Bundesgerichtshof Urteil, 29. Jan. 2009 - 3 StR 567/08

bei uns veröffentlicht am29.01.2009

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 567/08
vom
29. Januar 2009
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: Beihilfe zum Diebstahl
zu 2.: Beihilfe zur Brandstiftung u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 29. Januar
2009, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Miebach,
von Lienen,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,
der Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt in der Verhandlung,
Staatsanwalt bei der Verkündung
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin des Angeklagten H. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten K. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 30. Mai 2008 wird verworfen. Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels und die den Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten K. wegen Beihilfe zum Diebstahl und zur Brandstiftung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Den Angeklagten H. hat es wegen Beihilfe zum Diebstahl schuldig gesprochen und auf eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten erkannt. Vom Vorwurf , als Mittäter an der Brandstiftung beteiligt gewesen zu sein, hat es ihn freigesprochen. Mit ihrer zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten und auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision, die vom Generalbundesanwalt vertreten wird, erstrebt die Staatsanwaltschaft im Fall II 1 der Urteilsgründe eine Verurteilung beider Angeklagten wegen mittäterschaftlich begangenen Diebstahls, im Fall II 2 eine Verurteilung des Angeklagten K. als Mittäter der Brandstiftung.
2
Dem Rechtsmittel bleibt der Erfolg versagt.
3
1. Die Bewertung der Beteiligung der Angeklagten an dem Diebstahl und des Angeklagten K. an der Brandstiftung lediglich als Beihilfe hält rechtlicher Prüfung stand.
4
Ob ein Tatbeteiligter eine Tat als Täter oder Gehilfe begeht, ist in wertender Betrachtung nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, zu beurteilen. Bedeutsame Anhaltspunkte können sein der Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung, die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft (st. Rspr.; vgl. nur BGHSt 37, 289, 291 m. w. N.).
5
a) Dem angefochtenen Urteil ist hinreichend zu entnehmen, dass die Strafkammer diese Maßstäbe erkannt und ihrer Beurteilung der Tatbeiträge der Angeklagten zugrundegelegt hat. Dies ergibt sich bereits daraus, dass das Landgericht unter ausdrücklicher Darstellung der vorgenannten Abgrenzungskriterien im Rahmen der rechtlichen Würdigung der Taten eine differenzierende Betrachtung der jeweiligen Tatbeiträge der Angeklagten einerseits und der unmittelbar tatausführenden Mitangeklagten andererseits vorgenommen hat. Die nur untergeordnete Rolle des Angeklagten H. beim Einbruchsdiebstahl hat es in anderem Zusammenhang des Urteils ausdrücklich erörtert.
6
b) Die Urteilsgründe ergeben auch hinreichend, dass die Angeklagten kein so enges Verhältnis zu den Taten hatten, dass sich ihre Verurteilung lediglich als Gehilfen als rechtsfehlerhaft erwiese. Es ist insbesondere nicht zu besorgen , dass das Landgericht bei der gebotenen Gesamtwürdigung gewichtige Umstände, die für mittäterschaftliches Handeln sprechen könnten, außer Acht gelassen hat.
7
aa) Anhaltspunkte für eine Tatherrschaft beim Einbruchsdiebstahl oder zumindest einen entsprechenden Willen der Angeklagten enthält das Urteil nicht. Unmittelbar Tatausführende waren die Mitangeklagten C. und S. , wobei allein S. die Tatörtlichkeiten kannte. Eine Einbindung der Angeklagten in die Tatplanung hat das Landgericht ebenso wenig festzustellen vermocht, wie Umstände, die für ein eigenes Tatinteresse der Angeklagten, etwa die Erwartung eines Beuteanteils, sprechen. Soweit die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang im Urteil eine Auseinandersetzung mit der Tatsache vermisst , dass die Angeklagten am Tag nach der Tat gemeinsam mit dem Mitangeklagten S. wesentliche Teile der Beute vernichteten, nachdem S. deren Unverwertbarkeit festgestellt hatte, vermag dies die Revision nicht zu begründen. Die Unterstützung bei der Beutevernichtung legt den Schluss auf eine maßgebliche Beuteerwartung der Angeklagten nicht derart nahe, dass das Landgericht dieses Mitwirken bei dem Versuch der Tatvertuschung notwendig ausdrücklich in seine Erwägungen hätte einbeziehen müssen.
8
Vor diesem Hintergrund ist die Wertung, die bei Durchführung des Einbruchsdiebstahls erbrachten Tatbeiträge der Angeklagten - der Angeklagte K. leistete Fahrerdienste und half beim Abtransport und der Aufbewahrung der Beute, der Angeklagte H. sicherte vor dem Tatobjekt den Rückweg und half auf Weisung der Mitangeklagten ebenfalls beim Abtransport der Beute - seien lediglich von untergeordneter Bedeutung gewesen, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BGH NStZ 2006, 44, 45).
9
bb) Nichts anderes gilt für die Bewertung der Beteiligung des Angeklagten K. an der Brandstiftung, die wiederum von den Mitangeklagten, für die der Angeklagte erneut lediglich Fahrerdienste leistete, begangen wurde. Ob und inwieweit sich der Angeklagte in die Planung dieser Tat einbrachte, ist nicht festgestellt. Zwar stammte der bei der Tat benutzte Brandbeschleuniger aus seinem Besitz. Gleichwohl lag ein eigenes Tatinteresse des Angeklagten bereits deshalb nicht nahe, weil die Brandlegung im Tatobjekt des Einbruchs allein der Vernichtung der von den Mitangeklagten dort möglicherweise hinterlassenen Spuren dienen sollte.
10
2. Das Urteil enthält - was nach § 301 StPO auch auf die Revision der Staatsanwaltschaft zu beachten ist - auch keine durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten. Becker Miebach von Lienen Sost-Scheible Schäfer

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Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 301 Wirkung eines Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft


Jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten abgeändert oder aufgehoben werden kann.
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Jedes von der Staatsanwaltschaft eingelegte Rechtsmittel hat die Wirkung, daß die angefochtene Entscheidung auch zugunsten des Beschuldigten abgeändert oder aufgehoben werden kann.

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