Bundesgerichtshof Urteil, 16. Apr. 2014 - 2 StR 608/13

bei uns veröffentlicht am16.04.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 608/13
vom
16. April 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 16. April
2014, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Fischer,
die Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Schmitt,
Prof. Dr. Krehl,
Dr. Eschelbach,
Zeng
Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 24. Mai 2013 wird mit der Maßgabe verworfen, dass der Angeklagte des Totschlags in Tateinheit mit schwerer Misshandlung von Schutzbefohlenen schuldig ist. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Kostenentscheidung wird verworfen. 2. Die Kosten der Rechtsmittel sowie die dem Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Totschlags in Tateinheit mit Misshandlung von Schutzbefohlenen zu einer Freiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt. Gegen dieses Urteil richtet sich die zu seinen Ungunsten eingelegte, auf den Strafausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft, mit der sie die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Zugleich wendet sie sich mit der sofortigen Beschwerde gegen die Kostenentscheidung. Die vom Generalbundesanwalt nicht vertretenen Rechtsmittel haben keinen Erfolg.

I.

2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts lernte der Angeklagte die Mitangeklagte M. und deren am 4. Dezember 2010 geborene Tochter L. -S. , das spätere Tatopfer, im Sommer 2012 kennen und zog alsbald mit ihnen zusammen. Das Zusammenleben verlief zunächst harmonisch. Mit der Erziehung des Kindes durch die Kindesmutter war der Angeklagte indes nicht einverstanden. Er war der Ansicht, „dass L. -S. falsch, d.h. zu lasch, erzogen werde und sich zu sehr an ihre Mutter klammere“ (UA S. 24).Der An- geklagte fing an, die „Erziehung“ von L. -S. zu übernehmen. So zwang er das Kind, „das keine gute Esserin war“, zur Nahrungsaufnahme und wählte dabei – im Einzelnen geschilderte – erniedrigende Methoden, etwa, dass das Mädchen zu Boden gefallene Essensbrocken aufheben und essen musste.
3
Im November 2012 begann der Angeklagte, das Kind zu schlagen. Auch die Mitangeklagte forderte er mehrfach auf, „L. -S. mit der flachen Hand auf den Po zu schlagen“ (UA S. 26). Schlug die Kindesmutter nur zögerlich oder – nachseiner Vorstellung – „nicht fest genug“ zu, schlug er selbst mit der flachen Hand auf das Gesäß des Kindes.
4
Aufgrund seines zunehmenden Alkoholkonsums steigerte sich auch die Aggressivität des alkoholgewöhnten Angeklagten.
5
Am 17. Dezember 2012 befand sich der Angeklagte, der im Verlauf des Morgens eine halbe 0,7 Liter Flasche Wodka getrunken hatte, in einer für ihn „als desolat und ausweglos empfundenen, persönlichen Situation“ (UA S. 31). Er wusste, dass er in Kürze eine Ersatzfreiheitsstrafe verbüßen sollte und dass ein weiteres Ermittlungsverfahren gegen ihn wegen Diebstahls geführt wurde. Hinzu kamen Streitigkeiten mit einer früheren Lebensgefährtin und der Mitangeklagten sowie seine berufliche Perspektivlosigkeit und finanzielle Probleme.
6
Der Angeklagte hörte L. -S. laut weinen. Es gelang ihm nicht, das Kind zu beruhigen, die sich gegen die Zuwendungen des Angeklagten körperlich sperrte; vielmehr steigerte es sich in einen „Schreikampf“ (UA S. 32) hinein.
Die Stimmung des Angeklagten schlug in eine „starke Genervt- und Ge- reiztheizt“ um, und er verlor „schließlich die Nerven“. Er schlug L. -S. mindestens sechsmal mit der Faust kräftig ins Gesicht und gegen den Kopf. Als Folge dieser Schläge fiel das Kind zweimal mit dem Gesicht auf den Laminatboden des Kinderzimmers. Der Angeklagte riss sie jeweils wieder an den Haaren vom Boden hoch und versetzte ihr zusätzlich „einen Schlag mit der rechten Faust in ihr Gesicht und/oder gegen ihren Kopf“ (UA S. 32). Dem Angeklagten war hierbei bewusst, dass seine Handlungen zum Tode von L. -S. führen könnten; diesen nahm er auch billigend in Kauf. Als L. -S. „plötzlich still“ war, ließ er von ihr ab und verließ das Kinderzimmer, ohne sich weiter um sie zu kümmern.
7
Nachdem die mitangeklagte Kindesmutter gegen 15.00 Uhr nach Hause zurückgekommen war, sah sie zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt nach ihrer Tochter. L. -S. befand sich in einem komatösen Zustand. Als sie auf den Rücken gedreht wurde, erbrach sie sich mehrfach und begann zu stöhnen; ihr Körper war schlaff und ohne eigene Körperspannung. Ihre Vitalfunktionen waren deutlich eingeschränkt und verschlechterten sich stetig; sie befand sich bereits in einem Zustand starker Bewusstseinsveränderung. Weder der Angeklagte noch die Kindesmutter kümmerten sich um das Kind.
8
Als Folge der körperlichen Misshandlungen hatte L. -S. „durchgehend starke Kopfschmerzen, teils auch sog. Vernichtungskopfschmerzen“ (UA S. 41), die bis zum Zustand tiefer Bewusstlosigkeit andauerten. Zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt in der Nacht vom 19. Dezember auf den 20. Dezember 2012 verstarb L. -S. aufgrund eines zentralen Regulationsversagens nach hochgradiger, durch die Gewalteinwirkung verursachter Schwellung des Hirngewebes.
9
Nachdem der Angeklagte und die Mitangeklagte am nächsten Morgen den Tod des Kindes festgestellt hatten, beschlossen sie, den Leichnam zu „entsorgen“ (UA S. 42) und den Eindruck zu erwecken, dass L. -S. Opfer eines sexuellen Missbrauchs geworden sei. Der Angeklagte und die Mitangeklagte warfen deshalb den zuvor von ihnen entkleideten Leichnam des Kindes in ein Gebüsch und verteilten Kleidungsstücke von L. -S. in unmittelbarerNähe. Bei der Polizei gaben sie sodann eine Vermisstenanzeige auf, die zu einem polizeilichen Sucheinsatz führte.
10
2. Das Landgericht hat die Tat als Totschlag (§ 212 Abs. 1 StGB) in Tateinheit mit Misshandlung von Schutzbefohlenen (§ 225 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 Nr. 1 StGB) gewertet; Mordmerkmale seien nicht gegeben.
11
Die sachverständig beratene Strafkammer ist zu der Überzeugung gelangt , dass der alkoholabhängige Angeklagte trotz einer – auf seinen Angaben beruhenden – errechneten Blutalkoholkonzentration von maximal 2,23‰ voll schuldfähig gewesen sei. Weder bei seinem psychomotorischen Leistungsverhalten noch bei seinen intrapsychischen Vorgängen sei eine alkoholbedingte Veränderung erkennbar; kognitive Beeinträchtigungen zur Tatzeit seien ebenfalls nicht feststellbar. Auch habe keine die Schuldfähigkeit beeinflussende affektive Ausnahmesituation bestanden.
12
Das Landgericht hat die Strafe gemäß § 52 Abs. 2 Satz 1 StGB aus dem Strafrahmen des § 212 Abs. 1 StGB gebildet. Zu Gunsten hat die Schwurgerichtskammer u.a. das umfassende Geständnis des jungen Angeklagten, dessen Reue, die erstmalige Inhaftierung, seinen schwierigen Werdegang und seinen familiären Hintergrund berücksichtigt. Zu seinen Lasten hat das Landgericht u.a. bewertet, dass der Angeklagte tateinheitlich zwei Straftatbestände verwirklicht habe, und dieser mehrfach, wenn auch nicht einschlägig, strafrecht- lich in Erscheinung getreten sei. Der besonders brutalen Tatausführung komme angesichts der affektbedingten Enthemmung nur geringes strafschärfendes Gewicht zu. Das Nachtatverhalten hat das Landgericht ebenso strafschärfend berücksichtigt, wie dem Umstand, dass das Kind als Folge der Misshandlungen ganz erhebliche Schmerzen erlitten hat.

II.

13
Die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft haben keinen Erfolg.
14
1. Ungeachtet des umfassend gestellten Aufhebungsantrags ist die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte Revision – wie die Revisionsbegründung deutlich macht – wirksam auf den Strafausspruch beschränkt (vgl. dazu BGH, Urteil vom 12. April 1989 – 3 StR 453/88, BGHR StPO § 344 Abs. 1 Antrag 3, insoweit in BGHSt 36, 167 ff. nicht abgedruckt). Die Staatsanwaltschaft rügt mit ihrer Revision, dass das Landgericht im Rahmen der Strafzumessung dem Vortatverhalten des Angeklagten gegenüber dem Tatopfer kein entsprechendes Gewicht beigemessen habe; in die nach § 212 Abs. 2 StGB vorgenommene Gesamtwürdigung sei dieser Umstand nicht eingestellt.
15
2. Das auf den Strafausspruch beschränkte Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hindert nicht, den Tenor der landgerichtlichen Entscheidung wie geschehen klarzustellen. Dass der Angeklagte wegen Totschlags in Tateinheit mit schwerer Misshandlung von Schutzbefohlenen zu bestrafen ist und das Landgericht auch insoweit verurteilen wollte, ergibt sich unmissverständlich aus den Urteilsgründen.
16
a) Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts wird die Qualifikation gemäß § 225 Abs. 3 Nr. 1 StGB nicht von § 212 StGB verdrängt. Zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass beide Tatbestände im Verhältnis der Tateinheit zueinander stehen.
17
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt Gesetzeseinheit nur vor, wenn der Unrechtsgehalt einer Handlung durch einen von mehreren, dem Wortlaut nach anwendbaren Straftatbeständenerschöpfend erfasst wird. Maßgebend für die Beurteilung sind die Rechtsgüter, gegen die sich der Angriff des Täters richtet, und die Tatbestände, die das Gesetz zu ihrem Schutz aufstellt. Die Verletzung des durch den einen Straftatbestand geschützten Rechtsguts muss eine – wenn nicht notwendige, so doch regelmäßige – Erscheinungsform des anderen Tatbestandes sein (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Oktober 1992 – GSSt 1/92, BGHSt 39, 100, 108; Fischer, StGB, 61. Aufl., Vor § 52 Rdn. 39, jeweils mwN).
18
Diese Voraussetzungen sind in § 212 StGB und § 225 Abs. 3 Nr. 1 StGB gerade nicht erfüllt. § 225 StGB enthält spezifisches Unrecht. Neben der körperlichen Unversehrtheit wird – über § 223 StGB hinaus – auch die psychische Integrität einer unter besonderen Schutzverhältnissen stehenden Person geschützt (vgl. Hirsch in LK, StGB, 11. Aufl., § 225 Rdn. 1; Horn/Wolters in SKStGB , 57. Lfg., § 225 Rdn. 2; Paeffgen in NK-StGB, 4. Aufl., § 225 Rdn. 2; Hardtung in Münchener Kommentar, StGB, 2. Aufl., § 225 Rdn. 1; Engländer in Matt/Renzikowski, StGB § 225 Rdn. 1; Fischer, aaO, § 225 Rdn. 2, jeweils mwN; vgl. auch BGH, Urteil vom 30. März 1995 – 4 StR 768/94, BGHSt 41, 113, 116).
19
In diesem Fall gebietet schon die Klarstellungsfunktion des Schuldspruchs die Annahme von Tateinheit. Andernfalls brächte der Schuldspruch den Unrechtsgehalt einer Handlung, die – wie hier – mehrere Straftatbestände erfüllt , nicht erschöpfend zum Ausdruck. Mit dieser Begründung hat der Bundes- gerichtshof schon in der Entscheidung vom 30. März 1995 (4 StR 768/94, BGHSt 41, 113) bei Zusammentreffen von Quälen eines Schutzbefohlenen im Sinne von § 223b StGB (a.F.) und Körperverletzung mit Todesfolge (§ 226 StGB a.F.) Tateinheit bejaht (vgl. auch BGH, Beschluss vom 29. September 1998 – 4 StR 357/98, BGHR StGB § 223b Konkurrenzen 4, für das Verhältnis von Misshandlung eines Schutzbefohlenen und schwerer Körperverletzung). Für das Verhältnis von (schwerer) Misshandlung von Schutzbefohlenen und Totschlag, der weder eine bloße qualifizierte Körperverletzung darstellt noch an eine spezifische Täter-Opfer-Beziehung anknüpft, gilt nichts anderes (so auch: Neumann in NK-StGB, 4. Aufl., § 212 Rdn. 36; Eser/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 212 Rdn. 20; Safferling in Matt/Renzikowski, StGB, § 212 Rdn. 86; aA Schneider in Münchener Kommentar , aaO, § 212 Rdn. 92, jeweils mwN).
20
b) Der Senat ändert den Schuldspruch klarstellend dahin ab, dass der Angeklagte des Totschlags in Tateinheit mit schwerer Misshandlung von Schutzbefohlenen schuldig ist. Um dem sich aus § 260 Abs. 4 Satz 1 StPO ergebenden Erfordernis der rechtlichen Bezeichnung der Straftat Rechnung zu tragen, ist diese Qualifikation in der Urteilsformel kenntlich zu machen (BGH, Beschluss vom 28. Januar 2003 – 3 StR 373/02, BGHR StPO § 260 Abs. 4 Satz 1 Urteilsformel 4).
21
3. Der Strafausspruch weist keine den Angeklagten begünstigenden Rechtsfehler auf.
22
a) Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt der Revisionsführerin. Vor- und Nachtatverhalten sind bei der Strafzumessung zu berücksichtigen , wenn ein schuldrelevanter Zusammenhang mit der Tat besteht (vgl. Senat , Urteil vom 19. Juli 2000 – 2 StR 96/00, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Vorleben 28; BGH, Beschluss vom 29. Januar 2013 – 4 StR 532/12, NStZ-RR 2013, 170, 171; Fischer, aaO, § 46 Rdn. 32, 46 ff.). Die fehlende Berücksichtigung entsprechenden relevanten Verhaltens im Rahmen der Strafzumessung stellt einen den Angeklagten begünstigenden Rechtsfehler dar (vgl. Senat, Urteil vom 27. Januar 2011 – 2 StR 493/10, NStZ 2011, 512, 513, zur fehlenden Berücksichtigung des Nachtatverhaltens).
23
b) Das Landgericht hat dem festgestellten Vortatverhalten des Angeklagten – mit Blick auf dessen Auswirkungen auf die Tatschuld – indes ausreichend Rechnung getragen.
24
Die „Exerzierübungen und Handgreiflichkeiten“ (UA S. 89) des Angeklagten gegenüber L. -S. hat das Landgericht bei der Gesamtbewertung nicht aus dem Blick verloren. Es hat die „Erziehungsmethoden“ des Angeklagten bereits im Rahmen der Erwägungen zum Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe berücksichtigt und eine Nähe (auch) zu diesem Mordmerkmal angenommen (UA S. 137, 146). Die Schwurgerichtskammer hat all dieses im Zusammenhang mit § 212 Abs. 2 StGB rechtsfehlerfrei gewürdigt. Die (auch) im Vortatverhalten zum Ausdruck kommende Gesinnung des Angeklagten hat das Landgericht strafschärfend berücksichtigt (UA S. 138, 147), was sich nicht zuletzt in der im oberen Bereich des Strafrahmens angesiedelten Strafe niedergeschlagen hat.
25
4. Der Strafausspruch enthält auch keine den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler (§ 301 StPO).
26
a) Das Tatgericht hat erkennbar berücksichtigt, dass ein bestimmtes, auf die Beseitigung der Leiche oder von Spuren der Tat gerichtetes Verhalten nicht schon für sich allein zur Annahme eines Strafschärfungsgrundes berechtigt (vgl. auch Fischer, aaO, § 46 Rdn. 49 mwN), sondern allein dann, wenn es – wie hier – Rückschlüsse auf die innere Einstellung der Tat zulässt oder den Unrechtsgehalt der Tat erhöht (vgl. auch Senat, Beschluss vom 6. Dezember 1996 - 2 StR 468/96, NStZ-RR 1997, 196 mwN). Seine Bewertung, dass der Ange- klagte den Leichnam menschenverachtend „entsorgt“ hat, wird durch die Fest- stellungen gedeckt und weist keinen Rechtsfehler auf. Ebenso geht der Versuch des Angeklagten, den Eindruck zu erwecken, dass L. -S. Opfer eines sexuellen Missbrauchs geworden sei, über noch zulässiges, nicht strafzumessungsrelevantes Täterverhalten hinaus. Mit diesen der eigentlichen Tat nachfolgenden Handlungen hat der Angeklagte erneut seine rechtsfeindliche Einstellung dokumentiert (vgl. auch Senat, Beschluss vom 27. November 2011 – 2 StR 493/10, NStZ 2011, 512, 513).
27
b) Rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden ist, dass das Landgericht die dem Kind zugefügten, „über einen Zeitraum von mindestens 54 Stunden“ andauernde starke Schmerzen strafschärfend berücksichtigt hat.
28
5. Die von der Staatsanwaltschaft „vorsorglich“ eingelegte sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung des Urteils ist unbegründet. Die Kostenentscheidung entspricht dem Gesetz (§ 465 StPO).
29
Der Senat weist darauf hin, dass die Staatsanwaltschaft gemäß Nr. 148 Abs. 1 RiStBV nur ausnahmsweise ein Rechtsmittel lediglich vorsorglich einlegen soll; auch ein solches Rechtsmittel ist zu begründen (vgl. Nr. 156 Abs. 1 RiStBV). Entspricht eine Kostenentscheidung – wie hier – der Rechtslage wird eine gesonderte („vorsorgliche“) Anfechtung regelmäßig nicht in Betracht kom- men (vgl. auch Nr. 147 Abs. 1 Satz 2 RiStBV). Fischer RiBGH Prof. Dr. Schmitt Krehl ist aus tatsächlichen Gründen an der Unterschriftsleistung gehindert. Fischer Eschelbach Zeng

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(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt. (2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie d
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Jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten abgeändert oder aufgehoben werden kann.

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(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

(1) Wer eine Person unter achtzehn Jahren oder eine wegen Gebrechlichkeit oder Krankheit wehrlose Person, die

1.
seiner Fürsorge oder Obhut untersteht,
2.
seinem Hausstand angehört,
3.
von dem Fürsorgepflichtigen seiner Gewalt überlassen worden oder
4.
ihm im Rahmen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses untergeordnet ist,
quält oder roh mißhandelt, oder wer durch böswillige Vernachlässigung seiner Pflicht, für sie zu sorgen, sie an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter die schutzbefohlene Person durch die Tat in die Gefahr

1.
des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung oder
2.
einer erheblichen Schädigung der körperlichen oder seelischen Entwicklung
bringt.

(4) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

(1) Wer eine Person unter achtzehn Jahren oder eine wegen Gebrechlichkeit oder Krankheit wehrlose Person, die

1.
seiner Fürsorge oder Obhut untersteht,
2.
seinem Hausstand angehört,
3.
von dem Fürsorgepflichtigen seiner Gewalt überlassen worden oder
4.
ihm im Rahmen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses untergeordnet ist,
quält oder roh mißhandelt, oder wer durch böswillige Vernachlässigung seiner Pflicht, für sie zu sorgen, sie an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter die schutzbefohlene Person durch die Tat in die Gefahr

1.
des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung oder
2.
einer erheblichen Schädigung der körperlichen oder seelischen Entwicklung
bringt.

(4) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

(1) Wer eine Person unter achtzehn Jahren oder eine wegen Gebrechlichkeit oder Krankheit wehrlose Person, die

1.
seiner Fürsorge oder Obhut untersteht,
2.
seinem Hausstand angehört,
3.
von dem Fürsorgepflichtigen seiner Gewalt überlassen worden oder
4.
ihm im Rahmen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses untergeordnet ist,
quält oder roh mißhandelt, oder wer durch böswillige Vernachlässigung seiner Pflicht, für sie zu sorgen, sie an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter die schutzbefohlene Person durch die Tat in die Gefahr

1.
des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung oder
2.
einer erheblichen Schädigung der körperlichen oder seelischen Entwicklung
bringt.

(4) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(1) Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Wer eine Person unter achtzehn Jahren oder eine wegen Gebrechlichkeit oder Krankheit wehrlose Person, die

1.
seiner Fürsorge oder Obhut untersteht,
2.
seinem Hausstand angehört,
3.
von dem Fürsorgepflichtigen seiner Gewalt überlassen worden oder
4.
ihm im Rahmen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses untergeordnet ist,
quält oder roh mißhandelt, oder wer durch böswillige Vernachlässigung seiner Pflicht, für sie zu sorgen, sie an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) Auf Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr ist zu erkennen, wenn der Täter die schutzbefohlene Person durch die Tat in die Gefahr

1.
des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung oder
2.
einer erheblichen Schädigung der körperlichen oder seelischen Entwicklung
bringt.

(4) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 3 auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

(1) Hat die Körperverletzung zur Folge, daß die verletzte Person

1.
das Sehvermögen auf einem Auge oder beiden Augen, das Gehör, das Sprechvermögen oder die Fortpflanzungsfähigkeit verliert,
2.
ein wichtiges Glied des Körpers verliert oder dauernd nicht mehr gebrauchen kann oder
3.
in erheblicher Weise dauernd entstellt wird oder in Siechtum, Lähmung oder geistige Krankheit oder Behinderung verfällt,
so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(2) Verursacht der Täter eine der in Absatz 1 bezeichneten Folgen absichtlich oder wissentlich, so ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.

(3) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen des Absatzes 2 auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren zu erkennen.

(1) Die Hauptverhandlung schließt mit der auf die Beratung folgenden Verkündung des Urteils.

(2) Wird ein Berufsverbot angeordnet, so ist im Urteil der Beruf, der Berufszweig, das Gewerbe oder der Gewerbezweig, dessen Ausübung verboten wird, genau zu bezeichnen.

(3) Die Einstellung des Verfahrens ist im Urteil auszusprechen, wenn ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Die Urteilsformel gibt die rechtliche Bezeichnung der Tat an, deren der Angeklagte schuldig gesprochen wird. Hat ein Straftatbestand eine gesetzliche Überschrift, so soll diese zur rechtlichen Bezeichnung der Tat verwendet werden. Wird eine Geldstrafe verhängt, so sind Zahl und Höhe der Tagessätze in die Urteilsformel aufzunehmen. Wird die Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten, die Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung zur Bewährung ausgesetzt, der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt oder von Strafe abgesehen, so ist dies in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen. Im übrigen unterliegt die Fassung der Urteilsformel dem Ermessen des Gerichts.

(5) Nach der Urteilsformel werden die angewendeten Vorschriften nach Paragraph, Absatz, Nummer, Buchstabe und mit der Bezeichnung des Gesetzes aufgeführt. Ist bei einer Verurteilung, durch die auf Freiheitsstrafe oder Gesamtfreiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren erkannt wird, die Tat oder der ihrer Bedeutung nach überwiegende Teil der Taten auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen worden, so ist außerdem § 17 Abs. 2 des Bundeszentralregistergesetzes anzuführen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 96/00
vom
19. Juli 2000
in der Strafsache
gegen
wegen Totschlags
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 19. Juli 2000,
an der teilgenommen haben:
Vizepräsident des Bundesgerichtshofes
Dr. Jähnke
als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof
Niemöller,
Detter,
Dr. Bode,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Otten
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Das Urteil des Landgerichts Köln vom 15. Juni 1999 wird mit den Feststellungen aufgehoben
a) auf die Revision der Staatsanwaltschaft in vollem Umfang
b) auf die Revision der Angeklagten im Strafausspruch. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. Die weitergehende Revision der Angeklagten wird verworfen.

Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren verurteilt. Dagegen wendet sich die vom Generalbundesanwalt vertretene, auf die Sachrüge gestützte Revision der Staatsanwaltschaft , mit der sie eine Verurteilung wegen Mordes erstrebt, und die Revision der Angeklagten mit Verfahrensrügen und der Sachrüge.
Nach den Feststellungen hatte die Angeklagte, Mutter von zwei Kindern, das dritte Kind ohne Wissen ihres Ehemanns abgetrieben, die Schwangerschaft und Geburt des vierten Kindes vor ihrer Familie verheimlicht, schon vor seiner Geburt Kontakt mit dem Jugendamt aufgenommen und es unmittelbar danach zur Adoption freigegeben. Bei den Erklärungen zur Vermittlung und Anmeldung des Kindes hatte sie die Unterschrift ihres Ehemannes gefälscht, den Notartermin hatte sie mit Ausreden hinausgeschoben. Die Angeklagte wollte wegen der finanziellen und häuslichen Situation der Familie kein weiteres Kind aufziehen. Zwei Monate nach der Geburt dieses Kindes wurde die Angeklagte erneut schwanger. Auch die Schwangerschaft und Geburt des fünften Kindes am 19. Dezember 1998 verheimlichte die Angeklagte ihrem Ehemann. Nachdem sie das Kind zunächst im Krankenhaus belassen hatte, holte sie es zwei Tage später im Beisein einer Jugendamtsmitarbeiterin ab. Zu Hause legte sie das Kind in der Waschküche in einen Schlafsack, zog den Reißverschluß zu und bedeckte ihn mit einem Berg von Wäschestücken. Das Kind erstickte.
Die Revision der Staatsanwaltschaft hat Erfolg, die Revision der Angeklagten hat mit der Sachrüge zum Strafausspruch Erfolg. Im übrigen erweist sie sich als unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
1. Der Schuldspruch enthält Rechtsfehler zu Gunsten der Angeklagten.

a) Die Ausführungen des Landgerichts zur subjektiven Tatseite halten rechtlicher Prüfung nicht stand. Das Landgericht ist von bedingtem Tötungsvorsatz ausgegangen. Nach den Feststellungen, hat die Angeklagte das Kind aus einem plötzlichen Entschluß heraus - "das Kind muß weg”- getötet. Ange-
sichts dessen und der erkennbar äußerst gefährlichen Handlung ist für die Annahme , die Angeklagte habe den Tod des Kindes nicht als sichere Folge ihres Handelns vorausgesehen (und damit auch gewollt), kein Raum. Das kann auch für die Ermittlung der Beweggründe der Angeklagten Bedeutung haben.

b) Das Landgericht hat einen Mord aus niedrigen Beweggründen verneint , weil der Angeklagten nicht ausschließbar das Bewußtsein gefehlt habe, daß ihr Handeln nach allgemeiner sittlicher Wertung auf niedrigster Stufe lag. Diese Begründung begegnet durchgreifenden Bedenken.
Zwar ist es richtig, daß sich der Täter bei einem Handeln aus niedrigen Beweggründen bei der Tat der Umstände bewußt sein muß, die den Antrieb zum Handeln als besonders verwerflich erscheinen lassen, wobei es allerdings – entgegen den mißverständlichen Urteilsausführungen – bedeutungslos ist, ob der Täter seine Motive selbst als niedrig bewertet (BGH NStZ 1989, 363; BGHR StGB § 211 Abs. 2 niedrige Beweggründe 27). Ob diese subjektiven Voraussetzungen gegeben sind, kann aber nicht beurteilt werden, ohne daß zuvor geklärt und dargelegt worden ist, welche Motivation der Tat zugrunde lag und ob diese Motivation als niedrig einzustufen ist.
Das Landgericht hat es unterlassen, das Tötungsmotiv der Angeklagten festzustellen. Nur im Zusammenhang mit den Ausführungen zum Tötungsvorsatz hat es ausgeführt, daß sich die Angeklagte in einem Zwiespalt befunden habe, weil sie die Schwangerschaft vor dem Ehemann, der Verwandtschaft und Bekanntschaft verschwiegen hatte. Auch wenn es danach naheliegend ist, daß die Angeklagte aus Angst und Scham vor den Konsequenzen einer Offenbarung gehandelt hat, die möglicherweise nicht nur sie, sondern – bei Ehepro-
blemen – auch ihre Kinder getroffen hätte, lassen sich die konkreten Tatantriebe der – wie an anderer Stelle ausgeführt – von ihrem Leben überforderten Angeklagten dem Urteil nicht entnehmen.
Von dieser dem Tatrichter obliegenden Pflicht zur Feststellung und umfassenden Würdigung konnte hier auch nicht etwa deshalb abgesehen werden, weil die Angeklagte – wovon das Landgericht ausgegangen ist – sich spontan zur Tötung des Kindes entschlossen hat. Abgesehen davon, daß sich diese Annahme unter anderem auf die Einlassung der Angeklagten stützt, nach der tatauslösend die Erinnerung an die – nach den Feststellungen nicht stattgefundene - Vergewaltigung gewesen sei, ist die Annahme niedriger Beweggründe auch bei einer Spontantat nicht ausgeschlossen (BGHR StGB § 211 Abs. 2 niedrige Beweggründe 11). Spontaneität des Tatentschlusses kann im Zusammenhang mit der Vorgeschichte und der psychischen Verfassung der Angeklagten aber Anlaß sein, die subjektive Seite des Mordmerkmals besonders sorgfältig zu prüfen.
2. Der Strafausspruch enthält Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten , die zu seiner Aufhebung auf die Revision der Angeklagten führen.
Das Landgericht hat u. a. folgende gegen die Angeklagte sprechende Umstände aufgeführt:
”Durch die Tötung des Säuglings zerstörte die Angeklagte ihre Familie. Ihre zwei zur Tatzeit zehn und sechs Jahre alten Kinder haben aufgrund der bevorstehenden langen Haftstrafe während wichtiger Entwicklungsphasen ihre Mutter nicht an ihrer Seite. Darüber hinaus wurde den Kindern durch die Tat
der Angeklagten deutlich vor Augen geführt, daß ihrer Mutter die Kinder wenig wert sind, zumal sie ein weiteres Kind zur Adoption freigegeben hatte. Auch hat die Angeklagte einen hohen Vertrauensbruch gegenüber ihrem Mann begangen. Mit für die Ehe wichtigen gemeinsamen Entscheidungen hat sie es nicht genau genommen, sie hat ihrem Mann gegenüber drei Schwangerschaften verschwiegen. Sie hat sich ohne Rücksprache mit diesem zu einer Abtreibung und zu einer Freigabe zur Adoption entschieden und beides auch durchgeführt. Als letztes sprach auch gegen die Angeklagte, daß sie in ihrem persönlichen Umfeld die nachhaltigen Komplikationen erst auslöste, in dem sie immer wieder Lügengeschichten verbreitete.”
Diese Strafzumessungserwägungen sind rechtlich bedenklich. Insbesondere hat die Strafkammer damit Umstände verwertet, die nicht im schuldrelevanten Zusammenhang mit der Tat stehen.
Ein außerhalb der Tatausführung liegendes Verhalten darf bei der Strafzumessung nur Berücksichtigung finden, wenn eine Beziehung zu der Tat besteht , die Rückschlüsse auf eine höhere Tatschuld zuläßt. Ein solcher die Tatschuld erhöhender Zusammenhang des ehelichen Fehlverhaltens der Angeklagten bei der vorangegangenen dritten und vierten Schwangerschaft mit der Tötung des fünften Kindes, die durch das Verschweigen dieser fünften Schwangerschaft veranlaßt war, ist im Urteil nicht dargetan.
Auch soweit die Strafkammer strafschärfend die Folgen der langen gegen die Angeklagte verhängten Haftstrafe berücksichtigt hat, handelt es sich um Umstände, die nicht geeignet sind, die Tatschuld zu kennzeichnen. Zudem führt diese Erwägung – in der Art eines Zirkelschlusses - zu einer weiteren
Verlängerung der Haftstrafe mit den der Angeklagten vorgeworfenen ungünstigen Folgen.
Jähnke Niemöller Detter Bode Otten

(1) Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe. Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen.

(2) Bei der Zumessung wägt das Gericht die Umstände, die für und gegen den Täter sprechen, gegeneinander ab. Dabei kommen namentlich in Betracht:

die Beweggründe und die Ziele des Täters, besonders auch rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende,die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille,das Maß der Pflichtwidrigkeit,die Art der Ausführung und die verschuldeten Auswirkungen der Tat,das Vorleben des Täters, seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowiesein Verhalten nach der Tat, besonders sein Bemühen, den Schaden wiedergutzumachen, sowie das Bemühen des Täters, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen.

(3) Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, dürfen nicht berücksichtigt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 532/12
vom
29. Januar 2013
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 29. Januar 2013 gemäß § 349
Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 19. Juli 2012 im Strafausspruch aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Seine wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision hat Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).

I.


2
Nach den Feststellungen stach der Angeklagte am 5. Oktober 2010 dem Zeugen H. ohne nachvollziehbaren äußeren Anlass ein Messer mit einer Klingenlänge von etwa 7,5 cm in den Bereich des linken Brustkorbs. Der Zeuge erlitt eine ca. 7 cm tiefe Stichwunde, die mit einem Faden genäht werden musste. Da weder die Lunge, noch die innere Schicht des Brustkorbs verletzt wurden , bestand keine konkrete Lebensgefahr (Fall II. 2a der Urteilsgründe). Am 20. Oktober 2011 packte der Angeklagte in den Räumlichkeiten einer Buchhandlung seine ehemalige Lebensgefährtin, die Zeugin B. , von hinten an den Haaren und schlug mehrfach mit der Faust auf sie ein. Als die Zeugin am Boden lag, hielt er sie mit der linken Hand fest und fügte ihr mit einem CutterMesser Verletzungen im oberen linken Brustbereich und im Nacken zu. Die Stichverletzung im Brustbereich musste genäht werden. Es ist eine sichtbare Narbe zurückgeblieben. Die Zeugin leidet auch weiterhin an einer posttraumatischen Belastungsstörung (Fall II. 2b der Urteilsgründe).
3
Das Landgericht hat den Angeklagten in beiden Fällen wegen gefährlicher Körperverletzung mittels eines anderen gefährlichen Werkzeugs gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB schuldig gesprochen und gegen ihn Einzelfreiheitsstrafen in Höhe von zwei Jahren und sechs Monaten (Fall II. 2a) und drei Jahren und neun Monaten (Fall II. 2b) verhängt. Aus diesen Einzelfreiheitsstrafen hat es eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten gebildet.

II.


4
Der Strafausspruch hält aus mehreren Gründen rechtlicher Überprüfung nicht stand.
5
1. Die beiden verhängten Einzelstrafen können nicht bestehen bleiben, weil das Landgericht jeweils sowohl im Rahmen der Prüfung eines minderschweren Falls gemäß § 224 Abs. 1 letzter Halbsatz StGB, als auch bei der konkreten Strafzumessung ein zulässiges Verteidigungsverhalten zum Nachteil des Angeklagten gewertet hat.
6
a) Der Angeklagte hat in der Hauptverhandlung zum Tatvorwurf im Fall II. 2a erklärt, den Zeugen H. geschlagen zu haben, als dieser nach einer zunächst verbal geführten Auseinandersetzung eine Teleskopstange mit einem kleinen Ball an der Spitze in die Hand nehmen wollte (UA 16). Im Fall II. 2b habe ihn die Zeugin B. mit einer Handtasche geschlagen. Er habe gesehen, dass er an der rechten Hand geblutet habe und ein Messer in der linken Hand der Zeugin wahrgenommen. Dieses Messer habe er ihr wegnehmen wollen. Schließlich habe er sie an der linken Schulter ergriffen und „herumgewirbelt“. Auch glaube er um sich geschlagen zu haben, weil er das Gefühl hatte, sich wehren zu müssen (UA 17). Das Landgericht hat in diesen Einlassungen einen schulderhöhenden Umstand gesehen, weil der Angeklagte den Zeugen H. und die Zeugin B. verdächtigt habe, sich ihm gegenüber der versuchten bzw. der vollendeten Körperverletzung schuldig gemacht zu haben (UA 31). Dies ist rechtsfehlerhaft.
7
b) Grundsätzlich ist es einem Angeklagten nicht verwehrt, sich gegen den Vorwurf der Körperverletzung mit der Behauptung zu verteidigen, er habe in Notwehr gehandelt. Soweit damit Anschuldigungen gegen Dritte verbunden sind, werden die Grenzen eines zulässigen Verteidigungsverhaltens dadurch nicht überschritten (BGH, Beschluss vom 6. Juli 2010 – 3 StR 219/10, NStZ 2010, 692; MükoStGB/Miebach, 2. Aufl., § 46 Rn. 129). Eine wahrheitswidrige Notwehrbehauptung kann erst dann straferschwerend gewertet werden, wenn Umstände hinzukommen, nach denen sich dieses Verteidigungsverhalten als Ausdruck einer zu missbilligenden Einstellung darstellt (vgl. BGH, Beschluss vom 22. März 2007 – 4 StR 60/07, NStZ 2007, 463; Beschluss vom 27. April 1989 – 1 StR 10/89, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verteidigungsverhalten 4; SSWStGB /Eschelbach, § 46 Rn. 124). Dies ist hier nicht der Fall. Der Angeklagte hat sich auf die wahrheitswidrige Behauptung eines drohenden (Fall II. 2a der Urteilsgründe ) bzw. eines bereits eingeleiteten Angriffs (Fall II. 2b der Urteilsgründe ) der Zeugen beschränkt. Darüber hinausgehende Verleumdungen oder Herabwürdigungen (vgl. BGH, Beschluss vom 25. April 1990 – 3 StR 85/90, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verteidigungsverhalten 8; Beschluss vom 11. Mai 1989 – 1 StR 184/89, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verteidigungsverhalten 5), die eine straferschwerende Bewertung rechtfertigen könnten, sind in seinem Vorbringen nicht enthalten. Auch hat der Angeklagte die Zeugen nicht einer besonders verwerflichen Handlung bezichtigt (vgl. BGH, Urteil vom 14. November 1990 – 3 StR 160/90, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verteidigungsverhalten 10), sodass nicht angenommen werden kann, dass es ihm darum ging, ihr Ansehen über das verfolgte Verteidigungsziel hinaus zu beschädigen (vgl. BGH, Beschluss vom 29. März 1994 – 1 StR 71/94, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Verteidigungsverhalten

13).


8
2. Die Bemessung der Einzelstrafe im Fall II. 2b der Urteilsgründe (Tat zum Nachteil der Zeugin B. ) ist auch deshalb rechtsfehlerhaft, weil das Landgericht straferschwerend berücksichtigt hat, dass es zum Einsatz eines Messers kam (UA 31). Hierin liegt ein Verstoß gegen § 46 Abs. 3 StGB, da die Verwendung des Messers bereits zur Begründung der Strafbarkeit des Angeklagten nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB herangezogen worden ist. Soweit das Landgericht in diesem Zusammenhang darauf abgehoben hat, dass es mit dem Messereinsatz zu einer Steigerung der Übergriffe des Angeklagten auf die Zeugin gekommen ist, wird damit nicht lediglich das Vortatverhalten des Angeklagten gewürdigt, sondern auch die Verwendung des Messers mit negativem Vorzeichen in die Bewertung einbezogen.
9
3. Durch die Aufhebung der Einzelstrafen verliert auch die Bestimmung der Gesamtstrafe ihre Grundlage.
10
Da es sich bei den aufgezeigten Fehlern um bloße Wertungsfehler handelt, können die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zum Strafausspruch bestehen bleiben. Ergänzende – hierzu nicht in Widerspruch tretende – Feststellungen sind möglich (BGH, Beschluss vom 9. Oktober 2012 – 5 StR 453/12).

Mutzbauer Cierniak Franke Bender Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 493/10
vom
27. Januar 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Körperverletzung mit Todesfolge
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
26. Januar 2011 in der Sitzung am 27. Januar 2011, an denen teilgenommen
haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Rissing-van Saan
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Appl,
Prof. Dr. Schmitt,
Prof. Dr. Krehl,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Ott,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin in der Verhandlung
als Verteidigerin,
Rechtsanwältin in der Verhandlung
als Nebenklägervertreterin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. a) Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 19. Februar 2010 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
b) Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die Revision der Nebenklägerin wird verworfen. 3. Die Nebenklägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die Revision der Nebenklägerin erstrebt eine Verurteilung des Angeklagten wegen eines Tötungsdelikts. Ihr bleibt der Erfolg versagt. Das vom Generalbundesanwalt ver- tretene Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft, das allein auf die Aufhebung des Strafausspruches zielt, hat dagegen Erfolg.
2
1. a) Nach den Feststellungen des Landgerichts lernte der Angeklagte, ein ghanaischer Staatsbürger, der im Jahre 2000 nach Deutschland gekommen war, im April 2003 die damals 20-jährige Nebenklägerin kennen. Aus der Beziehung ging im Juli 2004 das spätere Tatopfer, das gemeinsame Kind L. , hervor. Zwei Monate später heirateten der Angeklagte und die Nebenklägerin, im Jahre 2008 kam die zweite Tochter zur Welt.
3
L. wuchs seit Mai 2005 bei ihren Großeltern auf, um dem Angeklagten und der Nebenklägerin jeweils die Beendigung ihrer Ausbildung an anderen Orten zu ermöglichen. Zur Entlastung der Großeltern zog die Nebenklägerin, nachdem die Ausbildung beendet war, zu diesen nach Le. , bevor die Familie im Oktober 2006 schließlich in K. zusammenfand.
4
Der Angeklagte gewann in der Folgezeit den im Grundsatz auch von der Nebenklägerin geteilten Eindruck, dass seine Tochter bei ihren Großeltern zu sehr verwöhnt worden sei. Auf unerwünschtes Verhalten seines Kindes, etwa Einnässen, reagierte er streng; bei vier oder fünf Gelegenheiten fügte er ihr, so wie er es aus seiner Kindheit in Gh. gewohnt war, eine oder mehrere "erzieherische" Ohrfeigen zu. Durch schmerzhaft empfundene Schläge mit der flachen Hand sollte das Kind lernen, sich richtig zu verhalten. Die Nebenklägerin war mit diesem Verhalten des Angeklagten nicht einverstanden, weshalb es immer wieder zu Streitigkeiten zwischen den Eheleuten kam, in denen die Nebenklägerin wie auch noch andere Personen den Angeklagten darauf hinwies, dass Schlagen in Deutschland nicht als die richtige Erziehungsmethode angesehen werde. Mindestens in zwei Fällen verließ die Nebenklägerin den Angeklagten aufgrund dieser Meinungsverschiedenheiten, kam aber jedes Mal, nachdem der Angeklagte sich entschuldigt und um Verständnis gebeten hatte, nach einigen Tagen zu ihm zurück. Lediglich im Anschluss an einen Vorfall im Februar 2007, als der Angeklagte L. geschlagen und getreten hatte, blieb sie länger bei ihren Eltern, zog aber schließlich doch - im Mai 2007 - zu ihm nach K. zurück.
5
b) Am 13. Oktober 2007 hatte die Nebenklägerin, die am 1. Oktober 2007 die Betreuung eines Wachkomapatienten übernommen hatte, Wochenenddienst und überließ das Kind in dieser Zeit - wie schon einige Male zuvor - der alleinigen Aufsicht des Angeklagten. Dieser sah sich im Fernsehen eine Gospelmesse an, als L. aufwachte und alsbald zwischen Kinder- und Wohnzimmer hin- und herlief. Der Angeklagte fühlte sich hierdurch gestört und fuhr sie laut an, sie solle in ihrem Zimmer spielen. Das tat sie dann auch. Als der Angeklagte später nach ihr sah, stellte er jedoch fest, dass sie sich eingenässt hatte. Das ärgerte ihn, er war der Ansicht, das Kind müsse schon trocken sein.
6
Der Angeklagte packte L. daraufhin und brachte sie ins Badezimmer. Dort stellte er sie in die Badewanne und zog ihr den Schlafanzug aus, um sie zu säubern. Sie wollte das nicht und schrie. Der Angeklagte herrschte sie an, ruhig stehen zu bleiben, und schlug sie heftig mit der flachen Hand, so dass sie durch den Schlag Schmerzen verspürte. Infolgedessen verlor sie das Gleichgewicht, kam in der nassen Badewanne zu Fall und zog sich so eine Verletzung zu, die zu ihrem Tode führte.
7
Der Angeklagte entschloss sich, das tote Kind aus der Wohnung zu schaffen und es zu vergraben. Er zog ihm den Schlafanzug an, wickelte es in Folie und brachte es in einem Hartschalenkoffer in ein Waldstück, wo er es in eine von ihm ausgehobene Grube legte und anschließend mit Erde, Laub, Ästen und Sperrmüll bedeckte. Als am Abend die Nebenklägerin zurückkehrte und aufgeregt nach ihrer Tochter fragte, erklärte er ihr zur Verschleierung der Geschehnisse , er habe sie mit einem Bekannten nach Gh. geschickt, sie würden sie im Frühjahr 2008 dort wieder abholen. Kurz vor der anstehenden Reise nach Gh. im April 2008 teilte der Angeklagte seiner Ehefrau mit, das Kind sei an Malaria schwer erkrankt, schließlich daran verstorben und deshalb dort begraben worden. Nach dem Besuch eines Grabes in Gh. , das die Nebenklägerin für die letzte Ruhestätte ihres Kindes hielt, kehrten beide - mit vom Angeklagten besorgten gefälschten Krankenpapieren und einer gefälschten Sterbeurkunde - nach Deutschland zurück. Hier versuchte der Angeklagte, der befürchtete , dass die Echtheit der Dokumente in Deutschland angezweifelt werde, den Leichnam des Kindes wieder auszugraben, um ihn nach Gh. zu verschiffen und dort beerdigen zu lassen, konnte ihn aber nicht wieder finden.
8
c) Das Landgericht sah den Tatbestand des § 227 StGB als erwiesen an, an einer Verurteilung wegen Totschlages sah es sich jedoch gehindert, da dem Angeklagten ein Tötungsvorsatz nicht nachzuweisen sei.
9
d) Bei der Strafzumessung ist die Kammer im Rahmen einer Gesamtwürdigung vom Vorliegen eines minderschweren Falles gemäß § 227 Abs. 2 StGB ausgegangen. Ihr erschienen die zu Gunsten des Angeklagten zu wertenden Gesichtspunkte unter besonderer Berücksichtigung der allein feststellbaren Tathandlung so gewichtig, dass ein deutliches Übergewicht der für die Annahme eines minderschweren Falles sprechenden Gründe bejaht werden könne. Zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigte das Landgericht vor allem, dass nur ein einmaliges Schlagen mit der Hand als Tathandlung nachweisbar sei, der Angeklagte teilgeständig sei, weil er Anwendung körperlicher Gewalt gegenüber L. zugegeben habe, sowie zusätzlich den Umstand, dass er selbst als Kind in Gh. mit genau der Form von Gewalt erzogen worden sei, die er nunmehr gegenüber L. angewendet habe. Er habe trotz klarer Hinwei- se darauf, dass dies in Deutschland nicht akzeptiert sei, diese in Gh. übliche Form der Kindeserziehung seit frühester Kindheit als erlaubt verinnerlicht. Zu Lasten des Angeklagten wertete die Kammer, dass er das Kind aus nichtigem Anlass geschlagen habe, dieses ihm gegenüber wehrlos gewesen sei und der Angeklagte - wenn auch nicht einschlägig - vorbestraft sei.
10
2. Die Revision der Nebenklägerin, die Erörterungen zum Vorliegen eines Tötungsdelikts durch Unterlassen vermisst, bleibt ohne Erfolg.
11
Ein durchgreifender Erörterungsmangel - wie ihn die Revision in der Revisionshauptverhandlung geltend gemacht hat - liegt nicht vor. Dies gilt ohne Weiteres auf der Grundlage der vom Landgericht getroffenen Feststellungen zum Tathergang, die - rechtlich unangreifbar - keine Einzelheiten zur genauen Todesursache, zum Todeszeitpunkt oder zur Art der Verletzung enthalten (UA S. 10) und deshalb auch keinen Anknüpfungspunkt für ein strafrechtlich relevantes Unterlassen darstellen. Dies gilt letztlich aber auch, wenn man - wie die Revision es tut - die Einlassung des Angeklagten zum Ausgangspunkt einer Überprüfung macht. Zwar enthält die Schilderung des Angeklagten, der sich auf das Vorliegen eines Unglücksfalles beruft, auch nähere Einzelheiten zum Aufschlagen des Kopfes in der Badewanne und zu den dadurch hervorgerufenen körperlichen Beeinträchtigungen, insbesondere zum Erbrechen des Kindes, das "die ganze Zeit gebrabbelt" habe (vgl. UA S. 18). Diese Umstände könnten bei einem Angeklagten, der sowohl als Vater des Kindes wie auch unter dem Gesichtspunkt des pflichtwidrigen gefährdenden Vorverhaltens eine Garantenstellung zum Schutz des Kindes inne hatte, grundsätzlich auch Anlass für die Prüfung einer strafrechtlichen Verantwortung durch Unterlassen sein, indem er nach dem Vorfall in der Badewanne das erkennbar nicht unerheblich verletzte Kind sich selbst überlassen hat, ohne ärztliche Hilfe zu rufen. Es kann letztlich aber dahinstehen, ob die Kammer, die die auf ein Unfallgeschehen hinauslau- fende Einlassung des Angeklagten als widerlegt ansah und offenbar deshalb auch die weitere Schilderung der Ereignisse nach dem eigentlichen Sturz in der Badewanne außer Betracht gelassen hat, zu einer solchen Prüfung Veranlassung gehabt hätte. Dagegen könnte immerhin sprechen, dass der Angeklagte, dem die Kammer an anderer Stelle auch fürsorglichen Umfang mit seiner Tochter bescheinigte (UA S. 38), in seiner Einlassung auch angegeben hat, er habe gedacht, er könne sie (wohl ohne weitere Gefahren für ihre Gesundheit) im Bett schlafend alleine zurücklassen (UA S. 18). Jedenfalls schließt der Senat aus, dass im Fall einer neuen Hauptverhandlung Feststellungen getroffen werden könnten, die zur Annahme eines Tötungsdelikts durch Unterlassen führen könnten. Allein die bisherige Einlassung des Angeklagten, die wie dargelegt, auch gegen einen Tötungsvorsatz sprechende Umstände enthält, wäre hierfür nicht genügend. Weitere Erkenntnisquellen stehen nicht zur Verfügung. Zeugen des Tatgeschehens gibt es nicht; der Leichnam des Kindes, der Aufschluss über die Todesursache geben könnte, ist bislang nicht gefunden worden.
12
3. Dagegen hat die wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft Erfolg. Mit Recht beanstandet die Revision die Annahme eines minderschweren Falls der Körperverletzung nach § 227 Abs. 2 StGB.
13
Auch unter Berücksichtigung des dem Tatgericht bei der Annahme oder Ablehnung eines minderschweren Falles eingeräumten weiten Beurteilungsspielraums erweist sich die Entscheidung des Landgerichts als rechtsfehlerhaft. Es hat zu Unrecht Umstände zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigt und zudem wesentliche Umstände außer Betracht gelassen, die zu seinen Lasten in die erforderliche Gesamtwürdigung hätten einfließen müssen.
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a) Das Landgericht durfte zwar strafmildernd berücksichtigen, dass der Angeklagte selbst als Kind mit der Gewalt erzogen wurde, die er L. gegenüber einsetzte, ohne sie schwer verletzen zu wollen. Es durfte der Strafzumessung allerdings nicht zu Gunsten des Angeklagten zugrunde legen, dass er diese in Gh. übliche Form der Kindeserziehung seit frühester Kindheit als erlaubt verinnerlicht und sie so auch bei seinem eigenen Kind angewendet habe (vgl. UA S. 43). Solche vermittelten Vorstellungen eines aus einer ausländischen Rechtsordnung stammenden Täters können zwar grundsätzlich strafmildernd zu Buche schlagen (vgl. BGH NStZ 1996, 80). Dies liegt allerdings bei einem Täter wie dem Angeklagten, der seit vielen Jahren in Deutschland lebt, zwei Studiengänge erfolgreich abgeschlossen hat, als Software-SystemEntwickler arbeitet und die deutsche Rechtsordnung kennt, nicht auf der Hand. Hinzu kommt, dass er nicht nur von seiner Ehefrau, die ihn deshalb sogar mehrfach kurzfristig verlassen hatte, sondern auch von zwei Landsleuten auf die abweichenden Vorstellungen von einer Kindererziehung in Deutschland hingewiesen worden ist. Es ist ohne Weiteres zu erwarten, dass ein in Deutschland seit vielen Jahren lebender ausländischer Mitbürger die Ge- und Verbote der hier geltenden und ihm bekannten Rechtsordnung akzeptiert und insoweit in der Lage ist, sich von abweichenden Vorstellungen und Erfahrungen in seinem Heimatland freizumachen.
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Auch soweit das Landgericht ein (Teil-) Geständnis zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigt hat, ist dies rechtsfehlerhaft. Der Angeklagte hat den eigentlichen Tatvorwurf bestritten. Soweit er die Gewaltanwendung gegenüber L. bei früheren Gelegenheiten eingeräumt hat, ist nicht zu sehen, inwiefern dies im konkreten Fall mildernd zu Buche schlagen könnte.
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b) Dass das Landgericht das Nachtatverhalten des Angeklagten bei seiner Gesamtwürdigung nicht ausdrücklich berücksichtigt hat, stellt einen weiteren durchgreifenden Rechtsfehler dar.
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Der Versuch, sich der Strafverfolgung zu entziehen, darf zwar nicht straferschwerend zu Lasten eines Angeklagten herangezogen werden (vgl. BGHR StGB § 46 Abs. 2 Nachtatverhalten 13, 17). Dazu zählt auch die bloße Spurenbeseitigung, selbst wenn sie kaltblütig ist (vgl. BGH StV 1995, 131). Anders ist dies allerdings, wenn das Nachtatverhalten neues Unrecht schafft oder der Täter Ziele verfolgt, die ein ungünstiges Licht auf ihn werfen. So aber liegt der Fall hier.
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Zwar kommt weder dem Beiseiteschaffen des Leichnams noch dem Bedecken der Grabstelle mit Erde, Laub, Ästen und Sperrmüll strafschärfende Bedeutung zu. Der Versuch des Angeklagten, den Leichnam des getöteten Kindes auszugraben und nach Gh. zu verschiffen, um den Behörden ein Versterben des Kindes in Gh. vorzutäuschen, geht aber genauso wie die Verschaffung gefälschter Papiere über noch zulässiges Verhalten eines Täters hinaus. Mit diesen der eigentlichen Tat nachfolgenden Handlungen hat sich der Angeklagte erneut über strafrechtliche Verbote hinweg gesetzt und seine rechtsfeindliche Einstellung dokumentiert. Das Landgericht hätte deshalb das Nachtatverhalten zu Lasten des Angeklagten in seiner Gesamtwürdigung berücksichtigen müssen.
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c) Diese fehlerhaften bzw. unvollständigen Strafzumessungserwägungen führen zur Aufhebung des Strafausspruchs. Der Senat kann nicht ausschließen , dass die Kammer bei fehlerfreier Würdigung einen minderschweren Fall abgelehnt und im Rahmen der konkreten Strafzumessung zu einer höheren Strafe gelangt wäre. VR'inBGH Prof. Dr. Rissing-van Saan ist wegen Eintritts in den Ruhestand an der Unterschriftsleistung gehindert. Appl Appl Schmitt Krehl Ott

(1) Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.

(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen.

Jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten abgeändert oder aufgehoben werden kann.

(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt wird oder das Gericht von Strafe absieht.

(2) Sind durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände besondere Auslagen entstanden und sind diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen, so hat das Gericht die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten. Dies gilt namentlich dann, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Das Gericht kann anordnen, dass die Erhöhung der Gerichtsgebühren im Falle der Beiordnung eines psychosozialen Prozessbegleiters ganz oder teilweise unterbleibt, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.

(3) Stirbt ein Verurteilter vor eingetretener Rechtskraft des Urteils, so haftet sein Nachlaß nicht für die Kosten.