Bundesgerichtshof Urteil, 14. Juni 2019 - V ZR 144/18

bei uns veröffentlicht am14.06.2019
vorgehend
Amtsgericht Friedberg (Hessen), 2 C 1500/15, 08.03.2017
Landgericht Gießen, 1 S 47/17, 02.05.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 144/18 Verkündet am:
14. Juni 2019
Rinke
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
NachbG HE § 10a Abs. 1
Der Eigentümer eines Grundstücks hat nur einen Überbau durch Bauteile zu
dulden, die wegen des Anbringens einer Wärmedämmung an der Grenzwand
des Nachbarn auf sein Grundstück hinüberragen; demgegenüber muss er Veränderungen
an seinem Gebäude, die infolge der Anbringung der Wärmedämmung
notwendig werden, nicht dulden.
Der Teilhaber einer gemeinsamen Giebelwand (Nachbarwand), der diese mit
einer Wärmedämmung versehen will, kann von dem anderen Teilhaber nicht
die Duldung baulicher Eingriffe in Gebäudeteile verlangen, die nicht der gemeinsamen
Verwaltung unterliegen.
BGH, Urteil vom 14. Juni 2019 - V ZR 144/18 - LG Gießen
AG Friedberg (Hessen)
ECLI:DE:BGH:2019:140619UVZR144.18.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. Juni 2019 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterin Prof. Dr. Schmidt-Räntsch, den Richter Dr. Kazele, die Richterin Haberkamp und den Richter Dr. Hamdorf

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Landgerichts Gießen - 1. Zivilkammer - vom 2. Mai 2018 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien sind Eigentümer unmittelbar aneinandergrenzender, in Hessen gelegener Reihenhäuser, die im Jahre 1976 in einer versetzten Bauweise errichtet wurden. Der Kläger ließ im Rahmen einer Sanierung seines Reihenhauses eine außenseitige Fassadendämmung anbringen. Der unmittelbar an das Reihenhaus des Beklagten angrenzende und aufgrund der versetzten Bauweise frei liegende Teil der Wand des klägerischen Reihenhauses einschließlich eines schmalen Streifens im Dachbereich ist bislang nicht gedämmt. Die von dem Kläger in diesen Bereichen vorgesehene Außendämmung nebst Putz würde die Grenze zum Grundstück des Beklagten um insgesamt 11 cm überschreiten. Zu deren Anbringung müssten ein von dem Beklagten an die Hauswand angepasster Holzunterstand mit Mülltonnenverkleidung, die an der Fassade des Hauses des Beklagten befindlichen Öffnungen für die Entlüftung des Öltanks und für die Abluft der Küche sowie ein Stromkabel verlegt und ferner der Dachbereich des Hauses des Beklagten geöffnet werden. Der Beklagte ist mit diesen Maßnahmen nicht einverstanden. Ein Schlichtungsversuch vor dem Schiedsamt blieb erfolglos.
2
Der Kläger verlangt von dem Beklagten, es ihm zu erlauben, dessen Grundstück zu betreten, um die Wärmedämmung an der zum Grundstück des Beklagten gelegenen Wand anzubringen und die hierzu erforderlichen Arbeiten am Dachanschluss auf seine (des Klägers) Kosten auszuführen. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben; das Landgericht hat sie abgewiesen. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, will der Kläger die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils erreichen.

Entscheidungsgründe:

I.

3
Das Berufungsgericht meint, dem Kläger stehe ein Anspruch auf Duldung des Anbringens der Wärmedämmung nach § 10a Hessisches Nachbarrechtsgesetz (NachbG HE) nicht zu. Zwar sei die Vorschrift entgegen ihrem Wortlaut auch bei versetzt gebauten Reihenhäusern anzuwenden. Den besonderen Umständen bei versetzten Gebäuden und der gebotenen engen Auslegung des § 10a Abs. 1 NachbG HE sei durch eine konkrete Abwägung der beiderseitigen Interessen und geschützten Rechtsgüter im Einzelfall bei der Frage Rechnung zu tragen, ob eine nur geringfügige Beeinträchtigung des betroffenen Grundstücks gegeben sei. Wegen der notwendig werdenden Änderungen am Haus des Beklagten fehle es an einer nur geringfügigen Beeinträchtigung des betroffenen Grundstücks, denn der Beklagte hätte nicht nur den Überbau, sondern auch Veränderungen an seinem eigenen Haus zu dulden.

II.

4
Die Revision hat keinen Erfolg.
5
1. Im Ergebnis zutreffend verneint das Berufungsgericht einen entsprechenden Anspruch des Klägers gegen den Beklagten auf der Grundlage von § 10a Abs. 1 NachbG HE.
6
a) Nach Satz 1 dieser Vorschrift haben Eigentümer und Nutzungsberechtigte eines Grundstücks Bauteile, die auf ihr Grundstück übergreifen, zu dulden, wenn es sich bei den übergreifenden Bauteilen um eine Wärmedämmung handelt , die über die Bauteilanforderungen der Energieeinsparverordnung in der jeweils geltenden Fassung für bestehende Gebäude nicht hinausgeht (Nr. 1), eine vergleichbare Wärmedämmung auf andere Weise mit vertretbarem Aufwand nicht vorgenommen werden kann (Nr. 2) und die übergreifenden Bauteile an einer vorhandenen einseitigen Grenzwand auf dem Nachbargrundstück angebracht werden, die Benutzung des betroffenen Grundstücks nicht oder nur geringfügig beeinträchtigen und öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht widersprechen (Nr.3 a bis c). Die Duldungspflicht des § 10a Abs. 1 Satz 1 NachbG HE erstreckt sich nach dessen Absatz 1 Satz 2 auch auf die mit der Wärmedämmung zusammenhängenden notwendigen Änderungen von Bauteilen.
7
b) Das Berufungsgericht geht, was die Revision zu Recht rügt, ohne hinreichende Feststellungen von dem Vorliegen einer Grenzwand aus.
8
aa) Eine Grenzwand ist nach der in § 8 Abs. 1 NachbG HE enthaltenen Legaldefinition die an der Grenze zum Nachbargrundstück auf dem Grundstück des Erbauers errichtete Wand. Deren Außenkante verläuft dabei entweder nahe der oder auf der Grundstücksgrenze, ohne diese zu überschreiten. Sie steht daher im Alleineigentum des sie errichtenden Grundstückeigentümers (vgl. zur Definition einer Grenzwand: Senat, Urteil vom 18. Mai 2001 - V ZR 119/00, WM 2001, 1903, 1904; Senat, Urteil vom 11. April 2008 - V ZR 158/07, NJW 2008, 2032 Rn. 12; Senat, Urteil vom 18. Dezember 2015 - V ZR 55/15, WM 2016, 1751, Rn. 8).
9
bb) Das Berufungsgericht meint zwar, eine Grenzwand liege vor, füllt diesen Rechtsbegriff aber nicht mit Feststellungen aus. Auf die Frage, ob die Wand, an der die Wärmedämmung angebracht werden soll, ausschließlich auf dem Grundstück des Klägers errichtet worden ist, geht es nicht ein. Auch das erstinstanzlich eingeholte Sachverständigengutachten, auf welche sich die Revision stützt, trifft über den Grenzverlauf und den konkreten Standort der Wand keine Aussage. Letztlich kommt es auf diese Frage allerdings nicht an.
10
c) Wird mit dem Kläger davon ausgegangen, dass eine (teilweise) auf beiden Grundstücken stehende Nachbarwand (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 27. Juli 2012 - V ZR 2/12, GE 2012, 1309 Rn. 7) vorhanden ist, an die die Reihenhäuser in beiden Richtungen angebaut sind, fehlt es an dem Vorliegen einer Grenzwand, so dass eine Duldungspflicht nach § 10a Abs. 1 Satz 1 NachbG HE schon deshalb nicht in Betracht kommt.
11
d) Wird demgegenüber unterstellt, dass eine auf dem Grundstück des Klägers errichtete Grenzwand vorliegt, kommt eine Duldungspflicht des Beklagten nach § 10a Abs. 1 Satz 1 NachbG HE ebenfalls nicht in Betracht.
12
aa) Dahinstehen kann dabei, ob eine „einseitige“ Grenzwand im Sinne des § 10a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 a) NachbG HE auch dann vorliegt, wenn von dieser aufgrund der Nachbarbebauung - wovon hier auszugehen wäre - nur ein Teil auf eine freie Fläche des Nachbargrundstücks trifft. Während dies nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht eindeutig ist, scheint der Gesetzgeber die Fälle einer versetzten Bauweise mit dem Hinweis auf die Erforderlichkeit einer Einzelfallabwägung der konkret betroffenen Interessen und Rechtsgüter in den Anwendungsbereich der Vorschrift einbeziehen zu wollen (vgl. Hessischer Landtag, Drucks. 18/855, S. 6).
13
bb) Auch wenn § 10a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 a) NachbG HE die Fälle einer versetzten Bauweise erfassen sollte, ist der Beklagte jedenfalls nicht verpflichtet , bauliche Veränderungen an den auf seinem Grundstück vorhandenen Gebäuden zu dulden.
14
(1) Der Eigentümer eines Grundstücks hat nach § 10a Abs. 1 NachbG HE nur einen Überbau durch Bauteile zu dulden, die wegen des Anbringens einer Wärmedämmung an der Grenzwand des Nachbarn auf sein Grundstück hinüberragen; demgegenüber muss er Veränderungen an seinem Gebäude, die infolge der Wärmedämmung notwendig werden, nicht dulden.
15
Dies folgt zunächst aus Satz 1 dieser Vorschrift. Darin wird eine Duldungspflicht des Eigentümers in Bezug auf die Bauteile der Wärmedämmung angeordnet, die auf sein Grundstück übergreifen. Zu dulden ist danach nur der durch diese Bauteile verursachte Überbau.
16
Auf einen bloßen Überbau bezieht sich auch die Regelung in § 10a Abs. 1 Satz 2 NachbG HE. Danach erstreckt sich die in Satz 1 angeordnete Duldungspflicht auf die mit der Wärmedämmung zusammenhängenden notwendigen Änderungen von Bauteilen. Ob damit nur Bauteile der Grenzwand gemeint sind, bleibt zwar nach dem Wortlaut der Vorschrift offen. Aus der Begründung des Gesetzentwurfs ergibt sich aber, dass sich die Vorschrift nur auf erforderliche Änderungen von Bauteilen der einseitigen Grenzwand, an der die Wärmedämmung angebracht werden soll, bezieht. Danach fallen unter diese Vorschrift etwa eine notwendige Erweiterung des Dachs bei einer Giebelwand, die Verlängerung der Fensterbänke oder die Verlegung von Fallrohren um die Dämmstoffstärke (Hessischer Landtag, Drucks. 18/855, S. 6). § 10a Abs. 1 Satz 2 NachbG HE will damit nur die Duldungspflicht des Satzes 1 in Bezug auf Überbaumaßnahmen erweitern, die durch Veränderungen an Bauteilen der Grenzwand erforderlich werden.
17
Dass Eingriffe in das Eigentumsrecht des von dem Überbau betroffenen Nachbarn auf ein Mindestmaß beschränkt und die Nutzung seines Grundstücks nicht oder allenfalls geringfügig beeinträchtigt werden soll, hebt die Begründung zum Gesetzentwurf auch im anderen Zusammenhang hervor. Der Gesetzgeber geht von einer nicht nur geringfügigen Beeinträchtigung durch eine über die Grundstücksgrenze übergreifende Wärmedämmung aus, wenn der durch den Überbau betroffene Eigentümer nach den öffentlich-rechtlichen Vorschriften bis zur gemeinsamen Grundstücksgrenze bauen darf (Hessischer Landtag, Drucks. 18/855, S. 6). Nach seiner Vorstellung wäre in einem solchen Fall selbst der bloße, mit dem Aufbringen der Wärmedämmung verbundene Überbau nicht oder allenfalls bis zu der Realisierung einer zulässigen Grenzbebauung zu dulden. Dann aber ist es folgerichtig, bereits vorhandene Gebäudeteile auf dem durch den Überbau betroffenen Grundstück vor Eingriffen in deren Substanz zu schützen. Derartige Eingriffe muss der Grundstückseigentümer nicht hinnehmen. Eine Abwägung mit den Interessen des Nachbarn an dem Anbringen der Wärmedämmung kommt in diesen Fällen nicht in Betracht. Eine solche sieht das Gesetz nach § 10a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 b) NachbG HE nur hinsichtlich der von übergreifenden Bauteilen ausgehenden Beeinträchtigungen, mithin den durch den Überbau als solchen verursachten negativen Auswirkungen auf das Nachbargrundstück vor.
18
(2) Nach diesen Maßstäben kommt ein Anspruch des Klägers auf das Anbringen der Wärmedämmung auf der streitgegenständlichen Wand nach § 10a Abs. 1 NachbG HE nicht in Betracht. Der Beklagte hätte nicht nur die auf sein Grundstück übergreifenden Bauteile zu dulden, sondern auch Veränderungen an Bauteilen seines Gebäudes. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts würde die Anbringung der Wärmedämmung u.a. dazu führen, dass die Öltank-entlüftung, die für Abluft in der Küche vorhandene Öffnung in der Wand des Gebäudes des Beklagten zu verlegen sowie dessen Dach zu öffnen wäre, um den Anschluss an die Wärmedämmung herzustellen. Eine Duldungspflicht bezüglich derartiger Eingriffe in das Eigentum besteht nicht.
19
2. Eine Pflicht des Beklagten, das Anbringen der Wärmedämmung an der streitgegenständlichen Wand zu dulden oder die Zustimmung zu den erforderlichen Baumaßnahmen zu erteilen, ergibt sich entgegen der Ansicht des Klägers auch dann nicht, wenn es sich bei der zu dämmenden Wand um eine gemeinsame Grenzeinrichtung handeln sollte.
20
a) Bei einer gemeinsamen Grenzeinrichtung im Sinne des § 921 BGB, die ausgehend von dem Vortrag des Klägers zum Bestehen einer Nachbarwand vorläge, bestimmt sich das Rechtsverhältnis zwischen den Nachbarn - soweit in § 921, § 922 Sätze 1 bis 3 BGB keine Regelung enthalten ist - gemäß § 922 Satz 4 BGB nach den Vorschriften über die Gemeinschaft. Über diese Verweisung kommt § 745 Abs. 2 BGB zur Anwendung, wonach jeder Teilhaber, sofern nicht die Verwaltung und Benutzung durch Vereinbarung oder Mehrheitsbeschluss geregelt ist, eine dem Interesse aller Teilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Verwaltung und Benutzung verlangen kann. Das Anbringen einer Wärmedämmung auf eine Wand der gemeinsamen Grenzeinrichtung stellt grundsätzlich eine Verwaltungsmaßnahme im Sinne dieser Vorschrift dar (vgl. Senat, Urteil vom 11. April 2008 - V ZR 158/07, NJW 2008, 2032 Rn. 10). Der Senat hat dies in einem Fall angenommen, in dem der freie Bereich einer ungedämmten , nur aus einem Ziegelstein-Mauerwerk bestehenden Giebelmauer in einen den heutigen Erfordernissen und Anschauungen entsprechenden Zustand versetzt werden sollte. Dass die gemeinsame Giebelwand in Funktion und Aussehen dem allgemein üblichen Standard entspricht, liegt im beiderseitigen Interesse der Teilhaber. Daher muss der Teilhaber der gemeinsamen Giebelwand , der an diese nicht vollständig angebaut hat und derzeit auch nicht anbauen will, derartige Maßnahmen des anderen Teilhabers zur Wärmedämmung dulden (Senat, Urteil vom 11. April 2008 - V ZR 158/07, NJW 2008, 2032 Rn. 15).
21
b) Der Teilhaber einer gemeinsamen Giebelwand (Nachbarwand), der diese mit einer Wärmedämmung versehen will, kann nach § 745 Abs. 2 BGB von dem anderen Teilhaber jedoch nicht die Duldung baulicher Eingriffe in Gebäudeteile verlangen, die nicht der gemeinsamen Verwaltung unterliegen. Entscheidungsgegenstand einer Verwaltungsregelung im Sinne von § 745 Abs. 2 BGB kann nämlich allein der gemeinschaftliche Gebäudeteil sein (vgl. HKBGB /Ingo Saenger, 10. Aufl., § 745 Rn. 3; MüKoBGB/Karsten Schmidt, 7. Aufl., § 745 Rn. 37; BeckOGK/Fehrenbacher, BGB [15.8.2019], § 745 Rn. 19). Eingriffe in die bauliche Substanz von Gegenständen und Gebäuden, die nicht der gemeinsamen Verwaltung unterliegen, können daher von den Teilhabern nicht beschlossen werden. Folglich ist der Beklagte auch nach § 745 Abs. 2 BGB nicht zur Duldung der mit der Anbringung der Dämmung verbundenen Verlegung der Öltankentlüftung, der für Abluft in der Küche vorhandenen Öffnung in der Wand des Gebäudes des Beklagten sowie der Öffnung des Dachs zur Herstellung eines Anschlusses mit der Wärmedämmung verpflichtet.

III.

22
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Stresemann Schmidt-Räntsch Kazele
Haberkamp Hamdorf

Vorinstanzen:
AG Friedberg (Hessen), Entscheidung vom 08.03.2017 - 2 C 1500/15 (11) -
LG Gießen, Entscheidung vom 02.05.2018 - 1 S 47/17 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 14. Juni 2019 - V ZR 144/18

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

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(1) Durch Stimmenmehrheit kann eine der Beschaffenheit des gemeinschaftlichen Gegenstands entsprechende ordnungsmäßige Verwaltung und Benutzung beschlossen werden. Die Stimmenmehrheit ist nach der Größe der Anteile zu berechnen. (2) Jeder Teilhab

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 921 Gemeinschaftliche Benutzung von Grenzanlagen


Werden zwei Grundstücke durch einen Zwischenraum, Rain, Winkel, einen Graben, eine Mauer, Hecke, Planke oder eine andere Einrichtung, die zum Vorteil beider Grundstücke dient, voneinander geschieden, so wird vermutet, dass die Eigentümer der Grundstü

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 922 Art der Benutzung und Unterhaltung


Sind die Nachbarn zur Benutzung einer der in § 921 bezeichneten Einrichtungen gemeinschaftlich berechtigt, so kann jeder sie zu dem Zwecke, der sich aus ihrer Beschaffenheit ergibt, insoweit benutzen, als nicht die Mitbenutzung des anderen beeinträch
Bundesgerichtshof Urteil, 14. Juni 2019 - V ZR 144/18 zitiert 5 §§.

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Referenzen

Werden zwei Grundstücke durch einen Zwischenraum, Rain, Winkel, einen Graben, eine Mauer, Hecke, Planke oder eine andere Einrichtung, die zum Vorteil beider Grundstücke dient, voneinander geschieden, so wird vermutet, dass die Eigentümer der Grundstücke zur Benutzung der Einrichtung gemeinschaftlich berechtigt seien, sofern nicht äußere Merkmale darauf hinweisen, dass die Einrichtung einem der Nachbarn allein gehört.

Sind die Nachbarn zur Benutzung einer der in § 921 bezeichneten Einrichtungen gemeinschaftlich berechtigt, so kann jeder sie zu dem Zwecke, der sich aus ihrer Beschaffenheit ergibt, insoweit benutzen, als nicht die Mitbenutzung des anderen beeinträchtigt wird. Die Unterhaltungskosten sind von den Nachbarn zu gleichen Teilen zu tragen. Solange einer der Nachbarn an dem Fortbestand der Einrichtung ein Interesse hat, darf sie nicht ohne seine Zustimmung beseitigt oder geändert werden. Im Übrigen bestimmt sich das Rechtsverhältnis zwischen den Nachbarn nach den Vorschriften über die Gemeinschaft.

(1) Durch Stimmenmehrheit kann eine der Beschaffenheit des gemeinschaftlichen Gegenstands entsprechende ordnungsmäßige Verwaltung und Benutzung beschlossen werden. Die Stimmenmehrheit ist nach der Größe der Anteile zu berechnen.

(2) Jeder Teilhaber kann, sofern nicht die Verwaltung und Benutzung durch Vereinbarung oder durch Mehrheitsbeschluss geregelt ist, eine dem Interesse aller Teilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Verwaltung und Benutzung verlangen.

(3) Eine wesentliche Veränderung des Gegenstands kann nicht beschlossen oder verlangt werden. Das Recht des einzelnen Teilhabers auf einen seinem Anteil entsprechenden Bruchteil der Nutzungen kann nicht ohne seine Zustimmung beeinträchtigt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 119/00 Verkündet am:
18. Mai 2001
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
-----------------------------------
Der Bau einer Wand, die ohne eine auf dem Nachbargrundstück als Grenzwand errichtete
Giebelwand nicht standfest ist, führt nicht zum Entstehen von Miteigentum
an der aus beiden Wänden gebildeten einheitlichen Wand.
BGH, Urt. v. 18. Mai 2001- V ZR 119/00 - OLG Köln
LG Köln
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Mai 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die Richter
Tropf, Schneider, Dr. Klein und Dr. Lemke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 9. März 2000 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Beklagte ist Eigentümer des Grundstücks K.straße 63 in H.. 1958/1959 errichteten er oder sein Rechtsvorgänger auf dem Grundstück ein Wohnhaus. Die Giebelmauer des Hauses weist keine trennende Fuge zur Giebelmauer des auf dem angrenzenden Grundstück K.straße 65 stehenden Gebäudes auf und ist ohne diese nicht standfest.
1998 erwarb die Klägerin das Grundstück K.straße 65. Sie beabsichtigte , das auf dem Grundstück errichtete Gebäude abzureißen und das Grund-
stück neu zu bebauen. Sie hat behauptet, wegen der mangelnden Standfestigkeit der Giebelwand des Hauses K.straße 63 habe sie die Giebelwand des auf ihrem Grundstück errichteten Gebäudes stehen gelassen, ihr Vorhaben geändert und die bestehende Wand in aufwendiger Weise in die Neubebauung ihres Grundstücks einbezogen. Hierdurch seien Mehrkosten entstanden, der Neubau habe nicht die bei einem Abriß der Giebelwand erreichbare Wohnfläche. Mit der Klage verlangt sie vom Beklagten Erstattung von insgesamt 80.985,69 DM.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der Revision erstrebt sie die Verurteilung des Beklagten.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht verneint den Abschluß einer Vereinbarung zwischen den Parteien, aufgrund deren der Beklagte die von der Klägerin verlangten Kosten zu erstatten oder zu ihnen beizutragen habe. Es meint, auch unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag sei der Beklagte der Klägerin nicht verantwortlich. Dadurch daß die Klägerin die Wand habe stehen lassen, habe sie allein ihr Geschäft geführt. Die auf dem Grundstück des Beklagten ausgeführten Baumaßnahmen hätten dazu geführt, daß eine einheitliche die Grundstücksgrenze überschreitende Giebelwand entstanden sei, die im Miteigentum der Parteien stehe. Die Wand bilde eine Grenzeinrich-
tung, in die die Klägerin nicht ohne Zustimmung des Beklagten habe eingreifen dürfen.
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

II.


Das Berufungsurteil verneint zu Unrecht, daß die Klägerin ein Geschäft des Beklagten geführt hat, indem sie die Giebelwand ihres Hauses bestehen ließ. An dieser Wand besteht weder Miteigentum der Parteien, noch bildet sie zusammen mit der nicht standfesten Giebelwand des Hauses des Beklagten eine Grenzeinrichtung im Sinne von § 921 BGB. Auch ein nachbarrechtlicher Anspruch auf Ausgleich des Minderwertes des Neubaus (vgl. Senat, BGHZ 68, 350, 353 ff) kann aus diesem Grunde nicht ausgeschlossen werden.
1. Die Klägerin ist alleinige Eigentümerin der Giebelwand des auf ihrem Grundstück errichteten Gebäudes. Die Giebelwand ist eine Grenzwand, d.h. eine Wand, deren Außenkante auf der Grundstücksgrenze verläuft, ohne diese zu überschreiten. Sie steht gemäß § 94 Abs. 1 BGB im alleinigen Eigentum des jeweiligen Grundstückseigentümers. Hieran hat sich nicht dadurch etwas geändert , daß auf dem angrenzenden Grundstück des Beklagten ein Gebäude errichtet wurde, das allein nicht standfest ist und bei einem Abriß der auf dem Grundstück der Klägerin befindlichen Wand einzustürzen droht. Das auf dem Grundstück des Beklagten errichtete Gebäude bildet rechtlich aufgrund seiner mangelnden Standfestigkeit einen Anbau an das Gebäude der Klägerin. Daß durch einen solchen Anbau kein Miteigentum an der zum Anbau benutzten
Grenzwand entsteht, ist in Rechtsprechung und Literatur geklärt (Senat, BGHZ 41, 177, 179 f; OLG Düsseldorf ZMR 1996, 29, 30; Palandt/Bassenge, BGB, 60. Aufl., § 921 Rdn. 15; Staudinger/Roth, BGB [1995], § 921 Rdn. 54). Hieran ist festzuhalten.
An der Qualifikation des auf dem Grundstück des Beklagten errichteten Gebäudes als Anbau an das Gebäude der Klägerin ändert sich auch nicht dadurch etwas, daß bei der Bebauung des Grundstücks des Beklagten eine nicht tragfähige Wand vor der tragenden Wand auf dem Grundstück der Klägerin errichtet wurde und der Eindruck einer einheitlichen Wand entstanden ist. Die Vormauerung läßt den Charakter des später auf dem Grundstück des Beklagten errichteten Gebäudes als Anbau an das bestehende Gebäude nicht entfallen : Die Vormauerung ändert nichts daran, daß das nach der Bebauung des Grundstücks der Klägerin auf dem Grundstück des Beklagten errichtete Gebäude auf den Bestand der Grenzwand auf dem Grundstück der Klägerin angewiesen ist.
Aus dem Urteil des Senats, BGHZ 36, 46 ff, auf das das Berufungsgericht Bezug nimmt, ergibt sich nichts anderes: Nach dieser Entscheidung entsteht durch den Anbau an eine die gemeinsame Grundstücksgrenze überragende als entschuldigten Überbau errichtete Giebelmauer Miteigentum (so schon Senat, BGHZ 27, 197, 199 ff). Damit hat der vorliegende Fall nichts zu tun: Die Giebelwand des Hauses K.straße 65 war als Grenzwand errichtet. Über die Grenze zum Grundstück des Beklagten ragte sie nicht hinaus. Ihrer Errichtung fehlt das für das Entstehen von Miteigentum durch einen Anbau entscheidende Merkmal, durch ein Überschreiten der Grundstücksgrenze der Bebauung beider Grundstücke zu dienen.

2. Durch die auf dem Grundstück des Beklagten vorgenommen Bauarbeiten ist auch keine Grenzeinrichtung im Sinne von § 921 BGB entstanden, die die Klägerin gemäß § 922 Satz 3 BGB nicht ohne Zustimmung des Beklagten entfernen dürfte.
Kennzeichen einer Grenzeinrichtung ist, daß sie von der Grundstücksgrenze durchschnitten wird und beiden Grundstücken nutzt, auf denen sie errichtet ist (Senat, BGHZ 143, 1, 3 f; Erman/Hagen, BGB, 10. Aufl., § 821 Rdn. 1; MünchKomm-BGB/Säcker, 3. Aufl., § 921 Rdn. 1; Palandt/Bassenge, § 921 BGB Rdn. 1; Soergel/Baur, BGB, 12. Aufl., § 921 Rdn. 1). So verhält es sich mit der auf dem Grundstück der Klägerin errichteten Giebelwand nicht. Diese Wand war weder von der Grundstücksgrenze durchschnitten, noch nutzte sie dem Grundstück des Beklagten. Daß auf seinem Grundstück später eine weitere nicht standfeste Mauer errichtet worden ist und so nach den - von der Revision angegriffenen - Feststellungen des Berufungsgerichts eine einheitliche um die Breite der Vormauerung auf dem Grundstück des Beklagten verdickte Mauer entstanden ist, führt nicht dazu, daß die Mauer auf dem Grundstück der Klägerin Bestandteil einer Grenzeinrichtung im Sinne von § 921 BGB ist. Durch eine einseitige Maßnahme des Nachbarn wird die von dem Eigentümer des angrenzenden Grundstücks allein auf seinem Grundstück geschaffene Einrichtung nicht zu einer Grenzeinrichtung (Senat, BGHZ 91, 285, 286; 143, 1, 5; MünchKomm-BGB/Säcker, aaO., § 921 Rdn. 1; Soergel/Baur, aaO., § 921 BGB Rdn. 5; Staudinger/Roth, aaO., § 921 BGB Rdn. 9). Der Rechtsvorgänger der Klägerin brauchte die Nutzung der auf seinem Grundstück errichteten Giebelwand zur Stützung des auf dem Grundstück des Beklagten errichteten Gebäudes nicht hinzunehmen (Staudinger/Roth, aaO., § 921 BGB Rdn. 55). Daß er
dieser Nutzung zugestimmt hätte, hat der Beklagte nicht behauptet. Hierauf kommt es auch nicht an. Die Zustimmung des damaligen oder eines späteren Eigentümers des Grundstücks der Klägerin zur Nutzung der bestehenden Giebelmauer als Stütze des auf dem Grundstück des Beklagten errichteten Wohnhauses würde die Klägerin als Einzelrechtsnachfolgerin in das Eigentum nämlich nicht binden (Senat, BGHZ 68, 350, 352; Staudinger/Roth, aaO., § 921 BGB, Rdn. 55; Dehner, Nachbarrecht, Stand Oktober 2000, Teil B § 8a I).

III.

Zur abschließenden Entscheidung des Rechtsstreits ist der Senat nicht in der Lage. Das Berufungsgericht wird aufzuklären haben, ob das Bestehenlassen der Wand dem Willen oder mutmaßlichen Willen des Beklagten entsprach und bejahendenfalls Feststellungen zum Umfang und zur Höhe des geltend gemachten Anspruchs zu treffen haben.
Wenzel Tropf Schneider Klein Lemke
12
(1) Das lässt sich allerdings - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht mit dem Rechtsgedanken des § 23 NachbG NRW begründen.
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a) Geklärt hat er allerdings (umgekehrt) die Befugnisse des Eigentümers, der seine Grenzwand abreißt. Dass dieser zu dem Abriss grundsätzlich berechtigt ist, ergibt sich aus § 903 BGB (Senat, Urteil vom 18. Mai 2001 - V ZR 119/00, NJW-RR 2001, 1528; Urteil vom 16. April 2010 - V ZR 171/09, NJW 2010, 1808 Rn. 7; zu Einschränkungen durch das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis vgl. Senat, Urteil vom 29. April 1977 - V ZR 71/75, BGHZ 68, 350, 353 f.). Für eine nach dem Abriss erforderliche Außenisolierung des Nachbargebäudes ist der Eigentümer der Grenzwand nicht verantwortlich. Da eine Grenzwand die Grenze nicht überschreitet, ist sie nämlich - im Gegensatz zu einer auf der Grenze errichteten halbscheidigen Giebelwand nach einem Anbau - keine Grenzanlage im Sinne der §§ 921, 922 BGB; infolgedessen ist ihr Eigentümer im Verhältnis zu seinem Nachbarn nicht gemäß § 922 Satz 3 BGB verpflichtet , die Funktionsfähigkeit der Grenzwand zu erhalten (Senat, Urteil vom 18. Mai 2001 - V ZR 119/00, NJW-RR 2001, 1528, 1529; Urteil vom 16. April 2010 - V ZR 171/09, NJW 2010, 1808 Rn. 8; Urteil vom 18. Februar 2011 - V ZR 137/10, NJW-RR 2011, 515 Rn. 6 f.; insoweit unzutreffend OLG Frankfurt, MDR 1982, 848; OLG Koblenz, OLGR 2000, 304 ff.).
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b) Zu Recht - und von der Beklagten unbeanstandet - geht das Berufungsgericht davon aus, dass es sich bei der Giebelwand um eine gemeinschaftliche Grenzeinrichtung im Sinne von § 921 BGB handelt. Denn die Grundstücksgrenze verläuft in der Mitte der Wand; diese steht jeweils zur Hälfte auf den Grundstücken der Parteien, und von dem Grundstück der Beklagten aus wurde an sie angebaut. Es handelt sich deshalb um eine Nachbarwand, die auch als halbscheidige Giebelmauer oder Kommunmauer bezeichnet wird, welche dazu bestimmt ist, von jedem der beiden Nachbarn in Richtung auf sein eigenes Grundstück benutzt zu werden; das hierdurch begründete Rechtsverhältnis der Nachbarn ist durch die §§ 921, 922 BGB sowie - gegebenenfalls - durch landesrechtliche Vorschriften besonders geregelt (Senat, Urteil vom 18. Februar 2011 - V ZR 137/10, NJW-RR 2011, 515, 516 Rn. 8).

Werden zwei Grundstücke durch einen Zwischenraum, Rain, Winkel, einen Graben, eine Mauer, Hecke, Planke oder eine andere Einrichtung, die zum Vorteil beider Grundstücke dient, voneinander geschieden, so wird vermutet, dass die Eigentümer der Grundstücke zur Benutzung der Einrichtung gemeinschaftlich berechtigt seien, sofern nicht äußere Merkmale darauf hinweisen, dass die Einrichtung einem der Nachbarn allein gehört.

Sind die Nachbarn zur Benutzung einer der in § 921 bezeichneten Einrichtungen gemeinschaftlich berechtigt, so kann jeder sie zu dem Zwecke, der sich aus ihrer Beschaffenheit ergibt, insoweit benutzen, als nicht die Mitbenutzung des anderen beeinträchtigt wird. Die Unterhaltungskosten sind von den Nachbarn zu gleichen Teilen zu tragen. Solange einer der Nachbarn an dem Fortbestand der Einrichtung ein Interesse hat, darf sie nicht ohne seine Zustimmung beseitigt oder geändert werden. Im Übrigen bestimmt sich das Rechtsverhältnis zwischen den Nachbarn nach den Vorschriften über die Gemeinschaft.

(1) Durch Stimmenmehrheit kann eine der Beschaffenheit des gemeinschaftlichen Gegenstands entsprechende ordnungsmäßige Verwaltung und Benutzung beschlossen werden. Die Stimmenmehrheit ist nach der Größe der Anteile zu berechnen.

(2) Jeder Teilhaber kann, sofern nicht die Verwaltung und Benutzung durch Vereinbarung oder durch Mehrheitsbeschluss geregelt ist, eine dem Interesse aller Teilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Verwaltung und Benutzung verlangen.

(3) Eine wesentliche Veränderung des Gegenstands kann nicht beschlossen oder verlangt werden. Das Recht des einzelnen Teilhabers auf einen seinem Anteil entsprechenden Bruchteil der Nutzungen kann nicht ohne seine Zustimmung beeinträchtigt werden.

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(1) Das lässt sich allerdings - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht mit dem Rechtsgedanken des § 23 NachbG NRW begründen.

(1) Durch Stimmenmehrheit kann eine der Beschaffenheit des gemeinschaftlichen Gegenstands entsprechende ordnungsmäßige Verwaltung und Benutzung beschlossen werden. Die Stimmenmehrheit ist nach der Größe der Anteile zu berechnen.

(2) Jeder Teilhaber kann, sofern nicht die Verwaltung und Benutzung durch Vereinbarung oder durch Mehrheitsbeschluss geregelt ist, eine dem Interesse aller Teilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Verwaltung und Benutzung verlangen.

(3) Eine wesentliche Veränderung des Gegenstands kann nicht beschlossen oder verlangt werden. Das Recht des einzelnen Teilhabers auf einen seinem Anteil entsprechenden Bruchteil der Nutzungen kann nicht ohne seine Zustimmung beeinträchtigt werden.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)