Bundesgerichtshof Urteil, 01. Juli 2010 - I ZR 176/08

bei uns veröffentlicht am01.07.2010
vorgehend
Landgericht Krefeld, 12 O 3/07, 11.12.2007
Oberlandesgericht Düsseldorf, 18 U 47/08, 01.10.2008

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 176/08 Verkündet am:
1. Juli 2010
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
CMR Art. 29 Abs. 1
Aufgrund des allgemeinen Hinweises in einem Frachtvertrag "ACHTUNG: Diebstahlgefährdete
Ware! Wagen wird verplombt!" muss der Spediteur/Frachtführer
grundsätzlich nicht davon ausgehen, dass bei der Durchführung der Beförderung
eine "besondere Gefahrenlage" besteht, die das Ergreifen besonderer Sicherungsmaßnahmen
(insbesondere den Einsatz eines Kastenwagens anstatt
eines Planen-Lkw sowie gegebenenfalls den Einsatz eines zweiten Fahrers)
erfordert.
BGH, Urteil vom 1. Juli 2010 - I ZR 176/08 - OLG Düsseldorf
LG Krefeld
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Juli 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und
die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 1. Oktober 2008 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist Transportversicherer der I. L. GmbH in Willich (im Weiteren: Versicherungsnehmerin). Sie nimmt das beklagte Speditionsunternehmen wegen des Verlustes von Transportgut aus abgetretenem und übergegangenem Recht ihrer Versicherungsnehmerin auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Die Versicherungsnehmerin wurde im August 2004 mit der Beförderung von Autoradios im Gesamtwert von über 260.000 € von Deutschland nach Frankreich beauftragt. Mit der Durchführung des Transports betraute sie die Beklagte, die ihrerseits den ständig für sie fahrenden Frachtführer S.
einsetzte. Der an die Beklagte gerichtete Frachtauftrag vom 12. August 2004 enthielt unter anderem folgende Angaben: "Frachtpauschale: 740 € (all in); Bemerkungen : ACHTUNG: Diebstahlgefährdete Waren! Wagen wird verplombt! … Sollten Sie den Auftrag an einen anderen Frachtführer weitergeben, müssen o.g. Bestimmungen gleichlautend ebenfalls übertragen werden."
3
Der von der Beklagten beauftragte Frachtführer holte das Gut vereinbarungsgemäß am späten Nachmittag des 12. August 2004 mit einem PlanenLkw vom Warenlager der Versicherungsnehmerin in Willich ab. Gegen 20.00 Uhr fuhr er in Belgien auf einen unbewachten Parkplatz, um dort eine vorgeschriebene Ruhepause zu verbringen. Während der Fahrer in der Führerhauskabine schlief, zerschnitten Diebe die Plane des Transportfahrzeugs und entwendeten insgesamt 356 Autoradios im Gesamtwert von 22.858,76 €.
4
Die Versicherungsnehmerin weigerte sich zunächst, den ihrer Auftraggeberin durch den Diebstahl entstandenen Schaden zu ersetzen. Sie wurde deshalb von der Auftraggeberin auf Zahlung von 23.115,60 € verklagt und vom Landgericht Krefeld entsprechend verurteilt (Urt. v. 28.3.2006 - 12 O 133/05). Die Beklagte und der ausführende Frachtführer waren diesem Rechtsstreit auf Seiten der Versicherungsnehmerin als deren Streithelfer beigetreten.
5
Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt die Klägerin die Beklagte in Regress und verlangt für den Verlust der Ware einen Ersatzbetrag in Höhe von 21.960,04 € (22.858,76 € abzüglich des von der Beklagten gezahlten Betrags in Höhe von 898,72 €). Darüber hinaus begehrt sie die Erstattung von Rechtsverfolgungskosten in Höhe von insgesamt 8.538,43 €.
6
Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte hafte für den Verlust des Gutes unbeschränkt, weil sie mit der Beauftragung des Frachtführers S. leicht- fertig gehandelt habe. Die Beklagte habe - unstreitig - gewusst, dass der von ihr beauftragte Frachtführer stets allein fahre und nur einen Planen-Lkw zur Verfügung habe.
7
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 30.498,47 € nebst Zinsen zu verurteilen.
8
Die Beklagte hat demgegenüber insbesondere vorgebracht, der von ihr beauftragte Frachtführer habe für sie seit vielen Jahren stets sorgfältig und gewissenhaft Transporte durchgeführt. Seine Beauftragung könne ihr daher nicht als ein schwerwiegendes Organisationsverschulden vorgeworfen werden. Die Versicherungsnehmerin treffe jedenfalls ein gravierendes Mitverschulden an der Entstehung des Schadens, weil sie es pflichtwidrig unterlassen habe, vor Beginn des Transportes auf den hohen Wert der Ware hinzuweisen. Bei Erteilung des gebotenen Hinweises hätte sie, die Beklagte, für eine ergänzende Sicherung des Gutes während der Beförderung sorgen können. Zudem habe die Versicherungsnehmerin spätestens bei der Beladung des Transportfahrzeugs gewusst, dass das Gut mit einem Planen-Lkw befördert werden würde. Sie hätte daher von einer Beladung Abstand nehmen müssen, wenn sie gemeint hätte, die Sicherheit des Gutes sei bei einem Transport mit einem Planen-Fahrzeug und nur einem Fahrer nicht gewährleistet.
9
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung ist erfolglos geblieben.
10
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter. Die Klägerin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


11
I. Das Berufungsgericht hat eine unbeschränkte Haftung der Beklagten für den streitgegenständlichen Verlust nach Art. 17 Abs. 1, Art. 29 CMR angenommen. Dazu hat es ausgeführt:
12
Für den Transport habe eine "besondere Gefahrenlage" bestanden. Mit dem Warnhinweis im Frachtauftrag "ACHTUNG: Diebstahlgefährdete Waren!" habe die Versicherungsnehmerin der Beklagten eindeutig zu verstehen gegeben , dass der Transport aus ihrer Sicht wegen der Art des Gutes mit besonderen Risiken verbunden sei und deshalb entsprechende Sicherheitsmaßnahmen getroffen werden müssten. Den sich daraus ergebenden Sicherheitsanforderungen bei der Organisation der Beförderung (insbesondere Einsatz eines Kasten -Lkw, bei Verwendung eines Planen-Lkw Einsatz eines zweiten Fahrers oder Organisation eines durchgehenden Transports ohne Übernachtungsaufenthalt) sei die Beklagte nicht gerecht geworden. Dies rechtfertige die Annahme eines qualifizierten Verschuldens i.S. von Art. 29 Abs. 1 CMR. Entgegen der Auffassung der Beklagten habe das nächtliche Abstellen des Lkw auf einem unbewachten Autobahnrastplatz in Belgien nicht den gebotenen Sicherheitserfordernissen genügt, wie sich schon aus dem Umstand ergebe, dass ein Teil der Ladung entwendet worden sei.
13
Der Schadensersatzanspruch der Klägerin sei nicht wegen eines ihrer Versicherungsnehmerin anzulastenden Mitverschuldens zu kürzen. Entgegen der Auffassung der Beklagten ergebe sich ein Mitverschulden der Versicherungsnehmerin nicht aus der Tatsache, dass deren Mitarbeiter nicht von einer Beladung des Planen-Lkw abgesehen hätten. Die von der Versicherungsnehmerin unterlassene Wertdeklaration rechtfertige ebenfalls nicht die Annahme eines Mitverschuldens, weil die Beklagte nicht substantiiert dargelegt habe, dass und auf welche Weise sie bei einer Wertangabe für eine sorgfältigere Behandlung des Transportgutes gesorgt hätte.
14
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
15
1. Die Revision ist entgegen den von der Revisionserwiderung geäußerten Zweifeln unbeschränkt zulässig. Eine Zulassungsbeschränkung, die sich nicht aus dem Tenor, sondern - wie hier - allein aus den Entscheidungsgründen ergibt, kann nur dann angenommen werden, wenn aus den Gründen mit hinreichender Klarheit hervorgeht, dass das Berufungsgericht die Möglichkeit einer Nachprüfung im Revisionsverfahren nur wegen eines abtrennbaren Teils seiner Entscheidung eröffnen wollte (BGH, Beschl. v. 14.5.2008 - XII ZB 78/07, NJW 2008, 2351 Tz. 16; Urt. v. 26.3.2009 - I ZR 44/06, GRUR 2009, 660 Tz. 21 - Resellervertrag, m.w.N.). Das ist hier nicht der Fall. Das Berufungsgericht hat in den Gründen seines Urteils lediglich das Motiv für seine Zulassungsentscheidung bezeichnet (vgl. BGHZ 90, 318, 320).
16
2. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte , die zu festen Kosten mit einem grenzüberschreitenden Straßengütertransport beauftragt war, als Frachtführerin der Haftung nach der CMR unterliegt. Danach hat sie für den Verlust von Transportgut während ihrer Obhutszeit gemäß Art. 17 Abs. 1 i.V. mit Art. 3 CMR grundsätzlich Schadensersatz zu leisten. Vollen Schadensersatz - über die Beschränkungen des Art. 23 Abs. 3 und 7 CMR hinaus - schuldet die Beklagte aber nur dann, wenn die Voraussetzungen des Art. 29 Abs. 1 CMR erfüllt sind. Nach dieser Bestimmung kann sich der Frachtführer nicht auf Haftungsbeschränkungen berufen, wenn er den Schaden vorsätzlich oder durch ein dem Vorsatz gleichstehendes Verschulden verursacht hat. Das Gleiche gilt, wenn seinen Bediensteten oder Verrichtungsgehilfen ein solches qualifiziertes Verschulden zur Last fällt (Art. 29 Abs. 2 Satz 1 CMR).
17
Ist der Gütertransportschaden - wie hier - nach dem Inkrafttreten des Transportrechtsreformgesetzes am 1. Juli 1998 eingetreten, so reicht bei Anwendbarkeit deutschen Rechts für ein Verschulden, das zur Durchbrechung der Haftungsbegrenzungen der CMR führt, die grobe Fahrlässigkeit nicht mehr aus. Liegt kein Vorsatz vor, ist vielmehr ein leichtfertiges Verhalten erforderlich, zu dem das Bewusstsein hinzukommen muss, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde (BGH, Urt. v. 20.1.2005 - I ZR 95/01, TranspR 2005, 311, 313 = VersR 2006, 814; Urt. v. 6.6.2007 - I ZR 121/04, TranspR 2007, 423 Tz. 15 = VersR 2008, 1134). Hiervon ist auch das Berufungsgericht ausgegangen.
18
3. Die Revision wendet sich mit Erfolg dagegen, dass das Berufungsgericht im Streitfall die Voraussetzungen für das Vorliegen einer bewussten Leichtfertigkeit bejaht hat.
19
a) Das Tatbestandsmerkmal der Leichtfertigkeit erfordert einen besonders schweren Pflichtenverstoß, bei dem sich der Frachtführer oder seine "Leute" in krasser Weise über die Sicherheitsinteressen des Vertragspartners hinwegsetzen. Das subjektive Erfordernis des Bewusstseins von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist eine sich dem Handelnden aus seinem leichtfertigen Verhalten aufdrängende Erkenntnis, es werde wahrscheinlich ein Schaden entstehen. Dabei reicht die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals der Leichtfertigkeit für sich allein nicht aus, um auf das Bewusstsein von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts schließen zu können. Eine solche Erkenntnis als innere Tatsache ist vielmehr erst dann anzunehmen, wenn das leichtfer- tige Verhalten nach seinem Inhalt und nach den Umständen, unter denen es aufgetreten ist, diese Folgerung rechtfertigt (BGHZ 158, 322, 328 f.; BGH TranspR 2007, 423 Tz. 17 m.w.N.).
20
b) Die tatrichterliche Beurteilung der Frage, ob eine bewusste Leichtfertigkeit vorliegt, kann das Revisionsgericht nur in eingeschränktem Maße nachprüfen. Die Prüfung muss sich darauf beschränken, ob der Tatrichter den Rechtsbegriff der bewussten Leichtfertigkeit verkannt hat oder ob Verstöße gegen § 286 ZPO, gegen die Denkgesetze oder gegen Erfahrungssätze vorliegen (BGHZ 158, 322, 327; BGH TranspR 2007, 423 Tz. 18). Solche Rechtsfehler sind hier gegeben. Das Landgericht, dessen Ausführungen das Berufungsgericht ausdrücklich für zutreffend erachtet hat und auf die es Bezug genommen hat, ist zwar von einem zutreffenden Maßstab der Leichtfertigkeit ausgegangen. Es hat jedoch zu geringe Anforderungen an das Vorliegen eines qualifizierten Verschuldens gestellt. Nach den getroffenen Feststellungen kann kein besonders schwerer Pflichtenverstoß der Beklagten bei der Organisation des von ihr durchzuführenden Transports angenommen werden. Ein qualifiziertes Verschulden des Unterfrachtführers, das sich die Beklagte gemäß Art. 3 CMR zurechnen lassen müsste, haben die Vorinstanzen nicht festgestellt.
21
aa) Welche Sicherheitsvorkehrungen der Transportunternehmer zur Erfüllung seiner vertraglichen Verpflichtung, das ihm anvertraute Transportgut während der Beförderung vor Diebstahl oder Raub zu bewahren, ergreifen muss, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Es kommt entscheidend darauf an, ob die getroffenen Maßnahmen den für den durchzuführenden Transport erforderlichen Sorgfaltsanforderungen genügen. Je größer die mit der Güterbeförderung verbundenen Risiken sind, desto höhere Anforderungen sind an die zu treffenden Sicherheitsmaßnahmen zu stellen. Von erheblicher Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, ob das transportierte Gut leicht verwertbar und damit besonders diebstahlgefährdet ist, welchen Wert es hat, ob dem Frachtführer die besondere Gefahrenlage bekannt sein musste und welche konkreten Möglichkeiten einer gesicherten Fahrtunterbrechung es gab, um vorgeschriebene Ruhezeiten einzuhalten (BGH TranspR 2007, 423 Tz. 19 m.w.N.).
22
bb) Danach haben die Vorinstanzen der Beklagten im Streitfall zu Unrecht vorgeworfen, dass sie bei der Organisation des Transports leichtfertig notwendige Sicherheitsmaßnahmen außer Acht gelassen hat.
23
(1) Der Beklagten kann nicht als ein schwerwiegendes Organisationsverschulden angelastet werden, nicht dafür gesorgt zu haben, dass der Transport mit einem Koffer-Lkw und nicht mit einem Planen-Lkw durchgeführt wurde. Ohne einen entsprechenden Auftrag bestand für die Beklagte keine generelle Verpflichtung , eine derartige Sicherheitsmaßnahme zu ergreifen (BGH TranspR 2007, 423 Tz. 21).
24
Bei den transportierten Autoradios handelte es sich zwar um leicht verwertbares und damit besonders diebstahlgefährdetes Gut, das zudem einen ganz erheblichen Wert hatte. Die Beklagte hatte aber unstreitig keine positive Kenntnis von der objektiv gegebenen Gefahrenlage. Ihr musste sich eine derartige Kenntnis auch nicht aufdrängen. Der Hinweis in dem schriftlich erteilten Transportauftrag "ACHTUNG: Diebstahlgefährdete Waren! Wagen wird verplombt !" reichte hierfür nicht aus, da er zu unbestimmt war. Die Beklagte konnte dem Hinweis weder die Art des zu transportierenden Gutes noch dessen Wert entnehmen. Das Bestehen einer "besonderen Gefahrenlage" ergab sich für sie auch nicht ohne weiteres aus der weiteren Angabe im Frachtauftrag, dass 34 Europaletten befördert werden sollten, weil daraus nicht ersichtlich war, dass es sich bei dem Gut um Ware handelte, die tatsächlich einer erhöhten Diebstahlgefahr unterlag. Das mit der Beförderung verbundene objektive Risiko war für die Beklagte damit nicht hinreichend konkret erkennbar. Es wäre vielmehr Sache der Auftraggeberin gewesen, der Beklagten durch klare Angaben im Frachtauftrag die objektiv gegebene besondere Gefahrenlage bei der Durchführung des Transports zu verdeutlichen. Hierfür spricht auch Art. 24 CMR, der es dem Absender ermöglicht, gegen Zahlung eines Zuschlags zur Fracht einen Wert des Gutes im Frachtbrief anzugeben, der den in Art. 23 Abs. 3 CMR bestimmten Höchstbetrag übersteigt, mit der Folge, dass dann der angegebene Betrag an die Stelle des Höchstbetrags tritt.
25
Es bestand somit für die Beklagte kein Anlass, im Hinblick auf den allgemeinen Hinweis im Frachtauftrag, dass es sich bei dem Gut um "diebstahlgefährdete Waren" handelte, eine besondere Gefahrenlage anzunehmen, die ausnahmsweise den Einsatz eines Kastenwagens anstelle eines Planen-Lkws oder eines zweiten Fahrers erforderlich gemacht hätte.
26
(2) Die Beklagte trifft auch insofern kein qualifiziertes Organisationsverschulden , als sie es unterlassen hat, dem Unterfrachtführer die Weisung zu erteilen , den Transport ohne Unterbrechung auf einem unbewachten Parkplatz von der Absenderin bis zur Empfängerin des Gutes durchzuführen. Da für die Beklagte kein Anlass bestand, von einer besonderen Gefahrenlage für das Transportgut auszugehen, ist die Übernachtung auf dem unbewachten Autobahnrastplatz in Belgien nicht als grober Pflichtenverstoß anzusehen (vgl. BGH TranspR 2007, 423 Tz. 24).
27
4. Da es an einem besonders schweren Pflichtenverstoß der Beklagten fehlt, richtet sich der Umfang ihrer Ersatzpflicht nach Art. 23 Abs. 1 und 2 CMR. Gemäß Art. 23 Abs. 3 CMR ist die geschuldete Entschädigung auf 8,33 Rechnungseinheiten für jedes fehlende Kilogramm des Rohgewichts begrenzt. Weitere Vermögensschäden werden - abgesehen von Art. 23 Abs. 4 CMR - nicht ersetzt (vgl. Koller, Transportrecht, 7. Aufl., Art. 23 CMR Rdn. 3; Boesche in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., Art. 23 CMR Rdn. 2). Dementsprechend steht der Klägerin kein Anspruch auf Ersatz der ihrer Versicherungsnehmerin im Vorprozess entstandenen Kosten zu. Damit kommt es auf die von der Revision hierzu erhobenen Rügen nicht an. Gleiches gilt für die Rüge der Revision, das Berufungsgericht hätte ein Mitverschulden der Versicherungsnehmerin gemäß § 425 Abs. 2 HGB i.V. mit § 254 BGB annehmen müssen, weil dieser Einwand nur in Betracht kommt, wenn sich die Schadensersatzpflicht nach den §§ 249 ff. BGB richtet.
28
Das Berufungsgericht hat bislang - aus seiner Sicht folgerichtig - keine Feststellungen dazu getroffen, in welcher Höhe der Klägerin ein Wertersatzanspruch nach Art. 23 Abs. 1 und 3 CMR zusteht.
29
III. Das Berufungsurteil kann danach keinen Bestand haben (§ 562 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dem Senat ist eine abschließende Entscheidung in der Sache nicht möglich, weil noch Feststellungen zur Höhe des von der Beklagten geschuldeten Wertersatzes zu treffen sind.
Bornkamm Pokrant Büscher
Koch Schaffert
Vorinstanzen:
LG Krefeld, Entscheidung vom 11.12.2007 - 12 O 3/07 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 01.10.2008 - I-18 U 47/08 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 01. Juli 2010 - I ZR 176/08

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 01. Juli 2010 - I ZR 176/08

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.
Bundesgerichtshof Urteil, 01. Juli 2010 - I ZR 176/08 zitiert 7 §§.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 254 Mitverschulden


(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem

Handelsgesetzbuch - HGB | § 425 Haftung für Güter- und Verspätungsschäden. Schadensteilung


(1) Der Frachtführer haftet für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung des Gutes in der Zeit von der Übernahme zur Beförderung bis zur Ablieferung oder durch Überschreitung der Lieferfrist entsteht. (2) Hat bei der Entstehung des Schade

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Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Resellervertrag
UrhG § 97 Abs. 1 (F: 23.6.1995)
Bei der Bemessung des Schadensersatzanspruchs aus § 97 Abs. 1 UrhG
(F: 23.6.1995) nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie sind Ersatzzahlungen
, die der Verletzer seinen Vertragspartnern wegen deren Inanspruchnahme
durch den Verletzten erbringt, nicht abzuziehen.
BGH, Urt. v. 26. März 2009 - I ZR 44/06 - OLG Nürnberg
LG Nürnberg-Fürth
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom
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Dr. Schaffert und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Parteien wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels der Beklagten das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 24. Februar 2006 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beklagte über die Zahlung einer Vertragsstrafe von 2.000 € nebst Zinsen hinaus weitergehend verurteilt und die Klage hinsichtlich des Schadensersatzanspruchs in Höhe von 800 € nebst Zinsen abgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen http://www.fit-am-spreeborn.de/ - 3 -

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist Inhaberin der ausschließlichen urheberrechtlichen Nutzungsrechte an den Flash-Präsentationen „Nahrungsergänzung“ und „Nebenjob“. Für die Erteilung von Lizenzen zur Nutzung dieser Präsentationen hat sie ein dreistufiges Gebührenmodell entwickelt: Lizenznehmer, die für sie im Rahmen der Präsentation werben, zahlen einmalig 39 € sowie monatlich 36 € (erste Stufe). Lizenzverträge, die keine Verpflichtung zur Werbung für sie enthalten, haben eine Laufzeit von 24 Monaten und einen Pauschalpreis von 2.900 € (zweite Stufe). Die sogenannten Resellerverträge, bei denen der Lizenznehmer nicht für sie werben muss und bis zu 150 Unterlizenzen erteilen darf, laufen 24 Monate und kosten 36.000 €; bei ihnen ist für jede weitere Unterlizenz eine Lizenzgebühr von 10 € pro Monat zu entrichten (dritte Stufe).
2
Die Beklagte war Inhaberin zweier Internet-Adressen, über die sie Nahrungsergänzungsmittel des Unternehmens Herbalife vertrieb. Von ihrer Webseite „www.<...>.de“ konnten über die Schaltfläche „Wellness-FlashInfo“ im März 2003 die Präsentation „Nahrungsergänzung“ und Ende 2003 eine im wesentlichen gleiche Präsentation von einem fremden Server abgerufen werden. Außerdem waren von ihrer Homepage „www.<...>.bei.tonline.de“ von März 2003 bis Februar 2004 über eine entsprechende Schaltfläche die Präsentationen „Nahrungsergänzung“ und „Nebenjob“ durch unmittelbare Verknüpfung mit Dateien auf dem Server der Klägerin abrufbar. Die Verknüpfung von den Internet-Seiten der Beklagten zu diesen Flash-Präsentationen hatte das Unternehmen A. -S. hergestellt. Die A. -S. betätigte sich als Zwischenhändler der Nahrungsergänzungsmittel von Herbalife und hatte für mehr als 200 weitere Endverkäufer dieser Nahrungsergänzungsmittel derartige Verknüpfungen zu der Flash-Präsentation „Nahrungsergänzung“ eingerichtet. Die A. -S. hat der Klägerin wegen der Verletzung der Nutzungsrechte an der Flash-Präsentation „Nahrungsergänzung“ 15.510 € gezahlt. Nachdem die Klägerin die Beklagte abgemahnt hatte, verpflichtete diese sich am 3. Dezember 2003 gegenüber der Klägerin, es ab sofort zu unterlassen, die WebAnimation „Wellness-Flash-lnfo“ ohne ihre Zustimmung zu vervielfältigen und zu verbreiten, und für jeden Fall der Zuwiderhandlung eine angemessene Vertragsstrafe an sie zu zahlen.
3
Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen der Verletzung ihrer Nutzungsrechte an den Flash-Präsentationen „Nahrungsergänzung“ und „Nebenjob“ auf Schadensersatz in Höhe von 5.800 € sowie auf Zahlung von Abmahnkosten von 1.208,75 € und einer Vertragsstrafe von 4.000 € - jeweils nebst Zinsen - in Anspruch. Im Hinblick auf die Schadensersatzleistung der A. -S. hat die Klägerin von ihrer Schadensersatzforderung gegen die Beklagte 203,60 € abgezogen und mit ihrer Klage insgesamt 10.805,69 € geltend gemacht.
4
Das Landgericht hat der Klage - mit Ausnahme eines Teils des Zinsanspruchs - stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht den Anspruch auf Schadensersatz um 800 € und den Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe um 2.000 € sowie die Zinsen teilweise herabgesetzt und die Beklagte zur Zahlung von insgesamt 8.005,69 € verurteilt. Die Beklagte erstrebt mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision die vollständige Abweisung der Klage. Die Revision der Klägerin wendet sich dagegen, dass das Berufungsgericht den vom Landgericht zuerkannten Schadensersatzanspruch um 800 € gekürzt hat. Die Klägerin beantragt, die Revision der Beklagten hinsichtlich des Schadensersatzanspruchs als unbegründet zurückzuweisen und als unzulässig zu verwerfen, soweit sie sich gegen die Zuerkennung von Abmahnkosten und die Zahlung einer Vertragsstrafe richtet. Die Beklagte beantragt , die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


5
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin habe gegen die Beklagte nach § 97 Abs. 1 UrhG (a.F.) einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 4.796,40 €. Darüber hinaus könne die Klägerin von der Beklagten Abmahnkosten von 1.208,75 € sowie eine Vertragsstrafe von 2.000 € verlangen. Hierzu hat das Berufungsgericht ausgeführt:
6
Die Beklagte sei der Klägerin dem Grunde nach zum Schadensersatz verpflichtet, weil sie deren Nutzungsrechte an den Flash-Präsentationen „Nahrungsergänzung“ und „Nebenjob“ fahrlässig verletzt habe. Die Schätzung des nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie zu berechnenden Schadens könne sich an dem dreistufigen Vergütungsmodell der Klägerin orientieren. Auf die Beklagte sei die zweite Stufe dieses Modells anzuwenden, wonach für Lizenzverträge mit einer Laufzeit von 24 Monaten eine Pauschalgebühr von 2.900 € geschuldet sei. Da die Klägerin derartige Lizenzverträge nicht nur zu einer Lizenzgebühr von 2.900 € zuzüglich Mehrwertsteuer, sondern auch zu einer Lizenzgebühr von 2.900 € einschließlich Mehrwertsteuer geschlossen habe und auf die darin enthaltene Mehrwertsteuer von 400 € kein Anspruch bestehe, habe die Beklagte allerdings nur 2.500 € zu ersetzen. Für die Verletzung der Nutzungsrechte an den beiden Flash-Präsentationen seien daher insgesamt 5.000 € zu zahlen. Die von der A. -S. an die Klägerin geleistete Zahlung von 15.510 € könne die Beklagte nicht über den von der Klägerin bereits abgezogenen Betrag von 203,60 € hinaus von ihrer Schadensersatzpflicht befreien. Der Schadensersatzanspruch betrage daher noch 4.796,40 €.
7
Zudem bestehe ein Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten von 1.208,75 €. Der vom Klägervertreter geltend gemachte Streitwert von 150.000 € http://www.juris.de/jportal/portal/t/tcj/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=5&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR012730965BJNE024400140&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 6 - sei gemäß § 3 ZPO angemessen. Gleiches gelte für die 7,5/10 Mittelgebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO.
8
Die Klägerin habe schließlich Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe. Die Beklagte habe schuldhaft gegen die am 3. Dezember 2003 abgegebene Unterlassungserklärung verstoßen, indem sie die Präsentation „Nahrungsergänzung“ weitergenutzt habe. Eine Strafe von 2.000 € erscheine allerdings ausreichend.
9
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten hat Erfolg , soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Zahlung von Schadensersatz und der Abmahnkosten richtet. Hinsichtlich der Verurteilung zur Zahlung der Vertragsstrafe bleibt sie dagegen ohne Erfolg.
10
1. Die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht begründet hat, dass die Klägerin von der Beklagten wegen der unberechtigten Nutzung der FlashPräsentationen „Nahrungsergänzung“ und „Nebenjob“ gemäß § 97 Abs. 1 UrhG a.F. Schadensersatz in Höhe von jeweils 2.500 €, insgesamt also 5.000 € beanspruchen könne, halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
11
a) Der Anspruch auf Schadensersatz wegen einer Urheberrechtsverletzung ist durch das am 1. September 2008 in Kraft getretene Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums vom 7. Juli 2008 (BGBl. I, S. 1191) neu geregelt worden (§ 97 Abs. 2 UrhG). Für die Beurteilung der Schadensersatzpflicht kommt es aber allein auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der behaupteten Rechtsverletzung an (vgl. BGH, Urt. v. 18.12.2008 - I ZR 63/06, juris Tz. 22 - Motorradreiniger). Da es im Streitfall um angebliche Rechtsverletzungen in den Jahren 2003 und 2004 geht, ist daher die alte Rechtslage maßgeblich (§ 97 Abs. 1 UrhG a.F.). http://www.juris.de/jportal/portal/t/1aj6/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE313719900&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1aj6/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE313719900&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint - 7 -
12
b) Die Revision der Beklagten hat die Beurteilung des Berufungsgerichts hingenommen, dass die Beklagte der Klägerin dem Grunde nach gemäß § 97 Abs. 1 UrhG a.F. zum Schadensersatz verpflichtet sei, weil sie deren urheberrechtliche Nutzungsrechte an den Flash-Präsentationen „Nahrungsergänzung“ und „Nebenjob“ fahrlässig verletzt habe.
13
c) Dem Gläubiger des Schadensersatzanspruchs aus § 97 Abs. 1 UrhG a.F. stehen - nach seiner Wahl - drei verschiedene Berechnungsarten zur Verfügung : die konkrete Schadensberechnung, die den entgangenen Gewinn einschließt , die Herausgabe des Verletzergewinns (§ 97 Abs. 1 Satz 2 UrhG a.F.) und die Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr (BGH, Urt. v. 22.9.1999 - I ZR 48/97, GRUR 2000, 226, 227 = WRP 2000, 101 - Planungsmappe, m.w.N.). Bei der - von der Klägerin gewählten - Schadensberechnung nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie ist zu fragen, was vernünftige Vertragspartner bei Abschluss eines Lizenzvertrages als Vergütung für die Benutzungshandlung des Verletzers vereinbart hätten. Hierfür ist der objektive Wert der angemaßten Benutzungsberechtigung zu ermitteln. Dieser besteht in der angemessenen und üblichen Lizenzgebühr (BGH, Urt. v. 29.5.1962 - I ZR 132/60, GRUR 1962, 509, 513 - Dia-Rähmchen II; Urt. v. 6.10.2005 - I ZR 266/02, GRUR 2006, 136 Tz. 23 = WRP 2006, 274 - Pressefotos). Von diesen Grundsätzen ist auch das Berufungsgericht ausgegangen.
14
d) Die Höhe der danach als Schadensersatz zu zahlenden Lizenzgebühr ist vom Tatrichter gemäß § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls nach seiner freien Überzeugung zu bemessen. Vom Revisionsgericht ist nur zu prüfen, ob die Schadensschätzung auf grundsätzlich falschen oder offenbar unsachlichen Überlegungen beruht oder ob wesentliche Tatsachen außer Acht gelassen worden sind, insbesondere, ob schätzungsbegründende Tat- http://www.juris.de/jportal/portal/t/s3x/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=4&fromdoctodoc=yes&doc.id=BJNR005330950BJNE033902301&doc.part=S&doc.price=0.0#focuspoint - 8 - sachen, die von den Parteien vorgebracht worden sind oder sich aus der Natur der Sache ergeben, nicht gewürdigt worden sind (BGH GRUR 1962, 509, 513 - Dia-Rähmchen II; GRUR 2006, 136 Tz. 24 - Pressefotos). Einer solchen Nachprüfung hält das Berufungsurteil nicht stand.
15
aa) Die Revision der Beklagten beanstandet allerdings ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe seiner Schadensschätzung unzutreffende Maßstäbe zugrunde gelegt, weil es davon ausgegangen sei, dass an Art und Umfang der vom Geschädigten beizubringenden Schätzungsgrundlagen im Hinblick auf die Beweisschwierigkeiten im Urheberrecht nur geringe Anforderungen zu stellen seien. Steht - wie im Streitfall - fest, dass ein Schaden entstanden ist, und lässt sich dieser aus Gründen, die nicht im Verantwortungsbereich des Geschädigten , sondern in der Natur der Sache liegen, nicht verlässlich bestimmen, so hat das Gericht den Schaden zu schätzen, sofern hierfür nicht ausnahmsweise jegliche Anhaltspunkte fehlen (vgl. BGHZ 119, 20, 30 f. - Tchibo/Rolex II, zur Schadensschätzung im Wettbewerbsrecht).
16
bb) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Schadensschätzung könne sich an dem von der Klägerin vorgelegten dreistufigen Vergütungsmodell orientieren, weil sich den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen - den Verträgen der Klägerin, dem Vertrag des Unternehmens J. und dem Gutachten der IHK Koblenz - ausreichende Anhaltspunkte für die Branchenüblichkeit und Angemessenheit des Lizenzierungsmodells der Klägerin entnehmen ließen. Die Revision der Beklagten rügt insoweit mit Recht, dass die von der Klägerin dargestellten Gesichtspunkte entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts keine hinreichende Grundlage für eine Schadensschätzung bieten. Auch wenn an Art und Umfang der vom Geschädigten beizubringenden Schätzungsgrundlagen nur geringe Anforderungen zu stellen sind, muss der Tatrichter für die Schadensschätzung gesicherte Grundlagen haben. Die Vorschrift des § 287 ZPO zielt zwar auf eine Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens ab und nimmt in Kauf, dass die richterliche Schätzung unter Umständen nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmt; sie rechtfertigt es aber nicht, in einer für die Streitentscheidung zentralen Frage auf nach Sachlage unerlässliche Erkenntnisse zu verzichten (BGH GRUR 2006, 136 Tz. 28 - Pressefotos, m.w.N.).
17
(1) Die Revision der Beklagten beanstandet mit Recht, dass das Berufungsgericht seiner Schadensschätzung die von der Klägerin vorgelegten Lizenzverträge zugrunde gelegt hat, ohne zu prüfen, ob diese überhaupt jemals abgeschlossen worden sind. Die Beklagte hat dies in den Vorinstanzen stets bestritten. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts handelte es sich dabei nicht um ersichtlich ins Blaue hinein aufgestellte Behauptungen der Beklagten, die keine weitere Erklärungspflicht der Klägerin begründeten. Die Beklagte hatte von dem behaupteten Abschluss der Lizenzverträge keine eigene Kenntnis; sie durfte ihn daher in zulässiger Weise mit Nichtwissen bestreiten (§ 138 Abs. 4 ZPO). Das gilt, wie die Revision der Beklagten mit Recht geltend macht, umso mehr, als die Namen der Vertragspartner in den vorgelegten Fotokopien der Lizenzverträge abgedeckt oder geschwärzt sind. Die Beklagte konnte die Behauptung der Klägerin, sie habe die vorgelegten Lizenzverträge tatsächlich abgeschlossen, unter diesen Umständen nicht einmal ansatzweise überprüfen.
18
(2) Die Revision der Beklagten rügt weiter mit Erfolg, dass das Berufungsgericht die Bestellung der Programmierung eines Flash-Trailers bei dem Unternehmen J. Concept für eine Schätzung herangezogen hat. Den Feststellungen der Vorinstanzen und der Bestellung der Programmierung ist zu entnehmen, dass dem Kunden zum fest vereinbarten Preis von 2.300 € zuzüglich Mehrwertsteuer das Recht zum Einsatz der Flash-Präsentation „auf einer Domain und den entsprechenden zugeordneten Subdomains“ eingeräumt wurde. Die Beklagte hat unter Beweisantritt vorgetragen, dass dieser Vertrag im Lizenzierungsmodell der Klägerin daher nicht einer Lizenz der zweiten Stufe (2.900 €), sondern einer Lizenz der dritten Stufe (36.000 €) entspreche, die den Lizenznehmer zur Erteilung von Unterlizenzen berechtige. Das Berufungsgericht durfte in der Rechnung des Unternehmens J. deshalb nicht ohne weiteres einen Anhaltspunkt für die Marktüblichkeit der von der Klägerin vorgesehenen Lizenzverträge der zweiten Stufe sehen.
19
(3) Die Revision der Beklagten macht schließlich mit Recht geltend, dass auch das von der Klägerin vorgelegte Parteigutachten des von der IHK Koblenz öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen Sch. vom 6. Oktober 2004 keine ausreichende Schätzungsgrundlage bietet, weil es sich in entscheidenden Punkten auf ungeprüfte Angaben der Klägerin stützt. So hat der Sachverständige aus den Behauptungen der Klägerin zur Höhe des Umsatzes und der Zahl der Kunden auf die Marktüblichkeit der Lizenzverträge und der Lizenzgebühren geschlossen, ohne selbst festzustellen, ob die Behauptungen der Klägerin überhaupt zutreffen und derartige Lizenzverträge tatsächlich abgeschlossen worden sind. Die Schlussfolgerung des Sachverständigen, die Lizenzierungsmodelle der Klägerin seien marktfähig und verkehrsüblich, weil es die Lizenzverträge der Klägerin beim vorhandenen Konkurrenzdruck auf dem Multimedia -Markt nicht gäbe, wenn die von der Klägerin und den Lizenznehmern ausgehandelten Lizenzgebühren nicht marktfähig und verkehrsüblich wären, entbehrt daher einer tragfähigen Grundlage.
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2. Die Revision der Beklagten ist, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Zahlung von Abmahnkosten von 1.208,75 € wendet, gleichfalls zulässig und begründet.
21
a) Das Berufungsgericht hat die Revision entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung der Klägerin auch insoweit zugelassen. Zwar kann die Zulas- sung der Revision auf einen Teil des Streitgegenstands beschränkt werden, der - wie hier der Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten - Gegenstand eines Teil- oder Zwischenurteils sein könnte. Dabei kann sich eine Beschränkung der Revisionszulassung auch aus der Begründung für die Zulassung der Revision ergeben. Eine Zulassungsbeschränkung kann in einem solchen Fall aber nur angenommen werden, wenn aus der Begründung ausreichend deutlich hervorgeht , dass das Berufungsgericht die Möglichkeit einer Nachprüfung im Revisionsverfahren nur wegen eines Teils des Streitgegenstandes eröffnen wollte (BGH, Urt. v. 12.7.2000 - XII ZR 159/98, NJW-RR 2001, 485, 486; Urt. v. 3.3.2005 - IX ZR 45/04, NJW-RR 2005, 715, 716; Urt. v. 8.11.2007 - III ZR 102/07, NJW 2008, 140 Tz. 6 m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall. Das Berufungsgericht hat die Zulassung der Revision damit begründet, dass die Frage der Lizenzanalogie bei Resellerverträgen klärungsbedürftig sei. Diese Begründung lässt nicht hinreichend deutlich erkennen, ob das Berufungsgericht damit lediglich eine Begründung für die Zulassung der Revision gegeben hat oder ob es die Zulassung der Revision auf den von dieser Rechtsfrage betroffenen Teil des Streitgegenstands hat beschränken wollen.
22
b) Die Revision der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg. Sie richtet sich nicht gegen die Annahme des Berufungsgerichts, dass der Klägerin dem Grunde nach ein Anspruch auf Erstattung der ihr aus der berechtigten Abmahnung entstandenen Kosten zusteht, sondern wendet sich allein gegen die Höhe der zuerkannten Abmahnkosten. Damit hat sie zumindest vorläufig Erfolg. Die Beurteilung der Angemessenheit von Abmahnkosten liegt im Ermessen des Tatrichters (BGH, Urt. v. 16.3.2000 - I ZR 229/97, GRUR 2002, 187, 190 = WRP 2000, 1131 - Lieferstörung). Sie kann vom Revisionsgericht daher nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob der Tatrichter von seinem Ermessen einen rechtsfehlerfreien Gebrauch gemacht hat. Einer solchen Überprüfung hält das Berufungsurteil nicht stand. Das Berufungsgericht hat zur Höhe der Ab- mahnkosten lediglich ausgeführt, der vom Klägervertreter geltend gemachte Streitwert von 150.000 € sei gemäß § 3 ZPO angemessen, gleiches gelte für die vom Klägervertreter angesetzte Mittelgebühr von 7,5/10 aus dem Gebührenrahmen des § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO. Diese Ausführungen erschöpfen sich in einer nicht näher begründeten Behauptung der Angemessenheit der für die Bemessung der Abmahnkosten maßgeblichen Berechnungsgrößen und lassen daher nicht erkennen, ob das Berufungsgericht von dem ihm eingeräumten Ermessen einen sachgerechten Gebrauch gemacht hat.
23
3. Die Revision der Beklagten gegen die Verurteilung zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 2.000 € ist - wie unter II 2 ausgeführt - zulässig, in der Sache aber nicht begründet.
24
a) Die Revision der Beklagten wendet sich ohne Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe die Präsentation „Nahrungsergänzung“ der Klägerin entgegen der am 3. Dezember 2003 abgegebenen Unterlassungserklärung weiter genutzt. Die Beklagte hat sich der Klägerin gegenüber am 3. Dezember 2003 verpflichtet, es ab sofort zu unterlassen, die Web-Animation „Wellness-Flash-lnfo“ ohne ihre Zustimmung zu vervielfältigen und zu verbreiten, und für jeden Fall der Zuwiderhandlung eine angemessene Vertragsstrafe an sie zu zahlen. Die Revision der Beklagten macht ohne Erfolg geltend, für die Zeit zwischen der Abgabe der Unterlassungsverpflichtungserklärung am 3. Dezember 2003 und dem Zugang des Schreibens der T-OnlineInternational AG vom 27. Januar 2004 sei nicht festgestellt, dass die Flash-Präsentation „Nahrungsergänzung“ über die Website der Beklagten „www.<...>bei.t-online.de“ habe abgerufen werden können. Das Berufungsgericht hat mit bindender Wirkung für die Revisionsinstanz festgestellt, dass die Präsentationen „Nahrungsergänzung“ und „Nebenjob“ in der Zeit von März 2003 bis Februar 2004 über diese Website durch unmittelbare Verknüpfung mit Dateien auf dem Server der Klägerin abrufbar gewesen sind. Damit hat die Beklagte die Vertragsstrafe verwirkt, auch wenn sie die Präsentation im Rechtssinne nicht - wie es in der Unterlassungsverpflichtungserklärung heißt - vervielfältigt und verbreitet (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 und 2, §§ 16 und 17 UrhG), sondern öffentlich zugänglich gemacht (§ 15 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 2, § 19a UrhG) hat. Die Unterlassungsverpflichtungserklärung ist dahin auszulegen, dass die Beklagte sich mit ihr dazu verpflichtet hat, ihr bisheriges, das ausschließliche Nutzungsrecht der Klägerin verletzende Verhalten, nämlich das - rechtlich als öffentliches Zugänglichmachen zu wertende - Bereithalten der Präsentation der Klägerin zum Abruf durch Dritte, künftig zu unterlassen.
25
b) Das Berufungsgericht hat das für einen Vertragsstrafeanspruch erforderliche Verschulden der Beklagten mit Recht darin gesehen, dass diese nach Abgabe der Unterlassungsverpflichtungserklärung die beanstandeten Seiteninhalte nicht gelöscht und nach Kündigung ihres T-Online-Anschlusses die Abschaltung ihres Zugangs nicht überprüft hat. Zu beidem war die Beklagte aufgrund der Unterlassungsverpflichtungserklärung verpflichtet. Die Revision der Beklagten macht ohne Erfolg geltend, die Beklagte habe sich jedenfalls nach Zugang des Schreibens der T-Online-International AG vom 27. Januar 2004, mit dem diese die Beendigung des T-Online-Zugangs zum 24. Dezember 2003 mitgeteilt habe, auf die Abschaltung ihres Internet-Zugangs verlassen dürfen. Darauf kommt es nicht an. Die Präsentationen „Nahrungsergänzung“ und „Nebenjob“ waren nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in der Zeit von März 2003 bis Februar 2004 und damit auch in dem Zeitraum zwischen der Abgabe der Unterlassungsverpflichtungserklärung am 3. Dezember 2003 und dem Zugang des Schreibens vom 27. Januar 2004 abrufbar. Da für die Beklagte voraussehbar war, dass die Präsentation „Nahrungsergänzung“ ohne das Löschen der Verknüpfung bis zur Beendigung des T-Online-Zugangs weiterhin abrufbar sein würde, hat sie jedenfalls innerhalb dieses Zeitraums schuldhaft gehandelt.

26
c) Entgegen der Ansicht der Revision der Beklagten muss die Vertragsstrafe , deren Höhe sie nicht beanstandet hat, nicht nach § 340 Abs. 2 BGB auf den Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen der rechtswidrigen Benutzung der Flash-Präsentation „Nahrungsergänzung“ angerechnet werden. Der Zweck einer Vertragsstrafevereinbarung besteht darin, die Unterlassungsverpflichtung abzusichern und den sich aus einer Zuwiderhandlung ergebenden Schaden in pauschalierter Form abzudecken (vgl. BGH, Urt. v. 6.5.1993 - I ZR 144/92, GRUR 1993, 926 = WRP 1993, 762 - Apothekenzeitschriften; Urt. v. 8.5.2008 - I ZR 88/06, GRUR 2008, 929 Tz. 9 = WRP 2008, 1225 - Vertragsstrafeneinforderung ). Daraus folgt, dass eine Vertragsstrafe nicht auf zum Zeitpunkt des Vertragsstrafeversprechens bereits entstandene Schadensersatzansprüche anzurechnen ist. Danach kommt im Streitfall eine Anrechnung der Vertragsstrafe nicht in Betracht. Die Beklagte hat sich am 3. Dezember 2003 gegenüber der Klägerin verpflichtet, es ab sofort zu unterlassen, die WebAnimation „Wellness-Flash-lnfo“ ohne deren Zustimmung zu vervielfältigen und zu verbreiten und für jeden Fall der Zuwiderhandlung eine angemessene Vertragsstrafe an die Klägerin zu zahlen. Zu diesem Zeitpunkt war der mit der Klage geltend gemachte Schadensersatzanspruch wegen der unbefugten öffentlichen Zugänglichmachung des Originals bzw. der Nachahmung der FlashPräsentation „Nahrungsergänzung“ über die Schaltfläche „Wellness-Flash-Info“ auf den Internet-Seiten der Beklagten ab März 2003 bereits entstanden.
27
III. Die Revision der Klägerin hat ebenfalls Erfolg. Sie beanstandet mit Recht, dass das Berufungsgericht der Klägerin wegen der Verletzung ihrer Nutzungsrechte lediglich einen Schadensersatzanspruch in Höhe jeweils einer Lizenzgebühr von 2.900 € abzüglich 400 € Mehrwertsteuer zuerkannt hat. http://www.juris.de/jportal/portal/t/htu/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/htu/## - 15 -
28
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass auch ein Schadensersatzanspruch, der nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie berechnet wird, nicht die Umsatzsteuer umfasst, die nach den der Schadensschätzung zugrunde gelegten Lizenzverträgen auf die Lizenzgebühren zu zahlen ist. Schadensersatzzahlungen sind kein Entgelt im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG und unterliegen daher nicht der Umsatzsteuer, wenn die Zahlung - wie hier - nicht für eine Lieferung oder sonstige Leistung an den Zahlenden erfolgt, sondern deshalb, weil dieser nach Gesetz oder Vertrag für einen Schaden und dessen Folgen einzustehen hat (BFH, Urt. v. 10.12.1998 - V R 58/97, juris Tz. 17 f.; KG NJW-RR 2000, 123, 124). Die Revision der Klägerin hat insoweit auch keine Rügen erhoben.
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2. Das Berufungsgericht hat gemeint, die Klägerin müsse sich daran festhalten lassen, dass sie selbst Verträge mit einer Lizenzgebühr von 2.900 € einschließlich Mehrwertsteuer schließe. Da auf die in diesem Betrag enthaltene Mehrwertsteuer von 400 € kein Anspruch bestehe, seien lediglich 2.500 € zu ersetzen. Die Revision der Klägerin rügt mit Erfolg, das Berufungsgericht habe damit ihr Vorbringen nicht hinreichend berücksichtigt, die Mehrzahl der Lizenzverträge der zweiten Stufe im Vertragsmodell der Klägerin seien über eine Lizenzgebühr von 2.900 € zuzüglich Mehrwertsteuer abgeschlossen worden. Mit Rücksicht auf dieses Vorbringen der Klägerin - das mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts in der Revisionsinstanz zugunsten der Klägerin als zutreffend zu unterstellen ist - kann die von der Klägerin geforderte Lizenzgebühr von 2.900 € zuzüglich Mehrwertsteuer nicht als unangemessen angesehen und die Klägerin nicht daran festgehalten werden, dass sie einige Verträge mit einer Lizenzgebühr über 2.900 € einschließlich Mehrwertsteuer abgeschlossen hat.
30
IV. Auf die Revisionen der Parteien ist danach unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels der Beklagten das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, soweit die Beklagte über die Zahlung einer Vertragsstrafe von 2.000 € nebst Zinsen hinaus weitergehend verurteilt und die Klage hinsichtlich des Schadensersatzanspruchs in Höhe von 800 € nebst Zinsen abgewiesen worden ist.
31
Für das weitere Verfahren wird hinsichtlich des Schadensersatzanspruchs auf Folgendes hingewiesen:
32
1. Kann das Berufungsgericht sich - gegebenenfalls nach weiterem Sachvortrag und Beweisantritt der Klägerin - davon überzeugen, dass eine ausreichende Zahl von Lizenzverträgen nach dem Vergütungsmodell der Klägerin abgeschlossen wurde, kommt es entgegen der Ansicht der Revision der Beklagten grundsätzlich nicht darauf an, ob die in den Lizenzverträgen aufgeführten Lizenzsätze und sonstigen Konditionen für derartige Flash-Präsentationen allgemein üblich und objektiv angemessen sind. Soweit die Klägerin die in ihrem dreistufigen Lizenzmodell vorgesehenen Lizenzgebühren verlangt und erhält , rechtfertigt dieser Umstand die Feststellung, dass vernünftige Vertragsparteien bei vertraglicher Lizenzeinräumung eine entsprechende Vergütung vereinbart hätten (vgl. BGH, Urt. v. 3.7.1986 - I ZR 159/84, GRUR 1987, 36, 37 - Liedtextwiedergabe II). Werden die vom Verletzten geforderten Lizenzsätze für die eingeräumten Nutzungsrechte auf dem Markt gezahlt, können sie einer Schadensberechnung im Wege der Lizenzanalogie auch dann zugrunde gelegt werden, wenn sie über dem Durchschnitt vergleichbarer Vergütungen liegen (vgl. Dreier in Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl., § 97 UrhG Rdn. 64; vgl. auch BGH, Urt. v. 14.3.2000 - X ZR 115/98, GRUR 2000, 685, 686 = WRP 2000, 766 - Formunwirksamer Lizenzvertrag, m.w.N.). Ansonsten wird das Berufungsge- richt - soweit erforderlich durch Einholung eines Sachverständigengutachtens - zu klären haben, welche Lizenzgebühren für derartige Benutzungshandlungen üblich und angemessen sind.
33
2. Kann das Lizenzierungsmodell der Klägerin der Schadensschätzung zugrunde gelegt werden, ist es nicht zu beanstanden, wenn das Berufungsgericht die Benutzungshandlung der Beklagten - wie geschehen - der zweiten Stufe des Vergütungsmodells der Klägerin zuordnet. Die Revision der Beklagten macht ohne Erfolg geltend, bei einer Bemessung der Schadenslizenz nach dem Vertragsmodell der Klägerin müsse der Abschluss eines Resellervertrages nach der dritten Stufe des Vergütungsmodells der Klägerin zugrunde gelegt werden.
34
a) Die Revision der Beklagten trägt hierzu vor, die Flash-Präsentationen der Klägerin seien in einer Weise benutzt worden, die dem Resellervertrag der Klägerin entsprochen habe. Die Beklagte und etwa 200 weitere Personen hätten als Vertriebspartner der A. -S. in direktem Kontakt mit den Kunden Nahrungsergänzungsmittel des Unternehmens Herbalife verkaufen sollen. Die A. -S. habe zu diesem Zweck auf ihrem Server für jeden Vertriebspartner ein Unterverzeichnis angelegt und die Internet-Seiten ihrer Vertriebspartner so eingerichtet, dass ein Kunde die auf ihrem Server abgelegten Flash-Präsentationen habe aufrufen können. Der Resellervertrag der Klägerin sei auf ein derartiges System zugeschnitten, da der Lizenznehmer danach gegen eine Pauschalgebühr von 36.000 € für eine Grundlaufzeit von zwei Jahren eine Lizenz an den Präsentationen der Klägerin erwerbe, die ihn dazu berechtige, bis zu 150 Unterlizenzen und gegen eine Lizenzgebühr von jeweils 10 € pro Monat weitere Unterlizenzen zu erteilen. Unter vernünftigen Vertragspartnern wären daher nicht mehr als 200 Einzellizenzverträge zwischen der Klägerin und den Vertriebspartnern der A. -S. geschlossen worden; vielmehr wäre ein Resellervertrag zwischen der Klägerin und der A. -S. geschlossen worden, der auch den Vertriebspartnern das Recht zur Nutzung der Flash-Präsentationen eingeräumt hätte. Denn bei einer Nutzung durch zahlreiche Vertriebspartner sei die Lizenzgebühr nach dem Resellervertrag um ein Vielfaches geringer als die zusammengerechneten Lizenzgebühren nach den Einzelverträgen. Daher bildeten die Lizenzgebühren, die die Klägerin bei Abschluss eines Resellervertrages mit der A. -S. erzielt hätte, die Obergrenze eines von der A. -S. und ihren Vertriebspartnern zu zahlenden Schadensersatzes und seien die Lizenzanteile der Vertriebspartner nach den Lizenzgebühren der A. -S. zu bemessen.
35
b) Diesen Erwägungen der Revision der Beklagten kann nicht zugestimmt werden. Die Klägerin nimmt in diesem Rechtsstreit nicht die A. -S. als Zwischenhändler, sondern die Beklagte als Endverkäuferin wegen einer Verletzung ihrer ausschließlichen Nutzungsrechte an den Flash-Präsentionen in Anspruch. Sie hat sich dabei in zulässiger Weise für eine Berechnung des Schadens nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie entschieden. Danach kommt es, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, allein darauf an, welche Lizenzgebühren die Beklagte der Klägerin bei Abschluss eines Lizenzvertrages für eine Nutzung der Flash-Präsentationen „Nahrungsergänzung“ und „Nebenjob“ hätte zahlen müssen. Für die Berechnung des von der Beklagten zu zahlenden Schadensersatzes ist es hingegen nicht von Bedeutung, welche Lizenzgebühren die A. -S. der Klägerin bei Abschluss eines Resellervertrages zu entrichten gehabt hätte. Bei Abschluss eines Lizenzvertrages, der weder zur Werbung verpflichtet noch zur Erteilung von Unterlizenzen berechtigt, hätte die Beklagte der Klägerin nach der zweiten Stufe des Vertragsmodells der Klägerin für eine Laufzeit von 24 Monaten einen Pauschalpreis von 2.900 € (einschließlich oder zuzüglich Mehrwertsteuer) zahlen müssen.
36
aa) Die Revision der Beklagten macht demgegenüber ohne Erfolg geltend , die Beklagte habe nur beabsichtigt, sich mit geringen Mitteln einen kleinen Nebenerwerb mit einem geringen Zusatzverdienst aufzubauen und hätte mit der Klägerin daher niemals unmittelbar einen Lizenzvertrag nach der zweiten Stufe des Vergütungsmodells der Klägerin geschlossen. Der Verletzer kann sich nicht darauf berufen, er wäre nicht dazu bereit gewesen, die für seine Benutzungshandlung normalerweise vom Verletzten geforderte und von dessen Lizenznehmern gezahlte Vergütung zu entrichten (vgl. BGH GRUR 2006, 136 Tz. 23 - Pressefotos).
37
bb) Die Revision der Beklagten beruft sich ferner ohne Erfolg darauf, dass nach der Rechtsprechung des Senats in Fällen, in denen mehrere Tarifsysteme mit unterschiedlichen Konditionen bestünden, die sich als üblich durchgesetzt hätten, und in denen kein Tarifsystem richtig passe, grundsätzlich von dem Tarif auszugehen sei, der nach seinen Merkmalen der im Einzelfall vorliegenden Art und Weise und dem Umfang der Nutzung möglichst nahe komme (vgl. dazu BGH, Urt. v. 23.5.1975 - I ZR 51/74, GRUR 1976, 35, 36 - Bar-Filmmusik; Urt. v. 1.6.1983 - I ZR 98/81, GRUR 1983, 565, 567 - Tarifüberprüfung II; BGHZ 97, 37, 48 - Filmmusik). Die von der Revision der Beklagten herangezogenen Grundsätze sind im Streitfall schon deshalb nicht anwendbar , weil die Benutzungshandlung der Beklagten ohne weiteres der zweiten Stufe im Vergütungsmodell der Klägerin zuzuordnen ist.
38
cc) Die Revision der Beklagten macht schließlich vergeblich geltend, die der Klägerin aus einem Resellervertrag mit der A. -S. zustehenden Lizenzgebühren bildeten die Obergrenze eines von der A. -S. und deren Vertriebspartnern insgesamt zu zahlenden Schadensersatzes. Hierzu hat die Revision der Beklagten ausgeführt: Im Verhältnis zwischen der Klägerin und der A. -S. müsse für die Schadensberechnung nach der Lizenzanalogie auf jeden Fall der Resellervertrag zugrunde gelegt werden. Ferner gehe die Klägerin davon aus, dass den Vertriebspartnern Regressansprüche gegen die A. - S. zustünden, soweit die Klägerin die Vertriebspartner auf Schadensersatz in Anspruch nehme. Würden der Klägerin gegen die einzelnen Vertriebspartner der A. -S. insgesamt höhere Schadensersatzansprüche zugesprochen, als sich aus einem Resellervertrag mit der A. -S. ergäben, könnte die Klägerin demnach auf dem Umweg über die Inanspruchnahme der Vertriebspartner weitaus höhere Schadensersatzansprüche gegen die A. -S. durchsetzen , als ihr nach der Lizenzanalogie tatsächlich zustünden. Damit hat die Revision der Beklagten keinen Erfolg.
39
Die Frage, ob bei der Schadensberechnung in Form der Herausgabe des Verletzergewinns Schadensersatzleistungen, die der Verletzer seinen Abnehmern wegen deren Inanspruchnahme durch den Verletzten erbringt, abzuziehen sind, da diese den Gewinn des Verletzers mindern, stellt sich nicht, wenn der Verletzte - wie im Streitfall - Schadensersatz nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie beansprucht. Für die Höhe der danach zu zahlenden angemessenen und üblichen Lizenzgebühr ist es nicht von Bedeutung, inwieweit der Verletzer seinen Vertragspartnern wegen deren Inanspruchnahme durch den Verletzten Schadensersatz leistet. Sollte die Klägerin von der A. -S. einen ihr nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie zustehenden Schadensersatz fordern, könnte die A. -S. der Klägerin Schadensersatzzahlungen an ihre Vertriebspartner nicht entgegenhalten.
40
3. Die Annahme des Berufungsgerichts, der Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte sei nicht dadurch (teilweise) erloschen, dass die A. -S. der Klägerin 15.510 € gezahlt habe, ist dagegen nicht frei von Rechtsfehlern.
41
a) Entgegen der Ansicht der Revision der Beklagten kommt es insoweit allerdings nicht darauf an, ob und inwieweit Schadensersatzleistungen eines Verletzers auf Schadensersatzansprüche anderer Verletzer innerhalb einer Verletzerkette bzw. Vertriebskette anzurechnen sind. Diese Frage stellt sich im Streitfall nicht, da die A. -S. und ihre Vertriebspartner nicht mehrere Verletzungshandlungen auf unterschiedlichen Vertriebsstufen begangen haben und daher keine Verletzerkette bzw. Vertriebskette besteht.
42
Die Revision der Beklagten weist zutreffend auf den nicht bestrittenen Vortrag der Beklagten hin, die A. -S. habe das Original bzw. die Nachbildung der Flash-Präsentationen der Klägerin auf ihrem Server abgespeichert und anschließend ihren zahlreichen Vertriebspartnern jeweils ein Unterverzeichnis auf ihrem Server anlegen und deren Internet-Seiten so einrichten lassen , dass die Flash-Präsentationen über diese Internet-Seiten unmittelbar auf ihrem Server hätten abgerufen werden können. Die A. -S. hat die auf ihrem Server abgespeicherten Originale bzw. Nachahmungen der Flash-Präsentationen der Klägerin nach diesem Vorbringen im Zusammenwirken mit ihren jeweiligen Vertriebspartnern über deren Internet-Seiten öffentlich zugänglich gemacht und damit gegen § 15 Abs. 2 UrhG a.F. (jetzt § 19a UrhG) verstoßen. Es mag sein, dass die A. -S. darüber hinaus, wie das Berufungsgericht angenommen hat, durch die Herstellung einer Nachahmung der Flash-Präsentation der Klägerin eine weitere eigenständige Urheberrechtsverletzung begangen hat. Das ändert aber nichts daran, dass die A. -S. und ihre Vertriebspartner den hier in Rede stehenden Schaden durch dieselbe Verletzungshandlung verursacht haben.
43
b) Die von der A. -S. an die Klägerin geleistete Zahlung könnte die Beklagte jedoch entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts gemäß § 422 Abs. 1 BGB (teilweise) von ihrer Schadensersatzpflicht gegenüber der Klägerin befreit haben, weil zwischen der A. -S. und der Beklagten ein Gesamtschuldverhältnis besteht. Allerdings ist keine gesamtschuldnerische Haftung nach § 830 BGB gegeben. Da die Beklagte die Urheberrechtsverletzung nach den Feststellungen des Berufungsgerichts fahrlässig begangen hat, fehlt es an dem von § 830 Abs. 1 BGB vorausgesetzten bewussten und gewollten Zusammenwirken der A. -S. und der Beklagten als Mittäter bzw. an der nach § 830 Abs. 2 BGB erforderlichen Vorsatztat der Beklagten, die die A. -S. als Anstifter oder Gehilfe hätte fördern können (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 68. Aufl., § 830 Rdn. 3 f.). Die A. -S. und ihre Vertriebspartner - wie die Beklagte - haften für den durch das öffentliche Zugänglichmachen der FlashPräsentationen der Klägerin entstandenen Schaden jedoch nach § 840 Abs. 1 BGB als Gesamtschuldner. Sie sind für diesen Schaden, den die Beklagte fahrlässig verursacht hat, nebeneinander verantwortlich. Anders als das Berufungsgericht meint, haben sie bei der Klägerin auch denselben Schaden verursacht, da dieser Schaden - wie unter IV 3 a ausgeführt - auf derselben Verletzungshandlung beruht.
44
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist es insoweit nicht von Bedeutung, dass sich die von der A. -S. und der Beklagten verursachten Schadensbeträge der Höhe nach nicht decken. Allerdings schuldet die Beklagte der Klägerin Schadensersatz in Höhe einer angemessenen Lizenzgebühr, die im Streitfall - soweit das Vergütungsmodell der Klägerin zur Schadensschätzung heranzuziehen ist - nach der zweiten Stufe des Vergütungsmodells der Klägerin mit jeweils 2.900 € (einschließlich oder zuzüglich Mehrwertsteuer) zu bemessen ist. Hingegen wäre ein von der A. -S. zu zahlender Schadensersatz - wenn die Klägerin ihn gleichfalls auf der Grundlage der Lizenzanalogie berechnete - nach der dritten Stufe des Vergütungsmodells der Klägerin mit der wesentlich höheren Vergütung für Resellerverträge zu bemessen. Ein Gesamtschuldverhältnis besteht jedoch auch dann, wenn der Haftungsumfang mehre- rer Verantwortlicher unterschiedlich hoch ist; das Gesamtschuldverhältnis besteht dann bis zum geringeren Betrag (vgl. BGHZ 12, 213, 220).
45
c) Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht bislang getroffenen Feststellungen kann nicht abschließend beurteilt werden, inwieweit die Schadensersatzleistung der A. -S. auf den Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte anzurechnen ist. Nach § 422 Abs. 1 Satz 1 BGB wirkt die Erfüllung durch einen Gesamtschuldner auch für die übrigen Schuldner. Im Streitfall besteht die Besonderheit, dass die A. -S. und jeder einzelne ihrer Vertriebspartner der Klägerin jeweils als Gesamtschuldner haften, die Vertriebspartner der A. -S. aber nicht untereinander Gesamtschuldner der Klägerin sind. Da die Zahlung der A. -S. nicht ausreicht, um sämtliche Schulden zu tilgen, ist die Zahlung der A. -S. entsprechend § 366 BGB auf die Schulden der Vertriebspartner anzurechnen. Die Regelung des § 366 BGB gilt unmittelbar für den Fall, dass ein Schuldner dem Gläubiger aus mehreren Schuldverhältnissen zu gleichartigen Leistungen verpflichtet ist und das von ihm Geleistete nicht zur Tilgung sämtlicher Schulden ausreicht. Die Interessenlage ist jedoch die gleiche, wenn - wie dies hier der Fall ist - mehrere Schuldner (die Vertriebspartner der A. -S. ) dem Gläubiger zu gleichartigen Leistungen verpflichtet sind und ein anderer Schuldner (die A. -S. ) dem Gläubiger für diese Leistungen jeweils mithaftet und das von diesem Schuldner Geleistete nicht zur Tilgung sämtlicher Schulden ausreicht (vgl. BGHZ 134, 224, 227 ff. m.w.N.).
46
Gemäß § 366 Abs. 1 BGB wird diejenige Schuld getilgt, die der Zahlende bei der Leistung bestimmt. Es kann dahinstehen, ob sich dem - insoweit allein in Betracht kommenden - Anwaltsschreiben der A. -S. an die Klägerin vom 5. Juli 2004 eine Tilgungsbestimmung der A. -S. zugunsten der Beklagten entnehmen lässt. Denn dieses Schreiben ging, wie die Klägerin zutref- fend geltend macht, erst einen Tag nach Zahlungseingang beim vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Klägerin ein. Eine Tilgungsbestimmung im Sinne von § 366 Abs. 1 BGB muss aber grundsätzlich - spätestens - „bei der Leistung“ getroffen werden. Eine nachträgliche Tilgungsbestimmung ist unwirksam , wenn sie - wie hier - nicht ausdrücklich oder konkludent vorbehalten war (Bamberger/Roth/Dennhardt, BGB, 2. Aufl., § 366 Rdn. 7; Palandt/Grüneberg aaO § 366 Rdn. 4a; MünchKomm.BGB/Wenzel, 5. Aufl., § 366 Rdn. 9). Entgegen der Ansicht der Revision der Beklagten kann das Tatbestandsmerkmal „bei der Leistung“ in § 366 BGB schon aus Gründen der Rechtssicherheit nicht gegen seinen Wortlaut dahin ausgelegt werden, dass eine Tilgungsbestimmung in Fällen wie dem vorliegenden auch noch nach der Leistung zulässig ist. Für eine solche Auslegung lässt sich auch dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 2. Dezember 1968 in der Sache II ZR 144/67 (BGHZ 51,157) nichts entnehmen. Auf die Frage, ob ein am Tag nach der Übergabe eines Schecks eingegangener Brief noch als „Tilgungsbestimmung bei der Leistung“ gewertet werden kann, kam es in jener Entscheidung nicht an, weil das dortige Schreiben bereits keine Leistungsbestimmung erkennen ließ (BGH WM 1969, 270, 271; insoweit nicht in BGHZ 51,157 abgedruckt). Nach § 366 Abs. 2 BGB kommt eine verhältnismäßige Tilgung der Schuld der Beklagten erst in Betracht, wenn sämtliche vorgehenden Anrechnungen in der gesetzlichen Tilgungsreihenfolge ausscheiden. Hierzu hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - bislang keine Feststellungen getroffen.
Bergmann Pokrant Büscher
Schaffert Koch
Vorinstanzen:
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 27.07.2005 - 3 O 9074/04 -
OLG Nürnberg, Entscheidung vom 14.02.2006 - 3 U 1903/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 95/01 Verkündet am:
20. Januar 2005
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: nein
CMR Art. 17, 29;
Im Rahmen einer Haftung nach Art. 17, 29 CMR kann der Spediteur/Frachtführer
nach ergänzend anwendbarem deutschen Schuldrecht dem Absender
entgegenhalten, vor Vertragsschluß nicht auf die Gefahr eines außergewöhnlich
hohen Schadensrisikos hingewiesen worden zu sein.
BGH, Urt. v. 20. Januar 2005 - I ZR 95/01 - OLG Schleswig
LG Lübeck
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Januar 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
und die Richter Pokrant, Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 22. Februar 2001 aufgehoben, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die frühere Klägerin, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist (im folgenden: die Klägerin), nimmt durch ihren Insolvenzverwalter die Beklagte wegen des Verlustes von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Klägerin beauftragte die Beklagte im Mai 1999 zu einem Festpreis von 5.800 DM damit, ca. zwölf Tonnen Nähmaschinen und anderes technisches Gerät per Lkw von Hamburg zur in Moskau ansässigen Streithelferin der Klägerin zu transportieren. Die Parteien vereinbarten, daß die Beförderung durch einen deutschen Fahrer und mit einem in Deutschland zugelassenen Lkw mit Satellitenüberwachungsanlage erfolgen sollte. Eine gleichlautende Vereinbarung traf die Beklagte auch mit der Firma K. aus L. die , sie mit der Durchführung des Transports beauftragte.
Nach Abschluß des Vertrags übersandte die Klägerin der Beklagten eine als "PROFORMA INVOICE" bezeichnete Rechnung einer H. International Inc. über 38.077 DM; diese Rechnung war an die auch in dem internationalen Frachtbrief als Empfängerin der Ware angegebene Streithelferin der Klägerin gerichtet. Darüber hinaus wies die Klägerin die Beklagte an, die Auslieferung nur gegen Vorlage der Fotokopie einer bestimmten mit ihrem Stempel und einer Unterschrift versehenen Banknote vorzunehmen. Eine entsprechende Weisung war auch Inhalt des Frachtvertrags zwischen der Beklagten und der Firma K. . Ferner übersandte die Klägerin der Frachtführerin eine Skizze mit einem Treffpunkt in Moskau und mehrere Telefonnummern, die der Fahrer nach seiner Ankunft in Moskau anrufen sollte.
Die Firma K. ließ die Ware in Hamburg von einem deutschen Fahrer abholen, der später aber durch einen Fahrer mit litauischer Staatsangehörigkeit ersetzt wurde. Kurz nachdem dieser Fahrer den vereinbarten Treffpunkt in Moskau erreicht hatte, stellten sich ihm, noch bevor er den beabsichtigten Kontakt unter den angegebenen Telefonnummern aufnehmen konnte, zwei Personen als Mitarbeiter der Streithelferin vor und fragten ihn, ob er Näh- und Strickmaschinen geladen habe. In einer später gegenüber den Moskauer Ermittlungsbehörden abgegebenen schriftlichen Einlassung erklärte der Fahrer, auf seine Frage nach der zur Legitimation der Empfängerin dienenden Banknote hätten die beiden Personen ihm erklärt, daß sich diese im Büro befinde und nach der Deklarierung und Zollabwicklung dem Fahrer vorgelegt werde. Entsprechend den Anweisungen der beiden Personen folgte der Fahrer anschließend deren Pkw durch Moskau, bis er aufgefordert wurde anzuhalten und 15 Minuten in seinem Lkw zu warten. Eine der beiden Personen kehrte nach etwa 25 Minuten zurück und forderte den Fahrer auf, alle die Ladung betreffenden Dokumente an sich zu nehmen, den Lkw abzuschließen und zu ihm in den Pkw zu steigen. Dieser Aufforderung kam der Fahrer nach, da er glaubte, erkannt zu haben, daß eine der beiden Personen eine Waffe bei sich trug. Nach einer mehrstündigen Fahrt durch Moskau, während der er den ihm unbekannten Personen zwei Ausfertigungen des Frachtbriefes und eine Kopie der Pro-forma-Rechnung übergab, wurde der Fahrer schließlich abgesetzt. Er ließ sich mit einem Taxi zu seinem Lkw zurückbringen. Dort stellte er fest, daß die Ladung verschwunden war.
Die Klägerin hat behauptet, der Wert der Ladung habe tatsächlich 225.580 US-Dollar (umgerechnet 416.916,95 DM) betragen. Dieser Wert sei bei den Vertragsverhandlungen nicht Gegenstand der Erörterungen gewesen. Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte hafte unbeschränkt, da sie durch den Einsatz des litauischen Fahrers vorsätzlich gegen ihre vertraglichen Pflichten ver-
stoßen habe. Die Beklagte müsse sich zudem das leichtfertige Verhalten des Fahrers zurechnen lassen. Beide Pflichtverstöße seien für den Schadenseintritt ursächlich geworden.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 416.916,95 DM nebst Zinsen zu zahlen.
Die Beklagte ist dem Vorbringen der Klägerin zum Umfang und Wert des übernommenen Gutes entgegengetreten. Darüber hinaus hat sie die Anfechtung des mit der Klägerin geschlossenen Vertrags wegen arglistiger Täuschung über den tatsächlichen Wert der Ladung erklärt. Ein Mitarbeiter der Klägerin habe bei einem Telefonat vor der Auftragserteilung den Wert des zu transportierenden Gutes mit ca. 39.000 DM beziffert. Bei Kenntnis des tatsächlichen Werts der Sendung hätte sie den Vertrag nur gegen eine höhere Vergütung geschlossen, da Transporte in die GUS mit einem 100.000 US-Dollar übersteigenden Warenwert bei ihr bis zur Ankunft am Bestimmungsort mit einem bewaffneten Begleitfahrzeug eskortiert würden. Zumindest sei der Klägerin wegen des unterlassenen Hinweises auf die Gefahr eines besonders hohen Schadens ein Mitverschulden anzulasten.
Das Landgericht hat der Klage nur in Höhe von 38.077 DM nebst Zinsen stattgegeben. Das Berufungsgericht hat dem Klagebegehren in Höhe weiterer 338.360,65 DM nebst Zinsen entsprochen und die von der Beklagten eingelegte Anschlußberufung - mit Ausnahme eines Teils der angefochtenen Zinsentscheidung - zurückgewiesen.
Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Streithelferin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat der Klägerin einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 376.437,65 DM nebst Zinsen aus Art. 17 Abs. 1 i.V. mit Art. 29 CMR zuerkannt. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Die von der Beklagten erklärte Anfechtung ihrer Vertragserklärung führe nicht zur Nichtigkeit des zwischen den Parteien zu festen Kosten geschlossenen Speditionsvertrags. Es fehle an einer arglistigen Täuschung seitens der Klägerin oder ihrer Streithelferin.
Das für die Streithelferin bestimmt gewesene Transportgut sei nicht an die berechtigte Empfängerin abgeliefert worden. Es stehe nicht fest, daß es sich bei den unbekannten Personen, die dem Fahrer in Moskau Anweisungen gegeben hätten, um Mitarbeiter der Streithelferin gehandelt habe. Die Behauptung der Beklagten, diese Personen hätten dem Fahrer auch die in den Auslieferungsanweisungen genannte Banknote und weitere Unterlagen präsentiert, widerspreche ihrem vorangegangenen Sachvortrag und dem Inhalt der schriftlichen Aussage des Fahrers.
Die Voraussetzungen für eine Haftungsbefreiung nach Art. 17 Abs. 2 CMR lägen nicht vor, da die Beklagte die Unvermeidbarkeit des Warenverlustes nicht nachgewiesen habe. Der Fahrer habe nicht nur die vereinbarte Identitätsprüfung anhand der Banknote, sondern auch eine naheliegende telefonische
Nachfrage bei der Streithelferin unterlassen. Die Beklagte habe zudem einen litauischen Fahrer eingesetzt und im übrigen nicht nachgewiesen, daß es auch bei Befolgung der Auslieferungsanweisungen zum Verlust der Ladung gekommen wäre.
Die Beklagte hafte für den Warenverlust nach Art. 29 CMR unbeschränkt. Zwar könne ein qualifiziertes Verschulden des Fahrers nicht festgestellt werden. Die Beklagte müsse sich jedoch den vorsätzlichen Verstoß der Firma K. gegen die vertragliche Verpflichtung, einen deutschen Fahrer einzusetzen , zurechnen lassen. Der Vorsatz müsse sich - wie allgemein im Haftungsrecht - im Rahmen des Art. 29 CMR nur auf den haftungsbegründenden Tatbestand erstrecken und nicht auch auf den konkret eingetretenen Schaden. Da der vorsätzliche Vertragsverstoß als Ursache für den nachfolgenden Ladungsverlust ernsthaft in Betracht komme, spreche eine von der Beklagten nicht erschütterte Vermutung dafür, daß er für den konkreten Schadenseintritt ursächlich gewesen sei.
Der eingetretene Schaden belaufe sich auf 376.437,65 DM. Die geladenen Güter seien - mit Ausnahme der in der Schadensaufstellung der Klägerin aufgeführten Zubehör- und Ersatzteile - durch die von dem übernehmenden Fahrer unterzeichnete Verladeliste nachgewiesen. Der Wert des abhanden gekommenen Gutes ergebe sich aus den vorgelegten Einkaufsrechnungen.
Ein Mitverschulden wegen der unterlassenen Aufklärung über den tatsächlichen Warenwert sei der Klägerin nicht anzulasten.
II. Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß die Beklagte als Fixkostenspediteurin i.S. des § 459 HGB der Haftung nach der CMR unterliegt (vgl. BGH, Urt. v. 16.7.1998 - I ZR 44/96, TranspR 1999, 19, 20 f. = VersR 1999, 254 m.w.N.).
2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, daß das Berufungsgericht eine wirksame Anfechtung des Speditionsvertrages seitens der Beklagten wegen arglistiger Täuschung über den Wert der transportierten Waren verneint hat.

a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte habe für eine arglistige Täuschung durch Mitarbeiter der Klägerin nicht genügend vorgetragen. Selbst wenn ein Mitarbeiter der Klägerin vor der Auftragserteilung gegenüber der Beklagten einen Warenwert von 39.000 DM genannt oder den Inhalt der Pro-forma-Rechnung gekannt hätte, ergebe sich aus dem Vortrag der Beklagten nicht, daß der Mitarbeiter den tatsächlich höheren Warenwert oder die Unrichtigkeit der Rechnung gekannt habe. Diese von der Revision nicht beanstandete Beurteilung läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen.

b) Vergeblich wendet sich die Revision gegen die weitere Annahme des Berufungsgerichts, es fehle auch an einer der Klägerin zuzurechnenden arglistigen Täuschungshandlung ihrer Streithelferin, da diese als "Dritte" i.S. des § 123 Abs. 2 Satz 1 BGB anzusehen sei.
aa) Die Revision meint, die Klägerin müsse sich die unzutreffende Wertangabe ihrer Streithelferin aufgrund hier vorliegender besonderer Umstände billigerweise zurechnen lassen. In einem Fall wie dem vorliegenden bestehe die Besonderheit, daß der Spediteur den tatsächlichen Wert der Ladung regelmäßig nicht beurteilen könne. Mache der Auftraggeber des Spediteurs (hier: die
Streithelferin) unter diesen Umständen gegenüber dem Auftragnehmer falsche Angaben zum Warenwert, täusche er arglistig und benutze den so getäuschten Spediteur (hier: die Klägerin) in mittelbarer Täterschaft als argloses Werkzeug zur weiteren arglistigen Täuschung seiner Geschäftspartner (hier: der Beklagten

).


bb) Dieses Vorbringen rechtfertigt es nicht, die Streithelferin im Verhältnis zur Klägerin nicht als "Dritte" i.S. von § 123 Abs. 2 Satz 1 BGB anzusehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein am Zustandekommen eines Vertrages Beteiligter dann nicht "Dritter" i.S. der genannten Vorschrift , wenn sein Verhalten dem des Anfechtungsgegners gleichzusetzen ist (vgl. BGH, Urt. v. 9.4.1992 - IX ZR 145/91, NJW-RR 1992, 1005, 1006; Urt. v. 20.11.1995 - II ZR 209/94, NJW 1996, 1051). Dies ist über den Bereich der gesetzlichen oder rechtsgeschäftlichen Vertretung hinaus auch bejaht worden bei einem vom Erklärungsempfänger beauftragten Verhandlungsführer oder -gehilfen (BGHZ 47, 224, 230 f.) sowie bei einem Beteiligten, dessen Verhalten sich der Erklärungsempfänger wegen besonders enger Beziehungen zwischen beiden oder wegen sonstiger besonderer Umstände billigerweise zurechnen lassen muß (vgl. BGH, Urt. v. 1.6.1989 - III ZR 261/87, NJW 1989, 2879, 2880; BGH NJW 1996, 1051).
Auf der Grundlage der unangegriffen gebliebenen Feststellungen des Berufungsgerichts muß sich die Klägerin die unrichtige Wertangabe ihrer Streithelferin nicht zurechnen lassen. Zwischen der Klägerin und ihrer Streithelferin bestand im Zeitpunkt der Vertragsverhandlungen mit der Beklagten keine enge Beziehung. Die Streithelferin ist bei den Verhandlungen im Verhältnis zur Beklagten weder als Verhandlungsführerin noch als Gehilfin der Klägerin tätig geworden. Die Streithelferin war lediglich Auftraggeberin der Klägerin und berechtigte Empfängerin der Ware. Solche gewöhnlichen vertraglichen Beziehungen
zwischen dem Auftraggeber und seinem Auftragnehmer heben den Auftraggeber im Verhältnis des Auftragnehmers zu einem weiteren Auftragnehmer nicht über die Position eines "Dritten" i.S. von § 123 Abs. 2 Satz 1 BGB hinaus.
3. Danach hat die Beklagte gemäß Art. 17 Abs. 1 i.V. mit Art. 3 CMR grundsätzlich Schadensersatz für den Verlust des Transportguts während der Obhutszeit des von ihr beauftragten Frachtführers zu leisten. Eine Haftungsbefreiung gemäß Art. 17 Abs. 2 CMR kommt im Streitfall nicht in Betracht. Unbegrenzten Schadensersatz über die Beschränkung des Art. 23 Abs. 3 CMR hinaus schuldet die Beklagte aber nur dann, wenn die Voraussetzungen des Art. 29 CMR vorliegen. Nach dieser Bestimmung kann sich der Frachtführer nicht auf Haftungsbeschränkungen berufen, wenn er den Schaden vorsätzlich oder durch ein dem Vorsatz gleichstehendes Verschulden verursacht hat. Das Gleiche gilt, wenn seinen Bediensteten oder Verrichtungsgehilfen ein solches qualifiziertes Verschulden zur Last fällt (Art. 29 Abs. 2 Satz 1 CMR). Hiervon ist auch das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen.

a) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts , im Streitfall seien die Voraussetzungen für eine unbeschränkte Haftung der Beklagten nach Art. 29 CMR gegeben.
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß für Gütertransportschäden , die - wie hier - nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuregelung des Fracht-, Speditions- und Lagerrechts (Transportrechtsreformgesetz - TRG) vom 25. Juni 1998 (BGBl. I S. 1588 ff.) am 1. Juli 1998 eingetreten sind, bei Anwendbarkeit deutschen Rechts als ein Verschulden, das zur Durchbrechung der Haftungsbegrenzungen der CMR führt, neben dem Vorsatz nicht mehr die grobe Fahrlässigkeit anzusehen ist, sondern die Leichtfertigkeit, zu der das Bewußtsein hinzukommen muß, daß ein Schaden mit Wahrscheinlich-
keit eintreten werde (vgl. BGH TranspR 1999, 19, 21; MünchKomm.HGB/ Dubischar, Aktualisierungsband Transportrecht, § 435 HGB Rdn. 1; Thume in: Fremuth/Thume, Transportrecht, Art. 29 CMR Rdn. 4, 19a; Gass in: Ebenroth/ Boujong/Joost, HGB, Art. 29 CMR Rdn. 8; Koller, Transportrecht, 5. Aufl., Art. 29 CMR Rdn. 3a). Die tatrichterliche Beurteilung der Frage, ob ein qualifiziertes Verschulden vorliegt, kann vom Revisionsgericht nur darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff der bewußten Leichtfertigkeit verkannt hat und ob Verstöße gegen § 286 ZPO, gegen die Denkgesetze oder gegen Erfahrungssätze vorliegen (vgl. BGHZ 145, 170, 186 zu Art. 25 WA 1955; 149, 337, 345; BGH, Urt. v. 13.2.2003 - I ZR 128/00, TranspR 2003, 255, 257 = VersR 2003, 1017 zur groben Fahrlässigkeit).

b) Das Berufungsgericht hat angenommen, hinsichtlich des von der Frachtführerin eingesetzten Fahrers mit litauischer Staatsangehörigkeit sei der Vorwurf eines qualifizierten Verschuldens i.S. des Art. 29 CMR nicht gerechtfertigt , da nicht festgestellt werden könne, daß er das Bewußtsein gehabt habe, ein Schaden werde mit Wahrscheinlichkeit eintreten. Denn der Fahrer dürfte angenommen haben, daß es sich bei den ihm unbekannten Personen, denen er gefolgt sei, um Mitarbeiter der Streithelferin gehandelt habe. Diese ihr günstige Beurteilung nimmt die Revision hin. Rechtsfehler sind insoweit auch nicht ersichtlich.

c) Die weitere Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte hafte jedoch unbeschränkt wegen eines ihr zuzurechnenden vorsätzlichen Verstoßes der Frachtführerin K. gegen die vertragliche Verpflichtung, einen deutschen Fahrer einzusetzen, ist ebenfalls frei von Rechtsfehlern.
aa) Das Berufungsgericht hat im Ausgangspunkt zutreffend einen vorsätzlichen Verstoß der Frachtführerin gegen ihre vertragliche Verpflichtung, ei-
nen deutschen Fahrer einzusetzen, bejaht. Zwischen den Parteien war vereinbart , daß die Beförderung durch einen deutschen Fahrer erfolgen sollte. Eine entsprechende Vereinbarung hat die Beklagte auch mit der von ihr beauftragten Frachtführerin getroffen. Nach den unangegriffen gebliebenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Frachtführerin in Kenntnis dieser Vereinbarung den ursprünglich eingesetzten deutschen Fahrer durch einen litauischen Fahrer ersetzt. Das reicht entgegen der Auffassung der Revision für die Annahme eines bewußten Verstoßes gegen die vertragliche Verpflichtung aus. Die Parteien haben damit eine die Sicherung des Transportguts dienende Vereinbarung getroffen. Die Haftung wegen des vorsätzlichen Verstoßes gegen die vertragliche Verpflichtung, einen deutschen Fahrer einzusetzen, hängt nicht davon ab, ob sich durch die Auswahl und den Einsatz des Fahrers mit litauischer Staatsangehörigkeit die Gefahr des Transportgutverlusts erhöht hat. Die vorsätzliche Vertragsverletzung der Frachtführerin muß sich die Beklagte gemäß Art. 3 i.V. mit Art. 29 Abs. 2 CMR zurechnen lassen.
bb) Das Berufungsgericht hat auch mit Recht angenommen, daß dieser vorsätzliche Verstoß schon für sich allein die Haftung aus Art. 29 Abs. 1 CMR rechtfertigt.
Es ist zutreffend davon ausgegangen, daß Art. 29 CMR ein qualifiziertes Verschulden nur in bezug auf den die Haftung begründenden Tatbestand voraussetzt (vgl. BGH, Urt. v. 27.6.1985 - I ZR 40/83, TranspR 1985, 338, 340 = VersR 1985, 1060; BGH TranspR 1999, 19, 22). Ist danach von einem qualifizierten Verschulden i.S. von Art. 29 Abs. 1 CMR auszugehen, das seiner Art nach als Schadensursache ernsthaft in Betracht kommt, so obliegt es der Beklagten , im Prozeß solche Umstände vorzutragen und zu beweisen, die gegen die Kausalität des festgestellten Sorgfaltsverstoßes sprechen (vgl. BGH, Urt. v. 13.4.1989 - I ZR 28/87, TranspR 1989, 327, 328 = VersR 1989, 1066; BGH
TranspR 1999, 19, 22 f.; Fremuth/Thume, Frachtrecht, CMR, Art. 29 Rdn. 29; Koller, Transportrecht, 5. Aufl., Art. 29 CMR Rdn. 7 a.E.). Durch diese Verteilung der Darlegungs- und Beweislast wird der Frachtführer aufgrund seiner besonderen Sachnähe zum eingetretenen Schaden nicht in unzumutbarer Weise belastet (BGH TranspR 1999, 19, 23).
Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht im Streitfall rechtsfehlerfrei angewandt. Nach den unangegriffen gebliebenen Feststellungen des Berufungsgerichts hatte die ausdrückliche Vereinbarung, den Transport von einem deutschen Fahrer durchführen zu lassen, den auch für die Frachtführerin erkennbaren Sinn, zusammen mit weiteren Sicherheitsvorkehrungen - Satellitenüberwachung , Anweisung, die Auslieferung des Gutes nur gegen Vorlage einer bestimmten Geldnote mit Stempel und Signatur vorzunehmen, telefonische Kontaktaufnahme mit der Empfängerin - den im Rußlandgeschäft häufiger vorkommenden Ladungsverlusten infolge von "Falschauslieferungen" entgegenzuwirken. Bei einer solchen Fallgestaltung hat das Berufungsgericht mit Recht angenommen, daß es sich bei dem bewußt vorgenommenen Austausch des deutschen gegen einen litauischen Fahrer um einen Sorgfaltsverstoß handelt , der als Ursache für den streitgegenständlichen Transportgutverlust ernsthaft in Betracht kommt. Denn bei einem vorsätzlichen Verstoß gegen die ausdrückliche Vereinbarung, einen deutschen Fahrer für den Transport einzusetzen , spricht eine Vermutung dafür, daß der Austausch des Fahrers gefahrerhöhend und damit kausal für den eingetretenen Verlust gewesen ist und daß dem Frachtführer dies auch bewußt sein mußte. In einem solchen Fall obliegt es dem Frachtführer, Umstände vorzutragen und gegebenenfalls zu beweisen, die gegen die Kausalität seines Fehlverhaltens sprechen (vgl. BGH TranspR 1999, 19, 22 f.). Nach den ebenfalls nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte derartige Umstände weder vorgetragen noch unter Beweis gestellt.

4. Der Umfang des zu ersetzenden Schadens bestimmt sich im Fall des Art. 29 CMR nach dem jeweils anwendbaren nationalen Recht (BGH, Urt. v. 15.10.1998 - I ZR 111/96, TranspR 1999, 102, 105 = VersR 1999, 646, insoweit in BGHZ 140, 84 nicht abgedruckt; Urt. v. 3.3.2005 - I ZR 134/02, Umdruck S. 6). Danach kommt im Streitfall deutsches Recht zur Anwendung. Insoweit ist in erster Hinsicht an sich die frachtvertragliche Regelung in § 429 Abs. 2 und 3 HGB einschlägig. Da diese hier aber gemäß § 435 HGB nicht anwendbar ist, beurteilt sich der Umfang der Haftung der Beklagten nach den allgemeinen schuldrechtlichen Bestimmungen der §§ 249 ff. BGB (BGH, Urt. v. 3.3.2005 - I ZR 134/02, Umdruck S. 6). Der durch den Verlust des Gutes entstandene Schaden beträgt nach den unbeanstandet gebliebenen Feststellungen des Berufungsgerichts 376.437,65 DM (= 192.469,51 €).
5. Die Revision wendet sich aber mit Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts , die Haftung der Beklagten sei nicht durch ein Mitverschulden der Klägerin wegen der unterlassenen Aufklärung über den tatsächlichen Warenwert eingeschränkt.

a) Das Berufungsgericht hat ein Mitverschulden verneint, weil es an einem Verschulden der Klägerin gegen sich selbst fehle. Diese habe davon ausgehen können, daß sich die Beklagte und deren Erfüllungsgehilfen an ihre umfangreichen und aus damaliger Sicht auch ausreichenden Auslieferungsanweisungen halten würden. Aus ihrer Sicht habe daher keine Veranlassung bestanden , zusätzlich auf den von der Pro-forma-Rechnung abweichenden Wert der Ladung hinzuweisen. Die Klägerin habe die Angabe eines niedrigen Warenwerts zudem nachvollziehbar damit begründet, daß die Ladung nur auf diese Weise wirksam vor kriminellen Begehrlichkeiten habe geschützt werden können. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.


b) Ein der Klägerin gemäß Art. 17 Abs. 5 CMR zuzurechnender Mitverursachungsanteil an dem Verlust des Transportgutes ergibt sich allerdings nicht allein schon daraus, daß diese eine Wertdeklaration unterlassen hat. Es besteht nicht ohne weiteres eine Verpflichtung des Versenders, den Frachtführer, dessen Vergütung sich - jedenfalls in der Regel - nicht nach dem Wert der Sendung , sondern nach deren Gewicht, Umfang und gegebenenfalls nach der Beschaffenheit des Gutes richtet (vgl. BGH, Urt. v. 6.2.1997 - I ZR 202/94, TranspR 1997, 335, 336 = VersR 1997, 1298), auf den tatsächlichen Warenwert hinzuweisen.

c) Das anspruchsmindernde Mitverschulden kann sich aber gemäß § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB daraus ergeben, daß der Geschädigte es unterlassen hat, den Schädiger im Hinblick auf den Wert des Gutes auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die dieser weder kannte noch kennen mußte (vgl. BGHZ 149, 337, 353; BGH, Urt. v. 8.5.2003 - I ZR 234/02, TranspR 2003, 317, 318 = VersR 2003, 1596). Die Obliegenheit zur Warnung hat den Zweck, dem Schädiger Gelegenheit zu geben, geeignete Schadensabwendungsmaßnahmen zu ergreifen (vgl. MünchKomm.BGB /Oetker, 4. Aufl., § 254 Rdn. 73). Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Auftraggeber Kenntnis davon hatte, daß der Frachtführer das Gut mit größerer Sorgfalt behandelt hätte, wenn er den tatsächlichen Wert der Sendung gekannt hätte. Den Auftraggeber trifft vielmehr eine allgemeine Obliegenheit, auf einen außergewöhnlich hohen Schaden hinzuweisen, um seinem Vertragspartner die Möglichkeit zu geben, geeignete Maßnahmen zur Verhinderung eines drohenden Schadens zu ergreifen. Daran wird der Schädiger jedoch gehindert , wenn er über die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens im Unklaren gelassen wird. Da das Unterlassen geeigneter Schadensabwendungsmaßnahmen durch eine Obliegenheitsverletzung des Geschädigten zumindest mit-
verursacht worden sein kann, ist es gerechtfertigt, die Haftung des Schädigers nach § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB einzuschränken.

d) Die Anwendung des § 254 Abs. 2 Satz 1 BGB ist im Streitfall nicht ausgeschlossen. Unabhängig davon, ob das Haftungssystem des Art. 17 Abs. 1 CMR den Mitverschuldenseinwand nach § 254 BGB wegen unterlassener Angabe des tatsächlichen Warenwerts ausschließt, kann jedenfalls im Rahmen der Haftung nach Art. 29 CMR eingewandt werden, daß der Ersatzberechtigte nicht vor Vertragsschluß auf die Gefahr eines außergewöhnlich hohen Schadens hingewiesen und der Frachtführer deshalb keinen Anlaß sah, besondere Vorsorgemaßnahmen zur Schadensverhinderung zu treffen. Insoweit ist lückenfüllend nationales Recht heranzuziehen (vgl. Koller aaO Art. 29 CMR Rdn. 8). So liegt der Fall hier.
Die Beklagte hat unter Beweisantritt vorgetragen, der die Vertragsverhandlungen auf seiten der Klägerin führende Mitarbeiter habe bei einem Telefonat vor der Auftragserteilung auf Nachfrage der Beklagten ausdrücklich einen Warenwert von 39.000 DM genannt. Transporte in die GUS mit einem - wie von der Klägerin behauptet - 100.000 US-Dollar übersteigenden Warenwert würden bei ihr (gegen Zahlung einer höheren Vergütung) bis zur Ankunft am Bestimmungsort mit einem bewaffneten Begleitfahrzeug eskortiert. Diesem - von der Klägerin bestrittenen - Sachvortrag wird das Berufungsgericht im wiedereröffneten Berufungsverfahren nachzugehen haben. Denn es erscheint nicht von vornherein ausgeschlossen, daß die erheblich zu niedrige Wertangabe die Beklagte von der Ergreifung der von ihr genannten zusätzlichen Sicherungsmaßnahmen abgehalten hat und diese die Gefahr des Verlustes des Transportgutes verringert hätten (vgl. BGH, Urt. v. 21.5.1987 - III ZR 25/86, NJW 1988, 129, 130; Urt. v. 18.1.2001 - I ZR 256/98, TranspR 2001, 369, 372 = VersR 2001, 1134).
Die Klägerin begehrt im Wege der Drittschadensliquidation den Ersatz des ihrer Streithelferin entstandenen Schadens. In einem solchen Fall muß sich der den Schaden des Dritten geltend machende Vertragspartner des Schädigers das Verschulden des Dritten zurechnen lassen (vgl. BGH, Urt. v. 25.11.1971 - VII ZR 37/70, NJW 1972, 289; MünchKomm.BGB/Oetker aaO § 254 Rdn. 132; Staudinger/Schiemann, BGB, Neubearb. 2005, § 254 Rdn. 110). Die Streithelferin der Klägerin kannte den tatsächlichen Warenwert und hätte deshalb darüber aufklären müssen, daß dieser um etwa das Zehnfache höher war als der in der Pro-forma-Rechnung angegebene Betrag von ca. 39.000 DM.
III. Danach war das Berufungsurteil auf die Revision der Beklagten aufzuheben , soweit zu ihrem Nachteil erkannt worden ist. In diesem Umfang war die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Ullmann Pokrant Büscher
Schaffert Bergmann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 121/04 Verkündet am:
6. Juni 2007
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
CMR Art. 29 Abs. 1
Hat der Frachtführer von der Art des Transportgutes und dessen erheblichem
Wert keine konkrete Kenntnis, so braucht er grundsätzlich nicht von einer besonderen
Diebstahlsgefahr für das Gut auszugehen, die es ausnahmsweise
erforderlich macht, für den Transport anstelle eines Planen-Lkws einen Kastenwagen
einzusetzen.
BGH, Urt. v. 6. Juni 2007 - I ZR 121/04 - OLG München
LG Landshut
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. Juni 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und
die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Pokrant, Prof. Dr. Büscher und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 29. Juli 2004 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Landshut vom 22. Oktober 2003 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren und die der Streithelferin im Berufungsverfahren entstandenen Kosten.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist Transportversicherer der I. GmbH in Olching (im Folgenden: Versicherungsnehmerin). Sie macht gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht der T. GmbH in Ohu (im Folgenden: Streithelferin) Schadensersatz wegen des Verlustes von Transportgut geltend.

2
Die Versicherungsnehmerin beauftragte die Streithelferin mit der Organisation des Transports einer Palette mit 800 Computerfestplatten von Olching nach La Courneuve in Frankreich. Mit der Durchführung des Transports betraute die Streithelferin die Beklagte, die das Gut am 30. oder 31. Juli 2001 am Sitz der Streithelferin in Ohu übernahm. Die Beförderung nach Frankreich erfolgte auf einem Planen-Lkw. In der Nacht vom 31. Juli auf den 1. August 2001 wurde die Ware auf dem Autobahnrasthof St. Avold (Lothringen) in Frankreich gestohlen , während der Fahrer in der Führerhauskabine schlief. Dabei wurde die Plane des Lkw aufgeschnitten.
3
Die Klägerin, die ihre Versicherungsnehmerin für den Verlust des Transportguts entschädigt hat, nimmt die Beklagte auf Ersatz des Warenwerts, der Frachtkosten und der Kosten für einen Sachverständigen in Höhe von insgesamt 69.331,06 € in Anspruch. Die Versicherung der Beklagten hat auf den entstandenen Schaden unter Berufung auf Art. 23 Abs. 3 CMR einen Betrag in Höhe von 7.182,18 € bezahlt.
4
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte schulde ihr nach Art. 17 Abs. 1, Art. 29 i.V. mit Art. 3 CMR, § 398 BGB vollen Schadensersatz, weil sie und ihr Fahrer den Verlust der Ware durch ein dem Vorsatz gleichstehendes Verschulden herbeigeführt hätten. Sie hätten notwendige Sicherheitsvorkehrungen , insbesondere den Einsatz eines Koffer-Lkws und die Übernachtung auf einem bewachten Parkplatz, unterlassen.
5
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 62.148,88 € nebst Zinsen zu zahlen.

6
Die Beklagte und ihre Streithelferin sind dem entgegengetreten. Sie haben die Ansicht vertreten, der Verlust des Gutes sei nicht auf ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten und/oder ihres Fahrers zurückzuführen. Die Beklagte habe weder den Wert noch den Gegenstand der zu transportierenden Ware gekannt. Die Bezeichnung in den Frachtpapieren sei für die Beklagte nicht aussagekräftig gewesen. Die Beklagte habe eine übliche Transportart gewählt und die gängigen Sorgfaltsmaßstäbe eingehalten.
7
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht dem geltend gemachten Schadensersatzantrag in Höhe von 59.667,82 € nebst Zinsen entsprochen und die Klage hinsichtlich der beanspruchten Sachverständigenkosten in Höhe von 2.481,06 € abgewiesen.
8
Mit ihrer (vom Senat zugelassenen) Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe:


9
I. Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen für eine unbeschränkte Haftung der Beklagten gemäß Art. 29 CMR bejaht. Es hat angenommen, der Fahrer der Beklagten und die Beklagte selbst hätten den Verlust des Transportgutes leichtfertig und in dem Bewusstsein eines wahrscheinlichen Schadenseintritts herbeigeführt, so dass sich die Beklagte nicht auf die Haftungsbeschränkung gemäß Art. 23 Abs. 3 CMR berufen könne. Dazu hat es ausgeführt:
10
Den Fahrer der Beklagten treffe ein qualifiziertes Verschulden, weil er mit einem Planen-Lkw ohne Alarmanlage auf einem unbewachten Autobahnparkplatz in Frankreich übernachtet habe. Dies komme - auch wenn der Fahrer im Lkw genächtigt habe - einem unbewachten Abstellen des beladenen Lkws die Nacht über gleich. Darüber hinaus sei dem Fahrer vorzuwerfen, dass er den Lkw am Morgen nach dem Diebstahl keiner eingehenden Untersuchung auf Diebstahlsspuren unterzogen habe. Auch wenn eine sofortige Reaktion die Aussicht auf eine Rückerlangung des gestohlenen Gutes möglicherweise nicht wesentlich verbessert hätte, zeige das Vorgehen doch, dass der Fahrer keinerlei Verantwortung für das ihm anvertraute Transportgut empfunden habe.
11
Der Beklagten sei ein eigenes grobes Organisationsverschulden anzulasten. Sie habe die seit längerem geübte Praxis ihrer Fahrer geduldet, bei Transporten nach Paris den völlig ungesicherten Parkplatz St. Avold zur Nachtruhe anzufahren. Sie habe nicht vorgetragen, ihren Fahrern spezielle Anweisungen in Bezug auf einzuhaltende Sicherheitsvorkehrungen erteilt zu haben. Auch wenn die Beklagte über den genauen Gegenstand und den Wert des Transportgutes keine Kenntnis gehabt haben sollte, habe sie doch dem ihr zur Verfügung stehenden Lieferschein entnehmen können, dass die übernommene Europalette mit 800 Einzelteilen beladen gewesen sei, die allein aufgrund ihrer Dimensionierung diebstahlsgefährdet gewesen seien.
12
Ein Mitverschulden der Versenderin wegen der unterlassenen Angabe des Wertes der Sendung liege nicht vor. Ein Hinweis auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens sei ebenfalls nicht geboten gewesen.
13
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung der die Klage abweisenden erstinstanzlichen Entscheidung.

14
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte als Frachtführerin, die mit einem grenzüberschreitenden Straßengütertransport beauftragt war, der Haftung nach der CMR unterliegt. Danach hat die Beklagte gemäß Art. 17 Abs. 1 i.V. mit Art. 3 CMR grundsätzlich Schadensersatz für den Verlust des Transportguts während ihrer Obhutszeit zu leisten. Vollen Schadensersatz - über die Beschränkung des Art. 23 Abs. 3 CMR hinaus - schuldet die Beklagte aber nur dann, wenn die Voraussetzungen des Art. 29 CMR vorliegen. Nach dieser Bestimmung kann sich der Frachtführer nicht auf Haftungsbeschränkungen berufen, wenn er den Schaden vorsätzlich oder durch ein dem Vorsatz gleichstehendes Verschulden verursacht hat. Das Gleiche gilt, wenn seinen Bediensteten oder Verrichtungsgehilfen ein solches qualifiziertes Verschulden zur Last fällt (Art. 29 Abs. 2 Satz 1 CMR).
15
2. Das Berufungsgericht hat auch zutreffend angenommen, dass für Gütertransportschäden , die - wie hier - nach dem Inkrafttreten des Transportrechtsreformgesetzes am 1. Juli 1998 eingetreten sind, bei Anwendbarkeit deutschen Rechts als ein Verschulden, das zur Durchbrechung der Haftungsbegrenzungen der CMR führt, neben dem Vorsatz nicht mehr die grobe Fahrlässigkeit anzusehen ist, sondern die Leichtfertigkeit, zu der das Bewusstsein hinzukommen muss, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde (BGH, Urt. v. 20.1.2005 - I ZR 95/01, TranspR 2005, 311, 313 = VersR 2006, 814, m.w.N.).
16
3. Die Revision wendet sich mit Erfolg dagegen, dass das Berufungsgericht im Streitfall die Voraussetzungen für das Vorliegen einer bewussten Leichtfertigkeit bejaht hat.
17
a) Das Tatbestandsmerkmal der Leichtfertigkeit erfordert einen besonders schweren Pflichtenverstoß, bei dem sich der Frachtführer oder seine "Leute" in krasser Weise über die Sicherheitsinteressen der Vertragspartner hinwegsetzen. Das subjektive Erfordernis des Bewusstseins von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist eine sich dem Handelnden aus seinem leichtfertigen Verhalten aufdrängende Erkenntnis, es werde wahrscheinlich ein Schaden entstehen. Dabei reicht die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals der Leichtfertigkeit für sich allein nicht aus, um auf das Bewusstsein von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts schließen zu können. Eine solche Erkenntnis als innere Tatsache ist vielmehr erst dann anzunehmen, wenn das leichtfertige Verhalten nach seinem Inhalt und nach den Umständen, unter denen es aufgetreten ist, diese Folgerung rechtfertigt (BGHZ 158, 322, 328 f.; BGH, Urt. v. 17.6.2004 - I ZR 263/01, TranspR 2004, 399, 401 = VersR 2006, 570).
18
b) Die tatrichterliche Beurteilung der Frage, ob eine bewusste Leichtfertigkeit vorliegt, ist durch das Revisionsgericht nur in eingeschränktem Maße nachprüfbar. Die Prüfung muss sich darauf beschränken, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff der bewussten Leichtfertigkeit verkannt hat oder ob Verstöße gegen § 286 ZPO, gegen die Denkgesetze oder gegen die Erfahrungssätze vorliegen (BGHZ 158, 322, 327; BGH TranspR 2005, 311, 313). Solche Rechtsfehler sind hier gegeben. Das Berufungsgericht ist zwar von einem zutreffenden Maßstab der Leichtfertigkeit ausgegangen; es hat aber zu geringe Anforderungen an das Vorliegen eines qualifizierten Verschuldens gestellt. Nach den getroffenen Feststellungen kann weder ein besonders schwerer Pflichtenverstoß der Beklagten selbst noch des von ihr eingesetzten Fahrers angenommen werden.
19
aa) Welche Sicherheitsvorkehrungen der Transportunternehmer zur Erfüllung seiner vertraglichen Verpflichtung, das ihm anvertraute Transportgut während der Beförderung vor Diebstahl oder Raub zu bewahren, ergreifen muss, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Es kommt entscheidend darauf an, ob die getroffenen Maßnahmen den aktuell erforderlichen Sorgfaltsanforderungen genügen. Je größer die mit der Güterbeförderung verbundenen Risiken sind, desto höhere Anforderungen sind an die zu treffenden Sicherheitsmaßnahmen zu stellen. Von erheblicher Bedeutung ist in diesem Zusammenhang , ob das transportierte Gut leicht verwertbar und damit besonders diebstahlsgefährdet ist, welchen Wert es hat, ob dem Frachtführer die besondere Gefahrenlage bekannt sein musste und welche konkreten Möglichkeiten einer gesicherten Fahrtunterbrechung es gab, um vorgeschriebene Pausen einzuhalten (BGH, Urt. v. 16.7.1998 - I ZR 44/96, TranspR 1999, 19, 21 = VersR 1999, 254; Urt. v. 13.4.2000 - I ZR 290/97, TranspR 2000, 407, 408 = VersR 2000, 1437, m.w.N.).
20
bb) Danach kann der Beklagten im Streitfall nicht vorgeworfen werden, dass sie für den Transport einen Planen-Lkw und nicht einen Koffer-Lkw eingesetzt hat.
21
Ohne entsprechenden Auftrag bestand für die Beklagte keine generelle Pflicht, eine derartige Sicherheitsvorkehrung zu ergreifen. Nach den Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsgericht Bezug genommen hat, ist der Einsatz eines Kastenwagens keine übliche Maßnahme im Transportgewerbe , sondern kommt nur bei ungefähr 10% aller Transporte vor.
22
Zwar handelte es sich bei den transportierten Computerfestplatten um leicht verwertbares und damit besonders diebstahlsgefährdetes Gut, das zudem einen nicht unerheblichen Wert hatte. Die Beklagte hatte aber nach den Feststellungen des Berufungsgerichts keine Kenntnis von der objektiv gegebenen Gefahrenlage. Ihr musste sich eine derartige Kenntnis auch nicht aufdrängen.
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war für die Beklagte nur erkennbar , dass sie mit dem Transport von 800 Stück Computerteilen beauftragt worden war. Eine weitergehende Kenntnis von der Art der Ware und deren erheblichem Wert hatte die Beklagte hingegen nicht. Sie musste diese auch nicht aufgrund der sonstigen Umstände haben. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts folgt aus der bloßen Tatsache, dass es sich für die Beklagte erkennbar um 800 Einzelteile handelte, noch nichts über deren besondere Diebstahlsgefährdung. Es kommt hinzu, dass der Autobahnparkplatz in Frankreich, auf dem sich der Diebstahl ereignete, nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht als besonders diebstahlsgefährdet galt.
23
Es bestand demnach für die Beklagte kein Anlass, im Hinblick auf das Transportgut eine besondere Gefahrenlage anzunehmen, die ausnahmsweise den Einsatz eines Kastenwagens anstelle eines Planen-Lkws erforderlich machte. Entsprechendes gilt für den Umstand, dass der Lkw nicht mit einer Alarmanlage ausgerüstet war (vgl. auch OLG Saarbrücken TranspR 2001, 169 ff.).
24
cc) Die Beklagte trifft auch insofern kein qualifiziertes Organisationsverschulden , als sie keine Anweisung erteilt hat, nur einen bewachten Parkplatz anzufahren. Da für die Beklagte kein Anlass bestand, von einer besonderen Gefahrenlage für das Transportgut auszugehen, ist die Übernachtung auf dem unbewachten Autobahnrasthof St. Avold in Lothringen unter den vom Berufungsgericht festgestellten Umständen nicht als grober Pflichtenverstoß anzusehen.
25
Danach musste nicht davon ausgegangen werden, dass auf diesem Parkplatz ein erhöhtes Diebstahlsrisiko bestand. Der Rastplatz war beleuchtet. Der Fahrer übernachtete im Fahrzeug. Zudem stand ein weiterer Lkw der Be- klagten, dessen Fahrer ebenfalls im Fahrzeug verblieb, daneben. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts waren diese Umstände geeignet, einen Diebstahl zumindest zu erschweren, weil sie in ihrer Gesamtheit dazu führten, dass potentielle Diebe mit einem erhöhten Risiko rechnen mussten, entdeckt zu werden.
26
dd) Aus den vorangegangenen Darlegungen ergibt sich, dass unter den gegebenen Umständen auch dem Fahrer der Beklagten, für dessen Handeln die Beklagte gemäß Art. 3 CMR einzustehen hat, wegen der Wahl des Parkplatzes kein qualifiziertes Verschulden zum Vorwurf gemacht werden kann, weil auch ihm nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die besondere Gefahrenlage im Hinblick auf das Transportgut weder bekannt war noch bekannt sein musste. Dass der Fahrer den Lkw am Morgen des 1. August 2001 keiner eingehenden Untersuchung auf Diebstahlsspuren unterzogen hat, kommt nach den Feststellungen des Berufungsgerichts als Schadensursache nicht ernsthaft in Betracht (vgl. dazu BGH TranspR 1999, 19, 22).
27
c) Da es an einem besonders schweren Pflichtenverstoß sowohl der Beklagten als auch ihres Fahrers fehlt, besteht bereits aus diesem Grund kein über die unstreitig gezahlte Entschädigung nach Art. 23 Abs. 3 CMR hinausgehender Anspruch gegen die Beklagte. Ob die Beklagte im Bewusstsein gehandelt hat, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, kann daher ebenso offenbleiben wie die Frage, ob ein Mitverschulden der Versenderin anzunehmen ist.
28
III. Danach ist das Berufungsurteil aufzuheben. Die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts ist zurückzuweisen.
29
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 ZPO.
Bornkamm v.Ungern-Sternberg Pokrant
Büscher RiBGH Dr. Kirchhoff ist in Urlaub und kann daher nicht unterschreiben. Bornkamm
Vorinstanzen:
LG Landshut, Entscheidung vom 22.10.2003 - 1 HKO 1145/03 -
OLG München, Entscheidung vom 29.07.2004 - 23 U 5315/03 -

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Der Frachtführer haftet für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung des Gutes in der Zeit von der Übernahme zur Beförderung bis zur Ablieferung oder durch Überschreitung der Lieferfrist entsteht.

(2) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verhalten des Absenders oder des Empfängers oder ein besonderer Mangel des Gutes mitgewirkt, so hängen die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes davon ab, inwieweit diese Umstände zu dem Schaden beigetragen haben.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.