Bundesgerichtshof Urteil, 10. Juni 2009 - I ZR 226/06

bei uns veröffentlicht am10.06.2009
vorgehend
Landgericht München I, 21 O 12356/05, 03.05.2006
Oberlandesgericht München, 29 U 3486/06, 16.11.2006

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 226/06 Verkündet am:
10. Juni 2009
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Nutzung von Musik für Werbezwecke
Die GEMA ist aufgrund der mit den Berechtigten geschlossenen Berechtigungsverträge
in der Fassung der Jahre 2002 und 2005 nicht berechtigt, deren
urheberrechtliche Nutzungsrechte hinsichtlich der Verwendung von Musikwerken
zu Werbezwecken wahrzunehmen.
BGH, Urteil vom 10. Juni 2009 - I ZR 226/06 - OLG München
LG München I
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Juni 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm
und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Bergmann und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 29. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 16. November 2006 aufgehoben.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts München I, 21. Zivilkammer, vom 3. Mai 2006 abgeändert.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, von der Klägerin Auskunft und/oder Vergütung zu verlangen für die Benutzung von Musikwerken oder Teilen von Musikwerken als Bestandteil ihrer Arbeitsergebnisse, nämlich von Werbespots, die sie für ihre Kunden konzipiert und realisiert und mit denen sie im Internet auf ihrer Website als Referenz für die Art und Qualität ihrer eigenen Leistungen wirbt (Eigenwerbung mit Arbeitsergebnissen).
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist eine Werbeagentur. Sie stellt für ihre Kunden Fernsehwerbespots her. Die dafür benötigte Musik lässt sie eigens komponieren. Die Klägerin wirbt für sich selbst, indem sie einige dieser Werbespots - einschließlich der Musik - auf ihrer Internetseite präsentiert.
2
Die Beklagte ist die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA). Sie nimmt die ihr von Komponisten, Textdichtern und Musikverlegern aufgrund von Berechtigungsverträgen eingeräumten urheberrechtlichen Nutzungsrechte an Musikwerken wahr.
3
Mit Schreiben vom 23. September 2002 teilte die Beklagte der Klägerin unter dem Betreff „Nutzung von Werken des GEMA-Repertoires auf gewerblichen Websites zu Präsentationszwecken“ und unter Hinweis auf ihre für eine solche Nutzung vorgesehenen Vergütungssätze mit: ... wir haben Kenntnis davon, dass Sie Musikwerke des GEMA-Repertoires im Internet nutzen. Wir bitten Sie, die von Ihnen genutzten Werke bei uns anzumelden. Bitte senden Sie den ausgefüllten Meldebogen bis spätestens zum 08.10.2002 an uns zurück.
4
Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte sei nicht berechtigt, von ihr wegen der Benutzung von Musikwerken zur Eigenwerbung Auskunft oder Vergütung zu verlangen.
5
Die Klägerin hat beantragt, festzustellen, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, von ihr Auskunft und/oder Vergütung zu verlangen für die Benutzung von Musikwerken oder Teilen von Musikwerken als Bestandteil ihrer Arbeitsergebnisse, nämlich von Werbespots, die sie für ihre Kunden konzipiert und realisiert und mit denen sie im Internet auf ihrer Website als Referenz für die Art und Qualität ihrer eigenen Leistungen wirbt (Eigenwerbung mit Arbeitsergebnissen).
6
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie ist der Auffassung, sie sei hinsichtlich der Nutzung von Musikwerken im Internet auch insoweit wahrnehmungsberechtigt , als diese dort für Werbezwecke verwendet würden.
7
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist ohne Erfolg geblieben (OLG München GRUR-RR 2007, 139). Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


8
I. Das Berufungsgericht hat die Feststellungsklage als unbegründet angesehen. Es hat den Feststellungsantrag - nach entsprechender Klarstellung durch die Klägerin - dahin ausgelegt, dass er sich nur auf solche Werbespots beziehe, hinsichtlich deren die Komponisten sowohl mit der Verwendung ihrer Musik zur Herstellung der Werbespots als auch mit der Eigenwerbung der Klägerin einverstanden gewesen seien. Es hat angenommen, die Beklagte sei berechtigt , bezüglich derartiger Werbespots von der Klägerin nach § 242 BGB Auskunft und nach § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG (a.F.) oder § 97 Abs. 3 UrhG (a.F.) i.V. mit § 812 BGB im Wege der Lizenzanalogie Vergütung zu verlangen. Hierzu hat das Berufungsgericht ausgeführt:
9
Die Bestimmung des § 1 lit. h Abs. 2 und 3 der Berechtigungsverträge in der Fassung vom 25./26. Juni 2002 und vom 28./29. Juni 2005 sei dahin auszulegen , dass die Berechtigten der Beklagten damit das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung von Musikwerken durch Bereithalten von mit der betreffenden Musik unterlegten Werbespots auf Internetseiten zum Zwecke der Eigenwerbung übertrügen. Die Regelung des § 1 lit. k Abs. 1 der Berechtigungsverträge behalte den Berechtigten nur die Einwilligung zur Benutzung eines Wer- kes zur Herstellung von Werbespots vor. Habe der Urheber die Einwilligung zur Verbindung seines Musikwerkes mit Werbung erteilt, sei die anschließende Vervielfältigung, Verbreitung oder Wiedergabe des Werkes von den nach § 1 lit. h Abs. 2 und 3 der Berechtigungsverträge eingeräumten Rechten umfasst.
10
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Die Feststellungsklage ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts begründet. Die Beklagte kann von der Klägerin wegen der Benutzung von Musikwerken im Internet zur Eigenwerbung weder Auskunft noch Vergütung beanspruchen. Die Beklagte ist aufgrund der mit den Berechtigten geschlossenen Berechtigungsverträge nicht berechtigt, deren urheberrechtliche Nutzungsrechte hinsichtlich der Verwendung von Musikwerken zu Werbezwecken wahrzunehmen.
11
1. Das Berufungsgericht ist ersichtlich davon ausgegangen, dass die Berechtigten der Beklagten durch den Abschluss von Berechtigungsverträgen in der Fassung der Beschlüsse der Mitgliederversammlung vom 25./26. Juni 2002 (GEMA Jahrbuch 2004/2005, S. 195) oder in der Fassung der Beschlüsse der Mitgliederversammlung vom 28./29. Juni 2005 (GEMA Jahrbuch 2006/2007, S. 176) urheberrechtliche Nutzungsrechte an den Musikwerken eingeräumt haben , die die Klägerin zur Herstellung der Werbespots verwendet, die sie auf ihrer Internetseite zur Eigenwerbung präsentiert. Dagegen hat die Revision keine Rügen erhoben.
12
2. Das Berufungsgericht hat die Bestimmungen des § 1 lit. h Abs. 2 und 3 sowie des § 1 lit. k Abs. 1 dieser - insoweit jeweils wortgleichen - Berechtigungsverträge dahin ausgelegt, dass die Berechtigten der Beklagten damit das Recht zur Wahrnehmung einräumen, mit Musik unterlegte Werbespots zum Zwecke der Eigenwerbung auf Internetseiten öffentlich zugänglich zu machen, soweit der Berechtigte sich gegenüber dem Nutzer mit der Verwendung der http://www.juris.de/jportal/portal/t/1j38/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=7&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE300352006&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1j38/page/jurisw.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=7&fromdoctodoc=yes&doc.id=KORE300352006&doc.part=K&doc.price=0.0#focuspoint [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1j38/## [Link] http://www.juris.de/jportal/portal/t/1j38/## - 6 - Musik zur Herstellung der Werbespots und deren Nutzung zur Eigenwerbung einverstanden erklärt hat. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision mit Erfolg.
13
a) Der Berechtigte räumt der GEMA nach § 1 lit. h Abs. 2 und 3 der Berechtigungsverträge folgende Rechte ein: Das Recht, Werke der Tonkunst (mit oder ohne Text) in Datenbanken, Dokumentationssysteme oder in Speicher ähnlicher Art einzubringen. Das Recht, Werke der Tonkunst (mit oder ohne Text), die in Datenbanken, Dokumentationssysteme oder in Speicher ähnlicher Art eingebracht sind, elektronisch oder in ähnlicher Weise zu übermitteln, einschließlich z.B. für mobile Internetnutzung und für Musiktauschsysteme.
14
Die Regelung des § 1 lit. k Abs. 1 der Berechtigungsverträge lautet: Unberührt bleibt die Befugnis des Berechtigten, die Einwilligung zur Benutzung eines Werkes (mit oder ohne Text) zur Herstellung von Werbespots der Werbung betreibenden Wirtschaft, z.B. im Rundfunk (Hörfunk und Fernsehen) zu erteilen.
15
b) Der Senat kann die Berechtigungsverträge ohne Bindung an die Auslegung des Berufungsgerichts selbst auslegen, weil deren Regelungen bundesweit angewandte Allgemeine Geschäftsbedingungen sind (vgl. BGH, Urt. v. 19.1.2006 - I ZR 5/03, GRUR 2006, 319, 321 Tz. 23 = WRP 2006, 476 - Alpensinfonie ; Urt. v. 18.12.2008 - I ZR 23/06, GRUR 2009, 395 Tz. 23 = WRP 2009, 313 - Klingeltöne für Mobiltelefone).
16
aa) Auch für die Auslegung von Wahrnehmungsverträgen mit Verwertungsgesellschaften ist der Übertragungszweckgedanke maßgeblich (BGHZ 142, 388, 396 - Musical-Gala, m.w.N.), der durch § 31 Abs. 5 UrhG (teilweise) gesetzlich geregelt ist (vgl. Schricker/Schricker, Urheberrecht, 3. Aufl., § 31 UrhG Rdn. 36). Sind bei der Einräumung eines Nutzungsrechts die Nutzungsarten nicht ausdrücklich einzeln bezeichnet, so bestimmt sich gemäß § 31 Abs. 5 Satz 1 UrhG nach dem von beiden Partnern zugrunde gelegten Vertragszweck, auf welche Nutzungsarten es sich erstreckt. Entsprechendes gilt nach § 31 Abs. 5 Satz 2 UrhG unter anderem für die Frage, ob ein Nutzungsrecht eingeräumt wird.
17
Nach diesen Grundsätzen kann nicht angenommen werden, dass die Berechtigten der Beklagten mit den Berechtigungsverträgen das Recht zur Nutzung der Musikwerke zu Werbezwecken zur Wahrnehmung eingeräumt haben (vgl. OLG Hamburg GRUR 1991, 599, 600 f.; OLG München ZUM 1997, 275, 278 f.; LG Düsseldorf ZUM 1986, 158, 159 f.; Schricker/v. Ungern-Sternberg aaO Vor §§ 20 ff. UrhG Rdn. 21; Staudt in Kreile/Becker/Riesenhuber, Recht und Praxis der GEMA, 2. Aufl., Kap. 10 Rdn. 285; Wirtz in Bröcker/Czychowski/ Schäfer, Praxishandbuch Geistiges Eigentum im Internet, 2003, § 8 Rdn. 209; Ventroni, Das Filmherstellungsrecht, 2001, S. 242 und 251; Russ, ZUM 1995, 32, 35; G. Schulze in Schulze, RzU, OLGZ 315, 7 ff.; a.A. Staats, Aufführungsrecht und kollektive Wahrnehmung bei Werken der Musik, 2004, S. 128; vgl. auch Schulze in Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl., Vor § 31 Rdn. 137; Schunke, Das Bearbeitungsrecht in der Musik und dessen Wahrnehmung durch die GEMA, 2008, S. 217 f.; Poll, WRP 2008, 1170 ff.). Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Musikwerke für Fremdwerbung oder für Eigenwerbung verwendet werden und ob der Berechtigte sich gegenüber dem Nutzer mit der Verwendung der Musikwerke zur Herstellung der Werbespots einverstanden erklärt hat (a.A. Ulbricht, CR 2006, 468, 473).
18
bb) Bei der Verwendung eines Musikwerkes zu Werbezwecken handelt es sich um eine Nutzungsart im Sinne von § 31 Abs. 5 UrhG. Unter Nutzungsart ist jede übliche, technisch und wirtschaftlich eigenständige und damit klar abgrenzbare Verwendungsform eines Werkes zu verstehen (BGHZ 95, 274, 283 f. - GEMA-Vermutung I; 145, 7, 11 - OEM-Version, jeweils m.w.N.). Die Verwendung zu Werbezwecken ist eine allgemein übliche und wirtschaftlich eigenständige Form der Nutzung von Musikwerken (OLG Hamburg GRUR 1991, 599, 600; OLG München ZUM 1997, 275, 279; Schulze in Dreier/Schulze aaO § 31 Rdn. 40; Staats aaO S. 126; Ventroni aaO S. 245; Schunke aaO S. 216 f.; a.A. Poll, WRP 2008, 1170, 1172 f.). Dafür spricht auch die Erwähnung dieser Nutzungsform in § 1 lit. k Abs. 1 der Berechtigungsverträge.
19
cc) Die Nutzung zu Werbezwecken ist bei der Einräumung von Nutzungsrechten durch § 1 lit. h der Berechtigungsverträge nicht ausdrücklich genannt.
20
(1) Mit § 1 lit. h Abs. 2 und 3 der Berechtigungsverträge räumen die Berechtigten der Beklagten zwar bestimmte Rechte zur Nutzung von Musikwerken im Internet zur Wahrnehmung ein (vgl. Staudt aaO Kap. 10 Rdn. 177 ff.). Von einer Nutzung der Musikwerke zu Werbezwecken ist hier jedoch keine Rede. In § 1 lit. k Abs. 1 der Berechtigungsverträge ist zwar die Benutzung eines Werkes zur Herstellung von Werbespots genannt. Mit dieser Bestimmung werden der Beklagten jedoch keine entsprechenden Nutzungsrechte eingeräumt. Vielmehr ist dort ausdrücklich festgehalten, dass die Befugnis des Berechtigten, die Einwilligung zur Benutzung eines Werkes (mit oder ohne Text) zur Herstellung von Werbespots der Werbung betreibenden Wirtschaft, z.B. im Rundfunk (Hörfunk und Fernsehen), zu erteilen, unberührt bleibt.
21
(2) Auch eine Zusammenschau beider Regelungen rechtfertigt keine andere Beurteilung. Das Berufungsgericht hat die Bestimmung des § 1 lit. k Abs. 1 der Berechtigungsverträge dahin verstanden, dass sie dem Berechtigten nur die Einwilligung zur Benutzung des Werkes zur Herstellung von Werbespots vorbehält. Grund für diese Regelung sei, dass die Entscheidung, ob ein Musikwerk für Werbezwecke verwendet werde, das Urheberpersönlichkeitsrecht berühre. Dieses sei der Beklagten nicht zur Wahrnehmung eingeräumt. Habe der Urheber die Einwilligung zur Verbindung seines Musikwerkes mit einer Werbung erteilt , sei die anschließende Vervielfältigung, Verbreitung oder Wiedergabe urhe- berpersönlichkeitsrechtlich nicht mehr bedeutsam. Die betreffenden Rechte seien der Beklagten dann nach Maßgabe von § 1 lit. h Abs. 2 und 3 der Berechtigungsverträge zur Wahrnehmung eingeräumt.
22
Es kann - anders als das Berufungsgericht wohl gemeint hat - nicht angenommen werden, der Berechtigte habe dadurch, dass er sich ausdrücklich nur das Recht zur Einwilligung in die Verwendung der Musik zur Herstellung eines Werbespots vorbehalten habe, der Beklagten stillschweigend das Recht zur Verwertung des mit seiner Einwilligung hergestellten Werbespots zur Wahrnehmung eingeräumt. Eine solche Annahme verbietet sich bereits deshalb, weil die wirksame Einräumung eines Nutzungsrechts nach § 31 Abs. 5 Satz 1 UrhG grundsätzlich voraussetzt, dass die Nutzungsarten ausdrücklich einzeln bezeichnet sind. Darüber hinaus heißt es in der Bestimmung des § 1 lit. k Abs. 1 der Berechtigungsverträge nicht, dass der Berechtigte sich die Befugnis „vorbehält“ , die Einwilligung zur Benutzung des Werkes zur Herstellung von Werbespots zu erteilen, sondern, dass diese Befugnis „unberührt bleibt“. Damit soll möglicherweise nur klargestellt werden, dass die dieser Bestimmung unmittelbar vorangehenden Regelungen, mit denen der Berechtigte der Beklagten das Recht zur Benutzung eines Werkes zur Herstellung von Filmwerken (§ 1 lit i Abs. 1 der Berechtigungsverträge) und Fernsehproduktionen (§ 1 lit. i Abs. 3 der Berechtigungsverträge) zur Wahrnehmung einräumt, nicht das Recht zur Benutzung des Werkes zur Herstellung von Werbespots umfassen (OLG München ZUM 1997, 275, 278 f.). Dieser Formulierung lässt sich jedenfalls nicht entnehmen, dass dieses Recht der Beklagten eingeräumt werden soll (OLG Hamburg GRUR 1991, 599, 600).
23
(3) Bei der Nutzung eines Musikwerks zu Werbezwecken verhält es sich demnach grundsätzlich anders als bei dessen Nutzung als Ruftonmelodie oder Freizeichenuntermalungsmelodie (§ 1 lit. h Abs. 4 der Berechtigungsverträge) oder zur Herstellung von Filmwerken oder Fernsehproduktionen (§ 1 lit. i Abs. 1 http://www.juris.de/jportal/portal/t/1j38/## - 10 - und 3 der Berechtigungsverträge). Da diese Nutzungsarten in den Berechtigungsverträgen bei der Einräumung von Nutzungsrechten ausdrücklich einzeln bezeichnet sind, sind der Beklagten die entsprechenden Nutzungsrechte zur Wahrnehmung eingeräumt, soweit die Berechtigungsverträge keine Einschränkungen oder Vorbehalte zugunsten des Berechtigten vorsehen (vgl. zum Filmherstellungsrecht BGH GRUR 2006, 319, 321 Tz. 26 und 34 - Alpensinfonie - und zum Klingeltonrecht BGH GRUR 2009, 395 Tz. 21 ff. und 29 ff. - Klingeltöne für Mobiltelefone).
24
dd) Nach dem von den Parteien der Berechtigungsverträge zugrunde gelegten Vertragszweck kann gleichfalls nicht angenommen werden, dass die Berechtigten der Beklagten das Recht zur Nutzung von Musikwerken zu Werbezwecken eingeräumt haben. Einem Wahrnehmungsvertrag liegt maßgeblich der Zweck zugrunde, der Verwertungsgesellschaft die Rechte zur kollektiven Wahrnehmung einzuräumen, deren individuelle Wahrnehmung dem einzelnen Urheberberechtigten nicht möglich ist, während dem Urheberberechtigten die Rechte verbleiben sollen, die er selbst verwerten kann (vgl. BGHZ 95, 274, 283 - GEMA-Vermutung I; BGHZ 142, 388, 396 - Musical-Gala, m.w.N.).
25
Der Urheberberechtigte ist jedoch durchaus dazu in der Lage und hat auch ein erhebliches Interesse daran, das Recht zur Nutzung seines Werkes zu Werbezwecken selbst wahrzunehmen. Die Werbung betrifft, wie die Revision zutreffend geltend macht, ein Marktgeschehen, das ein freies Aushandeln des im Einzelfall angemessenen Entgelts für die Werknutzung erlaubt. Es liegt daher im Interesse des Berechtigten, das Entgelt für die Werknutzung zu Werbezwecken selbst aushandeln zu können und nicht an die Tarifbestimmungen oder Verteilungsschlüssel der Beklagten gebunden zu sein (vgl. OLG Hamburg GRUR 1991, 599, 600 f.; G. Schulze in Schulze, RzU, OLGZ 315, 7, 8; Ventroni aaO S. 242).
26
III. Danach ist der Feststellungsklage der Klägerin - unter Aufhebung des Berufungsurteils und Abänderung des Urteils des Landgerichts - mit der Kostenfolge aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO stattzugeben.
Bornkamm Pokrant Büscher
Bergmann Koch
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 03.05.2006 - 21 O 12356/05 -
OLG München, Entscheidung vom 16.11.2006 - 29 U 3486/06 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 10. Juni 2009 - I ZR 226/06

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 10. Juni 2009 - I ZR 226/06

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 812 Herausgabeanspruch


(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mi

Urheberrechtsgesetz - UrhG | § 97 Anspruch auf Unterlassung und Schadensersatz


(1) Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch a
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(1) Der Urheber kann einem anderen das Recht einräumen, das Werk auf einzelne oder alle Nutzungsarten zu nutzen (Nutzungsrecht). Das Nutzungsrecht kann als einfaches oder ausschließliches Recht sowie räumlich, zeitlich oder inhaltlich beschränkt eing

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Bundesgerichtshof Beschluss, 11. Mai 2017 - I ZR 147/16

bei uns veröffentlicht am 11.05.2017

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS I ZR 147/16 vom 11. Mai 2017 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2017:110517BIZR147.16.0 Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. Mai 2017 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Büscher, die Richter Prof.

Referenzen

(1) Der Urheber kann einem anderen das Recht einräumen, das Werk auf einzelne oder alle Nutzungsarten zu nutzen (Nutzungsrecht). Das Nutzungsrecht kann als einfaches oder ausschließliches Recht sowie räumlich, zeitlich oder inhaltlich beschränkt eingeräumt werden.

(2) Das einfache Nutzungsrecht berechtigt den Inhaber, das Werk auf die erlaubte Art zu nutzen, ohne dass eine Nutzung durch andere ausgeschlossen ist.

(3) Das ausschließliche Nutzungsrecht berechtigt den Inhaber, das Werk unter Ausschluss aller anderen Personen auf die ihm erlaubte Art zu nutzen und Nutzungsrechte einzuräumen. Es kann bestimmt werden, dass die Nutzung durch den Urheber vorbehalten bleibt. § 35 bleibt unberührt.

(4) (weggefallen)

(5) Sind bei der Einräumung eines Nutzungsrechts die Nutzungsarten nicht ausdrücklich einzeln bezeichnet, so bestimmt sich nach dem von beiden Partnern zugrunde gelegten Vertragszweck, auf welche Nutzungsarten es sich erstreckt. Entsprechendes gilt für die Frage, ob ein Nutzungsrecht eingeräumt wird, ob es sich um ein einfaches oder ausschließliches Nutzungsrecht handelt, wie weit Nutzungsrecht und Verbotsrecht reichen und welchen Einschränkungen das Nutzungsrecht unterliegt.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach diesem Gesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann von dem Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.

(2) Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Bei der Bemessung des Schadensersatzes kann auch der Gewinn, den der Verletzer durch die Verletzung des Rechts erzielt hat, berücksichtigt werden. Der Schadensersatzanspruch kann auch auf der Grundlage des Betrages berechnet werden, den der Verletzer als angemessene Vergütung hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des verletzten Rechts eingeholt hätte. Urheber, Verfasser wissenschaftlicher Ausgaben (§ 70), Lichtbildner (§ 72) und ausübende Künstler (§ 73) können auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine Entschädigung in Geld verlangen, wenn und soweit dies der Billigkeit entspricht.

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 5/03 Verkündet am:
19. Januar 2006
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Alpensinfonie
Bei der Fernsehaufzeichnung einer Konzertaufführung wird das dargebotene
Musikwerk nicht verfilmt. Das Werk der Musik wird dadurch nur vervielfältigt,
nicht bearbeitet.
Die Vorschrift des § 96 Abs. 1 UrhG schützt den Inhaber des Vervielfältigungsrechts
, indem sie ihm ein Verbotsrecht hinsichtlich andersartiger Werknutzungen
(öffentliche Wiedergabe und Verbreitung) gibt, die mithilfe des rechtswidrig
hergestellten Vervielfältigungsstücks vorgenommen werden. Auf die Vervielfältigung
rechtswidriger Vervielfältigungen ist sie nicht entsprechend anzuwenden.
Soweit die Vervielfältigungsrechte von einer Verwertungsgesellschaft wahrgenommen
werden, steht deshalb ein Anspruch aus § 97 Abs. 1 i.V. mit § 96
Abs. 1, § 16 UrhG dieser zu.
BGH, Urt. v. 19. Januar 2006 - I ZR 5/03 - OLG München
LG München I
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Dezember 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und
Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 29. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 5. Dezember 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen , soweit sich die Klageanträge auf die Herstellung und Verbreitung von DVD-Videos mit der Filmaufzeichnung der "Alpensinfonie" (op. 64) von Richard Strauss unter dem Label A. Nr. beziehen.
Im übrigen Umfang der Aufhebung wird auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Landgerichts München I, 7. Zivilkammer, vom 21. März 2002 abgeändert.
Die Klage wird insoweit abgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin, ein Musikverlag, hat am 13./16. Januar 1970 mit der GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte ) einen Berechtigungsvertrag in der Fassung vom 19./20. Juni 1968 geschlossen. In der Fassung vom 9./10. Juli 1996 enthält § 1 des Berechtigungsvertrags (im Folgenden: BV) u.a. folgende Regelungen: "Der Berechtigte überträgt hiermit der GEMA als Treuhänderin für alle Länder alle ihm gegenwärtig zustehenden und während der Vertragsdauer noch zuwachsenden, zufallenden, wieder zufallenden oder sonst erworbenen Urheberrechte in folgendem Umfang zur Wahrnehmung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen :
a) Die Aufführungsrechte an Werken der Tonkunst mit oder ohne Text, jedoch unter Ausschluß der bühnenmäßigen Aufführung dramatisch-musikalischer Werke, sei es vollständig, als Querschnitt oder in größeren Teilen. ...
b) ...
d) Die Rechte der Fernseh-Sendung mit Ausnahme von dramatisch -musikalischen Werken, sei es vollständig, als Querschnitt oder in größeren Teilen.
e) ...
h) Die Rechte der Aufnahme auf Ton-, Bildton-, Multimedia- und andere Datenträger sowie die Vervielfältigungs- und Verbreitungsrechte an diesen Trägern. ... Die Rechtsübertragung erfolgt jeweils vorbehaltlich der Regelung nach Abs. i). ...
i) (1) Die Rechte zur Benutzung eines Werkes (mit oder ohne Text) zur Herstellung von Filmwerken oder jeder anderen Art von Aufnahmen auf Bildtonträger sowie jeder anderen Verbindung von Werken der Tonkunst (mit oder ohne Text) mit Werken anderer Gattungen auf Multimedia- und andere Datenträ- ger oder in Datenbanken, Dokumentationssystemen oder in Speichern ähnlicher Art, u.a. mit der Möglichkeit interaktiver Nutzung, mit der Maßgabe, daß GEMA und Berechtigter sich gegenseitig von allen bekanntwerdenden Fällen benachrichtigen. Der GEMA werden diese Rechte unter einer auflösenden Bedingung übertragen. Die Bedingung tritt ein, wenn der Berechtigte der GEMA schriftlich mitteilt, daß er die Rechte im eigenen Namen wahrnehmen möchte. Diese Mitteilung muß innerhalb einer Frist von vier Wochen erfolgen; bei subverlegten Werken beträgt die Frist drei Monate. Die Frist wird von dem Zeitpunkt an berechnet , zu dem der Berechtigte im Einzelfall Kenntnis erlangt hat. In der Mitteilung des Berechtigten an die GEMA über einen ihm selbst bekanntgewordenen Einzelfall muß die Erklärung enthalten sein, ob er die Rechte im eigenen Namen wahrnehmen möchte. Der Rückfall tritt nur ein, soweit es sich um die Benutzung zur Herstellung eines bestimmten Filmwerkes oder sonstigen Bildtonträgers oder Multimedia- oder anderen Datenträgers oder die Verbindung mit Werken anderer Gattungen in einer bestimmten Datenbank, einem bestimmten Dokumentationssystem oder einem bestimmten Speicher ähnlicher Art handelt. Bei Filmwerken schließt der Rückfall das Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung ein, soweit es sich um Werke handelt, die zur öffentlichen Vorführung in Lichtspieltheatern oder zur Sendung bestimmt sind. Bei sonstigen Aufnahmen auf Bildtonträger beschränkt sich der Rückfall auf die Befugnis, die Zustimmung zur Werkverbindung und zur Herstellung von 50 gesondert zu kennzeichnenden Vervielfältigungsstücken für Einführungszwecke zu erteilen. Unberührt bleiben die Rechte für Fernsehproduktionen im Sinne von Abs. (3). (2) ... (3) Bei Fernsehproduktionen vergibt die GEMA die Herstellungsrechte an Fernsehanstalten und deren eigene Werbegesellschaften insoweit, als es sich um Eigen- oder Auftragsproduktionen für eigene Sendezwecke und Übernahmesendungen handelt. Die Einwilligung des Berechtigten ist jedoch erforderlich , wenn Dritte an der Herstellung beteiligt sind oder wenn die Fernsehproduktionen von Dritten genutzt werden sollen. Das gilt insbesondere für Coproduktionen."
2
Der von der Klägerin geschlossene Berechtigungsvertrag bezieht sich auch auf die Wahrnehmung von Urheberrechten an der "Alpensinfonie" (op. 64) des Komponisten Richard Strauss.
3
Die Sächsische Staatskapelle Dresden feierte am 22. September 1998 ihr 450-jähriges Bestehen mit einem Festkonzert in der Semperoper. Dabei wurde u.a. die "Alpensinfonie" aufgeführt. Das Konzert wurde unter der Federführung des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) live im Programm 3sat übertragen und zugleich aufgezeichnet. Die Postproduktion im Hinblick auf Sendefassungen für spätere Ausstrahlungen des Konzerts oblag der Beklagten. Grundlage der Zusammenarbeit des MDR und der Beklagten war ein mit "Coproduktionsvertrag" überschriebener Vertrag vom 5./10. Oktober 1998. Die Beklagte wird darin durchgängig als "Coproduzent" bezeichnet; § 3 des Vertrags regelt die "Coproduktionsleistungen" der Vertragsparteien.
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Die K. GmbH stellte als Lizenznehmerin der Beklagten mit dem Film eine DVD her, meldete die davon gefertigten Bildtonträger bei der GEMA an und brachte sie auf den Markt.
5
Die DVD enthält einen Live-Mitschnitt des Festkonzerts auf der Grundlage des Filmmaterials mehrerer Kameras. Gezeigt werden in gestalteter Schnittfolge Blicke auf das Publikum, den Dirigenten, einzelne Musikergruppen oder Musiker des Orchesters, den Konzertsaal usw. Der so hergestellte Konzertfilm wurde am 29. April 2001 im ORF ausgestrahlt; an mehrere Fernsehanstalten wurden Senderechte vergeben.
6
Die Klägerin erfuhr im Jahre 2001 von der DVD-Herstellung. Die Herstellung des Films und der DVD sowie deren Verwertung genehmigte sie nicht.

7
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadensersatz und Auskunft. Sie trägt vor, die Rechtsnachfolger des Komponisten Richard Strauss hätten ihr diese Ansprüche abgetreten. Durch die rechtswidrige Herstellung und Auswertung des Konzertfilms sei ihr ein Mindestschaden von 70.200 DM entstanden.
8
Die Klägerin hat beantragt: 1. Die Beklagte wird verurteilt, Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welcher Art und in welchem Umfang sie die Filmaufzeichnung der "Alpensinfonie" (op. 64) von Richard Strauss vom 22. September 1998, dargeboten von der Sächsischen Staatskapelle Dresden unter der Leitung von Guiseppe Sinopoli, verwertet hat oder verwerten ließ, insbesondere über die Herstellung und Verbreitung von DVD-Videos dieser Aufzeichnung, wie sie unter dem Label A. Nr. geschehen ist, sowie über Sendungen der Filmaufzeichnung im Fernsehen. Insbesondere sind anzugeben:
a) Sämtliche Fernsehausstrahlungen der Filmaufzeichnung im In- und Ausland unter Angabe der vollständigen Namen und Anschriften der Sender, des Sendedatums und der Sendezeit sowie des jeweils hierfür erhaltenen Entgelts;
b) die Anzahl der hergestellten, verbreiteten und der noch auf dem Lager befindlichen Exemplare des DVD-Videos mit dem Label A. Nr. sowie des Verbreitungsgebiets , des Ladenpreises und der Vergütung, welche die Beklagte von ihrem Lizenznehmer für die Herstellung und Verbreitung von DVD-Videos der Aufzeichnung erhalten hat und laufend erhält;
c) weitere Nutzungen der Filmaufzeichnung durch die Beklagte oder deren Lizenznehmer unter Vorlage von Belegexemplaren und Lizenzverträgen sowie unter Angabe der vollständigen Namen und Anschriften der Lizenznehmer, der jeweiligen Stückzahl, des jeweiligen Verbreitungsgebiets , der jeweiligen Ladenpreise, der jeweiligen Ausstrahlungen und der jeweiligen Einnahmen;
d) die erzielten Bruttoumsätze und der erzielte Gewinn. 2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 35.892,69 € nebst 8 % Zinsen hieraus seit dem 24. Mai 2001 zu bezahlen. 3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeglichen weiteren Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in Antrag 1 genannten Handlungen entstanden ist oder noch entstehen wird.
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Die Beklagte hat die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten. Sie habe die erforderlichen Nutzungsrechte von der GEMA erworben. Weiter hat die Beklagte die Höhe des geltend gemachten Mindestschadens bestritten.
10
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben (LG München I ZUM 2003, 69).
11
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (OLG München GRUR 2003, 420).
12
Mit ihrer (vom Senat zugelassenen) Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


13
I. Das Berufungsgericht hat die Klage als begründet angesehen. Dazu hat es - teilweise durch Bezugnahme auf das landgerichtliche Urteil - ausgeführt :
14
Die Klägerin sei aktivlegitimiert, weil die Rechtsnachfolger des Komponisten Richard Strauss ihr sämtliche streitgegenständlichen Rechte und daraus folgenden Ansprüche auf Auskunftserteilung und Schadensersatz abgetreten hätten.
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Für die Verfilmung der Konzertaufführung der "Alpensinfonie" sei die Zustimmung der Rechteinhaber erforderlich gewesen. Das Musikwerk sei dabei jedoch nicht bearbeitet, sondern lediglich vervielfältigt worden. Die "originalgetreue" Wiedergabe der Sinfonie sei unverändert auf der Tonspur der Aufzeichnung und später des DVD-Videos festgehalten und nur "bebildert" worden.
16
Die Klägerin habe die Vervielfältigung des Musikwerkes nicht genehmigt. Aber auch von der GEMA habe die Beklagte das Recht zur Vervielfältigung nicht erworben. Die Klägerin habe der GEMA zwar durch den Berechtigungsvertrag Rechte eingeräumt. Sie habe aber die Vergabe der Herstellungsrechte für Fernsehproduktionen gemäß § 1i Abs. 3 BV - insbesondere bei Koproduktionen - von ihrer Einwilligung abhängig gemacht, "wenn Dritte an der Herstellung beteiligt sind oder wenn die Fernsehproduktionen von Dritten genutzt werden sollen". Der Vertrag zwischen der Beklagten und dem MDR vom 5./10. Oktober 1998 sei nach seiner Überschrift und seinem Inhalt ein Koproduktionsvertrag. Dementsprechend sei die Herstellung des Fernsehfilms unter Beteiligung der Beklagten und erst recht die spätere Auswertung der DVD und deren Vertrieb ohne die Zustimmung der Rechteinhaber rechtswidrig gewesen.
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Da die Beklagte schuldhaft gehandelt habe, sei sie zum Schadensersatz verpflichtet. Der Schadensersatz sei jedenfalls in Höhe des als angemessene Lizenzgebühr verlangten Betrags begründet. Der Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch sei als Nebenanspruch zur Vorbereitung des Schadensersatzanspruchs gegeben.
18
II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
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Die Klägerin begründet ihre Klageanträge damit, dass die Herstellung des Films über die Aufführung der "Alpensinfonie" am 22. September 1998 mithilfe des Konzertmitschnitts sowie die Vervielfältigung und Verbreitung des Films auf DVD und dessen Fernsehausstrahlung die Nutzungsrechte der Klägerin an der "Alpensinfonie" verletzt hätten. Die Klägerin beantragt, die Beklagte wegen dieser Handlungen zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung sowie zur Zahlung von Schadensersatz zu verurteilen und ihre Verpflichtung zum Ersatz des weiteren aus der Verwertung der Filmaufzeichnung entstandenen Schadens festzustellen.
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1. Nach dem gegenwärtigen Stand des Verfahrens kann nicht angenommen werden, dass die Vervielfältigung und Verbreitung der "Alpensinfonie" auf DVD in Nutzungsrechte der Klägerin eingegriffen hat und diese deshalb von der Beklagten Schadensersatz wegen Urheberrechtsverletzung sowie Auskunftserteilung und Rechnungslegung zur Vorbereitung des Schadensersatzanspruchs verlangen kann (§ 97 Abs. 1 i.V. mit §§ 16, 17 UrhG).
21
a) Im Revisionsverfahren ist allerdings das Vorbringen der Klägerin zu unterstellen, dass die Erben des Komponisten Richard Strauss am 24. Januar /18. April 1986 mit der GEMA eine - weiterhin wirksame - Ergänzung des bestehenden Berechtigungsvertrags vereinbart haben. Danach sollten das Recht "zur Herstellung von Film- oder Videoaufzeichnungen von Darbietungen der ... Werke" sowie die Rechte "zur Nutzung von Filmaufzeichnungen für die Herstellung von Bildplatten, Videobändern oder sonstigen Bildtonträgern" nicht von der Rechtseinräumung an die GEMA erfasst werden. Wird davon ausgegangen, hätten die Erben des Urhebers die entsprechenden Nutzungsrechte zur Vervielfältigung und Verbreitung wirksam der Klägerin einräumen können. Das Berufungsgericht hat dazu keine Feststellungen getroffen. Dies wird nachzuholen sein. Falls nicht von der Wirksamkeit der behaupteten Vereinbarung zwischen den Erben des Komponisten und der GEMA auszugehen sein sollte, sind die Rechte an der Vervielfältigung und Verbreitung der "Alpensinfonie" - wie nachstehend dargelegt - durch den Berechtigungsvertrag der GEMA eingeräumt worden und konnten dementsprechend nicht mehr von der Klägerin erworben werden.
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b) Wird unterstellt, dass allein der Berechtigungsvertrag in der vom Berufungsgericht unbeanstandet zugrunde gelegten Fassung vom 9./10. Juli 1996 anzuwenden ist, stehen die Rechte zur Vervielfältigung und Verbreitung der auf der Grundlage des Konzertmitschnitts der "Alpensinfonie" hergestellten DVDs der GEMA zu.
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aa) Der Senat kann den Berechtigungsvertrag auch als Revisionsgericht ohne Bindung an die Auslegung des Berufungsgerichts selbst auslegen, weil die Regelungen des Berechtigungsvertrags bundesweit angewandte Allgemeine Geschäftsbedingungen sind (vgl. BGH, Urt. v. 13.12.2001 - I ZR 41/99, GRUR 2002, 332, 333 = WRP 2002, 442 - Klausurerfordernis; Urt. v. 19.5.2005 - I ZR 299/02, GRUR 2005, 757, 759 = WRP 2005, 1177 - PRO-Verfahren, für BGHZ 163, 119 vorgesehen).
24
bb) Nach § 1h Satz 1 BV räumt der Berechtigte der GEMA die Rechte zur Aufnahme des Werkes auf Ton- und Bildtonträger sowie die Vervielfältigungs - und Verbreitungsrechte hinsichtlich dieser Träger ein. Die Rechtseinräumung durch den Berechtigungsvertrag bezieht sich in dessen Fassung vom 9./10. Juli 1996 - ungeachtet des § 31 Abs. 4 UrhG - auch auf die Vervielfältigung und Verbreitung des Musikwerkes auf DVD. Die Vorschrift des § 31 Abs. 4 UrhG gilt zwar auch für Wahrnehmungsverträge mit Verwertungsgesellschaften (vgl. BGHZ 95, 274, 282 f. - GEMA-Vermutung I; BGH, Urt. v. 15.10.1987 - I ZR 96/85, GRUR 1988, 296, 298 - GEMA-Vermutung IV); die Verwendung von DVDs ist aber im Hinblick auf die seit Jahren bekannte Videokassettennutzung keine unbekannte Nutzungsart im Sinne dieser Vorschrift (vgl. BGH, Urt. v. 19.5.2005 - I ZR 285/02, GRUR 2005, 937, 939 = WRP 2005, 1542 - Der Zauberberg, für BGHZ 163, 109 vorgesehen).
25
cc) Entgegen der Ansicht der Revision greift auch die (erstmalige) Herstellung eines Films über die Aufführung eines Musikwerkes in urheberrechtliche Befugnisse ein. Sie ist jedenfalls eine Vervielfältigung im Sinne des § 16 UrhG (vgl. BGH, Urt. v. 8.7.1993 - I ZR 196/91, GRUR 1994, 41, 42 f. - Videozweitauswertung II; vgl. auch Ventroni, Das Filmherstellungsrecht, 2001, S. 90 f.) und bedarf schon deshalb der Zustimmung des Berechtigten. Dabei ist es unerheblich, dass die Aufzeichnung lediglich die spätere Filmauswertung vorbereitet, weil die Verwertungsrechte dem Urheber grundsätzlich die Kontrolle darüber geben sollen, ob, wann und wie sein Werk verwendet wird (vgl. BGHZ 152, 317, 325 - Sender Felsberg; BGH, Urt. v. 3.7.1981 - I ZR 106/79, GRUR 1982, 102, 103 - Masterbänder; vgl. weiter Schricker/v. Ungern-Sternberg , Urheberrecht, 2. Aufl., § 15 UrhG Rdn. 1, 6).

26
dd) Die Einräumung von Nutzungsrechten zur Vervielfältigung nach § 1h Satz 1 BV steht allerdings gemäß § 1h Satz 4 BV unter dem Vorbehalt der Regelung des § 1i BV. Davon betroffen ist u.a. die Rechtseinräumung hinsichtlich der (erstmaligen) Herstellung eines Films über die Aufführung eines Musikwerkes , soweit sie in das Vervielfältigungsrecht (§ 16 UrhG) eingreift. Von der Herstellung eines Films über die Aufführung eines Musikwerkes unterscheidet der Berechtigungsvertrag aber die Einräumung der Rechte zur Vervielfältigung und Verbreitung des hergestellten Films auf Bildtonträgern (vgl. dazu - zu § 1i Abs. 1 BV i.d.F. vom 1./2.7.1986 - BGH GRUR 1994, 41, 44 - Videozweitauswertung II; vgl. weiter Staudt in Kreile/Becker/Riesenhuber, Recht und Praxis der GEMA, 2005, Kap. 10 Rdn. 253, 257). Diese werden bei Fernsehproduktionen durch die in § 1h Satz 4 BV vorbehaltene Regelung des § 1i BV nicht von der Rechtseinräumung nach § 1h Satz 1 BV ausgenommen.
27
Wird ein Film über die Konzertaufführung eines Werkes der Musik als Fernsehproduktion hergestellt, ist § 1i Abs. 3 BV anwendbar. Diese Bestimmung regelt jedoch nur die Einräumung der für die Filmherstellung erforderlichen Rechte an die GEMA, nicht auch die Einräumung der Rechte an der Vervielfältigung und Verbreitung des hergestellten Films auf Bildtonträgern. Insoweit bleibt es bei der Regelung des § 1h Satz 1 BV, nach der diese Rechte von der GEMA wahrgenommen werden sollen. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 1i Abs. 3 BV und dessen Zusammenhang mit dem sonstigen Inhalt des § 1i BV.
28
Nach § 1i Absatz 1 Satz 1 BV räumt der Berechtigte der GEMA die Rechte zur Benutzung eines Werkes "zur Herstellung von Filmwerken oder jeder anderen Art von Aufnahmen auf Bildtonträger", das sog. Filmherstellungsrecht , (unter einer auflösenden Bedingung) ein (vgl. BGH GRUR 1994, 41, 43 f.
- Videozweitauswertung II). Die Bestimmung des § 1i Abs. 3 BV über die Einräumung der "Herstellungsrechte" für Fernsehproduktionen enthält dazu eine Sonderregelung (§ 1i Abs. 1 Satz 10 BV) und bezieht sich dementsprechend wie § 1i Abs. 1 Satz 1 BV nicht auf die Einräumung der Rechte an der Vervielfältigung und Verbreitung des hergestellten Films auf Bildtonträgern.
29
2. Ansprüche wegen der Vervielfältigung und Verbreitung der Bildtonträger mit der Aufführung der "Alpensinfonie" können auch nicht aus § 97 Abs. 1, § 23 UrhG hergeleitet werden. Die Frage, wem gegebenenfalls entsprechende Rechte zustehen würden, muss deshalb nicht erörtert werden. Das Berufungsgericht hat zu Recht entschieden, dass die "Alpensinfonie" als Werk der Musik für die Herstellung der Bildtonträger nicht im Sinne des § 23 Satz 1 UrhG bearbeitet worden ist, da sie "notengetreu" aufgeführt und in dieser Form auch unverändert bei der Herstellung der DVD vervielfältigt wurde.
30
Die Verbindung eines Musikwerkes mit dem Bildteil eines Films ist als solche bei unveränderter Übernahme der Musik nur eine Vervielfältigung (vgl. BGH GRUR 1994, 41, 42 f. - Videozweitauswertung II; Loewenheim/Castendyk, Handbuch des Urheberrechts, § 75 Rdn. 298; Ventroni aaO S. 119 ff.; Siebert, Die Auslegung der Wahrnehmungsverträge unter Berücksichtigung der digitalen Technik, 2002, S. 49 ff.; a.A. Schulze in Dreier/Schulze, UrhG, 2. Aufl., § 23 UrhG Rdn. 21). Das Werk der Musik wird dadurch zwar im ästhetischen Sinn Teil des "Gesamtkunstwerkes" Film, die Bildfolgen des Films können das Musikwerk aber nicht "verfilmen". Auch bei einem Film über eine Konzertaufführung des Werkes kann lediglich dessen Darbietung gezeigt werden.
31
Eine Bearbeitung im Sinne des § 23 UrhG ist auch nicht deshalb anzunehmen , weil das Musikwerk durch die Verbindung mit Bildfolgen in einen neuen Zusammenhang gestellt wird. Musik und Bildfolgen gehören verschiedenen Kunstformen an und erscheinen deshalb auch nach ihrer Verbindung nicht in der Weise als Teil desselben Werkes, wie das etwa bei Zutaten zu einem Werk der bildenden Kunst der Fall sein kann (vgl. dazu BGHZ 150, 32, 41 - Unikatrahmen ).
32
3. Auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen kann nicht entschieden werden, ob der Klägerin Ansprüche aus § 97 Abs. 1 i.V. mit § 96 Abs. 1 UrhG wegen der Verbreitung der DVDs zustehen. Falls insoweit nur auf den Berechtigungsvertrag abzustellen sein sollte, wäre Inhaber solcher Ansprüche die GEMA. Die rechtswidrige Vervielfältigung einer DVD, die auf der Grundlage eines Konzertmitschnitts hergestellt worden ist, greift in die Nutzungsrechte zur Vervielfältigung ein, die der GEMA durch den Berechtigungsvertrag eingeräumt worden sind. Die Vorschrift des § 96 Abs. 1 UrhG schützt den Inhaber des Vervielfältigungsrechts, indem sie ihm ein Verbotsrecht hinsichtlich andersartiger Werknutzungen (öffentliche Wiedergabe und Verbreitung) gibt, die mithilfe des rechtswidrig hergestellten Vervielfältigungsstücks vorgenommen werden (vgl. Schricker/Wild aaO § 96 UrhG Rdn. 3; Möhring/Nicolini/Lütje, Urheberrechtsgesetz , 2. Aufl., § 96 UrhG Rdn. 3; Meckel in HK-UrhR, § 96 UrhG Rdn. 3; Bungeroth, GRUR 1976, 454, 456 f.; a.A. Wandtke/Bullinger, Urheberrecht , § 96 UrhG Rdn. 11 f.). Auch unter dem Gesichtspunkt von Ansprüchen aus § 97 Abs. 1 i.V. mit § 96 Abs. 1 UrhG kommt es deshalb auf das Vorbringen der Klägerin an, wonach die Erben des Komponisten das Recht, Filmaufzeichnungen von Aufführungen der "Alpensinfonie" herzustellen und auf Bildtonträgern zu vervielfältigen, nicht der GEMA zur Wahrnehmung eingeräumt haben.
33
4. Wegen der Vervielfältigung und Verbreitung der "Alpensinfonie" auf DVDs stehen der Klägerin Ansprüche aus § 97 Abs. 1 i.V. mit § 96 Abs. 1 UrhG auch nicht unter dem Gesichtspunkt zu, dass die - ohne ihre Einwilligung vor- genommene - (erstmalige) Herstellung des Konzertfilms als Fernsehproduktion ein Vervielfältigungsrecht verletzt hat, das ihr auch dann verblieben ist, wenn die Nutzungsrechte zur Vervielfältigung von Bildtonträgern - mangels einer besonderen Abrede (vgl. dazu oben I. 1. a)) - von der GEMA wahrgenommen werden sollten.
34
Die (erstmalige) Festlegung der "Alpensinfonie" bei der Herstellung des Konzertfilms als Fernsehproduktion verletzte das sog. Filmherstellungsrecht, das nach dem Berechtigungsvertrag weiterhin der Klägerin zustand. Nach § 1i Abs. 3 Satz 2 BV verbleibt das Herstellungsrecht bei Fernsehproduktionen, die - wie hier - als Koproduktion hergestellt werden, dem Berechtigten. Der Berechtigungsvertrag formuliert dies als Hinweis darauf, dass in solchen Fällen die Einwilligung des Berechtigten erforderlich ist (vgl. Staudt aaO Kap. 10 Rdn. 270). Die Revision vertritt allerdings die Ansicht, nach dem Berechtigungsvertrag werde bei Fernsehproduktionen die GEMA Inhaberin der Herstellungsrechte ; diese sei unter den Voraussetzungen des § 1i Abs. 3 Satz 2 BV lediglich im Innenverhältnis zum Berechtigten verpflichtet, dessen Einwilligung zur Rechtevergabe einzuholen. Eine solche Auslegung widerspricht jedoch Sinn und Zweck des Berechtigungsvertrags. Die Rechtseinräumung durch den Berechtigungsvertrag soll der GEMA eine verwaltungstechnisch einfache Wahrnehmung von Nutzungsrechten als Treuhänderin des Berechtigten ermöglichen. Damit wäre es unvereinbar, wenn die GEMA, die nach § 11 UrhWG dem Abschlusszwang unterliegt, zwar das Herstellungsrecht erwerben würde, aber aufgrund schuldrechtlicher Verpflichtung Herstellungsrechte nur nach Einwilligung des Berechtigten vergeben dürfte.
35
Die Vorschrift des § 96 Abs. 1 UrhG stellt jedoch kein Verbot auf, Vervielfältigungsstücke gerade mithilfe eines rechtswidrig hergestellten Vervielfältigungsstücks zu fertigen. Sie erfasst nach ihrem Wortlaut solche Fälle nicht. Es besteht insoweit auch keine Gesetzeslücke, die durch eine analoge Anwendung der Vorschrift zu schließen wäre (vgl. dazu auch Dreier in Dreier/Schulze aaO § 96 UrhG Rdn. 9). Die Vorschrift des § 96 Abs. 1 UrhG schützt - wie vorstehend dargelegt - das Vervielfältigungsrecht des Berechtigten durch ein Verwertungsverbot , das sich gegen andersartige Werknutzungen (öffentliche Wiedergabe und Verbreitung) richtet, für die ein rechtswidrig hergestelltes Vervielfältigungsstück benutzt wird. Gegen eine rechtswidrige Vervielfältigung rechtswidrig hergestellter Vervielfältigungsstücke kann bereits aus dem Vervielfältigungsrecht vorgegangen werden (§ 97 Abs. 1 i.V. mit § 16 UrhG). Wird durch die rechtswidrige Vervielfältigung eine Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts oder des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Urhebers vertieft (etwa bei Vervielfältigung einer unbefugten Aufzeichnung musikalischer Improvisationen), folgen daraus die aus diesen Rechten hergeleiteten Ansprüche.
36
5. Ansprüche wegen der Verletzung des Senderechts aus § 97 Abs. 1 i.V. mit § 20 UrhG kann die Klägerin schon deshalb nicht gegen die Beklagte geltend machen, weil das Senderecht gemäß § 1d BV von der GEMA wahrgenommen wird. Die behauptete Sondervereinbarung zwischen den Erben des Komponisten und der GEMA vom 24. Januar/18. April 1986 bezieht sich nicht auf das Senderecht.
37
6. Der Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht (Klageantrag zu 3 i.V. mit Klageantrag zu 1) ist schon jetzt als unbegründet abzuweisen, soweit er auf andere Werknutzungen bezogen ist als auf die Vervielfältigung und Verbreitung der DVDs, die unter dem Label A. Nr. hergestellt worden sind. Die Klägerin kann auch dann, wenn ihr Schadensersatzansprüche wegen der Vervielfältigung und Verbreitung dieser DVDs zustehen sollten , nicht verlangen, dass auch die Schadensersatzpflicht der Beklagten wegen nicht näher dargelegter anderer Nutzungen der Filmaufzeichnung der "Alpensinfonie" festgestellt wird.
38
7. Der Antrag der Klägerin, die Beklagte zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung zu verurteilen, ist ebenfalls teilweise als unbegründet abzuweisen. Nach dem gegenwärtigen Verfahrensstand könnte die Beklagte der Klägerin allenfalls zum Schadensersatz verpflichtet sein, wenn sie durch die Lizenzerteilung an die K. GmbH dazu beigetragen hat, dass die DVDs unter dem Label A. Nr. rechtswidrig hergestellt worden sind. Der Nachweis einer solchen Teilnahme an der Rechtsverletzung eines Dritten (vgl. dazu BGHZ 136, 380, 389 - Spielbankaffaire; BGH, Urt. v. 23.6.2005 - I ZR 227/02, GRUR 2005, 854, 856 f. = WRP 2005, 1173 - Karten-Grundsubstanz ) könnte aber lediglich einen Anspruch darauf begründen, dass die Beklagte Auskunft erteilt und Rechnung legt, soweit dies erforderlich ist, um den auf eine solche Rechtsverletzung bezogenen Schadensersatzanspruch durchzusetzen. Auch wenn sich im weiteren Verfahren ergeben sollte, dass die Beklagte durch die Lizenzerteilung an die K. GmbH eine Verletzung von Rechten der Klägerin veranlasst hat, könnte dies jedoch nicht genügen, die Beklagte zu verpflichten, über alle möglichen anderen Verletzungshandlungen Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen. Denn dies liefe darauf hinaus, einen rechtlich nicht bestehenden allgemeinen Auskunftsanspruch anzuerkennen und der Ausforschung unter Vernachlässigung allgemein gültiger Beweislastregeln Tür und Tor zu öffnen (vgl. BGHZ 148, 26, 35 - Entfernung der Herstellungsnummer II).
Ullmann v.Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Schaffert
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 21.03.2002 - 7 O 15929/01 -
OLG München, Entscheidung vom 05.12.2002 - 29 U 3069/02 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 23/06 Verkündet am:
18. Dezember 2008
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Klingeltöne für Mobiltelefone
UrhG §§ 14, 39; AGBG § 9 Abs. 1 Bm; BGB § 307 Abs. 1 Satz 1 Bm

a) In der Verwendung eines - nicht für diesen Verwendungszweck geschaffenen
- Musikwerkes als Klingelton liegt eine Entstellung oder eine andere Beeinträchtigung
des Werkes i.S. des § 14 UrhG, die geeignet ist, die berechtigten
geistigen oder persönlichen Interessen des Urhebers am Werk zu gefährden.

b) Komponisten räumen der GEMA zwar nicht mit dem Abschluss eines Berechtigungsvertrages
in der Fassung des Jahres 1996, wohl aber mit dem
Abschluss eines Berechtigungsvertrages in der Fassung der Jahre 2002 oder
2005 sämtliche Rechte ein, die zur Nutzung ihrer Musikwerke als Klingeltöne
für Mobiltelefone erforderlich sind. Wird das Musikwerk so zum Klingelton
umgestaltet, wie dies bei Einräumung der Nutzungsrechte üblich und voraussehbar
war (§ 39 UrhG), bedarf es für die Nutzung eines Musikwerks als
Klingelton lediglich einer Lizenz der GEMA und keiner zusätzlichen Einwilligung
des Urhebers.

c) Die zwischen der GEMA und den Berechtigten geschlossenen Berechtigungsverträge
können nicht durch einen Beschluss der Mitgliederversammlung
der GEMA einseitig geändert werden. Die Bestimmung des § 6 lit. a
Abs. 2 des GEMA-Berechtigungsvertrages in der Fassung des Jahres 1996
(„Beschließt die Mitgliederversammlung in Zukunft Abänderungen des Berechtigungsvertrages
, so gelten auch diese Abänderungen als Bestandteil
des Vertrages.“) ist unwirksam, weil sie die Berechtigten unangemessen benachteiligt.
BGH, Urt. v. 18. Dezember 2008 - I ZR 23/06 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 23. Oktober 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und
die Richter Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff und Dr. Koch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 5. Zivilsenat, vom 18. Januar 2006 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht die Berufung gegen die Stattgabe der Klage der Klägerin zu 2 im Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 8, vom 18. März 2005 zurückgewiesen hat.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 8, vom 18. März 2005 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit abgeändert, als das Landgericht der Klage der Klägerin zu 2 stattgegeben hat.
Die Klage der Klägerin zu 2 wird abgewiesen.
Die Gerichtskosten tragen die Klägerin zu 2 und die Beklagte je zur Hälfte. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1 trägt die Beklagte. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten trägt die Klägerin zu 2 zur Hälfte. Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Beklagte, eine in der Schweiz ansässige Gesellschaft, bietet das Musikstück „Rock my life“ als Klingelton für Mobiltelefone im Internet zum Anhören und Herunterladen an. Der Kläger zu 1 ist der Komponist dieses Werkes. Die Klägerin zu 2 ist ein Musikverlag, mit dem der Kläger zu 1 einen Autorenexklusivvertrag geschlossen hat. Die Beklagte hat mit der schweizerischen Wahrnehmungsgesellschaft SUISA einen Vertrag über die Nutzung des von dieser wahrgenommenen Musikrepertoires als Klingelton für Mobiltelefone geschlossen , der am 1. Januar 2002 in Kraft getreten ist. Die SUISA und die deutsche Wahrnehmungsgesellschaft GEMA sind durch Repertoireaustauschverträge in der Weise miteinander verbunden, dass die SUISA für Deutschland in dem Umfang Rechte vergeben kann, wie sie von der GEMA wahrgenommen werden. Zwischen der GEMA und dem Kläger zu 1 besteht ein Berechtigungsvertrag zur Wahrnehmung der Rechte an dem Musikstück „Rock my life“.
2
Die Kläger sehen in dem Angebot der Beklagten eine Verletzung des § 14 UrhG und einen Verstoß gegen § 23 Satz 1 UrhG. Sie sind der Ansicht, die Beklagte benötige zur Verwertung des Musikwerkes als Klingelton nicht nur eine Lizenz der GEMA, sondern daneben stets auch noch ihre Einwilligung.
3
Die Kläger haben beantragt, der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verbieten, Melodien und/oder Werkteile des Musikwerkes „Rock my life“ der Kläger als Handyklingelton zu vervielfältigen und/oder vervielfältigen zu lassen bzw. zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen und/oder solche Vervielfältigungsstücke anzukündigen, feilzuhalten , anzubieten bzw. zu bewerben.
4
Die Beklagte ist dem entgegengetreten.
5
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (OLG Hamburg GRUR 2006, 323 = ZUM 2006, 335). Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Kläger beantragen, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


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I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Kläger könnten von der Beklagten nach § 97 Abs. 1 UrhG die Unterlassung der Verwendung des Musikwerkes „Rock my Life“ als Klingelton für Mobiltelefone verlangen. Hierzu hat es ausgeführt:
7
Die Verwendung eines Musikstücks als Klingelton für Mobiltelefone greife in die Rechte aus §§ 14, 23 Satz 1 UrhG ein. Die Zweckentfremdung von Musik zu einem Signalton sei als Beeinträchtigung des Urheberpersönlichkeitsrechts zu werten. Das Angebot des auf wenige Takte gekürzten und digital bearbeiteten Musikstücks als Klingelton im Internet zum Anhören und Herunterladen stelle eine Vervielfältigung und ein öffentliches Zugänglichmachen eines unerlaubt bearbeiteten Musikstücks dar. Die Beklagte habe eine Nutzungsberechtigung nicht darzutun vermocht. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des zwischen der Beklagten und der SUISA geschlossenen Nutzungsvertrages am 1. Januar 2002 habe der GEMA-Berechtigungsvertrag die Nutzung eines Musikwerkes als Klingelton noch nicht erfasst. Auch die Änderungen des Berechtigungsvertrages im Sommer 2002 hätten die GEMA nicht berechtigt, die Bearbeitung eines Mu- sikwerkes als Klingelton zu gestatten. Es erscheine zwar möglich, § 1 lit. h Abs. 4 dieses Berechtigungsvertrages dahin auszulegen, dass der GEMA die Befugnis eingeräumt werde, die Rechte zur Verwendung eines Musikwerkes als Ruftonmelodie ohne Mitwirkung des Urhebers zu vergeben. Einer solchen Auslegung stehe jedoch das übereinstimmende Verständnis der Vertragspartner des Berechtigungsvertrages entgegen. Danach bestehe bei Klingeltönen ein zweistufiges Lizenzierungsverfahren, in dem die Aufführungs- und Vervielfältigungsrechte durch die GEMA und die Bearbeitungsrechte durch die Urheber bzw. Verlage vergeben würden. Die Nutzungsrechte seien zwischen der GEMA und den Urhebern aufgespalten in die Wahrnehmungsrechte der GEMA bezüglich der Vervielfältigung, Verbreitung und Wiedergabe der Gesamtwerke auch in Form eines Klingeltons und die aus dem Persönlichkeitsrecht folgende Befugnis der Urheber, die Bearbeitung und Nutzung von Einzelpassagen der Werke als Klingelton zu gestatten. Daran habe sich durch die erneuten Änderungen des GEMA-Berechtigungsvertrages im Juni 2005 nichts geändert. Die Beklagte könne auch nicht mit Erfolg geltend machen, sie benötige jedenfalls insoweit keine Lizenz der Urheber, als sie nur eine „Cover-Version“ bereits genehmigter Klingelton-Versionen anderer Klingeltonanbieter anbiete bzw. ihre Version nur unwesentlich von derartigen Versionen abweiche.
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II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben teilweise Erfolg. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist die Klägerin zu 2 nicht berechtigt, den erhobenen Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte geltend zu machen. Das Berufungsgericht hat jedoch im Ergebnis zu Recht angenommen , dass der Kläger zu 1 von der Beklagten verlangen kann, es zu unterlassen , das Musikstück „Rock my life“ als Klingelton für Mobiltelefone anzubieten.
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1. Wer das Urheberrecht oder ein anderes nach dem Urheberrechtsgesetz geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, kann bei Wiederholungsgefahr vom Verletzten auf Unterlassung in Anspruch genommen werden (§ 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG). Die Kläger machen geltend, die Beklagte habe dadurch, dass sie das Musikstück „Rock my life“ als Klingelton für Mobiltelefone im Internet zum Anhören und Herunterladen angeboten habe, die nach §§ 14, 23 Satz 1 UrhG geschützten Rechte widerrechtlich verletzt. Der Urheber hat nach § 14 UrhG das Recht, eine Entstellung oder eine andere Beeinträchtigung seines Werkes zu verbieten, die geeignet ist, seine berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen am Werk zu gefährden. Bearbeitungen oder andere Umgestaltungen des Werkes dürfen nach § 23 Satz 1 UrhG nur mit Einwilligung des Urhebers des bearbeiteten oder umgestalteten Werkes veröffentlicht oder verwertet werden.
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2. Bei dem Musikstück „Rock my life“ handelt es sich, wie das Berufungsgericht von der Revision unbeanstandet angenommen hat, um ein nach § 2 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 UrhG urheberrechtlich geschütztes Werk der Musik.
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3. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist nur der Kläger zu 1, nicht aber die Klägerin zu 2 berechtigt, den erhobenen Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte geltend zu machen. Die Kläger sind anspruchsbefugt, wenn sie - eine widerrechtliche Verletzung der nach §§ 14, 23 Satz 1 UrhG geschützten Rechte durch die Beklagte unterstellt - Verletzte im Sinne des § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG sind. Diese Voraussetzung ist hinsichtlich des Klägers zu 1, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, erfüllt, da die Bestimmungen der §§ 14, 23 Satz 1 UrhG seine Rechte als Urheber schützen. Die Klägerin zu 2 ist hingegen, anders als das Berufungsgericht angenommen hat, nicht anspruchsberechtigt.
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Aus einer Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts (§ 14 UrhG) kann die Klägerin zu 2 keine Ansprüche herleiten, da dieses Recht allein dem Urheber zugeordnet ist. Auch unter dem Gesichtspunkt der unfreien Bearbeitung (§ 23 Satz 1 UrhG) kann sie der Beklagten nicht die Nutzung des Musikwerkes „Rock my life“ als Klingelton verbieten. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt und es ist auch weder dargetan noch sonst ersichtlich, dass der Kläger zu 1 der Klägerin zu 2 mit dem im Jahre 1998 geschlossenen Autorenexklusivvertrag das ausschließliche Recht zur Nutzung seiner Werke als Ruftonmelodie eingeräumt hat (vgl. auch unten unter 5 a aa). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts folgt die Aktivlegitimation der Klägerin zu 2 auch nicht daraus, dass der Kläger zu 1 diese ermächtigt hat, seine Rechte im Wege der Prozessstandschaft zu verfolgen. Da der Kläger zu 1 seine Rechte im vorliegenden Rechtsstreit selbst geltend macht, fehlt es an einem rechtlich schutzwürdigen Interesse des Klägers zu 1, seine Rechte im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft zusätzlich noch durch die Klägerin zu 2 geltend machen zu lassen (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 27. Aufl., Vor § 50 Rdn. 44).
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4. Das Berufungsgericht hat in der Verwendung des Musikwerkes „Rock my life“ als Klingelton für Mobiltelefone einen Eingriff in die Rechte des Klägers zu 1 aus §§ 14, 23 Satz 1 UrhG gesehen. Diese Beurteilung wird von der Revision nicht angegriffen und lässt auch keine Rechtsfehler erkennen.
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a) In der Verwendung eines - nicht für diesen Verwendungszweck geschaffenen - Musikwerkes als Klingelton ist, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, eine Entstellung oder eine andere Beeinträchtigung des Werkes im Sinne des § 14 UrhG zu sehen, die geeignet ist, die berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen des Urhebers am Werk zu gefährden. Eine Beeinträchtigung im Sinne dieser Bestimmung setzt nicht notwendig vor- aus, dass das Werk selbst verändert wird; es genügt, dass die urheberpersönlichkeitsrechtlichen Interessen des Urhebers an seinem Werk - ohne dessen inhaltliche Änderung - durch Form und Art der Werkwiedergabe und -nutzung beeinträchtigt werden können (BGHZ 150, 32, 41 f. - Unikatrahmen, m.w.N.). Die Zweckentfremdung eines Musikstücks zu einem Klingelton führt zu einer solchen Beeinträchtigung (OLG Hamburg GRUR-RR 2002, 249, 251; Hertin, KUR 2004, 101, 105 f.; Schunke, Das Bearbeitungsrecht in der Musik und dessen Wahrnehmung durch die GEMA, 2008, S. 113 ff.). Bei einer Verwendung als Klingelton wird das Musikwerk nicht als sinnlich-klangliches Erlebnis, sondern als - oft störender - Signalton wahrgenommen. Ein in der Komposition angelegter Spannungsbogen wird durch das Annehmen des Gesprächs zerstört. Bereits hierin liegt ein Eingriff in das Urheberpersönlichkeitsrecht. Deshalb kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die Verwendung eines Musikstücks als Klingelton darüber hinaus auch deshalb in das Urheberpersönlichkeitsrecht des Komponisten eingreift, weil das verwendete Musikstück bearbeitet und umgestaltet worden ist. Es ist daher, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, letztlich auch ohne Bedeutung, inwieweit der Klang des Klingeltons dem Klang des Originalwerkes entspricht und ob es sich insbesondere um einen monophonen oder einen - dem Originalklang stärker angenäherten - polyphonen Klingelton handelt. Desgleichen spielt es keine Rolle, ob sich die Klangqualität der Tonwiedergabe durch den Lautsprecher von Mobiltelefonen mittlerweile verbessert hat.
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b) Das Angebot des auf wenige Takte gekürzten und digital bearbeiteten Musikstücks „Rock my life“ als Klingelton für Mobiltelefone im Internet stellt ferner , wie das Berufungsgericht weiter zutreffend angenommen hat, eine gemäß § 23 Satz 1 UrhG nur mit Einwilligung des Urhebers erlaubte Verwertung des bearbeiteten und umgestalteten Werkes durch Vervielfältigung (§ 16 UrhG) und öffentliche Zugänglichmachung (§ 19a UrhG) dar.
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5. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis mit Recht angenommen, dass es der Beklagten, die insoweit die Darlegungs- und Beweislast trägt, nicht gelungen ist, ihre Berechtigung zur Nutzung des bearbeiteten und umgestalteten Musikstücks als Klingelton darzutun.
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a) Die Beklagte konnte von der SUISA nicht mehr Rechte erwerben, als der Kläger zu 1 der GEMA zur Wahrnehmung eingeräumt hat. Ihre Berechtigung zur Nutzung des bearbeiteten und umgestalteten Musikstücks „Rock my life“ setzte daher voraus, dass der Kläger zu 1 der GEMA aufgrund des Berechtigungsvertrages sämtliche zur Nutzung seines Werkes als Klingelton erforderlichen Rechte eingeräumt hat. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass keine der im Hinblick auf das Inkrafttreten des Nutzungsvertrages der Beklagten mit der SUISA zum 1. Januar 2002 in Betracht zu ziehenden Fassungen des Berechtigungsvertrages die Rechte zur Bearbeitung eines Musikstücks als Klingelton für Mobiltelefone umfasste. Diese Beurteilung ist nicht frei von Rechtsfehlern. Das Berufungsgericht ist zwar mit Recht davon ausgegangen, dass mit dem Berechtigungsvertrag in der Fassung der Beschlüsse der Mitgliederversammlung vom 9./10. Juli 1996 (GEMA Jahrbuch 2001/2002, S. 213; nachfolgend: Berechtigungsvertrag 1996) keine Rechte zur Klingeltonnutzung eingeräumt wurden. Anders als das Berufungsgericht angenommen hat, wurden durch die Berechtigungsverträge in den Fassungen aufgrund der Beschlüsse der Mitgliederversammlungen vom 25./26. Juni 2002 (GEMA Jahrbuch 2004/2005, S. 195; nachfolgend: Berechtigungsvertrag 2002) und vom 28./29. Juni 2005 (GEMA Jahrbuch 2006/2007, S. 176; nachfolgend: Berechtigungsvertrag 2005) jedoch sämtliche Rechte eingeräumt, die zur üblichen und voraussehbaren Nutzung von - auch bearbeiteten und umgestalteten - Musikwerken als Klingeltöne für Mobiltelefone erforderlich sind.
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aa) Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die Ansicht des Berufungsgerichts , es könne nicht angenommen werden, dass mit dem Berechtigungsvertrag 1996 die Rechte zur Nutzung von Musikwerken als Klingeltöne für Mobiltelefone eingeräumt worden seien. Nach § 1 lit. h des Berechtigungsvertrages 1996 „überträgt“ der Berechtigte der GEMA das Recht zur Wahrnehmung , Werke der Tonkunst (mit oder ohne Text) in Datenbanken, Dokumentationssysteme oder in Speicher ähnlicher Art einzubringen (Abs. 2) bzw. Werke der Tonkunst (mit oder ohne Text), die in Datenbanken, Dokumentationssysteme oder Speicher ähnlicher Art eingebracht sind, elektronisch oder in ähnlicher Weise zu übermitteln (Abs. 3).
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Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Auffassung auf seine Entscheidung vom 4. Februar 2002 verwiesen (OLG Hamburg GRUR-RR 2002, 249, 250 ff.). Dort hat es näher ausgeführt, dass es sich bei der Nutzung von Musikwerken als Klingeltöne für Mobiltelefone jedenfalls im Jahr 1996 und auch noch im Jahr 1999 um eine noch nicht bekannte Nutzungsart gehandelt habe, für die nach § 31 Abs. 4 UrhG a.F. keine Rechte eingeräumt werden konnten (vgl. Landfermann, Handy-Klingeltöne im Urheber- und Markenrecht, 2006, S. 124). Dabei ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass unter einer noch nicht bekannten Nutzungsart im Sinne dieser - auch auf Berechtigungsverträge mit Verwertungsgesellschaften anwendbaren (BGHZ 95, 274, 282 f. - GEMA-Vermutung I) - Bestimmung eine technisch und wirtschaftlich eigenständige Verwendungsform des Werkes zu verstehen ist (BGHZ 95, 274, 283 f. - GEMA-Vermutung I; BGHZ 163, 109, 115 f. - Der Zauberberg). Die gegen diese Beurteilung erhobenen Einwände der Revision greifen nicht durch.
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Entgegen der Ansicht der Revision kommt es nicht darauf an, ob es sich bei der Nutzung von Musikwerken als Klingeltöne auch zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zwischen der GEMA und der SUISA oder zwischen der SUISA und der Beklagten am 1. Januar 2002 noch um eine noch nicht bekannte Nutzungsart im Sinne des § 31 Abs. 4 UrhG a.F. gehandelt hat. Die Revision berücksichtigt nicht, dass es im Streitfall allein auf den Zeitpunkt ankommt, in dem der Kläger zu 1 und die GEMA den Berechtigungsvertrag geschlossen haben. Den Feststellungen des Berufungsgerichts lässt sich insoweit nur entnehmen, dass der Berechtigungsvertrag zwischen dem Kläger zu 1 und der GEMA jedenfalls vor dem Inkrafttreten des Nutzungsvertrages zwischen der Beklagten und der SUISA am 1. Januar 2002 zustande gekommen ist. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt und die Beklagte, die insoweit die Darlegungslast trägt, hat auch nicht vorgetragen, dass der Berechtigungsvertrag damit zu einem Zeitpunkt geschlossen wurde, als die Nutzung von Musikwerken als Klingeltöne eine bereits bekannte Nutzungsart war.
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bb) Anders als das Berufungsgericht angenommen hat, werden die zur Nutzung von Werken der Tonkunst als Klingeltöne für Mobiltelefone erforderlichen Rechte aufgrund von § 1 lit. h Abs. 4 des Berechtigungsvertrages 2002 ohne Einschränkungen oder Vorbehalte eingeräumt. Diese Rechtseinräumung umfasst die Befugnis, das bearbeitete oder anders umgestaltete Musikwerk als Klingelton zu nutzen. Einer zusätzlichen Einwilligung des Urhebers bedarf es nicht, wenn das Musikwerk auf eine Art und Weise zum Klingelton umgestaltet worden ist, die bei Einräumung der Nutzungsrechte üblich und voraussehbar war (Schricker/Dietz, Urheberrecht, 3. Aufl., § 14 UrhG Rdnr. 11a; Poll, MMR 2004, 67, 71 ff.; Castendyk, ZUM 2005, 9, 13 ff.; Wandtke/Schunke, UFITA 2007, 61, 79 ff.; Landfermann aaO S. 163 f.; Schunke aaO S. 219 ff.; a.A. LG München I MMR 2006, 49 f.; Hertin, KUR 2004, 101, 108 ff.; v. Einem, ZUM 2005, 540, 543 ff.; Klees/Lange, CR 2005, 684, 688; Staudt in Kreile /Becker/Riesenhuber, Recht und Praxis der GEMA, 2. Aufl., Kap. 10 Rdn. 211 ff.).
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(1) Nach § 1 lit. h Abs. 4 des Berechtigungsvertrages 2002 erfolgt die Einräumung der Rechte zur Nutzung der Werke der Tonkunst auch als Ruftonmelodien. Das Berufungsgericht hat gemeint, es erscheine zwar möglich, diese Bestimmung dahin auszulegen, dass der GEMA die Befugnis eingeräumt werde , die Rechte zur Verwendung eines Musikwerkes als Ruftonmelodie ohne Mitwirkung des Urhebers zu vergeben. Einer solchen Auslegung stehe jedoch das übereinstimmende Verständnis der Vertragspartner des Berechtigungsvertrages entgegen. Dieser sei ein Standardvertrag für alle Mitglieder der GEMA. Sein Inhalt werde entsprechend der Verfassung der GEMA als Verein in der Mitgliederversammlung beschlossen. Für die Auslegung seien daher die von den Vertragsparteien über die üblichen Kommunikationswege des Vereins abgegebenen Erklärungen heranzuziehen. Dies gelte selbst dann, wenn ein Teil der Urheber als Vertragspartner der GEMA den Wortlaut einer Bestimmung anders verstehen sollte. Die GEMA habe ihren Mitgliedern und damit auch dem Kläger zu 1 zusammen mit der Mitteilung der Änderung des Berechtigungsvertrages in dem GEMA-Brief vom August 2002 mitgeteilt, dass sie die Rechte zur Nutzung eines Musikstücks als Ruftonmelodie nicht ohne Beteiligung der Urheber wahrnehmen wolle. Sie habe schon vor der Änderung des Berechtigungsvertrages ein zweistufiges Lizenzierungsverfahren - Vergabe der Aufführungsund Vervielfältigungsrechte durch die GEMA, Vergabe der Bearbeitungsrechte durch die Urheber bzw. Verlage - bei Klingeltönen eingeführt und praktiziert und habe ihre Absicht, dieses Verfahren weiterzuführen und den Berechtigungsvertrag entsprechend zu ändern, schon vor Übersendung des GEMA-Briefs in der Fachpresse bekanntgegeben. Die Nutzungsrechte zwischen der GEMA und den Urhebern seien daher aufgespaltet in die Wahrnehmungsrechte der GEMA bezüglich der Vervielfältigung, Verbreitung und Wiedergabe der Gesamtwerke auch in Form eines Klingeltons und in die aus dem Persönlichkeitsrecht folgende Befugnis der Urheber, die Bearbeitung und Nutzung von Einzelpassagen der Werke als Klingelton zu gestatten.
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(2) Diese Auslegung von § 1 lit. h Abs. 4 des Berechtigungsvertrages 2002 ist rechtsfehlerhaft. Der Senat kann den Berechtigungsvertrag auch als Revisionsgericht ohne Bindung an die Auslegung des Berufungsgerichts selbst auslegen, weil dessen Regelungen bundesweit angewandte Allgemeine Geschäftsbedingungen sind (vgl. BGH, Urt. v. 19.1.2006 - I ZR 5/03, GRUR 2006, 319, 321 Tz. 23 = WRP 2006, 476 - Alpensinfonie, m.w.N.).
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Nach § 1 lit. h Abs. 4 des Berechtigungsvertrages 2002 erfolgt die „Rechtsübertragung“ zu Gunsten der GEMA „zur Nutzung der Werke der Tonkunst … auch als Ruftonmelodien“. Der Wortlaut dieser Bestimmung bietet keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Berechtigte die Rechte zur Nutzung von Werken der Tonkunst als Klingeltöne für Mobiltelefone nicht uneingeschränkt einräumt , sondern sich das Recht vorbehält, stets in eine Nutzung des bearbeiteten oder umgestalteten Werkes als Klingelton einzuwilligen. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann dieser Bestimmung - auch im Hinblick auf Äußerungen der GEMA - keine Bedeutung beigelegt werden, die sie nach ihrem Wortlaut nicht hat. Die Rechte, die zur Nutzung von Werken der Tonkunst als Klingeltöne für Mobiltelefone erforderlich sind, werden nach § 1 lit. h Abs. 4 des Berechtigungsvertrages 2002 daher ohne Einschränkungen oder Vorbehalte eingeräumt. Es kann deshalb offenbleiben, ob derartige Einschränkungen oder Vorbehalte überhaupt zulässig oder wegen Verstoßes gegen das Verbot wider- sprüchlichen Verhaltens unbeachtlich wären (so Schricker/Dietz aaO § 14 UrhG Rdn. 11a; a.A. v. Einem, ZUM 2005, 540, 545 f.).
25
Der Berechtigungsvertrag ist allerdings, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, ein Standardvertrag, dessen Inhalt die Mitgliederversammlung der GEMA beschließt (vgl. § 10 Nr. 6 lit. f der GEMA-Satzung; GEMA Jahrbuch 2002/2003, S. 193) und dessen Abschluss die GEMA allen Berechtigten anbietet. Gerade daraus folgt jedoch, dass zur Auslegung des Berechtigungsvertrages Äußerungen der GEMA grundsätzlich nicht herangezogen werden können. Vertragsangebote sind als empfangsbedürftige Willenserklärungen so auszulegen, wie sie der Empfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste (BGHZ 36, 30, 33; 103, 275, 280; BGH, Urt. v. 7.6.2001 - I ZR 49/99, NJW-RR 2002, 20, 22). Für die Auslegung des Berechtigungsvertrages ist daher nicht entscheidend auf die Vorstellungen der GEMA abzustellen, die das Vertragsangebot abgibt; vielmehr ist das Verständnis der Berechtigten maßgeblich, an die sich dieses Angebot richtet. Da der Berechtigungsvertrag als Standardvertrag zudem Allgemeine Geschäftsbedingungen enthält, ist er nach seinem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich auszulegen (vgl. BGH, Urt. v. 25.6.1992 - IX ZR 24/92, NJW 1992, 2629 f.; Urt. v. 9.5.2001 - VIII ZR 208/00, NJW 2001, 2165, 2166, jeweils m.w.N.). Umstände, die nur einzelnen Beteiligten bekannt oder erkennbar sind, müssen danach außer Betracht bleiben (vgl. BGHZ 77, 116, 118 f. m.w.N.; Riesenhuber in Kreile/Becker/Riesenhuber aaO Kap. 9 Rdn. 16 f.). Hierzu zählen insbesondere die vom Berufungsgericht angeführten Erklärungen , mit denen die GEMA über die Kommunikationswege des Vereins die Bedeutung von Änderungen des Berechtigungsvertrages aus ihrer Sicht erläutert. Diese Erklärungen sind jedenfalls den Vertragspartnern der GEMA, die zum Zeitpunkt der Abgabe dieser Erklärungen noch keine GEMA-Mitglieder waren, regelmäßig nicht bekannt (vgl. Castendyk, ZUM 2005, 9, 15; Ventroni, MMR 2006, 308, 311).
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(3) Das aufgrund von § 1 lit. h Abs. 4 des Berechtigungsvertrages 2002 ohne Einschränkungen oder Vorbehalte eingeräumte Recht zur Nutzung der Werke der Tonkunst auch als Ruftonmelodien umfasst die Befugnis, bearbeitete oder anders umgestaltete Musikwerke als Klingeltöne zu nutzen. Einer zusätzlichen Einwilligung des Urhebers bedarf es dazu nach § 39 UrhG nicht, wenn das Musikwerk auf eine Art und Weise zum Klingelton umgestaltet wurde, die bei Einräumung der Nutzungsrechte üblich und voraussehbar war.
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Der auch bei der treuhänderischen Einräumung von Verwertungsrechten auf die GEMA anwendbaren Bestimmung des § 39 UrhG liegt die Überlegung zugrunde, dass der Urheber, der einem Dritten das Recht eingeräumt hat, sein Werk auf eine bestimmte Art zu nutzen, diesem Dritten solche Änderungen des Werkes nicht unter Berufung auf § 14 UrhG soll verwehren können, die zur bestimmungsgemäßen Nutzung des Werkes erforderlich oder jedenfalls üblich und daher vorhersehbar sind (vgl. Schricker/Dietz aaO § 14 UrhG Rdn. 11 f.). Hat ein Komponist die Rechte zur Nutzung seines Musikwerkes als Ruftonmelodie eingeräumt, sind daher Änderungen des Musikwerkes, die mit der Nutzung als Klingelton üblicherweise und voraussehbar einhergehen, selbst dann zulässig, wenn sie in das Urheberpersönlichkeitsrecht eingreifen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Urheber sich mit der Einräumung der Rechte zur Nutzung eines Musikwerkes als Klingelton konkludent mit den für eine solche Nutzung üblichen und voraussehbaren Änderungen einverstanden erklärt, so dass im Sinne des § 39 Abs. 1 UrhG etwas anderes vereinbart ist (Schricker/Dietz aaO § 14 UrhG Rdn. 11a; Castendyk, ZUM 2005, 9, 17 ff.), oder ob der Urheber zu derartigen Änderungen seine Einwilligung gemäß § 39 Abs. 2 UrhG nach Treu und Glauben nicht versagen kann (Poll, MMR 2004, 67, 71).
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Eine Berufung auf das Änderungsverbot des § 14 UrhG scheidet danach im Normalfall einer Klingeltonauswertung aus. Nur wenn das Musikwerk im Einzelfall in einer Weise als Klingelton verwendet wird, mit der der Urheber nicht zu rechnen braucht, kann ein Abwehranspruch aus § 14 UrhG begründet sein (Schricker/Dietz aaO § 14 UrhG Rdn. 11a; vgl. auch OLG Frankfurt a.M. GRUR 1995, 215, 216). Es war jedoch bereits bei Abschluss des Berechtigungsvertrages in der seit 2002 geltenden Fassung üblich und voraussehbar, dass die Nutzung von Musikwerken als Ruftonmelodien deren Kürzung und digitale Bearbeitung bzw. Umgestaltung erfordert. Desgleichen versteht es sich von selbst, dass ein als Klingelton genutztes Musikstück als Signalton verwendet wird und das Abspielen des Klingeltons durch das Annehmen des Gesprächs unterbrochen wird. Es ist schließlich auch allgemein bekannt, dass der Klingelton in einer stetigen Wiederholung eines kleinsten Teilausschnitts bestehen kann und nicht zwingend den Beginn des Musikwerkes wiedergibt (vgl. Poll, MMR 2004, 67, 72).
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cc) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts sind die Rechte zur Nutzung von Musikstücken als Klingelton auch nach dem Berechtigungsvertrag 2005 der GEMA umfassend zur Wahrnehmung eingeräumt (ebenso im Ergebnis Schunke aaO S. 228 ff.; a.A. LG München I ZUM 2005, 920, 922; Staudt in Kreile/Becker/Riesenhuber aaO Kap. 10 Rdn. 212 f.).
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(1) Nach § 1 lit. h Abs. 4 des Berechtigungsvertrages 2005, der insoweit mit dem Berechtigungsvertrag in der derzeit neuesten Fassung vom 26./27. Juni 2007 übereinstimmt, erfolgt „die Rechtsübertragung … zur Nutzung der Werke der Tonkunst (mit oder ohne Text) auch als Ruftonmelodie und als Freizeichenuntermalungsmelodie“. Der Wortlaut dieser Bestimmung ist demnach gegenüber dem Wortlaut der entsprechenden Regelung des Berechtigungsvertrages 2002 nur um den Klammerzusatz „(mit oder ohne Text)“ und die Wendung „und als Freizeichenuntermalungsmelodie“ ergänzt worden. Dies ändert nichts an der Beurteilung (vgl. oben unter II 5 b bb), dass diese Regelung - jedenfalls für sich genommen - dahin zu verstehen ist, dass sämtliche Rechte zur Verwertung eines Musikstücks als Klingelton der GEMA zur Wahrnehmung eingeräumt werden.
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(2) Zu einer anderen Beurteilung führt auch nicht der Umstand, dass in den Berechtigungsvertrag 2005 mit § 1 lit. k Abs. 2 darüber hinaus folgende neue Bestimmung eingefügt worden ist: Nicht vom Berechtigten werden der GEMA übertragen die Rechte zur Bearbeitung , Umgestaltung und/oder Kürzung eines Werkes der Tonkunst (mit oder ohne Text) zur Verwendung als Ruftonmelodie und/oder Freizeichenuntermalungsmelodie. Die Befugnis des Berechtigten, die Einwilligung in die Verwendung solcher Werkfassungen im Einzelfall zu erteilen, bleibt unberührt. Es bleibt bei der Übertragung der unter § 1 h) aufgeführten Nutzungsrechte an die GEMA.
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Der erste Satz dieser Regelung ist unklar und daher auslegungsbedürftig. Es gibt keine „Rechte zur Bearbeitung, Umgestaltung und/oder Kürzung eines Werkes der Tonkunst“. Die Bearbeitung, Umgestaltung oder Kürzung eines Musikwerkes bedarf, wie sich aus § 23 UrhG ergibt, keiner Einwilligung des Urhebers; eine Einwilligung des Urhebers ist vielmehr nur für die Veröffentlichung oder Verwertung der Bearbeitung oder Umgestaltung eines solchen Werkes erforderlich (vgl. Schricker/Loewenheim aaO § 23 UrhG Rdn. 15 m.w.N.).
33
Mit § 1 lit. k Abs. 2 Satz 1 des Berechtigungsvertrages 2005 könnte daher gemeint sein, dass der Berechtigte der GEMA nicht das Recht zur Veröffentlichung und Verwertung bearbeiteter, umgestalteter oder gekürzter Werke der Tonkunst als Ruftonmelodie oder Freizeichenuntermalungsmelodie einräumt. Die Regelung würde - so verstanden - den Anwendungsbereich des § 1 lit. h Abs. 4 des Berechtigungsvertrages 2005 dahin einschränken, dass nach dieser Bestimmung allein die Rechte zur Nutzung unveränderter Werke der Tonkunst als Ruftonmelodien und als Freizeichenuntermalungsmelodien eingeräumt werden. Die GEMA könnte danach allenfalls noch die Rechte zur Nutzung sogenannter „Realtones“ bzw. „Mastertones“ wahrnehmen, bei denen die - bislang allerdings stets gekürzte - Originaleinspielung eines Musikstücks als Klingelton verwendet wird, während die Rechte zur Nutzung bearbeiteter oder umgestalteter Klingeltöne bei den Urhebern bzw. deren Verlagen verblieben. Einer solchen Auslegung steht allerdings § 1 lit. k Abs. 2 Satz 3 des Berechtigungsvertrages 2005 entgegen, der ausdrücklich bestimmt, dass es bei der Einräumung der unter § 1 lit. h des Berechtigungsvertrages aufgeführten Nutzungsrechte an die GEMA verbleibt. Damit ist eine Auslegung von § 1 lit. k Abs. 2 Satz 1 des Berechtigungsvertrages 2005 unvereinbar, die den Anwendungsbereich des § 1 lit. h Abs. 4 des Berechtigungsvertrages 2005 ganz erheblich einschränkte.
34
Die Regelung in § 1 lit. k Abs. 2 Satz 1 des Berechtigungsvertrages 2005 ist daher als Hinweis auf die bei einer Bearbeitung, Umgestaltung oder Kürzung eines Werkes der Tonkunst betroffenen Urheberpersönlichkeitsrechte des Berechtigten zu verstehen. Für dieses Verständnis der Bestimmung spricht auch § 1 lit. k Abs. 2 Satz 2 des Berechtigungsvertrages 2005, wonach die Befugnis des Berechtigten unberührt bleibt, die Einwilligung in die Verwendung solcher Werkfassungen im Einzelfall zu erteilen. Die Regelung des § 1 lit. k Abs. 2 des Berechtigungsvertrages 2005 weist demnach lediglich darauf hin, dass in den Fällen, in denen ein Musikwerk zur Herstellung eines Klingeltons in einer für den Berechtigten bei der Einräumung der Nutzungsrechte nicht voraussehbaren Weise verändert wird, eine Einwilligung des Berechtigten in die Verwendung dieser Werkfassung erforderlich sein kann.
35
b) Das Berufungsurteil stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Die Revisionserwiderung rügt mit Recht, dass auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht angenommen werden kann, der Kläger zu 1 habe der GEMA das Recht zur ausschließlichen Nutzung des Musikstücks als Klingelton eingeräumt. Die Beklagte wäre daher selbst dann nicht zur Nutzung des Musikwerkes „Rock my life“ als Klingelton berechtigt, wenn der von ihr angebotene Klingelton - wie sie geltend macht - mit einer von den Klägern bereits genehmigten Klingelton-Version eines anderen Klingeltonanbieters (im Wesentlichen) übereinstimmen würde. Eine Dritten erteilte Genehmigung zur Nutzung eines umgestalteten Musikwerkes als Klingelton könnte allenfalls die Eignung der in der Umgestaltung des Musikwerkes liegenden Beeinträchtigung, das berechtigte Interesse des Klägers zu 1 am Werk zu gefährden (§ 14 UrhG), entfallen lassen (vgl. Schricker/Dietz aaO § 14 UrhG Rdn. 27 m.w.N.), nicht aber die gegenüber der Beklagten fehlende Einwilligung zur Verwertung des umgestalteten Musikstücks (§ 23 Satz 1 UrhG) ersetzen.
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aa) Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, zu welchem Zeitpunkt der Berechtigungsvertrag zwischen dem Kläger zu 1 und der GEMA geschlossen worden ist. Es ist jedoch ersichtlich davon ausgegangen, dass dieser Vertrag bereits bestanden hat, als der Nutzungsvertrag zwischen der Beklagten und der SUISA am 1. Januar 2002 in Kraft getreten ist. Selbst wenn danach zwischen dem Kläger zu 1 und der GEMA die damals neueste Fassung des Berechti- gungsvertrages - also der Berechtigungsvertrag 1996 - wirksam gewesen sein sollte, hätte der Kläger zu 1 der GEMA - wie oben unter II 5 a aa ausgeführt - mit dem Abschluss des Berechtigungsvertrages keine Rechte zur Nutzung seiner Musikwerke als Klingelton eingeräumt. Aufgrund von § 1 lit. h Abs. 4 der Berechtigungsverträge 2002 und 2005 räumen die Berechtigten der GEMA zwar umfassende Rechte zur Nutzung von Werken der Tonkunst als Ruftonmelodien ein (oben unter II 5 a bb und cc). Jedoch hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und haben die Kläger auch nicht vorgetragen, dass die Kläger mit der GEMA einen Berechtigungsvertrag in einer dieser Fassungen geschlossen haben. Die Revisionserwiderung weist zutreffend darauf hin, dass die von der Mitgliederversammlung der GEMA am 25./26. Juni 2002 und am 28./29. Juni 2005 beschlossenen Änderungen des Berechtigungsvertrages auch nicht in den zwischen dem Kläger zu 1 und der GEMA bereits bestehenden Berechtigungsvertrag einbezogen worden sind und es deshalb auch nicht darauf ankommt , ob der Kläger zu 1 diesen Änderungen widersprochen hat.
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bb) Allein die Beschlüsse der Mitgliederversammlung der GEMA vom 25./26. Juni 2002 und vom 28./29. Juni 2005 konnten keine Änderung des zwischen der GEMA und dem Kläger zu 1 bestehenden Berechtigungsvertrages bewirken. Der Mitgliederversammlung oblag zwar nach § 10 Nr. 6 lit. f der GEMA-Satzung (GEMA Jahrbuch 2002/2003, S. 193) die Beschlussfassung über Änderungen des Berechtigungsvertrages. Der Berechtigungsvertrag ist jedoch keine körperschaftsrechtliche Bestimmung, sondern eine individualrechtliche Vereinbarung; er regelt - auch im Verhältnis zu vereinsrechtlichen Mitgliedern der GEMA - nicht das mitgliedschaftliche Verhältnis, sondern die schuldrechtliche Beziehung zwischen der GEMA und den Berechtigten (BGHZ 163, 119, 127 f. - PRO-Verfahren, m.w.N.). Dieser gegenseitige Vertrag kann nicht einseitig durch Beschluss der Mitgliederversammlung der GEMA ohne Einverständnis der Berechtigten geändert werden.
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cc) § 6 lit. a Abs. 2 des Berechtigungsvertrages in der Fassung vom 9./10. Juli 1996 bietet gleichfalls keine tragfähige Grundlage für eine Einbeziehung der am 25./26. Juni 2002 und am 28./29. Juni 2005 beschlossenen Änderungen in den zwischen dem Kläger zu 1 und der GEMA bestehenden Berechtigungsvertrag. Diese Bestimmung lautet: Beschließt die Mitgliederversammlung in Zukunft Abänderungen des Berechtigungsvertrages , so gelten auch diese Abänderungen als Bestandteil des Vertrages.
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Diese Regelung ist nach § 9 AGBG bzw. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam , weil sie die Berechtigten der GEMA entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt (Riesenhuber in Kreile/ Becker/Riesenhuber aaO Kap. 9 Rdn. 108; Augenstein, Rechtliche Grundlagen des Verteilungsplans urheberrechtlicher Verwertungsgesellschaften, 2004, S. 101 f.; a.A. Mauhs, Der Wahrnehmungsvertrag, 1991, S. 157 ff.; differenzierend - Unwirksamkeit jedenfalls bzw. nur gegenüber Nichtmitgliedern - Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, 4. Aufl., Rdn. 1205; Melichar in Loewenheim , Handbuch des Urheberrechts, 2003, § 47 Rdn. 23; Goldmann, Die kollektive Wahrnehmung musikalischer Rechte in den USA und Deutschland, 2001, S. 300; Horn in Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz, 4. Aufl., § 23 Rdn. 356; vgl. zur Vereinbarkeit mit § 6 Abs. 1 UrhWG Menzel, Die Aufsicht über die GEMA durch das Deutsche Patentamt, 1986, S. 50 f.; Mauhs aaO S. 157 ff.; Meyer, Verwertungsgesellschaften und ihre Kontrolle nach dem Urheberrechtswahrnehmungsgesetz , 2001, S. 87 ff.; Zeisberg in HK-UrhR, § 6 WahrnG Rdn. 13; offengelassen in BGH, Urt. v. 13.12.2001 - I ZR 41/99, GRUR 2002, 332, 333 = WRP 2002, 442 - Klausurerfordernis; BGHZ 163, 119, 127 - PRO-Verfahren).
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Bei den Regelungen des Berechtigungsvertrages handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen (BGH GRUR 2006, 319 Tz. 23 - Alpensinfonie ). Die auch im Vereinsrecht anwendbare Bereichsausnahme in § 23 Abs. 1 AGBG bzw. § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB (vgl. dazu BGHZ 128, 93, 101 f.) steht der Klauselkontrolle nicht entgegen, da der Berechtigungsvertrag ein gegenseitiger Vertrag zwischen der GEMA und den Berechtigten ist (vgl. BGH GRUR 2002, 332, 333 - Klausurerfordernis, m.w.N.). Wegen unangemessener Benachteiligung (§ 9 Abs. 1 AGBG bzw. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB) ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach § 10 Nr. 5 AGBG bzw. § 308 Nr. 5 BGB insbesondere eine Bestimmung unwirksam, wonach eine Erklärung des Vertragspartners des Verwenders bei Vornahme oder Unterlassung einer bestimmten Handlung als von ihm abgegeben oder nicht abgegeben gilt, es sei denn, dass
a) dem Vertragspartner eine angemessene Frist zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung eingeräumt ist und
b) der Verwender sich verpflichtet, den Vertragspartner bei Beginn der Frist auf die vorgesehene Bedeutung seines Verhaltens besonders hinzuweisen.
41
Erst recht als unangemessen benachteiligend und daher unwirksam ist danach eine Klausel anzusehen, nach der die Zustimmung des Vertragspartners des Verwenders zu einer von diesem gewünschten Vertragsänderung nicht einmal aufgrund eines bestimmten Verhaltens des Vertragspartners des Verwenders fingiert wird, sondern weitergehend sogar entbehrlich ist. Um eine solche Klausel handelt es sich bei § 6 lit. a Abs. 2 des Berechtigungsvertrages 1996, da sie der GEMA die Befugnis einräumt, den Berechtigungsvertrag ohne Zustimmung des Berechtigten einseitig abzuändern.
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dd) Schließlich kann auch aus § 6 lit. a Abs. 2 des Berechtigungsvertrages 2002 und 2005 nicht hergeleitet werden, der Kläger zu 1 habe den Änderungen des Berechtigungsvertrages zugestimmt. Die Bestimmung lautet: Beschließt die Mitgliederversammlung in Zukunft Abänderungen des Berechtigungsvertrages , so gelten auch diese Abänderungen als Bestandteil des Berechtigungsvertrages. Abänderungen oder Ergänzungen sind dem Berechtigten schriftlich mitzuteilen. Die Zustimmung des Berechtigten zur Änderung oder Ergänzung gilt als erteilt, wenn er nicht binnen zwölf Wochen seit Absendung der schriftlichen Mitteilung ausdrücklich schriftlich widerspricht; auf diese Rechtsfolge ist er in der Mitteilung hinzuweisen. Die schriftliche Mitteilung erfolgt in dem auf die Mitgliederversammlung folgenden, an alle Mitglieder versandten, „GEMA -Brief“.
43
Eine Vertragsklausel, nach der das Schweigen auf ein Angebot zur Vertragsänderung als Zustimmung gilt, kann nicht ihrerseits aufgrund dieser Fiktion Bestandteil des Vertrags werden, sondern muss von den Vertragsparteien zuvor tatsächlich vereinbart worden sein. Da dies aber weder festgestellt noch vorgetragen ist, ist § 1 lit. h Abs. 4 des Berechtigungsvertrages 2002 und 2005 im Streitfall selbst dann nicht Bestandteil des zwischen dem Kläger zu 1 und der GEMA bestehenden Berechtigungsvertrages geworden, wenn der Kläger zu 1 dieser Regelung nicht widersprochen haben sollte.
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III. Danach ist die Klage der Klägerin zu 2 auf die Revision der Beklagten unter Aufhebung bzw. Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen abzuweisen. Im Übrigen ist die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Bornkamm Büscher Schaffert
Koch Kirchhoff
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 18.03.2005 - 308 O 554/04 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 18.01.2006 - 5 U 58/05 -

(1) Der Urheber kann einem anderen das Recht einräumen, das Werk auf einzelne oder alle Nutzungsarten zu nutzen (Nutzungsrecht). Das Nutzungsrecht kann als einfaches oder ausschließliches Recht sowie räumlich, zeitlich oder inhaltlich beschränkt eingeräumt werden.

(2) Das einfache Nutzungsrecht berechtigt den Inhaber, das Werk auf die erlaubte Art zu nutzen, ohne dass eine Nutzung durch andere ausgeschlossen ist.

(3) Das ausschließliche Nutzungsrecht berechtigt den Inhaber, das Werk unter Ausschluss aller anderen Personen auf die ihm erlaubte Art zu nutzen und Nutzungsrechte einzuräumen. Es kann bestimmt werden, dass die Nutzung durch den Urheber vorbehalten bleibt. § 35 bleibt unberührt.

(4) (weggefallen)

(5) Sind bei der Einräumung eines Nutzungsrechts die Nutzungsarten nicht ausdrücklich einzeln bezeichnet, so bestimmt sich nach dem von beiden Partnern zugrunde gelegten Vertragszweck, auf welche Nutzungsarten es sich erstreckt. Entsprechendes gilt für die Frage, ob ein Nutzungsrecht eingeräumt wird, ob es sich um ein einfaches oder ausschließliches Nutzungsrecht handelt, wie weit Nutzungsrecht und Verbotsrecht reichen und welchen Einschränkungen das Nutzungsrecht unterliegt.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.