Bundesgerichtshof Urteil, 12. März 2015 - 4 StR 538/14

bei uns veröffentlicht am12.03.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
4 StR 538/14
vom
12. März 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen schweren Raubes u.a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. März
2015, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,
Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Dr. Franke,
Bender,
Dr. Quentin
als beisitzende Richter,
Bundesanwältin beim Bundesgerichtshof in der
Verhandlung,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof bei der
Verkündung
als Vertreterinnen des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten P. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten M. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Arnsberg vom 22. Juli 2014 werden verworfen.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
2. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das vorbezeichnete Urteil aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weiter gehenden Revisionen der Staatsanwaltschaft werden verworfen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten „wegen gemeinschaftlichen schwe- ren Raubes in Tateinheit mit gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung jeweils zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.“ Gegen ihre Verurteilung wenden sich die Angeklagten mit ihren auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revisionen; der Angeklagte P. rügt ferner (unausgeführt) die Verletzung formellen Rechts. Die Staatsanwaltschaft beantragt die Aufhebung des angefochtenen Urteils „in vollem Umfang“. Sie erstrebt mit der Sachrüge eine Verurteilung der Angeklagten wegen besonders schweren Raubes nach § 250 Abs. 2 Nr. 1 Fall 2 StGB; ferner rügt sie die unterbliebene Verurteilung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB. Die Revisionen der Angeklagten erweisen sich als unbegründet. Die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft haben weitgehend Erfolg.

I.


2
Nach den Feststellungen des Landgerichts begaben sich die beiden Angeklagten sowie die gesondert Verfolgten G. , L. und A. in der Nacht zum 29. September 2013 zur Wohnung des später geschädigten Zeugen K. . Sie hatten verabredet, „gemeinsam in die Wohnung des Zeugen K. einzudringen, aus dieser Betäubungsmittel und Geld zu entwenden und die Betäubungsmittel später zu konsumieren“. Mit sich führte der Angeklagte M. eine Holzlatte in der Art, wie sie bei dem Transport von Küchenschränken benutzt wird; sie war ca. 60 cm lang, 5 cm breit und 2 cm hoch, eckig und bestand aus Kiefernholz. Diese und weitere mitgeführte „Waffen“ sollten nach dem übereinstimmenden Willen aller Beteiligten auch eingesetzt werden. Der Angeklagte P. trat die geschlossene Tür zur Wohnung des Zeugen K. auf und stürmte mit seinen Begleitern in das Wohnzimmer ; er schlug dem dort sitzenden Wohnungsinhaber mit der Faust ins Gesicht und mindestens dreimal auf den Oberkörper. Währenddessen schlug der Angeklagte M. den in der Wohnung befindlichen weiteren Geschädigten Sch. mit der von ihm mitgeführten Holzlatte gegen dessen rechtes Bein; er traf diesen unterhalb des Knies, sodass der Zeuge dort eine ca. 2 cm lange Platzwunde erlitt. Anschließend schlug der Angeklagte P. auchdem Zeugen Sch. mit der Faust ins Gesicht. Dies geschah, um möglichen Widerstand im Keim zu ersticken und so die Durchsuchung der Wohnung und die Mitnahme von Betäubungsmitteln und Geld zu ermöglichen. Der Angeklagte M. fand eine Plastikdose, in der sich ca. 6 g Marihuana befanden; er nahm „entsprechend dem Tatplan die Plastikdose mit dem Marihuana mit, um das Marihuana zusammen mit den anderen Tatbeteiligten zu konsumieren.“ Geld erbeuteten die Täter nicht. Anschließend fuhren sie zurück in die Wohnung der gesondert Verfolgten G. . Dort gaben sie dem gesondert Verfolgten A. einen Teil des Marihuanas mit. Den Rest konsumierten die Angeklagten sowie die gesondert Verfolgten G. und L. gemeinsam.

II.


3
Revisionen der Angeklagten
4
Die Rechtsmittel der Angeklagten sind unbegründet. Ihre Verurteilung weist keinen durchgreifenden Rechtsfehler zu ihrem Nachteil auf. Das gilt auch, soweit das Landgericht den Angeklagten P. des schweren Raubes gemäß § 249 Abs. 1, § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB schuldig gesprochen hat. Zwar begegnet die Begründung, mit der es die tatbestandsmäßige Zueignungsabsicht bei diesem Angeklagten angenommen hat, rechtlichen Bedenken. Nach Auffassung der Strafkammer sei es dem Angeklagten P. darauf angekommen , „das gefundene Marihuana mitzunehmen und durch Konsum zu vernichten“ ; auch wenn er im Zeitpunkt der Wegnahme allein die Absicht gehabt habe, das Marihuana zu vernichten, schließe das eine Zueignungsabsicht nicht aus.
5
Täter – auch Mittäter – beim Raub kann freilich nur sein, wer bei der Wegnahme die Absicht hat, sich oder einem Dritten die fremde Sache rechtswidrig zuzueignen. Hierfür genügt, dass der Täter die fremde Sache unter Ausschließung des Eigentümers oder bisherigen Gewahrsaminhabers körperlich oder wirtschaftlich für sich oder den Dritten haben und sie der Substanz oder dem Sachwert nach seinem Vermögen oder dem des Dritten „einverleiben“ oder zuführen will. Dagegen ist nicht erforderlich, dass der Täter oder der Dritte die Sache auf Dauer behalten soll oder will (BGH, Urteil vom 26. September 1984 – 3 StR 367/84, NJW 1985, 812). An der Voraussetzung, dass der Wille des Täters auf eine Änderung des Bestands seines Vermögens oder das des Dritten gerichtet sein muss, fehlt es in Fällen, in denen er die fremde Sache nur wegnimmt, um sie „zu zerstören“, „zu vernichten“, „preiszugeben“, „wegzuwerfen“ , „beiseitezuschaffen“ oder „zu beschädigen“ (BGH, Urteile vom 10. Mai 1977 – 1 StR 167/77, NJW 1977, 1460, und vom 26. September 1984, aaO). Der etwa auf Hass- oder Rachegefühlen beruhende Schädigungswille ist zur Begründung der Zueignungsabsicht ebenso wenig geeignet wie der Wille, den Eigentümer durch bloßen Sachentzug zu ärgern (BGH, Beschluss vom 15. Juli 2010 – 4 StR 164/10). In solchen Fällen genügt es auch nicht, dass der Täter – was grundsätzlich ausreichen könnte (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juli 1980 – 2 StR 224/80, NStZ 1981, 63) – für eine kurze Zeit den Besitz an der Sache erlangt (vgl. zu Vorstehendem insgesamt BGH, Urteil vom 27. Januar 2011 – 4 StR 502/10, NStZ 2011, 699, 701).
6
So liegt es hier indes nicht: Ungeachtet der missverständlichen Formulierung in der rechtlichen Würdigung hat das Landgericht festgestellt, dass die Angeklagten und die gesondert Verfolgten sich entschlossen hatten, die Betäubungsmittel des Zeugen K. zu entwenden und diese später zu konsumieren. In Ausführung ihres Tatplans nahm der Angeklagte M. die mit Marihuana befüllte Dose mit; die Angeklagten und ihre Mittäter haben somit ihren im Vorhinein gefassten Zueignungswillen – insoweit ohne jede Änderung – umgesetzt und das erbeutete Marihuana im unmittelbaren Anschluss an die Tat konsumiert. Damit tragen die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen im Ergebnis die Annahme der Zueignungsabsicht auch beim Angeklagten P. (vgl. zum Aufrauchen entwendeter Tabakwaren LK-StGB/Vogel, 12. Aufl., § 242 Rn. 157).

III.


7
Revisionen der Staatsanwaltschaft
8
Die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft haben weitgehend Erfolg. Der Schuldspruch des angefochtenen Urteils weist mehrere Rechtsfehler zugunsten der Angeklagten auf.
9
1. a) Allerdings hat das Landgericht die vom Angeklagten M. verabredungsgemäß mitgeführte und eingesetzte Holzlatte – wie auch die Revision des Angeklagten P. nicht in Abrede nimmt – mit Recht als gefährliches Werkzeug im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2 StGB eingeordnet. Ein gefährliches Werkzeug im Sinne dieser Vorschrift ist jeder Gegenstand, der nach seiner objektiven Beschaffenheit und nach der Art seiner Benutzung im Einzelfall geeignet ist, erhebliche Körperverletzungen herbeizuführen (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Januar 1999, NStZ-RR 2000, 43; Urteil vom 27. September 2001 – 4 StR 245/01, NStZ 2002, 86). Das ist nicht nur dann der Fall, wenn der Täter ein generell gefährliches Tatmittel einsetzt, sondern auch, wenn sich die objektive Gefährlichkeit des eingesetzten Gegenstandes erst aus der konkreten Art seiner Verwendung ergibt, welche geeignet ist, erhebliche Verletzungen herbeizuführen. Die Gefährlichkeit des Tatmittels kann sich gerade daraus er- geben, dass ein Gegenstand bestimmungswidrig gebraucht wird (BGH, Urteil vom 27. Januar 2011 – 4 StR 487/10, StV 2011, 366; vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 20. Mai 1999 – 4 StR 168/99, NStZ-RR 1999, 355 [abgesägter Besenstiel]; Urteile vom 21. Januar 2004 – 1 StR 364/03 [zum Fesseln benutzte Paketschnur ], vom 13. Januar 2006 – 2 StR 463/05 [„festes Schlauchstück“] und vom 5. August 2010 – 3 StR 190/10, NStZ 2011, 211, 212 [60 Zentimeter langes, stabiles Kunststoffband]; Beschluss vom 13. November 2012 – 3 StR 400/12 [Staubsaugerrohr]).
10
Unabhängig davon, dass eine Platzwunde in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als eine solche nicht unerhebliche Verletzung angesehen worden ist (BGH, Urteil vom 23. Mai 2001 – 3 StR 62/01, StV 2002, 80), ist für die Tatbestandserfüllung maßgebend nicht (allein) die eingetretene Verletzungsfolge , sondern die potentielle Gefährlichkeit der konkreten Benutzung des Werkzeugs (vgl. BGH, Urteil vom 4. September 2001 – 1 StR 232/01, StV 2002, 21). Die vom Angeklagten M. – dem gemeinsamen Tatplan folgend – als Schlagwerkzeug eingesetzte Holzlatte war insbesondere angesichts der für den Transport von Küchenmöbeln erforderlichen Stabilität, ihrer Beschaffenheit sowie ihrer Länge und der damit verbundenen Hebelwirkung ohne weiteres geeignet , erhebliche Körperverletzungen zuzufügen. Der eine Platzwunde verursachende Schlag war auf die Knieregion des Geschädigten gerichtet; dass es bei derartigen Schlägen zu erheblichen Verletzungen kommen kann, liegt auf der Hand. In dem dynamischen Geschehen, in dem M. die Holzlatte einsetzte , lag es zudem nahe, dass auch andere, möglicherweise empfindlichere Körperteile getroffen werden konnten (vgl. zu diesem Gesichtspunkt noch BGH, Urteil vom 13. Januar 2006 – 2 StR 463/05; MüKo-StGB/Hardtung, 2. Aufl., § 224 Rn. 24).
11
b) Daraus ergibt sich zugleich, dass die Angeklagten die Qualifikation in § 250 Abs. 2 Nr. 1 Fall 2 StGB erfüllt haben. Es ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt, dass der Begriff des gefährlichen Werkzeugs in § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB und in § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB identisch auszulegen ist (BGH, Beschlüsse vom 17. Juni 1998 – 2 StR 167/98, BGHSt 44, 103, 105, vom 3. April 2002 – 1 ARs 5/02, NStZ-RR 2002, 265, 266, vom 3. November 2012 – 3 StR 400/12 und vom 12. Dezember 2012 – 5 StR 574/12, StV 2013, 444; vgl. auch Deutscher Bundestag, 13. Wp., Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks. 13/9064 S. 18). Das Landgericht hätte die Angeklagten daher jeweils wegen besonders schweren Raubes verurteilen müssen.
12
2. Des Weiteren hat das Landgericht ersichtlich übersehen, dass die Angeklagten sich auch nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG wegen Sich-Verschaffens von Betäubungsmitteln strafbar gemacht haben (vgl. Weber, BtMG, 4. Aufl., § 29 Rn. 1239 mwN).
13
3. Schließlich hat die Strafkammer nicht erkennbar bedacht, dass die Angeklagten die weitere Qualifikation der gefährlichen Körperverletzung in § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB erfüllt haben; dies betrifft allerdings nur den Schuldumfang.

IV.


14
Das Urteil war danach aufzuheben. Eine Änderung des Schuldspruchs durch den Senat kam nicht in Betracht (§ 265 StPO). Einer Aufhebung der Feststellungen bedurfte es nicht, da diese von den aufgezeigten Rechtsfehlern nicht betroffen sind (§ 353 Abs. 2 StPO).
Sost-Scheible Cierniak Franke
Bender Quentin

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 12. März 2015 - 4 StR 538/14

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 265 Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes oder der Sachlage


(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gel

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 29 Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer1.Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt,
Bundesgerichtshof Urteil, 12. März 2015 - 4 StR 538/14 zitiert 8 §§.

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Strafgesetzbuch - StGB | § 224 Gefährliche Körperverletzung


(1) Wer die Körperverletzung 1. durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,2. mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,3. mittels eines hinterlistigen Überfalls,4. mit einem anderen Beteiligten gemeins

Strafprozeßordnung - StPO | § 353 Aufhebung des Urteils und der Feststellungen


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Strafgesetzbuch - StGB | § 250 Schwerer Raub


(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn 1. der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub a) eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,b) sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Wider

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(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 164/10
vom
15. Juli 2010
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Untreue u. a.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
- zu 3. auf dessen Antrag - und der Beschwerdeführer am 15. Juli
2010 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bochum vom 3. November 2009,
a) soweit es die Angeklagte N. betrifft, aa) mit den zugehörigen Feststellungen in den Fällen II. 2. bis II. 4. sowie II. 10., II. 11. und II. 14. der Urteilsgründe bb) sowie in den Aussprüchen über die in diesen Fällen und in dem Fall II. 13. der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen und über die Gesamtstrafe aufgehoben,
b) soweit es den Angeklagten A. betrifft, aa) mit den zugehörigen Feststellungen in den Fällen II. 2. bis II. 4. sowie II. 6. und II. 10. der Urteilsgründe bb) sowie in den Aussprüchen über die in diesen Fällen verhängten Einzelstrafen und über die Gesamtstrafe aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagte N. wegen Untreue in acht Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit versuchter Freiheitsberaubung, Unterschlagung in vier Fällen, Betruges und Vorenthaltens von Arbeitsentgelt zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Der Angeklagte A. wurde wegen Untreue in sechs Fällen, Unterschlagung in zwei Fällen, Betruges und Vorenthaltens von Arbeitsentgelt zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt.
2
Mit ihren Revisionen rügen die Angeklagten jeweils die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Rechtsmittel haben mit der Sachrüge in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
3
1. Die Schuldsprüche wegen Unterschlagung in den Fällen II. 4., 10., 11. und 14. der Urteilsgründe haben keinen Bestand.
4
a) Nach den Feststellungen zu den Tatkomplexen der Unterschlagung haben beide Angeklagte ihrem Arbeitnehmer J. auch nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses die Lohnsteuerkarten für die Jahre 2004 und 2005 nicht ausgehändigt (Fall II. 4. der Urteilsgründe) bzw. hat die Angeklagte N. diverse Unterlagen, welche die Mandanten ihr zur Wahrnehmung von deren Interessen zur Verfügung gestellt hatten, diesen nicht wieder zurückgegeben (Fälle II. 11. und II. 14. der Urteilsgründe). Anlass für das Zurückhalten der Lohnsteuerkarten bzw. der Unterlagen war jeweils eine Verärgerung über das Verhalten des Angestellten bzw. der Mandanten. Zu dem Fall II. 10. der Urteilsgründe hat die Kammer festgestellt, dass die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Bochum in einem gegen die Angeklagte N. geführten Verfahren, die dem Angeklagten A. als Verteidiger zur Akteneinsicht übersandt wurden, nicht mehr an die Behörde zurück gesandt wurden. Hierzu hatten sich die Angeklagten entschlossen, weil ihnen die unbeabsichtigte Versäumung der Rückgabefrist unangenehm war.
5
b) Die bisherigen Feststellungen tragen die Verurteilung wegen Unterschlagung in diesen Fällen nicht. Allein dem Unterlassen der Rückgabe lässt sich eine Zueignung im Sinne des § 246 Abs. 1 StGB nicht entnehmen (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 9. Januar 2007 – 3 StR 472/06 Rn. 2), insbesondere wenn dies geschieht, um den Eigentümer bzw. Gewahrsamsinhaber zu ärgern (BGH, Urteil vom 10. Juli 1980 – 4 StR 323/80; Holtz, MDR 1982, 808, 810; Fischer, StGB, 57. Aufl. § 242 Rn. 36; SSW-StGB/Kudlich § 242 Rn. 48, jeweils m.w.N.).
6
Das Landgericht wird jedoch eine Strafbarkeit wegen Urkundenunterdrückung , im Fall II. 10. zudem wegen Verwahrungsbruches und hinsichtlich des Angeklagten A. gegebenenfalls auch wegen versuchter Strafvereitelung zu prüfen haben.
7
Ergänzend weist der Senat für den Fall II. 10. der Urteilsgründe darauf hin, dass nach der Rechtsprechung und der herrschenden Meinung im Schrifttum eine Nachteilszufügungsabsicht im Sinne des § 274 Abs. 1 Nr. 1 StGB zwar nicht durch die Vereitelung des staatlichen Strafanspruchs begründet wird, da insoweit kein "anderer" benachteiligt wird (BGH, Beschluss vom 27. März 1990, BGHR StGB § 274 Nachteil 2; BayObLG, NZV 1999, 213, 214; NZV 1989, 81; OLG Düsseldorf, NZV 1989, 477; SSW-StGB/Wittig § 274 Rn. 21; Lackner/Kühl, StGB, 26. Aufl., § 274 Rn. 7; Cramer/Heine, in: Schönke /Schröder, StGB, 28. Aufl., § 274 Rn. 16). Es sind aber ergänzende Feststellungen dahingehend möglich, dass dem Anzeigeerstatter im Ermittlungsverfahren 32 Js 547/07 durch die Angeklagten ein Nachteil zugefügt werden sollte. Der zu Benachteiligende braucht auch nicht Eigentümer der Urkunde bzw. mit dem Beweisführungsberechtigten identisch zu sein (Leipziger Kommentar /Zieschang, StGB, 12. Aufl., § 274 Rn. 60; Fischer aaO § 274 Rn. 6; Wittig aaO § 274 Rn. 21, Cramer/Heine aaO § 274 Rn. 17, jeweils m.w.N.). Das Landgericht wird auch eine Strafbarkeit wegen Verwahrungsbruchs zu erwägen haben. Die zweite Alternative des § 133 Abs. 1 StGB erfasst Gegenstände, die dem Täter oder einem Dritten aufgrund dienstlicher Anordnung in Verwahrung gegeben worden sind. In dienstlicher Verwahrung befinden sich hiernach die dem Verteidiger nach § 147 StPO übergebenen Verfahrensakten (SSWStGB /Jeßberger § 133 Rn. 7; Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 133 Rn. 10). Für den Angeklagten A. kommt gegebenenfalls bei Vorliegen eines Vereitelungsansatzes eine Strafbarkeit wegen versuchter Strafvereitelung in Betracht (vgl. Beulke/Ruhmannseder, Die Strafbarkeit des Verteidigers, 2. Aufl., Rn. 103 m.w.N.).
8
2. Die Verurteilung wegen Untreue im Fall II. 2. der Urteilsgründe hält ebenfalls rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Feststellungen belegen nicht das Vorliegen einer Vermögensbetreuungspflicht. Nach § 2 Abs. 7 des fünften Gesetzes zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer (Fünftes Vermögensbildungsgesetz) in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. März 1994 (BGBl. I S. 406) sind vermögenswirksame Leistungen arbeitsrechtlich Bestandteil des Lohns oder Gehalts. Die Pflicht des Arbeitgebers, für seine Arbeitnehmer vermögenswirksame Leistungen zu entrichten, ist lediglich eine dem Arbeitsverhältnis entspringende Nebenpflicht und bildet nicht den wesentlichen Inhalt des Vertragsverhältnisses (BGH, Urteil vom 5. Oktober 1954 – 2 StR 447/53, BGHSt 6, 314, 318 hinsichtlich der Verpflichtung des Arbeitgebers, einen Teil des Lohnes zum Kleben so genannter "Urlaubsmarken" zu verwenden; OLG Braunschweig, NJW 1976, 1903 f.). Auch enthält die aus dem Arbeitsvertrag entspringende Pflicht zur ordnungsgemäßen Lohnzahlung nicht schon von sich aus die Verpflichtung, die Vermögensinteressen des Arbeitnehmers wahrzunehmen (BGH aaO).
9
Die bisherigen Feststellungen legen vielmehr eine Verurteilung wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt gemäß § 266a Abs. 3 StGB nahe, wobei für jeden Fälligkeitszeitpunkt eine Tat vorliegen würde (OLG Frankfurt/Main, wistra 2003, 236, 237; NStZ-RR 1999, 104; OLG Celle, NStZRR 1997, 324; Fischer aaO § 266a Rn. 36).
10
3. Im Fall II. 3. der Urteilsgründe ist das Landgericht rechtsfehlerhaft von einem Fall des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt gemäß § 266a Abs. 1 StGB ausgegangen. Bei Nichtentrichten der Beiträge an mehreren Fälligkeitsterminen liegt Tatmehrheit vor (OLG Frankfurt/Main, wistra 2003, 236, 237; NStZ-RR 1999, 104; OLG Celle, NStZ-RR 1997, 324; Fischer aaO § 266a Rn. 36). Auch lässt sich den Feststellungen nicht entnehmen, ob lediglich Arbeitnehmeranteile am Gesamtsozialversicherungsbeitrag gemäß § 266a Abs. 1 StGB oder auch Arbeitgeberanteile von Beiträgen zur Sozialversicherung gemäß § 266a Abs. 2 Nr. 2 StGB vorenthalten wurden.
11
4. Die getroffenen Feststellungen zu Fall II. 6. der Urteilsgründe tragen eine Verurteilung des Angeklagten A. wegen Untreue nicht. Die bisherigen Feststellungen belegen nur eine Vertretung der Geschädigten durch die Angeklagte N. . Ergänzende Feststellungen erscheinen jedoch möglich. Sollte der neue Tatrichter eine Beauftragung beider Angeklagter nicht feststellen, weist der Senat darauf hin, dass für den Angeklagten A. auch eine Beihilfe zur Untreue der Angeklagten N. in Betracht kommt.
12
5. Hinsichtlich des Falles II. 13. der Urteilsgründe hat die Überprüfung des Urteils zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten N. ergeben. Das Rechtsmittel führt jedoch insoweit zur Aufhebung des Strafausspruchs. Das Landgericht hat den Strafrahmen des § 239 Abs. 3 Nr. 1 StGB lediglich gemäß §§ 23 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB gemildert. Es hat zum einen nicht bedacht, dass das Vorliegen eines vertypten Strafmilderungsgrundes bereits für sich allein oder zusammen mit den festgestellten sonstigen Milderungsgründen einen minder schweren Fall begründen kann (BGH, Beschluss vom 7. Juni 2005 – 4 StR 173/05; Fischer aaO § 50 Rn. 4 m.w.N.). Zum anderen hat das Landgericht die Vorschriften der §§ 13 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB nicht im Blick gehabt. Die aufgezeigten Rechtsfehler führen zur Aufhebung des Strafausspruchs; einer Aufhebung der Feststellungen bedarf es insofern jedoch nicht. Der Senat kann nicht mit der gebotenen Sicherheit ausschließen, dass das Landgericht ohne die aufgezeigten Rechtsfehler auf eine niedrigere Einzelstrafe erkannt hätte.
13
6. In Bezug auf das weitere Revisionsvorbringen verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 13. April 2010.
14
7. Mit den Aufhebungen in den genannten Fällen entfallen auch die insoweit verhängten Einzelstrafen sowie die Gesamtstrafe.
15
Für die neue Verhandlung weist der Senat darauf hin, dass sich das Verschlechterungsverbot (§ 358 Abs. 2 StPO) lediglich auf Art und Höhe der Rechtsfolgen, nicht aber auf eine Veränderung und Verschärfung des Schuldspruchs bezieht (st. Rspr.; vgl. KK-Kuckein, StPO, 6. Aufl., § 358 Rn. 18; KKPaul , StPO, 6. Aufl., § 331 Rn. 2; Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 358 Rn. 11, § 331 Rn. 8, jeweils m.w.N.). Der neue Tatrichter wäre daher nicht daran gehindert , den Schuldspruch in den Fällen II. 2. und 3. dahingehend zu ändern, dass die Angeklagten des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 26 Fällen schuldig sind. In diesem Fall würde das Verschlechterungsverbot aber dazu führen, dass die Summe der Einzelstrafen, die dann jeweils zu verhängen wären, die in dem betreffenden Fall bisher verhängte Einzelstrafe nicht überschreiten darf (BGH, Beschlüsse vom 20. Oktober 2009 – 4 StR 408/09 Rn. 14; vom 25. Oktober 2001 - 3 StR 314/01; vom 16. September 1986 – 4 StR 479/86, BGHR StPO § 331 Abs. 1 Einzelstrafe, fehlende 1).
16
Im Hinblick auf die neu festzusetzenden Einzelstrafen weist der Senat ferner darauf hin, dass entgegen der Annahme des Landgerichts eine Anwendung des § 46a Nr. 1 StGB nicht in Betracht kommt, weil es den Angeklagten bei ihren Bemühungen um Schadenswiedergutmachung ersichtlich nicht um den Ausgleich immaterieller Folgen ging (vgl. BGH, Urteil vom 18. November 1999 – 4 StR 435/99, NStZ 2000, 205; vgl. auch Fischer aaO § 46a Rn. 10 m.w.N.). Eine Anwendung von § 46a Nr. 2 StGB setzt neben einem vollständigen oder überwiegenden Schadensausgleich voraus, dass die Leistung Ausdruck der Übernahme von Verantwortung ist. Das versteht sich bei den zum Teil erst nach Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen geleisteten Zahlungen oder bei am letzten Hauptverhandlungstag dem Verteidiger zur Schadenswiedergutmachung zur Verfügung gestellten Geldbeträgen nicht von selbst.
Ernemann Solin-Stojanović Roggenbuck
Mutzbauer Bender

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 502/10
vom
27. Januar 2011
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Körperverletzung mit Todesfolge u.a. zu Ziff. 1
wegen Beihilfe zur Körperverletzung mit Todesfolge u.a. zu Ziff. 2
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 27. Januar
2011, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
die Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Dr. Franke,
Dr. Mutzbauer
als beisitzende Richter,
Bundesanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten S. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger für den Angeklagten A. ,
Rechtsanwälte
als Nebenkläger-Vertreter für Roswitha und Gerhard O. ,
Rechtsanwalt
als Nebenkläger-Vertreterin für Ronja A. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Kaiserslautern vom 4. Mai 2010 bezüglich des Angeklagten A. dahin abgeändert, dass die von diesem in Portugal erlittene Auslieferungshaft im Maßstab 1:1 auf die gegen ihn verhängte Freiheitsstrafe anzurechnen ist. 2. Die weiter gehende Revision der Staatsanwaltschaft bezüglich des Angeklagten A. , ihr Rechtsmittel bezüglich des Angeklagten S. sowie die Revisionen der Nebenkläger und der Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil werden verworfen. 3. Die Kosten der Revisionen der Staatsanwaltschaft sowie die den Angeklagten hierdurch und durch die Rechtsmittel der Nebenkläger entstandenen notwendigen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt. Die Nebenkläger tragen die Kosten ihrer Rechtsmittel. Die im Revisionsverfahren entstandenen gerichtlichen Auslagen tragen die Staatskasse und die Nebenkläger je zur Hälfte. Die Angeklagten haben die Kosten ihrer Rechtsmittel und die den Nebenklägern hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten A. wegen Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit Nötigung und mit Beteiligung an einer Schlägerei zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten S. hat es wegen Beihilfe zur Körperverletzung mit Todesfolge in Tateinheit mit Beihilfe zur Beteiligung an einer Schlägerei und mit Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Zudem hat es gegen beide Angeklagte Maßregeln nach §§ 69, 69a StGB angeordnet und bestimmt, dass die vom Angeklagten A. in dieser Sache in Portugal erlittene Freiheitsentziehung auf die verhängte Freiheitsstrafe in der Weise angerechnet wird, dass ein Tag Auslieferungshaft zwei Tagen inländischer Haft entspricht.
2
Gegen das Urteil richten sich die Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft, der Nebenkläger und der Angeklagten. Die Staatsanwaltschaft und die Nebenkläger beanstanden das Verfahren und erheben die Sachrüge. Die Staatsanwaltschaft wendet sich insbesondere gegen die Feststellungen und die Beweiswürdigung zur subjektiven Tatseite; zudem bemängelt sie die fehlende Prüfung der Unterbringung des Angeklagten A. in der Sicherungsverwahrung. Die Nebenkläger begehren unter anderem eine Verurteilung der Angeklagten auch wegen (schweren) Raubes mit Todesfolge. Die Angeklagten rügen ebenfalls die Anwendung des sachlichen Rechts. Der Angeklagte A. beanstandet insbesondere den Schuldspruch wegen Körperverletzung mit Todesfolge sowie die Bewertung der Nötigung als besonders schweren Fall. Der Angeklagte S. meint, der Tatbestand des § 231 StGB sei nicht gegeben, weil es sich nicht um eine Schlägerei im Sinne dieser Vorschrift gehandelt habe; ferner beanstandet auch er die Annahme eines besonders schweren Falls der Nötigung.
3
Erfolg hat in geringem - aus dem Tenor ersichtlichem - Umfang lediglich das zum Nachteil des Angeklagten A. eingelegte Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft. Im Übrigen sind die Revisionen unbegründet.

I.


4
Das Schwurgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen :
5
Die beiden Angeklagten waren Mitglieder der "Hells Angels", der Angeklagte A. als Vollmitglied ("full member"), der Angeklagte S. als Unterstützer ("supporter"). Dirk O. - das Tatopfer - war Vollmitglied der "Outlaws" und Präsident des "Chapters" Donnersbergkreis.
6
Am 24. Juni 2009 hatte der Angeklagte S. in Bad Kreuznach aus ungeklärten Gründen eine körperliche Auseinandersetzung mit Tobias L. , einem Mitglied des dortigen neu gegründeten Outlaws-Chapters, an deren Ende er von Tobias L. darauf hingewiesen wurde, dass Bad Kreuznach "OutlawGebiet" sei.
7
Am Nachmittag des 26. Juni 2009 trafen sich die Angeklagten in Landstuhl unter anderem mit Björn Sch. , der ebenfalls - als Anwärter ("prospect") - den Hells Angels angehörte. Sie beschlossen, nach Bad Kreuznach zu fahren, um dort "Präsenz zu zeigen"; gegebenenfalls wollten sie auch einem Mitglied der Outlaws wegen des Vorfalls vom 24. Juni 2009 eine "Abreibung verpassen". Gegen 20.00 Uhr brachen die Angeklagten und Björn Sch. in einem angemieteten Pkw nach Bad Kreuznach auf. Dort sahen sie zwar einen Motorradfahrer in "Rockerkluft", konnten ihm aber nicht folgen. Sie beschlossen daher, nach Marnheim zur Gaststätte "I. " zu fahren, dem Treffpunkt der Outlaws in deren neu gegründetem Chapter im Donnersbergkreis , um diese auszukundschaften und - so das Vorhaben des Angeklagten A. und von Björn Sch. - eine nicht näher bestimmte "Aktion" gegen dieses Chapter durchzuführen.
8
Etwa um 23.00 Uhr verließen mehrere Mitglieder der Outlaws, unter anderem Dirk O. , das "I. " und fuhren nach Kirchheimbolanden. Die Angeklagten und Björn Sch. folgten ihnen. Während sich die Mitglieder der Outlaws in einer Gaststätte aufhielten, fassten der Angeklagte A. und Björn Sch. den Entschluss, dem - von ihnen als solchem erkannten - Vollmitglied der Outlaws bei sich bietender Gelegenheit die "Kutte", also die mit Aufnähern versehene Lederweste, abzunehmen, um hierdurch "ein Zeichen gegen die Outlaws zu setzen" sowie "Präsenz zu zeigen" und den Outlaws deutlich zu machen, dass deren Gebietsanspruch nicht akzeptiert werde. Den Angeklagten und Björn Sch. war dabei klar, dass es zu einer "harten körperlichen Auseinandersetzung" auch mit Waffen und Werkzeugen kommen kann. Ihnen war bewusst, dass ihr Handeln "auch den Tod des anzugreifenden Rockers nach sich ziehen könnte", sie vertrauten aber darauf, dass insbesondere wegen ihrer körperlichen und zahlenmäßigen Überlegenheit "ein lebensgefährliches Ausmaß der Gewaltanwendung nicht notwendig sein werde". Ein solcher tödlicher Ausgang war den Angeklagten unerwünscht; der Angeklagte A. fürchtete bei einem "tödlichen Zwischenfall" clubinterne Sanktionen, der Angeklagte S. , der als einziges Mitglied der Hells Angels im Donnersbergkreis wohnte, befürchtete eine "Retourkutsche" der Outlaws.
9
Nachdem die Outlaws die Gaststätte verlassen hatten, folgten die Angeklagten - der Angeklagte S. als Fahrer - und Björn Sch. mit ihrem Pkw zwei Motorrädern der Outlaws, wobei sie die Stellung deren Fahrer als "full member" bzw. "prospect" erkannten, das Vollmitglied aber nicht als Dirk O. und den dortigen Chapter-Präsidenten identifizierten. Nachdem der zweite Motorradfahrer abgebogen war, fuhren Dirk O. und hinter ihm die Angeklagten und Björn Sch. gegen 23.50 Uhr auf der Landstraße 386 in Richtung Stetten. Der Angeklagte A. und Björn Sch. beschlossen nunmehr, Dirk O. zu überholen und zum Anhalten zu bringen, um ihm die Kutte abnehmen zu können. Auf Weisung des Angeklagten A. überholte der Angeklagte S. das Motorrad und bremste den Pkw anschließend bis zum Stillstand stark ab, wobei er darauf achtete und darauf vertraute, dass es nicht zu einer Kollision kam und Dirk O. nicht stürzte. Dirk O. gelang es wenige Meter hinter dem Pkw anzuhalten, wobei die Strafkammer ungeachtet einer Blockierspur von 13,3 Metern Länge nicht festzustellen vermochte, dass dabei tatsächlich die Gefahr bestand, er werde mit dem Pkw kollidieren oder stürzen.
10
Während der Angeklagte S. - auch in der Folgezeit - in dem Pkw verblieb, sprangen der Angeklagte A. und Björn Sch. aus dem Fahrzeug , liefen auf Dirk O. zu und zogen diesen von seinem Motorrad herunter. Sodann schnitten sie mit einem Messer die rechte Hosentasche des Dirk O. auf, in der er - erkennbar - ein Messer mitführte, und warfen dieses Messer weg. Nachdem ein entgegenkommender Pkw vorbeigefahren war und Dirk O. das umgefallene Motorrad aufgerichtet hatte, um mit diesem zu fliehen, versetzte Björn Sch. Dirk O. sechs Stiche kurz unterhalb des Arms in die rechte Seite. Er handelte dabei aus Verärgerung darüber, dass "das gesamte Vorhaben" durch das zufällige Erscheinen des Pkws zu scheitern gedroht hatte, und wollte der "Aktion" endgültig und sicher zum Erfolg verhelfen. "Dass der Dirk O. dabei sterben könnte, war ihm klar, jedoch auch egal". Der Angeklagte A. sah diese nicht abgesprochene Messerattacke, konnte allerdings nicht mehr eingreifen; er ging - wie auch der Angeklagte S. - davon aus, dass das Opfer bereits tödlich verletzt sei und jede, auch eine sofort herbeigerufene Hilfe zu spät kommen werde. Er und Björn Sch. zogen Dirk O. die Kutte aus, um diese mitzunehmen. Welche Motivation dieser Wegnahme zugrunde lag, vermochte die Strafkammer nicht festzustellen, insbesondere konnte sie nicht ausschließen, dass der Tatplan von vorneherein vorsah, die Kutte "zu vernichten" bzw. "verschwinden" zu lassen, damit sie nicht in die Hände der Outlaws gelangt. Sodann versetzte Björn Sch. ebenfalls ohne Absprache mit dem Angeklagten A. Dirk O. einen weiteren Messerstich in den Rücken, der zu einer Querschnittlähmung führte.
11
Infolge der Stiche in die Seite und des dadurch eingetretenen Blutverlustes verstarb Dirk O. am 27. Juni 2009 um 2.17 Uhr.

II.


12
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenkläger haben keinen (Rechtsmittel der Nebenkläger) bzw. nur in geringem Umfang Erfolg (Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft).
13
1. Die von Staatsanwaltschaft und den Nebenklägern erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch.
14
Die Rügen, das Landgericht habe seine Aufklärungspflicht dadurch verletzt , dass es keinen "in so genannten Motorradclubs … szenekundigen, erfahrenen Ermittlungsbeamten eines Landeskriminalamts oder einer sonst überörtlich zuständigen Polizeidienststelle oder einen Kriminalwissenschaftler" zu deren "Herrschaftsgefüge, Befehlsstrukturen, Riten und Verhaltenskodizes" ange- hört hat, sind unzulässig. Denn die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenkläger teilen nicht in einer § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügenden Weise mit, warum sich eine solche Beweiserhebung entgegen und trotz der Ausführungen des Schwurgerichts zu einem nicht zu erwartenden weiteren Erkenntnisgewinn durch eine solche Beweisaufnahme (UA 80) aufgedrängt haben soll, nachdem das Gericht - neben einer Vielzahl weiterer Polizeibeamter sowie mehrerer Zeugen aus "Rockerkreisen" - auch die dem Polizeipräsidium Mainz angehörende Sachbearbeiterin vernommen und diese über die Informationen berichtet hat, die ihr "im Bereich der organisierten Kriminalität erfahrene Kollegen" unter anderem zum "Trophäenkult mit Kutten" gegeben hatten. So wird insbesondere die in den Revisionsbegründungen der Staatsanwaltschaft und der Nebenkläger angesprochene polizeiliche Vernehmung des Angeklagten S. nicht vollständig mitgeteilt; die Staatsanwaltschaft hat es zudem unterlassen , den von ihr zitierten polizeilichen Abschlussbericht vollständig vorzutragen.
15
Soweit die Staatsanwaltschaft ferner einen Verstoß gegen § 261 StPO beanstandet und geltend macht, das Gericht habe in Zusammenhang mit dem Fluchtversuch des Dirk O. Feststellungen zu "inneren Vorgängen (Überlegungen )" beim Tatopfer getroffen, ohne hierfür über eine "äußere Grundlage" zu verfügen, fehlt es jedenfalls am Beruhen des Urteils auf einer etwaigen Gesetzesverletzung.
16
Erfolglos ist auch die von zwei Nebenklägern in Zusammenhang mit der Zurückweisung einer Frage an den Zeugen G. erhobene Aufklärungsrüge. Insofern verweist der Generalbundesanwalt zutreffend darauf, dass dem Zeugen G. das von ihm geltend gemachte Auskunftsverweigerungsrecht zustand.
17
2. Auch die Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge hin hat - abgesehen von der Entscheidung bezüglich des Angeklagten A. nach § 51 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 Satz 2 StGB aufgrund des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft - keinen Rechtsfehler zum Vorteil der Angeklagten ergeben.
18
a) Das Schwurgericht hat die Angeklagten auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen zu Recht nicht wegen besonders schweren Raubes (mit Todesfolge) oder besonders schwerer räuberischer Erpressung (mit Todesfolge) verurteilt.
19
aa) Ein besonders schwerer Raub (mit Todesfolge) liegt - wie ersichtlich auch der Generalbundesanwalt meint - nicht vor.
20
(1) Täter - auch Mittäter - kann beim Raub nur sein, wer bei der Wegnahme die Absicht hat, sich oder einem Dritten die fremde Sache rechtswidrig zuzueignen. Hierfür genügt, dass der Täter die fremde Sache unter Ausschließung des Eigentümers oder bisherigen Gewahrsamsinhabers körperlich oder wirtschaftlich für sich oder den Dritten haben und sie der Substanz oder dem Sachwert nach seinem Vermögen oder dem des Dritten “einverleiben” oder zuführen will. Dagegen ist nicht erforderlich, dass der Täter oder der Dritte die Sache auf Dauer behalten soll oder will (BGH, Urteil vom 26. September 1984 - 3 StR 367/84, NJW 1985, 812 mwN).
21
An der Voraussetzung, dass der Wille des Täters auf eine Änderung des Bestandes seines Vermögens oder das des Dritten gerichtet sein muss, fehlt es in Fällen, in denen er die fremde Sache nur wegnimmt, um sie „zu zerstören”, „zu vernichten”, „preiszugeben”, „wegzuwerfen”, „beiseitezuschaffen” oder „zu beschädigen” (BGH, Urteile vom 10. Mai 1977 - 1 StR 167/77, NJW 1977, 1460; vom 26. September 1984 - 3 StR 367/84, NJW 1985, 812 jeweils mwN). Der etwa auf Hass- und Rachegefühlen beruhende Schädigungswille ist zur Begründung der Zueignungsabsicht ebenso wenig geeignet wie der Wille, den Eigentümer durch bloßen Sachentzug zu ärgern (BGH, Urteil vom 26. September 1984 - 3 StR 367/84, NJW 1985, 812, 813 mwN; Beschluss vom 15. Juli 2010 - 4 StR 164/10). In solchen Fällen genügt es auch nicht, dass der Täter - was grundsätzlich ausreichen könnte (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juli 1980 - 2 StR 224/80, NStZ 1981, 63) - für eine kurze Zeit den Besitz an der Sache erlangt.
22
(2) Hiervon ausgehend handelten die Angeklagten und Björn Sch. nach den vom Schwurgericht getroffenen Feststellungen in Bezug sowohl auf die Kutte von Dirk O. als auch dessen Messer ohne die für eine Verurteilung wegen Raubes erforderliche Zueignungsabsicht.
23
Zwar diente die Wegnahme der Kutte nach dem Tatplan "dem Ziel, diesem Outlaw im speziellen und den sich neuangesiedelten Outlaws im Allgemeinen gegenüber 'Präsenz zu zeigen' und ihnen klarzumachen, dass mit den in der Nähe angesiedelten Hells Angels stets zu rechnen ist". Eine über die Enteignung hinausgehende Zueignungsabsicht konnte die Strafkammer jedoch nicht feststellen (UA 17: "Ein weiteres Interesse an der zu erlangenden Kutte, etwa als Tauschobjekt, Arbeitsnachweis oder zum 'Angeben', war nicht feststellbar" ). Vielmehr vermochte sie nicht auszuschließen, "dass der Tatplan von vornherein vorsah, die Kutte zu vernichten." (UA 79). Entsprechendes gilt für das Dirk O. abgenommene Messer, das der Angeklagte A. und Björn Sch. sofort nach der Entwaffnung ihres Opfers wegwarfen (UA 20, 55).
24
Die diesen Feststellungen zugrunde liegende Beweiswürdigung ist - wie auch im Übrigen - aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Aufgabe, sich auf der Grundlage der vorhandenen Beweismittel eine Überzeugung vom tatsächlichen Geschehen zu verschaffen, obliegt grundsätzlich allein dem Tatrichter. Seine Beweiswürdigung hat das Revisionsgericht regelmäßig hinzunehmen, es ist ihm verwehrt, sie durch eine eigene zu ersetzen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 20. Juni 2007 - 2 StR 161/07). Nach der durch § 261 und § 337 StPO vorgegebenen Aufgabenverteilung zwischen Tat- und Revisionsgericht kommt es nicht darauf an, ob das Revisionsgericht angefallene Erkenntnisse anders gewürdigt oder Zweifel überwunden hätte. Daran ändert sich nicht einmal dann etwas, wenn vom Tatrichter getroffene Feststellungen „lebensfremd“ erscheinen mögen (BGH, Urteile vom 27. Oktober 2010 - 5 StR 319/10; vom 28. Oktober 2010 - 4 StR 285/10 mwN). Denn der vom Gesetz verwendete "Begriff der Überzeugung schließt die Möglichkeit eines anderen, auch gegenteiligen Sachverhalts nicht aus; vielmehr gehört es gerade zu ihrem Wesen, dass sie sehr häufig dem objektiv möglichen Zweifel ausgesetzt bleibt. Denn im Bereich der vom Tatrichter zu würdigenden Tatsachen ist der menschlichen Erkenntnis bei ihrer Unvollkommenheit ein absolut sicheres Wissen über den Tathergang, demgegenüber andere Möglichkeiten seines Ablaufs unter allen Umständen ausscheiden müssten, verschlossen. Es ist also die für die Schuldfrage entscheidende , ihm allein übertragene Aufgabe des Tatrichters, ohne Bindung an gesetzliche Beweisregeln und nur seinem Gewissen verantwortlich zu prüfen, ob er die an sich möglichen Zweifel überwinden und sich von einem bestimmten Sachverhalt überzeugen kann oder nicht“ (so bereits BGH, Urteil vom 9. Februar 1957 - 2 StR 508/56, BGHSt 10, 208, 209; zuletzt BGH, Urteil vom 9. November 2010 - 5 StR 297/10). Ist das Tatgericht – wie vorliegend – ausgehend von einer lückenlosen Tatsachengrundlage im Rahmen einer Bewertung der erhobenen Beweise im Einzelnen (UA 79 ff.) sowie in einer Gesamtschau (UA 82) zu der möglichen - hier sogar plausiblen - Schlussfolgerung gelangt, die erhobenen Beweise seien mangels nachgewiesener Zueignungsabsicht nicht geeignet, eine Verurteilung der Angeklagten wegen (schweren) Raubes mit Todesfolge zu tragen, hat dies – nicht anders als in gegenteiligen Verurteilungsfällen – als möglicher Schluss des Tatgerichts in der Revisionsinstanz Bestand. Die vom Revisionsgericht nicht mehr hinzunehmende, einen Rechtsfehler zugunsten des Angeklagten begründende Grenze der Denkfehlerhaftigkeit wird vom Schwurgericht nirgendwo überschritten (zu diesen Maßstäben: BGH, Urteil vom 27. Oktober 2010 - 5 StR 319/10).
25
bb) Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts liegt nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen aber auch eine besonders schwere räuberische Erpressung (mit Todesfolge) nicht vor.
26
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann eine (besonders schwere) räuberische Erpressung zwar auch derjenige begehen, der das Opfer mit Gewalt dazu zwingt, die Wegnahme einer Sache zu dulden (BGH, Urteil vom 30. August 1973 - 4 StR 410/73, BGHSt 25, 224, 228 mwN), eine Verurteilung wegen Raubes aber daran scheitert, dass die dafür erforderliche Zueignungsabsicht nicht vorliegt bzw. nicht nachweisbar ist (BGH, Urteile vom 5. Juli 1960 - 5 StR 80/60, BGHSt 14, 386, 388, 390 f.; vom 6. August 1991 - 1 StR 430/91, BGHR StGB § 255 Konkurrenzen 2; Beschluss vom 12. Januar 1999 - 4 StR 685/98, NStZ-RR 1999, 103).
27
Eine Verurteilung wegen räuberischer Erpressung erfordert jedoch die Absicht, sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern. Diese Tatbestandsvoraussetzung des § 253 StGB deckt sich inhaltlich mit der beim Betrug vorausgesetzten Bereicherungsabsicht (BGH, Urteile vom 3. Mai 1988 - 1 StR 148/88, NJW 1988, 2623; vom 3. März 1999 - 2 StR 598/99, BGHR StGB § 253 Abs. 1 Bereicherungsabsicht 9). Sie setzt nach dem in der höchstrichterlichen Rechtsprechung vertretenen wirtschaftlichen Vermögensbegriff deshalb voraus, dass der erstrebte Vorteil zu einer objektiv günstigeren Gestaltung der Vermögenslage für den Täter oder den Dritten führen soll (BGH, Urteil vom 3. März 1999 - 2 StR 598/99, BGHR StGB § 253 Abs. 1 Bereicherungsabsicht 9 mwN; ähnlich: BGH, Urteil vom 4. April 1995 - 1 StR 772/94, NStZ 1996, 39; Beschluss vom 2. Mai 2001 - 2 StR 128/01, NStZ 2001, 534), also eine Erhöhung des wirtschaftlichen Wertes des Vermögens angestrebt wird (BGH, Urteile vom 3. Mai 1988 - 1 StR 148/88, NJW 1988, 2623; vom 3. März 1999 - 2 StR 598/99, BGHR StGB § 253 Abs. 1 Bereicherungsabsicht 9 mwN).
28
Als ein solcher Vermögenszuwachs kann auch die Erlangung des Besitzes an einer Sache bewertet werden und zwar selbst bei einem nur vorübergehenden Besitzwechsel (BGH, Urteil vom 5. Juli 1960 - 5 StR 80/60, BGHSt 14, 386, 388 f.). Jedoch ist der bloße Besitz in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur in den Fällen als Vermögensvorteil anerkannt, in denen ihm ein eigenständiger wirtschaftlicher Wert zukommt (BGH, Urteil vom 17. August 2001 - 2 StR 159/01, BGHR StGB § 253 Abs. 1 Vermögenswert 2), was regelmäßig lediglich dann zu bejahen ist, wenn mit dem Besitz wirtschaftlich messbare Gebrauchsvorteile verbunden sind, die der Täter oder der Dritte nutzen will (vgl. BGH, Urteil vom 16. August 1995 - 2 StR 303/95, BGHR StGB § 253 Abs. 1 Vermögenswert 1 mwN; SSW-StGB/Satzger, § 263 Rdn. 98; zum Besitz an einem Kraftfahrzeug: BGH, Urteil vom 5. Juli 1960 - 5 StR 80/60, BGHSt 14, 386, 388 f.; Beschluss vom 24. April 1990 - 5 StR 111/90, BGHR StGB § 253 Abs. 1 Vermögensschaden 7; Urteil vom 4. April 1995 - 1 StR 772/94, NStZ 1996, 39; Beschluss vom 12. Januar 1999 - 4 StR 685/98, NStZ-RR 1999, 103; ähnlich für den Betrug: BGH, Beschluss vom 27. Mai 2008 - 4 StR 58/08, NStZ 2008, 627).
29
Dagegen genügt - wie beim Raub - nicht, wenn der Täter zwar kurzzeitigen Besitz begründen will, die Sache aber unmittelbar nach der Erlangung vernichtet werden soll (BGH, Beschluss vom 27. Juli 2004 - 3 StR 71/04, NStZ 2005, 155 mwN; Vogel in Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., § 253 Rn. 29; Eser/Bosch in Schönke/Schröder, 28. Aufl., § 253 Rn. 17). Ebenso wenig reicht es aus, wenn der Täter den mit seiner Tat verbundenen Vermögensvorteil nur als notwendige oder mögliche Folge seines ausschließlich auf einen anderen Zweck gerichteten Verhaltens hinnimmt (BGH, Urteil vom 3. Mai 1988 - 1 StR 148/88, NJW 1988, 2623; ähnlich BGH, Beschluss vom 19. August 1987 - 2 StR 394/87, BGHR StGB § 253 Abs. 1 Bereicherungsabsicht 1) und allein einen anderen als einen wirtschaftlichen Vorteil erstrebt (BGH, Beschluss vom 14. Oktober 1971 - 4 StR 397/71).
30
Auf dieser Grundlage fehlt es an einer Bereicherungsabsicht der Angeklagten bzw. des Björn Sch. in Bezug auf die Kutte des Dirk O. und dessen Messer. Denn das Landgericht vermochte - wie oben ausgeführt - nicht auszuschließen, dass der Tatplan von vornherein vorsah, die Kutte zu vernichten und das Messer sofort wegzuwerfen.
31
b) Da die Angeklagten sowie Björn Sch. weder einen Raub noch eine räuberische Erpressung beabsichtigt haben, kommt auch eine Verurteilung wegen räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer gemäß § 316a StGB nicht in Betracht.
32
c) Das Schwurgericht hat auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen die Angeklagten zu Recht nicht wegen Täterschaft oder Teilnahme an der vorsätzlichen Tötung des Dirk O. verurteilt.
33
aa) Einen Tötungsvorsatz der Angeklagten hat es rechtsfehlerfrei als nicht erwiesen erachtet.
34
(1) Das Willenselement des bedingten Vorsatzes ist bei Tötungsdelikten nur gegeben, wenn der Täter den von ihm als möglich erkannten Eintritt des Todes billigt oder sich um des erstrebten Zieles willen damit abfindet. Bewusste Fahrlässigkeit liegt hingegen dann vor, wenn er mit der als möglich erkannten Tatbestandsverwirklichung nicht einverstanden ist und ernsthaft - nicht nur vage - darauf vertraut, der Tod werde nicht eintreten (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 2007 - 3 StR 226/07, NStZ 2008, 93 mwN). Dabei genügt für eine vorsätzliche Tatbegehung, dass der Täter den konkreten Erfolgseintritt akzeptiert und er sich innerlich mit ihm abgefunden hat (vgl. BGH, Beschluss vom 5. März 2008 - 2 StR 50/08, NStZ 2008, 451 mwN), mag er auch seinen Wünschen nicht entsprochen haben (vgl. BGH, Urteil vom 27. August 2009 - 3 StR 246/09, NStZ-RR 2009, 372, 373; ähnlich zum unerwünschten Erfolg bereits BGH, Urteil vom 22. April 1955 - 5 StR 35/55, BGHSt 7, 363, 369). Hatte der Täter dagegen begründeten Anlass darauf zu vertrauen und vertraute er darauf, es werde nicht zum Erfolgseintritt kommen, kann bedingter Vorsatz nicht angenommen werden (BGH, Beschluss vom 5. März 2008 - 2 StR 50/08, NStZ 2008, 451).
35
Da beide Schuldformen im Grenzbereich eng beieinander liegen, ist bei der Prüfung, ob der Täter vorsätzlich gehandelt hat, eine Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Tatumstände geboten (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 2007 - 3 StR 226/07, NStZ 2008, 93 mwN); sowohl das Wissens - als auch das Willenselement muss grundsätzlich in jedem Einzelfall geprüft und durch tatsächliche Feststellungen belegt werden (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2006 - 2 StR 340/06, NStZ 2007, 150, 151; Beschluss vom 8. Mai 2008 - 3 StR 142/08, NStZ 2009, 91 jeweils mwN). Insbesondere bei der Würdigung des voluntativen Vorsatzelements ist es regelmäßig erforderlich, dass sich der Tatrichter mit der Persönlichkeit des Täters auseinandersetzt und seine psychische Verfassung bei der Tatbegehung sowie seine Motivation und die zum Tatgeschehen bedeutsamen Umstände - insbesondere die konkrete Angriffsweise - mit in Betracht zieht (BGH, Beschluss vom 1. Juni 2007 - 2 StR 133/07, NStZ-RR 2007, 267; Urteil vom 27. August 2009 - 3 StR 246/09, NStZRR 2009, 372 jeweils mwN). Dabei liegt zwar die Annahme einer Billigung des Todes des Opfers nahe, wenn der Täter sein Vorhaben trotz erkannter Lebensgefährlichkeit durchführt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 18. Oktober 2006 - 2 StR 340/06, NStZ 2007, 150, 151; vom 18. Oktober 2007 - 3 StR 226/07, NStZ 2008, 93 f.; vom 27. August 2009 - 3 StR 246/09, NStZ-RR 2009, 372 jeweils mwN). Allein aus dem Wissen um den möglichen Erfolgseintritt oder die Gefährlichkeit des Verhaltens kann aber nicht ohne Berücksichtigung etwaiger sich aus der Tat und der Persönlichkeit des Täters ergebender Besonderheiten geschlossen werden, dass auch das Willenselement des Vorsatzes gegeben ist (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Mai 2008 - 3 StR 142/08, NStZ 2009, 91 mwN).
36
(2) Den sich hieraus ergebenden Anforderungen wird das landgerichtliche Urteil gerecht. Die Strafkammer hat die rechtlichen Grundlagen für die Ab- grenzung des bedingten Tötungsvorsatzes von bewusster Fahrlässigkeit zutreffend gesehen und beachtet. Ihre Bewertung, Tötungsvorsatz bei den Angeklagten sei nicht erwiesen, weist keinen Rechtsfehler auf.
37
Nach den Feststellungen des Schwurgerichts wussten die Angeklagten, "dass es zur Erlangung der symbolträchtigen Kutte zu einer möglicherweise auch harten körperlichen Auseinandersetzung mit dem gegnerischen Rocker" und "auch zum Einsatz von Waffen und Werkzeugen - wie etwa Schlaghölzern, Reizgas, Schlagstöcken, Motocrosshandschuhen und evtl. auch Messern - kommen könnte". Ihnen war "bewusst …, dass derartige Aktionen … ein hohes, unter Umständen auch tödliches, Gewaltpotential in sich tragen" und ihr Handeln "aufgrund der Art der ggf. einzusetzenden Tatmittel auch den Tod des anzugreifenden Rockers nach sich ziehen könnte". Gleichwohl vermochte sich das Landgericht - rechtsfehlerfrei - nicht davon zu überzeugen, dass das Willenselement des bedingten Tötungsvorsatzes gegeben ist. Denn die Angeklagten vertrauten - wie das Schwurgericht ausführlich belegt - "im Hinblick auf ihre körperliche und auch zahlenmäßige Überlegenheit … darauf, dass ein lebensgefährliches Ausmaß der Gewaltanwendung nicht notwendig sein werde"; auch war ihnen aus unterschiedlichen Gründen ein tödlicher Ausgang unerwünscht.
38
bb) Der Generalbundesanwalt meint auf der Grundlage seiner rechtlichen Bewertung des Tatgeschehens als besonders schwere räuberische Erpressung mit Todesfolge unter Hinweis auf das Urteil des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 18. Dezember 2007 (1 StR 301/07, NStZ 2008, 280, 281 und Walter, NStZ 2008, 548), der Angeklagte A. sei Gehilfe des vorsätzlichen Tötungsdelikts, weil sich "durch das gemeinsame Ausziehen und Ansichnehmen der Kutte des dann zurückgelassenen tödlich Verletzten … sein Vorsatz sukzessive auf die zum Tod führende Gewalthandlung des Mittäters Sch. erstreckt" habe. Der Senat lässt offen, ob dem bei Vorliegen einer räuberischen Erpressung zu folgen wäre. Ein solcher Fall ist vorliegend nicht gegeben, da weder der Angeklagte A. noch Björn Sch. den Tatbestand des Raubes bzw. der räuberischen Erpressung (mit Todesfolge) verwirklicht haben. Kann bei mehreren nacheinander aktiv werdenden Tätern der Hinzutretende die weitere Tatausführung nicht mehr fördern, weil für die Herbeiführung des tatbestandsmäßigen Erfolges schon alles getan ist und bleibt deshalb sein eigenes Handeln ohne Einfluss auf den späteren Tod des Geschädigten, kommt eine Zurechnung nach den Grundsätzen der (sukzessiven) Mittäterschaft trotz Kenntnis, Billigung und Ausnutzung der durch einen anderen geschaffenen Lage nicht in Betracht (BGH, Beschluss vom 9. Juni 2009 - 4 StR 164/09, NStZ 2009, 631, 632). Allein eine nachträgliche Billigung der tödlichen Gewalt kann deshalb jedenfalls im vorliegenden Fall eine strafbare Verantwortlichkeit des Angeklagten A. für die bereits abgeschlossene Tötungshandlung nicht begründen (vgl. BGH, Urteil vom 8. November 1984 - 4 StR 526/84 mwN). Dies gilt auch für die vom Generalbundesanwalt bejahte Beihilfe zum Mord und bezieht sich in gleicher Weise auf den Angeklagten S. .
39
d) Nach den vom Landgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen ist den Angeklagten auch der zur Querschnittlähmung des Opfers führende (letzte) Messerstich des Björn Sch. nicht zuzurechnen.
40
Eine solche Zurechnung scheidet aus, wenn der unmittelbare Täter dem Opfer den weiteren Stich nicht mehr im Rahmen verabredeter Gewaltanwendung beibrachte, der Dritte die (weitere) Gewaltanwendung weder gebilligt noch zu ihr gefahrerhöhend beigetragen hat und er deren Folgen auch nicht dazu ausnutzen wollte, den Besitz von durch die Tat erlangten Vermögenswerten zu erhalten (vgl. BGH, Beschluss vom 16. September 2009 - 2 StR 259/09, NStZ 2010, 33, 34). So verhält es sich hier. Der Messerstich erfolgte nach der Wegnahme der Kutte, er entsprach nicht dem Tatplan, sondern wurde "ohne weitere Absprache" mit dem Angeklagten A. von Björn Sch. ausgeführt, um (nicht ausschließbar) "ganz sicher zu gehen, dass dieser [also Dirk O. ] versterbe" (UA 63).
41
e) Entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts haben sich die Angeklagten auch nicht der Täterschaft oder Teilnahme an einem versuchten vorsätzlichen Tötungsverbrechen durch Unterlassen schuldig gemacht.
42
Denn eine Handlungspflicht des Garanten für das Leben eines anderen entfällt, wenn die gebotenen Rettungsbemühungen sicher erfolglos geblieben wären (BGH, Urteil vom 16. Februar 2000 - 2 StR 582/99, NStZ 2000, 414, 415; Weigend in Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl., § 13 Rdn. 63). Das ist nach den von der Strafkammer rechtsfehlerfrei getroffenen und tragfähig begründeten Feststellungen der Fall. Danach ging der Angeklagte A. - der objektiven Lage entsprechend (UA 78 f.) - nach der ersten Messerattacke des Björn Sch. davon aus, "dass der Outlaw durch die Messerstiche bereits tödlich verletzt sei" und selbst "bei sofort herbeigerufener Hilfe sterben" werde. Dasselbe hat das Landgericht bezüglich des Angeklagten S. festgestellt.
43
Da es durch das Sichentfernen der Angeklagten nicht zu einer Steigerung der für Dirk O. bestehenden Gefahr kam, haben sich die Angeklagten auch nicht nach § 221 StGB strafbar gemacht (vgl. SSW-StGB/Momsen, § 221 Rn. 10, 11).
44
f) Nach den getroffenen Feststellungen hat das Schwurgericht die Angeklagten zu Recht auch nicht des (versuchten) gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr gemäß § 315b StGB schuldig gesprochen.
45
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats erfasst § 315b StGB ein vorschriftswidriges Verkehrsverhalten eines Fahrzeugführers nur dann, wenn dieser das von ihm gesteuerte Kraftfahrzeug in verkehrsfeindlicher Einstellung bewusst zweckwidrig einsetzt, er mithin in der Absicht handelt, den Verkehrsvorgang zu einem Eingriff in den Straßenverkehr zu "pervertieren" und er dabei mit zumindest bedingtem Schädigungsvorsatz handelt (Beschluss vom 16. März 2010 - 4 StR 82/10 mwN; vgl. auch SSW-StGB/Ernemann, § 315b StGB Rn. 18). Einen solchen, mit dem Eingriff in den Straßenverkehr verbundenen Schädigungsvorsatz vermochte das Landgericht jedoch nicht festzustellen. Es kam vielmehr - rechtsfehlerfrei - zu der Erkenntnis, dass der Angeklagte S. darauf vertraute, dass Dirk O. weder zu Fall kommt, noch auf den Pkw auffährt und dass eine solche Gefahr auch objektiv nicht bestand. Eine versuchte Anstiftung durch den Angeklagten A. (§ 30 Abs. 1, § 315b Abs. 1, 3, § 315 Abs. 3 StGB) liegt nach den getroffenen Feststellungen nicht vor.
46
g) Soweit eine Verurteilung der Angeklagten nach § 323c StGB in Betracht kam (vgl. BGH, Urteil vom 16. Februar 2000 - 2 StR 582/99, NStZ 2000, 414, 415; Fischer, StGB, 58. Aufl., § 323c Rn. 18), hat der Senat das Verfahren in der Hauptverhandlung gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt.
47
h) Auch die Rechtsfolgenaussprüche weisen - abgesehen von der den Angeklagten A. betreffenden Entscheidung nach § 51 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 Satz 2 StGB - keinen die Angeklagten begünstigenden Rechtsfehler auf.
48
aa) Dies gilt auch, soweit der Generalbundesanwalt und die revisionsführende Staatsanwaltschaft beim Angeklagten A. die Prüfung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vermissen.
49
Denn es fehlt nach der vom Senat gemäß Art. 316e Abs. 2 EGStGB, § 354a StPO zu beachtenden, am 1. Januar 2011 in Kraft getretenen Neufassung des § 66 StGB an Vorstrafen, die die dort geforderten Voraussetzungen erfüllen (vgl. BT-Drucks. 17/3403 S. 50). Insbesondere die im Jahr 2005 erfolgte Verurteilung wegen Wohnungseinbruchdiebstahls und anderem ist nicht mehr geeignet, die Anordnung der Sicherungsverwahrung zu begründen.
50
bb) Die Revision der Staatsanwaltschaft führt jedoch zur Abänderung des Maßstabs für die Anrechung der in Portugal beim Angeklagten A. vollzogenen Auslieferungshaft, den das Landgericht mit 2:1 bestimmt hat.
51
Besondere Erschwernisse, die diesen Anrechnungsmaßstab rechtfertigen könnten, hat die Strafkammer - ersichtlich aufgrund des Schweigens des Angeklagten A. zur Person und zur Sache (UA 25) - nicht festgestellt. Im Hinblick darauf, dass in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union - auch in Portugal (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Juli 2010 - 5 StR 251/10) - grundsätzlich Anhaltspunkte für eine andere Anrechnung als im Verhältnis 1:1 nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen sind, hat der Senat gemäß § 354 Abs. 1 StPO den Anrechnungsmaßstab selbst entsprechend bestimmt (BGH, Beschlüsse vom 4. Juni 2003 - 5 StR 124/03, BGHR StGB § 51 Abs. 4 Anrechnung 3; vom 4. Juli 2007 - 1 StR 298/07; vgl. dazu auch BVerfG, Beschluss vom 5. Mai 2005 - 2 BvR 1593/03).

III.


52
Die Revisionen der Angeklagten haben keinen Erfolg.
53
1. Das Rechtsmittel des Angeklagten A. ist unbegründet.
54
a) Seine Verurteilung wegen Körperverletzung mit Todesfolge begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
55
Zwar kann einem Mittäter das Handeln eines anderen Mittäters, das über das gemeinsam Gewollte hinausgeht, grundsätzlich nicht zugerechnet werden (BGH, Urteil vom 5. August 2010 - 3 StR 210/10 Rn. 15 mwN). Handelt ein Mittäter aber mit zumindest bedingtem Tötungsvorsatz, ein anderer dagegen nur mit Verletzungsvorsatz, so ist letzterer - wenn er den tödlichen Ausgang für das Opfer vorhersehen konnte - zwar nicht wegen eines vorsätzlichen Tötungsdelikts , aber wegen Körperverletzung mit Todesfolge strafbar (BGH, Urteil vom 19. August 2004 - 5 StR 218/04, NStZ 2005, 93 m. Anm. Heinrich). Wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung kann für deren Todesfolge, die ein anderer unmittelbar herbeigeführt hat, mithin auch derjenige bestraft werden, der die Verletzung nicht mit eigener Hand ausgeführt, jedoch aufgrund eines gemeinschaftlichen Tatentschlusses mit dem Willen zur Tatherrschaft zum Verletzungserfolg beigetragen hat, sofern die Handlung des anderen im Rahmen des beiderseitigen ausdrücklichen oder stillschweigenden Einverständnisses lag und dem Täter hinsichtlich des Erfolges Fahrlässigkeit zur Last fällt (BGH, Beschluss vom 9. Juni 2009 - 4 StR 164/09, NStZ 2009, 631, 632). Dies gilt jedenfalls dann, wenn bei dem Mittäter das Wissenselement des Tötungsvorsatzes vorlag und dieser allein deshalb fehlte, weil es am Willenselement mangelte (vgl. auch BGH, Urteile vom 15. September 2004 - 2 StR 242/04, NStZ 2005, 261, 262; vom 5. August 2010 - 3 StR 210/10 mwN).
56
So verhält es sich hier. Beide Angeklagten rechneten - wie ausgeführt - mit Körperverletzungen unter Einsatz von Waffen und Werkzeugen, auch eines Messers, und billigten diese. Ihnen war ferner bewusst, dass "die Aktion aufgrund der Art der ggf. einzusetzenden Tatmittel auch den Tod des anzugreifenden Rockers nach sich ziehen könnte". Die damit gegebene Vorhersehbarkeit des Todes von Dirk O. reicht für die Erfüllung der subjektiven Fahrlässigkeitskomponente des § 227 StGB aus; einer Voraussehbarkeit aller Einzelheiten des zum Tode führenden Geschehensablaufs bedarf es nicht (BGH, Urteil vom 10. Juni 2009 - 2 StR 103/09, NStZ-RR 2009, 309, 310 mwN).
57
b) Auch die Verurteilung des Angeklagten A. wegen mit der Körperverletzung mit Todesfolge und der Nötigung in Tateinheit stehenden Beteiligung an einer Schlägerei begegnet keinen Bedenken. Sie entspricht sowohl hinsichtlich der Bejahung des Tatbestandes des § 231 StGB als auch bezüglich der Konkurrenzen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Oktober 2008 - 3 StR 236/08; Urteil vom 10. Juni 2009 - 2 StR 103/09, NStZ-RR 2009, 309, 310 mwN)
58
c) Entsprechendes gilt für den Schuldspruch wegen Nötigung. Diese wird hinsichtlich des Ausbremsens vom Verteidiger des Angeklagten A. nicht in Frage gestellt. Sie liegt aber auch hinsichtlich der Wegnahme der Kutte vor, bezüglich derer der Einsatz des Messers von Anfang an vom Vorsatz des Angeklagten A. umfasst war (vgl. auch UA 79).
59
d) Die Strafzumessung weist ebenfalls keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler auf. Dies gilt insbesondere für die Bewertung des Schwurgerichts, bei der vom Angeklagten A. begangenen Nötigung handle es sich um einen (unbenannten) besonders schweren Fall im Sinne des § 240 Abs. 4 Satz 1 StGB. Sie wird vom Tatgericht zutreffend auf das "besonders grobe" Missverhältnis zwischen Mittel und Zweck gestützt.
60
e) Auch der Maßregelausspruch hält der Überprüfung stand. Zwar war der Angeklagte A. "nur" Beifahrer in dem vom Angeklagten S. gesteuerten Pkw. Indes hat der Angeklagte A. an der ihm zu Recht angelasteten Nötigung des Dirk O. durch das Ausbremsen nicht nur dadurch mitgewirkt, dass er den Angeklagten S. hierzu "verbal gedrängt" hat, sondern auch dadurch, dass er die "Weisung" für den Beginn des Überholmanövers gab. Dies rechtfertigt die Maßregel nach §§ 69, 69a StGB (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Februar 2004 - 4 StR 585/03, NStZ 2004, 617; Tepperwien in Festschrift Nehm, 2006, S. 427, 430).
61
2. Die Revision des Angeklagten S. ist ebenfalls unbegründet.
62
a) Die Verurteilung wegen Beihilfe zur Körperverletzung mit Todesfolge und zur Beteiligung an einer Schlägerei sowie wegen Nötigung ist nicht zu beanstanden. Rechtsfehlerfrei ist - wie ausgeführt - auch die Annahme von Tateinheit zwischen diesen Straftatbeständen.
63
b) Der Strafausspruch hält im Ergebnis ebenfalls der Überprüfung stand.
64
Zwar hat es das Schwurgericht unterlassen, beim Angeklagten S. trotz Vorliegens zweier vertypter Milderungsgründe (§ 27 Abs. 2, § 46b StGB) zu prüfen, ob ein minder schwerer Fall der Körperverletzung mit Todesfolge vorliegt. Der Senat schließt aufgrund der Besonderheiten des Falles jedoch aus, dass der Strafausspruch hierauf beruht. Denn es lag im Hinblick auf die vom Landgericht zutreffend dargelegten Strafschärfungsgründe (u.a. Bewährungsversagen ) fern, einen minder schweren Fall gemäß § 227 Abs. 2 StGB ohne "Verbrauch" mindestens eines der vertypten Milderungsgründe anzunehmen. Wäre aber der Strafrahmen des § 227 Abs. 2 StGB einmal nach § 49 Abs. 1 StGB gemindert worden, so wäre - bei nur geringfügig niedrigerer Strafrahmenobergrenze - die Strafrahmenuntergrenze höher gewesen als nach der vom Schwurgericht vorgenommenen doppelten Minderung des Strafrahmens des § 227 Abs. 1 StGB.
65
Die Annahme eines besonders schweren Falls der Nötigung begegnet beim Angeklagten S. auch angesichts der nur eingeschränkten Überprüfbarkeit dieser Bewertung in der Revision (vgl. Fischer aaO § 46 Rn. 85 mwN) keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

IV.


66
Das nur geringfügige Obsiegen der Staatsanwaltschaft rechtfertigt keine Kostenteilung. Da mithin sowohl die Revisionen der Staatsanwaltschaft als auch die der Nebenkläger erfolglos geblieben bzw. entsprechend zu behandeln sind, haben die Nebenkläger außer der Revisionsgebühr auch die Hälfte der gerichtlichen Auslagen zu tragen. Die durch diese Revisionen verursachten notwendigen Auslagen des Angeklagten hat allein die Staatskasse zu tragen (§ 473 Abs. 2 Satz 1 StPO); eine Auferlegung der notwendigen Auslagen des Angeklagten auf den Nebenkläger erfolgt nur dann, wenn dieser allein erfolglos Revision eingelegt hat, nicht dagegen, wenn auch die Staatsanwaltschaft Rechtsmittelführe- rin ist (§ 473 Abs. 1 Satz 3 StPO; vgl. aber BGH, Urteil vom 9. Dezember 2010 - 5 StR 405/10). Die Kosten- und Auslagenentscheidung hinsichtlich der Revisionen der Angeklagten beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 und 2 StPO. Zwar sind auch die Revision der Nebenkläger erfolglos geblieben, dies rechtfertigt es jedoch nicht, von einer Auslagenerstattung zu ihren Gunsten abzusehen (§ 473 Abs. 1 Satz 2 StPO; zum Ganzen: BGH, Urteil vom 30. November 2005 - 2 StR 402/05).
Ernemann Solin-Stojanović Cierniak
Franke Mutzbauer

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 487/10
vom
27. Januar 2011
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter sexueller Nötigung
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 27. Januar
2011, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann,
Richterinnen am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
Roggenbuck,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Franke,
Bender
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 3. Mai 2010, soweit der Angeklagte verurteilt worden ist, mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision der Staatsanwaltschaft wird verworfen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchter sexueller Nötigung zu der Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Vom Vorwurf einer weiteren versuchten Vergewaltigung hat es den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten, auf die Sachrüge gestützten Revision, die, soweit sie sich gegen den Schuldspruch richtet, vom Generalbundesanwalt vertreten wird, greift die Staatsanwaltschaft den Freispruch an und rügt zum Schuldspruch, dass die Strafkammer die Voraussetzungen der Qualifikationstatbestände des § 177 Abs. 3 Nr. 2 StGB und § 177 Abs. 4 Nr. 1 StGB verneint und den Angeklagten nicht auch wegen tateinheitlich begangener gefährlicher Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB ver- urteilt hat. Der Angeklagte wendet sich mit seinem die Verletzung materiellen Rechts geltend machenden Rechtsmittel gegen die Verurteilung.
2
Während die Revision des Angeklagten in vollem Umfang Erfolg hat, ist das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft nur insoweit begründet, als es sich gegen die der Verurteilung zu Grunde liegende rechtliche Würdigung des Landgerichts richtet.

I.


3
1. Nach den zum Schuldspruch getroffenen Feststellungen suchte die Geschädigte, die als Sozialarbeiterin für die praktische Betreuung des - unter epileptischen Krampfanfällen leidenden und eine leichte Intelligenzminderung aufweisenden - Angeklagten bei der Organisation seines Alltags zuständig war, am 23. April 2009 gegen 14.00 Uhr den Angeklagten in seiner Wohnung auf. Anders als bei früheren Besuchen, bei denen sie zumeist von einem anderen Betreuten begleitet worden war, kam die Geschädigte allein in die Wohnung, wo sie vom Angeklagten erwartet und freundlich begrüßt wurde. Im Verlaufe des sich anschließenden Gesprächs stand der Angeklagte von seinem Platz auf der Eckcouch, auf der er der Geschädigten gegenüber gesessen hatte, auf, griff nach einer Flasche Selters, die hinter dem Sitzplatz der Geschädigten stand, und trank einen Schluck aus der Flasche, während die Geschädigte sich nach vorne beugte, um etwas in ihrer Tasche zu suchen.
4
Spätestens zu diesem Zeitpunkt fasste der Angeklagte den Plan, die Anwesenheit der Geschädigten für ein sexuelles Erlebnis zu nutzen, wobei er ihren möglichen Widerstand von vornherein unterbinden und sie zwingen wollte, sich seinen noch nicht näher definierten sexuellen Wünschen zu fügen. Hierzu langte er zu einer ebenfalls hinter dem Sitzplatz der Geschädigten stehenden Flasche eines Haushaltsreinigers, der bei Haut- oder Augenkontakt zu Reizungen oder Entzündungen führen kann, im Übrigen aber nicht als umwelt- oder gesundheitsschädlich eingestuft ist. Seitlich hinter der Geschädigten stehend gab der Angeklagte ohne Vorwarnung einen Sprühstoß des Reinigungsmittels aus der Sprühflasche in Richtung der Gesichts- und Augenpartie der Geschädigten ab, um sie auf diese Weise vorübergehend zu blenden und ihr die Möglichkeit zu nehmen, sich wirksam gegen seinen beabsichtigten Zugriff zur Wehr zu setzen. Tatsächlich traf der Sprühstoß die rechte Gesichtshälfte und das rechte Auge der Geschädigten, die einer weiteren Beeinträchtigung dadurch entgehen konnte, dass sie ihr Gesicht reflexartig zur Seite drehte. Die völlig überraschte Geschädigte verspürte ein Brennen im rechten Auge und erschrak heftig. Der Angeklagte ließ die Flasche fallen und griff von hinten um die Geschädigte herum, um ihr Mund und Nase zuzuhalten. Mit beiden Armen drückte er zudem ihren nach vorne gebeugten Oberkörper zurück in den Sitz und forderte sie wiederholt auf, ruhig zu bleiben. Als die Geschädigte den Anschein erweckte, sich nicht wehren zu wollen, hielt der Angeklagte die Zeit für gekommen , sie in Richtung des an der anderen Wand befindlichen Bettes zu ziehen. Er forderte sie auf, aufzustehen und mitzukommen. Als die Geschädigte bemerkte , dass der Angeklagte sie nicht aus der Wohnung werfen wollte, sondern sie in Richtung seines Bettes zerrte, begann sie sich zu wehren und den Angeklagten von sich zu drücken. Der Angeklagte forderte sie auf, still zu sein, drückte sie zurück gegen die Rückenlehne der Couchgarnitur und versuchte, um ihren Widerstand zu unterbinden und sie insbesondere am Schreien zu hindern , ihren Mund mit einem Stück Stoff zu verstopfen, was an der Gegenwehr der Geschädigten scheiterte. Im weiteren Verlauf der Auseinandersetzung gelang es der Geschädigten schließlich trotz der Bemühungen des Angeklagten, sich ihrer zu bemächtigen, die Wohnungstür zu öffnen und mehrmals laut um Hilfe zu rufen. Der Angeklagte, der erwartete, dass die Hilferufe gehört und beachtet würden, sah seinen Plan, doch noch die Oberhand über die Geschädigte zu gewinnen und sie zu sexuellen Handlungen nötigen zu können, als gescheitert an. Er ließ nunmehr von der Geschädigten ab, die daraufhin die Wohnung verließ.
5
Die Geschädigte erlitt Hämatome an den Oberarmen, eine Prellung am Lendenwirbel und eine vorübergehende Reizung des rechten Auges ohne Beeinträchtigung der Sehkraft. Nach der Tat rief der Angeklagte spontan die Notrufnummer der Polizei an und teilte dem diensthabenden Polizeibeamten mit, dass er soeben "eine Frau überfallen" habe.
6
2. In der Anklage der Staatsanwaltschaft Magdeburg vom 28. Januar 2010 ist dem Angeklagten des Weiteren zur Last gelegt worden, am 27. März 2008 versucht zu haben, eine Bekannte, in deren Wohnung er sich zum Kaffeetrinken aufgehalten habe, gewaltsam zum Geschlechtsverkehr zu zwingen , indem er sich in Ausführung seines Tatplans hinter die Geschädigte begeben und sie festgehalten habe. Der Geschädigten sei es jedoch gelungen, sich zu wehren und den Angeklagten aus der Wohnung zu werfen. Von diesem Anklagevorwurf hat sich die Strafkammer nicht zu überzeugen vermocht, weil die Geschädigte als Zeugin in der Hauptverhandlung und in ihrer polizeilichen Vernehmung voneinander abweichende Angaben zum Geschehensablauf gemacht hat.

II.


7
Revision des Angeklagten
8
Die Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung der Verurteilung. Der Schuldspruch wegen versuchter sexueller Nötigung hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand, weil die Feststellungen zur subjektiven Tatseite nicht tragfähig begründet sind.
9
Die zur richterlichen Überzeugung erforderliche persönliche Gewissheit des Richters setzt objektive Grundlagen voraus, die aus rationalen Gründen den Schluss erlauben, dass das festgestellte Geschehen mit der Wirklichkeit übereinstimmt. Das ist der Nachprüfung durch das Revisionsgericht zugänglich. Deshalb müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, dass die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen, verstandesmäßig einsehbaren Tatsachengrundlage beruht und die vom Gericht gezogene Schlussfolgerung nicht etwa nur eine Annahme ist oder sich als bloße Vermutung erweist, die letztlich nicht mehr als einen Verdacht zu begründen vermag (BGH, Beschluss vom 24. Juni 1982 - 4 StR 183/82, NStZ 1982, 478; vom 6. April 1990 - 2 StR 627/89, BGHR StPO § 261 Identifizierung 6; vom 8. November 1996 - 2 StR 534/96, BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 26; vgl. auch BVerfG, NJW 2008, 3346, 3347 f.).
10
Diesen Anforderungen werden die Ausführungen im angefochtenen Urteil zur subjektiven Tatseite nicht gerecht. Ihre Feststellungen zu einem auf die Erzwingung sexueller Handlungen gerichteten Nötigungsvorsatzes des Angeklagten stützt die Strafkammer zum einen darauf, dass die Geschädigte nach ihren Bekundungen in der Hauptverhandlung auf Grund der Bemühungen des Angeklagten, sie in Richtung des Bettes zu zerren, ein sexuelles Motiv ange- nommen und dieses als einzig möglichen Beweggrund des Angeklagten erachtet habe. Zum anderen verweist das Landgericht auf die in dem Telefonat mit der Polizei gemachte Äußerung des Angeklagten, "eine Frau überfallen" zu haben , mit welcher der Angeklagte eine sexuelle Absicht eingeräumt habe. Beide Gesichtspunkte sind nicht tragfähig. Die subjektiven Eindrücke, die ein Tatopfer auf Grund der Vorgehensweise des Täters von dessen Beweggründen gewonnen hat, können für die Beantwortung der Frage nach den tatsächlichen handlungsleitenden Motiven des Täters allenfalls als ergänzendes, für sich genommen kaum aussagekräftiges Beweisanzeichen herangezogen werden. Sie vermögen aber eine eigenständige Würdigung des objektiven Geschehensablaufs durch den Tatrichter nicht zu ersetzen. Eine solche Bewertung hat das Landgericht nicht vorgenommen. Der Äußerung des Angeklagten in dem nach der Tat mit der Polizei geführten Telefonat ist lediglich zu entnehmen, dass der Angeklagte eine Frau überraschend in nicht näher konkretisierter Weise angegriffen hat. Ein darüber hinausgehender Aussagegehalt kommt dieser Bemerkung nicht zu. Insbesondere bleibt gerade offen, welche subjektive Zielrichtung dem Angriff zu Grunde lag. Entgegen der Auffassung des Landgerichts kann daher aus der Äußerung des Angeklagten, eine Frau überfallen zu haben, nicht auf eine bestimmte Tatmotivation des Angeklagten geschlossen werden.
11
In der neuerlichen Hauptverhandlung wird zu prüfen sein, ob auf der Grundlage des neu festzustellenden objektiven Geschehensablaufs tragfähige Feststellungen zur subjektiven Tatseite getroffen werden können, welche einen auf die Erzwingung sexueller Handlungen gerichteten Nötigungsvorsatz des Angeklagten belegen.

III.


12
Revision der Staatsanwaltschaft
13
1. Mit ihrer sich gegen den Schuldspruch des angefochtenen Urteils richtenden Revision beanstandet die Staatsanwaltschaft zu Recht, dass die Strafkammer die Anwendung der Qualifikationsnorm des § 177 Abs. 3 Nr. 2 StGB mit rechtlich unzutreffender Begründung verneint und die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 177 Abs. 4 Nr. 1 StGB sowie einer gefährlichen Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht erschöpfend geprüft hat.
14
a) Der Qualifikationstatbestand des § 177 Abs. 3 Nr. 2 StGB setzt nicht voraus, dass der Täter das Werkzeug oder Mittel schon von vornherein bei sich führt, um es bei der Tat zur Verhinderung oder Überwindung des Widerstands des Opfers einzusetzen. Vielmehr ist es ausreichend, dass der Täter das Tatmittel zu irgendeinem Zeitpunkt der Tatbegehung einsatzbereit bei sich hat, wofür es auch genügt, wenn er es erst am Tatort ergreift (vgl. BGH, Urteil vom 21. Januar 1999 - 1 StR 654/98, NStZ 1999, 242; Beschluss vom 26. Oktober 2000 - 3 StR 433/00, NStZ 2001, 246; Urteil vom 10. April 2003 - 3 StR 420/02, NStZRR 2003, 202; Fischer, StGB, 58. Aufl., § 177 Rn. 81 m.w.N.). Danach hat der Angeklagte sowohl die Sprühflasche mit dem Haushaltsreiniger als auch das bei dem Versuch der Knebelung des Tatopfers verwendete Stück Stoff im Sinne des § 177 Abs. 3 Nr. 2 StGB bei sich geführt. Dass diese Gegenstände vor gefasster Verwendungsabsicht bereits in der Wohnung vorhanden waren, ist dabei entgegen der Ansicht der Strafkammer ohne Belang.
15
b) Ein gefährliches Werkzeug im Sinne des § 177 Abs. 4 Nr. 1 StGB wird nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht nur dann benutzt, wenn der Täter ein generell gefährliches Tatmittel einsetzt, sondern auch, wenn sich die objektive Gefährlichkeit des eingesetzten Gegenstandes erst aus der konkreten Art seiner Verwendung ergibt, die geeignet ist, erhebliche Verletzungen herbeizuführen (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2000 - 4 StR 464/00, BGHSt 46, 225, 228; Urteil vom 4. April 2007 - 2 StR 34/07, BGHSt 51, 276, 278; vom 10. April 2003 - 3 StR 420/02 aaO; Beschluss vom 17. September 2003 - 2 StR 254/03, NStZ 2004, 261; vom 8. Februar 2006 - 2 StR 575/05, StV 2006, 416). Die Gefährlichkeit des Tatmittels kann sich gerade daraus ergeben , dass ein Gegenstand bestimmungswidrig gebraucht wird. Auch für die Beurteilung der Frage, ob eine Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB mittels eines gefährlichen Werkzeugs begangen worden ist, kommt es maßgeblich darauf an, ob der gebrauchte Gegenstand nach seiner objektiven Beschaffenheit und nach der Art seiner Benutzung im Einzelfall geeignet ist, erhebliche Körperverletzungen zuzufügen (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 5. September 2006 - 4 StR 313/06, NStZ 2007, 95; Fischer, aaO, § 224 Rn. 9 m.w.N.).
16
Werkzeug im Sinne der Vorschriften der § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB und § 177 Abs. 4 Nr. 1 StGB ist jeder bewegliche Gegenstand, mit dem gleich auf welche Weise auf den Körper des Opfers eingewirkt werden kann. Die vom Angeklagten verwendete, einen Haushaltsreiniger beinhaltende Sprühflasche stellt ebenso wie ein Reizgassprühgerät (BGH, Beschluss vom 10. August 1995 – 4 StR 452/95; Urteil vom 12. Oktober 1999 – 1 StR 417/99, NStZ 2000, 87, 88) oder ein Pfeffersprayer (BGH, Beschluss vom 1. März 2001 – 4 StR 31/01, NZV 2001, 352, 353) ein solches Werkzeug dar, ohne dass es darauf ankommt, ob die Reinigerflüssigkeit als solche dem Werkzeugbegriff unterfällt (vgl.
Stree/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 224 Rn. 6; MünchKommStGB/Hardtung § 224 Rn. 14, 20; a.A. OLG Dresden NStZ-RR 2009, 337). Bei der Prüfung, ob der Angeklagte die Sprühflasche bei der Tatbegehung als gefährliches Werkzeug eingesetzt hat, hätte sich die Strafkammer mit der jedenfalls nicht fern liegenden Möglichkeit auseinandersetzen müssen, dass der vom Angeklagten versprühte Haushaltsreiniger seiner stofflichen Zusammensetzung nach bei einem Sprühstoß gegen die Gesichts- und Augenpartie des Opfers geeignet war, erhebliche Verletzungen zu verursachen. Hierzu wären nähere – gegebenenfalls unter Hinzuziehung eines Sachverständigen zu treffende – Feststellungen zu den möglichen Wirkungen des Reinigers auf Haut und Augen eines Menschen erforderlich gewesen.
17
2. Hinsichtlich des Teilfreispruchs erweist sich die Revision der Staatsanwaltschaft dagegen als unbegründet. Der Freispruch des Angeklagten vom Vorwurf der versuchten Vergewaltigung zum Nachteil einer weiteren Geschädigten hält rechtlicher Prüfung stand.
18
Allerdings hat es das Landgericht versäumt, die von ihm zum Anklagevorwurf getroffenen tatsächlichen Feststellungen in den Urteilsgründen näher darzustellen. Bei einem Freispruch aus tatsächlichen Gründen müssen grundsätzlich nach der Mitteilung des Anklagevorwurfs im Urteil zunächst diejenigen Feststellungen in einer geschlossenen Darstellung bezeichnet werden, die der Tatrichter für erwiesen hält, bevor er in der Beweiswürdigung dartut, aus welchen Gründen er die für einen Schuldspruch notwendigen zusätzlichen Feststellungen nicht treffen konnte (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 23. Juli 2008 - 2 StR 150/08, BGHSt 52, 314, 315; vom 9. Juni 2005 - 3 StR 269/04, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 14 m.w.N.). Diese Anforderungen sind kein Selbstzweck, sondern sollen dem Revisionsgericht die Prüfung ermöglichen, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind, insbesondere ob der den Entscheidungsgegenstand bildende Sachverhalt erschöpfend gewürdigt ist (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 267 Rn. 33). Im vorliegenden Fall wird die revisionsgerichtliche Überprüfung der den Freispruch tragenden Erwägungen durch die Urteilsausführungen hinlänglich ermöglicht.
19
Die Urteilsgründe geben die sich widersprechenden Angaben, welche die Geschädigte als Zeugin in der Hauptverhandlung sowie in ihrer polizeilichen Vernehmung am 18. Mai 2009 zu dem Tatvorwurf gemacht hat, in ihrem wesentlichen Inhalt wieder. Darüber hinaus teilen sie mit, dass die Geschädigte in der Hauptverhandlung auf Vorhalt ihrer widersprüchlichen Aussagen bekundet hat, dass sich das Tatgeschehen auch so wie bei der Polizei geschildert zugetragen haben könne, sie sich aber nicht mehr genau erinnere. Dass sich die Strafkammer auf Grund der Widersprüchlichkeit der Bekundungen der Geschädigten und des Fehlens sonstiger von den Angaben der Geschädigten unabhängiger Beweisanzeichen außer Stande gesehen hat, sich von einem Geschehensablauf zu überzeugen, der ein strafrechtlich relevantes Verhalten des Angeklagten belegt, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
Ernemann Solin-Stojanović Roggenbuck
Franke Bender

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 400/12
vom
13. November 2012
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schweren Raubes u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am
13. November 2012 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Schwerin vom 4. Mai 2012 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a) soweit der Angeklagte im Fall II.3 der Urteilsgründe verurteilt worden ist,
b) im gesamten verbleibenden Strafausspruch sowie
c) im Ausspruch über den Vorwegvollzug der Strafe.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit besonders schwerer räuberischer Erpressung und gefährlicher Körperverletzung (Tat II.2 der Urteilsgründe) sowie wegen schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung (Tat II.3 der Urteilsgründe) zur Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten verurteilt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und bestimmt , dass die Strafe vor der Unterbringung zu vollziehen ist, bis "unter Anrechnung der Untersuchungshaft" elf Monate verbüßt sind. Dagegen richtet sich die auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg, im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Im Fall II.3 der Urteilsgründe hält die Verurteilung des Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
3
Nach den Feststellungen des Landgerichts verschafften sich der Angeklagte und der gesondert Verfolgte S. Zutritt zur Wohnung des Zeugen H. , da sie erfahren hatten, dass sich dort auch der Geschädigte P. aufhielt. Diesen hatten sie in der Vergangenheit zunehmend dazu angehalten, für sie Besorgungen zu erledigen, was sich zuletzt bis zu täglichen Einkäufen gesteigert hatte. P. wollte den Kontakt zu ihnen abbrechen und hatte deshalb auf Anrufe nicht reagiert. Als er die Wohnung betrat und den Angeklagten sowie den gesondert Verfolgten S. sah, geriet er sofort in Angst, legte sich auf das Bett und zog die Beine an, um sich vor von ihm erwarteten Schlägen zu schützen. Der Angeklagte versetzte ihm mit einem Staubsaugerrohr aus Edelstahl drei bis vier gezielte Schläge auf Unterschenkel und Schienbeine. An- schließend schlug er ihm zwei bis drei Mal ins Gesicht und fragte, warum er nicht ans Telefon gehe; der Geschädigte erwiderte, er wolle keinen Kontakt zum Angeklagten. Nunmehr meinte der Angeklagte, der Geschädigte müsse deswegen eine Strafe zahlen, und forderte ihn zur Zahlung von 300 € auf. Der Geschädigte sagte die Zahlung aus Angst vor dem Angeklagten und dem gesondert Verfolgten S. zu. Dieser stand - wie zuvor bei den Schlägen durch den Angeklagten - mit angezogenen Lederhandschuhen daneben. Der Geschädigte erklärte aber, er könne einen solchen Betrag nur ratenweise zahlen. Daraufhin verlangte der gesondert Verfolgte S. , er solle einen Schuldschein ausstellen und seinen Computer als Pfand überlassen. Im Verlauf dieses Gesprächs verdoppelte sich der geforderte Betrag auf 600 €. Der Geschädigte erstellte den ihm diktierten Schuldschein; anschließend trugen er, der gesondert Verfolgte S. und der Angeklagte den Computer in das Fahrzeug des S. , fuhren zu dessen Wohnung und luden dort den Computer aus.
4
Diese Feststellungen ergeben das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen einer schweren räuberischen Erpressung nicht; denn sie belegen nicht die erforderliche finale Verknüpfung zwischen dem Nötigungsmittel und der von dem Opfer vorzunehmenden vermögensschädigenden Handlung (vgl. Fischer, StGB, 59. Aufl., § 253 Rn. 9, 18a). Die Strafkammer hat nicht festgestellt, dass der Angeklagte bereits im Zeitpunkt der Schläge mit dem Staubsaugerrohr vorhatte , den Geschädigten zur Herausgabe von Vermögenswerten zu bewegen. Die Schilderungen zur Vorgeschichte lassen vielmehr auch den Schluss zu, dass es ihm um eine Bestrafung des P. ging, weil sich dieser dem Zugriff des Angeklagten und des gesondert Verfolgten S. entziehen wollte.
5
Für den Zeitpunkt der erst nach Abschluss der Gewalthandlungen geäußerten Forderungen an den Geschädigten auf Vornahme vermögensschädigender Handlungen ist nicht festgestellt, dass der Angeklagte für den Fall deren Nichterfüllung zumindest konkludent mit weiterer Gewalt drohte. Zwar hatte der Geschädigte weiterhin Angst vor dem Angeklagten und dem gesondert Verfolgten S. , das bloße Ausnutzen einer vorangegangenen Nötigung reicht indes nicht aus, wenn nicht die Nötigungslage bei Hinzutreten der Bereicherungsabsicht wenigstens aktualisiert aufrechterhalten wird (Fischer, aaO, § 253 Rn. 18a).
6
Die Aufhebung des Schuldspruchs wegen schwerer räuberischer Erpressung bedingt auch die Aufhebung der Verurteilung wegen der von dem Rechtsfehler nicht betroffenen tateinheitlichen gefährlichen Köperverletzung. In diesem Zusammenhang weist der Senat darauf hin, dass die rechtsfehlerfreie Annahme, bei dem Staubsaugerrohr handele es sich um ein gefährliches Werkzeug im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB konsequenter Weise auch zur Annahme einer besonders schweren räuberischen Erpressung nach § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB führen müsste. Gründe, das einheitlich definierte Tatbestandsmerkmal bei den beiden Vorschriften unterschiedlich auszulegen, sind nicht ersichtlich.
7
2. Im verbleibenden Fall II.2 der Urteilsgründe hat der Strafausspruch keinen Bestand. Das Landgericht hat bei der Strafzumessung zu Lasten des Angeklagten u.a. berücksichtigt, dass die Körperverletzung "gemeinschaftlich mit Anderen begangen wurde". Dies ist aber bereits Merkmal des gesetzlichen Tatbestands des § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB, den die Strafkammer zu Recht als erfüllt angesehen hat. Damit liegt ein Verstoß gegen § 46 Abs. 3 StGB vor. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht ohne diesen Rechtsfehler auf eine niedrigere Einzelstrafe erkannt hätte.
8
3. Wegen der Aufhebung des Strafausspruchs kann auch der Ausspruch über den Vorwegvollzug der Strafe vor der - rechtsfehlerfrei angeordneten - Maßregel keinen Bestand haben. Zur Fassung der Entscheidungsformel insoweit weist der Senat darauf hin, dass der Hinweis auf die Anrechnung der Untersuchungshaft überflüssig ist.
Becker Pfister Schäfer Gericke Spaniol

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 232/01
vom
4. September 2001
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 4. September
2001, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Nack
als Vorsitzender
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Schluckebier,
Dr. Kolz,
Schaal
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwältin
als Vertreterin des Nebenklägers,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Regensburg vom 25. Januar 2001
a) im Schuldspruch dahin abgeändert, daß aa) die Verurteilungen wegen Bedrohung entfallen; bb) sämtliche unter B. B. der Urteilsgründe abgeurteilten Taten im Verhältnis von Tateinheit stehen;
b) im gesamten Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen. 3. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorbezeichnete Urteil mit den Feststellungen aufgehoben, soweit von der Anordnung von Sicherungsverwahrung abgesehen wurde, sowie im gesamten Strafausspruch. 4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an ein andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

I.

1. Die Strafkammer hat festgestellt:
a) Am 2. März 2000 hatte der Angeklagte dem B. angeboten , mit ihm und K. in seiner Wohnung über die Rückgabe B. gehörender Möbel zu sprechen, die sich noch bei K. befanden. Ohne daß B. hierfür einen nachvollziehbaren Grund gegeben hätte, kündigte der Angeklagte dort alsbald an, ihm den "Kopf weg(zu)pusten", und hinderte B. mit Ohrfeigen und einem Faustschlag am Verlassen der Wohnung. In den nächsten Stunden wurdeB. von ihm vielfältig mißhandelt , gequält und gedemütigt. Er bedrohte ihn ständig mit dem Tod ("killen"; "häuten") und gravierenden Verletzungen ("Eier abreißen"), "probierte" Karateschläge an ihm aus und würgte ihn, bis er seinen Geldbeutel herausgab, dem der Angeklagte einen Geldschein entnahm, der dann verbrannt wurde. B. mußte die Schuhevon K. küssen und er bekam vom Angeklagten seinen Ausweis in den Mund geschoben.
b) Am 13. April 2000 hielt sich der Nebenkläger R. in der Wohnung des Angeklagten auf, weil ihm dieser einen Arbeitsplatz versprochen hatte. Als sich nichts ergab und R. wieder gehen wollte, war die Tür verschlossen und der Angeklagte bedrohte R. mit einer von diesem für echt gehaltenen Pistolenattrappe und einem Messer, beschimpfte ihn und kündigte ihm an, "er sei bald tot". Damit begann ein mehrtägiges, von der Strafkammer im einzelnen geschildertes Martyrium R. s. In dessen Verlauf mußte R. nicht nur Haus- und Küchenarbeiten verrichten und nackt in eine Badewanne mit kaltem Wasser steigen, sondern auch nackt herumkriechen,
Schuhe und Fuûboden ablecken, Zigarettenkippen schlucken und den Urin des Angeklagten trinken. Bei alledem wurde er nicht nur ständig mit dem Tod bedroht , sondern auch körperlich schwer miûhandelt. Der Angeklagte drückte unmittelbar über der Nase R. s eine brennende Zigarette aus - nach etwa zehn Tagen war noch eine gerötete Narbe festzustellen -, schlug auf den nackt herumkriechenden R. mit Holzprügeln ein und schoû jeweils aus der Nähe mit einem Luftgewehr in seinen rechten Zeh und seine linke Hand und mit einem Gasrevolver in seine Genitalien. 2. Nach weitgehender Verfahrensbeschränkung hat die Strafkammer das Geschehen zum Nachteil B. als Freiheitsberaubung in Tateinheit mit Bedrohung und jeweils zwei Fällen der Nötigung und der vorsätzlichen Körperverletzung bewertet und hierfür eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verhängt. Das Geschehen zum Nachteil R. hat die Strafkammer als Freiheitsberaubung in Tateinheit mit Bedrohung und Nötigung in sieben Fällen angesehen sowie als gefährliche Körperverletzung in fünf Fällen, die hierzu jeweils in Tatmehrheit stehen, weil sie auf Spontanentschlüsse zurückgingen. Für die Freiheitsberaubung und die damit in Tateinheit stehenden Delikte hat sie vier Jahre Freiheitsstrafe verhängt. Für die gefährlichen Körperverletzungen wurden festgesetzt: Zehn Monate wegen der Schläge mit den Holzprügeln, ein Jahr und drei Monate für das Brennen mit der Zigarette, ein Jahr und sechs Monate für den Schuû in den Zeh, zwei Jahre für den Schuû in die Hand und drei Jahre für den Schuû in die Genitalien. Aus den genannten Strafen wurde eine Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren gebildet. Von Sicherungsverwahrung hat die Strafkammer abgesehen.
3. Gegen dieses Urteil richten sich die auf die Sachrüge gestützten Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft. Die uneingeschränkt eingelegte Revision des Angeklagten führt zu zwei Änderungen des Schuldspruchs und zur Aufhebung des Strafausspruchs. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist auf die Nichtanordnung von Sicherungsverwahrung beschränkt und hat Erfolg. Zugleich führt sie zur Aufhebung des Strafausspruchs zugunsten des Angeklagten.

II.

Die Revision des Angeklagten: 1. Die Revision meint, eine brennende Zigarette sei "mangels Eignung der Hervorrufung erheblicher Verletzungen" kein gefährliches Werkzeug im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB. Sie verweist auf die Auffassung des Oberlandesgerichts Köln, wonach die Möglichkeit erheblicher Verletzungen nicht naheliegt, wenn mit Zigarettenglut eine Brandverletzung auf der Wade herbeigeführt wird (StV 1994, 244, 246; Zweifel hieran bei Tröndle/Fischer StGB, 50. Aufl. § 224 Rdn. 9). Diese Bewertung von Brandverletzungen widerspricht schon im Ansatz der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die gefährliche Körperverletzung bei "Zufügung von Brandwunden durch glimmende Zigaretten" ohne weiteres bejaht hat (Beschl. vom 25. April 2001 - 3 StR 7/01 [mitgeteilt in dem Urteil, das gegen einen an diesem Tatkomplex nicht beteiligten Mittäter in jener Sache am selben Tag ergangen ist]). Damit vergleichbar wurde gefährliche Körperverletzung ebenfalls ohne weiteres in einem Fall bejaht, in dem ein brennendes Feuerzeug einige Sekunden unter vier Finger der Hand eines Kindes gehalten
wurde, was zu schmerzhaften Verletzungen mit Blasen und Narben führte (BGHR StGB § 170d [aF] Fürsorgepflichtiger 1). Der Senat sieht keinen Anlaû, von dieser Rechtsprechung abzuweichen: Ein gefährliches Werkzeug im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB ist ein Gegenstand, der nach seiner Beschaffenheit und der konkreten Art seiner Benutzung im Einzelfall geeignet ist, erhebliche Verletzungen herbeizuführen (st. Rspr., vgl. zuletzt BGH NStZ 1999, 616). Es kommt also nicht allein auf die letztlich eingetretene Verletzung an, es genügt vielmehr schon die potentielle Gefährlichkeit des Werkzeugs im konkreten Fall (Tröndle/Fischer aaO). Eine brennende Zigarette, die auf der Haut ausgedrückt wird, führt regelmäûig zu schmerzhaften Brandverletzungen, die vielfach mit Narbenbildung - hier war die Narbe des Geschädigten nach zehn Tagen noch gerötet (I 1 b) - verbunden sind; auch darüber noch hinausgehende Komplikationen sind niemals auszuschlieûen. Im konkreten Fall kommt im übrigen [zusätzlich] noch hinzu, daû die Zigarette unmittelbar über der Nase ausgedrückt wurde, so daû wegen der [nicht] auszuschlieûenden Möglichkeit schmerzbedingt unkontrollierter Bewegungen sogar die Gefahr einer Augenverletzung bestand. 2. Wie die Revision und der Generalbundesanwalt im einzelnen ausgeführt haben, stehen sämtliche Taten zum Nachteil R. in Tateinheit. Er befand sich auf Grund des Verhaltens des Angeklagten in einer Zwangslage und konnte sich nicht frei bewegen, was der Angeklagte bei den Verletzungshandlungen ausgenutzt hat. Auch wenn diese Handlungen auf Spontanentschlüsse zurückgehen sollten, ist daher das gesamte Geschehen tateinheitlich verbunden (vgl. BGHR StGB § 52 Abs. 1 Handlung, dieselbe 16 m.w.Nachw.). Schon weil auch die unverändert zugelassene Anklage von Tateinheit zwi-
schen allen Delikten (auch) in diesem Tatkomplex ausgegangen ist, ändert der Senat den Schuldspruch selbst. 3. Im übrigen enthält der Schuldspruch nur noch insoweit einen den Angeklagten benachteiligenden Rechtsfehler, als Bedrohung (§ 241 StGB) hinter Nötigung (§ 240 StGB) zurücktritt, da die Bedrohungen - jedenfalls auch - Nötigungsmittel waren (st. Rspr., vgl. nur BGHR StGB § 240 Abs. 3 Konkurrenzen 2; w. Nachw. bei Tröndle/Fischer aaO § 240 Rdn. 63). Auch insoweit war der Schuldspruch daher zu ändern. 4. Zwar hat weder der Wegfall der Verurteilungen wegen Bedrohung hier für den Strafausspruch Bedeutung, noch gefährdet eine unzutreffende Bestimmung der Konkurrenzverhältnisse bei - wie hier - unverändertem Schuldumfang im Ergebnis ohne weiteres den Strafausspruch (vgl. nur BGHSt 41, 368, 373 f.). Voraussetzung hierfür ist jedoch, daû eine aus mehreren Einzelstrafen gebildete Gesamtstrafe als Einzelstrafe bestehen bleiben kann. Dies ist hier nicht der Fall, weil aus der im Fall R. noch zu bildenden Einzelstrafe und der Strafe im Fall B. eine Gesamtstrafe zu bilden ist. Daher ist der Senat an einer Bestätigung des Strafausspruchs gehindert (vgl. BGHR StPO § 354 Abs. 1 Strafausspruch 7), so daû der Strafausspruch aufzuheben war, wobei der Senat im Hinblick auf die Ähnlichkeit der Taten auch die Strafe im Fall B. aufgehoben hat (vgl. hierzu BGH wistra 1998, 106, 108 m.w.Nachw.).

III.

Die Revision der Staatsanwaltschaft: Die Strafkammer hat die formellen und materiellen Voraussetzungen von § 66 Abs. 2 StGB bejaht, von Sicherungsverwahrung aber gleichwohl abgesehen.
1. Der Angeklagte ist schon wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit Nötigung und einem Waffendelikt, wegen schweren Raubes in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung sowie wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 14 Jahren verurteilt worden:
a) Am 4. Oktober 1988 hatte er den H. ohne nachvollziehbaren Grund schwer miûhandelt. Er hatte ihn vielfach mit einem Baseballschläger und einem Schlagstock auf Arme und Beine geschlagen, ihn etwa eine Viertelstunde in den Bauch getreten und ihm mit einem Messer zwei Stichverletzungen an den Armen zugefügt, wobei er dann in eine Wunde Salz gerieben hatte, um H. weitere Schmerzen zu bereiten (Strafe: zwei Jahre und sechs Monate

).


b) Am 7. Oktober 1988 hatte er den ihm bekannten Tankwart S. ebenfalls aus nichtigem Anlaû im Kassenraum der Tankstelle mit der Faust niedergeschlagen, ihn in sadistischer Weise ("Auge ausstechen"; "Schwanz abschneiden") bedroht, ihn getreten und sich schlieûlich auch noch den Kasseninhalt angeeignet (Strafe: vier Jahre und sechs Monate).
c) Am 10. Oktober 1988 drang der Angeklagte nachts in die Wohnung seines früheren Karateschülers Kö. ein, bedrohte ihn mit einer Pistole und forderte Auskunft über anonyme Anrufe im Zusammenhang mit seiner Karateschule. Als sich Kö. weigerte, schoû er ihm in den Hals. Anschlieûend quälte er ihn "über das Ziel der Informationserlangung hinaus". Er schlug ihn etwa mit der Pistole heftig in das Gesicht, trat ihm in die Genitalien und kündigte ihm "zynisch" seinen nahen Tod an. Der lebensgefährlich verletzte Kö. behielt Dauerschäden wie eine Armlähmung und eine Stimmbehinderung wegen der schuûbedingten Kehlkopfverdrehung (Strafe: zwölf Jahre).
Der Angeklagte war in dieser Sache vom 15. Oktober 1988 bis 1. März 1998 inhaftiert; der Strafrest wurde zur Bewährung ausgesetzt. Damit liegen die formellen Voraussetzungen von § 66 Abs. 2 StGB vor, ohne daû sich daran durch die vom Senat vorgenommene Schuldspruchänderung (II 2) etwas ändern würde (vgl. hierzu im einzelnen Tröndle/Fischer aaO § 66 Rdn. 9, 10 m.w.Nachw.). 2. Darüber hinaus hat die Strafkammer auch die Voraussetzungen von § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB nach sachverständiger Beratung bejaht, da der Angeklagte einen Hang zu Straftaten hat, durch die die Opfer körperlich und seelisch schwer geschädigt werden und er daher für die Allgemeinheit gefährlich ist. Im einzelnen ist ausgeführt, daû Aggressivität für ihn etwas "Normales" ist und daû er persönlichkeitsbedingt weder zu Schuld- und Unrechtsbewuûtsein in der Lage ist - die der Vorverurteilung zu Grunde liegenden Taten hat er "bagatellisiert" -, noch aus Erfahrungen lernen kann. Auûerdem sind im einzelnen näher beschriebene Persönlichkeitsmerkmale des Angeklagten "Indikatoren" für einen kriminellen Rückfall. 3. Die Strafkammer hält Sicherungsverwahrung für "derzeit noch unverhältnismäûig im Sinne des § 62 StGB". Unter Beachtung dieser Bestimmung sei nämlich im Rahmen der Ermessensentscheidung gemäû § 66 Abs. 2 StGB zu berücksichtigen, daû der Angeklagte im Hinblick auf den anstehenden Strafvollzug und den zu erwartenden Bewährungswiderruf mehr als zehn Jahre von der Allgemeinheit ferngehalten und voraussichtlich erst mit 55 Jahren wieder in Freiheit gelangen werde. Da er auch während der früheren Haft offenbar nicht nachteilig in Erscheinung getreten sei und bei vollständiger Verbüûung der jetzt verhängten Strafe unter Führungsaufsicht stehen werde (§ 68f StGB), die ein "besonderes Augenmerk" auf ihn zu werfen haben werde, sei es "noch
vertretbar" ihm die Möglichkeit eines straffreien Lebens jenseits der Lebensmitte einzuräumen. 4. Gegen diese Erwägungen wendet sich das auch vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft mit Recht.
a) Dabei versteht der Senat die allerdings nicht sehr klaren Ausführungen zu § 62 StGB nicht dahin, daû die Strafkammer der - offensichtlich hier auch nicht vertretbaren - Auffassung wäre, schon wegen der Bedeutung der vom Angeklagten begangenen und zu erwartenden Taten sowie des Grades der von ihm ausgehenden Gefahr komme Sicherungsverwahrung nicht in Betracht. Vielmehr stützt die Strafkammer ihre Entscheidung im wesentlichen auf die Dauer der anstehenden Freiheitsentziehung und das Lebensalter zum Zeitpunkt der voraussichtlichen Haftentlassung.
b) Bei einer Ermessensentscheidung gemäû § 66 Abs. 2 StGB können allerdings die Wirkungen eines langjährigen Strafvollzugs und die mit dem Fortschreiten des Lebensalters erfahrungsgemäû eintretenden Haltungsänderungen Gewicht gewinnen (st. Rspr., vgl. nur BGH NStZ-RR 1999, 301 m.w.Nachw.). Es kommt dabei jedoch nicht auf die (mutmaûliche) Dauer des Strafvollzugs als solche an. Entscheidend ist vielmehr, ob zu erwarten ist, daû sie eine präventive Warnwirkung auf den Angeklagten haben und damit zu einer Haltungsänderung bei ihm führen wird (BGHR StGB § 66 Abs. 2 Ermessensentscheidung 3, 5, 6 m.w.Nachw.). Diese Annahme ist jedoch schon im Hinblick auf die früheren Taten und die deswegen vollzogene langjährige Strafhaft - unbeschadet des Verhaltens des Angeklagten in dieser Zeit - sehr fernliegend und darüber hinaus mit der ausdrücklich festgestellten Unfähigkeit des Angeklagten, aus Erfahrungen zu lernen, unvereinbar.
Das mutmaûliche Lebensalter des Angeklagten zum Zeitpunkt seiner Haftentlassung kann an alledem nichts ändern. Anders wäre es nur, wenn unter Berücksichtigung der Art der in Frage stehenden Delikte für diesen Zeitpunkt eine positive Prognose gestellt werden könnte (BGHR StGB § 66 Abs. 2 Ermessensentscheidung 3). Wie der Bundesgerichtshof im Zusammenhang mit der damit vergleichbaren Frage der Gefährlichkeitsbeurteilung gemäû § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB wiederholt ausgesprochen hat, ist allein ein Alter von etwa 55 Jahren bei der Haftentlassung als solches dabei nicht aussagekräftig (Urt. vom 7. November 2000 - 1 StR 377/00; BGHR StGB § 66 Abs. 1 Nr. 3 Gefährlichkeit 5). Auch im Rahmen einer Ermessensentscheidung gemäû § 66 Abs. 2 StGB kann insoweit nichts anderes gelten. Gründe, die speziell beim Angeklagten eine andere Bewertung dieses Alters rechtfertigen könnten, sind schon im Hinblick auf seine Unfähigkeit, aus Erfahrungen zu lernen, nicht ersichtlich. Auch die Art der in Rede stehenden Delikte spricht nicht für eine andere Beurteilung. "In grausamer und sadistischer Weise" vorgenommenen Miûhandlungen steht auch ein Alter "jenseits der Lebensmitte" nicht entgegen (vgl. BGH, Urt. vom 30. August 1994 - 1 StR 271/94). Schon deshalb, weil der Angeklagte die hier abgeurteilten Taten unter Bewährungsbruch begangen hat, obwohl er einem Bewährungshelfer unterstanden ist - für eine Ausnahme vom Grundsatz des § 57 Abs. 3 Satz 2 StGB ist nichts ersichtlich - können schlieûlich auch die Erwägungen der Strafkammer zur Führungsaufsicht kein Gewicht gewinnen.
c) Nach alledem muû über die Anordnung von Sicherungsverwahrung daher neu befunden werden.
5. Die Aufhebung eines Urteils wegen unterbliebener Sicherungsverwahrung kann im Einzelfall auch zur Aufhebung des Strafausspruchs zugunsten des Angeklagten führen, wenn möglicherweise die Strafe bei Androhung von Sicherungsverwahrung niedriger ausgefallen wäre (BGH StV 2000, 615, 617 m.w.Nachw.). Da die Strafkammer hier ausdrücklich einen Bezug zwischen der Höhe der Strafe und der Nichtanordnung von Sicherungsverwahrung hergestellt hat, hebt der Senat den Strafausspruch auf. Nack Wahl Schluckebier Kolz Schaal

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Auf Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren ist zu erkennen, wenn

1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub
a)
eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,
b)
sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden,
c)
eine andere Person durch die Tat in die Gefahr einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder
2.
der Täter den Raub als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, unter Mitwirkung eines anderen Bandenmitglieds begeht.

(2) Auf Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter oder ein anderer Beteiligter am Raub

1.
bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet,
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 eine Waffe bei sich führt oder
3.
eine andere Person
a)
bei der Tat körperlich schwer mißhandelt oder
b)
durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt.

(3) In minder schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 ARs 5/02
vom
3. April 2002
in der Strafsache
gegen
wegen schwerer räuberischer Erpressung
hier: Anfrage des 2. Strafsenats vom 7. Dezember 2001 – 2 StR 441/01 -
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 3. April 2002 gemäß
§ 132 Abs. 3 GVG beschlossen:
Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, daß der Tatbestand des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB nicht erfüllt ist, wenn ein Täter lediglich mit einer mit Platzpatronen geladenen Schreckschußwaffe aus einer Entfernung droht, bei der (für den Fall der Schußabgabe) für das Opfer keine Leibesgefahr besteht.

Gründe:

Der beabsichtigten Entscheidung des 2. Strafsenats steht die Rechtsprechung des 1. Strafsenats entgegen (Beschlüsse vom 3. November 1998 – 1 StR 529/98 – und vom 14. April 1999 – 1 StR 542/98 –). An dieser Rechtsprechung hält der 1. Strafsenat fest. Der vom 2. Strafsenat beabsichtigten Auslegung des Merkmals "gefährliches Werkzeug" dürften rechtssystematische Gründe entgegen stehen; sie entspricht nicht den Intentionen des Gesetzgebers des 6. StrRG und mit ihr würde, ohne daß dafür schwerwiegende Gründe vorliegen, eine inzwischen gefestigte Rechtsprechung aufgegeben werden. I. Die vom 2. Strafsenat vorgenommene Auslegung des Merkmals "gefährliches Werkzeug" verzichtet im Ergebnis auf das Erfordernis der objektiven Gefährlichkeit bei solchen Gegenständen, die erst durch die konkrete Art der Verwendung gefährlich sind. Damit verliert der verwendungsspezifische Gefährlichkeitsbegriff des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB seine ihm bisher von der Rechtsprechung verliehene Kontur. Das würde zu erheblichen Anwendungsschwierigkeiten führen.
1. Mit dem 2. Strafsenat geht der 1. Strafsenat davon aus, daû das "gefährliche Werkzeug" der Oberbegriff der in § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und Abs. 2 Nr. 1 StGB genannten Tatmittel ist. Innerhalb dieses Oberbegriffs hat der Bundesgerichtshof zwischen verschiedenen Tatmitteln unterschieden, die sich der Sache nach in folgende Gruppen aufteilen lassen: Waffen, generell gefährliche und nur speziell ± nämlich verwendungsspezifisch ± gefährliche Gegenstände.
a) Waffen sind stets "gefährliche Werkzeuge"; das ist einhellige Meinung der Strafsenate des Bundesgerichtshofs. aa) Waffen sind zunächst die mit Geschossen geladenen Schuûwaffen sowie die mit Gasmunition geladenen Pistolen oder Revolver, bei denen das Gas nach vorne austritt (also Schuûwaffen im Sinne des § 250 StGB a.F.). Einigkeit besteht gleichfalls darüber, daû ungeladene Schuûwaffen keine Waffen in diesem Sinne sind. Sie sind vielmehr Mittel im Sinne des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB (BGH, Beschluû vom 29. Juli 1998 ± 1 StR 370/98 ±; Beschluû vom 11. Dezember 1998 ± 2 StR 521/98 ±; Beschluû vom 8. August 2001 ± 3 StR 271/00 ±; Beschluû vom 17. Mai 2001 ± 4 StR 412/00 ± und Beschluû vom 19. Oktober 1999 ± 5 StR 502/99 ±). Auch der dazwischen angesiedelte Fall, daû die Munition für die Schuûwaffe griffbereit mitgeführt wird, ist inzwischen höchstrichterlich geklärt (Munition in der Jackentasche: BGH, Urteil vom 20. Oktober 1999 ± 1 StR 429/99 = BGHSt 45, 249; Waffe muû nur noch durchgeladen werden: BGH, Beschluû vom 9. November 1999 ± 1 StR 501/99 ±; Munition in Kleidung: BGH, Beschluû vom 25. Februar 2000 ± 2 StR 445/99 ±). bb) Waffen sind ferner alle sonstigen Waffen im technischen Sinne, insbesondere solche, die dem Waffenrecht unterfallen (Gummiknüppel als Hiebwaffe nach § 1 Abs. 7 WaffG: BGH, Urteil vom 23. Mai 2001 ± 3 StR 62/01 = BGHR StGB § 177 Abs. 3 Waffe 1).

b) Als generell, also stets "gefährliche Werkzeuge" ± sofern sie nicht schon dem Waffenbegriff unterfallen ± hat der Bundesgerichtshof insbesondere Messer eingestuft (BGH, Beschluû vom 17. Juni 1998 ± 1 StR 270/98 = BGHR StGB § 250 Abs. 2 Nr. 1 Verwenden 1; BGH, Urteil vom 26. November 1998 ± 4 StR 457/98 = NStZ 1999, 136; BGH, Beschluû vom 16. Mai 2000 ± 4 StR 89/00 = NStZ-RR 2001, 41).
c) Andere Gegenstände hat der Bundesgerichtshof erst wegen ihres Einsatzes unter besonderen Bedingungen ± also verwendungsspezifisch ± als "gefährliche Werkzeuge" eingestuft. Diese spezielle Gefährlichkeit ist untrennbar mit der tatsächlichen, konkreten Verwendung verbunden. Mit anderen Worten: Diese Tatmittel sind an sich ± also generell ± keine "gefährlichen Werkzeuge". Zu solchen werden sie vielmehr erst aufgrund ihrer speziellen Verwendung. Erst dadurch sind sie geeignet, erhebliche Verletzungen herbeizuführen. aa) Zu den erst verwendungsspezifisch gefährlichen Werkzeugen gehört insbesondere der Einsatz ± wobei die Drohung mit dem Einsatz genügt ± von Gegenständen als Schlagwerkzeug (auch von geladenen oder ungeladenen Schuûwaffen). So hat der 2. Strafsenat einerseits einen Holzknüppel nicht als "gefährliches Werkzeug" eingestuft, weil er nicht verwendet wurde (Beschluû vom 4. September 1999 ± 2 StR 390/98 = StV 1999, 91) und andererseits ein Winkeleisen nur deshalb als "gefährliches Werkzeug" behandelt, weil es zur Bedrohung des Tatopfers eingesetzt wurde (Beschluû vom 22. November 2001 ± 2 StR 400/01 ±). Der 4. Strafsenat hat einen Besenstiel, der als Drohmittel zur Herausgabe verwendet wurde (Beschluû vom 20. Mai 1999 ± 4 StR 168/99 = NStZ-RR 1999, 355), und eine gegen das Opfer "eingesetzte" Schranktür (Beschluû vom 16. Juni 1998 ± 4 StR 255/98 ±) als "gefährliches Werkzeug" angesehen. bb) Dasselbe gilt für den Einsatz von an sich ungefährlichen Gegenständen als Stichwerkzeug (Kugelschreiber an den Hals gedrückt: BGH, Beschluû vom 15. Februar 2001 ± 3 StR 6/01 ±; Vorhalten einer Injektionsspritze, deren
Nadel auf das Opfer gerichtet war: BGH, Beschluû vom 22. Mai 2001 ± 3 StR 130/01 ±) und für sonstige Mittel (Kampfhund: BGH, Beschluû vom 8. Dezember 1998 ± 4 StR 584/98 = NStZ-RR 1999, 174; Mitschleifen im Auto: BGH, Urteil vom 30. Mai 2000 ± 4 StR 90/00 = NStZ 2000, 530; Treten mit beschuhten Füûen: BGH, Beschluû vom 28. November 2000 ± 4 StR 474/00 ±). cc) Bei der Einordnung von Fesselungsmitteln hat der Bundesgerichtshof gleichfalls auf die Art der Verwendung abgestellt (BGH, Beschluû vom 4. September 1999 ± 2 StR 390/98 = StV 1999, 91; "sie sind zwar verwendet worden, waren aber in der konkreten Art ihrer Verwendung keine "gefährlichen Werkzeuge": Beschluû vom 25. November 1998 ± 2 StR 546/98 ±; kurzzeitige Drosselung mit einem Gürtel: Beschluû vom 27. Juni 2001 ± 3 StR 64/01 ±; Hände mit Kabelbinder gefesselt: Beschluû vom 12. Januar 1999 ± 4 StR 688/98 ±). 2. Aus dem Umstand, daû der Bundesgerichtshof nicht generell gefährliche Gegenstände erst durch die Art der Verwendung als ± speziell ± "gefährliche Werkzeuge" eingestuft hat, leitet der Senat ab, daû der Begriff des "gefährlichen Werkzeugs" in § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB nicht vollständig deckungsgleich ist mit dem des "gefährlichen Werkzeugs" in § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB. Diese Konsequenz hat der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs schon in seiner Antwort (Beschluû vom 26. Februar 1999 ± 3 ARs 1/99 = NStZ 1999, 301) auf die Anfrage des 4. Strafsenats (Beschluû vom 3. Dezember 1998 ± 4 StR 380/98 = StV 1999, 151) aufgezeigt. Der unterschiedliche Begriff des gefährlichen Werkzeugs im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB folgt daraus, daû dieser untrennbar mit dem dort zusätzlich genannten Merkmal "verwendet" verbunden ist. Erst durch seine Verwendung wird ein generell ungefährlicher Gegenstand zu einem speziell "gefährlichen Werkzeug".
a) Gerade die Fesselungsmittel zeigen anschaulich, daû es bei solchen Gegenständen von der Art der Verwendung abhängt, ob das Werkzeug gefährlich ist. Der Täter kann ein Seil bei sich führen, um dieses lediglich als Fesselungsmittel einzusetzen; dann macht er sich nach § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b
StGB strafbar. Verwendet er das Seil hingegen als Drosselungsmittel, dann wird das Seil ± wegen der Art der Verwendung ± zu einem "gefährlichen Werkzeug" im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB. Tritt der Täter mit seinem beschuhten Fuû gegen den Kopf des Opfers, so verwendet er ein ± speziell ± "gefährliches Werkzeug" und begeht erst dadurch einen schweren Raub (§ 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB).
b) Wären solche Gegenstände unabhängig von ihrer Verwendung, also bei bloûem Beisichführen, "gefährliche Werkzeuge" im Sinne des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB, dann könnte ein schwerer Raub nur noch durch (ungeschriebene ) subjektive Merkmale ("Verwendungsabsicht" oder "Verwendungsvorbehalt" ) verneint werden. Eine solche Einschränkung lehnt der 2. Strafsenat aber mit überzeugender Begründung ab. Er verlangt zu Recht eine Abgrenzung anhand objektiver Kriterien. Deshalb ist bei der Einordnung solcher Gegenstände als "gefährliches Werkzeug" maûgeblich auf die Art der Verwendung abzustellen. Die tatsächliche Verwendung ist ein solches objektives Kriterium, denn sie umschreibt Umstände der Tatausführung.
c) Nur bei einem verwendungsspezifischen Gefährlichkeitsbegriff läût sich auch die vom Gesetzgeber gewollte Kongruenz mit dem Begriff des "gefährlichen Werkzeugs" im Sinne des § 224 Nr. 2 StGB erreichen. Dann ergibt sich die Kongruenz zwanglos daraus, daû dem "Verwenden" (§ 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB) die Worte "die Körperverletzung mittels... eines anderen 'gefährlichen Werkzeugs' ... begeht" (§ 224 Nr. 2 StGB) entsprechen. Hätte der Begriff des gefährlichen Werkzeugs in § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB hingegen denselben Inhalt wie der in § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB, dann ergäben sich ± worauf der Anfragebeschluû zutreffend hinweist ± auch systematische Schwierigkeiten bei der Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals. 3. Diese Auslegungsgrundsätze müssen auch für die mit Platzpatronen geladene Schreckschuûwaffe (bei welcher der Gasdruck nach vorne austritt) gelten.

a) Dieses Tatmittel hat der Bundesgerichtshof bisher nicht als generell "gefährliches Werkzeug" eingestuft. Zu einem "gefährlichen Werkzeug" (Waffe) wird eine solche Schreckschuûwaffe erst durch die Art ihrer Verwendung. Der dafür maûgebliche Grund ist, daû nur die Schuûabgabe aus kurzer Distanz zu Verletzungen führen kann, während ein Schuû aus gröûerer Distanz objektiv ungefährlich ist. Das für die Gefährlichkeit ausschlaggebende Kriterium ist deshalb konsequenterweise die räumliche Distanz (“Entfernungs-Kriterium”) zwischen Täter und Opfer (BGH, Beschlüsse vom 3. November 1998 ± 1 StR 529/98 ±; vom 14. April 1999 ± 1 StR 542/98 ±; vom 19. August 1998 ± 3 StR 333/98 = BGHR StGB § 250 Abs. 2 Waffe 2; Beschluû vom 19. Mai 1998 ± 4 StR 204/98 = BGHR StGB § 250 "gefährliches Werkzeug" 1 und vom 23. Juni 1998 ± 4 StR 245/98 ±). aa) Stellt das Tatgericht fest, daû der Täter dem Opfer lediglich aus nicht bekannter Entfernung mit einer Schreckschuûwaffe droht, so ist das Tatmittel objektiv ungefährlich, weil hier die Leibesgefahr für das Opfer fehlt. In diesen Fällen täuscht der Täter mit einer Schreckschuûwaffe, die häufig in ihrem äuûeren Erscheinungsbild echten Schuûwaffen nachgebildet ist, das Opfer. Dieses nimmt an, der Täter könne, wie bei einer echten Schuûwaffe, durch die Abgabe eines Schusses eine schwere oder gar tödliche Verletzung herbeiführen. Der Täter nutzt diese Täuschung aus, um allein durch die Drohung den erwarteten Widerstand zu brechen. Dann kommt allein § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB zur Anwendung (BGH, Beschlüsse vom 3. November 1998 ± 1 StR 529/98 ±und vom 23. Juni 1998 ± 4 StR 245/98 ±). bb) Bringt der Täter dagegen dem Opfer bei einer Schuûdistanz von wenigen Zentimetern (relativer Nahschuû) oder bei einem Schuû mit auf die Körperoberfläche aufgesetzter Laufmündung (absoluter Nahschuû) durch die austretenden Explosionsgase und die mitgerissenen Munitionspartikel (vgl. Rothschild, Zur Gefährlichkeit freiverkäuflicher Schreckschuûwaffen, NStZ 2001, 406, 407, 410) eine erhebliche Verletzung bei oder droht er dem Opfer mit einer solchen Vorgehensweise, dann wird die Schreckschuûwaffe aufgrund
ihrer konkreten Verwendung zu einem "gefährlichen Werkzeug" im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB, nämlich zu einer Waffe (vgl. Boetticher/Sander NStZ 1999, 292, 293; BGH, Beschluû vom 9. November 1999 ± 1 StR 501/99 ±; BGH, Beschluû vom 19. August 1998 ± 3 StR 333/98 = BGHR StGB § 250 Abs. 2 Nr. 1 Waffe 2; BGH, Beschluû vom 4. Januar 1999 ± 3 StR 517/98 ±; BGH, Urteil vom 26. November 1998 ± 4 StR 457/98 = NStZ 1999, 136; BGH, Beschluû vom 30. November 2000 ± 4 StR 493/00 = StV 2001, 274).
b) Der 2. Strafsenat will eine verwendungsspezifische ± spezielle ± Gefährlichkeit auch deshalb annehmen, weil die Schreckschuûwaffe innerhalb kürzester Zeit unmittelbar am Körper des Opfers zum Einsatz gebracht werden k a n n ("Zeit-Kriterium"). aa) Daran ist sicher richtig, daû der Täter ± binnen Sekunden ± mit wenigen Schritten die Distanz überwinden und damit die spezielle Gefährlichkeit herbeiführen kann. Insofern ist ± worauf der 2. Strafsenat abhebt ± zwar eine gewisse Vergleichbarkeit mit dem Messer gegeben. Bei der entscheidendserheblichen Frage der objektiven Gefährlichkeit des angedrohten Einsatzes können beide Tatmittel indessen nicht gleichgesetzt werden. Droht der Täter an, sein Messer einzusetzen, so droht er zugleich damit, den Abstand zum Opfer zu überwinden und mit dem Messer ± aus einer Nahdistanz ± auf das Opfer einzustechen. Anders ist es bei der Drohung mit dem Einsatz der Schreckschuûwaffe. Hier droht der Täter grundsätzlich damit, einen Schuû aus der Position abzugeben, in der er sich gerade befindet. Macht der Täter in diesem Fall seine Drohung wahr, so ist der angedrohte Einsatz gleichwohl objektiv ungefährlich, wenn die Schuûabgabe aus gröûerer Distanz erfolgt. Davon geht auch der 2. Strafsenat aus, wenn er (Beschluû S. 6 unten) ausführt, daû ihr Einsatz aus gröûerer Distanz "die Zufügung einer erheblichen Körperverletzung (gerade) noch nicht gestattet." bb) Würde man genügen lassen, daû die Schreckschuûwaffe innerhalb kürzester Zeit unmittelbar am Körper des Opfers zum Einsatz gebracht werden k a n n , dann würde eine objektiv (noch) ungefährliche Schreckschuûwaffe
unabhängig von der Art ihres t a t s ä c h l i c h e n Einsatzes nahezu stets zu einem "gefährlichen Werkzeug". Schon die p o t e n t i e l l e Gefährlichkeit würde danach ausreichen. Durch eine solche Auslegung mittels des ZeitKriteriums wird der Begriff des gefährlichen Werkzeuges bei solchen Tatmitteln von der Art der Verwendung abgekoppelt. Dies gilt nicht nur bei Schreckschuûwaffen , sondern auch bei anderen generell nicht gefährlichen Gegenständen. Damit wären auch die meisten anderen Gegenstände nahezu stets ein "gefährliches Werkzeug" im Sinne des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB.
c) Zwar versucht der 2. Strafsenat eine so weit reichende Abkoppelung vom Merkmal der Verwendung durch die fallbezogene Formulierung der Vorlegungsfrage zu vermeiden. Diese bezieht sich ausdrücklich nur auf mit Platzpatronen geladene Schreckschuûpistolen, bei welcher der Gasdruck nach vorne austritt. Auch soll nur das "gefährliche Werkzeug im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB" betroffen sein. Die Möglichkeit des Nahschusses soll zudem nur eine weitere Art ("verwendet auch") des Verwendens sein. aa) Die Anwendung des Zeit-Kriteriums führt zunächst dazu, daû ein Täter , der eine Schreckschuûwaffe bloû bei sich führt, nahezu stets einen schweren Raub im Sinne des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB begeht. Die rechtssystematische Konsequenz einer solchen Auslegung wäre, daû ± anders als es der 1. Strafsenat aus der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abgeleitet hat ± der Begriff des "gefährlichen Werkzeugs" in § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB weitgehend identisch wäre. Daû der 2. Strafsenat ± von seinem Ansatz aus konsequent ± von einem solchen einheitlichen Begriff des "gefährlichen Werkzeugs" ausgeht, zeigt die Begründung auf S. 4 unten und S. 5 Mitte des Anfragebeschlusses. Daraus folgt aber zugleich , daû die auf die Auslegung des "gefährlichen Werkzeugs" (nur) im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB beschränkte Vorlegungsfrage zu eng gefaût ist. Da es bereits auf die M ö g l i c h k e i t des Einsatzes aus kurzer Distanz ankommen soll, ändert diese Auslegung auch die bisherige Rechtsprechung
zum Begriff des "gefährlichen Werkzeugs" im Sinne des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB. bb) Der so ausgelegte Begriff des "gefährlichen Werkzeugs" würde aber auch für jeden anderen generell noch nicht gefährlichen Gegenstand gelten. Das gilt zunächst für ungeladene Schuûwaffen oder Scheinwaffen. Reicht die Drohung mit der vermeintlich möglichen Schuûabgabe nicht aus, so k ö n n e n diese ± binnen Sekunden ± immer noch als Schlagwerkzeug eingesetzt werden. Für deren Einstufung in § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB bliebe dann kaum noch Raum. Auch andere Gegenstände wie Schals, Gürtel (sie können schnell als Drosselungswerkzeuge gebraucht werden), Kugelschreiber (als Stichwerkzeug) oder Schuhe müûten bei Anwendung des ZeitKriteriums als (potentiell) "gefährliche Werkzeuge" angesehen werden. Da aber nahezu jeder Täter solche oder ähnliche Gegenstände "bei sich führt" (§ 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB) und "diese innerhalb kürzester Zeit unmittelbar am Körper des Opfers zum Einsatz gebracht werden k ö n n e n " , würde der einfache Raub in den meisten Fällen zu einem schweren Raub. cc) Diese Konsequenzen lassen sich nicht dadurch vermeiden, daû der 2. Strafsenat die Einstufung als "gefährliches Werkzeug" ausdrücklich nur bei einem "derart verletzungsgeeigneten Gegenstand" und wegen der insoweit angenommenen Vergleichbarkeit der Schreckschuûpistole mit einem Messer vornehmen will. Da mit der potentiellen Gefährlichkeit ein weitergehender Auslegungsansatz gewählt wird, läût sich dessen umfassende Anwendung nicht nur auf die tatsächlichen Gegebenheiten der Schreckschuûwaffe beschränken. Damit würde die Grenzziehung zwischen objektiv gefährlichen und objektiv ungefährlichen Werkzeugen bzw. Waffen wegen eines nur für möglich angesehenen Tatverlaufs aufgegeben. Einen Erfahrungssatz, daû ein objektiv ungefährliches Tatmittel stets gefährlich eingesetzt wird, gibt es nicht. Ebenso kann nicht unterstellt werden, daû ein Täter regelmäûig eine derartige, die Gefährlichkeit erhöhende Absicht hat. Der Anknüpfung an einen nur potentiel-
len Geschehensablauf widersprechen gerade die häufig von den Tatgerichten getroffenen Feststellungen, nach denen es beim Raub aus unterschiedlichsten Gründen ± erfolgreiche Täuschung des Opfers, Furcht des Täters u.a. ± bei dem objektiv ungefährlichen Einsatz des Tatmittels bleibt. Käme es auf die potentielle Gefährlichkeit an, so müûten die Tatgerichte aufgrund der richterlichen Aufklärungspflicht oder aufgrund von Beweisanträgen weitere Ermittlungen zu den örtlichen Gegebenheiten ± dem Abstand zwischen Täter und Opfer, den Sichtverhältnissen und insbesondere zu der Möglichkeit , die Distanz zwischen Täter und Opfer zu überwinden ± anstellen. Ebenso wäre das Merkmal "binnen kürzester Zeit und ohne weitere Vorbereitungen" unterschiedlichster Auslegung zugänglich. Insoweit verweist der Senat auch auf die Stellungnahme des 5. Strafsenats (Beschluû vom 19. Februar 2002 ± 5 ARs 6/02 ±). II. Gegen die beabsichtigte Änderung der Rechtsprechung sprechen auch die Motive des Gesetzgebers des 6. StrRG. 1. Mit der Einführung der abgestuften Qualifikationstatbestände mit den Mindeststrafandrohungen von drei Jahren bzw. fünf Jahren wollte der Gesetzgeber Wertungswidersprüche auflösen, die sich in der Rechtsprechung der Gerichte ergeben hatten. Obwohl § 250 Abs. 1 Nr. 1 StGB a.F. für sämtliche Tathandlungen des schweren Raubes das einheitliche Mindestmaû von fünf Jahren Freiheitsstrafe vorsah, hätten die Gerichte aus seiner Sicht zu oft den mit einer Höchststrafe von fünf Jahren bedrohten minder schweren Fall nach § 250 Abs. 2 StGB a.F. angenommen (vgl. Entwurfsbegründung BTDrucks. 13/8587 S. 44). Durch die Einführung eines Qualifikationstatbestandes mit einem "mittleren" Strafrahmen des § 250 Abs. 1 StGB n.F. und die Anhebung der Höchststrafe für den minder schweren Fall sollten die Strafrahmen angemessen abgestuft werden. § 250 Abs. 1 StGB n.F. sollte namentlich in solchen Fällen zur Anwendung kommen, in denen die Rechtsprechung bisher auf den Strafrahmen für minder schwere Fälle nach § 250 Abs. 2 StGB a.F. "ausgewichen" war: "Überfälle mit einer Spielzeugpistole, mit einer mit vier Platzpatro-
nen geladenen Schreckschuûwaffe oder unter Vorhalt einer ungeladenen Gaspistole" (aaO S. 44). 2. Der Gesetzgeber wollte also zum einen verhindern, daû ein Raub durch Bedrohung mit objektiv ungefährlichen Schuûwaffen zum minder schweren Fall herabgestuft wird. Zum andern hat er gerade für diese Fälle den Qualifikationstatbestand des § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB mit einem mittleren Strafrahmen geschaffen (vgl. Boetticher/Sander NStZ 1999, 292 ff.; ausführlich auch Hohmann/Sander Strafrecht BT I 2. Aufl. § 6 Rdn. 4 ff.) und damit verdeutlicht , daû er solche Fallgestaltungen ± unter ausdrücklicher Erwähnung der mit Platzpatronen geladenen Schreckschuûwaffe ± mit dem Strafrahmen des § 250 Abs. 1 StGB n.F. bedroht wissen wollte. III. Die vom 2. Strafsenat vorgenommene Auslegung des Begriffs des "gefährlichen Werkzeugs" würde schlieûlich eine inzwischen gefestigte Rechtsprechung aufgeben, ohne daû dafür schwerwiegende Gründe vorliegen. Der teilweise unsystematischen Neubeschreibung der Qualifikationsmittel in den abgestuften Tatbeständen des schweren Raubes durch das 6. StrRG hat die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs mittlerweile eine für die Praxis handhabbare Kontur gegeben. Nahezu alle praktisch wichtigen Fallgruppen sind inzwischen höchstrichterlich geklärt. Die Strafsenate haben die in Rede stehenden Merkmale im wesentlichen übereinstimmend ausgelegt und in einer Vielzahl von Entscheidungen eine für die tatrichterliche Praxis hinreichend klare Abgrenzung zwischen den Tatbestandsmerkmalen "Waffe oder anderes gefährliches Werkzeug" (§ 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a, Abs. 2 Nr. 1 StGB) und "Werkzeug oder Mittel" (§ 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b StGB) geschaffen. Dadurch konnten die durch das Ersetzen der "Schuûwaffe" zunächst hervorgerufenen Unzuträglichkeiten bei der neuen Systematisierung der Tatmittel und ihrer Zuordnung zu den beiden unterschiedlichen Qualifikationstatbeständen des schweren Raubes soweit wie möglich beseitigt werden. Für eine Änderung der nunmehr als gefestigt anzusehenden
Rechtsprechung vermag der 1. Strafsenat ± ebenso wie der 5. Strafsenat (Beschluû vom 19. Februar 2002 ± 5 ARs 6/02 ±) ± keine Gründe von Gewicht zu erkennen. Schäfer Nack Boetticher Schluckebier Hebenstreit
5 StR 574/12

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 12. Dezember 2012
in der Strafsache
gegen
wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Dezember 2012

beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 31. Mai 2012 nach § 349 Abs. 4 StPO
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der räuberischen Erpressung in 23 Fällen und der versuchten räuberischen Erpressung schuldig ist,
b) in den Aussprüchen über die im Fall 5 der Urteilsgründe (Tat vom 11. September 2011 in Eisenhüttenstadt) verhängte Einzelstrafe und über die Gesamtstrafe aufgehoben.
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen räuberischer Erpressung in 22 Fällen, wegen (besonders) schwerer räuberischer Erpressung und wegen versuchter räuberischer Erpressung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete und auf Verfahrensrügen sowie die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des An- geklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den zu Fall 5 der Urteilsgründe getroffenen Feststellungen trafen der Angeklagte und ein Mittäter sowie der Geschädigte am 11. September 2011 auf dem Gelände eines Industrieunternehmens in Eisenhüttenstadt zusammen. Sie gingen zu einem „Industriemüll-Häcksler“ (UA S. 12); es handelte sich dabei um ein „größeres Gerät, zum Schreddern von Industriemüll“ (UA S. 25). Der Angeklagte forderte vom Geschädigten die Herausgabe von 400 €, andernfalls er „in dem Häcksler landen werde“. Das Tatopfer fürchtete um sein Leben und übergab dem Angeklagten das Geld.
3
2. Diese Feststellungen tragen nicht den Schuldspruch wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung nach §§ 255, 249, 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB. Nach der insoweit auf § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB übertragbaren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Tatbestand des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB sind gefährliche Werkzeuge nur solche Gegenstände, die durch menschliche Einwirkung irgendwie gegen einen menschlichen Körper in Bewegung gesetzt werden können (vgl. BGH, Urteile vom 6. September1968 – 4 StR 320/68, BGHSt 22, 235, 236, und vom 8. März 1988 – 1 StR 18/88, BGHR StGB § 223a Abs. 1 aF Werkzeug 2, Beschluss vom 7. Dezember 1993 – 5 StR 644/93; Stree/Sternberg-Lieben in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 224 Rn. 7 mwN). Hier wie dort sind demgemäß nur bewegliche Gegenstände erfasst. Für § 250 StGB wird dies zusätzlich daraus deut- lich, dass gefährliche Werkzeuge im Sinne der Vorschrift „bei sich geführt“ werden können müssen (§ 250 Abs. 1 Nr. 1a StGB; vgl. zu dem sinngleichen Merkmal in § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG auch BGH, Urteil vom 15. November 2007 – 4 StR 435/07, BGHSt 52, 89, 92 ff.). Daran fehlt es – trotz eher vager Beschreibung im angefochtenen Urteil – ersichtlich bei dem hier in Frage stehenden Gerät, das nach dem Zusammenhang der Urteilsgründe groß genug war, um einen Menschen aufnehmen zu können, und das seine Gefährlichkeit nicht aus einer Bewegung gegen den Menschen oder eines Menschen gegen das Gerät (vgl. hierzu RGSt 24, 372, 373), sondern aus einem Verarbeitungsvorgang gewinnt (vgl. auch RG aaO S. 375). Davon bleibt unberührt, dass die durch den Angeklagten ausgesprochene besonders markante Drohung im Rahmen der Strafzumessung Berücksichtigung finden kann.
4
Der Angeklagte ist nach alledem auch bei Tat 5 lediglich der nicht weiter qualifizierten räuberischen Erpressung nach §§ 255, 249 StGB schuldig. Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert. Der Angeklagte hätte sich hiergegen nicht anders als geschehen verteidigen können.
5
3. Die Schuldspruchänderung entzieht der Einsatzstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe sowie dem Gesamtstrafenausspruch die Grundlage. Weil es sich nur um einen Wertungsfehler handelt, können die Feststellungen bestehen bleiben. Das neue Tatgericht kann ergänzende Feststellungen treffen, sofern sie den bisherigen nicht widersprechen.
Basdorf Schaal Dölp König Bellay

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Soweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Gleichzeitig sind die dem Urteil zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben, sofern sie durch die Gesetzesverletzung betroffen werden, wegen deren das Urteil aufgehoben wird.