Bundesgerichtshof Urteil, 24. Sept. 2015 - IX ZR 207/14

bei uns veröffentlicht am24.09.2015
vorgehend
Landgericht Duisburg, 1 O 96/11, 24.04.2012
Oberlandesgericht Düsseldorf, 7 U 169/12, 13.06.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 207/14
Verkündet am:
24. September 2015
Kluckow
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Unterrichtungspflicht eines durch plötzlich auftretende Krankheit an der Wahrnehmung
des Einspruchstermins gehinderten Prozessbevollmächtigten gegenüber
dem Gericht.
BGH, Urteil vom 24. September 2015 - IX ZR 207/14 - OLG Düsseldorf
LG Duisburg
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren nach
§ 128 Abs. 2 ZPO aufgrund der bis zum 11. September 2015 eingegangenen
Schriftsätze durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter
Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Pape, Grupp und die Richterin Möhring

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das zweite Versäumnisurteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 13. Juni 2014 wird auf Kosten der Klägerin als unzulässig verworfen.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird festgesetzt auf 493.590,77 €.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin verlangt von dem beklagten Rechtsanwalt die Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 493.590,77 € wegen anwaltlicher Falschberatung. Das Landgericht hat ihre Klage überwiegend abgewiesen. Hiergegen haben die Klägerin Berufung und der Beklagte Anschlussberufung eingelegt, soweit er zur Zahlung von 7.692,47 € nebst Zinsen und zur Freistellung der Klägerin von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 661,16 € verurteilt worden ist. Das Berufungsgericht hat auf Antrag des Beklagten mit Versäumnisurteil vom 11. Oktober 2013 die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und auf die An- schlussberufung des Beklagten das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Gegen dieses Versäumnisurteil hat die Klägerin form- und fristgerecht Einspruch eingelegt. In dem auf den 13. Juni 2014, 12.00 Uhr, anberaumten Termin zur Verhandlung über den Einspruch und die Hauptsache ist für die Klägerin trotz ordnungsgemäßer Ladung wiederum niemand erschienen. Auf Antrag des Beklagten hat das Berufungsgericht daraufhin den Einspruch der Klägerin durch im Termin verkündetes zweites Versäumnisurteil verworfen. Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe:


2
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.


3
Die Klägerin hat mit ihrer Revision vorgetragen: Ihre Prozessbevollmächtigte habe bereits unter Übelkeit und Durchfall gelitten, als sie am 13. Juni 2014 um 10.15 Uhr mit ihrem Pkw von ihrer Wohnung in Köln in Richtung ihrer Kanzlei in Mülheim an der Ruhr aufgebrochen sei. Gegen 10.45 Uhr habe sich ihr Gesundheitszustand schnell und durchgreifend verschlechtert. Daher habe sie nach Eintreffen in den Kanzleiräumen gegen 11.30 Uhr sogleich die Waschräume aufsuchen müssen. Nach Eintritt einer geringfügigen Besserung habe sie sich in die unterhalb ihrer Kanzlei gelegene Arztpraxis begeben. Da sie über kein Büropersonal verfüge und die Prozessakte nicht in die Arztpraxis mitgenommen habe, sei es ihr nicht möglich gewesen, das Berufungsgericht selbst oder durch eine Arzthelferin von ihrer Erkrankung zu unterrichten. Ihr am Ter- minstag ortsabwesender Bürokollege hätte den Termin vor dem Berufungsgericht auch im Fall eines Anrufs um 11.30 Uhr, als sie sich in ärztliche Behandlung begeben konnte, nicht mehr rechtzeitig wahrnehmen können. Erst gegen 14.00 Uhr habe sie ein Schreiben an das Oberlandesgericht Düsseldorf aufsetzen und mit dem ihre Verhandlungsunfähigkeit bescheinigenden ärztlichen Attest per Fax versenden können.

II.


4
Das Rechtsmittel ist statthaft, jedoch unzulässig.
5
1. Gegen ein zweites Versäumnisurteil eines Berufungsgerichts findet die Revision ohne Zulassung gemäß § 565 Satz 1, § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO statt (BGH, Beschluss vom 3. März 2008 - II ZR 251/06, WM 2008, 1231 Rn. 3 mwN). Die Zulässigkeit des Rechtsmittels setzt jedoch die schlüssige Darlegung voraus, dass kein Fall der schuldhaften Versäumung vorgelegen habe (vgl. BGH, Urteil vom 19. November 1998 – IX ZR 152/98, NJW 1999, 724; vom 3. November 2005 - I ZR 53/05, NJW 2006, 448 Rn. 12; Beschluss vom 12. März 2013 - VIII ZB 42/12, nv Rn. 5). Die Verschuldensfrage richtet sich hierbei nach den gleichen Grundsätzen wie bei der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (vgl. BGH, Urteil vom 22. März 2007 - IX ZR 100/06, NJW 2007, 2047 Rn. 6; vom 25. November 2008 - VI ZR 317/07, NJW 2009, 687 Rn. 11). Bei dieser Bewertung ist das Revisionsgericht nicht an den Informationsstand gebunden, über den das Berufungsgericht bei Erlass seiner Entscheidung verfügte (BGH, Urteil vom 25. November 2008, aaO). Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat die Klägerin nicht schlüssig dargetan, dass sie den Einspruchstermin unverschuldet versäumt hat. Vielmehr beruht die Säumnis im Termin vom 13. Juni 2014 bereits nach dem klägerischen Vortrag auf einem Verschulden ihrer Prozessbevollmächtigten, das sich die Klägerin als eigenes Verschulden zurechnen lassen muss (§ 85 Abs. 2 ZPO).
6
2. Für die Entscheidung kann unterstellt werden, dass die Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 13. Juni 2014 erkrankungsbedingt nicht zu der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf anreisen konnte. Dieser Umstand genügt aber nicht für die Annahme, die Prozessbevollmächtigte habe den Termin unverschuldet versäumt. Eine schuldhafte Säumnis liegt regelmäßig auch dann vor, wenn ein Prozessbevollmächtigter, der kurzfristig und nicht vorhersehbar an der Wahrnehmung eines Termins gehindert ist, nicht das ihm Mögliche und Zumutbare getan hat, um dem Gericht rechtzeitig seine Verhinderung mitzuteilen und hierdurch eine Vertagung zu ermöglichen (vgl. BGH, Urteil vom 19. November 1998, aaO; vom 3. November 2005, aaO Rn. 14; Stein/Jonas/Althammer, ZPO, 22. Aufl., § 514 Rn. 9; Zöller/Heßler, ZPO, 30. Aufl., § 514 Rn. 9). Bereits aus dem dargelegten zeitlichen Ablauf ergibt sich, dass es der Prozessbevollmächtigten der Klägerin nicht unmöglich oder unzumutbar gewesen ist, das Berufungsgericht rechtzeitig telefonisch über ihre krankheitsbedingte Verhandlungsunfähigkeit selbst in Kenntnis zu setzen oder über ihren Bürokollegen informieren zu lassen.
7
a) Die rasche Verschlechterung der bereits am Morgen des 13. Juni 2014 bestehenden Krankheitssymptome trat ausweislich des klägerischen Vortrags gegen 10.45 Uhr auf, als die Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Autobahn A 3 von Köln in Richtung Mülheim an der Ruhr befuhr. Dass die Prozessbevollmächtigte zu diesem Zeitpunkt noch davon ausging, rechtzeitig um 12.00 Uhr das Berufungsgericht erreichen zu können, hat die Klägerin nicht vorgetragen. Angesichts der dargelegten erheblichen Übelkeit, unter der sie zu dieser Uhrzeit litt, und in Anbetracht der - zulässigerweise - knapp kalkulierten Fahrzeit, durfte die Prozessbevollmächtigte der Klägerin auch nicht berechtigterweise darauf vertrauen, die nicht unerhebliche Restfahrstrecke bis zu Beginn der Terminstunde überhaupt oder zumindest ohne nennenswerte Verzögerungen absolvieren zu können. Bereits zu diesem Zeitpunkt hätte es der gebotenen anwaltlichen Sorgfalt entsprochen, die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, um die im konkret vorhersehbaren Fall einer Säumnis im Einspruchstermin drohenden , schwerwiegenden Nachteile von der Mandantin abzuwenden. Hierzu wäre eine telefonische Kontaktaufnahme zu dem Berufungsgericht oder ein mit der Bitte um Weiterleitung des Verhinderungsgrundes verbundener Anruf bei dem Bürokollegen erforderlich, aber auch ausreichend gewesen. Ein solches Telefonat entweder über ein vorhandenes Mobiltelefon oder aber ein öffentliches Telefon zu führen, war der Prozessbevollmächtigten der Klägerin trotz der vorgetragenen schweren Übelkeit zumutbar. Regelmäßig ist der für einen einzigen Telefonanruf anzusetzende Kraftaufwand geringer zu bewerten als die mit einem nicht unerheblichen Maß an Aufmerksamkeit und Konzentration verbundene 45-minütige Fahrt mit dem Pkw auf einer vielbefahrenen Straße, welche die Prozessbevollmächtigte auch noch nach Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes absolvieren konnte. Hierbei oblag es der Prozessbevollmächtigten der Klägerin aus anwaltlicher Vorsicht, die für eine Kontaktaufnahme zum Berufungsgericht erforderlichen Nummern oder aber die Telefonnummer ihres Bürokollegen angesichts des engen Zeitplans und der stets bestehenden Möglichkeit auch verkehrsbedingter Verzögerungen verfügbar zu halten.
8
b) Spätestens jedoch vor dem Aufsuchen der Arztpraxis war es der Prozessbevollmächtigten möglich und zumutbar, das Berufungsgericht oder ihren Bürokollegen aus ihren mit Telefon und Faxgerät ausgestatteten Kanzleiräumen zu kontaktieren. Nach ihrem Vortrag begab sich die Prozessbevollmächtigte der Klägerin gegen 11.30 Uhr und damit rechtzeitig vor dem angesetzten Verhandlungstermin in die unterhalb ihrer Kanzlei gelegenen Praxisräume. Zu diesem Zeitpunkt war eine - wenn auch nur vorübergehende - Besserung ihrer Beschwerden eingetreten, so dass es für die Prozessbevollmächtigte der Klägerin nur eine geringe und damit zumutbare Anstrengung bedeutet hätte, ihre Verhandlungsunfähigkeit telefonisch oder per Fax mitzuteilen. Dass ihr Bürokollege auch im Fall eines Anrufs um 11.30 Uhr nicht mehr rechtzeitig den Termin hätte wahrnehmen können, entband die Prozessbevollmächtigte der Klägerin insoweit nicht von ihrer Pflicht, eine Vertagung des Verhandlungstermins durch das Berufungsgericht zu ermöglichen. Dieses Anliegen hätte auch ihr ortsabwesender Bürokollege an das Berufungsgericht telefonisch oder per Fax weiterleiten können.
9
3. Das Berufungsgericht hat die zur Wahrung des verfassungsrechtlichen Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) gebotene Rücksichtnahme auf die Verfahrensbeteiligten nicht verletzt (vgl. BVerfGE 93, 99, 112 ff; BGH, Urteil vom 19. November 1998 - IX ZR 152/98, NJW 1999, 724, 725; vom 3. November 2005 - I ZR 53/05, NJW 2006, 448 Rn. 18). Vor Eingang des durch die Prozessbevollmächtigte der Klägerin übersandten Telefaxes um 14.02 Uhr ergaben sich für das Berufungsgericht keine Anhaltspunkte, die auf eine unverschuldete Säumnis der Klägerin hindeuteten. Zu diesem Zeitpunkt, mehr als zwei Stunden nach Beginn des Einspruchstermins, hatte das Berufungsgericht das zweite Versäumnisurteil bereits zulässigerweise verkündet.
10
4. Die von der Revision behauptete willkürliche Verletzung des Geschäftsverteilungsplans seitens des Berufungsgerichts führt nicht zum Erfolg des Rechtsmittels. Zum einen setzt die Rüge nach § 547 Nr. 1 ZPO regelmäßig eine statthafte und zulässige Revision voraus (vgl. MünchKomm-ZPO/Krüger, 4. Aufl., § 547 Rn. 2; Stein/Jonas/Jacobs, ZPO, 22. Aufl., § 547 Rn. 4). Zum anderen unterliegt nach § 565, § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO ein Versäumnisurteil, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, der Revision grundsätzlich nur insoweit, als sie auf das Fehlen eines Falles der schuldhaften Versäumung gestützt ist (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 2008 - VI ZR 317/07, NJW 2009, 687 Rn. 6; Prütting/Gehrlein/Lemke, ZPO, 7. Aufl., § 514 Rn. 6). Beide Voraussetzungen liegen nicht vor.

III.


11
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Kayser Gehrlein Pape
Grupp Möhring

Vorinstanzen:
LG Duisburg, Entscheidung vom 24.04.2012 - 1 O 96/11 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 13.06.2014 - I-7 U 169/12 -

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(1) Ein Versäumnisurteil kann von der Partei, gegen die es erlassen ist, mit der Berufung oder Anschlussberufung nicht angefochten werden.

(2) Ein Versäumnisurteil, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, unterliegt der Berufung oder Anschlussberufung insoweit, als sie darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe. § 511 Abs. 2 ist nicht anzuwenden.

(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich.

(2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen. Es bestimmt alsbald den Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, und den Termin zur Verkündung der Entscheidung. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist unzulässig, wenn seit der Zustimmung der Parteien mehr als drei Monate verstrichen sind.

(3) Ist nur noch über die Kosten oder Nebenforderungen zu entscheiden, kann die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(4) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

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(1) Ein Versäumnisurteil kann von der Partei, gegen die es erlassen ist, mit der Berufung oder Anschlussberufung nicht angefochten werden.

(2) Ein Versäumnisurteil, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, unterliegt der Berufung oder Anschlussberufung insoweit, als sie darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe. § 511 Abs. 2 ist nicht anzuwenden.

3
1. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist nicht statthaft. Der Beschwerde unterliegen nur Urteile des Berufungsgerichts, in denen die Revision nicht zugelassen ist (§ 544 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Sie setzt voraus, dass die Revision nicht ohnehin zulässig ist. Das ist hier der Fall. Gegen ein zweites Versäumnisurteil des Berufungsgerichts findet die Revision ohne Zulassung statt, §§ 565, 514 Abs. 2 ZPO (MünchKommZPO/Wenzel 3. Aufl. § 565 Rdn. 3; MünchKommZPO/Rimmelspacher 3. Aufl. § 539 Rdn. 20; Wieczorek/Schütze/Prütting, ZPO 3. Aufl. §§ 543 Rdn. 3, 542 Rdn. 51 und 565 Rdn. 3; Musielak/Ball, ZPO 5. Aufl. § 539 Rdn. 16 und § 543 Rdn. 2; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO 66.Aufl. §565 Rdn.3; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO 27. Aufl. § 565 Rdn. 2; Hk-ZPO/Kayser 2. Aufl.
5
Die Berufung gegen ein zweites Versäumnisurteil ist nur insoweit statthaft , als sie darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe (§ 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Von der Schlüssigkeit der Darlegung hängt schon die Zulässigkeit des Rechtsmittels ab (BGH, Urteil vom 25. November 2008 - VI ZR 317/07, NJW 2009, 687 Rn. 6 zu § 565 i.V.m. § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Die Klägerin hat, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, keine Tatsachen schlüssig vorgetragen, welche die Annahme rechtfertigen würden, dass ihr Prozessbevollmächtigter den Verhandlungstermin vor dem Landgericht am 14. Dezember 2011 unverschuldet versäumt hätte. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Säumnis auf einem Verschulden des Pro- zessbevollmächtigten beruht, das sich die Klägerin nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss.
6
1. Nach § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO unterliegt ein Versäumnisurteil, gegen das - wie hier gemäß § 345 ZPO - der Einspruch an sich nicht statthaft ist, der Berufung insoweit, als sie darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe. Der Sachverhalt, der die Zulässigkeit der Berufung rechtfertigen soll, muss vollständig in der Berufungsinstanz vorgetragen und darf in der Revisionsinstanz nicht ergänzt werden (vgl. BGH, Urt. v. 22. April 1999 - IX ZR 364/98, WM 1999, 1532, 1533). Die Verschuldensfrage ist nach den gleichen Maßstäben zu beurteilen wie bei der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (vgl. BGHZ 141, 351, 355; BGH, Urt. v. 22. April 1999 - IX ZR 364/98, aaO S. 1533; Musielak/Ball, ZPO 5. Aufl. § 514 Rn. 8). Die Beweislast für die Voraussetzungen einer unverschuldeten Säumnis liegt beim Berufungskläger.
11
Für die Entscheidung kann unterstellt werden, dass Rechtsanwalt R. am 14. November 2007 wegen einer Grippeerkrankung mit hohem Fieber nicht verhandlungsfähig und nicht in der Lage war, von M. zur mündlichen Verhandlung nach A. zu reisen. Dieser Umstand genügt aber nicht für die Annahme, die Klägerin habe den Termin unverschuldet versäumt. Zwar ist die Frage des Verschuldens im Falle der Versäumung eines Termins grundsätzlich nach den gleichen Maßstäben zu beurteilen wie bei der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (vgl. Musielak/Ball, ZPO, 6. Aufl., § 514, Rn. 8 m.w.N. in Fn. 11). Eine schuldhafte Säumnis im Sinne von § 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO liegt aber auch dann vor, wenn der Prozessbevollmächtigte, der kurzfristig und nicht vorhersehbar an der Wahrnehmung des Termins gehindert ist, nicht das ihm Mögliche und Zumutbare getan hat, um dem Gericht rechtzeitig seine Verhinderung mitzuteilen (BGH, Urteile vom 3. November 2005 - I ZR 53/05 - NJW 2006, 448, 449 und vom 22. März 2007 - IX ZR 100/06 - aaO; vgl. zu § 513 ZPO a.F. BAG, AP Nr. 5 zu § 513 ZPO; BAG, NJW 1972, 790 f.; BGH, Urteil vom 19. November 1998 - IX ZR 152/98 - VersR 2000, 121, 122; vgl. auch Musielak /Stadler, aaO, § 337, Rn. 6; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 29. Aufl., § 337, Rn. 3, jeweils m.w.N.). Dies ist hier der Fall. Soweit die Klägerin mit der Revision geltend macht, ihr Prozessbevollmächtigter habe alle erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen ergriffen, um das Berufungsgericht rechtzeitig von seiner Verhinderung zu unterrichten, kann dem nicht gefolgt werden. Die Bemühungen von Rechtsanwalt R. waren vielmehr unzureichend.

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

18
Das Gericht hat die - auch zur Wahrung des verfassungsrechtlichen Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) - gebotene Rücksichtnahme auf die Verfahrensbeteiligten nicht verletzt (vgl. dazu auch BGH NJW 1999, 724 f.). Es hat mit dem Erlass des zweiten Versäumnisurteils nicht nur (zumindest ) eine halbe Stunde zugewartet, es hat vorsorglich auch bei der Telefonzentrale und der Informationsstelle nachgefragt. Wenn es dabei nur nach einem Anruf von Rechtsanwältin Dr. M. gefragt hat, hatte das seinen Grund darin, dass diese den Schriftsatz zur Begründung des Einspruchs gegen das erste Versäumnisurteil unterschrieben hatte. Einen Anhaltspunkt dafür, dass die Klägerin im Termin von einem anderen Mitglied der überörtlichen Sozietät (aus Köln oder Frankfurt/Main) vertreten werden sollte, hatte das Gericht nicht. Wäre Rechtsanwalt Dr. V. mit der gebotenen Umsicht vorgegangen, hätte das Gericht zudem bei seiner Anfrage von seinem Anruf erfahren müssen. Dazu hätte es genügt, der Telefonzentrale die besondere Dringlichkeit des Anliegens darzulegen und den zuständigen Senat sowie das konkrete Verfahren näher zu bezeichnen. Es ist nichts dazu vorgetragen, dass dies in dem Gespräch mit der Telefonzentrale, das - einschließlich zweier Verbindungsversuche - nur sehr kurz gedauert hat, geschehen ist. Rechtsanwalt Dr. V. hat vielmehr anwaltlich versichert, die Mitarbeiterin der Telefonzentrale habe nach dem vergeblichen Versuch, die Geschäftsstelle oder den Senatsvorsitzenden zu erreichen, vorgeschlagen, es später erneut zu versuchen. Dies spricht gegen die Annahme , dass er die Telefonzentrale darauf hingewiesen hatte, dass sein Anliegen keinen Verzug gestatte.

Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;
2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs ohne Erfolg geltend gemacht ist;
3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war;
4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat;
5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
6.
wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist.

Die für die Berufung geltenden Vorschriften über die Anfechtbarkeit der Versäumnisurteile, über die Verzichtsleistung auf das Rechtsmittel und seine Zurücknahme, über die Rügen der Unzulässigkeit der Klage und über die Einforderung, Übersendung und Zurücksendung der Prozessakten sind auf die Revision entsprechend anzuwenden. Die Revision kann ohne Einwilligung des Revisionsbeklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Revisionsbeklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(1) Ein Versäumnisurteil kann von der Partei, gegen die es erlassen ist, mit der Berufung oder Anschlussberufung nicht angefochten werden.

(2) Ein Versäumnisurteil, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, unterliegt der Berufung oder Anschlussberufung insoweit, als sie darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe. § 511 Abs. 2 ist nicht anzuwenden.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)