und Strafausspruch in Abgrenzung zu einem Freispruch entschieden wird, während jene Institute prozessuale Rechtsfolgen haben. Die Verjährung der Strafverfolgung lässt das strafrechtliche Unrecht und die Schuld des Täters unberührt (BVerfG, Beschluss vom 23. Juli 1968 – 2 BvL 15/68, BVerfGE 25, 269, 294); sie führt zur Einstellung des Verfahrens. Gleiches gilt, wenn ein bei dem konkreten Delikt erforderlicher Strafantrag fehlt. Die Anwendungsregel einer gesetzesalternativen Verurteilung entscheidet demgegenüber – soweit kein Auffang- tatbestand eingreift – zwischen Freispruch und Bestrafung. Dieses Richterrecht beherrscht dadurch die Voraussetzungen für den Schuldspruch und bestimmt außerdem die Kriterien für die Zumessung der Strafe auf dieser Grundlage. Es verletzt Art. 103 Abs. 2 GG, weil es materiell-rechtliche Fragen der Schuldfeststellung ohne gesetzliche Grundlage selbst beantwortet.
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b) Die richterrechtliche Rechtsfigur der gesetzesalternativen Verurteilung bei rechtsethischer und psychologischer Vergleichbarkeit der Tatbestände beachtet nicht den Schutzzweck des Art. 103 Abs. 2 GG.
51
aa) Das Strafgesetz soll dem normunterworfenen Bürger verdeutlichen, welche Handlungsweise bei Strafe verboten ist, damit er die Strafbarkeit seines Verhaltens vorhersehen kann. Insoweit kollidiert die richterrechtlich entwickelte gesetzesalternative Verurteilung, wie es die anderen Strafsenate betonen, nicht mit der Verfassung (Freund in Festschrift für Wolter, 2013, S. 35, 36). Auch der Senat hat insoweit keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
52
bb) Art. 103 Abs. 2 GG enthält aber zugleich einen strengen Gesetzesvorbehalt für das Strafrecht; denn danach müssen die Voraussetzungen der Strafbarkeit und die Rechtsfolgen „gesetzlich“ bestimmt sein. Dieser weitere Zweck der Verfassungsnorm wird durch das Richterrecht nicht beachtet.
53
§ 2b RStGB ist aufgehoben worden. Auch das Aufhebungsgesetz wäre von der an das Gesetz gebundenen Rechtsprechung zu beachten (SK/Velten, StPO § 261 Rn. 105). Eine Neuregelung ist unterblieben. Es fehlt mithin eine gesetzliche Bestimmung.
54
cc) Aus Art. 103 Abs. 2 GG folgt schließlich ein Gebot der Bestimmtheit der Strafbarkeit (… gesetzlich „bestimmt“ …). Dieses Bestimmtheitsgebot rich- tet sich zuvörderst an den Gesetzgeber. Es eröffnet in Grenzfällen aber auch für die Rechtsprechung ein Präzisierungsgebot (BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 – 2 BvR 2559/08, 105, 491/09, BVerfGE 126, 170, 198). Dem wird das Richterrecht bereits mit seiner Annahme nicht gerecht, Art. 103 Abs. 2 GG habe keine Bedeutung für den Schuldspruch, so dass dort auch eine gesetzesalternative Verurteilung zulässig sei (Freund/Rostalski JZ 2015, 164 ff.).
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(1) Schon der Schuldspruch ist eine „Rechtsfolge, die selbst Sanktions- charakter hat“ (StuckenbergZIS 2014, 461, 463). Deshalb ist auch er am Bestimmtheitsgebot aus Art. 103 Abs. 2 GG zu messen.
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Jede Strafnorm, die eine Tat kennzeichnet, gestattet den Strafgerichten als gesetzliche Eingriffsermächtigung ein sozialethisches Unwerturteil (BVerfG, Beschluss vom 23. Juli 1968 – 2 BvL 15/68, BVerfGE 25, 269, 286). Konkretisiert wird der hoheitliche Tadel im Einzelfall durch das Urteil des Strafgerichts, das den Angeklagten wegen einer bestimmten Tat schuldig spricht. Bereits das sozialethische Unwerturteil im Schuldspruch berührt den in der Menschenwürde wurzelnden Wert- und Achtungsanspruch des Verurteilten (BVerfG, Beschluss vom 9. Juli 1997 – 2 BvR 1371/96, BVerfGE 96, 245, 289). Der Schuldspruch beschwert den Verurteilten (BVerfG, Urteil vom 21. März 1961 – 2 BvR 27/60, BVerfGE 12, 296, 302). Er greift in seine Grundrechtssphäre ein. Daher muss nicht nur die Strafe, sondern auch der Schuldspruch im Urteilstenor, welcher im Gegensatz zu den Gründen in Rechtskraft erwächst, eindeutig bestimmt sein. Das ist bei einem gesetzesalternativen Schuldspruch nicht der Fall.
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(2) Das Bestimmtheitsgebot ist ferner deshalb nicht erfüllt, weil im Fall der gesetzesalternativen Verurteilung unklar bleibt, wie das von der Rechtsprechung als Voraussetzung für die Zulässigkeit der gesetzesalternativen Verurteilung verwendete Abgrenzungskriterium der rechtsethischen und psychologischen Vergleichbarkeit der Tatbestände zu prüfen sein soll. Dieses Kriterium ist „grob und ungenau“ (Satzger in Satzger/Schluckebier/Widmaier, StGB, 2. Aufl., § 1 Rn. 81). Als Merkmal einer Strafnorm des geschriebenen Rechts wäre es zu unbestimmt. Bei dessen Anwendung kämen nämlich ein abstrakter Rechtsnormvergleich (LK/Dannecker, StGB, 12. Aufl., Anh. zu § 1 Rn. 136, 154 mwN) oder ein auf die konkrete Fallkonstellation bezogener Vergleich (Jahn JuS 2014, 753, 755) oder gegebenenfalls ein Vergleich nur der Grundtatbestände unter Ausblendung der in einer Sachverhaltsalternative einseitig vorkommenden Erschwerungsgründe in Frage. Für diesen Vergleich könnten normative oder kriminologisch-empirische Überlegungen angestellt werden. Welche Vorgehensweise geboten ist, müsste der Gesetzgeber, wenn er eine entsprechende Regelung erlassen wollte, im Normtext selbst oder jedenfalls aus der Gesetzessystematik und den Materialien erkennen lassen. Richterrecht kann eine solche Bestimmung nicht leisten; dies ist bislang auch nicht versucht worden. Denn mit der Entwicklung einer ausdifferenzierten Systematik zur „Vergleichbarkeit“ würde sich das so entscheidende Gericht ersichtlich an die Stelle des Gesetzgebers setzen und Abwägungen vornehmen, die diesem vorbehalten sind. Sie können insbesondere nicht durch bloße Übertragung oder „Anwendung“ des Gebots der Gerechtigkeit in vorhersehbarer Weise geschaffen wer- den.
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Wenn zum Beispiel in dem vom Senat zu entscheidenden Fall die Angeklagten entweder als Mittäter an gewerbsmäßig begangenen Einbruchsdiebstählen beteiligt waren, durch die großer Sachschaden angerichtet und erhebliche Diebesbeute erzielt wurden, oder sie sich als gewerbsmäßig handelnde Alleintäter der Hehlerei jeweils einzelne Beutestücke aus einem solchen Diebstahl verschafft haben, erschiene fraglich, ob – gegebenenfalls unter Ausblendung des Erschwerungsgrunds des Einbruchs, der bei der Hehlerei keine Entsprechung findet (vgl. für die Wahlfeststellung zwischen Wohnungseinbruchsdiebstahl oder Hehlerei BGH, Urteil vom 8. Mai 2008 – 3 StR 53/08, NStZ 2008, 646) – von einer rechtsethischen und psychologischen Vergleichbarkeit überhaupt gesprochen werden könnte.
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Der Gesetzgeber hat in den einzelnen Straftatbeständen – von der Bezeichnung des Rechtsguts abgesehen – keinen Hinweis darauf gegeben, ob und unter welchen Umständen diese Normen dahin auszulegen sind, dass sie mit anderen Straftatbeständen rechtsethisch und psychologisch vergleichbar sind. Die Rechtsprechung hat ihrerseits bei der Auslegung und Anwendung der Normen in den Fällen gesetzesalternativer Verurteilungen keine nähere Erläuterung gegeben, weshalb eine rechtsethische und psychologische Vergleichbarkeit anzunehmen sein soll. Auch ihre gegebenenfalls ergänzende Aufgabe der Präzisierung ist demnach nicht erfüllt (vgl. Schuhr NStZ 2014, 437, 440). Tatsächlich bleibt das Teilkriterium der psychologischen Vergleichbarkeit völlig funktionslos (vgl. Eser/Hecker in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 1 Rn. 50) oder verweist auf eine intuitive, subjektive Wertung des erkennenden Gerichts. Es besitzt dann aber nicht die Kraft, eine Ausnahme vom grundsätzlichen Gebot eindeutiger Verurteilungen zu legitimieren.
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c) Dem Gesetzesvorbehalt und dem Bestimmtheitsgebot aus Art. 103 Abs. 2 GG unterliegt schließlich auch die Strafandrohung (BVerfG, Urteil vom 20. März 2002 – 2 BvR 794/95, BVerfGE 105, 135, 153), die in einem angemessenen Verhältnis zur Tat stehen muss.
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aa) Dieses erfordert – auch wenn der Gesetzgeber eine gesetzesalternative Verurteilung zulassen wollte und wenn dies überhaupt zulässig wäre – konkrete Regelungen dazu, wie der für das Urteil maßgebliche Strafrahmen zu bestimmen und wie die konkrete Strafe unter Beachtung des Schuldgrundsatzes zu bemessen sein soll, wenn in exklusiver Alternativität zwei Sachverhalte in Betracht kommen, bei denen der Täter gegen eines von zwei unterschiedlichen Strafgesetzen verstoßen hat (vgl. den Regelungsvorschlag von Wolter GA 2013, 271, 282 ff.). Auch daran fehlt es. Richterrecht kann die fehlende Regelung nicht dadurch ersetzen, dass es vorschreibt, für die Alternativen seien – nachAusblendung einseitig vorhandener Erschwerungsgründe – fiktive Strafen zu bilden und von diesen sei die geringste zu verhängen. Die Begründung, hierdurch werde der Angeklagte nicht beschwert, lässt schon die Mehrheit der Strafgründe und -zwecke außer Betracht, denn eine sachlich-rechtlich nicht gerechtfertigte zu milde Strafe ist nicht allein rechtsfehlerhaft und darf daher nicht das (mögliche) Ziel der Strafzumessung sein, sondern kann auch andere Rechtsgüter verletzen.
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bb) Setzt das Gericht im Einzelfall eine Strafe fest, muss diese in einem angemessenen Verhältnis zu Unrecht und Schuld des Täters im Hinblick auf einen bestimmten Verhaltensnormverstoß stehen (Frister StV 2014, 584, 585). Der Gesetzgeber hat durch Festlegung eines Strafrahmens für das konkrete Delikt dabei eine Vorabwägung zu treffen (nulla poena sine lege). Zur Strafzumessung durch die Strafgerichte muss sodann feststehen, welcher Verhaltensnormverstoß dem Angeklagten vorgeworfen wird und welches Ausmaß seine individuelle Schuld dabei erreicht hat. Dies ist schon dann nicht der Fall, wenn offen bleibt, welche von alternativ infrage kommenden Taten er begangen hat. Mit der Behauptung, er habe jedenfalls die eine oder andere Tat begangen, setzt sich das Richterrecht darüber hinweg, dass die Begehung der einen und der anderen Tat durch den individuellen Angeklagten nicht feststeht und die alternative Strafzumessung auf einer Fiktion beruht.
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Die gesetzesalternative Verurteilung lässt demnach einen dem Gesetz entsprechenden Bewertungsakt bei der Strafzumessung auch dann, wenn das Tatgericht zwei fiktive Strafen zu bilden versucht, um nur die niedrigere zu verhängen , nicht uneingeschränkt zu (Freund/Rostalski JZ 2015, 164, 168; Wag- ner ZJS 2014, 436, 442). So lassen sich zum Beispiel die Beweggründe des Angeklagten bei der Tatbegehung und der dabei aufgewendete Wille (§ 46 Abs. 2 StGB) nicht bewerten, weil schon unklar bleibt, ob er die konkrete Tat überhaupt begangen hat.
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2. Greift das Richterrecht nach allem wegen seiner materiell-rechtlichen Bedeutung in den Schutzbereich des Art. 103 Abs. 2 GG ein, liegt bei einer gesetzesalternativen Verurteilung ein Verfassungsverstoß vor.
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a) Eine Grundrechtsschranke des Art. 103 Abs. 2 GG besteht nach dem Wortlaut der Verfassung nicht. Der Gesetzesvorbehalt ist einer Schrankenbestimmung auch gar nicht zugänglich.
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Selbst wenn eine Einschränkung im Ansatz denkbar wäre, so wäre eine immanente Grundrechtsschranke auszuschließen; denn der Anwendung des Art. 103 Abs. 2 GG steht in der Wahlfeststellungssituation keine Rechtsposition von gleichem Gewicht gegenüber (Kröpil JR 2015, 116, 121). Auf Abwägungen nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kommt es daher nicht an. Der Verfassungsgeber selbst hat die Abwägung der gegenläufigen rechtsstaatlichen Gesichtspunkte mit Art. 103 Abs. 2 GG zugunsten eines uneingeschränkten Gesetzesvorbehalts für das Strafrecht getroffen (für den Fall der Freiheitsentziehung auch in Art. 2 Abs. 2 Satz 3, 104 Abs. 1 Satz 1 GG). Deshalb ist es nicht zulässig, das Gesetzlichkeitsprinzip allein mit Hinweis auf Gebote materieller Strafgerechtigkeit durch Richterrecht zu beschränken. Rechtsfortbildung überschreitet die durch die Verfassung gezogenen Grenzen, wenn sie ohne ausreichende Rückbindung an gesetzliche Aussagen neue Regelungen schafft (BVerfG, Beschluss vom 6. Juli 2010 – 2 BvR 2661/06, BVerfGE 126, 286, 306). Die Rechtsprechung zur ausnahmsweisen Zulässigkeit der gesetzesalter- nativen Verurteilung ist ausschließlich auf eigene kriminalpolitische Überlegungen der Gerichte gestützt (Stuckenberg ZIS 2014, 461, 464 mwN).
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b) Bei einer Verletzung des Gesetzesvorbehalts für das Strafrecht kommt es auf die Gründe dafür, warum der Bundesgesetzgeber von einer Regelung der gesetzesalternativen Verurteilung abgesehen hat, nicht mehr an.
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aa) Da im Strafrecht ein strenger Gesetzesvorbehalt gilt, kann der Gesetzgeber seine Aufgabe der Normsetzung nicht zum Nachteil eines Angeklagten auf die Rechtsprechung delegieren. Die Legislative ist vielmehr von Verfassungs wegen verpflichtet, die Grenzen der Strafbarkeit selber zu bestimmen; sie darf diese Entscheidung nicht anderen staatlichen Gewalten, wie der Strafjustiz , überlassen (BVerfG, Urteil vom 20. März 2002 – 2 BvR 794/95, BVerfGE 105, 135, 153).
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bb) Die Anmerkung der Bundesregierung in den Materialien zum Entwurf des Dritten Strafrechtsänderungsgesetzes (BT-Drucks. I/3713 S. 19) ergibt nichts anderes. Sie verkörpert auch nicht den (aktuellen) Willen des Strafgesetzgebers.
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Der Wille des Gesetzgebers kann im Einzelfall aus den Materialien eines Gesetzgebungsverfahrens entnommen und unter bestimmten Umständen (Wischmeyer JZ 2015, 957, 964) zur Auslegung einer als Gesetz in Kraft getretenen Rechtsnorm werden. Das gilt aber nicht gleichermaßen für eine Bemerkung eines an einem Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organs dazu, warum es vom Vorschlag einer Regelung abgesehen hat. Nur ein tatsächlich beschlossenes Gesetz ist beredter Ausdruck des kollektiven Willens des Parlaments. Nur insoweit können die Materialien zum Erlass eines Gesetzesbeschlusses näheren Aufschluss über die gebotene Auslegung einer beschlossenen Norm geben. Die auch nur im konkreten Zeit-Zusammenhang nachzuvollziehende Meinungsäußerung eines einzelnen Organs des Staats ist dagegen unerheblich , wenn sie sich nur darauf bezieht, dass ein Gesetzesvorschlag nicht gemacht werden solle.
71
3. Die gesetzesalternative Verurteilung ohne Rücksicht auf das mögliche Eingreifen eines Auffangtatbestandes verstößt zudem gegen den aktuellen Willen des Gesetzgebers. Dieser kommt in neu gestalteten oder neu erlassenen Strafnormen zum Ausdruck, die als Auffangtatbestände einen Vorrang vor der gesetzesalternativen Verurteilung beanspruchen.
72
a) Der Gesetzgeber hat seit der Etablierung des Richterrechts über die gesetzesalternative Verurteilung – vor allem im Bereich der Eigentums- und Vermögensdelikte, die den Hauptanwendungsbereich der gesetzesalternativen Verurteilung bilden (SK/Velten, StPO, 4. Aufl., § 261 Rn. 137 f.) – eine Reihe von Auffangtatbeständen geschaffen, die gerade der von der Rechtsprechung zur Möglichkeit der gesetzesalternativen Verurteilung als misslich empfundenen Situation Rechnung tragen sollen, dass eindeutige Feststellungen hinsichtlich eines vorgreiflichen Tatbestandes nicht möglich sind.
73
aa) Dies gilt etwa für die Erweiterung des Tatbestands der Unterschlagung zu einem weit reichenden Zueignungsgrunddelikt (Frister StV 2014, 584, 586), das nur dann gegenüber einem anderen Tatbestand subsidiär ist, wenn dieser auch zur Überzeugung des Gerichts erfüllt ist (LK/Vogel, StGB, 12. Aufl., § 246 Rn. 73).
74
bb) In dem vom Senat zu entscheidenden Fall könnte aber auch eine Verurteilung wegen Geldwäsche in Betracht kommen. Dies hat das Landgericht – vonseinem Standpunkt aus folgerichtig – nicht geprüft, weil es dem Richterrecht zur Möglichkeit einer gesetzesalternativen Verurteilung aufgrund der im Sinne von § 261 Abs. 9 Satz 2 StGB vorgreiflichen Normen gefolgt ist.
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§ 261 Abs. 9 StGB wurde durch das Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität vom 4. Mai 1998 (BGBl. I S. 845) in den Geldwäschetatbestand eingefügt. Dadurch sollte die Möglichkeit ausgeschlossen werden, dass derjenige, der nicht erweislich, aber auch nicht ausschließbar Täter der Katalogvortat war, nach dem Grundsatz im Zweifel für den Angeklagten freizusprechen ist (Nestler in Herzog, Geldwäschegesetz, 2. Aufl., StGB § 261 Rn. 137). Das entspricht in diesem Normzusammenhang dem Sinn und Zweck der richterrechtlichen Figur der gesetzesalternativen Verurteilung.
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Nach der Rechtsprechung ist ein Angeklagter aufgrund einer Postpendenzfeststellung wegen Geldwäsche (hier bei gewerbsmäßigem Handeln der Vortäter gemäß § 261 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Buchst. a, Abs. 2 Nr. 1 StGB) zu verurteilen , wenn ungewiss bleibt, ob er an einer Katalogtat des Geldwäschetatbestands beteiligt war, jedoch feststeht, dass er in Kenntnis der Vortat die Verfügungsgewalt über einen daraus herrührenden Gegenstand erlangt hat (BGH, Urteil vom 21. Juni 1995 – 2 StR 157/95, NStZ 1995, 500; Beschluss vom 26. Februar 2003 – 5 StR 423/02, BGHSt 47, 240, 245; Urteil vom 20. September 2000 – 5 StR 52/00, NJW 2000, 3725). Dagegen soll eine gleichzeitige Verurteilung wegen Vortatbeteiligung und Geldwäsche ausgeschlossen sein. Insoweit hat der Gesetzgeber den Geldwäschetatbestand bewusst als Auffangtatbestand für den Fall geschaffen, dass der Täter sich nicht nachweislich wegen Beteiligung an einer Katalogtat strafbar gemacht hat (BTDrucks. 13/8651 S. 11).
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b) Richterrecht darf den gesetzgeberischen Willen wegen des in Art. 103 Abs. 2 GG zum Ausdruck gebrachten Gewaltenteilungsgrundsatzes (Art. 20 Abs. 2 GG) nicht dadurch unterlaufen, dass es ohne ausreichende Grundlage im Gesetz eine alternative Verurteilung zulässt, welche die vom Gesetzgeber gerade gewollte Anwendung eines Auffangtatbestands ausschließt.
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Ein Richterspruch setzt sich über die allgemein zu beachtende Gesetzesbindung hinweg, wenn die vom Gericht zur Begründung seiner Entscheidung angestellten Erwägungen deutlich erkennen lassen, dass es sich aus der Rolle des Normanwenders in die einer normsetzenden Instanz begeben hat (BVerfG, Beschluss vom 3. November 1992 – 1 BvR 1243/88, BVerfGE 87, 273, 280). Die Tatsache, dass gerade dies bei der begrenzten Zulassung einer gesetzesalternativen Verurteilung der Fall ist, haben die Vereinigten Strafsenate des Reichsgerichts betont (RG aaO, RGSt 68, 257, 259). Fischer Krehl Eschelbach Ott Zeng

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.