Bundesgerichtshof Urteil, 29. Juni 2023 - IX ZR 56/22

erstmalig veröffentlicht: 03.11.2023, letzte Fassung: 10.11.2023

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Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

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Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

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Wirtschaftsrecht / Existenzgründung / Insolvenzrecht / Gesellschaftsrecht / Strafrecht
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Zusammenfassung des Autors

Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29.06.2023 stellt eine erneute Ausweitung der Haftung von Beratern dar. So müssen Geschäftsführer, sowie leitende Mitglieder der Überwachungsorgane auf ihre Pflichten bei einem möglichen Insolvenzgrund von ihrem Rechtsberater hingewiesen werden, wenn einschlägige Anhaltspunkte bekannt sind. Diese Verpflichtung gilt besonders dann, wenn anzunehmen ist, dass dem Mandanten die mögliche Insolvenzreife des Unternehmens nicht bewusst ist.

Amtliche Leitsätze

1. Die Einbeziehung eines Dritten in den Schutzbereich des zwischen Rechtsberater und Mandant geschlossenen Mandatsvertrags ist nicht allein deshalb ausgeschlossen, weil dem Berater im Verhältnis zum Mandanten nur eine Schutz- oder Fürsorgepflichtverletzung zur Last fällt.

2. Die Hinweis- und Warnpflicht des Rechtsberaters bei möglichem Insolvenzgrund kann Drittschutz für den Geschäftsleiter der juristischen Person oder Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit entfalten; Voraussetzung ist ein Näheverhältnis zu der nach dem Mandatsvertrag geschuldeten Hauptleistung.

3. In den Schutzbereich des Vertrags bei Verletzung der Hinweis- und Warnpflicht bei möglichem Insolvenzgrund kann auch ein faktischer Geschäftsleiter einbezogen sein.

 
BUNDESGERICHTSHOF
Urteil vom 29. Juni 2023 - IX ZR 56/22
 
Tenor


Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 3. März 2022 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand


Die Klägerin nimmt die Beklagte als Haftpflichtversicherer eines in Insolvenz gefallenen Rechtsanwalts (nachfolgend nur noch: Rechtsanwalt) in Anspruch. Sie macht geltend, ihr stünden Schadensersatzansprüche aus abgetretenem Recht gegen den versicherten Rechtsanwalt zu, weil dieser Hinweis- und Warnpflichten verletzt habe.

Zedenten des abgetretenen Schadensersatzanspruchs sind M.  und M.  J.      M.       . M.  M.       senior war bis Ende 2009 Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der M.                  GmbH & Co. KG (nachfolgend: KG). Danach wurde sein Sohn, M.  J.    M.       junior, Geschäftsführer. Die Klägerin behauptet, M.  M.        senior sei weiterhin faktisch als Geschäftsführer tätig gewesen. Die KG beauftragte den Rechtsanwalt ab Juli 2009 wiederholt mit ihrer Beratung. Auf Antrag vom 4. Juni 2012 wurde am 1. August 2012 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der KG eröffnet. Der Insolvenzverwalter nahm M.  und M.  J.    M.        wegen verbotener Zahlungen nach Insolvenzreife in Anspruch. Diese verpflichteten sich im Wege eines Vergleichs als Gesamtschuldner zu einer Zahlung in Höhe von 85.000 €. Die Zahlung wurde geleistet.

In Höhe dieses Betrags verlangt die Klägerin von dem beklagten Haftpflichtversicherer Schadensersatz. Sie meint, der Rechtsanwalt habe seine Beratungspflichten im Blick auf eine bestehende Insolvenzreife der KG verletzt; M.  und M.  J.    M.         seien als formaler und faktischer Geschäftsführer in den Schutzbereich der mit der KG geschlossenen Mandatsverträge einbezogen gewesen. Auf dieser Grundlage begehrt die Klägerin zudem Ersatz von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 11.766,66 €, die M.  und M.  J.    M.        in der rechtlichen Auseinandersetzung mit dem Insolvenzverwalter über den geltend gemachten Anspruch wegen Zahlungen nach Insolvenzreife entstanden sind.

Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 96.766,66 € (85.000 € zuzüglich 11.766,66 €) stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin den Anspruch weiter.

Gründe
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht hat sich nach Beweisaufnahme nicht davon überzeugen können, dass der Rechtsanwalt im Sinne einer Hauptpflicht gehalten gewesen sei, auf einen möglichen Insolvenzgrund und die daran anknüpfenden Handlungspflichten der organschaftlichen Vertreter der KG hinzuweisen. Ob eine entsprechende Nebenpflicht bestanden habe, hat das Berufungsgericht offengelassen. Insoweit fehle es an einer Einbeziehung der Vertreter in den Schutzbereich der zwischen dem Rechtsanwalt und der KG geschlossenen Mandatsverträge. Bestünden bloß nebenvertragliche Hinweis- und Warnpflichten, etwa wenn sich im Zusammenhang mit der anwaltlichen Tätigkeit Anhaltspunkte für die Gefahr einer Insolvenz des Mandanten ergäben, führe es zu weit, den organschaftlichen Vertreter in den haftungsrechtlich relevanten Schutzbereich des Vertrags zwischen der Gesellschaft und dem Rechtsanwalt auch hinsichtlich der Verletzung solcher bloß nebenvertraglicher Pflichten einzubeziehen. Grundsätzlich sei ein enger Anwendungsbereich des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter geboten, da ansonsten die Grenze zwischen deliktischer und vertraglicher Haftung zu verwischen drohe. Die Haftung des Vertragsschuldners - dessen Interessen im Rahmen einer Haftungserweiterung nach den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter genauso zu berücksichtigen seien - werde letztendlich ohne vertragliche oder gesetzliche Grundlage erweitert. Daher müsse der Kreis der geschützten Dritten für den Schuldner subjektiv erkennbar und vorhersehbar sein. Das Vertrags- und Haftungsrisiko müsse für den Schuldner bei Abschluss des Vertrags überschaubar, kalkulierbar und versicherbar sein. Nur dann könne ihm ein vertragliches Haftungsrisiko zugemutet werden.

II.

Die Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand. Die Einbeziehung eines Dritten in den Schutzbereich des zwischen Rechtsberater und Mandant geschlossenen Beratungsvertrags ist nicht allein deshalb ausgeschlossen, weil dem Berater im Verhältnis zum Mandanten nur eine Schutz- oder Fürsorgepflichtverletzung (§ 241 Abs. 2 BGB) zur Last fällt. Vor diesem Hintergrund kann offenbleiben, ob es revisionsrechtlicher Prüfung standhält, dass sich das Berufungsgericht nicht hat von einer Hauptpflicht des Rechtsanwalts überzeugen können, auf eine mögliche Insolvenzreife der KG und die daran anknüpfenden Handlungspflichten hinzuweisen.

1. Bei einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter steht die geschuldete (Haupt-)Leistung allein dem Gläubiger zu, der Dritte ist jedoch in der Weise in die vertraglichen Sorgfalts- und Obhutspflichten einbezogen, dass er bei deren Verletzung vertragliche Schadensersatzansprüche geltend machen kann. Die Herausbildung des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter in der Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs beruht auf ergänzender Vertragsauslegung und knüpft damit an den hypothetischen Willen der Parteien an, der gemäß § 157 BGB unter Berücksichtigung von Treu und Glauben zu erforschen ist. Um die Haftung für den Schuldner nicht unkalkulierbar auszudehnen, sind an die Einbeziehung von Dritten in den vertraglichen Schutz strenge Anforderungen zu stellen (BGH, Urteil vom 7. Dezember 2017 - VII ZR 204/14, NJW 2018, 1537 Rn. 16 mwN). Strenge Anforderungen an die Einbeziehung Dritter in den Schutzbereich eines Vertrags verhindern zugleich, dass die Grenzen zwischen Vertrags- und Deliktshaftung in unzuträglicher Weise verwischt werden (vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 1977 - VI ZR 261/75, VersR 1977, 638 mwN).

2. Im Interesse einer einheitlichen Rechtsprechung und damit der Rechtssicherheit knüpft der Bundesgerichtshof die Einbeziehung eines Dritten in den Schutzbereich des Vertrags an bestimmte Voraussetzungen: Der Dritte muss mit der vertraglich geschuldeten Hauptleistung bestimmungsgemäß in Berührung kommen. Der Gläubiger muss ein schutzwürdiges Interesse an der Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich des Vertrags haben. Die Einbeziehung des Dritten muss dem Vertragsschuldner bekannt oder für ihn zumindest erkennbar sein. Schließlich bedarf es eines Bedürfnisses für die Ausdehnung des Vertragsschutzes, das regelmäßig fehlt, wenn der Dritte wegen des verfahrensgegenständlichen Sachverhalts bereits über einen inhaltsgleichen vertraglichen Anspruch verfügt (BGH, Urteil vom 21. Juli 2016 - IX ZR 252/15, BGHZ 211, 251 Rn. 17; vom 7. Dezember 2017, aaO Rn. 18; vom 9. Juli 2020 - IX ZR 289/19, JR 2021, 329 Rn. 12; st. Rspr).

3. Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen für die Einbeziehung eines Dritten in den Schutzbereich des Vertrags gesehen. Geprüft hat es die Einbeziehung von M.  und M.  J.    M.        in den Schutzbereich der zwischen der KG und dem Rechtsanwalt geschlossenen Mandatsverträge jedoch nicht nach diesen Voraussetzungen. Es hat seiner Beurteilung einen abweichenden Maßstab zugrunde gelegt, indem es die Einbeziehung in den Schutzbereich allein anhand der Qualität der von ihm unterstellten Pflichtverletzung des Rechtsanwalts geprüft und abgelehnt hat. Das ist ein revisibler Rechtsfehler. Das Berufungsgericht überschreitet den Spielraum, der dem Tatrichter bei der Beurteilung der Frage eingeräumt ist, ob ein Dritter in den Schutzbereich des Vertrags einbezogen ist (vgl. BGH, Urteil vom 19. November 2009 - IX ZR 12/09, ZIP 2010, 124 Rn. 10 f; vom 21. Juli 2016, aaO Rn. 18).

4. Die Ablehnung der Einbeziehung eines Dritten in den Schutzbereich des Vertrags anhand der Qualität der im Verhältnis zum Vertragspartner begangenen Pflichtverletzung findet in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs keine Grundlage. Dies gilt sowohl im Allgemeinen als auch im Blick auf die vom Berufungsgericht unterstellte Verletzung einer Hinweis- und Warnpflicht des Rechtsberaters bei möglichem Insolvenzgrund.

a) Die Rechtsprechung geht seit jeher davon aus, dass auch die Verletzung von Schutz- und Fürsorgepflichten zu einem Schadensersatzanspruch unter dem Gesichtspunkt eines Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter führen kann. Die Verletzung von Schutz- und Fürsorgepflichten bildete den Ausgangspunkt der Rechtsprechung zum Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juli 1996 - X ZR 104/94, BGHZ 133, 168, 170 ff; vom 24. April 2014 - III ZR 156/13, ZIP 2014, 972 Rn. 10); sie ist hauptsächlich im Zusammenhang mit der Verletzung von Schutz- und Fürsorgepflichten entwickelt worden (vgl. BGH, Urteil vom 11. Januar 1977 - VI ZR 261/75, VersR 1977, 638; vom 12. November 1979 - II ZR 174/77, BGHZ 75, 321, 324 f). Die Rechtsprechung hat allerdings erkannt, dass auch Nebenpflichten, die auf die Herbeiführung des Leistungserfolgs bezogen sind, Drittschutz entfalten können. Für die Hauptpflicht selbst gilt nichts anderes. Die Verpflichtung, um deren Verletzung willen der Schuldner einem Dritten haften soll, kann daher in einer weiteren oder engeren Beziehung zur vertraglichen Hauptleistung stehen oder sich mit dieser decken (vgl. BGH, Urteil vom 12. November 1979, aaO S. 325).

Es ist danach unzweifelhaft, dass die Einbeziehung eines Dritten in den Schutzbereich eines Vertrags auch dann in Betracht kommt, wenn der Vertragsschuldner nur eine Schutz- oder Fürsorgepflicht verletzt hat. Das wird auch im Schrifttum so gesehen (MünchKomm-BGB/Gottwald, 9. Aufl., § 328 Rn. 181 f; BeckOGK/Mäsch, 2023, § 328 BGB Rn. 75.1; Staudinger/Klumpp, BGB, 2020, § 328 Rn. 116; Erman/Bayer, BGB, 16. Aufl., § 328 Rn. 65).

b) Auch die Hinweis- und Warnpflicht des Rechtsberaters bei möglichem Insolvenzgrund kann Drittschutz entfalten.

aa) Mit Urteil vom 26. Januar 2017 (IX ZR 285/14, BGHZ 213, 374 Rn. 43 ff) hat der Bundesgerichtshof eine Hinweis- und Warnpflicht bei möglichem Insolvenzgrund erstmals in Betracht gezogen. Diese bezog sich auf die Haftung eines Steuerberaters, der mit der Erstellung des Jahresabschlusses einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung beauftragt ist (BGH, Urteil vom 26. Januar 2017, aaO Rn. 45). Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs hat den Gesetzgeber dazu veranlasst, die Hinweis- und Warnpflicht in § 102 StaRUG berufsstandübergreifend als Instrument zur Früherkennung der Bestandsgefährdung eines Unternehmens zu etablieren (BT-Drucks. 19/24181, S. 187 f). Zu einer Einbeziehung des Geschäftsleiters in den Schutzbereich eines Vertrags, der eine Hinweis- und Warnpflicht bei möglichem Insolvenzgrund begründet, äußert sich weder das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 26. Januar 2017 noch § 102 StaRUG (vgl. BT-Drucks. 19/24181, aaO).

bb) Mit Urteil vom 14. Juni 2012 (IX ZR 145/11, BGHZ 193, 297 Rn. 27 ff) hat der Bundesgerichtshof die Einbeziehung des Geschäftsleiters in den Schutzbereich eines Vertrags angenommen, der die Prüfung der Insolvenzreife einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung vorsah (vgl. auch BGH, Urteil vom 21. Juli 2016 - IX ZR 252/15, BGHZ 211, 251 Rn. 23). Ausgangspunkt der Prüfung des Drittschutzes war damit die vertragliche Hauptpflicht. Zur Begründung der Einbeziehung des Geschäftsleiters in den Schutzbereich des Vertrags hat der Bundesgerichtshof zum einen auf dessen Insolvenzantragspflicht (§ 15a Abs. 1 InsO) und zum anderen auf die bei einer Missachtung dieser Pflicht drohenden Haftungsfolgen (§ 823 Abs. 2 BGB iVm § 15a Abs. 1 InsO; § 15b InsO) verwiesen (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juni 2012, aaO Rn. 28 f).

Die Insolvenzantragspflicht begründet Handlungspflichten für den Geschäftsleiter; missachtet er die Antragspflicht, drohen ihm persönlich Haftungsfolgen. Die Haftungsfolgen sind im Fremdinteresse angeordnet, nicht aber im Interesse des Mandanten. Es handelt sich materiell um eine Haftung im Interesse der Gesamtheit der Gläubiger der insolvenzreifen Gesellschaft, um die verteilungsfähige Vermögensmasse zu erhalten und eine zum Nachteil der Gesamtheit der Gläubiger gehende, bevorzugte Befriedigung einzelner Gläubiger zu verhindern (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juli 2016, aaO). Die Insolvenzantragspflicht und die Haftung im Fremdinteresse, welche den Drittschutz begründen können, sind der maßgebliche Unterschied zu der Fallgestaltung, in der die Beratung für Entscheidungen des Mandanten Gegenstand des Mandatsvertrags ist und für den (organschaftlichen) Vertreter die Gefahr besteht, auf der Grundlage der Beratung seinerseits seine gegenüber dem Mandanten bestehenden Pflichten zu verletzen. Verhält es sich so, scheiden Schutzwirkungen des Mandatsvertrags zugunsten des Vertreters im Allgemeinen aus (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juli 2016, aaO Rn. 24 ff).

cc) Zu der Frage, ob auch die Hinweis- und Warnpflicht des Rechtsberaters bei möglichem Insolvenzgrund eine drittschützende Wirkung zugunsten des Geschäftsleiters einer juristischen Person oder einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit entfalten kann, hat sich der Bundesgerichtshof bislang nicht geäußert. Im Schrifttum wird die Frage nicht vertieft diskutiert. Zum Teil wird von einer drittschützenden Wirkung ausgegangen (Pape, NZI 2019, 260, 264 f; Meisgeier, WuB 2022, 258, 261 f), zum Teil wird sie abgelehnt oder jedenfalls kritisch gesehen (Froehner, GWR 2021, 390; vgl. auch Meixner/Schröder, DStR 2022, 61, 62; Stefanink, EWiR 2022, 7, 8). Die Frage ist dahingehend zu beantworten, dass eine drittschützende Wirkung in Betracht kommt. Allerdings hängt dies vom Inhalt des Mandatsvertrags ab.

(1) Die Einbeziehung eines Dritten in die Schutzwirkungen eines Vertrags bei reinen Vermögensschäden setzt voraus, dass der Dritte bestimmungsgemäß mit der Hauptleistung in Berührung kommt (BGH, Urteil vom 24. April 2014 - III ZR 156/13, ZIP 2014, 972 Rn. 11; vom 18. Februar 2016 - IX ZR 192/13, ZIP 2016, 1541 Rn. 21; vom 21. Juli 2016 - IX ZR 252/15, BGHZ 211, 251 Rn. 19). Das erforderliche Näheverhältnis liegt nur vor, wenn die Leistung des Rechtsanwalts bestimmte Rechtsgüter eines Dritten nach der objektiven Interessenlage im Einzelfall mit Rücksicht auf den Vertragszweck bestimmungsgemäß, typischerweise beeinträchtigen kann. Entscheidend für eine Ersatzpflicht hinsichtlich von Vermögensschäden des Dritten ist, ob die vom Anwalt zu erbringende Leistung nach dem objektiven Empfängerhorizont auch dazu bestimmt ist, dem Dritten Schutz vor möglichen Vermögensschäden zu vermitteln. Inwieweit dieses Näheverhältnis besteht, hängt entscheidend von Ausprägung und Inhalt des anwaltlichen Beratungsvertrags ab (vgl. BGH, Urteil vom 9. Juli 2020 - IX ZR 289/19, ZIP 2020, 1720 Rn. 15).

(2) Die Hinweis- und Warnpflicht des Rechtsberaters bei möglichem Insolvenzgrund kann demnach nur dann drittschützende Wirkung zugunsten des Geschäftsleiters einer juristischen Person oder einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit entfalten, wenn der Geschäftsleiter insoweit bestimmungsgemäß mit der Hauptleistung in Berührung kommt. Darüber entscheiden Ausprägung und Inhalt des Beratungsvertrags. Nicht erforderlich ist, dass die Hauptpflicht selbst drittschützend ist. Es reicht aus, wenn das geschützte Drittinteresse bei Erbringung der Hauptleistung typischerweise beeinträchtigt werden kann. Kern der erforderlichen Leistungsnähe ist, dass der Dritte ein besonderes Interesse an der Hauptleistung hat, weil die Leistung des Anwalts nach objektivem Empfängerhorizont (auch) dazu bestimmt ist, dass der Dritte konkret feststehende Handlungsgebote, die ihn persönlich treffen, einhalten und so eine persönliche Haftung vermeiden kann (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juli 2016, aaO Rn. 22).

Im Streitfall folgt das geschützte Drittinteresse aus der Insolvenzantragspflicht und den bei ihrer Missachtung drohenden Haftungsfolgen (vgl. oben Rn. 16 f). Eine Beeinträchtigung dieses Interesses scheidet regelmäßig aus, wenn der Rechtsberater nur mit der Durchsetzung eines Anspruchs beauftragt wird oder eine rechtliche Gestaltung unabhängig von einer Krise der Mandantin vornehmen soll. Treten während der Bearbeitung eines solchen Mandats die Voraussetzungen für die Hinweis- und Warnpflicht bei möglichem Insolvenzgrund ein (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 2017 - IX ZR 285/14, BGHZ 213, 374 Rn. 44; vom 21. Juni 2018 - IX ZR 80/17, ZInsO 2018, 1846 Rn. 12), erstreckt sich der Schutz dieser (Neben-)Pflicht in der Regel nicht auf den Geschäftsleiter, weil die ihn treffende Insolvenzantragspflicht und die bei ihrer Missachtung drohenden Haftungsfolgen keinen (hinreichenden) Bezug zur geschuldeten Hauptleistung aufweisen.

Anders liegt der Fall, wenn die juristische Person oder Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit den Berater mit der Beurteilung oder Bearbeitung einer Krisensituation betraut. Daraus folgt zunächst ein Näheverhältnis der Hauptleistung zu den nunmehr in § 1 StaRUG rechtsformübergreifend zusammengefassten Pflichten zur Krisenfrüherkennung und zum Krisenmanagement, die wie die Insolvenzantragspflicht aus § 15a Abs. 1 InsO den Geschäftsleiter treffen. Ob Haftungsfolgen aus der Verletzung von Pflichten zur Krisenfrüherkennung und zum Krisenmanagement wie die Folgen einer Missachtung der Insolvenzantragspflicht im Fremdinteresse angeordnet sind und sich deshalb ein Drittschutz auch insoweit ergeben kann, muss nicht entschieden werden. Das erforderliche Näheverhältnis besteht jedenfalls im Blick auf die Insolvenzantragspflicht, die im Rahmen einer wirtschaftlichen Krise der Gesellschaft regelmäßig in Betracht zu ziehen ist.

(3) Der so verstandene Drittschutz der Hinweis- und Warnpflicht bei möglichem Insolvenzgrund birgt kein unbilliges Haftungsrisiko für den Rechtsberater. Muss er sich zur ordnungsgemäßen Erbringung der geschuldeten Hauptleistung mit einer wirtschaftlichen Krise des Rechtsträgers befassen, dessen Geschäftsleiter der Insolvenzantragspflicht nach § 15a Abs. 1 InsO unterliegt, ist das mit der Übernahme eines solchen Mandats verbundene, durch den Drittschutz erweiterte Haftungsrisiko von Anfang an hinreichend überschaubar. Es kommt hinzu, dass die Hinweis- und Warnpflicht bei möglichem Insolvenzgrund nur unter engen Voraussetzungen eingreift. Geschuldet sind Hinweis oder Warnung erst, wenn dem Berater der mögliche Insolvenzgrund bekannt wird, dieser für ihn offenkundig ist oder der Insolvenzgrund sich ihm bei ordnungsgemäßer Bearbeitung des Mandats aufdrängt. Die bloße Erkennbarkeit reicht nicht aus. Ferner muss der Berater Grund zu der Annahme haben, dass sich der Geschäftsleiter nicht über den möglichen Insolvenzgrund und die daraus folgenden Handlungspflichten bewusst ist (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 2017, aaO; vom 21. Juni 2018, aaO). Zudem erfordert die Hinweis- und Warnpflicht keine eigenständige Prüfung oder Ermittlung des Insolvenzgrundes.

III.

Die angefochtene Entscheidung stellt sich nicht - auch nicht nur teilweise - aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).

1. Die Klägerin kann den beklagten Haftpflichtversicherer des insolventen Rechtsanwalts direkt in Anspruch nehmen (§ 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VVG).

2. Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob dem Rechtsanwalt eine Verletzung der Hinweis- und Warnpflicht bei möglichem Insolvenzgrund zur Last fällt. Davon ist revisionsrechtlich auszugehen.

3. Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin aus abgetretenem Recht des M.  M.        senior scheitert nicht zwingend daran, dass dieser nur faktischer Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der KG gewesen sein soll. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist geklärt, dass ein faktischer Geschäftsführer sowohl zur Stellung des Insolvenzantrags verpflichtet ist als auch für die zivilrechtlichen Folgen einer verspäteten Antragstellung einzustehen hat (vgl. BGH, Urteil vom 21. März 1988 - II ZR 194/87, BGHZ 104, 44, 46; vom 25. Februar 2002 - II ZR 196/00, BGHZ 150, 61, 69; vom 11. Juli 2005 - II ZR 235/03, ZIP 2005, 1550 f; Beschluss vom 2. Juni 2008 - II ZR 104/07, ZIP 2008, 1329 Rn. 4). Die Erwägungen, die eine Einbeziehung des ordnungsgemäß bestellten Geschäftsleiters in den Schutzbereich des Mandatsvertrags rechtfertigen können (vgl. dazu oben Rn. 14 ff), gelten deshalb entsprechend. Mit dem Vorhandensein eines faktischen Geschäftsführers muss der Rechtsberater allerdings nicht ohne weiteres rechnen. Die Einbeziehung des faktischen Geschäftsführers in den Schutzbereich des Vertrags setzt daher zusätzlich zumindest die Erkennbarkeit seiner Existenz für den Rechtsberater voraus.

IV.

Das Urteil ist danach aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 ZPO). Eine eigene Sachentscheidung kann der Senat nicht treffen, weil die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das Berufungsgericht wird die Voraussetzungen des geltend gemachten Schadensersatzanspruchs aus abgetretenem Recht neu zu prüfen haben.

Bejaht das Berufungsgericht die Verletzung einer Hinweis- und Warnpflicht bei möglichem Insolvenzgrund, wird es erneut der Frage des Drittschutzes nachzugehen haben. Gegebenenfalls sind die Kausalität der Pflichtverletzung für den geltend gemachten Schaden und ein mögliches Mitverschulden zu prüfen (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 2017 - IX ZR 285/14, ZInsO 2018, 1846 Rn. 52 f, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 213, 374).

 

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Bundesgerichtshof Urteil, 26. Jan. 2017 - IX ZR 285/14

bei uns veröffentlicht am 03.11.2023

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Bundesgerichtshof Urteil, 19. Nov. 2009 - IX ZR 12/09

bei uns veröffentlicht am 19.11.2009

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Bundesgerichtshof Urteil, 25. Feb. 2002 - II ZR 196/00

bei uns veröffentlicht am 25.02.2002

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Bundesgerichtshof Urteil, 11. Juli 2005 - II ZR 235/03

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Bundesgerichtshof Beschluss, 02. Juni 2008 - II ZR 104/07

bei uns veröffentlicht am 02.06.2008

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bei uns veröffentlicht am 21.06.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 80/17 Verkündet am: 21. Juni 2018 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB § 675; TVöD § 33 Ab

Bundesgerichtshof Urteil, 21. Juli 2016 - IX ZR 252/15

bei uns veröffentlicht am 21.07.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IX ZR 252/15 Verkündet am: 21. Juli 2016 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja BGB §§ 675, 328 Ist G

Bundesgerichtshof Urteil, 24. Apr. 2014 - III ZR 156/13

bei uns veröffentlicht am 24.04.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 156/13 Verkündet am: 24. April 2014 B o t t Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja BGB §§ 675, 328,
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Bundesgerichtshof Urteil, 29. Juni 2023 - IX ZR 56/22

bei uns veröffentlicht am 03.11.2023

Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29.06.2023 stellt eine erneute Ausweitung der Haftung von Beratern dar. So müssen Geschäftsführer, sowie leitende Mitglieder der Überwachungsorgane auf ihre Pflichten bei einem möglichen

Referenzen

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

16
1. Bei einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter steht die geschuldete (Haupt-)Leistung allein dem Gläubiger zu, der Dritte ist jedoch in der Weise in die vertraglichen Sorgfalts- und Obhutspflichten einbezogen, dass er bei deren Verletzung vertragliche Schadenersatzansprüche geltend machen kann.
17
a) Ein Anwaltsvertrag hat auch ohne ausdrückliche Regelung Schutzwirkungen zugunsten eines Dritten, sofern sich dies aus einer maßgeblich durch das Prinzip von Treu und Glauben geprägten ergänzenden Auslegung des Beratervertrags ergibt (BGH, Urteil vom 10. Dezember 2015 - IX ZR 56/15, ZIP 2016, 371 Rn. 26 mwN). Hierzu müssen nach ständiger Rechtsprechung fol- gende Kriterien erfüllt sein: Der Dritte muss mit der Hauptleistung des Rechtsanwalts bestimmungsgemäß in Berührung kommen. Der Gläubiger muss ein schutzwürdiges Interesse an der Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich des Beratungsvertrags haben. Die Einbeziehung Dritter muss dem schutzpflichtigen Berater bekannt oder für ihn zumindest erkennbar sein. Ausgeschlossen ist ein zusätzlicher Drittschutz regelmäßig dann, wenn der Dritte wegen des verfahrensgegenständlichen Sachverhalts bereits über einen inhaltsgleichen vertraglichen Anspruch verfügt (jüngst etwa BGH, aaO mwN).
10
a) Ein echter Anwaltsvertrag, aufgrund dessen der Rechtsanwalt seinem Auftraggeber Rechtsbeistand schuldet, kann zum Inhalt haben, dass der Anwalt auch die Vermögensinteressen eines Dritten wahrzunehmen hat. Dann kann die - notfalls ergänzende - Auslegung des Vertrages ergeben, dass der Dritte in den Schutzbereich der anwaltlichen Pflichten einbezogen ist. Hieraus kann er zwar, falls nicht die Voraussetzungen des § 328 BGB vorliegen, keinen primären Anspruch auf die vertragliche Hauptleistung, wohl aber einen eigenen se- kundären Schadensersatzanspruch gegen den Rechtsanwalt haben (Zugehör in Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, Handbuch der Anwaltshaftung 2. Aufl. Rn. 1648). Diese Grundsätze gelten insbesondere für Anwaltsverträge mit Schutzwirkung zugunsten von Angehörigen des Mandanten (BGH, Urt. v. 1. Oktober 1987 - IX ZR 117/86, NJW 1988, 200, 201; v. 13. Juli 1994 - IV ZR 294/93, NJW 1995, 51, 52; v. 13. Juni 1995 - IX ZR 121/94, NJW 1995, 2551, 2552). Voraussetzung ist, dass die Rechtsgüter des Dritten nach der objektiven Interessenlage im Einzelfall durch die Anwaltsleistung mit Rücksicht auf den Vertragszweck beeinträchtigt werden können und der Mandant ein berechtigtes Interesse am Schutz des Dritten hat (Zugehör, aaO Rn. 1647).
10
Ausgangspunkt dieser Rechtsprechung waren ursprünglich Fallgestaltungen , in denen einem Vertragspartner gegenüber Dritten eine gesteigerte Fürsorgepflicht oblag, ihm gleichsam deren "Wohl und Wehe" anvertraut war. Der Kreis der in den Schutzbereich des Vertrags einbezogenen Dritten wurde danach bestimmt, ob sich vertragliche Schutzpflichten des Schuldners nach Inhalt und Zweck des Vertrags nicht auf den Vertragspartner beschränkten, sondern - für den Schuldner erkennbar - solche Dritte einschlossen, denen der Gläubiger seinerseits Schutz und Fürsorge schuldete. Dies war insbesondere der Fall, wenn zwischen Gläubiger und Drittem eine Rechtsbeziehung mit personenrechtlichem Einschlag, zum Beispiel ein familien-, arbeits- oder mietvertragliches Verhältnis bestand (vgl. nur BGH, Urteile vom 2. Juli 1996 - X ZR 104/94, BGHZ 133, 168, 170 ff und vom 20. April 2004 - X ZR 250/02, BGHZ 159, 1, 8; Senat, Urteil vom 7. Mai 2009 - III ZR 277/08, BGHZ 181, 12 Rn. 16).

(1) Durch Vertrag kann eine Leistung an einen Dritten mit der Wirkung bedungen werden, dass der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern.

(2) In Ermangelung einer besonderen Bestimmung ist aus den Umständen, insbesondere aus dem Zwecke des Vertrags, zu entnehmen, ob der Dritte das Recht erwerben, ob das Recht des Dritten sofort oder nur unter gewissen Voraussetzungen entstehen und ob den Vertragschließenden die Befugnis vorbehalten sein soll, das Recht des Dritten ohne dessen Zustimmung aufzuheben oder zu ändern.

 
BUNDESGERICHTSHOF


Urteil vom 26.01.2017 - IX ZR 285/14

 
Tenor


Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 14. November 2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Klägers erkannt wurde.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand


Die H. GmbH (fortan: Schuldnerin) beauftragte den beklagten Steuerberater im Jahr 2005, den Jahresabschluss für das Jahr 2003 zu erstellen. Hierzu übergab die Schuldnerin dem Beklagten unter anderem den Jahresabschluss für das Jahr 2002, der einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 33.127,93 € auswies. In den Folgejahren erteilte die Schuldnerin dem Beklagten jeweils erneut Einzelaufträge, die Jahresabschlüsse zu erstellen. Der Beklagte kam diesen Aufträgen nach. Das Stammkapital der Schuldnerin betrug anfänglich 25.564,59 €; im Jahr 2007 erfolgte eine Kapitalerhöhung auf 50.000 €.

Die vom Beklagten erstellten Jahresabschlüsse wiesen jeweils nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbeträge auf:

Erstellung Abschluss Stichtag Verlust/Gewinn Fehlbetrag Mai 2005 31.12.2003 - 49.071,31 € 82.199,24 € 2006 31.12.2004 - 13.592,24 € 95.791,48 € 15. März 2007 31.12.2005 - 32.125,13 € 127.852,50 € 28. August 2007 31.12.2006 + 54.192,28 € 73.660,22 € 3. Januar 2009 31.12.2007 - 44.216,94 € 93.441,75 € 

In Anschreiben vom 20. April 2007 und 28. August 2007 wies der Beklagte darauf hin, dass der Geschäftsführer der Schuldnerin verpflichtet sei, "regelmäßig die Zahlungsfähigkeit sowie die Vermögensverhältnisse der GmbH dahingehend zu überprüfen, ob die Zahlungsfähigkeit gewährleistet ist und dass keine Überschuldung vorliegt". Mit Schreiben vom 29. November 2007 wies er auf einen Rückgang der Umsatzerlöse im Vergleich zum Jahr 2006 um fast 50 v.H. bei gleichzeitig um 20 v.H. gestiegenem Personalaufwand hin. Mit Schreiben vom 15. Januar 2009 übersandte er den vorläufigen Jahresabschluss für das Jahr 2007 und teilte mit, dass sich die Überschuldung durch den Jahresfehlbetrag weiter erhöht habe.

Am 2. Juli 2009 stellte die Schuldnerin Eigenantrag; das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen wurde am 15. Juli 2009 eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Kläger behauptet, die Schuldnerin habe über keine stillen Reserven verfügt und sei bereits seit 2002, jedenfalls aber Mitte 2005 bei Übernahme des ersten Auftrags durch den Beklagten insolvenzreif, nämlich überschuldet und aufgrund ihrer aus der Überschuldung folgenden Kreditunwürdigkeit zahlungsunfähig gewesen. Jedenfalls seit 2006 sei die Zahlungsfähigkeit zweifelhaft gewesen. Bereits im Mai 2005 will der Beklagte den Geschäftsführer auf das Problem der bilanziellen Überschuldung hingewiesen haben, worauf dieser ihm erklärt habe, das Problem sei bekannt, es sei eine Kapitalerhöhung geplant und er werde das Problem mit dem Gesellschafter besprechen.

Der Kläger beantragt - soweit noch von Interesse - festzustellen, dass der Beklagte sämtliche Schäden seit dem 30. Juni 2005 zu ersetzen habe, die durch eine verschleppte Insolvenzantragstellung bei der Schuldnerin entstanden seien. Das Landgericht hat die Klage insoweit abgewiesen, die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg gehabt. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Gründe


Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

A.

Das Berufungsgericht hat angenommen, der Beklagte habe keine Pflichten aus dem Steuerberatervertrag verletzt. Der Beklagte habe ein allgemeines steuerrechtliches Mandat gehabt, indem er lediglich die Jahresabschlüsse und Steuererklärungen für die Jahre 2003 bis 2007 angefertigt habe. Im Rahmen eines solchen Mandats bestehe keine Pflicht des Steuerberaters, den Mandanten bei einer Unterdeckung in der Handelsbilanz darauf hinzuweisen, dass der Geschäftsführer verpflichtet sei zu überprüfen, ob Insolvenzreife eingetreten sei, und gegebenenfalls einen Insolvenzantrag zu stellen. Dies gelte auch für Einzelmandate.

Aus dem vom Beklagten in den Jahresabschlüssen für die Jahre 2005 bis 2007 aufgenommenen Hinweis, die entstandenen Bilanzierungs- und Bewertungsfragen seien mit dem Geschäftsführer der Schuldnerin erörtert und einvernehmlich entschieden worden, lasse sich nicht entnehmen, dass der Beklagte eine insolvenzrechtliche Überschuldung der Schuldnerin ausgeschlossen habe. Dem stehe weiter entgegen, dass der Beklagte jeweils zeitnah mit der Übersendung der Jahresabschlüsse den Geschäftsführer darauf hingewiesen habe, dass er eine Überprüfung der Insolvenzreife eigenverantwortlich vorzunehmen und gegebenenfalls Insolvenzantrag zu stellen habe.

B.

Das hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

I.

Allerdings hat der Senat in der Vergangenheit ausgesprochen, dass eine Haftung des Steuerberaters für einen Insolvenzverschleppungsschaden wegen eines unterlassenen Hinweises nur eintreten könne, wenn dieser ausdrücklich mit der Prüfung der Insolvenzreife eines Unternehmens beauftragt sei. Der Steuerberater habe durch seine Aufgabe, Jahresabschlüsse zu fertigen, kein überlegenes Wissen im Hinblick auf eine drohende Überschuldung des Unternehmens im Fall einer bilanziellen Überschuldung (BGH, Urteil vom 7. März 2013 - IX ZR 64/12, WM 2013, 802 Rn. 19; vom 6. Juni 2013 - IX ZR 204/12, WM 2013, 1323 Rn. 13). Es sei grundsätzlich nicht Aufgabe des mit der allgemeinen steuerlichen Beratung der GmbH beauftragten Beraters, die Gesellschaft bei einer Unterdeckung in der Handelsbilanz darauf hinzuweisen, dass es die Pflicht des Geschäftsführers ist, eine Überprüfung vorzunehmen oder in Auftrag zu geben, ob Insolvenzreife eingetreten ist, und gegebenenfalls gemäß § 15a InsO Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu stellen (BGH, Urteil vom 7. März 2013, aaO Rn. 15, 19; vom 6. Juni 2013, aaO Rn. 12). An dieser Rechtsprechung hält der Senat jedoch nicht uneingeschränkt fest.

II.

Im Streitfall kann der Beklagte die durch eine verschleppte Insolvenzantragstellung bei der Schuldnerin entstandenen Schäden zu ersetzen haben, sofern hierfür eine mangelhafte Erstellung der Bilanzen (§ 242 Abs. 1 HGB) ursächlich war (unter 1). Weiter kommt ein Schadensersatzanspruch in Betracht, weil der Beklagte es nach dem revisionsrechtlich zu unterstellenden Vortrag des Klägers unterlassen hat, die Schuldnerin auf die sich aus dem nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag (§ 268 Abs. 3 HGB) ergebenden Risiken hinzuweisen, und nicht darauf aufmerksam gemacht hat, dass dies auf einen Insolvenzgrund hindeutet (unter 2).

1. Das Berufungsgericht hat nicht beachtet, dass der Beklagte nach § 280 Abs. 1, § 634 Nr. 4, § 675 Abs. 1 BGB haften kann, wenn er den Jahresabschlüssen - wie der Kläger behauptet - zu Unrecht Fortführungswerte zugrunde gelegt hat. Ein Steuerberater, der es übernimmt, einen handelsrechtlichen Jahresabschluss für einen Kaufmann oder eine Gesellschaft zu erstellen, schuldet einen Leistungserfolg (unter a). Er verletzt seine Pflichten aus dem ihm erteilten Auftrag, wenn der Jahresabschluss mangelhaft ist (unter b). Er ist zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er diese Pflichtverletzung zu vertreten hat (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB; unter c).

a) Der Steuerberater haftet im Rahmen seines Mandats nach Werkvertragsrecht für Mängel bei der Erstellung des Jahresabschlusses.

aa) Der Auftrag einer Kapitalgesellschaft, einen nach §§ 242, 264 HGB erforderlichen Jahresabschluss zu erstellen, enthält stets eine werkvertragliche Verpflichtung mit Geschäftsbesorgungscharakter (vgl. BGH, Urteil vom 1. Februar 2000 - X ZR 198/97, WM 2000, 973 unter I.; vom 7. März 2002 - III ZR 12/01, WM 2002, 2248, 2249 f; Zugehör, WM 2013, 1965, 1966). Dies gilt jedenfalls, wenn der Steuerberater - wie im Streitfall - einen nur auf die Erstellung des Jahresabschlusses gerichteten Einzelauftrag erhält. Es kann daher offenbleiben, inwieweit Werkvertragsrecht zur Anwendung kommt, wenn es sich beim zu erstellenden Jahresabschluss nur um eine Einzelleistung im Rahmen eines Dauermandats handelt (vgl. BGH, Urteil vom 11. Mai 2006 - IX ZR 63/05, WM 2006, 1411 Rn. 6 ff; vom 14. Juni 2012 - IX ZR 145/11, BGHZ 193, 297 Rn. 9 zur Prüfung der Insolvenzreife). Denn bei der Erstellung eines Jahresabschlusses handelt es sich um einen fest umrissenen Leistungsgegenstand, nicht hingegen um eine allgemeine, laufende Beratungstätigkeit.

bb) Der Steuerberater, der den handelsrechtlichen Jahresabschluss für eine GmbH zu erstellen hat, soll nicht nur eine bestimmte Tätigkeit entfalten, auf deren Grundlage die Gesellschaft bestimmte Ziele erreichen oder ihre Geschäftstätigkeit ausrichten möchte. Vielmehr will die Gesellschaft mit einem solchen Auftrag stets die sie treffenden handelsrechtlichen Pflichten erfüllen und möchte deshalb einen entsprechenden Jahresabschluss als Ergebnis erhalten. Der Inhalt eines nach §§ 242, 264 HGB erforderlichen Jahresabschlusses wird dabei weitgehend durch die gesetzlichen Anforderungen und die eröffneten Gestaltungsmöglichkeiten festgelegt.

b) Der Beklagte hat nach den revisionsrechtlich zu unterstellenden Behauptungen des Klägers die Jahresabschlüsse für die Schuldnerin pflichtwidrig auf der Grundlage von Fortführungswerten und damit mangelhaft erstellt.

aa) Der Bundesgerichtshof hat bereits mit Urteil vom 18. Februar 1987 (IVa ZR 232/85, GmbHR 1987, 463) ausgesprochen, dass ein Steuerberater zum Schadensersatz verpflichtet sein kann, wenn die von ihm fehlerhaft erstellte Bilanz die bestehende rechnerische Überschuldung nicht erkennen ließ und deswegen der Konkursantrag wegen Überschuldung verspätet gestellt wurde. Auch im Urteil vom 7. März 2013 (IX ZR 64/12, WM 2013, 802 Rn. 22) ist der Bundesgerichtshof davon ausgegangen, dass ein Steuerberater wegen Schlechterfüllung des Auftrags zur Erstellung eines handelsrechtlichen Jahresabschlusses schadensersatzpflichtig ist. Zur Haftung führende Mängel weist ein Jahresabschluss jedoch nicht nur dann auf, wenn er die tatsächlich bestehende rechnerische Überschuldung nicht erkennen ließ. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn der Jahresabschluss angesichts einer bestehenden Insolvenzreife der Gesellschaft zu Unrecht von Fortführungswerten ausgeht. Soweit sich aus früheren Entscheidungen des Senats (insbesondere BGH, Urteil vom 7. März 2013, aaO; vom 6. Juni 2013 - IX ZR 204/12, WM 2013, 1323 Rn. 12 f) etwas anderes ergeben sollte, wird daran nicht festgehalten.

bb) Mängel weist der Jahresabschluss auf, wenn er nicht der vereinbarten oder jedenfalls nicht der für Jahresabschlüsse nach der gewöhnlichen Verwendung üblichen Beschaffenheit entspricht (§ 633 BGB). Welche Beschaffenheit vertraglich geschuldet ist, richtet sich nach dem Umfang der Pflichten, die den Steuerberater nach dem Inhalt des ihm erteilten Auftrags bei der Erstellung eines Jahresabschlusses treffen. Er hängt von dem konkreten Mandat ab (BGH, Urteil vom 4. März 1987 - IVa ZR 222/85, VersR 1987, 565 unter 1.; vom 7. März 2013 - IX ZR 64/12, WM 2013, 802 Rn. 14).

Der mit der Erstellung des Jahresabschlusses beauftragte Steuerberater schuldet grundsätzlich einen den handelsrechtlichen Vorschriften entsprechenden, die Grenzen der zulässigen Gestaltungsmöglichkeiten nicht überschreitenden und in diesem Sinne richtigen Jahresabschluss (vgl. Zugehör, WM 2013, 1965). Gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB ist in einer Handelsbilanz bei der Bewertung von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen, sofern dem nicht tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten entgegenstehen. Von diesen Grundsätzen darf gemäß § 252 Abs. 2 HGB nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden. § 264 Abs. 2 Satz 1 HGB bestimmt schließlich, dass der Jahresabschluss der Kapitalgesellschaft unter Beachtung der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Kapitalgesellschaft zu vermitteln hat. Angesichts der fachlichen Kompetenz des Steuerberaters erwartet der Mandant, dass der Steuerberater den Jahresabschluss entsprechend dem Inhalt der dem Steuerberater zur Verfügung gestellten Unterlagen und den sonst dem Steuerberater bekannten Umständen vollständig erstellt, Bewertungsfragen - im Zusammenwirken mit dem Mandanten - klärt und bei offenen Fragen über die damit zusammenhängende Problematik aufklärt und eine Entscheidung des Mandanten herbeiführt.

Allerdings ist der Steuerberater ohne besondere Vereinbarung nicht verpflichtet, von sich aus die für die Fortführungsprognose (§ 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB) erheblichen Tatsachen zu ermitteln. Vielmehr hat der Steuerberater den Jahresabschluss lediglich auf der Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen und der ihm bekannten Umstände zu erstellen. Nur in diesem Rahmen hat der Steuerberater zu prüfen, ob tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten bestehen, die einer Fortführung der Unternehmenstätigkeit entgegenstehen können (§ 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB). Der Bilanzaufsteller bestätigt mit seiner Unterschrift unter den Jahresabschluss, dass ihm keine Umstände bekannt sind, die zu einer Abkehr von der Fortführungsvermutung zwingen (Kaiser, ZIP 2012, 2478, 2483). Soweit danach Entscheidungen des Mandanten erforderlich sind oder Gestaltungsmöglichkeiten genutzt werden sollen oder Bewertungsprobleme zu lösen sind, hat der Steuerberater hierzu die Entscheidung des Mandanten einzuholen, sofern das Mandat nicht ausdrücklich bereits entsprechende Vorgaben enthält.

Weiter richtet sich nach dem erteilten Mandat, in welchem Umfang der Steuerberater die ihm für die Erstellung des Jahresabschlusses vorgelegten Unterlagen und Angaben des Mandanten inhaltlich zu überprüfen hat. Insoweit kann ein Auftrag erteilt werden, der nur eine Erstellung ohne Beurteilungen des Steuerberaters umfasst, ebenso aber Aufträge mit einer Plausibilitätsbeurteilung oder mit einer umfassenden Beurteilung. Jedoch ist der Jahresabschluss unabhängig vom Umfang der Prüfungspflicht des Steuerberaters stets mangelhaft, wenn er auf der Grundlage der dem Steuerberater übergebenen Unterlagen und Angaben des Unternehmers und der dem Steuerberater - etwa aus einem Dauermandat - bekannten Umstände den handelsrechtlich zulässigen Rahmen überschreitet, also handelsrechtliche Vorgaben verletzt.

cc) Nach diesen Maßstäben ist im Streitfall nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht auszuschließen, dass die vom Beklagten erstellten Bilanzen pflichtwidrig mangelhaft waren. Der Kläger hat geltend gemacht, dass der Beklagte den von ihm erstellten Bilanzen Fortführungswerte zugrunde gelegt hat, obwohl dies nach § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB nicht mehr zulässig gewesen sei.

(1) Eine Haftung des Steuerberaters setzt zunächst voraus, dass eine Bilanzierung nach Fortführungswerten objektiv aus der Sicht ex ante ausschied. Dies ist der Fall, wenn feststeht, dass der Fortführung der Unternehmenstätigkeit tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten entgegenstehen (§ 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB).

(a) Hierbei ist zunächst zu berücksichtigen, dass es sich um eine Prognoseentscheidung des bilanzierenden Unternehmens handelt, weil darauf abzustellen ist, ob das Unternehmen seine Tätigkeit für einen überschaubaren Zeitraum voraussichtlich fortsetzen wird (MünchKomm-Bilanzrecht/Tiedchen, § 252 HGB Rn. 20; Winkeljohann/Büssow in BeckBil-Kommentar, 10. Aufl., § 252 HGB Rn. 11; KK-RLR/Claussen, § 252 Rn. 17 f; Kaiser, ZIP 2012, 2478, 2483). Sie hat sich auf den handelsrechtlich gebotenen Zeitraum zu erstrecken, regelmäßig jedenfalls auf das auf den Abschlussstichtag folgende Geschäftsjahr (MünchKomm-Bilanzrecht/Tiedchen, aaO; Winkeljohann/Büssow in BeckBil-Kommentar, aaO; Groß, WPg 2004, 1357, 1371; Groß/Amen, DB 2005, 1861, 1865; Lück, DB 2001, 1945, 1947; Schulze-Osterloh, DStR 2007, 1006, 1007; Semler/Goldschmidt, ZIP 2005, 3, 9; Kaiser, aaO S. 2484). Objektiv falsch ist eine Bilanzierung nach Fortführungswerten daher nur dann, wenn zum maßgebenden Zeitpunkt der Prognoseentscheidung feststeht, dass die Unternehmenstätigkeit bis zum Ablauf des Prognosezeitraums aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen eingestellt werden wird (Kaiser, aaO S. 2486; Eickes, DB 2015, 933, 934 f).

Die Fortführung der Unternehmenstätigkeit ist nach dem Gesetz der zunächst zu unterstellende Regelfall; es spricht so lange eine Vermutung dafür, wie nicht Umstände sichtbar werden, welche die Fortführung unwahrscheinlich erscheinen lassen (MünchKomm-Bilanzrecht/Tiedchen, § 252 HGB Rn. 18; Schulze-Osterloh, DStR 2007, 1006, 1007) oder zweifelsfreie Kenntnis von der Unmöglichkeit der Fortführung besteht (MünchKomm-HGB/Ballwieser, 3. Aufl. § 252 Rn. 9; Schulze-Osterloh, aaO). Art. 31 Abs. 1 lit. a Richtlinie 78/660/EWG vom 25. Juli 1978 (ABl. (EG) 1978 Nr. L 222/11; jetzt Art. 6 Abs. 1 lit. a Richtlinie 2013/34/EU vom 26. Juni 2013, ABl. L 182 vom 29. Juni 2013, S. 19), dessen Umsetzung § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB dient, bestimmt als allgemeinen Grundsatz für die Bewertung, dass eine Fortsetzung der Unternehmenstätigkeit unterstellt wird. Daher ist selbst bei Zweifeln an der Überlebensfähigkeit des Unternehmens unter Fortführungsgesichtspunkten zu bilanzieren (Schulze-Osterloh, aaO). Die Fortführungsvermutung entfällt erst, wenn es objektiv fehlerhaft wäre, von der Aufrechterhaltung der Unternehmenstätigkeit auszugehen (Kaiser, ZIP 2012, 2478, 2482). Die Umstände müssen ergeben, dass die Einstellung der Unternehmenstätigkeit unvermeidbar oder beabsichtigt ist (Groß/ Amen, DB 2005, 1861, 1867). Tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten müssen sich derart konkretisieren, dass die Unternehmenstätigkeit jedenfalls innerhalb des Prognosezeitraums eingestellt werden wird (Eickes, DB 2015, 933, 934 f). Eine Bewertung zu Liquidationswerten hat zu erfolgen, wenn feststeht, dass das Unternehmen nicht mehr fortgeführt werden kann (KK-RLR/Claussen, § 252 Rn. 16).

(b) Solche tatsächlichen oder rechtlichen Gegebenheiten können nach dem Vortrag des Klägers im Streitfall vorliegen. Besteht für eine Kapitalgesellschaft - wie der Kläger dies für die Schuldnerin bereits für Mitte des Jahres 2005 behauptet - ein Insolvenzgrund, weil sie überschuldet oder zahlungsunfähig ist, liegen regelmäßig tatsächliche Gegebenheiten im Sinne des § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB vor, die der Regelvermutung einer Fortführung der Unternehmenstätigkeit entgegenstehen (Merkt in Baumbach/Hopt, HGB, 37. Aufl., § 252 Rn. 7; Staub/Kleindiek, HGB, 5. Aufl. § 252 Rn. 13; Böcking/ Gros in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl. § 252 Rn. 17; Groß/ Amen, DB 2005, 1861, 1866; Lilienbecker/Link/Rabenhorst, BB 2009, 262; Groß, WPg 2010, 119, 122 f; Kaiser, aaO S. 2487; Baumert, ZIP 2013, 1851, 1852 Fn. 14; Böhmer/Metzing, DStR 2015, 1824, 1825). Jedoch bedingt ein vorliegender Insolvenzgrund nicht zwingend für den handelsrechtlichen Jahresabschluss eine Aufgabe des von § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB bestimmten Fortführungsprinzips (Kreipl/Müller in Haufe HGB Bilanz-Kommentar, 7. Aufl., § 252 Rn. 46; Hater, Insolvenzrechtliche Fortbestehungsprognose und handelsrechtliche Fortführungsprognose, S. 122 f; Kaiser, aaO S. 2486 f; Eickes, aaO S. 935). Hiervon geht auch § 155 InsO aus (vgl. BT-Drucks. 12/2443 S. 172). § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB knüpft vielmehr an die Unternehmenstätigkeit als solche an; es geht darum, die im Jahresabschluss ausgewiesenen Vermögensgegenstände entsprechend ihrem tatsächlichen Verwendungszweck zutreffend zu bewerten (Kaiser, aaO S. 2480).

Liegt ein Insolvenzgrund vor, ist für die handelsrechtliche Bilanzierung entscheidend, ob eine Fortführung der Unternehmenstätigkeit auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu erwarten oder damit zu rechnen ist, dass das Unternehmen noch vor dem Insolvenzantrag, bereits im Eröffnungsverfahren (§ 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 InsO) oder alsbald nach Insolvenzeröffnung stillgelegt werden wird (§§ 157, 158 InsO). Abzustellen ist dabei darauf, ob die Unternehmenstätigkeit aufgrund der Insolvenzreife innerhalb des Prognosezeitraums eingestellt werden wird (Eickes, aaO). Daher kann trotz eines Insolvenzgrundes handelsrechtlich eine Bilanzierung nach Fortführungswerten zulässig sein, wenn ein glaubhafter Fortführungsinsolvenzplan vorliegt, eine übertragende Sanierung innerhalb des Prognosezeitraums angestrebt wird und möglich ist (Groß/Amen, DB 2005, 1861, 1866; Lilienbecker/Link/Rabenhorst, BB 2009, 262; Eickes, aaO S. 936; vgl. auch Hater, aaO S. 129 ff) oder anzunehmen ist, dass die Unternehmenstätigkeit auch nach einer Eröffnung des Insolvenzverfahrens jedenfalls innerhalb des Prognosezeitraums fortgeführt werden wird (vgl. Kaiser, aaO S. 2481; Eickes, aaO; Füchsl/Weishäupl/Jaffe in Münch-Komm-InsO, 3. Aufl., § 155 Rn. 6 f; Kübler in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2013, § 155 Rn. 53, 57, 59).

Dies erfordert eine komplexe Prognose über die Gesamtsituation des Unternehmens (vgl. Staub/Kleindiek, HGB, 5. Aufl., § 252 Rn. 13; Kaiser, aaO S. 2480 ff). Wird in einem solchen Fall noch mit Fortführungswerten bilanziert, bedarf dies mithin der konkreten Begründung im Einzelfall. Allein die Tatsache, dass das Unternehmen trotz eines bereits vorliegenden Insolvenzgrundes weiter tätig ist, rechtfertigt es nicht, bei der Bewertung von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen. Die aktive Teilnahme am Wirtschaftsleben allein genügt auch bei rückblickender Betrachtung nicht zum Nachweis einer künftigen Unternehmensfortführung (vgl. Hater, aaO S. 93). Für die Prognose, ob die aufgrund eines bestehenden Insolvenzgrundes und einer etwa bestehenden Antragspflicht (§ 15a InsO) zu erwartende Insolvenzeröffnung zur Einstellung der Unternehmenstätigkeit führen wird, kommt es vielmehr darauf an, wie das Unternehmen zum Zeitpunkt des Eintritts des Insolvenzgrundes steht. Wenn das Unternehmen in der Vergangenheit keine Gewinne erwirtschaftet hat, nicht leicht auf finanzielle Mittel zurückgreifen kann und eine bilanzielle Überschuldung droht oder sogar schon eingetreten ist, besteht angesichts der daraus folgenden Insolvenzgefährdung zunächst keine ausreichende Wahrscheinlichkeit, dass sich das Unternehmen außerhalb eines Insolvenzverfahrens fortführen lässt (Groß/Amen, DB 2005, 1861, 1866). Dann erfordert das Insolvenzrecht die Erstellung einer insolvenzrechtlichen Fortbestehensprognose, deren Ergebnis in die bilanzielle Fortführungsprognose einzubeziehen ist (Groß/Amen aaO; Groß, WPg 2010, 119, 123).

(2) Die Haftung des Steuerberaters setzt weiter voraus, dass der Steuerberater die falsche Bilanzierung nach Fortführungswerten nach Umfang und Inhalt des erteilten Auftrags auch zu verantworten hat. Ein Steuerberater haftet nicht für jeden objektiv zu Unrecht auf der Grundlage von Fortführungswerten erstellten Jahresabschluss. Er darf jedoch dem von ihm erstellten Jahresabschluss keine Fortführungswerte zugrunde legen, wenn auf der Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden Informationen die Vermutung des § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB entweder widerlegt erscheint oder ernsthafte Zweifel bestehen, die nicht ausgeräumt werden. Ob dies der Fall ist, hat der Tatrichter zu entscheiden.

(a) Ergeben sich aus den dem Steuerberater zur Verfügung gestellten Unterlagen und den sonst dem Steuerberater bekannten Umständen keine Anhaltspunkte für Zweifel an einer Fortsetzung der Unternehmenstätigkeit, handelt der Steuerberater pflichtgemäß, der entsprechend der gesetzlichen Vermutung des § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit ausgeht. Dies trifft insbesondere dann ohne weiteres zu, wenn die Gesellschaft in der Vergangenheit nachhaltige Gewinne erzielt hat, leicht auf finanzielle Mittel zurückgreifen kann und keine bilanzielle Überschuldung droht (implizite Fortbestehensprognose, Winkeljohann/Büssow in BeckBil-Kommentar, 10. Aufl., § 252 HGB Rn. 10; Hater, aaO S. 79 ff; Lilienbecker/Link/Rabenhorst, BB 2009, 262, 263; Groß, WPg 2010, 119, 129; Ehlers, NZI 2011, 161, 164; Böhmer/Metzing, DStR 2015, 1824, 1825).

(b) Steht umgekehrt bereits auf der Grundlage der dem Steuerberater für die Erstellung des Jahresabschlusses zur Verfügung gestellten Unterlagen und der ihm bekannten Umstände fest, dass die Fortführungsvermutung des § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB nicht mehr zutrifft, ist eine Bilanzierung nach Fortführungswerten mangelhaft. Der Steuerberater muss bei pflichtgemäßem Verhalten aus den ihm zur Verfügung stehenden Informationen die sichere Überzeugung gewinnen können, dass die Unternehmenstätigkeit - etwa aufgrund einer erkannten Insolvenzreife - nicht fortgeführt werden wird.

(c) Weiter ist die - zu Unrecht Fortführungswerte zugrunde legende - Leistung des Steuerberaters aber auch dann mangelhaft, wenn aus den ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen und den ihm bekannten Umständen tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten folgen, die einer Bilanzierung nach Fortführungswerten entgegenstehen können, und der Steuerberater es unterlassen hat, vom Mandanten abklären zu lassen, ob gleichwohl noch Fortführungswerte zugrunde gelegt werden können. Entscheidend ist, ob der Steuerberater bereits aufgrund der im Rahmen der Erstellung des Jahresabschlusses erlangten oder sonst bei ihm vorhandenen Kenntnisse von Umständen weiß oder wissen müsste, die ihrer Art und ihrer Bedeutung nach geeignet sind, als tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten der Fortsetzung der Unternehmenstätigkeit entgegen zu stehen.

(aa) Die tatsächlichen Gegebenheiten, welche die Unternehmensfortführung verhindern können, sind hauptsächlich wirtschaftliche Schwierigkeiten (Böcking/Gros in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl. § 252 Rn. 17; Staub/Kleindiek, aaO, HGB, 5. Aufl., § 252, Rn. 13; MünchKomm-HGB/ Ballwieser, 3. Aufl., § 252 Rn. 11; Kreipl/Müller in Haufe HGB Bilanz-Kommentar, 7. Aufl., § 252 Rn. 41; Lilienbecker/Link/Rabenhorst, BB 2009, 262). Sobald Hinweise auf entsprechende Umstände vorliegen, ist die Fortführungsfähigkeit näher zu überprüfen (Staub/Kleindiek, aaO Rn. 11; Winkeljohann/Büssow in BeckBil-Kommentar, 10. Aufl., § 252 Rn. 10). Insbesondere ist auf Anzeichen zu achten, die einen Insolvenzgrund darstellen können, vor allem solche, die die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens gefährden können.

Dies kommt etwa in Betracht, wenn das Unternehmen erhebliche Verluste erwirtschaftet, eine zu geringe Eigenkapitalausstattung aufweist oder in Liquiditätsschwierigkeiten gerät (MünchKomm-Bilanzrecht/Tiedchen, § 252 HGB Rn. 24; Lilienbecker/Link/Rabenhorst, BB 2009, 262; Böhmer/Metzing, DStR 2015, 1824, 1825). Ein weiteres Indiz ist die bilanzielle Überschuldung. Zwar ist diese allein kein Insolvenzgrund (BGH, Beschluss vom 8. März 2012 - IX ZR 102/11, WM 2012, 665 Rn. 5 mwN); jedoch kann eine bilanzielle Überschuldung ein Indiz für von § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB verlangte tatsächlichen Gegebenheiten darstellen und Anlass geben, eine insolvenzrechtliche Überschuldung zu prüfen (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 2005 - II ZR 138/03, WM 2005, 848, 849 unter II.1.; vom 27. April 2009 - II ZR 253/07, WM 2009, 1145 Rn. 9; vom 7. März 2013 - IX ZR 64/12, WM 2013, 802 Rn. 16; vom 19. November 2013 - II ZR 229/11, WM 2014, 167 Rn. 17). Im Streitfall bestanden solche Indizien. So lag unstreitig eine bilanzielle Überschuldung vor. Außerdem wies die Schuldnerin wiederholt Verluste auf, die zu einem Verlust des Eigenkapitals und zu einem ständig steigenden, nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag (§ 268 Abs. 3 HGB) führten.

Handelt es sich nach den Umständen des Falles um ernsthafte Indizien, die eine Unternehmensfortführung zweifelhaft erscheinen lassen, darf ein Jahresabschluss nur dann unbesehen auf der Grundlage der Fortführungswerte erstellt werden, wenn anhand konkreter Umstände feststeht, dass diese belastenden Indizien einer Fortführung der Unternehmenstätigkeit jedenfalls nicht entgegenstehen. Andernfalls haben die gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft eingehende Untersuchungen durchzuführen und dabei anhand aktueller, hinreichend detaillierter und konkretisierter interner Planungsunterlagen zu analysieren, ob weiterhin von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen ist (explizite Fortführungsprognose, Winkeljohann/Büssow in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 10. Aufl., § 252 HGB Rn. 10; vgl. Lilienbecker/Link/Rabenhorst, BB 2009, 262, 264; Groß, WPg 2010, 119, 130).

(bb) Erkennt der Steuerberater Umstände, die geeignet sind, die implizite Fortbestehensprognose des § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB in Frage zu stellen, oder hätte er bei pflichtgemäßer Aufmerksamkeit bei Erstellung des Jahresabschlusses solche Umstände erkennen müssen, muss er entweder klären, ob diese Umstände tatsächlich vorliegen oder tatsächlich nicht geeignet sind, die Fortführungsprognose in Frage zu stellen, oder er muss dafür Sorge tragen, dass die Gesellschaft eine explizite Fortführungsprognose erstellt. Übergibt die Gesellschaft dem Steuerberater eine explizite Fortführungsprognose, darf der Steuerberater diese - wenn sie nicht evident untauglich ist - bei der Erstellung des Jahresabschlusses zugrunde legen. Legt der Mandant nicht von sich aus ein Ergebnis einer Prüfung der Fortführungsaussichten vor, muss dies der Steuerberater anmahnen, wenn er das Risiko einer mangelhaften - weil zu Unrecht mit Fortführungswerten aufgestellten - Bilanz ausschließen möchte. Hingegen darf er sich nicht auf bloße Aussagen der Geschäftsführer oder der Gesellschaft ohne sachlichen Gehalt verlassen. Er ist zwar nicht verpflichtet, die notwendigen Überprüfungen ohne gesonderten Auftrag selbst zu veranlassen oder durchzuführen. Er muss jedoch dafür Sorge tragen, dass der Mandant die gegen einen Ansatz von Fortführungswerten bestehenden Bedenken ausräumt, und daher die vom Mandanten abgegebenen Erklärungen daraufhin überprüfen, ob sie stichhaltig sind und Substanz aufweisen.

Die Behauptung des Beklagten, der Geschäftsführer der Schuldnerin habe ihm versichert, das Problem der bilanziellen Überschuldung sei bekannt und man überlege Kapitalerhöhungen, ist nicht geeignet, den Beklagten von der Haftung für einen fehlerhaften Jahresabschluss zu entlasten. Denn sie enthält nur eine vage Ankündigung ohne konkreten sachlichen Gehalt; eine solche Ankündigung vermag die aus einer bilanziellen Überschuldung folgenden Probleme für eine handelsrechtliche Fortführungsprognose nicht zu beseitigen.

(cc) Trotz dem Steuerberater erkennbarer Zweifel an der Fortführungsvermutung ist der von ihm erstellte Jahresabschluss jedoch mangelfrei, wenn der Steuerberater die Gesellschaft auf die konkreten Umstände hingewiesen hat, deretwegen keine ausreichende Grundlage vorhanden war, um ungeprüft Fortführungswerte nach § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB zugrunde legen zu können, die Gesellschaft ihn aber ausdrücklich angewiesen hat, gleichwohl die handelsrechtliche Bilanz mit Fortführungswerten zu erstellen. Beruht der Mangel eines Werks auf Anweisungen oder verbindlichen Vorgaben des Bestellers, entfällt die Haftung für Mängel, sofern der Unternehmer die erforderlichen Prüfungen durchgeführt und die notwendigen Hinweise gegeben hat (Palandt/ Sprau, BGB, 76. Aufl., § 633 Rn. 4; BGH, Urteil vom 29. September 2011 - VII ZR 87/11, NJW 2011, 3780 Rn. 14 mwN; vgl. auch § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die - vom Steuerberater zu beweisenden - Hinweise müssen sowohl die bestehenden Zweifel an der Fortführungsprognose als auch die notwendige Überprüfung genau und im Einzelfall aufzeigen. Die vom Mandanten erteilte Anweisung hat der Steuerberater sodann in dem von ihm erstellten Entwurf eines Jahresabschlusses zu dokumentieren.

Der vom Beklagten nach seiner Behauptung erteilte allgemeine Hinweis, dass eine bilanzielle Überschuldung vorliegt, entlastet den Steuerberater jedoch nicht. Gleiches gilt für die Hinweise auf eine generelle Prüfungspflicht in den Schreiben vom 20. April und 28. August 2007. Der Steuerberater muss den Mandanten vielmehr klar und deutlich darauf hinweisen, dass er die handelsrechtliche Bilanz nur dann nach Fortführungswerten erstellen kann, wenn hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind. Sofern - was revisionsrechtlich zu unterstellen ist - die im Streitfall bestehenden Indizien ernsthafte Zweifel an der Fortführung der Unternehmenstätigkeit begründeten, hätte der Beklagte dem Mandanten zu erläutern gehabt, welche Anforderungen § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB an die Bilanzierung nach Fortführungswerten stellt und dass im Streitfall aufgrund einer bilanziellen Überschuldung und den wiederholten Verlusten konkrete Zweifel an einer Fortführung der Unternehmenstätigkeit bestanden und deshalb eine explizite Fortführungsprognose erforderlich sei.

(3) Hingegen ist der Steuerberater, der beauftragt ist, den Jahresabschluss zu erstellen, ohne einen ausdrücklich hierauf gerichteten Auftrag nicht verpflichtet, über die ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen und die ihm sonst bekannten Umstände hinaus umfassend Nachforschungen oder Untersuchungen anzustellen, ob die gesetzliche Vermutung des § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB tatsächlich gerechtfertigt ist, oder von sich aus nach möglichen Insolvenzgründen zu forschen. Ihn trifft auch keine allgemeine Untersuchungspflicht hinsichtlich der wirtschaftlichen Verhältnisse der Gesellschaft. Daher haftet der Steuerberater für einen objektiv fehlerhaften Jahresabschluss nicht schon dann, wenn er bei einer entsprechenden Nachforschung oder einer entsprechenden Untersuchung der wirtschaftlichen Verhältnisse hätte erkennen können, dass die Gesellschaft insolvenzreif war.

c) Das für eine Schadensersatzhaftung bei Mängeln der Werkleistung erforderliche Verschulden wird vermutet (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB). Der Steuerberater muss sich mithin entlasten.

d) Die Kausalität der fehlerhaften Bilanz für den geltend gemachten Insolvenzverschleppungsschaden, insbesondere also den unterlassenen Insolvenzantrag muss der Insolvenzverwalter beweisen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juni 2013 - IX ZR 204/12, WM 2013, 1323 Rn. 19 ff).

2. Anders als das Berufungsgericht meint, kommt zudem eine Haftung des Beklagten aus § 280 Abs. 1, § 675 Abs. 1 BGB wegen Verletzung einer Hinweis- und Warnpflicht in Betracht. Auch wenn der vom Steuerberater erstellte Jahresabschluss mangelfrei war, können den mit der Erstellung des Jahresabschlusses beauftragten Steuerberater Hinweis- und Warnpflichten treffen.

a) Eine Hinweispflicht des Steuerberaters besteht auch außerhalb des beschränkten Mandatsgegenstandes, soweit die Gefahren dem Steuerberater bekannt oder für ihn offenkundig sind oder sich ihm bei ordnungsgemäßer Bearbeitung aufdrängen und wenn er Grund zu der Annahme hat, dass sein Auftraggeber sich der Gefahr nicht bewusst ist (BGH, Urteil vom 18. Dezember 2008 - IX ZR 12/05, WM 2009, 369 Rn. 14 mwN; Vill in G. Fischer/Vill/D. Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch der Anwaltshaftung, 4. Aufl., § 2 Rn. 20). Dies gilt insbesondere, wenn die Gefahr Interessen des Auftraggebers betrifft, die mit dem beschränkten Auftragsgegenstand in engem Zusammenhang stehen (BGH, Urteil vom 9. Juli 1998 - IX ZR 324/97, WM 1998, 2246, 2248; vom 18. Dezember 2008, aaO; Vill aaO).

aa) Diese Voraussetzungen können bei einem Steuerberater erfüllt sein, der beauftragt ist, einen Jahresabschluss zu erstellen. Trotz inhaltlich richtiger Bilanz können zugunsten des Mandanten Hinweis- und Warnpflichten bestehen, wenn der Steuerberater einen Insolvenzgrund erkennt oder für ihn ernsthafte Anhaltpunkte für einen möglichen Insolvenzgrund offenkundig sind und er annehmen muss, dass die mögliche Insolvenzreife der Mandantin nicht bewusst ist. Solche Anhaltspunkte können für den Steuerberater etwa dann offenkundig sein, wenn die Jahresabschlüsse der Gesellschaft in aufeinanderfolgenden Jahren wiederholt nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbeträge aufweisen. Dies kommt weiter in Betracht, wenn für den Steuerberater offenkundig ist, dass die bilanziell überschuldete Gesellschaft über keine stillen Reserven verfügt. Maßgeblich für die Frage, ob eine Hinweis- und Warnpflicht des Steuerberaters besteht, sind dabei nur die von ihm für den zu erstellenden Jahresabschluss zu prüfenden Umstände.

Der Steuerberater muss im Hinblick auf § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB ohnehin anhand der ihm zur Verfügung gestellten Informationen und der ihm sonst - etwa auch aus einem Dauermandat - bekannten Umstände prüfen, ob sich daraus ernsthafte Hinweise auf einen möglichen Insolvenzgrund ergeben, die als tatsächliche Gegebenheiten Zweifel an der Fortführungsprognose wecken (vgl. Zugehör, WM 2013, 1965, 1969 ff; Vill aaO § 2 Rn. 23). Insbesondere ist der Steuerberater verpflichtet, die Mandantin über rechtliche oder tatsächliche Gegebenheiten zu unterrichten, die er im Zuge der Erstellung der Jahresbilanz erkennen muss und die der Fortführung der Unternehmenstätigkeit im Sinne des § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB entgegenstehen können. Da § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB auf die Tätigkeit des Unternehmens abstellt und im Unterschied dazu §§ 17 ff InsO Handlungspflichten für den Unternehmensträger bestimmen (Kaiser, ZIP 2012, 2478, 2480 f; Eickes, Zum Grundsatz der Unternehmensfortführung in der Insolvenz, S. 116), liegt es für den Steuerberater und den Mandanten nahe, dass der Steuerberater auf solche sich bei der Prüfung des § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB ergebende offenkundige Umstände hinweist, die für den Mandanten Handlungspflichten nach den §§ 17 ff InsO begründen können.

Hingegen ist der Steuerberater nicht zu weitergehenden Überprüfungen verpflichtet. Erst recht ist der Steuerberater nicht verpflichtet, von sich aus eine Überschuldungsprüfung vorzunehmen. Vielmehr hat der Geschäftsführer - wenn ihm die entsprechenden Indizien genannt werden - die erforderlichen Überprüfungen selbst vorzunehmen oder gesondert in Auftrag zu geben (BGH, Urteil vom 7. März 2013 - IX ZR 64/12, WM 2013, 802 Rn. 21). Es ist originäre Aufgabe des Geschäftsführers, die Zahlungsfähigkeit und eine etwaige Überschuldung des von ihm geleiteten Unternehmens im Auge zu behalten und auf eventuelle Anzeichen für eine Insolvenzreife zu reagieren (BGH, Urteil vom 7. März 2013 - IX ZR 64/12, WM 2013, 802 Rn. 21). Der Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verpflichtet, für eine Organisation zu sorgen, die ihm die zur Wahrnehmung seiner Pflichten erforderliche Übersicht über die wirtschaftliche und finanzielle Situation der Gesellschaft jederzeit ermöglicht; verfügt er selbst nicht über ausreichende persönliche Kenntnisse, muss er sich gegebenenfalls fachkundig beraten lassen (BGH, Urteil vom 6. Juni 1994 - II ZR 292/91, BGHZ 126, 181, 199; vom 20. Februar 1995 - II ZR 9/94, ZIP 1995, 560, 561; vom 14. Mai 2007 - II ZR 48/06, ZInsO 2007, 660 Rn. 16; vom 27. März 2012 - II ZR 171/10, ZInsO 2012, 1177, Rn. 15; vom 19. Juni 2012 - II ZR 243/11, ZInsO 2012, 1536 Rn. 11).

bb) Im Streitfall können nach den revisionsrechtlich zu unterstellenden Behauptungen des Klägers solche für den Beklagten offenkundige Umstände vorliegen. Bereits der dem Beklagten mit der erstmaligen Auftragserteilung bekannte Jahresabschluss für das Jahr 2002 wies einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 33.127,93 € auf. Der jeweilige Fehlbetrag stieg in allen vom Beklagten erstellten Jahresabschlüssen mit Ausnahme des Jahresabschlusses für das Jahr 2006 stets an. Zudem hat der Kläger behauptet, dass die Schuldnerin bereits bei Beauftragung des Beklagten über keine stillen Reserven verfügt habe.

Auf dieser Grundlage hat der Beklagte einer etwaigen Hinweis- und Warnpflicht nicht mit seinen im Rechtsstreit vorgelegten Schreiben genügt. Das Schreiben vom 20. April 2007 enthält keinen ausreichenden Hinweis auf einen möglichen Insolvenzgrund, weil der Beklagte darin nur abstrakt die Prüfungspflichten eines Geschäftsführers wiedergibt. Erforderlich ist aber, dass der Steuerberater die maßgeblichen Umstände gegenüber seinem Mandanten im Einzelnen bezeichnet und ihn konkret darauf hinweist, dass diese Umstände Anlass zu einer Prüfung einer möglichen Insolvenzreife geben. Soweit der Beklagte im Schreiben vom 28. August 2007 zusätzlich auf den im Jahresabschluss für das Jahr 2006 enthaltenen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 73.660,22 €, die daraus folgende Überschuldung der Gesellschaft, die in den Vorjahren bestehende vergleichbare Situation und die daraus folgenden Prüfungs- und Handlungspflichten des Geschäftsführers insbesondere hinsichtlich einer Insolvenzantragspflicht hinweist, ist dies grundsätzlich geeignet, eine zu diesem Zeitpunkt bestehende Hinweis- und Warnpflicht zu erfüllen. Dies setzt jedoch voraus, dass eine solche Hinweis- und Warnpflicht - was nach den revisionsrechtlich zu unterstellenden Behauptungen des Klägers möglich ist - nicht schon deutlich früher bestand.

cc) Die Hinweis- und Warnpflicht des Steuerberaters hinsichtlich der Umstände, die auf einen Insolvenzgrund hinweisen, setzt weiter voraus, dass der Steuerberater Grund zu der Annahme hat, dass sein Auftraggeber sich der Gefahr nicht bewusst ist. Daran fehlt es, wenn der Steuerberater davon ausgehen darf, dass sein Mandant sich der Umstände, die auf einen Insolvenzgrund hinweisen, bewusst ist und in der Lage ist, die tatsächliche und rechtliche Bedeutung dieser Umstände einzuschätzen. Entscheidend ist, ob der Geschäftsführer der Gesellschaft über das konkrete tatsächliche und rechtliche Wissen verfügt, um sich veranlasst zu fühlen zu überprüfen, ob er das Unternehmen in seiner bisherigen Form fortführen kann. Hierzu kann es genügen, wenn - wie der Beklagte behauptet hat - die Schuldnerin ihm gegenüber erklärt hat, das Problem der bilanziellen Überschuldung sei bekannt.

b) Soweit der Senat ausgesprochen hat, dass die Unterbilanz für den Geschäftsführer ohne weiteres ersichtlich ist und deshalb keine Hinweispflichten des Steuerberaters auf einen möglichen Insolvenzgrund bestehen (BGH, Urteil vom 7. März 2013 - IX ZR 64/12, WM 2013, 802 Rn. 19), wird daran nicht festgehalten.

c) Erfüllt der Steuerberater diese Hinweispflicht nicht, kommt eine Haftung für einen Insolvenzverschleppungsschaden in Betracht, wenn die Gesellschaft tatsächlich früher Insolvenz angemeldet hätte, sofern ihr die mit den (wiederholten) Jahresfehlbeträgen verbundenen Risiken aufgezeigt worden wären.

C.

Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass das Berufungsgericht nicht nur zu klären haben wird, ob der Beklagte seine Pflichten verletzt hat. Vielmehr wird auch zu klären sein, inwieweit eine etwaige Pflichtverletzung für einen unterbliebenen Insolvenzantrag ursächlich gewesen ist. Zudem wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, inwieweit ein etwaiger Schadensersatzanspruch des Klägers infolge eines der Schuldnerin analog § 31 BGB zuzurechnenden Mitverschuldens ihres Geschäftsführers (§ 254 Abs. 1 BGB) erheblich gemindert oder sogar ganz ausgeschlossen ist (BGH, Urteil vom 6. Juni 2013 - IX ZR 204/12, WM 2013, 1323 Rn. 29 ff).

Bei der Erstellung eines Jahresabschlusses für einen Mandanten haben Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer und Rechtsanwälte den Mandanten auf das Vorliegen eines möglichen Insolvenzgrundes nach den §§ 17 bis 19 der Insolvenzordnung und die sich daran anknüpfenden Pflichten der Geschäftsleiter und Mitglieder der Überwachungsorgane hinzuweisen, wenn entsprechende Anhaltspunkte offenkundig sind und sie annehmen müssen, dass dem Mandanten die mögliche Insolvenzreife nicht bewusst ist.

17
a) Ein Anwaltsvertrag hat auch ohne ausdrückliche Regelung Schutzwirkungen zugunsten eines Dritten, sofern sich dies aus einer maßgeblich durch das Prinzip von Treu und Glauben geprägten ergänzenden Auslegung des Beratervertrags ergibt (BGH, Urteil vom 10. Dezember 2015 - IX ZR 56/15, ZIP 2016, 371 Rn. 26 mwN). Hierzu müssen nach ständiger Rechtsprechung fol- gende Kriterien erfüllt sein: Der Dritte muss mit der Hauptleistung des Rechtsanwalts bestimmungsgemäß in Berührung kommen. Der Gläubiger muss ein schutzwürdiges Interesse an der Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich des Beratungsvertrags haben. Die Einbeziehung Dritter muss dem schutzpflichtigen Berater bekannt oder für ihn zumindest erkennbar sein. Ausgeschlossen ist ein zusätzlicher Drittschutz regelmäßig dann, wenn der Dritte wegen des verfahrensgegenständlichen Sachverhalts bereits über einen inhaltsgleichen vertraglichen Anspruch verfügt (jüngst etwa BGH, aaO mwN).

(1) Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern einen Eröffnungsantrag zu stellen. Der Antrag ist spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung zu stellen. Das Gleiche gilt für die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter oder die Abwickler bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist; dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

(2) Bei einer Gesellschaft im Sinne des Absatzes 1 Satz 3 gilt Absatz 1 sinngemäß, wenn die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter ihrerseits Gesellschaften sind, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, oder sich die Verbindung von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt.

(3) Im Fall der Führungslosigkeit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist auch jeder Gesellschafter, im Fall der Führungslosigkeit einer Aktiengesellschaft oder einer Genossenschaft ist auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Stellung des Antrags verpflichtet, es sei denn, diese Person hat von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Absatz 1 Satz 1 und 2, auch in Verbindung mit Satz 3 oder Absatz 2 oder Absatz 3, einen Eröffnungsantrag

1.
nicht oder nicht rechtzeitig stellt oder
2.
nicht richtig stellt.

(5) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 4 fahrlässig, ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(6) Im Falle des Absatzes 4 Nummer 2, auch in Verbindung mit Absatz 5, ist die Tat nur strafbar, wenn der Eröffnungsantrag rechtskräftig als unzulässig zurückgewiesen wurde.

(7) Auf Vereine und Stiftungen, für die § 42 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt, sind die Absätze 1 bis 6 nicht anzuwenden.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern einen Eröffnungsantrag zu stellen. Der Antrag ist spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung zu stellen. Das Gleiche gilt für die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter oder die Abwickler bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist; dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

(2) Bei einer Gesellschaft im Sinne des Absatzes 1 Satz 3 gilt Absatz 1 sinngemäß, wenn die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter ihrerseits Gesellschaften sind, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, oder sich die Verbindung von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt.

(3) Im Fall der Führungslosigkeit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist auch jeder Gesellschafter, im Fall der Führungslosigkeit einer Aktiengesellschaft oder einer Genossenschaft ist auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Stellung des Antrags verpflichtet, es sei denn, diese Person hat von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Absatz 1 Satz 1 und 2, auch in Verbindung mit Satz 3 oder Absatz 2 oder Absatz 3, einen Eröffnungsantrag

1.
nicht oder nicht rechtzeitig stellt oder
2.
nicht richtig stellt.

(5) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 4 fahrlässig, ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(6) Im Falle des Absatzes 4 Nummer 2, auch in Verbindung mit Absatz 5, ist die Tat nur strafbar, wenn der Eröffnungsantrag rechtskräftig als unzulässig zurückgewiesen wurde.

(7) Auf Vereine und Stiftungen, für die § 42 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt, sind die Absätze 1 bis 6 nicht anzuwenden.

(1) Die nach § 15a Absatz 1 Satz 1 antragspflichtigen Mitglieder des Vertretungsorgans und Abwickler einer juristischen Person dürfen nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung der juristischen Person keine Zahlungen mehr für diese vornehmen. Dies gilt nicht für Zahlungen, die mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar sind.

(2) Zahlungen, die im ordnungsgemäßen Geschäftsgang erfolgen, insbesondere solche Zahlungen, die der Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs dienen, gelten vorbehaltlich des Absatzes 3 als mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar. Im Rahmen des für eine rechtzeitige Antragstellung maßgeblichen Zeitraums nach § 15a Absatz 1 Satz 1 und 2 gilt dies nur, solange die Antragspflichtigen Maßnahmen zur nachhaltigen Beseitigung der Insolvenzreife oder zur Vorbereitung eines Insolvenzantrags mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters betreiben. Zahlungen, die im Zeitraum zwischen der Stellung des Antrags und der Eröffnung des Verfahrens geleistet werden, gelten auch dann als mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar, wenn diese mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters vorgenommen wurden.

(3) Ist der nach § 15a Absatz 1 Satz 1 und 2 für eine rechtzeitige Antragstellung maßgebliche Zeitpunkt verstrichen und hat der Antragspflichtige keinen Antrag gestellt, sind Zahlungen in der Regel nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters vereinbar.

(4) Werden entgegen Absatz 1 Zahlungen geleistet, sind die Antragspflichtigen der juristischen Person zur Erstattung verpflichtet. Ist der Gläubigerschaft der juristischen Person ein geringerer Schaden entstanden, beschränkt sich die Ersatzpflicht auf den Ausgleich dieses Schadens. Soweit die Erstattung oder der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger der juristischen Person erforderlich ist, wird die Pflicht nicht dadurch ausgeschlossen, dass dieselben in Befolgung eines Beschlusses eines Organs der juristischen Person gehandelt haben. Ein Verzicht der juristischen Person auf Erstattungs- oder Ersatzansprüche oder ein Vergleich der juristischen Person über diese Ansprüche ist unwirksam. Dies gilt nicht, wenn der Erstattungs- oder Ersatzpflichtige zahlungsunfähig ist und sich zur Abwendung des Insolvenzverfahrens mit seinen Gläubigern vergleicht, wenn die Erstattungs- oder Ersatzpflicht in einem Insolvenzplan geregelt wird oder wenn ein Insolvenzverwalter für die juristische Person handelt.

(5) Absatz 1 Satz 1 und Absatz 4 gelten auch für Zahlungen an Personen, die an der juristischen Person beteiligt sind, soweit diese zur Zahlungsunfähigkeit der juristischen Person führen mussten, es sei denn, dies war auch bei Beachtung der in Absatz 1 Satz 2 bezeichneten Sorgfalt nicht erkennbar. Satz 1 ist auf Genossenschaften nicht anwendbar.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch für die nach § 15a Absatz 1 Satz 3 und Absatz 2 zur Stellung des Antrags verpflichteten organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter.

(7) Die Ansprüche aufgrund der vorstehenden Bestimmungen verjähren in fünf Jahren. Besteht zum Zeitpunkt der Pflichtverletzung eine Börsennotierung, verjähren die Ansprüche in zehn Jahren.

(8) Eine Verletzung steuerrechtlicher Zahlungspflichten liegt nicht vor, wenn zwischen dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit nach § 17 oder der Überschuldung nach § 19 und der Entscheidung des Insolvenzgerichts über den Insolvenzantrag Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis nicht oder nicht rechtzeitig erfüllt werden, sofern die Antragspflichtigen ihren Verpflichtungen nach § 15a nachkommen. Wird entgegen der Verpflichtung nach § 15a ein Insolvenzantrag verspätet gestellt, gilt dies nur für die nach Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters oder Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung fällig werdenden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis. Wird das Insolvenzverfahren nicht eröffnet und ist dies auf eine Pflichtverletzung der Antragspflichtigen zurückzuführen, gelten die Sätze 1 und 2 nicht.

10
Ausgangspunkt dieser Rechtsprechung waren ursprünglich Fallgestaltungen , in denen einem Vertragspartner gegenüber Dritten eine gesteigerte Fürsorgepflicht oblag, ihm gleichsam deren "Wohl und Wehe" anvertraut war. Der Kreis der in den Schutzbereich des Vertrags einbezogenen Dritten wurde danach bestimmt, ob sich vertragliche Schutzpflichten des Schuldners nach Inhalt und Zweck des Vertrags nicht auf den Vertragspartner beschränkten, sondern - für den Schuldner erkennbar - solche Dritte einschlossen, denen der Gläubiger seinerseits Schutz und Fürsorge schuldete. Dies war insbesondere der Fall, wenn zwischen Gläubiger und Drittem eine Rechtsbeziehung mit personenrechtlichem Einschlag, zum Beispiel ein familien-, arbeits- oder mietvertragliches Verhältnis bestand (vgl. nur BGH, Urteile vom 2. Juli 1996 - X ZR 104/94, BGHZ 133, 168, 170 ff und vom 20. April 2004 - X ZR 250/02, BGHZ 159, 1, 8; Senat, Urteil vom 7. Mai 2009 - III ZR 277/08, BGHZ 181, 12 Rn. 16).
17
a) Ein Anwaltsvertrag hat auch ohne ausdrückliche Regelung Schutzwirkungen zugunsten eines Dritten, sofern sich dies aus einer maßgeblich durch das Prinzip von Treu und Glauben geprägten ergänzenden Auslegung des Beratervertrags ergibt (BGH, Urteil vom 10. Dezember 2015 - IX ZR 56/15, ZIP 2016, 371 Rn. 26 mwN). Hierzu müssen nach ständiger Rechtsprechung fol- gende Kriterien erfüllt sein: Der Dritte muss mit der Hauptleistung des Rechtsanwalts bestimmungsgemäß in Berührung kommen. Der Gläubiger muss ein schutzwürdiges Interesse an der Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich des Beratungsvertrags haben. Die Einbeziehung Dritter muss dem schutzpflichtigen Berater bekannt oder für ihn zumindest erkennbar sein. Ausgeschlossen ist ein zusätzlicher Drittschutz regelmäßig dann, wenn der Dritte wegen des verfahrensgegenständlichen Sachverhalts bereits über einen inhaltsgleichen vertraglichen Anspruch verfügt (jüngst etwa BGH, aaO mwN).

 
BUNDESGERICHTSHOF


Urteil vom 26.01.2017 - IX ZR 285/14

 
Tenor


Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 14. November 2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Klägers erkannt wurde.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand


Die H. GmbH (fortan: Schuldnerin) beauftragte den beklagten Steuerberater im Jahr 2005, den Jahresabschluss für das Jahr 2003 zu erstellen. Hierzu übergab die Schuldnerin dem Beklagten unter anderem den Jahresabschluss für das Jahr 2002, der einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 33.127,93 € auswies. In den Folgejahren erteilte die Schuldnerin dem Beklagten jeweils erneut Einzelaufträge, die Jahresabschlüsse zu erstellen. Der Beklagte kam diesen Aufträgen nach. Das Stammkapital der Schuldnerin betrug anfänglich 25.564,59 €; im Jahr 2007 erfolgte eine Kapitalerhöhung auf 50.000 €.

Die vom Beklagten erstellten Jahresabschlüsse wiesen jeweils nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbeträge auf:

Erstellung Abschluss Stichtag Verlust/Gewinn Fehlbetrag Mai 2005 31.12.2003 - 49.071,31 € 82.199,24 € 2006 31.12.2004 - 13.592,24 € 95.791,48 € 15. März 2007 31.12.2005 - 32.125,13 € 127.852,50 € 28. August 2007 31.12.2006 + 54.192,28 € 73.660,22 € 3. Januar 2009 31.12.2007 - 44.216,94 € 93.441,75 € 

In Anschreiben vom 20. April 2007 und 28. August 2007 wies der Beklagte darauf hin, dass der Geschäftsführer der Schuldnerin verpflichtet sei, "regelmäßig die Zahlungsfähigkeit sowie die Vermögensverhältnisse der GmbH dahingehend zu überprüfen, ob die Zahlungsfähigkeit gewährleistet ist und dass keine Überschuldung vorliegt". Mit Schreiben vom 29. November 2007 wies er auf einen Rückgang der Umsatzerlöse im Vergleich zum Jahr 2006 um fast 50 v.H. bei gleichzeitig um 20 v.H. gestiegenem Personalaufwand hin. Mit Schreiben vom 15. Januar 2009 übersandte er den vorläufigen Jahresabschluss für das Jahr 2007 und teilte mit, dass sich die Überschuldung durch den Jahresfehlbetrag weiter erhöht habe.

Am 2. Juli 2009 stellte die Schuldnerin Eigenantrag; das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen wurde am 15. Juli 2009 eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Kläger behauptet, die Schuldnerin habe über keine stillen Reserven verfügt und sei bereits seit 2002, jedenfalls aber Mitte 2005 bei Übernahme des ersten Auftrags durch den Beklagten insolvenzreif, nämlich überschuldet und aufgrund ihrer aus der Überschuldung folgenden Kreditunwürdigkeit zahlungsunfähig gewesen. Jedenfalls seit 2006 sei die Zahlungsfähigkeit zweifelhaft gewesen. Bereits im Mai 2005 will der Beklagte den Geschäftsführer auf das Problem der bilanziellen Überschuldung hingewiesen haben, worauf dieser ihm erklärt habe, das Problem sei bekannt, es sei eine Kapitalerhöhung geplant und er werde das Problem mit dem Gesellschafter besprechen.

Der Kläger beantragt - soweit noch von Interesse - festzustellen, dass der Beklagte sämtliche Schäden seit dem 30. Juni 2005 zu ersetzen habe, die durch eine verschleppte Insolvenzantragstellung bei der Schuldnerin entstanden seien. Das Landgericht hat die Klage insoweit abgewiesen, die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg gehabt. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Gründe


Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

A.

Das Berufungsgericht hat angenommen, der Beklagte habe keine Pflichten aus dem Steuerberatervertrag verletzt. Der Beklagte habe ein allgemeines steuerrechtliches Mandat gehabt, indem er lediglich die Jahresabschlüsse und Steuererklärungen für die Jahre 2003 bis 2007 angefertigt habe. Im Rahmen eines solchen Mandats bestehe keine Pflicht des Steuerberaters, den Mandanten bei einer Unterdeckung in der Handelsbilanz darauf hinzuweisen, dass der Geschäftsführer verpflichtet sei zu überprüfen, ob Insolvenzreife eingetreten sei, und gegebenenfalls einen Insolvenzantrag zu stellen. Dies gelte auch für Einzelmandate.

Aus dem vom Beklagten in den Jahresabschlüssen für die Jahre 2005 bis 2007 aufgenommenen Hinweis, die entstandenen Bilanzierungs- und Bewertungsfragen seien mit dem Geschäftsführer der Schuldnerin erörtert und einvernehmlich entschieden worden, lasse sich nicht entnehmen, dass der Beklagte eine insolvenzrechtliche Überschuldung der Schuldnerin ausgeschlossen habe. Dem stehe weiter entgegen, dass der Beklagte jeweils zeitnah mit der Übersendung der Jahresabschlüsse den Geschäftsführer darauf hingewiesen habe, dass er eine Überprüfung der Insolvenzreife eigenverantwortlich vorzunehmen und gegebenenfalls Insolvenzantrag zu stellen habe.

B.

Das hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

I.

Allerdings hat der Senat in der Vergangenheit ausgesprochen, dass eine Haftung des Steuerberaters für einen Insolvenzverschleppungsschaden wegen eines unterlassenen Hinweises nur eintreten könne, wenn dieser ausdrücklich mit der Prüfung der Insolvenzreife eines Unternehmens beauftragt sei. Der Steuerberater habe durch seine Aufgabe, Jahresabschlüsse zu fertigen, kein überlegenes Wissen im Hinblick auf eine drohende Überschuldung des Unternehmens im Fall einer bilanziellen Überschuldung (BGH, Urteil vom 7. März 2013 - IX ZR 64/12, WM 2013, 802 Rn. 19; vom 6. Juni 2013 - IX ZR 204/12, WM 2013, 1323 Rn. 13). Es sei grundsätzlich nicht Aufgabe des mit der allgemeinen steuerlichen Beratung der GmbH beauftragten Beraters, die Gesellschaft bei einer Unterdeckung in der Handelsbilanz darauf hinzuweisen, dass es die Pflicht des Geschäftsführers ist, eine Überprüfung vorzunehmen oder in Auftrag zu geben, ob Insolvenzreife eingetreten ist, und gegebenenfalls gemäß § 15a InsO Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu stellen (BGH, Urteil vom 7. März 2013, aaO Rn. 15, 19; vom 6. Juni 2013, aaO Rn. 12). An dieser Rechtsprechung hält der Senat jedoch nicht uneingeschränkt fest.

II.

Im Streitfall kann der Beklagte die durch eine verschleppte Insolvenzantragstellung bei der Schuldnerin entstandenen Schäden zu ersetzen haben, sofern hierfür eine mangelhafte Erstellung der Bilanzen (§ 242 Abs. 1 HGB) ursächlich war (unter 1). Weiter kommt ein Schadensersatzanspruch in Betracht, weil der Beklagte es nach dem revisionsrechtlich zu unterstellenden Vortrag des Klägers unterlassen hat, die Schuldnerin auf die sich aus dem nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag (§ 268 Abs. 3 HGB) ergebenden Risiken hinzuweisen, und nicht darauf aufmerksam gemacht hat, dass dies auf einen Insolvenzgrund hindeutet (unter 2).

1. Das Berufungsgericht hat nicht beachtet, dass der Beklagte nach § 280 Abs. 1, § 634 Nr. 4, § 675 Abs. 1 BGB haften kann, wenn er den Jahresabschlüssen - wie der Kläger behauptet - zu Unrecht Fortführungswerte zugrunde gelegt hat. Ein Steuerberater, der es übernimmt, einen handelsrechtlichen Jahresabschluss für einen Kaufmann oder eine Gesellschaft zu erstellen, schuldet einen Leistungserfolg (unter a). Er verletzt seine Pflichten aus dem ihm erteilten Auftrag, wenn der Jahresabschluss mangelhaft ist (unter b). Er ist zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er diese Pflichtverletzung zu vertreten hat (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB; unter c).

a) Der Steuerberater haftet im Rahmen seines Mandats nach Werkvertragsrecht für Mängel bei der Erstellung des Jahresabschlusses.

aa) Der Auftrag einer Kapitalgesellschaft, einen nach §§ 242, 264 HGB erforderlichen Jahresabschluss zu erstellen, enthält stets eine werkvertragliche Verpflichtung mit Geschäftsbesorgungscharakter (vgl. BGH, Urteil vom 1. Februar 2000 - X ZR 198/97, WM 2000, 973 unter I.; vom 7. März 2002 - III ZR 12/01, WM 2002, 2248, 2249 f; Zugehör, WM 2013, 1965, 1966). Dies gilt jedenfalls, wenn der Steuerberater - wie im Streitfall - einen nur auf die Erstellung des Jahresabschlusses gerichteten Einzelauftrag erhält. Es kann daher offenbleiben, inwieweit Werkvertragsrecht zur Anwendung kommt, wenn es sich beim zu erstellenden Jahresabschluss nur um eine Einzelleistung im Rahmen eines Dauermandats handelt (vgl. BGH, Urteil vom 11. Mai 2006 - IX ZR 63/05, WM 2006, 1411 Rn. 6 ff; vom 14. Juni 2012 - IX ZR 145/11, BGHZ 193, 297 Rn. 9 zur Prüfung der Insolvenzreife). Denn bei der Erstellung eines Jahresabschlusses handelt es sich um einen fest umrissenen Leistungsgegenstand, nicht hingegen um eine allgemeine, laufende Beratungstätigkeit.

bb) Der Steuerberater, der den handelsrechtlichen Jahresabschluss für eine GmbH zu erstellen hat, soll nicht nur eine bestimmte Tätigkeit entfalten, auf deren Grundlage die Gesellschaft bestimmte Ziele erreichen oder ihre Geschäftstätigkeit ausrichten möchte. Vielmehr will die Gesellschaft mit einem solchen Auftrag stets die sie treffenden handelsrechtlichen Pflichten erfüllen und möchte deshalb einen entsprechenden Jahresabschluss als Ergebnis erhalten. Der Inhalt eines nach §§ 242, 264 HGB erforderlichen Jahresabschlusses wird dabei weitgehend durch die gesetzlichen Anforderungen und die eröffneten Gestaltungsmöglichkeiten festgelegt.

b) Der Beklagte hat nach den revisionsrechtlich zu unterstellenden Behauptungen des Klägers die Jahresabschlüsse für die Schuldnerin pflichtwidrig auf der Grundlage von Fortführungswerten und damit mangelhaft erstellt.

aa) Der Bundesgerichtshof hat bereits mit Urteil vom 18. Februar 1987 (IVa ZR 232/85, GmbHR 1987, 463) ausgesprochen, dass ein Steuerberater zum Schadensersatz verpflichtet sein kann, wenn die von ihm fehlerhaft erstellte Bilanz die bestehende rechnerische Überschuldung nicht erkennen ließ und deswegen der Konkursantrag wegen Überschuldung verspätet gestellt wurde. Auch im Urteil vom 7. März 2013 (IX ZR 64/12, WM 2013, 802 Rn. 22) ist der Bundesgerichtshof davon ausgegangen, dass ein Steuerberater wegen Schlechterfüllung des Auftrags zur Erstellung eines handelsrechtlichen Jahresabschlusses schadensersatzpflichtig ist. Zur Haftung führende Mängel weist ein Jahresabschluss jedoch nicht nur dann auf, wenn er die tatsächlich bestehende rechnerische Überschuldung nicht erkennen ließ. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn der Jahresabschluss angesichts einer bestehenden Insolvenzreife der Gesellschaft zu Unrecht von Fortführungswerten ausgeht. Soweit sich aus früheren Entscheidungen des Senats (insbesondere BGH, Urteil vom 7. März 2013, aaO; vom 6. Juni 2013 - IX ZR 204/12, WM 2013, 1323 Rn. 12 f) etwas anderes ergeben sollte, wird daran nicht festgehalten.

bb) Mängel weist der Jahresabschluss auf, wenn er nicht der vereinbarten oder jedenfalls nicht der für Jahresabschlüsse nach der gewöhnlichen Verwendung üblichen Beschaffenheit entspricht (§ 633 BGB). Welche Beschaffenheit vertraglich geschuldet ist, richtet sich nach dem Umfang der Pflichten, die den Steuerberater nach dem Inhalt des ihm erteilten Auftrags bei der Erstellung eines Jahresabschlusses treffen. Er hängt von dem konkreten Mandat ab (BGH, Urteil vom 4. März 1987 - IVa ZR 222/85, VersR 1987, 565 unter 1.; vom 7. März 2013 - IX ZR 64/12, WM 2013, 802 Rn. 14).

Der mit der Erstellung des Jahresabschlusses beauftragte Steuerberater schuldet grundsätzlich einen den handelsrechtlichen Vorschriften entsprechenden, die Grenzen der zulässigen Gestaltungsmöglichkeiten nicht überschreitenden und in diesem Sinne richtigen Jahresabschluss (vgl. Zugehör, WM 2013, 1965). Gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB ist in einer Handelsbilanz bei der Bewertung von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen, sofern dem nicht tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten entgegenstehen. Von diesen Grundsätzen darf gemäß § 252 Abs. 2 HGB nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden. § 264 Abs. 2 Satz 1 HGB bestimmt schließlich, dass der Jahresabschluss der Kapitalgesellschaft unter Beachtung der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Kapitalgesellschaft zu vermitteln hat. Angesichts der fachlichen Kompetenz des Steuerberaters erwartet der Mandant, dass der Steuerberater den Jahresabschluss entsprechend dem Inhalt der dem Steuerberater zur Verfügung gestellten Unterlagen und den sonst dem Steuerberater bekannten Umständen vollständig erstellt, Bewertungsfragen - im Zusammenwirken mit dem Mandanten - klärt und bei offenen Fragen über die damit zusammenhängende Problematik aufklärt und eine Entscheidung des Mandanten herbeiführt.

Allerdings ist der Steuerberater ohne besondere Vereinbarung nicht verpflichtet, von sich aus die für die Fortführungsprognose (§ 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB) erheblichen Tatsachen zu ermitteln. Vielmehr hat der Steuerberater den Jahresabschluss lediglich auf der Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen und der ihm bekannten Umstände zu erstellen. Nur in diesem Rahmen hat der Steuerberater zu prüfen, ob tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten bestehen, die einer Fortführung der Unternehmenstätigkeit entgegenstehen können (§ 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB). Der Bilanzaufsteller bestätigt mit seiner Unterschrift unter den Jahresabschluss, dass ihm keine Umstände bekannt sind, die zu einer Abkehr von der Fortführungsvermutung zwingen (Kaiser, ZIP 2012, 2478, 2483). Soweit danach Entscheidungen des Mandanten erforderlich sind oder Gestaltungsmöglichkeiten genutzt werden sollen oder Bewertungsprobleme zu lösen sind, hat der Steuerberater hierzu die Entscheidung des Mandanten einzuholen, sofern das Mandat nicht ausdrücklich bereits entsprechende Vorgaben enthält.

Weiter richtet sich nach dem erteilten Mandat, in welchem Umfang der Steuerberater die ihm für die Erstellung des Jahresabschlusses vorgelegten Unterlagen und Angaben des Mandanten inhaltlich zu überprüfen hat. Insoweit kann ein Auftrag erteilt werden, der nur eine Erstellung ohne Beurteilungen des Steuerberaters umfasst, ebenso aber Aufträge mit einer Plausibilitätsbeurteilung oder mit einer umfassenden Beurteilung. Jedoch ist der Jahresabschluss unabhängig vom Umfang der Prüfungspflicht des Steuerberaters stets mangelhaft, wenn er auf der Grundlage der dem Steuerberater übergebenen Unterlagen und Angaben des Unternehmers und der dem Steuerberater - etwa aus einem Dauermandat - bekannten Umstände den handelsrechtlich zulässigen Rahmen überschreitet, also handelsrechtliche Vorgaben verletzt.

cc) Nach diesen Maßstäben ist im Streitfall nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht auszuschließen, dass die vom Beklagten erstellten Bilanzen pflichtwidrig mangelhaft waren. Der Kläger hat geltend gemacht, dass der Beklagte den von ihm erstellten Bilanzen Fortführungswerte zugrunde gelegt hat, obwohl dies nach § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB nicht mehr zulässig gewesen sei.

(1) Eine Haftung des Steuerberaters setzt zunächst voraus, dass eine Bilanzierung nach Fortführungswerten objektiv aus der Sicht ex ante ausschied. Dies ist der Fall, wenn feststeht, dass der Fortführung der Unternehmenstätigkeit tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten entgegenstehen (§ 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB).

(a) Hierbei ist zunächst zu berücksichtigen, dass es sich um eine Prognoseentscheidung des bilanzierenden Unternehmens handelt, weil darauf abzustellen ist, ob das Unternehmen seine Tätigkeit für einen überschaubaren Zeitraum voraussichtlich fortsetzen wird (MünchKomm-Bilanzrecht/Tiedchen, § 252 HGB Rn. 20; Winkeljohann/Büssow in BeckBil-Kommentar, 10. Aufl., § 252 HGB Rn. 11; KK-RLR/Claussen, § 252 Rn. 17 f; Kaiser, ZIP 2012, 2478, 2483). Sie hat sich auf den handelsrechtlich gebotenen Zeitraum zu erstrecken, regelmäßig jedenfalls auf das auf den Abschlussstichtag folgende Geschäftsjahr (MünchKomm-Bilanzrecht/Tiedchen, aaO; Winkeljohann/Büssow in BeckBil-Kommentar, aaO; Groß, WPg 2004, 1357, 1371; Groß/Amen, DB 2005, 1861, 1865; Lück, DB 2001, 1945, 1947; Schulze-Osterloh, DStR 2007, 1006, 1007; Semler/Goldschmidt, ZIP 2005, 3, 9; Kaiser, aaO S. 2484). Objektiv falsch ist eine Bilanzierung nach Fortführungswerten daher nur dann, wenn zum maßgebenden Zeitpunkt der Prognoseentscheidung feststeht, dass die Unternehmenstätigkeit bis zum Ablauf des Prognosezeitraums aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen eingestellt werden wird (Kaiser, aaO S. 2486; Eickes, DB 2015, 933, 934 f).

Die Fortführung der Unternehmenstätigkeit ist nach dem Gesetz der zunächst zu unterstellende Regelfall; es spricht so lange eine Vermutung dafür, wie nicht Umstände sichtbar werden, welche die Fortführung unwahrscheinlich erscheinen lassen (MünchKomm-Bilanzrecht/Tiedchen, § 252 HGB Rn. 18; Schulze-Osterloh, DStR 2007, 1006, 1007) oder zweifelsfreie Kenntnis von der Unmöglichkeit der Fortführung besteht (MünchKomm-HGB/Ballwieser, 3. Aufl. § 252 Rn. 9; Schulze-Osterloh, aaO). Art. 31 Abs. 1 lit. a Richtlinie 78/660/EWG vom 25. Juli 1978 (ABl. (EG) 1978 Nr. L 222/11; jetzt Art. 6 Abs. 1 lit. a Richtlinie 2013/34/EU vom 26. Juni 2013, ABl. L 182 vom 29. Juni 2013, S. 19), dessen Umsetzung § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB dient, bestimmt als allgemeinen Grundsatz für die Bewertung, dass eine Fortsetzung der Unternehmenstätigkeit unterstellt wird. Daher ist selbst bei Zweifeln an der Überlebensfähigkeit des Unternehmens unter Fortführungsgesichtspunkten zu bilanzieren (Schulze-Osterloh, aaO). Die Fortführungsvermutung entfällt erst, wenn es objektiv fehlerhaft wäre, von der Aufrechterhaltung der Unternehmenstätigkeit auszugehen (Kaiser, ZIP 2012, 2478, 2482). Die Umstände müssen ergeben, dass die Einstellung der Unternehmenstätigkeit unvermeidbar oder beabsichtigt ist (Groß/ Amen, DB 2005, 1861, 1867). Tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten müssen sich derart konkretisieren, dass die Unternehmenstätigkeit jedenfalls innerhalb des Prognosezeitraums eingestellt werden wird (Eickes, DB 2015, 933, 934 f). Eine Bewertung zu Liquidationswerten hat zu erfolgen, wenn feststeht, dass das Unternehmen nicht mehr fortgeführt werden kann (KK-RLR/Claussen, § 252 Rn. 16).

(b) Solche tatsächlichen oder rechtlichen Gegebenheiten können nach dem Vortrag des Klägers im Streitfall vorliegen. Besteht für eine Kapitalgesellschaft - wie der Kläger dies für die Schuldnerin bereits für Mitte des Jahres 2005 behauptet - ein Insolvenzgrund, weil sie überschuldet oder zahlungsunfähig ist, liegen regelmäßig tatsächliche Gegebenheiten im Sinne des § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB vor, die der Regelvermutung einer Fortführung der Unternehmenstätigkeit entgegenstehen (Merkt in Baumbach/Hopt, HGB, 37. Aufl., § 252 Rn. 7; Staub/Kleindiek, HGB, 5. Aufl. § 252 Rn. 13; Böcking/ Gros in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl. § 252 Rn. 17; Groß/ Amen, DB 2005, 1861, 1866; Lilienbecker/Link/Rabenhorst, BB 2009, 262; Groß, WPg 2010, 119, 122 f; Kaiser, aaO S. 2487; Baumert, ZIP 2013, 1851, 1852 Fn. 14; Böhmer/Metzing, DStR 2015, 1824, 1825). Jedoch bedingt ein vorliegender Insolvenzgrund nicht zwingend für den handelsrechtlichen Jahresabschluss eine Aufgabe des von § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB bestimmten Fortführungsprinzips (Kreipl/Müller in Haufe HGB Bilanz-Kommentar, 7. Aufl., § 252 Rn. 46; Hater, Insolvenzrechtliche Fortbestehungsprognose und handelsrechtliche Fortführungsprognose, S. 122 f; Kaiser, aaO S. 2486 f; Eickes, aaO S. 935). Hiervon geht auch § 155 InsO aus (vgl. BT-Drucks. 12/2443 S. 172). § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB knüpft vielmehr an die Unternehmenstätigkeit als solche an; es geht darum, die im Jahresabschluss ausgewiesenen Vermögensgegenstände entsprechend ihrem tatsächlichen Verwendungszweck zutreffend zu bewerten (Kaiser, aaO S. 2480).

Liegt ein Insolvenzgrund vor, ist für die handelsrechtliche Bilanzierung entscheidend, ob eine Fortführung der Unternehmenstätigkeit auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu erwarten oder damit zu rechnen ist, dass das Unternehmen noch vor dem Insolvenzantrag, bereits im Eröffnungsverfahren (§ 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 InsO) oder alsbald nach Insolvenzeröffnung stillgelegt werden wird (§§ 157, 158 InsO). Abzustellen ist dabei darauf, ob die Unternehmenstätigkeit aufgrund der Insolvenzreife innerhalb des Prognosezeitraums eingestellt werden wird (Eickes, aaO). Daher kann trotz eines Insolvenzgrundes handelsrechtlich eine Bilanzierung nach Fortführungswerten zulässig sein, wenn ein glaubhafter Fortführungsinsolvenzplan vorliegt, eine übertragende Sanierung innerhalb des Prognosezeitraums angestrebt wird und möglich ist (Groß/Amen, DB 2005, 1861, 1866; Lilienbecker/Link/Rabenhorst, BB 2009, 262; Eickes, aaO S. 936; vgl. auch Hater, aaO S. 129 ff) oder anzunehmen ist, dass die Unternehmenstätigkeit auch nach einer Eröffnung des Insolvenzverfahrens jedenfalls innerhalb des Prognosezeitraums fortgeführt werden wird (vgl. Kaiser, aaO S. 2481; Eickes, aaO; Füchsl/Weishäupl/Jaffe in Münch-Komm-InsO, 3. Aufl., § 155 Rn. 6 f; Kübler in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2013, § 155 Rn. 53, 57, 59).

Dies erfordert eine komplexe Prognose über die Gesamtsituation des Unternehmens (vgl. Staub/Kleindiek, HGB, 5. Aufl., § 252 Rn. 13; Kaiser, aaO S. 2480 ff). Wird in einem solchen Fall noch mit Fortführungswerten bilanziert, bedarf dies mithin der konkreten Begründung im Einzelfall. Allein die Tatsache, dass das Unternehmen trotz eines bereits vorliegenden Insolvenzgrundes weiter tätig ist, rechtfertigt es nicht, bei der Bewertung von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen. Die aktive Teilnahme am Wirtschaftsleben allein genügt auch bei rückblickender Betrachtung nicht zum Nachweis einer künftigen Unternehmensfortführung (vgl. Hater, aaO S. 93). Für die Prognose, ob die aufgrund eines bestehenden Insolvenzgrundes und einer etwa bestehenden Antragspflicht (§ 15a InsO) zu erwartende Insolvenzeröffnung zur Einstellung der Unternehmenstätigkeit führen wird, kommt es vielmehr darauf an, wie das Unternehmen zum Zeitpunkt des Eintritts des Insolvenzgrundes steht. Wenn das Unternehmen in der Vergangenheit keine Gewinne erwirtschaftet hat, nicht leicht auf finanzielle Mittel zurückgreifen kann und eine bilanzielle Überschuldung droht oder sogar schon eingetreten ist, besteht angesichts der daraus folgenden Insolvenzgefährdung zunächst keine ausreichende Wahrscheinlichkeit, dass sich das Unternehmen außerhalb eines Insolvenzverfahrens fortführen lässt (Groß/Amen, DB 2005, 1861, 1866). Dann erfordert das Insolvenzrecht die Erstellung einer insolvenzrechtlichen Fortbestehensprognose, deren Ergebnis in die bilanzielle Fortführungsprognose einzubeziehen ist (Groß/Amen aaO; Groß, WPg 2010, 119, 123).

(2) Die Haftung des Steuerberaters setzt weiter voraus, dass der Steuerberater die falsche Bilanzierung nach Fortführungswerten nach Umfang und Inhalt des erteilten Auftrags auch zu verantworten hat. Ein Steuerberater haftet nicht für jeden objektiv zu Unrecht auf der Grundlage von Fortführungswerten erstellten Jahresabschluss. Er darf jedoch dem von ihm erstellten Jahresabschluss keine Fortführungswerte zugrunde legen, wenn auf der Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden Informationen die Vermutung des § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB entweder widerlegt erscheint oder ernsthafte Zweifel bestehen, die nicht ausgeräumt werden. Ob dies der Fall ist, hat der Tatrichter zu entscheiden.

(a) Ergeben sich aus den dem Steuerberater zur Verfügung gestellten Unterlagen und den sonst dem Steuerberater bekannten Umständen keine Anhaltspunkte für Zweifel an einer Fortsetzung der Unternehmenstätigkeit, handelt der Steuerberater pflichtgemäß, der entsprechend der gesetzlichen Vermutung des § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit ausgeht. Dies trifft insbesondere dann ohne weiteres zu, wenn die Gesellschaft in der Vergangenheit nachhaltige Gewinne erzielt hat, leicht auf finanzielle Mittel zurückgreifen kann und keine bilanzielle Überschuldung droht (implizite Fortbestehensprognose, Winkeljohann/Büssow in BeckBil-Kommentar, 10. Aufl., § 252 HGB Rn. 10; Hater, aaO S. 79 ff; Lilienbecker/Link/Rabenhorst, BB 2009, 262, 263; Groß, WPg 2010, 119, 129; Ehlers, NZI 2011, 161, 164; Böhmer/Metzing, DStR 2015, 1824, 1825).

(b) Steht umgekehrt bereits auf der Grundlage der dem Steuerberater für die Erstellung des Jahresabschlusses zur Verfügung gestellten Unterlagen und der ihm bekannten Umstände fest, dass die Fortführungsvermutung des § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB nicht mehr zutrifft, ist eine Bilanzierung nach Fortführungswerten mangelhaft. Der Steuerberater muss bei pflichtgemäßem Verhalten aus den ihm zur Verfügung stehenden Informationen die sichere Überzeugung gewinnen können, dass die Unternehmenstätigkeit - etwa aufgrund einer erkannten Insolvenzreife - nicht fortgeführt werden wird.

(c) Weiter ist die - zu Unrecht Fortführungswerte zugrunde legende - Leistung des Steuerberaters aber auch dann mangelhaft, wenn aus den ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen und den ihm bekannten Umständen tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten folgen, die einer Bilanzierung nach Fortführungswerten entgegenstehen können, und der Steuerberater es unterlassen hat, vom Mandanten abklären zu lassen, ob gleichwohl noch Fortführungswerte zugrunde gelegt werden können. Entscheidend ist, ob der Steuerberater bereits aufgrund der im Rahmen der Erstellung des Jahresabschlusses erlangten oder sonst bei ihm vorhandenen Kenntnisse von Umständen weiß oder wissen müsste, die ihrer Art und ihrer Bedeutung nach geeignet sind, als tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten der Fortsetzung der Unternehmenstätigkeit entgegen zu stehen.

(aa) Die tatsächlichen Gegebenheiten, welche die Unternehmensfortführung verhindern können, sind hauptsächlich wirtschaftliche Schwierigkeiten (Böcking/Gros in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl. § 252 Rn. 17; Staub/Kleindiek, aaO, HGB, 5. Aufl., § 252, Rn. 13; MünchKomm-HGB/ Ballwieser, 3. Aufl., § 252 Rn. 11; Kreipl/Müller in Haufe HGB Bilanz-Kommentar, 7. Aufl., § 252 Rn. 41; Lilienbecker/Link/Rabenhorst, BB 2009, 262). Sobald Hinweise auf entsprechende Umstände vorliegen, ist die Fortführungsfähigkeit näher zu überprüfen (Staub/Kleindiek, aaO Rn. 11; Winkeljohann/Büssow in BeckBil-Kommentar, 10. Aufl., § 252 Rn. 10). Insbesondere ist auf Anzeichen zu achten, die einen Insolvenzgrund darstellen können, vor allem solche, die die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens gefährden können.

Dies kommt etwa in Betracht, wenn das Unternehmen erhebliche Verluste erwirtschaftet, eine zu geringe Eigenkapitalausstattung aufweist oder in Liquiditätsschwierigkeiten gerät (MünchKomm-Bilanzrecht/Tiedchen, § 252 HGB Rn. 24; Lilienbecker/Link/Rabenhorst, BB 2009, 262; Böhmer/Metzing, DStR 2015, 1824, 1825). Ein weiteres Indiz ist die bilanzielle Überschuldung. Zwar ist diese allein kein Insolvenzgrund (BGH, Beschluss vom 8. März 2012 - IX ZR 102/11, WM 2012, 665 Rn. 5 mwN); jedoch kann eine bilanzielle Überschuldung ein Indiz für von § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB verlangte tatsächlichen Gegebenheiten darstellen und Anlass geben, eine insolvenzrechtliche Überschuldung zu prüfen (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 2005 - II ZR 138/03, WM 2005, 848, 849 unter II.1.; vom 27. April 2009 - II ZR 253/07, WM 2009, 1145 Rn. 9; vom 7. März 2013 - IX ZR 64/12, WM 2013, 802 Rn. 16; vom 19. November 2013 - II ZR 229/11, WM 2014, 167 Rn. 17). Im Streitfall bestanden solche Indizien. So lag unstreitig eine bilanzielle Überschuldung vor. Außerdem wies die Schuldnerin wiederholt Verluste auf, die zu einem Verlust des Eigenkapitals und zu einem ständig steigenden, nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag (§ 268 Abs. 3 HGB) führten.

Handelt es sich nach den Umständen des Falles um ernsthafte Indizien, die eine Unternehmensfortführung zweifelhaft erscheinen lassen, darf ein Jahresabschluss nur dann unbesehen auf der Grundlage der Fortführungswerte erstellt werden, wenn anhand konkreter Umstände feststeht, dass diese belastenden Indizien einer Fortführung der Unternehmenstätigkeit jedenfalls nicht entgegenstehen. Andernfalls haben die gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft eingehende Untersuchungen durchzuführen und dabei anhand aktueller, hinreichend detaillierter und konkretisierter interner Planungsunterlagen zu analysieren, ob weiterhin von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen ist (explizite Fortführungsprognose, Winkeljohann/Büssow in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 10. Aufl., § 252 HGB Rn. 10; vgl. Lilienbecker/Link/Rabenhorst, BB 2009, 262, 264; Groß, WPg 2010, 119, 130).

(bb) Erkennt der Steuerberater Umstände, die geeignet sind, die implizite Fortbestehensprognose des § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB in Frage zu stellen, oder hätte er bei pflichtgemäßer Aufmerksamkeit bei Erstellung des Jahresabschlusses solche Umstände erkennen müssen, muss er entweder klären, ob diese Umstände tatsächlich vorliegen oder tatsächlich nicht geeignet sind, die Fortführungsprognose in Frage zu stellen, oder er muss dafür Sorge tragen, dass die Gesellschaft eine explizite Fortführungsprognose erstellt. Übergibt die Gesellschaft dem Steuerberater eine explizite Fortführungsprognose, darf der Steuerberater diese - wenn sie nicht evident untauglich ist - bei der Erstellung des Jahresabschlusses zugrunde legen. Legt der Mandant nicht von sich aus ein Ergebnis einer Prüfung der Fortführungsaussichten vor, muss dies der Steuerberater anmahnen, wenn er das Risiko einer mangelhaften - weil zu Unrecht mit Fortführungswerten aufgestellten - Bilanz ausschließen möchte. Hingegen darf er sich nicht auf bloße Aussagen der Geschäftsführer oder der Gesellschaft ohne sachlichen Gehalt verlassen. Er ist zwar nicht verpflichtet, die notwendigen Überprüfungen ohne gesonderten Auftrag selbst zu veranlassen oder durchzuführen. Er muss jedoch dafür Sorge tragen, dass der Mandant die gegen einen Ansatz von Fortführungswerten bestehenden Bedenken ausräumt, und daher die vom Mandanten abgegebenen Erklärungen daraufhin überprüfen, ob sie stichhaltig sind und Substanz aufweisen.

Die Behauptung des Beklagten, der Geschäftsführer der Schuldnerin habe ihm versichert, das Problem der bilanziellen Überschuldung sei bekannt und man überlege Kapitalerhöhungen, ist nicht geeignet, den Beklagten von der Haftung für einen fehlerhaften Jahresabschluss zu entlasten. Denn sie enthält nur eine vage Ankündigung ohne konkreten sachlichen Gehalt; eine solche Ankündigung vermag die aus einer bilanziellen Überschuldung folgenden Probleme für eine handelsrechtliche Fortführungsprognose nicht zu beseitigen.

(cc) Trotz dem Steuerberater erkennbarer Zweifel an der Fortführungsvermutung ist der von ihm erstellte Jahresabschluss jedoch mangelfrei, wenn der Steuerberater die Gesellschaft auf die konkreten Umstände hingewiesen hat, deretwegen keine ausreichende Grundlage vorhanden war, um ungeprüft Fortführungswerte nach § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB zugrunde legen zu können, die Gesellschaft ihn aber ausdrücklich angewiesen hat, gleichwohl die handelsrechtliche Bilanz mit Fortführungswerten zu erstellen. Beruht der Mangel eines Werks auf Anweisungen oder verbindlichen Vorgaben des Bestellers, entfällt die Haftung für Mängel, sofern der Unternehmer die erforderlichen Prüfungen durchgeführt und die notwendigen Hinweise gegeben hat (Palandt/ Sprau, BGB, 76. Aufl., § 633 Rn. 4; BGH, Urteil vom 29. September 2011 - VII ZR 87/11, NJW 2011, 3780 Rn. 14 mwN; vgl. auch § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die - vom Steuerberater zu beweisenden - Hinweise müssen sowohl die bestehenden Zweifel an der Fortführungsprognose als auch die notwendige Überprüfung genau und im Einzelfall aufzeigen. Die vom Mandanten erteilte Anweisung hat der Steuerberater sodann in dem von ihm erstellten Entwurf eines Jahresabschlusses zu dokumentieren.

Der vom Beklagten nach seiner Behauptung erteilte allgemeine Hinweis, dass eine bilanzielle Überschuldung vorliegt, entlastet den Steuerberater jedoch nicht. Gleiches gilt für die Hinweise auf eine generelle Prüfungspflicht in den Schreiben vom 20. April und 28. August 2007. Der Steuerberater muss den Mandanten vielmehr klar und deutlich darauf hinweisen, dass er die handelsrechtliche Bilanz nur dann nach Fortführungswerten erstellen kann, wenn hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind. Sofern - was revisionsrechtlich zu unterstellen ist - die im Streitfall bestehenden Indizien ernsthafte Zweifel an der Fortführung der Unternehmenstätigkeit begründeten, hätte der Beklagte dem Mandanten zu erläutern gehabt, welche Anforderungen § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB an die Bilanzierung nach Fortführungswerten stellt und dass im Streitfall aufgrund einer bilanziellen Überschuldung und den wiederholten Verlusten konkrete Zweifel an einer Fortführung der Unternehmenstätigkeit bestanden und deshalb eine explizite Fortführungsprognose erforderlich sei.

(3) Hingegen ist der Steuerberater, der beauftragt ist, den Jahresabschluss zu erstellen, ohne einen ausdrücklich hierauf gerichteten Auftrag nicht verpflichtet, über die ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen und die ihm sonst bekannten Umstände hinaus umfassend Nachforschungen oder Untersuchungen anzustellen, ob die gesetzliche Vermutung des § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB tatsächlich gerechtfertigt ist, oder von sich aus nach möglichen Insolvenzgründen zu forschen. Ihn trifft auch keine allgemeine Untersuchungspflicht hinsichtlich der wirtschaftlichen Verhältnisse der Gesellschaft. Daher haftet der Steuerberater für einen objektiv fehlerhaften Jahresabschluss nicht schon dann, wenn er bei einer entsprechenden Nachforschung oder einer entsprechenden Untersuchung der wirtschaftlichen Verhältnisse hätte erkennen können, dass die Gesellschaft insolvenzreif war.

c) Das für eine Schadensersatzhaftung bei Mängeln der Werkleistung erforderliche Verschulden wird vermutet (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB). Der Steuerberater muss sich mithin entlasten.

d) Die Kausalität der fehlerhaften Bilanz für den geltend gemachten Insolvenzverschleppungsschaden, insbesondere also den unterlassenen Insolvenzantrag muss der Insolvenzverwalter beweisen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juni 2013 - IX ZR 204/12, WM 2013, 1323 Rn. 19 ff).

2. Anders als das Berufungsgericht meint, kommt zudem eine Haftung des Beklagten aus § 280 Abs. 1, § 675 Abs. 1 BGB wegen Verletzung einer Hinweis- und Warnpflicht in Betracht. Auch wenn der vom Steuerberater erstellte Jahresabschluss mangelfrei war, können den mit der Erstellung des Jahresabschlusses beauftragten Steuerberater Hinweis- und Warnpflichten treffen.

a) Eine Hinweispflicht des Steuerberaters besteht auch außerhalb des beschränkten Mandatsgegenstandes, soweit die Gefahren dem Steuerberater bekannt oder für ihn offenkundig sind oder sich ihm bei ordnungsgemäßer Bearbeitung aufdrängen und wenn er Grund zu der Annahme hat, dass sein Auftraggeber sich der Gefahr nicht bewusst ist (BGH, Urteil vom 18. Dezember 2008 - IX ZR 12/05, WM 2009, 369 Rn. 14 mwN; Vill in G. Fischer/Vill/D. Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch der Anwaltshaftung, 4. Aufl., § 2 Rn. 20). Dies gilt insbesondere, wenn die Gefahr Interessen des Auftraggebers betrifft, die mit dem beschränkten Auftragsgegenstand in engem Zusammenhang stehen (BGH, Urteil vom 9. Juli 1998 - IX ZR 324/97, WM 1998, 2246, 2248; vom 18. Dezember 2008, aaO; Vill aaO).

aa) Diese Voraussetzungen können bei einem Steuerberater erfüllt sein, der beauftragt ist, einen Jahresabschluss zu erstellen. Trotz inhaltlich richtiger Bilanz können zugunsten des Mandanten Hinweis- und Warnpflichten bestehen, wenn der Steuerberater einen Insolvenzgrund erkennt oder für ihn ernsthafte Anhaltpunkte für einen möglichen Insolvenzgrund offenkundig sind und er annehmen muss, dass die mögliche Insolvenzreife der Mandantin nicht bewusst ist. Solche Anhaltspunkte können für den Steuerberater etwa dann offenkundig sein, wenn die Jahresabschlüsse der Gesellschaft in aufeinanderfolgenden Jahren wiederholt nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbeträge aufweisen. Dies kommt weiter in Betracht, wenn für den Steuerberater offenkundig ist, dass die bilanziell überschuldete Gesellschaft über keine stillen Reserven verfügt. Maßgeblich für die Frage, ob eine Hinweis- und Warnpflicht des Steuerberaters besteht, sind dabei nur die von ihm für den zu erstellenden Jahresabschluss zu prüfenden Umstände.

Der Steuerberater muss im Hinblick auf § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB ohnehin anhand der ihm zur Verfügung gestellten Informationen und der ihm sonst - etwa auch aus einem Dauermandat - bekannten Umstände prüfen, ob sich daraus ernsthafte Hinweise auf einen möglichen Insolvenzgrund ergeben, die als tatsächliche Gegebenheiten Zweifel an der Fortführungsprognose wecken (vgl. Zugehör, WM 2013, 1965, 1969 ff; Vill aaO § 2 Rn. 23). Insbesondere ist der Steuerberater verpflichtet, die Mandantin über rechtliche oder tatsächliche Gegebenheiten zu unterrichten, die er im Zuge der Erstellung der Jahresbilanz erkennen muss und die der Fortführung der Unternehmenstätigkeit im Sinne des § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB entgegenstehen können. Da § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB auf die Tätigkeit des Unternehmens abstellt und im Unterschied dazu §§ 17 ff InsO Handlungspflichten für den Unternehmensträger bestimmen (Kaiser, ZIP 2012, 2478, 2480 f; Eickes, Zum Grundsatz der Unternehmensfortführung in der Insolvenz, S. 116), liegt es für den Steuerberater und den Mandanten nahe, dass der Steuerberater auf solche sich bei der Prüfung des § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB ergebende offenkundige Umstände hinweist, die für den Mandanten Handlungspflichten nach den §§ 17 ff InsO begründen können.

Hingegen ist der Steuerberater nicht zu weitergehenden Überprüfungen verpflichtet. Erst recht ist der Steuerberater nicht verpflichtet, von sich aus eine Überschuldungsprüfung vorzunehmen. Vielmehr hat der Geschäftsführer - wenn ihm die entsprechenden Indizien genannt werden - die erforderlichen Überprüfungen selbst vorzunehmen oder gesondert in Auftrag zu geben (BGH, Urteil vom 7. März 2013 - IX ZR 64/12, WM 2013, 802 Rn. 21). Es ist originäre Aufgabe des Geschäftsführers, die Zahlungsfähigkeit und eine etwaige Überschuldung des von ihm geleiteten Unternehmens im Auge zu behalten und auf eventuelle Anzeichen für eine Insolvenzreife zu reagieren (BGH, Urteil vom 7. März 2013 - IX ZR 64/12, WM 2013, 802 Rn. 21). Der Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verpflichtet, für eine Organisation zu sorgen, die ihm die zur Wahrnehmung seiner Pflichten erforderliche Übersicht über die wirtschaftliche und finanzielle Situation der Gesellschaft jederzeit ermöglicht; verfügt er selbst nicht über ausreichende persönliche Kenntnisse, muss er sich gegebenenfalls fachkundig beraten lassen (BGH, Urteil vom 6. Juni 1994 - II ZR 292/91, BGHZ 126, 181, 199; vom 20. Februar 1995 - II ZR 9/94, ZIP 1995, 560, 561; vom 14. Mai 2007 - II ZR 48/06, ZInsO 2007, 660 Rn. 16; vom 27. März 2012 - II ZR 171/10, ZInsO 2012, 1177, Rn. 15; vom 19. Juni 2012 - II ZR 243/11, ZInsO 2012, 1536 Rn. 11).

bb) Im Streitfall können nach den revisionsrechtlich zu unterstellenden Behauptungen des Klägers solche für den Beklagten offenkundige Umstände vorliegen. Bereits der dem Beklagten mit der erstmaligen Auftragserteilung bekannte Jahresabschluss für das Jahr 2002 wies einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 33.127,93 € auf. Der jeweilige Fehlbetrag stieg in allen vom Beklagten erstellten Jahresabschlüssen mit Ausnahme des Jahresabschlusses für das Jahr 2006 stets an. Zudem hat der Kläger behauptet, dass die Schuldnerin bereits bei Beauftragung des Beklagten über keine stillen Reserven verfügt habe.

Auf dieser Grundlage hat der Beklagte einer etwaigen Hinweis- und Warnpflicht nicht mit seinen im Rechtsstreit vorgelegten Schreiben genügt. Das Schreiben vom 20. April 2007 enthält keinen ausreichenden Hinweis auf einen möglichen Insolvenzgrund, weil der Beklagte darin nur abstrakt die Prüfungspflichten eines Geschäftsführers wiedergibt. Erforderlich ist aber, dass der Steuerberater die maßgeblichen Umstände gegenüber seinem Mandanten im Einzelnen bezeichnet und ihn konkret darauf hinweist, dass diese Umstände Anlass zu einer Prüfung einer möglichen Insolvenzreife geben. Soweit der Beklagte im Schreiben vom 28. August 2007 zusätzlich auf den im Jahresabschluss für das Jahr 2006 enthaltenen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 73.660,22 €, die daraus folgende Überschuldung der Gesellschaft, die in den Vorjahren bestehende vergleichbare Situation und die daraus folgenden Prüfungs- und Handlungspflichten des Geschäftsführers insbesondere hinsichtlich einer Insolvenzantragspflicht hinweist, ist dies grundsätzlich geeignet, eine zu diesem Zeitpunkt bestehende Hinweis- und Warnpflicht zu erfüllen. Dies setzt jedoch voraus, dass eine solche Hinweis- und Warnpflicht - was nach den revisionsrechtlich zu unterstellenden Behauptungen des Klägers möglich ist - nicht schon deutlich früher bestand.

cc) Die Hinweis- und Warnpflicht des Steuerberaters hinsichtlich der Umstände, die auf einen Insolvenzgrund hinweisen, setzt weiter voraus, dass der Steuerberater Grund zu der Annahme hat, dass sein Auftraggeber sich der Gefahr nicht bewusst ist. Daran fehlt es, wenn der Steuerberater davon ausgehen darf, dass sein Mandant sich der Umstände, die auf einen Insolvenzgrund hinweisen, bewusst ist und in der Lage ist, die tatsächliche und rechtliche Bedeutung dieser Umstände einzuschätzen. Entscheidend ist, ob der Geschäftsführer der Gesellschaft über das konkrete tatsächliche und rechtliche Wissen verfügt, um sich veranlasst zu fühlen zu überprüfen, ob er das Unternehmen in seiner bisherigen Form fortführen kann. Hierzu kann es genügen, wenn - wie der Beklagte behauptet hat - die Schuldnerin ihm gegenüber erklärt hat, das Problem der bilanziellen Überschuldung sei bekannt.

b) Soweit der Senat ausgesprochen hat, dass die Unterbilanz für den Geschäftsführer ohne weiteres ersichtlich ist und deshalb keine Hinweispflichten des Steuerberaters auf einen möglichen Insolvenzgrund bestehen (BGH, Urteil vom 7. März 2013 - IX ZR 64/12, WM 2013, 802 Rn. 19), wird daran nicht festgehalten.

c) Erfüllt der Steuerberater diese Hinweispflicht nicht, kommt eine Haftung für einen Insolvenzverschleppungsschaden in Betracht, wenn die Gesellschaft tatsächlich früher Insolvenz angemeldet hätte, sofern ihr die mit den (wiederholten) Jahresfehlbeträgen verbundenen Risiken aufgezeigt worden wären.

C.

Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass das Berufungsgericht nicht nur zu klären haben wird, ob der Beklagte seine Pflichten verletzt hat. Vielmehr wird auch zu klären sein, inwieweit eine etwaige Pflichtverletzung für einen unterbliebenen Insolvenzantrag ursächlich gewesen ist. Zudem wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, inwieweit ein etwaiger Schadensersatzanspruch des Klägers infolge eines der Schuldnerin analog § 31 BGB zuzurechnenden Mitverschuldens ihres Geschäftsführers (§ 254 Abs. 1 BGB) erheblich gemindert oder sogar ganz ausgeschlossen ist (BGH, Urteil vom 6. Juni 2013 - IX ZR 204/12, WM 2013, 1323 Rn. 29 ff).

12
a) Bei einem gegenständlich beschränkten Mandat kann der Rechtsanwalt zu Hinweisen und Warnungen außerhalb des eigentlichen Vertragsgegenstandes verpflichtet sein. Solche Warn- und Hinweispflichten knüpfen an das Informations- und Wissensgefälle zwischen dem Anwalt und seinem Mandanten an. Sie folgen aus § 242 BGB und sollen verhindern, dass das Ziel des Beratungsvertrages trotz der für sich genommen vertragsgemäßen Beraterleistung verfehlt wird. Voraussetzung derartiger Pflichten ist, dass die dem Mandanten drohenden Gefahren dem Anwalt bekannt oder für ihn offenkundig sind oder sich ihm bei ordnungsgemäßer Bearbeitung des Mandats aufdrängen; Voraussetzung ist weiter, dass der Anwalt Grund zu der Annahme hat, dass sein Auftraggeber sich der Gefahren nicht bewusst ist (BGH, Urteil vom 9. Juli 1998 - IX ZR 324/97, WM 1998, 2246, 2247 mwN; vgl. auch BGH, Urteil vom 26. Juni 2008 - IX ZR 145/05, WM 2008, 1563 Rn. 15; vom 20. April 2017 - III ZR 470/16, VersR 2018, 31 Rn. 48 mwN; Vill in G. Fischer/Vill/D. Fischer/ Rinkler/Chab, Handbuch der Anwaltshaftung, 4. Aufl., § 2 Rn. 20; Zugehör, in: Festschrift für Hans Gerhard Ganter, S. 573 ff, 576 f; Weinland in Henssler/ Gehrlein/Holzinger, Handbuch der Beraterhaftung, Kap. 3 Rn. 307; vgl. auch BGH, Urteil vom 7. Dezember 2017 - IX ZR 25/17, WM 2018, 378 Rn. 16 zu entsprechenden Pflichten eines Steuerberaters).

(1) Die Mitglieder des zur Geschäftsführung berufenen Organs einer juristischen Person (Geschäftsleiter) wachen fortlaufend über Entwicklungen, welche den Fortbestand der juristischen Person gefährden können. Erkennen sie solche Entwicklungen, ergreifen sie geeignete Gegenmaßnahmen und erstatten den zur Überwachung der Geschäftsleitung berufenen Organen (Überwachungsorganen) unverzüglich Bericht. Berühren die zu ergreifenden Maßnahmen die Zuständigkeiten anderer Organe, wirken die Geschäftsleiter unverzüglich auf deren Befassung hin.

(2) Bei Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit im Sinne von § 15a Absatz 1 Satz 3 und Absatz 2 der Insolvenzordnung gilt Absatz 1 entsprechend für die Geschäftsleiter der zur Geschäftsführung berufenen Gesellschafter.

(3) Weitergehende Pflichten, die sich aus anderen Gesetzen ergeben, bleiben unberührt.

(1) Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern einen Eröffnungsantrag zu stellen. Der Antrag ist spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung zu stellen. Das Gleiche gilt für die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter oder die Abwickler bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist; dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

(2) Bei einer Gesellschaft im Sinne des Absatzes 1 Satz 3 gilt Absatz 1 sinngemäß, wenn die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter ihrerseits Gesellschaften sind, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, oder sich die Verbindung von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt.

(3) Im Fall der Führungslosigkeit einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist auch jeder Gesellschafter, im Fall der Führungslosigkeit einer Aktiengesellschaft oder einer Genossenschaft ist auch jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Stellung des Antrags verpflichtet, es sei denn, diese Person hat von der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung oder der Führungslosigkeit keine Kenntnis.

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Absatz 1 Satz 1 und 2, auch in Verbindung mit Satz 3 oder Absatz 2 oder Absatz 3, einen Eröffnungsantrag

1.
nicht oder nicht rechtzeitig stellt oder
2.
nicht richtig stellt.

(5) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 4 fahrlässig, ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(6) Im Falle des Absatzes 4 Nummer 2, auch in Verbindung mit Absatz 5, ist die Tat nur strafbar, wenn der Eröffnungsantrag rechtskräftig als unzulässig zurückgewiesen wurde.

(7) Auf Vereine und Stiftungen, für die § 42 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt, sind die Absätze 1 bis 6 nicht anzuwenden.

Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(1) Der Dritte kann seinen Anspruch auf Schadensersatz auch gegen den Versicherer geltend machen,

1.
wenn es sich um eine Haftpflichtversicherung zur Erfüllung einer nach dem Pflichtversicherungsgesetz bestehenden Versicherungspflicht handelt oder
2.
wenn über das Vermögen des Versicherungsnehmers das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist oder ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt worden ist oder
3.
wenn der Aufenthalt des Versicherungsnehmers unbekannt ist.
Der Anspruch besteht im Rahmen der Leistungspflicht des Versicherers aus dem Versicherungsverhältnis und, soweit eine Leistungspflicht nicht besteht, im Rahmen des § 117 Abs. 1 bis 4. Der Versicherer hat den Schadensersatz in Geld zu leisten. Der Versicherer und der ersatzpflichtige Versicherungsnehmer haften als Gesamtschuldner.

(2) Der Anspruch nach Absatz 1 unterliegt der gleichen Verjährung wie der Schadensersatzanspruch gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem die Verjährung des Schadensersatzanspruchs gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer beginnt; sie endet jedoch spätestens nach zehn Jahren von dem Eintritt des Schadens an. Ist der Anspruch des Dritten bei dem Versicherer angemeldet worden, ist die Verjährung bis zu dem Zeitpunkt gehemmt, zu dem die Entscheidung des Versicherers dem Anspruchsteller in Textform zugeht. Die Hemmung, die Ablaufhemmung und der Neubeginn der Verjährung des Anspruchs gegen den Versicherer wirken auch gegenüber dem ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer und umgekehrt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 196/00 Verkündet am:
25. Februar 2002
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Die Ausfallhaftung des § 31 Abs. 3 GmbHG erfaßt nicht den gesamten durch Eigenkapital
nicht gedeckten Fehlbetrag, sondern ist auf den Betrag der Stammkapitalziffer
beschränkt.

b) Die Ausfallhaftung aus dem Gesichtspunkt des existenzvernichtenden Eingriffs
(BGH, Urt. v. 17. September 2001 - II ZR 178/99, ZIP 2001, 1874, 1876) trifft auch
diejenigen Mitgesellschafter, die, ohne selber etwas empfangen zu haben, durch
ihr Einverständnis mit dem Vermögensabzug an der Existenzvernichtung der Gesellschaft
mitgewirkt haben.

c) Für die Haftung einer Person, die sich wie ein faktischer Geschäftsführer
verhält, nach § 43 Abs. 2 GmbHG genügt es nicht, daß sie auf die satzungsmäßigen
Geschäftsführer gesellschaftsintern einwirkt. Erforderlich ist
auch ein nach außen hervortretendes, üblicherweise der Geschäftsführung
zuzurechnendes Handeln (in Anschluß an BGHZ 104, 44, 48).
BGH, Urteil vom 25. Februar 2002 - II ZR 196/00 - OLG Karlsruhe
LG Mannheim
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. Februar 2002 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h.c. Röhricht und die Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Henze, Kraemer
und die Richterin Münke

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 4. Mai 2000 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Tatbestand:


Der Kläger, Konkursverwalter über das Vermögen der L. GmbH (Gemeinschuldnerin), nimmt die Beklagten auf Zahlung von 1.839.409,37 DM in Anspruch. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Alleingesellschafter G. der Gemeinschuldnerin, die über ein Stammkapital von 100.000,00 DM verfügte, übertrug mit notariellem Vertrag vom 21. August 1992 einen Geschäftsanteil von 20 % auf Ma. M. und einen solchen von 60 % auf F. S., der als Treuhänder des Beklagten zu 2 handelte. Durch weiteren Vertrag vom 21. August 1992 verpfändeten Herr M. den von ihm erworbenen und Herr G. den von ihm gehalte-
nen restlichen Geschäftsanteil von 20 % der Beklagten zu 1 als Sicherheit für ein von dieser der Gemeinschuldnerin gewährtes, am 1. Oktober 1997 rückzahlbares verzinsliches Darlehen von 5 Mio. DM. Zugleich übertrugen beide der Beklagten zu 1 für die Dauer des Darlehensvertrages ihr Gewinnbezugsrecht und erteilten ihr die unwiderrufliche Vollmacht, das Stimmrecht in der Gemeinschuldnerin auszuüben und sie als Gesellschafter in allen Gesellschafterfunktionen zu vertreten. Die Beklagte zu 1 erklärte sich auûerdem damit einverstanden, daû Herr G. mit dem Darlehensbetrag Rechnungen von Bauunternehmen für ein von ihm durchgeführtes Bauvorhaben "U.straûe" beglich und mit diesen Zahlungen zugleich ein Darlehen von ca. 1,5 Mio. DM getilgt wurde, das er nach seinen Angaben der Gemeinschuldnerin gewährt hatte. Am 26. November 1992 übertrug F. S. den für den Beklagten zu 2 gehaltenen Geschäftsanteil auf Herrn E., der am 4. November 1992 zusätzlich zu den Herren G. und M. als Geschäftsführer bestellt worden war und der den Anteil als Treuhänder für den Beklagten zu 2 hielt.
In der Zeit vom 25. August bis zum 31. Oktober 1992 wurden zu Lasten der Gemeinschuldnerin Verbindlichkeiten von Herrn G. in Höhe von 1.498.596,37 DM gegenüber der Firma "W." und am 7. Dezember 1992 in Höhe von 340.813,00 DM gegenüber der Firma "Max." durch Zahlung mit Schecks getilgt, die Herr M. ausgestellt hatte.
Der Kläger verlangt von den Beklagten Erstattung des zu Lasten der Gemeinschuldnerin für Herrn G. bezahlten Gesamtbetrages von 1.839.409,37 DM. Er stützt den Anspruch auf die Ausfallhaftung nach § 31 Abs. 3 GmbHG, die den Beklagten zu 2 als Treugeber des für ihn von Herrn
E. gehaltenen Geschäftsanteils und die Beklagte zu 1 als Pfandnehmerin der Geschäftsanteile sowie Berechtigte aus den im Vertrag vom 21. August 1992 enthaltenen Nebenabreden treffe. Er ist ferner der Ansicht, die Beklagten seien zum Ersatz wegen einer Treupflichtverletzung gegenüber der Gemeinschuldnerin und Gefährdung ihrer Existenz verpflichtet. Darüber hinaus seien sie faktisch als Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin aufgetreten und hafteten deswegen nach § 43 Abs. 3 GmbHG. Er hält ferner die Voraussetzungen für eine Haftung nach den Grundsätzen des qualifiziert faktischen GmbHKonzerns sowie aus unerlaubter Handlung (§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB sowie § 826 BGB) für gegeben.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Beklagte zu 1 zur Zahlung von 40.000,00 DM und den Beklagten zu 2 von 60.000,00 DM - jeweils nebst 4 % Zinsen seit dem 15. März 1997 und als Gesamtschuldner neben M. und G. - verurteilt. Mit seiner Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des Landgerichtsurteils.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist nicht begründet. Dem Kläger stehen gegen die Beklagten über die vom Berufungsgericht hinaus zuerkannten Beträge keine Ersatzansprüche zu.
Die Beklagten haften nach § 31 Abs. 3 GmbHG nicht über die Beträge hinaus, die das Berufungsgericht dem Kläger gegen die Beklagten zugesprochen hat. Ihre Haftung ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der
Treupflichtverletzung gegenüber der Gemeinschuldnerin oder der Gefährdung ihrer Existenz. Sie trifft auch keine Haftung nach den Grundsätzen des qualifiziert faktischen GmbH-Konzerns oder aus unerlaubter Handlung nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 266 StGB bzw. aus § 826 BGB.
1. Das Berufungsgericht hat die Beklagten nach § 31 Abs. 3 GmbHG zu einer Erstattungsleistung entsprechend den ihnen zuzurechnenden Geschäftsanteilen verurteilt, weil von Herrn G. als dem alleinigen Empfänger der Leistungen keine Rückzahlungen zu erlangen sind. Es hat jedoch die Haftsumme auf den Betrag des Stammkapitals der Gemeinschuldnerin beschränkt , so daû auf die Beklagte zu 1 ein Erstattungsbetrag von 40.000,00 DM und den Beklagten zu 2 ein solcher von 60.000,00 DM entfällt. In Höhe des darüber hinaus geltend gemachten Betrages von insgesamt 1.739.409,37 DM hat es die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision, nach deren Ansicht die Haftung nach § 31 Abs. 3 GmbHG auch den nicht vom Eigenkapital gedeckten, einem Gesellschafter unter Verstoû gegen § 30 Abs. 1 GmbHG zugewandten Betrag erfaût, haben keinen Erfolg.

a) Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob Herr G. der Gemeinschuldnerin ein Darlehen über ca. 1,5 Mio. DM gewährt hatte und die Zahlungen, die aus dem Vermögen der Gemeinschuldnerin an die Firma W. vorgenommen worden sind, der Tilgung dieses Darlehens dienten. Für die Revisionsinstanz ist somit davon auszugehen, daû ein solches Darlehen nicht bestanden hat und daher Tilgungsleistungen darauf nicht erbracht worden sind.
Das Berufungsgericht hat auch keine Feststellungen zu der Behauptung des Klägers getroffen, in der Zeit vom 25. August bis zum 7. Dezember 1992 habe sich der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag um 3.460.852,12 DM erhöht. Auch davon ist daher revisionsrechtlich auszugehen.

b) Entgegen der Ansicht der Revision erfaût die Ausfallhaftung nach § 31 Abs. 3 GmbHG jedoch nicht den gesamten durch das Eigenkapital nicht gedeckten Betrag. Vielmehr ist die Haftung auf den Betrag des Stammkapitals zu beschränken, der zur Befriedigung der Gläubiger benötigt wird.
Allerdings hat der Senat bereits vor längerer Zeit entschieden, § 30 GmbHG decke nicht nur die Erhaltung vorhandenen Stammkapitals, sondern auch den Fall ab, daû Zahlungen an Gesellschafter nach Verlust des Stammkapitals der Gesellschaft nur noch unter Herbeiführung oder Vertiefung einer Überschuldung aus Fremdmitteln erfolgen könnten. Denn die Sicherung des Stammkapitals sei nicht gegenständlich, sondern als rein rechnerischer Schutz des Gesellschaftsvermögens angelegt, so daû der Rechnungsposten "Stammkapital" auch dann noch geschützt werden müsse, wenn das Aktivvermögen der Gesellschaft nicht nur den rechnerischen Betrag des Stammkapitals, sondern auch die vorhandenen Verbindlichkeiten nicht mehr decke. Die Ausfallhaftung nach § 31 Abs. 3 GmbHG bestehe mithin auch in den Überschuldungsfällen. Der Senat hat jedoch damals ausdrücklich offengelassen, ob das Haftungsrisiko der Mitgesellschafter aus § 31 Abs. 3 GmbHG in den Überschuldungsfällen im Interesse der Vermeidung einer nicht mehr kalkulierbaren Haftungsausweitung zu beschränken sei (Sen.Urt. v. 5. Februar 1990 - II ZR 114/89, ZIP 1990, 451, 453).
Der Senat hält bei der Auszahlung von Vermögen, das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlich ist, an Gesellschafter eine Beschränkung der Haftung der Mitgesellschafter, die von der Auszahlung nicht profitieren, mit der weit überwiegenden Meinung im Schrifttum für geboten (Baumbach /Hueck/Fastrich, GmbHG 17. Aufl. § 31 Rdn. 17; Hachenburg /Goerdeler/Müller, GmbHG 8. Aufl. § 31 Rdn. 54; Scholz/H. P. Westermann, GmbHG 9. Aufl. § 31 Rdn. 30; Lutter/ Hommelhoff, GmbHG 15. Aufl. § 31 Rdn. 21; K. Schmidt, BB 1995, 532, 533; ders., Gesellschaftsrecht, 3. Aufl. § 37 III 3 b; im Ergebnis zustimmend auch Roth/Altmeppen, GmbHG 3. Aufl. § 31 Rdn. 21; a.A. Fabritius, ZHR 144 (1980), 628, 635; Immenga, ZGR 1975, 487, 491; Gätsch, BB 1990, 704; Kleffner, Erhaltung des Stammkapitals und Haftung nach §§ 30, 31 GmbHG 1994, S. 182 f.). Zwar löst das Gesetz den Widerstreit zwischen dem Interesse dieser Gesellschafter an der Aufrechterhaltung ihrer Haftungsbeschränkung und dem Interesse der Gläubiger an der Erhaltung des gebundenen Kapitals zu Lasten der Gesellschafter. Damit trägt es der Tatsache Rechnung, daû die Gesellschafter der GmbH und ihren wirtschaftlichen Risiken näherstehen als die Gläubiger. Den Umstand, daû die Mitgesellschafter aus der Zahlung nichts erlangen , berücksichtigt es damit, daû es ihnen lediglich eine Ausfallhaftung nach den bevorteilten Gesellschaftern zumutet. Ferner darf nicht übersehen werden, daû sich das Risiko, das mit der Auszahlung nicht durch Eigenkapital gedeckten Vermögens verbunden ist, nach der gesetzgeberischen Konzeption auf das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen beschränkte. Mit Stammkapital war "das im Gesellschaftsvertrag festgesetzte Sollvermögen" zu verstehen, "dem das Aktivvermögen der Gesellschaft als Deckung gegenübersteht" (Begründung des Entwurfs eines Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Drucks. zu den Verhandlungen des Deut-
schen Reiches 1891, Nr. 94, S. 66; vgl. ferner Ulmer, FS 100 Jahre GmbHGesetz 1992, S. 363, 371). Dieser Ausgangspunkt ist allgemein als unzutreffend erkannt worden (vgl. u.a. BGHZ 60, 324, 331; Urt. v. 5. Februar 1990, aaO S. 453). Trotz dieser Entstehungsgeschichte der §§ 30 f. GmbHG erscheint es zwar gerechtfertigt, die Haftung nach § 31 Abs. 1 und 2 GmbHG auf den gesamten , nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag zu erstrecken. Den Belangen der nach § 31 Abs. 3 GmbHG haftenden Gesellschafter würde man vor diesem Regelungshintergrund auch bei angemessener Berücksichtigung der Gläubigerinteressen jedoch nicht gerecht, wenn sie auch für den die Stammkapitalziffer übersteigenden Fehlbetrag haften würden. Zudem wird zu Recht darauf hingewiesen, daû eine unbeschränkte Haftung mit der besonderen Haftungsstruktur in der GmbH und mit dem Fehlen einer gesetzlichen Nachschuû- und Übernahmepflicht der Gesellschafter unvereinbar wäre (so zutreffend Ulmer, FS 100 Jahre GmbH-Gesetz, aaO S. 371; K. Schmidt, BB 1995, aaO S. 530; Scholz/H. P. Westermann, aaO § 31 Rdn. 30; im Ergebnis auch Roth/Altmeppen, aaO § 30 Rdn. 13).
Im Schrifttum ist im einzelnen umstritten, auf welchen Betrag diese Haftung zu beschränken ist. Die Regelung des § 31 Abs. 3 GmbHG, daû die Gesellschafter "nach dem Verhältnis ihrer Geschäftsanteile" haften, ist nach herrschender Ansicht so zu verstehen, daû dieser anteiligen Haftung der Fehlbetrag in Höhe des Stammkapitals als Obergrenze zugrunde zu legen ist (vgl. u.a. Hachenburg/Goerdeler/Müller, aaO § 31 Rdn. 54; Baumbach/Hueck/Fastrich, aaO § 31 Rdn. 17; Just, GmbH-Rundschau 1983, 289 f.; Ulmer, FS 100 Jahre GmbH-Gesetz, aaO S. 372). Nach anderer Ansicht ist die Vorschrift so auszulegen , daû sich wie bei § 24 GmbHG die anteilige Haftung auf die Stammeinlagebeträge der Gesellschafter beschränkt, die den unter Verstoû gegen das
Gesetz ausgezahlten Betrag empfangen haben (K. Schmidt, Gesellschaftsrecht , aaO § 37 III 2 d, S. 1139 f.; BB 1995, aaO S. 530 f.). Diese Frage bedarf jedoch im vorliegenden Falle keiner Entscheidung. Da die Beklagten das Berufungsurteil hingenommen haben, ist es, soweit zu ihrem Nachteil entschieden worden ist, bereits rechtskräftig.
2. Die Beklagten trifft keine Haftung aus einem sonstigen Verpflichtungsgrund.

a) Zutreffend hat das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten auf Schadensersatz unter dem Gesichtspunkt der schuldhaften Mitwirkung an der Auszahlung der Beträge von 1.498.596,37 DM an die Firma W. und von 340.813,00 DM an die Firma Max. durch die Herren G. und M. abgelehnt. Wie der Senat unter Aufgabe seiner gegenteiligen frühren Rechtsprechung entschieden hat, richten sich die Rechtsfolgen eines Verstoûes gegen das Kapitalerhaltungsgebot aus § 30 GmbHG ausschlieûlich nach § 31 GmbHG. Die abschlieûende Regelung dieser Vorschrift schlieût eine weitergehende Haftung auch bei schuldhafter Mitwirkung der anderen Gesellschafter an dem Vermögensentzug grundsätzlich aus.

b) Im vorliegenden Fall scheidet auch eine Haftung der Beklagten wegen Existenzvernichtung der Gemeinschuldnerin aus.
Die Revision weist zwar zutreffend darauf hin, daû nach der neuesten Rechtsprechung des Senats eine Ausfallhaftung der Gesellschafter dann in Betracht kommt, wenn sie beim Abzug von Vermögen der Gesellschaft nicht die gebotene angemessene Rücksicht auf die Erhaltung ihrer Fähigkeit zur Be-
dienung ihrer Verbindlichkeiten genommen und damit die Insolvenz der Gesellschaft herbeigeführt haben. Das muû auch für die durch ihr Einverständnis mit dem Vermögensabzug an der Existenzvernichtung der Gesellschaft mitwirkenden Gesellschafter gelten. (BGHZ 142, 92, 95; BGH, Urt. v. 17. September 2001 - II ZR 178/99, ZIP 2001, 1874, 1876). Zur Darlegung einer Existenzvernichtung der Gemeinschuldnerin hat die Revision auf den Vortrag des Klägers im Schriftsatz vom 16. Dezember 1999 Bezug genommen. Aus diesem Vortrag ergibt sich jedoch nicht, daû die Beklagten durch ihr Verhalten die Existenz der Gemeinschuldnerin vernichtet hätten. Der Kläger führt in diesem Schriftsatz unter Darlegung eines umfangreichen Zahlenwerkes aus, das Vermögen der Gemeinschuldnerin sei durch die Auszahlungen um ca. 22 % verringert und um diesen Betrag die Überschuldung der Gesellschaft erhöht worden. Es ist zwar unbestreitbar, daû sich durch die Auszahlungen die wirtschaftliche Lage der Gemeinschuldnerin in dem vom Kläger dargestellten Maûe verschlechtert hat. Ein bestandsvernichtender Eingriff, der den Beklagten zuzurechnen wäre, kann darin jedoch schon deswegen nicht gesehen werden, weil die Beklagte zu 1 der Gemeinschuldnerin, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, nach dem Vertrag vom 21. August 1992 5 Mio. DM und später nochmals 3,6 Mio. DM, also insgesamt 8,6 Mio. DM zur Verfügung gestellt hat.
Der Kläger hat in diesem Zusammenhang weiter vorgetragen, die Beklagten hätten die Überschuldung der späteren Gemeinschuldnerin zum Schaden der Gläubiger dadurch auszunutzen versucht, daû sie ohne eigene reale Gegenleistung den sogenannten Beraterstamm der Gemeinschuldnerin hätten vereinnahmen wollen. Darin kann schon deswegen kein bestandsvernichtender Eingriff gesehen werden, weil es nach dem Vortrag des Klägers bei dem Versuch der Abwerbung geblieben ist. Es ist nicht ersichtlich, daû ein mögliches
Bemühen der Beklagten um die Abwerbung der Berater Erfolg gehabt hat, die Gemeinschuldnerin aus diesem Grunde zum Absatz ihrer Produkte nicht mehr in der Lage und mit Rücksicht darauf ihre weitere Existenz nicht mehr gewährleistet war.
3. Eine Haftung der Beklagten nach den Grundsätzen des qualifiziert faktischen GmbH-Konzerns scheidet ebenfalls aus.
Wie sich aus dem Senatsurteil vom 17. September 2001 (aaO S. 1876) ergibt, hat der Senat die Rechtsprechung zur Haftung aus qualifiziert faktischem Konzern aufgegeben. An ihre Stelle ist die Ausfallhaftung wegen existenzvernichtenden Eingriffs (vorstehend 2 b) getreten. Im übrigen gelten die Grundsätze der Haftung aus Treupflichtverletzung gegenüber den Mitgesellschaftern (BGHZ 65, 15).
4. Aus den oben bereits genannten Gründen (unter 2 b) scheidet auch eine Haftung aus der Erfüllung der Tatbestände des § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB und des § 826 BGB aus.
5. Die Revision ist der Ansicht, die Beklagten hätten sich durch bis in Einzelheiten gehende Weisungen gegenüber den Geschäftsführern G. und M. faktisch wie Geschäftsführer verhalten. Als solche hätten sie pflichtwidrig Zahlungen im Sinne des § 64 Abs. 2 GmbHG vorgenommen, so daû sie auch nach dieser Vorschrift erstattungspflichtig seien. Ferner komme eine Haftung nach § 43 GmbHG in Betracht. Dieser Rüge der Revision ist ebenfalls der Erfolg zu versagen.

a) Eine Haftung der Beklagten zu 1, einer GmbH, als "faktisches Geschäftsführungsorgan" scheidet von vornherein aus. Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 GmbHG kann Geschäftsführer nur eine natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Person sein. Was nach dem Gesetz für das rechtlich dem geschäftsführenden Organ angehörige Mitglied gilt, ist auch für die Beurteilung maûgebend, ob jemand faktisch als Mitglied des geschäftsführenden Organs in Betracht kommt.

b) Aber auch eine Haftung des Beklagten zu 2 scheidet unter dem von der Revision angeführten Gesichtspunkt aus. Ob eine Person, die sich faktisch wie ein Geschäftsführer verhält, auch wie ein solcher haftet, ist im Schrifttum umstritten (bejahend Hopt in Groûkomm. AktG, 4. Aufl. § 93 Rdn. 49 f.; Scholz/U. H. Schneider, GmbHG 9. Aufl. § 43 Rdn. 18; Organhaftung bei Organverdrängung bejahend U. Stein, Das faktische Organ 1984, S. 136 ff.; KK/Mertens, 2. Aufl. § 93 Rdn. 12; ablehnend Hüffer, AktG 4. Aufl. § 93 Rdn. 12; Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG 17. Aufl. § 43 Rdn. 3). Der Senat hat bisher lediglich ausgesprochen, daû eine Person, die zwar rechtlich nicht dem geschäftsführenden Organ einer Kapitalgesellschaft angehört, tatsächlich aber wie ein Organmitglied auftritt und handelt, die Pflicht trifft, den Insolvenzantrag nach § 64 Abs. 1 GmbHG zu stellen (BGHZ 104, 44; vgl. auch BGHZ 75, 96, 106). Die Frage der Haftung des "faktischen Organs" braucht auch im vorliegenden Falle nicht entschieden zu werden, weil entgegen der Ansicht der Revision die von dem Kläger aufgeführten Einzelheiten des Verhaltens des Beklagten zu 2 die Voraussetzungen, unter denen von einem "faktischen Organ" gesprochen werden kann, nicht erfüllen. Der Senat hat dazu seinerzeit ausgeführt, es sei nicht erforderlich, daû der Handelnde die gesetzliche Geschäftsführung völlig verdränge. Entscheidend sei aber, daû der Betreffende
die Geschicke der Gesellschaft maûgeblich in die Hand genommen habe. Dazu reiche eine interne Einwirkung auf die satzungsmäûigen Geschäftsführer nicht aus, sondern es müsse auch ein eigenes, nach auûen hervortretendes, üblicherweise der Geschäftsführung zuzurechnendes Handeln gegeben sein (BGHZ 104, 44, 48).
Die Revision umschreibt das Handeln des Beklagten zu 2 dahingehend, die Herren G. und M. hätten jede wesentliche Tätigkeit im Bereich der Geschäftsführung von dem Beklagten zu 2 genehmigen lassen müssen. Die Umschreibung, bei den Geschäftsführern habe es sich nur noch um "reine Befehlsempfänger" gehandelt, treffe den Nagel auf den Kopf. Das Berufungsgericht bemerkt dazu jedoch zutreffend, damit sei lediglich eine interne Einwirkung des Beklagten zu 2 auf die Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin belegt. Die Ansicht der Revision, ein Handeln mit Auûenwirkung sei nicht erforderlich , weil es im vorliegenden Falle nicht um einen Vertrauensschutz Dritter gehe, verkennt, daû es bei der Beurteilung der Frage, ob jemand faktisch wie ein Organmitglied gehandelt und als Konsequenz seines Verhaltens sich wie ein nach dem Gesetz bestelltes Organmitglied zu verantworten hat, auf das Gesamterscheinungsbild seines Auftretens ankommt. Dazu gehört auch maûgeblich ein Handeln im Auûenverhältnis, das die Tätigkeit des rechtlich dem Geschäftsführungsorgan angehörenden Mitgliedes nachhaltig prägt. Da somit das Verhalten des Beklagten zu 2 die Voraussetzungen, unter denen von einem "faktischen Organ" ausgegangen werden kann, nicht erfüllt, kommt auch seine Haftung nicht in Betracht.
6. Aufgrund der dargelegten Umstände ist die Klage über den Umfang hinaus, in dem ihr bereits durch das Berufungsgericht stattgegeben worden ist, nicht begründet. Die Revision des Klägers war daher zurückzuweisen.
Röhricht Hesselberger Henze
Kraemer Münke

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 235/03 Verkündet am:
11. Juli 2005
Boppel
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Der faktische Geschäftsführer einer GmbH ist nicht nur zur rechtzeitigen
Stellung des Insolvenzantrages nach § 64 Abs. 1 GmbHG verpflichtet, sondern
hat auch die haftungsrechtlichen Folgen einer Versäumung dieser
Pflicht (hier: Ersatz von Zahlungen nach § 64 Abs. 2 GmbHG) zu tragen (i.
Anschl. an Senat, BGHZ 104, 44; 150, 61).

b) Für die Stellung und Verantwortlichkeit einer Person als faktischer Geschäftsführer
einer GmbH ist es erforderlich, daß der Betreffende nach dem
Gesamterscheinungsbild seines Auftretens die Geschicke der Gesellschaft
- über die interne Einwirkung auf die satzungsmäßige Geschäftsführung
hinaus - durch eigenes Handeln im Außenverhältnis, das die Tätigkeit des
rechtlichen Geschäftsführungsorgans nachhaltig prägt, maßgeblich in die
Hand genommen hat.

c) In die Entscheidung, durch die der (faktische) Geschäftsführer zum Ersatz
von Zahlungen i. S. von § 64 Abs. 2 GmbHG verurteilt wird, ist der Vorbehalt
hinsichtlich seines Verfolgungsrechts gegen den Insolvenzverwalter
bezüglich seiner Gegenansprüche nach Erstattung an die Masse von Amts
wegen aufzunehmen (Ergänzung zu BGHZ 146, 264).
BGH, Urteil vom 11. Juli 2005 - II ZR 235/03 - OLG Stuttgart
LG Ellwangen
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 11. Juli 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette
und die Richter Dr. Kurzwelly, Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Strohn und Caliebe

für Recht erkannt:
I. Auf die Revision des Beklagten wird - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 8. Juli 2003 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Beklagte ohne Vorbehalt der Verfolgung seiner Rechte gegen den Kläger nach Erstattung an die Masse verurteilt worden ist.
II. Auf die Berufung des Beklagten wird - unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels - das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Ellwangen vom 20. Dezember 2002 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt: Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 147.944, 98 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 10. Juli 2001 zu zahlen.
Dem Beklagten wird vorbehalten, nach Erstattung des Ver urteilungsbetrages an die Masse seine Gegenansprüche, die sich nach Rang und Höhe mit den Beträgen decken, welche die durch die verbotswidrigen Zahlungen begünstigten Gesellschaftsgläubiger im Insolvenzverfahren erhalten hätten, gegen den Kläger als Insolvenzverwalter zu verfolgen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 5 % und dem Beklagten zu 95 % auferlegt.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger nimmt als Insolvenzverwalter über das Vermögen der H. GmbH (im folgenden: Schuldnerin) den Beklagten als faktischen (Mit-)Geschäftsführer der Schuldnerin gemäß § 64 Abs. 2 GmbHG auf Ersatz von nach Eintritt der Insolvenzreife geleisteten Zahlungen in Anspruch.
Die Schuldnerin erwarb Anfang 1998 von dem Gesamtvollstreckungsverwalter der in die Insolvenz geratenen G. GmbH in B., an der u.a. der Beklagte als Gesellschafter beteiligt gewesen war, deren Auftragsbestand und führte seit dem 1. März 1998 deren Geschäftsbetrieb weiter. Für die Nutzung des Betriebsgrundstücks in B. und das betriebsnotwendige Anlagevermögen hatte die Schuldnerin - wie zuvor die G. GmbH - an die Gr. GbR, an der der Beklagte zur Hälfte beteiligt war, einen monatlichen Mietzins in Höhe von 40.600,00 DM zu entrichten; außerdem hatte sie an die Gr. GmbH, deren Geschäftsführer und Mitgesellschafter zu 1/ 2 ebenfalls der Beklagte war, für ein Darlehen über 100.000,00 DM monatliche Zins- und Tilgungsraten von 6.878,00 DM zu erbringen. Für diese Gesellschaft führte die Schuldnerin außerdem aufgrund laufender Geschäftsbeziehung Aufträge aus und bezog Material von ihr.
Der Beklagte war aufgrund einer Vollmacht des Alleingesellschafters der Schuldnerin, Gru., vom 1. April 1998 berechtigt, diesen umfassend bei der Schuldnerin zu vertreten, und zwar insbesondere bei Gesellschafterversammlungen und allen anderen Tätigkeiten, Aufgaben und Überwachungen als Gesellschafter. Zudem war der Beklagte gegen eine monatliche Vergütung von 5.000,00 DM für den gesamten finanziellen Bereich der Schuldnerin - unter Ausschluß des satzungsmäßigen Geschäftsführers Ga. - allein zuständig und hatte auch allein Bank- und Zeichnungsvollmacht über das einzige Geschäftskonto der Schuldnerin bei der Kreissparkasse He.. Daher nahm auch nur der Beklagte die Überweisung sämtlicher Zahlungen für den laufenden Geschäftsbetrieb der Schuldnerin von diesem Konto vor und veranlaßte die Übersendung der Kontoauszüge an seine Geschäftsadresse bei der Gr. GmbH in He., die spätestens ab Januar 2000 die Buchhaltung der Schuldnerin gegen ein Honorar von 7.600,00 DM monatlich führte. Etwa einmal monatlich suchte der Beklagte den Betriebssitz der Schuldnerin in B. auf, um die Tätigkeit des satzungsmäßigen Geschäftsführers Ga. vor Ort zu kontrollieren und diesem Weisungen und Anleitungen zu erteilen. Dieser hatte faktisch die Stellung eines für die Akquisition von Aufträgen zuständigen Außendienstmitarbeiters der Schuldnerin und eines Kontrolleurs der Durchführung ihrer Auftragsarbeiten vor Ort. In finanzieller Hinsicht verfügte Ga. lediglich über eine Bargeldkasse bis maximal 5.000,00 DM, von der er in B. anfallende Unkosten begleichen durfte, deren Auffüllung aber von der Bewilligung und Überweisung durch den Beklagten abhing ; größere Anschaffungen durfte Ga. ohne Rücksprache mit dem Beklagten ebensowenig tätigen wie Einstellungen und Entlassungen von Arbeitnehmern oder Lohnerhöhungen.
Die Schuldnerin, die sich seit der Übernahme des Geschäftsbetriebs der G. GmbH in beengten finanziellen Verhältnissen befand und
über keine stillen Reserven oder Sachanlagen verfügte, geriet zunehmend in wirtschaftliche Schwierigkeiten und war schließlich bereits zum 31. Dezember 1999 mit einem nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag in Höhe von 436.885,96 DM nicht nur rechnerisch überschuldet, sondern insolvenzreif. Gleichwohl stellte der Geschäftsführer Ga. erst unter dem 7. August 2000 Insolvenzantrag , aufgrund dessen das Insolvenzverfahren am 9. Oktober 2000 eröffnet wurde. In der Zeit von Anfang Januar bis Mitte Juli 2000 leistete die Schuldnerin auf Veranlassung des Beklagten Mietzinszahlungen an die Gr. GbR und Darlehensraten sowie Zahlungen für Lieferungen und Leistungen an die Gr. GmbH in einem Gesamtumfang von 289.355,24 DM (= 147.944,98 €).
Das Landgericht hat der auf Erstattung dieser Zahlungen gerichteten Klage in vollem Umfang stattgegeben, das Oberlandesgericht hat die dagegen gerichtete Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der - vom Senat zugelassenen - Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision des Beklagten bleibt überwiegend erfolglos (I.); sie ist nur insoweit begründet, als die Vorinstanzen es versäumt haben, in das Urteil den gebotenen (BGHZ 146, 264) Vorbehalt hinsichtlich des Verfolgungsrechts des Beklagten gegen den Insolvenzverwalter bezüglich seiner Gegenansprüche nach Erstattung der Klageforderung an die Masse aufzunehmen (II.).
I. Ohne Erfolg wendet sich der Beklagte dagegen, daß die Vorinstanzen ihn als faktischen Geschäftsführer der Schuldnerin und in dieser Eigenschaft als erstattungspflichtig i.S. des § 64 Abs. 2 GmbHG für die von ihm nach Insolvenz-
reife veranlaßten Zahlungen an die Gr. GbR sowie die Gr. GmbH im Umfang der Klageforderung angesehen haben.
1. Nach der ständigen Senatsrechtsprechung kommt es für die Beurteilung der Frage, ob jemand faktisch wie ein Organmitglied gehandelt und als Konsequenz seines Verhaltens sich wie ein nach dem Gesetz bestelltes Organmitglied zu verantworten hat, auf das Gesamterscheinungsbild seines Auftretens an. Danach ist es allerdings nicht erforderlich, daß der Handelnde die gesetzliche Geschäftsführung völlig verdrängt. Entscheidend ist vielmehr, daß der Betreffende die Geschicke der Gesellschaft - über die interne Einwirkung auf die satzungsmäßige Geschäftsführung hinaus - durch eigenes Handeln im Außenverhältnis, das die Tätigkeit des rechtlichen Geschäftsführungsorgans nachhaltig prägt, maßgeblich in die Hand genommen hat (BGHZ 150, 61, 69 f.; BGHZ 104, 44, 48; vgl. ferner Sen.Urt. v. 27. Juni 2005 - II ZR 113/03, Umdr. S. 6, z.V.b.).
2. Von diesen Rechtsprechungsgrundsätzen des Senats ist das Berufungsgericht - in Übereinstimmung mit dem Landgericht - zutreffend ausgegangen und hat auf dieser Grundlage in tatrichterlicher Würdigung die Überzeugung gewonnen, daß der Beklagte faktischer (Mit-)Geschäftsführer der Schuldnerin war; revisible Rechtsfehler sind ihm dabei - entgegen der Ansicht des Beklagten - nicht unterlaufen.

a) Das gilt im Rahmen des Gesamterscheinungsbildes des Auftretens des Beklagten zweifellos für dessen maßgeblich die Geschicke der Schuldnerin lenkende Tätigkeit im internen Geschäftsführungsbereich. Die Vorinstanzen haben insoweit aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme unter sorgfältiger Würdigung insbesondere der bedeutsamen Aussage des Zeugen Ga. umfangreiche Feststellungen dazu getroffen, daß der Beklagte im Innenverhältnis in
nahezu sämtlichen Bereichen der Schuldnerin - Führung des wesentlichen kaufmännischen und finanziellen Geschäftsbereichs einschließlich der laufenden alleinigen Verfügung über das einzige Geschäftskonto, der Buchhaltung, der Personalentscheidungen sowie der Erteilung von Weisungen gegenüber dem satzungsmäßigen Geschäftsführer Ga. auf dem Gebiet der Unternehmenspolitik und -organisation - die Geschicke der Schuldnerin wesentlich bestimmt hat; dagegen vermag die Revision - wie sie selbst einräumen muß - nichts zu erinnern.

b) Entgegen der Ansicht der Revision hat das Oberlandesgericht - im Anschluß an das Landgericht - auch hinreichende Feststellungen zu einem eigenen maßgeblichen Handeln des Beklagten mit Außenwirkung im Sinne einer faktischen Geschäftsführung für die Schuldnerin getroffen. So war es dem Beklagten vorbehalten, aufgrund der ihm vom Alleingesellschafter erteilten weitreichenden Vollmacht allein die Bankgeschäfte der Schuldnerin, die typischerweise in die Kompetenz der Geschäftsführung einer GmbH fallen, zu führen. Dabei kommt besondere Bedeutung dem ungewöhnlichen Umstand zu, daß nur der Beklagte Bankvollmacht über das einzige Gesellschaftskonto im Außenverhältnis zur Kreissparkasse hatte, während der satzungsmäßige Geschäftsführer Ga. - was auch der Sparkasse gegenüber zur Sprache gekommen ist - offenbar bewußt von jeglicher Verfügungsbefugnis ausgeschlossen worden ist. Dementsprechend ist auch in diesem Zusammenhang die Feststellung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden, daß gerade die Tatsache, daß der Beklagte es war, der darüber entschied, welche Gläubiger vorrangig bedient werden sollten - nämlich nahezu ausschließlich die von ihm selbst geführten beiden Gr.-Gesellschaften -, durchaus erhebliche "Außenwirkung" hatte. Hinzu kommt, daß nach den vom Berufungsgericht gebilligten Feststellungen des Landgerichts der Beklagte auch - in einem Fall urkundlich belegt - maßgeb-
liche Verhandlungen mit der Kreissparkasse über die Bedienung bestimmter Außenstände geführt hat; dabei ist der Umstand, daß der Beklagte den Schriftverkehr auch auf Geschäftsbögen der Gr. GmbH geführt hat, unerheblich, weil zum einen das Handeln nicht für jene Gesellschaft, sondern für die Schuldnerin aus dem Kontext klar hervorging und zum anderen der Geschäftspartnerin aus der laufenden Geschäftsverbindung bekannt war, daß der Beklagte insoweit für die Schuldnerin handelte und sich im übrigen standardmäßig die Geschäftsunterlagen , wie Kontoauszüge und dergleichen, an die Adresse jener Gr. GmbH senden ließ. Schließlich hat sich der Tatrichter auch revisionsrechtlich einwandfrei davon überzeugt, daß der Beklagte in gewissem Umfang auch im sonstigen Geschäftsverkehr mit Geschäftspartnern wie ein Geschäftsführer der Schuldnerin aufgetreten ist, und zwar sowohl vor der Berufung des Zeugen Ga. zum satzungsmäßigen Geschäftsführer als auch danach, so u.a. aus Anlaß der Vereinbarung von Zahlungsbedingungen mit der R. GmbH, der Hauptlieferantin der Schuldnerin; der dagegen gerichtete Einwand der Revision, der Beklagte habe lediglich vergessen, den Zusatz "Geschäftsführer" auf dem Bestätigungsschreiben für die R. GmbH zu streichen, ist unerheblich, weil es entscheidend auf die objektive Außenwirkung seines Handelns ankommt und dieses dokumentierte Verhalten im Gesamtzusammenhang ein aussagekräftiges Indiz für sein Auftreten als faktischer Geschäftsführer auch im übrigen darstellt.

c) Soweit die Revision die einzelnen Elemente der Würdigung des Gesamterscheinungsbildes des Auftretens des Beklagten für die Schuldnerin anders als das Oberlandesgericht gewichten möchte, handelt es sich um den revisionsrechtlich unzulässigen Versuch, die maßgebliche tatrichterliche Würdigung durch eine eigene zu ersetzen. Jedenfalls im vorliegenden Fall der Aufteilung der Geschäftsführungszuständigkeiten zwischen dem namentlich für Akquisiti-
on, Außenwerbung und Ausführungskontrolle zuständigen eigentlichen Geschäftsführer Ga. und dem für den wesentlichen kaufmännischen und finanziellen Bereich faktisch verantwortlichen Beklagten reichen die von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen zur Tätigkeit des Beklagten in seinem Ressort auch bezüglich seines Handelns im Außenverhältnis aus, um sein gesamtes Auftreten für die Beklagte als faktische Geschäftsführung einzustufen.
II. Demgegenüber kann die vorbehaltlose Verurteilung des Beklagten keinen Bestand haben.
Die Vorinstanzen haben zwar unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das Senatsurteil BGHZ 146, 264 zutreffend den Einwand des Beklagten hinsichtlich einer Kürzung des Ersatzanspruchs der Schuldnerin um die fiktiv auf die vom Beklagten unzulässig beglichenen Forderungen entfallende Insolvenzquote zurückgewiesen , weil nach der neueren Senatsrechtsprechung der nach § 64 Abs. 2 GmbHG als faktischer Geschäftsführer in Anspruch genommene Beklagte die verbotswidrigen Zahlungen der Insolvenzmasse ungekürzt zu erstatten hat. Dabei haben beide Tatgerichte aber übersehen, daß der Senat in demselben Urteil entschieden hat, daß zur Vermeidung einer Bereicherung der Masse dem erstattungspflichtigen Geschäftsführer im Urteil vorzubehalten ist, seinen Gegenanspruch, der sich nach Rang und Höhe mit dem Betrag deckt, den der begünstigte Gesellschaftsgläubiger im Insolvenzverfahren erhalten hätte, nach Erstattung an die Masse gegen den Insolvenzverwalter zu verfolgen (BGHZ 146, 264, 279 sowie Leitsatz c).
Die insoweit erforderliche Korrektur der vorinstanzlichen Urteile durch Einfügung des gebotenen Vorbehalts kann der Senat selbst vornehmen, da die Sache endentscheidungsreif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Eines ausdrücklichen Antrags des Beklagten auf Vorbehalt seiner Rechte bedurfte es schon deshalb
nicht, weil § 64 Abs. 2 GmbHG stets die Konstellation zugrunde liegt, daß das auch für diesen Ersatzanspruch eigener Art sinngemäß geltende schadensrechtliche Bereicherungsverbot letztendlich eine Reduzierung der Haftung um die sich am Schluß des Insolvenzverfahrens etwa ergebende Insolvenzquote erfordert.
Goette Kurzwelly Gehrlein
Strohn Caliebe
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1. Die Rechtsfrage, unter welchen Voraussetzungen jemand "faktisch" wie ein Geschäftsführer gehandelt und als Konsequenz seines Verhaltens sich wie ein nach dem Gesetz bestelltes Organmitglied zu verantworten hat (sog. faktischer Geschäftsführer), ist in der Rechtsprechung des Senats hinreichend geklärt (vgl. BGHZ 104, 44; 150, 61; Sen.Urt. v. 11. Juli 2005 - II ZR 235/03, ZIP 2005, 1550 m.w.Nachw.). Der vorliegende Fall wirft zu diesem Problemkreis keine höchstrichterlich klärungsbedürftigen neuen Rechtsfragen auf.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

 
BUNDESGERICHTSHOF


Urteil vom 26.01.2017 - IX ZR 285/14

 
Tenor


Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 14. November 2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Klägers erkannt wurde.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand


Die H. GmbH (fortan: Schuldnerin) beauftragte den beklagten Steuerberater im Jahr 2005, den Jahresabschluss für das Jahr 2003 zu erstellen. Hierzu übergab die Schuldnerin dem Beklagten unter anderem den Jahresabschluss für das Jahr 2002, der einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 33.127,93 € auswies. In den Folgejahren erteilte die Schuldnerin dem Beklagten jeweils erneut Einzelaufträge, die Jahresabschlüsse zu erstellen. Der Beklagte kam diesen Aufträgen nach. Das Stammkapital der Schuldnerin betrug anfänglich 25.564,59 €; im Jahr 2007 erfolgte eine Kapitalerhöhung auf 50.000 €.

Die vom Beklagten erstellten Jahresabschlüsse wiesen jeweils nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbeträge auf:

Erstellung Abschluss Stichtag Verlust/Gewinn Fehlbetrag Mai 2005 31.12.2003 - 49.071,31 € 82.199,24 € 2006 31.12.2004 - 13.592,24 € 95.791,48 € 15. März 2007 31.12.2005 - 32.125,13 € 127.852,50 € 28. August 2007 31.12.2006 + 54.192,28 € 73.660,22 € 3. Januar 2009 31.12.2007 - 44.216,94 € 93.441,75 € 

In Anschreiben vom 20. April 2007 und 28. August 2007 wies der Beklagte darauf hin, dass der Geschäftsführer der Schuldnerin verpflichtet sei, "regelmäßig die Zahlungsfähigkeit sowie die Vermögensverhältnisse der GmbH dahingehend zu überprüfen, ob die Zahlungsfähigkeit gewährleistet ist und dass keine Überschuldung vorliegt". Mit Schreiben vom 29. November 2007 wies er auf einen Rückgang der Umsatzerlöse im Vergleich zum Jahr 2006 um fast 50 v.H. bei gleichzeitig um 20 v.H. gestiegenem Personalaufwand hin. Mit Schreiben vom 15. Januar 2009 übersandte er den vorläufigen Jahresabschluss für das Jahr 2007 und teilte mit, dass sich die Überschuldung durch den Jahresfehlbetrag weiter erhöht habe.

Am 2. Juli 2009 stellte die Schuldnerin Eigenantrag; das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen wurde am 15. Juli 2009 eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Kläger behauptet, die Schuldnerin habe über keine stillen Reserven verfügt und sei bereits seit 2002, jedenfalls aber Mitte 2005 bei Übernahme des ersten Auftrags durch den Beklagten insolvenzreif, nämlich überschuldet und aufgrund ihrer aus der Überschuldung folgenden Kreditunwürdigkeit zahlungsunfähig gewesen. Jedenfalls seit 2006 sei die Zahlungsfähigkeit zweifelhaft gewesen. Bereits im Mai 2005 will der Beklagte den Geschäftsführer auf das Problem der bilanziellen Überschuldung hingewiesen haben, worauf dieser ihm erklärt habe, das Problem sei bekannt, es sei eine Kapitalerhöhung geplant und er werde das Problem mit dem Gesellschafter besprechen.

Der Kläger beantragt - soweit noch von Interesse - festzustellen, dass der Beklagte sämtliche Schäden seit dem 30. Juni 2005 zu ersetzen habe, die durch eine verschleppte Insolvenzantragstellung bei der Schuldnerin entstanden seien. Das Landgericht hat die Klage insoweit abgewiesen, die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg gehabt. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Gründe


Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

A.

Das Berufungsgericht hat angenommen, der Beklagte habe keine Pflichten aus dem Steuerberatervertrag verletzt. Der Beklagte habe ein allgemeines steuerrechtliches Mandat gehabt, indem er lediglich die Jahresabschlüsse und Steuererklärungen für die Jahre 2003 bis 2007 angefertigt habe. Im Rahmen eines solchen Mandats bestehe keine Pflicht des Steuerberaters, den Mandanten bei einer Unterdeckung in der Handelsbilanz darauf hinzuweisen, dass der Geschäftsführer verpflichtet sei zu überprüfen, ob Insolvenzreife eingetreten sei, und gegebenenfalls einen Insolvenzantrag zu stellen. Dies gelte auch für Einzelmandate.

Aus dem vom Beklagten in den Jahresabschlüssen für die Jahre 2005 bis 2007 aufgenommenen Hinweis, die entstandenen Bilanzierungs- und Bewertungsfragen seien mit dem Geschäftsführer der Schuldnerin erörtert und einvernehmlich entschieden worden, lasse sich nicht entnehmen, dass der Beklagte eine insolvenzrechtliche Überschuldung der Schuldnerin ausgeschlossen habe. Dem stehe weiter entgegen, dass der Beklagte jeweils zeitnah mit der Übersendung der Jahresabschlüsse den Geschäftsführer darauf hingewiesen habe, dass er eine Überprüfung der Insolvenzreife eigenverantwortlich vorzunehmen und gegebenenfalls Insolvenzantrag zu stellen habe.

B.

Das hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

I.

Allerdings hat der Senat in der Vergangenheit ausgesprochen, dass eine Haftung des Steuerberaters für einen Insolvenzverschleppungsschaden wegen eines unterlassenen Hinweises nur eintreten könne, wenn dieser ausdrücklich mit der Prüfung der Insolvenzreife eines Unternehmens beauftragt sei. Der Steuerberater habe durch seine Aufgabe, Jahresabschlüsse zu fertigen, kein überlegenes Wissen im Hinblick auf eine drohende Überschuldung des Unternehmens im Fall einer bilanziellen Überschuldung (BGH, Urteil vom 7. März 2013 - IX ZR 64/12, WM 2013, 802 Rn. 19; vom 6. Juni 2013 - IX ZR 204/12, WM 2013, 1323 Rn. 13). Es sei grundsätzlich nicht Aufgabe des mit der allgemeinen steuerlichen Beratung der GmbH beauftragten Beraters, die Gesellschaft bei einer Unterdeckung in der Handelsbilanz darauf hinzuweisen, dass es die Pflicht des Geschäftsführers ist, eine Überprüfung vorzunehmen oder in Auftrag zu geben, ob Insolvenzreife eingetreten ist, und gegebenenfalls gemäß § 15a InsO Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu stellen (BGH, Urteil vom 7. März 2013, aaO Rn. 15, 19; vom 6. Juni 2013, aaO Rn. 12). An dieser Rechtsprechung hält der Senat jedoch nicht uneingeschränkt fest.

II.

Im Streitfall kann der Beklagte die durch eine verschleppte Insolvenzantragstellung bei der Schuldnerin entstandenen Schäden zu ersetzen haben, sofern hierfür eine mangelhafte Erstellung der Bilanzen (§ 242 Abs. 1 HGB) ursächlich war (unter 1). Weiter kommt ein Schadensersatzanspruch in Betracht, weil der Beklagte es nach dem revisionsrechtlich zu unterstellenden Vortrag des Klägers unterlassen hat, die Schuldnerin auf die sich aus dem nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag (§ 268 Abs. 3 HGB) ergebenden Risiken hinzuweisen, und nicht darauf aufmerksam gemacht hat, dass dies auf einen Insolvenzgrund hindeutet (unter 2).

1. Das Berufungsgericht hat nicht beachtet, dass der Beklagte nach § 280 Abs. 1, § 634 Nr. 4, § 675 Abs. 1 BGB haften kann, wenn er den Jahresabschlüssen - wie der Kläger behauptet - zu Unrecht Fortführungswerte zugrunde gelegt hat. Ein Steuerberater, der es übernimmt, einen handelsrechtlichen Jahresabschluss für einen Kaufmann oder eine Gesellschaft zu erstellen, schuldet einen Leistungserfolg (unter a). Er verletzt seine Pflichten aus dem ihm erteilten Auftrag, wenn der Jahresabschluss mangelhaft ist (unter b). Er ist zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er diese Pflichtverletzung zu vertreten hat (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB; unter c).

a) Der Steuerberater haftet im Rahmen seines Mandats nach Werkvertragsrecht für Mängel bei der Erstellung des Jahresabschlusses.

aa) Der Auftrag einer Kapitalgesellschaft, einen nach §§ 242, 264 HGB erforderlichen Jahresabschluss zu erstellen, enthält stets eine werkvertragliche Verpflichtung mit Geschäftsbesorgungscharakter (vgl. BGH, Urteil vom 1. Februar 2000 - X ZR 198/97, WM 2000, 973 unter I.; vom 7. März 2002 - III ZR 12/01, WM 2002, 2248, 2249 f; Zugehör, WM 2013, 1965, 1966). Dies gilt jedenfalls, wenn der Steuerberater - wie im Streitfall - einen nur auf die Erstellung des Jahresabschlusses gerichteten Einzelauftrag erhält. Es kann daher offenbleiben, inwieweit Werkvertragsrecht zur Anwendung kommt, wenn es sich beim zu erstellenden Jahresabschluss nur um eine Einzelleistung im Rahmen eines Dauermandats handelt (vgl. BGH, Urteil vom 11. Mai 2006 - IX ZR 63/05, WM 2006, 1411 Rn. 6 ff; vom 14. Juni 2012 - IX ZR 145/11, BGHZ 193, 297 Rn. 9 zur Prüfung der Insolvenzreife). Denn bei der Erstellung eines Jahresabschlusses handelt es sich um einen fest umrissenen Leistungsgegenstand, nicht hingegen um eine allgemeine, laufende Beratungstätigkeit.

bb) Der Steuerberater, der den handelsrechtlichen Jahresabschluss für eine GmbH zu erstellen hat, soll nicht nur eine bestimmte Tätigkeit entfalten, auf deren Grundlage die Gesellschaft bestimmte Ziele erreichen oder ihre Geschäftstätigkeit ausrichten möchte. Vielmehr will die Gesellschaft mit einem solchen Auftrag stets die sie treffenden handelsrechtlichen Pflichten erfüllen und möchte deshalb einen entsprechenden Jahresabschluss als Ergebnis erhalten. Der Inhalt eines nach §§ 242, 264 HGB erforderlichen Jahresabschlusses wird dabei weitgehend durch die gesetzlichen Anforderungen und die eröffneten Gestaltungsmöglichkeiten festgelegt.

b) Der Beklagte hat nach den revisionsrechtlich zu unterstellenden Behauptungen des Klägers die Jahresabschlüsse für die Schuldnerin pflichtwidrig auf der Grundlage von Fortführungswerten und damit mangelhaft erstellt.

aa) Der Bundesgerichtshof hat bereits mit Urteil vom 18. Februar 1987 (IVa ZR 232/85, GmbHR 1987, 463) ausgesprochen, dass ein Steuerberater zum Schadensersatz verpflichtet sein kann, wenn die von ihm fehlerhaft erstellte Bilanz die bestehende rechnerische Überschuldung nicht erkennen ließ und deswegen der Konkursantrag wegen Überschuldung verspätet gestellt wurde. Auch im Urteil vom 7. März 2013 (IX ZR 64/12, WM 2013, 802 Rn. 22) ist der Bundesgerichtshof davon ausgegangen, dass ein Steuerberater wegen Schlechterfüllung des Auftrags zur Erstellung eines handelsrechtlichen Jahresabschlusses schadensersatzpflichtig ist. Zur Haftung führende Mängel weist ein Jahresabschluss jedoch nicht nur dann auf, wenn er die tatsächlich bestehende rechnerische Überschuldung nicht erkennen ließ. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn der Jahresabschluss angesichts einer bestehenden Insolvenzreife der Gesellschaft zu Unrecht von Fortführungswerten ausgeht. Soweit sich aus früheren Entscheidungen des Senats (insbesondere BGH, Urteil vom 7. März 2013, aaO; vom 6. Juni 2013 - IX ZR 204/12, WM 2013, 1323 Rn. 12 f) etwas anderes ergeben sollte, wird daran nicht festgehalten.

bb) Mängel weist der Jahresabschluss auf, wenn er nicht der vereinbarten oder jedenfalls nicht der für Jahresabschlüsse nach der gewöhnlichen Verwendung üblichen Beschaffenheit entspricht (§ 633 BGB). Welche Beschaffenheit vertraglich geschuldet ist, richtet sich nach dem Umfang der Pflichten, die den Steuerberater nach dem Inhalt des ihm erteilten Auftrags bei der Erstellung eines Jahresabschlusses treffen. Er hängt von dem konkreten Mandat ab (BGH, Urteil vom 4. März 1987 - IVa ZR 222/85, VersR 1987, 565 unter 1.; vom 7. März 2013 - IX ZR 64/12, WM 2013, 802 Rn. 14).

Der mit der Erstellung des Jahresabschlusses beauftragte Steuerberater schuldet grundsätzlich einen den handelsrechtlichen Vorschriften entsprechenden, die Grenzen der zulässigen Gestaltungsmöglichkeiten nicht überschreitenden und in diesem Sinne richtigen Jahresabschluss (vgl. Zugehör, WM 2013, 1965). Gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB ist in einer Handelsbilanz bei der Bewertung von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen, sofern dem nicht tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten entgegenstehen. Von diesen Grundsätzen darf gemäß § 252 Abs. 2 HGB nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden. § 264 Abs. 2 Satz 1 HGB bestimmt schließlich, dass der Jahresabschluss der Kapitalgesellschaft unter Beachtung der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Kapitalgesellschaft zu vermitteln hat. Angesichts der fachlichen Kompetenz des Steuerberaters erwartet der Mandant, dass der Steuerberater den Jahresabschluss entsprechend dem Inhalt der dem Steuerberater zur Verfügung gestellten Unterlagen und den sonst dem Steuerberater bekannten Umständen vollständig erstellt, Bewertungsfragen - im Zusammenwirken mit dem Mandanten - klärt und bei offenen Fragen über die damit zusammenhängende Problematik aufklärt und eine Entscheidung des Mandanten herbeiführt.

Allerdings ist der Steuerberater ohne besondere Vereinbarung nicht verpflichtet, von sich aus die für die Fortführungsprognose (§ 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB) erheblichen Tatsachen zu ermitteln. Vielmehr hat der Steuerberater den Jahresabschluss lediglich auf der Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen und der ihm bekannten Umstände zu erstellen. Nur in diesem Rahmen hat der Steuerberater zu prüfen, ob tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten bestehen, die einer Fortführung der Unternehmenstätigkeit entgegenstehen können (§ 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB). Der Bilanzaufsteller bestätigt mit seiner Unterschrift unter den Jahresabschluss, dass ihm keine Umstände bekannt sind, die zu einer Abkehr von der Fortführungsvermutung zwingen (Kaiser, ZIP 2012, 2478, 2483). Soweit danach Entscheidungen des Mandanten erforderlich sind oder Gestaltungsmöglichkeiten genutzt werden sollen oder Bewertungsprobleme zu lösen sind, hat der Steuerberater hierzu die Entscheidung des Mandanten einzuholen, sofern das Mandat nicht ausdrücklich bereits entsprechende Vorgaben enthält.

Weiter richtet sich nach dem erteilten Mandat, in welchem Umfang der Steuerberater die ihm für die Erstellung des Jahresabschlusses vorgelegten Unterlagen und Angaben des Mandanten inhaltlich zu überprüfen hat. Insoweit kann ein Auftrag erteilt werden, der nur eine Erstellung ohne Beurteilungen des Steuerberaters umfasst, ebenso aber Aufträge mit einer Plausibilitätsbeurteilung oder mit einer umfassenden Beurteilung. Jedoch ist der Jahresabschluss unabhängig vom Umfang der Prüfungspflicht des Steuerberaters stets mangelhaft, wenn er auf der Grundlage der dem Steuerberater übergebenen Unterlagen und Angaben des Unternehmers und der dem Steuerberater - etwa aus einem Dauermandat - bekannten Umstände den handelsrechtlich zulässigen Rahmen überschreitet, also handelsrechtliche Vorgaben verletzt.

cc) Nach diesen Maßstäben ist im Streitfall nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht auszuschließen, dass die vom Beklagten erstellten Bilanzen pflichtwidrig mangelhaft waren. Der Kläger hat geltend gemacht, dass der Beklagte den von ihm erstellten Bilanzen Fortführungswerte zugrunde gelegt hat, obwohl dies nach § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB nicht mehr zulässig gewesen sei.

(1) Eine Haftung des Steuerberaters setzt zunächst voraus, dass eine Bilanzierung nach Fortführungswerten objektiv aus der Sicht ex ante ausschied. Dies ist der Fall, wenn feststeht, dass der Fortführung der Unternehmenstätigkeit tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten entgegenstehen (§ 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB).

(a) Hierbei ist zunächst zu berücksichtigen, dass es sich um eine Prognoseentscheidung des bilanzierenden Unternehmens handelt, weil darauf abzustellen ist, ob das Unternehmen seine Tätigkeit für einen überschaubaren Zeitraum voraussichtlich fortsetzen wird (MünchKomm-Bilanzrecht/Tiedchen, § 252 HGB Rn. 20; Winkeljohann/Büssow in BeckBil-Kommentar, 10. Aufl., § 252 HGB Rn. 11; KK-RLR/Claussen, § 252 Rn. 17 f; Kaiser, ZIP 2012, 2478, 2483). Sie hat sich auf den handelsrechtlich gebotenen Zeitraum zu erstrecken, regelmäßig jedenfalls auf das auf den Abschlussstichtag folgende Geschäftsjahr (MünchKomm-Bilanzrecht/Tiedchen, aaO; Winkeljohann/Büssow in BeckBil-Kommentar, aaO; Groß, WPg 2004, 1357, 1371; Groß/Amen, DB 2005, 1861, 1865; Lück, DB 2001, 1945, 1947; Schulze-Osterloh, DStR 2007, 1006, 1007; Semler/Goldschmidt, ZIP 2005, 3, 9; Kaiser, aaO S. 2484). Objektiv falsch ist eine Bilanzierung nach Fortführungswerten daher nur dann, wenn zum maßgebenden Zeitpunkt der Prognoseentscheidung feststeht, dass die Unternehmenstätigkeit bis zum Ablauf des Prognosezeitraums aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen eingestellt werden wird (Kaiser, aaO S. 2486; Eickes, DB 2015, 933, 934 f).

Die Fortführung der Unternehmenstätigkeit ist nach dem Gesetz der zunächst zu unterstellende Regelfall; es spricht so lange eine Vermutung dafür, wie nicht Umstände sichtbar werden, welche die Fortführung unwahrscheinlich erscheinen lassen (MünchKomm-Bilanzrecht/Tiedchen, § 252 HGB Rn. 18; Schulze-Osterloh, DStR 2007, 1006, 1007) oder zweifelsfreie Kenntnis von der Unmöglichkeit der Fortführung besteht (MünchKomm-HGB/Ballwieser, 3. Aufl. § 252 Rn. 9; Schulze-Osterloh, aaO). Art. 31 Abs. 1 lit. a Richtlinie 78/660/EWG vom 25. Juli 1978 (ABl. (EG) 1978 Nr. L 222/11; jetzt Art. 6 Abs. 1 lit. a Richtlinie 2013/34/EU vom 26. Juni 2013, ABl. L 182 vom 29. Juni 2013, S. 19), dessen Umsetzung § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB dient, bestimmt als allgemeinen Grundsatz für die Bewertung, dass eine Fortsetzung der Unternehmenstätigkeit unterstellt wird. Daher ist selbst bei Zweifeln an der Überlebensfähigkeit des Unternehmens unter Fortführungsgesichtspunkten zu bilanzieren (Schulze-Osterloh, aaO). Die Fortführungsvermutung entfällt erst, wenn es objektiv fehlerhaft wäre, von der Aufrechterhaltung der Unternehmenstätigkeit auszugehen (Kaiser, ZIP 2012, 2478, 2482). Die Umstände müssen ergeben, dass die Einstellung der Unternehmenstätigkeit unvermeidbar oder beabsichtigt ist (Groß/ Amen, DB 2005, 1861, 1867). Tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten müssen sich derart konkretisieren, dass die Unternehmenstätigkeit jedenfalls innerhalb des Prognosezeitraums eingestellt werden wird (Eickes, DB 2015, 933, 934 f). Eine Bewertung zu Liquidationswerten hat zu erfolgen, wenn feststeht, dass das Unternehmen nicht mehr fortgeführt werden kann (KK-RLR/Claussen, § 252 Rn. 16).

(b) Solche tatsächlichen oder rechtlichen Gegebenheiten können nach dem Vortrag des Klägers im Streitfall vorliegen. Besteht für eine Kapitalgesellschaft - wie der Kläger dies für die Schuldnerin bereits für Mitte des Jahres 2005 behauptet - ein Insolvenzgrund, weil sie überschuldet oder zahlungsunfähig ist, liegen regelmäßig tatsächliche Gegebenheiten im Sinne des § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB vor, die der Regelvermutung einer Fortführung der Unternehmenstätigkeit entgegenstehen (Merkt in Baumbach/Hopt, HGB, 37. Aufl., § 252 Rn. 7; Staub/Kleindiek, HGB, 5. Aufl. § 252 Rn. 13; Böcking/ Gros in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl. § 252 Rn. 17; Groß/ Amen, DB 2005, 1861, 1866; Lilienbecker/Link/Rabenhorst, BB 2009, 262; Groß, WPg 2010, 119, 122 f; Kaiser, aaO S. 2487; Baumert, ZIP 2013, 1851, 1852 Fn. 14; Böhmer/Metzing, DStR 2015, 1824, 1825). Jedoch bedingt ein vorliegender Insolvenzgrund nicht zwingend für den handelsrechtlichen Jahresabschluss eine Aufgabe des von § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB bestimmten Fortführungsprinzips (Kreipl/Müller in Haufe HGB Bilanz-Kommentar, 7. Aufl., § 252 Rn. 46; Hater, Insolvenzrechtliche Fortbestehungsprognose und handelsrechtliche Fortführungsprognose, S. 122 f; Kaiser, aaO S. 2486 f; Eickes, aaO S. 935). Hiervon geht auch § 155 InsO aus (vgl. BT-Drucks. 12/2443 S. 172). § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB knüpft vielmehr an die Unternehmenstätigkeit als solche an; es geht darum, die im Jahresabschluss ausgewiesenen Vermögensgegenstände entsprechend ihrem tatsächlichen Verwendungszweck zutreffend zu bewerten (Kaiser, aaO S. 2480).

Liegt ein Insolvenzgrund vor, ist für die handelsrechtliche Bilanzierung entscheidend, ob eine Fortführung der Unternehmenstätigkeit auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu erwarten oder damit zu rechnen ist, dass das Unternehmen noch vor dem Insolvenzantrag, bereits im Eröffnungsverfahren (§ 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 InsO) oder alsbald nach Insolvenzeröffnung stillgelegt werden wird (§§ 157, 158 InsO). Abzustellen ist dabei darauf, ob die Unternehmenstätigkeit aufgrund der Insolvenzreife innerhalb des Prognosezeitraums eingestellt werden wird (Eickes, aaO). Daher kann trotz eines Insolvenzgrundes handelsrechtlich eine Bilanzierung nach Fortführungswerten zulässig sein, wenn ein glaubhafter Fortführungsinsolvenzplan vorliegt, eine übertragende Sanierung innerhalb des Prognosezeitraums angestrebt wird und möglich ist (Groß/Amen, DB 2005, 1861, 1866; Lilienbecker/Link/Rabenhorst, BB 2009, 262; Eickes, aaO S. 936; vgl. auch Hater, aaO S. 129 ff) oder anzunehmen ist, dass die Unternehmenstätigkeit auch nach einer Eröffnung des Insolvenzverfahrens jedenfalls innerhalb des Prognosezeitraums fortgeführt werden wird (vgl. Kaiser, aaO S. 2481; Eickes, aaO; Füchsl/Weishäupl/Jaffe in Münch-Komm-InsO, 3. Aufl., § 155 Rn. 6 f; Kübler in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2013, § 155 Rn. 53, 57, 59).

Dies erfordert eine komplexe Prognose über die Gesamtsituation des Unternehmens (vgl. Staub/Kleindiek, HGB, 5. Aufl., § 252 Rn. 13; Kaiser, aaO S. 2480 ff). Wird in einem solchen Fall noch mit Fortführungswerten bilanziert, bedarf dies mithin der konkreten Begründung im Einzelfall. Allein die Tatsache, dass das Unternehmen trotz eines bereits vorliegenden Insolvenzgrundes weiter tätig ist, rechtfertigt es nicht, bei der Bewertung von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen. Die aktive Teilnahme am Wirtschaftsleben allein genügt auch bei rückblickender Betrachtung nicht zum Nachweis einer künftigen Unternehmensfortführung (vgl. Hater, aaO S. 93). Für die Prognose, ob die aufgrund eines bestehenden Insolvenzgrundes und einer etwa bestehenden Antragspflicht (§ 15a InsO) zu erwartende Insolvenzeröffnung zur Einstellung der Unternehmenstätigkeit führen wird, kommt es vielmehr darauf an, wie das Unternehmen zum Zeitpunkt des Eintritts des Insolvenzgrundes steht. Wenn das Unternehmen in der Vergangenheit keine Gewinne erwirtschaftet hat, nicht leicht auf finanzielle Mittel zurückgreifen kann und eine bilanzielle Überschuldung droht oder sogar schon eingetreten ist, besteht angesichts der daraus folgenden Insolvenzgefährdung zunächst keine ausreichende Wahrscheinlichkeit, dass sich das Unternehmen außerhalb eines Insolvenzverfahrens fortführen lässt (Groß/Amen, DB 2005, 1861, 1866). Dann erfordert das Insolvenzrecht die Erstellung einer insolvenzrechtlichen Fortbestehensprognose, deren Ergebnis in die bilanzielle Fortführungsprognose einzubeziehen ist (Groß/Amen aaO; Groß, WPg 2010, 119, 123).

(2) Die Haftung des Steuerberaters setzt weiter voraus, dass der Steuerberater die falsche Bilanzierung nach Fortführungswerten nach Umfang und Inhalt des erteilten Auftrags auch zu verantworten hat. Ein Steuerberater haftet nicht für jeden objektiv zu Unrecht auf der Grundlage von Fortführungswerten erstellten Jahresabschluss. Er darf jedoch dem von ihm erstellten Jahresabschluss keine Fortführungswerte zugrunde legen, wenn auf der Grundlage der ihm zur Verfügung stehenden Informationen die Vermutung des § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB entweder widerlegt erscheint oder ernsthafte Zweifel bestehen, die nicht ausgeräumt werden. Ob dies der Fall ist, hat der Tatrichter zu entscheiden.

(a) Ergeben sich aus den dem Steuerberater zur Verfügung gestellten Unterlagen und den sonst dem Steuerberater bekannten Umständen keine Anhaltspunkte für Zweifel an einer Fortsetzung der Unternehmenstätigkeit, handelt der Steuerberater pflichtgemäß, der entsprechend der gesetzlichen Vermutung des § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit ausgeht. Dies trifft insbesondere dann ohne weiteres zu, wenn die Gesellschaft in der Vergangenheit nachhaltige Gewinne erzielt hat, leicht auf finanzielle Mittel zurückgreifen kann und keine bilanzielle Überschuldung droht (implizite Fortbestehensprognose, Winkeljohann/Büssow in BeckBil-Kommentar, 10. Aufl., § 252 HGB Rn. 10; Hater, aaO S. 79 ff; Lilienbecker/Link/Rabenhorst, BB 2009, 262, 263; Groß, WPg 2010, 119, 129; Ehlers, NZI 2011, 161, 164; Böhmer/Metzing, DStR 2015, 1824, 1825).

(b) Steht umgekehrt bereits auf der Grundlage der dem Steuerberater für die Erstellung des Jahresabschlusses zur Verfügung gestellten Unterlagen und der ihm bekannten Umstände fest, dass die Fortführungsvermutung des § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB nicht mehr zutrifft, ist eine Bilanzierung nach Fortführungswerten mangelhaft. Der Steuerberater muss bei pflichtgemäßem Verhalten aus den ihm zur Verfügung stehenden Informationen die sichere Überzeugung gewinnen können, dass die Unternehmenstätigkeit - etwa aufgrund einer erkannten Insolvenzreife - nicht fortgeführt werden wird.

(c) Weiter ist die - zu Unrecht Fortführungswerte zugrunde legende - Leistung des Steuerberaters aber auch dann mangelhaft, wenn aus den ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen und den ihm bekannten Umständen tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten folgen, die einer Bilanzierung nach Fortführungswerten entgegenstehen können, und der Steuerberater es unterlassen hat, vom Mandanten abklären zu lassen, ob gleichwohl noch Fortführungswerte zugrunde gelegt werden können. Entscheidend ist, ob der Steuerberater bereits aufgrund der im Rahmen der Erstellung des Jahresabschlusses erlangten oder sonst bei ihm vorhandenen Kenntnisse von Umständen weiß oder wissen müsste, die ihrer Art und ihrer Bedeutung nach geeignet sind, als tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten der Fortsetzung der Unternehmenstätigkeit entgegen zu stehen.

(aa) Die tatsächlichen Gegebenheiten, welche die Unternehmensfortführung verhindern können, sind hauptsächlich wirtschaftliche Schwierigkeiten (Böcking/Gros in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl. § 252 Rn. 17; Staub/Kleindiek, aaO, HGB, 5. Aufl., § 252, Rn. 13; MünchKomm-HGB/ Ballwieser, 3. Aufl., § 252 Rn. 11; Kreipl/Müller in Haufe HGB Bilanz-Kommentar, 7. Aufl., § 252 Rn. 41; Lilienbecker/Link/Rabenhorst, BB 2009, 262). Sobald Hinweise auf entsprechende Umstände vorliegen, ist die Fortführungsfähigkeit näher zu überprüfen (Staub/Kleindiek, aaO Rn. 11; Winkeljohann/Büssow in BeckBil-Kommentar, 10. Aufl., § 252 Rn. 10). Insbesondere ist auf Anzeichen zu achten, die einen Insolvenzgrund darstellen können, vor allem solche, die die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens gefährden können.

Dies kommt etwa in Betracht, wenn das Unternehmen erhebliche Verluste erwirtschaftet, eine zu geringe Eigenkapitalausstattung aufweist oder in Liquiditätsschwierigkeiten gerät (MünchKomm-Bilanzrecht/Tiedchen, § 252 HGB Rn. 24; Lilienbecker/Link/Rabenhorst, BB 2009, 262; Böhmer/Metzing, DStR 2015, 1824, 1825). Ein weiteres Indiz ist die bilanzielle Überschuldung. Zwar ist diese allein kein Insolvenzgrund (BGH, Beschluss vom 8. März 2012 - IX ZR 102/11, WM 2012, 665 Rn. 5 mwN); jedoch kann eine bilanzielle Überschuldung ein Indiz für von § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB verlangte tatsächlichen Gegebenheiten darstellen und Anlass geben, eine insolvenzrechtliche Überschuldung zu prüfen (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 2005 - II ZR 138/03, WM 2005, 848, 849 unter II.1.; vom 27. April 2009 - II ZR 253/07, WM 2009, 1145 Rn. 9; vom 7. März 2013 - IX ZR 64/12, WM 2013, 802 Rn. 16; vom 19. November 2013 - II ZR 229/11, WM 2014, 167 Rn. 17). Im Streitfall bestanden solche Indizien. So lag unstreitig eine bilanzielle Überschuldung vor. Außerdem wies die Schuldnerin wiederholt Verluste auf, die zu einem Verlust des Eigenkapitals und zu einem ständig steigenden, nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag (§ 268 Abs. 3 HGB) führten.

Handelt es sich nach den Umständen des Falles um ernsthafte Indizien, die eine Unternehmensfortführung zweifelhaft erscheinen lassen, darf ein Jahresabschluss nur dann unbesehen auf der Grundlage der Fortführungswerte erstellt werden, wenn anhand konkreter Umstände feststeht, dass diese belastenden Indizien einer Fortführung der Unternehmenstätigkeit jedenfalls nicht entgegenstehen. Andernfalls haben die gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft eingehende Untersuchungen durchzuführen und dabei anhand aktueller, hinreichend detaillierter und konkretisierter interner Planungsunterlagen zu analysieren, ob weiterhin von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen ist (explizite Fortführungsprognose, Winkeljohann/Büssow in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 10. Aufl., § 252 HGB Rn. 10; vgl. Lilienbecker/Link/Rabenhorst, BB 2009, 262, 264; Groß, WPg 2010, 119, 130).

(bb) Erkennt der Steuerberater Umstände, die geeignet sind, die implizite Fortbestehensprognose des § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB in Frage zu stellen, oder hätte er bei pflichtgemäßer Aufmerksamkeit bei Erstellung des Jahresabschlusses solche Umstände erkennen müssen, muss er entweder klären, ob diese Umstände tatsächlich vorliegen oder tatsächlich nicht geeignet sind, die Fortführungsprognose in Frage zu stellen, oder er muss dafür Sorge tragen, dass die Gesellschaft eine explizite Fortführungsprognose erstellt. Übergibt die Gesellschaft dem Steuerberater eine explizite Fortführungsprognose, darf der Steuerberater diese - wenn sie nicht evident untauglich ist - bei der Erstellung des Jahresabschlusses zugrunde legen. Legt der Mandant nicht von sich aus ein Ergebnis einer Prüfung der Fortführungsaussichten vor, muss dies der Steuerberater anmahnen, wenn er das Risiko einer mangelhaften - weil zu Unrecht mit Fortführungswerten aufgestellten - Bilanz ausschließen möchte. Hingegen darf er sich nicht auf bloße Aussagen der Geschäftsführer oder der Gesellschaft ohne sachlichen Gehalt verlassen. Er ist zwar nicht verpflichtet, die notwendigen Überprüfungen ohne gesonderten Auftrag selbst zu veranlassen oder durchzuführen. Er muss jedoch dafür Sorge tragen, dass der Mandant die gegen einen Ansatz von Fortführungswerten bestehenden Bedenken ausräumt, und daher die vom Mandanten abgegebenen Erklärungen daraufhin überprüfen, ob sie stichhaltig sind und Substanz aufweisen.

Die Behauptung des Beklagten, der Geschäftsführer der Schuldnerin habe ihm versichert, das Problem der bilanziellen Überschuldung sei bekannt und man überlege Kapitalerhöhungen, ist nicht geeignet, den Beklagten von der Haftung für einen fehlerhaften Jahresabschluss zu entlasten. Denn sie enthält nur eine vage Ankündigung ohne konkreten sachlichen Gehalt; eine solche Ankündigung vermag die aus einer bilanziellen Überschuldung folgenden Probleme für eine handelsrechtliche Fortführungsprognose nicht zu beseitigen.

(cc) Trotz dem Steuerberater erkennbarer Zweifel an der Fortführungsvermutung ist der von ihm erstellte Jahresabschluss jedoch mangelfrei, wenn der Steuerberater die Gesellschaft auf die konkreten Umstände hingewiesen hat, deretwegen keine ausreichende Grundlage vorhanden war, um ungeprüft Fortführungswerte nach § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB zugrunde legen zu können, die Gesellschaft ihn aber ausdrücklich angewiesen hat, gleichwohl die handelsrechtliche Bilanz mit Fortführungswerten zu erstellen. Beruht der Mangel eines Werks auf Anweisungen oder verbindlichen Vorgaben des Bestellers, entfällt die Haftung für Mängel, sofern der Unternehmer die erforderlichen Prüfungen durchgeführt und die notwendigen Hinweise gegeben hat (Palandt/ Sprau, BGB, 76. Aufl., § 633 Rn. 4; BGH, Urteil vom 29. September 2011 - VII ZR 87/11, NJW 2011, 3780 Rn. 14 mwN; vgl. auch § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die - vom Steuerberater zu beweisenden - Hinweise müssen sowohl die bestehenden Zweifel an der Fortführungsprognose als auch die notwendige Überprüfung genau und im Einzelfall aufzeigen. Die vom Mandanten erteilte Anweisung hat der Steuerberater sodann in dem von ihm erstellten Entwurf eines Jahresabschlusses zu dokumentieren.

Der vom Beklagten nach seiner Behauptung erteilte allgemeine Hinweis, dass eine bilanzielle Überschuldung vorliegt, entlastet den Steuerberater jedoch nicht. Gleiches gilt für die Hinweise auf eine generelle Prüfungspflicht in den Schreiben vom 20. April und 28. August 2007. Der Steuerberater muss den Mandanten vielmehr klar und deutlich darauf hinweisen, dass er die handelsrechtliche Bilanz nur dann nach Fortführungswerten erstellen kann, wenn hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind. Sofern - was revisionsrechtlich zu unterstellen ist - die im Streitfall bestehenden Indizien ernsthafte Zweifel an der Fortführung der Unternehmenstätigkeit begründeten, hätte der Beklagte dem Mandanten zu erläutern gehabt, welche Anforderungen § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB an die Bilanzierung nach Fortführungswerten stellt und dass im Streitfall aufgrund einer bilanziellen Überschuldung und den wiederholten Verlusten konkrete Zweifel an einer Fortführung der Unternehmenstätigkeit bestanden und deshalb eine explizite Fortführungsprognose erforderlich sei.

(3) Hingegen ist der Steuerberater, der beauftragt ist, den Jahresabschluss zu erstellen, ohne einen ausdrücklich hierauf gerichteten Auftrag nicht verpflichtet, über die ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen und die ihm sonst bekannten Umstände hinaus umfassend Nachforschungen oder Untersuchungen anzustellen, ob die gesetzliche Vermutung des § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB tatsächlich gerechtfertigt ist, oder von sich aus nach möglichen Insolvenzgründen zu forschen. Ihn trifft auch keine allgemeine Untersuchungspflicht hinsichtlich der wirtschaftlichen Verhältnisse der Gesellschaft. Daher haftet der Steuerberater für einen objektiv fehlerhaften Jahresabschluss nicht schon dann, wenn er bei einer entsprechenden Nachforschung oder einer entsprechenden Untersuchung der wirtschaftlichen Verhältnisse hätte erkennen können, dass die Gesellschaft insolvenzreif war.

c) Das für eine Schadensersatzhaftung bei Mängeln der Werkleistung erforderliche Verschulden wird vermutet (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB). Der Steuerberater muss sich mithin entlasten.

d) Die Kausalität der fehlerhaften Bilanz für den geltend gemachten Insolvenzverschleppungsschaden, insbesondere also den unterlassenen Insolvenzantrag muss der Insolvenzverwalter beweisen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juni 2013 - IX ZR 204/12, WM 2013, 1323 Rn. 19 ff).

2. Anders als das Berufungsgericht meint, kommt zudem eine Haftung des Beklagten aus § 280 Abs. 1, § 675 Abs. 1 BGB wegen Verletzung einer Hinweis- und Warnpflicht in Betracht. Auch wenn der vom Steuerberater erstellte Jahresabschluss mangelfrei war, können den mit der Erstellung des Jahresabschlusses beauftragten Steuerberater Hinweis- und Warnpflichten treffen.

a) Eine Hinweispflicht des Steuerberaters besteht auch außerhalb des beschränkten Mandatsgegenstandes, soweit die Gefahren dem Steuerberater bekannt oder für ihn offenkundig sind oder sich ihm bei ordnungsgemäßer Bearbeitung aufdrängen und wenn er Grund zu der Annahme hat, dass sein Auftraggeber sich der Gefahr nicht bewusst ist (BGH, Urteil vom 18. Dezember 2008 - IX ZR 12/05, WM 2009, 369 Rn. 14 mwN; Vill in G. Fischer/Vill/D. Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch der Anwaltshaftung, 4. Aufl., § 2 Rn. 20). Dies gilt insbesondere, wenn die Gefahr Interessen des Auftraggebers betrifft, die mit dem beschränkten Auftragsgegenstand in engem Zusammenhang stehen (BGH, Urteil vom 9. Juli 1998 - IX ZR 324/97, WM 1998, 2246, 2248; vom 18. Dezember 2008, aaO; Vill aaO).

aa) Diese Voraussetzungen können bei einem Steuerberater erfüllt sein, der beauftragt ist, einen Jahresabschluss zu erstellen. Trotz inhaltlich richtiger Bilanz können zugunsten des Mandanten Hinweis- und Warnpflichten bestehen, wenn der Steuerberater einen Insolvenzgrund erkennt oder für ihn ernsthafte Anhaltpunkte für einen möglichen Insolvenzgrund offenkundig sind und er annehmen muss, dass die mögliche Insolvenzreife der Mandantin nicht bewusst ist. Solche Anhaltspunkte können für den Steuerberater etwa dann offenkundig sein, wenn die Jahresabschlüsse der Gesellschaft in aufeinanderfolgenden Jahren wiederholt nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbeträge aufweisen. Dies kommt weiter in Betracht, wenn für den Steuerberater offenkundig ist, dass die bilanziell überschuldete Gesellschaft über keine stillen Reserven verfügt. Maßgeblich für die Frage, ob eine Hinweis- und Warnpflicht des Steuerberaters besteht, sind dabei nur die von ihm für den zu erstellenden Jahresabschluss zu prüfenden Umstände.

Der Steuerberater muss im Hinblick auf § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB ohnehin anhand der ihm zur Verfügung gestellten Informationen und der ihm sonst - etwa auch aus einem Dauermandat - bekannten Umstände prüfen, ob sich daraus ernsthafte Hinweise auf einen möglichen Insolvenzgrund ergeben, die als tatsächliche Gegebenheiten Zweifel an der Fortführungsprognose wecken (vgl. Zugehör, WM 2013, 1965, 1969 ff; Vill aaO § 2 Rn. 23). Insbesondere ist der Steuerberater verpflichtet, die Mandantin über rechtliche oder tatsächliche Gegebenheiten zu unterrichten, die er im Zuge der Erstellung der Jahresbilanz erkennen muss und die der Fortführung der Unternehmenstätigkeit im Sinne des § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB entgegenstehen können. Da § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB auf die Tätigkeit des Unternehmens abstellt und im Unterschied dazu §§ 17 ff InsO Handlungspflichten für den Unternehmensträger bestimmen (Kaiser, ZIP 2012, 2478, 2480 f; Eickes, Zum Grundsatz der Unternehmensfortführung in der Insolvenz, S. 116), liegt es für den Steuerberater und den Mandanten nahe, dass der Steuerberater auf solche sich bei der Prüfung des § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB ergebende offenkundige Umstände hinweist, die für den Mandanten Handlungspflichten nach den §§ 17 ff InsO begründen können.

Hingegen ist der Steuerberater nicht zu weitergehenden Überprüfungen verpflichtet. Erst recht ist der Steuerberater nicht verpflichtet, von sich aus eine Überschuldungsprüfung vorzunehmen. Vielmehr hat der Geschäftsführer - wenn ihm die entsprechenden Indizien genannt werden - die erforderlichen Überprüfungen selbst vorzunehmen oder gesondert in Auftrag zu geben (BGH, Urteil vom 7. März 2013 - IX ZR 64/12, WM 2013, 802 Rn. 21). Es ist originäre Aufgabe des Geschäftsführers, die Zahlungsfähigkeit und eine etwaige Überschuldung des von ihm geleiteten Unternehmens im Auge zu behalten und auf eventuelle Anzeichen für eine Insolvenzreife zu reagieren (BGH, Urteil vom 7. März 2013 - IX ZR 64/12, WM 2013, 802 Rn. 21). Der Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verpflichtet, für eine Organisation zu sorgen, die ihm die zur Wahrnehmung seiner Pflichten erforderliche Übersicht über die wirtschaftliche und finanzielle Situation der Gesellschaft jederzeit ermöglicht; verfügt er selbst nicht über ausreichende persönliche Kenntnisse, muss er sich gegebenenfalls fachkundig beraten lassen (BGH, Urteil vom 6. Juni 1994 - II ZR 292/91, BGHZ 126, 181, 199; vom 20. Februar 1995 - II ZR 9/94, ZIP 1995, 560, 561; vom 14. Mai 2007 - II ZR 48/06, ZInsO 2007, 660 Rn. 16; vom 27. März 2012 - II ZR 171/10, ZInsO 2012, 1177, Rn. 15; vom 19. Juni 2012 - II ZR 243/11, ZInsO 2012, 1536 Rn. 11).

bb) Im Streitfall können nach den revisionsrechtlich zu unterstellenden Behauptungen des Klägers solche für den Beklagten offenkundige Umstände vorliegen. Bereits der dem Beklagten mit der erstmaligen Auftragserteilung bekannte Jahresabschluss für das Jahr 2002 wies einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 33.127,93 € auf. Der jeweilige Fehlbetrag stieg in allen vom Beklagten erstellten Jahresabschlüssen mit Ausnahme des Jahresabschlusses für das Jahr 2006 stets an. Zudem hat der Kläger behauptet, dass die Schuldnerin bereits bei Beauftragung des Beklagten über keine stillen Reserven verfügt habe.

Auf dieser Grundlage hat der Beklagte einer etwaigen Hinweis- und Warnpflicht nicht mit seinen im Rechtsstreit vorgelegten Schreiben genügt. Das Schreiben vom 20. April 2007 enthält keinen ausreichenden Hinweis auf einen möglichen Insolvenzgrund, weil der Beklagte darin nur abstrakt die Prüfungspflichten eines Geschäftsführers wiedergibt. Erforderlich ist aber, dass der Steuerberater die maßgeblichen Umstände gegenüber seinem Mandanten im Einzelnen bezeichnet und ihn konkret darauf hinweist, dass diese Umstände Anlass zu einer Prüfung einer möglichen Insolvenzreife geben. Soweit der Beklagte im Schreiben vom 28. August 2007 zusätzlich auf den im Jahresabschluss für das Jahr 2006 enthaltenen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 73.660,22 €, die daraus folgende Überschuldung der Gesellschaft, die in den Vorjahren bestehende vergleichbare Situation und die daraus folgenden Prüfungs- und Handlungspflichten des Geschäftsführers insbesondere hinsichtlich einer Insolvenzantragspflicht hinweist, ist dies grundsätzlich geeignet, eine zu diesem Zeitpunkt bestehende Hinweis- und Warnpflicht zu erfüllen. Dies setzt jedoch voraus, dass eine solche Hinweis- und Warnpflicht - was nach den revisionsrechtlich zu unterstellenden Behauptungen des Klägers möglich ist - nicht schon deutlich früher bestand.

cc) Die Hinweis- und Warnpflicht des Steuerberaters hinsichtlich der Umstände, die auf einen Insolvenzgrund hinweisen, setzt weiter voraus, dass der Steuerberater Grund zu der Annahme hat, dass sein Auftraggeber sich der Gefahr nicht bewusst ist. Daran fehlt es, wenn der Steuerberater davon ausgehen darf, dass sein Mandant sich der Umstände, die auf einen Insolvenzgrund hinweisen, bewusst ist und in der Lage ist, die tatsächliche und rechtliche Bedeutung dieser Umstände einzuschätzen. Entscheidend ist, ob der Geschäftsführer der Gesellschaft über das konkrete tatsächliche und rechtliche Wissen verfügt, um sich veranlasst zu fühlen zu überprüfen, ob er das Unternehmen in seiner bisherigen Form fortführen kann. Hierzu kann es genügen, wenn - wie der Beklagte behauptet hat - die Schuldnerin ihm gegenüber erklärt hat, das Problem der bilanziellen Überschuldung sei bekannt.

b) Soweit der Senat ausgesprochen hat, dass die Unterbilanz für den Geschäftsführer ohne weiteres ersichtlich ist und deshalb keine Hinweispflichten des Steuerberaters auf einen möglichen Insolvenzgrund bestehen (BGH, Urteil vom 7. März 2013 - IX ZR 64/12, WM 2013, 802 Rn. 19), wird daran nicht festgehalten.

c) Erfüllt der Steuerberater diese Hinweispflicht nicht, kommt eine Haftung für einen Insolvenzverschleppungsschaden in Betracht, wenn die Gesellschaft tatsächlich früher Insolvenz angemeldet hätte, sofern ihr die mit den (wiederholten) Jahresfehlbeträgen verbundenen Risiken aufgezeigt worden wären.

C.

Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass das Berufungsgericht nicht nur zu klären haben wird, ob der Beklagte seine Pflichten verletzt hat. Vielmehr wird auch zu klären sein, inwieweit eine etwaige Pflichtverletzung für einen unterbliebenen Insolvenzantrag ursächlich gewesen ist. Zudem wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, inwieweit ein etwaiger Schadensersatzanspruch des Klägers infolge eines der Schuldnerin analog § 31 BGB zuzurechnenden Mitverschuldens ihres Geschäftsführers (§ 254 Abs. 1 BGB) erheblich gemindert oder sogar ganz ausgeschlossen ist (BGH, Urteil vom 6. Juni 2013 - IX ZR 204/12, WM 2013, 1323 Rn. 29 ff).