Bundesgerichtshof Urteil, 02. Aug. 2018 - III ZR 466/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2018:020818UIIIZR466.16.0
bei uns veröffentlicht am02.08.2018
vorgehend
Landgericht Dresden, 5 O 1028/14, 04.12.2015
Oberlandesgericht Dresden, 1 U 48/16, 17.08.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 466/16
Verkündet am:
2. August 2018
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zu den Anforderungen an die Beratungspflicht des Trägers der Sozialhilfe
gemäß § 14 SGB I, wenn bei Beantragung von laufenden Leistungen der
Grundsicherung wegen Erwerbsminderung ein dringender rentenversicherungsrechtlicher
Beratungsbedarf erkennbar ist.
BGH, Urteil vom 2. August 2018 - III ZR 466/16 - OLG Dresden
LG Dresden
ECLI:DE:BGH:2018:020818UIIIZR466.16.0

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 2. August 2018 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann, die Richter Tombrink, Dr. Remmert und Reiter sowie die Richterin Pohl

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 17. August 2016 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an einen anderen Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger, der schwerbehindert ist, nimmt den beklagten Landkreis als Sozialhilfeträger unter dem Gesichtspunkt der Amtshaftung (§ 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG) wegen fehlerhafter Beratung auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Der am 21. April 1984 geborene Kläger, dessen Behinderungsgrad von 100 % seit dem 3. September 1992 anerkannt ist, besuchte vom 1. August 1991 bis zum 31. Juli 2002 eine Förderschule für geistig Behinderte. Anschließend nahm er vom 2. September 2002 bis zum 27. September 2004 in der DRK-Werkstatt für behinderte Menschen in M. an berufsbildenden Maßnahmen im Sinne des § 102 Abs. 2 SGB III in der damals geltenden Fassung teil (Tätigkeitsgebiet: Einfachmontage). Da es ihm in der Folgezeit nicht möglich war, ein seinen Lebensbedarf deckendes Erwerbseinkommen zu erzielen, beantragte seine zur Betreuerin bestellte Mutter unter dem 7. Dezember 2004 bei dem Landratsamt M. laufende Leistungen der Grundsicherung nach dem Gesetz über eine bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (GSiG, gültig bis zum 31. Dezember 2004) beziehungsweise nach §§ 41 ff SGB XII (gültig ab dem 1. Januar 2005). In dem von ihr ausgefüllten Antragsformular beantwortete sie die Frage "Besteht ein Rentenanspruch, ggf. wann und wo wurde Antrag gestellt?" durch Ankreuzen der Alternative "nein". Der Beklagte gewährte dem Kläger die beantragten Leistungen für die Zeit vom 1. November 2004 bis zum 31. Juli 2011.
3
Nachdem die Mutter des Klägers im Jahr 2011 von einer (neuen) Sachbearbeiterin des Landratsamts des Beklagten erstmals darüber informiert worden war, dass der Kläger einen Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung wegen voller Erwerbsminderung habe, bewilligte die Deutsche Rentenversicherung Bund auf entsprechenden Antrag des Klägers vom 31. August 2011 mit Bescheid vom 28. November 2011 eine monatliche Er- werbsunfähigkeitsrente von zunächst 802,36 € mit Wirkung ab 1. August 2011. In dem Rentenbescheid wurde unter anderem festgestellt, dass die Anspruchsvoraussetzungen bereits seit dem 10. November 2004 erfüllt seien. Mit Schreiben vom 29. November 2013 führte die Rentenversicherung ergänzend aus, dass seit dem 10. November 2004 eine volle Erwerbsminderung bestehe und die "allgemeine Wartezeit" von grundsätzlich 60 Monaten vorzeitig erfüllt sei, da die Erwerbsminderung innerhalb von sechs Jahren nach einer Ausbildung eingetreten sei und in den letzten zwei Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vorhanden seien. Bei Antragstellung bis 28. Februar 2005 hätte sich der frühestmögliche Rentenbeginn zum 1. Dezember 2004 ergeben.
4
Der Kläger verlangt Schadensersatz in Höhe der Differenz zwischen der vom 10. November 2004 bis 31. Juli 2011 gewährten Grundsicherung und der ihm in diesem Zeitraum bei rechtzeitiger Antragstellung zustehenden Rente wegen voller Erwerbsminderung. Er hat vorgetragen, der geltend gemachte Differenzschaden wäre nicht eingetreten, wenn der Beklagte ihn beziehungsweise seine Betreuerin bereits im Jahr 2004 auf die Möglichkeit des Rentenbezugs hingewiesen hätte. Die Sachbearbeiterin des Landratsamts sei zwar nicht verpflichtet gewesen, eine Rentenberatung vorzunehmen, sie habe aber ihre Informationsmöglichkeiten - zum Beispiel durch eine Nachfrage bei der Rentenversicherung - nutzen müssen, um zu klären, ob ein Rentenanspruch bestehe.
5
Das Landgericht hat der auf Zahlung von 50.322,61 € nebst Zinsen gerichteten Klage stattgegeben. Auf die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abgewiesen. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe


6
Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.

I.


7
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
8
Dem Kläger stehe kein Amtshaftungsanspruch wegen fehlerhafter Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung oder wegen fehlerhafter Beratung zu. Die Mitarbeiter der Grundsicherungsbehörde beziehungsweise des Sozialamts hätten keine ihnen gegenüber dem Kläger obliegenden Amtspflichten verletzt. Trotz des Nachrangs der Sozialhilfe (§ 2 Abs. 1 BSHG bis 31. Dezember 2004, § 2 Abs. 1 SGB XII ab 1. Januar 2005) habe die zuständige Sachbearbeiterin dem Antrag des Klägers auf Grundsicherung zu Recht stattgegeben, da der Kläger in dem Bewilligungszeitraum von 2004 bis 2011 nicht in der Lage gewesen sei, sich durch den Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst zu helfen, und auch keine Leistungen von anderen Sozialleistungsträgern - insbesondere keine Erwerbsunfähigkeitsrente - erhalten habe. Der Grundsatz des Nachrangs der Sozialhilfe diene nicht dem Schutz des Anspruchstellers, sondern solle die Haushalte der Sozialhilfeträger vor einer Inanspruchnahme schützen.
9
Eine Amtspflichtverletzung liege auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer fehlerhaften Beratung vor. Da unstreitig kein Hinweis auf die Möglichkeit einer Erwerbsminderungsrente erfolgt sei, komme allenfalls eine unvollständige Auskunft in Betracht. Es erscheine aber bereits fraglich, ob es ein Beratungsbegehren des Klägers gegeben habe. Die Mitarbeiter des Sozialamts seien gemäß § 14 Satz 2 SGB I nur für eine Beratung in Bezug auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch XII zuständig. Nur in diesem Rahmen seien sie, auch ohne konkrete Nachsuche, verpflichtet, bei Vorliegen eines Anlasses auf klar zutage tretende Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen. Außerhalb ihres Zu- ständigkeitsbereichs könne sich eine Beratungspflicht allenfalls dann ergeben, wenn sie "sehenden Auges" offensichtliche Dinge übersehen hätten, die auch einem Sachbearbeiter im Sozialamt ohne weiteres hätten auffallen müssen. Dies sei vorliegend hinsichtlich der Bewilligung einer Erwerbsminderungsrente nicht der Fall. Zur Beurteilung der relevanten Fragen seien Spezialkenntnisse des Rentenversicherungsrechts erforderlich gewesen. Selbst dem Senat erschließe sich nicht, inwieweit die Anspruchsvoraussetzungen hier erfüllt seien. Dem Sozialamt habe daher die Möglichkeit einer Erwerbsunfähigkeitsrente nicht im Geringsten naheliegend erscheinen müssen.

II.


10
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung nicht stand, soweit das Berufungsgericht eine Amtspflichtverletzung des Beklagten im Zusammenhang mit den ihm nach § 14 Satz 1 SGB I obliegenden besonderen sozialrechtlichen Beratungs- und Betreuungspflichten verneint hat. Unter den gegebenen Umständen war anlässlich der Beantragung von Leistungen der Grundsicherung zumindest ein Hinweis vonseiten des Beklagten notwendig, dass auch ein Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente in Betracht kam und deshalb eine Beratung durch den zuständigen Rentenversicherungsträger geboten war.
11
1. Nicht zu beanstanden ist, dass das Berufungsgericht die Bewilligung von laufenden Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz beziehungsweise nach §§ 41 ff SGB XII mit Bescheid des Beklagten vom 25. November 2004 und Folgebescheiden als rechtmäßig angesehen hat, da der voll erwerbsgeminderte Kläger keine Leistungen anderer Sozialleistungsträger bezogen habe (vgl. § 2 Abs. 1 BSHG, § 2 Abs. 1 SGB XII). Dies zieht auch die Revision nicht in Zweifel.
12
2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist jedoch ein Beratungsfehler der Mitarbeiter des Beklagten und damit die Verletzung einer drittbezogenen Amtspflicht im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB darin zu sehen, dass die Grundsicherungsbehörde beziehungsweise das Sozialamt, obwohl ein dringender Beratungsbedarf in rentenversicherungsrechtlicher Hinsicht deutlich erkennbar war (möglicher Anspruch auf Erwerbsunfähigkeitsrente), einen entsprechenden Hinweis unter Verstoß gegen § 14 Satz 1 SGB I unterlassen hat.
13
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats müssen Auskünfte, die ein Beamter erteilt, dem Stand seiner Erkenntnismöglichkeit entsprechend, sachgerecht, das heißt vollständig, richtig und unmissverständlich, sein, so dass der Empfänger der Auskunft entsprechend disponieren kann. Wenn Rechts- und Fachkenntnisse über den Gegenstand der Auskunft beim Empfänger nicht vorausgesetzt werden können, muss die Auskunft nach Form und Inhalt so klar und eindeutig sein, dass Missverständnisse und Zweifel, wie sie bei unerfahrenen Personen leicht entstehen können, möglichst ausgeschlossen sind. Diese Amtspflicht besteht gegenüber jedem Dritten, in dessen Interesse oder auf dessen Antrag die Auskunft erteilt wird (st. Rspr. vgl. nur Senatsurteile vom 2. Februar 1997 - III ZR 241/95, NVwZ 1997, 1243 und vom 26. April 2018 - III ZR 367/16, MDR 2018, 793 Rn. 26; BeckOGK/Dörr, BGB, § 839 Rn. 183 [Stand: 1. April 2018]; jew. mwN).
14
b) Es entspricht darüber hinaus ständiger Rechtsprechung des Senats, dass besondere Lagen und Verhältnisse für den Beamten zusätzliche (Fürsorge -)Pflichten begründen können, zum Beispiel die Pflicht, einen Gesuchsteller über die zur Erreichung seiner Ziele notwendigen Maßnahmen belehrend auf- zuklären oder in anderer Weise helfend tätig zu werden, wenn der Beamte erkennt oder erkennen muss, dass der Betroffene seine Lage in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht nicht richtig zu beurteilen vermag. Insbesondere darf der Beamte nicht "sehenden Auges" zulassen, dass der einen Antrag stellende oder vorsprechende Bürger Schäden erleidet, die der Beamte durch einen kurzen Hinweis, eine Belehrung mit wenigen Worten oder eine entsprechende Aufklärung über die Sach- und Rechtslage zu vermeiden in der Lage ist (z.B. Senatsurteile vom 7. Dezember 1995 - III ZR 141/94, NVwZ 1996, 512, 514; vom 9. Oktober 2003 - III ZR 414/02, NVwZ 2004, 638, 639; vom 3. März 2005 - III ZR 186/04, NVwZ-RR 2006, 634 und vom 20. April 2017 - III ZR 470/16, NVwZ-RR 2017, 608 Rn. 42). Diese zusätzlichen Aufklärungs- und Belehrungspflichten ergeben sich aus dem Grundsatz, dass der Beamte nicht nur Vollstrecker staatlichen Willens, nicht nur Diener des Staates, sondern zugleich "Helfer des Bürgers" sein soll, und betreffen Fallkonstellationen, in denen sich die notwendige Hilfe oder eine andere gebotene Verhaltensweise situationsbedingt aufdrängen (Senatsurteil vom 9. Oktober 2003 aaO; BeckOGK/Dörr aaO Rn. 181, 195; jew. mwN).
15
c) Besondere Beratungs- und Betreuungspflichten bestehen im Sozialrecht für die Sozialleistungsträger (vgl. § 2 Abs. 2 Halbsatz 2, §§ 14, 15 und 17 Abs. 1 SGB I). Denn eine umfassende Beratung des Versicherten ist die Grundlage für das Funktionieren des immer komplizierter werdenden sozialen Leistungssystems. Im Vordergrund steht dabei nicht mehr nur die Beantwortung von Fragen oder Bitten um Beratung, sondern die verständnisvolle Förderung des Versicherten, das heißt die aufmerksame Prüfung durch den Sachbearbeiter, ob Anlass besteht, den Versicherten auch von Amts wegen auf Gestaltungsmöglichkeiten oder Nachteile hinzuweisen, die sich mit seinem Anliegen verbinden ; denn schon gezielte Fragen setzen Sachkunde voraus, über die der Versi- cherte oft nicht verfügt (Senatsurteil vom 6. Februar 1997 - III ZR 241/95, NVwZ 1997, 1243; BSGE 61, 175, 176). Die Kompliziertheit des Sozialrechts liegt gerade in der Verzahnung seiner Sicherungsformen bei den verschiedenen versicherten Risiken (z.B. den Risiken der Renten- und Krankenversicherung), aber auch in der Verknüpfung mit anderen Sicherungssystemen (hier: Grundsicherung bei Erwerbsminderung nach §§ 41 ff SGB XII und Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI). Diese Sicherungssysteme können sowohl nebeneinander als auch nacheinander für den einzelnen wirksam werden. So kann nach den Normen, die ihr Verhältnis zueinander regeln, die Anrechnung bestimmter Zeiten in dem einen System die Anrechnung in dem anderen ausschließen oder die Gewährung von Leistungen aus dem einen System der Gewährung entsprechender aus dem anderen entgegenstehen oder sie begrenzen (vgl. § 2 Abs. 1 SGB XII). Die Beratungspflicht ist deshalb nicht auf die Normen beschränkt, die der betreffende Sozialleistungsträger, hier die Grundsicherungsbehörde beziehungsweise das Sozialamt, anzuwenden hat (BSGE aaO S. 176 f). Der Leistungsträger kann sich nicht auf die Beantwortung konkreter Fragen oder abgegrenzter Bitten beschränken, sondern muss sich bemühen, das konkrete Anliegen des Ratsuchenden zu ermitteln und - unter dem Gesichtspunkt einer verständnisvollen Förderung - zu prüfen, ob über die konkrete Fragestellung hinaus Anlass besteht, auf Gestaltungsmöglichkeiten, Vor- oder Nachteile hinzuweisen, die sich mit dem Anliegen verbinden (Senatsurteil vom 6. Februar 1997 aaO S. 1244; BSGE aaO; BeckOGK/Dörr aaO Rn. 185).
16
d) Vor diesem Hintergrund geht das Bundessozialgericht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass § 14 Satz 1 SGB I, wonach jeder Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach dem Sozialgesetzbuch hat, nicht nur diejenigen Leistungsträger, denen gegenüber Rechte geltend zu machen oder Pflichten zu erfüllen sind, zur Beratung verpflichtet (s. § 14 Satz 2 SGB I; hier: Träger der Rentenversicherung), sondern Beratungspflichten auch eine "andere Behörde" (hier: Grundsicherungsamt bzw. Sozialamt) treffen können. Letzteres kommt insbesondere dann in Betracht, wenn die Zuständigkeitsbereiche beider Stellen materiell-rechtlich eng miteinander verknüpft sind, die "andere Behörde" im maßgeblichen Zeitpunkt auf Grund eines bestehenden Kontakts der "aktuelle Ansprechpartner" des Berechtigten ist und auf Grund der ihr bekannten Umstände erkennen kann, dass bei dem Berechtigten im Hinblick auf das andere sozialrechtliche Gebiet ein dringender Beratungsbedarf in einer gewichtigen Frage besteht (z.B. BSG NZS 1997, 283, 285; BSGE 104, 245 Rn. 44; BeckRS 2016, 69592 Rn. 30; jew. mwN). Dabei kann auch dem Umstand Bedeutung zukommen, dass die in Frage stehenden Leistungen verfahrensrechtlich verknüpft sind (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juli 1985 - 10 Rkg 5/84, juris Rn. 17; NZS 1997 aaO S. 286). Ist anlässlich eines Kontakts des Bürgers mit einem anderen Sozialleistungsträger für diesen ein zwingender rentenversicherungsrechtlicher Beratungsbedarf ersichtlich, so besteht für den aktuell angegangenen Leistungsträger auch ohne ein entsprechendes Beratungsbegehren , durch das in der Regel die Beratungspflicht erst ausgelöst wird, zumindest die Pflicht, dem Bürger nahezulegen, sich (auch) von dem Rentenversicherungsträger beraten zu lassen (vgl. § 2 Abs. 2 Halbsatz 2, § 17 Abs. 1 SGB I). Eine solche Spontanberatungspflicht eines Leistungsträgers, der kein Rentenversicherungsträger ist, in einer rentenversicherungsrechtlichen Angelegenheit kommt aber nur dann in Betracht, wenn die in dem konkreten Verwaltungskontakt zutage tretenden Umstände insoweit eindeutig sind, als sie ohne weitere Ermittlungen einen dringenden rentenversicherungsrechtlichen Beratungsbedarf erkennen lassen (BSG NZS 2011, 342 Rn. 35).
17
e) Ergänzend zur allgemeinen Vorschrift des § 14 SGB I regelt § 11 SGB XII spezielle Beratungspflichten der Träger der Sozialhilfe. Nach § 11 Abs. 2 Satz 3 SGB XII sind die Leistungsberechtigten unter anderem auch für den Er- halt von (anderen) Sozialleistungen zu "befähigen" (siehe dazu BeckOK-Sozialrecht /Groth, SGB XII, § 11 Rn. 5 [Stand: 1. Juni 2017]; Streichsbier in Grube/ Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl., § 11 Rn. 3; Luthe in Hauck/Noftz, SGB, Stand: 04/17, § 11 SGB XII Rn. 22; Müller-Grune in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl., § 11 Rn. 21). Eine entsprechende Beratungspflicht ist auch bereits auf der Grundlage des bis zum 31. Dezember 2014 geltenden Rechts aus § 8 Abs. 2 BSHG hergeleitet worden (Fichtner in Fichtner/Wenzel, BSHG, 2. Aufl., § 8 Rn. 19).
18
f) Nach diesen Grundsätzen ist die Auffassung des Berufungsgerichts, die Grundsicherungsbehörde beziehungsweise das Sozialamt des Beklagten hätten keine Amtspflichtverletzung begangen, weil rentenversicherungsrechtliche Spezialkenntnisse von ihnen nicht verlangt werden könnten und die Voraussetzungen einer Erwerbsunfähigkeitsrente nicht auf der Hand gelegen hätten , von Rechtsfehlern beeinflusst. Wie die Revision zu Recht geltend macht, hätte es ausgereicht, wenn dem Kläger der - sich aufdrängende - Hinweis erteilt worden wäre, mögliche Rentenansprüche wegen Erwerbsminderung durch den zuständigen Träger der Rentenversicherung überprüfen zu lassen.
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aa) Die Zuständigkeitsbereiche der Träger der Grundsicherung/Sozialhilfe und der Rentenversicherungsträger sind eng materiell-rechtlich verknüpft. Sowohl die Grundsicherung bei Erwerbsunfähigkeit nach § 1 Nr. 2 GSiG, § 41 SGB XII als auch die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach § 43 Abs. 2 SGB VI setzen voraus, dass der Leistungsberechtigte dauerhaft voll erwerbsgemindert im Sinne des Rentenversicherungsrechts ist. Beiden Leistungen liegt somit derselbe Kernsachverhalt zugrunde. Bereits dieser Umstand stellt entgegen der Auffassung des Beklagten einen konkreten Anhaltspunkt für unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten aufseiten des Klägers dar. Darüber hinaus scheidet die Bewilligung von Sozialhilfe gemäß § 2 Abs. 1 BSHG beziehungsweise § 2 Abs. 2 SGB XII aus, wenn der Antragsteller die erforderliche Leistung von anderen Sozialleistungsträgern erhält (sog. Nachrang der Sozialhilfe). Die Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung sind dabei vorrangig (Luthe in Hauck/ Noftz, SGB XII, Stand: 08/16, § 2 Rn. 67; Fichtner aaO § 2 BSHG Rn. 26). Die Bewilligung einer Erwerbsunfähigkeitsrente hätte sich somit (auch) im Zuständigkeitsbereich des Beklagten ausgewirkt.
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bb) Zwischen den Trägern der Grundsicherung/Sozialhilfe und den Trägern der Rentenversicherung besteht auch ein verfahrensrechtlicher Zusammenhang. Nach der im Zeitpunkt der Antragstellung des Klägers geltenden Regelung des § 7 Nr. 2 und 3 GSiG waren die Träger der Rentenversicherung und die Träger der Grundsicherung verpflichtet, "zur Umsetzung dieses Gesetzes", also der Vorschriften über die Grundsicherung, zusammenzuarbeiten und Antragsberechtigte bei der Antragstellung zu unterstützen. Zu diesem Zweck hatte der Rentenversicherungsträger auf Ersuchen des Trägers der Sozialhilfe zu prüfen, ob die Voraussetzungen der Grundsicherung wegen voller Erwerbsminderung gemäß § 1 Nr. 2 GSiG vorlagen (§ 5 Abs. 2 GSiG, siehe auch § 109a Abs. 1 Satz 5, Abs. 2 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung). Das am 1. Januar 2005 in Kraft getretene Sozialgesetzbuch XII hat zu keiner Änderung der Rechtslage geführt (vgl. § 4 Abs. 1 SGB XII, § 109a Abs. 1 Satz 5, Abs. 2 SGB VI in der ab 1. Januar 2005 geltenden Fassung).
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cc) Auf der Grundlage der von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen bestand im vorliegenden Fall ein dringender Beratungsbedarf in einer wichtigen rentenversicherungsrechtlichen Frage. Dies war für die Grundsicherungsbehörde beziehungsweise das Sozialamt des Beklagten ohne weitere Ermittlungen deutlich erkennbar. Der Kläger, der zu 100 % schwerbehindert ist, hatte nach dem Besuch einer Förderschule für geistig Behinderte in dem Zeitraum vom 2. September 2002 bis zum 27. September 2004 an berufsbildenden Maßnahmen im Sinne von § 102 Abs. 2 SGB III (in der damals geltenden Fassung) teilgenommen und war anschließend in einer Werkstatt für behinderte Menschen tätig (versicherungspflichtige Beschäftigung gemäß § 1 Nr. 2 Buchst. a SGB VI). Er war jedoch auf Grund seiner Behinderung außerstande, seinen notwendigen Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln (Einkommen, Vermögen) zu bestreiten. In einer solchen Situation musste ein mit Fragen der Grundsicherung bei Erwerbsminderung befasster Sachbearbeiter mit Blick auf die Verzahnung und Verknüpfung der Sozialleistungssysteme in Erwägung ziehen, dass bereits vor Erreichen der Regelaltersgrenze ein gesetzlicher Rentenanspruch wegen Erwerbsunfähigkeit bestehen konnte (vgl. § 43 Abs. 2 und § 53 Abs. 2 SGB VI zur vorzeitigen Erfüllung der allgemeinen Wartezeit). Es war deshalb ein Hinweis auf die Notwendigkeit einer Beratung durch den zuständigen Rentenversicherungsträger geboten. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass die Mutter des Klägers beim Ausfüllen des Erstantrags auf laufende Leistungen der Grundsicherung das Bestehen eines Rentenanspruchs und eine diesbezügliche Antragstellung verneint hat. Es lag auf der Hand, dass sie, die sich als ehrenamtliche Betreuerin ihres Sohnes hilfesuchend an die Grundsicherungsbehörde gewandt hatte, über die einschlägigen rentenversicherungsrechtlichen Regelungen und ihre Auswirkungen nicht informiert war. Dabei kann an dieser Stelle dahinstehen, ob die Mutter des Klägers, was dieser vorgetragen und unter Beweis gestellt hat, das Sozialamt vor der Antragstellung aufgesucht hat, um "allgemein Rat und Auskunft über die Möglichkeiten eines Erwerbsunfähigen zu erhalten". Denn im Rahmen des Antrags auf Grundsicherung bestand ein konkreter Anlass, den Kläger auf klar zutage liegende rentenversicherungsrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten (eventuelle Erwerbsunfähigkeitsrente ) hinzuweisen, die sich zur Vermeidung empfindlicher finanzieller Ein- bußen offensichtlich als zweckmäßig aufdrängten und die jeder verständige Gesuchsteller mutmaßlich nutzen würde (vgl. BSGE 81, 251, 254). Dazu bedurfte es lediglich eines kurzen Hinweises oder einer Belehrung mit wenigen Worten im Sinne der unter 2 b) zitierten Senatsrechtsprechung. Spezialkenntnisse des Rentenversicherungsrechts waren nicht erforderlich. In Fällen dieser Art muss der Träger der Grundsicherung/Sozialhilfe nicht prüfen, ob die Voraussetzungen für die Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitsrente gegeben sind. Ebenso wenig muss er über Einzelheiten der Antragstellung belehren (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juli 1985 - 10 RKg 5/84, juris Rn. 18).
22
g) Die Beratungs- und Hinweispflicht des Beklagten lässt sich nicht, wie das Berufungsgericht meint, mit einem Umkehrschluss aus § 5 Abs. 1 Satz 1 GSiG beziehungsweise § 109a Abs. 1 Satz 1, 2 SGB VI und § 46 Satz 1, 2 SGB XII verneinen. Nach diesen Vorschriften hat der zuständige Rentenversicherungsträger über die Leistungsvoraussetzungen der Grundsicherung zu informieren und zu beraten. Die Regelung hat ihren Grund in dem für Laien schwer durchschaubaren Sozialleistungssystem und insbesondere in dem Umstand , dass Grundsicherungsleistungen einen Antrag des Berechtigten erfordern , wohingegen im allgemeinen Sozialhilferecht die Kenntnis des Leistungsträgers von der Notlage bereits die Leistungsverpflichtung auslöst (vgl. § 18 Abs. 1 SGB XII). Damit soll sichergestellt werden, dass alle potentiell Leistungsberechtigten Kenntnis von ihrer Berechtigung erlangen und in die Lage versetzt werden, die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung in Anspruch zu nehmen, um Altersarmut sowie Armut bei dauerhaft voll erwerbsgeminderten Personen zu vermeiden (Begründung zum Entwurf eines Altersvermögensgesetzes , BT-Drucks. 14/4595, S. 43; Kreikebohm in Knickrehm/Kreikebohm /Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 5. Aufl., § 46 SGB XII Rn. 1; Winkler in Schlegel/Voelzke, juris PK-SGB VI, 2. Aufl., § 109a Rn. 25). Hieraus folgt aber nicht, dass keine Informationspflicht des Trägers der Grundsicherung über andere Sozialleistungen besteht. Diese ergibt sich - wie dargelegt - aus § 14 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 2 Halbsatz 2, § 17 Abs. 1 SGB I.
23
3. Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Ein Verschulden der Mitarbeiter des Beklagten ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil ihnen das Berufungsgericht als Kollegialgericht rechtmäßiges Verhalten bescheinigt hat.
24
Auf die allgemeine Richtlinie, dass einen Amtsträger in der Regel kein Verschulden trifft, wenn ein mit mehreren Rechtskundigen besetztes Kollegialgericht die Amtstätigkeit als objektiv rechtmäßig angesehen hat (siehe dazu z.B. Senatsurteile vom 6. Februar 1986 - III ZR 109/84, BGHZ 97, 97, 107; vom 6. Februar 1997 - III ZR 241/95, NVwZ 1997, 1243, 1245 und vom 7. September 2017 - III 618/16, juris Rn. 25; jew. mwN), kann sich der Beklagte hier nicht berufen. Die so genannte "Kollegialgerichtsrichtlinie" greift nicht ein, wenn das Gericht eine gesetzliche Bestimmung "handgreiflich falsch" ausgelegt hat, ferner , wenn und soweit das Gericht für die Beurteilung des Falles wesentliche Gesichtspunkte unberücksichtigt gelassen hat oder sich bereits in seinem rechtlichen Ausgangspunkt von einer rechtlich verfehlten Betrachtungsweise nicht hat freimachen können (Senatsurteil vom 6. Februar 1997 aaO). Jedenfalls Letzteres liegt hier vor. Denn das Berufungsgericht hat bei der Prüfung der im Sozialrecht bestehenden besonderen Beratungs- und Belehrungspflichten eine im Ausgangspunkt verengte Sichtweise zugrunde gelegt. Es hat nicht hinreichend beachtet, dass einem Sozialhilfeträger gerade im Hinblick auf die Verzahnung und Verknüpfung der Sicherungsformen und -systeme frühzeitig Hinweispflichten (ohne weitere Prüfungspflichten) obliegen, wenn wegen Erwerbsunfähigkeit des Leistungsberechtigen ein rentenversicherungsrechtlicher Bera- tungsbedarf auf der Hand liegt. Indem das Gericht unter Hinweis auf die beim Sozialhilfeträger regelmäßig fehlenden Spezialkenntnisse des Rentenversicherungsrechts eine Beratungs- und Hinweispflicht verneint hat, hat es einen zu engen Prüfungsmaßstab angelegt.
25
4. Das Berufungsgericht hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - dahinstehen lassen, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe für den geltend gemachten Zeitraum ein Rentenanspruch begründet war, so dass im Revisionsverfahren zugunsten des Klägers davon auszugehen ist, dass der Amtshaftungsanspruch daran nicht scheitert.
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5. Soweit der Beklagte sich darauf beruft, der Kläger verfüge über eine anderweitige Ersatzmöglichkeit im Sinne von § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB in Gestalt eines Schadensersatzanspruchs aus § 1908i Abs. 1, § 1833 Abs. 1 Satz 1 BGB gegen seine Mutter als Betreuerin, haben die Vorinstanzen ebenfalls keine konkreten Feststellungen getroffen. Der Beklagte hat dazu ausgeführt, die Mutter habe es als Betreuerin unterlassen, sich beim zuständigen Rentenversicherungsträger zu informieren und habe stattdessen im Antragsformular für die Grundsicherung angegeben, dass kein Rentenanspruch bestehe. Der Sachbearbeiter des Beklagten habe vor dem Hintergrund der Mitwirkungspflicht des Klägers nach § 60 Abs. 1 SGB I ohne weiteres von der Richtigkeit dieser Angaben ausgehen dürfen.
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Dem Senat erscheinen - vorbehaltlich anderweitiger Feststellungen - eine Pflichtverletzung beziehungsweise ein Verschulden der Mutter des Klägers eher fernliegend. Zwar gilt trotz der Mutter-Sohn-Beziehung kein allgemeines, mit § 1664 BGB vergleichbares Haftungsprivileg zugunsten der Betreuerin (MüKoBGB/Kroll-Ludwigs, 7. Aufl., § 1833 Rn. 4; Staudinger/Veit [2014], BGB, § 1833 Rn. 13). Nach dem unter Beweis gestellten Vortrag des Klägers, dem der Beklagte, soweit ersichtlich, nicht ausdrücklich entgegengetreten ist, hat seine Mutter das Sozialamt jedoch vor der Antragstellung gerade deshalb aufgesucht , um "allgemein Rat und Auskunft über die Möglichkeiten eines Erwerbsunfähigen zu erhalten". Unabhängig davon kann von einer nicht-professionellen (ehrenamtlichen) Betreuerin regelmäßig nicht erwartet werden, dass sie über weitergehende Rechtskenntnisse verfügt als der fachlich zuständige Mitarbeiter einer Sozialbehörde und von sich aus die in Betracht kommenden Gestaltungsmöglichkeiten überblickt, zumal der Sinn und Zweck der Beratungspflicht nach § 14 SGB I gerade darin besteht, sicherzustellen, dass der Gesuchsteller mit seinem Anliegen verständnisvoll gefördert und auf bestehende (alternative) Gestaltungsmöglichkeiten hingewiesen wird.
28
6. Zutreffend hat das Berufungsgericht gesehen, dass nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats der sozialrechtliche Herstellungsanspruch kein Rechtsmittel im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB darstellt (Senatsurteil vom 4. Juli 2013 - III ZR 201/12, BGHZ 197, 375 Rn. 17 ff). Darüber hinaus liegen dessen Voraussetzungen nicht vor. Der von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ergänzend zu den vorhandenen Korrekturmöglichkeiten bei fehlerhaftem Verwaltungshandeln entwickelte sozialrechtliche Herstellungsanspruch greift ein, wenn ein Leistungsträger durch Verletzung einer ihm aus dem Sozialleistungsverhältnis obliegenden Haupt- oder Nebenpflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung, nachteilige Folgen für die Rechtsposition des Betroffenen herbeigeführt hat und diese Rechtsfolgen durch ein rechtmäßiges Verwaltungshandeln wieder beseitigt werden können (st. Rspr., vgl. nur BSG, Urteil vom 26. April 2005, B 5 RJ 6/04 R, juris Rn. 21; BSGE 104, 245 Rn. 41; NZS 2011, 342 Rn. 26 und Urteil vom 16. März 2016 - B 9V 6/15 R, BeckRS 2016, 69592 Rn. 29; jew. mwN). Eine Folgenbeseitigung durch eine zulässige Amtshandlung scheitert im vorliegenden Fall daran, dass § 99 Abs. 1 Satz 2 SGB VI einer rückwirkenden Rentenbewilligung entgegensteht (vgl. BSGE 81, 251, 254).

III.


29
Das angefochtene Urteil ist demnach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie noch nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 ZPO). Dabei hat der Senat von der Möglichkeit, nach § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO zu verfahren, Gebrauch gemacht.
Herrmann Tombrink Remmert
Reiter Pohl
Vorinstanzen:
LG Dresden, Entscheidung vom 04.12.2015 - 5 O 1028/14 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 17.08.2016 - 1 U 48/16 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 02. Aug. 2018 - III ZR 466/16

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 02. Aug. 2018 - III ZR 466/16

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen
Bundesgerichtshof Urteil, 02. Aug. 2018 - III ZR 466/16 zitiert 26 §§.

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 839 Haftung bei Amtspflichtverletzung


(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Ansp

Zivilprozessordnung - ZPO | § 561 Revisionszurückweisung


Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 43 Rente wegen Erwerbsminderung


(1) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind,2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 34


Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder g

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 60 Angabe von Tatsachen


(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat 1. alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,2. Änderungen

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 2 Nachrang der Sozialhilfe


(1) Sozialhilfe erhält nicht, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozia

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 41 Leistungsberechtigte


(1) Leistungsberechtigt nach diesem Kapitel sind Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus Einkommen und Vermögen nach § 43 bestreiten können, wenn sie die Voraussetzungen n

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 99 Beginn


(1) Eine Rente aus eigener Versicherung wird von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind, wenn die Rente bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats beantragt wird, i

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 14 Beratung


Jeder hat Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch. Zuständig für die Beratung sind die Leistungsträger, denen gegenüber die Rechte geltend zu machen oder die Pflichten zu erfüllen sind.

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 18 Einsetzen der Sozialhilfe


(1) Die Sozialhilfe, mit Ausnahme der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, setzt ein, sobald dem Träger der Sozialhilfe oder den von ihm beauftragten Stellen bekannt wird, dass die Voraussetzungen für die Leistung vorliege

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 15 Auskunft


(1) Die nach Landesrecht zuständigen Stellen, die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung sind verpflichtet, über alle sozialen Angelegenheiten nach diesem Gesetzbuch Auskünfte zu erteilen. (2) Die Auskunftspf

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594) - SGB 3 | § 102 Ergänzende Leistungen


(1) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben Anspruch auf Wintergeld als Zuschuss-Wintergeld und Mehraufwands-Wintergeld und Arbeitgeber haben Anspruch auf Erstattung der von ihnen zu tragenden Beiträge zur Sozialversicherung, soweit für diese Zwecke

Sozialgesetzbuch (SGB) Erstes Buch (I) - Allgemeiner Teil - (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015) - SGB 1 | § 17 Ausführung der Sozialleistungen


(1) Die Leistungsträger sind verpflichtet, darauf hinzuwirken, daß1.jeder Berechtigte die ihm zustehenden Sozialleistungen in zeitgemäßer Weise, umfassend und zügig erhält,2.die zur Ausführung von Sozialleistungen erforderlichen sozialen Dienste und

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 11 Beratung und Unterstützung


(1) Zur Erfüllung der Aufgaben dieses Buches werden die Leistungsberechtigten beraten und, soweit erforderlich, unterstützt. (2) Die Beratung betrifft die persönliche Situation, den Bedarf sowie die eigenen Kräfte und Mittel sowie die mögliche St

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 53 Vorzeitige Wartezeiterfüllung


(1) Die allgemeine Wartezeit ist vorzeitig erfüllt, wenn Versicherte 1. wegen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit,2. wegen einer Wehrdienstbeschädigung nach dem Soldatenversorgungsgesetz als Wehrdienstleistende oder Soldaten auf Zeit,3. w

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 1664 Beschränkte Haftung der Eltern


(1) Die Eltern haben bei der Ausübung der elterlichen Sorge dem Kind gegenüber nur für die Sorgfalt einzustehen, die sie in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegen. (2) Sind für einen Schaden beide Eltern verantwortlich, so haften sie als Gesa

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 4 Zusammenarbeit


(1) Die Träger der Sozialhilfe arbeiten mit anderen Stellen, deren gesetzliche Aufgaben dem gleichen Ziel dienen oder die an Leistungen beteiligt sind oder beteiligt werden sollen, zusammen, insbesondere mit den Trägern von Leistungen nach dem Zweite

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 109a Hilfen in Angelegenheiten der Grundsicherung


(1) Die Träger der Rentenversicherung informieren und beraten Personen, die 1. die Regelaltersgrenze erreicht haben oder2. das 18. Lebensjahr vollendet haben, unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs.

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) - SGB 12 | § 46 Zusammenarbeit mit den Trägern der Rentenversicherung


Der zuständige Träger der Rentenversicherung informiert und berät leistungsberechtigte Personen nach § 41, die rentenberechtigt sind, über die Leistungsvoraussetzungen und über das Verfahren nach diesem Kapitel. Personen, die nicht rentenberechtigt s

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 02. Aug. 2018 - III ZR 466/16 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 02. Aug. 2018 - III ZR 466/16 zitiert 5 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 04. Juli 2013 - III ZR 201/12

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 201/12 Verkündet am: 4. Juli 2013 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja B

Bundesgerichtshof Urteil, 03. März 2005 - III ZR 186/04

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 186/04 Verkündet am: 3. März 2005 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja FStrG § 9a Abs.

Bundesgerichtshof Urteil, 09. Okt. 2003 - III ZR 414/02

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 414/02 Verkündet am: 9. Oktober 2003 F r e i t a g Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 839 Fe

Bundesgerichtshof Urteil, 26. Apr. 2018 - III ZR 367/16

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 367/16 Verkündet am: 26. April 2018 P e l l o w s k i Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja Drittsc

Bundesgerichtshof Urteil, 20. Apr. 2017 - III ZR 470/16

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 470/16 Verkündet am: 20. April 2017 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja
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Bundesgerichtshof Urteil, 21. Feb. 2019 - III ZR 115/18

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 115/18 Verkündet am: 21. Februar 2019 K i e f e r Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja BGB § 839 Ca,

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Endurteil, 15. Feb. 2019 - 11 BV 18.2403

bei uns veröffentlicht am 15.02.2019

Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Referenzen

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

Jeder hat Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch. Zuständig für die Beratung sind die Leistungsträger, denen gegenüber die Rechte geltend zu machen oder die Pflichten zu erfüllen sind.

(1) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie

1.
teilweise erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

(2) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie

1.
voll erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind auch
1.
Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und
2.
Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.

(3) Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

(4) Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind:

1.
Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit,
2.
Berücksichtigungszeiten,
3.
Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nummer 1 oder 2 liegt,
4.
Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung.

(5) Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit ist nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist.

(6) Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren und seitdem ununterbrochen voll erwerbsgemindert sind, haben Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie die Wartezeit von 20 Jahren erfüllt haben.

(1) Leistungsberechtigt nach diesem Kapitel sind Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus Einkommen und Vermögen nach § 43 bestreiten können, wenn sie die Voraussetzungen nach Absatz 2, 3 oder 3a erfüllen.

(2) Leistungsberechtigt sind Personen nach Absatz 1 wegen Alters, wenn sie die Altersgrenze erreicht haben. Personen, die vor dem 1. Januar 1947 geboren sind, erreichen die Altersgrenze mit Vollendung des 65. Lebensjahres. Für Personen, die nach dem 31. Dezember 1946 geboren sind, wird die Altersgrenze wie folgt angehoben:


für den Geburtsjahrgangerfolgt eine Anhebung um Monateauf Vollendung eines Lebensalters von
1947165 Jahren und 1 Monat
1948265 Jahren und 2 Monaten
1949365 Jahren und 3 Monaten
1950465 Jahren und 4 Monaten
1951565 Jahren und 5 Monaten
1952665 Jahren und 6 Monaten
1953765 Jahren und 7 Monaten
1954865 Jahren und 8 Monaten
1955965 Jahren und 9 Monaten
19561065 Jahren und 10 Monaten
19571165 Jahren und 11 Monaten
19581266 Jahren
19591466 Jahren und 2 Monaten
19601666 Jahren und 4 Monaten
19611866 Jahren und 6 Monaten
19622066 Jahren und 8 Monaten
19632266 Jahren und 10 Monaten
ab 19642467 Jahren.

(3) Leistungsberechtigt sind Personen nach Absatz 1 wegen einer dauerhaften vollen Erwerbsminderung, wenn sie das 18. Lebensjahr vollendet haben, unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Absatz 2 des Sechsten Buches sind und bei denen unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann.

(3a) Leistungsberechtigt sind Personen nach Absatz 1, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, für den Zeitraum, in dem sie

1.
in einer Werkstatt für behinderte Menschen (§ 57 des Neunten Buches) oder bei einem anderen Leistungsanbieter (§ 60 des Neunten Buches) das Eingangsverfahren und den Berufsbildungsbereich durchlaufen oder
2.
in einem Ausbildungsverhältnis stehen, für das sie ein Budget für Ausbildung (§ 61a des Neunten Buches) erhalten.

(4) Keinen Anspruch auf Leistungen nach diesem Kapitel hat, wer in den letzten zehn Jahren die Hilfebedürftigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat.

Jeder hat Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch. Zuständig für die Beratung sind die Leistungsträger, denen gegenüber die Rechte geltend zu machen oder die Pflichten zu erfüllen sind.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.

(1) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben Anspruch auf Wintergeld als Zuschuss-Wintergeld und Mehraufwands-Wintergeld und Arbeitgeber haben Anspruch auf Erstattung der von ihnen zu tragenden Beiträge zur Sozialversicherung, soweit für diese Zwecke Mittel durch eine Umlage aufgebracht werden.

(2) Zuschuss-Wintergeld wird in Höhe von bis zu 2,50 Euro je ausgefallener Arbeitsstunde gezahlt, wenn zu deren Ausgleich Arbeitszeitguthaben aufgelöst und die Inanspruchnahme des Saison-Kurzarbeitergeldes vermieden wird.

(3) Mehraufwands-Wintergeld wird in Höhe von 1,00 Euro für jede in der Zeit vom 15. Dezember bis zum letzten Kalendertag des Monats Februar geleistete berücksichtigungsfähige Arbeitsstunde an Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gezahlt, die auf einem witterungsabhängigen Arbeitsplatz beschäftigt sind. Berücksichtigungsfähig sind im Dezember bis zu 90 Arbeitsstunden, im Januar und Februar jeweils bis zu 180 Arbeitsstunden.

(4) Die von den Arbeitgebern allein zu tragenden Beiträge zur Sozialversicherung für Bezieherinnen und Bezieher von Saison-Kurzarbeitergeld werden auf Antrag erstattet.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten im Baugewerbe ausschließlich für solche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis in der Schlechtwetterzeit nicht aus witterungsbedingten Gründen gekündigt werden kann.

(1) Sozialhilfe erhält nicht, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

(2) Verpflichtungen anderer, insbesondere Unterhaltspflichtiger oder der Träger anderer Sozialleistungen, bleiben unberührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach dem Recht der Sozialhilfe entsprechende Leistungen vorgesehen sind.

Jeder hat Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch. Zuständig für die Beratung sind die Leistungsträger, denen gegenüber die Rechte geltend zu machen oder die Pflichten zu erfüllen sind.

(1) Sozialhilfe erhält nicht, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

(2) Verpflichtungen anderer, insbesondere Unterhaltspflichtiger oder der Träger anderer Sozialleistungen, bleiben unberührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach dem Recht der Sozialhilfe entsprechende Leistungen vorgesehen sind.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

Jeder hat Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch. Zuständig für die Beratung sind die Leistungsträger, denen gegenüber die Rechte geltend zu machen oder die Pflichten zu erfüllen sind.

26
aa) Die Amtspflicht zu richtiger Auskunft besteht gegenüber jedem Dritten , in dessen Interesse oder auf dessen Antrag sie erteilt wird (st. Rspr., z.B. Senatsurteile vom 3. Mai 2001 - III ZR 191/00, NVwZ 2002, 373, 374 und vom 10. April 2003 - III ZR 38/02, VersR 2004, 604, jew. mwN).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 414/02
Verkündet am:
9. Oktober 2003
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Amtspflicht der Baugenehmigungsbehörde, den Bauherrn unverzüglich
von einem Nachbarwiderspruch zu unterrichten.
BGH, Urteil vom 9. Oktober 2003 - III ZR 414/02 - OLG Frankfurt am Main
LG Hanau
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Oktober 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter
Dr. Wurm, Streck, Schlick und Dörr

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 7. November 2002 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Die Kläger sind Architekten. Sie hatten sich zu einer (Innen )Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammengeschlossen, um das im unbeplanten Innenbereich der beklagten Stadt belegene Grundstück L. -Straße 54 mit einem Wohn- und Bürohaus zu bebauen. Nach Gesprächen mit Mitarbeitern der Beklagten über Bebauungsmöglichkeiten kauften sie das Grundstück im April 1994 und nahmen zur Finanzierung des Kaufpreises ein Darlehen (001) über 375.000 DM auf. Der Kläger zu 2 übernahm die zeichnerische Darstellung des Vorhabens und die Erstellung des Bauantrages. Dieser wurde durch Bescheid der Beklagten vom 11. Dezember 1996 genehmigt. Am 7. März
1997 schlossen die Kläger zur Finanzierung der Baukosten einen weiteren Darlehensvertrag über 570.000 DM; dieses Darlehen (002) wurde nur in Höhe von 194.500 DM ausbezahlt. Am 17. April 1997 begannen die Kläger mit den Bauarbeiten, nachdem sie dies zuvor der Beklagten angezeigt hatten.
Bereits im Februar 1997 hatten die Eigentümer der Nachbargrundstücke L. -Straße 56 und 52 bei der Beklagten gegen die den Klägern erteilte Baugenehmigung Widersprüche eingelegt. Hiervon unterrichtete die Beklagte die Kläger zunächst nicht. Anfang April beantragten die Nachbarn beim Verwaltungsgericht die Herstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Widersprüche. Mit Schreiben vom 29. April 1997, bei den Klägern eingegangen am 5. Mai 1997, teilte die Beklagte ihnen mit, daß die Nachbarn Widersprüche eingelegt und Eilanträge gestellt hätten. In dem Schreiben hieß es weiter, in Anbetracht der laufenden Verfahren müsse die Beklagte darauf aufmerksam machen, daß die Kläger zwar nicht gesetzlich verpflichtet seien, die Bauarbeiten einzustellen , das Risiko weiterer Bautätigkeiten jedoch allein zu tragen hätten. Die Kläger nahmen dieses Schreiben zum Anlaß, im wesentlichen nur noch Maßnahmen zur Sicherung der bereits errichteten Bauteile ausführen zu lassen. Im Juni 1997 gab das Verwaltungsgericht den von den Nachbarn gestellten Eilanträgen im wesentlichen statt. Die Beklagte untersagte den Klägern deshalb mit Verfügung vom 23. Juni 1997 die Fortführung der Bauarbeiten. Daraufhin planten die Kläger das Vorhaben teilweise um und erwirkten bei der Beklagten am 12. November 1998 eine entsprechende Nachtragsbaugenehmigung. Aber auch diese hielt der verwaltungsgerichtlichen Prüfung im Eilverfahren nicht stand. Nach Erhalt der das zweite Eilverfahren abschließenden Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 6. März 2000 gaben die Kläger das Vorhaben auf und veräußerten das Grundstück anderweitig.

Sie nehmen nunmehr die Beklagte nach Amtshaftungsgrundsätzen auf Schadensersatz wegen der Erteilung der rechtswidrigen Baugenehmigungen in Anspruch. Eine weitere Amtspflichtverletzung erblicken sie darin, daß die Beklagte sie nicht rechtzeitig vor der Aufnahme des zweiten Darlehens über die eingegangenen Nachbarwidersprüche unterrichtet habe. Ihren Schaden berechnen sie im wesentlichen nach den fehlgeschlagenen Finanzierungsaufwendungen für den Zeitraum vom 23. Juni 1997 (Baustopp) bis zum 14. März 2000 (Kenntnisnahme von der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs). Ihre Forderungen haben sie an die kreditierende Bank abgetreten und Zahlung an diese beantragt.
Das Berufungsgericht hat die Beklagte verurteilt, an die Bank insgesamt ! " # $% & '( & ) & * + , -# 52.618,17 aß die Beklagte verpflichtet sei, 75 v.H. des Schadens zu ersetzen, der den Klägern daraus entstanden sei und noch entstehen werde, daß die Baugenehmigung vom 11. Dezember 1996 und die Nachtragsbaugenehmigung vom 12. November 1998 rechtswidrig und nicht ausführbar gewesen seien, sowie den gesamten weiteren Schaden zu ersetzen, der den Klägern daraus entstanden sei und noch entstehen werde, daß die Beklagte sie über den Eingang des Nachbarwiderspruchs vom 20. Februar 1997 nicht vor dem 7. März 1997 unterrichtet habe.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision ist nicht begründet. Den Klägern steht gegen die Beklagte der geltend gemachte Amtshaftungsanspruch (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) im vom Berufungsgericht zuerkannten Umfang zu.
1. Die Baugenehmigungen vom 11. Dezember 1996 und vom 12. November 1998 waren rechtswidrig. Dies steht zwar nicht schon aufgrund der verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen fest, da diese im Eilverfahren ergangen waren und deshalb für den jetzigen Amtshaftungsprozeß keine Bindungswirkung entfalten konnten (Senatsurteil vom 16. November 2000 - III ZR 265/99 = NVwZ 2001, 352). Die Vorinstanzen sind jedoch zu Recht der sachlichen Beurteilung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs gefolgt, wonach sich das Vorhaben der Kläger sowohl in seiner ursprünglichen als auch in seiner geänderten Gestalt wegen seiner Höhe und Geschoßflächenzahlen nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügte (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB). Die Erteilung der solchermaßen rechtswidrigen Baugenehmigungen stellte eine schuldhafte Amtspflichtverletzung der Amtsträger der Beklagten gegenüber den Klägern dar. In der Rechtsprechung des Senats ist seit langem anerkannt, daß die Amtspflicht, eine rechtswidrige Baugenehmigung nicht zu erteilen, der Bauaufsichtsbehörde auch und gerade gegenüber dem antragstellenden Bauherren selbst obliegt (vgl. Senatsurteil BGHZ 149, 50, 52 m.w.N.). Dies alles stellt auch die Revision nicht in Frage.
2. Das Berufungsgericht hat auch zu Recht angenommen, daß beide Baugenehmigungen zumindest grundsätzlich - vorbehaltlich eines Mitverschuldens der Kläger (siehe dazu im folgenden) - geeignet waren, eine Verläßlichkeits-
grundlage für die Aufwendungen und Investitionen der Kläger zu bilden, die der Durchführung des geplanten Vorhabens dienten.

a) Allerdings kommen als Gesichtspunkte, die der Annahme haftungsrechtlich schutzwürdigen Vertrauens auf einen (rechtswidrigen) begünstigenden Verwaltungsakt - in bereits den Tatbestand des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB ausschließender Weise - entgegenstehen können, nicht nur objektive Umstände , sondern auch subjektive Kenntnisse und sich aufdrängende Erkenntnismöglichkeiten des Empfängers in Betracht (Senatsurteile BGHZ 134, 268, 283 f; 149, 50, 52 f). Derartige subjektive Kenntnisse und sich aufdrängende Erkenntnismöglichkeiten sind insbesondere dann zu bejahen, wenn der betreffende Verwaltungsakt mit Mängeln behaftet ist, die seine entschädigungslose Rücknahme rechtfertigen (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 bis 3 VwVfG): wenn der Betroffene den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung, Bestechung oder durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren, oder wenn er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (Senatsurteile BGHZ 134, 268, 284; 149, 50, 54).

b) Derartige besondere Umstände lagen hier nicht bereits deshalb vor, weil der Kläger zu 2 als Architekt, der die Erstellung einer genehmigungsfähigen Planung übernommen hatte, über genügend Sachkunde hätte verfügen müssen, um von sich aus die bauplanungsrechtlichen Gegebenheiten zu beurteilen und die Fehlerhaftigkeit der erteilten Baugenehmigungen zu erkennen. Insoweit ist der hier zu beurteilende Sachverhalt mit demjenigen vergleichbar, der dem Senatsurteil BGHZ 149, 50 zugrunde gelegen hatte: Hier wie dort rechtfertigte es diese Sachkunde nicht, den Klägern als antragstellenden Bau-
herren das volle Risiko einer Fehlbeurteilung der planungsrechtlichen Anforde- rungen, hier des § 34 BauGB, aufzubürden und die Bauaufsichtsbehörde insoweit von jeglicher Verantwortung zu entlasten. § 34 BauGB ist eine zentrale Bestimmung des Bauplanungsrechts. Die sachgemäße Handhabung dieser Vorschrift fällt daher in erster Linie in den Verantwortungsbereich der Bauaufsichtsbehörde. Das "Rechtsanwendungsrisiko", d.h. hier die ordnungsgemäße Beurteilung des § 34 BauGB, wurde nicht bereits dadurch in vollem Umfang von der Behörde auf die Kläger verlagert, daß bei diesen als Architekten ebenfalls ein gewisses Maß an Sachkunde vorauszusetzen war. Anders als etwa bei der Einhaltung der Grenzabstände nach Bauordnungsrecht, die zu den grundlegenden Anforderungen gehört, die jeder Architekt bei der Planung zu beachten hat (vgl. dazu Senatsurteil vom 19. März 1992 - III ZR 117/90 = BGHR BGB § 839 Abs. 1 Satz 2 Architekt 1 = NVwZ 1992, 911, 912), ging es bei der hier zu beurteilenden Frage, ob das Vorhaben sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung einfügte (§ 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB), um Wertungen , die mitunter nicht einfach sind und gewisse Beurteilungsspielräume eröffnen können. Deshalb gilt hier der Grundsatz, daß die Kläger bei der Beurteilung der planungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens nicht klüger zu sein brauchten als die zur Entscheidung über den Baugenehmigungsantrag berufenen Amtsträger der Beklagten (vgl. Senatsurteil BGHZ 108, 224, 230; s. auch Staudinger/Wurm BGB 13. Bearb. 2002 § 839 Rn. 260 m.w.N.). Das schutzwürdige Vertrauen, das die Baugenehmigung bestimmungsgemäß bei den Klägern begründet hat, ist hier jedenfalls nicht so weit eingeschränkt, daß ein Totalverlust des Amtshaftungsanspruchs bereits auf der Tatbestandsebene stattfinden müßte. Eine sachgerechte Lösung besteht vielmehr in einer Abwägung nach § 254 BGB.


c) Auch die weiteren, von der Revisionsbegründung aufgezeigten Gesichtspunkte vermögen einen Totalverlust des Amtshaftungsanspruchs nicht zu rechtfertigen.
aa) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, die Kläger hätten nicht auf die Baugenehmigung vertrauen dürfen, weil ihnen wiederholt mündlich "ausdrücklich und unmißverständlich" mitgeteilt worden sei, daß der von ihnen vorgelegte Plan nicht genehmigungsfähig sei. Daß die Beklagte das Bauvorhaben zunächst für unzulässig gehalten hat, bot für sich allein genommen den Klägern keinen Anlaß zu besonderer Vorsicht. Mit der Erteilung der Baugenehmigungen waren diese zuvor vom Bauaufsichtsamt geäußerten Bedenken hinfällig geworden. Die Kläger mußten sich in der Annahme, das Vorhaben sei wie geplant zulässig, bestätigt sehen. Sie durften nunmehr davon ausgehen, daß einer der Baugenehmigung entsprechenden Durchführung ihres Vorhabens öffentlich-rechtliche Hindernisse nicht entgegenstünden und daß sie entsprechend wirtschaftlich disponieren könnten.
bb) Auch mit dem weiteren Vorbringen, die Kläger hätten grob fahrlässig gehandelt, weil die Eigentümer des Nachbargrundstücks Nr. 52 ihnen in einem Gespräch am 25. November 1995 erklärt hätten, "daß man nicht bereit sei, ein überdimensioniertes Bauvorhaben zu dulden", dringt die Revision nicht durch. Ein derartiger mündlicher Widerstand bedeutete nicht notwendig, daß die betroffenen Nachbarn auch tatsächlich mit einem Rechtsbehelf gegen die erteilte Baugenehmigung vorgehen würden. Im übrigen kommt sogar im Falle einer tatsächlich erfolgten Drittanfechtung das schutzwürdige Vertrauen des Adressaten in den Bestand der Baugenehmigung nicht ohne weiteres völlig in Weg-
fall; es wird lediglich eine größere Eigenverantwortung des Bauherren unter dem Gesichtspunkt des § 254 BGB anzunehmen sein, wenn Anfechtungsgründe vorgebracht werden, deren sachliche Richtigkeit nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen ist (siehe Senatsurteil BGHZ 149, 50, 55 f mit zahlreichen weiteren Nachweisen; vgl. ferner Senatsurteil vom 16. Januar 2003 - III ZR 269/01 = NVwZ 2003, 501).

d) Die Kläger selbst lassen sich hinsichtlich beider Baugenehmigungen eine Mitverschuldensquote von 25 v.H. anrechnen; dem ist das Berufungsgericht gefolgt. Diese Abwägung fällt in den Bereich tatrichterlicher Würdigung und läßt revisionsrechtlich bedeutsame Rechtsfehler nicht erkennen.
3. Einen weiteren Amtshaftungstatbestand erblickt das Berufungsgericht darin, daß die Bediensteten der Bauaufsichtsbehörde die Kläger nicht sogleich von dem Eingang des Nachbarwiderspruchs Ende Februar 1997 unterrichtet hätten. Auch die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision können keinen Erfolg haben.

a) Allerdings mag zweifelhaft sein, ob der Umstand, daß die Kläger durch die Baugenehmigung begünstigt wurden, ihnen im Rahmen des Widerspruchsverfahrens eine Rechtsstellung verlieh, die die Beklagte als Ausgangsbehörde , die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hatte, zur unverzüglichen Unterrichtung verpflichtete. Diese Frage braucht hier indessen nicht geklärt zu werden.

b) Die Bediensteten des Bauaufsichtsamtes hatten hier nämlich eine allgemeine, sich zur Amtspflicht verdichtende Fürsorgepflicht, durch eine recht-
zeitige Unterrichtung mögliche Schädigungen der Kläger zu verhindern. Insoweit ist anerkannt, daß besondere tatsächliche Lagen und Verhältnisse für den Beamten zusätzliche Pflichten schaffen können, so auch die Pflicht, einen Gesuchsteller über die zur Erreichung seiner Ziele notwendigen Maßnahmen belehrend aufzuklären oder in anderer Weise helfend tätig zu werden, wenn er erkennt oder erkennen muß, daß der Betroffene seine Lage in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht nicht richtig zu beurteilen vermag, besonders wenn der Betreffende sonst Gefahr läuft, einen Schaden zu erleiden. Diese zusätzliche Pflicht ergibt sich aus dem Grundsatz, daß der Beamte nicht nur Vollstrekker staatlichen Willens, nicht nur Diener des Staates, sondern zugleich "Helfer des Bürgers" sein soll (vgl. z.B. Senatsurteil BGHZ 15, 305, 312; Staudinger /Wurm Rn. 159 m.w.N.). Insbesondere darf der Beamte nicht "sehenden Auges" zulassen, daß der bei ihm vorsprechende Bürger Schäden erleidet, die der Beamte durch einen kurzen Hinweis, eine Belehrung mit wenigen Worten oder eine entsprechende Aufklärung zu vermeiden in der Lage ist (Senatsurteil vom 5. Mai 1994 - III ZR 78/93 = NJW 1994, 2415, 2417 m.w.N.).

c) Im vorliegenden Fall war die Baugenehmigung vom 11. Dezember 1996 das Ergebnis eines mehrjährigen Abstimmungsprozesses zwischen den Klägern und der Beklagten gewesen. Daher mußte den zuständigen Amtsträgern der Beklagten klar sein, daß diese Baugenehmigung die Verläßlichkeitsgrundlage für kostspielige Aufwendungen bilden konnte, die der Verwirklichung des Vorhabens dienten. Durch die Erhebung des formellen Widerspruches wurde daher aus der Sicht der Beklagten die ernsthafte Möglichkeit geschaffen , daß diese Verläßlichkeitsgrundlage entfallen werde. Dies hat die Beklagte auch selbst so gesehen, als sie in ihrem Unterrichtungsschreiben vom 29. April 1997 die Kläger auf das Risiko weiterer Bautätigkeiten hinwies. Zwar lagen
zum damaligen Zeitpunkt bereits die Eilanträge der Widerspruchsführer auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung vor; dieses Risiko wurde aber - der Beklagten erkennbar - schon durch die Widersprüche selbst begründet.

d) Unter diesen Umständen durfte sich die Beklagte zunächst nicht auf bloßes Untätigbleiben beschränken. Dies gilt um so mehr, als schon eine einfache , formlose Mitteilung dem berechtigten Informationsinteresse der Kläger genügt hätte.

e) Dem Berufungsgericht ist ferner darin beizupflichten, daß diese Mitteilung jedenfalls vor dem 7. März 1997, dem Zeitpunkt der Aufnahme des zweiten Darlehens (002), hätte erfolgen müssen. Mit Recht ist das Berufungsgericht der Auffassung des Landgerichts entgegengetreten, eine Unterrichtung binnen zwei Wochen sei entsprechend den Grundsätzen zur Unverzüglichkeit einer Anfechtung noch ausreichend. Denn anders als ein zur Anfechtung einer Willenserklärung Berechtigter hatte die Baugenehmigungsbehörde hier keine rechtlichen Überlegungen anzustellen, sondern schlicht eine Tatsache formlos mitzuteilen. Da die Verneinung einer Amtspflichtverletzung durch das Landgericht auf einem unzutreffenden rechtlichen Ausgangspunkt beruhte, vermag auch die "Kollegialgerichts-Richtlinie" die Beklagte hier nicht zu entlasten (vgl. Staudinger/Wurm Rn. 218).

f) Ein mitwirkendes Verschulden der Kläger ist bei diesem Haftungstatbestand nicht erkennbar.
4. Die Frage, ob sich die in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts verbundenen Kläger hier vorrangig auf Ansprüche gegen den Kläger zu 2 als ander-
weitige Ersatzmöglichkeit im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB verweisen lassen müssen, ist vom Berufungsgericht mit Recht verneint worden. Die Haftung der Gesellschafter war im Gesellschaftsvertrag wirksam auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt worden; dies entspricht im übrigen dem gesetzlichen Haftungsmaßstab des § 708 i.V.m. § 277 BGB.
5. Auch die Schadensberechnung des Berufungsgerichts hält den Angriffen der Revision stand.

a) Die Aufnahme des Darlehens 001 ist der Beklagten haftungsrechtlich nicht zuzurechnen. Sie hatte bereits lange Zeit vor Erteilung der ersten Baugenehmigung stattgefunden und war daher nicht durch ein Vertrauen in diese verursacht worden. Die erste Baugenehmigung bildete jedoch eine geeignete Verläßlichkeitsgrundlage für die weitere Nutzung der Darlehensvaluta. Dementsprechend haben die Kläger in ihre bezifferten Zahlungsansprüche auch lediglich die Finanzierungskosten für den Zeitraum zwischen der vorläufigen Stillegung der Bauarbeiten und dem endgültigen Scheitern des Projektes eingestellt.

b) Das Berufungsgericht ist der Schadensberechnung der Kläger gefolgt und hat die Grundsätze herangezogen, die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Ermittlung des Verzögerungsschadens bei verspäteter Fertigstellung eines Gebäudes entwickelt worden sind (BGHZ 121, 210; zur verspäteten Erteilung einer Baugenehmigung und einer dadurch eintretenden Verzögerung siehe insbesondere Senatsurteil vom 11. Juni 1992 - III ZR 210/90 = NVwZ 1992, 1119, 1120). Hiergegen wendet sich die Revision mit Recht. Diese Grundsätze betreffen nämlich Fallgestaltungen, in denen das be-
treffende Vorhaben trotz der Verzögerung letztlich doch verwirklicht wird. Hier dagegen geht es darum, daß die Baugenehmigung von vornherein gerade nicht hätte erteilt werden dürfen und das Vorhaben von Anfang an nicht realisierbar war.

c) Die Schadensberechnung des Berufungsgerichts stellt sich jedoch aus anderen Gründen im Ergebnis gleichwohl als richtig dar (§ 561 ZPO): Die Kläger hätten nämlich diejenigen Schritte, die sie nach dem endgültigen Scheitern des Projekts zur Ablösung des Darlehens unternommen haben, schon früher, nämlich zum Zeitpunkt der Stillegung des Bauvorhabens unternehmen können. Daß sie dies unterlassen und während des Schwebezustands bis zum endgültigen Scheitern des Projekts weitere Finanzierungsaufwendungen getätigt haben, beruht auf den rechtswidrigen Baugenehmigungen. Denn das in diese Genehmigungen gesetzte Vertrauen bildete die Grundlage dafür, daß die Kläger den Versuch unternehmen durften, sich ihrerseits gegen die Nachbarwidersprüche zur Wehr zur setzen und das Vorhaben doch noch zu retten. Deswegen ist die amtspflichtwidrige Erteilung der Baugenehmigungen für den Schaden ursächlich geworden; dieser fällt auch in den sachlichen Schutzbereich der verletzten Amtspflicht. Der Mitverschuldensquote von 25 v.H. haben die Kläger durch eine entsprechende Anpassung ihrer Anträge selbst Rechnung getragen. Der Senat hat daher keine durchgreifenden Bedenken dagegen, das Vorbringen der Kläger zur Schadenshöhe in dem vorbezeichneten Sinne auszulegen.

d) Ebensowenig ist es rechtlich zu beanstanden, daß das Berufungsgericht - in Übereinstimmung mit der Schadensberechnung der Kläger - hinsicht-
lich des zweiten Darlehens (002) die unterlassene Unterrichtung der Kläger als die wesentliche Schadensursache angesehen und insoweit ein mitwirkendes Verschulden verneint hat.
Rinne Wurm Streck Schlick Dörr

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 186/04
Verkündet am:
3. März 2005
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Bediensteten einer kreisfreien Stadt haben den Inhaber einer Baugenehmigung
für ein in einem potentiellen Planungsgebiet gelegenes Grundstück
auf den drohenden Eintritt einer Veränderungssperre gemäß § 9a
Abs. 3 Satz 4 i.V.m. Abs. 1 FStrG hinzuweisen, wenn die Stadt nach § 9a
Abs. 3 Satz 2 FStrG gehört wird und mit der Baumaßnahme noch nicht begonnen
worden ist.
BGH, Urteil vom 3. März 2005 - III ZR 186/04 - OLG Dresden
LG Dresden
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Februar 2005 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Streck, Galke und Dr. Herrmann

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 4. Februar 2004 wird zurückgewiesen.
Auf die Anschlußrevision der Klägerin wird das vorbezeichnete Urteil aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 5. Juni 2003 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt: Die Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt, soweit die Klägerin Schadensersatz für ab dem 10. März 1995 veranlaßte Aufwendungen verlangt.
Die weitergehende Berufung der Beklagten bleibt zurückgewiesen.
Die weitergehende Anschlußrevision der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung über die Kosten der Rechtsmittelverfahren bleibt der Schlußentscheidung vorbehalten.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Die Klägerin nimmt die beklagte Landeshauptstadt aus A mtshaftung wegen unzureichender Unterrichtung über die Festlegung eines Planungsgebiets nach dem Bundesfernstraßengesetz und die Vorbereitungen dazu in Anspruch.
Die Klägerin beabsichtigte die Bebauung von zwei seiner zeit in ihrem Eigentum stehenden Flurstücken. Das Ortsamt P. (Bauaufsicht) der Beklagten erteilte unter dem 12. August 1994 einen positiven Bauvorbescheid für drei Mehrfamilienhäuser und ein Zweifamilienhaus. Am 21. September 1994 beantragte die Klägerin die Baugenehmigung für die Mehrfamiliengebäude auf dem Flurstück 3/1 und unter dem 14. Oktober 1994 für das Zweifamilienhaus auf dem Flurstück 3/3.
Die Parzellen liegen in der Nähe der künftigen Bunde sautobahn A 17 Sachsen-Böhmen. Das staatliche Autobahnamt Sachsen plante den Bau einer Anschlußstelle, durch die im Ergebnis die Grundstücke der Klägerin tangiert wurden. Das Autobahnamt übersandte dem Stadtplanungsamt der Beklagten die Durchschrift eines Schreibens vom 24. November 1994, mit dem einer anderen kommunalen Körperschaft nach § 9a Abs. 3 Satz 2 FStrG Gelegenheit zur Stellungnahme zur beabsichtigten Festlegung eines Planungsgebiets ge-
währt wurde. Der Beklagten wurde hiervon "im Hinblick auf die noch nicht endgültig geklärte Zubringerproblematik informell" Kenntnis gegeben und eine Erklärung "außerhalb des Verfahrens" anheim gestellt.
Das Ortsamt P. erteilte unter dem 6. Dezember 1 994 die Baugenehmigung für die Mehrfamilienhäuser. Für das Zweifamilienhaus wurde das Anzeigeverfahren (§ 62b der Sächsischen Bauordnung vom 26. Juli 1994, SächsGVBl. S. 1401 ff) durchgeführt. Die Klägerin richtete an die Beklagte eine Bauanzeige, die dieser am 6. Dezember 1994 zuging.
Am 2. Februar 1995 bat das Autobahnamt das Stadtplan ungsamt förmlich um Stellungnahme zu den Planungsabsichten und setzte hierfür eine Frist bis zum 10. März 1995.
Unter dem 27. Februar und 24. April 1995 erteilten die zuständigen Dienststellen der Beklagten der Klägerin die Genehmigungen zum Fällen von Bäumen auf dem Flurstück 3/1 und zur Errichtung einer Grundstückseinfahrt.
Nachdem das Autobahnamt die Beklagte unter dem 19. Ap ril 1995 an die Erledigung des Schreibens vom 2. Februar 1995 erinnert hatte, nahm diese unter dem 26. April 1995 Stellung zu den Planungen. Hierbei verwies sie auch auf die der Klägerin erteilten Baugenehmigungen.
Nach Durchführung von archäologischen Grabungsarbeiten au f den Grundstücken der Klägerin erteilte das Ortsamt P. unter dem 14. November 1995 die auf Erd- und Rohbauarbeiten bis zur Oberkante des Kellers begrenzte Baufreigabe für die Mehrfamilienhäuser.

Am 28. November 1995 erließ das Regierungspräsidium Dr esden eine Rechtsverordnung über die Festlegung eines Fernstraßenplanungsgebietes, in das auch die Grundstücke der Klägerin einbezogen waren. Unter dem 30. November 1995 unterrichtete das Regierungspräsidium die Beklagte von der Rechtsverordnung und bat um örtliche Bekanntmachung, die jedoch zunächst unterblieb. Die Verordnung wurde am 19. Februar 1996 im Sächsischen Gesetz - und Verordnungsblatt veröffentlicht und trat am Folgetag in Kraft. Die eigentlichen Bauarbeiten der Klägerin hatten zu diesem Zeitpunkt noch nicht begonnen. Im Amtsblatt der Beklagten wurde die Verordnung erst am 17. August 1997 bekannt gegeben.
Mit Datum vom 10. Oktober 1996 zeigte die Klägerin de r Beklagten den Baubeginn auf dem Flurstück 3/1 an. Im Hinblick auf die Festlegung des Planungsgebiets verfügte die Bauaufsichtsbehörde am 25. November 1996 fernmündlich und am 29. November 1996 schriftlich einen Baustopp. Die Klägerin versuchte vergeblich, eine Ausnahmegenehmigung gemäß § 9a Abs. 5 FStrG für die Fortführung ihres Bauvorhabens zu erlangen. Widerspruch und Klage gegen die Versagung der Ausnahmegenehmigung blieben erfolglos.
Die Klägerin hat zwischenzeitlich die Flurstücke an die Bu ndesrepublik Deutschland veräußert und eine Entschädigung nach dem Bundesfernstraßengesetz erhalten. Sie verlangt von der Beklagten weiteren Schadensersatz für Aufwendungen, die sie ihrem Vorbringen zufolge im Vertrauen auf die Baugenehmigung und die Baufreigabe getätigt hat und die sich als nutzlos herausgestellt haben, weil die Fernstraßenplanungsabsichten der Realisierung ihres Bauvorhabens entgegenstehen.

Das Landgericht hat die auf Zahlung von 614.159,14 € und auf Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Freistellung der Klägerin von einer Forderung über 5.729,33 € gerichtete Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Das Berufungsgericht hat die Verurteilung auf den Ersatz von Aufwendungen , die ab dem 20. Februar 1996 (Inkrafttreten der Verordnung über die Festlegung des Planungsgebiets) veranlaßt wurden, beschränkt und die Klage im übrigen abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten hat der Senat zugelassen. Die Klägerin hat Anschlußrevision mit dem Ziel der Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils eingelegt.

Entscheidungsgründe


Revision und Anschlußrevision sind zulässig. Das Rechtsmittel d er Klägerin hat in der Sache teilweise Erfolg. Demgegenüber ist die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

I.


Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidu ng ausgeführt : Das Landgericht habe durch ein Grundurteil entscheiden dürfen, da sämtliche für den Grund des Anspruchs der Klägerin maßgeblichen Fragen geklärt seien. Die Beklagte habe ihre Amtspflichten gegenüber der Klägerin verletzt, indem sie es unterlassen habe, ihrer aus § 9a Abs. 4 Satz 1 FStrG folgenden Veröffentlichungspflicht rechtzeitig nachzukommen. Hierbei handele
es sich um eine Pflicht, die den Kommunen als eigene obliege. Ferner habe die Beklagte eine allgemeine Hinweispflicht getroffen, die Klägerin von dem Eintritt der Veränderungssperre aufgrund der Verordnung vom 28. November 1995 zu informieren. Beide Unterrichtungspflichten beträfen jedoch erst den Zeitraum ab dem Inkrafttreten der Veränderungssperre. Zum einen bestehe eine hinreichende Konkretisierung der Pläne und damit die Betroffenheit der im Planungsgebiet liegenden Grundstücke erst mit Erlaß der Verordnung gemäß § 9a Abs. 3 FStrG. Zum anderen habe der Gesetzgeber Informationspflichten erst ab dem Zeitpunkt der Festlegung eines Planungsgebiets vorgesehen. Die Forderung der Klägerin sei auch nicht verjährt, da ein Schaden der Klägerin erst festgestanden habe, als sie ihr Vorhaben endgültig habe aufgeben müssen. Dies sei solange nicht der Fall gewesen, wie das Klageverfahren wegen der Ausnahmegenehmigung noch anhängig und das Planfeststellungsverfahren nicht eingeleitet gewesen seien.

II.


Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nur teilweise stan d.
1. Dem Berufungsgericht ist darin beizupflichten, daß die Beklagte der Klägerin gemäß § 839 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 34 Abs. 1 GG wegen Verletzung einer Hinweispflicht auf Schadensersatz haftet. Allerdings besteht ein Anspruch der Klägerin auch für Aufwendungen, die sie vor Inkrafttreten der Veränderungssperre erbracht hat, und zwar für die Zeit ab dem 10. März 1995.
Die Bediensteten der Beklagten traf zu dem Zeitpunkt, in dem sie gegenüber dem Autobahnamt die Stellungnahme zu der beabsichtigten Festlegung des Planungsgebiets abzugeben hatten, die Pflicht, die Klägerin auf die Möglichkeit hinzuweisen, daß ihre Grundstücke von einer Veränderungssperre nach § 9a Abs. 3 Satz 4 i.V.m. Abs. 1 FStrG betroffen werden könnten. Zwar bestand zu dieser Zeit keine besondere auf gesetzlichen Bestimmungen beruhende Hinweispflicht. Jedoch war die Beklagte nach allgemeinen Grundsätzen gehalten, der Klägerin die Gefahr des Eintritts einer Veränderungssperre aufzuzeigen. Gegen diese Pflicht haben die Bediensteten der Beklagten fahrlässig verstoßen und so einen Vermögensschaden der Klägerin herbeigeführt.

a) Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats (z.B.: Urteile vom 9. Oktober 2003 - III ZR 414/02 - NVwZ 2004, 638, 639; vom 7. Dezember 1995 - III ZR 141/94 - WM 1996, 1015, 1017 f; vom 5. Mai 1994 - III ZR 78/93 - NJW 1994, 2415, 2417; vom 17. September 1970 - III ZR 4/69 - JZ 1971, 227, 228; vom 5. April 1965 - III ZR 11/64 - NJW 1965, 1226, 1227; vom 6. April 1960 - III ZR 38/59 - NJW 1960, 1244 f jew. m.w.N. sowie BGHZ 15, 305, 312; siehe auch Staudinger/Wurm, BGB, 13. Bearb., 2002, § 839 Rn. 159 ff), daß besondere tatsächliche Lagen zusätzliche Pflichten für den Beamten schaffen können und er insbesondere nicht "sehenden Auges" zulassen darf, daß der Bürger Schaden erleidet, den er, der Beamte, durch einen kurzen Hinweis, eine Belehrung mit wenigen Worten oder eine entsprechende Aufklärung über die Sach- und Rechtslage zu vermeiden in der Lage ist. Den Beamten trifft eine solche Aufklärungs- oder Belehrungspflicht, die sich auch auf mit einiger Wahrscheinlichkeit bevorstehende Änderungen der Rechtslage bezie ht (Senatsurteil vom 6. April 1960 aaO, S. 1245), wenn er bei Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erkennt oder erkennen muß, daß ein Bürger, der in einer be-
sonderen Rechtsbeziehung zu einer Behörde steht, einem Schadensrisiko ausgesetzt ist, dem durch einen kurzen Hinweis zu begegnen ist (so insbesondere Senatsurteile vom 9. Oktober 2003 aaO, 7. Dezember 1995 aaO, S. 1017 und 17. September 1970 aaO). Allerdings besteht keine drittgerichtete Amtspflicht, sich ohne konkreten Anlaß mit den Angelegenheiten der Bürger zu beschäftigen und sie umfassend zu beraten, um sie gegebenenfalls vor Schaden zu bewahren. Erst wenn der Bürger in eine besondere Beziehung zu einer Behörde tritt, besteht für ihre Bediensteten nach Treu und Glauben Veranlassung, in diesem Rahmen seine Belange zu berücksichtigen (Senatsurteil vom 7. Dezember 1995 aaO, S. 1017 f).

b) Ein solcher Fall liegt hier vor.
aa) Die Klägerin stand mit der Beklagten aufgrund d er Baugenehmigung und der Bauanzeige in einer rechtlichen Sonderverbindung. Diese existierte auch noch zu dem Zeitpunkt, in dem die Beklagte gegenüber dem Autobahnamt die Stellungnahme zu der beabsichtigten Festlegung eines Planungsgebiets abzugeben hatte, da die Vorhaben nicht abgeschlossen und weitere Genehmigungen und Freigaben zur Umsetzung der Baumaßnahme erforderlich waren.
bb) Die Beklagte hatte aufgrund der angeforderten S tellungnahme konkreten Anlaß, sich mit der baurechtlichen Position der Klägerin zu befassen. Das Autobahnamt benötigte zur ordnungsgemäßen Vorbereitung seiner Entscheidung über die Festlegung des Planungsgebiets die Information, ob für potentiell betroffene Grundstücke Baugenehmigungen vorlagen. Für Bauanzeigen im vereinfachten Verfahren gilt - auch in bezug auf die nachfolgenden Aus-
führungen - Entsprechendes. Die mit der Festlegung eines Planungsgebiets eintretende Veränderungssperre nach § 9a Abs. 3 Satz 4 i.V.m. Abs. 1 FStrG erfaßt genehmigte und begonnene Maßnahmen nicht (§ 9a Abs. 1 Satz 2 FStrG). Zur Feststellung, in welchem Maß die Festlegung eines Planungsgebiets den erwünschten Zweck, die Sicherung der Planaufstellung (Marschall /Kastner, Bundesfernstraßengesetz, 5. Aufl., § 9a Rn. 13), erreichen kann, ist es deshalb erforderlich, Kenntnis von den im betroffenen Gebiet erteilten Baugenehmigungen zu erhalten. Aber auch mit Blick auf die Grundstücke, für die zwar Baugenehmigungen vorliegen, die jedoch unter die Veränderungssperre fallen, weil das Vorhaben zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens noch nicht begonnen ist, muß die Behörde Kenntnis von den Baugenehmigungen haben. Gemäß § 9a Abs. 2 FStrG haben die Grundstückseigentümer eine Veränderungssperre nach § 9a Abs. 1 FStrG nur vier Jahre entschädigungslos hinzunehmen. Die anschließende Entschädigung setzt voraus, daß der Eigentümer in der Ausübung einer zulässigen Nutzung behindert ist und er die Absicht hatte , von den Nutzungsmöglichkeiten Gebrauch zu machen (Marschall/Kastner aaO, Rn. 9). Bei Vorliegen einer Baugenehmigung kann regelmäßig sowohl von der Zulässigkeit der Nutzung des Grundstücks zur Bebauung als auch von einem entsprechenden Nutzungswillen des Eigentümers ausgegangen werden. Auf die vierjährige Frist, innerhalb deren der Eigentümer die Veränderungssperre nach § 9a Abs. 1 FStrG ohne Entschädigung zu dulden hat, ist die Dauer der infolge der Festlegung eines Planungsgebiets eintretenden Veränderungssperre anzurechnen (§ 9a Abs. 3 Satz 7 FStrG). Bereits mit dieser Veränderungssperre wird damit die möglicherweise in eine Entschädigungspflicht mündende Frist in Gang gesetzt. Die Behörde muß daher, um die Risiken einer eventuell später zu leistenden Entschädigung abschätzen zu können, bereits vor der Entscheidung über die Festlegung eines Planungsgebiets davon
Kenntnis haben, ob und gegebenenfalls für welche potentiell von der Veränderungssperre betroffenen Grundstücke möglicherweise nicht mehr durchführbare Baugenehmigungen erteilt sind.
Die Beklagte hat dem Rechnung getragen und in ihrem Schreiben an das Autobahnamt vom 26. April 1995 die der Klägerin erteilte Baugenehmigung mitgeteilt. Die dort verwendete Flurnummer 4/2 ist nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Klägerin lediglich eine unschädliche Falschbezeichnung. Der Hinweis war entgegen der Ansicht der Beklagten aus den vorgenannten Gründen nicht überobligatorisch.
cc) Die der Klägerin drohende Gefahr, daß die ihr ge hörenden Flurstükke unter die Veränderungssperre fallen würden, war zum Zeitpunkt der gegenüber dem Autobahnamt abzugebenden Stellungnahme zu der beabsichtigen Planungsgebietfestlegung auch hinreichend konkret. Das Vorhaben der für den Autobahnbau zuständigen Behörden war entgegen der Auffassung der Beklagten und des Berufungsgerichts in diesem Stadium über bloße Planungsvorüberlegungen hinaus gediehen. Die Planungsabsichten waren sowohl dem Grunde nach als auch bezogen auf die betroffenen Grundstücke verfestigt. Bereits aus der Tatsache, daß die Beklagte nach § 9a Abs. 3 Satz 2 FStrG angehört wurde, folgt, daß die Ausweisung des Planungsgebiets ernsthaft beabsichtigt war. Die Betroffenheit der Parzellen ergab sich hinreichend deutlich aus den Anlagen zu dem Schreiben des Autobahnamts vom 2. Februar 1995. Das Amt hatte entsprechend Nummer 4 Abs. 1 der Richtlinien für die Festlegung von Planungsgebieten nach dem Bundesfernstraßengesetz des Bundesministeriums für Verkehr vom 14. April 1976 (PlaGeR - VKBl. 1976, 370) das vorgesehene Planungsgebiet zeichnerisch und konkret auf die umfaßten
Grundstücke bezogen ausgewiesen. Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen , daß - wie sie behauptet - die Pläne dem Schreiben vom 2. Februar 1995 nicht beigefügt waren. Sollte dies der Fall gewesen sein, hätten die Bediensteten der Beklagten mit Rücksicht auf die ihnen vom Autobahnamt gesetzte Frist sogleich die Nachsendung der fehlenden Unterlagen veranlassen müssen.
Weiterhin kann die Beklagte nicht damit gehört werden , aus den Plänen sei die Betroffenheit der Parzellen nicht klar zu erkennen gewesen. Dies steht in Widerspruch zu der Tatsache, daß sie ausweislich ihrer Stellungnahme vom 26. April 1995 die Einbeziehung der der Klägerin gehörenden Flurstücke in das vorgesehene Planungsgebiet erkannt hat.
Daß die genaue Trassenführung noch nicht feststand, ist e benfalls ohne Bedeutung. Für die Festlegung eines Planungsgebiets, das erst die Planung selbst sichern soll, muß die Linienführung der Bundesfernstraße (§ 16 Abs. 2 FStrG) noch nicht feststehen (siehe Nummer 2 Abs. 2 Satz 2 PlaGeR; vgl. auch Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des Gesetzes zur Änderung des Bundesfernstraßengesetzes vom 25. Oktober 1960, BT-Drucks. 3/2159, S. 10).
dd) Bei der gebotenen Abklärung der baurechtlichen Si tuation mußte es sich den mit der Stellungnahme betrauten Bediensteten der Beklagten aufdrängen , daß die Klägerin Gefahr lief, hohe Investitionen zu tätigen, die durch den absehbaren Eintritt der Veränderungssperre nutzlos zu werden drohten, da die Baugenehmigung die Verläßlichkeitsgrundlage für kostspielige Aufwendungen darstellte (vgl. insoweit Senatsurteil vom 9. Oktober 2003 aaO, S. 638). Weil die Baugenehmigung seinerzeit jüngeren Datums und mit der Festlegung
des Planungsgebiets alsbald zu rechnen war, konnten die Mitarbeiter der Beklagten auch nicht mit hinreichender Sicherheit davon ausgehen, daß die Vorhaben der Klägerin nicht mehr unter die bevorstehende Veränderungssperre fallen würden, weil die Baumaßnahmen bereits begonnen sein würden (§ 9a Abs. 1 Satz 2 FStrG). Dem drohenden Schaden ließ sich durch einen Hinweis auf die mögliche Festlegung des Planungsgebiets und die in diesem Fall eintretende Veränderungssperre begegnen. Ein solcher Hinweis war ohne Schwierigkeiten zeitgleich mit der Abgabe der Stellungnahme gegenüber dem Autobahnamt zu erteilen, zumal ausweislich des Schreibens der Beklagten vom 26. April 1995 nur für vier Flurstücke Baugenehmigungen vorlagen. Ohne Belang ist, ob im Verhältnis zur Klägerin die Bauaufsichtsbehörde und in Beziehung zum Autobahnamt das Stadtplanungsamt der Beklagten zuständig war. Die Bediensteten dieser Organisationseinheit hätten jedenfalls die für die Bauaufsicht zuständigen Mitarbeiter der Beklagten zur Unterrichtung der Klägerin veranlassen müssen (vgl. Senatsurteile vom 11. Mai 1989 - III ZR 88/87 - NJW 1990, 245, 246 f und vom 7. Dezember 1995 aaO, S. 1018 f).
ee) (1) Der Hinweis hätte der Klägerin nicht erst am 26. April 1995, dem Datum der Erklärung gegenüber dem Autobahnamt, sondern spätestens am 10. März 1995 erteilt werden müssen. Den Bediensteten der Beklagten oblag es, die Klägerin in einem Zug mit der Stellungnahme zu der beabsichtigten Festlegung des Planungsgebiets zu unterrichten. Das Autobahnamt hatte der Beklagten hierfür mit dem Schreiben vom 2. Februar 1995 Zeit bis zum 10. März 1995 gegeben. Es ist kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, daß diese Frist unangemessen kurz war. Die pflichtwidrige Verzögerung, mit der die Beklagte die angeforderte Stellungnahme abgab, kann nicht zu Lasten der Klägerin gehen.

(2) Entgegen der Ansicht der Klägerin hätte ein Hinw eis auf die Überlegungen zum Autobahnbau jedoch nicht bereits bei Erteilung der Baugenehmigung oder gar schon zusammen mit dem Bauvorbescheid gegeben werden müssen. Es ist nicht vorgetragen, daß sich die Absichten der für den Autobahnbau zuständigen Stellen bereits vor der Anhörung der Beklagten nach § 9a Abs. 3 Satz 2 FStrG für diese erkennbar inhaltlich, örtlich und zeitlich so verdichtet hatten, daß im Bereich der fraglichen Flurstücke ernsthaft mit einer alsbaldigen Veränderungssperre gerechnet werden mußte, durch die die Realisierung genehmigter Bauvorhaben verhindert werden würde.
(a) Insbesondere hilft der Klägerin der von ihr insowe it in Bezug genommene Bebauungsplan Nr. 74 aus dem Jahr 1993 nicht weiter. Er enthält hinsichtlich der Autobahnplanung für das Gebiet, in dem die klägerischen Flurstücke liegen, den Hinweis, daß konkrete Ausbaupläne noch nicht vorlägen, weil der Trassenverlauf der Autobahn Sachsen-Böhmen noch abzuwarten sei. (b) Die Klägerin macht weiter geltend, es sei fehlerh aft gewesen, die Bundesrepublik Deutschland nicht an dem Baugenehmigungsverfahren zu beteiligen. Auch dies ist unbehelflich. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, daß die Überlegungen der für den Autobahnbau zuständigen Behörde bereits im Zeitpunkt der möglicherweise notwendigen Stellungnahme zu den Bauvorhaben der Klägerin hinsichtlich des Verlaufs und des Umfangs des Planungsgebiets verfestigt waren. Es ist deshalb nicht ersichtlich, daß die Beklagte aufgrund einer Stellungnahme bereits hinreichend sicher mit dem Eintritt der Veränderungssperre für die Parzellen der Klägerin hätte rechnen müssen. Hiergegen sprechen überdies auch die nachfolgenden Erwägungen.

(c) Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, die Kläger in nach Zugang der Durchschrift des Schreibens des Autobahnamts vom 24. November 1994 an die Verwaltungsgemeinschaft "G. " bei der Gemeindeverwaltung G. , mithin bei Erteilung der Baugenehmigung vom 6. Dezember 1994 oder sogleich nach Eingang der Bauanzeige am selben Tag, über eine drohende Veränderungssperre zu unterrichten. Aus der Zuschrift geht hervor, daß die Überlegungen des Autobahnamts über die Festlegung eines Planungsgebiets im Stadtgebiet der Beklagten noch nicht die erforderliche Reife dafür erlangt hatten, daß hinreichende Anhaltspunkte für die Betroffenheit der Flurstücke von einer konkret drohenden Veränderungssperre bestanden. Vielmehr gab das Autobahnamt zu erkennen, daß seine Vorüberlegungen zu der Frage der Gestaltung des Zubringers noch nicht abgeschlossen waren. Die Beklagte konnte deshalb noch nicht erkennen, in welchem Maß die Einbeziehung der Grundstücke der Klägerin wahrscheinlich war. Die Klägerin hat auch nicht vorgetragen, daß ihre Grundstücke - für die Beklagte erkennbar - in allen vom Autobahnamt erwogenen Varianten vom Planungsgebiet erfaßt sein würden. (3) Weiterhin mußte die Beklagte die Klägerin auch n icht sogleich nach Zugang des Schreibens des Autobahnamts vom 2. Februar 1995 oder während der laufenden Erarbeitung der Stellungnahme auf die Möglichkeit des Eintritts einer Veränderungssperre hinweisen. Der Beklagten muß eine angemessene Zeit zur sorgfältigen Prüfung der Sach- und Rechtslage zugebilligt werden. Die vom Autobahnamt für die Abgabe der Erklärung zu der beabsichtigten Planungsgebietsausweisung gesetzte Frist bis zum 10. März 1995 war auch nicht so weiträumig, daß die Bediensteten der Beklagten die Unterrichtung der Klägerin in der laufenden Bearbeitung vorzuziehen hatten.

ff) Die hiernach bestehende Unterrichtungspflicht der B eklagten wird nicht durch die in § 9a Abs. 4 FStrG statuierte Pflicht, auf die Festlegung eines Planungsgebiets in den betroffenen Gemeinden hinzuweisen, verdrängt. Diese Vorschrift enthält keine abschließende Regelung über die im Zusammenhang mit der Festlegung von Planungsgebieten bestehenden Informationspflichten der öffentlichen Hand. Eine derartige, die allgemeine Hinweispflicht einschränkende Bestimmung kommt in Betracht, wenn das Gesetz ein besonderes Verfahren bereithält, das die Wahrung der schutzwürdigen Informationsinteressen Dritter gewährleisten soll (vgl. Senatsurteil vom 10. April 2003 - III ZR 38/02 - VIZ 2003, 353, 354). § 9a Abs. 4 FStrG soll, wie sich aus dem Anwendungsbereich der Bestimmung ergibt, die schutzwürdigen Informationsbelange der Festlegungsbetroffenen jedoch nicht in einem solchen Umfang wahren, daß ihm ein abschließender Charakter beigelegt werden kann, der den Rückgriff auf die allgemeine Hinweispflicht ausschließt. Die in § 9a Abs. 4 FStrG bestimmte Hinweispflicht betrifft nur die erfolgte, nicht aber die drohende Festlegung eines Planungsgebiets und dient der Unterrichtung aller hiervon betroffenen Eigentümer, mithin auch derjenigen, denen gegenüber bislang keine mit der baulichen Nutzung der Grundstücke zusammenhängenden Pflichten der Gemeinde oder des Trägers der Straßenbaulast bestanden. § 9a Abs. 4 FStrG ist damit weder geeignet noch dazu bestimmt, Grundstückseigentümer, die aufgrund einer Baugenehmigung über eine Verläßlichkeitsgrundlage für Investitionen verfügen, vor Aufwendungen zu schützen, die infolge einer zunächst drohenden und später eintretenden Veränderungssperre nach § 9a Abs. 3 Satz 4 i.V.m. Abs. 1 FStrG nutzlos werden.

c) Da die Notwendigkeit, die Klägerin von der beabsicht igten Festlegung des Planungsgebiets zu unterrichten, bei einer sorgfältigen und im erforderlichen Maß vorausschauenden Führung der Amtsgeschäfte erkennbar war, handelten die Bediensteten der Beklagten fahrlässig. Deren Verschulden ist nicht ausgeschlossen, weil das Berufungsgericht eine Hinweispflicht vor Inkrafttreten der Veränderungssperre verneint hat. Zwar trifft einen Beamten in der Regel kein Verschulden, wenn ein mit mehreren Berufsrichtern besetztes Gericht die Amtstätigkeit als objektiv rechtmäßig angesehen hat (z.B.: Senat in BGHZ 117, 236, 250; Urteile vom 6. Februar 1997 - III ZR 241/95 - BGHR BGB § 839 Abs. 1 Satz 1, Verschulden 30, und vom 21. Oktober 1993 - III ZR 68/92 - aaO, Verschulden 24; Staudinger/Wurm aaO, Rn. 216). Hierbei handelt es sich jedoch nur um eine allgemeine Richtlinie. Sie gilt unter anderem dann nicht, wenn und soweit das Gericht für die Beurteilung des Falles wesentliche Gesichtspunkte unberücksichtigt gelassen hat (Senatsurteile vom 6. Februar 1997 und 21. Oktober 1993 aaO; Staudinger/Wurm aaO, Rn. 218). Das Berufungsgericht hat bei seinen Erwägungen, mit denen es eine allgemeine Hinweispflicht der Bediensteten der Beklagten verneint hat, den wesentlichen Aspekt außer acht gelassen, daß in dem Planungsgebiet nach § 9a Abs. 3 FStrG die genaue Trassenführung der vorgesehenen Bundesfernstraße noch nicht feststehen muß (Nummer 2 Abs. 2, Satz 2 PlaGeR) und das Planungsgebiet größer als für die spätere Linienführung erforderlich sein kann (Nummer 3 PlaGeR). Dementsprechend werden von der Veränderungssperre nach § 9a Abs. 3 Satz 4 i.V.m. Abs. 1 FStrG vielfach auch solche Grundstücke erfaßt, die von der späteren Straßenführung nicht berührt werden. Es war deshalb für die Hinweispflicht der Bediensteten der Beklagten entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts unmaßgeblich, daß zum Zeitpunkt der Anhörung der Beklagten
durch das Autobahnamt noch nicht feststand, daß die Trasse über die Grundstücke der Klägerin führen werde.

d) Der Klägerin entstand infolge der unterlassenen, sp ätestens jedoch bis zum 10. März 1995 geschuldeten Unterrichtung ein Schaden. Die Klägerin hätte weitere Aufwendungen im Zusammenhang mit den Baumaßnahmen unterlassen , wenn sie rechtzeitig auf die vorgesehene Festlegung des Planungsgebiets hingewiesen worden wäre. Das Landgericht hat festgestellt, daß die Klägerin bei einem Hinweis "spätestens mit Zugang der Schreiben (des Autobahnamts ) vom 02.02.1995 und 19.04.1995" von weiteren Geldausgaben abgesehen hätte. Die Beklagte ist dem nicht entgegengetreten. Das Berufungsgericht , das nach § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO verfahren ist, hat keine abweichenden Feststellungen getroffen.

e) Die Schadensersatzforderung ist nicht verjährt.
aa) Die Verjährungsfrist beginnt nach dem gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB auf den vorliegenden Fall noch anzuwendenden § 852 Abs. 1 BGB a.F., sobald der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt. Bei einem Anspruch aus § 839 Abs. 1 BGB kann die Verjährung erst beginnen, wenn der Geschädigte weiß, daß die in Rede stehende Amtshandlung widerrrechtlich und schuldhaft und deshalb eine zum Schadensersatz verpflichtende Amtspflichtverletzung war. Dabei genügt im allgemeinen , daß der Verletzte die tatsächlichen Umstände kennt, die eine schuldhafte Amtspflichtverletzung als naheliegend, eine Amtshaftungsklage - sei es auch nur als Feststellungsklage - mithin als so aussichtsreich erscheinen lassen, daß dem Verletzten die Erhebung der Klage zugemutet werden
kann (z.B.: Senatsurteile BGHZ 150, 172, 186 m.w.N. und vom 16. September 2004 - III ZR 346/03 - NJW 2005, 429, 433, für BGHZ vorgesehen; Staudinger /Wurm aaO, Rn. 388). Der hier bestehende Amtshaftungsanspruch gründet sich in tatsächlicher Hinsicht auf die Anhörung der Beklagten durch das Autobahnamt gemäß § 9a Abs. 3 Satz 2 FStrG, aufgrund deren ihre Bediensteten von der konkreten Absicht erfuhren, alsbald ein Planungsgebiet mit der Folge der Veränderungssperre festzulegen. Die Kenntnis dieses Umstandes war für die Erhebung einer aussichtsreichen (Feststellungs-)Klage erforderlich.
bb) Die Klägerin hat behauptet, diese Tatsache erst im November 1999 durch Einsicht in die zwischen dem Autobahnamt und der Beklagten gewechselten Schreiben vom 19. April, 26. April und 30. November 1995 erfahren zu haben. Die für die tatsächlichen Voraussetzungen der Verjährung darlegungsund beweisbelastete Beklagte hat dies zwar bestritten und sich zum Nachweis hierfür auf den Inhalt des Schreibens der Architekten der Klägerin vom 23. Januar 1997 und des Schriftsatzes ihrer Anwälte vom 6. Januar 1998 berufen. Ferner hat sie geltend gemacht, die Klägerin habe bereits Anfang 1997 Schadensersatz verlangt.
Die von der Beklagten herangezogenen Schriftstücke lassen j edoch, wie das Landgericht in im Ergebnis rechtsfehlerfreier und vom Berufungsgericht nicht korrigierter tatrichterlicher Würdigung festgestellt hat, nicht erkennen, daß der Klägerin die hier maßgebende Tatsache bekannt war. Sie deuten vielmehr auf das Gegenteil hin. Der Architekt der Klägerin mutmaßte in seinem Schreiben , daß die Beklagte "im Zuge des Genehmigungsverfahrens offensichtlich die Stellungnahme des Autobahnamts nicht eingeholt hat oder aber das Autobahnamt zum seinerzeitigen Zeitpunkt die Situation nicht erkannt hat". Die
Rechtsanwälte der Klägerin erhoben gegenüber der Beklagten nicht den Vorwurf , ihre Bediensteten hätten ihre Mandantin amtspflichtwidrig geschädigt, und machten keine entsprechenden tatsächlichen Umstände geltend. Vielmehr verwiesen sie auf die prekäre wirtschaftliche Lage der Klägerin und äußerten, ohne sich auf weitere Tatsachen zu stützen, die Ansicht, die Beklagte stehe insoweit "in der Pflicht". Sie sahen die Beklagte überdies nicht zum Ausgleich von Verlusten der Klägerin verpflichtet, wie es die Folge eines Amtspflichtverletzung wäre, sondern regten lediglich an, ein zinsloses Darlehen oder eine Bürgschaft zu gewähren.
Schließlich kann die Beklagte auch nichts für sie Günstiges aus der von ihr behaupteten Tatsache herleiten, daß die Klägerin bereits Anfang 1997 Schadensersatzansprüche geltend machte. Für den Beginn des Laufs der Verjährungsfrist ist es unmaßgeblich, ab wann die Klägerin der Rechtsauffassung war, einen Schadensersatzanspruch zu haben. Der Beginn der Verjährung hängt nicht von Beurteilung der Rechtslage durch den Geschädigten, sondern allein von der Kenntnis der den Anspruch begründenden Tatsachen ab. Deshalb ist es grundsätzlich unerheblich, wenn der Verletzte aus diesen nicht die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht (Senat und Staudinger/Wurm aaO) und es unterläßt, den Amtshaftungsanspruch zu verfolgen. Dies gilt spiegelbildlich im umgekehrten Fall, daß der Geschädigte eine Schadensersatzforderung voreilig erhebt, ohne die sie rechtlich tragenden Tatsachen zu kennen.
cc) Da der Lauf der Verjährungsfrist erst im November 19 99 begann, hat die Klageerhebung im Jahr 2001 - ungeachtet des zum 15. März 2000 erklärten Verzichts der Beklagten auf die Einrede des § 222 Abs. 1 BGB a.F. - verhindert , daß die Ansprüche der Klägerin verjährten.

2. Der Senat kann selbst abschließend über die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Grundurteils entscheiden, da die Sache hinsichtlich des Anspruchsgrundes entscheidungsreif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Ein Grundurteil darf ergehen, wenn ein Anspruch nach Grund und Höhe streitig ist, alle Fragen, die zum Grund des Anspruchs gehören, erledigt sind und nach dem Sach- und Streitstand zumindest wahrscheinlich ist, daß der Anspruch in irgendeiner Höhe besteht (ständige Rechtsprechung des BGH, z.B.: Senatsurteil vom 11. November 2004 - III ZR 200/03 - juris Dok.-Nr. KORE312352004 Rn. 34; Urteile vom 2. Oktober 2000 - II ZR 54/99 - NJW 2001, 224, 225; vom 16. Januar 1991 - VIII ZR 14/90 - NJW-RR 1991, 599, 600 m.w.N.). Die Vorinstanzen haben die für das Bestehen des Anspruchs dem Grunde nach erforderlichen Tatsachenfeststellungen getroffen. Es ist wenigstens wahrscheinlich, daß der Klägerin nach Durchführung des Betragsverfahrens zumindest ein Forderungsrest bleibt.

a) Die hier nicht abgehandelten Punkte können diesem V erfahren überlassen bleiben. Insbesondere gilt folgendes:
aa) Die Revisionsrüge, es müsse für den Erlaß eines Grund urteils für jeden Teilanspruch feststehen, daß er dem Grunde nach besteht, ist unbegründet. Vielmehr kann dem Betragsverfahren die Feststellung vorbehalten bleiben, ob und in welchem Umfang die einzelnen von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen von dem Schadensersatzanspruch erfaßt sind. Dabei kann auf sich beruhen, ob einzelne hierbei zu beachtende Voraussetzungen im materiell-rechtlichen Sinn dem Anspruchsgrund zuzuordnen sind. § 304 ZPO entspringt prozeßwirtschaftlichen Erwägungen, so daß dogmatische Gesichtspunkte bei der Auslegung der Vorschrift in den
punkte bei der Auslegung der Vorschrift in den Hintergrund treten (BGHZ 108, 256, 259 m.w.N.). So darf bei einer einheitlichen, aus mehreren Einzelposten zusammengesetzten Schadensersatzforderung die Verpflichtung zum Schadensersatz dem Grunde nach festgestellt und dem Betragsverfahren die Prüfung vorbehalten werden, ob und inwieweit einzelne Schadenspositionen auf die schadenstiftende Handlung zurückzuführen sind (BGHZ aaO; vgl. auch Urteile vom 4. Dezember 1997 - IX ZR 247/96 - BGHR ZPO § 304 Abs. 1 Anspruchsmehrheit 5; vom 5. März 1993 - V ZR 87/91 - BGHR aaO, Voraussetzungen 3). Eine solche Fallgestaltung liegt hier vor, da die jeweiligen Schadensposten als unselbständige Positionen auf derselben tatsächlichen und rechtlichen Grundlage - der Amtspflichtverletzung der Beklagten und den nachfolgend getätigten Aufwendungen der Klägerin zur Fortführung der Baumaßnahme - geltend gemacht werden und derselben Schadensart zuzurechnen sind.
bb) Ebenso durfte es das Berufungsgericht dem Betragsverf ahren überlassen , ob und in welchem Maß der von der Beklagten erhobene Einwand des § 254 BGB begründet ist. Dem Betragsverfahren kann die Prüfung des Mitverschuldens vorbehalten werden, wenn es nur geeignet ist, zu einer Minderung, nicht aber zu einer Beseitigung des Anspruchs zu führen (BGHZ 110, 196, 202; 76, 397, 400). Dies ist hier der Fall, da nicht erkennbar ist, daß ein etwaiges Mitverschulden der Klägerin, sofern es sich überhaupt auf alle Schadenspositionen erstrecken sollte, so gewichtig wäre, daß eine Haftung der Beklagten vollständig entfallen könnte.
cc) Dem Betragsverfahren gleichfalls vorbehalten bleibt d ie Entscheidung darüber, ob und in welchem Umfang einzelne der von der Klägerin gel-
tend gemachten Positionen bereits von der ihr gewährten Entschädigung erfaßt sind. Der Senat hat entschieden, daß ein Grundurteil ergehen kann, wenn der durch eine Amtspflichtverletzung Geschädigte auf eine anderweitige Ersatzmöglichkeit (§ 839 Abs. 1 Satz 2 BGB) zurückgreifen kann, jedoch feststeht, daß diese den Schaden nicht voll ausgleicht (Urteil vom 10. Mai 1976 - III ZR 90/74 - WM 1976, 873, 874 m.w.N.; so auch: Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., § 304 Rn. 18; Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 304 Rn. 14). Gleiches muß gelten, wenn der Geschädigte eine Enteignungsentschädigung erhalten hat, die aber den geltend gemachten Schaden nicht abdeckt. Dies ist hier der Fall, da von der Entschädigung ausweislich des Bescheides des Regierungspräsidiums Dresden vom 7. November 2003 Aufwendungen, die nach dem Inkrafttreten der Veränderungssperre getätigt wurden, ausgenommen sind.

b) Das Grundurteil war nicht auf den Zahlungsantrag d er Klägerin zu beschränken. Es erfaßt auch den Klageantrag zu 2, mit dem die Feststellung begehrt wird, daß die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin von der Forderung eines Gerüstbauunternehmens in Höhe von 5.729,33 € freizustellen. Zwar kommt in der Regel bei einem Feststellungsantrag ein Grundurteil nicht in Betracht , weil es meist an einem Streit über Grund und Betrag fehlt, wie es gemäß § 304 Abs. 1 ZPO Voraussetzung für den Erlaß eines Urteils über den Grund ist. Feststellungsklagen haben jedoch dann eine nach Grund und Betrag streitige Verpflichtung zum Gegenstand, wenn - wie hier - der Feststellungsantrag auf eine Forderung in bestimmter Höhe gerichtet ist, so daß die Klage auch zu einem Ausspruch über die Höhe des Anspruchs führen soll. In einem solchen Fall ist die Feststellungsklage in einer Weise beziffert, daß ein Grundurteil seinen Zweck erfüllen kann (BGH, Urteil vom 9. Juni 1994 - IX ZR 125/93 - NJW
1994, 3295, 3296 m.w.N = BGHZ 126, 217 ff insoweit dort jedoch nicht abgedruckt ; Stein/Jonas/Leipold aaO, Rn. 5; Zöller/Vollkommer aaO, Rn. 3).

c) Eine Teilabweisung der Klage war nicht geboten, ob gleich der Senat von einem späteren Zeitpunkt, zu dem die Bediensteten der Beklagten verpflichtet waren, die Klägerin zu unterrichten, als das Landgericht ausgeht. Der abweichende Zeitpunkt hat nur insoweit Auswirkungen, als einzelne von der Klägerin ersetzt verlangte Positionen möglicherweise nicht auf die den Bediensteten der Beklagten unterlaufene Amtspflichtverletzung zurückzuführen sein werden. Die Prüfung der Kausalität zwischen dieser und den geltend gemachten Schadensposten kann jedoch dem Betragsverfahren überlassen bleiben (siehe oben Buchstaben a aa).
Eine Teilabweisung für Aufwendungen, die vor dem Sti chtag veranlaßt wurden, wäre auch rechtlich nicht möglich. Ein Grund- und Teilurteil, durch das ein Teil der Klageforderung abgewiesen wird, darf nur ergehen, wenn jeweils ein quantitativer, zahlenmäßig oder auf sonstige Weise bestimmter Teil des - teilbaren - Streitgegenstandes dem abschließend beschiedenen Teil des Klageanspruchs und der Zwischenentscheidung über den Grund zugeordnet werden kann (BGHZ 108, 256, 260; Urteil vom 8. Juni 1988 - VIII ZR 105/87 - WM 1988,1500, 1502). Andernfalls bliebe ungewiß, in welchem Umfang über den Klageanspruch rechtskräftig entschieden ist und in welcher Höhe er - als dem Grunde nach gerechtfertigt - noch anhängig ist. Macht der Kläger einen Zahlungsanspruch geltend, der sich, wie hier, aus mehreren bezifferten Einzelposten zusammensetzt und teilt das Gericht das Klagebegehren lediglich nach Zeitabschnitten auf, so läßt sich sowohl eine teilweise Klageabweisung als auch eine Entscheidung zum Grund nur dann ausreichend individualisieren,
wenn die geltend gemachten Einzelposten entweder im Urteil oder wenigstens im Parteivorbringen bestimmten Zeitabschnitten zugeordnet sind (BGH aaO). Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Weder das Berufungsurteil noch das des Landgerichts lassen eine Zuordnung aller Schadenspositionen zu den hier maßgebenden Zeitabschnitten zu. Auch den vom Landgericht in Bezug genommenen Schriftsätzen vom 28. September 2001 und 25. März 2002 ist eine Aufteilung der Einzelposten nach Zeitabschnitten nicht vollständig zu entnehmen. Insbesondere sind in dieser Weise die Architektenkosten und die Vorfälligkeitsentschädigung für die zur Finanzierung der Baumaßnahme aufgenommenen Darlehen nicht zuzuordnen.
Schlick Wurm Streck
Galke Herrmann
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aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats kann bei besonderen tatsächlichen Lagen und Verhältnissen eine Belehrungspflicht des Beamten gegenüber dem einen Antrag stellenden oder vorsprechenden Bürger bestehen. Eine solche Pflicht, einen Gesuchsteller über die zur Erreichung seiner Ziele notwendigen Maßnahmen belehrend aufzuklären, kann sich insbesondere ergeben, wenn der Beamte erkennt oder erkennen muss, dass der Betroffene seine Lage in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht nicht richtig zu beurteilen vermag, besonders wenn der Betreffende sonst Gefahr läuft, einen Schaden zu erleiden. Der Beamte darf nicht "sehenden Auges" zulassen, dass der bei ihm vorsprechende Bürger Schäden erleidet, die der Beamte durch einen kurzen Hinweis, eine Belehrung mit wenigen Worten oder eine entsprechende Aufklärung zu vermeiden in der Lage ist (vgl. nur Senat, Urteile vom 3. Juli 2014 - III ZR 502/13, NJW 2014, 2642 Rn. 25; vom 3. März 2005 - III ZR 186/04, VersR 2006, 76 und vom 9. Oktober 2003 - III ZR 414/02, NVwZ 2004, 638, 639; BeckOGK/Dörr, BGB, § 839 Rn. 195 [Stand: 01.12.2016]; jeweils mwN).

Jeder hat Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch. Zuständig für die Beratung sind die Leistungsträger, denen gegenüber die Rechte geltend zu machen oder die Pflichten zu erfüllen sind.

(1) Die nach Landesrecht zuständigen Stellen, die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung sind verpflichtet, über alle sozialen Angelegenheiten nach diesem Gesetzbuch Auskünfte zu erteilen.

(2) Die Auskunftspflicht erstreckt sich auf die Benennung der für die Sozialleistungen zuständigen Leistungsträger sowie auf alle Sach- und Rechtsfragen, die für die Auskunftsuchenden von Bedeutung sein können und zu deren Beantwortung die Auskunftsstelle imstande ist.

(3) Die Auskunftsstellen sind verpflichtet, untereinander und mit den anderen Leistungsträgern mit dem Ziel zusammenzuarbeiten, eine möglichst umfassende Auskunftserteilung durch eine Stelle sicherzustellen.

(4) Die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung sollen über Möglichkeiten zum Aufbau einer staatlich geförderten zusätzlichen Altersvorsorge produkt- und anbieterneutral Auskünfte erteilen.

(1) Die Leistungsträger sind verpflichtet, darauf hinzuwirken, daß

1.
jeder Berechtigte die ihm zustehenden Sozialleistungen in zeitgemäßer Weise, umfassend und zügig erhält,
2.
die zur Ausführung von Sozialleistungen erforderlichen sozialen Dienste und Einrichtungen rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung stehen,
3.
der Zugang zu den Sozialleistungen möglichst einfach gestaltet wird, insbesondere durch Verwendung allgemein verständlicher Antragsvordrucke und
4.
ihre Verwaltungs- und Dienstgebäude frei von Zugangs- und Kommunikationsbarrieren sind und Sozialleistungen in barrierefreien Räumen und Anlagen ausgeführt werden.

(2) Menschen mit Hörbehinderungen und Menschen mit Sprachbehinderungen haben das Recht, bei der Ausführung von Sozialleistungen, insbesondere auch bei ärztlichen Untersuchungen und Behandlungen, in Deutscher Gebärdensprache, mit lautsprachbegleitenden Gebärden oder über andere geeignete Kommunikationshilfen zu kommunizieren. Die für die Sozialleistung zuständigen Leistungsträger sind verpflichtet, die durch die Verwendung der Kommunikationshilfen entstehenden Kosten zu tragen. § 5 der Kommunikationshilfenverordnung in der jeweils geltenden Fassung gilt entsprechend.

(2a) § 11 des Behindertengleichstellungsgesetzes gilt in seiner jeweils geltenden Fassung bei der Ausführung von Sozialleistungen entsprechend.

(3) In der Zusammenarbeit mit gemeinnützigen und freien Einrichtungen und Organisationen wirken die Leistungsträger darauf hin, daß sich ihre Tätigkeit und die der genannten Einrichtungen und Organisationen zum Wohl der Leistungsempfänger wirksam ergänzen. Sie haben dabei deren Selbständigkeit in Zielsetzung und Durchführung ihrer Aufgaben zu achten. Die Nachprüfung zweckentsprechender Verwendung bei der Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bleibt unberührt. Im übrigen ergibt sich ihr Verhältnis zueinander aus den besonderen Teilen dieses Gesetzbuchs; § 97 Abs. 1 Satz 1 bis 4 und Abs. 2 des Zehnten Buches findet keine Anwendung.

(4) Die Leistungsträger arbeiten mit den Betreuungsbehörden bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zur Vermittlung geeigneter Hilfen zur Betreuungsvermeidung zusammen. Soziale Rechte dürfen nicht deshalb abgelehnt, versagt oder eingeschränkt werden, weil ein rechtlicher Betreuer nach § 1814 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden ist oder bestellt werden könnte.

(1) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie

1.
teilweise erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

(2) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie

1.
voll erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind auch
1.
Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und
2.
Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.

(3) Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

(4) Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind:

1.
Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit,
2.
Berücksichtigungszeiten,
3.
Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nummer 1 oder 2 liegt,
4.
Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung.

(5) Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit ist nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist.

(6) Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren und seitdem ununterbrochen voll erwerbsgemindert sind, haben Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie die Wartezeit von 20 Jahren erfüllt haben.

(1) Sozialhilfe erhält nicht, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

(2) Verpflichtungen anderer, insbesondere Unterhaltspflichtiger oder der Träger anderer Sozialleistungen, bleiben unberührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach dem Recht der Sozialhilfe entsprechende Leistungen vorgesehen sind.

Jeder hat Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch. Zuständig für die Beratung sind die Leistungsträger, denen gegenüber die Rechte geltend zu machen oder die Pflichten zu erfüllen sind.

(1) Die Leistungsträger sind verpflichtet, darauf hinzuwirken, daß

1.
jeder Berechtigte die ihm zustehenden Sozialleistungen in zeitgemäßer Weise, umfassend und zügig erhält,
2.
die zur Ausführung von Sozialleistungen erforderlichen sozialen Dienste und Einrichtungen rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung stehen,
3.
der Zugang zu den Sozialleistungen möglichst einfach gestaltet wird, insbesondere durch Verwendung allgemein verständlicher Antragsvordrucke und
4.
ihre Verwaltungs- und Dienstgebäude frei von Zugangs- und Kommunikationsbarrieren sind und Sozialleistungen in barrierefreien Räumen und Anlagen ausgeführt werden.

(2) Menschen mit Hörbehinderungen und Menschen mit Sprachbehinderungen haben das Recht, bei der Ausführung von Sozialleistungen, insbesondere auch bei ärztlichen Untersuchungen und Behandlungen, in Deutscher Gebärdensprache, mit lautsprachbegleitenden Gebärden oder über andere geeignete Kommunikationshilfen zu kommunizieren. Die für die Sozialleistung zuständigen Leistungsträger sind verpflichtet, die durch die Verwendung der Kommunikationshilfen entstehenden Kosten zu tragen. § 5 der Kommunikationshilfenverordnung in der jeweils geltenden Fassung gilt entsprechend.

(2a) § 11 des Behindertengleichstellungsgesetzes gilt in seiner jeweils geltenden Fassung bei der Ausführung von Sozialleistungen entsprechend.

(3) In der Zusammenarbeit mit gemeinnützigen und freien Einrichtungen und Organisationen wirken die Leistungsträger darauf hin, daß sich ihre Tätigkeit und die der genannten Einrichtungen und Organisationen zum Wohl der Leistungsempfänger wirksam ergänzen. Sie haben dabei deren Selbständigkeit in Zielsetzung und Durchführung ihrer Aufgaben zu achten. Die Nachprüfung zweckentsprechender Verwendung bei der Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bleibt unberührt. Im übrigen ergibt sich ihr Verhältnis zueinander aus den besonderen Teilen dieses Gesetzbuchs; § 97 Abs. 1 Satz 1 bis 4 und Abs. 2 des Zehnten Buches findet keine Anwendung.

(4) Die Leistungsträger arbeiten mit den Betreuungsbehörden bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zur Vermittlung geeigneter Hilfen zur Betreuungsvermeidung zusammen. Soziale Rechte dürfen nicht deshalb abgelehnt, versagt oder eingeschränkt werden, weil ein rechtlicher Betreuer nach § 1814 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden ist oder bestellt werden könnte.

Jeder hat Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch. Zuständig für die Beratung sind die Leistungsträger, denen gegenüber die Rechte geltend zu machen oder die Pflichten zu erfüllen sind.

(1) Leistungsberechtigt nach diesem Kapitel sind Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus Einkommen und Vermögen nach § 43 bestreiten können, wenn sie die Voraussetzungen nach Absatz 2, 3 oder 3a erfüllen.

(2) Leistungsberechtigt sind Personen nach Absatz 1 wegen Alters, wenn sie die Altersgrenze erreicht haben. Personen, die vor dem 1. Januar 1947 geboren sind, erreichen die Altersgrenze mit Vollendung des 65. Lebensjahres. Für Personen, die nach dem 31. Dezember 1946 geboren sind, wird die Altersgrenze wie folgt angehoben:


für den Geburtsjahrgangerfolgt eine Anhebung um Monateauf Vollendung eines Lebensalters von
1947165 Jahren und 1 Monat
1948265 Jahren und 2 Monaten
1949365 Jahren und 3 Monaten
1950465 Jahren und 4 Monaten
1951565 Jahren und 5 Monaten
1952665 Jahren und 6 Monaten
1953765 Jahren und 7 Monaten
1954865 Jahren und 8 Monaten
1955965 Jahren und 9 Monaten
19561065 Jahren und 10 Monaten
19571165 Jahren und 11 Monaten
19581266 Jahren
19591466 Jahren und 2 Monaten
19601666 Jahren und 4 Monaten
19611866 Jahren und 6 Monaten
19622066 Jahren und 8 Monaten
19632266 Jahren und 10 Monaten
ab 19642467 Jahren.

(3) Leistungsberechtigt sind Personen nach Absatz 1 wegen einer dauerhaften vollen Erwerbsminderung, wenn sie das 18. Lebensjahr vollendet haben, unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Absatz 2 des Sechsten Buches sind und bei denen unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann.

(3a) Leistungsberechtigt sind Personen nach Absatz 1, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, für den Zeitraum, in dem sie

1.
in einer Werkstatt für behinderte Menschen (§ 57 des Neunten Buches) oder bei einem anderen Leistungsanbieter (§ 60 des Neunten Buches) das Eingangsverfahren und den Berufsbildungsbereich durchlaufen oder
2.
in einem Ausbildungsverhältnis stehen, für das sie ein Budget für Ausbildung (§ 61a des Neunten Buches) erhalten.

(4) Keinen Anspruch auf Leistungen nach diesem Kapitel hat, wer in den letzten zehn Jahren die Hilfebedürftigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat.

(1) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie

1.
teilweise erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

(2) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie

1.
voll erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind auch
1.
Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und
2.
Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.

(3) Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

(4) Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind:

1.
Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit,
2.
Berücksichtigungszeiten,
3.
Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nummer 1 oder 2 liegt,
4.
Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung.

(5) Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit ist nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist.

(6) Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren und seitdem ununterbrochen voll erwerbsgemindert sind, haben Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie die Wartezeit von 20 Jahren erfüllt haben.

(1) Sozialhilfe erhält nicht, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderliche Leistung von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

(2) Verpflichtungen anderer, insbesondere Unterhaltspflichtiger oder der Träger anderer Sozialleistungen, bleiben unberührt. Auf Rechtsvorschriften beruhende Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach dem Recht der Sozialhilfe entsprechende Leistungen vorgesehen sind.

(1) Die Träger der Rentenversicherung informieren und beraten Personen, die

1.
die Regelaltersgrenze erreicht haben oder
2.
das 18. Lebensjahr vollendet haben, unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs. 2 sind und bei denen es unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann,
über die Leistungsvoraussetzungen nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches, soweit die genannten Personen rentenberechtigt sind. Personen nach Satz 1, die nicht rentenberechtigt sind, werden auf Anfrage beraten und informiert. Liegt eine Rente unter dem 27fachen des aktuellen Rentenwertes, ist der Information zusätzlich ein Antragsformular beizufügen. Es ist darauf hinzuweisen, dass der Antrag auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches auch bei dem zuständigen Träger der Rentenversicherung gestellt werden kann, der den Antrag an den zuständigen Träger der Sozialhilfe weiterleitet. Darüber hinaus sind die Träger der Rentenversicherung verpflichtet, mit den zuständigen Trägern der Sozialhilfe zur Zielerreichung der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches zusammenzuarbeiten. Eine Verpflichtung nach Satz 1 besteht nicht, wenn eine Inanspruchnahme von Leistungen der genannten Art wegen der Höhe der gezahlten Rente sowie der im Rentenverfahren zu ermittelnden weiteren Einkünfte nicht in Betracht kommt.

(2) Die Träger der Rentenversicherung prüfen und entscheiden auf ein Ersuchen nach § 45 des Zwölften Buches durch den zuständigen Träger der Sozialhilfe, ob Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs. 2 sind und es unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann. Ergibt die Prüfung, dass keine volle Erwerbsminderung vorliegt, ist ergänzend eine gutachterliche Stellungnahme abzugeben, ob hilfebedürftige Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet haben, erwerbsfähig im Sinne des § 8 des Zweiten Buches sind.

(3) Die Träger der Rentenversicherung geben nach § 44a Absatz 1 Satz 5 des Zweiten Buches eine gutachterliche Stellungnahme ab, ob hilfebedürftige Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet haben, erwerbsfähig im Sinne des § 8 des Zweiten Buches sind. Ergibt die gutachterliche Stellungnahme, dass Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Absatz 2 Satz 2 sind, ist ergänzend zu prüfen, ob es unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann.

(4) Zuständig für die Prüfung und Entscheidung nach Absatz 2 und die Erstellung der gutachterlichen Stellungnahme nach Absatz 3 ist

1.
bei Versicherten der Träger der Rentenversicherung, der für die Erbringung von Leistungen an den Versicherten zuständig ist,
2.
bei sonstigen Personen der Regionalträger, der für den Sitz des Trägers der Sozialhilfe oder der Agentur für Arbeit örtlich zuständig ist.

(5) Die kommunalen Spitzenverbände, die Bundesagentur für Arbeit und die Deutsche Rentenversicherung Bund können Vereinbarungen über das Verfahren nach den Absätzen 2 und 3 schließen.

(1) Die Träger der Sozialhilfe arbeiten mit anderen Stellen, deren gesetzliche Aufgaben dem gleichen Ziel dienen oder die an Leistungen beteiligt sind oder beteiligt werden sollen, zusammen, insbesondere mit den Trägern von Leistungen nach dem Zweiten, dem Achten, dem Neunten und dem Elften Buch, sowie mit anderen Trägern von Sozialleistungen und mit Verbänden. Darüber hinaus sollen die Träger der Sozialhilfe gemeinsam mit den Beteiligten der Pflegestützpunkte nach § 7c des Elften Buches alle für die wohnortnahe Versorgung und Betreuung in Betracht kommenden Hilfe- und Unterstützungsangebote koordinieren. Die Rahmenverträge nach § 7a Absatz 7 des Elften Buches sind zu berücksichtigen und die Empfehlungen nach § 8a des Elften Buches sollen berücksichtigt werden.

(2) Ist die Beratung und Sicherung der gleichmäßigen, gemeinsamen oder ergänzenden Erbringung von Leistungen geboten, sollen zu diesem Zweck Arbeitsgemeinschaften gebildet werden.

(3) Soweit eine Verarbeitung personenbezogener Daten erfolgt, ist das Nähere in einer Vereinbarung zu regeln.

(1) Die Träger der Rentenversicherung informieren und beraten Personen, die

1.
die Regelaltersgrenze erreicht haben oder
2.
das 18. Lebensjahr vollendet haben, unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs. 2 sind und bei denen es unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann,
über die Leistungsvoraussetzungen nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches, soweit die genannten Personen rentenberechtigt sind. Personen nach Satz 1, die nicht rentenberechtigt sind, werden auf Anfrage beraten und informiert. Liegt eine Rente unter dem 27fachen des aktuellen Rentenwertes, ist der Information zusätzlich ein Antragsformular beizufügen. Es ist darauf hinzuweisen, dass der Antrag auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches auch bei dem zuständigen Träger der Rentenversicherung gestellt werden kann, der den Antrag an den zuständigen Träger der Sozialhilfe weiterleitet. Darüber hinaus sind die Träger der Rentenversicherung verpflichtet, mit den zuständigen Trägern der Sozialhilfe zur Zielerreichung der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches zusammenzuarbeiten. Eine Verpflichtung nach Satz 1 besteht nicht, wenn eine Inanspruchnahme von Leistungen der genannten Art wegen der Höhe der gezahlten Rente sowie der im Rentenverfahren zu ermittelnden weiteren Einkünfte nicht in Betracht kommt.

(2) Die Träger der Rentenversicherung prüfen und entscheiden auf ein Ersuchen nach § 45 des Zwölften Buches durch den zuständigen Träger der Sozialhilfe, ob Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs. 2 sind und es unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann. Ergibt die Prüfung, dass keine volle Erwerbsminderung vorliegt, ist ergänzend eine gutachterliche Stellungnahme abzugeben, ob hilfebedürftige Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet haben, erwerbsfähig im Sinne des § 8 des Zweiten Buches sind.

(3) Die Träger der Rentenversicherung geben nach § 44a Absatz 1 Satz 5 des Zweiten Buches eine gutachterliche Stellungnahme ab, ob hilfebedürftige Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet haben, erwerbsfähig im Sinne des § 8 des Zweiten Buches sind. Ergibt die gutachterliche Stellungnahme, dass Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Absatz 2 Satz 2 sind, ist ergänzend zu prüfen, ob es unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann.

(4) Zuständig für die Prüfung und Entscheidung nach Absatz 2 und die Erstellung der gutachterlichen Stellungnahme nach Absatz 3 ist

1.
bei Versicherten der Träger der Rentenversicherung, der für die Erbringung von Leistungen an den Versicherten zuständig ist,
2.
bei sonstigen Personen der Regionalträger, der für den Sitz des Trägers der Sozialhilfe oder der Agentur für Arbeit örtlich zuständig ist.

(5) Die kommunalen Spitzenverbände, die Bundesagentur für Arbeit und die Deutsche Rentenversicherung Bund können Vereinbarungen über das Verfahren nach den Absätzen 2 und 3 schließen.

(1) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben Anspruch auf Wintergeld als Zuschuss-Wintergeld und Mehraufwands-Wintergeld und Arbeitgeber haben Anspruch auf Erstattung der von ihnen zu tragenden Beiträge zur Sozialversicherung, soweit für diese Zwecke Mittel durch eine Umlage aufgebracht werden.

(2) Zuschuss-Wintergeld wird in Höhe von bis zu 2,50 Euro je ausgefallener Arbeitsstunde gezahlt, wenn zu deren Ausgleich Arbeitszeitguthaben aufgelöst und die Inanspruchnahme des Saison-Kurzarbeitergeldes vermieden wird.

(3) Mehraufwands-Wintergeld wird in Höhe von 1,00 Euro für jede in der Zeit vom 15. Dezember bis zum letzten Kalendertag des Monats Februar geleistete berücksichtigungsfähige Arbeitsstunde an Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gezahlt, die auf einem witterungsabhängigen Arbeitsplatz beschäftigt sind. Berücksichtigungsfähig sind im Dezember bis zu 90 Arbeitsstunden, im Januar und Februar jeweils bis zu 180 Arbeitsstunden.

(4) Die von den Arbeitgebern allein zu tragenden Beiträge zur Sozialversicherung für Bezieherinnen und Bezieher von Saison-Kurzarbeitergeld werden auf Antrag erstattet.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten im Baugewerbe ausschließlich für solche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis in der Schlechtwetterzeit nicht aus witterungsbedingten Gründen gekündigt werden kann.

(1) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie

1.
teilweise erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

(2) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie

1.
voll erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind auch
1.
Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und
2.
Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.

(3) Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

(4) Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind:

1.
Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit,
2.
Berücksichtigungszeiten,
3.
Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nummer 1 oder 2 liegt,
4.
Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung.

(5) Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit ist nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist.

(6) Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren und seitdem ununterbrochen voll erwerbsgemindert sind, haben Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie die Wartezeit von 20 Jahren erfüllt haben.

(1) Die allgemeine Wartezeit ist vorzeitig erfüllt, wenn Versicherte

1.
wegen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit,
2.
wegen einer Wehrdienstbeschädigung nach dem Soldatenversorgungsgesetz als Wehrdienstleistende oder Soldaten auf Zeit,
3.
wegen einer Zivildienstbeschädigung nach dem Zivildienstgesetz als Zivildienstleistende oder
4.
wegen eines Gewahrsams (§ 1 Häftlingshilfegesetz)
vermindert erwerbsfähig geworden oder gestorben sind. Satz 1 Nr. 1 findet nur Anwendung für Versicherte, die bei Eintritt des Arbeitsunfalls oder der Berufskrankheit versicherungspflichtig waren oder in den letzten zwei Jahren davor mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben. Die Sätze 1 und 2 finden für die Rente für Bergleute nur Anwendung, wenn der Versicherte vor Eintritt der im Bergbau verminderten Berufsfähigkeit zuletzt in der knappschaftlichen Rentenversicherung versichert war.

(2) Die allgemeine Wartezeit ist auch vorzeitig erfüllt, wenn Versicherte vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung voll erwerbsgemindert geworden oder gestorben sind und in den letzten zwei Jahren vorher mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben. Der Zeitraum von zwei Jahren vor Eintritt der vollen Erwerbsminderung oder des Todes verlängert sich um Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren.

(3) Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit im Sinne der Absätze 1 und 2 liegen auch vor, wenn

1.
freiwillige Beiträge gezahlt worden sind, die als Pflichtbeiträge gelten, oder
2.
Pflichtbeiträge aus den in § 3 oder § 4 genannten Gründen gezahlt worden sind oder als gezahlt gelten oder
3.
für Anrechnungszeiten Beiträge gezahlt worden sind, die ein Leistungsträger mitgetragen hat.

(1) Die Träger der Rentenversicherung informieren und beraten Personen, die

1.
die Regelaltersgrenze erreicht haben oder
2.
das 18. Lebensjahr vollendet haben, unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs. 2 sind und bei denen es unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann,
über die Leistungsvoraussetzungen nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches, soweit die genannten Personen rentenberechtigt sind. Personen nach Satz 1, die nicht rentenberechtigt sind, werden auf Anfrage beraten und informiert. Liegt eine Rente unter dem 27fachen des aktuellen Rentenwertes, ist der Information zusätzlich ein Antragsformular beizufügen. Es ist darauf hinzuweisen, dass der Antrag auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches auch bei dem zuständigen Träger der Rentenversicherung gestellt werden kann, der den Antrag an den zuständigen Träger der Sozialhilfe weiterleitet. Darüber hinaus sind die Träger der Rentenversicherung verpflichtet, mit den zuständigen Trägern der Sozialhilfe zur Zielerreichung der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches zusammenzuarbeiten. Eine Verpflichtung nach Satz 1 besteht nicht, wenn eine Inanspruchnahme von Leistungen der genannten Art wegen der Höhe der gezahlten Rente sowie der im Rentenverfahren zu ermittelnden weiteren Einkünfte nicht in Betracht kommt.

(2) Die Träger der Rentenversicherung prüfen und entscheiden auf ein Ersuchen nach § 45 des Zwölften Buches durch den zuständigen Träger der Sozialhilfe, ob Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs. 2 sind und es unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann. Ergibt die Prüfung, dass keine volle Erwerbsminderung vorliegt, ist ergänzend eine gutachterliche Stellungnahme abzugeben, ob hilfebedürftige Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet haben, erwerbsfähig im Sinne des § 8 des Zweiten Buches sind.

(3) Die Träger der Rentenversicherung geben nach § 44a Absatz 1 Satz 5 des Zweiten Buches eine gutachterliche Stellungnahme ab, ob hilfebedürftige Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet haben, erwerbsfähig im Sinne des § 8 des Zweiten Buches sind. Ergibt die gutachterliche Stellungnahme, dass Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Absatz 2 Satz 2 sind, ist ergänzend zu prüfen, ob es unwahrscheinlich ist, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden kann.

(4) Zuständig für die Prüfung und Entscheidung nach Absatz 2 und die Erstellung der gutachterlichen Stellungnahme nach Absatz 3 ist

1.
bei Versicherten der Träger der Rentenversicherung, der für die Erbringung von Leistungen an den Versicherten zuständig ist,
2.
bei sonstigen Personen der Regionalträger, der für den Sitz des Trägers der Sozialhilfe oder der Agentur für Arbeit örtlich zuständig ist.

(5) Die kommunalen Spitzenverbände, die Bundesagentur für Arbeit und die Deutsche Rentenversicherung Bund können Vereinbarungen über das Verfahren nach den Absätzen 2 und 3 schließen.

Der zuständige Träger der Rentenversicherung informiert und berät leistungsberechtigte Personen nach § 41, die rentenberechtigt sind, über die Leistungsvoraussetzungen und über das Verfahren nach diesem Kapitel. Personen, die nicht rentenberechtigt sind, werden auf Anfrage beraten und informiert. Liegt die Rente unter dem 27-fachen Betrag des geltenden aktuellen Rentenwertes in der gesetzlichen Rentenversicherung (§§ 68, 68a des Sechsten Buches), ist der Information zusätzlich ein Antragsformular beizufügen. Der Träger der Rentenversicherung übersendet einen eingegangenen Antrag mit einer Mitteilung über die Höhe der monatlichen Rente und über das Vorliegen der Voraussetzungen der Leistungsberechtigung an den jeweils für die Ausführung des Gesetzes nach diesem Kapitel zuständigen Träger. Eine Verpflichtung des Trägers der Rentenversicherung nach Satz 1 besteht nicht, wenn eine Inanspruchnahme von Leistungen nach diesem Kapitel wegen der Höhe der gezahlten Rente sowie der im Rentenverfahren zu ermittelnden weiteren Einkommen nicht in Betracht kommt.

(1) Die Sozialhilfe, mit Ausnahme der Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, setzt ein, sobald dem Träger der Sozialhilfe oder den von ihm beauftragten Stellen bekannt wird, dass die Voraussetzungen für die Leistung vorliegen.

(2) Wird einem nicht zuständigen Träger der Sozialhilfe oder einer nicht zuständigen Gemeinde im Einzelfall bekannt, dass Sozialhilfe beansprucht wird, so sind die darüber bekannten Umstände dem zuständigen Träger der Sozialhilfe oder der von ihm beauftragten Stelle unverzüglich mitzuteilen und vorhandene Unterlagen zu übersenden. Ergeben sich daraus die Voraussetzungen für die Leistung, setzt die Sozialhilfe zu dem nach Satz 1 maßgebenden Zeitpunkt ein.

(1) Die Leistungsträger sind verpflichtet, darauf hinzuwirken, daß

1.
jeder Berechtigte die ihm zustehenden Sozialleistungen in zeitgemäßer Weise, umfassend und zügig erhält,
2.
die zur Ausführung von Sozialleistungen erforderlichen sozialen Dienste und Einrichtungen rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung stehen,
3.
der Zugang zu den Sozialleistungen möglichst einfach gestaltet wird, insbesondere durch Verwendung allgemein verständlicher Antragsvordrucke und
4.
ihre Verwaltungs- und Dienstgebäude frei von Zugangs- und Kommunikationsbarrieren sind und Sozialleistungen in barrierefreien Räumen und Anlagen ausgeführt werden.

(2) Menschen mit Hörbehinderungen und Menschen mit Sprachbehinderungen haben das Recht, bei der Ausführung von Sozialleistungen, insbesondere auch bei ärztlichen Untersuchungen und Behandlungen, in Deutscher Gebärdensprache, mit lautsprachbegleitenden Gebärden oder über andere geeignete Kommunikationshilfen zu kommunizieren. Die für die Sozialleistung zuständigen Leistungsträger sind verpflichtet, die durch die Verwendung der Kommunikationshilfen entstehenden Kosten zu tragen. § 5 der Kommunikationshilfenverordnung in der jeweils geltenden Fassung gilt entsprechend.

(2a) § 11 des Behindertengleichstellungsgesetzes gilt in seiner jeweils geltenden Fassung bei der Ausführung von Sozialleistungen entsprechend.

(3) In der Zusammenarbeit mit gemeinnützigen und freien Einrichtungen und Organisationen wirken die Leistungsträger darauf hin, daß sich ihre Tätigkeit und die der genannten Einrichtungen und Organisationen zum Wohl der Leistungsempfänger wirksam ergänzen. Sie haben dabei deren Selbständigkeit in Zielsetzung und Durchführung ihrer Aufgaben zu achten. Die Nachprüfung zweckentsprechender Verwendung bei der Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bleibt unberührt. Im übrigen ergibt sich ihr Verhältnis zueinander aus den besonderen Teilen dieses Gesetzbuchs; § 97 Abs. 1 Satz 1 bis 4 und Abs. 2 des Zehnten Buches findet keine Anwendung.

(4) Die Leistungsträger arbeiten mit den Betreuungsbehörden bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zur Vermittlung geeigneter Hilfen zur Betreuungsvermeidung zusammen. Soziale Rechte dürfen nicht deshalb abgelehnt, versagt oder eingeschränkt werden, weil ein rechtlicher Betreuer nach § 1814 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden ist oder bestellt werden könnte.

Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat

1.
alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
2.
Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen,
3.
Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
Satz 1 gilt entsprechend für denjenigen, der Leistungen zu erstatten hat.

(2) Soweit für die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden.

(1) Die Eltern haben bei der Ausübung der elterlichen Sorge dem Kind gegenüber nur für die Sorgfalt einzustehen, die sie in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegen.

(2) Sind für einen Schaden beide Eltern verantwortlich, so haften sie als Gesamtschuldner.

Jeder hat Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch. Zuständig für die Beratung sind die Leistungsträger, denen gegenüber die Rechte geltend zu machen oder die Pflichten zu erfüllen sind.

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag.

(2) Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts findet diese Vorschrift keine Anwendung.

(3) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.

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2. Indessen vermag der Senat nicht der Beurteilung des Berufungsgerichts zu folgen, die Schadensersatzpflicht der Beklagten sei gemäß § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen, weil die Klägerin es versäumt habe, ihren sozialrechtlichen Herstellungsanspruch gegen die Beklagte geltend zu machen, der auf Gutschrift der infolge der Unfälle nicht fortentrichteten Beiträge auf ihrem Rentenkonto gerichtet gewesen sei. Dieser Anspruch ist kein Rechtsmittel im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB.

(1) Eine Rente aus eigener Versicherung wird von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind, wenn die Rente bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats beantragt wird, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Bei späterer Antragstellung wird eine Rente aus eigener Versicherung von dem Kalendermonat an geleistet, in dem die Rente beantragt wird.

(2) Eine Hinterbliebenenrente wird von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind. Sie wird bereits vom Todestag an geleistet, wenn an den Versicherten eine Rente im Sterbemonat nicht zu leisten ist. Eine Hinterbliebenenrente wird nicht für mehr als zwölf Kalendermonate vor dem Monat, in dem die Rente beantragt wird, geleistet.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.