Bundesgerichtshof Urteil, 11. Apr. 2018 - 2 StR 551/17

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:110418U2STR551.17.0
bei uns veröffentlicht am11.04.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 551/17
vom
11. April 2018
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Totschlags u.a.
ECLI:DE:BGH:2018:110418U2STR551.17.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 11. April 2018, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Schäfer,
der Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Krehl, die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Bartel, die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Grube, Schmidt,
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt in der Verhandlung als Verteidiger,
Amtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Hanau vom 29. Juni 2017 mit den Feststellungen aufgehoben, jedoch bleiben die Feststellungen zum Alter des Angeklagten aufrechterhalten. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel , an eine andere als Schwurgericht tätige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit „beabsichtigter“ schwerer Körperverletzung sowie in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten verurteilt. Dagegen richten sich die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten und die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft, mit der die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt wird. Beide Rechtsmittel haben mit der Sachrüge überwiegend Erfolg. Im Übrigen sind die Revisionen unbegründet.

I.

2
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
1. Der mindestens 25-jährige Angeklagte begab sich am 7. Oktober 2016 gegen 21.40 Uhr in die Wohnung des mit ihm befreundeten Nebenklägers. Dort gerieten beide in einen verbalen Streit, der alsbald in eine wechselseitige körperliche Auseinandersetzung überging. Es kam zu einem dynamischen Kampfgeschehen. Während der Auseinandersetzung stach der Angeklagte dem Nebenkläger zunächst zweimal in den Halsbereich, wobei er dessen Tod zumindest billigend in Kauf nahm. Die Stiche waren nicht konkret, aber potentiell lebensgefährlich. Einer der Stiche führte zu einer vorübergehenden Bewusstlosigkeit oder zumindest vorübergehenden Bewegungsunfähigkeit des Nebenklägers , der zu Boden ging und auf dem Rücken zum Liegen kam.
4
Der Angeklagte setzte sich auf den Nebenkläger, ergriff ein Käsemesser und schnitt an dessen rechtem Auge das Oberlid sowie das Unterlid und an seinem linken Auge das Oberlid glattrandig ab. Er fügte ihm weitere Verstümmelungen an beiden Ohrmuscheln und am Kopf zu. Der Angeklagte handelte ohne Tötungsvorsatz in der Absicht, das Sehvermögen des Nebenklägers aufzuheben und diesen in seinem optischen Erscheinungsbild dauerhaft erheblich zu entstellen. Die beigebrachten Schnitte an den Augen und Ohren waren weder zur Tötung des Nebenklägers noch zur Beschleunigung seines Todes geeignet. Dem Angeklagten war bewusst, dass der Nebenkläger, wenn er nicht sterben würde, mit den erheblichen Verstümmelungen werde weiterleben müssen , was er auch beabsichtigte.
5
Als die von einer Nachbarin alarmierte Polizei nach mehrfachem vergeblichen Klingeln und Klopfen gewaltsam die Wohnung des Nebenklägers betrat, lag dieser auf dem Boden des Zimmers auf dem Rücken, während der Angeklagte bäuchlings halb auf ihm kniete, mit dem rechten Arm seinen Kopf umfasste und in seiner linken Hand ein Besteckmesser mit einer umgebogenen Klinge führte. Der eintretende Polizeibeamte schlug dem Angeklagten das Messer aus der Hand, zog ihn vom Nebenkläger herunter und fixierte ihn mit Handschellen. Dem Angeklagten war in diesem Moment bewusst, dass er noch nicht alles Erforderliche getan hatte, um den Tod des Nebenklägers herbeizuführen. Dieser war bei Bewusstsein, röchelte vernehmbar und verlangte nach Wasser.
6
Der Nebenkläger musste aufgrund seiner umfangreichen Verletzungen mehrfach operiert werden. Seine Sehschärfe auf dem linken Auge beträgt nur noch fünf, die auf dem rechten Auge zwanzig Prozent. Die rekonstruierten Augenlider sind äußerlich deutlich erkennbar und sorgen für eine optische Entstellung. Zudem sind auch die oberen Außenseiten beider Ohren erheblich optisch entstellt.
7
2. Die Strafkammer hat die Annahme eines versuchten Mordes abgelehnt , da die vom Tötungsvorsatz getragenen Stiche in den Hals weder heimtückisch noch grausam gewesen seien. Die als grausam zu wertenden Verstümmelungen seien nicht vom Tötungsvorsatz des Angeklagten umfasst gewesen. Einen Rücktritt vom versuchten Totschlag hat das Landgericht abgelehnt, da der Angeklagte zum Zeitpunkt des Einschreitens der Polizeibeamten aus seiner Sicht nicht alles getan habe, um den Tod des Nebenklägers herbeizuführen. Zu diesem Zeitpunkt sei der Versuch fehlgeschlagen, da der Angeklagte aufgrund der Fixierung durch die Polizei nicht mehr habe weiter auf den Nebenkläger einwirken können. Insofern fehle es auch an der erforderlichen Freiwilligkeit des Rücktritts.

II. Revision des Angeklagten
8
Die auf die Sachrüge vorzunehmende umfassende sachlich-rechtliche Überprüfung des angefochtenen Urteils führt zur Aufhebung des Schuld- und Strafausspruchs nebst den zu Grunde liegenden Feststellungen mit Ausnahme derjenigen, die das Alter des Angeklagten betreffen.
9
Die Wertung des Landgerichts, es handele sich um einen fehlgeschlagenen Versuch des Totschlags, bei dem ein freiwilliger Rücktritt vom unbeendeten Versuch ausscheide, begegnet durchgreifenden Bedenken.
10
1. Fehlgeschlagen ist ein Versuch, wenn die Tat nach Misslingen des zunächst vorgestellten Tatablaufs mit den bereits eingesetzten oder anderen nahe liegenden Mitteln objektiv nicht mehr vollendet werden kann und der Täter dies erkennt oder wenn er subjektiv die Vollendung nicht mehr für möglich hält. Liegt ein Fehlschlag vor, scheidet ein Rücktritt vom Versuch nach allen Varianten des § 24 Abs. 1 oder Abs. 2 StGB aus. Dabei kommt es auf die Sicht des Täters nach Abschluss der letzten mit Tötungsvorsatz vorgenommenen Ausführungshandlung an (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 23. November 2016 – 4 StR 471/16, juris Rn. 7; Urteil vom 19. März 2013 – 1 StR 647/12, NStZ-RR 2013, 273 f.; vom 13. August 2015 – 4 StR 99/15, StraFO 2015, 470 jeweils mwN).
11
Hat ein Täter nach der mit Tötungsvorsatz begangenen Handlung erkannt , dass er noch nicht alles getan hat, was nach seiner Vorstellung zur Herbeiführung des Todes erforderlich oder zumindest ausreichend ist, so liegt ein unbeendeter Versuch des Tötungsdelikts auch dann vor, wenn sein anschließendes Handeln bei unverändertem Vorstellungsbild nicht mehr auf den Todeserfolg gerichtet ist, obwohl ihm ein hierauf gerichtetes Handeln möglich gewesen wäre. Der Täter kann in diesem Fall, wenn er sich freiwillig dazu entschließt , durch bloßes Aufgeben des Tötungsvorsatzes vom versuchten Totschlag zurücktreten (BGH, Beschluss vom 23. November 2016 – 4 StR 471/16, aaO; Beschluss vom 13. Juni 2006 – 4 StR 67/06, NStZ 2006, 685; BGH, Beschluss vom 11. Februar 2003 – 4 StR 25/03, juris Rn. 5).
12
Dies gilt auch dann, wenn sich das Tatgeschehen als natürliche Handlungseinheit darstellt. Denn die Zusammenfassung mehrerer strafrechtlich relevanter Einzelakte eines Gesamtgeschehens zu einer natürlichen Handlungseinheit vermag nicht die strafrechtliche Bewertung des jeweiligen Einzelaktes zu modifizieren (BGH, Beschluss vom 17. November 2016 – 3 StR 402/16, StV 2017, 673, 674). Die rechtlichen Folgen der Handlungseinheit bleiben auf die konkurrenzrechtliche Beurteilung beschränkt.
13
Lässt sich den Urteilsfeststellungen das entsprechende Vorstellungsbild eines Angeklagten, das zur revisionsrechtlichen Prüfung des Vorliegens eines freiwilligen Rücktritts vom Versuch unerlässlich ist, nicht hinreichend entnehmen , hält das Urteil sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2017 – 1 StR 393/17, juris Rn. 9; Urteile vom 19. März 2013 – 1 StR 647/12, NStZ-RR 2013, 273 und vom 13. August 2015 – 4 StR 99/15, StraFo 2015, 470, jeweils mwN).
14
2. Diesen Maßstäben und Darlegungsanforderungen wird das landgerichtliche Urteil nicht gerecht. Das Landgericht hat bei der Prüfung der Rücktrittsvoraussetzungen auf den Zeitpunkt abgestellt, zu dem der Angeklagte von weiteren Tathandlungen von der Polizei abgehalten wurde. Nach den Feststellungen handelte der Angeklagte jedoch nach den beiden mit bedingtem Tötungsvorsatz ausgeführten Stichen in den Hals nicht mehr mit Tötungsvorsatz.
Auf dieser Grundlage hätte die Strafkammer auf den Zeitpunkt nach der letzten mit Tötungsvorsatz ausgeführten Tathandlung, mithin denjenigen nach dem Setzen der Stiche, abstellen müssen. Welches Vorstellungsbild der Angeklagte zu diesem Zeitpunkt vom möglichen Tod des Nebenklägers hatte, lässt sich den Urteilsgründen jedoch auch in ihrem Zusammenhang nicht entnehmen. Ging der Angeklagte in diesem Moment davon aus, noch nicht alles für die Tötung des Nebenklägers getan zu haben und wollte er gleichzeitig, trotz bestehender und erkannter Möglichkeit, von weiteren mit Tötungsvorsatz geführten Tathandlungen endgültig absehen, wäre er bereits zu diesem Zeitpunkt vom unbeendeten Tötungsversuch zurückgetreten (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Februar 2003 – 4 StR 25/03, juris Rn. 5). Der spätere Zugriff der Polizeibeamten und deren Verhindern weiterer möglicher Tathandlungen des Angeklagten sowie dessen Vorstellungsbild zu diesem Zeitpunkt blieben dann für die Frage des Rücktritts vom Tötungsversuch ohne Belang.
III. Revision der Staatsanwaltschaft
15
Die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte Revision hat mit der Sachrüge ebenfalls Erfolg, so dass die Verfahrensrüge keiner weiteren Erörterung bedarf. Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist zum Vorteil des Angeklagten rechtsfehlerhaft.
16
1. Die Beweiswürdigung ist originäre Sache des Tatrichters (§ 261 StPO). Allein ihm obliegt es, die Ergebnisse der Hauptverhandlung festzustellen und abschließend zu würdigen. Seine Schlussfolgerungen müssen nicht zwingend sein. Es genügt, dass sie möglich sind (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 12. Februar 2015 – 4 StR 420/14, NStZ-RR 2015, 148 mwN). Das Revisionsgericht ist auf die Prüfung beschränkt, ob die Beweiswürdigung des Tatgerichts mit Rechtsfehlern behaftet ist, weil sie Lücken oder Widersprüche aufweist, mit Denkgesetzen oder gesichertem Erfahrungswissen nicht übereinstimmt oder sich so weit von einer Tatsachengrundlage entfernt, dass sich die gezogenen Schlussfolgerungen letztlich als reine Vermutung erweisen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 2017 – 1 StR 360/16, BeckRS 2017, 104320; Urteil vom 21. März 2013 – 3 StR 247/12, NStZ 2013, 420, 421 mwN). Zudem bedürfen die tatrichterlichen Feststellungen einer tragfähigen Beweisgrundlage (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 5. Dezember 2017 – 4 StR 513/17, juris Rn. 2; KK-Ott, StPO, 7. Aufl., § 261 Rn. 84).
17
2. Diesen Anforderungen wird das angegriffene Urteil nicht gerecht. Die Feststellung des Landgerichts, der Angeklagte habe bei den verstümmelnden Schnitten sein Opfer ohne Tötungsvorsatz nur noch körperlich verletzen wollen, ist nicht tragfähig belegt.
18
Der allein von der Strafkammer angeführte Umstand, dass „es allgemein bekannt ist, dass derartige Augen- und Ohrenverletzungen nicht ohne Weiteres zum Tode eines Menschen führen können“, was dem Angeklagten bewusst gewesen sei (UA S. 17), lässt keinen Rückschluss auf die Aufgabe oder den Fortbestand des vormals gefassten Tötungsvorsatzes zu. Denn die Annahme, dass die Schnitte an den Augenlidern und Ohren nicht tödlich sein würden, besagt nichts zu der Frage, was das handlungsleitende Motiv des Angeklagten war und welches Vorstellungsbild er insgesamt hatte.

IV.

19
Die aufgezeigten Rechtsfehler führen auf beide Revisionen zur Aufhebung des Schuld- und Strafausspruchs nebst den zu Grunde liegenden Fest- stellungen. Die Sache bedarf insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zum Alter des Angeklagten waren demgegenüber aufrechtzuerhalten. Da der Angeklagte danach nicht mehr der Jugendgerichtsbarkeit unterfällt, hat der Senat das Verfahren an eine als Schwurgericht tätige Strafkammer zurückverwiesen.
20
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass der Tatrichter für die Bewertung des Tötungsvorsatzes das neu festzustellende Gesamtgeschehen umfassend in den Blick wird nehmen müssen. Dabei wird er sich nicht nur der Frage zuwenden müssen, ob der Angeklagte während der Schnitte mit dem Käsemesser die Vorstellung hatte, der Angeklagte werde möglicherweise an den bereits beigebrachten Verletzungen versterben. Er wird auch zu beurteilen haben, dass der Angeklagte zum Zeitpunkt des Polizeizugriffs bäuchlings halb auf dem Nebenkläger kniete, mit dem rechten Arm den Kopf des auf dem Rücken liegenden Nebenklägers umfasste und in seiner linken Hand ein Besteckmesser mit einer umgebogenen Klinge führte und welches Vorstellungsbild er dabei verfolgte.
21
Sollte der neue Tatrichter wiederum zu einem Schuldspruch wegen einer qualifizierten schweren Körperverletzung gelangen, wird er zudem zu beachten haben, dass § 226 Abs. 1, Abs. 2 StGB einen Strafrahmen von drei bis zu fünfzehn Jahren eröffnet.
Schäfer Krehl Bartel Grube Schmidt

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 11. Apr. 2018 - 2 StR 551/17

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 11. Apr. 2018 - 2 StR 551/17

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 261 Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung


Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

Strafgesetzbuch - StGB | § 24 Rücktritt


(1) Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft be

Strafgesetzbuch - StGB | § 226 Schwere Körperverletzung


(1) Hat die Körperverletzung zur Folge, daß die verletzte Person 1. das Sehvermögen auf einem Auge oder beiden Augen, das Gehör, das Sprechvermögen oder die Fortpflanzungsfähigkeit verliert,2. ein wichtiges Glied des Körpers verliert oder dauernd nic
Bundesgerichtshof Urteil, 11. Apr. 2018 - 2 StR 551/17 zitiert 5 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 261 Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung


Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

Strafgesetzbuch - StGB | § 24 Rücktritt


(1) Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft be

Strafgesetzbuch - StGB | § 226 Schwere Körperverletzung


(1) Hat die Körperverletzung zur Folge, daß die verletzte Person 1. das Sehvermögen auf einem Auge oder beiden Augen, das Gehör, das Sprechvermögen oder die Fortpflanzungsfähigkeit verliert,2. ein wichtiges Glied des Körpers verliert oder dauernd nic

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Apr. 2018 - 2 StR 551/17 zitiert oder wird zitiert von 13 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 11. Apr. 2018 - 2 StR 551/17 zitiert 10 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 19. März 2013 - 1 StR 647/12

bei uns veröffentlicht am 19.03.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 647/12 vom 19. März 2013 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung u.a. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 19. März 2013, an der teilgenommen haben:

Bundesgerichtshof Urteil, 21. März 2013 - 3 StR 247/12

bei uns veröffentlicht am 21.03.2013

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 3 StR 247/12 vom 21. März 2013 in der Strafsache gegen wegen besonders schweren Raubes u.a. Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung am 21. März 2013, an der teilgenommen haben: Präs

Bundesgerichtshof Urteil, 12. Jan. 2017 - 1 StR 360/16

bei uns veröffentlicht am 12.01.2017

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 360/16 vom 12. Januar 2017 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen besonders schwerer Brandstiftung ECLI:DE:BGH:2017:120117U1STR360.16.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der

Bundesgerichtshof Beschluss, 13. Juni 2006 - 4 StR 67/06

bei uns veröffentlicht am 13.06.2006

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 67/06 vom 13. Juni 2006 in der Strafsache gegen wegen versuchten Mordes u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 13. Juni 2006 gemäß § 3

Bundesgerichtshof Beschluss, 05. Dez. 2017 - 4 StR 513/17

bei uns veröffentlicht am 05.12.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 513/17 vom 5. Dezember 2017 in der Strafsache gegen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. ECLI:DE:BGH:2017:051217B4STR513.17.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtsh

Bundesgerichtshof Beschluss, 24. Okt. 2017 - 1 StR 393/17

bei uns veröffentlicht am 24.10.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 1 StR 393/17 vom 24. Oktober 2017 in der Strafsache gegen wegen versuchten Totschlags u.a. ECLI:DE:BGH:2017:241017B1STR393.17.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und

Bundesgerichtshof Beschluss, 23. Nov. 2016 - 4 StR 471/16

bei uns veröffentlicht am 23.11.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 471/16 vom 23. November 2016 in der Strafsache gegen wegen versuchten Totschlags u.a. ECLI:DE:BGH:2016:231116B4STR471.16.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und

Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Nov. 2016 - 3 StR 402/16

bei uns veröffentlicht am 17.11.2016

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 402/16 vom 17. November 2016 in der Strafsache gegen wegen Mordes ECLI:DE:BGH:2016:171116B3STR402.16.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführe

Bundesgerichtshof Urteil, 13. Aug. 2015 - 4 StR 99/15

bei uns veröffentlicht am 13.08.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 4 StR99/15 vom 13. August 2015 in der Strafsache gegen 1. 2. 3. wegen versuchten besonders schweren Raubes u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 13. August 2015, an der

Bundesgerichtshof Urteil, 12. Feb. 2015 - 4 StR 420/14

bei uns veröffentlicht am 12.02.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 4 StR 420/14 vom 12. Februar 2015 in der Strafsache gegen wegen Betruges u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. Februar 2015, an der teilgenommen haben: Vorsitzende R
3 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 11. Apr. 2018 - 2 StR 551/17.

Bundesgerichtshof Beschluss, 09. Jan. 2020 - 4 StR 324/19

bei uns veröffentlicht am 09.01.2020

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 324/19 vom 9. Januar 2020 in der Strafsache gegen wegen versuchter schwerer Brandstiftung u.a. ECLI:DE:BGH:2020:090120B4STR324.19.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwal

Bundesgerichtshof Beschluss, 17. Juni 2019 - 4 StR 115/19

bei uns veröffentlicht am 17.06.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 4 StR 115/19 vom 17. Juni 2019 in der Strafsache gegen wegen Bedrohung u.a. Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung der Beschwerdeführerin am 17. Juni 2019 eins

Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Juli 2019 - 5 StR 235/19

bei uns veröffentlicht am 18.07.2019

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 5 StR 235/19 vom 18. Juli 2019 in der Strafsache gegen wegen gefährlicher Körperverletzung u.a. ECLI:DE:BGH:2019:180719B5STR235.19.0 Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers un

Referenzen

(1) Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung zu verhindern.

(2) Sind an der Tat mehrere beteiligt, so wird wegen Versuchs nicht bestraft, wer freiwillig die Vollendung verhindert. Jedoch genügt zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Vollendung der Tat zu verhindern, wenn sie ohne sein Zutun nicht vollendet oder unabhängig von seinem früheren Tatbeitrag begangen wird.

7
1. Die Abgrenzung zwischen unbeendetem und beendetem Versuch bestimmt sich nach dem Vorstellungsbild des Täters nach dem Abschluss der letzten von ihm vorgenommenen Ausführungshandlung, dem sogenannten Rücktrittshorizont. Bei einem Tötungsdelikt liegt demgemäß ein unbeendeter Versuch vor, bei dem allein der Abbruch der begonnenen Tathandlung zum strafbefreienden Rücktritt vom Versuch führt, wenn der Täter zu diesem Zeitpunkt noch nicht alles getan hat, was nach seiner Vorstellung zur Herbeiführung des Todes erforderlich oder zumindest ausreichend ist. Ein beendeter Tötungsver- such, bei dem der Täter für einen strafbefreienden Rücktritt vom Versuch den Tod des Opfers durch eigene Rettungsbemühungen verhindern oder sich darum zumindest freiwillig und ernsthaft bemühen muss, ist hingegen anzunehmen , wenn er den Eintritt des Todes bereits für möglich hält oder sich keine Vorstellungen über die Folgen seines Tuns macht. Eine Korrektur des Rücktrittshorizonts ist in engen Grenzen möglich. Der Versuch eines Tötungsdelikts ist daher nicht beendet, wenn der Täter zunächst irrtümlich den Eintritt des Todes für möglich hält, aber nach alsbaldiger Erkenntnis seines Irrtums von weiteren Ausführungshandlungen Abstand nimmt. Rechnet der Täter dagegen zunächst nicht mit einem tödlichen Ausgang, so liegt eine umgekehrte Korrektur des Rücktrittshorizonts vor, wenn er unmittelbar darauf erkennt, dass er sich insoweit geirrt hat. In diesem Fall ist ein beendeter Versuch gegeben, wenn sich die Vorstellung des Täters bei fortbestehender Handlungsmöglichkeit sogleich nach der letzten Tathandlung in engstem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dieser ändert. Fehlgeschlagen ist ein Versuch, wenn die Tat nach Misslingen des zunächst vorgestellten Tatablaufs mit den bereits eingesetzten oder anderen naheliegenden Mitteln objektiv nicht mehr vollendet werden kann und der Täter dies erkennt oder wenn er subjektiv die Vollendung nicht mehr für möglich hält. Auch dabei kommt es auf die Sicht des Täters nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung an (Rücktrittshorizont). Wenn der Täter zu diesem Zeitpunkt erkennt oder die subjektive Vorstellung hat, dass es zur Herbeiführung des Erfolgs eines erneuten Aussetzens bedürfte, etwa mit der Folge einer zeitlichen Zäsur und einer Unterbrechung des unmittelbaren Handlungsfortgangs , liegt ein Fehlschlag vor. Liegt ein Fehlschlag vor, scheidet ein Rücktritt vom Versuch nach allen Varianten des § 24 Abs. 1 oder Abs. 2 StGB aus; umgekehrt kommt es nur dann, wenn ein Fehlschlag nicht gegeben ist, auf die Unterscheidung zwischen unbeendetem und beendetem Versuch an, die für die vom Täter zu erbringende Rücktrittsleistung in Fällen des § 24 Abs. 1 StGB stets, in solchen des § 24 Abs. 2 StGB mittelbar dann von Bedeutung ist, wenn sich die (gemeinsame) Verhinderungsleistung von Versuchsbeteiligten in einem einverständlichen Unterlassen des Weiterhandelns erschöpfen kann. Allen Fällen ist gemeinsam, dass es auf das Vorstellungsbild des Täters im entscheidungserheblichen Zeitpunkt ankommt. Lässt sich den Urteilsfeststellungen das entsprechende Vorstellungsbild des Angeklagten, das zur revisionsrechtlichen Prüfung des Vorliegens eines freiwilligen Rücktritts vom Versuch unerlässlich ist, nicht hinreichend entnehmen, hält das Urteil sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 19. März 2013 – 1 StR 647/12, NStZ-RR 2013, 273 f.; vom 13. August 2015 – 4 StR 99/15, StraFo 2015, 470 jeweils mwN).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 647/12
vom
19. März 2013
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 19. März
2013, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl
als Vorsitzender
und die Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Radtke,
Zeng,
Richter
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwalt
als Vertreter der Nebenklägerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 3. Juli 2012 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben:
a) soweit der Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung (in Tateinheit) mit Freiheitsberaubung verurteilt worden ist und
b) im Gesamtstrafenausspruch.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

I.

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung (in Tateinheit) mit Freiheitsberaubung sowie wegen Urkundenfälschung in zwei Fällen und wegen versuchter Nötigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt.
2
Die Revision der Staatsanwaltschaft, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, ist auf die Anfechtung der Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung beschränkt. Die Staatsanwaltschaft erstrebt hinsichtlich der Gewalthandlungen vom 28./29. August 2011 jedenfalls die Verurteilung wegen eines versuchten Tötungsdelikts. Die weitergehende Verurteilung (wegen Urkundenfälschung in zwei Fällen und wegen versuchter Nötigung) ist vom Rechtsmittelangriff ausgenommen.
3
Die insoweit wirksam beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft hat mit der Sachrüge Erfolg, sodass es eines Eingehens auf die Verfahrensrüge nicht bedarf.

II.

4
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
5
1. Der Angeklagte unterhielt mit der Nebenklägerin (im Folgenden: N.) seit etwa 2008 eine Beziehung. Aus dieser Beziehung ging der gemeinsame Sohn L. hervor. Nachdem es zwischen den Partnern immer öfter Streitigkeiten gab, trennte sich N. im Juli 2011 vom Angeklagten. Trotz der Trennung wohnten sie und der Angeklagte weiter zusammen in der gemeinsamen Wohnung und schliefen im gleichen Zimmer. Der Angeklagte sowie N. beabsichtigten, zur Absicherung ihres Sohnes eine gemeinsame Lebensversicherung abzuschließen. Versicherungsnehmer sollten sie beide sein. Die Vertragsformalitäten sollten vom Angeklagten übernommen werden.
6
Nachdem der Angeklagte erkannte, dass die Trennung von N. endgültig ist, beschloss er zu einem nicht mehr genau bestimmbaren Zeitpunkt, N. zu töten. In diesem Zusammenhang wollte er die Versicherungsleistung aus der geplanten, noch abzuschließenden Lebensversicherung zu Unrecht selbst vereinnahmen. Den Tod der N. wollte er so herbeiführen, dass sich der Geschehensablauf als häuslicher Unfall darstellt.
7
In Ausführung dieses Planes füllte er am 1. Juli 2011 in seiner Wohnung einen Antrag auf Abschluss einer Lebensversicherung bei der C.-Versicherung aus. Als Versicherungsnehmer und als die zu versichernde Person trug er entgegen der Absprache mit N. in das Formular diese als alleinige Versicherungsnehmerin ein, versah den Antrag mit deren nachgemachter Unterschrift und trug sich selbst als Begünstigter im Todesfall der N. ein. Im Antrag bezifferte er die Versicherungsleistung, die im Todesfall der N. an ihn selbst ausgezahlt werden sollte, mit 1.340.000 €. Dieser Antrag ging am 4. Juli 2011 bei der C.-Versicherung ein. Mit der nachgemachten Unterschrift wollte er die Versicherung über den tatsächlichen Antragsteller täuschen. N. wusste hiervon nichts.
8
Entgegen der Vorstellung des Angeklagten lehnte die Versicherungsgesellschaft eine Deckung in der beantragten Höhe ab, erklärte sich aber zum Vertragsschluss in Höhe von 500.000 € entsprechend einer von der Versicherung durchgeführten Bedarfsberechnung bereit. Am 13. August 2011 unterschrieb der Angeklagte aufgrund eines neuen Tatentschlusses erneut in seiner Wohnung eine Erklärung über den Erhalt von Unterlagen sowie einen Zusatzantrag zur Hinterbliebenenabsicherung, in dem der Versicherungsbeginn 1. August 2011 und die Versicherungssumme mit 500.000 € vereinbart wurde.
9
Die vorgenannten Urkunden versah er wiederum mit der von ihm nachgemachten Unterschrift der N., um die Versicherung erneut darüber zu täuschen , dass diese die Antragsunterlagen - wie nicht - erhalten und unterschrieben hätte, und reichte sie bei der C.-Versicherung ein. Im Vertrauen auf die Echtheit der Urkunden bestätigte die C.-Versicherung das Zustandekommen des Versicherungsvertrages mit Versicherungspolice vom 16. August 2011, die der Angeklagte tags darauf zugestellt bekam. Auch davon bekam N. nichts mit. Versichert war der Tod der N. unabhängig davon, ob es sich um einen natürlichen oder um einen gewaltsamen Tod handelte. Dies wusste der Angeklagte.
10
Nachdem der Angeklagte die vertraglichen Voraussetzungen geschaffen und erfahren hatte, dass N. sich mit einem anderen Mann trifft, entschloss er sich schließlich am 28. August 2011, seinen Tötungsplan in die Tat umzusetzen.
11
Der Angeklagte wollte den Eindruck erwecken, N. sei beim Ausstieg aus der nassen Dusche auf dem Boden des Badezimmers ausgerutscht und mit dem Kopf auf einen harten Gegenstand aufgeschlagen, wobei sie sich tödliche Verletzungen zugezogen habe. Hierzu verstreute er am Abend vorher auf dem Boden Waschpulver und legte sich Geschirrtücher sowie Kabelbinder unter dem Kopfkissen zurecht, um damit N. zu fesseln. Den gemeinsamen Sohn L. verbrachte er zu seinen Eltern, damit dieser von der Tat nichts mitbekomme. Um sich selbst ein Alibi zu verschaffen, verbrachte er den Abend bei seinen Eltern und legte sich, nachdem sein Vater zu Bett ging, zum Schein auf die Couch, um den Eindruck zu erwecken, er werde die ganze Nacht bei seinen Eltern verbringen.
12
Tatsächlich begab er sich jedoch heimlich zurück in seine Wohnung, wo er im Bett liegend auf die Rückkehr von N. wartete. Diese kehrte etwa gegen 2.30 Uhr zurück und legte sich nur mit einer Unterhose bekleidet neben den Angeklagten in ihre Betthälfte. Zu einem nicht mehr näher bestimmbaren Zeitpunkt zwischen 3.15 Uhr und 5.30 Uhr begann der Angeklagte, die schlafende, wehrlose N. zu fesseln. Er drehte sie dazu auf den Bauch und fesselte ihr zuerst mit einem stabilen Klebeband die Hände auf dem Rücken, wickelte ihr dann die bereits vorher dazu ebenfalls bereitgelegten Geschirrtücher um die Handgelenke und fixierte diese dann über den zur Polsterung und Striemenvermeidung dienenden Tüchern mit den bereitliegenden Kabelbindern. Hierdurch wurde N. wach, worauf der Angeklagte ihr sogleich den Mund mit Klebeband verklebte. Damit wollte der Angeklagte jeglichen Fluchtversuch der N. von vornherein verhindern.
13
Anschließend nahm er eine nicht näher identifizierte Pistole, hielt sie an ihren Mund und sagte, er würde sie wahnsinnig gerne erschießen. Tatsächlich beabsichtigte er dies nicht, sondern wollte sie einschüchtern und in Todesangst versetzen, was ihm auch gelang. Anschließend fesselte er N. mit dem Klebeband noch an den Beinen, um sie ohne Gegenwehr in das Badezimmer verbringen zu können. Entsprechend seinem Plan verbrachte er die verängstigte und wehrlose N. gegen ihren Willen ins Badezimmer und bespritzte dort das schon am Abend zuvor auf dem Boden verstreute Waschpulver mit Wasser, um einen Schmierfilm zu erzeugen. Anschließend verbrachte er sie nochmals ins Schlafzimmer und gleich wieder zurück ins Bad. Er stellte N. nun unter die laufende Dusche, um sie nass zu machen.
14
Dann zog er sie aus der Dusche, fasste sie mit den Händen an den Kopf, zog diesen zuerst nach vorne und schleuderte die gefesselte N. dann mit aller Kraft nach hinten, um ihr durch den Sturz möglichst tödliche Kopfverletzungen zuzufügen. Die aufgrund der Fesselung völlig wehrlose N. stürzte und schlug mit der linken Schulter und dem Hinterkopf auf dem gefliesten Boden auf. Sie blieb zwar auf dem Rücken liegen, war jedoch nicht schwer verletzt. Der Angeklagte war von diesem vergleichsweise harmlosen Verlauf überrascht, da er zumindest mit dem Eintreten der Bewusstlosigkeit der N. rechnete. Er entschloss sich nunmehr, N. dadurch zu töten, dass er ihr das Genick bricht. Er setzte sich dazu auf die Hüfte auf der am Boden liegenden N., nahm ihren Kopf in seine Hände und versuchte, durch gewaltsames Überdrehen des Kopfes nach hinten dieser tödliche Genickverletzungen zuzufügen. Als dies aufgrund Muskelanspannung der N. misslang, fasste er mit einer Hand unter die rechte Schulter der N., zog sie nach oben und drückte mit der anderen Hand gleichzeitig ihren Kopf nach unten. Da auch dies nicht zu tödlichen Verletzungen führte, kniete er sich nunmehr neben N., fasste mit einer Hand an ihren Hinterkopf und mit der anderen an ihr Kinn, um den Kopf kraftvoll drehen zu können. Er zog sodann gleichzeitig ihren Hinterkopf seitlich nach vorne und drückte ihr Kinn nach hinten. Aber auch hierdurch gelang es ihm nicht, N. erhebliche bzw. tödliche Verletzungen zuzufügen, weil diese ihren Körper mitdrehen konnte.
15
Er ließ nun von N. ab und fing an, diese zu beschimpfen. Er warf ihr vor, sie sei schuld am Scheitern der Beziehung und auch an dem was nunmehr passiere, weil sie egoistisch sei und nur an sich selbst denke. N. antwortete auf die Beschimpfungen und Vorhalte des Angeklagten trotz verklebtem Mund so gut sie konnte, worauf der Angeklagte ihr mehrfach mit der flachen Hand auf die Wange schlug, um damit zum Ausdruck zu bringen, dass ihm ihre Antwort nicht gefiel.
16
Nunmehr entschloss er sich, die Gegenwehr der N. dadurch auszuschalten , dass er sie bis zur Ohnmacht knebelte, um ihren Kopf dann ohne Widerstand auf den Boden schleudern zu können bzw. ihr durch gewaltsames Verdrehen des Kopfes tödliche Verletzungen zuzufügen. Hierzu drückte er zunächst ihren Mund und ihre Nase mit der Hand zu. Infolge dieser Behandlung löste sich das Klebeband von ihrem Mund und N. schrie so laut sie konnte um Hilfe. Dies geschah ca. um 6.00 Uhr früh. Nun drückte er ihr ein im Badezimmer in unmittelbarer Reichweite befindliches Handtuch tief in den Mund- und Rachenraum und hielt ihr gleichzeitig die Nase zu. Damit gelang es ihm, die Luftzufuhr der N. vollständig zu unterbinden, sodass N. nicht mehr atmen konn- te, ihre Gegenwehr aufgab und dachte, sie werde nun sterben. Erst als sie langsam kraftlos wurde und, wie er erkannte, kurz vor der Bewusstlosigkeit stand, ließ der Angeklagte wortlos von seinem Vorhaben ab und nahm den Knebel aus ihrem Mund, sodass sie schließlich wieder Luft bekam und sich erholte.
17
Anschließend trug er die immer noch am Boden liegende, gefesselte halbnackte N. zurück in das Schlafzimmer und zwang sie, auf dem Bett liegen zu bleiben. Als er bemerkte, dass es ihr zwischenzeitlich gelungen war, der Fesselung der Hände durch die Kabelbinder teilweise zu entkommen, drehte er sie gewaltsam in Bauchlage und legte ihr neue Kabelbinder an, die er so fest zuzog, dass sie Schmerzen erlitt. Im weiteren Verlauf bot N. dem Angeklagten aus Angst um ihr Leben eine Übertragung des Sorgerechts für den gemeinsamen Sohn an und versprach ihm, sie werde nicht zur Polizei gehen, wenn er sie frei lasse.
18
Schließlich nahm der Angeklagte N. gegen 8.30 Uhr die Fesselung ab und ließ sie gegen 9.15 Uhr aus der Wohnung. Der Angeklagte bedrohte sie kurz vor Verlassen der Wohnung noch, dass er sie umbringen werde, wenn sie den Vorfall der Polizei melde.
19
Dennoch erstattete N. nach einer Überlegungsphase und erst nach Aufforderung durch ihre Mutter am 29. August 2011 abends Anzeige gegen den Angeklagten.
20
N. erlitt durch den Erstickungsversuch Petechien im Auge, durch den Aufprall auf dem gefliesten Boden eine 4 cm große Beule am Hinterkopf, durch die Misshandlungen starke Schmerzen am Hals und durch die Fesselung an den Hand- und Sprunggelenken Hautreizungen und Schmerzen. Dies hatte der Angeklagte zumindest billigend in Kauf genommen.
21
N. ist seit diesem Vorfall in psychiatrischer Behandlung. Ob und in welchem Umfang psychische Dauerfolgen verbleiben, steht nicht fest. Sie hat nach wie vor schon bei alltäglichen Berührungen Angstzustände.
22
2. Das Landgericht hat im Rahmen der Beweiswürdigung (III. 6 = UA S. 10-12) das Vorliegen eines fehlgeschlagenen Tötungsversuchs verneint und bei der rechtlichen Würdigung (IV. 1 = UA S. 12) einen freiwilligen Rücktritt vom unbeendeten Versuch bejaht. Es hat bei dem Tatgeschehen vom 28./29. August 2011 eine Zäsur nur im Hinblick auf die abschließende versuchte Nötigung angenommen und ist davon ausgegangen, dass das Dauerdelikt der Freiheitsberaubung "die übrigen Körperverletzungsdelikte" verklammere.

III.

23
Das angefochtene Urteil leidet an durchgreifenden materiell-rechtlichen Fehlern.
24
1. Insbesondere ist den getroffenen Feststellungen nicht das Vorstellungsbild des Täters nach Abschluss der letzten von ihm vorgenommenen Ausführungshandlung , der sogenannte Rücktrittshorizont, zu entnehmen. Bei Vorliegen einer Zäsur müssen zudem die Vorstellungen des Angeklagten jeweils nach der (vorläufig) letzten Ausführungshandlung dargetan werden.
25
Auf den Rücktrittshorizont des Angeklagten kann hier nicht aus dem Urteil in seiner Gesamtheit geschlossen werden, wenn auch im Rahmen der Beweiswürdigung (III. 6 = UA S. 10-12) und der rechtlichen Würdigung (IV. 1 = UA S. 12) rudimentär Rücktrittselemente angesprochen werden. Hier wird jeweils in erster Linie mitgeteilt, was nicht festgestellt werden konnte, ohne dass - ergänzend heranzuziehende - klare und eindeutige Feststellungen zum Vorstellungsbild des Angeklagten nach den verschiedenen Tathandlungen getroffen wurden. Ohnehin konnte N. zum jeweiligen Vorstellungsbild des Angeklagten schon deshalb keine Angaben machen, weil er sich hierzu nicht geäußert hat. Die entsprechenden Feststellungen sind aber unerlässlich; denn auf den Rücktrittshorizont kommt es bei der Beurteilung, ob ein freiwilliger Rücktritt vom Versuch vorliegt, entscheidend an.
26
Das ergibt sich aus Folgendem:
27
Die Abgrenzung zwischen unbeendetem und beendeten Versuch bestimmt sich nach dem Vorstellungsbild des Täters nach dem Abschluss der letzten von ihm vorgenommenen Ausführungshandlung, dem sogenannten Rücktrittshorizont. Bei einem Tötungsdelikt liegt demgemäß ein unbeendeter Versuch vor, bei dem allein der Abbruch der begonnenen Tathandlung zum strafbefreienden Rücktritt vom Versuch führt, wenn der Täter zu diesem Zeitpunkt noch nicht alles getan hat, was nach seiner Vorstellung zur Herbeiführung des Todes erforderlich oder zumindest ausreichend ist.
28
Ein beendeter Tötungsversuch, bei dem der Täter für einen strafbefreienden Rücktritt vom Versuch den Tod des Opfers durch eigene Rettungsbemühungen verhindern oder sich darum zumindest freiwillig und ernsthaft bemühen muss, ist hingegen anzunehmen, wenn er den Eintritt des Todes bereits für möglich hält oder sich keine Vorstellungen über die Folgen seines Tuns macht.
29
Eine Korrektur des Rücktrittshorizonts ist in engen Grenzen möglich. Der Versuch eines Tötungsdelikts ist daher nicht beendet, wenn der Täter zunächst irrtümlich den Eintritt des Todes für möglich hält, aber nach alsbaldiger Erkenntnis seines Irrtums von weiteren Ausführungshandlungen Abstand nimmt.
30
Rechnet der Täter dagegen zunächst nicht mit einem tödlichen Ausgang, so liegt eine umgekehrte Korrektur des Rücktrittshorizonts vor, wenn er unmittelbar darauf erkennt, dass er sich insoweit geirrt hat.
31
In diesem Fall ist ein beendeter Versuch gegeben, wenn sich die Vorstellung des Täters bei fortbestehender Handlungsmöglichkeit sogleich nach der letzten Tathandlung in engstem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dieser ändert (st. Rspr. vgl. u.a. BGH, Urteil vom 1. Dezember 2011 - 3 StR 337/11 mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen; BGH, Urteil vom 2. Februar 2012 - 3 StR 401/11; BGH, Urteil vom 8. Mai 2012 - 5 StR 528/11).
32
Fehlgeschlagen ist ein Versuch, wenn die Tat nach Misslingen des zunächst vorgestellten Tatablaufs mit den bereits eingesetzten oder anderen nahe liegenden Mitteln objektiv nicht mehr vollendet werden kann und der Täter dies erkennt oder wenn er subjektiv die Vollendung nicht mehr für möglich hält. Dabei kommt es auf die Sicht des Täters nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung an (Rücktrittshorizont). Wenn der Täter zu diesem Zeitpunkt erkennt oder die subjektive Vorstellung hat, dass es zur Herbeiführung des Erfolgs eines erneuten Aussetzens bedürfte, etwa mit der Folge einer zeitlichen Zäsur und einer Unterbrechung des unmittelbaren Handlungsfortgangs, liegt ein Fehlschlag vor (st. Rspr. vgl. nur BGH, Urteil vom 25. Oktober 2012 - 4 StR 346/12 mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
33
Liegt ein Fehlschlag vor, scheidet ein Rücktritt vom Versuch nach allen Varianten des § 24 Abs. 1 oder Abs. 2 StGB aus; umgekehrt kommt es nur dann, wenn ein Fehlschlag nicht gegeben ist, auf die Unterscheidung zwischen unbeendetem und beendetem Versuch an, die für die vom Täter zu erbringende Rücktrittsleistung in Fällen des § 24 Abs. 1 StGB stets, in solchen des § 24 Abs. 2 StGB mittelbar dann von Bedeutung ist, wenn sich die (gemeinsame) Verhinderungsleistung von Versuchsbeteiligten in einem einverständlichen Unterlassen des Weiterhandelns erschöpfen kann (vgl. nur BGH, Urteil vom 19. Mai 2010 - 2 StR 278/09 mwN).
34
Allen Fällen ist gemeinsam, dass es auf das Vorstellungsbild des Täters im entscheidungserheblichen Zeitpunkt ankommt. Diese Vorstellung ist gegebenenfalls auch für die Beurteilung der Freiwilligkeit eines Rücktritts von Bedeutung (vgl. BGH, Urteil vom 15. September 2005 - 4 StR 216/05 mwN).
35
Lässt sich den Urteilsfeststellungen das entsprechende Vorstellungsbild des Angeklagten, das zur revisionsrechtlichen Prüfung des Vorliegens eines freiwilligen Rücktritts vom Versuch unerlässlich ist, nicht hinreichend entnehmen , hält das Urteil sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand (vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 13. November 2012 - 3 StR 411/12; BGH, Beschluss vom 29. September 2011 - 3 StR 298/11; BGH, Beschluss vom 11. Februar 2003 - 4 StR 8/03).
36
Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, weil es sich um ein mehrstündiges und mehraktiges Tatgeschehen handelt und auch die Prüfung der Annahme nur einer Tat im Rechtssinne vorzunehmen ist. Denn würde man, was hier nicht fern liegt, eine oder mehrere Zäsuren (hinsichtlich der abschließenden versuchten Nötigung ist der Tatrichter selbst davon ausgegangen [UA S. 13]) annehmen, ist die Mitteilung des Vorstellungsbildes des Angeklagten nach der jeweils letzten Ausführungshandlung geboten.
37
Die Annahme des Landgerichts, das Dauerdelikt der (einfachen) Freiheitsberaubung verklammere auch gefährliche Körperverletzungen (die konkrete Fesselung kann ebenfalls eine gefährliche Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB darstellen; vgl. u.a. BGH, Urteil vom 21. Januar 2004 - 1 StR 364/03 mwN; Fischer, StGB, 60. Aufl., Rn. 9b zu § 224), begegnet rechtlichen Bedenken; denn das im Strafrahmen des § 224 StGB zum Ausdruck kommende Gewicht übersteigt das des Dauerdelikts (§ 239 StGB) erheblich (vgl. Fischer aaO Rn. 32 vor § 52).
38
Zu denken ist aber an eine natürliche Handlungseinheit. Eine solche und damit eine Tat im materiell-rechtlichen Sinne liegt bei einer Mehrheit gleichartiger strafrechtlich erheblicher Verhaltensweisen nach der Rechtsprechung nur dann vor, wenn die einzelne Betätigungsakte durch ein gemeinsames subjektives Element verbunden sind und zwischen ihnen ein derart unmittelbarer räumlicher und zeitlicher Zusammenhang besteht, dass das gesamte Handeln des Täters objektiv auch für einen Dritten als ein einheitliches zusammengehöriges Tun erscheint.
39
Für die Beurteilung einzelner Versuchshandlungen als eine natürliche Handlungseinheit ist deshalb eine solche Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Dabei begründet der Wechsel eines Angriffsmittels nicht ohne Weiteres eine die Annahme einer Handlungseinheit ausschließende Zäsur. Eine tatbestandliche Handlungseinheit endet jedoch mit dem Fehlschlagen des Versuchs (vgl. u.a. BGH, Urteil vom 25. November 2004 - 4 StR 326/04 mwN).
40
Auch für die Beurteilung, ob die einzelnen Betätigungsakte durch ein gemeinsames subjektives Element verbunden sind, ist die (jeweils rechtsfehlerfreie ) Feststellung der subjektiven Tatseite erforderlich.
41
An all diesem fehlt es hier.
42
Die Urteilsgründe lassen weiter nicht eindeutig erkennen, ob der Angeklagte durchgehend davon ausging, den Tod der N. (als außertatbestandliches Ziel) als Unfall darstellen zu können oder nur noch ihren gewaltsamen Tod erstrebte , obwohl dafür das Risiko für ihn größer wurde, als Täter in Verdacht zu geraten und deshalb die Versicherungssumme nicht ausbezahlt zu erhalten. Denn es ist naheliegend, dass bei einem offensichtlich gewaltsamen Tod der N. in der Wohnung des Angeklagten kurz nach Abschluss einer entsprechenden Lebensversicherung und bei einem möglichen Sorgerechtsstreit (UA S. 7) der Tatverdacht auf den Angeklagten fallen würde.
43
Die Urteilsgründe lassen offen, ob der Angeklagte möglicherweise nur noch weiterhandelte, um seine vorausgehende Tat zu verdecken.
44
Das Fehlen entsprechender Feststellungen und Erörterungen lässt eine abschließende Prüfung durch das Revisionsgericht nicht zu.
45
Die Rechtsfehler führen zur Aufhebung des Urteils im angefochtenen Umfang.
46
Die zugrundeliegenden Feststellungen waren ebenfalls aufzuheben, da der Senat nicht ausschließen kann, dass auch insoweit neue Feststellungen getroffen werden können, die sich auf das Vorstellungsbild des Angeklagten im jeweiligen rechtserheblichen Zeitpunkt ausgewirkt haben.
47
2. Der Schuldspruch wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung hatte im Übrigen schon deshalb keinen Bestand, weil die Strafkammer übersehen hat, dass tateinheitlich begangen auch eine Bedrohung (mit der Pistole; § 241 StGB) vorliegt. Ob diese hinter einem versuchten Tötungsdelikt zurücktreten würde, kann hier offenbleiben; sie würde aber nicht hinter der vom Landgericht lediglich angenommenen gefährlichen Körperverletzung zurücktreten (vgl. zur Problematik u.a. BGH, Beschluss vom 13. Februar 2002 - 2 StR 523/01; auch BGH, Beschluss vom 9. Februar 2000 - 2 StR 639/99). Wahl Rothfuß Jäger Radtke Zeng

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR99/15
vom
13. August 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen versuchten besonders schweren Raubes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 13. August
2015, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,
Richterin am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Dr. Mutzbauer,
Bender
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt und
Rechtsanwältin – jeweils in der Verhandlung –
als Verteidiger des Angeklagten L. ,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung –
als Verteidiger des Angeklagten D. ,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung –
als Verteidiger des Angeklagten K. ,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung –
als Vertreter des Nebenklägers,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Dem Angeklagten K. wird auf seinen Antrag nach Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Essen vom 12. November 2014 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Die Kosten der Wiedereinsetzung trägt der Angeklagte. 2. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 12. November 2014 mit den Feststellungen aufgehoben. 3. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten des versuchten besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig gesprochen und den Angeklagten L. zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren, den Angeklagten D. zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und zwei Monaten und den Angeklagten K. zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Dagegen richten sich die Revisionen der Angeklagten jeweils mit der Sachrüge; der Angeklagte D. hat zudem Verfahrensrügen erhoben. Die Rechtsmittel haben Erfolg.

I.


2
Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils hatte der Nebenkläger mit H. in einem Nebenraum der Gaststätte des Angeklagten L. um Geldbeträge Karten gespielt. H. verlor sein gesamtes Geld und warf dem Nebenkläger vor, ihn betrogen zu haben. Aus Wut schlug er dem Nebenkläger mit einem Bierkrug zweimal gegen die linke Stirnseite, so dass dieser zwei heftig blutende Platzwunden erlitt. H. ging dann in den Gastraum und beschwerte sich lautstark, dass der Nebenkläger ihn betrogenhabe und ihm das vom Nebenkläger eingesteckte Geld zustehe. Der Angeklagte L. , der dies hörte, kam mit den Angeklagten D. und K. überein, dem Nebenkläger das „eingesteckte Geld“ gewaltsam abzunehmen, um es für sich zu behalten. Sie gingen zu dritt in den Nebenraum und erklärten dem Nebenkläger abwechselnd „Gib das Geld raus, sonst kommst du hier nicht lebend raus!“. Der Angeklagte D. nahm einen Stuhl und schlug damit im Einver- ständnis mit den beiden anderen Angeklagten mehrfach auf den Kopf des Nebenklägers , der dadurch zu Boden ging. Danach hielt er die Tür des Nebenraums von innen zu, während der Angeklagte K. dem Nebenkläger mehrfach mit der Faust ins Gesicht schlug und ihn auch wiederholt gegen den Kopf trat. Der Nebenkläger kam wieder auf die Beine und versuchte, aus dem Fenster zu flüchten. Der Angeklagte L. packte ihn mit der Hand an der Kehle und sagte erneut: „Gib das Geld her, sonst kommst du hier nicht raus!“ und durchsuchte die Taschen, ohne Geld zu finden. Auch sonst gelangten die Angeklagten nicht in den Besitz des Geldes.
3
Der Angeklagte L. verließ schließlich den Nebenraum und ließ die Tür geöffnet. Die Zeugin W. bot an, dem Geschädigten Erste Hilfe zu leisten und ging in den Nebenraum. Der Angeklagte L. brachte ihr auf ihre Aufforderung Verbandszeug, warmes Wasser und Tücher in den Nebenraum. Während sich Frau W. um den Geschädigten kümmerte, versuchte der Angeklagte L. , dessen Jackentaschen zu durchsuchen. Der Geschädigte wehrte sich gegen die Bemühungen der Zeugin und die Griffe des Angeklagten L. und verließ die Gaststätte. Er wurde mit dem Krankenwagen ins Krankenhaus gebracht, wo Polizeibeamte 1.145 € in seiner innenliegenden Jackentasche fanden.
4
Das Landgericht hat nicht auszuschließen vermocht, dass die aufgefundenen 1.145 € das gesamte Geld aus dem Spiel mit H. waren. Es hat deshalb nicht feststellen können, dass die Angeklagten dem Geschädigten Geld abnahmen, und hat sie wegen versuchten besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung verurteilt.

II.


5
1. Dem Angeklagten K. war auf seinen Antrag nach Versäumung der Revisionsbegründungsfrist des § 345 Abs. 1 StPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da die Fristversäumung ihre Ursache allein im Organisationsbereich des beauftragten Verteidigers hatte.
6
2. Die Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge führt zu dessen Aufhebung , weil das Landgericht weder das Vorliegen eines fehlgeschlagenen Versuchs noch die Frage eines strafbefreienden Rücktritts gemäß § 24Abs. 1 und 2 StGB geprüft hat. Auf die vom Angeklagten D. erhobenen Verfahrensrügen kommt es deshalb nicht an.
7
a) Fehlgeschlagen ist ein Versuch, wenn die Tat nach Misslingen des zunächst vorgestellten Tatablaufs mit den bereits eingesetzten oder anderen nahe liegenden Mitteln objektiv nicht mehr vollendet werden kann und der Täter dies erkennt oder wenn er subjektiv die Vollendung nicht mehr für möglich hält. Dabei kommt es auf die Sicht des Täters nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung an (Rücktrittshorizont). Wenn der Täter zu diesem Zeitpunkt erkennt oder die subjektive Vorstellung hat, dass es zur Herbeiführung des Erfolgs eines erneuten Aussetzens bedürfte, etwa mit der Folge einer zeitlichen Zäsur und einer Unterbrechung des unmittelbaren Handlungsfortgangs, liegt ein Fehlschlag vor. Ist dies der Fall, scheidet ein Rücktritt vom Versuch nach allen Varianten des § 24 Abs. 1 oder Abs. 2 StGB aus. Umgekehrt kommt es nur dann, wenn ein Fehlschlag nicht gegeben ist, auf die Unterscheidung zwischen unbeendetem und beendetem Versuch an, die für die vom Täter zu erbringende Rücktrittsleistung in Fällen des § 24 Abs. 1 StGB stets, in solchen des § 24 Abs. 2 StGB mittelbar dann von Bedeutung ist, wenn sich die (gemeinsame) Verhinderungsleistung von Versuchsbeteiligten in einem einverständlichen Unterlassen des Weiterhandelns erschöpft. Allen Fällen ist gemeinsam, dass es auf das Vorstellungsbild des Täters im entscheidungserheblichen Zeitpunkt ankommt. Diese Vorstellung ist gegebenenfalls auch für die Beurteilung der Freiwilligkeit eines Rücktritts von Bedeutung. Lässt sich den Urteilsfeststellungen das entsprechende Vorstellungsbild des Angeklagten, das zur revisionsrechtlichen Prüfung des Vorliegens eines freiwilligen Rücktritts vom Versuch unerlässlich ist, nicht hinreichend entnehmen, hält das Urteil sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand (zum Ganzen: BGH, Urteil vom 19. März 2013 – 1 StR 647/12, NStZ-RR 2013, 273, 274; zur revisionsgerichtlichen Überprüfung ferner: BGH, Beschlüsse vom 11. März 2014 – 1 StR 735/13, NStZ-RR 2014, 201, 202; vom 27. November 2014 – 3 StR 458/14, NStZ-RR 2015, 105, 106; vom 4. Juni 2014 – 4 StR 168/14 jeweils mwN). Dies gilt umso mehr, wenn es sich um ein mehraktiges Tatgeschehen handelt und auch die Prüfung der Annahme nur einer Tat im Rechtssinne vorzunehmen ist. Denn würde man eine Zäsur annehmen, wäre die Mitteilung des Vorstellungsbildes des Angeklagten nach der jeweils letzten Ausführungshandlung geboten (BGH, Urteil vom 19. März 2013 – 1 StR 647/12, NStZ-RR 2013, 273, 274).
8
b) Diesen Anforderungen werden die Darlegungen in den Urteilsgründen nicht gerecht.
9
Denn das Landgericht hat weder ausdrückliche Feststellungen zum Rücktrittshorizont der Angeklagten getroffen noch aus den getroffenen Feststellungen Rückschlüsse auf das Vorstellungsbild der Angeklagten nach Abschluss der – jeweiligen – letzten Ausführungshandlung gezogen. Vielmehr hat es zum ersten Handlungsabschnitt lediglich festgestellt, dass die Angeklagten das Geld bei der Durchsuchung der Taschen des Opfers nicht fanden und nicht in den Besitz des Geldes gelangten. Dass es infolge der erfolglosen Durchsuchung des Nebenklägers nicht zur Vollendung der Tat kam, begründet indes allein weder einen Fehlschlag des Versuchs, noch können hieraus derart sichere Schlüsse zur Frage der Freiwilligkeit des Nicht-Weiterhandelns gezogen werden , dass es dem Senat möglich ist, die vom Tatrichter nicht ausdrücklich getroffenen Feststellungen selbst zweifelsfrei dem Gesamtzusammenhang des Urteils zu entnehmen. Denn die Angeklagten wussten, dass der Nebenkläger das gewonnene Geld eingesteckt und – nach den Feststellungen ersichtlich – noch bei sich hatte. Entsprechendes gilt bezüglich des zweiten Handlungsabschnitts. Insoweit bleibt offen, ob das erneute Durchsuchen des Opfers in Anwesenheit der Zeugin W. Teil eines mit dem ersten Handlungsabschnitt einheitlichen Geschehens darstellt, oder ob eine Zäsur eingetreten war, als (nur?) der Angeklagte L. den Nebenraum verließ. Auch hier bleibt unerör- tert, welche Vorstellungen der Angeklagte L. bzw. die Angeklagten im Moment des Entkommenlassens des Opfers hatten.
10
3. Der Darlegungs- und Erörterungsmangel nötigt insgesamt zur Aufhebung des Urteils, wenngleich die tateinheitliche Verurteilung der Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 StGB rechtsfehlerfrei erfolgt ist.
Sost-Scheible Roggenbuck Cierniak
Mutzbauer Bender
7
1. Die Abgrenzung zwischen unbeendetem und beendetem Versuch bestimmt sich nach dem Vorstellungsbild des Täters nach dem Abschluss der letzten von ihm vorgenommenen Ausführungshandlung, dem sogenannten Rücktrittshorizont. Bei einem Tötungsdelikt liegt demgemäß ein unbeendeter Versuch vor, bei dem allein der Abbruch der begonnenen Tathandlung zum strafbefreienden Rücktritt vom Versuch führt, wenn der Täter zu diesem Zeitpunkt noch nicht alles getan hat, was nach seiner Vorstellung zur Herbeiführung des Todes erforderlich oder zumindest ausreichend ist. Ein beendeter Tötungsver- such, bei dem der Täter für einen strafbefreienden Rücktritt vom Versuch den Tod des Opfers durch eigene Rettungsbemühungen verhindern oder sich darum zumindest freiwillig und ernsthaft bemühen muss, ist hingegen anzunehmen , wenn er den Eintritt des Todes bereits für möglich hält oder sich keine Vorstellungen über die Folgen seines Tuns macht. Eine Korrektur des Rücktrittshorizonts ist in engen Grenzen möglich. Der Versuch eines Tötungsdelikts ist daher nicht beendet, wenn der Täter zunächst irrtümlich den Eintritt des Todes für möglich hält, aber nach alsbaldiger Erkenntnis seines Irrtums von weiteren Ausführungshandlungen Abstand nimmt. Rechnet der Täter dagegen zunächst nicht mit einem tödlichen Ausgang, so liegt eine umgekehrte Korrektur des Rücktrittshorizonts vor, wenn er unmittelbar darauf erkennt, dass er sich insoweit geirrt hat. In diesem Fall ist ein beendeter Versuch gegeben, wenn sich die Vorstellung des Täters bei fortbestehender Handlungsmöglichkeit sogleich nach der letzten Tathandlung in engstem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dieser ändert. Fehlgeschlagen ist ein Versuch, wenn die Tat nach Misslingen des zunächst vorgestellten Tatablaufs mit den bereits eingesetzten oder anderen naheliegenden Mitteln objektiv nicht mehr vollendet werden kann und der Täter dies erkennt oder wenn er subjektiv die Vollendung nicht mehr für möglich hält. Auch dabei kommt es auf die Sicht des Täters nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung an (Rücktrittshorizont). Wenn der Täter zu diesem Zeitpunkt erkennt oder die subjektive Vorstellung hat, dass es zur Herbeiführung des Erfolgs eines erneuten Aussetzens bedürfte, etwa mit der Folge einer zeitlichen Zäsur und einer Unterbrechung des unmittelbaren Handlungsfortgangs , liegt ein Fehlschlag vor. Liegt ein Fehlschlag vor, scheidet ein Rücktritt vom Versuch nach allen Varianten des § 24 Abs. 1 oder Abs. 2 StGB aus; umgekehrt kommt es nur dann, wenn ein Fehlschlag nicht gegeben ist, auf die Unterscheidung zwischen unbeendetem und beendetem Versuch an, die für die vom Täter zu erbringende Rücktrittsleistung in Fällen des § 24 Abs. 1 StGB stets, in solchen des § 24 Abs. 2 StGB mittelbar dann von Bedeutung ist, wenn sich die (gemeinsame) Verhinderungsleistung von Versuchsbeteiligten in einem einverständlichen Unterlassen des Weiterhandelns erschöpfen kann. Allen Fällen ist gemeinsam, dass es auf das Vorstellungsbild des Täters im entscheidungserheblichen Zeitpunkt ankommt. Lässt sich den Urteilsfeststellungen das entsprechende Vorstellungsbild des Angeklagten, das zur revisionsrechtlichen Prüfung des Vorliegens eines freiwilligen Rücktritts vom Versuch unerlässlich ist, nicht hinreichend entnehmen, hält das Urteil sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 19. März 2013 – 1 StR 647/12, NStZ-RR 2013, 273 f.; vom 13. August 2015 – 4 StR 99/15, StraFo 2015, 470 jeweils mwN).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 67/06
vom
13. Juni 2006
in der Strafsache
gegen
wegen versuchten Mordes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 13. Juni 2006 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Essen vom 8. November 2005
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass die tateinheitliche Verurteilung wegen versuchten Mordes entfällt,
b) im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs und zur Aufhebung des Strafausspruchs; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.


2
Der aus Vietnam stammende Angeklagte war davon überzeugt, er sei der leibliche Vater der im Februar 2003 geborenen Nina, deren Mutter Prapkak K. zum Zeitpunkt der Geburt mit einem anderen Mann verheiratet war. Dieser erhob, nachdem er von der Beziehung seiner Frau zu dem Angeklagten Kenntnis erlangt hatte, eine Vaterschaftsanfechtungsklage beim Amtsgericht Essen. Anfang April 2005 traf der Angeklagte, der Nina besuchen wollte, in der Wohnung Prapkak K. 's auf deren neuen Freund Rolf R. , der ihm erklärte, er werde Prapkak K. heiraten. Der Angeklagte könne Nina nicht immer besuchen und solle aufhören, Prapkak K. zu belästigen. "Um sich Genugtuung zu verschaffen", entschloss sich der Angeklagte, Rolf R. "eine Lektion" zu erteilen. Der Angeklagte, der vom Amtsgericht Essen in der Kindschaftssache auf den 2. Mai 2005 als Zeuge geladen war, ging davon aus, er werde Rolf R. an diesem Tage im Gebäude des Amts- und Landgerichts Essen antreffen. Da er wusste, dass Besucher des Gerichts mit einem Metalldetektor darauf untersucht werden, ob sie metallische Gegenstände bei sich tragen, spitzte er zwei Paar Essstäbchen aus Bambus mit einem Messer an.
3
Am Tattag steckte der Angeklagte ein Paar dieser Essstäbchen in seine rechte Hosentasche. Damit wollte er Rolf R. in den Bauch stechen, wobei er mit der Möglichkeit rechnete, dass ein solcher Stich tödlich sein könnte. Dies nahm er billigend in Kauf. Das andere Paar Essstäbchen steckte er in die linke Hosentasche. Diese Stäbchen wollte er "nur einsetzen, um sich zu wehren, falls R. ihn nach der Tat seinerseits angreifen würde". In dem Gerichtsgebäude ging er auf Rolf R. und Prapkak K. zu, die vor dem Verhandlungssaal auf einer Bank saßen. Nach einem kurzen Gespräch mit Prapkak K. , die sich danach entfernte, griff der Angeklagte in die rechte Hosentasche, legte sich die Essstäbchen so in der Hand zu recht, dass die Handinnenfläche als Widerlager eine optimale Kraftübertragung gewährleistete, ging auf Rolf R. zu und versuchte , ihm die Stäbchen in den Bauch zu stoßen. Rolf R. nahm an, der Angeklagte wolle ihm die Hand geben, und hob seine linke Hand. Eines der Stäbchen glitt von einem Knochen der linken Hand ab, drang in das Unterhautfettgewebe ein, trat nach 2,5 cm wieder aus der Hand aus und blieb im Handrücken stecken. Das andere Stäbchen wurde durch die Handbewegung abgelenkt , rutschte vom Bauch des Tatopfers ab und fiel zu Boden.
4
Zu dem weiteren Tatgeschehen hat das Landgericht Folgendes festgestellt : "Die Wut des Angeklagten war noch nicht erloschen. Er versetzte dem immer noch vor ihm sitzenden R. mit dem Knie einen Stoß gegen den Kopf und schlug mit den Fäusten auf ihn ein, bis ihn nach wenigen Sekunden Andreas T. wegzog, der - wie zahlreiche andere Personen - wegen eines anderen Verfahrens auf dem Flur wartete und durch den Lärm auf das Geschehen aufmerksam geworden war. Die Spannung fiel von dem Angeklagten ab. Er sah, dass das Stäbchen in R. s Hand steckte; das reichte ihm als Lektion aus. Er wollte noch einmal auf R. zugehen, um ihm - so seine unwiderlegte Einlassung - sein Handeln zu erklären, wurde jedoch von T. zurückgehalten".

II.


5
Soweit das Landgericht den Angeklagten der - mittels eines gefährlichen Werkzeugs und einer das Leben gefährdenden Behandlung (§ 224 Abs. 1 Nr. 2, 5 StGB) - begangenen gefährlichen Körperverletzung schuldig gesprochen hat, weist das Urteil keinen Rechtsfehler auf. Der Beschwerdeführer erhebt insoweit auch keine Einwendungen. Dagegen kann der Schuldspruch nicht bestehen bleiben, soweit das Landgericht den Angeklagten auch wegen tateinheitlich verwirklichten versuchten Mordes verurteilt hat.
6
1. Allerdings begegnet die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe den Stich mit den Essstäbchen gegen den Bauch des Tatopfers mit bedingtem Tötungsvorsatz geführt, entgegen der Auffassung der Revision keinen rechtlichen Bedenken. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift Bezug genommen.
7
2. Die Ablehnung eines strafbefreienden Rücktritts vom versuchten Mord beanstandet die Revision jedoch zu Recht.
8
a) Das Landgericht meint, der Mordversuch sei, als der Zeuge T. eingegriffen habe, entweder fehlgeschlagen gewesen oder der Rücktritt des Angeklagten sei auf Grund der damit geschaffenen Zwangslage nicht mehr freiwillig erfolgt. Die Einlassung des Angeklagten, er habe, weil er erkannt habe, dass Rolf R. verletzt gewesen sei, davon abgesehen, mit den Stäbchen aus der linken Hosentasche ein weiteres Mal zuzustechen, obwohl er die Hände frei gehabt und Rolf R. immer noch vor ihm gesessen habe, sei widerlegt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe der Angeklagte die Stäbchen in seiner linken Hosentasche nicht mehr mit Aussicht auf Erfolg einsetzen können, weil das Herausziehen und Zurechtlegen der Stäbchen mehrere Sekunden gedauert hätte, der Zeuge T. durch die Kampfgeräusche auf das Geschehen aufmerksam geworden sei und den Angeklagten daher - allein oder mit weiteren Personen - daran gehindert hätte, die Stäbchen einzusetzen. Diese Erwägungen begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken:
9
Das Landgericht hat zwar nicht verkannt, dass auch derjenige vom unbeendeten Tötungsversuch strafbefreiend zurücktreten kann, der von ihm möglichen weiteren Tötungshandlungen allein deshalb absieht, weil er sein außertatbestandliches Ziel bereits erreicht hat oder erreicht zu haben glaubt (BGHSt 39, 221, 231/232), so dass hier ein strafbefreiender Rücktritt nicht schon deshalb ausgeschlossen ist, weil der Angeklagte sein Ziel, dem Tatopfer, eine Stichverletzung zuzufügen, um ihm eine „Lektion“ zu erteilen, bereits erreicht hatte. Entgegen der Auffassung des Landgerichts reicht es aber für Annahme eines fehlgeschlagen Versuchs auch nicht aus, dass es dem Angeklagten objektiv nicht möglich war, den Tötungsversuch unter Verwendung des anderen Stäbchenpaares fortzusetzen. Für die Frage, ob ein fehlgeschlagener Versuch vorliegt, der nach der Rechtsprechung einen Rücktritt ausschließt (vgl. BGHSt 34, 53, 58; 39, 221, 228), sind vielmehr die Vorstellungen des Täters zum Zeitpunkt des Scheiterns seines Versuchs, das Opfer durch Verwendung des zunächst eingesetzten Tatmittels zu töten, maßgeblich (sog. Rücktrittshorizont, vgl. BGHSt 39, 221, 227/228). Gelangt der Täter nach anfänglichem Misslingen des vorgestellten Tatablaufs sogleich zu der Annahme, er könne ohne zeitliche Zäsur mit den bereits eingesetzten oder anderen bereitstehenden Mitteln die Tat noch vollenden, liegt kein fehlgeschlagener Versuch vor (vgl. BGHSt aaO S. 331), sondern ein unbeendeter Versuch, von dem er, wenn er sich freiwillig dazu entschließt, sein Opfer nur noch körperlich zu verletzen, durch bloßes Aufgeben des Tötungsvorsatzes zurücktreten kann (vgl. BGHSt 34, 53, 58; BGH, Beschluss vom 11. Februar 2003 – 4 StR 25/03).
10
Zu der danach unter Beachtung des Zweifelssatzes zu beantwortenden Frage, ob der Angeklagte, was nach den Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen eher fern liegt, den Tötungsversuch entgegen seiner Einlassung als endgültig gescheitert angesehen hatte, als er dem Opfer unmittelbar nach dem Stich mit den Stäbchen mit dem Knie einen Stoß gegen den Kopf versetzte und auf das Opfer einschlug, hat das Landgericht jedoch keine Feststellungen getroffen. Zudem ist die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte wäre gegebenenfalls von dem Zeugen T. oder anderen Personen daran gehindert worden , den Tötungsversuch mit dem anderen Stäbchenpaar fortzusetzen, mit den zum weiteren Geschehensablauf getroffenen Feststellungen nicht zu vereinbaren. Der Zeuge T. ist erst durch die – von den weiteren Köperverletzungshandlungen verursachten - „Kampfgeräusche“ auf das Geschehen aufmerksam geworden und hätte demgemäß auch dann, wenn der Angeklagte das Tatopfer nicht geschlagen sondern den Tötungsversuch sogleich mit den anderen Stäbchen fortgesetzt hätte, erst nach der Fortsetzung des Tötungsversuchs eingreifen können. Die Verurteilung wegen tateinheitlich versuchten Mordes kann deshalb keinen Bestand haben.
11
b) Nach der bestehenden Beweislage erscheint es ausgeschlossen, dass sich aufgrund neuer Hauptverhandlung weiter gehende Feststellungen treffen lassen, die mit der erforderlichen Sicherheit die Ablehnung eines freiwilligen Rücktritts vom versuchten Mord tragen könnten. Der Senat kann deshalb gemäß § 354 Abs. 1 StPO in der Sache selbst entscheiden und den Schuldspruch dahin ändern, dass die tateinheitliche Verurteilung wegen versuchten Mordes entfällt.
12
3. Die Schuldspruchänderung hat wegen des geänderten Schuldumfanges die Aufhebung des Strafausspruchs zur Folge.
13
4. Der Senat verweist die Sache an eine allgemeine Strafkammer des Landgerichts zurück, weil das Verfahren nicht mehr einen in § 74 Abs. 2 GVG bezeichneten Straftatbestand betrifft (vgl. BGH NJW 1994, 3304, 3305 m.w.N.).
Tepperwien Maatz Athing
Solin-Stojanović Ernemann

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 402/16
vom
17. November 2016
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes
ECLI:DE:BGH:2016:171116B3STR402.16.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts und des Beschwerdeführers am 17. November 2016 gemäß § 349 Abs. 4 StPO einstimmig beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kleve vom 24. Juni 2016 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt und zwei sichergestellte Messer als Tatwerkzeuge eingezogen. Die Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg und führt zur Aufhebung des Urteils.

I.

2
Nach den Feststellungen des Landgerichts kam L. K. , die Ehefrau des Angeklagten, die sich von diesem getrennt hatte, am frühen Morgen des Tattages gemeinsam mit einer Bekannten, der Zeugin S. , zurück in die Ehewohnung, um ihre Kinder zu besuchen. Nach zunächst freundlicher Begrüßung kam es im Laufe der folgenden Stunden wiederholt zu lautstarken Strei- tigkeiten der Eheleute über die Trennung und insbesondere über die Frage, bei wem die beiden gemeinsamen Kinder künftig leben sollten. Gegen 14:00 Uhr befand sich der Angeklagte in der Küche, als er vernahm, wie seine Ehefrau auf dem Balkon zu der Zeugin S. sagte, dass sie diesem "Zuhälter" dieKinder nicht überlassen werde. "Äußerst wütend" darüber lief er mit einem Küchenmesser mit einer Klingenlänge von 12 cm in der Hand auf den Balkon. Unterwegs steckte er das Messer in den Hosenbund oder Ärmel, sodass es nicht sichtbar war. Er setzte sich wieder zu den Frauen auf den Balkon und L. K. fuhr damit fort, den äußerlich ruhig wirkenden Angeklagten "zu beschimpfen und massiv zu beleidigen". Spätestens jetzt fasste der Angeklagte aus Wut und Empörung, aber auch um zu verhindern, dass er in Zukunft ohne seine Kinder leben müsse, den Entschluss, seine Ehefrau zu töten. "Völlig unvermittelt und plötzlich" stach er mit dem Messer, das er unbemerkt hervorgeholt hatte , gezielt und mit Wucht auf das Gesicht seiner Ehefrau ein, wobei ihm bewusst war, dass diese in dem Moment nicht mit einem Angriff rechnete. Er versetzte ihr sodann mehrere Stiche in den Oberkörper und stach auch weiter auf sie ein, als L. K. zu Boden ging. Die um Hilfe rufende Zeugin S. flüchtete mit dem Sohn des Angeklagten, der an der Balkontür stand, ins Kinderzimmer. Als der Angeklagte erkannte, dass das Kind mit entsetztem Blick das Geschehen verfolgt hatte, hielt er inne und ließ das Messer fallen. Nunmehr ergriff L. K. das Messer und versuchte, nach dem Angeklagten zu stechen , was ihr möglicherweise auch gelang. In dem folgenden Gerangel drückte der Angeklagte die Hand seiner Ehefrau mit dem Messer nach unten und verbog dessen Klinge am Steinboden. Daraufhin ließ L. K. das Messer zunächst los.
3
Das Geschehen verlagerte sich sodann in die Küche. Den weiteren Tatablauf hat das Landgericht nicht im Einzelnen zu klären vermocht; es hat daher zwei Alternativen für möglich gehalten: Entweder folgte der Angeklagte seiner Ehefrau, die mit dem verbogenen Messer in die Küche floh. Oder der Angeklagte ging – gefolgt von L. K. – dorthin, um die dort aufbewahrten Schlüssel zu holen, mit deren Hilfe die – wegen der Kinder abgeschlossene – Wohnungstür zu öffnen und die Wohnung zu verlassen. Jedenfalls, so die Feststellungen, stürzte in der Küche zunächst L. K. mit dem verbogenen Messer auf den Angeklagten zu. Dieser ergriff nun ein anderes kleineres Küchenmesser mit einer Klingenlänge von 7,5 cm von der Ablage und stach damit nach seiner Ehefrau. Auch als diese in dem nachfolgenden Kampf ihr Messer verlor und zu Boden ging, stach er weiter auf sie ein "und vollendete so seinen ursprünglich gefassten Plan, sie zu töten". Insgesamt fügte der Angeklagte seiner Ehefrau mindestens 67 aktiv geführte Stiche zu, die zu deren Tod führten.
4
Im Rahmen der Beweiswürdigung und der rechtlichen Würdigung des Geschehens hat die Strafkammer ausgeführt, es könne dem Angeklagten zwar nicht widerlegt werden, dass er den ursprünglichen Entschluss, seine Ehefrau zu töten, aufgegeben habe, als er seinen Sohn in der Balkontür erblickte, und er die Wohnung habe verlassen wollen, als sich seine Ehefrau in der Küche mit dem verbogenen Messer auf ihn stürzte. Darauf komme es bei der rechtlichen Bewertung indes nicht an; denn da das zweiaktige Geschehen insgesamt eine natürliche Handlungseinheit und damit eine Tat im Rechtssinne darstelle, sei es ohne Belang, dass der Angeklagte den Entschluss, seine Ehefrau zu töten, kurzfristig aufgegeben habe und auf welchen Gründen dies beruhte. Daher sei rechtlich allein die Lage zu Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs entscheidend und das Tatgeschehen demgemäß als ein Heimtückemord anzusehen.

II.

5
Diese Wertung hält rechtlicher Prüfung nicht stand. Die Verurteilung wegen Mordes wird von den Feststellungen nicht getragen; denn sie schließen nicht aus, dass der Angeklagte lediglich einen Mordversuch begangen hat, von dem er zurückgetreten ist mit der Folge, dass das Gesamtgeschehen einer abweichenden rechtlichen Würdigung unterliegt.
6
1. Das Landgericht hat, von seinem rechtlichen Standpunkt aus konsequent , keine Feststellungen zu dem Vorstellungsbild des Angeklagten von der Tatsituation in dem Moment getroffen, als er aufhörte, auf dem Balkon auf seine Ehefrau einzustechen, und das Messer fallen ließ (sog. Rücktrittshorizont, vgl. BGH, Urteil vom 19. März 2013 – 1 StR 647/12, NStZ-RR 2013, 273, 274; Beschluss vom 27. November 2014 – 3 StR 458/14, NStZ 2015, 331). Damit ist zunächst – naheliegend – davon auszugehen, dass er es für möglich hielt, seine Ehefrau durch weitere Stiche – oder gegebenenfalls andere ihm zur Hand liegende Mittel – im unmittelbaren Fortgang des Geschehens zu Tode zu bringen ; daher war der Tötungsversuch nicht fehlgeschlagen. Offen bleibt des Weiteren , ob der Angeklagte nach dem letzten Stich davon ausging, seine Ehefrau werde an den ihr zugefügten Verletzungen versterben, oder ob er sich eventuell keine Vorstellungen über die Folgen seines Tuns machte; damit ist es möglich, dass der Mordversuch unbeendet war. Letztlich hat das Landgericht auch nicht festgestellt, dass der Anblick seines Sohnes bei dem Angeklagten eine unüberwindliche psychische Blockade auslöste, die es ihm unmöglich machte, mit seinem Tun fortzufahren (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Februar 2014, 4 StR 40/14, NStZ-RR 2014, 171, 172); somit kommt in Betracht, dass er freiwillig von weiteren Stichen absah. Nach alledem wird durch die bisherigen Feststellungen nicht ausgeschlossen, dass der Angeklagte im ersten Teilakt des Geschehens freiwillig vom unbeendeten Mordversuch zurückgetreten ist (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 StGB).
7
2. An diesem Ergebnis ändert sich auch nichts dadurch, dass der Angeklagte kurz darauf in der Küche der Wohnung aufgrund des Messerangriffs durch seine Ehefrau erneut einen Tötungsentschluss fasste und diese nunmehr durch zahlreiche, mit einem anderen Messer geführte Stiche zu Tode brachte. Dies gilt unabhängig davon, ob das Geschehen auf dem Balkon und dasjenige in der Küche als natürliche Handlungseinheit anzusehen und daher tateinheitlich verknüpft sind (s. bereits BGH, Beschluss vom 12. März 1997 – 2 StR 100/97, NStZ 1997, 385; vgl. auch BGH, Beschluss vom 29. Januar 2001 – 4 StR 520/01, NStZ-RR 2002, 168).
8
Eine natürliche Handlungseinheit liegt grundsätzlich (zu abweichender Beurteilung bei Angriffen gegen höchstpersönliche Rechtsgüter verschiedener Opfer s. etwa Lackner/Kühl, StGB, 28. Aufl., Vor § 52 Rn. 7 mwN) dann vor, wenn mehrere strafrechtlich relevante Handlungen des Täters, die durch ein gemeinsames subjektives Element verbunden sind, in unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen und sein gesamtes Tätigwerden bei natürlicher Betrachtungsweise auch für einen Dritten als einheitliches Tun erscheint (BGH, Urteil vom 25. November 2004 – 4 StR 326/04, NStZ 2005, 263, 264; Beschluss vom 25. November 1992 – 3 StR 520/92, NStZ 1993, 234). Für die Annahme einer natürlichen Handlungseinheit hat ein das Gesamtgeschehen insgesamt umfassender Tatentschluss zwar neben dem erforderlichen raumzeitlichen Zusammenhang der Tathandlungen durchaus Bedeutung; insbesondere vermag er in Fällen, in denen die raum-zeitliche Verknüpfung der Einzelakte eher locker erscheint, maßgebliche Bedeutung für die Annahme einer natürlichen Handlungseinheit zu gewinnen. Unverzichtbare Voraussetzung für deren Vorliegen ist er indessen nicht. So stehen weder eine Änderung oder eine Er- weiterung des Tatplanes noch auch eine kurzfristige Aufgabe des Tatentschlusses der Annahme einer natürlichen Handlungseinheit notwendig entgegen, wenn die Handlungen in dem vorausgesetzten engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen (vgl. BGH, Urteil vom 13. November 1973 – 1 StR 346/73, juris Rn. 18). Jedoch vermag die Zusammenfassung mehrerer für sich strafrechtlich relevanter Einzelakte eines Gesamtgeschehens zu einer natürlichen Handlungseinheit nicht die strafrechtliche Bewertung des jeweiligen Einzelaktes zu modifizieren. Sie kann lediglich Folgen für deren konkurrenzrechtliche Beurteilung haben.
9
Dies hat das Landgericht verkannt. Die von ihm zum Beleg für seine Auffassung herangezogenen Vergleichsfälle betrafen abweichende Fallgestaltungen. Diese waren je dadurch gekennzeichnet, dass der Täter nicht – wie hier zu Gunsten des Angeklagten bezüglich des versuchten Mordes zu unterstellen – vom ersten Teilakt des Geschehens freiwillig zurückgetreten war:
10
In der dem Urteil des 2. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 27. März 1953 (2 StR 801/52, BGHSt 4, 219) zugrunde liegenden Sache hatten die Angeklagten nach Versuchsbeginn ihren Entschluss zum Einbruchsdiebstahl zunächst wegen des Erscheinens eines Streifenwagens der Polizei aufgegeben , waren aber in Tatortnähe verblieben und hatten ihr ursprüngliches Vorhaben , als der Streifenwagen vorbeigefahren war, aufgrund neu gefassten Entschlusses in die Tat umgesetzt. Im ersten Teilakt war der Diebstahlsversuch daher fehlgeschlagen, sodass ein Rücktritt ausschied. Dass der Diebstahlsversuch bei dieser Sachlage nicht gesondert ausgeurteilt wurde, lag allein daran, dass der 2. Strafsenat trotz des ersichtlich vorliegenden Fehlschlags des ersten Teilakts (zur Beendigung einer natürlichen Handlungseinheit durch das Fehlschlagen des Versuchs s. indes etwa BGH, Urteile vom 25. November 2004 – 4 StR 326/04, NStZ 2005, 263, 264 mwN; vom 19. März 2013 – 1 StR 647/12, NStZ-RR 2013, 273, 274 f.) weiterhin von einer natürlichen Handlungseinheit ausging, bei der der Versuch hinter den nach Wiederaufnahme des Tatentschlusses verwirklichten Taterfolg im Wege materieller Subsidiarität zurücktrat (LK/Rissing-van Saan, 12. Aufl., Vor § 52 Rn. 132 mwN).
11
Ähnliches gilt für den Fall, den der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs in seinem Urteil vom 13. November 1973 (1 StR 346/73, juris) zu entscheiden hatte. Dort war der Angeklagte nach dem ersten Teilakt zunächst irrtümlich davon ausgegangen, sein Opfer bereits plangemäß getötet zu haben, und war zur Beseitigung der vermeintlichen Leiche zu einem anderen Ort gefahren, wo er seinen Irrtum bemerkte und nunmehr sein Opfer endgültig ums Leben brachte. Hier kam ein Rücktritt vom Tötungsversuch im ersten Teilakt schon deshalb nicht in Betracht, weil der Angeklagte seinen Tatentschluss zu keinem Zeitpunkt aufgegeben hatte, sondern lediglich zunächst irrtümlich angenommen hatte, den Taterfolg schon herbeigeführt zu haben. Nur auf die in den beiden Fällen zu beurteilende jeweilige Konstellation bezog sich auch die – für sich missverständliche – Formulierung des 1. Strafsenats in dem zitierten Urteil (juris Rn. 18), dass es gleichgültig sei, worauf die Aufgabe des ursprünglichen Tatentschlusses beruhe.
12
Nach den bisherigen Feststellungen ist daher nur belegt, dass sich der Angeklagte im ersten Tatabschnitt der gefährlichen Körperverletzung und im zweiten Tatabschnitt – in Überschreitung der Grenzen des Notwehrrechts – des Totschlags an seiner nicht mehr arg- und wehrlosen Ehefrau schuldig gemacht hat, wobei beide Taten gegebenenfalls in Tateinheit stehen.
13
3. Das angefochtene Urteil kann daher keinen Bestand haben. Die Sache bedarf neuer Verhandlung und Entscheidung. Bezüglich der Einziehung der beiden Tatmesser wird auf die Ausführungen in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 13. Oktober 2016 verwiesen. Becker Schäfer Ri'inBGH Dr. Spaniol befindet sich in Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben. Becker Berg Hoch
9
Allen Fällen aber ist gemeinsam, dass das Vorstellungsbild des Täters im entscheidungserheblichen Zeitpunkt von maßgebender Bedeutung ist. Lässt sich den Urteilsfeststellungen das entsprechende Vorstellungsbild des Angeklagten , das zur revisionsrechtlichen Prüfung des Vorliegens eines freiwilligen Rücktritts vom Versuch unerlässlich ist, nicht hinreichend entnehmen, hält das Urteil sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 19. März 2013 – 1 StR 647/12, NStZ-RR 2013, 273 und vom 13. August 2015 – 4 StR 99/15, StraFo 2015, 470, jeweils mwN). So liegt der Fall hier.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 420/14
vom
12. Februar 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. Februar
2015, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,
Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Dr. Franke,
Bender,
Dr. Quentin
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof – in der Verhandlung –,
Richterin am Landgericht – bei der Verkündung –
als Vertreterinnen des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt
als Pflichtverteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 24. März 2014 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte vom Vorwurf des schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung freigesprochen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs und fahrlässigen unerlaubten Besitzes eines nach dem Waffengesetz verbotenen Gegenstandes zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Vom Vorwurf, einen (besonders) schweren Raub in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie einen Diebstahl begangen zu haben, hat es den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Mit ihrer vom Generalbundesanwalt vertretenen, auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision wendet sich die Staatsanwaltschaft gegen den hinsichtlich der Raubtat ergangenen Teilfreispruch.
2
Ausweislich der Ausführungen in der Revisionsrechtfertigung, mit denen die Beschwerdeführerin ausschließlich den Freispruch vom Vorwurf des schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung als sachlich-rechtlich fehlerhaft beanstandet, ist das Rechtsmittel ungeachtet des in der Revisionsbegründung abschließend formulierten umfassenden Aufhebungsantrags auf diesen Teilfreispruch beschränkt (vgl. BGH, Urteile vom 12. April 1989 – 3 StR453/88, BGHR StPO § 344 Abs. 1 Antrag 3; vom 18. Dezember 2014 – 4 StR 468/14 Rn. 7 mwN; Gericke in KK-StPO, 7. Aufl., § 344 Rn. 7).
3
Die wirksam beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.

I.


4
Zu dem in der zugelassenen Anklage gegen den Angeklagten erhobenen Vorwurf, gemeinsam mit einem bislang unbekannten Täter einen schweren Raub in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung begangen zu haben, hat die Strafkammer folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
5
In den frühen Morgenstunden des 10. Juli 2013 gegen 2.00/2.30 Uhr klingelte es an der Wohnungstür des Geschädigten. Unbedarft öffnete er die Wohnungstür und erblickte zwei schwarz gekleidete und mit Sturmhauben maskierte männliche Personen, welche ihn unvermittelt zurück in seine Wohnung drängten und zu Boden zwangen. Einer der beiden Männer hielt einen schwarzen, etwa 50 bis 80 cm langen Schlagstock in der Hand und fuchtelte mit diesem herum, wobei er den Geschädigten auch am linken Unterarm traf. Während einer der beiden maskierten Männer den Geschädigten mit dem Fuß auf dem Brustkorb am Boden hielt, trug der andere verschiedene elektronische Geräte in der Wohnung zusammen. Er holte einen Rucksack aus dem Schlafzimmer und verstaute darin einen Laptop Sony Vaio, eine Playstation 3 sowie eine Toshiba Festplatte. Ferner stellte er ein Mischpult Traktor Kontrol S2, welches sich in einem Karton befand, zur Mitnahme bereit. Anschließend forderten die Täter den Geschädigten auf, sowohl seine Geldbörse als auch sein Mobiltelefon , ein Apple iPhone 4-8 GB, herauszugeben. Aus Angst und unter dem Eindruck des Überfalls stehend übergab der Geschädigte die geforderten Gegenstände. In der Geldbörse befanden sich u.a. der Personalausweis, der Führerschein und die Krankenkassenkarte des Geschädigten. Unter Mitnahme der genannten Gegenstände verließen die Täter sodann die Wohnung.
6
Das Mobiltelefon des Geschädigten verkaufte der Angeklagte am 22. Juli 2013 für 130 € an den Bruder seiner ehemaligen Freundin, nachdem er es in der Zeit vom 12. Juli 2013 bis zum Verkauf selbst genutzt hatte. Das entwendete Laptop nutzte der Angeklagte vom 12. Juli bis 15. Juli 2013 und veräußerte es anschließend für 100 € an seine ehemalige Freundin. Bei der Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten konnten am 22. Juli 2013 das Mischpult des Geschädigten sowie dessen Führerschein und Krankenkassenkarte aufgefunden werden.
7
Das Landgericht hat den Angeklagten vom Vorwurf der Beteiligung an dem Raubüberfall zum Nachteil des Geschädigten freigesprochen, weil nicht habe festgestellt werden können, wie der Angeklagte an die Gegenstände aus der Tatbeute gelangt sei. Die tatsächlichen Voraussetzungen für eine wahldeutige Verurteilung wegen Diebstahls oder Hehlerei hat es verneint.

II.


8
Die Revision der Staatsanwaltschaft ist begründet. Die dem Teilfreispruch zugrunde liegende Beweiswürdigung hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
9
1. Das Revisionsgericht hat es regelmäßig hinzunehmen, wenn der Tatrichter einen Angeklagten freispricht, weil er Zweifel an seiner Täterschaft nicht zu überwinden vermag, denn die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters (§ 261 StPO). Ihm obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen (vgl. BGH, Urteil vom 7. Oktober 1966 – 1 StR 305/66, BGHSt 21, 149, 151). Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein, es genügt, dass sie möglich sind (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Juni 1979 – 4 StR 441/78, BGHSt 29, 18, 20). Die revisionsgerichtliche Prüfung beschränkt sich allein darauf, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 18. Januar 2011 – 1 StR 600/10, NStZ 2011, 302; vom 6. November 1998 – 2 StR 636/97, BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 16). Insbesondere sind die Beweise erschöpfend zu würdigen (BGH, Beschluss vom 7. Juni 1979 – 4 StR 441/78 aaO). Das Urteil muss erkennen lassen, dass der Tatrichter solche Umstände, die geeignet sind, die Entscheidung zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten zu beeinflussen, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012 – 4 StR 360/12, NStZ 2013, 180). Aus den Urteilsgründen muss sich ferner ergeben, dass die einzelnen Beweisergebnisse nicht nur isoliert gewertet, sondern in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt wurden (vgl. BGH, Urteil vom 10. August 2011 – 1 StR 114/11, NStZ 2012, 110, 111). Rechtsfehlerhaft ist eine Beweiswürdigung schließlich dann, wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit überspannte Anforderungen gestellt sind (vgl. BGH, Urteile vom 6. November 1998 – 2 StR 636/97 aaO; vom 26. Juni 2003 – 1 StR 269/02, NStZ 2004, 35, 36). Es ist weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zu Gunsten des Angeklagten von Annahmen auszugehen, für deren Vorliegen das Beweisergebnis keine konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte erbracht hat (vgl. BGH, Urteile vom 17. Juli 2014 – 4 StR 129/14 Rn. 7; vom 18. August 2009 – 1 StR 107/09, NStZ-RR 2010, 85, 86; vom 21. Oktober 2008 – 1 StR 292/08, NStZ-RR 2009, 90, 91).
10
2. Diesen Anforderungen wird die Beweiswürdigung des Landgerichts nicht in jeder Hinsicht gerecht.
11
a) Die Strafkammer hat die Einlassung des Angeklagten, er sei, nachdem er am Tattag bis gegen 1.00 Uhr bzw. 1.30 Uhr bei seiner Schwester gewesen sei, von dort an die Schwimmhalle in Bitterfeld gefahren worden, wo er seinen Bekannten K. O. getroffen habe, der ihm „schöne Dinge“ angeboten und gefragt habe, ob er daran Interesse habe, als unglaubhaft bewertet. Dabei hat sie sich u.a. auf die Zeugenaussage der Schwester des Angeklagten gestützt, die bekundet hat, den Angeklagten gegen 1.00 Uhr bzw. 1.30 Uhr gemeinsam mit einer Freundin von ihr zur Haustür begleitet, ihn anschließend aber nicht zur Schwimmhalle gefahren zu haben. Wenn das Landgericht dieses Beweisergebnis dahingehend bewertet, dass dem Angeklagten für die Tatzeit ein Alibi fehlt (UA S. 22), liegt dem ersichtlich die Annahme zugrunde, dass es dem Angeklagten nach den zeitlichen und räumlichen Gegebenheiten möglich war, nach dem Verlassen der Wohnung der Schwester um 1.00 Uhr bzw. 1.30 Uhr die wenig später um 2.00/2.30 Uhr verübte Raubtat zu begehen. Die objektiv belegte Gelegenheit zur Tatausführung, die daraus resultiert, dass der Angeklagte maximal 1 ½ Stunden vor der Tat in der eine Tatausführung ermöglichenden Nähe zum Tatort unterwegs war, stellt aber ein den Angeklagten belastendes Indiz dar, das in seinem Beweiswert durch den bloßen Hinweis auf das fehlende Alibi zur Tatzeit nicht erschöpfend erfasst wird und daher in die tatrichterlichen Überlegungen hätte einbezogen werden müssen.
12
b) Im Rahmen der Gesamtwürdigung der Beweisergebnisse wäre zudem zu erörtern gewesen, dass der Angeklagte nicht nur über ohne weiteres selbst zu nutzende oder wirtschaftlich verwertbare Gegenstände aus der Beute verfügte , sondern mit dem Führerschein und der Krankenkassenkarte des Geschädigten auch solche Beutestücke in Besitz hatte, denen kein unmittelbarer Vermögenswert zukommt und für deren Überlassung durch einen Raubtäter kein nachvollziehbarer Anlass erkennbar ist.
13
c) Mit seiner der Ablehnung einer wahldeutigen Verurteilung zugrunde liegenden Annahme, der Erwerb der Gegenstände aus der Beute könne auch auf einem dritten Weg erfolgt sein, der in seiner konkreten Gestalt nicht näher bekannt sei, hat die Strafkammer schließlich eine Sachverhaltsvariante für möglich erachtet, für welche sich aus dem Beweisergebnis keine konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte ergeben. Soweit die Strafkammer in der Unglaubhaftigkeit der Schilderung des Angeklagten über den (hehlerischen) Erwerb der Gegenstände von seinem Bekannten K. O. einen Anhalt für ihre Annahme gesehen hat, hat sie verkannt, dass der widerlegten Einlassung des Angeklagten keine Beweisbedeutung zukommt, die gegen eine anderweitige hehlerische Erlangung der Beutestücke durch den Angeklagten spricht. Das Landgericht hat es insoweit versäumt, eine umfassende Würdigung aller Beweisumstände vorzunehmen und auf dieser Grundlage zu prüfen und zu entscheiden, ob die Beweisergebnisse die Überzeugung zu tragen vermögen, dass der Angeklagte die Gegenstände aus der Tatbeute entweder durch die Raubtat oder im Wege der Hehlerei erlangt hat.
Sost-Scheible Cierniak Franke
Bender Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 360/16
vom
12. Januar 2017
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen besonders schwerer Brandstiftung
ECLI:DE:BGH:2017:120117U1STR360.16.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung vom 10. Januar 2017 in der Sitzung am 12. Januar 2017, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum,
die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Jäger, Bellay, die Richterin am Bundesgerichtshof Cirener und der Richter am Bundesgerichtshof Dr. Bär,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft, Rechtsanwalt – in der Verhandlung vom 10. Januar 2017 – als Verteidiger des Angeklagten S. , Rechtsanwalt – in der Verhandlung vom 10. Januar 2017 – als Verteidiger des Angeklagten A. , Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mosbach vom 7. März 2016 mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils wegen besonders schwerer Brandstiftung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Hiergegen richten sich die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten. Die Rechtsmittel haben entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts mit der Sachrüge Erfolg; auf die Verfahrensbeanstandungen kommt es nicht mehr an.

I.


2
Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
3
1. Der Angeklagte S. erwarb im Jahr 2002 das spätere Brandobjekt, ein in H. gelegenes Wohnhaus mit Nebengebäuden, zum Kaufpreis von 70.000 Euro zu Alleineigentum und lebte dort zuletzt gemeinsam mit seiner Ehefrau und drei volljährigen Kindern. Abgesehen von dem Einbau einer neuen Heizungsanlage im Jahr 2007 nahm er seit dem Erwerb keinerlei Renovierungsarbeiten vor. Im Oktober 2014 wurde ihm ein Renovierungsdarlehen in Höhe von 80.000 Euro gewährt, über welches er vor dem Tatgeschehen am 30. Dezember 2014 bereits in Höhe von 45.000 Euro durch Barabhebungen verfügte, ohne jedoch Sanierungsarbeiten am Wohnhaus zu finanzieren. Unmittelbar vor dem Tatgeschehen befand sich das Wohnhaus in einem maroden und stark renovierungsbedürftigen Zustand. Es war mit einfachverglasten Holzfenstern ausgestattet. Weder die Außenwände noch das Dach waren isoliert. Im Keller waren tragende Dachbalken an mehreren Stellen mit Holzverstrebungen abgestützt. Die dort befindlichen Heizöltanks waren fast ganz leer.
4
Für das Haustürschloss existierten zwei Schlüssel; einen hatte die Ehefrau des Angeklagten S. stets bei sich. Den zweiten Schlüssel nutzten die übrigen Familienmitglieder im Wechsel.
5
Am Nachmittag des 29. Dezember 2014 hielten sich der Angeklagte S. und sein Bruder, der Angeklagte A. , als letzte aus der Familie am späteren Brandobjekt auf. Die übrigen Familienmitglieder waren bereits zu Feierlichkeiten im etwa 60 Kilometer entfernten St. aufgebrochen. Beiden Angeklagten war bekannt, dass sämtliche Familienmitglieder dort auch übernachten wollten. Diesen Umstand wollten sie bewusst ausnutzen, um das Wohnhaus unter Ausschluss einer Gefährdung für die Bewohner anzuzünden, auf diese Weise zu zerstören und im Anschluss daran den entstandenen Schaden unrechtmäßig gegenüber der Versicherung geltend zu machen.
6
Während sich der Angeklagte S. vom 29. auf den 30. Dezember 2014 gemeinsam mit seiner Familie in St. aufhielt, verließ der Angeklagte A. die dortigen Feierlichkeiten bereits gegen 23.00 Uhr und traf gegen 23.50 Uhr an seinem Wohnort in W. – etwa sechs Kilometer von H. entfernt – ein. Gegen 1.15 Uhr setzte der Angeklagte A. – entsprechend dem zuvor mit seinem Bruder gemeinsam gefassten Tatplan – das Wohnhaus des Bruders mit Benzin in Brand, wodurch dieses vollständig ausbrannte. In das Haus gelangte er mit einem Haustürschlüssel, welcher ihm vom Angeklagten S. am 29. Dezember 2014 zu diesem Zweck übergeben und der später im Flur des Wohnhauses im Brandschutt aufgefunden wurde. Noch am 30. Dezember 2014 meldete der Angeklagte S. – ebenfalls dem gemeinsamen Tatplan entsprechend – den entstandenen Schaden der Versicherung, bei welcher seit dem 1. Februar 2010 eine Versicherung zum gleitenden Neuwert mit einer Versicherungssumme von 410.000 Euro bestand. Bis dahin war das Wohngebäude noch zum jeweiligen Zeitwert versichert. Zu einer Auszahlung der Versicherungsleistungen kam es in der Folge nicht.
7
2. Die Strafkammer stützt die Tatbeteiligung des die Tat bestreitenden und in der Hauptverhandlung schweigenden Angeklagten A. maßgeblich darauf, dass er den Brand vorsätzlich unter Verwendung von Benzin als Brandbeschleuniger im wirtschaftlichen Interesse seines Bruders S. gelegt habe. Sie schließe eine Brandlegung durch außenstehende Dritte – etwa aus einer fremdenfeindlichen Motivation heraus – aufgrund der Tatortspuren aus. Das unmittelbare Anzünden des Tatobjekts könne ausschließlich durch den Angeklagten A. erfolgt sein, der den Schlüssel zum Betreten des Hauses von dem Angeklagten S. vor Tatbegehung zur Verfügung gestellt bekommen habe. Die Auswertung der Mobilfunkverbindungsdaten des vom Angeklagten A. genutzten Handys habe ergeben, dass er sich am 29. Dezember 2014 um 23.50 Uhr an seinem Wohnort in W. aufgehalten habe, so dass es ihm zeitlich möglich gewesen sei, den Brand am etwa sechs Kilometer entfernten Tatort zu legen.
8
Für den Nachweis der Täterschaft des Angeklagten A. sei es nicht von Bedeutung gewesen, dass bei der Durchsuchung seiner Wohnung am 26. Februar 2015 ein Bargeldbetrag von 12.000 Euro aufgefunden worden sei. Gleiches gelte für zwei anonyme, an die Ermittlungsbehörden gerichtete Schreiben vom 5. Januar 2015, in denen der Verdacht geäußert worden sei, die Familie des Angeklagten S. und der Angeklagte A. hätten den Brand „organisiert“ und das Feuer gelegt, um auf diese Weise Ver- sicherungsleistungen zu erlangen. Auch etwaige weitere mögliche strafbare Handlungen des Angeklagten A. , u.a. der Verdacht einer Brandlegung in seiner eigenen Wohnung im Jahr 2003 seien unberücksichtigt geblieben.

II.


9
Die Beweiswürdigung des Landgerichts, mit der es sich von der Täterschaft der Angeklagten überzeugt hat, hält revisionsgerichtlicher Überprüfung nicht stand.
10
1. Die Würdigung der Beweise ist Sache des Tatgerichts, das sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld des Angeklagten zu bilden hat (§ 261 StPO). Die tatsächlichen Schlussfolgerungen des Tatgerichts müssen nicht zwingend sein; es genügt, dass sie möglich sind und das Tatgericht von ihrer Richtigkeit überzeugt ist (vgl. BGH, Urteile vom 30.März 2004 – 1 StR 354/03, NStZ-RR 2004, 238 und vom 1. Juli 2008 – 1StR 654/07). Das Revisionsgericht ist auf die Prüfung beschränkt, ob die Beweiswürdigung des Tatgerichts mit Rechtsfehlern behaftet ist, weil sie Lü- cken oder Widersprüche aufweist, mit den Denkgesetzen oder gesicherten Erfahrungswissen nicht übereinstimmt oder sich so weit von einer Tatsachengrundlage entfernt, dass sich die gezogenen Schlussfolgerungen letztlich als reine Vermutung erweisen (vgl. BGH, Urteil vom 21. März 2013 – 3 StR 247/12, NStZ 2013, 420 mwN). Zudem muss das Urteil erkennen lassen, dass das Tatgericht solche Umstände, die geeignet sind, die Entscheidung zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten zu beeinflussen, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat. Dabei dürfen die einzelnen Beweisergebnisse nicht nur isoliert gewertet werden, sondern müssen in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt worden sein (BGH, Urteile vom 5. Dezember 2013 – 4 StR 371/13, NStZ-RR 2014, 87 und vom 2. April 2015 – 3 StR 635/14).
11
2. Diesen Anforderungen wird die Beweiswürdigung des Landgerichts nicht gerecht. Die Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten A. ist nicht tragfähig begründet, so dass die vom Landgericht gezogenen Schlussfolgerungen sich als bloße Vermutungen erweisen (dazu unten a). Dieser Rechtsfehler lässt auch die Grundlage für die Verurteilung des Angeklagten S. als Mittäter entfallen (dazu unten b).
12
a) Die vom Landgericht in seine Gesamtwürdigung einbezogenen Beweistatsachen genügen nicht, um eine Täterschaft des Angeklagten A. bei der unmittelbaren Brandlegung tragfähig zu begründen. Die Strafkammer zeigt lediglich auf, dass er die Möglichkeit zur Tatausführung gehabt habe, weil er in Besitz des Haustürschlüssels durch dessen Überlassung seitens des Angeklagten S. vor Tatbegehung gekommen sein kann und die Tat aufgrund seiner Nähe zum Tatort in zeitlicher Hinsicht begangen haben kann.
13
aa) Der Umstand, dass dieser Schlüssel nach dem Brand im Brandschutt des Wohnhauses aufgefunden wurde, besagt zur Täterschaft des Angeklagten A. jedoch nichts. Das Landgericht trifft insoweit auch keine Feststellungen dazu, dass der Angeklagte S. nach der Tat nicht (mehr) im Besitz eines Haustürschlüssels gewesen ist.
14
bb) Die Möglichkeit des Angeklagten A. , zum Tatzeitpunkt am Tatort gewesen zu sein, reicht allein zu dessen Überführung nicht aus. Die Erwägung des Landgerichts, der Angeklagte könnte sein Handy, das zuletzt an seinem Wohnort in W. und nicht am Tatort eingebucht war, nicht zum Tatort mitgenommen oder ausgeschaltet haben, belegt seine Anwesenheit am Tatort nicht. Die Begründung des Landgerichts, dass dieser Umstand seiner Täterschaft nicht entgegenstehe, weil der Angeklagte sich „unter Berücksichti- gung des gesamten Tatbildes, das eine detaillierte Planung der Tat“ (UA S. 26) belege, über die Möglichkeit der Erhebung von Telekommunikationsverbindungsdaten bewusst gewesen sei und deshalb Vorkehrungen getroffen habe, ist jedenfalls kreisschlüssig. Die nachzuweisende Tatbeteiligung des Angeklagten A. wird daraus hergeleitet, dass er die Tat mit dem Angeklagten S. detailliert geplant habe und deshalb sein Handy nicht am Tatort eingeloggt war. Die zu beweisende Tatsache, nämlich die detaillierte Tatplanung der Täter, wird insoweit zum Tatnachweis der Täterschaft des Angeklagten A. vorausgesetzt.
15
cc) Das Landgericht begründet des Weiteren nicht, warum ausschließlich der Angeklagte A. als Tatausführender in Betracht kommt. Nach den Feststellungen ist der Angeklagte S. in der Tatnacht gegen 2.00 Uhr von seinem Schwager angerufen worden, der ihm vom Brand des Wohnhauses berichtet habe. Es stellt angesichts der vorliegenden Beweislage einen Erörterungsmangel dar, weshalb der Schwager des Angeklagten S. trotz zeitnaher Kenntnis vom Brandgeschehen als Täter ausscheidet.
16
dd) Die übrigen Beweistatsachen, die sich aus den wirtschaftlichen Interessen des Angeklagten S. an der Brandlegung herleiten, betreffen den Angeklagten A. nicht unmittelbar; sie sind daher ohne weitere Beweisanzeichen nicht dazu geeignet, den Angeklagten A. als unmittelbaren Täter der Inbrandsetzung zu überführen.
17
b) Die Verurteilung des Angeklagten S. ist – obwohl gewichtige Umstände für seine Tatbeteiligung sprechen – bereits deswegen aufzuheben , weil seine Mittäterschaft im Rahmen der Beweiswürdigung untrennbar aus dem Zusammenwirken mit dem Angeklagten A. hergeleitet wird, dessen Täterschaft indes nicht rechtsfehlerfrei begründet wurde.
18
3. Die Sache bedarf daher insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung.
Raum Jäger Bellay Cirener Bär

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 247/12
vom
21. März 2013
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schweren Raubes u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung am 21. März 2013,
an der teilgenommen haben:
Präsident des Bundesgerichtshofs
Prof. Dr. Tolksdorf
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
Dr. Schäfer,
Mayer,
Gericke
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Duisburg vom 2. März 2012 wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit Körperverletzung unter Einbeziehung der Strafen aus drei früheren Urteilen und Auflösung dort gebildeter Gesamtstrafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und zehn Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf die allgemeine Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg.
2
I. Das Landgericht hat im Wesentlichen die folgenden Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
Der Angeklagte suchte am Morgen des 6. Mai 2009 einen Autohandel in Duisburg auf, um dessen Inhaber T. unter Verwendung eines Elektroschockgeräts zu berauben. Während vermeintlicher Verkaufsverhandlungen ging der Angeklagte auf den halb abgewandt stehenden T. zu und führte das eingeschaltete Elektroschockgerät in dessen Richtung. Da der Angegriffene sich wehrte, versetzte ihm der Angeklagte im Rahmen eines Kampfes schließlich Kniestöße ins Gesicht, die zu Frakturen des Nasenbeins sowie der Nasenhöhle führten und den Geschädigten kampfunfähig machten. Der Angeklagte entnahm sodann aus dessen Hosentaschen 3.600 €. Zudem nahm er die Jacke des Opfers an sich, in der sich ein Portemonnaie mit Bargeld befand.
4
Der Angeklagte hat sich zum Tatvorwurf nicht eingelassen. Zu seiner Täterschaft hat das Landgericht im Urteil ausgeführt, dass diese sich aus den DNA-Spuren ergebe, die an der Nylonschlaufe und der Batterie des vom Täter mitgebrachten Elektroschockgeräts sowie an einem vom Täter berührten Autoschlüssel festgestellt worden seien. Nach näherer Darstellung der jeweils acht untersuchten Merkmalsysteme hat die Strafkammer den Schluss gezogen, dass der Angeklagte der Spurenverursacher gewesen sei, da das für ihn bestimmte DNA-Identifizierungsmuster statistisch unter mehr als zehn Milliarden Personen kein zweites Mal vorkomme.
5
II. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Der näheren Erörterung bedarf, dass das Landgericht seine Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten allein auf die Übereinstimmung von DNA-Merkmalen gestützt hat.
6
Die Würdigung der Beweise ist vom Gesetz dem Tatgericht übertragen (§ 261 StPO), das sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden hat. Dazu kann es zu seiner Überzeugungsbildung auch allein ein Beweisanzeichen heranziehen (vgl. hinsichtlich Fingerabdrücken bereits BGH, Urteil vom 11. Juni 1952 - 3 StR 229/52, juris Rn. 4 ff.; zu Schriftsachverständigengutachten BGH, Beschluss vom 24. Juni 1982 - 4 StR 183/82, NJW 1982, 2882, 2883). Das Revisionsgericht ist demgegenüber auf die Prüfung beschränkt, ob die Beweiswürdigung des Tatrichters mit Rechtsfehlern behaftet ist, etwa weil sie Lücken oder Widersprüche aufweist, mit den Denkgesetzen oder gesichertem Erfahrungswissen nicht in Einklang steht oder sich so weit von einer festen Tatsachengrundlage entfernt, dass die gezogenen Schlussfolgerungen sich letztlich als reine Vermutungen erweisen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 6. Dezember 2007 - 3 StR 342/07, NStZ-RR 2008, 146, 147 mwN; vom 26. Juli 1990 - 4 StR 301/90, BGHR StGB § 306 Beweiswürdigung 3 mwN). Dabei gehören von gesicherten Tatsachenfeststellungen ausgehende statistische Wahrscheinlichkeitsrechnungen zu den Mitteln der logischen Schlussfolgerung, welche dem Tatrichter grundsätzlich ebenso offenstehen wie andere mathematische Methoden (BGH, Urteil vom 14. Dezember 1989 - 4 StR 419/89, BGHSt 36, 320, 325). Nach diesen Prüfungsmaßstäben ist die Beweiswürdigung nicht zu beanstanden.
7
1. Die hier festgestellte Übereinstimmung zwischen den Allelen des Angeklagten und auf Tatortspuren festgestellten Allelen in den acht untersuchten Systemen bietet angesichts der statistischen Häufigkeit des beim Angeklagten gegebenen DNA-Identifizierungsmusters eine ausreichende Tatsachengrundlage für die Überzeugungsbildung des Tatgerichts.
8
Dabei ist davon auszugehen, dass es sich bei der Merkmalswahrscheinlichkeit (oder Identitätswahrscheinlichkeit) lediglich um einen statistischen Wert handelt. Dieser gibt keine empirische Auskunft darüber, wie viele Menschen tatsächlich eine identische Merkmalkombination aufweisen, sondern sagt lediglich etwas dazu aus, mit welcher Wahrscheinlichkeit aufgrund statistischer, von einer beschränkten Datenbasis ausgehender Berechnungen zu erwarten ist, dass eine weitere Person die gleiche Merkmalkombination aufweist. Diese Wahrscheinlichkeit lässt sich für die Bewertung einer festgestellten Merkmalsübereinstimmung heranziehen. Je geringer die Wahrscheinlichkeit ist, dass zufällig eine andere Person identische Merkmale aufweist, desto höher kann das Tatgericht den Beweiswert einer Übereinstimmung einordnen und sich - gegebenenfalls allein aufgrund der Übereinstimmung - von der Täterschaft überzeugen (vgl. einerseits BGH, Urteil vom 12. August 1992 - 5 StR 239/92, BGHSt 38, 320, 324: Wahrscheinlichkeit von 1 : 6.937 reicht allein zum Nachweis der Täterschaft nicht aus; andererseits BGH, Beschluss vom 21. Januar 2009 - 1 StR 722/08, NJW 2009, 1159: Seltenheitswert im Millionenbereich, im konkreten Fall 1 : 256 Billiarden, kann ausreichen; vgl. dazu auch BGH, Beschluss vom 12. Oktober 2011 - 2 StR 362/11, NStZ 2012, 403, 404; zur Vaterschaftsfeststellung BGH, Urteil vom 12. Januar 1994 - XII ZR 155/92, NJW 1994, 1348, 1349).
9
Dass sich auch bei einer sehr geringen Wahrscheinlichkeit (selbst im Milliarden - oder Billionenbereich) wegen der statistischen Herangehensweise die Spurenverursachung durch eine andere Person niemals völlig ausschließen lässt, hindert das Tatgericht nicht daran, seine Überzeugungsbildung gegebenenfalls allein auf die DNA-Spur zu stützen; denn eine mathematische, jede andere Möglichkeit ausschließende Gewissheit ist für die Überzeugungsbildung nicht erforderlich (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Januar 2012 - VI ZR 132/10, juris Rn. 8; Urteil vom 20. September 2011 - 1 StR 120/11, NStZ-RR 2012, 72, 73 mwN). Vielmehr genügt ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit, das vernünftige Zweifel nicht aufkommen lässt. Ob sich das Tatgericht allein aufgrund einer Merkmalübereinstimmung mit einer entsprechenden Wahrscheinlichkeit von der Täterschaft zu überzeugen vermag, ist mithin vorrangig - wie die Beweiswürdigung ansonsten auch - ihm selbst überlassen (vgl. allgemein zur Bewertung des Beweiswerts einer DNA-Analyse durch das Tatgericht BVerfG, Beschluss vom 18. September 1995 - 2 BvR 103/92, NJW 1996, 771, 773 mwN; weitergehend zum Beweiswert BVerfG, Beschluss vom 14. Dezember 2000 - 2 BvR 1741/99 u.a., BVerfGE 103, 21, 32). Im Einzelfall kann es revisionsrechtlich sowohl hinzunehmen sein, dass sich das Tatgericht eine entsprechende Überzeugung bildet, als auch, dass es sich dazu aufgrund vernünftiger Zweifel nicht in der Lage sieht.
10
Dem stehen die Urteile des 5. Strafsenats vom 21. August 1990 (5 StR 145/90, BGHSt 37, 157, 159) und 12. August 1992 (5 StR 239/92, BGHSt 38, 320, 322 ff.) nicht entgegen. Zum einen gingen die Entscheidungen insbesondere hinsichtlich der Anzahl der (damals lediglich drei) untersuchten Merkmale und des Stands der Untersuchungsabläufe von anderen Grundlagen aus. Zum anderen ist ihnen kein allgemeiner Rechtssatz zu entnehmen, dass das Ergebnis einer DNA-Analyse niemals allein zur Überzeugungsbildung von der Täterschaft ausreichen könne. Vielmehr weisen die Urteile darauf hin, dass einem Analyseergebnis kein unumstößlicher Beweiswert zukomme, der eine Gesamtschau der gegebenenfalls weiter vorhandenen be- und entlastenden Indizien entbehrlich mache. Dass dem Tatgericht generell versagt ist, dem als bedeutsames Indiz zu wertenden Untersuchungsergebnis die maßgebliche oder alleinige Bedeutung bei der Überzeugungsbildung beizumessen, ergibt sich daraus nicht. Hiervon ist auch der Senat in einer früheren Entscheidung (BGH, Beschluss vom 6. März 2012 - 3 StR 41/12, BGHR StPO § 261 Identifizierung 21) nicht ausgegangen. Vielmehr hat er im Anschluss an die vorgenannte Rechtsprechung hervorgehoben, dass das Ergebnis eines DNAVergleichsgutachtens lediglich ein Indiz darstelle, das jedoch hinsichtlich der Spurenverursachung keinen zwingenden Schluss erlaube. Dies allein hindert indes das Tatgericht nicht, aus dem Ergebnis einen möglichen Schluss auf die Spurenverursachung und die Täterschaft zu ziehen.
11
2. Das Landgericht hat die Grundlagen zur Berechnung der Wahrscheinlichkeit in einer Weise dargelegt, die dem Revisionsgericht eine Überprüfung der Berechnung auf ihre Plausibilität ermöglicht (vgl. BGH, Beschluss vom 6. März 2012 - 3 StR 41/12, BGHR StPO § 261 Identifizierung 21 mwN). Dazu sind in den Urteilsgründen tabellarisch die acht untersuchten Merkmalsysteme und die Anzahl der Wiederholungen im Einzelnen aufgeführt worden. Der Senat sieht insofern - auch zur Klarstellung und Präzisierung seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. März 2012 - 3 StR 41/12, aaO; vom 3. Mai 2012 - 3 StR 46/12, BGHR StPO § 261 Identifizierung 23; vom 15. Mai 2012 - 3 StR 164/12) - Anlass zu dem Hinweis, dass eine solche umfangreiche Darstellung grundsätzlich nicht erforderlich ist.
12
Das Tatgericht hat in den Fällen, in dem es dem Gutachten eines Sachverständigen folgt, die wesentlichen Anknüpfungstatsachen und Ausführungen des Gutachters so darzulegen, dass das Rechtsmittelgericht prüfen kann, ob die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht und ob die Schlussfolgerungen nach den Gesetzen, den Erfahrungssätzen des täglichen Lebens und den Erkenntnissen der Wissenschaft möglich sind (vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. August 1993 - 4 StR 627/92, BGHSt 39, 291, 296 f.; vom 21. September 2004 - 3 StR 333/04, NStZ 2005, 326). Dabei dürfen die Anforderungen , welche das Tatgericht an das Gutachten zu stellen hat, nicht mit den sachlichrechtlichen Anforderungen an den Inhalt der Urteilsgründe gleichgesetzt werden. Mögliche Fehlerquellen sind nur zu erörtern, wenn der Einzelfall dazu Veranlassung gibt (vgl. BGH, Beschluss vom 19. August 1993 - 4 StR 627/92, aaO, 297 f.). Dies beeinträchtigt die Rechtsposition des Angeklagten nicht, da er etwaige Fehler des Sachverständigengutachtens sowohl in der Hauptverhandlung als auch mit der Verfahrensrüge im Revisionsverfahren geltend machen kann.
13
Danach reicht es für das Revisionsgericht zur Überprüfung, ob das Ergebnis einer auf einer DNA-Untersuchung beruhenden Wahrscheinlichkeitsberechnung plausibel ist, im Regelfall aus, wenn das Tatgericht mitteilt, wie viele Systeme untersucht wurden, ob diese unabhängig voneinander vererbbar sind (und mithin die Produktregel anwendbar ist), ob und inwieweit sich Übereinstimmungen in den untersuchten Systemen ergeben haben und mit welcher Wahrscheinlichkeit die festgestellte Merkmalkombination zu erwarten ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 12. Oktober 2011 - 2 StR 362/11, NStZ 2012, 403, 404; vom 7. November 2012 - 5 StR 517/12, NStZ 2013, 179; zu ggf. geringeren Anforderungen bei einer Vielzahl weiterer gewichtiger Indizien BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2012 - 1 StR 377/12, NStZ 2013, 179, 180). Sofern der Angeklagte einer fremden Ethnie angehört, ist zudem darzulegen, inwieweit dies bei der Auswahl der Vergleichspopulation von Bedeutung war.
14
3. Die weitere Darstellung der Beweiswürdigung ist hier nicht lückenhaft, auch wenn die Urteilsgründe keine ausdrückliche Gesamtwürdigung aller beweiserheblichen Umstände enthalten. Zwar hat das Tatgericht zu beachten, dass die (durch eine DNA-Analyse ermittelte) hohe Wahrscheinlichkeit einer Spurenverursachung durch den Angeklagten eine Würdigung aller Beweisumstände gerade mit Blick auf die bloß statistische Aussagekraft nicht überflüssig macht (vgl. BGH, Urteile vom 27. Juli 1994 - 3 StR 225/94, NStZ 1994, 554, 555; vom 12. August 1992 - 5 StR 239/92, BGHSt 38, 320, 324; zur Vaterschaftsfeststellung BGH, Urteil vom 3. Mai 2006 - XII ZR 195/03, BGHZ 168, 79, 82 f.). Allerdings hängt das Maß der gebotenen Darlegung in den Urteilsgründen von der jeweiligen Beweislage und insoweit von den Umständen des Einzelfalles ab; dieser kann so beschaffen sein, dass sich die Erörterung bestimmter einzelner Beweisumstände erübrigt (etwa BGH, Urteil vom 16. März 2004 - 5 StR 490/03, juris Rn. 11). Nach den konkreten Umständen sind keine Gesichtspunkte ersichtlich, welche den Beweiswert der Merkmalübereinstim- mung schmälern oder allgemein gegen die Täterschaft des Angeklagten sprechen könnten und daher in der Beweiswürdigung näher zu erörtern gewesen wären.
15
4. Schließlich hat das Landgericht den Zusammenhang zwischen den DNA-Spuren und der Tat ausreichend dargelegt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 12. Oktober 2011 - 2 StR 362/11, NStZ 2012, 403, 404; vom 23. Oktober 2012 - 1 StR 377/12, NStZ 2013, 179, 180).
PräsBGH Prof. Dr. Tolksdorf Pfister Schäfer ist urlaubsbedingt an der Unterschriftsleistung gehindert. Pfister Mayer Gericke
2
Das angefochtene Urteil kann nicht bestehen bleiben, weil die Beweiswürdigung des Landgerichts unter Zugrundelegung des eingeschränkten revisionsrechtlichen Prüfungsmaßstabs (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 7. Juni 1979 – 4 StR 441/78, BGHSt 29, 18, 20 f. mwN; Franke in Löwe/ Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 337 Rn. 117 ff. mwN) einer sachlich-rechtlichen Prüfung nicht standhält. Denn die Feststellungen der Strafkammer zur Einfuhr der Betäubungsmittel entbehren einer tragfähigen Beweisgrundlage.

(1) Hat die Körperverletzung zur Folge, daß die verletzte Person

1.
das Sehvermögen auf einem Auge oder beiden Augen, das Gehör, das Sprechvermögen oder die Fortpflanzungsfähigkeit verliert,
2.
ein wichtiges Glied des Körpers verliert oder dauernd nicht mehr gebrauchen kann oder
3.
in erheblicher Weise dauernd entstellt wird oder in Siechtum, Lähmung oder geistige Krankheit oder Behinderung verfällt,
so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(2) Verursacht der Täter eine der in Absatz 1 bezeichneten Folgen absichtlich oder wissentlich, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.

(3) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 2 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.