Bundesgerichtshof Urteil, 19. Nov. 2015 - 4 StR 115/15

bei uns veröffentlicht am19.11.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 115/15
vom
19. November 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
5.
6.
wegen zu 1. bis 5.: Betrugs
zu 6.: Beihilfe zum Betrug
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
24. September 2015 in der Sitzung am 19. November 2015, an der teilgenommen
haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,
Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Dr. Franke,
Bender,
Dr. Quentin
als beisitzende Richter,
Bundesanwältin beim Bundesgerichtshof – in der Verhandlung –
Richterin am Landgericht – bei der Verkündung –
als Vertreterinnen des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten B.
– in der Verhandlung –,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten G.
– in der Verhandlung –,
Rechtsanwältin und
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten To.
– in der Verhandlung –,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten S.
– in der Verhandlung –,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten T.
– in der Verhandlung –,
Rechtsanwalt
als Verteidiger der Angeklagten P. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten und der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 30. Juli 2014 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit die Angeklagten verurteilt worden sind.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weiter gehende Revision der Staatsanwaltschaft wird verworfen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten G. , To. , S. und T. jeweils wegen „gemeinschaftlichen gewerbsmäßigen Betruges“ in 412 Fällen, den Angeklagten B. unter Freispruch im Übrigen wegen „ge- meinschaftlichen gewerbsmäßigen Betruges“ in365 Fällen und dieAngeklagte P. , ebenfalls unter Freispruch im Übrigen, wegen „Beihilfe zum gemeinschaftlichen gewerbsmäßigen Betrug“ in 334 Fällen verurteilt. Gegen den Angeklagten G. hat es eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten, gegen die Angeklagten To. , S. und T. jeweils eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, gegen den Angeklagten B. eine solche von einem Jahr und sechs Monaten und gegen die Angeklagte P. eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verhängt. Sämtliche Freiheitsstrafen hat es zur Bewährung ausgesetzt. Ferner hat es festgestellt, dass die Angeklagten durch die Taten mindestens 528.596 € erlangt haben und nur deshalb nicht auf Verfall von Wertersatz erkannt wird, weil Ansprüche von Geschädigten entgegenstehen.
2
Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen der Angeklagten jeweils mit der Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Mit Ausnahme des Angeklagten T. beanstanden sie darüber hinaus das Verfahren. Die zu Ungunsten der Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft wendet sich mit der Sachrüge insbesondere gegen die unterbliebene Verurteilung der Angeklagten wegen Betruges als Mitglieder einer Bande sowie gegen die Strafzumessung , ferner gegen den Teilfreispruch der Angeklagten P. .

A.


3
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
4
Im Januar 2007 veranlassten die Angeklagten G. , T. und B. die Gründung des Unternehmens „N. Ltd.“ mit Sitz in V. , die als Zweigniederlassung eines in Großbritannien ansässigen Unternehmens firmierte. Die Angeklagten B. und S. – B. tratauch als Gründungsgesellschafter auf – wechselten sich in der Folgezeit in der Geschäftsführung dieses Unternehmens ab, dessen Gegenstand der Vertrieb von Getränken und Nahrungsergänzungsprodukten war. G. , B. und T. beabsichtigten, vor allem sogenannte Energy-Drinks mit dem Label einer ihnen bekannten Rockergruppe zu produzieren und über die N. Ltd. zu vertreiben. Da die Aufnahme der nachfolgend produzierten Engergy-Drinks in das Produktangebot u.a. in Verbrauchermärkten den Einsatz von Kapital erforderte , über das die N. Ltd. nicht verfügte, so dass der Absatz dieser Produkte äußerst schleppend verlief, betrieb die N. Ltd. neben dem eingetragenen Geschäftsgegenstand ab 2007 zum Zweck der Kapitalbeschaffung auch die Vermittlung des Verkaufs neuer Pkws unter gleichzeitigem Abschluss von Werbeverträgen. Pro vermitteltem Fahrzeug wurde aus der Differenz zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis der Fahrzeuge jeweils ein Betrag von 4.000 € erzielt. Gleichzeitig wurden mit den Fahrzeugkäufern Werbeverträge mit einer Laufzeit von zwei Jahren abgeschlossen, die man mit den aus den Verkaufserlösen gewonnenen Einnahmen zu bezahlen beabsichtigte. Für die ersten etwa fünf Fahrzeuge wurden die Werbeverträge auf diese Weise auch erfüllt. Obwohl die durch die Fahrzeugverkäufe eingenommenen Gelder auch dazu eingesetzt wurden, die von der N. Ltd. vertriebenen Produkte zuver- markten, brachte der Verkauf von Energy-Drinks nicht den erhofften Erfolg, so dass er Anfang 2009 eingestellt wurde. Der anschließende Versuch der Vermarktung von Tattoo-Entfernungscremes scheiterte ebenso wie der Vertrieb von Wasserfiltern.
5
In der Zwischenzeit war der Angeklagte To. zu den Angeklagten G. , T. und S. hinzugestoßen; er realisierte bei Bedarf die Kreditfinanzierung des von den Kunden zu entrichtenden Kaufpreises für die Fahrzeuge über die Sa. Bank. Diese Angeklagten erkannten im Laufe der ersten Jahreshälfte 2008 die notleidende finanzielle Situation der Firma N. Ltd. und stellten fest, dass lediglich der Verkauf von Fahrzeugen bei gleichzeitigem Abschluss der Werbeverträge Geld einbrachte, allerdings nur dann, wenn man die gegenüber den Werbefahrern eingegangenen Verpflichtungen zur Zahlung der monatlichen Werbeprovisionen außer Ansatz ließ. In der Folgezeit intensivierten sie daher diesen Teil ihrer geschäftlichen Tätigkeit. Dabei gingen sie arbeitsteilig vor. Neben dem Angeklagten G. waren auch die Angeklagten S. und To. im Wesentlichen für die Fahrzeugbeschaffung verantwortlich. Über die Firma Sch. Automobile des Angeklagten S. – mit derselben Anschrift wie die Firma N. Ltd. – und das Unternehmen A. GmbH des Angeklagten To. bezogen die Geschädigten ihre Fahrzeuge. S. war ferner für die finanziellen Belange und die Buchhaltung der N. Ltd. zuständig. B. verantwortete die monatlichen Kalkulationen der Firmenverbindlichkeiten und hatte die Befugnis, Arbeitsverträge zu unterschreiben sowie Kündigungen auszusprechen. Er stellte auch den Insolvenzantrag für die N. Ltd. Der Angeklagte T. war ebenfalls an Personalentscheidungen beteiligt und erstellte außerdem die Kaufund Werbeverträge. Die Angeklagte P. war als Sekretärin – ab dem 1. März 2009 als Vollzeitkraft – bei der N. Ltd. tätig und trug die Verantwor- tung für alle organisatorischen Belange im Zusammenhang mit den Kauf- und Werbeverträgen. Sie war gegenüber den anderen Büroangestellten weisungsbefugt und vertröstete die Geschädigten, die sich über ausbleibende Werbezahlungen beschwerten.
6
Zu einer deutlichen Erhöhung der Zahl der abgeschlossenen Kauf- und Werbeverträge kam es infolge eines am 15. Oktober 2008 zwischen der N. Ltd., vertreten durch den Angeklagten S. , und der Firma Ad. abgeschlossenen sog. Kooperationsvertrages. Danach verpflichtete sich die Ad. , deren Geschäftsführer ein Bekannter des Angeklagten To. war und die unter derselben Anschrift wie die A. GmbH firmierte, das Geschäftsmodell der Angeklagten durch eine Werbeaktion unter dem Motto „Werbezuschuss für PKW-Werbung“ zu un- terstützen. Obwohl den Angeklagten spätestens zum Zeitpunkt des Abschlusses dieses Kooperationsvertrages bewusst war, dass nennenswerte Umsätze mit den beworbenen Produkten der N. Ltd. nicht erzielt worden waren und sie auch damit rechneten und dies zumindest billigend in Kauf nahmen, dass dies auch in Zukunft nicht der Fall sein würde, verkauften sie jedenfalls ab dem 15. Oktober 2008 in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken bis Anfang 2010 in den in den Urteilsgründen tabellarisch dargestellten Fällen EU-Neufahrzeuge des Typs F. zu deutlich über dem Marktpreis liegenden Preisen an die Geschädigten. Dabei versprachen die Angeklagten den Fahrzeugkäufern bei Abschluss der Kaufverträge jeweils, dass der Fahrzeugkaufpreis vollständig durch Werbeprovisionen von der Firma N. Ltd. in Höhe von monatlich rund 230 € pro Fahrzeug – bei einer Laufzeit der Werbeverträge von regelmäßig 72 Monaten – zurückerstattet würde.
7
Das Landgericht hat dieses Vorgehen der Angeklagten als gewerbsmäßigen Betrug bzw. als Beihilfe dazu gewertet. Die Angeklagten hätten gewusst, dass die N. Ltd. finanziell nicht in der Lage war und auch in Zukunft nicht in der Lage sein würde, die zahlreichen abgeschlossenen Werbeverträge zu erfüllen , da weder aus dem eigentlichen Vertriebsgeschäft noch aus den Fahrzeugverkäufen erzielte Einnahmen die Zahlung der monatlichen Werbeprämien an die Fahrzeugkäufer auf Dauer ermöglicht hätten. Die geschädigten Fahrzeugkäufer seien auf Grund der erfolgten Täuschung bereit gewesen, die angebotenen Fahrzeuge zu erwerben und den geforderten, über dem üblichen Marktpreis liegenden Kaufpreis zu bezahlen. Da ihnen von den Angeklagten zugesagt worden sei, dass sie den bezahlten Kaufpreis über die monatlichen Werbeprämien zurückerhalten würden, sei ihnen der geforderte Kaufpreis gleichgültig gewesen, weshalb sie bereit gewesen seien, einen höheren Kaufpreis als bei einem „normalen“ Händler zu bezahlen, da sie sonst nicht in den Genuss der Werbeprämie gekommen wären.
8
Den Fahrzeugkäufern sei jeweils ein Schaden von mindestens 1.283 € entstanden. Der übliche Marktpreis für das in den ausgeurteilten Fällen jeweils verkaufte Fahrzeug habe im streitgegenständlichen Zeitraum bei höchstens 13.517 € gelegen, ein Betrag, der sich aus dem Listenpreis des Fahrzeugs zuzüglich Überführungskosten abzüglich des damals gewährten Herstellerrabattes der Firma F. errechne. Die Angeklagten hätten hingegen die Fahrzeuge für mindestens 14.800 € an die Geschädigten verkauft. Die Angeklagten G. , T. , S. und To. hätten daher im gesamten Tatzeitraum in 412 Einzelfällen einen Mindestgesamtschaden von 528.596 € verursacht, der Angeklagte B. habe ab dem 1. Januar 2009 in 365 Fällen als Mittäter bei einem Gesamtschaden von 468.295 € mitgewirkt. Die Angeklagte P. habe die vorstehend aufgeführten Taten während ihrer Tätigkeit als Vollzeit- sekretärin in mindestens 335 Fällen unterstützt und sei daher an einer Gesamtschadensverursachung von 428.522 € beteiligt.

B.


9
Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen der Angeklagten führen ebenso wie die zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft, mit denen die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird, zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit die Angeklagten verurteilt worden sind, und zur Zurückverweisung an das Landgericht.

I.


10
Zu den Revisionen der Angeklagten:
11
Die Revisionen der Angeklagten haben jeweils mit der Sachrüge in vollem Umfang Erfolg. Einer Erörterung der von ihnen erhobenen Verfahrensrügen bedarf es daher nicht.
12
Die Verurteilung der Angeklagten wegen tatmehrheitlich begangenen Betruges bzw. Beihilfe dazu kann schon deshalb keinen Bestand haben, weil das Landgericht es versäumt hat, in rechtlich nachprüfbarer Weise festzustellen, durch welche konkreten Einzelhandlungen die Angeklagten in den jeweiligen Fällen die gesetzlichen Merkmale des objektiven und des subjektiven Tatbestandes des § 263 StGB erfüllt haben.
13
1. Die Urteilsgründe müssen in einer geschlossenen, aus sich selbst heraus verständlichen Darstellung die für erwiesen erachteten konkreten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden (§ 267 Abs. 1 Satz 1 StPO). Werden mehrere Angeklagte wegen mehrerer selbständiger Straftaten (§ 53 StGB) verurteilt, müssen die Gründe für jede Tat und in Bezug auf jeden deshalb verurteilten Angeklagten die erwiesenen Tatsachen so deutlich angeben, dass das Revisionsgericht nachprüfen kann, ob das Strafgesetz ohne Rechtsirrtum angewandt ist. Die Sachdarstellung darf nicht durch eine Tabelle mit pauschalen Angaben über die einzelnen Taten ersetzt werden, wenn daraus bei der einzelnen Tat weder die Modalitäten der jeweiligen Tatausführung und die Art des Tatbeitrags der einzelnen Mittäter noch die für die Strafzumessung erforderlichen Einzelheiten entnommen werden können (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2009 – 5 StR 171/09, NStZ-RR 2010, 54; LR-StPO/Stuckenberg, 26. Aufl., § 267 Rn. 41 mwN).
14
2. Diesen Anforderungen werden die Urteilsgründe nicht gerecht.
15
a) Das Landgericht hat lediglich die allgemeinen Umstände der zunächst erfolglosen unternehmerischen Betätigung der Angeklagten, die in diesem Zusammenhang erfolgte Gründung der Firma N. Ltd. und die Funktion der einzelnen Angeklagten im Rahmen des von ihnen entwickelten Geschäftsmodells dargestellt, ebenso die Beschaffung der für den Weiterverkauf an die Werbekunden bestimmten Kraftfahrzeuge, den Inhalt des am 15. Oktober 2008 abgeschlossenen Vertrages mit der Firma Ad. sowie die auf den Abschluss der Kauf- und Werbeverträge bezogene allgemeine Geschäftsentwicklung. Feststellungen zur Beteiligung der Angeklagten an den ihnen zur Last gelegten Einzelfällen des Betruges enthalten die Urteilsgründe hingegen nicht. Die Strafkammer beschränkt sich insoweit auf eine tabellarische Über- sicht, in der die Daten der abgeschlossenen Werbeverträge, die Namen und die Anschriften der Kunden aufgeführt sind. Zum Tatgeschehen enthält das Urteil lediglich die Formulierung, den Angeklagten sei ab Oktober 2008 bewusst gewesen , nennenswerte Umsätze mit den zunächst beworbenen Produkten der Firma N. Ltd. nicht erzielen zu können, weshalb sie zumindest damit rechneten und auch billigend in Kauf nahmen, dass dies auch in Zukunft nicht der Fall sein werde. Vor diesem Hintergrund hätten sie in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken von Oktober 2008 bis Anfang 2010 in den in der Tabelle aufgeführten Fällen EU-Neufahrzeuge des genannten Typs zu deutlich über dem Marktpreis liegenden Preisen an die Geschädigten verkauft. Bei Abschluss der Verträge hätten „die Angeklagten“ den Kunden jeweils versprochen, der Kaufpreis für das Fahrzeug werde vollständig durch die Werbeprovisionen zurückerstattet , obwohl ihnen klar gewesen sei, dass die von ihnen betriebene Firma N. Ltd. dazu auf Dauer nicht in der Lage sein würde.
16
b) Diese Art der Sachdarstellung begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil völlig unklar bleibt, welche Fahrzeugkäufer durch welchen Angeklagten , wann und durch welche tatbestandlich relevanten Verhaltensweisen geschädigt wurden. Zwar stellen die einzelnen Vertragsabschlüsse für sich genommen selbständige Handlungen dar, die sich die Angeklagten, sofern der Betrugstatbestand erfüllt ist, nach den Grundsätzen der Mittäterschaft (§ 25 Abs. 2 StGB) zurechnen lassen müssten. Für die Frage des Vorliegens einer oder mehrerer Handlungen im Sinne der §§ 52, 53 StGB kommt es aber auf die eigenen Tatbeiträge der Angeklagten zu den jeweiligen Vertragsabschlüssen an. Nur soweit sie selbst die Käufer getäuscht oder sonst einen konkreten Beitrag zu dem jeweiligen Abschluss geleistet hätten, läge Tatmehrheit vor. Bestand ihr Tatbeitrag zum Abschluss der Kauf- und Werbeverträge aber lediglich in der Leitung und Organisation einer der beteiligten Gesellschaften, läge nur eine Tathandlung vor (vgl. Senatsurteil vom 19. Juli 2001 – 4 StR 65/01, wistra 2001, 378; Senatsbeschluss vom 18. Oktober 2007 – 4 StR 481/07, NStZ 2008, 352, 353; zum sog. uneigentlichen Organisationsdelikt vgl. ferner BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 – 3 StR 344/03, BGHSt 49, 177; Beschluss vom 29. Juli 2009 – 2 StR 160/09, NStZ 2010, 103).

II.


17
Zur Revision der Staatsanwaltschaft:
18
1. Dem insoweit maßgeblichen Sinn der Revisionsbegründung (vgl. dazu BGH, Urteil vom 7. Mai 2009 – 3 StR 122/09) entnimmt der Senat, auch im Hinblick auf Nr. 156 Abs. 2 RiStBV, dass der Teilfreispruch des Angeklagten B. nicht angefochten ist.
19
In der gegen den „gesamten Schuld- und Strafausspruch“ gerichteten Revisionsrechtfertigung legt die Staatsanwaltschaft zunächst im Einzelnen dar, aus welchen Gründen sie das angefochtene Urteil hinsichtlich der Angeklagten G. , To. , S. , T. , B. und P. für rechtsfehlerhaft hält, soweit diese verurteilt worden sind. Im Anschluss daran finden sich den Teilfreispruch der Angeklagten P. betreffende Ausführungen. Demgegenüber verhält sich die Revisionsbegründung zum Teilfreispruch des Angeklagten B. nicht.
20
2. Die Staatsanwaltschaft beanstandet, soweit die Angeklagten verurteilt worden sind, im Ergebnis zu Recht die Nichtanwendung der Qualifikationsnorm des § 263 Abs. 5 StGB. Die Verneinung eines Handelns der Angeklagten als Bande im Sinne des § 263 Abs. 5 StGB beruht auf einem durchgreifenden Erörterungsmangel zum Vorteil der Angeklagten. Insoweit wird das Rechtsmittel auch vom Generalbundesanwalt vertreten.
21
a) Seine rechtliche Bewertung begründet das Landgericht mit folgenden Erwägungen:
22
Es habe nicht festgestellt werden können, dass die Angeklagten sich schon von Anfang an, also vom Zeitpunkt der Gründung der FirmaN. Ltd. an, zu einer Bande zusammengeschlossen hätten, um Betrugsstraftaten zu begehen. Es könne vielmehr davon ausgegangen werden, dass jedenfalls zu Beginn der Firmentätigkeit auch durchaus ernsthafte Bemühungen stattgefunden hätten, die verschiedenen Produkte erfolgreich zu vermarkten, um unter anderem die zugesagten Werbeprovisionen zahlen zu können. Der Angeklagte G. habe im Übrigen ausgesagt, dass erst ab dem Zeitpunkt des mit der Ad. geschlossenen Kooperationsvertrages der Überblick über die Geschäfte verloren gegangen sei und das Ganze einen „gewissen Drive“ bekommen habe. Die Kammer sehe es deswegen erst ab dem 15. Oktober 2008 als erwiesen an, dass die Angeklagten zumindest damit rechneten, die zugesagten Werbeprovisionen nicht bezahlen zu können, und dass sie dennoch fortfuhren, den Fahrzeugkäufern und Werbefahrern zuzusagen, durch Zahlung der Werbeprovisionen den Fahrzeugpreis vollständig finanzieren zu können. So hätten diese veranlasst werden sollen, die Fahrzeuge zu einem, wie sie wussten , über dem Marktpreis liegenden Kaufpreis zu erwerben.
23
b) Damit hat sich das Landgericht den Blick dafür verstellt, dass die für die Qualifikationsnorm des § 263 Abs. 5 StGB erforderliche Bandenabrede auch noch in dem Zeitraum ab dem 15. Oktober 2008 getroffen worden sein könnte, dies nach den Feststellungen sogar nahe liegt. Da eine solche Abrede nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bereits vorliegt, wenn die Bandenmitglieder mit dem Willen handeln, sich zur Begehung von Straftaten für die Zukunft und für eine gewisse Dauer zusammenzutun, und dies auch konkludent geschehen kann (BGH, Urteil vom 16. Juni 2005 – 3 StR 492/04, BGHSt 50, 160, 161 f.,164), drängten die Feststellungen zur Erörterung einer entsprechenden Abrede ab dem genannten Datum. Der Generalbundesanwalt weist zutreffend darauf hin, dass das Geschäftsmodell der Angeklagten und ihr arbeitsteiliges Zusammenwirken besonders nach dem Abschluss des Vertrages mit der Ad. am 15. Oktober 2008 eine neue Dimension erreichte, zumal die Aktivitäten zum Vertrieb von Produkten über die N. Ltd. im Niedergang begriffen waren und kurze Zeit später ganz eingestellt wurden. Die rechtlichen Anforderungen an den Nachweis einer Bandenabrede beim Übergang von einer zunächst legalen Tätigkeit zur Begehung von Straftaten (vgl. dazu BGH, Urteil vom 19. Mai 1998 – 1 StR 154/98, BGHR StGB § 244 Abs. 1 Nr. 3 Bande 3) schließen die Annahme einer derartigen Abrede hier nicht von vornherein aus.
24
c) Mit den weiteren, gegen den Schuldspruch gerichteten Einwänden, wonach dessen Reichweite unklar sei und das Landgericht die Höhe des Betrugsschadens fehlerhaft berechnet habe, zeigt die Beschwerdeführerin hingegen keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Vorteil der Angeklagten auf. Entsprechendes gilt, soweit sie den Teilfreispruch der Angeklagten P. angreift. Insoweit nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Zuschrift vom 7. Mai 2015 Bezug.

III.


25
Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat auf Folgendes hin:
26
1. Für die Prüfung des objektiven Tatbestandes des Betruges dürfte nach den bisherigen Feststellungen von einem einheitlichen Geschäft, bestehend aus dem Kaufvertrag über das jeweilige Kraftfahrzeug und der zugehörigen Werbevereinbarung auszugehen sein. Denn in allen Fällen war das Zustandekommen des Kaufvertrages notwendig mit dem Abschluss der Werbevereinbarung verknüpft. Danach könnten sich die Fahrzeugkäufer jeweils auf Grund einer entsprechenden Täuschung in einem Irrtum darüber befunden haben, dass die in Aussicht gestellten Werbeprämien bis zum Ende der Laufzeit der vertraglichen Vereinbarung gezahlt werden würden. Der neue Tatrichter wird in diesem Zusammenhang Gelegenheit haben, auch den wesentlichen Inhalt der abgeschlossenen Verträge mitzuteilen.
27
Die Feststellungen zum täuschungsbedingten Vorstellungsbild der Fahrzeugkäufer bei Abschluss der verbundenen Verträge durfte das Landgericht auf die Bekundungen der vernommenen zwölf betroffenen Vertragspartner stützen. In Fällen, denen zahlreiche, im Wesentlichen gleich gelagerte Betrugshandlungen zu Grunde liegen, ist es dem Tatrichter gestattet, nur eine begrenzte Anzahl von Geschädigten als Zeugen zu vernehmen und gegebenenfalls auf eine entsprechende Irrtumserregung auch bei anderen Verfügenden zu schließen (vgl. Senatsurteil vom 22. Mai 2014 – 4 StR 430/13, NStZ 2014, 459, 460 mwN). Das ist im vorliegenden Fall rechtsfehlerfrei geschehen.
28
2. Für den Fall, dass sich die für die Annahme täuschungsbedingter Vermögensverfügungen erforderlichen Feststellungen in der neuen Verhandlung bestätigen sollten, werden bei der rechtlichen Bewertung des Vermögensschadens die vom Bundesgerichtshof zum sog. Schneeballsystem aufgestellten Grundsätze zu beachten sein.
29
Auch insoweit gelten die allgemeinen Grundsätze, also das Prinzip der Gesamtsaldierung, wonach der Vermögenswert unmittelbar vor der Vermögensverfügung mit dem unmittelbar nach ihr zu vergleichen ist (BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 – 1 StR 731/08, BGHSt 53, 199, 201 f. mwN). Spätere Entwicklungen, etwa in Gestalt der Erbringung der versprochenen Gegenleistung durch den Täter vor allem im Anfangsstadium eines auf Täuschung aufgebauten Geschäftsmodells, können lediglich einen Ausgleich für einen bereits eingetretenen tatbestandlichen Schaden darstellen. Dem Schneeballsystem ist immanent, dass zunächst eine gewisse Chance auf Erhalt der versprochenen Gegenleistung besteht. Da jedoch alles vom weiteren Erfolg des Systems und vom Eingang weiterer betrügerisch erlangter Gelder abhängt, ist die hierauf basierende Aussicht auf Erfüllung der vom Täter eingegangenen Verpflichtung nicht, auch nicht teilweise, die versprochene Gegenleistung, sondern stellt von vornherein keinen wirtschaftlichen Wert dar (vgl. nur BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 – 1 StR 731/08, BGHSt 53, 199, 205 mwN).
30
3. Der vom insoweit sachverständig beratenen Landgericht zur Bestimmung des Vermögensschadens herangezogene Maßstab, wonach von dem (Markt-)Wert des jeweiligen Fahrzeugs auszugehen sei, der bei einem Verkauf erzielt werden würde, und nicht von dem Wert, für den das Fahrzeug gekauft wurde (UA 69 f.), ist entgegen der in den Revisionen der Angeklagten geäußerten Ansicht aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden (BGH, Beschluss vom 18. Juli 1961 – 1 StR 606/60, BGHSt 16, 220, 221; Urteil vom 20. Februar 1962 – 1 StR 496/61, BGHSt 17, 147, 148; Beschluss vom 12. Juni 1991 – 3 StR 155/91, NStZ 1991, 488; Beschluss vom 9. Juni 2004 – 5 StR 136/04, NJW 2004, 2603).
31
4. Hinsichtlich einer gegebenenfalls zu treffenden Entscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO i.V.m. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB wird der neue Tatrichter Feststellungen zur wirtschaftlichen Mitverfügungsgewalt der jeweiligen Angeklagten an den aus der Tat erlangten Vermögenswerten zu treffen haben (vgl. BGH, Beschluss vom 27. April 2010 – 3 StR 112/10, NStZ 2010, 568 m. Anm. Spillecke; Urteil vom 19. Oktober 2011 – 1 StR 336/11, wistra 2012, 69, 70). Der neue Tatrichter wird zudem § 73c StGB zu erörtern haben, der auch bei einer Anordnung nach § 111i Abs. 2 StPO Geltung beansprucht (Senatsurteil vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10, BGHSt 56, 39, 50).
32
5. Vor dem Hintergrund der zu Ungunsten der Angeklagten P. eingelegten Revision der Staatsanwaltschaft weist der Senat außerdem darauf hin, dass gegebenenfalls die Frage, ob diese Angeklagte als Gehilfin oder als Mittäterin anzusehen ist, eingehender als im angefochtenen Urteil zu prüfen sein wird. Dies gilt insbesondere dann, wenn der neue Tatrichter wieder zu der Feststellung gelangen sollte, dass die Angeklagte, wie Zeugen ausweislich der Gründe des angefochtenen Urteils in der Hauptverhandlung bekundet haben, eine gegenüber den anderen Angestellten der N. Ltd. mit Weisungsbefugnis ausgestattete, herausragende Stellung mit besonderem Näheverhältnis zu den anderen Angeklagten innehatte, die Werbeverträge ausfertigte, zum Teil mit einem falschen Namen unterschrieb und spätestens seit dem 1. März 2009 in das verfahrensgegenständliche Geschäftskonzept eingeweiht war. Der dem Tatrichter in Grenzfällen der Abgrenzung zwischen Täterschaft und Teilnahme eingeräumte Beurteilungsspielraum verlangt insoweit eine vollständige Würdigung aller entscheidungserheblichen Umstände (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 17. Juli 1997 – 1 StR 781/96, NJW 1997, 3385, 3387; Beschluss vom 17. Juni 2003 – 3 StR 183/03, NJW 2003, 2759, 2760).
33
6. Im Hinblick auf die bisher verstrichene Zeit könnte ferner zu erwägen sein, nur die Fälle als Grundlage für eine mögliche Verurteilung heranzuziehen, in denen keine oder nur geringe Beträge an die Geschädigten ausgezahlt wurden.
Sost-Scheible Cierniak Franke
Bender Quentin

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 19. Nov. 2015 - 4 StR 115/15

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(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

5 StR 171/09

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 28. Oktober 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 28. Oktober 2009

beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 7. November 2008 gemäß § 349 Abs. 4 StPO mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in neun Fällen, davon in vier Fällen in Tateinheit mit Fälschung beweiserheblicher Daten unter Einbeziehung einer Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts BerlinTiergarten vom 27. Juli 2005 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Zudem hat es auf eine weitere Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren wegen Betruges in 87 Fällen, davon in 61 Fällen in Tateinheit mit Fälschung beweiserheblicher Daten und wegen versuchten Betrugs erkannt. Die auf die Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten hat Erfolg.
2
Das angefochtene Urteil unterliegt insgesamt der Aufhebung, da es in mehrfacher Hinsicht nicht den Mindestanforderungen entspricht, die an die Urteilsgründe auch dann zu stellen sind, wenn die Entscheidung, wie hier, nach einer Verfahrensabsprache ergangen ist; es weist dabei Rechtsfehler auf, die sich auch zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt haben können.
3
Allein die Bereitschaft des Angeklagten, wegen eines bestimmten Sachverhalts eine Strafe hinzunehmen, die das gerichtlich zugesagte http://www.juris.de/jportal/portal/t/18i7/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=2&numberofresults=20&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE308382005&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/18i7/## - 3 - Höchstmaß nicht überschreitet, entbindet das Gericht nicht von der Pflicht zur Aufklärung und Darlegung des Sachverhalts, soweit dies für den Tatbestand der dem Angeklagten vorgeworfenen Gesetzesverletzung erforderlich ist (vgl. BGHSt 50, 40, 49 f.; BGH NStZ-RR 2007, 307, 309; NStZ 2009, 467). Das angefochtene Urteil erfüllt diese unerlässlichen Mindestvoraussetzungen nicht.
4
1. Das Urteil unterliegt der Aufhebung, weil es keine in sich geschlossene Darstellung eines in der Hauptverhandlung festgestellten Tatgeschehens zu den einzelnen den Angeklagten angelasteten Fällen enthält (vgl. BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 3 und 10). So verhält es sich hier:
5
a) Die Strafkammer hat sich damit begnügt, lediglich den konkreten Anklagesatz wortwörtlich einzurücken. Dies genügt den gesetzlichen Anforderungen an eine Urteilsbegründung hier nicht. Der Anklagesatz der Staatsanwaltschaft erschöpft sich in einer Zusammenfassung der Einzeltaten in mehrspaltigen Tabellen und einer vorangestellten knapp gehaltenen Schilderung der Vorgehensweise des Angeklagten. Zwar ist es dem Tatrichter grundsätzlich nicht verwehrt, bei einer Vielzahl von gleichgelagerten Straftaten davon abzusehen, die konkreten Sachverhalte der Einzeltaten mitzuteilen und diese in einer Liste zusammenzufassen, in der die jeweiligen Betrugstaten – wie hier – nach Tatzeit, -ort, Geschädigten und Betrugsschaden individualisiert werden (vgl. BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 6; BGH NStZ 2008, 352). Auch dann müssen die Urteilsgründe aber erkennen lassen, welche der festgestellten Tatsachen den einzelnen objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmalen zuzuordnen sind und sie ausfüllen können (vgl. BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 10; MeyerGoßner /Appl, Die Urteile in Strafsachen 28. Aufl. Rdn. 281 ff.).
6
b) Zudem sind die festgestellten Tatsachen in wesentlichen Teilen unvollständig. Insbesondere zu den angeklagten Fällen 1 bis 5 fehlt mit Aus- nahme der tabellarischen Angaben zum „Datum“, „Geschädigten“, „Konto“ und „Schaden“ jeder Anhalt zum konkreten Vorgehen des Angeklagten und zur subjektiven Tatseite. Ersichtlich hat die Strafkammer hier den entsprechenden Teil des Anklagesatzes versehentlich nicht mit eingerückt.
7
c) In welchen Fällen tateinheitlich auch ein Urkundsdelikt ausgeurteilt ist, wird im Urteil nicht gekennzeichnet.
8
2. Auf Grund der genannten grundlegenden Mängel besorgt der Senat selbst bei Teilen der Feststellungen, die von den genannten Rechtsfehlern nicht betroffen zu sein scheinen, dass sich die Rechtsfehler in der tatgerichtlichen Überzeugungsbildung auch auf sie ausgewirkt haben. Auf die ebenfalls erheblichen Bedenken begegnende Darstellung der Strafzumessung kommt es hier mithin nicht mehr an.
9
3. Ergänzend bemerkt der Senat:
10
a) Der neue Tatrichter wird zu beachten haben, dass eine maßgeblich aus Tabellen bestehende Sachverhaltsdarstellung jedenfalls dann eine revisionsgerichtliche Nachprüfung vereiteln und daher zur Aufhebung führen kann, wenn eine Vielzahl von Einzelfällen weder chronologisch geordnet noch nummeriert dargestellt werden; das gilt insbesondere, wenn einige Taten zwischenzeitlich nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt worden sind und ein Abgleich mit der Anklageschrift nicht mehr ohne weiteres möglich ist.
11
b) Sämtliche Einzelstrafen wurden dem Strafrahmen des § 263 Abs. 3 StGB entnommen, wobei das Urteil lediglich ausführt, dass „der Angeklagte jeweils gewerbsmäßig handelte“. Die stichwortartige Erklärung der Einzelfälle lässt teils schon die Voraussetzungen der Gewerbsmäßigkeit zweifelhaft erscheinen. Zudem hat das Landgericht bei seiner Wertung und mithin bei der Bemessung der Einzelstrafen weder erkennbar bedacht noch erörtert, dass die Indizwirkung eines Regelbeispiels durch besondere strafmildernde Um- stände entkräftet werden kann, die für sich allein oder in ihrer Gesamtheit so schwer wiegen, dass die Anwendung des Strafrahmens für besonders schwere Fälle unangemessen erscheint (BGH wistra 2008, 474, 476 m.w.N.). Das neue Tatgericht wird zu bedenken haben, dass in einer Reihe von Fällen die vom Angeklagten erstrebte Bereicherung und der Schaden unter 100 €, teilweise sogar unter 50 € lagen und dass weitere, auch gewichtige Strafmilderungsgründe gegeben sind (vgl. BGH wistra 2009, 272).
12
c) Zu beachten ist weiter, dass in die erste gebildete Gesamtfreiheitsstrafe nach den gegenwärtigen Feststellungen lediglich sieben Einzelstrafen einzubeziehen sind. Soweit das angefochtene Urteil von neun Einzelstrafen ausgeht, übersieht es beim Einrücken und „Würdigen der Anklageinhalte“, dass infolge einer von ihr möglicherweise zutreffend vorgenommenen, nicht aber erörterten materiell-rechtlichen Zusammenfassung der angeklagten Einzelfälle 24 und 25 sowie 26 und 27 zwei Taten entfallen sind.
13
d) Das neue Tatgericht wird im Rahmen der Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung (§ 56 StGB) für die zu bildenden Gesamtfreiheitsstrafen das länger zurückliegende Ende der Tatserie im Jahre 2006 und die Entwicklung des Angeklagten in der Folgezeit zu erörtern haben. Auch daran ermangelt es dem angefochtenen Urteil.
Basdorf Raum Brause Schaal König

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

(1) Verletzt dieselbe Handlung mehrere Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals, so wird nur auf eine Strafe erkannt.

(2) Sind mehrere Strafgesetze verletzt, so wird die Strafe nach dem Gesetz bestimmt, das die schwerste Strafe androht. Sie darf nicht milder sein, als die anderen anwendbaren Gesetze es zulassen.

(3) Geldstrafe kann das Gericht unter den Voraussetzungen des § 41 neben Freiheitsstrafe gesondert verhängen.

(4) Auf Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen (§ 11 Absatz 1 Nummer 8) muss oder kann erkannt werden, wenn eines der anwendbaren Gesetze dies vorschreibt oder zulässt.

(1) Hat jemand mehrere Straftaten begangen, die gleichzeitig abgeurteilt werden, und dadurch mehrere Freiheitsstrafen oder mehrere Geldstrafen verwirkt, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt.

(2) Trifft Freiheitsstrafe mit Geldstrafe zusammen, so wird auf eine Gesamtstrafe erkannt. Jedoch kann das Gericht auf Geldstrafe auch gesondert erkennen; soll in diesen Fällen wegen mehrerer Straftaten Geldstrafe verhängt werden, so wird insoweit auf eine Gesamtgeldstrafe erkannt.

(3) § 52 Abs. 3 und 4 gilt sinngemäß.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 481/07
vom
18. Oktober 2007
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Betruges
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführer am 18. Oktober 2007 gemäß § 349
Abs. 4 StPO beschlossen:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Paderborn vom 14. Mai 2007 mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten H. wegen Betruges in 113 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten und den Angeklagten M. wegen Betruges in 93 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Mit ihren Revisionen rügen die Angeklagten die Verletzung sachlichen Rechts. Der Angeklagte M. beanstandet ferner das Verfahren. Die Rechtsmittel haben mit der Sachrüge Erfolg, so dass es einer Erörterung der vom Angeklagten M. auf die Verletzung des § 261 StPO gestützten Verfahrensrüge nicht bedarf.
2
1. Entgegen der Auffassung der Revision des Angeklagten M. fehlt es nicht an der Verfahrensvoraussetzung einer ordnungsgemäßen Anklageerhebung. Schwere Mängel des Anklagesatzes, die bei unveränderter Zulassung der Anklage zur Unwirksamkeit des Eröffnungsbeschlusses führen, liegen nur vor, wenn die angeklagten Taten in der Anklageschrift nicht genügend konkretisierbar sind, so dass unklar bleibt, auf welchen konkreten Sachverhalt sich die Anklage bezieht und welchen Umfang die Rechtskraft des daraufhin ergehenden Urteils haben würde (vgl. BGH NStZ 1984, 133; 2006, 649, jew. m.w.N.). Das ist hier nicht der Fall. Insoweit wird auf die Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 12. September 2007 Bezug genommen.
3
Ob die knappe Beschreibung des Tatgeschehens im Anklagesatz über die Umgrenzungsfunktion der Anklageschrift hinaus auch deren Funktion erfüllt, die Angeklagten und die übrigen Verfahrensbeteiligten über weitere Einzelheiten des Vorwurfs zu unterrichten und ihnen Gelegenheit zu geben, ihr Prozessverhalten auf den Anklagevorwurf einzustellen, kann dahinstehen. Insoweit bestehende Mängel begründen nicht die Unwirksamkeit der Anklage (vgl. BGHSt 40, 44, 45; BGH NStZ 1996, 95). Eine Verfahrensrüge, mit der eine Einschränkung der Verteidigungsmöglichkeiten der nach den Feststellungen geständigen Angeklagten gerügt wird, ist nicht erhoben.
4
2. Das Urteil hat aber deshalb keinen Bestand, weil es - wie die Revision des Angeklagten M. zu Recht rügt - keine in sich geschlossene Darstellung eines in der Hauptverhandlung festgestellten Tatgeschehens zu den einzelnen den Angeklagten angelasteten Fällen enthält (vgl. BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 3; Meyer-Goßner StPO 50. Aufl. § 267 Rdn. 5 m.w.N.). Eine solche Darstellung des Sachverhalts, die erkennen lassen muss, durch welche bestimmten Tatsachen die einzelnen gesetzlichen Merkmale des äußeren und inneren Tatbestands erfüllt werden, ist für die revisionsrechtliche Prüfung erforderlich. Fehlt sie oder ist sie in wesentlichen Teilen unvollständig, so ist dies ein Mangel des Urteils, der auf die Sachrüge zu dessen Aufhebung führt (vgl. BGH aaO; Meyer-Goßner aaO Rdn. 42). So verhält es sich hier:
5
a) Das Landgericht hat sich bei der Sachverhaltsdarstellung damit begnügt , lediglich den Anklagesatz - soweit es die innere Tatseite betrifft nicht vollständig - mit leichten redaktionellen Änderungen einzurücken. Der Anklagesatz erschöpft sich jedoch in einer Zusammenfassung der Einzeltaten in zwei mehrspaltigen Tabellen und einer vorangestellten knapp gehaltenen Schilderung der Vorgehensweise der Angeklagten bei dem Ankauf von Forderungen aus Lebensversicherungsverträgen durch die Firma H. GmbH zum Rückkaufwert. Zwar ist es dem Tatrichter grundsätzlich nicht verwehrt, bei einer Vielzahl von Straftaten, die den selben Tatbestand erfüllen, davon abzusehen , die konkreten Sachverhalte der Einzeltaten mitzuteilen und diese in einer Liste zusammenzufassen, in der die jeweiligen Betrugstaten – wie hier - nach Tatzeit, -ort, Geschädigten und Betrugsschaden individualisiert werden. Dies gilt, wenn die Taten in allen wesentlichen tatsächlichen Umständen, die den Betrugstatbestand erfüllen, gleich gelagert sind (vgl. BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 6). Auch dann müssen die Urteilsgründe aber so abgefasst werden, dass sie erkennen lassen, welche der festgestellten Tatsachen den einzelnen objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmalen zuzuordnen sind und sie ausfüllen können (vgl. zur Feststellung der Tatbestandsmerkmale Meyer-Goßner/Appl, Die Urteile in Strafsachen 27. Aufl. Rdn. 281 ff., insbesondere 287). Daran fehlt es hier, zumal eine ergänzende Heranziehung des Gesamtzusammenhangs der Urteilsgründe nicht möglich ist, weil sich die Beweiswürdigung in der Mitteilung erschöpft, die Angeklagten hätten das Tatgeschehen jeweils vorbehaltlos eingeräumt, und die rechtliche Würdigung sich auf die Angabe des Endergebnisses beschränkt.
6
b) Den Urteilsgründen lässt sich zwar entnehmen, dass die Verkäufer bei dem Abschluss der Verträge über den Verkauf von Forderungen aus Lebensversicherungsverträgen über die Leistungsfähigkeit und/oder Leistungswilligkeit der H. GmbH getäuscht wurden. Unklar bleibt aber, worin nach Auffassung des Landgerichts die irrtumsbedingte Vermögensverfügung der jeweiligen Verkäufer liegen soll. Sofern das Landgericht von einem Eingehungsbetrug ausgegangen ist, hätte es näherer Feststellungen dazu bedurft, dass schon mit der Eingehung der rechtsgeschäftlichen Verpflichtung zur Übertragung der Rechte aus einer Lebensversicherung (§ 453 Abs. 1 i.V.m. § 433 Abs. 1 BGB) eine Vermögensgefährdung eingetreten ist. Das ist beim Abschluss eines Kaufvertrages dann der Fall, wenn der Verkäufer einem nicht erfüllungsbereiten oder erfüllungsfähigen Vertragspartner gegenüber vorleistungspflichtig ist (vgl. BGH NStZ 1998, 85). Ob die jeweiligen Verkäufer nach den mit der H. GmbH geschlossenen Verträgen vorleistungspflichtig waren, lässt sich den Urteilsgründen ebenso wenig entnehmen, wie Inhalt und Ausgestaltung der von der Gesellschaft eingegangenen Gegenleistungsverpflichtungen. Im Hinblick darauf, dass in den Fällen 1 bis 67 der in die Urteilsgründe eingefügten Listen die Lebensversicherungen gekündigt und die jeweiligen Rückkaufwerte ausgezahlt wurden, liegt es zwar nahe, dass die Verkäufer vorgeleistet haben, d.h. sowohl die Forderung aus der Lebensversicherung als auch andere Rechte, wie das Kündigungsrecht, gemäß §§ 398, 413 BGB an die Gesellschaft abgetreten haben. Ob dies zugleich mit dem Abschluss des jeweiligen Kaufvertrages geschah, so dass eine einheitliche Betrugstat vorläge (vgl. BGH NStZ 1997, 542), bleibt aber nach den Urteilsgründen offen.
7
Die Urteilsgründe lassen zudem auch eine Beurteilung der Konkurrenzen nicht zu, weil sich den Urteilsgründen nicht entnehmen lässt, ob der jeweilige Verkäufer der Forderungen von einem der Angeklagten oder von einer anderen für die GmbH tätigen Person getäuscht worden ist. Zwar stellen die einzelnen Vertragsabschlüsse für sich genommen selbständige Handlungen dar, die sich die Angeklagten, sofern der Betrugstatbestand erfüllt ist, nach den Grundsätzen der Mittäterschaft (§ 25 Abs. 2 StGB) oder der mittelbaren Täterschaft (§ 25 Abs. 1 StGB) zurechnen lassen müssten. Für die Frage des Vorliegens einer oder mehrerer Handlungen im Sinne der §§ 52, 53 StGB kommt es aber auf die eigenen Tatbeiträge der Angeklagten zu den jeweiligen Vertragsabschlüssen an. Nur soweit sie selbst den Verkäufer getäuscht oder sonst einen konkreten Beitrag zu dem jeweiligen Vertragsabschluss geleistet hätten, läge Tatmehrheit vor. Bestand der Tatbeitrag des Angeklagten H. zu dem Abschluss der Kaufverträge aber lediglich in der Leitung und Organisation der Gesellschaft als faktischer Geschäftsführer, läge nur eine Tathandlung vor (vgl. BGH wistra 2001, 378; BGHR StGB § 263 Täterschaft 1, jew. m.w.N.). Entsprechendes gilt für den Angeklagten M. , den Geschäftsführer der GmbH.
Tepperwien Kuckein Athing Solin-Stojanović Ernemann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 122/09
vom
7. Mai 2009
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 7. Mai 2009,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
der Richter am Bundesgerichtshof
Pfister,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,
die Richter am Bundesgerichtshof
Hubert,
Dr. Schäfer
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof - in der Verhandlung -,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof - bei der Verkündung -
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Krefeld vom 20. Oktober 2008 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung für schuldig befunden, für diese Tat eine Freiheitsstrafe von drei Jahren festgesetzt und ihn unter Einbeziehung der Einzelstrafen (dreimal sechs Jahre und zweimal drei Jahre Freiheitsstrafe ) aus dem Urteil des Landgerichts Köln vom 22. Februar 2008 (rechtskräftig seit dem 10. September 2008) unter Auflösung der dort gebildeten Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Jahren und sechs Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten und auf den "Rechtsfolgenausspruch" beschränkten Revision, die vom Generalbundesanwalt vertreten wird. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts.
2
Das Rechtsmittel hat Erfolg.
3
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist rechtswirksam auf den Strafausspruch beschränkt. Das Rechtsmittel erfasst deshalb nicht die im angefochtenen Urteil unterbliebene Erörterung der Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung, obwohl unter Berücksichtigung der einbezogenen Strafen und der ihnen zugrunde liegenden Taten die formellen Voraussetzungen des § 66 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 2 StGB erfüllt waren (vgl. BGH NStZ 2002, 536, 537; 2007, 212; Rissing-van Saan/Peglau in LK 12. Aufl. § 66 Rdn. 84 und 107). Die Nichtanordnung der Sicherungsverwahrung ist vielmehr vom Rechtsmittelangriff ausgenommen.
4
a) Zwar hat die Staatsanwaltschaft eingangs ihrer Revisionsbegründungsschrift eine Beschränkung auf den "Rechtsfolgenausspruch" erklärt und am Ende ihrer Ausführungen als Ziel ihres Rechtsmittels die Aufhebung des Urteils im "Rechtsfolgenausspruch" und die Zurückverweisung der Sache an eine andere Strafkammer zur erneuten Verhandlung über die "Rechtsfolgen" benannt. Mit diesem den gesamten Rechtsfolgenausspruch umfassenden Revisionsantrag steht jedoch der übrige Inhalt der Revisionsbegründungsschrift nicht in Einklang. Daraus ergibt sich, dass die Revisionsführerin das Urteil nur deshalb für fehlerhaft hält, weil das Landgericht der Bemessung der Einzelstrafe zu Unrecht den Strafrahmen des minder schweren Falles nach § 250 Abs. 3 StGB zugrunde gelegt und sowohl die Einzel- als auch die Gesamtfreiheitsstrafe unangemessen milde bemessen habe. Dass das Landgericht, wie der Generalbundesanwalt meint, es auch rechtsfehlerhaft unterlassen habe, die Voraussetzungen der Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung zu prüfen, beanstandet die Beschwerdeführerin in ihrer Revisionsbegründung nicht.
5
Somit widersprechen sich Revisionsantrag und Inhalt der Revisionsbegründung. In einem solchen Fall ist nach ständiger Rechtsprechung das An- griffsziel des Rechtsmittels durch Auslegung zu ermitteln (vgl. BGHR StPO § 344 Abs. 1 Antrag 3; BGH NStZ-RR 2004, 118; Hanack in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 344 Rdn. 10). Nach dem insoweit maßgeblichen und hier eindeutigen Sinn der Revisionsbegründung ist deshalb allein der Strafausspruch angefochten und die Nichtanordnung der Sicherungsverwahrung vom Rechtsmittelangriff ausgenommen. Der Senat bemerkt jedoch, dass, zumal bei einer Revision der Staatsanwaltschaft, der Revisionsantrag deckungsgleich mit dem Inhalt der Revisionsbegründung sein sollte. Das Revisionsverfahren wird unnötig belastet, wenn der Umfang der Anfechtung erst durch Auslegung ermittelt werden muss (vgl. BGH NStZ-RR 2004, 118; Nr. 156 Abs. 2 RiStBV).
6
b) Die Beschränkung der Revision auf den Strafausspruch ist auch rechtswirksam.
7
In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass Aussprüche über einzelne Rechtsfolgen selbständig angegriffen werden können (vgl. Kuckein in KK 6. Aufl. § 244 Rdn. 12 m. w. N.). Voraussetzung ist jedoch, dass zwischen der angefochtenen und den übrigen Rechtsfolgen keine Wechselwirkung besteht (vgl. Kuckein aaO). So kann die Staatsanwaltschaft ihre Revision etwa wirksam auf die Frage der Anordnung der Sicherungsverwahrung beschränken, wenn davon auszugehen ist, dass die Nichtanordnung der Maßregel die Strafe nicht beeinflusst hat, diese also nicht niedriger ausgefallen wäre, wenn auf Sicherungsverwahrung erkannt worden wäre (vgl. BGH NStZ 2007, 212; BGH, Urt. vom 28. Mai 1998 - 4 StR 17/98). Für den hier vorliegenden umgekehrten Fall - Beschränkung der Revision der Staatsanwaltschaft auf den Strafausspruch unter Ausnahme der Nichtanordnung der Sicherungsverwahrung vom Rechtsmittelangriff - gilt nichts anderes, wenn eine Wechselwirkung zwischen Strafe und unterbliebener Maßregelanordnung auszuschließen ist.
8
So verhält es sich hier. Dem Urteil sind keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass zwischen einer unterbliebenen Anordnung der Sicherungsverwahrung und der vom Landgericht festgesetzten Einzel- und Gesamtstrafe ein innerer Zusammenhang besteht und das Landgericht im Falle einer Maßregelanordnung die Strafen anders als geschehen bemessen hätte.
9
2. Der damit der revisionsrechtlichen Überprüfung allein unterliegende Strafausspruch hat keinen Bestand.
10
a) Nach den Feststellungen des Landgerichts erschlich sich der Angeklagte in Raubabsicht den Zutritt in das Wohnhaus der zu dieser Zeit allein anwesenden Zeugin P. . Er bedrohte die Zeugin sogleich mit einer geladenen Gaswaffe und zwang sie zunächst zur Übergabe der von ihr getragenen Schmuckstücke und zur Herausgabe von 6.000 Euro Bargeld. Da der Angeklagte aufgrund des Hinweises seines Tippgebers davon ausging, dass im Haus noch weitere Wertgegenstände verwahrt wurden, fesselte er die Zeugin im Schlafzimmer des 1. Obergeschosses mit Kabelbindern an Händen und Füßen und begann, das Haus zu durchsuchen. Währenddessen gelang es der Zeugin, die Hand-, nicht aber die Fußfesseln zu lösen. Sie hüpfte, in der Absicht von dort zu fliehen, auf den Balkon. Durch Hilferufe der Zeugin aufmerksam geworden , erkannte der Angeklagte die Fluchtabsicht der Zeugin, die bereits die Balkonbrüstung überstiegen hatte. Es kam zu einem Handgemenge zwischen der Zeugin und dem Angeklagten, der versuchte, die Zeugin von einer Flucht abzuhalten. In dessen Verlauf stürzte die Zeugin vom Balkon etwa drei Meter in die Tiefe und verletzte sich dabei schwer. Der Angeklagte hatte diese Gefahr erkannt , jedoch darauf vertraut, dass diese sich nicht realisiert. Ihm gelang die Flucht mit der bereits erzielten Beute.
11
b) Das Landgericht hat die Tat als einen minder schweren Fall im Sinne des § 250 Abs. 3 StGB gewertet. Dies hält rechtlicher Prüfung nicht stand.
12
Für die Entscheidung, ob ein minder schwerer Fall angenommen werden kann, ist nach ständiger Rechtsprechung maßgebend, ob das gesamte Tatbild einschließlich aller subjektiven Momente und der Täterpersönlichkeit vom Durchschnitt der gewöhnlich vorkommenden Fälle so sehr abweicht, dass die Anwendung des Ausnahmestrafrahmens geboten erscheint (vgl. BGHSt 26, 97 ff.; BGH NStZ-RR 2004, 80).
13
Umstände, die geeignet sind, diesen an das Vorliegen eines minder schweren Falles zu stellenden Anforderungen zu genügen, zeigt das Landgericht nicht auf. Vielmehr überwiegen die strafschärfenden Faktoren in einer Weise, dass die Annahme eines minder schweren Falles unvertretbar ist.
14
Zu Lasten des Angeklagten hat das Landgericht die bei Begehung der Tat zum Ausdruck gekommene erhebliche kriminelle Energie des Angeklagten berücksichtigt. Er habe die Tat umfangreich geplant, sich mit einer geladenen Gaswaffe und mit Fesselungswerkzeug ausgestattet und sei davon ausgegangen , Bargeld in Höhe von 100.000 bis 150.000 Euro sowie gleichwertigen Schmuck im Hause des Tatopfers erbeuten zu können. Er sei in die Privatsphäre des Opfers eingedrungen und habe es nicht nur bedroht sondern auch gefesselt. Zudem seien dem Angeklagten die schweren physischen (Bruch der Wirbelsäule, Gefahr der Querschnittslähmung, Notoperation, fünfmonatige Metallstabilisierung , anhaltende starke Schmerzen) und psychischen Tatfolgen zuzurechnen, die das Opfer erlitten habe. Diese vom Landgericht zu Recht strafschärfend herangezogenen Umstände heben jedoch schon das Tatbild deutlich vom Durchschnitt der gewöhnlich vorkommenden Fälle einer (besonders ) schweren räuberischen Erpressung nach § 250 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m.
§§ 253, 255 StGB ab. Hinzu kommt, dass der Angeklagte bereits erheblich vorbestraft ist und mehrere Jahre im Strafvollzug verbrachte. Schließlich hat die Strafkammer straferschwerend zutreffend darauf verwiesen (vgl. BGH NStZ 2006, 343; BGHR StGB vor § 1/minder schwerer Fall, Gesamtwürdigung 2), dass die verfahrensgegenständliche Tat Auftakt einer Serie von fünf weiteren Überfällen war, die der Angeklagte jeweils unter Einsatz einer scharfen Schusswaffe auf Banken und einen Supermarkt beging.
15
Dieser großen Anzahl gewichtiger Strafschärfungsgründe hat das Landgericht lediglich das tataufklärende Geständnis, seine - allerdings nur eingeschränkte - Aufklärungshilfe bei Ermittlung der Tatbeteiligten, sowie die Entschuldigung gegenüber gestellt, die der Angeklagte gegenüber dem Tatopfer in der Hauptverhandlung zum Ausdruck brachte.
16
In Anbetracht des Gewichts und des eindeutigen Überwiegens strafschärfender Gesichtspunkte war für die Anwendung eines minder schweren Falles hier kein Raum. Die fehlerhafte Strafrahmenwahl führt zur Aufhebung der Einzelstrafe und damit einhergehend zur Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe.
17
3. Der Strafausspruch weist, was der Senat gemäß § 301 StPO zu prüfen hat, keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
Becker Pfister Sost-Scheible Hubert Schäfer

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

(1) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1.
einen Diebstahl begeht, bei dem er oder ein anderer Beteiligter
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
2.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds stiehlt oder
3.
einen Diebstahl begeht, bei dem er zur Ausführung der Tat in eine Wohnung einbricht, einsteigt, mit einem falschen Schlüssel oder einem anderen nicht zur ordnungsmäßigen Öffnung bestimmten Werkzeug eindringt oder sich in der Wohnung verborgen hält.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 Nummer 1 bis 3 ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(4) Betrifft der Wohnungseinbruchdiebstahl nach Absatz 1 Nummer 3 eine dauerhaft genutzte Privatwohnung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 430/13
vom
22. Mai 2014
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: nein
Veröffentlichung: ja
_______________________________
Zu den Anforderungen an die Feststellung und Darlegung des Irrtums beim Betrug
im Zusammenhang mit routinemäßigen Massengeschäften (hier: Missbrauch
des Einzugsermächtigungslastschriftverfahrens).
BGH, Urteil vom 22. Mai 2014 - 4 StR 430/13 - LG Bielefeld
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Betrugs
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
24. April 2014 in der Sitzung vom 22. Mai 2014, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible
als Vorsitzende,
Richterin am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Franke,
Dr. Mutzbauer,
Dr. Quentin
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
in der Verhandlung am 24. April 2014,
bei der Verkündung am 22. Mai 2014
als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt in der Verhandlung
als Verteidiger des Angeklagten M. W. ,
Rechtsanwalt in der Verhandlung
als Verteidiger des Angeklagten T S. ,
Rechtsanwältin in der Verhandlung
als Verteidigerin der Angeklagten D. S. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 12. September 2012 wird
a) die Strafverfolgung gemäß § 154a Abs. 2 StPO mit Zustimmung des Generalbundesanwalts jeweils auf den Vorwurf des versuchten gewerbsmäßigen Bandenbetruges in 198.070 tateinheitlich zusammentreffenden Fällen beschränkt ,
b) das Urteil in den Strafaussprüchen mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils des gewerbsmäßigen Bandenbetruges schuldig gesprochen. Den Angeklagten M. W. hat es zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten, den Angeklagten T. S. zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten und die Angeklagte D. S. zu einer solchen von vier Jahren verurteilt.
Ferner hat es eine Entscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO i.V.m. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB getroffen, die sich gegen die AG richtet.
2
Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten jeweils mit der Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Revisionen haben den aus der Urteilsformel ersichtlichen Teilerfolg.

I.


3
Die von allen Angeklagten erhobene Rüge der Verletzung von § 275 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 338 Nr. 7 StPO, mit der sie beanstanden, der Vorsitzende der erkennenden Strafkammer, Vorsitzender Richter am Landgericht H. , habe sich wegen seiner während des Laufs der Urteilsabsetzungsfrist in einem Parallelverfahren erfolgten Zeugenvernehmung zu Unrecht gehindert gesehen, das Urteil zu unterschreiben, weshalb es innerhalb dieser Frist nur unvollständig zu den Akten gelangt sei, ist bereits unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO); ob sie in der Sache Erfolg haben könnte, bedarf daher keiner Entscheidung.
4
1. Zur Begründung einer Verfahrensrüge sind die den Mangel begründenden Tatsachen gemäß § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO so vollständig und genau anzugeben, dass das Revisionsgericht allein auf Grund der Begründungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die bezeichneten Tatsachen erwiesen werden (SSW-StPO/Momsen, § 344 Rn. 36; LR-StPO/Franke, 26. Aufl. § 344 Rn. 78, jeweils m.N. zur st. Rspr.).
5
2. Gemessen daran vermag der Senat hier nicht zu prüfen, ob der Vorsitzende wegen seiner Vernehmung als Zeuge „in der Sache“ im Sinne von § 22 Nr. 5 StPO von der Ausübung des Richteramtes ausgeschlossen war.
6
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bedeutet Gleichheit der Sache gemäß § 22 Nr. 5 StPO nicht notwendig Verfahrensidentität; Sachgleichheit kann auch bei Vernehmung des Richters als Zeuge zu demselben Tatgeschehen in einem anderen Verfahren in Betracht kommen (BGH, Beschluss vom 22. Mai 2007 – 5 StR 530/06, BGHR StPO § 338 Nr. 2 Ausschluss 4, Tz. 6 mwN; vgl. auch LR-StPO/Siolek, 26. Aufl., § 22 Rn. 25; SSWStPO /Kudlich/Noltensmeier, § 22 Rn. 19). Insoweit fehlt es im Revisionsvortrag der Angeklagten T. und D. S. schon an der Mitteilung des Beweisthemas, zu dem der Strafkammervorsitzende in dem Verfahren gegen A. u.a. geladen und vernommen wurde. Aber auch dem Vortrag des Angeklagten W. kann das betreffende Beweisthema allenfalls mittelbar entnommen werden, da er das Schreiben des Präsidenten des Landgerichts Bielefeld vom 31. Oktober 2012 über die Erteilung einer Aussagegenehmigung für den Vorsitzenden Richter vorgelegt hat. Danach hatte der Angeklagte A. in der gegen ihn geführten Hauptverhandlung beantragt, den Vorsitzenden Richter am Landgericht H. dazu zu vernehmen, dass sich seine (des A.) in einer polizeilichen Vernehmung getätigte Aussage in dem Verfahren gegen die hiesigen Angeklagten als wahr herausgestellt habe. Aber auch dieses Rügevorbringen genügt den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht. Um dem Senat die Überprüfung der Sachgleichheit im Sinne von § 22 Nr. 5 StPO zu ermöglichen , hätte zumindest noch vorgetragen werden müssen, welchen Inhalt diese polizeiliche Aussage hatte, inwiefern sie im vorliegenden Verfahren Gegenstand der Hauptverhandlung war, was der als Zeuge benannte Vorsitzende Richter am Landgericht H. im dortigen Verfahren dazu bekundet hat und ferner, welchen Zusammenhang und welche Bedeutung dies für die gegen die Ange- klagten des vorliegenden Verfahrens erhobenen Tatvorwürfe hatte (vgl. Senatsbeschluss vom 22. Januar 2008 – 4 StR 507/07, StV 2008, 283, Tz. 5 f. m. Anm. Leu StV 2009, 507 zu den Voraussetzungen des § 22 Nr. 5 StPO in derartigen Fällen). Das ist hier jedoch nicht geschehen; auch aus den auf die Sachrüge heranzuziehenden Urteilsgründen ergeben sich dafür keine Anhaltspunkte.

II.


7
Der Senat beschränkt die Strafverfolgung mit Zustimmung des Generalbundesanwalts gemäß § 154a Abs. 2 StPO jeweils auf den Vorwurf des versuchten gewerbsmäßigen Bandenbetruges. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils in den Strafaussprüchen. Im verbleibenden Umfang hat die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf Grund der Sachrügen keinen die Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben.
8
1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen :
9
a) Die Angeklagten schlossen sich Anfang 2008 aufgrund einer zumindest stillschweigend getroffenen Vereinbarung zusammen, um spätestens ab Juli 2008 von einer Vielzahl von Personen unter Vorspiegelung eines tatsächlich nicht bestehenden Vertragsverhältnisses im Wege des Lastschriftverfahrens Geldbeträge einzuziehen. Das von den Angeklagten im arbeitsteiligen Zusammenwirken im Folgenden in die Tat umgesetzte Geschäftsmodell bestand in einer Variante darin, eine möglichst große Zahl von Personen durch entsprechend angeleitete Callcenter-Mitarbeiter anzurufen und bei diesen den Eindruck eines – tatsächlich nicht bestehenden – Vertragsverhältnisses über die Teilnahme an Gewinnspielen hervorzurufen. Auf diese Weise wollten die Angeklag- ten an die Kontodaten der Angerufenen gelangen und von diesen Konten Lastschriften vornehmen, wobei sie davon ausgingen, dass die Angerufenen infolge der Annahme, es bestehe tatsächlich ein Vertragsverhältnis und die Lastschrift sei daher rechtmäßig erfolgt, den Lastschrifteinzügen nicht widersprechen würden. Bei einer weiteren Tatvariante, bei der die Kontodaten bereits bekannt und Telefonanrufe daher entbehrlich waren, sollte den Betroffenen allein durch die durchgeführte Lastschrift ein bestehendes Vertragsverhältnis vorgespiegelt werden, um diese von einem Widerspruch abzuhalten. Dabei nahmen die Angeklagten einerseits billigend in Kauf, dass die Kontoinhaber von den Lastschriftabbuchungen durch Lektüre ihrer Kontoauszüge Kenntnis erhalten, sich den Zugriff auf ihr Konto aber nicht anders erklären würden, als dass der jeweiligen Abbuchung ein wirksamer Vertrag zu Grunde lag, sei es auch nur in der Form, dass sie sich insoweit unsicher waren und/oder die Sache wegen des relativ geringen Betrages auf sich beruhen ließen. Andererseits handelten die Angeklagten auch in der Erwartung, die Betroffenen würden in zahlreichen Fällen mangels ausreichend sorgfältiger Kontrolle ihrer Kontoauszüge die Abbuchungen nicht bemerken oder einfach übersehen.
10
Zur Verwirklichung des Tatplans bedienten sich die Angeklagten insbesondere der in der S. ansässigen AG, die vom Angeklagten W. vertreten wurde. Dieser schloss für die AG zahlreiche Verträge unter anderem mit Callcentern, Zahlungsdienstleistern sowie mit Banken ab, über die die Lastschrifteneinzüge erfolgen sollten und später auch tatsächlich erfolgten. Auch mit dem von der AngeklagteD. S. betriebenen Callcenter GmbH & Co KG, bei dem der Angeklagte T. S. angestellt war, schloss der Angeklagte W. sog. Vertriebspartnerverträge ab. Insgesamt waren für die Angeklagten im Tatzeitraum mindestens 66 Callcenter mit etwa 400 bis 600 Mitarbeitern in der sog. Gewinn- spielvermittlung tätig. Die Callcenter erhielten für jeden Fall, in dem sie die Kontodaten erlangten, einen Betrag in Höhe von 45 bis 60 Euro.
11
Die zur Erschwerung von Nachforschungen meist unter falschen Namen handelnden Mitarbeiter der Callcenter gaben bei ihren Anrufen (1. Tatvariante) entsprechend den Vorgaben eines ihnen auf Veranlassung der Angeklagten ausgehändigten sog. Negativleitfadens für die Gesprächsführung vor, sie hätten die Möglichkeit, einen vermeintlich bestehenden Gewinnspielvertrag entweder unbefristet weiterlaufen zu lassen oder ihn zum Ablauf von drei Monaten zu beenden , wobei für die letzten drei Monate, sollten Gewinne ausbleiben, eine „Geld-zurück-Garantie“ bestehe. Tatsächlich war die Übernahme einer solchen Garantie zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt; in keinem Fall wurden zuvor abgebuchte Geldbeträge zurückerstattet. Der durch den Leitfaden im Einzelnen vorgegebene Erstanruf diente dazu, die Angerufenen jeweils zur Kündigung eines in Wirklichkeit nicht bestehenden Vertrages und – abwicklungshalber – zur Herausgabe ihrer Kontodaten zu veranlassen. Widersprachen die angerufenen Personen – wie in der weit überwiegenden Zahl der Fälle – der Behauptung an einem derartigen Gewinnspiel teilgenommen zu haben, bemühten sich die von den Angeklagten angewiesenen Callcenter-Mitarbeiter dies – wahrheitswidrig – zu widerlegen und behaupteten beispielsweise, auf die Kontodaten aus Datenschutzgründen keinen Zugriff zu haben, sie aber nun zu benötigen, etwa um den Betroffenen aus dem Vertrag „herauszuhelfen“.
12
Im Anschluss an den Erstanruf erfolgte sodann ein Zweitanruf (sog. Quality Call), der zum Teil elektronisch aufgezeichnet wurde und dazu diente, mittels geschickter Gesprächsführung von den Betroffenen eine telefonisch erteilte Einzugsermächtigung zu erhalten, um die Betroffenen selbst, aber auch die beteiligten Banken oder im Fall von Nachforschungen die Strafverfolgungsbehörden über den auf diesem Weg dokumentierten angeblichen Vertragsschluss zu täuschen. Im Anschluss daran erhielten die Angerufenen – auch diejenigen, die den vermeintlichen Vertrag gekündigt hatten – von der GmbH, die von der AG mit der „technischen Abwicklung“ beauftragt worden war, sog. Begrüßungsschreiben , in denen behauptet wurde, die Empfänger hätten „die Chance, bei 200 Internet-Gewinnspielen monatlich eingetragen zu werden“; diese Leistung sei „ebenfalls in Ihrem Servicebetrag … enthalten, den wir wie besprochen jeden Monat im voraus automatisch von Ihrem Konto… abbuchen“. Tatsächlich war ab dem Jahr 2008 - wie die Angeklagten wussten – eine Eintragung in 200 Gewinnspiele monatlich je Kunde nicht mehr möglich, sondern erfolgte „in einem deutlich geringeren Umfang“.
13
Der Einzug der vermeintlichen Forderungsbeträge in Höhe von jeweils zwischen 55 und 79,80 Euro erfolgte im Tatzeitraum vom 9. März 2009 bis zum 22. Januar 2010 mittels Einzugsermächtigungslastschriftverfahren. Die auf dem jeweiligen Kontoauszug der Betroffenen wiedergegebene Belastungsbuchung enthielt den Namen des Zahlungsdienstleisters, den Namen des „Produkts“, den abgebuchten Betrag sowie eine zwölfstellige ID-Nummer. Es wurden bei insgesamt 136.890 Betroffenen (teilweise mehrfach) Beträge im Lastschriftverfahren eingezogen, die im angefochtenen Urteil auf 4.885 Seiten im Einzelnen in Tabellenform aufgeführt sind. In 198.070 Fällen wurde die Lastschrift nicht zurückgegeben, so dass das Geld bei den Angeklagten verblieb. Dagegen erfolgte in 129.708 Fällen eine Rückgabe der Lastschriften. Die Angeklagten erzielten durch ihr Vorgehen einen Gewinn „im deutlich siebenstelligen Bereich“.
14
b) Zur Beweiswürdigung hat das Landgericht lediglich mitgeteilt, dass die Angeklagten im Rahmen einer nach § 257c StPO durchgeführten Verständigung den Anklagevorwurf gestanden und weitere Fragen der Kammer glaubhaft , ausführlich und nachvollziehbar beantwortet hätten. Von der Richtigkeit der geständigen Einlassungen sei die Strafkammer überzeugt, da sie „mit dem Ermittlungsergebnis sowie auch mit dem übrigen Ergebnis der nach Maßgabe des Hauptverhandlungsprotokolls durchgeführten umfassenden Beweisauf- nahme im Einklang“ stünden. Weitere Ausführungen hierzu enthält das Urteil nicht.
15
2. Die Verurteilung der Angeklagten wegen vollendeten gewerbsmäßigen Bandenbetruges begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil offen bleibt, auf welche Weise sich die Strafkammer auch unter Berücksichtigung der umfassenden Geständnisse der Angeklagten die Überzeugung verschafft hat, die Betroffenen hätten die Lastschriften in den 198.070 festgestellten Fällen hingenommen, weil sie sich über das Bestehen einer Zahlungspflicht im Irrtum befanden.
16
a) In welchem Umfang der Tatrichter seine Überzeugungsbildung in den Urteilsgründen mitzuteilen hat, hängt von den Gegebenheiten des jeweiligen Falles ab. Zwar sind, wenn sich die Angeklagten – wie hier – auf der Grundlage einer Absprache geständig einlassen, an die Überprüfung dieser Einlassungen und deren Darlegung im Urteil regelmäßig keine strengeren Anforderungen zu stellen als bei einem in herkömmlicher Verfahrensweise abgegebenen Geständnis (BVerfG, Urteil vom 19. März 2013 – 2 BvR 2628/10 u.a., NJW 2013, 1058, 1063, Tz. 71; BGH, Beschluss vom 25. Juni 2013 – 1 StR 163/13); es gibt auch keine forensische Erfahrung dahin, dass bei einem Geständnis im Rahmen einer Verständigung regelmäßig mit einer wahrheitswidrigen Selbstbelastung zu rechnen ist (BGH, Beschluss vom 23. Mai 2012 – 1 StR 208/12, NStZ 2012, 584). Aber auch in einem solchen Fall müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, dass die Würdigung der Beweise auf einer tragfähigen, verstandesmäßig einsichtigen Tatsachengrundlage beruht, die dem Revisionsgericht eine Überprüfung nach den Maßstäben rationaler Argumentation ermöglicht (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 24. November 1992 – 5 StR 456/92, BGHR StPO § 261 Vermutung 11; Beschluss vom 15. September 1999 – 2 StR 373/99, BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 34; Beschluss vom 31. Januar 2012 – 3 StR 285/11, StV 2012, 653, Tz. 4, Beschluss vom 25. September 2012 – 5 StR 372/12, NStZ-RR 2012, 361; vgl. Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl. § 261 Rn. 2a).
17
Da der Betrugstatbestand voraussetzt, dass die Vermögensverfügung durch den Irrtum des Getäuschten veranlasst worden ist, und das gänzliche Fehlen einer Vorstellung für sich allein keinen tatbestandsmäßigen Irrtum begründen kann, muss der Tatrichter insbesondere mitteilen, wie er sich die Überzeugung davon verschafft hat, dass der Verfügende einem Irrtum erlegen ist (BGH, Urteile vom 5. Dezember 2002 – 3 StR 161/02, NJW 2003, 1198, 1199 f; vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13, NStZ 2014, 215, Tz. 8; zu den Darle- gungsanforderungen bei einem „uneigentlichen Organisationsdelikt“ vgl.BGH, Beschluss vom 31. Januar 2012 aaO, Tz. 6; Beschluss vom 29. Juli 2009 – 2 StR 160/09, BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 15; Be- schluss vom 2. November 2007 – 2 StR 384/07, NStZ 2008, 89, Tz. 5). In einfach gelagerten Fällen mag sich dies von selbst verstehen. Im Bereich gleichförmiger , massenhafter oder routinemäßiger Geschäfte, die von selbstverständlichen Erwartungen geprägt sind, kann der Tatrichter befugt sein, auf die täuschungsbedingte Fehlvorstellung auf der Grundlage eines „sachgedanklichen Mitbewusstseins“ indiziell zu schließen,wobei er dies im Urteil darzulegen hat. Ist das Vorstellungsbild des Verfügenden normativ geprägt, kann bei einem Tatvorwurf, dem zahlreiche Einzelfälle zu Grunde liegen, die Vernehmung weniger Zeugen ausreichen; wenn deren Angaben das Vorliegen eines Irrtums (in den sie betreffenden Fällen) belegen, kann auf die Erregung eines Irrtums auch bei anderen Verfügenden geschlossen werden (BGH, Urteil vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13; Beschluss vom 6. Februar 2013 – 1 StR 263/12, NJW 2013, 1545, 1546; Beschluss vom 17. Juli 2009 – 5 StR 394/08, Tz. 15, inso- weit in BGHSt 54, 44 nicht abgedruckt). In komplexeren Fällen wird es regelmäßig erforderlich sein, die betreffenden Personen über ihr tatrelevantes Vorstellungsbild als Zeugen zu vernehmen sowie deren Bekundungen im Urteil mitzuteilen und zu würdigen (BGH, Beschluss vom 6. Februar 2013 – 1 StR 263/12, NJW 2013, 1545, Tz. 15, Urteil vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13, NStZ 2014, 215, Tz. 8 f.).
18
b) Gemessen daran vermögen – jedenfalls im vorliegenden Fall – weder der Hinweis auf das „Ermittlungsergebnis“ noch die ebenfalls nicht näher beleg- te Bezugnahme auf die „umfassende Beweisaufnahme“ und die „umfassende geständige Einlassung der Angeklagten“ eine Irrtumserregung bei den von den Lastschrifteinzügen betroffenen Bankkunden zu belegen.
19
aa) Den Urteilsgründen ist nicht zu entnehmen, dass die Strafkammer Geschädigte als Zeugen vernommen hat oder dass deren Angaben auf andere Weise in die Hauptverhandlung eingeführt worden sind.
20
bb) Die Annahme eines täuschungsbedingten Irrtums und einer dadurch kausal hervorgerufenen Vermögensverfügung versteht sich hier auch nicht von selbst. Denn nach den Feststellungen der Strafkammer wurde bei den Betroffenen im Rahmen der Telefonanrufe durch die Callcenter-Mitarbeiter der Eindruck erweckt, sie hätten die Möglichkeit, einen bestehenden Vertrag entweder unbefristet weiterlaufen zu lassen oder ihn zum Ablauf von drei Monaten zu been- den. In der „weit überwiegenden Anzahl“ der Fällehatten die Betroffenen jedoch der Behauptung widersprochen, sie hätten einen derartigen Vertrag abgeschlossen. Danach liegt es – auch soweit dem Bestehen eines Vertragsverhältnisses nicht ausdrücklich widersprochen wurde – nicht auf der Hand, dass die Betroffenen die Rückforderung der abgebuchten Beträge gerade aufgrund der irrtümlichen Annahme unterließen, sie seien aufgrund eines bestehenden Ver- tragsverhältnisses verpflichtet, die Abbuchung dieser Beträge (dauerhaft) als rechtmäßig zu dulden.
21
Was die Fälle betrifft, in denen die Täter bereits über die Bankdaten verfügten und Anrufe bei den jeweiligen Kontoinhabern daher entbehrlich waren, vermögen die Urteilsgründe ebenfalls nicht hinreichend zu vermitteln, auf welcher Grundlage sich das Landgericht die Überzeugung gebildet hat, die Bankkunden hätten sich gegen die Lastschriften nicht zur Wehr gesetzt, weil ihnen das Bestehen eines Vertragsverhältnisses oder die Erteilung einer Einzugsermächtigung vorgespiegelt wurde. Diese Annahme ist schon mit der von der Strafkammer festgestellten, ausweislich der Urteilsgründe aber nicht näher überprüften Erwartung der Angeklagten unvereinbar, die Kontoinhaber würden die Lastschriften gar nicht bemerken, möglicherweise also noch nicht einmal einer täuschungsbedingten Fehlvorstellung im Sinne eines sog. sachgedanklichen Mitbewusstseins unterliegen.
22
3. Der Senat nimmt deshalb gemäß § 154a Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 StPO mit Zustimmung des Generalbundesanwalts die aus der Urteilsformel ersichtliche Beschränkung vor.
23
a) Die Feststellungen und die im Urteil mitgeteilte Beweiswürdigung belegen für beide Tatvarianten insbesondere, dass die Angeklagten nach ihrer Vorstellung als Mittäter im Wege eines uneigentlichen Organisationsdelikts Betrugshandlungen im Sinne von § 263 Abs. 1 StGB in 198.070 tateinheitlich zusammentreffenden Fällen zum Nachteil der Kontoinhaber begehen wollten und hierzu auch unmittelbar angesetzt haben (§ 22 StGB).
24
aa) In den sog. Anruffällen ging es den Angeklagten darum, bei den Telefonanrufen und durch die Übersendung der Begrüßungsschreiben den Empfängern das Bestehen eines Vertragsverhältnisses vorzuspiegeln, um sie auf diese Weise zu veranlassen, auf einen Widerspruch gegen die spätere Abbuchung zu verzichten. Hierin liegt ein versuchter Betrug (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 2014 – 5 StR 468/12, Tz. 17).
25
bb) Aber auch in den Fällen, in denen die Lastschrifteinzüge ohne vorherige telefonische Kontaktaufnahme erfolgten und die Übersendung von Begrüßungsschreiben unterblieb, ein direkter Kundenkontakt also nicht stattfand, war der Tatplan der Angeklagten auf die Begehung eines Betruges gerichtet.
26
(1) Den Angeklagten war bewusst, dass die betroffenen Kunden von ihrer jeweiligen Bank einen Kontoauszug erhalten würden, in dem die von ihnen veranlasste Abbuchung ausgewiesen war. Nach den Feststellungen des Landgerichts enthielt die jeweilige Kontoinformation auf dem Auszug nicht nur den Namen des Zahlungsdienstleisters, den abgebuchten Betrag und eine sog. IDNummer , sondern auch einen Produktnamen. Dabei entsprach es der Vorstellung der Angeklagten, dass den betroffenen Bankkunden unter Berücksichtigung des insoweit maßgeblichen Empfängerhorizonts im Hinblick auf die Mitteilung einer derartigen Produktbezeichnung ein wirksames Kausalgeschäft vorgespiegelt werden sollte.
27
(2) Der Ablauf des im Wesentlichen durch Allgemeine Geschäftsbedingungen geregelten Einzugsermächtigungslastschriftverfahrens (vgl. Nr. 9 AGBBanken i.d. bis zum 30. Oktober 2009 gültigen Fassung sowie die Sonderbedingungen für den Lastschriftverkehr im Einzugsermächtigungsverfahren i.d.F. v. Oktober 2009 und die Bedingungen für den Lastschrifteinzug vom November 2009), dessen sich die Angeklagten hier zur Tatausführung bedienten, bestätigt diese rechtliche Beurteilung. Dieses Verfahren wird durch die Übermittlung eines vom Zahlungsempfänger – hier also von den Angeklagten – mit den erforderlichen Informationen versehenen Lastschriftdatensatzes – regelmäßig in elektronischer Form – über dessen Bank an das Geldinstitut des Schuldners ohne dessen Einschaltung in Gang gesetzt. Dessen Institut belastet seinerseits ohne eigene Sachprüfung das Konto des Kunden mit dem genannten Betrag (vgl. Nr. 2.1.2 sowie 2.3.1 der Sonderbedingungen; vgl. dazu BGH, Urteil vom 24. Juni 1985 – II ZR 277/84, BGHZ 95, 103, 106). Der zahlungspflichtige Bankkunde erhält sodann von seiner Zahlstelle entsprechend dem vom Zahlungsempfänger an dessen Bank übermittelten Lastschriftdatensatz eine Mitteilung über die erfolgte Belastung auf seinem Kontoauszug (Lastschriftabkommen Abschnitt 1 Nr. 7 Abs. 1). Da dieses Verfahren den Zahlungsempfänger in die Lage versetzt, von sich aus ohne Mitwirkung des Zahlungspflichtigen den Zeitpunkt des Zahlungsflusses zu bestimmen (BGH, Urteil vom 29. Mai 2008 – IX ZR 42/07, ZIP 2008, 1241, Tz. 15), und der Schuldner auf die (nachträgliche) Verweigerung der Genehmigung verwiesen wird (Nr. 2.4 der Sonderbedingungen ), muss der Zahlungsempfänger, um Forderungen einzuziehen, gegenüber seiner Bank versichern, dass ihm eine schriftliche Ermächtigung des Zahlungspflichtigen vorliegt (vgl. dazu Lastschriftabkommen Abschnitt I Nr. 3; Einzelheiten bei Ellenberger in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 58 Rn. 11). Auch diese Erklärung über das Vorliegen einer Einzugsermächtigung gibt die Gläubigerbank über die Schuldnerbank als Boten an den vermeintlichen Schuldner weiter.
28
(3) Danach war der Tatplan der Angeklagten darauf gerichtet, die betroffenen Bankkunden sowohl über das Bestehen eines Vertragsverhältnisses als auch über die Berechtigung zur Vornahme des Lastschrifteinzugs zu täuschen. Dies geschah mit dem Ziel, die Bankkunden bis zum endgültigen Eintritt der Genehmigungswirkung von der Geltendmachung von Einwendungen ge- genüber der kontoführenden Bank und damit von der Möglichkeit der Rückbuchung der vereinnahmten Geldbeträge abzuhalten.
29
(4) Die Angeklagten haben auch unmittelbar im Sinne des § 22 StGB zur Begehung dieser Tat angesetzt. Indem sie den Lastschrifteinzug bei ihrer Bank einreichten und damit das Einzugsermächtigungslastschriftverfahren in Gang setzten, gaben sie das Geschehen aus der Hand (vgl. Senatsurteil vom 26. Januar 1982 – 4 StR 631/81, BGHSt 30, 363, 365; vgl. auch SSW-StGB/ Kudlich/Schuhr, 2. Aufl., § 22 Rn. 40).
30
b) Auch die Voraussetzungen für eine Beschränkung der Strafverfolgung gemäß § 154a Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 StPO liegen vor (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Januar 2013 – 1 StR 416/12, BGHSt 58, 119, Tz. 13, 51, m. abl. Anm. Heghmanns ZJS 2013, 423; i.E. ebenso schon BGH, Beschluss vom 12. September 1990 – 3 StR 277/90, HFR 1991, 496). Schon im Hinblick auf die Vielzahl der Fälle und die Komplexität des Tatgeschehens würde die weitere Aufklärung mit dem Ziel der Feststellung eines vollendeten Delikts einen unverhältnismäßigen Aufwand bedeuten.

III.


31
Die Beschränkung der Strafverfolgung führt zu der aus der Urteilsformel ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs für alle drei Angeklagten. § 265 StPO steht nicht entgegen, da ausgeschlossen werden kann, dass sich die umfassend geständigen Angeklagten anders als geschehen verteidigt hätten.
32
Die Strafaussprüche können jedoch nicht bestehen bleiben, da die Möglichkeit besteht, dass die Strafen auf der Grundlage des geänderten Schuldspruchs dem gemäß §§ 23 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen entnommen worden wären. Über diese Frage wird der zu neuer Verhandlung und Entscheidung berufene Tatrichter nunmehr auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung der Täterpersönlichkeiten und der Tatumstände unter besonderer Berücksichtigung der versuchsbezogenen Gesichtspunkte, insbesondere der Vollendungsnähe, zu entscheiden haben (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Februar 2013 – 1 StR 263/12, NJW 2013, 1545, Tz. 21).

IV.


33
Ob die vom Landgericht gemäß § 111i Abs. 2 StPO i.V.m. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB getroffene Entscheidung in der Sache durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet, hat der Senat nicht zu entscheiden. Die Angeklagten sind von dieser Entscheidung weder betroffen noch durch sie beschwert.
Sost-Scheible Roggenbuck Franke
Mutzbauer Quentin

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 731/08
vom
18. Februar 2009
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja nur 1.
Veröffentlichung: ja
___________________________
1. Beim betrügerisch veranlassten Eingehen eines Risikogeschäfts - mit einer
nicht mehr vertragsimmanenten Verlustgefahr - ist zur Feststellung des Schadens
auf den unmittelbar mit der Vermögensverfügung des Geschädigten eingetretenen
Vermögensnachteil abzustellen. Allein hierauf muss sich das voluntative
Element des Vorsatzes beim Täter beziehen. Auf die Billigung eines
eventuellen Endschadens kommt es insoweit nicht an.
2. Der mit der Vermögensverfügung unmittelbar eingetretene Vermögensschaden
ist durch das Verlustrisiko zum Zeitpunkt der Vermögensverfügung bestimmt.
Dies stellt hinsichtlich des Straftatbestands einen endgültigen Schaden
dar und nicht nur eine (schadensgleiche) Vermögensgefährdung. Die Höhe des
Vermögensnachteils zum Zeitpunkt der Verfügung ist nach wirtschaftlichen
Maßstäben zu bewerten. Ist eine genaue Feststellung zur Schadenshöhe nicht
möglich, sind hierzu Mindestfeststellungen zu treffen. Dies kann durch Schätzung
geschehen. Dem Tatrichter steht dabei ein Beurteilungsspielraum zu.
BGH, Beschl. vom 18. Februar 2009 - 1 StR 731/08 - LG München I
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Februar 2009 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
München I vom 30. Juli 2008 wird als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in 60 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten verurteilt und festgestellt, dass der Angeklagte aus den abgeurteilten Betrugstaten 21.215.498,98 € erlangt hat und dass dem Verfall des Erlangten und des Wertersatzes Ansprüche der Verletzten entgegenstehen.
2
Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
3
Der Erörterung bedarf nur Folgendes:
4
1. Zum Betrugsschaden:
5
Nach der Bewertung der Strafkammer erlitten die „Investoren“ mit der Bezahlung ihrer Anlagegelder an den Angeklagten bzw. seine Unternehmen sofort einen endgültigen Schaden, hier in der Gesamthöhe der jeweiligen Anla- gesumme; das Vermögen der Anleger wurde insoweit nicht nur schadensgleich gefährdet. Dies ist frei von Rechtsfehlern.
6
a) Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:
7
Der Angeklagte versprach eine sichere, insbesondere bankgarantierte, hochrentierliche Geldanlage. Die einbezahlten Beträge dienten danach nur als Kapitalnachweis. Sie durften während der gesamten Investitionszeit nicht angetastet werden. Als Laufzeit wurden in der Regel zehn Monate vereinbart. Monatlich sollten dann 7 % an Verzinsung ausgeschüttet werden. Einem Großanleger (15 Millionen €) versprach der Angeklagte die Rückzahlung nach drei Monaten, zuzüglich einer Rendite von 50 %.
8
Tatsächlich hatte der Angeklagte nicht vor, die erhaltenen Geldmittel sicher und gewinnbringend anzulegen. Er wollte sie zum einen zur Finanzierung seines Lebensunterhalts verwenden. Zum anderen wollte er - nach Art eines Schneeballsystems - neu eingehende Gelder einsetzen, um Rendite- und Rückzahlungsforderungen der Altinvestoren soweit wie möglich zu befriedigen, um diese in Sicherheit zu wiegen und zu weiteren Einzahlungen zu bewegen.
9
Im Vertrauen auf die Versprechungen des Angeklagten zahlten 31 Personen in der Zeit von September 2005 bis Januar 2008 - teilweise mehrfach - insgesamt 28.206.841,12 € an die Unternehmen des Angeklagten. 7.310.145,58 € schüttete der Angeklagte wieder aus. Einzelne Anleger bekamen damit nicht nur ihr gesamtes Kapital zurück, sondern auch versprochene Erträge ausbezahlt. Mit der Verhaftung des Angeklagten konnten bei seinen Unternehmen noch Vermögenswerte in Höhe von insgesamt 16,8 Millionen € sichergestellt werden (§§ 111c, 111d StPO).
10
b) Ein Schaden i.S.v. § 263 StGB tritt ein, wenn die Vermögensverfügung (hier die vertragsgemäße Bezahlung der Anlagesumme an den Angeklagten beziehungsweise eines seiner Unternehmen) unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des wirtschaftlichen Gesamtwerts des Vermögens des Verfügenden führt (Prinzip der Gesamtsaldierung, vgl. BGHSt 3, 99, 102; 16, 220, 221; 30, 388, 389; 34, 199, 203; 45, 1, 4; 51,10, 15 Rdn. 18; 51, 165, 174 Rdn. 31; BGHR StGB § 263 Abs. 1, Vermögensschaden 54, 70; BGH, Beschl. vom 26. Januar 2006 - 5 StR 334/05 -; BVerfG, Beschl. vom 20. Mai 1998 - 2 BvR 1385/95 - 2. Kammer des 2. Senats -; Hefendehl in MünchKomm-StGB § 263 Rdn. 442 ff.).
11
Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Vermögensverfügung, also der Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor und unmittelbar nach der Verfügung (vgl. BGHSt 6, 115, 116; 23, 300, 303; Tiedemann in LK 6. Aufl. § 263 Rdn. 161). Spätere Entwicklungen, wie Schadensvertiefung oder Schadensausgleich (-wiedergutmachung), berühren den tatbestandlichen Schaden nicht. „Wie sich die Dinge später entwickeln, ist für die strafrechtliche Wertung ohne Belang“ (BGHSt 30, 388, 389 f.). Dies hat nur noch für die Strafzumessung Bedeutung (vgl. BGHSt 51, 10, 17 Rdn. 23).
12
Beim Eingehen von Risikogeschäften - mit einer täuschungs- und irrtumsbedingten Verlustgefahr über der vertraglich vorausgesetzten - gilt nichts anderes. Auch in derartigen Fällen ist mit der Vermögensverfügung bei Saldierung der Vermögenslage vor und nach der Verfügung ein Schaden unmittelbar eingetreten. Der Begriff der konkreten Vermögensgefährdung beschreibt dies nur unzureichend und ist entbehrlich (vgl. schon BGH, Beschl. vom 20. März 2008 - 1 StR 488/07 - [BGHR StGB § 266 I Nachteil 65] Rdn. 18 bis 22 zur entsprechenden Situation beim Vorwurf der Untreue gemäß § 266 StGB). Dement- sprechend erkannte der Bundesgerichtshof auch schon früher: „Für Risikogeschäfte , wie sie hier in Rede stehen, folgt daraus, dass ein Vermögensschaden nur insoweit vorliegt, als die von dem Getäuschten eingegangene Verpflichtung wertmäßig höher ist als die ihm dafür gewährte Gegenleistung unter Berücksichtigung aller mit ihr verbundenen, zur Zeit der Vermögensverfügung gegebenen Gewinnmöglichkeiten“ (BGHSt 30, 388, 390; vgl. auch BGHSt 34, 394, 395 und BGHSt 51, 165, 177 Rdn. 38, wonach die Annahme einer konkreten Vermögensgefährdung bedeutet, dass nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise schon eine Verschlechterung der gegenwärtigen Vermögenslage vorliegen muss, dass sie schon jetzt eine Minderung des Gesamtvermögens zur Folge hat; sowie Hefendehl in MünchKomm-StGB § 263 Rdn. 718: „Hierbei handelt es sich indes um ein Scheinproblem, weil die ‚Möglichkeit des Schadens’ eben ein Schaden sein muss“). „Zwischen Schaden (Verlust) und Gefährdung (Beeinträchtigung ) besteht bei wirtschaftlicher Betrachtung also kein qualitativer sondern nur ein quantitativer Unterschied“ (Tiedemann in LK 6. Aufl. § 263 Rdn. 168 m.w.N.).
13
Dass mit dem Eingehen eines Risikogeschäfts - mit einer nicht mehr vertragsimmanenten Verlustgefahr - ein unmittelbarer Wertverlust, eine Vermögenseinbuße einhergeht, liegt bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise auf der Hand. Dieser Schaden ist auch benennbar. Das mit der Verfügung (hier: Zahlung des Anlagebetrags) eingegangene - aufgrund einer Täuschung und eines entsprechenden Irrtums überhöhte - Risiko und der dadurch verursachte Minderwert des im Synallagma Erlangten sind zu bewerten (vgl. Hefendehl in MünchKomm-StGB § 263 Rdn. 569 ff.), wie im Falle einer Einzelwertberichtigung (vgl. Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, 33. Aufl. § 253 Rdn. 21; zu IAS [International Accounting Standards] 39.58 ff. - Finanzinstrumente, Ansatz und Bewertung - vgl. Baumbach/Hopt aaO, Rdn. 42 f., sowie Lüdenbach in Haufe IAS/IFRS, 2. Aufl. § 2 Rdn. 81, Kehm/Lüdenbach in Haufe IAS/IFRS, 2. Aufl. § 28 Rdn. 120 ff.), bei der Bildung von Rückstellungen für drohende Verluste (§ 249 HGB) oder auch beim Verkauf von Forderungen (vgl. auch Tiedemann in LK 6. Aufl. § 263 Rdn. 168 mit Hinweis auf die Institute des Bilanzrechts ; Goldschmidt/Weigel, Die Bewertung von Finanzinstrumenten bei Kreditinstituten in illiquiden Märkten nach IAS 39 und HGB, WPg 2009, 192 ff.). Dies ist kaufmännischer Alltag (nicht überzeugend deshalb Beulke/Witzigmann, JR 2008, 430, 433, wonach diese schon im Senatsbeschl. vom 20. März 2008 - 1 StR 488/07 - [BGHR StGB § 266 I Nachteil 65] zur Untreue vertretene Auffassung nicht nur bei Wirtschaftswissenschaftlern auf Unverständnis stoße, sondern auch bei all denen Kopfschütteln auslöse, die in der Praxis mit der Vergabe von Krediten betraut sind).
14
Wenn eine genaue Feststellung zur Schadenshöhe zum Zeitpunkt der Vermögensverfügung nicht möglich ist, wird der Tatrichter im Hinblick auf die Besonderheiten des Strafrechts Mindestfeststellungen zu treffen haben (BGHSt 30, 388, 390). Dies kann durch Schätzung im Rahmen des dabei eingeräumten Beurteilungsspielraums geschehen.
15
Außerdem entfiele auch mit der verschleiernden Bezeichnung des Schadens als konkrete (schadensgleiche) Vermögensgefährdung im Grunde nicht die Notwendigkeit von deren Bewertung zur Erfassung des Tatunrechts, wenn dem bislang auch kaum entsprochen wurde. Die Rechtsfigur des Gefährdungsschadens birgt aber gerade auch deshalb die Gefahr der Überdehnung des Betrugstatbestands hin zum Gefährdungsdelikt durch Einbeziehung tatsächlich nur abstrakter Risiken in sich (vgl. Fischer, StGB 56. Aufl. § 263 Rdn. 96). Die Notwendigkeit , den mit der Vermögensverfügung unmittelbar real eingetretenen Schaden zu bewerten und zu benennen, zwingt demgegenüber zur Klarheit und vermeidet Grenzüberschreitungen.
16
Schließlich wäre die Subsumtion wirklich nur „schadensgleicher“ Gefährdungen unter den Tatbestand des § 263 Abs. 1 StGB mit Art. 103 Abs. 2 GG kaum vereinbar. Auch deshalb ist schon die Formulierung bedenklich.
17
Allein auf den unmittelbar mit der Vermögensverfügung des Getäuschten eingetretenen tatbestandlichen Schaden muss sich das voluntative Element des Vorsatzes des Täters erstrecken. Auf die Billigung eines eventuellen Endschadens kommt es nicht an. Ebenso ist die Absicht des späteren Ausgleichs der Vermögensminderung ohne Bedeutung (vgl. auch BGHSt 34, 199, 204 zur Schadenswiedergutmachung nach Ausübung eines eingeräumten Rücktrittsrechts ; BGHSt 23, 300, 303: die Bereitschaft zur Stornierung ist unerheblich; und zur entsprechenden Situation bei der Untreue BGH, Urt. vom 29. August 2008 - 2 StR 587/07 - Rdn. 45 f.). „Wer … die ... Gefährdung des Rückzahlungsanspruchs bei Kreditgewährung … erkennt und billigend in Kauf nimmt, handelt auch dann vorsätzlich, wenn er hofft oder darauf vertraut, der (spätere endgültige) Schaden werde ausbleiben“ (Tiedemann in LK 6. Aufl. § 263 Rdn. 246).
18
c) Die Täuschung der Anleger über das „Anlagemodell“, über dessen tatsächliche Nichtexistenz, begründet hier in allen Fällen von vorneherein einen Schaden im Umfang der gesamten Leistung. Diese Bewertung des Landgerichts ist rechtlich auch für die frühen Anlagen nicht zu beanstanden, auch nicht in den Fällen, bei denen vom Angeklagten später absprachegemäß geleistet wurde. Das hat die Strafkammer zu Recht - nur - als Schadenswiedergutmachung gewertet. Denn auch in diesen Fällen war der von den Investoren für ihre Zahlungen erlangte Gegenanspruch zum Zeitpunkt der Verfügung wirtschaftlich wertlos. Zwar bestand - wie es einem Schneeballsystem immanent ist - für die ersten Anleger eine gewisse Chance, ihr Kapital zurück und selbst die versprochenen Erträge ausbezahlt zu erhalten. Dies beruhte aber nicht auf der Umsetzung des vom Angeklagten vorgegaukelten Anlagemodells oder auch nur dem Versuch hierzu. Vielmehr hing alles vom weiteren „Erfolg“ des allein auf Täuschung aufgebauten Systems und vom Eingang weiterer betrügerisch erlangter Gelder ab. Die hierauf basierende Aussicht auf Erfüllung der vom Angeklagten eingegangenen Verpflichtung war nicht, auch nicht teilweise die versprochene Gegenleistung, sondern ein aliud ohne wirtschaftlichen Wert (vgl. BGHSt 51, 10, 15 Rdn. 19). Eine auf die Begehung von Straftaten aufgebaute Aussicht auf Vertragserfüllung ist an sich schon wertlos. Wegen des objektiv völlig unrealistischen Anlagemodells und der damit verbundenen Ertragsversprechungen war hier zudem - entgegen dem tatsächlichen Ablauf - ein schnelles Ende zu erwarten , jedenfalls war von Anfang an nicht absehbar, wann das System zusammenbricht , sei es auf Grund strafrechtlicher Ermittlungen oder mangels Eingangs weiterer Anlagen.
19
2. Zur Rüge der Verletzung des § 265 StPO:
20
Der Angeklagte war nach den Feststellungen des Landgerichts im Besitz gefälschter Personalpapiere, nämlich eines Passes und einer Driver Licence von British Honduras sowie einer Yacht-Clubkarte, alle lautend auf den Aliasnamen J. G. . Außerdem besaß er einen Diplomatenpass der „Conch Republic Key West“, ausgestellt auf seinen tatsächlichen Namen Dr. R. . Die Staatsanwaltschaft hatte im Zusammenhang mit der Anklageerhebung in der Schlussverfügung gemäß § 154 Abs. 1 StPO von der Verfolgung weiterer Straftaten abgesehen, also auch hinsichtlich einer mögli- chen Beteiligung des Angeklagten an Urkundenfälschungen (§ 267 StGB). Gleichwohl - so beanstandet die Revision - habe die Strafkammer die „ausgeschiedenen Tatteile“ strafschärfend berücksichtigt, ohne auf diese Möglichkeit hingewiesen zu haben.
21
Eines rechtlichen und tatsächlichen Hinweises bedurfte es insoweit jedoch nicht.
22
Die Strafkammer hat in den Urteilsgründen nicht auf die strafschärfende Wirkung der Begehung weiterer von der Verfolgung ausgenommener Straftaten abgestellt. Das Landgericht hat vielmehr in der Beschaffung gefälschter Personaldokumente , um sie bei Bedarf tatbezogen einsetzen zu können (UA S. 39), und in deren Verstecken in einem separaten Büro Hinweise auf die Raffinesse und damit auf die hohe kriminelle Energie des Angeklagten gesehen.
23
Ebenso hat die Strafkammer im Verbergen der Geschäftsunterlagen der vom Angeklagten etablierten Unternehmen, im Aufbau eines internationalen Firmengeflechts und in der Nutzung verschiedener Konten zu Verschleierungszwecken , in der Vermögensverlagerung ins Ausland sowie im Nachtatverhalten gegenüber dem Hauptgeschädigten Dr. K. (Forderung der Abgabe einer „Ehrenerklärung“ für den Angeklagten sowie die Zahlung von 300.000,-- € an diesen als Voraussetzung für die Rückzahlung der geleisteten Einlage) Indizien für die hohe kriminelle Energie des Angeklagten gesehen. Auch im zuletzt genannten Punkt spielte eine mögliche strafrechtliche Relevanz bei der Bewertung seitens des Landgerichts keine Rolle.
24
All diese Punkte gehören zum Tatgeschehen und charakterisieren Tat und Täter, wie zahlreiche andere von der Strafkammer aufgeführte strafzumes- sungsrelevante Aspekte. Der strafrechtliche Betrugsvorwurf hat sich durch den Besitz der gefälschten Personalpapiere weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht bezüglich der Tatrichtung, der Beteiligung oder sonstiger wesentlicher Punkte verändert. Eines ausdrücklichen Hinweises auf die Strafzumessungsrelevanz derartiger das Tat- und Täterbild kennzeichnenden Aspekte des Tatgeschehens bedarf es nicht. Dies ist selbstverständlich.
25
Dass der Besitz der gefälschten Personalpapiere - in der Anklageschrift hatte dies keine Erwähnung gefunden - als Facette zur Kennzeichnung der Täterpersönlichkeit relevant sein könnte, war nach dem auch der Revisionsbegründung zu entnehmenden Verfahrensgang (Inaugenscheinnahme der Dokumente sowie Vernehmung des Zeugen S. hierzu) offensichtlich. Der Angeklagte hat die Existenz der Papiere in der Hauptverhandlung auch eingeräumt.
26
3. Zur Rüge der Nichterörterung des § 41 StGB:
27
Die Revision beanstandet die fehlende Erörterung der Möglichkeit der Verhängung einer Geldstrafe neben einer - dann niedrigeren - Freiheitsstrafe gemäß § 41 StGB. Dies sei immer geboten, wenn die Straftaten zu erheblichen Gewinnen geführt haben, durch die ein Angeklagter ein beträchtliches Vermögen erworben hat.
28
Die Revision übersieht hierbei jedoch, dass bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse (§ 41 Satz 1 StGB) solche Vermögenswerte außer Betracht zu bleiben haben, die dem Verfall gemäß §§ 73, 73a StGB (vgl. Fischer, StGB 56. Aufl. § 41 Rdn. 2) bzw. der Rückgewinnungshilfe nach § 111i StPO unterliegen (vgl. auch Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung , 4. Aufl. Rdn. 214). Das Gericht hat gemäß § 111i Abs. 2 Satz 2 StPO zwar festgestellt, dass der Angeklagte 21.215.498,98 € aus den abgeurteilten Betrugstaten erlangt hat, aber auch, dass dem Verfall des Erlangten und des Wertersatzes Ansprüche der Verletzten entgegenstehen. Die auf Betreiben der Strafverfolgungsbehörden sichergestellten Werte (Arrest- und Pfändungsbeschlüsse über 16,8 Mio. €) fließen damit an die Geschädigten oder - unter den Vorsaussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO - dann doch in die Staatskasse. Vor dem Hintergrund der sonstigen Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten lag deshalb die Verhängung einer zusätzlichen Geldstrafe gemäß § 41 StGB neben einer - auch dann noch mehrjährigen Freiheitsstrafe - sehr fern. Einer Erörterung in den schriftlichen Urteilsgründen bedurfte dies deshalb nicht. Ausführungen hierzu hätten die Gründe, die sich auf das Wesentliche konzentrieren sollen, vielmehr nur unnötig belastet.
29
4. Im Übrigen wird auf die Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 13. Januar 2009 verwiesen.
Nack Kolz Hebenstreit Elf Jäger
5 StR 136/04

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 9. Juni 2004
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u. a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. Juni 2004

beschlossen:
Der Haftbefehl des Landgerichts Stuttgart vom 8. August 2002 – 11 KLs 147 Js 79932/01 – sowie der Haftfort- dauerbeschluß vom 11. August 2003 werden aufgehoben.
Der Angeklagte S ist in vorliegender Sache sofort aus der Untersuchungshaft zu entlassen.
G r ü n d e Der Senat hat durch Beschluß vom heutigen Tage das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 11. August 2003 teilweise aufgehoben. Die weitere Fortdauer der Untersuchungshaft ist nicht mehr verhältnismäßig (§ 120 Abs. 1, § 126 Abs. 3 StPO).
Harms Basdorf Raum Brause Schaal

(1) Ist jemandem aus der Tat ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen und wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arrestschuldners eröffnet, so erlischt das Sicherungsrecht nach § 111h Absatz 1 an dem Gegenstand oder an dem durch dessen Verwertung erzielten Erlös, sobald dieser vom Insolvenzbeschlag erfasst wird. Das Sicherungsrecht erlischt nicht an Gegenständen, die in einem Staat belegen sind, in dem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht anerkannt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für das Pfandrecht an der nach § 111g Absatz 1 hinterlegten Sicherheit.

(2) Sind mehrere Anspruchsberechtigte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 vorhanden und reicht der Wert des in Vollziehung des Vermögensarrestes gesicherten Gegenstandes oder des durch seine Verwertung erzielten Erlöses zur Befriedigung der von ihnen geltend gemachten Ansprüche nicht aus, so stellt die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arrestschuldners. Die Staatsanwaltschaft sieht von der Stellung eines Eröffnungsantrags ab, wenn begründete Zweifel daran bestehen, dass das Insolvenzverfahren auf Grund des Antrags eröffnet wird.

(3) Verbleibt bei der Schlussverteilung ein Überschuss, so erwirbt der Staat bis zur Höhe des Vermögensarrestes ein Pfandrecht am Anspruch des Schuldners auf Herausgabe des Überschusses. In diesem Umfang hat der Insolvenzverwalter den Überschuss an die Staatsanwaltschaft herauszugeben.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 112/10
vom
27. April 2010
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen schweren Bandendiebstahls u. a.
hier: Revision der Angeklagten M.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung der Beschwerdeführerin
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 27. April

beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten M. wird das Urteil des Landgerichts Verden vom 10. Dezember 2009, soweit es sie und den Angeklagten K. betrifft, in der Bezeichnung des Erlangten dahin abgeändert, dass die Angeklagte M. 2.800 Euro und der Angeklagte K. 6.800 Euro erlangt haben.
2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
3. Die Beschwerdeführerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
1. Das Rechtsmittel der Angeklagten M. hat Erfolg, soweit das Landgericht den Wert des von ihr Erlangten mit 28.000 Euro bezeichnet hat (§ 111 i Abs. 2 Satz 2 StPO); im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
Zu Unrecht geht das Landgericht davon aus, dass die Angeklagte die gesamte, jeweils auf einen Wert von 2.000 Euro geschätzten Beute aus den 14 - vollendeten - Diebstählen, an denen sie als Mittäterin beteiligt war, nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB erlangt hat, denn dies setzt zumindest eine wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt des Täters über den Vermögensgegenstand voraus. Ob eine solche besteht, ist bei mehreren Beteiligten an einer Tat für jeden von ihnen gesondert zu prüfen; auch einem Mittäter kann die Gesamtheit des aus ihr Erlangten nur dann zugerechnet werden, wenn sich die Beteiligten einig sind, dass jedem die Mitverfügungsgewalt hierüber zukommen soll (Fischer, StGB 57. Aufl. § 73 Rdn. 16). Eine wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt der Angeklagten über das jeweilige Diebesgut schließt der Senat nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen indes aus. Die unmittelbare Tatausführung oblag dem Mitangeklagten B. , dem Zeugen Ki. oder unbekannt gebliebenen Mittätern. Diese nahmen jeweils die Beute in Besitz und sorgten unter Ausschluss der anderen Tatbeteiligten für deren Verwertung. An die Angeklagte, die als Fahrerin eingesetzt war und die Tatorte abzusichern hatte, kehrten sie jeweils nur einen kleineren Anteil an dem erzielten Erlös aus, in der Regel 200 Euro. Der Senat ändert deshalb die Bezeichnung des von der Angeklagten Erlangten entsprechend ab (§ 354 Abs. 1 StPO analog).
3
2. Nach § 357 Satz 1 StPO ist die Abänderung auf den nicht revidierenden Mitangeklagten K. zu erstrecken, soweit er an den der Angeklagten M. zur Last gelegten - vollendeten - Taten beteiligt war (Fälle II. 3.1, 3.2, 3.6, 3.7 der Urteilsgründe), denn insoweit beruht die Bezeichnung des von ihm Erlangten auf demselben sachlich-rechtlichen Mangel. Der Angeklagte K. hatte bei diesen Taten zusammen mit der Angeklagten M. die Tatorte abzusichern und erhielt wie diese Erlösanteile von in der Regel 200 Euro ; über das Diebesgut selbst hatte auch er keine wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt.
4
Die Erstreckung ist dem Senat hingegen verwehrt, soweit das Landgericht in den Fällen II. 3.4, 3.5 und 3.8 den Wert des Erlangten zu Lasten des Angeklagten mit 2.000 Euro bezeichnet hat, denn insoweit liegen dem Urteil keine Taten zu Grunde, derentwegen auch die Angeklagte M. verurteilt worden ist (vgl. Meyer-Goßner, StPO 52. Aufl. § 357 Rdn. 13).
Becker Pfister Sost-Scheible
Hubert Mayer

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 336/11
vom
19. Oktober 2011
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
18. Oktober 2011, in der Sitzung am 19. Oktober 2011, an denen teilgenommen
haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack,
der Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
Richterin am Landgericht - in der Verhandlung -,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof - bei der Verkündung -
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt
- in der Verhandlung -
als Verteidiger,
Justizangestellte - in der Verhandlung -,
Justizangestellte - bei der Verkündung -
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München II vom 11. Februar 2011
a) im Strafausspruch dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt wird, und
b) im Ausspruch nach § 111i Abs. 2 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts München II zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in elf Fällen jeweils in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubtem Erbringen von Finanzdienstleistungen (§ 54 Abs. 1 Nr. 2, § 32 Abs. 1 Satz 1, § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 5 KWG) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Diese beträgt nach der Urteils- formel in der Sitzungsniederschrift drei Jahre und neun Monate, nach Tenor und Entscheidungsgründen der Urteilsurkunde drei Jahre und sechs Monate. Mit Beschluss vom 9. Juni 2011 hat das Landgericht Tenor und Urteilsgründe dahingehend berichtigt, dass die ausgesprochene Gesamtfreiheitsstrafe auf drei Jahre und neun Monate laute; es handle sich um ein offensichtliches Schreibversehen.
2
Das Landgericht hat ferner festgestellt, dass in Höhe eines Betrages von 210.613,82 € lediglich deshalb nicht auf Verfall erkannt werde, weil Ansprüche von Verletzten i.S.d. § 73 Abs.1 Satz 2 StGB entgegenstehen.
3
Die hiergegen gerichtete, auf die Rüge formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat im tenorierten Umfang Erfolg, im Übrigen ist sie unbegründet.

I.

4
Nach den Feststellungen des Landgerichts vermittelte der Angeklagte für den in den Vereinigten Staaten ansässigen E. Finanzprodukte, bei denen Anlegerauf der Grundlage eines Darlehensvertrages und einer von E. in Form eines Schuldscheins abgegebenen Rückzahlungsgarantie Geldbeträge unmittelbar auf Konten des E. überwiesen in der täuschungsbedingt irrigen Annahme, das Geld werde gewinnbringend angelegt. Tatsächlich erfolgte keine Geldanlage, sondern E. betrieb ein umfangreiches Schneeballsystem, in dem er „Ausschüttungen und Provisionszahlungen aus den Einlagen weiterer Anleger“ (UA S. 3) bediente. Die Anleger überwiesen die Anlagebeträge jeweils direkt auf Konten des E. , die „Provisionen wurden von E. anden Ange- klagten ausgekehrt“ (UA S. 6). Obwohl der Angeklagte seit März 2007 billigend in Kauf nahm, dass E. in dieser Weise verfährt und daher jedem Anleger der Totalverlust seiner Anlage droht, und obwohl ihm bewusst war, dass er keine Erlaubnis für Drittstaateneinlagenvermittlung nach § 32 Abs. 1 Satz 1, § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 5 KWG hatte, vermittelte er selbst an zehn, über Untervermittler an weitere 21 Geschädigte das von E. angebotenen „Finanzprodukt“. Die Vermittler bereicherten sich an dem von ihnen unmittelbar oder über Untervermittler mittelbar eingeworbenen Geldern in Form der ihnen zugeflossenen Provisionen (UA S. 6).
5
Die Strafkammer hat dies als elf tatmehrheitliche Fälle des Betruges gewertet (soweit sich der Angeklagte Untervermittler bediente, die er nicht über die von ihm erkannte Möglichkeit eines Totalverlustes für die Anleger informierte, ging die Strafkammer von einer Betrugstat aus), diese jeweils in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubtem Erbringen von Finanzdienstleistungen.

II.

6
Die Revision hat mit zulässig erhobener Verfahrensrüge wegen des Widerspruchs zwischen der Urteilsformel und den Urteilsgründen hinsichtlich des Gesamtstrafausspruchs Erfolg.
7
Die in der verkündeten Urteilsformel genannte Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten kann nicht bestehen bleiben.
8
Der Berichtigungsbeschluss vom 9. Juni 2011 ist unwirksam, denn das vom Landgericht angeführte Schreibversehen ist nicht offensichtlich. Enthalten die Urteilsgründe - wie hier - für sich genommen rechtlich einwandfreie Strafzumessungserwägungen kann ein die Strafhöhe betreffender Widerspruch zwischen der verkündeten Urteilsformel und Urteilsformel sowie -gründen des schriftlichen Urteils nicht als offenkundiges, für alle klar zu Tage tretendes Fassungsversehen aufgefasst werden, das einer nachträglichen Berichtigung zugänglich wäre (BGH, Beschluss vom 25. Mai 2007 - 1 StR 223/07 mwN). Es liegt auch keine Fallgestaltung vor, bei der ohne Weiteres deutlich wird, dass der Tatrichter seine Ausführungen zur Strafzumessung in Wirklichkeit nicht auf die im schriftlichen Urteil, sondern auf die verkündete Urteilsformel bezeichnete Strafe bezogen hat und dass diese Strafe trotz der anders lautenden Urteilsgründe dem Beratungsergebnis entspricht (BGH, Beschluss vom 8. Juni 2011 - 4 StR 196/11 mwN).
9
Wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, nötigt die bestehende Divergenz zwischen der Urteilsformel in dem allein maßgeblichen Sitzungsprotokoll (§ 274 StPO; vgl. BGH, Beschluss vom 9. Mai 2001 - 2 StR 42/01; BGH, Beschluss vom 4. Februar 1986 - 1 StR 643/85) und den Urteilsgründen nicht stets zur Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung. Der Senat kann hier ausschließen, dass das Tatgericht auf eine noch niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe als die von drei Jahren und sechs Monaten erkannt hätte, so dass der Senat auf diese niedrigere der beiden Strafen durcherkennt (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Oktober 2009 - 4 StR 340/09 mwN).

III.

10
Der Ausspruch nach § 111i Abs. 2 StPO ist auf die Sachrüge aufzuheben, da er von den Feststellungen nicht getragen wird. Einer Erörterung der insoweit erhobenen Verfahrensrüge bedarf es nicht.
11
1. Voraussetzung für die Anwendung des § 111i Abs. 2 StPO ist, dass das Gericht nur deshalb nicht auf Verfall, Verfall von Wertersatz oder erweiterten Verfall erkannt hat, weil Ansprüche eines Verletzten i.S.d. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB hindert eine Verfallsentscheidung aber nur dann, wenn der Täter oder Teilnehmer „aus der Tat” einen Vermögensvorteil erlangt hat und Gegenansprüche eines Verletzten bestehen; das „für die Tat” Erlangte unterliegt schon nach dem Gesetzeswortlaut dem Verfall hingegen ohne Rücksicht auf Ansprüche Verletzter (vgl. BGH, Beschluss vom 9. November 2010 - 4 StR 447/10 mwN; BGH, Urteil vom 8. Juni 1999 - 1 StR 210/99).
12
Die insoweit unklaren Feststellungen des Landgerichts erlauben dem Revisionsgericht nicht die Überprüfung, ob die dem Angeklagten im Tatzeitraum zugeflossenen Provisionen aus den zur Aburteilung gelangten Straftaten stam- men. „Aus der Tat” sind diejenigen Vermögenswerte erlangt, die dem Täter oder Teilnehmer unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestandes selbst in irgendeiner Phase des Tatablaufs zugeflossen sind (vgl. BGH, Urteil vom 16. Mai 2006 - 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 66; BGH, Urteil vom 22. Oktober 2002 - 1 StR 169/02; BGH, Beschluss vom 28. November 2000 - 5 StR 371/00). Um Vorteile „für die Tat” handelt es sich demgegenüber, wenn dieVermögenswerte dem Täter als Gegenleistung für sein rechtswidriges Tun gewährt werden, etwa wenn ein Lohn für die Tatbegehung gezahlt wird (vgl. BGH, Urteil vom 22. Oktober 2002 - 1 StR 169/02 mwN).
13
Ausgehend hiervon erweist sich die Formulierung in den Urteilsgründen, die Provisionen seien „aus der Tat des Angeklagten“ erlangt, weil sie „Entgelt für seine Vermittlungstätigkeit“ seien (UA S. 33), als widersprüchlich.
14
Dass die vom Angeklagten und dessen Untervermittlern geworbenen „Anleger“ das Geld jeweils direkt auf Konten des E. einbezahlthaben, steht der Annahme, dass die dann von E. an den Angeklagten „ausgekehrten“ (UA S. 6) Provisionen „aus der Tat“ stammen, grundsätzlich nicht entgegen. Denn Vermögenswerte sind nicht nur dann aus einer Tat erlangt, wenn sie dem Täter vom Opfer ohne weiteren Zwischenschritt zufließen. Dies ist auch gegeben, wenn der Vermögenswert zunächst - unbeschadet der zivilrechtlichen Besitzund Eigentumsverhältnisse - nur einem anderen Tatbeteiligten zufließt (vgl.
BGH, Urteil vom 22. Oktober 2002 - 1 StR 169/02; BGH, Urteil vom 12. August 2003 - 1 StR 127/03).
15
Der Senat neigt zu der Auffassung, dass das Erlangte auch dann aus der Tat stammt, wenn die den einzelnen Tatbeteiligten zugeflossenen Vermögens- werte aus einer in sich zwar nicht mehr differenzierbaren, aber mit „Gruppenwillen“ für alle Tatbeteiligten „gesammelten“ Gesamtmenge durch Betrug erlangter Vermögenswerte (dann als Teil der „Tatbeute“, vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 23. April 2009 - 5 StR 401/08) entnommen werden.
16
Gewichtiges aber nicht einziges Indiz hierfür wäre, wenn E. die Provi- sionszahlungen jeweils zeitnah zur Einzahlung der an ihn gezahlten „Anlegergelder“ gezahlt hätte. Feststellungen hierzu trifft die Strafkammer nicht und auch die Formulierungen in den Urteilsgründen, wonach E. die Provisionen aus den „Einlagen weiterer Anleger“ (UA S. 3) bediente und sich die Vermittler „an dem von ihnen unmittelbar oder im Rahmen der Hierarchiestufen mittelbar eingeworbenen Geld“ bereicherten (UA S. 6), belegen ein Erlangen „aus der Tat“ nicht hinreichend.
17
Sollte E. - was nach den genannten Formulierungen ebenfalls möglich erscheint - die Provisionen hingegen aus verschiedenartig erzielten Gesamteinnahmen (weil er beispielsweise nicht nur ein „Vermittlersystem“, dessen „Teil“ der Angeklagte war - vgl. UA S. 6 -, für sein betrügerisches Schneeballsystem einsetzte) auskehren, erwiesen sich die an den Angeklagten gezahlten Provisionen sowohl hinsichtlich des vom Angeklagten begangenen Betruges als auch hinsichtlich seiner unerlaubten Vermittlung von Finanzdienstleistungen als Zah- lung einer versprochenen Belohnung, wären mithin „für die Tat“ und nicht „aus der Tat“ erlangt.
18
2. Diese Unklarheit nötigt zur Aufhebung des Ausspruchs nach § 111i Abs. 2 StPO mitsamt den zugrunde liegenden Feststellungen, um darüber neu zu entscheiden (vgl. BGH, Beschluss vom 9. November 2010 - 4 StR 447/10 mwN). Die Sache ist deshalb insoweit zurückzuverweisen, da der Senat die erforderlichen Feststellungen nicht selbst treffen kann.
19
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat ergänzend darauf hin, dass eine Anordnung des Verfalls von Wertersatz nach §§ 73, 73a StGB für Erlöse aus nicht zur Aburteilung gelangten (z.B. weil nach § 154 StPO von der Verfolgung ausgenommene) Straftaten unzulässig ist (BGH, Beschluss vom 7. Januar 2003 - 3 StR 421/02, NStZ 2003, 422), dementsprechend sich auch der Ausspruch nach § 111i Abs. 2 StPO hinsichtlich solcher Provisionseinnahmen verbietet.
20
In Betracht käme - worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hinweist - hinsichtlich der gewerbsmäßig begangenen Betrugstaten - eine Anordnung von erweitertem Verfall gemäß § 73d StPO (vgl. § 263 Abs. 7 Satz 2 StGB). Nach dieser Vorschrift können Gegenstände eines an der rechtswidrigen Tat Beteiligten bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung der Vorschrift für verfallen erklärt werden, wenn das Tatgericht davon überzeugt ist, dass die von der Verfallsanordnung erfassten Gegenstände für rechtswidrige Taten oder aus ihnen unmittelbar erlangt worden sind, ohne dass diese im Einzelnen festgestellt werden müssen (BGH, Beschluss vom 7. Juli 2011 - 3 StR 144/11 mwN; BGH, Beschluss vom 22. November 1994 - 4 StR 516/94, BGHSt 40, 371; BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2004 - 2 BvR 564/95; weitere Nachweise bei Fischer, StGB, 58. Aufl., § 73d Rn. 5). An die tatrichterliche Überzeugung dürfen dabei keine überspannten Anforderungen gestellt werden (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juli 2004 - 1 StR 115/04), jedoch genügt allein der Hinweis nicht, dass „die Vermitt- lungstätigkeit insgesamt […] nach § 54 Abs. 1Nr. 2, § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG Gegenstand der Strafverfolgung“ sei (UA S. 33), zumal die Strafvorschriften nach dem KWG nicht auf § 73d StGB verweisen.
21
Der neue Tatrichter wird ferner Gelegenheit haben, zu berücksichtigen, dass jedenfalls die vom Angeklagten geleisteten Entschädigungszahlungen an die Tatopfer nach § 111i Abs. 2 Satz 4 Nr. 2 StPO bei der Bemessung des „Erlangten“ in Abzug zu bringen sind. Insoweit führt der Generalbundesanwalt zu- treffend aus: „Der Angeklagte hat jedoch die Tatopfer […] teilweise befriedigt, so dass insoweit ein krimineller Gewinn, der im Wege der Vermögensabschöpfung dem Angeklagten zu entziehen wäre, nicht mehr vorhanden ist. […] Die Überlegung der Strafkammer, wonach die bestehenden Schadensersatzansprüche die Entschädigungsleistungen übersteigen, hindert deren Abzugsfähigkeit nicht. Die Vorschriften des Verfalls dienen der Korrektur von Vermögensverschiebungen aufgrund von Straftaten und nicht insgesamt der Sicherung zivilrechtlicher Ansprüche.“

IV.

22
Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende Überprüfung des Urteils (dazu 1. und 2.) hat keinen weiteren den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben, auch die weitergehende Verfahrensrüge (dazu nachfolgend 3.) zeigt einen solchen nicht auf.
23
1. Die rechtsfehlerfreien Feststellungen tragen den Schuldspruch. Durch die aufgrund täuschungsbedingten Irrtums erfolgte Überweisung eines Anlagebetrages an E. erlitten die Geschädigten einen Schaden in Höhe der vollen Anlagesumme, weil die getätigte Anlage für sie wirtschaftlich völlig wertlos und verloren war; dieser Schaden wird nicht kompensiert durch die ungewisse - per se wertlose - Aussicht, möglicherweise Rückzahlungen aus den von E. zum Nachteil anderer begangenen Straftaten erlangten Geldern zu erhalten (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 - 1 StR 731/08; BGH, Beschluss vom 7. März 2006 - 1 StR 379/05). Der Strafzumessung hat die Strafkammer - zutreffend - die Differenz aus der Anlagesumme und den von E. geleisteten Zah- lungen als „letztlich verbleibenden“ Schaden zugrunde gelegt.
24
2. Die Bemessung der Einzelstrafen weist auch darüber hinaus im Ergebnis keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Das Vorliegen eines von der Strafkammer der Strafbemessung jeweils zugrunde gelegten besonders schweren Falles des Betruges i.S.d. § 263 Abs. 3 StGB - der Angeklagte handelte sowohl gewerbsmäßig als auch in der Absicht, eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen - wird durch die Feststellungen belegt und ist vorliegend derart offenkundig, dass es näherer Ausführungen dazu, ob die Indizwirkung eines Regelbeispiels durch besondere strafmildernde Umstände entkräftet worden sein könnte (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Mai 2011 - 1 StR 116/11 mwN), nicht bedurfte.
25
Soweit die Strafkammer - worauf der Generalbundesanwalt zutreffend hingewiesen hat - übersehen hat, dass hinsichtlich einzelner von Untervermittlern geworbener Geschädigter das Verfahren gemäß § 154a StPO beschränkt und nicht wieder aufgenommen worden war, schließt der Senat angesichts des insoweit festgestellten Gesamtschadens (ca. 845.000 €, 24.000 € davon von Verfahrenseinstellung betroffen) aus, dass die Kammer eine noch mildere als die Einzelfreiheitsstrafe von zwei Jahren verhängt hätte.
26
3. Soweit die Revision eine Verletzung des § 244 Abs. 6 StPO mit dem Vortrag geltend macht, ein Beweisantrag sei nicht verbeschieden worden, ist ihr der Erfolg versagt. Im Hinblick darauf, dass die Revision nicht mitteilt, dass dem Antrag durch Verlesung einer E-Mail teilweise entsprochen wurde, bestehen schon erhebliche Bedenken, ob diese Rüge den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügt (vgl. dazu auch BGH, Beschluss vom 1. April 2004 - 1 StR 101/04). Das Urteil kann aber jedenfalls nicht auf dem gerügten Rechtsfehler beruhen.
27
Mit dem Beweisantrag suchte die Verteidigung unter Beweis zu stellen, dass der Angeklagte die von ihm eingeschalteten Untervermittler nicht getäuscht habe. So habe der Angeklagte Untervermittler über Warnungen der Bayerischen Landesbank aufgeklärt und gegenüber dem Vermittler P. erklärt, dass er - der Angeklagte - „nicht bereit sei, irgendwelche Leute zu dem Investment zu drän- gen“ (RB S.13). Die Verteidigung hat u.a. die Einvernahme zweier Zeugen beantragt , die nach Warnhinweisen, allerdings von Banken, nicht mehr bereit gewesen seien, mit dem Vermittler P. abgeschlossene Verträge zu erfüllen und diesem gegenüber erklärt hätten, sie wollten die Verträge stornieren, was auch passiert sei. Die Revision macht - der Sache nach zutreffend - geltend, die Strafkammer habe weder die benannten Zeugen vernommen, noch den Antrag abschlägig durch Beschluss verbeschieden.
28
Der Revision ist darin zuzustimmen, dass dieser Antrag, wenn ihm die Strafkammer nicht nachgehen will und er sich nicht sonst erledigt hat (vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 28. Mai 2009 - 5 StR 191/09; BGH, Beschluss vom 7. April 2005 - 5 StR 532/04; BGH, Beschluss vom 3. Juni 1992 - 5 StR 175/92), eines ablehnenden Beschlusses gemäß § 244 Abs. 6 StPO bedurft hätte. Zwar ermangelt es dem Antrag an einer Darlegung, inwieweit die benannten Zeugen zu behaupteten Gesprächen zwischen dem Angeklagten und Untervermittlern etwas sagen könnten. Dies ist auch nicht aus dem Antrag (etwa durch Auslegung) zu entnehmen oder sonst offenkundig oder ersichtlich, so dass es überwiegend an der für einen i.S.d. § 244 Abs. 6 StPO verbescheidungsbedürftigen Beweisantrag erforderlichen Konnexität fehlt (vgl. BGH, Urteil vom 28. November 1997 - 3 StR 114/97, BGHSt 43, 329 f. mwN). Der Antrag enthält jedoch darüber hinaus eine hinreichend konkrete Behauptung dahingehend, die benannten Zeugen hätten sich in bestimmter Weise gegenüber dem Vermittler P. geäußert und die über diesen geschlossenen Verträgen storniert. Diesbezüglich bedurfte es keiner weiteren Darlegungen zur Konnexität, denn es verstand sich angesichts der Beweisbehauptungen von selbst, dass die benannten Zeuginnen zum Inhalt der betreffenden, von ihnen geführten Gespräche aus eigenem Wissen bekunden sollten und konnten (vgl. BGH, Beschluss vom 17. November 2009 - 4 StR 375/09).
29
Der Senat kann vorliegend aber ausschließen, dass das Urteil auf der unterlassenen Verbescheidung des Beweisantrags beruhen könnte; auch § 244 Abs. 2 StPO drängte die Kammer nicht zu entsprechenden Erhebungen. Ist ein Beweisantrag nicht oder rechtsfehlerhaft verbeschieden, ist es dem Revisionsgericht zwar grundsätzlich verwehrt, eine rechtsfehlerfreie Begründung nachzuliefern (vgl. BGH, Beschluss vom 28. August 2002 - 1 StR 277/02; BGH, Beschluss vom 2. August 2000 - 3 StR 154/00). Im Einzelfall kann indes ausgeschlossen werden, dass das Urteil auf einer fehlerhaften Antragsablehnung beruht, wenn etwa die - rechtsfehlerhaft, weil lediglich formelhaft angenommene - Bedeutungslosigkeit einer behaupteten Tatsache auf der Hand liegt (Fischer in KKStPO , 6. Aufl., § 244 Rn. 234 mwN). Nichts anderes kann für Fälle einer nicht nur floskelhaft sondern gänzlich fehlenden Ablehnungsbegründung gelten, jedenfalls wenn - wie hier - offenkundig ist, dass die konkrete Beweisbehauptung (Äußerungen und Verhalten der Zeugen) für das für den Strafvorwurf (Betrug zum Nachteil der über die Untervermittler eingeworbenen Anleger) einzig relevante Beweisthema (der Angeklagte habe die Untervermittler weder getäuscht noch kollusiv mit ihnen zusammengewirkt) ohne jede tatsächliche Bedeutung ist (vgl. für den ähnlich gelagerten Fall, dass die Beweisbehauptung mit dem angebotenen Beweismittel nicht zu beweisen ist, auch OLG Koblenz, Urteil vom 2. Februar 1995 - 1 Ss 349/94, OLGSt, StPO, § 244 Nr. 17). Eine Beeinträchtigung des Verteidigungsverhaltens durch einen unterbliebenen Zurückweisungsbeschluss kann der Senat hier ebenfalls ausschließen. Nack Rothfuß Elf Graf Jäger

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

(1) Ist jemandem aus der Tat ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen und wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Arrestschuldners eröffnet, so erlischt das Sicherungsrecht nach § 111h Absatz 1 an dem Gegenstand oder an dem durch dessen Verwertung erzielten Erlös, sobald dieser vom Insolvenzbeschlag erfasst wird. Das Sicherungsrecht erlischt nicht an Gegenständen, die in einem Staat belegen sind, in dem die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht anerkannt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für das Pfandrecht an der nach § 111g Absatz 1 hinterlegten Sicherheit.

(2) Sind mehrere Anspruchsberechtigte im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 vorhanden und reicht der Wert des in Vollziehung des Vermögensarrestes gesicherten Gegenstandes oder des durch seine Verwertung erzielten Erlöses zur Befriedigung der von ihnen geltend gemachten Ansprüche nicht aus, so stellt die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Arrestschuldners. Die Staatsanwaltschaft sieht von der Stellung eines Eröffnungsantrags ab, wenn begründete Zweifel daran bestehen, dass das Insolvenzverfahren auf Grund des Antrags eröffnet wird.

(3) Verbleibt bei der Schlussverteilung ein Überschuss, so erwirbt der Staat bis zur Höhe des Vermögensarrestes ein Pfandrecht am Anspruch des Schuldners auf Herausgabe des Überschusses. In diesem Umfang hat der Insolvenzverwalter den Überschuss an die Staatsanwaltschaft herauszugeben.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 215/10
vom
28. Oktober 2010
in der Strafsache
gegen
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
1. Bei einer Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO ist im Urteilstenor (nur)
der Vermögensgegenstand bzw. Geldbetrag zu benennen, den der Staat
unter den Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO unmittelbar oder als
Zahlungsanspruch erwirbt.
2. Bei der Bestimmung des Vermögensgegenstandes bzw. Zahlungsanspruchs
, der dem Auffangrechtserwerb des Staates unterliegt, ist bei mehreren
Tätern und/oder Teilnehmern von deren gesamtschuldnerischer
Haftung auszugehen, wenn und soweit sie zumindest Mitverfügungsmacht
an dem aus der Tat erzielten Vermögenswert hatten.
3. Die Anwendung der Härtevorschrift des § 73c Abs. 1 StGB kann zur Folge
haben, dass gegen mehrere Täter und/oder Teilnehmer unterschiedlich
hohe Feststellungen nach § 111i Abs. 2 StPO getroffen werden müssen.
BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 – 4 StR 215/10 – LG Hagen
1.
2.
3.
wegen schweren Raubes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 28. Oktober
2010, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
die Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Dr. Franke,
Dr. Mutzbauer
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten T. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten Y. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten T. und Y. wird das Urteil des Landgerichts Hagen vom 2. November 2009 aufgehoben, soweit dort hinsichtlich dieser Angeklagten sowie des Angeklagten M. festgestellt ist, "dass der Anordnung des Verfalls bzw. des Verfalls des Wertersatzes des aus der Tat erlangten Betrages von 26.000,00 Euro Ansprüche der Verletzten entgegenstehen". 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel der Angeklagten T. und Y. , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehenden Revisionen der Angeklagten T. und Y. werden verworfen. 4. Die Revision des Angeklagten I. wird verworfen. Er hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagten T. und Y. sowie den nicht Revision führenden Mitangeklagten M. des schweren Raubes und die Angeklagten I. sowie Ye. der Beihilfe zum schweren Raub schuldig gesprochen. Es hat den Angeklagten T. zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und zehn Monaten, den Angeklagten Y. zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und acht Monaten und den Angeklagten I. zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten - bei Aussetzung der Vollstreckung zur Bewährung - verurteilt. Ferner hat es festgestellt, dass "der Anordnung des Verfalls bzw. des Verfalls des Wertersatzes des aus der Tat erlangten Betrages von 26.000,00 Euro Ansprüche der Verletzten entgegenstehen". Gegen ihre Verurteilungen richten sich die auf die Sachrüge gestützten Revisionen der Angeklagten T. , Y. und I. ; der Angeklagte I. beanstandet zudem das Verfahren. Die Rechtsmittel der Angeklagten T. und Y. haben hinsichtlich des Ausspruchs gemäß § 111i Abs. 2 StPO Erfolg; insofern ist die Aufhebung des Urteils auf den Mitangeklagten M. zu erstrecken. Im Übrigen sind diese Revisionen unbegründet. Das Rechtsmittel des Angeklagten I. hat insgesamt keinen Erfolg.

I.


2
1. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen planten die Angeklagten T. , Y. und M. , im "Café " in Hagen, in dem - wie sie wussten - dem illegalen Glücksspiel nachgegangen wurde, einen Überfall zu begehen. Die Angeklagten I. und Ye. beteiligten sich an der Planung, indem sie ihre Orts- und Personenkenntnisse einbrachten. Hierfür sollten sie - wie auch die den Überfall unmittelbar ausführenden Angeklagten T. , Y. und M. - einen Anteil an der Beute erhalten.
3
Entsprechend dem gemeinsamen Plan betraten die Angeklagten T. , Y. und M. am 24. Januar 2009 nach 3.45 Uhr das Café. Der Angeklagte Y. , der eine Schusswaffe oder einen einer Schusswaffe täuschend ähnlich sehenden Gegenstand in der Hand hielt, rief "Überfall" und forderte die vier anwesenden Personen auf, sich auf den Boden zu legen. Anschließend durchsuchten die Angeklagten T. und M. die am Boden Liegenden und nahmen einem Gast 22.000 €, einem anderen 3.500 € und dem Betreiber des Ca- fés 500 € ab. Sodann verließen sie das Café, trafen sich mit dem Angeklagten Ye. und fuhren gemeinsam nach Köln und Duisburg.
4
Ob und gegebenenfalls wie die Angeklagten das erbeutete Geld im Einzelnen untereinander aufgeteilt haben, vermochte die Strafkammer nicht festzustellen. Sie geht jedoch davon aus, dass der Angeklagte T. aus der Beute mindestens einen Betrag von 5.500 Euro erhalten hat.
5
2. Die Strafkammer hat gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB von der Anordnung des Verfalls von Wertersatz wegen der Ansprüche der Verletzten abgesehen. Hierzu hat sie in den Urteilsgründen ausgeführt (UA 48): Nach Würdigung der Kammer wäre ohne die Ansprüche der Geschädigten ein Verfall von Wertersatz nach §§ 73 Abs. 1 S. 1, 73a S. 1 StGB in Betracht gekommen, und zwar nicht nur gegenüber den Angeklagten T. und M. hinsichtlich der Beträge, die sie jeweils eigenhändig den verschiedenen Geschädigten abnahmen und über die sie somit - jedenfalls vorübergehend - die faktische Verfügungsgewalt ausübten. Vielmehr geht die Kammer davon aus, dass nach einer wertenden Gesamtbetrachtung zumindest die den Überfall ausführenden drei Angeklagten Mitverfügungsgewalt an der erbeuteten Summe hatten: Sie waren während der Wegnahme gemeinschaftlich vor Ort, führten die Tat im unmittelbaren Zusammenwirken gemeinsam aus und wollten die erbeutete Summe sodann aufteilen.
6
3. Auf die lediglich mit nicht ausgeführten Rügen begründeten Revisionen der Angeklagten I. , T. und Y. hin beantragte der Generalbundesanwalt Termin zur Hauptverhandlung zu bestimmen. Er hat Bedenken gegen die vom Landgericht nach § 111i Abs. 2 StPO getroffene Entscheidung und meint unter anderem, dass es sachgerecht sei, Mittäter nicht als Gesamtschuldner , sondern nur in Höhe des von ihnen jeweils selbst erlangten Betrags - den er mit 5.500 € angibt - haften zu lassen. Zudem enthalte das Urteil keine konkreten Feststellungen zur Mitverfügungsgewalt aller Mittäter an der (Gesamt -)Beute; auch sei § 73c StGB nicht erörtert.

II.


7
Die Rechtsmittel der Angeklagten T. und Y. sind unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO, soweit sie sich gegen die Schuld- und Strafaussprüche richten. Hinsichtlich der Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO haben sie dagegen Erfolg. Diese Feststellung begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken, weil die Strafkammer § 73c Abs. 1 StGB nicht bedacht hat. Die aus diesem Grund gebotene Aufhebung des Urteils zugunsten der Angeklagten T. und Y. ist gemäß § 357 StPO auf den Mitangeklagten M. zu erstrecken.
8
Will der Tatrichter eine Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 Satz 1 StPO treffen, so hat er nicht nur das Erlangte (§ 111i Abs. 2 Satz 2 StPO) bzw. den Geldbetrag, der dem Wert des Erlangten entspricht (§ 111i Abs. 2 Satz 3 StPO), zu ermitteln, sondern - im Falle einer schon im Urteilszeitpunkt feststehenden Abweichung - auch den Vermögensgegenstand bzw. Geldbetrag zu benennen, den der Staat unter den Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO unmittelbar oder als Zahlungsanspruch erwirbt. Diesen dem Auffangrechtserwerb des Staates unterliegenden Vermögenswert muss der Tatrichter im Urteilstenor bezeichnen. Bei der Bestimmung des Vermögensgegenstandes bzw. Zahlungsanspruchs, der dem Staat unter den Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO zufällt, ist bei mehreren Tätern und/oder Teilnehmern von deren gesamtschuldnerischer Haftung auszugehen, wenn und soweit sie zumindest Mitverfügungsmacht an dem aus der Tat erzielten Vermögenswert hatten. Zudem ist § 73c Abs. 1 StGB zu beachten. Diese Vorschrift ist auch in den Fällen der gesamtschuldnerischen Haftung mehrerer Täter und/oder Teilnehmer anwendbar ; sie kann zur Folge haben, dass gegen sie - auch in verschiedenen Urteilen - in Bezug auf den dem Auffangrechtserwerb des Staates unterliegenden Vermögenswert unterschiedlich hohe Feststellungen nach § 111i Abs. 2 StPO getroffen werden, für die sie - entsprechend "ihrer" Feststellung - als Gesamt- und teilweise auch als Alleinschuldner in Anspruch genommen oder betroffen werden.
9
1. Der Tatrichter hat, sofern er eine Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 Satz 1 StPO trifft, das aus der Tat Erlangte bzw. den Geldbetrag, der dem Wert des Erlangten entspricht, zu ermitteln und im Urteil zu bezeichnen.
10
Diese Verpflichtung folgt unmittelbar aus § 111i Abs. 2 Sätze 2, 3 StPO. Dabei ist - wie sich schon aus den übereinstimmend verwendeten Formulierungen ergibt - das "Erlangte" bzw. der "Geldbetrag, der dem Wert des Erlangten entspricht", in demselben Sinn zu verstehen wie in § 73 Abs. 1 Satz 1 bzw. § 73a Satz 1 StGB. Auch die Regelung in § 111i Abs. 2 Satz 4 StPO, mit der bestimmt wird, welche Abzüge vom Erlangten bzw. dem entsprechenden Geldbetrag vorgenommen werden dürfen, belegt, dass der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, dass das Erlangte ungeschmälert und in voller Höhe - mithin wie nach §§ 73, 73a StGB ermittelt - anzugeben ist (vgl. auch BT-Drucks. 16/700 S. 16).
11
Die Bezeichnung des in diesem Sinn Erlangten bzw. des entsprechenden Geldbetrages im Urteilstenor ist indes nur in den Fällen unerlässlich, in denen dieser Vermögenswert unverändert dem Auffangrechtserwerb des Staates unterliegen kann, sich Abweichungen also lediglich aus § 111i Abs. 5 Satz 1 StPO ergeben können.
12
2. Der Vermögensgegenstand bzw. Geldbetrag, den der Staat bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO unmittelbar oder als Zahlungsanspruch erwirbt, kann jedoch schon im Zeitpunkt des Urteils vom Erlangten oder dem Geldbetrag, der dem Wert des Erlangten entspricht, abweichen. In einem solchen Fall muss (allein) dieser Vermögensgegenstand oder Geldbetrag im Tenor des Urteils bezeichnet werden.
13
a) Eine solche Abweichung kann sich schon aus § 111i Abs. 2 Satz 4 StPO ergeben, nach dem beispielsweise eine (teilweise) Befriedigung des Verletzten vom Erlangten bzw. dessen Wert "in Abzug zu bringen" ist und allein der dann noch verbleibende Vermögenswert dem Auffangrechtserwerb des Staates unterliegt.
14
Daneben kann eine Minderung des Erlangten bzw. des entsprechenden Geldbetrags aber auch auf der Anwendung der Härtevorschrift des § 73c StGB beruhen.
15
Es entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass § 73c Abs. 1 StGB im Rahmen der nach § 111i Abs. 2 StPO zu treffenden Entscheidung zu berücksichtigen ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 5. August 2010 - 2 StR 254/10; vom 18. Dezember 2008 - 3 StR 460/08, wistra 2009, 241, 242; vom 7. September 2010 - 4 StR 393/10). Hiervon geht auch der Gesetzgeber aus (BT-Drucks. 16/700 S. 16: "Die fakultative Ausgestaltung [des § 111i Abs. 2 StPO] trägt zudem der Beachtung der Härtefallregelung des § 73c StGB Rechnung" ). Die Anwendbarkeit von § 73c StGB in Zusammenhang mit der Feststel- lung gemäß § 111i Abs. 2 StPO steht aber auch in Einklang mit dem Wortlaut dieser Vorschrift. Denn nach § 111i Abs. 2 Satz 1 StPO ist die Feststellung, dass Ansprüche eines Verletzten im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB dem Verfall entgegenstehen, auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen "lediglich" aus diesem Grund nicht auf den Verfall erkannt wird. Steht indes schon oder auch die Anwendung der Härtefallregelung des § 73c Abs. 1 StGB dem Verfall entgegen, so beruht dessen (teilweise) Nicht-Anordnung nicht "lediglich" auf den entgegenstehenden Ansprüchen Verletzter. Die Erwägung des Gesetzgebers , dass das Gericht nicht "nur teilweise Feststellungen nach Absatz 2 treffen, also etwa nach seinem Ermessen Abschläge der Höhe nach vornehmen kann, weil dies die Interessen Verletzter in unangemessener Weise beeinträchtigen würde" (BT-Drucks. 16/700 S. 16), ist deshalb - wie auch der unmittelbar voranstehende Hinweis auf § 73c StGB zeigt - ersichtlich darauf bezogen, dass das Gericht von dem Vermögenswert, der "lediglich" wegen Ansprüchen Verletzter nicht dem Verfall unterliegt, keine (weiteren) Abschläge nach seinem Ermessen vornehmen darf. Zudem ist - zumal berechtigte Interessen des Verletzten hiervon nicht berührt werden - eine sachliche Rechtfertigung dafür nicht erkennbar, den oder die vom Verfall betroffenen Angeklagten im Hinblick auf die Anwendbarkeit von § 73c Abs. 1 StGB danach unterschiedlich zu behandeln, ob der Verfall und seine Wirkungen unmittelbar mit Rechtskraft des Urteils eintreten oder sich der (Auffang-)Rechtserwerb des Staates erst nach Ablauf von drei Jahren vollzieht.
16
b) Sofern der Vermögenswert, den der Staat bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO unmittelbar oder als Zahlungsanspruch erwirbt , schon nach dem Ergebnis der tatrichterlichen Hauptverhandlung vom Erlangten bzw. dem Geldbetrag, der dem Wert des Erlangten entspricht, abweicht , muss (allein) er im Urteilstenor bezeichnet werden.

17
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in seiner Entscheidung vom 17. Februar 2010 (2 StR 524/09, NJW 2010, 1685, 1686) dargelegt, dass die materiell-rechtliche Grundlage für den eventuellen späteren Auffangrechtserwerb aus dem Urteilstenor erkennbar sein soll. Dies erfordert die Angabe des von dem Auffangrechtserwerb gegebenenfalls betroffenen Vermögenswerts. Dementsprechend ist auch der Gesetzgeber davon ausgegangen, "dass das Gericht im Rahmen der [nach § 111i Abs. 2 StPO] zu treffenden Feststellung die einzelnen 'Verfallsgegenstände' bezeichnen muss … [bzw.] den Betrag anzugeben [hat], der dem 'Wertersatzverfall' entspricht" (BT-Drucks. 16/700 S. 16); hiermit "gibt es den Rahmen des möglichen späteren Auffangrechtserwerbs vor" (BT-Drucks. aaO S. 15).
18
3. Bei der Feststellung des dem Auffangrechtserwerb des Staates gemäß § 111i Abs. 5 StPO unterliegenden Vermögenswerts ist bei mehreren Tätern und/oder Teilnehmern, auch wenn die Feststellungen in verschiedenen Urteilen getroffen werden, von deren gesamtschuldnerischer Haftung auszugehen , wenn und soweit sie zumindest Mitverfügungsmacht an dem aus der Tat erzielten Vermögenswert hatten. Mit einer solchen Haftung mehrerer als Gesamtschuldner verbundene Härten können aber - für jeden Mittäter oder Teilnehmer gesondert - durch die Anwendung von § 73c StGB ausgeglichen werden.
19
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Vermögenswert aus der Tat erlangt im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB, wenn er dem Täter oder Teilnehmer unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestands in irgendeiner Phase des Tatablaufs zugeflossen ist (BGH, Urteile vom 30. Mai 2008 - 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 246; vom 29. Juni 2010 - 1 StR 245/09), er an ihm also unmittelbar aus der Tat (tatsächliche, aber nicht notwendig rechtliche ) Verfügungsmacht gewonnen und dadurch einen Vermögenszuwachs erzielt hat (vgl. BGH, Urteil vom 16. Mai 2006 - 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 68; Beschluss vom 21. Oktober 2008 - 4 StR 437/08, NStZ 2010, 85; Urteil vom 4. Februar 2009 - 2 StR 504/08, JZ 2009, 1124 m. Anm. Rönnau m.w.N.). Bei mehreren Tätern und/oder Teilnehmern genügt insofern, dass sie zumindest eine faktische bzw. wirtschaftliche Mitverfügungsmacht über den Vermögensgegenstand erlangt haben (ständige Rechtsprechung; vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 10. Januar 2008 - 5 StR 365/07, NStZ 2008, 565, 566; vom 27. Mai 2008 - 3 StR 50/08, NStZ 2008, 623; vom 30. Mai 2008 - 2 StR 174/08, NStZ-RR 2008, 287; Urteile vom 30. Mai 2008 - 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 256; vom 26. März 2009 - 3 StR 579/08, NStZ 2010, 86, 87; Beschlüsse vom 12. Mai 2009 - 4 StR 102/09, NStZ-RR 2009, 320; vom 9. Februar 2010 - 3 StR 17/10, StraFo 2010, 257). Unerheblich ist dagegen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Täter oder Teilnehmer eine unmittelbar aus der Tat gewonnene (Mit-)Verfügungsmacht später aufgegeben hat, ob also der aus der Tat zunächst erzielte Vermögenszuwachs durch Mittelabflüsse gemindert wurde (vgl. BGH, Urteile vom 16. Mai 2006 - 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 68, 72; vom 30. Mai 2008 - 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 252; vom 4. Februar 2009 - 2 StR 504/08, JZ 2009, 1124, 1125 m. Anm. Rönnau).
20
An dieser - von der herrschenden Lehre geteilten (vgl. LK-Schmidt, StGB, 12. Aufl., § 73 Rn. 29, 32; MünchKomm StGB/Jaecks, § 73 Rn. 32; SSWStGB /Burghart, § 73 Rn. 15; Eser in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 73 Rn. 15) - Rechtsprechung hält der Senat fest (vgl. auch BVerfG, Beschlüsse vom 14. Juni 2004 - 2 BvR 1136/03, wistra 2004, 378, 382; vom 3. Mai 2005 - 2 BvR 1378/04, BVerfGK 5, 217, 221; vom 29. Mai 2006 - 2 BvR 820/06, BVerfGK 8, 143, 147).

21
b) Bereits auf dieser Grundlage ist bei der Anordnung von Verfall oder Verfall von Wertersatz bei mehreren Tätern und/oder Teilnehmern, die an demselben Vermögenswert unmittelbar aus der Tat (Mit-)Verfügungsmacht gewonnen haben, von einer gesamtschuldnerischen Haftung auszugehen, um zu ermöglichen , dass den Tätern oder Teilnehmern das aus der Tat Erlangte entzogen wird, aber zugleich zu verhindern, dass dies mehrfach erfolgt.
22
Eine solche gesamtschuldnerische Haftung entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. Beschluss vom 1. Juni 1995 - 1 StR 181/95; Urteil vom 4. Juni 1996 - 1 StR 235/96; Beschlüsse vom 13. November 1996 - 3 StR 482/96, NStZ-RR 1997, 262; vom 10. September 2002 - 1 StR 281/02, NStZ 2003, 198, 199; Urteil vom 29. April 2004 - 4 StR 586/03, NStZ 2005, 454, 455; Beschluss vom 11. Oktober 2005 - 1 StR 344/05; Urteil vom 16. Mai 2006 - 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 71; Beschlüsse vom 27. Mai 2008 - 3 StR 50/08, NStZ 2008, 623; vom 21. Oktober 2008 - 4 StR 437/08, NStZ 2010, 85; Urteil vom 26. März 2009 - 3 StR 579/08, NStZ 2010, 86, 87; Beschlüsse vom 12. Mai 2009 - 4 StR 102/09, NStZ-RR 2009, 320; vom 2. Juli 2009 - 3 StR 192/09; zu § 73 Abs. 3 StGB auch Urteil vom 30. Mai 2008 - 1 StR 166/07, BGHSt 52, 227, 253).
23
Auch der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass die Gerichte beim Verfall von Wertersatz gegen mehrere an der Tat Beteiligte "auch ohne ausdrückliche Vorschrift die gesamtschuldnerische Haftung der Beteiligten aussprechen werden" (BT-Drucks. IV/650 S. 245). Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen hiergegen nicht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 2004 - 2 BvR 1136/03, wistra 2004, 378, 382).
24
Die vom Generalbundesanwalt und Teilen des Schrifttums (etwa LKSchmidt aaO § 73 Rdn. 72; Rönnau JZ 2009, 1125, 1127; Spillecke NStZ 2010, 569 jeweils m.w.N.) gegen eine gesamtschuldnerische Haftung mehrerer Täter und/oder Teilnehmer erhobenen Einwände teilt der Senat nicht. Jedoch lässt er dahingestellt, ob - wie in einigen Entscheidungen ausgeführt - eine gesamtschuldnerische Haftung zudem über eine Zurechnung nach den Grundsätzen der Mittäterschaft in Betracht kommt, wenn sich die Beteiligten (lediglich) darüber einig waren, dass sie Mitverfügungsmacht haben sollten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 10. September 2002 - 1 StR 281/02, NStZ 2003, 198, 199; vom 13. Dezember 2006 - 4 StR 421/06, NStZ-RR 2007, 121; vom 21. Oktober 2008 - 4 StR 437/08, NStZ 2010, 85; vom 27. April 2010 - 3 StR 112/10, NStZ 2010, 568 m. Anm. Spillecke).
25
Nach dem Willen des Gesetzgebers dienen die Vorschriften der §§ 73 ff. StGB der Abschöpfung deliktisch erzielter Vermögensvorteile; dem Täter soll nicht das belassen werden, was er aus der Tat unrechtmäßig erlangt hat, da dies als Anreiz für die Begehung weiterer entgelt- und gewinneinbringender Straftaten wirken kann (vgl. BT-Drucks. 16/700 S. 1; BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2004 - 2 BvR 564/95, BVerfGE 110, 1, 16 m.w.N.). Das Ziel einer effektiven Gewinnabschöpfung (vgl. Sotiriadis, Die Entwicklung der Gesetzgebung über Gewinnabschöpfung und Geldwäsche, 2010, dort z.B. S. 464, 468, 472 f.) würde indes ohne eine gesamtschuldnerische Haftung mehrerer Täter und/oder Teilnehmer für die von ihnen aus der Tat zumindest im Sinne einer Mitverfügungsmacht erlangten Vermögenswerte verfehlt werden. Denn Mittäter könnten "die Verfallerklärung gegen jeden von ihnen [schon] dadurch vereiteln, dass sie Angaben darüber verweigern, in welchem Verhältnis sie die Bestechungsgelder untereinander aufgeteilt haben", wenn der Tatrichter verpflichtet wäre, den Verfall oder den Verfall von Wertersatz auf den Beuteanteil zu be- schränken, den der jeweilige Mittäter letztlich erwiesenermaßen erhalten hat (so bereits BGH, Urteil vom 30. April 1957 - 1 StR 287/56, BGHSt 10, 237, 245; vgl. auch da Rosa NJW 2009, 1702, 1703).
26
Dem steht nicht entgegen, dass hierbei dem (Mit-)Täter mehr entzogen werden könnte, als er - nachdem er zunächst in größerem Umfang (Mit-)Verfügungsmacht hatte - letztlich als seinen Anteil an der Tatbeute "erlangt" hat. Nach der Rechtsprechung ist der Verfall keine Strafe (BVerfG, Beschlüsse vom 14. Januar 2004 - 2 BvR 564/95, BVerfGE 110, 1, 14 f., 16, 19; vom 14. Juni 2004 - 2 BvR 1136/03, wistra 2004, 378, 381; ferner BGH, Urteil vom 16. Mai 2006 - 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 67), sondern weist dem Täter oder Teilnehmer - in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise - "wirtschaftliche Verlustrisiken" zu (BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2004 - 2 BvR 564/95, BVerfGE 110, 1, 21). Diese werden indes dadurch verringert, dass ihm die Durchführung eines Gesamtschuldnerausgleichs nach § 426 BGB mit den weiteren Mittätern oder Teilnehmern offensteht. Zur Erreichung des Präventionszwecks der §§ 73 ff. StGB ist es gerechtfertigt, diesen Innenausgleich den Tatbeteiligten zu überlassen und hinzunehmen, dass zuvor einzelnen von ihnen mehr entzogen wird, als sie letztlich erlangt haben (SSW-StGB/Burghart, § 73 Rn. 41; da Rosa NJW 2009, 1702, 1705 f.).
27
Mit der gesamtschuldnerischen Haftung von Mittätern und/oder Teilnehmern ist zudem gewährleistet, dass der Staat den Gesamtanspruch nur einmal erhält. Dem muss im Rahmen der Anwendung der §§ 111b ff. StPO Rechnung getragen werden (vgl. dazu etwa da Rosa NJW 2009, 1702, 1703 ff.; Podolsky/Brenner, Vermögensabschöpfung im Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren , 2010, S. 44). Gerade der Zusammenhang zwischen §§ 73 ff. StGB und §§ 111b ff. StPO legt die gesamtschuldnerische Haftung nahe. Denn die Vorschriften der §§ 111b ff. StPO bezwecken auch den Schutz des Opfers (BT-Drucks. 16/700 S. 1; Sotiriadis aaO S. 466), dessen Zugriffsmöglichkeiten nach diesen Vorschriften indes regelmäßig (zumindest auch) die ihm gegenüber bestehende gesamtschuldnerische Haftung der Täter und/oder Teilnehmer (§§ 830, 840 Abs. 1 BGB) zur Grundlage haben. Dem entspricht es, dass der Gesetzgeber bei der hier in Frage stehenden Anordnung nach § 111i Abs. 2 StPO verhindern wollte, dass - etwa dem Vorschlag des Generalbundesanwalts im vorliegenden Fall folgend, die Mittäter jeweils nur in Höhe von 5.500 € zu belasten - der Tatrichter "nach seinem Ermessen Abschläge der Höhe nach … [vornimmt], weil dies die Interessen Verletzter in unangemessener Weise beeinträchtigen würde" (BT-Drucks. 16/700 S. 16).
28
Vor diesem Hintergrund steht der Annahme einer gesamtschuldnerischen Haftung die nach Einführung des Bruttoprinzips ohnehin zweifelhafte (vgl. Sotiriadis aaO S. 166 ff.) Anknüpfung an die "Sichtweise des zivilrechtlichen Bereicherungsrechts" (BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2004 - 2 BvR 564/95, BVerfGE 110, 1, 20 ff.) nicht entgegen, bei dem eine gesamtschuldnerische Haftung jedenfalls im Anwendungsbereich des § 812 BGB grundsätzlich nicht in Betracht kommt (vgl. BGH, Urteil vom 19. Januar 2001 - V ZR 437/99, BGHZ 146, 298, 309 m.w.N.).
29
c) Jedoch können auch bei Haftung mehrerer als Gesamtschuldner etwaige Härten durch die Anwendung von § 73c StGB ausgeglichen werden.
30
§ 73c StGB ist - wie oben ausgeführt - im Rahmen der nach § 111i Abs. 2 StPO zu treffenden Feststellung, welcher Vermögenswert dem Auffangrechtserwerb des Staates unterliegt, anwendbar. Dies kann - abhängig insbesondere von den jeweiligen persönlichen Verhältnissen der Tatbeteiligten (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2008 - 3 StR 460/08, wistra 2009, 241, 242) zur Folge haben, dass bei mehreren Tätern und/oder Teilnehmern unterschiedlich hohe Vermögenswerte gemäß § 111i Abs. 2 StPO festzustellen sind. Zudem entspricht es der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass "Mittelabflüsse" - etwa durch eine Beuteteilung - im Rahmen der Prüfung der Härtevorschrift des § 73c StGB von Bedeutung sein können (BGH, Urteil vom 16. Mai 2006 - 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 68, 72; Beschluss vom 10. Januar 2008 - 5 StR 365/07, NStZ 2008, 565, 566), dass also die Weitergabe des zunächst Erlangten bei § 73c StGB Berücksichtigung finden kann, wenn kein - ausreichendes - Vermögen mehr vorhanden ist oder eine Verfallsanordnung eine unbillige Härte wäre (BGH, Urteil vom 12. August 2003 - 1 StR 127/03). Nichts anderes gilt im Fall einer Haftung mehrerer Täter und/oder Teilnehmer als Gesamtschuldner.
31
4. Auf dieser Grundlage begegnet es zwar an sich keinen Bedenken, dass das Landgericht im Rahmen der Entscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO das von den Angeklagten T. , Y. und M. aus der Tat Erlangte mit insgesamt 26.000 € festgestellt hat. Insofern hat der Senat - anders als der Generalbundesanwalt - insbesondere keine Bedenken gegen die Annahme, diese die Tat unmittelbar ausführenden Angeklagten hätten noch am Tatort an der gesamten Beute (Mit-)Verfügungsmacht erlangt. Der Senat entnimmt jedoch den Ausführungen der Strafkammer, dass sie mit dieser Feststellung nicht (nur) das von diesen Angeklagten Erlangte, sondern den Betrag bezeichnen wollte, der bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO dem Auffang- rechtserwerb des Staates unterliegt. Die hierbei schon angesichts der festgestellten persönlichen Verhältnisse dieser Angeklagten gebotene Prüfung des § 73c StGB hat das Landgericht indes unterlassen und "allein" wegen der Ansprüche der Verletzten auf die Anordnung des Verfalls verzichtet (UA 48). Der Senat hebt deshalb diese Entscheidung insgesamt auf. Einer Aufhebung der ihr zugrunde liegenden Feststellungen bedarf es dagegen nicht, da diese rechtsfehlerfrei getroffen wurden; Ergänzungen - etwa zur weiteren Entwicklung der persönlichen Verhältnisse der Angeklagten - sind hierzu zulässig.
32
Nach § 357 Satz 1 StPO ist die Aufhebung des Urteils auf den nicht Revision führenden Mitangeklagten M. zu erstrecken, denn auch bei ihm beruht die Entscheidung nach § 111i Abs. 2 StPO auf dem oben aufgezeigten sachlich -rechtlichen Mangel. Dem steht nicht entgegen, dass die Frage, ob wegen einer unbilligen Härte (§ 73c Abs. 1 Satz 1 StGB) oder aufgrund einer Ermessensentscheidung (§ 73c Abs. 1 Satz 2 StGB) von der Anordnung des Verfalls abzusehen ist, auf individuellen Erwägungen beruht, deren Beantwortung ganz wesentlich von den persönlichen Verhältnissen des jeweils Betroffenen abhängt (BGH, Beschluss vom 10. Januar 2008 - 5 StR 365/07, NStZ 2008, 565, 567). Denn der Rechtsfehler liegt vorliegend schon darin, dass die Strafkammer ersichtlich von der (grundsätzlichen) Unanwendbarkeit des § 73c StGB im Rahmen der nach § 111i Abs. 2 StPO zu treffenden Feststellung ausgegangen ist (vgl. auch BGH, Beschluss vom 27. April 2010 - 3 StR 112/10, NStZ 2010, 568, 569 m. Anm. Spillecke).
33
5. Für das weitere Verfahren und im Hinblick auf die Ausführungen des Generalbundesanwalts in der Antragsschrift vom 1. Juni 2010 (dort S. 7, 8) weist der Senat auf Folgendes hin:
34
Bei einer Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO gegen nur einen Teil der Angeklagten oder gegen mehrere Angeklagte in unterschiedlicher Höhe ist es geboten, im Urteilstenor die von der Feststellung betroffenen Angeklagten und - ihnen zugeordnet - den oder die Vermögenswerte zu bezeichnen, die gemäß § 111i Abs. 5 StPO dem Auffangrechtserwerb des Staates unterliegen können. Dies kann - bei unterschiedlich hohen Beträgen - etwa wie folgt formuliert werden: "Es wird festgestellt, dass gegen den Angeklagten … wegen eines Geldbetrages in Höhe von …, gegen den Angeklagten … wegen eines Geldbetrages in Höhe von … und gegen den Angeklagten … wegen eines Geldbetrages in Höhe von … lediglich deshalb nicht auf Verfall erkannt wird, weil Ansprüche Verletzter entgegenstehen."
35
Eine nähere Bezeichnung des oder der Verletzten und der ihnen zustehenden Ansprüche ist im Urteilstenor dagegen nicht geboten (Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 111i Rn. 9 m.w.N.). Auch die Kennzeichnung der Haftung des oder der Angeklagten als Gesamtschuldner muss nicht in den Urteilstenor aufgenommen werden, um den Urteilstenor von allem freizuhalten, was nicht unmittelbar der Erfüllung seiner Aufgaben dient (Meyer-Goßner aaO § 260 Rn. 20 m.w.N.). Insofern genügt vielmehr - auch bei gesamtschuldnerischer Haftung mit in anderen Verfahren oder noch nicht abgeurteilten Mittätern oder Teilnehmern -, dass sich diese (soweit möglich) aus den Urteilsgründen ergibt. Denn in den Fällen der gesamtschuldnerischen Haftung kann erst das nach § 111i Abs. 6 StPO zur Entscheidung berufene Gericht einen Vermögenszuwachs auf Seiten des Staates verhindern, der das von den Tätern und Teilnehmer Erlangte übersteigt, und beurteilen, ob und gegebenenfalls welche (möglicherweise erst später bekannt gewordenen) Gesamtschuldner in welcher Höhe haften und ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Verletzte - etwa durch Leistungen eines anderen Gesamtschuldners - im Sinne des § 111i Abs. 5 Satz 1 StPO befriedigt wurde.
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Ausführungen zu durchgeführten und/oder aufrecht erhaltenen Arrestund Vollstreckungsmaßnahmen sind dagegen auch in den Urteilsgründen regelmäßig entbehrlich (vgl. BGH, Beschlüsse vom 9. Februar 2010 - 3 StR 17/10, StraFo 2010, 257; vom 17. Februar 2010 - 2 StR 524/09, NJW 2010, 1685, 1686).

III.


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Die Revision des Angeklagten I. ist insgesamt unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Er ist - wie auch der Mitangeklagte Ye. - von der Feststellung gemäß § 111i Abs. 2 StPO nicht betroffen, da sich diese ausweislich der Gründe des angefochtenen Urteils allein auf die Mittäter, nicht aber die Gehilfen des Raubes bezieht.
Ernemann Solin-Stojanović Cierniak
Franke Mutzbauer