Bundesgerichtshof Urteil, 22. Juni 2016 - 5 StR 524/15

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:220616U5STR524.15.0
bei uns veröffentlicht am22.06.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung : ja
Auf das Merkmal der besonderen Schwere der Schuld in
§ 105 Abs. 3 Satz 2 JGG sind die von der Rechtsprechung zu
§ 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB entwickelten Maßstäbe anzuwenden.
BGH, Urteil vom 22. Juni 2016 – 5 StR 524/15
LG Cottbus –
ECLI:DE:BGH:2016:220616U5STR524.15.0
IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 5 StR 524/15 vom 22. Juni 2016 in der Strafsache gegen

wegen Mordes u.a.

ECLI:DE:BGH:2016:220616U5STR524.15.0
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 22. Juni 2016, an der teilgenommen haben:
Richter Prof. Dr. Sander
als Vorsitzender,
Richterin Dr. Schneider, Richter Prof. Dr. König, Richter Dr. Berger, Richter Dr. Feilcke
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt S.
als Verteidiger,
Rechtsanwältin L.
als Vertreterin des Nebenklägers H. ,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,


für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 30. April 2015 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die den Neben- und Adhäsionsklägern im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen; im Übrigen wird davon abgesehen, ihm die Kosten des Rechtsmittels aufzuerlegen.
- Von Rechts wegen -

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes und gefährlicher Körperverletzung in Anwendung des § 105 Abs. 3 Satz 2 JGG zu einer Einheitsjugendstrafe von 13 Jahren und sechs Monaten verurteilt und Adhäsionsentscheidungen getroffen. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten bleibt ohne Erfolg.
2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts hatten sich der zur Tatzeit 20 Jahre und einen Monat alte Angeklagte und das Tatopfer, die 14-jährige A. B. , über das Internet kennengelernt. Ende Oktober 2013 kam es zu einem ersten persönlichen Treffen, bei dem A. feststellen musste, dass der Angeklagte wesentlich älter war, als er angegeben hatte; auch im Übrigen war sie von ihm enttäuscht und hatte kein Interesse mehr an einem persönli- chen Kontakt. Auf sein Drängen ließ sie sich jedoch zu einem weiteren Besuch des Angeklagten bei ihr überreden. Hierbei teilte A. ihm mit, dass die Beziehung beendet sei. Der Angeklagte gab vor, die Heimreise antreten zu wollen, und ließ sich am 17. November 2013 von A. s Mutter nach Berlin zum Busbahnhof bringen.
3
Am Nachmittag des Folgetages befand sich A. in Begleitung eines Mitschülers, des ebenfalls 14-jährigen Nebenklägers H. , auf dem Heimweg von der Schule. In einem Waldstück traf sie auf den Angeklagten. Sie war überrascht, da er ihr am Vortag in einer Textnachricht mitgeteilt hatte, er befinde sich im Bus nach Köln. A. und der Angeklagte begannen nunmehr zu streiten, während sich der Nebenkläger etwas abseits hielt. Als A. das Gespräch schließlich beendete, sich umdrehte und zum Gehen wandte, schlug der in seiner Schuldfähigkeit nicht relevant beeinträchtigte Angeklagte mit einer Bierflasche dreimal auf ihren Hinterkopf. Verärgert und wütend über das Ende der Beziehung beabsichtigte er spätestens in diesem Moment, sie zu töten. A. , die nicht mit einem Angriff gerechnet hatte, ging zu Boden. Der Angeklagte zog sie zu seinem in der Nähe abgestellten Rucksack und entnahm diesem ein Küchenmesser mit einer Klingenlänge von etwa zehn Zentimetern. Hiermit versetzte er ihr mehrere tiefe Stiche in den Kopf, den Hals, die Brust und den Bauch. Sodann entnahm er dem Rucksack ein weiteres Messer, dessen gezackte Klinge eine Länge von etwa 20 Zentimetern hatte. Mit diesem stach er in fortwährender Tötungsabsicht vielfach und mit aller Kraft in A. s Oberkörper und Kopf, deren Sweatshirt er zuvor bis zur Brusthochgeschoben hatte. Anschließend drehte er sie um und versetzte ihr weitere Stiche in den Rücken. Der letzte Stich war derart wuchtig, dass das Messer den Körper mit der Schneide bis zum Schaft durchstach und im Erdreich stecken blieb.

4
Als der Nebenkläger des Angriffs auf seine Mitschülerin gewahr wurde, rannte er auf den Angeklagten zu und versuchte, dessen Arm zu fassen und ihn von weiteren Stichen abzuhalten. Der Angeklagte stach nun auch in Richtung des Nebenklägers und fügte ihm eine Schnittverletzung an der Hand zu, woraufhin der Nebenkläger zu einer nahe gelegenen Straße lief, um von dort Hilfe herbeizuholen. Währenddessen stach der Angeklagte weiter auf A. ein. Insgesamt versetzte er ihr mindestens 78 Stich- und Schnittverletzungen in den Oberkörper, den Hals und den Kopf; dabei wurde durch kräftiges Einstechen auf ihren Hinterkopf auch ein Stück des Schädeldachs herausgebrochen. A. , die sich zunächst noch etwa ein bis zwei Minuten durch Abwehrhaltungen gegen den Angeklagten zur Wehr gesetzt hatte, erlag einige Minuten später ihren Verletzungen.
5
2. Den vom Angeklagten erhobenen Verfahrensbeschwerden bleibt aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts genannten Gründen der Erfolg versagt.
6
3. Auch die auf die Sachrüge veranlasste umfassende Überprüfung des Urteils hat weder zum Schuldspruch noch zum Rechtsfolgenausspruch einen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
7
a) Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei die Mordmerkmale der Heimtücke und der sonstigen niedrigen Beweggründe bejaht. Soweit es mit Blick auf das weitere Mordmerkmal der Grausamkeit angenommen hat, dass die Tat diesbezüglich „im Grenzbereich“ liege, so dass sich dieses Mordmerkmal nicht mit Sicherheit feststellen lasse (vgl. UA S. 65), ist der Angeklagte jedenfalls nicht beschwert. Die Tat zum Nachteil des Nebenklägers H. hat die Strafkammer rechtlich zutreffend als gefährliche Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB gewertet.
8
b) Der Rechtsfolgenausspruch erweist sich ebenfalls als rechtsfehlerfrei. Weder gegen die Anwendung von Jugendrecht auf den Angeklagten nach § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG noch gegen die Verhängung von Jugendstrafe gemäß § 17 Abs. 2 JGG ist von Rechts wegen etwas zu erinnern. Dies gilt schließlich auch für die Anwendung des § 105 Abs. 3 Satz 2 JGG und die ihr zugrunde liegende Annahme der besonderen Schwere der Schuld des Angeklagten.
9
aa) Die Entscheidung der Frage, ob die besondere Schwere der Schuld zu bejahen ist, hat das Tatgericht unter Abwägung aller im Einzelfall für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände zu treffen (vgl. BGH, Großer Senat für Strafsachen, Beschluss vom 22. November 1994 – GSSt 2/94, BGHSt 40, 360, 370; Urteile vom 2. März 1995 – 1 StR 595/94, BGHSt 41, 57, 62; vom 18. Juni 2014 – 5 StR 60/14, BGHR StGB § 57a Abs. 1 Schuldschwere 29). Dem Revisionsgericht ist bei der Nachprüfung der tatgerichtlichen Wertung eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle versagt. Es hat nur zu prüfen , ob das Tatgericht alle maßgeblichen Umstände bedacht und rechtsfehlerfrei abgewogen hat; es ist aber gehindert, seine eigene Wertung an die Stelle derjenigen des Tatgerichts zu setzen (BGH, Urteil vom 30. März 2006 – 4 StR 567/05, NStZ 2006, 505, 506; Beschluss vom 20. August 1996 – 4 StR 361/96, BGHSt 42, 226, 227).
10
bb) Die angefochtene Entscheidung hält entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts im Ergebnis revisionsgerichtlicher Nachprüfung stand.
11
(1) Die von der Rechtsprechung zu § 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB entwickelten Maßstäbe sind gleichermaßen auf § 105 Abs. 3 Satz 2 JGG anzu- wenden (vgl. BeckOK JGG/Schlehofer, Stand: 15. März 2016, § 105 Rn. 23 l ff.). Hierfür spricht bereits der insoweit identische Wortlaut der beiden Vorschriften. Darüber hinaus steht diese Auslegung im Einklang mit dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers. Die Begründung des Koalitionsentwurfs führt hierzu aus: „Auchwenn das Jugendstrafrecht vom Erziehungsgedanken geleitet wird und insbesondere bei seiner Anwendung im Einzelfall erzieherische und spezialpräventiv behandlungsorientierte Aspekte im Vordergrund stehen, bleibt es vom Ausgangspunkt her Strafrecht und muss deshalb angemessene Reaktionsmöglichkeiten auf strafrechtlich vorwerfbares Unrecht bereitstellen“ (BT-Drucks. 17/9389 S. 8). Durch § 105 Abs. 3 Satz 2 JGG soll demnach in Fällen des Mordes einer besonders schweren Schuld Rechnung getragen werden können, wenn das allgemeine Höchstmaß der Jugendstrafe für Heranwachsende von zehn Jahren dafür im Einzelfall auch unter Berücksichtigung des das Jugendstrafrecht leitenden Erziehungsgedankens nicht ausreicht (vgl. BT-Drucks. aaO S. 8 f., 20); aufgrund dieser gesetzgeberischen Entscheidung kommt hier dem Gebot gerechten Schuldausgleichs gegenüber dem Erziehungsgedanken Vorrang zu. Dieser ist im Übrigen Grund dafür, dass im Unterschied zum allgemeinen Strafrecht das Höchstmaß der Jugendstrafe zeitlich begrenzt ist.
12
(2) Das Landgericht hat – ersichtlich unter Berücksichtigung des Erziehungsgedankens – bei der Prüfung des § 105 Abs. 3 Satz 2 JGG alle maßgeblichen Umstände bedacht und rechtsfehlerfrei abgewogen. Zwar hat es sie bei diesem gesonderten Zumessungsschritt nicht (nochmals) ausdrücklich benannt. Es hat aber – in zulässiger Weise – auf seine konkreten Strafzumessungserwägungen Bezug genommen.
13
Als für den Angeklagten sprechende Umstände hat es insbesondere seine bisherige Unbestraftheit, die durch seine Verteidiger in der Hauptverhandlung abgegebene Erklärung, dass er die Tat nicht abstreite, die Zahlung von 500 € als Schmerzensgeld an denNebenkläger H. und seinen Versuch gewertet , sich bei den Eltern der Getöteten zu entschuldigen; insgesamt hat es keine für den Angeklagten sprechenden Umstände übersehen.
14
Als schuldsteigernde Gesichtspunkte hat es insbesondere angeführt, dass der Angeklagte äußerst brutal vorgegangen ist und A. eine Vielzahl von Verletzungen zugefügt hat, darunter solche, die äußerst schmerzhaft waren. Weiter hat es in die Abwägung eingestellt, dass der Angeklagte zwei Mordmerkmale erfüllt hat. Zudem hat Berücksichtigung gefunden, dass sich der Angeklagte nicht einmal durch die vom Nebenkläger H. vorgenommene Störung von der weiteren Tatbegehung abhalten ließ, vielmehr auch diesen mit einem Messer verletzte, und dass als Folge der Tat sowohl die Eltern des getöteten Mädchens als auch der Nebenkläger H. schwerwiegende psychische Beeinträchtigungen erlitten haben.
15
Es lässt keinen Rechtsfehler erkennen, dass die Jugendkammer aufgrund ihrer Gesamtwürdigung dieser Umstände die besondere Schwere der Schuld des Angeklagten bejaht hat und sie damit zur Anwendbarkeit des § 105 Abs. 3 Satz 2 JGG gelangt ist. Die Höhe der festgesetzten Jugendstrafe begegnet ebenfalls keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
16
4. Die Entscheidung über die Kosten und Auslagen beruht auf § 473 Abs. 1 StPO, § 109 Abs. 2 Satz 1, § 74 JGG.
Sander Schneider Berger
König Feilcke

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Bundesgerichtshof Urteil, 22. Juni 2016 - 5 StR 524/15 zitiert 9 §§.

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Im Verfahren gegen einen Jugendlichen kann davon abgesehen werden, dem Angeklagten Kosten und Auslagen aufzuerlegen.

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(1) Begeht ein Heranwachsender eine Verfehlung, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist, so wendet der Richter die für einen Jugendlichen geltenden Vorschriften der §§ 4 bis 8, 9 Nr. 1, §§ 10, 11 und 13 bis 32 entsprechend an, wenn

1.
die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters bei Berücksichtigung auch der Umweltbedingungen ergibt, daß er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand, oder
2.
es sich nach der Art, den Umständen oder den Beweggründen der Tat um eine Jugendverfehlung handelt.

(2) § 31 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ist auch dann anzuwenden, wenn der Heranwachsende wegen eines Teils der Straftaten bereits rechtskräftig nach allgemeinem Strafrecht verurteilt worden ist.

(3) Das Höchstmaß der Jugendstrafe für Heranwachsende beträgt zehn Jahre. Handelt es sich bei der Tat um Mord und reicht das Höchstmaß nach Satz 1 wegen der besonderen Schwere der Schuld nicht aus, so ist das Höchstmaß 15 Jahre.

(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer lebenslangen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn

1.
fünfzehn Jahre der Strafe verbüßt sind,
2.
nicht die besondere Schwere der Schuld des Verurteilten die weitere Vollstreckung gebietet und
3.
die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 vorliegen.
§ 57 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 6 gilt entsprechend.

(2) Als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 gilt jede Freiheitsentziehung, die der Verurteilte aus Anlaß der Tat erlitten hat.

(3) Die Dauer der Bewährungszeit beträgt fünf Jahre. § 56a Abs. 2 Satz 1 und die §§ 56b bis 56g, 57 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 5 Satz 2 gelten entsprechend.

(4) Das Gericht kann Fristen von höchstens zwei Jahren festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag des Verurteilten, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.

(1) Begeht ein Heranwachsender eine Verfehlung, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist, so wendet der Richter die für einen Jugendlichen geltenden Vorschriften der §§ 4 bis 8, 9 Nr. 1, §§ 10, 11 und 13 bis 32 entsprechend an, wenn

1.
die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters bei Berücksichtigung auch der Umweltbedingungen ergibt, daß er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand, oder
2.
es sich nach der Art, den Umständen oder den Beweggründen der Tat um eine Jugendverfehlung handelt.

(2) § 31 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ist auch dann anzuwenden, wenn der Heranwachsende wegen eines Teils der Straftaten bereits rechtskräftig nach allgemeinem Strafrecht verurteilt worden ist.

(3) Das Höchstmaß der Jugendstrafe für Heranwachsende beträgt zehn Jahre. Handelt es sich bei der Tat um Mord und reicht das Höchstmaß nach Satz 1 wegen der besonderen Schwere der Schuld nicht aus, so ist das Höchstmaß 15 Jahre.

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Begeht ein Heranwachsender eine Verfehlung, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist, so wendet der Richter die für einen Jugendlichen geltenden Vorschriften der §§ 4 bis 8, 9 Nr. 1, §§ 10, 11 und 13 bis 32 entsprechend an, wenn

1.
die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters bei Berücksichtigung auch der Umweltbedingungen ergibt, daß er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand, oder
2.
es sich nach der Art, den Umständen oder den Beweggründen der Tat um eine Jugendverfehlung handelt.

(2) § 31 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ist auch dann anzuwenden, wenn der Heranwachsende wegen eines Teils der Straftaten bereits rechtskräftig nach allgemeinem Strafrecht verurteilt worden ist.

(3) Das Höchstmaß der Jugendstrafe für Heranwachsende beträgt zehn Jahre. Handelt es sich bei der Tat um Mord und reicht das Höchstmaß nach Satz 1 wegen der besonderen Schwere der Schuld nicht aus, so ist das Höchstmaß 15 Jahre.

(1) Die Jugendstrafe ist Freiheitsentzug in einer für ihren Vollzug vorgesehenen Einrichtung.

(2) Der Richter verhängt Jugendstrafe, wenn wegen der schädlichen Neigungen des Jugendlichen, die in der Tat hervorgetreten sind, Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel zur Erziehung nicht ausreichen oder wenn wegen der Schwere der Schuld Strafe erforderlich ist.

(1) Begeht ein Heranwachsender eine Verfehlung, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist, so wendet der Richter die für einen Jugendlichen geltenden Vorschriften der §§ 4 bis 8, 9 Nr. 1, §§ 10, 11 und 13 bis 32 entsprechend an, wenn

1.
die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters bei Berücksichtigung auch der Umweltbedingungen ergibt, daß er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand, oder
2.
es sich nach der Art, den Umständen oder den Beweggründen der Tat um eine Jugendverfehlung handelt.

(2) § 31 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ist auch dann anzuwenden, wenn der Heranwachsende wegen eines Teils der Straftaten bereits rechtskräftig nach allgemeinem Strafrecht verurteilt worden ist.

(3) Das Höchstmaß der Jugendstrafe für Heranwachsende beträgt zehn Jahre. Handelt es sich bei der Tat um Mord und reicht das Höchstmaß nach Satz 1 wegen der besonderen Schwere der Schuld nicht aus, so ist das Höchstmaß 15 Jahre.

(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer lebenslangen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn

1.
fünfzehn Jahre der Strafe verbüßt sind,
2.
nicht die besondere Schwere der Schuld des Verurteilten die weitere Vollstreckung gebietet und
3.
die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 vorliegen.
§ 57 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 6 gilt entsprechend.

(2) Als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 gilt jede Freiheitsentziehung, die der Verurteilte aus Anlaß der Tat erlitten hat.

(3) Die Dauer der Bewährungszeit beträgt fünf Jahre. § 56a Abs. 2 Satz 1 und die §§ 56b bis 56g, 57 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 5 Satz 2 gelten entsprechend.

(4) Das Gericht kann Fristen von höchstens zwei Jahren festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag des Verurteilten, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 567/05
vom
30. März 2006
in der Strafsache
gegen
wegen Mordes
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 30. März
2006, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Kuckein,
Athing,
Richterin am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankenthal vom 28. Juli 2005 werden verworfen.
2. Die Kosten der Revision der Staatsanwaltschaft und die hierdurch dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen hat die Staatskasse zu tragen. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision insoweit, als das Landgericht eine besondere Schuldschwere (§ 57 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB) verneint hat. Der Angeklagte greift das Urteil mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts geltend macht, insgesamt an. Beide Rechtsmittel haben keinen Erfolg.

I.


2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte im Jahre 1988 in einer Kaserne in S. stationiert. Als er am Morgen des 21. Juni 1988 in Bundeswehruniform, auf der sein Namensschild aufgenäht war, mit seinem privaten Pkw eine Landstraße befuhr, bemerkte er in der Ferne auf dem rechts parallel zur Straße verlaufenden Wirtschaftsweg die 16jährige Schülerin Annette K. , die ihm mit ihrem Fahrrad entgegenkam. Er entschloss sich, die junge Frau zu überfallen und sich in ihrer Gegenwart sexuell zu befriedigen. Er hielt sein Fahrzeug an, stieß die Schülerin vom Fahrrad, verfolgte sie in ein Kornfeld, unterband ihre Abwehrversuche, zog ihr Hose und Slip herunter , kniete sich zwischen ihre gewaltsam gespreizten Beine und onanierte bis zum Samenerguss, wobei das Ejakulat auf die Joggingjacke der sich wehrenden Geschädigten tropfte. Weil er befürchtete, dass das Schreien des Mädchens andere alarmieren könnte und er verhindern wollte, anhand einer von der Geschädigten abgegebenen Täterbeschreibung - insbesondere wegen seiner Uniform und des daran befindlichen Namensschildes - identifiziert zu werden, entschloss er sich, Annette K. zu töten. Er würgte sie und tötete die Schülerin schließlich mit seinem Bundeswehr-Klappmesser, das er in seiner Uniform mit sich führte. Sodann floh er.
3
Der Angeklagte wurde erst im Jahre 2004 auf Grund eines DNAGutachtens als Täter ermittelt. Nach seiner Festnahme am 27. Oktober 2004 legte er sowohl bei der Polizei als auch bei der Ermittlungsrichterin ein Geständnis ab. In der Hauptverhandlung hat er die Geständnisse widerrufen.
4
Der Angeklagte war zum Tatzeitpunkt strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten. Im Jahre 1990 wurde gegen ihn wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung eine zwischenzeitlich erledigte Geldstrafe verhängt. 1993 wurde er wegen in den Jahren 1991/1992 begangenen sexuellen Missbrauchs seiner Stieftochter zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt; im selben Jahr wurde gegen ihn außerdem wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr auf eine weitere Frei- heitsstrafe mit Bewährung erkannt. Beide Strafen wurden - in den Jahren 1995/1996 - erlassen.
5
2. Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Verdeckungsmordes (§ 211 Abs. 2 letzte Alt. StGB) zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Die besondere Schwere der Schuld des Angeklagten vermochte es aus folgenden Gründen nicht festzustellen:
6
Es lägen keine Umstände von erheblichem Gewicht im Sinne des § 57 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB vor, die einer Strafrestaussetzung nach Verbüßung von 15 Jahren Freiheitsstrafe von vornherein entgegenstünden. Zwar liege dem Verdeckungsmord eine schwerwiegende Anlasstat, nämlich eine sexuelle Nötigung , zugrunde; zu berücksichtigen sei aber, dass die Ermittlungs- und Verfahrensdauer mit 17 Jahren ungewöhnlich lang gewesen sei, dass hinsichtlich der Anlasstat bereits Strafverfolgungsverjährung eingetreten sei, dass das - nach der Tat - im Jahre 1993 abgeurteilte Sexualdelikt nicht zu Lasten des Angeklagten in die Schuldabwägung einzubeziehen sei und der Angeklagte nur ein Mordmerkmal verwirklicht habe. Auch der in der Tat zum Ausdruck gekommene "Vernichtungswille" könne nicht zum Nachteil des Angeklagten Berücksichtigung finden, weil die der Geschädigten beigebrachten Verletzungen unmittelbar auf eine rasche und sichere Tötung abgezielt und - ohne erhebliche Qualen zu verursachen - binnen kürzester Frist zu deren Tod geführt hätten. Ohne schuldsteigernde Wirkung sei auch, dass der Angeklagte in der Hauptverhandlung seine zuvor abgelegten Geständnisse widerrufen habe, weil es sich insoweit um ein zulässiges Verteidigungsverhalten gehandelt habe. In diesem Zusammenhang könnten auch die Beweisanträge des Angeklagten, die auf eine Untermauerung seiner Behauptung abgezielt hätten, Annette K. habe sich ihm freiwillig hingegeben und auch im Übrigen Männerbekanntschaften unterhalten, sowie sein scheinbar emotional unbeteiligtes Auftreten in der Hauptverhandlung nicht schulderhöhend gewertet werden.

II.


7
Revision der Staatsanwaltschaft
8
Die - vom Generalbundesanwalt vertretene - zulässig (vgl. BGHSt 41, 57) auf die Ablehnung der Schuldschwerefeststellung beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft ist unbegründet. Die Verneinung der besonderen Schuldschwere ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
9
Die Entscheidung der Frage, ob die besondere Schwere der Schuld zu bejahen ist, obliegt dem Tatrichter. Er hat unter Würdigung aller hierfür erheblichen Umstände die Schuld des Angeklagten im Sinne des § 57a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB abzuwägen; dem Revisionsgericht ist insoweit eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle versagt. Es hat die tatrichterliche Entscheidung grundsätzlich hinzunehmen und nur zu prüfen, ob der Tatrichter alle maßgeblichen Umstände bedacht und rechtsfehlerfrei abgewogen hat (vgl. BGHSt 40, 360, 370; 41, 57, 62; 42, 226, 227; BGH NStZ 2005, 88; BGH, Urteile vom 26. Mai 2004 - 2 StR 386/03 - und vom 8. September 2005 - 1 StR 159/05).
10
Unter Berücksichtigung dieses eingeschränkten Prüfungsmaßstabs weist die tatrichterliche Entscheidung keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf. Das Landgericht hat die wesentlichen erschwerenden und mildernden Umstände der Tat, die der Verhängung der lebenslangen Freiheitsstrafe zugrunde liegen, in seine Gesamtwürdigung einbezogen, wenn auch - was der Revision zuzugeben ist - einzelne Formulierungen im Urteil die Besorgnis begründen könnten, dass es seiner Entscheidung nicht den richtigen Maßstab zugrunde gelegt hat; davon bliebe aber – selbst wenn dies der Fall wäre – das Ergebnis der Abwägung unberührt (vgl. BGHSt 41, 57, 63): Die schuldrelevanten Umstände des abgeurteilten Geschehens sind einerseits dadurch geprägt, dass die dem Verdeckungsmord zugrunde liegende Anlasstat (sexueller Übergriff auf offener Straße auf eine zufällig vorbeikommende junge Frau) schwerwiegend war, dass andererseits aber seit der Tat mehr als 17 Jahre vergangen sind. Beide Gesichtspunkte hat das Landgericht gesehen und - mit weiteren Umständen - erörtert und gegeneinander abgewogen. Hinzu kommt - mildernd -, was das Landgericht nicht ausdrücklich erwähnt hat, dass der Angeklagte nach seiner Festnahme sofort geständig war und sich die Beweiswürdigung maßgeblich auf die Geständnisse stützt, auch wenn der Angeklagte sie später widerrufen hat.
11
Soweit die Staatsanwaltschaft ihre eigenen Schuldschwereerwägungen an die Stelle derer des Tatgerichts setzt, kann sie damit im Revisionsverfahren nicht gehört werden.

III.


12
Revision des Angeklagten
13
1. Die Verfahrensrügen haben - wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift im Einzelnen ausgeführt hat - keinen Erfolg. Ergänzend ist lediglich zu bemerken, dass die Verfahrensrüge Nr. 6 (Ablehnung des Antrags auf DNA-Abgleich des sichergestellten Haares mit dem DNA-Muster des Angeklagten ) nicht nur unbegründet, sondern auch unzulässig erhoben ist, weil das Gut- achten des Bundeskriminalamts vom 2. Mai 2002 (Bd. III Bl. 737 ff. d.A.) nicht mitgeteilt wurde.
14
2. Im Hinblick auf die Sachrüge hat die Nachprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Auch insoweit verweist der Senat auf die Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 3. Januar 2006.
Tepperwien Kuckein Athing
Solin-Stojanović Ernemann

(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer lebenslangen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn

1.
fünfzehn Jahre der Strafe verbüßt sind,
2.
nicht die besondere Schwere der Schuld des Verurteilten die weitere Vollstreckung gebietet und
3.
die Voraussetzungen des § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 vorliegen.
§ 57 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 6 gilt entsprechend.

(2) Als verbüßte Strafe im Sinne des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 gilt jede Freiheitsentziehung, die der Verurteilte aus Anlaß der Tat erlitten hat.

(3) Die Dauer der Bewährungszeit beträgt fünf Jahre. § 56a Abs. 2 Satz 1 und die §§ 56b bis 56g, 57 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 5 Satz 2 gelten entsprechend.

(4) Das Gericht kann Fristen von höchstens zwei Jahren festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag des Verurteilten, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.

(1) Begeht ein Heranwachsender eine Verfehlung, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist, so wendet der Richter die für einen Jugendlichen geltenden Vorschriften der §§ 4 bis 8, 9 Nr. 1, §§ 10, 11 und 13 bis 32 entsprechend an, wenn

1.
die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters bei Berücksichtigung auch der Umweltbedingungen ergibt, daß er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstand, oder
2.
es sich nach der Art, den Umständen oder den Beweggründen der Tat um eine Jugendverfehlung handelt.

(2) § 31 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ist auch dann anzuwenden, wenn der Heranwachsende wegen eines Teils der Straftaten bereits rechtskräftig nach allgemeinem Strafrecht verurteilt worden ist.

(3) Das Höchstmaß der Jugendstrafe für Heranwachsende beträgt zehn Jahre. Handelt es sich bei der Tat um Mord und reicht das Höchstmaß nach Satz 1 wegen der besonderen Schwere der Schuld nicht aus, so ist das Höchstmaß 15 Jahre.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Von den Vorschriften über das Jugendstrafverfahren (§§ 43 bis 81a) sind im Verfahren gegen einen Heranwachsenden die §§ 43, 46a, 47a, 50 Absatz 3 und 4, die §§ 51a, 68 Nummer 1, 4 und 5, die §§ 68a, 68b, 70 Absatz 2 und 3, die §§ 70a, 70b Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2, die §§ 70c, 72a bis 73 und 81a entsprechend anzuwenden. Die Bestimmungen des § 70a sind nur insoweit anzuwenden, als sich die Unterrichtung auf Vorschriften bezieht, die nach dem für die Heranwachsenden geltenden Recht nicht ausgeschlossen sind. Die Jugendgerichtshilfe und in geeigneten Fällen auch die Schule werden von der Einleitung und dem Ausgang des Verfahrens unterrichtet. Sie benachrichtigen den Staatsanwalt, wenn ihnen bekannt wird, daß gegen den Beschuldigten noch ein anderes Strafverfahren anhängig ist. Die Öffentlichkeit kann ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse des Heranwachsenden geboten ist.

(2) Wendet der Richter Jugendstrafrecht an (§ 105), so gelten auch die §§ 45, 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 und 3, Abs. 2, 3, §§ 52, 52a, 54 Abs. 1, §§ 55 bis 66, 74 und 79 Abs. 1 entsprechend. § 66 ist auch dann anzuwenden, wenn die einheitliche Festsetzung von Maßnahmen oder Jugendstrafe nach § 105 Abs. 2 unterblieben ist. § 55 Abs. 1 und 2 ist nicht anzuwenden, wenn die Entscheidung im beschleunigten Verfahren des allgemeinen Verfahrensrechts ergangen ist. § 74 ist im Rahmen einer Entscheidung über die Auslagen des Antragstellers nach § 472a der Strafprozessordnung nicht anzuwenden.

(3) In einem Verfahren gegen einen Heranwachsenden findet § 407 Abs. 2 Satz 2 der Strafprozeßordnung keine Anwendung.

Im Verfahren gegen einen Jugendlichen kann davon abgesehen werden, dem Angeklagten Kosten und Auslagen aufzuerlegen.