Bundesgerichtshof Urteil, 05. Juli 2001 - III ZR 310/00

bei uns veröffentlicht am05.07.2001

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 310/00
Verkündet am:
5. Juli 2001
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
------------------------------------
AGBG § 9 Bm
Die Klausel in einem Heimvertrag einer Einrichtung der Behindertenhilfe
"Bei vorübergehender Abwesenheit (z.B. Urlaub, Wochenend
- und Feiertagsabwesenheit, Krankenhausaufenthalt) bis
einschließlich drei Tagen ist das volle Betreuungsentgelt
weiterzuzahlen"
hält der Inhaltskontrolle nach § 9 AGBG nicht stand.
BGH, Urteil vom 5. Juli 2001 - III ZR 310/00 - OLG Celle
LG Hildesheim
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. Juli 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter
Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und Galke

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 23. November 2000 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Der Kläger ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben die Wahrnehmung von Interessen der Verbraucher gehört. Der Beklagte ist Mitglied des Diakonischen Werkes der evangelischen Landeskirche Hannover. Er betreibt als eingetragener Verein ein Heim für behinderte Personen. Mit den Bewohnern schließt er vorformulierte Betreuungsverträge ab. Die Parteien streiten im Verbandsprozeß über die Wirksamkeit verschiedener Vertragsbestimmungen. Im Revisionsverfahren geht es nur noch um die Klausel in § 2 Abs. 4 Satz 2 des Vertrags. Sie lautet:

"Bei vorübergehender Abwesenheit (z.B. Urlaub, Wochenendund Feiertagsabwesenheit, Krankenhausaufenthalt) bis einschließlich drei Tagen ist das volle Betreuungsentgelt weiterzuzahlen."
Der Beklagte hat die verwendete Klausel im wesentlichen damit gerechtfertigt , die konkrete Berücksichtigung ersparter Verpflegungskosten von 8,92 DM pro Tag erfordere einen erheblichen zusätzlichen verwaltungstechnischen Aufwand, der letztlich die Vorteile aus einer entsprechenden Erstattung aufzehre; es komme hinzu, daß der weit überwiegende Teil seiner Heimbewohner Sozialhilfeempfänger seien. Ein mit dem überörtlichen Träger der Sozialhilfe und den kommunalen Spitzenverbänden in Niedersachsen geschlossener Landesrahmenvertrag nach § 93 d Abs. 2 BSHG sehe dieselbe Entgeltregelung vor. Das Landgericht hat der auf Unterlassung der Verwendung dieser Klausel - ausgenommen gegenüber einer Person, die in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt (Unternehmer) - gerichteten Klage entsprochen. Die Berufung des Beklagten blieb ohne Erfolg. Mit der zugelassenen Revision begehrt der Beklagte Abweisung der Klage hinsichtlich dieser Klausel.

Entscheidungsgründe


Die Revision des Beklagten, deren Zulassung das Berufungsgericht wirksam auf die in Rede stehende Klausel beschränkt hat, ist unbegründet.
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, daß die Klausel, nach der das volle Betreuungsentgelt bei einer vorübergehenden Abwesenheit des Bewohners bis zu drei Tagen weiterzuzahlen ist, in ihrer undifferenzierten Ausgestaltung nach § 9 Abs. 1, 2 Nr. 1 AGBG unwirksam ist.

a) Zur Beurteilung s teht ein vom Beklagten so bezeichneter "Betreuungsvertrag (gemäß § 4 HeimG)", den dieser als Träger einer Einrichtung der Behindertenhilfe mit seinen Bewohnern, geistig behinderten Menschen, abschließt. Bei diesem Heimvertrag handelt es sich um einen gemischten Vertrag, der sich aus Elementen des Mietvertrags, des Dienstvertrags und des Kaufvertrags zusammensetzt (vgl. BGH, Urteile vom 29. Oktober 1980 - VIII ZR 326/79 - NJW 1981, 341, 342; vom 22. März 1989 - VIII ZR 154/88 - NJW 1989, 1673, 1674); im Hinblick auf die gegenüber dem aufgenommenen Personenkreis übernommenen Pflichten des Heimträgers, die in § 1 Abs. 2 des Vertrags näher beschrieben sind, ergibt sich hier ein Schwergewicht im dienstvertraglichen Bereich. Das Heimgesetz enthält zwar seit seiner Novellierung durch das Erste Gesetz zur Ä nderung des Heimgesetzes vom 23. April 1990 (BGBl. I S. 758) in § 4 und in §§ 4 a bis 4 d Regelungen über den Abschluß und verschiedene Aspekte der Veränderung von Leistungspflichten von Heimverträgen , die für Versicherte der sozialen Pflegeversicherung durch Art. 19 des Gesetzes zur sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit vom 26. Mai 1994 (BGBl. I S. 1014, 1057) in § 4 e HeimG ergänzt und modifiziert worden sind. Der Gesetzgeber hat jedoch auf eine umfassende und abschließende Regelung des Heimvertrags verzichtet (vgl. BT-Drucks. 11/5120 S. 11; Kunz/Ruf/Wiedemann, HeimG, 8. Aufl. 1998, § 4 Rn. 8), so daß Heimverträge , auch was die Kontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen angeht,
weiterhin an den einschlägigen zivilrechtlichen Normen, soweit sie nicht durch die Bestimmungen des Heimgesetzes verdrängt werden, zu messen sind.

b) Nutzt der Mieter aus einem in seiner Person liegenden Grund die Mietsache nicht oder nimmt der Dienstberechtigte die ihm angebotenen Leistungen des Dienstverpflichteten nicht entgegen, bleibt der Anspruch auf Zahlung des vereinbarten Entgelts unberührt (§§ 552, 615 BGB). Allerdings hat sich der andere Teil den Wert ersparter Aufwendungen anrechnen zu lassen (§§ 552 Satz 2, 615 Satz 2 BGB). Soweit die hier in Rede stehende Klausel daher das volle Betreuungsentgelt als geschuldet bezeichnet, läuft dies im Ergebnis auf eine Abbedingung des in den zitierten Vorschriften enthaltenen Grundgedankens hinaus.
Dies ist nicht im Hinblick auf § 4 Abs. 3 HeimG anders zu beurteilen. Nach dieser Vorschrift darf das Entgelt nicht in einem Mißverhältnis zu den Leistungen des Trägers liegen. Sie will eine Übervorteilung des Heimbewohners verhindern und ermöglicht eine Kontrolle, ob das Gesamtentgelt für die Überlassung der Unterkunft und die Gewährung oder Vorhaltung von Verpflegung und Betreuung, die der Heimträger im Vertrag im einzelnen zu beschreiben hat (vgl. § 4 Abs. 2 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 3 HeimG), unangemessen hoch ist, wobei zur Beurteilung auch das Entgelt für Leistungen herangezogen werden kann, das vergleichbare Träger ähnlicher Einrichtungen verlangen (vgl. BT-Drucks. 11/5120 S. 12; Kunz/Ruf/Wiedemann, § 4 Rn. 9 f). Ob die Unangemessenheit des zu zahlenden Gesamtentgelts sich auch daraus ergeben kann, daß nach dem Vertrag geschuldete Leistungsbestandteile auf Dauer nicht erbracht werden - für die hier im wesentlichen betroffene Verpflegung ist eine solche Fallgestaltung kaum vorstellbar -, bedarf keiner abschließenden
Entscheidung durch den Senat; sie dürfte in Fällen vorübergehender Abwesenheit , legt man die Angaben des Beklagten zugrunde, daß zur Zeit nur 8,92 DM des Gesamtentgelts von 212,59 DM pro Tag, also 4,2 v.H., auf die Verpflegung entfallen, wohl eher zu verneinen sein. Angesichts der Hauptzielrichtung des § 4 Abs. 3 HeimG, ein leistungsgerechtes Entgelt im Interesse der Heimbewohner sicherzustellen, ist jedoch eine Prüfung am Maßstab der §§ 552 Satz 2, 615 Satz 2 BGB, soweit es um den Wert ersparter Aufwendungen geht, nicht verschlossen. Ein solches Verständnis legt auch die Vorschrift des § 4 b Abs. 8 Satz 3 HeimG nahe, die die Ermäßigung des vereinbarten Entgelts um den Wert der vom Träger ersparten Aufwendungen in einem speziellen Fall unmittelbar regelt.

c) Ist danach davon auszugehen, daß die hier zu beurteilende Klausel die dispositiven Bestimmungen der §§ 552 Satz 2, 615 Satz 2 BGB verdrängt, hängt ihre Wirksamkeit davon ab, ob sie die Heimbewohner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.
aa) In der Praxis sind Klauseln, die das volle Entgelt bei einer vorübergehenden Abwesenheit bis zu drei Tagen vorsehen, offenbar nicht selten anzutreffen. In verschiedenen Musterverträgen des Bundesverbandes privater Alten- und Pflegeheime e.V. und der Verbände der freien Wohlfahrtspflege in Bayern (vgl. Abdruck bei Kunz/Ruf/Wiedemann, Anhang B 3) finden sich Bestimmungen , nach denen die Heimträger erst bei einer gewissen Dauer vorübergehender Abwesenheit, meist von mehr als drei Tagen, Erstattungen in unterschiedlicher Höhe vornehmen. Teilweise ist hiernach ein Vomhundertsatz des Pflegesatzes oder Verpflegungsgeld zu erstatten, teilweise wird auf Regelungen Bezug genommen, die sich aus Rahmenverträgen nach § 75 Abs. 1
SGB XI ergeben oder Pflegesatzvereinbarungen zugrunde liegen, die mit den Spitzenverbänden der freien Wohlfahrtspflege getroffen sind.
Bezieht man, da Heimbewohner die Kosten ihrer Unterbringung, Betreuung und Verpflegung häufig nicht aus ihren eigenen Mitteln aufbringen können, nach § 93 Abs. 2 und § 93 d Abs. 2 BSHG mit den Sozialhilfeträgern geschlossene Vereinbarungen mit in die Betrachtung ein (vgl. den Abdruck bei Dahlem /Giese/Igl/Klie, Das Heimgesetz, Bd. II Teil D mit den in den einzelnen Bundesländern geltenden Pflegesatzvereinbarungen), ergibt sich ein differenziertes Bild: Eine uneingeschränkte Erhebung des vollen Pflegesatzes ist bei einer vorübergehenden Abwesenheitsdauer von (zumeist) bis zu drei Tagen nach den wiedergegebenen Regelungen lediglich in Bremen (aaO Teil D IV 2), Nordrhein -Westfalen (aaO Teil D VIII 2) und Brandenburg (aaO Teil D XII 2) vorgesehen. Demgegenüber verlangen die Regelungen in Bayern (aaO Teil D II 2), Hamburg (aaO Teil D V/a und D V 2), Schleswig-Holstein (aaO Teil D XI 2) und Mecklenburg-Vorpommern (aaO Teil D XIII 2), daß - gegebenenfalls nach Wahl des Heimbewohners - Verpflegung zu gewähren oder ersparter Lebensmittelaufwand auszuzahlen ist. In Rheinland-Pfalz (aaO Teil D IX 2) und in Hessen (aaO Teil D VI 3.1) ist vorgesehen oder empfohlen, daß vom ersten Tag an nur ein Teil des Pflegesatzes zu erheben bzw. eine Rückvergütung vorzunehmen ist.
bb) In bisher veröffentlichter Rechtsprechung und Literatur überwiegen die Stimmen, die die hier zur Beurteilung stehende Klausel nicht für eine unangemessene Benachteiligung des Heimbewohners halten. Hierfür wird geltend gemacht, die Abwesenheit habe keinen meßbaren Einfluß auf die sogenannten Fixkosten des Heimträgers. Etwaige Ersparnisse an Strom- und sonstigen Ver-
brauchskosten seien zu vernachlässigen. Erspart würden lediglich Verpflegungskosten , die aber häufig nicht zu Buche schlügen, weil der Heimträger im voraus planen und damit rechnen müsse, daß der Bewohner seinen Entschluß noch kurzfristig ändere (vgl. Drettmann, in: Graf v. Westphalen, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Heimvertrag Rn. 12; OLG Nürnberg, NJW-RR 1998, 780, 781, bei einer Klausel, die die Erstattung einer Abwesenheitsvergütung für zwei Tage nicht vorsah; Palandt/Heinrichs, BGB, 60. Aufl. [2001], § 9 AGBG Rn. 93 a; im Ergebnis ebenso, aber ohne nähere Begründung Hensen, in: Ulmer /Brandner/Hensen, AGBG, 9. Aufl. [2001], Anhang §§ 9-11 Rn. 421). Darüber hinaus wird für erheblich gehalten, daß eine Erstattung für den geringen Teil der überhaupt betroffenen Heimbewohner nur einen unwesentlichen Vorteil darstelle, während der mit einer Erstattung verbundene Verwaltungsaufwand in keinem Verhältnis zu den zu erstattenden Beträgen liege (vgl. OLG Düsseldorf, NJW-RR 2000, 1508). Dem steht die Auffassung des Berufungsgerichts gegenüber, die Ersparnis des Heimträgers sei dann erheblich, wenn ein Heimbewohner seine Familie regelmäßig an Wochenenden und Feiertagen besuche. Dem Interesse des Heimträgers, den Verwaltungsaufwand so gering wie möglich zu halten, könne dadurch Rechnung getragen werden, daß er seine Kalkulation für ersparte Aufwendungen pauschal ansetze und eine Verpflichtung des Bewohners zur rechtzeitigen Information vereinbare, um sich auf die Abwesenheit des Bewohners einzustellen (in diesem Sinne auch Gaiser, NJW 1999, 2311, 2312; LG Neuruppin, VuR 1998, 316, 318).
cc) Der Senat ist mit dem Berufungsgericht der Auffassung, daß die vom Kläger beanstandete Klausel Selbstzahler dann unangemessen benachteiligt, wenn sie in nennenswertem Umfang von der Möglichkeit einer Beurlaubung über das Wochenende Gebrauch machen. Die Revision macht zwar geltend,
der Beklagte biete entsprechend der Regelung im Landesrahmenvertrag nach § 93 d Abs. 2 BSHG für die Zeit der Abwesenheit Verpflegung an. Abgesehen davon, daß diese im Landesrahmenvertrag übernommene Verpflichtung nicht im Zusammenhang mit der hier zur Beurteilung stehenden Klausel im Heimvertrag erwähnt wird, ist der Unterschied in der Interessenlage von Selbstzahlern und Heimbewohnern, deren Lebensbedarf insgesamt aus Mitteln der Sozialhilfe zu decken ist, zu beachten. Während der Sozialhilfeträger für den seiner Unterstützung unterstellten Personenkreis Sorge dafür zu tragen hat, in welcher Weise eine Verpflegung an Tagen vorgenommen wird, in denen sich der Bewohner nicht in der stationären Einrichtung befindet, fällt dies bei einem Selbstzahler in den eigenen Verantwortungsbereich. Er kann nicht darauf verwiesen werden, die an Tagen der Abwesenheit nur schwer erreichbare oder in anderer Form zur Verfügung gestellte Verpflegung des Heimträgers entgegenzunehmen.
Soweit die Revision rügt, das Berufungsgericht habe nicht davon ausgehen dürfen, daß die Heimbewohner mehr als einmal im Monat über einen Zeitraum von bis zu drei Tagen der Einrichtung fernbleiben, hat der Beklagte entsprechende Überlegungen des Landgerichts im Berufungsverfahren nicht angegriffen. Daß die Heimbewohner auf fremde Hilfe angewiesen seien, steht der wiederholten und regelmäßigen Beurlaubung an Wochenenden nicht, wie die Revision meint, entgegen. Der pauschale Hinweis des Beklagten in den Tatsacheninstanzen , in seiner Einrichtung seien die Verhältnisse ähnlich wie in dem vom Oberlandesgericht Düsseldorf (NJW-RR 2000, 1508) entschiedenen Fall, enthält keinen konkreten Tatsachenvortrag, der im Rahmen der nach § 9 Abs. 1 AGBG gebotenen generalisierenden und typisierenden Betrachtungsweise , bei der Art und Gegenstand, Zweck und besondere Eigenheit des hier in
Rede stehenden Heimvertrags zu berücksichtigen sind (vgl. BGHZ 110, 241, 244), die Schlußfolgerung erlaubt, die Klausel erfasse gruppentypisch lediglich Fallgestaltungen, bei denen eine nennenswerte Ersparnis von Aufwendungen ohnehin nicht in Betracht komme. Ist daher für das Revisionsverfahren davon auszugehen, daß Heimbewohner mehrfach am Wochenende ihre Familie besuchen und, soweit sie Selbstzahler sind, für ihre Verpflegung Sorge tragen müssen, bedeutet die Weitergeltung des vollen Betreuungsentgelts eine Benachteiligung , die auch unter Berücksichtigung des Rationalisierungsinteresses des Beklagten, die Vertragsabwicklung zu vereinfachen und zu vereinheitlichen (vgl. BGH, Urteil vom 10. Januar 1996 - XII ZR 271/94 - NJW 1996, 988, 989), nicht zu rechtfertigen ist. Zu Recht weist das Berufungsgericht auf die Möglichkeit hin, die Bewohner auf eine rechtzeitige Information zu verpflichten und dem Interesse an einer Vereinfachung der Verwaltungsabläufe in Fällen vorübergehender Abwesenheit durch eine pauschalierende Regelung über die Erstattung ersparter Aufwendungen Rechnung zu tragen. Dabei wird es wegen der Unselbständigkeit der Heimbewohner ohnehin erforderlich sein, deren Abwesenheit in geeigneter Weise festzuhalten.
2. Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht aus dem Umstand, daß nach dem im Revisionsverfahren zu unterstellenden Vorbringen des Beklagten mehr als 99 v.H. seiner Heimbewohner Sozialhilfeempfänger sind und daß der Landesrahmenvertrag nach § 93 d Abs. 2 BSHG eine ähnliche Regelung vorsieht. Die Situation von Selbstzahlern unterscheidet sich nämlich von derjenigen der Sozialhilfeempfänger in einem maßgebenden Punkt: Sie müssen auch an Tagen , an denen sie dem Heim fernbleiben, für die Finanzierung ihrer Verpflegung Sorge tragen. Mag auch der Verpflegungsanteil sich auf nur etwa 4,2 v.H. des Pflegesatzes belaufen, müßten sie doch über die absolute Höhe des vollen
Entgelts hinaus für ihre Verpflegung weitere Kosten aufwenden, wenn sie nicht im Rahmen ihrer Familie ohne weitere Gegenleistung verköstigt werden. Demgegenüber nimmt der Landesrahmenvertrag den von ihm betroffenen Hilfeempfängern diese Sorge ab und stellt damit gerade sicher, daß der Beklagte Aufwendungen nicht ersparen kann. Die oben 1 c aa wiedergegebenen Pflegesatzvereinbarungen , die entweder eine Verpflegung des Heimbewohners oder die Auszahlung eines ersparten Lebensmittelaufwands im Falle vorübergehender Abwesenheit vorsehen, können daher nicht für die Überlegung fruchtbar gemacht werden, es bestehe gewissermaßen eine Verkehrssitte, nach der ein Heimbewohner die finanziellen Folgen vorübergehender Abwesenheit wegen des andernfalls anfallenden Verwaltungsaufwands selbst tragen müsse. Auch soweit in einigen Ländern Pflegesatzvereinbarungen getroffen sind, nach denen das volle Betreuungsentgelt in Fällen kurzfristiger Abwesenheit ungekürzt zur Verfügung gestellt wird, vermag dies die hier zu beurteilende Situation von Selbstzahlern nicht zu berühren. Denn die vertragsschließenden Sozialhilfeträger nehmen ihre Interessen unabhängig von den Vorschriften des AGB-Gesetzes wahr und können wegen des - im Unterschied zum Selbstzahler - auch bei ihnen anfallenden Verwaltungsaufwands eine Abwägung vornehmen, die zu einem - nur scheinbaren - Verzicht auf eine Erstattungsleistung führt. Aus diesem Grund geht auch die Auffassung der Revision fehl, weil mehr als 99 v.H. der Heimbewohner als Sozialhilfeempfänger von der beanstandeten Vertragsbedingung finanziell nicht belastet würden, fehle es hier an der rollenspezifischen Unterlegenheit, die Grundlage des generellen Prüfungsmaßstabs der Überprüfung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach dem AGBGesetz sei. Soweit die Revision meint, dieser Umstand führe nach § 24 a Nr. 3 AGBG dazu, Bedenken gegen die Klausel abzuschwächen, läßt sie unberücksichtigt , daß die den Vertragsabschluß begleitenden Umstände im abstrakten
Kontrollverfahren keine Rolle spielen (vgl. BGHZ 141, 108, 113 f). Auch die von der Revision angeführte Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABlEG Nr. L 95, S. 29) unterscheidet zwischen Individual- und Verbandsprozeß (vgl. Art. 4 Abs. 1, Art. 7).
3. Ohne Erfolg verweist die Revision schließlich auf die Regelung des § 75 Abs. 1 Satz 4 SGB XI. Nach dieser Bestimmung sind Rahmenverträge, die Landesverbände der Pflegekassen mit den Vereinigungen der Träger der ambulanten oder stationären Pflegeeinrichtungen oder den Kirchen, Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts oder dem Wohlfahrtsverband, soweit ihnen entsprechende Pflegeeinrichtungen zuzuordnen sind, zur Sicherstellung einer wirksamen und wirtschaftlichen pflegerischen Versorgung der Versicherten abschließen, für die Pflegekassen und die zugelassenen Pflegeeinrichtungen im Inland unmittelbar verbindlich. Der im Rechtsstreit vorgelegte Landesrahmenvertrag nach § 93 d Abs. 2 BSHG ist indessen kein Vertrag im Sinne
des § 75 SGB XI, denn er ist nicht - wie auch die Revisionsverhandlung ergeben hat - von dem zuständigen Landesverband der Pflegekassen mit abgeschlossen worden.
Rinne Wurm Kapsa Dörr Galke

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 05. Juli 2001 - III ZR 310/00

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Die zuständigen Behörden informieren und beraten

1.
die Bewohnerinnen und Bewohner sowie die Heimbeiräte und Heimfürsprecher über ihre Rechte und Pflichten,
2.
Personen, die ein berechtigtes Interesse haben, über Heime im Sinne des § 1 und über die Rechte und Pflichten der Träger und der Bewohnerinnen und Bewohner solcher Heime und
3.
auf Antrag Personen und Träger, die die Schaffung von Heimen im Sinne des § 1 anstreben oder derartige Heime betreiben, bei der Planung und dem Betrieb der Heime.

(1) Der Vermieter kann die Ausübung des Wegnahmerechts (§ 539 Abs. 2) durch Zahlung einer angemessenen Entschädigung abwenden, wenn nicht der Mieter ein berechtigtes Interesse an der Wegnahme hat.

(2) Eine Vereinbarung, durch die das Wegnahmerecht ausgeschlossen wird, ist nur wirksam, wenn ein angemessener Ausgleich vorgesehen ist.

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

(1) Der Vermieter kann die Ausübung des Wegnahmerechts (§ 539 Abs. 2) durch Zahlung einer angemessenen Entschädigung abwenden, wenn nicht der Mieter ein berechtigtes Interesse an der Wegnahme hat.

(2) Eine Vereinbarung, durch die das Wegnahmerecht ausgeschlossen wird, ist nur wirksam, wenn ein angemessener Ausgleich vorgesehen ist.

Die zuständigen Behörden informieren und beraten

1.
die Bewohnerinnen und Bewohner sowie die Heimbeiräte und Heimfürsprecher über ihre Rechte und Pflichten,
2.
Personen, die ein berechtigtes Interesse haben, über Heime im Sinne des § 1 und über die Rechte und Pflichten der Träger und der Bewohnerinnen und Bewohner solcher Heime und
3.
auf Antrag Personen und Träger, die die Schaffung von Heimen im Sinne des § 1 anstreben oder derartige Heime betreiben, bei der Planung und dem Betrieb der Heime.

(1) Dieses Gesetz gilt für Heime. Heime im Sinne dieses Gesetzes sind Einrichtungen, die dem Zweck dienen, ältere Menschen oder pflegebedürftige oder behinderte Volljährige aufzunehmen, ihnen Wohnraum zu überlassen sowie Betreuung und Verpflegung zur Verfügung zu stellen oder vorzuhalten, und die in ihrem Bestand von Wechsel und Zahl der Bewohnerinnen und Bewohner unabhängig sind und entgeltlich betrieben werden.

(2) Die Tatsache, dass ein Vermieter von Wohnraum durch Verträge mit Dritten oder auf andere Weise sicherstellt, dass den Mietern Betreuung und Verpflegung angeboten werden, begründet allein nicht die Anwendung dieses Gesetzes. Dies gilt auch dann, wenn die Mieter vertraglich verpflichtet sind, allgemeine Betreuungsleistungen wie Notrufdienste oder Vermittlung von Dienst- und Pflegeleistungen von bestimmten Anbietern anzunehmen und das Entgelt hierfür im Verhältnis zur Miete von untergeordneter Bedeutung ist. Dieses Gesetz ist anzuwenden, wenn die Mieter vertraglich verpflichtet sind, Verpflegung und weitergehende Betreuungsleistungen von bestimmten Anbietern anzunehmen.

(3) Auf Heime oder Teile von Heimen im Sinne des Absatzes 1, die der vorübergehenden Aufnahme Volljähriger dienen (Kurzzeitheime), sowie auf stationäre Hospize finden die §§ 6, 7, 10 und 14 Abs. 2 Nr. 3 und 4, Abs. 3, 4 und 7 keine Anwendung. Nehmen die Heime nach Satz 1 in der Regel mindestens sechs Personen auf, findet § 10 mit der Maßgabe Anwendung, dass ein Heimfürsprecher zu bestellen ist.

(4) Als vorübergehend im Sinne dieses Gesetzes ist ein Zeitraum von bis zu drei Monaten anzusehen.

(5) Dieses Gesetz gilt auch für Einrichtungen der Tages- und der Nachtpflege mit Ausnahme der §§ 10 und 14 Abs. 2 Nr. 3 und 4, Abs. 3, 4 und 7. Nimmt die Einrichtung in der Regel mindestens sechs Personen auf, findet § 10 mit der Maßgabe Anwendung, dass ein Heimfürsprecher zu bestellen ist.

(6) Dieses Gesetz gilt nicht für Krankenhäuser im Sinne des § 2 Nr. 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes. In Einrichtungen zur Rehabilitation gilt dieses Gesetz für die Teile, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllen. Dieses Gesetz gilt nicht für Internate der Berufsbildungs- und Berufsförderungswerke.

Die zuständigen Behörden informieren und beraten

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die Bewohnerinnen und Bewohner sowie die Heimbeiräte und Heimfürsprecher über ihre Rechte und Pflichten,
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3.
auf Antrag Personen und Träger, die die Schaffung von Heimen im Sinne des § 1 anstreben oder derartige Heime betreiben, bei der Planung und dem Betrieb der Heime.

(1) Der Vermieter kann die Ausübung des Wegnahmerechts (§ 539 Abs. 2) durch Zahlung einer angemessenen Entschädigung abwenden, wenn nicht der Mieter ein berechtigtes Interesse an der Wegnahme hat.

(2) Eine Vereinbarung, durch die das Wegnahmerecht ausgeschlossen wird, ist nur wirksam, wenn ein angemessener Ausgleich vorgesehen ist.

(1) Die Landesverbände der Pflegekassen schließen unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes sowie des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. im Land mit den Vereinigungen der Träger der ambulanten oder stationären Pflegeeinrichtungen im Land gemeinsam und einheitlich Rahmenverträge mit dem Ziel, eine wirksame und wirtschaftliche pflegerische Versorgung der Versicherten sicherzustellen. Für Pflegeeinrichtungen, die einer Kirche oder Religionsgemeinschaft des öffentlichen Rechts oder einem sonstigen freigemeinnützigen Träger zuzuordnen sind, können die Rahmenverträge auch von der Kirche oder Religionsgemeinschaft oder von dem Wohlfahrtsverband abgeschlossen werden, dem die Pflegeeinrichtung angehört. Bei Rahmenverträgen über ambulante Pflege sind die Arbeitsgemeinschaften der örtlichen Träger der Sozialhilfe oder anderer nach Landesrecht für die Sozialhilfe zuständigen Träger, bei Rahmenverträgen über stationäre Pflege die überörtlichen Träger der Sozialhilfe und die Arbeitsgemeinschaften der örtlichen Träger der Sozialhilfe als Vertragspartei am Vertragsschluß zu beteiligen. Die Rahmenverträge sind für die Pflegekassen und die zugelassenen Pflegeeinrichtungen im Inland unmittelbar verbindlich. Sie sind von den Landesverbänden der Pflegekassen zu veröffentlichen.

(2) Die Verträge regeln insbesondere:

1.
den Inhalt der Pflegeleistungen einschließlich der Sterbebegleitung sowie bei stationärer Pflege die Abgrenzung zwischen den allgemeinen Pflegeleistungen, den Leistungen bei Unterkunft und Verpflegung und den Zusatzleistungen,
1a.
bei häuslicher Pflege den Inhalt der ergänzenden Unterstützung bei Nutzung von digitalen Pflegeanwendungen,
2.
die allgemeinen Bedingungen der Pflege einschließlich der Vertragsvoraussetzungen und der Vertragserfüllung für eine leistungsfähige und wirtschaftliche pflegerische Versorgung, der Kostenübernahme, der Abrechnung der Entgelte und der hierzu erforderlichen Bescheinigungen und Berichte,
3.
Maßstäbe und Grundsätze für eine wirtschaftliche und leistungsbezogene, am Versorgungsauftrag orientierte personelle und sächliche Ausstattung der Pflegeeinrichtungen,
4.
die Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Pflege,
5.
Abschläge von der Pflegevergütung bei vorübergehender Abwesenheit (Krankenhausaufenthalt, Beurlaubung) des Pflegebedürftigen aus dem Pflegeheim,
6.
den Zugang des Medizinischen Dienstes und sonstiger von den Pflegekassen beauftragter Prüfer zu den Pflegeeinrichtungen,
7.
die Verfahrens- und Prüfungsgrundsätze für Wirtschaftlichkeits- und Abrechnungsprüfungen,
8.
die Grundsätze zur Festlegung der örtlichen oder regionalen Einzugsbereiche der Pflegeeinrichtungen, um Pflegeleistungen ohne lange Wege möglichst orts- und bürgernah anzubieten,
9.
die Möglichkeiten, unter denen sich Mitglieder von Selbsthilfegruppen, ehrenamtliche Pflegepersonen und sonstige zum bürgerschaftlichen Engagement bereite Personen und Organisationen in der häuslichen Pflege sowie in ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen an der Betreuung Pflegebedürftiger beteiligen können,
10.
die Anforderungen an die nach § 85 Absatz 3 geeigneten Nachweise zur Darlegung der prospektiven Sach- und Personalaufwendungen einschließlich der Aufwendungen für die Personalbeschaffung sowie geeigneter Qualitätsnachweise für die Anwerbung von Pflegepersonal aus Drittstaaten bei den Vergütungsverhandlungen, soweit nicht von den Richtlinien gemäß § 82c Absatz 4 umfasst.
Durch die Regelung der sächlichen Ausstattung in Satz 1 Nr. 3 werden Ansprüche der Pflegeheimbewohner nach § 33 des Fünften Buches auf Versorgung mit Hilfsmitteln weder aufgehoben noch eingeschränkt.

(3) Als Teil der Verträge nach Absatz 2 Nr. 3 sind entweder

1.
landesweite Verfahren zur Ermittlung des Personalbedarfs oder zur Bemessung der Pflegezeiten oder
2.
landesweite Personalrichtwerte
zu vereinbaren. Dabei ist jeweils der besondere Pflege- und Betreuungsbedarf Pflegebedürftiger mit geistigen Behinderungen, psychischen Erkrankungen, demenzbedingten Fähigkeitsstörungen und anderen Leiden des Nervensystems zu beachten. Bei der Vereinbarung der Verfahren nach Satz 1 Nr. 1 sind auch in Deutschland erprobte und bewährte internationale Erfahrungen zu berücksichtigen. Die Personalrichtwerte nach Satz 1 Nr. 2 können als Bandbreiten vereinbart werden und umfassen bei teil- oder vollstationärer Pflege wenigstens
1.
das Verhältnis zwischen der Zahl der Heimbewohner und der Zahl der Pflege- und Betreuungskräfte (in Vollzeitkräfte umgerechnet), unterteilt nach Pflegegrad (Personalanhaltszahlen), sowie
2.
im Bereich der Pflege, der Betreuung und der medizinischen Behandlungspflege zusätzlich den Anteil der ausgebildeten Fachkräfte am Pflege- und Betreuungspersonal.
Die Maßstäbe und Grundsätze nach Absatz 2 Nummer 3 sind auch daraufhin auszurichten, dass das Personal bei demselben Einrichtungsträger in verschiedenen Versorgungsbereichen flexibel eingesetzt werden kann. Dies umfasst auch Personalpools oder vergleichbare betriebliche Ausfallkonzepte auf Grundlage einer einrichtungsspezifischen Konzeption, mit denen die vertraglich vereinbarte Personalausstattung bei kurzfristigen Personalausfällen oder vorübergehend nicht besetzbaren Stellen sichergestellt wird.

(4) Kommt ein Vertrag nach Absatz 1 innerhalb von sechs Monaten ganz oder teilweise nicht zustande, nachdem eine Vertragspartei schriftlich zu Vertragsverhandlungen aufgefordert hat, wird sein Inhalt auf Antrag einer Vertragspartei durch die Schiedsstelle nach § 76 festgesetzt. Satz 1 gilt auch für Verträge, mit denen bestehende Rahmenverträge geändert oder durch neue Verträge abgelöst werden sollen.

(5) Die Verträge nach Absatz 1 können von jeder Vertragspartei mit einer Frist von einem Jahr ganz oder teilweise gekündigt werden. Satz 1 gilt entsprechend für die von der Schiedsstelle nach Absatz 4 getroffenen Regelungen. Diese können auch ohne Kündigung jederzeit durch einen Vertrag nach Absatz 1 ersetzt werden.

(6) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen und die Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene sollen unter Beteiligung des Medizinischen Dienstes Bund, des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. sowie unabhängiger Sachverständiger gemeinsam mit der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände und der Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe Empfehlungen zum Inhalt der Verträge nach Absatz 1 abgeben. Sie arbeiten dabei mit den Verbänden der Pflegeberufe sowie den Verbänden der Behinderten und der Pflegebedürftigen eng zusammen.

(7) Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen, die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe, die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände und die Vereinigungen der Träger der Pflegeeinrichtungen auf Bundesebene vereinbaren gemeinsam und einheitlich Grundsätze ordnungsgemäßer Pflegebuchführung für die ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen. Die Vereinbarung nach Satz 1 tritt unmittelbar nach Aufhebung der gemäß § 83 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 erlassenen Rechtsverordnung in Kraft und ist den im Land tätigen zugelassenen Pflegeeinrichtungen von den Landesverbänden der Pflegekassen unverzüglich bekannt zu geben. Sie ist für alle Pflegekassen und deren Verbände sowie für die zugelassenen Pflegeeinrichtungen unmittelbar verbindlich.