Bundesgerichtshof Urteil, 06. Juli 2016 - IV ZR 44/15

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:060716UIVZR44.15.0
bei uns veröffentlicht am06.07.2016
vorgehend
Landgericht Konstanz, 6 O 36/13 C, 18.11.2013
Oberlandesgericht Karlsruhe, 9a U 15/14, 23.12.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 44/15 Verkündet am:
6. Juli 2016
Schick
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BGB § 307 Abs. 1 Satz 1 und 2 Bk, Cl; AVB Krankentagegeldversicherung (hier § 4
Abs. 4 MB/KT 2009)
Die Regelung über die Herabsetzung des Krankentagegeldes und des Versicherungsbeitrages
in § 4 Abs. 4 der Musterbedingungen für die Krankentagegeldversicherung
2009 ist wegen Intransparenz unwirksam.
BGH, Urteil vom 6. Juli 2016 - IV ZR 44/15 - OLG Karlsruhe
LG Konstanz
ECLI:DE:BGH:2016:060716UIVZR44.15.0

Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Richter Felsch, die Richterin Harsdorf-Gebhardt, die Richter Dr. Karczewski, Lehmann und die Richterin Dr. Bußmann auf die mündliche Verhandlung vom 6. Juli 2016

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 9a. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 23. Dezember 2014 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger, ein selbständiger Ofensetzer- und Fliesenlegermeister, begehrt die Feststellung, dass seine bei dem Beklagten, einem Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, gehaltene Krankentagegeldversicherung mit einem Tagessatz in der ursprünglichen vereinbarten Höhe von 100 € fortbesteht, weil der Beklagte zu einer Herabsetzung des Tages- satzes auf 62 € ab dem 1. September 2012 nicht berechtigt gewesen sei.
2
Dem Versicherungsvertrag liegen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen des Beklagten für die Krankentagegeldversicherung nach den Tarifen TA zugrunde, die in Teil I den Musterbedingungen 2009 des Verbandes der privaten Krankenversicherung (MB/KT 2009, im Folgenden nur MB/KT) entsprechen. Teil II enthält die Tarifbedingungen des Beklagten.
3
§ 4 MB/KT lautet auszugsweise: "Umfang der Leistungspflicht … (2) Das Krankentagegeld darf zusammen mit sonstigen Krankentage- und Krankengeldern das auf den Kalendertag umgerechnete, aus der beruflichen Tätigkeit herrührende Nettoeinkommen nicht übersteigen. Maßgebend für die Berechnung des Nettoeinkommens ist der Durchschnittsverdienst der letzten 12 Monate vor Antragstellung bzw. vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit, sofern der Tarif keinen anderen Zeitraum vorsieht. (3) Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, dem Versicherer unverzüglich eine nicht nur vorübergehende Minderung des aus der Berufstätigkeit herrührenden Nettoeinkommens mitzuteilen. (4) Erlangt der Versicherer davon Kenntnis, dass das Nettoeinkommen der versicherten Person unter die Höhe des dem Vertrag zugrunde gelegten Einkommens gesunken ist, so kann er ohne Unterschied, ob der Versicherungsfall bereits eingetreten ist oder nicht, das Krankentagegeld und den Beitrag mit Wirkung vom Beginn des zweiten Monats nach Kenntnis entsprechend dem geminderten Nettoeinkommen herabsetzen. Bis zum Zeitpunkt der Herabsetzung wird die Leistungspflicht im bisherigen Umfang für eine bereits eingetretene Arbeitsunfähigkeit nicht berührt."
4
Die Tarifbedingungen zu § 2 MB/KT bestimmen unter anderem: "2. zu § 2 MB/KT 2009 Erhöhung des Versicherungsschutzes Der Versicherer bietet den Versicherungsnehmern mindestens alle 3 Jahre Gelegenheit, in den Krankentagegeldtarifen mit einem versicherten Krankentagegeld von mindestens EUR 25,-, das vereinbarte Krankentagegeld zu erhöhen. Dabei wird die Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung zugrunde gelegt. Die Anpassung (Erhöhung) kann nur auf einem Formular des Versicherers beantragt werden. Dieses nennt dem Versicherungsnehmer die Höhe, bis zu der das Krankentagegeld angepasst werden kann, die Frist, innerhalb der der Antrag beim Versicherer eingehen muss, sowie den Zeitpunkt, zu dem die Anpassung in Kraft tritt. Sofern eine darüber hinausgehende Erhöhung des Nettoeinkommens (vgl. § 4 Abs. 2 MB/KT 2009) nachgewiesen wird, erfolgt diese Anpassung aufgrund der individuellen Entwicklung des Nettoeinkommens. Die Höhe des Krankentagegeldes darf das Nettoeinkommen nicht übersteigen. Erlangt der Versicherer davon Kenntnis, dass das versicherte Krankentagegeld höher ist als das Nettoeinkommen, gilt § 4 Abs. 4 MB/KT 2009. Nimmt der Versicherungsnehmer an zwei aufeinanderfolgenden Leistungsanpassungen nicht teil, ohne dass ein Grund nach § 4 Abs. 2 MB/KT 2009 vorliegt, so erlischt der Anspruch auf künftige Leistungsanpassungen nach Abs. 1 dieser Vorschrift. Eine erneute Teilnahme kann zugelassen werden, wenn ein ärztliches Zeugnis über den Gesundheitszustand der zu versichernden Person vorgelegt wird. Für Arbeitnehmer in einem festen Arbeitsverhältnis wird auch ausserhalb des 3-Jahres-Zeitraumes bei einer Erhöhung des Nettoeinkommens auf Antrag des Versicherungsnehmers das vereinbarte Tagegeld entsprechend angepasst. Wirksam wird diese Anpassung zu dem Monatsbeginn , der dem Antragseingang beim Versicherer folgt, frühestens jedoch zu Beginn des Monats, für den die Erhöhung des Nettoeinkommens gilt. … Laufende Versicherungsfälle werden durch eine Anpassung nicht betroffen."
5
Nachdem der Kläger dem Beklagten im Jahre 2012 den Einkommensteuerbescheid vom 24. Februar 2012 für das Jahr 2010 vorgelegt hatte, setzte der Beklagte mit Schreiben vom 25. Juli 2012 den Tagessatz des Krankentagegeldes unter Hinweis auf § 4 Abs. 4 MB/KT mit Wirkung zum 1. September 2012 auf 62 € herab. Als dafür maßgebliches Nettoeinkommen legte er die im Steuerbescheid ausgewiesenen Einkünfte des Klägers abzüglich der Einkommensteuer und zuzüglich der Versicherungsprämien für Kranken- und Pflegeversicherung zugrunde.
6
Der Kläger meint, der Beklagte sei zur Herabsetzung des Krankentagegeldes nicht berechtigt gewesen, insbesondere sei die Regelung des § 4 Abs. 4 MB/KT unwirksam.
7
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht ihr stattgegeben. Mit der Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


8
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
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I. Das Berufungsgericht, dessen Urteil unter anderem in VersR 2015, 613 veröffentlicht ist, hält § 4 Abs. 4 MB/KT für unwirksam, weil dieser - auch unter Berücksichtigung der in den Tarifbedingungen enthaltenen Erhöhungsmöglichkeit - den Versicherungsnehmer unangemessen benachteilige (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Klausel gestatte es dem Versicherer, seine Leistung unabhängig vom Eintritt des Versicherungsfalls einseitig für die Zukunft herabzusetzen, ohne zugleich die Belange des Versicherungsnehmers hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen. Sie ermögliche es dem Versicherer insbesondere, mit einer Herabsetzung des Krankentagegeldes bis zum Versicherungsfall abzuwarten und bis dahin Prämien für ei- nen Risikoschutz zu vereinnahmen, dessen Risiko sich bekanntermaßen nicht realisiert habe, um im Versicherungsfall Leistungen und Prämien für ein bekannt realisiertes Risiko herabzusetzen. So könne der Versicherer das Äquivalenzverhältnis der Leistungen jedenfalls bei selbständigen Versicherten nachträglich einseitig ändern. Die Klausel lasse es auch zu, die Versicherungsleistungen bei sinkendem Nettoeinkommen allein aufgrund von Arbeitsunfähigkeit schrittweise bis auf null zu reduzieren. Dadurch verliere der Versicherungsnehmer die Absicherung, die er durch seine Prämienzahlung habe erreichen wollen. Die Regelung zur Herabsetzung des Tagessatzes trage zudem dem gegenläufigen Interesse des Versicherten auf Erhöhung des Tagessatzes bei wieder gestiegenem Nettoeinkommen nicht ausreichend Rechnung. Nach den Tarifbedingungen des Beklagten bestehe ein Anspruch des versicherten Selbständigen auf eine Erhöhung von Leistung und Beitrag ohne erneute Risikoprüfung nur spätestens alle drei Jahre, wobei der Versicherte selbst dieses Recht verliere, wenn er an zwei aufeinanderfolgenden Leistungsanpassungen nicht teilgenommen habe.
10
Die Bestimmungen über die Herabsetzung des Krankentagegeldes seien zudem intransparent (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB), weil ein selbständiger Versicherungsnehmer daraus die Entwicklung seines Versicherungsschutzes nicht ausreichend ersehen könne. Unklar sei, welcher Stichtag für die Berechnung des Nettoeinkommens nach § 4 Abs. 2 MB/KT maßgeblich und wie dieses zu berechnen sei; auch der Begriff des Nettoeinkommens sei unbestimmt.
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Eine ergänzende Vertragsauslegung komme nicht in Betracht. Es sei nicht unzumutbar, den Versicherer am lückenhaften Vertrag festzuhalten.
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II. Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung jedenfalls im Ergebnis stand.
13
1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ergibt sich eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers allerdings nicht bereits daraus, dass § 4 Abs. 4 MB/KT keinen Zeitpunkt benennt, zu dem der Versicherer sein Anpassungsrecht spätestens ausüben muss, nachdem er von einer Minderung des Nettoeinkommens Kenntnis erlangt hat.
14
a) Zwar kann der Versicherer nach dem Wortlaut dieser Bestimmung Tagessatz und Beitrag auch dann noch für die Zukunft herabsetzen , wenn er sein Wissen um das gesunkene Nettoeinkommen des Versicherten nicht zeitnah zum Anlass für eine Anpassung nimmt (OLG Stuttgart VersR 1999, 1138, 1139; Commer in van Bühren, Handbuch Versicherungsrecht 6. Aufl. § 17 Rn. 720, 723; Voit in Prölss/Martin, VVG 29. Aufl. § 4 MB/KT Rn. 23; Wilmes in Bach/Moser, Private Krankenversicherung 5. Aufl. § 4 MB/KT Rn. 15; a.A. Wriede in Bruck/Möller, VVG 8. Aufl. Band VI 2 Anm. G 54).
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b) Daraus ergibt sich aber keine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.
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aa) Schon den Ansatz des Berufungsgerichts, der Versicherer könne das Absinken des Einkommens infolge einer bedingungsgemäßen Arbeitsunfähigkeit des Versicherungsnehmers zum Anlass für eine Herabsetzung des Tagessatzes nach § 4 Abs. 4 MB/KT nehmen, rügt die Revision zu Recht als unzutreffend. Denn eine allein infolge bedingungsgemäßer Arbeitsunfähigkeit eingetretene Einkommensminderung berech- tigt den Versicherer nicht zur Herabsetzung des Tagegeldsatzes. Sein Anpassungsrecht führt insoweit nicht dazu, dass der Versicherte die Absicherung verliert, die er durch seine Prämienzahlung erreichen wollte. Das ergibt die Auslegung von § 4 Abs. 4 MB/KT.
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(1) Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung , aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen kann. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an. In erster Linie ist vom Wortlaut der jeweiligen Klausel auszugehen. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (Senatsurteile vom 22. April 2015 - IV ZR 419/13, VersR 2015, 706 Rn. 12; vom 11. März 2015 - IV ZR 54/14, VersR 2015, 570 Rn. 12; vom 10. Dezember 2014 - IV ZR 281/14, VersR 2015, 182 Rn. 12 f.; vom 23. Juni 1993 - IV ZR 135/92, BGHZ 123, 83 unter III 1 c; st. Rspr.).
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(2) Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer kann erkennen, dass das in § 4 Abs. 4 MB/KT geregelte Anpassungsrecht das Versprechen des Versicherers ergänzt, infolge bedingungsgemäßer Arbeitsunfähigkeit des Versicherungsnehmers entstandene Verdiensteinbußen auszugleichen. Die in § 4 Abs. 2 bis 4 MB/KT getroffene Regelung macht dem Versicherungsnehmer zunächst deutlich, dass sich der versprochene Versicherungsschutz nicht unmittelbar an seinem tatsächlichen Einkommensverlust orientiert (vgl. Senatsurteil vom 11. März 2015 - IV ZR 54/14, VersR 2015, 570 Rn. 19), er vielmehr im Versicherungsfall eine im Voraus bestimmte, pauschalierte Entschädigung für jeden Tag bedingungsgemäßer Arbeitsunfähigkeit ohne Rücksicht darauf erhält, welchen Verdienstausfall er tatsächlich erlitten hat. Aus dieser Ausgestaltung der Versicherung als Summenversicherung (vgl. Senatsurteil vom 4. Juli 2001 - IV ZR 307/00, VersR 2001, 1100 unter 4) folgt weiter, dass die Versicherungsleistung höher oder niedriger sein kann als der tatsächliche Durchschnittsverdienst des Versicherungsnehmers.
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(3) Das Anpassungsrecht ermöglicht es dem Versicherer auch noch im Versicherungsfall, Leistung und Prämie herabzusetzen, wenn das Nettoeinkommen des Versicherten zuvor unter die Höhe des dem Vertrage zugrunde gelegten Einkommens gesunken ist. Dem Leistungsversprechen des Versicherers sowie dem Regelungszusammenhang mit § 4 Abs. 2 Satz 2 MB/KT wird der um Verständnis bemühte Versicherungsnehmer aber auch entnehmen, dass eine erst infolge seiner Arbeitsunfähigkeit eingetretene Einkommensminderung nicht zur Herabsetzung des Krankentagegeldes berechtigt. Denn zum einen hat der Versicherungsnehmer den Versicherungsschutz gerade für diesen Fall genommen , zum anderen ist der Eintritt bedingungsgemäßer Arbeitsunfähigkeit nach der in § 4 Abs. 2 Satz 2 MB/KT getroffenen Regelung der späteste Zeitpunkt für die maßgebliche Einkommensberechnung. Der Versicherer kann mithin danach eintretende Einkommensminderungen nicht mehr zum Anlass für eine (weitere) Herabsetzung des Tagegeldes nehmen (Jacob in jurisPR-VersR 3/2015 Anm. 2; Tschersich in Beckmann /Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch 3. Aufl. § 45 Rn. 63).
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bb) Das von § 4 Abs. 4 MB/KT eröffnete Entschließungsermessen des Versicherers bewirkt keine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB, zumal dieser oftmals selbst kein Interesse daran hat, dass jede Minderung seines Nettoeinkommens alsbald zu einer Herabsetzung des Tagessatzes führt. Oft wird dem Versicherungsnehmer vielmehr daran gelegen sein, die Entwicklung seines Nettoeinkommens weiter zu beobachten und nicht vorschnell eine Verringerung seines Versicherungsschutzes zu erfahren. Insofern erwächst ihm nicht zwangsläufig ein Nachteil daraus, dass der Versicherer in der Reaktion auf eine bekannt gewordene Nettoeinkommensminderung zeitlich flexibel bleibt.
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Dieses Ermessen des Versicherers findet freilich dort seine Grenze , wo das Anpassungsrecht durch zu späte Ausübung missbraucht wird, was etwa in Betracht kommen kann, wenn der Versicherer die Anpassung in Kenntnis der Einkommensminderung des Versicherten rechtsmissbräuchlich über einen längeren Zeitraum unterlässt und so wissentlich eine nicht mehr risikogerechte, überhöhte Prämie vereinnahmt (vgl. dazu Jacob in jurisPR-VersR 3/2015 Anm. 2; Schubach in Münchener Anwaltshandbuch Versicherungsrecht, 3. Aufl. § 23 Rn. 411; Wilmes in Bach/Moser aaO § 4 MB/KT Rn. 14). Eine solche, auf die Einzelfallumstände abstellende Bewertung des konkreten Verhalten des Klauselverwenders anhand von § 242 BGB, welcher neben den §§ 307-309 BGB die Funktion der sogenannten Ausübungskontrolle zukommt (vgl. Fuchs in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht 11. Aufl. Vorbemerkungen zur Inhaltskontrolle Rn. 63 m.w.N.; Reiff in Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGBRecht 6. Aufl. Klauseln V 199), hat allerdings bei der Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB außer Betracht zu bleiben (Senatsurteile vom 21. Februar 2001 - IV ZR 11/00, VersR 2001, 576 unter 3 b cc; vom 23. Juni 1993 - IV ZR 135/92, BGHZ 123, 83, 90 unter III 2 d) und begründet mithin im Rahmen der dort gebotenen generalisierenden Be- trachtung keine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers.
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2. Anders als das Berufungsgericht meint, wird der Versicherungsnehmer auch nicht durch eine "Asymmetrie" zwischen der Herabsetzungsmöglichkeit nach § 4 Abs. 4 MB/KT und dem in den Tarifbedingungen geregelten Anspruch auf Erhöhung des Tagessatzes bei steigendem - oder wieder gestiegenem - Einkommen unangemessen benachteiligt.
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Allerdings verweist das Berufungsgericht zutreffend darauf, dass in der Literatur Bedenken gegen die Wirksamkeit von § 4 Abs. 4 MB/KT erhoben werden, weil der Versicherungsnehmer nach einer Phase mit schlechtem Einkommen nicht ohne erneute Risikoprüfung die Wiederherstellung seines ursprünglichen Versicherungsschutzes verlangen könne, wenn sein Einkommen auf die frühere Höhe ansteige (Voit in Prölss/ Martin aaO § 4 MB/KT Rn. 20). Die Wirksamkeit der Klausel soll hiernach davon abhängen, ob der Versicherer es dem Versicherungsnehmer ermöglicht , eine spätere Erhöhung des versicherten Krankentagegeldes zurück auf den ursprünglichen Satz durch eine Anwartschaftsversicherung zu versichern (Rogler in HK-VVG, 3. Aufl. § 4 MB/KT 2009 Rn. 2; Voit aaO; ähnlich - allerdings im Rahmen einer ergänzenden Auslegung der Klausel - OLG München r+s 2012, 607, 608, kritisch dazu Fuchs in jurisPR-VersR 11/2012 Anm. 1).
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a) Dies stützt sich auf Erwägungen, mit denen der Senat die Regelung über den Wegfall der Versicherungsfähigkeit bei Berufsunfähigkeit des Versicherungsnehmers oder Bezug einer Berufsunfähigkeitsrente (§ 15 Abs. 1 Buchst. a und b MB/KT 78) für unwirksam erklärt hat (vgl. Senatsurteile vom 22. Januar 1992 - IV ZR 59/91, BGHZ 117, 92, 95 un- ter 3 und vom 26. Februar 1992 - IV ZR 339/90, VersR 1992, 479 unter 1 b). Er hat angenommen, eine dem Versicherungsnehmer aufgezwungene endgültige und ersatzlose Beendigung der Krankentagegeldversicherung sei mit deren Vertragszweck nicht zu vereinbaren, weil der Versicherungsnehmer zu einem späteren Zeitpunkt wieder auf den Schutz einer Krankentagegeldversicherung angewiesen sei, dann aber wegen fortgeschrittenen Alters nur zu wesentlich ungünstigeren Konditionen neuen Versicherungsschutz erhalten könne. Dem könne allerdings durch das Angebot einer Ruhens- oder Anwartschaftsversicherung Rechnung getragen werden (Senatsurteil vom 22. Januar 1992 - IV ZR 59/91, BGHZ 117, 92, 97 unter 3 d).
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b) Diese Erwägungen, an denen der Senat auch mit Blick auf die Anknüpfung der Versicherungsfähigkeit an ein ununterbrochenes festes Arbeitsverhältnis festgehalten hat (Senatsurteil vom 27. Februar 2008 - IV ZR 219/06, BGHZ 175, 322 Rn. 22 ff.), lassen sich auf die Anpassungsklausel in § 4 Abs. 4 MB/KT nicht uneingeschränkt übertragen. Die Revision weist zu Recht darauf hin, dass die bloße Einkommensminderung - anders als eine Berufsunfähigkeit - nicht zur Beendigung der Krankentagegeldversicherung führt. Selbst wenn der Versicherte kein Einkommen oder gar Verluste erzielt, lässt das den Bestand des Versicherungsverhältnisses nach § 15 Abs. 1 Buchst. a MB/KT grundsätzlich unberührt. Unter anderem für den Fall der Aufgabe der Erwerbstätigkeit des Versicherungsnehmers sieht Nr. 3 der maßgeblichen Tarifbedingungen des Beklagten zu § 15 Abs. 1 Buchst. a und b MB/KT vor, dass das Versicherungsverhältnis für die Dauer der Unterbrechung der Erwerbstätigkeit im Rahmen einer Anwartschaftsversicherung fortgesetzt werden kann.
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c) Für den Fall der Herabsetzung von Tagegeldsatz und Beitrag tragen die Tarifbedingungen des Beklagten dem Interesse des Versicherungsnehmers an einer Erhöhung des Tagessatzes bei (wieder) steigendem Einkommen ausreichend Rechnung. Ihm wird - unabhängig von einer vorangegangenen Herabsetzung des Tagessatzes - ein Anspruch eingeräumt, den Versicherungsschutz bei steigendem Einkommen ohne erneute Risikoprüfung zu erhöhen, und zwar auch über den ursprünglich versicherten Tagessatz hinaus. Dass dieser Anspruch nur innerhalb bestimmter Fristen gewährt wird und damit anderen Regeln unterliegt als die Herabsetzung des Tagessatzes, führt für sich genommen nicht zur Unangemessenheit von § 4 Abs. 4 MB/KT (so auch Wendt in Veith/Gräfe/ Gebert, Der Versicherungsprozess 3. Aufl. § 11 Rn. 253).
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aa) Allerdings hat der Bundesgerichtshof wiederholt Anpassungsklauseln für unwirksam erklärt, die nur das einseitige Recht des Klauselverwenders vorsehen, Erhöhungen seiner eigenen Kosten an seine Kunden weiterzugeben, nicht aber auch die Verpflichtung enthalten, bei gesunkenen eigenen Kosten den Preis für die Kunden herabzusetzen (Urteile vom 21. April 2009 - XI ZR 78/08, BGHZ 180, 257 Rn. 25; vom 29. April 2008 - KZR 2/07, BGHZ 176, 244 Rn. 17 f.). Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass Anpassungsklauseln das vertragliche Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung wahren und daher eine Verpflichtung vorsehen müssen, gefallenen und gestiegenen Kosten nach gleichmäßigen Maßstäben Rechnung zu tragen (Urteile vom 28. Oktober 2009 - VIII ZR 320/07, NJW 2010, 993 Rn. 25; vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 225/07, BGHZ 182, 59 Rn. 29).
28
bb) Diesem "Symmetriegebot" für Preis und Leistung (vgl. dazu Armbrüster, r+s 2012, 365, 372 ff.) wird in § 4 Abs. 4 MB/KT aber bereits dadurch Rechnung getragen, dass eine Herabsetzung des Krankentagegeldsatzes immer zugleich eine Verringerung des Beitrags zur Folge hat.
29
3. Zutreffend hat das Berufungsgericht aber angenommen, die in § 4 Abs. 4 MB/KT getroffene Regelung sei intransparent im Sinne von von § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.
30
a) Das Transparenzgebot verlangt vom Verwender Allgemeiner Versicherungsbedingungen, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Eine Klausel muss nicht nur in ihrer Formulierung für den durchschnittlichen Vertragspartner verständlich sein, sondern darüber hinaus die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen so weit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (Senatsurteile vom 11. Juli 2012 - IV ZR 164/11, BGHZ 194, 39 Rn. 40; vom 26. September 2007 - IV ZR 252/06, VersR 2007, 1690 Rn. 16; vom 23. Februar 2005 - IV ZR 273/03, BGHZ 162, 210, 213 f. unter II 2; vom 8. Oktober 1997 - IV ZR 220/96, BGHZ 136, 394, 401 unter 3 b). Das Transparenzgebot verlangt ferner, dass Allgemeine Versicherungsbedingungen dem Versicherungsnehmer bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vor Augen führen, in welchem Umfang er Versicherungsschutz erlangt und welche Umstände seinen Versicherungsschutz gefährden. Nur dann kann er die Entscheidung treffen, ob er den angebotenen Versicherungsschutz nimmt oder nicht (vgl. Senatsurteil vom 10. Dezember 2014 - IV ZR 289/13, VersR 2015, 318 Rn. 28).
31
b) Diesen Erfordernissen entspricht die Anpassungsklausel nicht.
32
Der durchschnittliche Versicherungsnehmer kann ihr schon nicht mit der gebotenen Klarheit entnehmen, welcher Bemessungszeitpunkt und -zeitraum für den gebotenen Vergleich des dem Vertrage ursprünglich zugrunde gelegten mit dem gesunkenen Nettoeinkommen maßgeblich sein soll (dazu aa)). Zudem lässt die Klausel offen, wie sich dieses "Nettoeinkommen" bei beruflich selbständigen Versicherungsnehmern zusammensetzt (dazu bb)).
33
aa) Von welcher Dauer eine Einkommensminderung nach Vertragsschluss sein muss, um dem Versicherer die Anpassung nach § 4 Abs. 4 MB/KT zu ermöglichen, kann der durchschnittliche Versicherungsnehmer der Klausel nicht entnehmen. Selbst wenn er versucht, sich an dem Regelungszusammenhang zu orientieren, in den die Anpassungsklausel gestellt ist, und insofern zunächst die in § 4 Abs. 3 MB/KT geregelte Pflicht zur Anzeige einer Minderung seines Nettoeinkommens in den Blick nimmt, wird er zwar erkennen, dass eine nur vorübergehende , etwa auch saisonbedingte, Minderung noch nicht genügen soll, vielmehr eine Prognose gefordert ist, die eine gewisse Dauer und Nachhaltigkeit der Einkommensminderung ergibt. Ihm wird aber auch in § 4 Abs. 3 MB/KT weder verdeutlicht, von welcher Dauer eine Einkommensminderung sein muss, um seine Anzeigepflicht auszulösen, noch welcher in der Vergangenheit liegende Beobachtungszeitraum insoweit maßgeblich sein soll.
34
Gleiches gilt, soweit der Versicherungsnehmer ergänzend versucht , die in § 4 Abs. 2 MB/KT getroffene Regelung zur Berechnung des Nettoeinkommens heranzuziehen, um daraus Rückschlüsse auf die Auslegung des Begriffs der Minderung des Nettoeinkommens im Sinne von § 4 Abs. 4 MB/KT zu ziehen. Die Klausel regelt allerdings nicht den Fall einer Herabsetzung der Versicherungsleistung, sondern betrifft das bei Vertragsschluss oder im Versicherungsfall maßgebliche Nettoeinkom- men. Demgegenüber setzt die in § 4 Abs. 4 MB/KT geregelte Herabsetzung des Tagessatzes den Eintritt eines Versicherungsfalls nicht voraus.
35
Selbst wenn aber der Versicherungsnehmer ungeachtet der in der Rechtsprechung geäußerten Bedenken gegen die Transparenz des § 4 Abs. 2 MB/KT (vgl. dazu OLG Hamm VersR 2000, 750, 752; ähnlich schon VersR 1996, 880; OLG Saarbrücken ZfSch 2002, 445, 446) versucht , aus dem in § 4 Abs. 2 MB/KT genannten Zeitraum von zwölf Monaten einen Anhalt für die Auslegung von § 4 Abs. 4 MB/KT zu gewinnen , erschließt sich ihm nicht, ob es für die Herabsetzung des Tagessatzes auf die letzten zwölf Monate vor einer Herabsetzungserklärung des Versicherers oder die letzten zwölf Monate vor dem Zeitpunkt ankommen soll, zu dem der Versicherer Kenntnis von einer Einkommensminderung erlangt hat, oder ob der Versicherer im Rahmen des § 4 Abs. 4 MB/KT rückblickend jeden beliebigen Zwölfmonatszeitraum zum Anlass für eine Herabsetzung des Tagessatzes nehmen kann, soweit sich damit eine nicht nur vorübergehende Einkommensminderung des Versicherungsnehmers abbilden lässt.
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bb) Auch wie sich das "Nettoeinkommen", welches die Grundlage der Vergleichsbetrachtung bilden soll, zusammensetzt, macht § 4 Abs. 4 MB/KT dem Versicherungsnehmer entgegen der Auffassung der Revision nicht ausreichend deutlich. Der Begriff ist in den Versicherungs- und Tarifbedingungen des Beklagten nicht eigenständig definiert und kann daher nur im Wege der Auslegung erschlossen werden.
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Zwar mag der um Verständnis bemühte Versicherungsnehmer sein steuerrechtlich ermitteltes Einkommen, also den Betrag, der ihm nach Abzug von Abgaben, Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen oder ihnen gleichgestellten Versicherungsbeiträgen tatsächlich verbleibt, zum Ausgangspunkt seiner Überlegungen nehmen, weil darunter im täglichen Leben das "Nettoeinkommen" verstanden wird.
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Das führt im Ergebnis aber nicht dazu, dass der Begriff "Nettoeinkommen" mit dem steuerrechtlichen Einkommensbegriff gleichgesetzt werden kann. Denn anders als die Revision meint, kann auf einen derartigen "allgemeinen Sprachgebrauch" deshalb nicht abgestellt werden, weil weitere Gesichtspunkte Zweifel an dieser Auslegung wecken können.
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(1) Zwar finden sich in verschiedenen gesetzlichen Vorschriften, wie etwa in den §§ 82 SGB XII, 115 ZPO oder den §§ 2 ff. EStG, eine gesetzliche Ausformung des Begriffs "Einkommen" und Regelungen über von diesem Einkommen vorzunehmende Abzüge, und auch das Bürgerliche Recht setzt - etwa für die Bemessung von Unterhalt - einen bestimmten Einkommensbegriff voraus. Der Begriff wird aber je nach Rechtsgebiet unterschiedlich verstanden; ein für alle Rechtsgebiete gleichermaßen geltender Einkommensbegriff oder eine einheitliche Regelung über die maßgeblichen Abzüge zur Ermittlung eines Nettobetrages hat sich nicht herausgebildet (vgl. nur BGH, Beschluss vom 8. August 2012 - XII ZB 291/11, NJW-RR 2012, 1282 Rn. 9 f.; Urteil vom 4. November 2003 - VI ZR 346/02, VersR 2004, 75 unter II 3 c dd; OLG Brandenburg VersR 2005, 820, 822).
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(2) Verbindet danach die Rechtssprache mit dem verwendeten Ausdruck "Nettoeinkommen" keinen fest umrissenen Begriff und enthalten auch die Tarifbedingungen keine nähere Erläuterung (vgl. dazu OLG Saarbrücken ZfSch 2002, 445, 446), so erweist sich der in § 4 Abs. 4 MB/KT verwendete Begriff als intransparent.
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Denn jedenfalls der selbständig tätige Versicherungsnehmer wird bei seinem Begriffsverständnis zusätzlich den Zweck der Krankentagegeldversicherung in den Blick nehmen, die ihm durch einen vorübergehenden Ausfall der Arbeitskraft entstehende Vermögensnachteile ausgleichen (Senatsbeschluss vom 27. März 2013 - IV ZR 256/12, VersR 2013, 848 Rn. 10; Senatsurteile vom 9. März 2011 - IV ZR 137/10, VersR 2011, 518 Rn. 17; vom 19. Dezember 1973 - IV ZR 130/72, VersR 1974, 184) und insoweit auch seiner sozialen Absicherung dienen soll (Senatsurteile vom 11. März 2015 - IV ZR 54/14, VersR 2015, 570 Rn. 18; vom 22. Januar 1992 - IV ZR 59/91, BGHZ 117, 92, 95 unter 3).
42
In diesem vertragszweckorientierten Verständnis bildet das steuerrechtlich ermittelte Nettoeinkommen jedenfalls beim beruflich selbständigen Versicherungsnehmer nicht ohne weiteres ein geeignetes Orientierungskriterium für die Höhe des tatsächlichen Verdienstausfalls (Wilmes in Bach/Moser aaO § 4 MB/KT Rn. 19). Denn der Selbständige erwirtschaftet mit seiner Arbeitskraft auch die laufenden Betriebskosten, die nicht dadurch wegfallen, dass er vorübergehend keine Einnahmen erzielt. Ob bei ihm derartige steuerlich absetzbare Kosten oder Investitionen dem "Nettoeinkommen" im Sinne des § 4 MB/KT als verdeckte Nettoeinkünfte zuzurechnen sind (so OLG Brandenburg VersR 2005, 820, 822; OLG Schleswig, Urteil vom 1. März 2007 - 16 U 95/06, BeckRS 2009, 86985; LG Dresden, Urteil vom 30. November 2012 - 8 O 1283/12, nicht veröffentlicht; LG Berlin r+s 2003, 510, 511; Voit in Prölss/Martin aaO § 4 MB/KT Rn. 3; in diese Richtung auch Tschersich in Versicherungsrechts -Handbuch aaO § 45 Rn. 64) oder diese vom Bruttoeinkom- men in Abzug zu bringen sind, also das Nettoeinkommen dem betrieblichen Gewinn vermindert um die auf die Einkünfte zu zahlenden Steuern entspricht (so OLG Dresden VersR 2014, 364, 365; OLG Frankfurt OLGReport 2002, 174; MünchKomm-VVG/Hütt, § 192 Rn. 136; Schubach in Münchener Anwaltshandbuch Versicherungsrecht aaO § 23 Rn. 406; Wilmes in Bach/Moser aaO § 4 MB/KT Rn. 19), ist - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - in Rechtsprechung und Literatur umstritten (vgl. dazu auch Sauer, Krankentagegeldversicherung 2. Aufl. S. 97 ff. m.w.N.). Für die erstgenannte Ansicht kann das Interesse des beruflich selbständigen Versicherungsnehmers sprechen, mit der Krankentagegeldversicherung auch die Wahrung seiner beruflichen Basis zu gewährleisten. Umgekehrt spricht gegen diese Auslegung, dass sie bei sinkenden Gesamteinnahmen und gleichzeitig steigenden Betriebsausgaben die damit einhergehende Erhöhung der subjektiven Gefahr, welcher § 4 Abs. 4 MB/KT vorbeugen will (vgl. Senatsurteil vom 4. Juli 2001 - IV ZR 307/00, VersR 2001, 1100 unter II 4 b aa), nicht ausreichend abbildet.
43
Ohne nähere Erläuterung im Tarif- und Bedingungswerk wird dem durchschnittlichen, juristisch nicht vorgebildeten Versicherungsnehmer - wie die vorstehend dargelegte Kontroverse in Rechtsprechung und Literatur belegt - auch bei aufmerksamer und sorgfältiger Lektüre des Vertrages nicht mit der gebotenen Klarheit vermittelt, was mit dem Begriff "Nettoeinkommen" gemeint ist. Er wird damit nicht in die Lage versetzt, für seinen konkreten Einzelfall zu erkennen, unter welchen Voraussetzungen die Anpassungsklausel in § 4 Abs. 4 MB/KT dem Versicherer eine Herabsetzung des Tagessatzes ermöglicht und in welchem Umfang er letztlich Versicherungsschutz erlangen kann.
44
4. Rechtsfolge des dargelegten Verstoßes ist die Unwirksamkeit des § 4 Abs. 4 MB/KT bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung des Versicherungsvertrages im Übrigen, § 306 Abs. 1 BGB.
45
a) Dispositives Gesetzesrecht, das an die Stelle der unwirksamen Klausel treten könnte (§ 306 Abs. 2 BGB), ist nicht vorhanden.
46
b) Entgegen der Auffassung der Revision scheidet eine Lückenfüllung im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung aus.
47
aa) Grundsätzlich ist sie bei Unwirksamkeit einer Klausel in einem vorformulierten Vertrag zwar möglich, wenn dispositive Gesetzesbestimmungen nicht zur Verfügung stehen, so dass das Regelungsgefüge eine Lücke aufweist (Senatsurteile vom 12. Oktober 2011 - IV ZR 199/10, BGHZ 191, 159 Rn. 46; vom 22. Januar 1992 - IV ZR 59/91, BGHZ 117, 92, 98 f. unter 5). Voraussetzung hierfür ist aber, dass die ergänzende Vertragsauslegung nicht zu einer Erweiterung des Vertragsgegenstandes führt, es dem Versicherer gemäß § 306 Abs. 3 BGB ohne ergänzende Vertragsauslegung unzumutbar ist, an dem lückenhaften Vertrag festgehalten zu werden, und der ergänzte Vertrag für den Versicherungsnehmer typischerweise von Interesse ist. Liegen diese Voraussetzungen vor, tritt diejenige Gestaltungsmöglichkeit ein, welche die Parteien bei sachgerechter Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben redlicherweise vereinbart hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit der Klausel bekannt gewesen wäre (Senatsurteil vom 12. Oktober 2011 aaO). Das gilt auch dann, wenn eine Klausel wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam ist (Senatsurteil vom 12. Oktober 2005 - IV ZR 162/03, BGHZ 164, 297, 318, juris Rn. 49 unter B IV 1 c).
48
bb) Ob es dem Beklagten - wie das Berufungsgericht angenommen hat - zumutbar ist, am lückenhaften Vertrag auch dann festgehalten zu werden, wenn die Möglichkeit zur Anpassung des Krankentagegeldes an das Nettoeinkommen des Versicherten entfällt, muss nicht entschieden werden. Denn jedenfalls lassen sich keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür finden, welche Regelung die Parteien bei Kenntnis der Unwirksamkeit der beanstandeten Klausel vereinbart hätten. Kommen - wie hier - unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten in Betracht, ohne dass erkennbar ist, welche die Parteien gewählt hätten, sind die Gerichte zu einer ergänzenden Vertragsauslegung weder in der Lage noch befugt (BGH, Urteile vom 3. Dezember 2015 - VII ZR 100/15, NJW 2016, 401 Rn. 29; vom 1. Oktober 2014 - VII ZR 344/13, BGHZ 202, 309 Rn. 24; vom 26. Oktober 2005 - VIII ZR 48/05, BGHZ 165, 12, 28 unter II 5 b; vom 26. April 2005 - XI ZR 289/04, NJW-RR 2005, 1408 unter II 1 b cc (2) (b); vgl. auch Senatsurteil vom 27. Februar 2008 - IV ZR 219/06, BGHZ 175, 322 Rn. 30).
49
c) Entgegen der Auffassung der Revision scheidet auch eine Anpassung des Tagessatzes wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB aus. Eine solche Anpassung des Vertrages käme nur in Betracht, wenn einer Vertragspartei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Für eine Berücksichtigung von Störungen der Geschäftsgrundlage besteht jedoch kein Raum, wenn eine gesetzliche Regelung das für den Wegfall der Geschäftsgrundlage ursächliche Risiko demjenigen zuweist, der sich auf die Störung beruft (BGH, Urteil vom 9. Juli 2008 - VIII ZR 181/07, BGHZ 177, 186 Rn. 19). Für den Fall der Unwirksamkeit Allgemeiner Geschäftsbedingungen weist aber § 306 BGB das Risiko der Unwirksamkeit einer Klausel und der daraus erwachsenden Folgen grundsätzlich dem Verwender - hier dem Beklagten - zu (BGH, Urteil vom 9. Juli 2008 aaO Rn. 20).
Felsch Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Bußmann

Vorinstanzen:
LG Konstanz, Entscheidung vom 18.11.2013- 6 O 36/13 C -
OLG Karlsruhe in Freiburg, Entscheidung vom 23.12.2014 - 9a U 15/14 -

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(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben,
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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIII ZR 181/07 Verkündet am: 9. Juli 2008 Ring, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 23. Feb. 2005 - IV ZR 273/03

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 273/03 Verkündet am: 23. Februar 2005 Heinekamp Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja _____________________ AGBG

Bundesgerichtshof Urteil, 03. Dez. 2015 - VII ZR 100/15

bei uns veröffentlicht am 03.12.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VII ZR 100/15 Verkündet am: 3. Dezember 2015 Klein, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGH

BGH IV ZR 419/13

bei uns veröffentlicht am 22.04.2015

Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I - 20. Zivilkammer - vom 5. November 2013 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über d

BGH IV ZR 54/14

bei uns veröffentlicht am 11.03.2015

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BGH IV ZR 281/14

bei uns veröffentlicht am 10.12.2014

Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 17. Dezember 2013 aufgehoben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgeri

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Tenor Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 13. Dezember 2013 aufgehoben.
14 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 06. Juli 2016 - IV ZR 44/15.

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bei uns veröffentlicht am 15.02.2019

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 77/18 Verkündet am: 15. Februar 2019 Rinke Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

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bei uns veröffentlicht am 27.11.2019

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 314/17 Verkündet am: 27. November 2019 Schick Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja M

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 195/18 Verkündet am: 3. Juli 2019 Heinekamp Amtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2019:030719UIVZR195.18.0 Der IV. Zivil

Bundesgerichtshof Urteil, 03. Juli 2019 - IV ZR 111/18

bei uns veröffentlicht am 03.07.2019

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 111/18 Verkündet am: 3. Juli 2019 Heinekamp Amtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja AVB Re

Referenzen

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München I - 20. Zivilkammer - vom 5. November 2013 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

I. Die Klägerin unterhält bei der Beklagten eine private Krankheitskostenversicherung. Die Parteien streiten über den Umfang der Erstattungspflicht der Beklagten für den Erwerb eines Hörgeräts.

2

Dem Versicherungsvertrag liegen die Rahmenbedingungen 2009 (RB/KK 2009) und Tarifbedingungen 2009 (TB/KK 2009) sowie der Tarif …   der Beklagten zugrunde.

3

In den - insoweit mit den Musterbedingungen MB/KK 2009 im Wesentlichen übereinstimmenden - RB/KK 2009 heißt es unter anderem:

"§ 1 Gegenstand, Umfang und Geltungsbereich des Versicherungsschutzes

(1) Der Versicherer bietet Versicherungsschutz für Krankheiten, Unfälle und andere im Vertrag genannte Ereignisse. … Im Versicherungsfall erbringt der Versicherer

a) in der Krankheitskostenversicherung Ersatz für Aufwendungen für Heilbehandlung und sonst vereinbarte Leistungen.

b) …

(2) …

(3) …

§ 4 Umfang der Leistungspflicht

(1) …

(2) …

(3) Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmittel müssen von den in Abs. 2 genannten Behandlern verordnet … werden.

§ 5 Einschränkung der Leistungspflicht

(1) …

(2) Übersteigt eine Heilbehandlung oder sonstige Maßnahme, für die Leistungen vereinbart sind, das medizinisch notwendige Maß, so kann der Versicherer seine Leistungen auf einen angemessenen Betrag herabsetzen. Stehen die Aufwendungen für die Heilbehandlung oder sonstige Leistungen in einem auffälligen Missverhältnis zu den erbrachten Leistungen, ist der Versicherer insoweit nicht zur Leistung verpflichtet.

(3) …

(4) …"

4

In den TB/KK 2009 heißt es unter anderem:

§ 5

zu § 4 RB/KK 2009 Umfang der Leistungspflicht

(4) zu § 4 (3) RB/KK 2009 Hilfsmittel

Erstattungsfähig sind bei medizinischer Notwendigkeit ausschließlich

a) die Aufwendungen für … Hörgeräte …

5

In den Tarifbestimmungen heißt es unter anderem:

1. Erstattungsfähige Aufwendungen

Erstattungsfähig sind bei

1.1 ambulanter Heilbehandlung … Aufwendungen für:

f) Hilfsmittel

6

Nachdem der Klägerin für ihr linkes Ohr ein Hörgerät verordnet wurde, nahm sie eine vergleichende Anpassung verschiedener Hörgerätetypen vor und erwarb schließlich ein Hörgerät Widex Clear 440c zum Preis von 3.083 €. Die Beklagte erstattete hierauf lediglich 1.500 €, weil sie der Auffassung ist, dass das Gerät medizinisch nicht notwendig sei, weil es zahlreiche im Falle der Klägerin medizinisch nicht gebotene Ausstattungsmerkmale aufweise. Alternativgeräte seien für 1.500 € zu erhalten.

7

Mit ihrer Klage macht die Klägerin den Differenzbetrag von 1.583 € nebst Zinsen geltend. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist begründet und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

9

I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass die Kosten für das Hörgerät als medizinisch notwendiges und ärztlich verordnetes Hilfsmittel erstattungsfähig seien. Die Beklagte könne sich nicht erfolgreich auf den Leistungsausschluss nach § 5 Abs. 2 Satz 1 RB/KK berufen. Das Kürzungsrecht wegen einer Übermaßbehandlung erstrecke sich nicht auf alle Leistungen, für die eine Erstattungsfähigkeit vereinbart sei, sondern nur auf Heilbehandlungen und sonstige Maßnahmen, zu denen ein Hörgerät als Hilfsmittel nicht zähle. Im Übrigen stelle das Hörgerät auch keine Überversorgung der Klägerin dar. Insoweit sei es unerheblich, dass einzelne Merkmale des Hörgeräts nicht medizinisch notwendig seien; abzustellen sei darauf, dass es in seiner Hauptfunktion und im Schwerpunkt seiner Funktionen notwendig sei, um die Hörbeeinträchtigung auszugleichen. Schließlich sei auch keine Leistungseinschränkung gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 RB/KK gegeben. Ein auffälliges Missverhältnis liege erst vor, wenn der bezahlte Betrag das Doppelte des Üblichen für ein entsprechendes verordnetes Gerät ausmache. Eine solche Feststellung könne im Streitfall nicht getroffen werden, da die Beklagte hierzu ungenügend vorgetragen, insbesondere keine konkreten Preise für andere, zu einer medizinischen Versorgung der Klägerin geeignete Geräte angegeben habe.

10

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

11

1. Zunächst ist das Berufungsgericht zu Unrecht der Auffassung, dass sich das Leistungskürzungsrecht des Versicherers in § 5 Abs. 2 Satz 1 RB/KK 2009 nicht auf Aufwendungen für Hilfsmittel bezieht.

12

a) Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an. In erster Linie ist vom Wortlaut der jeweiligen Klausel auszugehen (Senatsurteile vom 10. Dezember 2014 - IV ZR 281/14, VersR 2015, 182 Rn. 12 f.; vom 23. Juni 1993 - IV ZR 135/92, BGHZ 123, 83, 85; st. Rspr.). Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (Senatsurteile vom 8. Oktober 2014 - IV ZR 16/13, VersR 2014, 1367 Rn. 16; vom 25. Juli 2012 - IV ZR 201/10, VersR 2012, 1149 Rn. 21 m.w.N.; st. Rspr.).

13

b) Dem Wortlaut des § 5 Abs. 2 Satz 1 RB/KK 2009 kann der Versicherungsnehmer dabei entnehmen, dass die Leistungseinschränkung für Heilbehandlungen und sonstige Maßnahmen gelten soll.

14

aa) Als Heilbehandlung ist jegliche ärztliche Tätigkeit anzusehen, die durch die betreffende Krankheit verursacht worden ist, sofern die Leistung des Arztes von ihrer Art her in den Rahmen der medizinisch notwendigen Krankenpflege fällt und auf Heilung, Besserung oder auch Linderung der Krankheit abzielt (Senatsurteil vom 10. Juli 1996 - IV ZR 133/95, VersR 1996, 1224 unter II 2; st. Rspr.). Eine solche Heilbehandlung liegt hier nicht vor.

15

bb) Zur Beantwortung der Frage, was als sonstige "Maßnahme" zu verstehen ist, für die Leistungen vereinbart sind, wird der Versicherungsnehmer sodann § 1 Abs. 1 RB/KK 2009 in den Blick nehmen, weil diese Bestimmung näher regelt, welche Leistungen der Versicherer erbringt. Auch dort findet sich ein ähnliches Begriffspaar, nämlich das von "Aufwendungen für Heilbehandlung und sonst vereinbarte Leistungen". Dies verdeutlicht dem verständigen Versicherungsnehmer, dass der Versicherer alle von ihm im Versicherungsfall geschuldeten, aber nicht unter den Begriff der Heilbehandlung zu subsumierenden Leistungen unter dem einheitlichen Oberbegriff "sonstige Leistungen" zusammenfassen will. Nicht anders wird der Versicherungsnehmer danach schon dem Wortlaut nach den Begriff der "sonstige(n) Maßnahme" in § 5 interpretieren. Damit werden Aufwendungen für Hilfsmittel erfasst.

16

Erst recht erschließt sich dies aus dem auch dem Versicherungsnehmer erkennbaren Sinn und Zweck der Regelung.

17

Denn der Versicherungsnehmer kann als Ziel der Übermaßregelung erkennen, dass der Versicherer sich vor einer unnötigen Kostenbelastung durch aus medizinischer Sicht nicht notwendige "Maßnahmen" schützen will (vgl. Senatsurteil vom 12. März 2003 - IV ZR 278/01, BGHZ 154, 154 unter II 2 c bb). Dies gilt aber für Hilfsmittel ebenso wie für Heilbehandlungsmaßnahmen. Im Gegenteil besteht die Gefahr einer Überversorgung, der die Regelung erkennbar vorbeugen will, gerade dann, wenn die Auswahl des konkreten Hilfsmittels von einer Willensentscheidung des Versicherungsnehmers abhängt.

18

2. Danach übersteigen die Aufwendungen für ein vom Arzt verordnetes und vom Versicherungsnehmer erworbenes Hilfsmittel das medizinisch notwendige Maß i.S. von § 5 Abs. 2 Satz 1 RB/KK 2009 dann, wenn einerseits das Hilfsmittel zusätzliche, nicht benötigte Funktionen oder Ausstattungsmerkmale aufweist, und andererseits zugleich preiswertere, den notwendigen medizinischen Anforderungen für den jeweiligen Versicherungsnehmer entsprechende Hilfsmittel ohne diese zusätzlichen Funktionen oder Ausstattungsmerkmale zur Verfügung stehen.

19

a) Für Heilbehandlungsmaßnahmen hat der Senat Entsprechendes bereits ausgeführt. Mit Urteil vom 12. März 2003 (IV ZR 278/01, BGHZ 154, 154) hat er - zu § 5 MB/KK 76 - klargestellt, dass der Versicherer, der seine Leistungen wegen einer Übermaßbehandlung kürzen will, zu beweisen habe, dass bei einer an sich medizinisch notwendigen Heilbehandlung eine einzelne Behandlungsmaßnahme medizinisch nicht notwendig war (aaO unter II 2 c aa). Übertragen auf Hilfsmittel muss der Versicherer, um sich auf die Leistungseinschränkung berufen zu können, darlegen und beweisen, dass bei einem an sich notwendigen Hilfsmittel bestimmte Funktionen oder Ausstattungsmerkmale medizinisch nicht notwendig sind. Darüber hinaus muss er aber auch darlegen und beweisen, dass ein Hilfsmittel ohne diese Ausstattungsmerkmale oder Funktionen, welches ebenfalls - gemessen an den Bedürfnissen des Versicherungsnehmers - das medizinisch notwendige Maß erfüllt, zu einem niedrigeren Preis auf dem Markt erhältlich war. Dieser niedrigere Preis, für den ein den medizinischen Notwendigkeiten genügendes Hilfsmittel ohne die nicht benötigten zusätzlichen Ausstattungsmerkmale hätte erworben werden können, stellt dann zugleich den angemessenen Betrag dar, auf den der Versicherer seine Leistung in diesem Falle kürzen kann.

20

Nicht gefolgt werden kann demgegenüber der Auffassung des Berufungsgerichts, dass eine Übermaßversorgung nur vorläge, wenn das erworbene Hörgerät im Schwerpunkt mehr als die Ersatzfunktion leistete. Diese Betrachtung verfehlt den Zweck der Übermaßregelung. Es ist davon auszugehen, dass jedes Hilfsmittel vorrangig und im Schwerpunkt dazu dient, Defizite infolge einer körperlichen Beeinträchtigung auszugleichen. Vor diesem Hintergrund dient die Übermaßregelung gerade dazu, dass bei der Auswahl unter mehreren, den medizinischen Zweck in gleicher Weise und ausreichend erfüllenden Hilfsmitteln kostenschonend vorgegangen und die Wahl auf das medizinisch Notwendige beschränkt wird. Will ein Versicherungsnehmer darüber hinaus einen zusätzlichen Funktionsumfang, Bedienungskomfort oder ähnliches in Anspruch nehmen, so steht ihm das zwar frei; jedoch muss er die Mehrkosten insoweit selbst tragen.

21

b) Nach diesen Maßstäben hat die Beklagte das Vorliegen einer Übermaßversorgung schlüssig vorgetragen. Das Berufungsgericht hätte deshalb ihrer Behauptung nachgehen müssen, dass Hörgeräte, die das medizinisch notwendige Maß im Falle der Klägerin erfüllen, zur Zeit der Anschaffung für bis zu 1.500 € hätten erworben werden können. Die Benennung mehrerer konkreter Alternativgeräte mit der Angabe, dass diese für bis zu 1.500 € erhältlich waren, war insoweit genügend. Anders als das Berufungsgericht meint, bestand keine Notwendigkeit, exakte Preise für diese Geräte zu benennen, weil nur der 1.500 € übersteigende Betrag im Streit steht.

22

c) Das Berufungsgericht ist auf Grundlage des eingeholten Sachverständigengutachtens ausdrücklich davon ausgegangen, dass das von der Klägerin erworbene Hörgerät diverse besondere Ausstattungsmerkmale aufweist, von denen die meisten zu ihrer Behandlung aus medizinischer Sicht nicht notwendig gewesen sind.

23

Der Sachverständige hat aber darüber hinaus für zwei der von der Beklagten genannten Alternativgeräte ohne diese zusätzlichen Merkmale ausdrücklich bestätigt, dass sie den Anforderungen an eine medizinische Versorgung des Hörverlusts der Klägerin entsprechen, sowie ein drittes, seiner Auffassung nach in gleicher Weise geeignetes Gerät genannt, was sich die Beklagte spätestens in ihrer Berufungsbegründung zu Eigen gemacht hat. Deshalb hätte das Berufungsgericht weiter feststellen müssen, ob auch diesen Ausführungen des Sachverständigen zur hinreichenden Eignung der Geräte für die Klägerin zu folgen ist. Dabei wird es mit Hilfe des Sachverständigen auch zu klären haben, ob die Eignung eines Hörgerätes für einen Patienten allein anhand technischer Daten bestimmt werden kann. Gegebenenfalls wird es den angebotenen Beweis erheben müssen, ob diese Geräte zu einem Preis von maximal 1.500 € erhältlich waren, was die Klägerin bestritten hat.

24

Die Sache ist deshalb zur Nachholung der insoweit gebotenen Feststellungen an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

25

3. Die Klausel des § 5 Abs. 2 Satz 2 RB/KK 2009 ist hier nicht anzuwenden. Sie betrifft allein die überhöhte Abrechnung von medizinisch notwendigen Leistungen. Vergleichsmaßstab insoweit ist der Marktpreis für die tatsächlich erbrachte Leistung (vgl. Voit in Prölss/Martin, § 192 VVG Rn. 156; Kalis in Bach/Moser, Private Krankenversicherung 4. Aufl. § 5 MB/KK Rn. 38; a.A. wohl Langheid in Römer/Langheid, VVG 4. Aufl. § 192 Rn. 24 für die gesetzliche Regelung des § 192 Abs. 2 VVG).

Felsch                                 Harsdorf-Gebhardt                                    Lehmann

              Dr. Brockmöller                                     Dr. Schoppmeyer

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 10. Januar 2014 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt Versicherungsleistungen aus einer bei der Beklagten unterhaltenen Krankentagegeldversicherung, mit der ein Krankentagegeld in Höhe von 120 € täglich versichert ist und der die Musterbedingungen 2008 des Verbandes der privaten Krankenversicherung (MB/KT 2008, im Folgenden nur MB/KT) zugrunde liegen.

2

In § 1 Teil I dieser Bedingungen heißt es unter anderem:

"(1) Der Versicherer bietet Versicherungsschutz gegen Verdienstausfall als Folge von Krankheiten oder Unfällen, soweit dadurch Arbeitsunfähigkeit verursacht wird. Er zahlt im Versicherungsfall für die Dauer einer Arbeitsunfähigkeit ein Krankentagegeld in vertraglichem Umfang.

(2) Versicherungsfall ist die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen, in deren Verlauf Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird. Der Versicherungsfall beginnt mit der Heilbehandlung; er endet, wenn nach medizinischem Befund keine Arbeitsunfähigkeit und keine Behandlungsbedürftigkeit mehr bestehen. …

(3) Arbeitsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen liegt vor, wenn die versicherte Person ihre berufliche Tätigkeit nach medizinischem Befund vorübergehend in keiner Weise ausüben kann, sie auch nicht ausübt und keiner anderweitigen Erwerbstätigkeit nachgeht.

…"

3

Der Kläger war in der Zeit vom 16. September 2009 bis zum 30. April 2010 wegen eines Burn-Out-Syndroms arbeitsunfähig krankgeschrieben. Bereits ab dem 1. April 2010 wurde er jedoch nach dem "Hamburger Modell" stufenweise wieder in den Arbeitsprozess eingegliedert. Dabei arbeitete er in den ersten beiden Wochen drei Stunden, in der dritten und vierten Woche sechs Stunden am Tag. Auch in dieser Zeit bezog er keinen Lohn, sondern ausschließlich Krankengeld.

4

Mit der Klage hat der Kläger Krankentagegeld für die gesamte Zeit seiner Krankschreibung in Höhe von 24.840 € beansprucht. Das Landgericht hat der Klage unter Berücksichtigung einer vereinbarten Karenzzeit von 42 Tagen für die Zeit bis zum 31. März 2010 in Höhe von 18.600 € stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Die Berufung, mit der der Kläger die Zahlung weiterer 3.600 € für April 2010 begehrt hat, ist erfolglos geblieben. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Revision.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision hat keinen Erfolg.

6

I. Das Berufungsgericht, dessen Urteil unter anderem in VersR 2014, 576 veröffentlicht ist, hat ausgeführt, dass im Monat April 2010 keine bedingungsgemäße Arbeitsunfähigkeit des Klägers vorgelegen habe, weil er seine bisherige berufliche Tätigkeit im Rahmen der Wiedereingliederungsmaßnahme jedenfalls tatsächlich ausgeübt habe.

7

Es habe sich nicht um einen bloßen Arbeitsversuch des Klägers gehandelt. Dagegen sprächen Umfang und Regelmäßigkeit der ausgeübten Tätigkeit. Ferner setze die stufenweise Wiedereingliederung nach § 74 SGB V voraus, dass der Versicherte nach ärztlicher Feststellung seine bisherige Tätigkeit teilweise verrichten könne und eine entsprechende Belastbarkeit vorhanden sei. Unerheblich sei demgegenüber, dass der Kläger kein Arbeitsentgelt erhalten, sondern weiterhin Krankengeld bezogen habe; nach den Versicherungsbedingungen komme es nicht auf den Verlust des Arbeitseinkommens an, sondern vielmehr darauf, dass der Versicherungsnehmer seine berufliche Tätigkeit nicht ausübe. Ebenso stünden der Charakter der Krankentagegeldversicherung und ihr sozialer Schutzzweck einer Einordnung der beruflichen Wiedereingliederung als Berufsausübung nicht entgegen.

8

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.

9

Zu Recht hat das Berufungsgericht eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers i.S. von § 1 (3) MB/KT für den Monat April 2010 verneint, weil er in dieser Zeit seine berufliche Tätigkeit, wenn auch in eingeschränktem Umfang, ausgeübt hat. Damit fehlt es für diesen Zeitraum an bedingungsgemäßer Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung für den Leistungsanspruch nach § 1 (1) Satz 2 MB/KT.

10

1. Bereits eine nur zum Teil gegebene Arbeitsfähigkeit genügt, um den Anspruch auf Krankentagegeld auszuschließen, sofern der Versicherte seinem Beruf in seiner konkreten Ausgestaltung teilweise nachgehen kann oder tatsächlich nachgeht (Senatsurteile vom 3. April 2013 - IV ZR 239/11, VersR 2013, 615 Rn. 13; vom 25. November 1992 - IV ZR 187/91, VersR 1993, 297 unter II 1). Soweit es dabei um die Bewertung einer vom Versicherten tatsächlich ausgeübten Tätigkeit geht, ist nur entscheidend, ob die fragliche Tätigkeit nach ihrer Art der zuletzt konkret ausgeübten beruflichen Tätigkeit zuzuordnen ist (Senatsurteil vom 18. Juli 2007 - IV ZR 129/06, VersR 2007, 1260 Rn. 19).

11

2. Zu Recht ist das Berufungsgericht danach zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger im Rahmen der Wiedereingliederungsmaßnahme eine berufliche Tätigkeit im Sinne von § 1 (3) MB/KT ausgeübt hat, weil es auf den Umfang der Tätigkeit nicht ankommt, wie eine Auslegung der Klausel ergibt (Senatsurteil vom 18. Juli 2007 aaO Rn. 24 ff.).

12

a) Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch seine Interessen an. In erster Linie ist vom Wortlaut der jeweiligen Klausel auszugehen (Senatsurteile vom 10. Dezember 2014 - IV ZR 281/14, VersR 2015, 182 Rn. 12 f.; vom 23. Juni 1993 - IV ZR 135/92, BGHZ 123, 83, 85; st. Rspr.). Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (Senatsurteile vom 8. Oktober 2014 - IV ZR 16/13, VersR 2014, 1367 Rn. 16; vom 25. Juli 2012 - IV ZR 201/10, VersR 2012, 1149 Rn. 21 m.w.N.; st. Rspr.).

13

b) Dem Wortlaut der Regelung in § 1 (3) MB/KT wird der Versicherungsnehmer zunächst entnehmen, dass es für die Frage seiner Arbeitsunfähigkeit allein darauf ankommt, ob er zur Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit auch nur teilweise in der Lage ist oder diese jedenfalls in Teilbereichen ausübt.

14

Ob hiervon eine Ausnahme bei bloßen Arbeitsversuchen - insbesondere solchen zu therapeutischen Zwecken - zu machen ist (so LG Hannover, VersR 1991, 1281; offen gelassen im Senatsurteil vom 3. Oktober 1984 - IVa ZR 76/83, VersR 1985, 54 unter II 3; vgl. auch Senatsurteil vom 18. Juli 2007 - IV ZR 129/06, VersR 2007, 1260 Rn. 31 ff.), bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Anders als die Revision meint, erbrachte der Kläger seine Tätigkeit im Rahmen der Wiedereingliederungsmaßnahme nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts nicht im Rahmen eines solchen Arbeitsversuchs.

15

Unstreitig ist der Kläger in diesem Monat an seinem Arbeitsplatz bei seinem Arbeitgeber in zeitlich begrenztem Umfang inhaltlich derselben Tätigkeit nachgegangen, die er dort bereits vor seiner Erkrankung ausgeübt hatte.

16

Bei der Wiedereingliederung i.S. von § 74 SGB V handelt es sich um eine stufenweise Wiederaufnahme der vorherigen Berufstätigkeit, die die Fähigkeit, diese Tätigkeit teilweise verrichten zu können, voraussetzt und bei der es allein darum geht, den Arbeitnehmer schonend, aber kontinuierlich wieder an die Belastungen seines Arbeitsplatzes heranzuführen (Hess in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 74 SGB V Rn. 2 Stand Dezember 2014). Eine solche Tätigkeit des Arbeitnehmers stellt deshalb keinen bloßen Arbeitsversuch dar; sie ist ungeachtet ihrer zeitlichen Reduzierung und unbeschadet einer im Einzelfall fehlenden Lohnzahlung als Ausübung beruflicher Tätigkeit zu qualifizieren. Dafür spricht, dass sie auch im Falle zunächst fehlender Lohnzahlung durch das stufenweise Heranführen der Vorbereitung der vollständigen Arbeitsaufnahme im Beruf gegen Entgeltzahlungen des Arbeitgebers dient.

Soweit § 1 (3) MB/KT auch auf eine anderweitige Erwerbstätigkeit des Versicherten abstellt, betrifft dies ersichtlich nur Tätigkeiten außerhalb des zuletzt ausgeübten Berufs. Daraus kann der Versicherungsnehmer nicht darauf schließen, dass es selbst bei der Ausübung von Tätigkeiten, die zu seinem Berufsfeld gehören, auf ein hierfür gezahltes Entgelt oder dessen Höhe ankommen soll. Vielmehr entfällt der Anspruch nach dem Wortlaut der Regelung, wenn er seinem Beruf in der konkreten Ausgestaltung auch nur teilweise nachgeht.

17

c) Eine davon abweichende Beurteilung ist nicht aufgrund des Sinn und Zwecks der Regelung geboten.

18

aa) Allerdings verfolgt die Krankentagegeldversicherung grundsätzlich den Zweck, den Versicherungsnehmer vor Verdienstausfall durch Arbeitsunfähigkeit als Folge von Krankheiten oder Unfällen zu schützen. Dieser Zweck ist in § 1 (1) Satz 1 MB/KT ausdrücklich niedergelegt. Insoweit dient die Versicherung auch der sozialen Absicherung erwerbstätiger Personen (Senatsurteil vom 22. Januar 1992 - IV ZR 59/91, BGHZ 117, 92, 95).

19

bb) Auch der durchschnittliche Versicherungsnehmer kann jedoch erkennen, dass mit ihr kein umfassender Schutz gegen jegliche Einkommenseinbußen bezweckt wird. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Versicherungsschutz erst bei vollständiger Arbeitsunfähigkeit eingreift, während bereits eine nur zum Teil bestehende Arbeitsfähigkeit typischerweise ebenfalls Einkommenseinbußen mit sich bringt. Die Reichweite des vom Versicherer gebotenen Schutzes ist damit erkennbar nicht unmittelbar am Verdienstausfall ausgerichtet. Der Versicherungsanspruch orientiert sich nicht am tatsächlich erzielten Arbeitseinkommen, sondern ist rein tätigkeitsbezogen.

20

Hat der Versicherungsnehmer seine Arbeitsfähigkeit im Anschluss an eine Erkrankung nach medizinischem Befund auch nur teilweise wiedererlangt, so entfällt aufgrund des ersten Merkmals des § 1 (3) MB/KT bereits damit der weitere Anspruch. Versicherungsschutz scheidet in diesen Fällen auch dann aus, wenn der Versicherungsnehmer tatsächlich nicht arbeitet und deshalb kein Geld verdient. Deshalb erfordern Sinn und Zweck der Versicherung nichts anderes, wenn der Versicherungsnehmer im Rahmen einer Maßnahme nach § 74 SGB V bereits teilweise wieder in seinem Beruf arbeitet, dabei aber noch kein Arbeitseinkommen erzielt. Der grundsätzlich verfolgte Zweck, dem Versicherungsnehmer, der infolge Erkrankung vorübergehend vollständig arbeitsunfähig gewesen ist, einen finanziellen Ausgleich für hierdurch entstandene Einkommensverluste zu gewähren, wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Leistungspflicht des Versicherers zu einem früheren Zeitpunkt endet als die Gehaltszahlungen des Arbeitgebers wieder einsetzen, weil der Arbeitnehmer an einer stufenweise Wiedereingliederung ins Arbeitsleben teilnimmt.

21

d) Die gegenteilige Auffassung des Amtsgerichts Wiesbaden (VersR 1999, 1270), der auch ein Teil der Kommentarliteratur folgt (Wilmes in Bach/Moser, Private Krankenversicherung 4. Aufl. § 1 MB/KT Rn. 22; Voit in Prölss/Martin, VVG 28. Aufl. § 192 Rn. 192; Versicherungsrechts-Handbuch/Tschersich 2. Aufl. § 45 Rn. 95), erweist sich damit als unzutreffend.

Mayen                        Harsdorf-Gebhardt                                   Dr. Karczewski

               Lehmann                                    Dr. Brockmöller

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 17. Dezember 2013 aufgehoben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Strausberg vom 13. Juni 2013 zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt vom Beklagten Ersatz eines Unfallschadens.

2

Zwischen den Parteien besteht ein Kfz-Versicherungsvertrag unter Einbeziehung der Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB). Der Kläger verlangt von dem Beklagten den Ausgleich eines am 10. Juni 2011 erlittenen Glasbruchschadens an seinem PKW sowie aufgewandter Gutachterkosten. Die Einstandspflicht des Beklagten ist dem Grunde nach unstreitig; die Parteien streiten über die Fälligkeit und Höhe des klägerischen Anspruchs. Der Beklagte macht geltend, das gemäß A.2.18 AKB vereinbarte Sachverständigenverfahren sei nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden. Die AKB sehen insoweit folgende Regelung zum Sachverständigenverfahren vor:

"A.2.18 

Meinungsverschiedenheit über die Schadenhöhe (Sachverständigenverfahren)

                 

A.2.18.1

Bei Meinungsverschiedenheit über die Höhe des Schadens einschließlich der Feststellung des Wiederbeschaffungswerts oder über den Umfang der erforderlichen Reparaturarbeiten entscheidet ein Sachverständigenausschuss.

                 

A.2.18.2

Für den Ausschuss benennen Sie und wir je einen Kraftfahrzeugsachverständigen. Wenn Sie oder wir innerhalb von zwei Wochen nach Aufforderung keinen Sachverständigen benennen, wird dieser von dem jeweils Anderen bestimmt.

                 

A.2.18.3

Soweit sich der Ausschuss nicht einigt, entscheidet ein weiterer Kraftfahrzeugsachverständiger als Obmann, der vor Beginn des Verfahrens von dem Ausschuss gewählt werden soll. Einigt sich der Ausschuss nicht über die Person des Obmanns, wird er über das zuständige Amtsgericht benannt. Die Entscheidung des Obmanns muss zwischen den jeweils von den beiden Sachverständigen geschätzten Beträgen liegen.

                 

A.2.18.4

Die Kosten des Sachverständigenverfahrens sind im Verhältnis des Obsiegens zum Unterliegen von uns bzw. von Ihnen zu tragen."

3

Nach Anzeige des Schadens bezifferte der Beklagte diesen mit Schreiben vom 18. Juli 2011 zunächst auf 509,92 €. Der Kläger zweifelte an der Richtigkeit der Abrechnung und beauftragte am 27. Juli 2011 einen Diplom-Ingenieur mit der Prüfung der Abrechnung sowie erforderlichenfalls mit der Einleitung des Sachverständigenverfahrens. Mit Gutachten vom 5. August 2011 bezifferte dieser den Schaden mit 1.734,12 € netto. Für das Gutachten fielen 437,55 € an. Der vom Kläger beauftragte Ingenieur forderte den Beklagten zur Benennung seines Ausschussmitglieds für das Sachverständigenverfahren auf. Der Beklagte korrigierte die von ihm akzeptierte Schadenhöhe auf 1.019,84 € und benannte den Leiter seiner Sachverständigenabteilung als Ausschussmitglied, den der Ingenieur des Klägers wegen seiner beruflichen Tätigkeit für den Beklagten als befangen ablehnte. Nachdem der Beklagte innerhalb der Zweiwochenfrist kein anderes Ausschussmitglied benannt hatte, berief der vom Kläger beauftragte Ingenieur für den Beklagten einen weiteren Diplom-Ingenieur als Ausschussmitglied. Diese beiden Ingenieure bezifferten den Schaden auf 1.734,12 €. Abzüglich der vom Kläger zu tragenden Selbstbeteiligung ergab sich ein Anspruch des Klägers in Höhe von 1.584,12 €. Der Kläger begehrt mit der Klage diesen Betrag abzüglich vom Beklagten bereits gezahlter 869,84 €, zuzüglich der Kosten für das Sachverständigenverfahren in Höhe von 820,43 €, insgesamt damit einen Betrag von 1.534,71 €.

4

Das Amtsgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Auf dessen Berufung hat das Landgericht das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers, der die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils begehrt.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision ist begründet.

6

I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts, dessen Urteil in r+s 2014, 120 abgedruckt ist, ist die geltend gemachte Forderung wegen nicht ordnungsgemäßer Durchführung des Sachverständigenverfahrens nicht fällig. Der Beklagte habe fristgerecht einen Sachverständigen benannt, der am Verfahren habe beteiligt werden müssen. Ein Recht zur Zurückweisung des Sachverständigen sähen die vertraglichen Bestimmungen nicht vor. Eines solchen Rechts bedürfe es auch nicht, weil die inhaltliche Richtigkeit dadurch sichergestellt sei, dass ein Obmann über etwaige divergierende Feststellungen der Parteisachverständigen entscheide.

7

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

8

1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist der Anspruch des Klägers fällig. Das nach A.2.18 AKB vereinbarte Sachverständigenverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt. Der Kläger war nach A.2.18.2 Satz 2 AKB berechtigt, selbst einen weiteren Sachverständigen zu benennen, nachdem der Beklagte dies trotz Aufforderung und Ablauf von zwei Wochen nicht getan hatte.

9

Der Senat braucht die Frage, ob ein Sachverständiger im Sachverständigenverfahren als befangen abgelehnt werden kann, hier nicht zu entscheiden. Der von dem Beklagten benannte Leiter seiner Sachverständigenabteilung ist als Mitarbeiter einer der Parteien nicht Sachverständiger im Sinne von A.2.18.2 AKB.

10

a) Das ergibt die Auslegung von A.2.18.1 und A.2.18.2 AKB.

11

Welche Anforderungen an die Person und die Sachkunde eines Sachverständigen zu stellen sind, richtet sich nach den zugrunde liegenden AKB.

12

aa) Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach ständiger Senatsrechtsprechung so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch seine Interessen an (vgl. zum Maßstab der Auslegung allgemeiner Versicherungsbedingungen Senatsurteil vom 23. Juni 1993 - IV ZR 135/92, BGHZ 123, 83, 85; st. Rspr.).

13

bb) Allgemeine Versicherungsbedingungen sind aus sich heraus zu interpretieren. In erster Linie ist dabei vom Wortlaut auszugehen (Senatsurteil vom 25. Juli 2012 - IV ZR 201/10, VersR 2012, 1149 Rn. 21 m.w.N.; st. Rspr.). Diesem entnimmt der Versicherungsnehmer, dass nach A.2.18.1 AKB bei Meinungsverschiedenheiten über die Höhe des Schadens ein Sachverständigenausschuss entscheidet und dieser Ausschuss nach A.2.18.2 Satz 1 AKB gebildet wird, indem Versicherungsnehmer und Versicherer je einen "Kraftfahrzeugsachverständigen" benennen. Im Übrigen sind in den Versicherungsbedingungen keine Anforderungen an die Person und Sachkunde des Sachverständigen genannt. Der Versicherungsnehmer kann aus dem Wortlaut nur ersehen, dass es sich bei dem Ausschussmitglied um einen Kraftfahrzeugsachverständigen handeln muss, maßgeblich also der technische Sachverstand der Person ist. Es erscheint daher zweifelhaft, ob er - wie die Revision meint - bereits dem Wortlaut der Regelung eine Einschränkung dahin entnehmen wird, dass ein Mitarbeiter des Versicherers nicht als Ausschussmitglied benannt werden kann, weil nach dem üblichen Verständnis des Begriffs ein Sachverständiger seine "gutachterlichen Leistungen persönlich, unabhängig, unparteiisch, gewissenhaft und weisungsfrei erbringt". Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer kennt diese Definition nicht. Mit dem Begriff "Kraftfahrzeugsachverständiger" wird er lediglich ein besonderes Fachwissen verbinden. Da jede Partei einen Sachverständigen zu benennen hat, wird er dem Wortlaut der Klausel nicht entnehmen, dass der jeweils benannte Sachverständige neutral sein muss.

14

cc) Dem mit der Regelung verfolgten Sinn und Zweck - soweit diese für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (vgl. Senatsurteil vom 25. Juli 2012 - IV ZR 201/10, VersR 2012, 1149 Rn. 21 m.w.N.; st. Rspr.) - wird er aber entnehmen, dass ein Mitarbeiter einer der Parteien, also auch ein Mitarbeiter des Versicherers, nicht als Sachverständiger auftreten kann. Mit dem Sachverständigenverfahren wird ersichtlich bezweckt, dass die Schadenregulierung möglichst rasch mit sachverständiger Hilfe erledigt wird und kein - möglicherweise langwieriger und kostspieliger - Streit vor den staatlichen Gerichten um die oftmals komplizierte Schadenfeststellung ausgetragen wird (BGH, Urteil vom 1. April 1987 - IVa ZR 139/85, VersR 1987, 601 unter 1 b). Damit ist es unvereinbar, dass der Versicherer oder der Versicherungsnehmer einen Mitarbeiter benennt. Für den Versicherungsnehmer erkennbar soll durch die Beteiligung von Sachverständigen eine dritte, durch Sachkunde ausgewiesene Meinung, jenseits der Ansichten der Parteien, den Schaden bewerten. Das Ziel, die Hinzuziehung eines sach- und fachkundigen Dritten, wird durch die Auswahl eines Mitarbeiters einer Partei als Sachverständigen nicht erreicht. Auf den Einwand des Beklagten, der von ihm benannte Leiter seiner Sachverständigenabteilung sei bei der Erstellung von Sachverständigengutachten weisungsfrei, kommt es nicht an. Der Leiter der Sachverständigenabteilung ist vielmehr schon deshalb kein Sachverständiger im Sinne der AKB, weil es sich bei dem Mitarbeiter einer Partei nicht um einen Dritten im oben genannten Sinne handelt (vgl. ebenso zur Frage der Befangenheit eines Sachverständigen: Volze, VersR 2006, 627, 630 unter V 7 c; ähnlich Voit in Prölss/Martin, VVG 28. Aufl. § 84 Rn. 16; MünchKomm-VVG/Halbach, § 84 Rn. 28, 30; vgl. auch Langheid in Römer/Langheid, VVG 4. Aufl. § 84 Rn. 27, 29; Rüffer in Rüffer/Halbach/Schimikowski, HK-VVG 2. Aufl. § 84 Rn. 14; Schwintowski/Brömmelmeyer/Kloth/Neuhaus, PK-VersR 2. Aufl. § 84 Rn. 21 ff., 24; Schmidt-Kessel in Looschelders/Pohlmann, VVG 2. Aufl. § 84 Rn. 25, 28).

15

Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ergibt sich etwas anderes auch nicht daraus, dass beide Parteien einen Sachverständigen stellen müssen und nach A.2.18.3 AKB ein weiterer Kraftfahrzeugsachverständiger als Obmann entscheidet, soweit sich der Ausschuss nicht einigt. Diesem Regelungszusammenhang entnimmt der Versicherungsnehmer gerade das Gewicht, das der Bewertung durch Dritte beigemessen wird. Der Versicherungsnehmer wird aus dem Umstand, dass beide Parteien einen Sachverständigen zu benennen haben, zwar schließen, dass der jeweils Benannte in einem gewissen Näheverhältnis zum Benennenden stehen kann (Schwintowski/Brömmelmeyer/Kloth/Neuhaus, PK-VersR 2. Aufl. § 84 Rn. 23). Keinesfalls wird er aber zu der Ansicht gelangen, dass er in einem unmittelbaren Abhängigkeitsverhältnis stehen darf, denn damit ist er nicht mehr außerhalb der Parteien stehender Dritter.

16

b) Mit dem Leiter seiner Sachverständigenabteilung hat der Beklagte damit innerhalb der Zweiwochenfrist keinen Sachverständigen im Sinne der maßgeblichen AKB benannt. Dies hat zur Folge, dass das Bestimmungsrecht nach Ablauf der Frist auf den Kläger übergegangen und das in den AKB vorgesehene Verfahren ordnungsgemäß durchgeführt worden ist.

17

2. Die im Sachverständigenverfahren getroffenen Feststellungen sind nach § 84 Abs. 1 Satz 1 VVG verbindlich. Der Beklagte muss sich wegen der Schadenhöhe am Ergebnis des Sachverständigengutachtens festhalten lassen.

18

Grundsätzlich sind die Parteien an das Ergebnis des Sachverständigenverfahrens gebunden. Diese Bindung kann nur durch den Nachweis einer erheblichen und offenbaren Unrichtigkeit im Rahmen eines Rechtsstreits aufgehoben werden. Eine offenbare Unrichtigkeit liegt dann vor, wenn sie sich dem unbefangenen, sachkundigen Beurteiler aufdrängt, wenn auch möglicherweise erst nach eingehender Prüfung; daran sind strenge Anforderungen zu stellen, weil sonst der von den Parteien verfolgte Zweck in Frage gestellt würde, den Schaden möglichst rasch und kostengünstig zu regulieren (Senatsurteil vom 30. November 1977 - IV ZR 42/75, VersR 1978, 121 unter III 3). Soweit der Beklagte in den Vorinstanzen die Schadenhöhe bestritten hat, genügte dies den genannten hohen Anforderungen nicht.

Mayen                       Wendt                                Felsch

              Lehmann                   Dr. Brockmöller

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 10. Januar 2014 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt Versicherungsleistungen aus einer bei der Beklagten unterhaltenen Krankentagegeldversicherung, mit der ein Krankentagegeld in Höhe von 120 € täglich versichert ist und der die Musterbedingungen 2008 des Verbandes der privaten Krankenversicherung (MB/KT 2008, im Folgenden nur MB/KT) zugrunde liegen.

2

In § 1 Teil I dieser Bedingungen heißt es unter anderem:

"(1) Der Versicherer bietet Versicherungsschutz gegen Verdienstausfall als Folge von Krankheiten oder Unfällen, soweit dadurch Arbeitsunfähigkeit verursacht wird. Er zahlt im Versicherungsfall für die Dauer einer Arbeitsunfähigkeit ein Krankentagegeld in vertraglichem Umfang.

(2) Versicherungsfall ist die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen, in deren Verlauf Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird. Der Versicherungsfall beginnt mit der Heilbehandlung; er endet, wenn nach medizinischem Befund keine Arbeitsunfähigkeit und keine Behandlungsbedürftigkeit mehr bestehen. …

(3) Arbeitsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen liegt vor, wenn die versicherte Person ihre berufliche Tätigkeit nach medizinischem Befund vorübergehend in keiner Weise ausüben kann, sie auch nicht ausübt und keiner anderweitigen Erwerbstätigkeit nachgeht.

…"

3

Der Kläger war in der Zeit vom 16. September 2009 bis zum 30. April 2010 wegen eines Burn-Out-Syndroms arbeitsunfähig krankgeschrieben. Bereits ab dem 1. April 2010 wurde er jedoch nach dem "Hamburger Modell" stufenweise wieder in den Arbeitsprozess eingegliedert. Dabei arbeitete er in den ersten beiden Wochen drei Stunden, in der dritten und vierten Woche sechs Stunden am Tag. Auch in dieser Zeit bezog er keinen Lohn, sondern ausschließlich Krankengeld.

4

Mit der Klage hat der Kläger Krankentagegeld für die gesamte Zeit seiner Krankschreibung in Höhe von 24.840 € beansprucht. Das Landgericht hat der Klage unter Berücksichtigung einer vereinbarten Karenzzeit von 42 Tagen für die Zeit bis zum 31. März 2010 in Höhe von 18.600 € stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Die Berufung, mit der der Kläger die Zahlung weiterer 3.600 € für April 2010 begehrt hat, ist erfolglos geblieben. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Revision.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision hat keinen Erfolg.

6

I. Das Berufungsgericht, dessen Urteil unter anderem in VersR 2014, 576 veröffentlicht ist, hat ausgeführt, dass im Monat April 2010 keine bedingungsgemäße Arbeitsunfähigkeit des Klägers vorgelegen habe, weil er seine bisherige berufliche Tätigkeit im Rahmen der Wiedereingliederungsmaßnahme jedenfalls tatsächlich ausgeübt habe.

7

Es habe sich nicht um einen bloßen Arbeitsversuch des Klägers gehandelt. Dagegen sprächen Umfang und Regelmäßigkeit der ausgeübten Tätigkeit. Ferner setze die stufenweise Wiedereingliederung nach § 74 SGB V voraus, dass der Versicherte nach ärztlicher Feststellung seine bisherige Tätigkeit teilweise verrichten könne und eine entsprechende Belastbarkeit vorhanden sei. Unerheblich sei demgegenüber, dass der Kläger kein Arbeitsentgelt erhalten, sondern weiterhin Krankengeld bezogen habe; nach den Versicherungsbedingungen komme es nicht auf den Verlust des Arbeitseinkommens an, sondern vielmehr darauf, dass der Versicherungsnehmer seine berufliche Tätigkeit nicht ausübe. Ebenso stünden der Charakter der Krankentagegeldversicherung und ihr sozialer Schutzzweck einer Einordnung der beruflichen Wiedereingliederung als Berufsausübung nicht entgegen.

8

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.

9

Zu Recht hat das Berufungsgericht eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers i.S. von § 1 (3) MB/KT für den Monat April 2010 verneint, weil er in dieser Zeit seine berufliche Tätigkeit, wenn auch in eingeschränktem Umfang, ausgeübt hat. Damit fehlt es für diesen Zeitraum an bedingungsgemäßer Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung für den Leistungsanspruch nach § 1 (1) Satz 2 MB/KT.

10

1. Bereits eine nur zum Teil gegebene Arbeitsfähigkeit genügt, um den Anspruch auf Krankentagegeld auszuschließen, sofern der Versicherte seinem Beruf in seiner konkreten Ausgestaltung teilweise nachgehen kann oder tatsächlich nachgeht (Senatsurteile vom 3. April 2013 - IV ZR 239/11, VersR 2013, 615 Rn. 13; vom 25. November 1992 - IV ZR 187/91, VersR 1993, 297 unter II 1). Soweit es dabei um die Bewertung einer vom Versicherten tatsächlich ausgeübten Tätigkeit geht, ist nur entscheidend, ob die fragliche Tätigkeit nach ihrer Art der zuletzt konkret ausgeübten beruflichen Tätigkeit zuzuordnen ist (Senatsurteil vom 18. Juli 2007 - IV ZR 129/06, VersR 2007, 1260 Rn. 19).

11

2. Zu Recht ist das Berufungsgericht danach zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger im Rahmen der Wiedereingliederungsmaßnahme eine berufliche Tätigkeit im Sinne von § 1 (3) MB/KT ausgeübt hat, weil es auf den Umfang der Tätigkeit nicht ankommt, wie eine Auslegung der Klausel ergibt (Senatsurteil vom 18. Juli 2007 aaO Rn. 24 ff.).

12

a) Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch seine Interessen an. In erster Linie ist vom Wortlaut der jeweiligen Klausel auszugehen (Senatsurteile vom 10. Dezember 2014 - IV ZR 281/14, VersR 2015, 182 Rn. 12 f.; vom 23. Juni 1993 - IV ZR 135/92, BGHZ 123, 83, 85; st. Rspr.). Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (Senatsurteile vom 8. Oktober 2014 - IV ZR 16/13, VersR 2014, 1367 Rn. 16; vom 25. Juli 2012 - IV ZR 201/10, VersR 2012, 1149 Rn. 21 m.w.N.; st. Rspr.).

13

b) Dem Wortlaut der Regelung in § 1 (3) MB/KT wird der Versicherungsnehmer zunächst entnehmen, dass es für die Frage seiner Arbeitsunfähigkeit allein darauf ankommt, ob er zur Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit auch nur teilweise in der Lage ist oder diese jedenfalls in Teilbereichen ausübt.

14

Ob hiervon eine Ausnahme bei bloßen Arbeitsversuchen - insbesondere solchen zu therapeutischen Zwecken - zu machen ist (so LG Hannover, VersR 1991, 1281; offen gelassen im Senatsurteil vom 3. Oktober 1984 - IVa ZR 76/83, VersR 1985, 54 unter II 3; vgl. auch Senatsurteil vom 18. Juli 2007 - IV ZR 129/06, VersR 2007, 1260 Rn. 31 ff.), bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Anders als die Revision meint, erbrachte der Kläger seine Tätigkeit im Rahmen der Wiedereingliederungsmaßnahme nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts nicht im Rahmen eines solchen Arbeitsversuchs.

15

Unstreitig ist der Kläger in diesem Monat an seinem Arbeitsplatz bei seinem Arbeitgeber in zeitlich begrenztem Umfang inhaltlich derselben Tätigkeit nachgegangen, die er dort bereits vor seiner Erkrankung ausgeübt hatte.

16

Bei der Wiedereingliederung i.S. von § 74 SGB V handelt es sich um eine stufenweise Wiederaufnahme der vorherigen Berufstätigkeit, die die Fähigkeit, diese Tätigkeit teilweise verrichten zu können, voraussetzt und bei der es allein darum geht, den Arbeitnehmer schonend, aber kontinuierlich wieder an die Belastungen seines Arbeitsplatzes heranzuführen (Hess in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 74 SGB V Rn. 2 Stand Dezember 2014). Eine solche Tätigkeit des Arbeitnehmers stellt deshalb keinen bloßen Arbeitsversuch dar; sie ist ungeachtet ihrer zeitlichen Reduzierung und unbeschadet einer im Einzelfall fehlenden Lohnzahlung als Ausübung beruflicher Tätigkeit zu qualifizieren. Dafür spricht, dass sie auch im Falle zunächst fehlender Lohnzahlung durch das stufenweise Heranführen der Vorbereitung der vollständigen Arbeitsaufnahme im Beruf gegen Entgeltzahlungen des Arbeitgebers dient.

Soweit § 1 (3) MB/KT auch auf eine anderweitige Erwerbstätigkeit des Versicherten abstellt, betrifft dies ersichtlich nur Tätigkeiten außerhalb des zuletzt ausgeübten Berufs. Daraus kann der Versicherungsnehmer nicht darauf schließen, dass es selbst bei der Ausübung von Tätigkeiten, die zu seinem Berufsfeld gehören, auf ein hierfür gezahltes Entgelt oder dessen Höhe ankommen soll. Vielmehr entfällt der Anspruch nach dem Wortlaut der Regelung, wenn er seinem Beruf in der konkreten Ausgestaltung auch nur teilweise nachgeht.

17

c) Eine davon abweichende Beurteilung ist nicht aufgrund des Sinn und Zwecks der Regelung geboten.

18

aa) Allerdings verfolgt die Krankentagegeldversicherung grundsätzlich den Zweck, den Versicherungsnehmer vor Verdienstausfall durch Arbeitsunfähigkeit als Folge von Krankheiten oder Unfällen zu schützen. Dieser Zweck ist in § 1 (1) Satz 1 MB/KT ausdrücklich niedergelegt. Insoweit dient die Versicherung auch der sozialen Absicherung erwerbstätiger Personen (Senatsurteil vom 22. Januar 1992 - IV ZR 59/91, BGHZ 117, 92, 95).

19

bb) Auch der durchschnittliche Versicherungsnehmer kann jedoch erkennen, dass mit ihr kein umfassender Schutz gegen jegliche Einkommenseinbußen bezweckt wird. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Versicherungsschutz erst bei vollständiger Arbeitsunfähigkeit eingreift, während bereits eine nur zum Teil bestehende Arbeitsfähigkeit typischerweise ebenfalls Einkommenseinbußen mit sich bringt. Die Reichweite des vom Versicherer gebotenen Schutzes ist damit erkennbar nicht unmittelbar am Verdienstausfall ausgerichtet. Der Versicherungsanspruch orientiert sich nicht am tatsächlich erzielten Arbeitseinkommen, sondern ist rein tätigkeitsbezogen.

20

Hat der Versicherungsnehmer seine Arbeitsfähigkeit im Anschluss an eine Erkrankung nach medizinischem Befund auch nur teilweise wiedererlangt, so entfällt aufgrund des ersten Merkmals des § 1 (3) MB/KT bereits damit der weitere Anspruch. Versicherungsschutz scheidet in diesen Fällen auch dann aus, wenn der Versicherungsnehmer tatsächlich nicht arbeitet und deshalb kein Geld verdient. Deshalb erfordern Sinn und Zweck der Versicherung nichts anderes, wenn der Versicherungsnehmer im Rahmen einer Maßnahme nach § 74 SGB V bereits teilweise wieder in seinem Beruf arbeitet, dabei aber noch kein Arbeitseinkommen erzielt. Der grundsätzlich verfolgte Zweck, dem Versicherungsnehmer, der infolge Erkrankung vorübergehend vollständig arbeitsunfähig gewesen ist, einen finanziellen Ausgleich für hierdurch entstandene Einkommensverluste zu gewähren, wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Leistungspflicht des Versicherers zu einem früheren Zeitpunkt endet als die Gehaltszahlungen des Arbeitgebers wieder einsetzen, weil der Arbeitnehmer an einer stufenweise Wiedereingliederung ins Arbeitsleben teilnimmt.

21

d) Die gegenteilige Auffassung des Amtsgerichts Wiesbaden (VersR 1999, 1270), der auch ein Teil der Kommentarliteratur folgt (Wilmes in Bach/Moser, Private Krankenversicherung 4. Aufl. § 1 MB/KT Rn. 22; Voit in Prölss/Martin, VVG 28. Aufl. § 192 Rn. 192; Versicherungsrechts-Handbuch/Tschersich 2. Aufl. § 45 Rn. 95), erweist sich damit als unzutreffend.

Mayen                        Harsdorf-Gebhardt                                   Dr. Karczewski

               Lehmann                                    Dr. Brockmöller

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

22
Damit ist zwar den Erwägungen Rechnung getragen worden, mit denen in jener Entscheidung die Unwirksamkeit der endgültigen Vertragsbeendigung begründet worden ist. Das aber lässt die Frage unberührt , ob nicht schon die Anknüpfung der Versicherungsfähigkeit an das ununterbrochene Vorhandensein eines festen Arbeitsverhältnisses zu einer unangemessenen Benachteiligung i.S. des § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB führt. Das ist der Fall.
25
bb) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird die Schranke des § 307 BGB allerdings nicht eingehalten, wenn die Preisanpassungsklausel es dem Verwender ermöglicht, über die Abwälzung konkreter Kostensteigerungen hinaus den zunächst vereinbarten Preis ohne Begrenzung anzuheben und so nicht nur eine Gewinnschmälerung zu vermeiden, sondern einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen (BGHZ 176, 244, Tz. 18; BGH, Urteile vom 16. März 1988 - IV a ZR 247/84, NJW-RR 1988, 819, 821, vom 21. September 2005 - VIII ZR 38/05, WM 2005, 2335, 2336, vom 13. Dezember 2006 - VIII ZR 25/06, NJW 2007, 1054, Tz. 21, vom 11. Oktober 2007 - III ZR 63/07, WM 2007, 2202, Tz. 11, vom 15. November 2007 - III ZR 247/06, WM 2008, 308, Tz. 10 und vom 19. November 2008 - VIII ZR 138/07, ZIP 2009, 323, Tz. 25). Eine den Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben benachteiligenden Inhalt haben sie weiterhin dann, wenn sie nur das Recht des Klauselverwenders enthalten, Erhöhungen ihrer eigenen Kosten an ihre Kunden weiterzugeben, nicht aber auch die Verpflichtung, bei gesunkenen eigenen Kosten den Preis für die Kunden zu senken (BGHZ 176, 244, Tz. 17; Wolf in Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Recht, 4. Aufl., § 11 Nr. 1 Rn. 51; Borges, DB 2006, 1199, 1203; von der Linden, WM 2008, 195, 197).
17
4. Diese Beurteilung erweist sich im Ergebnis als zutreffend. Die Preisänderungsklausel benachteiligt die Kunden der Beklagten schon deshalb entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen, weil sie nur das Recht der Beklagten enthält, Erhöhungen ihres Gaseinstandspreises an ihre Kunden weiterzugeben, nicht aber die Verpflichtung, bei gesunkenen Gestehungskosten den Preis zu senken. Hierdurch wird es der Beklagten ermöglicht, eine erhöhte Kostenbelastung durch eine Preiserhöhung aufzufangen, hinge- gen den Vertragspreis bei einer Kostensenkung durch einen geringeren Einstandspreis unverändert zu lassen. Risiken und Chancen einer Veränderung des Einstandspreises werden damit zwischen den Parteien ungleich verteilt; eine solche unausgewogene Regelung rechtfertigt kein einseitiges Recht der Beklagten zur Änderung des sich aus der vertraglichen Vereinbarung der Parteien ergebenden Preises.
25
bb) Denn die von der Beklagten verwendeten Preisanpassungsklauseln benachteiligen - wie die Revisionserwiderung unter Hinweis auf diesen nach Erlass des Berufungsurteils in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch für Preisanpassungsklauseln herausgearbeiteten Gesichtspunkt (BGHZ 176, 244, Tz. 17 ff., 26; Senatsurteile vom 15. Juli 2009 – VIII ZR 225/07, aaO, Tz. 28 ff., und VIII ZR 56/08, aaO, Tz. 26 ff.; BGH, Urteil vom 21. April 2009 - XI ZR 78/08, WM 2009, 1077, Tz. 32, zur Veröffentlichung in BGHZ 180, 257 vorgesehen) mit Recht geltend macht – die Kunden der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben jedenfalls deshalb unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB), weil sie nur das Recht der Beklagten vorsehen, Erhöhungen ihrer Gasbezugskosten an ihre Kunden weiterzugeben, nicht aber die Verpflichtung , bei gesunkenen Gestehungskosten den Preis zu senken. Risiken und Chancen einer Veränderung der Gasbezugskosten werden damit zwischen den Parteien ungleich verteilt (vgl. BGHZ 176, 244, Tz. 17). Eine Preisanpassungsklausel muss aber das vertragliche Äquivalenzverhältnis wahren (BGHZ 158, 149, 158 m.w.N.) und darf dem Verwender nicht die Möglichkeit geben, über die Abwälzung konkreter Kostensteigerungen hinaus einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen (Senatsurteile vom 21. September 2005, aaO, unter II, und vom 13. Dezember 2006 - VIII ZR 25/06, NJW 2007, 1054, Tz. 21). Die von der Beklagten verwendeten Preisanpassungsklauseln enthalten dagegen - jedenfalls in der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung (vgl. BGHZ 176, 244, Tz. 19) - keine Verpflichtung, gefallenen Gasbezugskosten nach gleichen Maßstäben wie gestiegenen Kosten Rechnung zu tragen, und verschaffen der Beklagten damit die Möglichkeit einer ungerechtfertigten Erhöhung ihrer Gewinnspanne.
29
Eine solche Verpflichtung enthält § 3 Nr. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten nicht. Nach dem Wortlaut der Preisanpassungsklausel "ist die G. berechtigt, die Gaspreise (…) auch während der laufenden Vertragsbeziehung an die geänderten Gasbezugskosten der G. anzupassen." Diese Formulierung lässt eine Auslegung zu, nach der die Beklagte zwar berechtigt, nicht aber verpflichtet ist, nach gleichmäßigen Maßstäben zu bestimmten Zeitpunkten eine Preisanpassung unabhängig davon vorzunehmen, in welche Richtung sich die Gasbezugskosten seit Vertragsschluss oder seit der letzten Preisanpassung entwickelt haben. Etwas anderes folgt auch nicht aus der anschließenden Formulierung "Die Preisänderungen schließen sowohl Erhöhung als auch Absenkung ein." Daraus ergibt sich zwar, dass auch Preissenkungen möglich sind. Der Formulierung ist aber nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit zu entnehmen, dass die Beklagte auch im Falle einer Absenkung der Gasbezugskosten verpflichtet ist, nach gleichmäßigen Maßstäben zu bestimmten Zeitpunkten eine Preisanpassung vorzunehmen. Mangels anderweitiger vertraglicher Vorgaben hat die Beklagte damit die Möglichkeit, den Zeitpunkt zu bestimmen, zu dem sie von dem Preisänderungsrecht Gebrauch macht, und durch die in der Preisanpassungsklausel nicht vorgegebene Wahl des Preisanpassungstermins erhöhten Gasbezugskosten umgehend, niedrigeren Gasbezugskosten jedoch nicht oder erst mit zeitlicher Verzögerung durch eine Preisänderung Rechnung zu tragen (vgl. BGHZ 176, 244, Tz. 20 f.).

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

40
Dieses verlangt vom Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen , dass die Rechte und Pflichten des Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar dargestellt sind und die Klauseln darüber hinaus die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen so weit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (Senatsurteile vom 26. September 2007 - IV ZR 252/06, VersR 2007, 1690 Rn. 16; vom 23. Februar 2005 - IV ZR 273/03, BGHZ 162, 210, 213 f.; vom 8. Oktober 1997 - IV ZR 220/96, BGHZ 136, 394, 401). Eine Regelung hält deshalb einer Inhaltskontrolle nach dem Transparenzgebot auch dann nicht stand, wenn sie an verschiedenen Stellen in den Bedingungen niedergelegt ist, die nur schwer miteinander in Zusammenhang zu bringen sind, oder wenn der Regelungsgehalt auf andere Weise durch die Verteilung auf mehrere Stellen verdunkelt wird (Senatsurteil vom 23. Februar 2005 aaO S. 214).
16
a) Die Klausel entspricht bereits nicht den Erfordernissen, die sich aus dem Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) ergeben. Der Verwender Allgemeiner Versicherungsbedingungen ist gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dabei kommt es nicht nur darauf an, dass eine Klausel in ihrer Formulierung für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer verständlich ist. Vielmehr gebieten Treu und Glauben auch, dass sie die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen so weit erkennen lässt, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann. Ist der Verwender diesem Gebot nicht gefolgt, liegt schon darin eine unangemessene Benachteiligung des anderen Vertragspartners (BGHZ 136, 394, 401 f.; 141, 137, 143; 147, 354, 361 f.).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 273/03 Verkündet am:
23. Februar 2005
Heinekamp
Justizhauptsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________
AGBG § 9 Bk; BGB (2.1.2002) § 307 Abs. 1 Satz 2 Bk; AVB f. Unfallvers. (AUB
94) § 7
Eine Fristenregelung wie in den §§ 1 und 7 AUB 94 in Allgemeinen Versicherungsbedingungen
eines Unfallversicherers genügt den Anforderungen des
Transparenzgebots.
BGH, Urteil vom 23. Februar 2005 - IV ZR 273/03 - OLG München
LG München I
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat dur ch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Dr. Franke auf die mündliche Verhandlung
vom 23. Februar 2005

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 25. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 25. November 2003 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger macht einen Anspruch aus einer privaten Unfallversicherung geltend. Dem Versicherungsvertrag liegen Allgemeine Versicherungsbedingungen zugrunde (im folgenden: AVB), die - soweit hier von Bedeutung - im wesentlichen den AUB 94 entsprechen. Zu den Voraussetzungen des Anspruchs heißt es dort: § 1 Der Versicherungsfall I. Der Versicherer bietet Versicherungsschutz bei Unfällen , die dem Versicherten während der Wirksamkeit des Vertrages zustoßen. Die Leistungsarten, die versichert werden können, ergeben sich aus § 7; aus Antrag und Versicherungsschein ist ersichtlich, welche Leistungsarten jeweils vertraglich vereinbart sind. ...

§ 7 Die Leistungsarten Die jeweils vereinbarten Leistungsarten und deren Höhe (Versicherungssummen) ergeben sich aus dem Vertrag. Für die Entstehung des Anspruchs und die Bemessung der Leistung gelten die nachfolgenden Bestimmungen. I. Invaliditätsleistung (1) Anspruch auf Kapitalleistung aus der für den Invaliditätsfall versicherten Summe entsteht, wenn der Unfall innerhalb von 15 Monaten zu einer dauernden Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit (Invalidität) führt und diese Beeinträchtigung spätestens 15 Monate nach dem Unfall von einem Arzt schriftlich festgestellt und geltend gemacht worden ist. ... Am 24. Februar 2001 stürzte der Kläger auf einer S teintreppe und zog sich eine Achillessehnenteilruptur zu. Er mußte nach einer Nothilfeversorgung zunächst einen Unterschenkelgips, dann einen elastischen Verband und später einen Achillessehnenstrumpf tragen. Anschließend erhielt er eine Bewegungstherapie und Kräuterbäder. Auf Dauer verbleibende Schäden wurden von den behandelnden Orthopäden nicht festgestellt. Vielmehr behauptet der Kläger, die Ärzte hä tten ihm wiederholt erklärt , sein Bein werde wieder in Ordnung kommen. Erst mit Schreiben vom 4. August 2002 teilte der Kläger der Beklagten mit, daß er eine Verletzung an der Achillessehne erlitten habe und seitdem täglich unter Schmerzen leide. Am 24. September 2002 suchte der Kläger einen anderen Orthopäden auf, der eine deutliche Verdickung und einen unfallabhängigen Dauerschaden attestierte. Die Beklagte lehnte Versicherungsschutz u.a. wegen Versäumung der in § 7 I (1) AVB vorgeschriebenen Frist für die ärztliche Feststellung der Invalidität ab. Der Kläger meint, diese Frist sei in den Versicherungsbedingungen der Beklagten nicht klar und verständlich dargestellt worden.

Die Klage auf Feststellung einer Verpflichtung der Beklagten, für das Unfallereignis vom 24. Februar 2001 Versicherungsschutz zu leisten, hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Der Kläger verfolgt seinen Antrag mit der Revision weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision bleibt ohne Erfolg. Die Klage ist mit Recht abgewiesen worden.
I. 1. Das Berufungsgericht sieht keinen Verstoß ge gen das Transparenzgebot , so wie es als Maßstab der Inhaltskontrolle von Geschäftsbedingungen in langjähriger Rechtsprechung entwickelt worden sei. Ob die Anforderungen insoweit durch die Regelung in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl. I S. 42) erhöht worden seien, könne offen bleiben, weil sich der Unfall, aus dem der Kläger seinen Anspruch herleite, vor Inkrafttreten der Neuregelung ereignet habe (Art. 229 § 5 EGBGB). Durch das Erfordernis fristgerechter ärztlicher Feststellung würden Spätschäden im Interesse arbeits- und kostensparender Abwicklung vom Versicherungsschutz ausgenommen , auch wenn der Versicherte die Frist schuldlos versäumt habe (BGHZ 137, 174, 177). Die Berufung der Beklagten auf den Fristablauf sei auch nicht rechtsmißbräuchlich. Wenn Ärzte dem Versicherten zu Unrecht erklärt hätten, es würden nach dem Unfall keine Dauerfolgen zu-

rückbleiben, trage der Versicherer dafür keine Verantwortung (BGHZ 130, 171, 176).
2. Dem hält die Revision entgegen, die höchstricht erliche Rechtsprechung habe bisher nicht zu der Frage Stellung genommen, ob die zum Verlust des Versicherungsschutzes führenden Fristen in den Versicherungsbedingungen der Beklagten hinreichend klar und verständlich gemacht würden. Schon vor Inkrafttreten von § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB sei anerkannt gewesen, daß eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsoder Versicherungsbedingungen unwirksam sei, wenn die getroffene Regelung dem Transparenzgebot nicht genüge. Für den durchschnittlichen Kunden ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse werde insbesondere durch Aufbau und Gestaltung der AUB 94 verschleiert, daß der in § 1 der Versicherungsbedingungen gewährte Versicherungsschutz bei einem Unfall später in § 7 unter der irreführenden Überschrift "Leistungsarten" zusätzlich von der Einhaltung bestimmter Fristen etwa für die ärztliche Feststellung eines Dauerschadens abhängig gemacht werde (vgl. Knappmann in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. AUB 94 § 7 Rdn. 8; ders. r+s 2002, 485, 489; Römer in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 179 Rdn. 21; Hormuth in Terbille, Münchener Anwalts Handbuch Versicherungsrecht , § 23 Rdn. 36).
II. Diese Bedenken teilt der Senat nicht. Die Fris tenregelung in § 7 I (1) AVB hält, insbesondere soweit sie für die Entstehung des Anspruchs auf Invaliditätsleistung voraussetzt, daß spätestens 15 Monate nach dem Unfall eine dauernde Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit von einem Arzt schriftlich festgestellt worden

sein muß, einer Inhaltskontrolle auch am Maßstab des Transparenzgebots stand.
1. Dabei kommt es auch nach Meinung der Revision n icht darauf an, ob das Transparenzgebot seine Grundlage - wie im vorliegenden Fall - noch in § 9 AGBG findet oder bereits in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Mit der neuen Vorschrift war eine inhaltliche Änder ung der bisher von der Rechtsprechung zum Transparenzgebot entwickelten Grundsätze nicht bezweckt (MünchKommBGB/Basedow, 4. Aufl. Bd. 2 a, § 307 Rdn. 48 m.w.N.; Palandt/Heinrichs, BGB 64. Aufl. § 307 Rdn. 16). Nicht zweifelhaft ist auch, daß die hier streitigen Fristen das Hauptleistungsversprechen des Versicherers lediglich ausgestalten oder modifizieren und deshalb schon unter der Geltung von § 8 AGBG der gerichtlichen Kontrolle unterlagen (vgl. BGHZ 137, 174, 175).
2. Der Verwender Allgemeiner Versicherungsbedingun gen ist nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen (Transparenzgebot); insbesondere müssen Nachteile und Belastungen so weit erkennbar werden, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (BGHZ 147, 373, 377 f.; 141, 137, 143). Eine Regelung muß nicht nur aus sich heraus klar und verständlich sein; sie hält einer Inhaltskontrolle auch dann nicht stand, wenn sie an verschiedenen Stellen in den Bedingungen niedergelegt ist, die nur schwer miteinander in Zusammenhang zu bringen sind, oder wenn der Regelungsgehalt auf andere Weise durch die Verteilung auf mehrere Stellen verdunkelt wird (BGH, Urteile vom 10. März 1993 - VIII ZR 85/92 - NJW 1993, 2052 unter III; vom 11. Februar 1992 - XI ZR 151/91 - NJW 1992, 1097 unter II 1).

Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Versicherungsnehmers an, von dem allerdings die aufmerksame Durchsicht der Bedingungen, deren verständige Würdigung und die Berücksichtigung ihres erkennbaren Sinnzusammenhangs erwartet werden kann (BGHZ 123, 83, 85; Senatsurteil vom 9. Juli 2003 - IV ZR 74/02 - NJWRR 2003, 1247 = VersR 2003, 1163, jeweils unter II 2 c (1); vgl. ferner BGH, Beschluß vom 23. März 1995 - VII ZR 228/93 - NJW-RR 1995, 749 unter 2 a). Jedes eigene Nachdenken kann dem Kunden nicht erspart bleiben (BGHZ 112, 115, 121). Eine Überspannung des Transparenzgebots würde letztlich wieder Intransparenz mit sich bringen (BGH, Urteil vom 10. März 1993, aaO).
3. a) Die hier streitige Klausel in § 7 I (1) AVB ist weder hinsichtlich der einzuhaltenden Fristen noch der Bedeutung dieser Fristen für den Versicherungsschutz aus sich heraus unklar oder schwer verständlich (so auch Knappmann in Prölss/Martin, aaO Rdn. 8; Römer, aaO). Soweit Schwintowski (VuR 1998, 195 f.) das Transparenzgebot dadurch verletzt sieht, daß es für den Versicherungsschutz auf Zufallswirkungen ankomme, nämlich ob die unfallbedingte Invalidität noch innerhalb der in den Bedingungen genannten Fristen eintrete und ärztlich festgestellt werden könne oder nicht, geht es nicht um die Durchschaubarkeit der Regelung, sondern um deren Inhalt. Insoweit hat der Senat in BGHZ 137, 174, 176 f. ausgesprochen, daß die - der hier in Rede stehenden Klausel inhaltlich im wesentlichen entsprechende - Klausel in § 7 I (1) Abs. 2 AUB 88 wegen des damit bezweckten Ausschlusses von Spätschäden einer Inhaltskontrolle nach § 9 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 AGBG standhält. Daran wird festgehalten.

Dies gilt auch, soweit die Revision meint, bei der Regelung in § 7 I (1) AVB über die fristgerechte ärztliche Feststellung der Invalidität handle es sich um eine verhüllte Obliegenheit, die schon deshalb unwirksam sei, weil ihr wahrer Charakter als einer Obliegenheit, deren Verletzung nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit zur Leistungsfreiheit führe (§ 10 AVB), zum Nachteil des Versicherungsnehmers verschleiert werde (vgl. Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz 9. Aufl. Anh. §§ 9-11 Rdn. 859; Horn in Wolf/Horn/Lindacher, AGB-Gesetz 4. Aufl. § 23 Rdn. 480). Der Senat hat indessen bereits entschieden, daß das Erfordernis fristgerechter ärztlicher Feststellung der Invalidität eine Anspruchsvoraussetzung ist, für die es keinen Entschuldigungsbeweis gibt (BGHZ 137, 174, 177; Urteil vom 28. Juni 1978 - IV ZR 7/77 - VersR 1978, 1036 unter 1). Insoweit läßt der Wortlaut des § 7 I (1) AVB keinen Zweifel aufkommen.

b) Die Einsicht, daß ein Anspruch auf Versicherung sschutz bei Invalidität nur bei Einhaltung der in § 7 I (1) AVB vorgesehenen Fristen besteht, wird dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer, wenn er die Bedingungen mit der von ihm zu fordernden Aufmerksamkeit durchsieht, aber auch durch deren Aufbau und Gliederung nicht verstellt. Die Auffassung der Revision, § 1 I AVB vermittle dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer den Eindruck, ihm werde in dieser Bestimmung bereits ein Anspruch auf Versicherungsschutz abschließend zugesagt, wenn es zu einem Unfall gekommen sei, greift zu kurz: Der im ersten Satz dieser Vorschrift angebotene Versicherungsschutz bleibt seinem Inhalt nach vielmehr völlig unbestimmt. Insofern wird der Leser aber im zweiten Satz sogleich auf die Leistungsarten hingewiesen, die versichert werden können und sich aus § 7 der Bedingungen ergeben. Wenn der Begriff "Lei-

stungsarten" in § 1 I AVB für den Versicherungsnehmer nicht aus sich heraus verständlich sein sollte, wie die Revision meint, erschließt sich seine Bedeutung jedenfalls aus dem in Bezug genommenen § 7, der unter I die Invaliditätsleistung, unter II die Übergangsleistung, unter III das Tagegeld, unter IV das Krankenhaustagegeld, unter V das Genesungsgeld und unter VI die Todesfalleistung regelt. § 1 I verdeutlicht, daß es für einen Anspruch auf eine der genannten Leistungen keineswegs nur auf das Vorliegen eines Unfalls ankommt, sondern zunächst darauf, daß eine Verpflichtung zu einer oder mehreren der genannten Leistungen überhaupt vertraglich vereinbart worden ist. § 1 I AVB sagt in seinem zweiten Satz aber nicht etwa, daß der Versicherer bei einem Unfall Zahlungen leistet, soweit überhaupt Leistungen vertraglich vereinbart sind, sondern daß sich die Leistungsarten, die versichert werden können und nach Antrag sowie Versicherungsschein vereinbart worden sind, selbst erst aus § 7 ergeben. Dem verständigen Versicherungsnehmer kann jedenfalls nicht verborgen bleiben, daß es für den inhaltlich in § 1 I AVB nicht konkretisierten Versicherungsschutz entscheidend auf § 7 AVB ankommt.
Dessen Lektüre kann er sich also nicht ersparen, w enn er über den Versicherungsschutz, der ihm zusteht, auch nur in groben Zügen informiert sein will. Daß die in § 7 getroffenen Regelungen dem Leser nicht schon in unmittelbarem Anschluß an § 1 AVB präsentiert werden, ändert nichts an der Klarheit und Verständlichkeit der sich aus § 1 I ergebenden Bezugnahme. § 7 weist den Leser schon einleitend vor den unter römischen Ziffern aufgeführten Leistungsarten darauf hin, daß die nachfolgenden Bestimmungen nicht erst für die Bemessung der Leistung, sondern schon für die Entstehung des Anspruchs gelten. Selbst wenn der

Versicherungsnehmer diese Einleitung unbeachtet läßt und sich sogleich der von ihm vereinbarten Leistungsart, hier also der Invaliditätsleistung, zuwendet, macht der Text des § 7 unter I (1) klar, daß es einen Anspruch auf Kapitalleistung wegen Invalidität nur gibt, wenn eine dauernde Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit innerhalb einer bestimmten Frist (hier spätestens 15 Monate nach dem Unfall) eintritt , wenn diese Beeinträchtigung innerhalb dieser Frist außerdem schriftlich von einem Arzt festgestellt und geltend gemacht wird. Um dies zu erkennen, bedarf es keiner juristisch-dogmatischen Unterscheidung zwischen dem Versicherungsfall als solchem und der Entstehung des Anspruchs gegen den Versicherer (vgl. Römer in Römer/Langheid, aaO § 179 Rdn. 4).
Mit dieser Regelungstechnik sind die Voraussetzung en für den Anspruch auf Versicherungsschutz zwar nicht an einer Stelle in den Bedingungen zusammenhängend dargestellt. Das wäre indessen wegen der vielfältigen und unterschiedlichen Leistungen, die bei einem Unfall vereinbart werden können, weder einfach noch besonders naheliegend für einen Versicherungsnehmer, der nach seinen Vertragsunterlagen - wie hier - nicht schlechthin Unfallversicherungsschutz vereinbart hat, sondern neben einem Unfall-Krankenhaustagegeld u.a. bei Invalidität durch Unfall die Zahlung eines dem Invaliditätsgrad entsprechenden Betrages, wobei im Versicherungsschein ausdrücklich auf § 7 AVB hingewiesen wird. Es bedarf hier nicht der Entscheidung, ob die Anspruchsvoraussetzungen in der Unfallversicherung auch klarer und verständlicher formuliert werden könnten, als dies in den hier zu prüfenden Bedingungen geschehen ist. Diese machen die Regelung auch für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer jedenfalls hinreichend deutlich, zieht man die

Schwierigkeiten der zu regelnden Materie einerseits und die vom Versicherungsnehmer zu fordernde Aufmerksamkeit, verständige Würdigung und Berücksichtigung des Sinnzusammenhangs andererseits in Betracht.

c) Daran ändert auch die Regelung in § 9 I AVB nic hts. Die Revision meint, da die dort vom Versicherungsnehmer unverzüglich nach dem Unfall geforderte Hinzuziehung eines Arztes als Obliegenheit bezeichnet werde, die nach § 10 AVB nur bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung zum Verlust des Versicherungsschutzes führe, sei für den Versicherungsnehmer unklar, ob dies nicht auch für die in § 7 I (1) AVB vorausgesetzte Zuziehung eines Arztes für die schriftliche Feststellung der Invalidität gelte. Eine solche Beziehung zwischen den §§ 7 I und 9 I AVB herzustellen, liegt indessen fern. Anders als in § 1 I AVB nehmen die §§ 7 I, 9 I und 10 AVB im Text nicht auf einander Bezug. Vor allem wird dem aufmerksam lesenden Versicherungsnehmer nicht entgehen, daß die in § 9 I AVB angeordnete Obliegenheit den Zweck hat, die Unfallfolgen möglichst zu mindern, wie sich aus dem zweiten Satz dieser Bestimmung ergibt. Damit hat die in § 7 I (1) AVB binnen 15 Monaten nach dem Unfall geforderte schriftliche Feststellung eines Arztes über eine etwa auf Dauer verbleibende Unfallfolge nichts zu tun. Das wird dem Versicherungsnehmer, wenn er §§ 7 I (1) und 9 I AVB überhaupt miteinander in Beziehung bringt, aus Wortlaut und Sinnzusammenhang dieser Regelungen jedenfalls klar werden.
Die Bedenken der Revision gegen die Wirksamkeit de s § 7 I (1) AVB sind mithin unbegründet.

4. Dabei darf nicht übersehen werden, daß die Beru fung des Versicherers auf den Ablauf der Frist zur ärztlichen Feststellung der Invalidität im Einzelfall rechtsmißbräuchlich sein kann, so daß die Versäumung der Frist dem Versicherungsnehmer nicht schadet. Das hat der Senat angenommen, wenn ein unveränderlicher Gesundheitsschaden tatsächlich vor Fristablauf in einem ärztlichen Bericht erwähnt worden ist, etwa weil der behandelnde Unfallchirurg die Gallenblase entfernt hatte, eine daraus folgende Invalidität aber nicht ausdrücklich fristgerecht ärztlich festgestellt wurde (BGHZ 130, 171, 178 f.; 137, 174, 177). Darüber hinaus kann sich die Berufung auf den Fristablauf als rechtsmißbräuchlich darstellen, wenn dem Versicherer bereits vor Fristablauf ein Belehrungsbedarf des Versicherungsnehmers hinsichtlich der zu wahrenden Frist deutlich wird, er aber gleichwohl eine solche Belehrung unterläßt (vgl. Knappmann, r+s 2002, 485, 489). Davon kann auszugehen sein, wenn der Versicherte Invaliditätsansprüche rechtzeitig geltend macht, seine Angaben oder die von ihm vorgelegten ärztlichen Atteste den Eintritt eines Dauerschadens nahelegen, die erforderliche ärztliche Feststellung der Invalidität aber noch fehlt (OLG Köln VersR 1995, 907; OLG Hamm NVersZ 1999, 567). Gleiches kann anzunehmen sein, wenn der Versicherer nach Geltendmachen von Invalidität von sich aus noch innerhalb der Frist zur ärztlichen Feststellung ein ärztliches Gutachten einholt, ohne den Versicherungsnehmer darauf hinzuweisen, daß er unbeschadet dessen selbst für eine fristgerechte ärztliche Feststellung der Invalidität zu sorgen habe (OLG Saarbrücken VersR 1997, 956, 958; OLG Oldenburg NVersZ 2000, 85 f.; zu alledem Knappmann in Prölss/Martin, aaO Rdn. 22 f.; Manthey, NVersZ 2001, 55, 57 f.).

Daß im vorliegenden Fall von einem rechtsmißbräuch lichen Verhalten der Beklagten nicht ausgegangen werden kann, stellt das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei fest.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Dr. Franke

(1) Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Nicht zum Einkommen gehören

1.
Leistungen nach diesem Buch,
2.
die Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes vorsehen,
3.
Renten oder Beihilfen nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz,
4.
Aufwandsentschädigungen nach § 1835a des Bürgerlichen Gesetzbuchs kalenderjährlich bis zu dem in § 3 Nummer 26 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes genannten Betrag,
5.
Mutterschaftsgeld nach § 19 des Mutterschutzgesetzes,
6.
Einnahmen von Schülerinnen und Schülern allgemein- oder berufsbildender Schulen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, aus Erwerbstätigkeiten, die in den Schulferien ausgeübt werden; dies gilt nicht für Schülerinnen und Schüler, die einen Anspruch auf Ausbildungsvergütung haben,
7.
ein Betrag von insgesamt 520 Euro monatlich bei Leistungsberechtigten, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, und die
a)
eine nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung durchführen,
b)
eine nach § 57 Absatz 1 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung, eine nach § 51 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähige berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme oder eine nach § 54a des Dritten Buches geförderte Einstiegsqualifizierung durchführen oder
c)
als Schülerinnen und Schüler allgemein- oder berufsbildender Schulen während der Schulzeit erwerbstätig sind,
8.
Aufwandsentschädigungen oder Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten, die nach § 3 Nummer 12, Nummer 26 oder Nummer 26a des Einkommensteuergesetzes steuerfrei sind, soweit diese einen Betrag in Höhe von 3 000 Euro kalenderjährlich nicht überschreiten und
9.
Erbschaften.
Einkünfte aus Rückerstattungen, die auf Vorauszahlungen beruhen, die Leistungsberechtigte aus dem Regelsatz erbracht haben, sind kein Einkommen. Bei Minderjährigen ist das Kindergeld dem jeweiligen Kind als Einkommen zuzurechnen, soweit es bei diesem zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes, mit Ausnahme der Bedarfe nach § 34, benötigt wird.

(2) Von dem Einkommen sind abzusetzen

1.
auf das Einkommen entrichtete Steuern,
2.
Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung,
3.
Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind, sowie geförderte Altersvorsorgebeiträge nach § 82 des Einkommensteuergesetzes, soweit sie den Mindesteigenbeitrag nach § 86 des Einkommensteuergesetzes nicht überschreiten, und
4.
die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben.
Erhält eine leistungsberechtigte Person aus einer Tätigkeit Bezüge oder Einnahmen, die als Taschengeld nach § 2 Nummer 4 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes oder nach § 2 Absatz 1 Nummer 4 des Jugendfreiwilligendienstgesetzes gezahlt werden, ist abweichend von Satz 1 Nummer 2 bis 4 und den Absätzen 3 und 6 ein Betrag von bis zu 250 Euro monatlich nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Soweit ein Betrag nach Satz 2 in Anspruch genommen wird, gelten die Beträge nach Absatz 3 Satz 1 zweiter Halbsatz und nach Absatz 6 Satz 1 zweiter Halbsatz insoweit als ausgeschöpft.

(3) Bei der Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist ferner ein Betrag in Höhe von 30 vom Hundert des Einkommens aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit der Leistungsberechtigten abzusetzen, höchstens jedoch 50 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28. Abweichend von Satz 1 ist bei einer Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen oder bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches von dem Entgelt ein Achtel der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 zuzüglich 50 vom Hundert des diesen Betrag übersteigenden Entgelts abzusetzen. Im Übrigen kann in begründeten Fällen ein anderer als in Satz 1 festgelegter Betrag vom Einkommen abgesetzt werden.

(4) Bei der Hilfe zum Lebensunterhalt und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ist ferner ein Betrag von 100 Euro monatlich aus einer zusätzlichen Altersvorsorge der Leistungsberechtigten zuzüglich 30 vom Hundert des diesen Betrag übersteigenden Einkommens aus einer zusätzlichen Altersvorsorge der Leistungsberechtigten abzusetzen, höchstens jedoch 50 vom Hundert der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.

(5) Einkommen aus einer zusätzlichen Altersvorsorge im Sinne des Absatzes 4 ist jedes monatlich bis zum Lebensende ausgezahlte Einkommen, auf das der Leistungsberechtigte vor Erreichen der Regelaltersgrenze auf freiwilliger Grundlage Ansprüche erworben hat und das dazu bestimmt und geeignet ist, die Einkommenssituation des Leistungsberechtigten gegenüber möglichen Ansprüchen aus Zeiten einer Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach den §§ 1 bis 4 des Sechsten Buches, nach § 1 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte, aus beamtenrechtlichen Versorgungsansprüchen und aus Ansprüchen aus Zeiten einer Versicherungspflicht in einer Versicherungs- und Versorgungseinrichtung, die für Angehörige bestimmter Berufe errichtet ist, zu verbessern. Als Einkommen aus einer zusätzlichen Altersvorsorge gelten auch laufende Zahlungen aus

1.
einer betrieblichen Altersversorgung im Sinne des Betriebsrentengesetzes,
2.
einem nach § 5 des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes zertifizierten Altersvorsorgevertrag und
3.
einem nach § 5a des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes zertifizierten Basisrentenvertrag.
Werden bis zu zwölf Monatsleistungen aus einer zusätzlichen Altersvorsorge, insbesondere gemäß einer Vereinbarung nach § 10 Absatz 1 Nummer 2 Satz 3 erster Halbsatz des Einkommensteuergesetzes, zusammengefasst, so ist das Einkommen gleichmäßig auf den Zeitraum aufzuteilen, für den die Auszahlung erfolgte.

(6) Für Personen, die Leistungen der Hilfe zur Pflege, der Blindenhilfe oder Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Neunten Buch erhalten, ist ein Betrag in Höhe von 40 Prozent des Einkommens aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit der Leistungsberechtigten abzusetzen, höchstens jedoch 65 Prozent der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28.

(7) Einmalige Einnahmen, bei denen für den Monat des Zuflusses bereits Leistungen ohne Berücksichtigung der Einnahme erbracht worden sind, werden im Folgemonat berücksichtigt. Entfiele der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung in einem Monat, ist die einmalige Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig zu verteilen und mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen. In begründeten Einzelfällen ist der Anrechnungszeitraum nach Satz 2 angemessen zu verkürzen. Die Sätze 1 und 2 sind auch anzuwenden, soweit während des Leistungsbezugs eine Auszahlung zur Abfindung einer Kleinbetragsrente im Sinne des § 93 Absatz 3 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes oder nach § 3 Absatz 2 des Betriebsrentengesetzes erfolgt und durch den ausgezahlten Betrag das Vermögen überschritten wird, welches nach § 90 Absatz 2 Nummer 9 und Absatz 3 nicht einzusetzen ist.

9
Die Definition des Einkommensbegriffs in § 115 ZPO stimmt wörtlich mit der einleitenden Begriffsbestimmung des § 82 Abs. 1 SGB XII überein. Auch hinsichtlich der vom Einkommen vorzunehmenden Abzüge wird in § 115 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf § 82 Abs. 2 SGB XII verwiesen. Daraus wird deutlich, dass der Einkommensbegriff des § 115 Abs. 1 ZPO an denjenigen des Sozialhilferechts anknüpft. Dies erklärt sich daraus, dass Prozesskostenhilfe eine Form der Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege darstellt (vgl. BVerfGE 35, 348 = NJW 1974, 229, 230; Senatsbeschluss vom 26. Januar 2005 - XII ZB 234/03 - FamRZ 2005, 605).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 346/02 Verkündet am:
4. November 2003
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Bei der Bemessung des Unterhaltsschadens sind dem fiktiven Nettoeinkommen
des Getöteten Eigenheimzulagen und Kinderzulagen zurechenbar.
BGH, Urteil vom 4. November 2003 - VI ZR 346/02 - OLG Schleswig
LG Kiel
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. November 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 29. August 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Ehemann der Klägerin zu 1 und Vater der Kläger zu 2 und 3 wurde am 18. Oktober 1993 bei einem von dem Erstbeklagten verschuldeten Verkehrsunfall tödlich verletzt. Die volle Haftung der Beklagten ist dem Grunde nach unstreitig. Die Parteien streiten allein über den Ersatz entgangener Bauförderung. Im Jahre 1988 hatten die Klägerin zu 1 und ihr Ehemann eine Eigentumswohnung gekauft und dafür je zur Hälfte die Steuerabschreibung nach
§ 10 e EStG in Anspruch genommen. Sie wollten diese Wohnung später gewinnbringend veräußern und mit dem Erlös unter gemeinsamer Inanspruchnahme der weiteren Abschreibungsmöglichkeit nach § 10 e EStG den Erwerb eines Hausgrundstücks für sich und die Kinder finanzieren. Mit Vertrag vom 14. Oktober 1993 kauften die Klägerin zu 1 und ihr Ehemann ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück für 460.000 DM. Da die Kläger nach dem Tod des Verunglückten die finanziellen Belastungen aus dem Kauf des Hausgrundstücks nicht tragen konnten, wurde der Kaufvertrag am 22. Oktober 1993 aufgehoben. Im Jahr 1997 erwarben die Kläger als Miteigentümer eine Doppelhaushälfte , die sie seit August 1997 bewohnen. Die Kläger haben in erster Instanz die Zahlung entgangener Eigenheimund Kinderzulage sowie die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz künftig entgehender weiterer Bauförderung verlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Im Berufungsrechtszug haben die Kläger auf Hinweis des Gerichts ihre Klage umgestellt und zuletzt Zahlung erhöhter Unterhaltsrenten für die Zeit von Januar 1997 bis August 2001 sowie die Feststellung einer diesbezüglichen Zahlungspflicht der Beklagten für die Zeit bis Ende 2004 begehrt. Sie sind der Auffassung, die Eigenheimzulage und die Kinderzulage von insgesamt 8.000 DM jährlich seien Beträge, die dem fiktiven Nettoeinkommen des Verstorbenen unterhaltserhöhend zuzurechnen seien. Das Oberlandesgericht hat der Klage stattgegeben. Mit ihrer zugelassenen Revision begehren die Beklagten Klageabweisung.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht führt aus, Ausgangspunkt der Berechnung der Unterhaltsrenten sei der nach familienrechtlichen Vorschriften geschuldete Unterhalt. Eigenheimzulage und Kinderzulage seien Bestandteile des maßgeblichen unterhaltsrechtlich verfügbaren Einkommens. Bei diesen Leistungen handele es sich nicht etwa um Steuervergünstigungen, sondern um Zuschüsse, die der Finanzierung des Wohnbedarfs dienten, für den der Verstorbene zu sorgen gehabt habe. Der Klägerin zu 1 stehe infolge des Todes ihres Ehemannes ein Anspruch auf diese Zulagen nicht mehr zu. Wegen Objektverbrauchs sei eine zweite Förderung für sie nunmehr ausgeschlossen. Dadurch sei allen drei Klägern ein Schaden entstanden. Soweit die Kläger zu 2 und 3 aufgrund ihrer Miteigentumsanteile einen eigenen Anspruch auf Zulagen haben könnten, müßten sie diesen nicht zur Schadensminderung einsetzen. In dem zwischen den Parteien im Jahre 1999 geschlossenen Vergleich sei ein Schaden aus dem Verlust der Zulagen bewußt ausgeklammert worden. Den Klägern hätten zur Befriedigung ihres Wohnbedarfs ab 1997 acht Jahre lang jährlich 8.000 DM zur Verfügung gestanden. Um diesen Betrag erhöhe sich das für die Berechnung der Unterhaltsrenten maßgebende fiktive Nettoeinkommen des Verstorbenen.

II.

Das angegriffene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der gesamte Streitgegen- stand. Sollte das Berufungsgericht beabsichtigt haben, die Zulässigkeit der Revision auf eine Rechtsfrage zu beschränken, so wäre diese Beschränkung unbeachtlich ; die Zulassung erstreckt sich in einem solchen Fall auf den gesamten prozessualen Anspruch (Streitgegenstand), soweit er von dieser Rechtsfrage berührt wird (vgl. Senatsurteil vom 25. März 2003 – VI ZR 131/02 – NJW 2003, 2012 und BGHZ 101, 276, 278, jeweils m.w.N.). 2. Rechtsfehlerfrei geht das Berufungsgericht davon aus, daß für die Höhe des geltend gemachten Anspruchs auf Zahlung von Unterhaltsrenten gem. § 844 Abs. 2 BGB der fiktive gesetzlich geschuldete Unterhalt maßgebend ist (vgl. Senatsurteile vom 23. September 1986 - VI ZR 46/85 - VersR 1987, 156, 157; vom 5. Juli 1988 - VI ZR 299/87 - VersR 1988, 1166, 1168 und vom 5. Dezember 1989 - VI ZR 276/88 - VersR 1990, 317 f., jeweils m.w.N.; BGH, Urteil vom 12. Juli 1979 - III ZR 50/78 - VersR 1979, 1029). 3. Entgegen der Ansicht der Revision ist dem Berufungsgericht auch darin zu folgen, daß zu dem unterhaltsrechtlich erheblichen (fiktiven) Einkommen auch die Eigenheim- und Kinderzulagen zählen, die dem Unterhaltspflichtigen im Erlebensfall nach § 9 Abs. 2 und Abs. 5 EigZulG gewährt worden wären.
a) Die Frage, ob Leistungen nach dem Eigenheimzulagengesetz Einfluß auf die Höhe von Unterhaltsansprüchen haben können, ist in Rechtsprechung und Literatur bisher erst vereinzelt erörtert worden. So hat das Oberlandesgericht München entschieden, daß die Eigenheimzulage die auf der Wohnung liegenden , vom Mietwert unterhaltsrechtlich abzuziehenden Belastungen mindere, denn die Fördermittel seien gemäß ihrem Zweck schuldmindernd anzusetzen (OLG München, FamRZ 1999, 251, 252 m.w.N.). In dieselbe Richtung weisen
die Unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate in Süddeutschland (Stichwort: Unterhaltsrechtliches Einkommen, Ziff. 5, in: FamRZ 2003, 910). In der Literatur wird die Eigenheimzulage unterhaltsrechtlich als Einkommen angesehen (s. Wendl/Staudigl/Gerhardt, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 5. Aufl., § 1, Rdn. 233).
b) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind für die Bemessung der Höhe von Unterhaltsansprüchen grundsätzlich alle Einkünfte heranzuziehen, die dem Unterhaltsschuldner zufließen, gleich welcher Art diese Einkünfte sind und aus welchem Anlaß sie im einzelnen erzielt werden (vgl. BGH, Urteile vom 20. Januar 1982 - IVb ZR 647/80 - FamRZ 1982, 252, 253; vom 26. Januar 1983 - IVb ZR 351/81 - FamRZ 1983, 352, 353; vom 7. Mai 1986 - IVb ZR 55/85 - FamRZ 1986, 780, 781; vom 6. Oktober 1993 - XII ZR 112/92 - FamRZ 1994, 21, 22 und vom 22. Februar 1995 - XII ZR 80/94 - FamRZ 1995, 537, 538, jeweils m.w.N.). Bei öffentlichrechtlichen Leistungen ist deren sozialpolitische Zweckbestimmung für die unterhaltsrechtliche Beurteilung nicht ohne weiteres maßgebend. Ausschlaggebend ist vielmehr, ob die Einkünfte tatsächlich zur (teilweisen) Deckung des Lebensbedarfs zur Verfügung stehen (vgl. BGH, Urteile vom 26. Januar 1983 - IVb ZR 351/81 - aaO; vom 7. Mai 1986 - IVb ZR 55/85 – aaO und vom 6. Oktober 1993 - XII ZR 112/92 – aaO, jeweils m.w.N.).
c) Nach diesen Grundsätzen sind an den Unterhaltspflichtigen ausgezahlte Eigenheim- und Kinderzulagen nach § 9 Abs. 2 und Abs. 5 EigZulG unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen. Dafür spricht schon, daß diese Leistungen keine einmaligen Zahlungen darstellen, sondern regelmäßig über einen längeren Zeitraum erfolgen. Nach § 3 EigZulG können Eigenheim- und Kinderzulagen bis zu acht Jahre in Anspruch genommen werden. Durchgreifende
Gründe, sie unterhaltsrechtlich unberücksichtigt zu lassen, obwohl sie die Einkünfte des Unterhaltspflichtigen tatsächlich erhöhen, sind nicht ersichtlich. aa) Dem von der Revision hervorgehobenen Ausnahmecharakter des § 844 Abs. 2 BGB (vgl. BGHZ 18, 286, 289) kommt hierbei keine Bedeutung zu. Der Umfang der gesetzlichen Unterhaltspflicht bestimmt sich nicht nach § 844 Abs. 2 BGB, sondern nach den unterhaltsrechtlichen Vorschriften. Den nach diesen Normen geschuldeten Unterhalt setzt § 844 Abs. 2 BGB voraus. bb) Die Revision kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, steuerrechtliche Fragen seien für die Bemessung der Unterhaltsrente nach § 844 Abs. 2 BGB schlechthin unerheblich. Zwar hat der erkennende Senat entschieden , daß der Verlust des Splitting-Tarifs (Halbierung des Gesamteinkommens der Eheleute und Verdoppelung des danach ermittelten Steuerbetrages) und der für Eheleute günstigeren Pauschal- und Höchstbeträge für Werbungskosten und Sonderausgaben bei Ersatzansprüchen aus § 844 Abs. 2 BGB nicht berücksichtigt werden könne, weil es sich dabei um einen allgemeinen Vermögensschaden des überlebenden Ehegatten handele (Senatsurteil vom 10. April 1979 - VI ZR 151/75 - VersR 1979, 670, 672). Demgegenüber können steuerrechtlich relevante Tatsachen für den Anspruch aus § 844 Abs. 2 BGB aber dann von Bedeutung sein, wenn sie das unterhaltsrechtlich relevante (fiktive) Einkommen des Getöteten beeinflussen (vgl. Senatsurteile BGHZ 137, 237, 243 ff. m.w.N. und vom 20. März 1990 - VI ZR 129/89 - VersR 1990, 748, 749). Dies ist bei Leistungen nach dem Eigenheimzulagengesetz der Fall, unbeschadet der hier nicht zu entscheidenden Frage, ob diese Leistungen überhaupt dem Steuerrecht zuzurechnen sind (vgl. Wacker, EigZulG, 3. Aufl., Einleitung Rdn. 70 ff.).
Der Anrechnung der Zulagen steht nicht entgegen, daß bei der Ermittlung des verteilungsfähigen Einkommens des Unterhaltspflichtigen zur Bemessung des Unterhaltsschadens die Aufwendungen zur Tilgung der für ein Eigenheim aufgenommenen Schulden außer Betracht zu bleiben haben. Dies ist deshalb gerechtfertigt, weil Tilgungsleistungen der Vermögensbildung dienen. Sie erhöhen nicht die zur Deckung des Lebensbedarfs zur Verfügung stehenden Einkünfte des Unterhaltspflichtigen. Dagegen sind Zinsbelastungen, die wirtschaftlich - jedenfalls auch - der Finanzierung des Wohnbedarfs dienen, insofern der Miete vergleichbar und deshalb in Höhe des Mietzinses für eine angemessene Mietwohnung als fixe Kosten zu behandeln und unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen (Senatsurteil vom 5. Dezember 1989 - VI ZR 276/88 – aaO, S. 318). cc) Der aus der Entstehungsgeschichte ersichtliche Gesetzeszweck spricht ebenfalls nicht dagegen, diese Zulagen unterhaltserhöhend zu berücksichtigen. Zwar ist der Revision zuzugeben, daß der Gesetzgeber mit dem Eigenheimzulagengesetz gerade Familien mit kleinem oder mittlerem Einkommen den Erwerb von selbst zu nutzendem Wohneigentum und damit eine auch der Altersvorsorge dienende Art der Vermögensbildung durch einen progressionsunabhängigen Zuschuß erleichtern wollte (vgl. schon zu § 10 e EStG a.F. BTDrs. 10/3363, S. 10; zum Eigenheimzulagengesetz BT-Drucks. 13/2235, S. 14; BR-Drucks. 498/95, S. 3, 7 ff. und 13; Wacker, aaO, Einleitung Rdn. 45 ff.). Die Zulagen dienen jedoch schon deshalb nicht allein der Vermögensbildung, weil ihr Empfänger über sie frei verfügen kann und hinsichtlich ihrer Verwendung keinerlei Bindung unterliegt. dd) Anhaltspunkte dafür, daß Leistungen nach dem Eigenheimzulagengesetz nach dem Willen des Gesetzgebers unterhaltsrechtlich nicht zu berücksichtigen wären, finden sich auch nicht in anderen gesetzlichen Regelungen.
So läßt der Umstand, daß der Gesetzgeber die Eigenheimzulage nicht der Einkommensbesteuerung unterworfen hat, deren unterhaltsrechtliche Einordnung als Einkommen unberührt. Steuerrechtliches und unterhaltsrechtliches Einkommen müssen sich nicht decken (BGH, Urteil vom 15. Oktober 1986 - IVb ZR 79/85 - FamRZ 1987, 46, 48 m.w.N.). Unerheblich ist auch, daß die Eigenheimzulage im Anwendungsbereich des § 194 Abs. 3 Nr. 4 SGB III nicht als Einkommen gilt, soweit sie nachweislich dem Förderzweck entsprechend verwendet wird. Damit hat der Gesetzgeber die Eigenheimzulage nicht schlechthin, sondern nur sozialrechtlich unter einer bestimmten Voraussetzung der Einstufung als Einkommen entzogen. Der sozialrechtliche und der unterhaltsrechtliche Einkommensbegriff sind aber nicht deckungsgleich (vgl. im Hinblick auf § 194 Abs. 3 Nr. 1 SGB III: BGH, Urteil vom 22. Februar 1995 - XII ZR 80/94 – aaO). Demgegenüber spricht für eine unterhaltsrechtliche Berücksichtigung der Leistungen nach dem Eigenheimzulagengesetz, daß nach § 9 BErzGG durch die Zahlung von Erziehungsgeld und anderen vergleichbaren Leistungen Unterhaltsverpflichtungen grundsätzlich – von dort genannten Ausnahmen abgesehen – nicht berührt werden. Das Eigenheimzulagengesetz enthält keine dementsprechende Bestimmung. Da die Regelung im Bundeserziehungsgeldgesetz älter ist, hätte eine der darin getroffenen Bestimmung entsprechende Regelung im Eigenheimzulagengesetz nahegelegen, wenn der Gesetzgeber einen unterhaltsrechtlichen Gleichlauf beider Leistungen gewollt hätte. ee) Einer unterhaltsrechtlichen Berücksichtigung von Eigenheim- und Kinderzulage steht auch nicht entgegen, daß sozialstaatliche Leistungen nach der Rechtsprechung unterhaltsrechtlich grundsätzlich nicht zu berücksichtigen sind. So rechtfertigt sich eine im Vergleich zum Kindergeld unterschiedliche Behandlung (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 1979 - III ZR 50/78 - aaO und nunmehr § 1612 b BGB) daraus, daß laufende finanzielle Belastungen nicht Vorausset-
zung für den Anspruch auf Eigenheim- und Kinderzulage sind, sie vielmehr ohne Rücksicht darauf gewährt werden, ob im Einzelfall tatsächlich eine Zinsund Tilgungslast besteht. Die Arbeitnehmersparzulage hat der Bundesgerichtshof unterhaltsrechtlich mit Rücksicht darauf nicht als Einkommen berücksichtigt, daß schon die vermögenswirksamen Leistungen, von deren Erhalt und Höhe die Sparzulage abhängt, als Teil des Lohnes oder Gehaltes des Arbeitnehmers unterhaltserhöhend wirken, ungeachtet der Tatsache, daß der Arbeitnehmer über sie nicht verfügen kann (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juni 1980 – IVb ZR 530/80 – FamRZ 1980, 984 f. m.w.N.). ff) Die unterhaltsrechtliche Anrechnung der Leistungen nach dem Eigenheimzulagengesetz belastet den Unterhaltspflichtigen auch nicht unangemessen. So findet, wenn er für das selbst genutzte Wohneigentum, in Ansehung dessen die Zulage gewährt wird, Schuldzinsen zu zahlen hat, ein Ausgleich dadurch statt, daß er diese unterhaltsrechtlich bis zur Höhe der Miete für einen angemessenen Wohnraum geltend machen kann (vgl. Senatsurteile vom 3. Juli 1984 - VI ZR 42/83 - VersR 1984, 961, 962; vom 5. Dezember 1989 - VI ZR 276/88 - aaO und BGHZ 137, 237, 240, jeweils m.w.N.). 4. Zu Recht wendet sich die Revision indes gegen die Schadensschätzung des Berufungsgerichts.
a) Der Tod des Unterhaltspflichtigen macht es erforderlich, dessen (fiktive ) künftige Unterhaltspflichten in Geld zu bewerten. Dies zwingt den Richter zu einer Prognose, wie sich die Unterhaltsbeziehungen zwischen dem Unterhaltsberechtigten und dem Unterhaltspflichtigen bei Unterstellung seines Fortlebens nach dem Unfall entwickelt haben würden. Er muß eine vorausschauende Betrachtung vornehmen, in die er alle voraussehbaren Veränderungen der Unterhaltsbedürftigkeit des Berechtigten und der (hypothetischen) Leistungsfähigkeit
des Unterhaltspflichtigen, wäre er noch am Leben, einzubeziehen hat. Für diese Prognose gilt der Maßstab des § 287 ZPO. Das bedeutet, daß die Einschätzung des Richters nicht "in der Luft schweben" darf, vielmehr benötigt er für die Beurteilung der zukünftigen Entwicklung greifbare Tatsachen als Ausgangspunkt. Andererseits muß sich der Richter bewußt sein, daß ihm § 287 ZPO eine besonders freie Stellung einräumt, die Schätzungen im Sinne eines Wahrscheinlichkeitsurteils erlaubt und nach Lage des Falles sogar gebieten kann, weil die Vorschrift dem Geschädigten zu einem gerechten Ausgleich verhelfen soll. Dabei hat der Tatrichter unter Ausschöpfung aller Möglichkeiten, die ihm § 287 ZPO bietet, bei der Festsetzung der Unterhaltsrente für die Zukunft sämtliche für die Bemessung dieser Rente im Bemessungszeitraum zukünftig maßgebend werdenden Faktoren zu berücksichtigen. Unsicherheiten über die Bemessungsfaktoren sind im Rahmen des nach § 287 ZPO Zulässigen im Schätzergebnis zu verarbeiten (vgl. Senatsurteile vom 24. April 1990 - VI ZR 183/89 - VersR 1990, 907; vom 9. Oktober 1990 - VI ZR 291/89 - VersR 1991, 437, 438 und BGH, Urteil vom 3. Dezember 1999 - IX ZR 332/98 - VersR 2001, 246, jeweils m.w.N.). Einer Überprüfung dieser Schätzung durch das Revisionsgericht sind enge Grenzen gezogen; es hat nur zu prüfen, ob die Schadensermittlung auf grundsätzlich falschen oder offenbar unsachlichen Erwägungen beruht und ob wesentliche, die Entscheidung bedingende Tatsachen außer Acht gelassen worden sind (st. Rspr.; vgl. Senatsurteile vom 10. April 1979 - VI ZR 151/75 - VersR 1979, 670, 671 f., BGHZ 102, 322, 330 und vom 2. Dezember 1997 - VI ZR 142/96 - VersR 1998, 333, 335 m.w.N. – in BGHZ 137, 237 insoweit nicht abgedruckt).
b) Im Streitfall beruht die Schadensschätzung auf falschen rechtlichen Erwägungen. Die getroffenen Feststellungen vermögen die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht zu tragen.
aa) Ohne Rechtsfehler und von der Revision unbeanstandet legt das Be- rufungsgericht der Berechnung der den Klägern zustehenden Unterhaltsrenten allerdings die Beträge zugrunde, auf die sich Parteien in dem im Jahre 1999 geschlossenen Teilvergleich geeinigt haben. bb) Hingegen rechtfertigen es die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht, die Eigenheim- und Kinderzulage dem für die Jahre 1997 bis 2004 anzunehmenden fiktiven Einkommen des Verunglückten hinzuzurechnen. (1) Darauf, ob die Klägerin zu 1 selbst die Möglichkeit verloren hat, für ein zweites Objekt Leistungen nach dem Eigenheimzulagengesetz in Anspruch zu nehmen, kommt es für die Berechnung der Unterhaltsrenten nicht an. Ein solcher Rechtsverlust wäre ein nach Lage der Dinge nicht ersatzfähiger reiner Vermögensschaden der Klägerin zu 1, der darüber hinaus nur bei ihr eingetreten wäre, nicht aber bei den Klägern zu 2 und 3. (2) Eine Erhöhung der Unterhaltsansprüche der Kläger käme vielmehr nur dann in Betracht, wenn dem Unterhaltsverpflichteten, also dem Ehemann der Klägerin zu 1, im Falle seines Fortlebens in dem bezeichneten Zeitraum Leistungen nach dem Eigenheimzulagengesetz zugeflossen wären. Das wäre nur dann möglich gewesen, wenn zu dieser Zeit noch kein Objektverbrauch im Sinne von § 6 Abs. 3 EigZulG vorgelegen hätte. Ein solcher wäre aber eingetreten , wenn die Klägerin zu 1 und ihr Ehemann ohne dessen tödlichen Unfall bereits aus Anlaß des im Oktober 1993 erfolgten Immobilienerwerbs zum zweiten Mal von der Möglichkeit der staatlichen Förderung gem. § 10 e EStG a.F. Gebrauch gemacht hätten. Dafür könnte sprechen, daß die Eheleute nach den im Berufungsurteil in Bezug genommenen Feststellungen des Landgerichts geplant hatten, die von ihnen seinerzeit bewohnte Eigentumswohnung gewinn-
bringend zu veräußern, um mit dem erzielten Betrag ein Hausgrundstück zu erwerben und unter Inanspruchnahme der zweiten Abschreibungsmöglichkeit gem. § 10 e EStG a.F. zu finanzieren. Bei einer solchen Fallgestaltung wäre den Klägern ein Unterhaltsschaden aber nicht aus Anlaß des späteren, im Jahre 1997 getätigten Grundstückserwerbs entstanden. Mit dieser aufgrund des unstreitigen Parteivortrags durchaus naheliegenden Möglichkeit hat sich das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft nicht befaßt. Von seinem Ansatz aus folgerichtig hat es auch nicht erwogen, ob und inwieweit den Klägern für den von ihnen angeführten Zeitraum Ansprüche auf erhöhte Unterhaltsrenten unter dem Gesichtspunkt zustehen könnten, daß der Verunglückte im Falle seines Fortlebens möglicherweise den im Jahre 1993 getätigten Immobilienerwerb dazu genutzt hätte, die zweite Abschreibungsmöglichkeit gem. § 10 e EStG a.F. in Anspruch zu nehmen. Das Berufungsgericht hat bei der Berechnung der Höhe der Unterhaltsansprüche gemäß § 844 Abs. 2 BGB auch nicht bedacht, daß der Ehemann die volle Förderung nach dem Eigenheimzulagengesetz für ein weiteres Objekt nur dann in Anspruch hätte nehmen können, wenn er dieses zu Alleineigentum erworben hätte. Hätten die Eheleute im Falle des Fortlebens des Verunglückten das im Jahre 1997 gekaufte Haus nämlich als Miteigentümer erworben, wären die Leistungen nach § 9 EigZulG einem jeden von ihnen (nur) gemäß seinem jeweiligen Miteigentumsanteil zugeflossen (BFHE 191, 377, 378 ff.; 192, 415, 416 und 202, 327). Insoweit wäre deshalb gegebenenfalls zu bedenken, daß die Eheleute sowohl die Eigentumswohnung im Jahre 1988 als auch das Hausgrundstück im Jahr 1993 jeweils gemeinsam gekauft haben.

III.

Da somit eine weitere Sachaufklärung geboten ist, sieht sich der Senat gehindert, nach § 563 Abs. 3 ZPO selbst in der Sache zu entscheiden. Die Sache war daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll
10
Dem steht ferner nicht der Sinn und Zweck der Krankentagegeldversicherung entgegen. Sie hat für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbar den Zweck, die durch einen vorübergehenden Ausfall der Arbeitskraft entstehenden Vermögensnachteile auszugleichen (Senatsurteil vom 9. März 2011 - IV ZR 137/10, VersR 2011, 518 Rn. 17). Zu einem Ausfall der Arbeitskraft in Zeiten der Arbeitsuche und damit dem Erfordernis des Ausgleichs von Vermögensnachteilen kommt es - für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbar - dagegen nicht, wenn er seine bisher ausgeübte berufliche Tätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber als bei seinem bisherigen ausüben könnte.
17
dieses Für Verständnis spricht auch der dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbare Zweck der Krankentagegeldversicherung , die durch einen vorübergehenden Ausfall der Arbeitskraft des Versicherten entstehenden Vermögensnachteile auszugleichen (vgl. OLG Köln VersR 1998, 1365, 1366; HK-VVG/Rogler, § 1 MB/KT 2009 Rn. 1; Rogler aaO; Bach/Moser/Wilmes aaO Rn. 1 m.w.N.). Die Arbeitskraft fällt auch dann aus, wenn der Versicherte infolge Mobbings an seinem bisherigen Arbeitsplatz erkrankt ist und dadurch an der Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit in dieser Ausgestaltung gehindert ist.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 10. Januar 2014 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt Versicherungsleistungen aus einer bei der Beklagten unterhaltenen Krankentagegeldversicherung, mit der ein Krankentagegeld in Höhe von 120 € täglich versichert ist und der die Musterbedingungen 2008 des Verbandes der privaten Krankenversicherung (MB/KT 2008, im Folgenden nur MB/KT) zugrunde liegen.

2

In § 1 Teil I dieser Bedingungen heißt es unter anderem:

"(1) Der Versicherer bietet Versicherungsschutz gegen Verdienstausfall als Folge von Krankheiten oder Unfällen, soweit dadurch Arbeitsunfähigkeit verursacht wird. Er zahlt im Versicherungsfall für die Dauer einer Arbeitsunfähigkeit ein Krankentagegeld in vertraglichem Umfang.

(2) Versicherungsfall ist die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen, in deren Verlauf Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird. Der Versicherungsfall beginnt mit der Heilbehandlung; er endet, wenn nach medizinischem Befund keine Arbeitsunfähigkeit und keine Behandlungsbedürftigkeit mehr bestehen. …

(3) Arbeitsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen liegt vor, wenn die versicherte Person ihre berufliche Tätigkeit nach medizinischem Befund vorübergehend in keiner Weise ausüben kann, sie auch nicht ausübt und keiner anderweitigen Erwerbstätigkeit nachgeht.

…"

3

Der Kläger war in der Zeit vom 16. September 2009 bis zum 30. April 2010 wegen eines Burn-Out-Syndroms arbeitsunfähig krankgeschrieben. Bereits ab dem 1. April 2010 wurde er jedoch nach dem "Hamburger Modell" stufenweise wieder in den Arbeitsprozess eingegliedert. Dabei arbeitete er in den ersten beiden Wochen drei Stunden, in der dritten und vierten Woche sechs Stunden am Tag. Auch in dieser Zeit bezog er keinen Lohn, sondern ausschließlich Krankengeld.

4

Mit der Klage hat der Kläger Krankentagegeld für die gesamte Zeit seiner Krankschreibung in Höhe von 24.840 € beansprucht. Das Landgericht hat der Klage unter Berücksichtigung einer vereinbarten Karenzzeit von 42 Tagen für die Zeit bis zum 31. März 2010 in Höhe von 18.600 € stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Die Berufung, mit der der Kläger die Zahlung weiterer 3.600 € für April 2010 begehrt hat, ist erfolglos geblieben. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Revision.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision hat keinen Erfolg.

6

I. Das Berufungsgericht, dessen Urteil unter anderem in VersR 2014, 576 veröffentlicht ist, hat ausgeführt, dass im Monat April 2010 keine bedingungsgemäße Arbeitsunfähigkeit des Klägers vorgelegen habe, weil er seine bisherige berufliche Tätigkeit im Rahmen der Wiedereingliederungsmaßnahme jedenfalls tatsächlich ausgeübt habe.

7

Es habe sich nicht um einen bloßen Arbeitsversuch des Klägers gehandelt. Dagegen sprächen Umfang und Regelmäßigkeit der ausgeübten Tätigkeit. Ferner setze die stufenweise Wiedereingliederung nach § 74 SGB V voraus, dass der Versicherte nach ärztlicher Feststellung seine bisherige Tätigkeit teilweise verrichten könne und eine entsprechende Belastbarkeit vorhanden sei. Unerheblich sei demgegenüber, dass der Kläger kein Arbeitsentgelt erhalten, sondern weiterhin Krankengeld bezogen habe; nach den Versicherungsbedingungen komme es nicht auf den Verlust des Arbeitseinkommens an, sondern vielmehr darauf, dass der Versicherungsnehmer seine berufliche Tätigkeit nicht ausübe. Ebenso stünden der Charakter der Krankentagegeldversicherung und ihr sozialer Schutzzweck einer Einordnung der beruflichen Wiedereingliederung als Berufsausübung nicht entgegen.

8

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.

9

Zu Recht hat das Berufungsgericht eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers i.S. von § 1 (3) MB/KT für den Monat April 2010 verneint, weil er in dieser Zeit seine berufliche Tätigkeit, wenn auch in eingeschränktem Umfang, ausgeübt hat. Damit fehlt es für diesen Zeitraum an bedingungsgemäßer Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung für den Leistungsanspruch nach § 1 (1) Satz 2 MB/KT.

10

1. Bereits eine nur zum Teil gegebene Arbeitsfähigkeit genügt, um den Anspruch auf Krankentagegeld auszuschließen, sofern der Versicherte seinem Beruf in seiner konkreten Ausgestaltung teilweise nachgehen kann oder tatsächlich nachgeht (Senatsurteile vom 3. April 2013 - IV ZR 239/11, VersR 2013, 615 Rn. 13; vom 25. November 1992 - IV ZR 187/91, VersR 1993, 297 unter II 1). Soweit es dabei um die Bewertung einer vom Versicherten tatsächlich ausgeübten Tätigkeit geht, ist nur entscheidend, ob die fragliche Tätigkeit nach ihrer Art der zuletzt konkret ausgeübten beruflichen Tätigkeit zuzuordnen ist (Senatsurteil vom 18. Juli 2007 - IV ZR 129/06, VersR 2007, 1260 Rn. 19).

11

2. Zu Recht ist das Berufungsgericht danach zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger im Rahmen der Wiedereingliederungsmaßnahme eine berufliche Tätigkeit im Sinne von § 1 (3) MB/KT ausgeübt hat, weil es auf den Umfang der Tätigkeit nicht ankommt, wie eine Auslegung der Klausel ergibt (Senatsurteil vom 18. Juli 2007 aaO Rn. 24 ff.).

12

a) Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch seine Interessen an. In erster Linie ist vom Wortlaut der jeweiligen Klausel auszugehen (Senatsurteile vom 10. Dezember 2014 - IV ZR 281/14, VersR 2015, 182 Rn. 12 f.; vom 23. Juni 1993 - IV ZR 135/92, BGHZ 123, 83, 85; st. Rspr.). Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (Senatsurteile vom 8. Oktober 2014 - IV ZR 16/13, VersR 2014, 1367 Rn. 16; vom 25. Juli 2012 - IV ZR 201/10, VersR 2012, 1149 Rn. 21 m.w.N.; st. Rspr.).

13

b) Dem Wortlaut der Regelung in § 1 (3) MB/KT wird der Versicherungsnehmer zunächst entnehmen, dass es für die Frage seiner Arbeitsunfähigkeit allein darauf ankommt, ob er zur Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit auch nur teilweise in der Lage ist oder diese jedenfalls in Teilbereichen ausübt.

14

Ob hiervon eine Ausnahme bei bloßen Arbeitsversuchen - insbesondere solchen zu therapeutischen Zwecken - zu machen ist (so LG Hannover, VersR 1991, 1281; offen gelassen im Senatsurteil vom 3. Oktober 1984 - IVa ZR 76/83, VersR 1985, 54 unter II 3; vgl. auch Senatsurteil vom 18. Juli 2007 - IV ZR 129/06, VersR 2007, 1260 Rn. 31 ff.), bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Anders als die Revision meint, erbrachte der Kläger seine Tätigkeit im Rahmen der Wiedereingliederungsmaßnahme nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts nicht im Rahmen eines solchen Arbeitsversuchs.

15

Unstreitig ist der Kläger in diesem Monat an seinem Arbeitsplatz bei seinem Arbeitgeber in zeitlich begrenztem Umfang inhaltlich derselben Tätigkeit nachgegangen, die er dort bereits vor seiner Erkrankung ausgeübt hatte.

16

Bei der Wiedereingliederung i.S. von § 74 SGB V handelt es sich um eine stufenweise Wiederaufnahme der vorherigen Berufstätigkeit, die die Fähigkeit, diese Tätigkeit teilweise verrichten zu können, voraussetzt und bei der es allein darum geht, den Arbeitnehmer schonend, aber kontinuierlich wieder an die Belastungen seines Arbeitsplatzes heranzuführen (Hess in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 74 SGB V Rn. 2 Stand Dezember 2014). Eine solche Tätigkeit des Arbeitnehmers stellt deshalb keinen bloßen Arbeitsversuch dar; sie ist ungeachtet ihrer zeitlichen Reduzierung und unbeschadet einer im Einzelfall fehlenden Lohnzahlung als Ausübung beruflicher Tätigkeit zu qualifizieren. Dafür spricht, dass sie auch im Falle zunächst fehlender Lohnzahlung durch das stufenweise Heranführen der Vorbereitung der vollständigen Arbeitsaufnahme im Beruf gegen Entgeltzahlungen des Arbeitgebers dient.

Soweit § 1 (3) MB/KT auch auf eine anderweitige Erwerbstätigkeit des Versicherten abstellt, betrifft dies ersichtlich nur Tätigkeiten außerhalb des zuletzt ausgeübten Berufs. Daraus kann der Versicherungsnehmer nicht darauf schließen, dass es selbst bei der Ausübung von Tätigkeiten, die zu seinem Berufsfeld gehören, auf ein hierfür gezahltes Entgelt oder dessen Höhe ankommen soll. Vielmehr entfällt der Anspruch nach dem Wortlaut der Regelung, wenn er seinem Beruf in der konkreten Ausgestaltung auch nur teilweise nachgeht.

17

c) Eine davon abweichende Beurteilung ist nicht aufgrund des Sinn und Zwecks der Regelung geboten.

18

aa) Allerdings verfolgt die Krankentagegeldversicherung grundsätzlich den Zweck, den Versicherungsnehmer vor Verdienstausfall durch Arbeitsunfähigkeit als Folge von Krankheiten oder Unfällen zu schützen. Dieser Zweck ist in § 1 (1) Satz 1 MB/KT ausdrücklich niedergelegt. Insoweit dient die Versicherung auch der sozialen Absicherung erwerbstätiger Personen (Senatsurteil vom 22. Januar 1992 - IV ZR 59/91, BGHZ 117, 92, 95).

19

bb) Auch der durchschnittliche Versicherungsnehmer kann jedoch erkennen, dass mit ihr kein umfassender Schutz gegen jegliche Einkommenseinbußen bezweckt wird. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Versicherungsschutz erst bei vollständiger Arbeitsunfähigkeit eingreift, während bereits eine nur zum Teil bestehende Arbeitsfähigkeit typischerweise ebenfalls Einkommenseinbußen mit sich bringt. Die Reichweite des vom Versicherer gebotenen Schutzes ist damit erkennbar nicht unmittelbar am Verdienstausfall ausgerichtet. Der Versicherungsanspruch orientiert sich nicht am tatsächlich erzielten Arbeitseinkommen, sondern ist rein tätigkeitsbezogen.

20

Hat der Versicherungsnehmer seine Arbeitsfähigkeit im Anschluss an eine Erkrankung nach medizinischem Befund auch nur teilweise wiedererlangt, so entfällt aufgrund des ersten Merkmals des § 1 (3) MB/KT bereits damit der weitere Anspruch. Versicherungsschutz scheidet in diesen Fällen auch dann aus, wenn der Versicherungsnehmer tatsächlich nicht arbeitet und deshalb kein Geld verdient. Deshalb erfordern Sinn und Zweck der Versicherung nichts anderes, wenn der Versicherungsnehmer im Rahmen einer Maßnahme nach § 74 SGB V bereits teilweise wieder in seinem Beruf arbeitet, dabei aber noch kein Arbeitseinkommen erzielt. Der grundsätzlich verfolgte Zweck, dem Versicherungsnehmer, der infolge Erkrankung vorübergehend vollständig arbeitsunfähig gewesen ist, einen finanziellen Ausgleich für hierdurch entstandene Einkommensverluste zu gewähren, wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Leistungspflicht des Versicherers zu einem früheren Zeitpunkt endet als die Gehaltszahlungen des Arbeitgebers wieder einsetzen, weil der Arbeitnehmer an einer stufenweise Wiedereingliederung ins Arbeitsleben teilnimmt.

21

d) Die gegenteilige Auffassung des Amtsgerichts Wiesbaden (VersR 1999, 1270), der auch ein Teil der Kommentarliteratur folgt (Wilmes in Bach/Moser, Private Krankenversicherung 4. Aufl. § 1 MB/KT Rn. 22; Voit in Prölss/Martin, VVG 28. Aufl. § 192 Rn. 192; Versicherungsrechts-Handbuch/Tschersich 2. Aufl. § 45 Rn. 95), erweist sich damit als unzutreffend.

Mayen                        Harsdorf-Gebhardt                                   Dr. Karczewski

               Lehmann                                    Dr. Brockmöller

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 307/00 Verkündet am:
4. Juli 2001
Heinekamp
Justizsekretär
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
VVG §§ 178 a, b, 67

a) Die §§ 178 a, b VVG ändern nichts an der Gestaltungsfreiheit des Versicherers,
die Krankentagegeldversicherung als Summen- oder Schadensversicherung auszuformen.

b) Eine nach den MB/KT 94 abgeschlossene Krankentagegeldversicherung ist
Summenversicherung. Die Vorschrift des § 67 VVG ist deshalb nicht anwendbar.
BGH, Urteil vom 4. Juli 2001 - IV ZR 307/00 - OLG Stuttgart
LG Tübingen
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno und die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, Wendt
und die Richterin Dr. Kessal-Wulf auf die mündliche Verhandlung vom
4. Juli 2001

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 17. Februar 2000 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin ist Krankentagegeldversicherer eines Unfallopfers, die Beklagte Haftpflichtversicherer des Schädigers. Die Klägerin verlangt von der Beklagten aus übergegangenem Recht die Erstattung von Krankentagegeld in Höhe von 14.030,- DM, das sie ihrem Versicherungsnehmer nach Ablauf einer Karenzzeit von 42 Tagen gezahlt hat.
Dem Versicherungsvertrag zwischen der Klägerin und ihrem Versicherungsnehmer liegen Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Krankentagegeldversicherung zugrunde. Diese enthalten in Teil I die Rahmenbedingungen 1994 (RB/KT 94).

In § 4 RB/KT 94, der § 4 der Musterbedingungen des Verbandes der privaten Krankenversicherung für die Krankentagegeldversicherung aus dem Jahre 1994 (MB/KT 94; abgedruckt bei Prölss/Martin VVG 26. Aufl. S. 1679 ff.) entspricht, heißt es u.a.:
"(1) Höhe und Dauer der Versicherungsleistungen ergeben sich aus dem Tarif, diesen Rahmenbedingungen und den Tarifbedingungen. (2) Das Krankentagegeld darf zusammen mit sonstigen Krankentage - und Krankengeldern das auf den Kalendertag umgerechnete, aus der beruflichen Tätigkeit herrührende Nettoeinkommen nicht übersteigen. Maßgebend für die Berechnung des Nettoeinkommens ist der Durchschnittsverdienst der letzten 12 Monate vor Antragstellung bzw. vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit, sofern der Tarif keinen anderen Zeitraum vorsieht. (4) Erlangt der Versicherer davon Kenntnis, daß das Nettoeinkommen der versicherten Person unter die Höhe des dem Vertrage zugrunde gelegten Einkommens gesunken ist, kann er ohne Unterschied , ob der Versicherungsfall bereits eingetreten ist oder nicht, das Krankentagegeld und den Beitrag mit Wirkung vom Beginn des zweiten Monats nach Kenntnis entsprechend dem geminderten Nettoeinkommen herabsetzen. Bis zum Zeitpunkt der Herabsetzung wird die Leistungspflicht im bisherigen Umfang für eine bereits eingetretene Arbeitsunfähigkeit nicht berührt. ..." Nr. 3 des maßgeblichen Tarifs KTN bestimmt u.a. folgendes: 3.1. Allgemeine Leistungsanpassung "In Abständen von längstens zwei Jahren wird das vereinbarte Krankentagegeld entsprechend der Veränderung der allgemeinen Bemessungsgrundlage der gesetzlichen Rentenversicherung angepaßt (allgemeine Leistungsanpassung). ...

Das aufgrund einer allgemeinen Leistungsanpassung angepaßte Krankentagegeld darf das Nettoeinkommen nicht übersteigen (§ 4 (2) RB/KT 94). Erlangt der Versicherer davon Kenntnis, daß aufgrund von allgemeinen Leistungsanpassungen das versicherte Krankentagegeld höher ist als das Nettoeinkommen, so werden die allgemeinen Leistungsanpassungen zurückgenommen, die zur Überhöhung des Krankentagegeldes führten, und das versicherte Krankentagegeld insofern entsprechend rückwirkend herabgesetzt. ... 3.2 Individuelle Leistungsanpassung Der Versicherer verpflichtet sich, den Versicherungsschutz zum Ersten des auf den Antrag des Versicherungsnehmers folgenden Monats den geänderten Verhältnissen anzupassen, wenn und soweit
a) durch eine Ä nderung des regelmäßigen, aus der beruflichen Tätigkeit herrührenden Nettoeinkommens eine Erhöhung des vereinbarten Krankentagegeldes notwendig ist, um das vorherige prozentuale Verhältnis des Krankentagegeldes zum Nettoeinkommen wiederherzustellen. ..."
Die Klägerin stützt ihren Rückgriff auf § 67 VVG. Sie meint, die Vorschrift sei über § 178 a Abs. 2 Satz 1 VVG direkt oder zumindest entsprechend anzuwenden, weil die vorliegende Krankentagegeldversicherung in Form einer Schadensversicherung geführt werde. Die Beklagte geht von einer Summenversicherung aus und hält deshalb § 67 VVG für nicht anwendbar.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat keinen Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat der Klägerin einen Erstattungsanspruch mit folgender Begründung versagt:
Die Krankentagegeldversicherung sei eine Summenversicherung. Versichert sei nicht der jeweilige konkrete Verdienstausfall, sondern der abstrakte Bedarf, von dem angenommen werde, daß er bei Arbeitsunfähigkeit eintreten könne. Daran habe sich durch § 178 a Abs. 2 Satz 1 VVG, eingefügt durch das Dritte Gesetz zur Durchführung versicherungsrechtlicher Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 21. Juli 1994 (BGBl. I 1630), nichts geändert. Diese Vorschrift treffe keine Aussage darüber, ob eine Versicherung nach den Grundsätzen der Schadensversicherung betrieben werde, sondern erkläre § 67 VVG lediglich für anwendbar, soweit der Versicherungsschutz nach den Grundsätzen der Schadensversicherung gewährt werde. Das aber hänge jeweils von den Umständen des Einzelfalls ab. Auch aus der amtlichen Begründung zu § 178 b VVG ergebe sich nichts anderes.
Die Möglichkeit zur Anpassung der Höhe des Tagegeldes gemäß § 4 RB/KT 94 rechtfertige ebenfalls keine Einordnung der Tagegeldversicherung als Schadensversicherung. Die Anpassung sei lediglich für die Zukunft möglich und erfolge nicht automatisch. Nr. 3.1 des vereinbarten Tarifs KTN sei nur eine Ausgestaltung von § 4 Abs. 2 RB/KT 94.

Schließlich sei es für eine Beurteilung der Tagegeldversicherung als Schadensversicherung ohne Belang, daß tariflich eine Karenzzeit vereinbart worden sei.
II. Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Das Berufungsgericht hat zutreffend die Anwendung des § 67 VVG abgelehnt, weil es sich bei der hier genommenen Krankentagegeldversicherung um eine Summenversicherung handelt.
1. Richtig ist sein Ausgangspunkt, daß § 67 VVG grundsätzlich nur auf eine Schadensversicherung, nicht aber auf eine Summenversicherung anwendbar ist (Senatsurteil vom 20. Dezember 1972 - IV ZR 171/71 - VersR 1973, 224 unter III; BGH, Urteil vom 8. Juli 1980 - VI ZR 275/78 - VersR 1980, 1072 unter II 1 a; Langheid in Römer/Langheid, VVG § 67 Rdn. 6, 7, jeweils m.w.N.).
2. a) Über den Charakter der Krankentagegeldversicherung als Summen- oder Schadensversicherung werden in Rechtsprechung und Literatur unterschiedliche Ansichten vertreten. Die überwiegende Auffassung in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte und in der Literatur ordnet sie – unter Berücksichtigung des jeweiligen Leistungsversprechens - dem Bereich der Summenversicherung zu (vgl. etwa OLG Hamm VersR 1997, 862, 863; OLG Nürnberg VersR 1986, 588, 589; OLG Frankfurt VersR 1989, 1290 f.; OLG Karlsruhe VersR 1990, 1340 unter 2; OLG Köln VersR 1994, 356 ; Wilmes in Bach/Moser, Private Krankenversicherung , 2. Aufl. § 1 MB/KT 94 Rdn. 4; Neeße, VersR 1976, 704, 706 f; Wriede, r+s 1991, 65; abweichend OLG Zweibrücken VersR 1976,

386; Hof, VersR 1974, 111, 113; Sieg in Bruck/Möller/Sieg, VVG 8. Aufl. § 67 Anm. 20; ders., VersR 1994, 249).
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Krankentagegeldversicherung wiederholt als Summenversicherung eingestuft und einen Übergang von Schadensersatzforderungen des Versicherten auf den Versicherer gemäß § 67 VVG verneint (Urteil vom 11. Mai 1976 - VI ZR 51/74 - VersR 1976, 756 unter II 3 m.w.N.; Urteil vom 15. Mai 1984 - VI ZR 184/82 - VersR 1984, 690 unter II 2 b cc).

b) Der erkennende Senat hat sich zwar zur Anwendbarkeit des § 67 VVG auf die Krankentagegeldversicherung noch nicht ausdrücklich geäußert, diese aber aufgrund der jeweils verwendeten Versicherungsbedingungen als Summenversicherung eingeordnet (Urteile vom 19. Dezember 1973 - IV ZR 130/72 - VersR 1974, 184 unter II; vom 13. März 1974 - IV ZR 36/73 - VersR 1974, 741 unter I 3 c; vom 12. Juli 1989 - IVa ZR 201/88 - VersR 1989, 943 unter 3). Dabei hat er zur Abgrenzung darauf abgestellt, ob die genommene Krankentagegeldversicherung auf die Deckung eines konkreten Schadens ausgerichtet ist (Schadensversicherung) oder ob sie einen abstrakt berechneten Bedarf zu decken verspricht (Summenversicherung). In der Krankentagegeldversicherung sind beide Versicherungsformen grundsätzlich möglich (vgl. schon Senatsurteil vom 19. Dezember 1973 aaO); welche Ausformung die Krankentagegeldversicherung hat, hängt damit letztlich von dem durch die jeweiligen Versicherungsbedingungen ausgestalteten Leistungsversprechen des Versicherers ab.

3. Diese grundsätzliche Gestaltungsfreiheit der Versicherer wird durch die mit dem Dritten Durchführungsgesetz vom 21. Juli 1994 in das VVG eingefügten Vorschriften über die Krankenversicherung nicht berührt.

a) § 178 a Abs. 2 Satz 1 VVG erklärt u.a. § 67 VVG für anwendbar, "soweit der Versicherungsschutz nach den Grundsätzen der Schadensversicherung gewährt wird". Damit hat der Gesetzgeber nicht vorgeschrieben , daß die Krankentagegeldversicherung als Schadensversicherung betrieben werden muß. Vielmehr hat er den Versicherern ihre schon vor dem Dritten Durchführungsgesetz vom 21. Juli 1994 bestehende Gestaltungsfreiheit belassen. Maßgeblich sind unverändert der Versicherungsvertrag und die ihm zugrunde liegenden Bedingungen. Ebenso wenig ergibt sich aus dieser Vorschrift, daß eine Krankentagegeldversicherung bereits nach den Grundsätzen der Schadensversicherung Versicherungsschutz gewährt, die zur Bestimmung der Versicherungsleistung auf den Durchschnittsverdienst in zurückliegender Zeit zurückgreift.

b) Etwas anderes läßt sich auch nicht § 178 b Abs. 3 VVG entnehmen. Diese Bestimmung beschreibt - ebenso wie § 1 Abs. 1 Satz 2 MB/KT 94 - Inhalt und Umfang des Vertrages über eine Krankentagegeldversicherung dahin, daß der Versicherer den als Folge von Krankheit oder Unfall durch Arbeitsunfähigkeit verursachten Verdienstausfall durch das “vereinbarte” Krankentagegeld zu ersetzen hat. Dadurch ist aber nicht der Grundsatz der konkreten Schadensdeckung verankert worden. Wie das zu vereinbarende Tagegeld zu bemessen ist, schreibt § 178 b Abs. 3 VVG gerade nicht vor. Denn er bestimmt nicht, daß die

Höhe der Ersatzleistung an den tatsächlichen Einkommensverlust zu binden ist.
c) Auch die amtliche Begründung des Entwurfs von § 178 b VVG (BT-Drucks. 12/6959) rechtfertigt keine andere Bewertung. Dort heißt es: "Dem Charakter der Tagegeldversicherung als einer nach den Grundsätzen der Schadensversicherung betriebenen Summenversicherung entspricht es, daß die Leistungsverpflichtung des Versicherers bis zur Höhe des versicherten Tagegeldes durch die Höhe des Nettoverdienstausfalls des Versicherten bestimmt wird und deshalb auch unter der vereinbarten Summe liegen kann." Daraus wird nicht ersichtlich, daß der Gesetzgeber von der oben beschriebenen Abgrenzung zwischen Schadens- und Summenversicherung abgehen und die Krankentagegeldversicherung generell als Schadensversicherung einordnen wollte (vgl. BK-Hohlfeld § 178 b VVG Rdn. 14). Die Entwurfsbegründung gibt, wie schon das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, lediglich eine Erklärung dafür, daß bei entsprechender vertraglicher Gestaltung des Versicherungsvertrages die Höhe des Tagegeldes wegen eines geringeren Einkommens auch unter dem vereinbarten Entschädigungssatz liegen kann.
4. Die zwischen der Klägerin und ihrem Versicherungsnehmer abgeschlossene Krankentagegeldversicherung ist eine Summenversicherung.

a) Die für diese Versicherungsform charakteristische abstrakte Bedarfsdeckung ist dann gegeben, wenn der Versicherte im Versicherungsfall eine im voraus bestimmte Entschädigung für jeden Tag der Arbeitsunfähigkeit erhält, ohne Rücksicht darauf, welchen Verdienstausfall

er tatsächlich hat. Vielmehr soll pauschal ein Bedarf gedeckt werden, von dem angenommen wird, daß er bei durch Arbeitsunfähigkeit eintretendem Verdienstausfall entstehen könne. Dagegen wäre die Krankentagegeldversicherung als Schadensversicherung einzuordnen, wenn sie auf Deckung des konkreten Verdienstausfallschadens des Versicherten zielte und sich demgemäß die zu erbringende Versicherungsleistung den Einkommensschwankungen des Versicherten ständig und automatisch anpaßte (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 1973 aaO, VersR 1974, 184 unter II; Neeße, VersR 1976, 704, 707).

b) Eine solche Berechnung der Versicherungsleistung nach Maßgabe des konkreten Verdienstausfalls sehen der Versicherungsvertrag und die ihm zugrunde liegenden Bedingungen hier aber nicht vor. Die Klägerin schuldet dem Versicherten grundsätzlich ein vertraglich von vornherein vereinbartes Tagegeld von 115,- DM für – von der Karenzzeit abgesehen – jeden Tag der Arbeitsunfähigkeit. Es ist also – wie für eine Summenversicherung typisch – eine pauschale Bedarfsdeckung vereinbart. Das Regelungsgefüge von § 4 RB/KT 94 und Nr. 3 der vereinbarten Tarifbedingungen KTN ändert daran nichts.
aa) § 4 Abs. 2 RB/KT 94 enthält - ebenso wie der gleichlautende § 4 Abs. 2 MB/KT 94 - eine Bestimmung der oberen Leistungsgrenze, die sich aus dem durchschnittlichen Nettoeinkommen der letzten 12 Monate vor Abschluß des Vertrages bzw. vor Eintritt des Versicherungsfalles errechnet. Die Klausel, die nicht zuletzt der Begrenzung des subjektiven Risikos dient, beschränkt die Versicherungsleistung bei Eintritt des Versicherungsfalls indes nicht auf den tatsächlichen Einkommensverlust.

Dieser kann sowohl höher als auch niedriger sein als der Durchschnittsverdienst der letzten 12 Monate vor Abschluß des Versicherungsvertrages bzw. vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit.
bb) Eine Angleichung des Krankentagegeldes an den aktuellen Verdienst des Versicherten ergibt sich ferner nicht aus der dem Versicherer in § 4 Abs. 4 Satz 1 RB/KT eingeräumten Möglichkeit, das Tagegeld herabzusetzen, wenn das Nettoeinkommen der versicherten Person gesunken ist. Derartige Herabsetzungen des Tagessatzes werden erst für die Zukunft wirksam, frühestens zwei Monate nach Kenntnis des Versicherers von der Einkommensminderung. Selbst bei bereits eingetretener Arbeitsunfähigkeit sind Leistungen in der Zeit davor in ungeschmälerter Höhe zu erbringen. Eine ständige und automatisch sofort wirksame Anpassung an die jeweiligen Einkommensverhältnisse des Versicherten ist mit der Klausel also gerade nicht vorgesehen.
cc) Das Berufungsgericht hat zudem Nr. 3.1 des Tarifs KTN zutreffend als Ausgestaltung des § 4 Abs. 2 RB/KT 94 gewertet. Die darin vorgesehene allgemeine Leistungsanpassung führt zwar zu einer automatischen Ä nderung insoweit, als die Tagegeldsätze in Abständen von längstens zwei Jahren entsprechend den Bemessungsgrundlagen für die Rentenversicherung angepaßt werden. Auf diese Weise wird aber nur die Versicherungsleistung an die Entwicklung der allgemeinen Einkommensverhältnisse angeglichen. Wie sich das Einkommen des Versicherten entwickelt hat, ist unerheblich. Ebensowenig wird die Entschädigungshöhe im Versicherungsfall an den konkreten Bedarf gekoppelt.

Soweit Nr. 3.1 der Tarifbedingungen eine rückwirkende Herabsetzung des versicherten Krankentagegeldes ermöglicht, soll diese Rückstufung nur die frühere Bemessungsgrundlage - das durchschnittliche Nettoeinkommen der letzten 12 Monate – erhalten, nicht aber den Leistungsumfang im Versicherungsfall an der tatsächlichen Verdiensteinbuße ausrichten.
Ergänzend stellt Nr. 3.2. des Tarifs KTN sicher, daß zeitnahe Anpassungen an die individuellen Einkommensverhältnisse des Versicherungsnehmers möglich bleiben. Diese Veränderungen der Tagegeldhöhe sind nicht von einem im Krankheitsfall zu erwartenden Schaden abhängig. Vielmehr soll der Versicherer auf Veränderungen der Berechnungsgrundlage für die Bemessungsgrenze des Tagegeldes gemäß § 4 Abs. 2 RB/KT 94 reagieren können. Danach schuldet er gerade nicht den konkreten Verdienstausfall, sondern einen bestimmten Tagessatz, der nur das in den letzten 12 Monaten vor Antragstellung bzw. vor Eintritt des Versicherungsfalles erzielte durchschnittliche Nettoeinkommen nicht übersteigen darf.
dd) Schließlich bietet die unter Nr. 2 des Tarifs KTN bestimmte, je nach Tarifgruppe hinsichtlich ihrer Dauer unterschiedliche Karenzzeit, ab deren Ablauf der Versicherer das Tagegeld zu leisten hat, für die Einordnung der Krankentagegeldversicherung als Schadensversicherung keinen Anhaltspunkt. Sie legt nur den Beginn der Leistungspflicht des Versicherers fest, besagt aber nichts über die Berechnung der Leistung.

5. Da nach alledem die hier genommene Krankentagegeldversicherung eine Summenversicherung ist, kommt eine Anwendung des § 67 VVG nicht in Betracht. Auch für eine entsprechende Anwendung dieser auf die Schadensversicherung ausgerichteten Vorschrift ist kein Raum.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Wendt Dr. Kessal-Wulf

(1) Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam, so bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam.

(2) Soweit die Bestimmungen nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam sind, richtet sich der Inhalt des Vertrags nach den gesetzlichen Vorschriften.

(3) Der Vertrag ist unwirksam, wenn das Festhalten an ihm auch unter Berücksichtigung der nach Absatz 2 vorgesehenen Änderung eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei darstellen würde.

46
(1) Grundsätzlich ist sie bei Unwirksamkeit einer Klausel in einem vorformulierten Vertrag möglich, wenn dispositive Gesetzesbestimmungen nicht zur Verfügung stehen, so dass das Regelungsgefüge eine Lücke aufweist (Senatsurteil vom 22. Januar 1992 - IV ZR 59/91, BGHZ 117, 92 unter 5). Voraussetzung hierfür ist, dass die ergänzende Vertragsauslegung nicht zu einer Erweiterung des Vertragsgegenstandes führt, es dem Versicherer gemäß § 306 Abs. 3 BGB ohne ergänzende Vertragsauslegung unzumutbar ist, an dem lückenhaften Vertrag festgehalten zu werden, und der ergänzte Vertrag für den Versicherungsnehmer typischerweise von Interesse ist. Liegen diese Voraussetzungen vor, tritt diejenige Gestaltungsmöglichkeit ein, die die Parteien bei sachgerechter Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben redlicher Weise vereinbart hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit der Klausel bekannt gewesen wäre (Senatsurteil vom 22. Januar 1992 aaO unter 6).

(1) Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam, so bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam.

(2) Soweit die Bestimmungen nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam sind, richtet sich der Inhalt des Vertrags nach den gesetzlichen Vorschriften.

(3) Der Vertrag ist unwirksam, wenn das Festhalten an ihm auch unter Berücksichtigung der nach Absatz 2 vorgesehenen Änderung eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei darstellen würde.

49
c) Eine ergänzende Vertragsauslegung ist auch vorz unehmen, wenn eine Klausel wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam ist. § 306 Abs. 2 BGB, § 6 Abs. 2 AGBG unterscheiden nicht nach dem Grund der Unwirksamkeit. Diese Vorschriften regeln auch die Rechtsfolgen der Unwirksamkeit. Das durch den Transparenzmangel verursachte Informationsdefizit des Versicherungsnehmers bei der Pro- duktwahl führt deshalb nicht dazu, die Vertragsergänzung durch ein Widerspruchsrecht in entsprechender Anwendung von § 5a VVG auszuschalten (so aber Schünemann, JZ 2002, 137; zutreffend: Römer in Römer /Langheid, VVG 2. Aufl. § 5a Rdn. 41; OLG München VersR 2003, 1024, 1026; OLG Celle VersR 2003, 1113 f.; Wandt, VersR 2001, 1455 f.; Werber, VersR 2003, 148, 150 ff.). Einem Widerspruchsrecht, das den Vertrag insgesamt beträfe, stehen § 306 Abs. 1 BGB, § 6 Abs. 1 AGBG entgegen. Nach diesen Bestimmungen bleibt der Vertrag bei Unwirksamkeit einer Klausel im Übrigen wirksam.
29
Die durch die Unwirksamkeit der Bestimmung entstandene Lücke lässt sich auch nicht durch eine ergänzende Vertragsauslegung schließen. Zwar zählen zu den gemäß § 306 Abs. 2 BGB bei Unwirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen anwendbaren gesetzlichen Vorschriften auch die Bestimmungen der §§ 157, 133 BGB über die ergänzende Vertragsauslegung (vgl. BGH, Urteil vom 26. März 2015 - VII ZR 92/14, BGHZ 204, 346 Rn. 46; Urteil vom 28. Oktober 2009 - VIII ZR 320/07, NJW 2010, 993 Rn. 44 m.w.N.). Lässt sich eine durch Unwirksamkeit einer Klausel entstandene Lücke nicht durch dispositives Gesetzesrecht füllen und stellt ein ersatzloser Wegfall der betreffenden Klausel keine sachgerechte Lösung dar, ist zu prüfen, ob durch eine ergänzende Vertragsauslegung eine interessengerechte Lösung gefunden wer- den kann (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juli 2014 - VI ZR 452/13, NJW 2014, 3234 Rn. 14). Das gilt auch dann, wenn eine Klausel wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam ist (vgl. BGH, Urteil vom 12. Oktober 2005 - IV ZR 162/03, BGHZ 164, 297, 318, juris Rn. 49). Eine ergänzende Vertragsauslegung setzt allerdings voraus, dass sich Anhaltspunkte dafür finden lassen, wie die Vertragsparteien den Vertrag gestaltet hätten, wenn ihnen die nicht bedachte Unwirksamkeit der Klausel bewusst gewesen wäre. Kommen dagegen unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten in Betracht, ohne dass erkennbar ist, welche die Vertragsparteien gewählt hätten, sind die Gerichte zu einer ergänzenden Vertragsauslegung weder in der Lage noch befugt (vgl. BGH, Urteil vom 1. Oktober 2014 - VII ZR 344/13, BGHZ 202, 309 Rn. 24; Urteil vom 26. Oktober 2005 - VIII ZR 48/05, BGHZ 165, 12, 28, juris Rn. 37 m.w.N.).

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 13. Dezember 2013 aufgehoben.

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 28. Januar 2013 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens trägt der Beklagte.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt vom Beklagten aus abgetretenem Recht die Zahlung restlichen Werklohns. Der Beklagte meint, diesen aufgrund einer in dem zu Grunde liegenden Bauvertrag enthaltenen Stoffpreisgleitklausel nicht zu schulden.

2

Die Rechtsvorgängerin der Klägerin, eine aus der B.B.I.-GmbH und der Klägerin bestehende Bietergemeinschaft (im Folgenden: ARGE), erhielt im Jahre 2009 im Zuge einer europaweiten öffentlichen Ausschreibung von dem Beklagten den Zuschlag für Brücken- und Straßenbauleistungen.

3

Gegenstand der Verdingungsunterlagen war die "HVA B-StB-Stoffpreisgleitklausel (03/06)", die unter anderem folgende Bestimmungen enthält:

"Geltung

(1) Die Klausel gilt nur für die Stoffe, die im ‘Verzeichnis für Stoffpreisgleitklausel’ genannt sind. (…) Mehr- oder Minderaufwendungen werden nach den folgenden Regelungen abgerechnet.

Allgemeines

(2) Der Auftragnehmer hat dem Auftraggeber über die Verwendung der Stoffe nach Nr. (1) prüfbare Aufzeichnungen vorzulegen, wenn Mehr- oder Minderaufwendungen abzurechnen sind. Aus den Aufzeichnungen müssen die Menge des Stoffes und der Zeitpunkt des Einbaus bzw. der Verwendung hervorgehen.

(3) Der Ermittlung der Mehr- oder Minderaufwendungen werden nur die Baustoffmengen zugrunde gelegt, für deren Verwendung nach dem Vertrag eine Vergütung zu gewähren ist. (…)

Vermeidbare Mehraufwendungen werden nicht erstattet; vermeidbar sind insbesondere Mehraufwendungen, die dadurch entstanden sind, dass der Auftragnehmer

- Vertragsfristen überschritten oder

- die Bauausführung nicht angemessen gefördert hat.

(4) An den ermittelten Aufwendungen wird der Auftragnehmer beteiligt, seine Selbstbeteiligung beträgt 10 v.H. der Mehraufwendungen, mindestens aber 0,5 v.H. der Abrechnungssumme (Vergütung für die insgesamt erbrachte Leistung oder für den vereinbarten Abschnitt). Für die Berechnung der Selbstbeteiligung zu Grunde zu legen sind der Mehrbetrag ohne Umsatzsteuer sowie die Abrechnungssumme ohne die aufgrund von Gleitklauseln zu erstattenden Beträge ohne Umsatzsteuer.

Ein Mehr- oder Minderbetrag kann erst geltend gemacht werden, wenn der Selbstbeteiligungsbetrag überschritten ist; bis zur Feststellung der Abrechnungssumme wird 0,5 v.H. der Auftragssumme für die insgesamt zu erbringende Leistung bzw. für den vereinbarten Abschnitt zugrunde gelegt.

(5) Bei Stoffpreissenkungen ist der Auftragnehmer verpflichtet, die ersparten (= Minder-) Aufwendungen von seinem Vergütungsanspruch abzusetzen. Er ist berechtigt, 10 v.H. der ersparten Aufwendungen, mindestens aber 0,5 v.H. der Abrechnungssumme (vgl. Nr. (4)) einzubehalten.

(6) Sind sowohl Mehraufwendungen als auch Minderaufwendungen zu erstatten, so werden diese getrennt ermittelt und gegeneinander aufgerechnet; auf die sich ergebende Differenz wird Nr. (4) bzw. (5) angewendet.

Abrechnung

(7) Der Auftraggeber setzt für die im ‘Verzeichnis für Stoffpreisgleitklausel’ angegebene OZ einen ‘Marktpreis’ zum dort angegebenen Zeitpunkt (Monat/Jahr) als Nettopreis der der Abrechnung zugrunde liegenden Abrechnungseinheit (z.B. €/t, €/ltr.) fest.

(8) Der Preis zum Zeitpunkt des Einbaus bzw. der Verwendung wird ermittelt aus dem vorgegebenen ‘Marktpreis’ (vgl. Nr. (7)) multipliziert mit dem Quotienten der Preisindizes (Monat/Jahr) der Erzeugnisse gewerblicher Produkte (GP) des Statistischen Bundesamtes vom Monat des Einbaus bzw. der Verwendung und dem vom Auftraggeber unter Nr. (7) genannten Zeitpunkt. Die Preisindizes werden veröffentlicht in der Fachserie 17, Reihe 2, bzw. auf der Homepage des Statistischen Bundesamtes unter ‘www.destatis.de’ unter der entsprechenden GP-Nummer.

(9) Mehr- oder Minderaufwendungen werden errechnet für jede OZ im ‘Verzeichnis für Stoffpreisgleitklausel’ aus der Differenz des ‘Preises’ vom Monat des Einbaus bzw. der Verwendung (vgl. Nr. (8)) und des vom Auftraggeber vorgegebenen ‘Marktpreises’ zum vorgegebenen Zeitpunkt (vgl. Nr. (7)).

(10) Die nach Nr. (9) errechneten Mehr- oder Minderaufwendungen werden für jede im ‘Verzeichnis für Stoffpreisgleitklausel’ angegebenen OZ und der nachgewiesenen Menge (vgl. Nr. (2)) unter Berücksichtigung der Selbstbeteiligung gemäß Nr. (4) und (5) zusätzlich zum Angebotspreis vergütet bzw. von diesem abgezogen."

4

Bestandteil der Ausschreibungsunterlagen war zudem das "Verzeichnis für Stoffpreisgleitklausel". Den hierin vorgegebenen absoluten "Marktpreis" für "Betonstahl" von 785 €/t setzte der Beklagte mit dem Erzeugerpreisindex des Statistischen Bundesamtes von 241 % (bezogen auf das Basisjahr 2005 = 100) für den Monat Juni 2008 gleich. Dieser Preisindex vom Juni 2008 war bei Abgabe des Angebotes der ARGE im Oktober 2008 nicht mehr aktuell, da die Preise inzwischen deutlich gefallen waren (Betonstahl: 138,1 % Preisindex Oktober 2008). Die ARGE kalkulierte daher nach den Behauptungen der Klägerin mit einem Preis für Betonstahl in Höhe von 480 €/t, den sie aufgrund einer Preisbindung ihres Lieferanten auch tatsächlich bezahlt habe.

5

Da der gemäß Nr. (8) der Stoffpreisgleitklausel nach den maßgeblichen Preisindizes errechnete Quotient kleiner als eins war, errechnete der Beklagte Preise "zum Zeitpunkt des Einbaus bzw. der Verwendung", die deutlich unter den von der Klägerin behaupteten Einkaufspreisen lagen. Er hat deshalb "Minderaufwendungen" nach Nr. (9) der Klausel geltend gemacht und Kürzungen der Schlussrechnung der ARGE in Höhe von 162.413,84 € vorgenommen. Die rechnerische Richtigkeit der Berechnung dieses Betrages ist zwischen den Parteien nicht im Streit.

6

Die Klägerin macht mit ihrer Klage diesen, ihr von der ARGE abgetretenen restlichen Vergütungsanspruch geltend. Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung verurteilt. Auf die dagegen gerichtete Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, mit der sie die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erstrebt.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

I.

8

Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der Beklagte habe die Schlussrechnung aufgrund der vereinbarten Stoffpreisgleitklausel zu Recht um den Betrag in Höhe von 162.413,84 € gekürzt. Bei der Stoffpreisgleitklausel handele es sich nach den unangefochtenen Feststellungen des Landgerichts um Allgemeine Geschäftsbedingungen, die von dem Beklagten gestellt worden seien. Die Bestimmungen der Stoffpreisgleitklausel zum Abzug ersparter "Minderaufwendungen" hielten einer Überprüfung anhand der §§ 305 ff. BGB stand und seien daher wirksam in den Vertrag einbezogen worden.

9

Die Stoffpreisgleitklausel sei hinreichend transparent, da sich ihr ein eindeutiger Sinn beilegen lasse, den die ARGE als Zusammenschluss zweier großer am Markt tätiger Bauunternehmen bei typisierender Betrachtungsweise zumindest hätte erkennen können. Aus Nr. (9) der Stoffpreisgleitklausel ergebe sich zweifelsfrei, dass "Mehr- oder Minderaufwendungen" dann anzunehmen seien, wenn der Preis der von der Stoffpreisgleitklausel erfassten Stoffe im "Zeitpunkt des Einbaus bzw. der Verwendung" von dem vorgegebenen "Marktpreis" nach oben oder nach unten abweiche.

10

Die Stoffpreisgleitklausel benachteilige den Vertragspartner auch nicht unangemessen. Anhand des in der Ausschreibung vom Auftraggeber vorgegebenen "Marktpreises" in Verbindung mit den Erzeugerpreisindizes für gewerbliche Produkte ließen sich für jeden Anbieter im Zeitpunkt der Angebotsabgabe diejenigen Zu- oder Abschläge auf die der Stoffpreisgleitklausel unterliegenden Positionen des Leistungsverzeichnisses ermitteln, mit denen er infolge einer inzwischen eingetretenen Preissteigerung oder eines Preisverfalls zu rechnen habe. Zugleich müsse er bei der Kalkulation seines Angebotes auch die weitere - ungewisse - Entwicklung des Marktes berücksichtigen. Es stelle keine unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers dar, wenn ihm durch die Stoffpreisgleitklausel das unternehmerische Risiko einer Kalkulation auskömmlicher Preise nicht abgenommen werde.

II.

11

Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

12

1. Der Beklagte war nicht berechtigt, die Schlussrechnung um die "ersparten Minderaufwendungen" zu kürzen. Die HVA B-StB-Stoffpreisgleitklausel (03/06) ist, soweit sie den Abzug von "ersparten Minderaufwendungen" betrifft, wegen ihres überraschenden Charakters gemäß § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil geworden.

13

a) Es kann dahinstehen, ob es sich bei der Stoffpreisgleitklausel um eine Preishauptabrede oder um eine Preisnebenabrede handelt, da Klauseln, mit denen Vereinbarungen über die Hauptleistungspflichten getroffen werden, dem Anwendungsbereich des § 305c Abs. 1 BGB unterfallen (BGH, Urteil vom 10. November 1989 - V ZR 201/88, BGHZ 109, 197, 200; MünchKommBGB/Basedow, 6. Aufl., § 305c Rn. 1).

14

b) aa) Nach dieser Vorschrift, die auch gegenüber Unternehmern Anwendung findet, § 310 Abs. 1 BGB, werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil. Überraschenden Inhalt hat eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen dann, wenn sie von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht und dieser mit ihr den Umständen nach vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht. Generell kommt es dabei nicht auf den Kenntnisstand des einzelnen Vertragspartners, sondern auf die Erkenntnismöglichkeiten des für derartige Verträge in Betracht kommenden Personenkreises an (BGH, Urteil vom 26. Juli 2012 - VII ZR 262/11, BauR 2012, 1647 Rn. 10 m.w.N.).

15

bb) Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben. Die Regelungen der Stoffpreisgleitklausel zur Herabsetzung der Vergütung wegen "Minderaufwendungen" sind derart ungewöhnlich, dass der typische Kundenkreis (Bauunternehmen) mit ihnen nicht rechnen muss.

16

(1) Durch Preisgleitklauseln sollen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht überschaubare Marktrisiken auf beide Vertragspartner in objektiv angemessener Weise verteilt und das unternehmerische Risiko reduziert werden. Dies führt unmittelbar auch zu Einspareffekten auf Seiten des öffentlichen Auftraggebers, da der Bieter keine - oder jedenfalls geringere - Risikozuschläge für ungewisse Kostensteigerungen in die Angebotspreise einkalkuliert (Gabriel/Schulz, ZfBR 2007, 448; Reitz, BauR 2001, 1513, 1517). Schließt der Auftragnehmer einen Bauvertrag, der eine Stoffpreisgleitklausel beinhaltet, darf er deshalb davon ausgehen, dass er einerseits von Marktrisiken, die darin bestehen, dass Baustoffpreise steigen, entlastet wird. Andererseits muss er damit rechnen, dass Vorteile, die aus Preissenkungen resultieren, an den Auftraggeber weitergegeben werden.

17

Der Auftragnehmer muss jedoch ohne einen ausreichenden Hinweis nicht damit rechnen, dass er zur Vermeidung erheblicher Nachteile bei Stoffpreissenkungen unter dem Mantel einer Stoffpreisgleitklausel angehalten wird, von üblichen Kalkulationsgrundsätzen abzuweichen und seiner Kalkulation einen Preis zugrunde zu legen, der nicht mit dem Preis übereinstimmt, den er aufgrund der aktuellen Marktpreise redlicher Weise seinem Angebot zugrunde legen kann.

18

(2) Eine solche Klausel wird von dem Beklagten verwendet. Nach Nr. (9) und Nr. (10) der Stoffpreisgleitklausel ist bei der Berechnung der Vergütung für die der Preisgleitung unterfallenden Stoffe - ungeachtet der vom Auftragnehmer kalkulierten und tatsächlich aufgewendeten Kosten - die Differenz zwischen dem vom Auftraggeber festgesetzten "Marktpreis" und dem "Preis zum Zeitpunkt des Einbaus bzw. der Verwendung" zu berücksichtigen. Der "Preis zum Zeitpunkt des Einbaus bzw. der Verwendung" ist das Produkt aus dem vorgegebenen "Marktpreis" und dem "Quotienten der Preisindizes (Monat/Jahr) der Erzeugnisse gewerblicher Produkte (GP) des Statistischen Bundesamtes vom Monat des Einbaus bzw. der Verwendung". Dieser Regelung liegt die Intention des Auftraggebers zugrunde, Spekulationen des Auftragnehmers zu verhindern und die Abrechnung der Leistungen zu vereinfachen. Sie führt indes dazu, dass der Auftragnehmer bei der Bildung seiner Angebotspreise nicht auf die Einkaufspreise zum Zeitpunkt seiner Angebotsabgabe abstellen kann, sondern von dem vom Beklagten festgesetzten Marktpreis auszugehen hat. Bei fallenden Stoffpreisen läuft er andernfalls Gefahr, eine geringere Vergütung als den von ihm aufgewendeten Einkaufspreis zu erhalten. Dies kann sogar dazu führen, dass er für die von ihm erbrachte Leistung keine Gegenleistung erlangt, was das nachfolgende vereinfachte Rechenbeispiel (ohne Berücksichtigung der Selbstbeteiligungen) veranschaulicht.

19

Setzt der Auftraggeber einen (realistischen) Marktpreis von 1.000 € fest und fällt dieser Preis bis zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe auf 500 €, so erhält der Auftragnehmer - unterstellt der "Stoffpreis" bleibt bis zum Einbau gleich - bezogen auf diesen Stoff keine Vergütung, wenn er - wie üblich - mit dem bei Angebotsabgabe aktuellen "Preis" kalkuliert. Von seiner so kalkulierten Vergütung ist nämlich nach der vorgegebenen Berechnungsmethode die Differenz zwischen dem von dem Auftraggeber festgesetzten Marktpreis in Höhe von 1.000 € und dem Preis zum Zeitpunkt des Einbaus in Höhe von 500 € in Abzug zu bringen, so dass sich in den betroffenen Leistungspositionen die zu zahlende Vergütung um den vollständigen kalkulatorischen Ansatz für den Stoff verringert.

20

(3) An der Beurteilung der Klausel als überraschend ändert auch nichts, dass der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V. Informationen über die Tragweite und die Konsequenzen der HVA B-StB-Stoffpreisgleitklausel veröffentlicht hat. Durch diese Mitteilungen ist nicht gewährleistet, dass europaweit sämtliche - auch mittelständischen und kleinen - Bieter hinreichend gewarnt sind.

21

2. Das Berufungsurteil kann danach keinen Bestand haben. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, da nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen die Sache zur Endentscheidung reif ist, § 563 Abs. 3 ZPO.

22

Die Berufung ist zurückzuweisen, da die Klägerin gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung eines Restwerklohns in Höhe von 162.413,84 € zuzüglich 2.180,60 € an vorgerichtlichen Kosten jeweils nebst Zinsen aus § 631 Abs. 1, §§ 398, 286 Abs. 1, § 288 Abs. 1, 2 BGB hat.

23

Hinsichtlich der von der Stoffpreisgleitklausel erfassten Leistungen (Betonstahl) verbleibt es bei den zwischen der ARGE und dem Beklagten mit Vertragsschluss ursprünglich vereinbarten Preisen.

24

Die durch die fehlende Einbeziehung der Stoffpreisgleitklausel betreffend die Herabsetzung der Vergütung wegen "Minderaufwendungen" entstandene Regelungslücke kann nicht im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung gemäß §§ 157, 133 BGB gefüllt werden. Zwar ist grundsätzlich eine ergänzende Vertragsauslegung vorzunehmen, wenn sich eine durch Unwirksamkeit einer Klausel entstandene Lücke nicht durch dispositives Gesetzesrecht füllen lässt und dies zu einem Ergebnis führt, das den beiderseitigen Interessen nicht mehr in vertretbarer Weise Rechnung trägt, sondern das Vertragsgefüge völlig einseitig zu Gunsten des Vertragspartners des Verwenders verschiebt (BGH, Urteil vom 15. Januar 2014 - VIII ZR 80/13, NJW 2014, 1877 Rn. 20). Das gilt auch, wenn eine Klausel wie hier nicht Vertragsbestandteil geworden ist (vgl. BGH, Urteil vom 28. April 2009 - XI ZR 86/09, WM 2009, 1180 Rn. 27). Ob diese Voraussetzungen vorliegen, kann indes dahinstehen. Die ergänzende Vertragsauslegung setzt nämlich voraus, dass sich Anhaltspunkte dafür finden lassen, wie die Vertragsparteien den Vertrag gestaltet hätten, wenn ihnen die nicht bedachte Unwirksamkeit der Klausel bewusst gewesen wäre. Kommen dagegen unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten in Betracht, ohne dass erkennbar ist, welche die Vertragsparteien gewählt hätten, sind die Gerichte zu einer ergänzenden Vertragsauslegung weder in der Lage noch befugt (BGH, Urteil vom 26. Oktober 2005 - VIII ZR 48/05, BGHZ 165, 12, 28 m.w.N.; BGH, Urteil vom 9. Dezember 2004 - VII ZR 265/03, BauR 2005, 539, 542 = NZBau 2005, 219).

25

So liegt der Fall hier. Es ist zwar davon auszugehen, dass die Vertragsparteien gewollt haben, dass der Beklagte an Kosteneinsparungen aufgrund gesunkener Betonstahlpreise teilhaben sollte. Jedoch lässt sich nicht feststellen, unter welchen Voraussetzungen (tatsächliche Einsparungen, fahrlässig nicht genutzte Einsparungsmöglichkeiten oder die objektiv bestehende Möglichkeit von Einsparungen) und in welcher Höhe (nach den tatsächlichen Einsparungen berechnet oder indexbasiert abstrakt berechnet) die Vergütung herabzusetzen sein sollte.

III.

26

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

Kniffka     

        

RiBGH Eick ist urlaubsbedingt
gehindert zu unterschreiben

        

Halfmeier

        

Kartzke     

Kniffka

     Jurgeleit     

        

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 289/04 Verkündet am:
26. April 2005
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
AGBG § 9 Cg
AGB-Banken (Fassung 1988) Nr. 20
Die formularmäßige Sicherungsabtretung aller Ansprüche eines Darlehensnehmers
aus seinem Arbeitsvertrag ist unwirksam, wenn für die Verwertung Nr. 20
AGB-Banken (Fassung 1988) gelten soll (Bestätigung von BGH WM 1992, 1359
und 1994, 1613).
BGH, Urteil vom 26. April 2005 - XI ZR 289/04 - OLG Köln
LG Köln
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. April 2005 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, den
Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen und die Richter Dr. Appl und
Dr. Ellenberger

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Klägerin werden das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 21. Juli 2004 aufgehoben und das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 30. September 2003 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft über Umfang und Höhe der Zahlungen zu erteilen, die sie seit März 1999 von der Stadt E. aufgrund des Abtretungsvertrages mit Frau G. N. vom 27./28. Januar 1988 erhalten hat.
Es wird festgestellt, daß der Beklagten im Verhältnis zu dem von der Klägerin erwirkten Pfändungsund Überweisungsbeschluß des Amtsgerichts E. vom 25. Februar 1999 - ... - gegenüber der Stadt E. und ander en Arbeitgebern der Frau G. N. kein vorrangiges Recht auf Befriedigung aus dem Abtretungsvertrag mit Frau G. N. vom 27./28. Januar 1988 zusteht.

Im übrigen wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien, zwei Banken, streiten über die Wirks amkeit einer Abtretung von Arbeitseinkommen.
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin (im folgenden: Klägerin) erwirkte am 27. März 1991 wegen offener Kreditforderungen einen Vollstreckungsbescheid gegen Frau G. N. und ließ durch Pfändungs - und Überweisungsbeschluß des Amtsgerichts E. vom 25. Februar 1999 wegen eines Teilbetrages in Höhe von 30.000 DM Ansprüche der Darlehensnehmerin gegen ihre Arbeitgeberin, die Stadt E. , pfänden und sich zur Einziehung überweisen.
Die Darlehensnehmerin hatte den pfändbaren Teil ih res Arbeitseinkommens bereits am 27./28. Januar 1988 zur Sicherung aller bestehenden und künftigen Ansprüche aus der Geschäftsverbindung an die Rechtsvorgängerin der Beklagten (im folgenden: Beklagte) abgetreten. Nr. 3 Abs. 2 dieses Formularvertrages lautete: "Die Bank ist berechtigt,
die Abtretung dem Drittschuldner anzuzeigen." Gemäß Nr. 9 galten ergänzend die AGB-Banken in der Fassung von 1988. Anlaß dieser Abtretung war ein Darlehen in Höhe von 140.000 DM, das die Beklagte der Darlehensnehmerin und ihrem Ehemann gewährte. Die Beklagte legte die Abtretung am 10. Januar 1990 gegenüber der Arbeitgeberin offen, die daraufhin Zahlungen an die Beklagte leistete.
Die Klägerin hält die Abtretung vom 27./28. Januar 1988 gemäß § 9 Abs. 1 AGBG für unwirksam und nimmt die Beklagte im Wege der Stufenklage auf Auskunft über Umfang und Höhe des seit März 1999 von der Arbeitgeberin der Darlehensnehmerin an sie abgeführten Arbeitseinkommens , - nach erteilter Auskunft - auf Herausgabe der geleisteten Zahlungen nebst Zinsen und auf Feststellung in Anspruch, daß der Beklagten im Verhältnis zu dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluß kein vorrangiges Befriedigungsrecht aufgrund der Abtretung vom 27./28. Januar 1988 zustehe. Die Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht, dessen Urteil in WM 2005, 74 2 veröffentlicht ist, hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt :
Der Klägerin stünden keine Ansprüche gemäß § 242 B GB auf Auskunft und gemäß § 816 Abs. 2 BGB auf Zahlung gegen die Beklagte zu. Die Abtretung vom 27./28. Januar 1988 sei wirksam.
Die Abtretung enthalte zwar keine interessengerech te Freigaberegelung. An die Stelle einer unzureichenden Freigabeklausel trete aber ein ermessensunabhängiger Freigabeanspruch. Die weite Zweckerklärung führe allenfalls zu einer Beschränkung des Sicherungszwecks auf den Anlaß der Sicherheitenbestellung, d.h. das Darlehen in Höhe von 140.000 DM.
Auch die Verwertungsregelung, die die Darlehensneh merin unangemessen benachteilige, ziehe nicht die Unwirksamkeit der gesamten Abtretung gemäß § 6 Abs. 3 AGBG, § 306 Abs. 3 BGB nach sich. Der Bundesgerichtshof habe zwar mit Urteilen vom 7. Juli 1992 - XI ZR 274/91, WM 1992, 1359 = NJW 1992, 2626 und vom 14. Juni 1994 - XI ZR 210/93, WM 1994, 1613 = NJW 1994, 2754 entschieden, daß Lohn- und Gehaltsabtretungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nur dann wirksam vereinbart werden könnten, wenn die Voraussetzungen , unter denen der Verwender von der Abtretung Gebrauch machen dürfe, hinreichend bestimmt seien und den schutzwürdigen Belangen des Kunden angemessen Rechnung trügen. Nr. 3 des Abtretungsvertrages vom 27./28. Januar 1988 und Nr. 20 Abs. 2 der AGB-Banken in der bis 1993 geltenden Fassung entsprächen diesen Anforderungen nicht und seien deshalb unwirksam.
Dies führe aber nicht zur Unwirksamkeit der gesamt en Abtretung. Da die Sicherungsabtretung gesetzlich nicht vertypt sei, existiere zwar
kein dispositives Gesetzesrecht, das gemäß § 6 Abs. 2 AGBG, § 306 Abs. 2 BGB an die Stelle der nichtigen Verwertungsklausel treten könne. Die Abtretungsvereinbarung sei aber im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung um eine angemessene Verwertungsregelung zu ergänzen. Die Entscheidung des Großen Senats für Zivilsachen des Bundesgerichtshofs (BGHZ 137, 212), daß jeder Vertrag über die Bestellung fiduziarischer Sicherheiten ein Treuhandverhältnis begründe, aus dem sich bei Eintritt einer Übersicherung ein ermessensunabhängiger Freigabeanspruch ergebe, sei auf eine unzureichende Verwertungsregelung übertragbar. Aus dem fiduziarischen Charakter der Lohnabtretung und der beiderseitigen Interessenlage folge eine vertragsimmanente Pflicht zur Androhung der Verwertung etwa in Anlehnung an § 1234 Abs. 1 BGB. Die Voraussetzungen der Verwertung im einzelnen könnten offenbleiben. Gegen die Nichtigkeit der Abtretung als solcher spreche auch, daß sie in erster Linie anderen Gläubigern des Sicherungsgebers zugute käme, deren Schutz die gerichtliche Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen gerade nicht bezwecke.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand.
1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspr uch gemäß § 242 BGB auf Auskunft über Umfang und Höhe der Zahlungen, die sie seit März 1999 aufgrund der Abtretung vom 27./28. Januar 1988 von der Arbeitgeberin der Darlehensnehmerin erhalten hat.


a) Nach den Grundsätzen von Treu und Glauben beste ht eine Verpflichtung zur Auskunftserteilung, wenn ein Berechtigter in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, sich die zur Geltendmachung seines Zahlungsanspruchs notwendigen Auskünfte nicht auf zumutbare Weise selbst beschaffen kann und der Verpflichtete sie unschwer zu erteilen vermag (BGHZ 95, 285, 287 f., m.w.Nachw.). Dies ist hier der Fall. Die Klägerin hat gegen die Beklagte dem Grunde nach einen Anspruch gemäß § 816 Abs. 2 BGB, der das Auskunftsbegehren rechtfertigt (vgl. Senat, Urteil vom 12. Dezember 1995 - XI ZR 10/95, WM 1996, 251, 253).

b) Die Beklagte hat die Zahlungen der Arbeitgeberi n der Darlehensnehmerin als Nichtberechtigte erlangt, weil die Abtretung vom 27./28. Januar 1988 unwirksam ist.
aa) Die Unwirksamkeit ergibt sich allerdings, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat, nicht aus dem Fehlen einer interessengerechten Freigaberegelung. Ein formularmäßiger Sicherungsvertrag über revolvierende Globalsicherheiten ist nicht deshalb unwirksam, weil er keine ermessensunabhängige Freigabeklausel für den Fall einer nachträglichen Übersicherung enthält. Aus der Treuhandnatur der Sicherungsabrede und der Interessenlage der Vertragsparteien ergibt sich gemäß § 157 BGB die Pflicht des Sicherungsnehmers, die Sicherheiten schon vor Beendigung des Vertrages zurückzugewähren, wenn und soweit sie endgültig nicht mehr benötigt werden (BGHZ 137, 212, 219; Senat , Urteil vom 5. Mai 1998 - XI ZR 234/95, WM 1998, 1280, 1281). Dasselbe gilt für den vorliegenden Fall einer Abtretung von Arbeitseinkom-
men (vgl. MünchKomm/BGB-Basedow 4. Aufl. § 307 Rdn. 295; Erman/ S. Roloff, BGB 11. Aufl. § 307 Rdn. 159; v. Westphalen, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke 3. Bearb. 2000 Lohn- und Gehaltsabtretungen Rdn. 11-14). Auch die Sicherungsabtretung vom 27./28. Januar 1988 hatte fiduziarischen Charakter, aus dem eine Pflicht zur Freigabe endgültig nicht mehr benötigter Sicherheiten folgt.
bb) Die Erstreckung des Sicherungszwecks der Abtre tung auf alle bestehenden und künftigen eigenen Verbindlichkeiten der Sicherungsgeberin gegenüber der Beklagten aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung ist zulässig und steht der Wirksamkeit der Abtretung nicht entgegen (vgl. Senat, Urteil vom 3. Juni 1997 - XI ZR 133/96, WM 1997, 1280, 1282 für Grundschulden und Ganter, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 90 Rdn. 104; MünchKomm/BGB-Roth 4. Aufl. § 398 Rdn. 121, jeweils für Sicherungsabtretungen).
cc) Hingegen hat die unwirksame Verwertungsregelun g, anders als das Berufungsgericht meint, gemäß § 6 Abs. 3 AGBG, Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB die Unwirksamkeit der gesamten Abtretung zur Folge.
(1) Das Berufungsgericht ist im Ansatz rechtsfehle rfrei davon ausgegangen , daß die Verwertungsregelung in Nr. 3 Abs. 2 des Abtretungsvertrages vom 27./28. Januar 1988 auch in Verbindung mit der in Nr. 9 des Vertrages in Bezug genommenen Nr. 20 Abs. 2 AGB-Banken in der bis 1993 geltenden Fassung gemäß § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam ist. Die Interessen des Schuldners sind nur dann ausreichend gewahrt, wenn der Gläubiger grundsätzlich verpflichtet ist, eine beabsichtigte Verwertung der abgetretenen Forderung so rechtzeitig vorher anzukündigen, daß der
Schuldner noch Einwendungen gegen die Verwertung vorbringen und sich zumindest bemühen kann, die ihm drohenden weitreichenden Folgen einer Offenlegung abzuwenden (Senat, Urteile vom 7. Juli 1992 - XI ZR 274/91, WM 1992, 1359, 1361 und vom 14. Juni 1994 - XI ZR 210/93, WM 1994, 1613, 1614). Diesen Anforderungen werden Nr. 3 Abs. 2 des Abtretungsvertrages und Nr. 20 Abs. 2 AGB-Banken a.F., die eine Androhung der Verwertung nicht vorsehen bzw. ausdrücklich für entbehrlich erklären, nicht gerecht.
(2) Die Unwirksamkeit der Verwertungsregelung hat nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGHZ 108, 98, 104 ff.; Senat , Urteile vom 7. Juli 1992 - XI ZR 274/91, WM 1992, 1359, 1360 und vom 14. Juni 1994 - XI ZR 210/93, WM 1994, 1613, 1614) die Unwirksamkeit der Abtretung als solcher zur Folge. Gerade die Verwertungsregelung ist für den Sicherungsgeber häufig von existentieller Bedeutung. Die Entziehung des pfändbaren Teils seines Arbeitseinkommens engt seine wirtschaftliche Bewegungsfreiheit erheblich ein. Darüber hinaus kann seine Kreditwürdigkeit durch die Offenlegung einer stillen Zession in Frage gestellt werden, weil sie für Dritte die Nichterfüllung einer bestehenden Verbindlichkeit signalisiert und Zweifel an der Vertragstreue des Sicherungsgebers oder an seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit fördert (Senat, Urteil vom 7. Juli 1992 - XI ZR 274/91, WM 1992, 1359, 1360).
(a) Diese Rechtsprechung (zustimmend: Ganter, in: Schimansky/ Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 96 Rdn. 134; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht 3. Aufl. Rdn. 6.536; Lwowski, Das Recht der Kreditsicherung 8. Aufl. Rdn. 157; Bülow, Recht der Kreditsicherheiten
6. Aufl. Rdn. 1128; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung 4. Aufl. Rdn. 597; kritisch: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG 9. Aufl. § 6 Rdn. 54 a; Wolf, in: Wolf/Horn/Lindacher, AGBG 4. Aufl. § 9 Rdn. S 107; v. Westphalen, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke 3. Bearb. 2000 Lohn- und Gehaltsabtretungen Rdn. 22 und 24; Pfeiffer WuB I F 4.-10.92) ist durch die Urteile vom 27. April 1995 - IX ZR 123/94, WM 1995, 1345, 1346 und vom 30. Mai 1995 (BGHZ 130, 59, 63) nicht aufgegeben worden. Die erste Entscheidung betrifft den Ausnahmefall einer Lohnabtretung an die Finanzverwaltung , die ohne die Sicherungsabtretung im Wege der Verwaltungsvollstreckung sofort auf den Lohnanspruch hätte zugreifen können. Gegenstand des zweiten Urteils war keine stille Lohnabtretung, sondern eine offene Zession von Kapitallebensversicherungen und ärztlichen Honorarforderungen.
An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Der Bes chluß des Großen Senats für Zivilsachen vom 27. November 1997 - GSZ 1 und 2/97 (BGHZ 137, 212 ff.) gibt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts (ebenso Palandt/Heinrichs, BGB 64. Aufl. § 307 Rdn. 126) keinen Anlaß zu einer Änderung. Er betrifft ausschließlich Freig abe-, nicht aber Verwertungsklauseln. Die Herleitung eines angemessenen Freigabeanspruchs aus der Treuhandnatur des Sicherungsvertrages ist auf die Voraussetzungen der Verwertung einer abgetretenen Forderung nicht übertragbar. Aus dem fiduziarischen Charakter des Vertrages ergibt sich zwar die Pflicht zur Freigabe endgültig nicht mehr benötigter Sicherheiten. Angemessene, die Interessen beider Vertragsparteien wahrende Verwertungsvoraussetzungen lassen sich daraus aber nicht herleiten. Zudem betrifft der Beschluß des Großen Senats für Zivilsachen nur revolvierende Globalsicherheiten, nicht aber Lohn- und Gehaltsabtretun-
gen, bei denen die Verwertungsregelung für den Sicherungsgeber, wie dargelegt, von existentieller Bedeutung ist.
(b) Der Abtretungsvertrag kann nicht mit der Begrü ndung als wirksam angesehen werden, der Vertragsinhalt richte sich, soweit die Verwertungsregelung unwirksam sei, gemäß § 6 Abs. 2 AGBG nach den gesetzlichen Vorschriften. Die Sicherungsabtretung ist gesetzlich nicht geregelt. Eine entsprechende Anwendung der Vorschriften über das Pfandrecht an Forderungen, die den Pfandgläubiger zur (teilweisen) Einziehung der verpfändeten Forderung berechtigen, sobald seine gesicherte Forderung ganz oder zum Teil fällig ist, trägt den berechtigten Interessen des Arbeitnehmers und Sicherungsgebers nicht angemessen Rechnung. Die Offenlegung einer Lohn- oder Gehaltsabtretung bedroht den Arbeitnehmer , der oftmals auf die Verfügung auch über die pfändbaren Teile seines Arbeitseinkommens angewiesen ist, um seinen laufenden Verpflichtungen etwa aus Miet-, Energieversorgungs- und sonstigen Verträgen nachkommen zu können, sehr häufig in seiner wirtschaftlichen Existenz , beeinträchtigt seine Kreditwürdigkeit und kann seinen Arbeitsplatz gefährden. Die Auslösung so schwerwiegender Folgen erfordert nach den Geboten von Treu und Glauben mehr als die bloße, dem Arbeitnehmer möglicherweise entgangene Fälligkeit eines geringfügigen Teils der gesicherten Forderung (vgl. auch v. Westphalen, Vertragsrecht und AGBKlauselwerke 3. Bearb. 2000 Lohn- und Gehaltsabtretungen Rdn. 19-22).
Eine angemessene Verwertungsregelung kann - anders als das Berufungsgericht meint, ohne sich allerdings auf bestimmte Verwertungsvoraussetzungen festzulegen - auch nicht im Wege ergänzender Vertragsauslegung gefunden werden. Angemessene Verwertungsrege-
lungen können, sowohl was die Androhung der Verwertung und die Länge der Wartefrist als auch was die Anforderungen an einen (qualifizierten ) Verzug mit (einem bestimmten Teil) der gesicherten Forderung angeht , sehr unterschiedlich gestaltet werden. Die Festlegung der Länge der Wartezeit nach Androhung der Verwertung sowie der Dauer des Verzuges und des Mindestumfangs des rückständigen Teils der gesicherten Forderung unterliegt der privatautonomen Gestaltungsmacht der Vertragspartner. Ohne - hier nicht vorhandene - Anhaltspunkte, etwa im Vertrag über die Lohn- oder Gehaltszession, welche Regelung die Parteien bei Kenntnis der Unwirksamkeit der Verwertungsklausel vereinbart hätten , sind Gerichte zu solchen gestaltenden quantitativen Festlegungen im Wege ergänzender Vertragsauslegung weder in der Lage noch befugt (BGHZ 147, 99, 106; BGH, Urteil vom 9. Dezember 2004 - VII ZR 265/03, WM 2005, 268, 270). Sie würden vielmehr gegen das in ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes anerkannte Verbot der geltungserhaltenden Reduktion (BGHZ 91, 375, 384; 143, 104, 118 f.; Senat BGHZ 146, 377, 385 und Urteil vom 30. November 2004 - XI ZR 200/03, WM 2005, 272, 274, für BGHZ vorgesehen; jeweils m.w.Nachw.) verstoßen, indem sie die unangemessene Verwertungsregelung auf das zulässige Maß zurückführen und der Beklagten als Verwenderin von unangemessenen AGB-Bestimmungen das damit verbundene Risiko der Gesamtunwirksamkeit abnehmen.
(3) Die Klägerin ist nicht gemäß § 242 BGB gehinde rt, sich auf die Unwirksamkeit der Abtretung zu berufen. Die Beklagte kann zwar von der Darlehensnehmerin aufgrund des Darlehensvertrages vom 27. Januar 1988 die wirksame Abtretung ihrer Ansprüche gegen ihre Arbeitgeberin verlangen. Dieser schuldrechtliche Anspruch allein begründet aber keine
den Rechten der Klägerin aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluß vom 25. Februar 1999 vorgehende Inhaberschaft der Beklagten an den Ansprüchen gegen die Arbeitgeberin. Da die Beklagte es versäumt hat, sich die Inhaberschaft an den Ansprüchen zeitlich vor der Pfändung durch eine wirksame Abtretung zu verschaffen, handelt die Klägerin nicht treuwidrig, wenn sie ihre durch den Pfändungs- und Überweisungsbeschluß erlangten Rechte geltend macht.

c) Auch die weiteren Voraussetzungen eines Anspruc hs gemäß § 816 Abs. 2 BGB sind dem Grunde nach erfüllt. Die Klägerin ist aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 25. Februar 1999 als Berechtigte anzusehen. Die Feststellungen des Berufungsgerichts und der Sachvortrag der Parteien enthalten keinen konkreten Anhaltspunkt dafür, daß ein anderer Gläubiger vor der Klägerin aufgrund einer wirksamen Abtretung oder Pfändung Inhaber des Anspruches gegen die Arbeitgeberin geworden ist. Aufgrund der im vorliegenden Rechtsstreit erteilten Genehmigung der Klägerin sind die Zahlungen der Arbeitgeberin an die Beklagte gegenüber der Klägerin wirksam geworden.
2. Aufgrund der vorrangigen Berechtigung der Kläge rin ist auch der Feststellungsantrag, gegen dessen Zulässigkeit, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei ausgeführt hat, keine Bedenken bestehen, begründet.

III.


Das Berufungsurteil war daher aufzuheben (§ 562 Ab s. 1 ZPO). Da weitere Feststellungen zu dem Auskunfts- und Feststellungsantrag nicht zu treffen sind, kann der Senat insoweit in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und diesen Anträgen, unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts, stattgeben. Im übrigen, d.h. hinsichtlich des Zahlungsantrages, war die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Nobbe Joeres Mayen
Appl Ellenberger

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

19
3. Den Klägern steht der beanspruchte Zuschlag zur ortsüblichen Vergleichsmiete auch nicht gemäß § 313 BGB wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage zu. Nach dieser Vorschrift kommt eine Anpassung des Vertrages in Betracht, wenn einer Vertragspartei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Für eine Berücksichtigung von Störungen der Geschäftsgrundlage besteht jedoch kein Raum, wenn nach der gesetzlichen Regelung derjenige das Risiko zu tragen hat, der sich auf die Störung beruft (§ 313 Abs. 1 BGB; Senatsurteil vom 31. Mai 2006 – VIII ZR 159/05, NJW 2006, 2771, Tz. 11 ff.).

(1) Sind Allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam, so bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam.

(2) Soweit die Bestimmungen nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam sind, richtet sich der Inhalt des Vertrags nach den gesetzlichen Vorschriften.

(3) Der Vertrag ist unwirksam, wenn das Festhalten an ihm auch unter Berücksichtigung der nach Absatz 2 vorgesehenen Änderung eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei darstellen würde.