Bundesgerichtshof Urteil, 22. Sept. 2006 - V ZR 239/05

bei uns veröffentlicht am22.09.2006
vorgehend
Landgericht München II, 11 O 5663/01, 20.10.2004
Oberlandesgericht München, 19 U 5654/04, 15.09.2005

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 239/05 Verkündet am:
22. September 2006
W i l m s,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Dass zur Feststellung der Baulandqualität eines Grundstücks kein Augenschein eingenommen
worden ist, bildet grundsätzlich keinen hinreichenden Grund zur Aufhebung
des Urteils und des Verfahrens und Zurückverweisung des Rechtsstreits.
BGH, Urt. v. 22. September 2006 - V ZR 239/05 - OLG München
LG München II
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. September 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und
die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 15. September 2005 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 5. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Mit Notarvertrag vom 10. März 1998 verkaufte der Kläger der beklagten Gemeinde das 3.056 qm große Flurstück 486/3 Flur 145 der Gemarkung B. und aus dem angrenzenden Flurstück 486/6 eine Teilfläche von 1.055 qm (im Folgenden: Kaufgrundstücke). Das Flurstück 486/3 ist Bestandteil des so genannten Bössgeländes, für das die Beklagte 1995 im Hinblick auf die beabsichtigte Aufstellung eines Bebauungsplans eine Veränderungssperre beschlossen hatte.
2
Die Beklagte verpflichtete sich im Kaufvertrag zur Bezahlung von 1.050.000 DM (255,41 DM/qm) sowie dazu, dem Kläger 125 qm ihres an das Flurstück 486/6 angrenzenden Flurstücks 435/2 zu übertragen, um die Bebaubarkeit der aus dem Flurstück 486/3 dem Kläger verbleibenden Fläche zu gewährleisten , und die Kosten der Erschließung des so zu bildenden Grundstücks zu tragen. Die Beklagte bezahlte den vereinbarten Kaufpreis und wurde als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen. Sie vereinheitlichte die Kaufgrundstücke mit angrenzenden Grundstücken und teilte das so entstandene Grundstück neu auf. Im Wesentlichen veräußerte sie die entstandenen Parzellen. Derzeit ist sie noch Eigentümerin des aus der Teilung hervorgegangenen Flurstücks 486/14, das sie im Oktober 1998 für 800 DM/qm zum Kauf anbot.
3
Der Kläger hat behauptet, die Beklagte habe ihn arglistig über die Qualität der Grundstücke als Bauland getäuscht und sittenwidrig übervorteilt. Der Wert der verkauften Grundstücke habe bei Vertragsabschluss 800 DM/qm betragen. Er hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, der Berichtigung des Grundbuchs dahin zuzustimmen, dass er Eigentümer des Flurstücks 486/14 sei, und im Wege der Stufenklage die Beklagte zur Auskunft über den aus dem Weiterverkauf der Kaufgrundstücke erzielten Erlös und dessen Verwendung und zur Erstattung des hiernach zu beziffernden Betrages zu verurteilen. Das Landgericht hat nach Beweiserhebung zum Wert der Kaufgrundstücke durch Teilurteil dem Berichtigungsantrag stattgegeben und die Beklagte zu der verlangten Auskunft verurteilt. Das Oberlandesgericht hat das Urteil und das Verfahren des Landgerichts aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


I.


4
Das Berufungsgericht hält das Verfahren des Landgerichts für fehlerhaft. Es meint, die Feststellung des Landgerichts, der vereinbarte Kaufpreis bleibe um mehr als die Hälfte hinter dem Wert der verkauften Grundstücke zurück, erlaube den Schluss auf ein verwerfliches Verhalten der Beklagten nur, wenn keine besonderen Umstände vorlägen, die einem solchen Schluss entgegen stünden. Hierauf habe das Landgericht den Kläger hinweisen müssen. Der Hinweis hätte den Kläger zu weiterem Vortrag veranlasst, über den umfänglich Beweis zu erheben gewesen sei. Des Weiteren habe es zur Beurteilung der Bebaubarkeit des Flurstücks 486/3 der Einnahme eines Augenscheins bedurft.

II.


5
Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
6
Die von dem Berufungsgericht ausgesprochene Zurückverweisung entspricht nicht dem Verfahrensrecht. Die Revision rügt mit Recht, dass das Berufungsgericht selber eine Sachentscheidung hätte treffen müssen, § 538 Abs. 1 ZPO.
7
1. Bei der Beurteilung des Verfahrens des Ausgangsgerichts ist von dessen materiellrechtlicher Sicht auszugehen (st. Rspr., vgl. BGH, Urt. v. 7. Juni 1993, II ZR 141/92, NJW 1993, 2318; v. 19. Mai 1999, IV ZR 209/98, NJW-RR 1999, 1289). Hiernach bestand kein Anlass zu einem Hinweis an den - obsiegenden - Kläger.
8
Das Landgericht hat den Kaufvertrag vom 10. März 1998 als nach § 138 Abs. 1 - und Abs. 2 - BGB nichtig erachtet. Ein Rechtsgeschäft ist nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wenn es nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt , Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren ist. Hierzu ist weder das Bewusstsein der Sittenwidrigkeit noch eine Schädigungsabsicht erforderlich (st. Rspr., vgl. Senat, BGHZ 146, 298, 301). Gegenseitige Verträge können vielmehr, auch wenn der Wuchertatbestand des § 138 Abs. 2 BGB nicht erfüllt ist, sittenwidrig sein, wenn zwischen Leistung und Gegenleistung ein auffälliges Missverhältnis besteht und mindestens ein weiterer Umstand hinzukommt, der den Vertrag bei Zusammenfassung der subjektiven und objektiven Umstände als sittenwidrig erscheinen lässt.
9
So verhält es sich, wenn eine Vertragspartei die wirtschaftlich schwache Position der anderen Partei zu ihrem Vorteil ausnutzt oder sich zumindest leichtfertig der Erkenntnis verschlossen hat, dass die andere Partei sich nur unter dem Zwang der Verhältnisse auf den für sie ungünstigen Vertrag eingelassen hat. Ist das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besonders grob, kann dies den Schluss auf die bewusste oder grob fahrlässige Ausnutzung eines den Verhandlungspartner in seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigenden Umstandes rechtfertigen. So liegt es, wenn die Leistung der einen Vertragspartei den Wert der Leistung der anderen Vertragspartei um rund das Doppelte übersteigt. Ein derartiges Missverhältnis begründet die tatsächliche Vermutung verwerflichen Handelns (Senat, BGHZ 146, 290, 305).
10
Das Landgericht hat ein solches Missverhältnis festgestellt. Damit aber oblag es der Beklagten, Umstände vorzutragen und gegebenenfalls zu beweisen , die die Vermutung erschüttern, und nicht dem Kläger, einen Sachverhalt vorzutragen, nach welchem derartige Umstände auszuschließen sind.
11
2. Das Landgericht war auch nicht veranlasst, das ehemalige Flurstück 486/3 in Augenschein zu nehmen.
12
a) Der Wert dieses Flurstücks bei Abschluss des Kaufvertrags wurde von dessen Bebaubarkeit bestimmt. Insoweit streiten die Parteien darüber, ob das Flurstück ohne den Beschluss eines entsprechenden Bebauungsplans durch die Beklagte insgesamt oder nur teilweise gem. § 34 BauGB bebaubar war. Diese Frage ist aufgrund der Lage des Grundstücks und der Bebauung der angrenzenden Grundstücke zu entscheiden. Das Landgericht hat die Bebaubarkeit als insgesamt gegeben angesehen. Zu diesem Ergebnis ist es auf der Grundlage der Feststellungen des von ihm beauftragten Sachverständigen, der von diesem gefertigten Fotografien, der Aussagen eines anderen Sachverständigen in einem anderen Rechtsstreit und den schriftlichen Äußerungen eines Mitarbeiters des zuständigen Landratsamts gekommen. Es hat gemeint, auf dieser Grundlage zur Beurteilung der Qualität des Grundstücks auch ohne die Einholung eines Augenscheins in der Lage zu sein. Das ist nicht zu beanstanden.
13
Über die Frage der Einholung eines Augenscheins hatte das Landgericht gem. § 144 Abs. 1 Satz 1 ZPO nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden (BGHZ 66, 63, 68). Die Ermessensausübung des Landgerichts lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Ein Antrag, gegenbeweislich durch die Einnahme eines Augenscheins zur Lage des Grundstücks und zur Bebauung der angrenzenden Grundstücke Beweis zu erheben, ist von der Beklagten im ersten Rechtszug nicht gestellt worden.
14
b) Nach § 538 Abs. 1 ZPO hat das Berufungsgericht grundsätzlich die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden. § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist eine Ausnahmeregelung, die den Grundsatz der Prozessbeschleunigung durchbricht, wenn die Aufhebung des angefochtenen Urteils wegen eines wesentlichen Verfahrensfehlers erfolgt und eine umfangreiche oder aufwendige Beweisaufnahme notwendig ist. Bei der insoweit notwendigen Abwägung ist in Erwägung zu ziehen, dass eine Zurückverweisung der Sache zu einer erheblichen Verteuerung und Verzögerung des Rechtsstreits führt und dies in der Regel den schützenswerten Interessen der Parteien entgegensteht (vgl. BGH, Urt. v. 8. Juli 2004, VII ZR 231/03, NJW-RR 2004, 1537, 1538). Die Aufhebung und Zurückverweisung wegen einer noch durchzuführenden Beweisaufnahme ist deshalb auf Ausnahmefälle zu beschränken, in denen die Durchführung des Verfahrens in der Berufungsinstanz voraussichtlich zu größeren Nachteilen führt als die Zurückverweisung der Sache an das erstinstanzliche Gericht (BGH, Urt. v. 16. Dezember 2004, VII ZR 270/03, MDR 2005, 645). Steht die Einnahme eines Augenscheins zur tatsächlichen Situation eines Grundstücks im Hinblick auf die Beurteilung von dessen Bebaubarkeit gemäß § 34 BauGB aus, liegen die Voraussetzungen eines Ausnahmefalls regelmäßig nicht vor.

III.


15
Der Verlauf des Berufungsverfahrens und die Begründung der angefochtenen Entscheidung geben Anlass, den Rechtsstreit gemäß § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückzuverweisen.
Krüger Klein RiBGH Dr. Lemke ist infolge Urlaubs an der Unterschrift gehindert. Karlsruhe, den 25.09.2006 Der Vorsitzende Krüger
Schmidt-Räntsch Roth
Vorinstanzen:
LG München II, Entscheidung vom 20.10.2004 - 11 O 5663/01 -
OLG München, Entscheidung vom 15.09.2005 - 19 U 5654/04 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 22. Sept. 2006 - V ZR 239/05

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 22. Sept. 2006 - V ZR 239/05

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Baugesetzbuch - BBauG | § 34 Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und di

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 138 Sittenwidriges Rechtsgeschäft; Wucher


(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig. (2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen W
Bundesgerichtshof Urteil, 22. Sept. 2006 - V ZR 239/05 zitiert 7 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Baugesetzbuch - BBauG | § 34 Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und di

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 138 Sittenwidriges Rechtsgeschäft; Wucher


(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig. (2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen W

Zivilprozessordnung - ZPO | § 538 Zurückverweisung


(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden. (2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an d

Zivilprozessordnung - ZPO | § 144 Augenschein; Sachverständige


(1) Das Gericht kann die Einnahme des Augenscheins sowie die Hinzuziehung von Sachverständigen anordnen. Es kann zu diesem Zweck einer Partei oder einem Dritten die Vorlegung eines in ihrem oder seinem Besitz befindlichen Gegenstandes aufgeben und hi

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 22. Sept. 2006 - V ZR 239/05 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 22. Sept. 2006 - V ZR 239/05 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 08. Juli 2004 - VII ZR 231/03

bei uns veröffentlicht am 08.07.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VII ZR 231/03 Verkündet am: 8. Juli 2004 Seelinger-Schardt, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

Bundesgerichtshof Urteil, 16. Dez. 2004 - VII ZR 270/03

bei uns veröffentlicht am 16.12.2004

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VERSÄUMNISURTEIL VII ZR 270/03 Verkündet am: 16. Dezember 2004 Heinzelmann, Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:
3 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 22. Sept. 2006 - V ZR 239/05.

Bundesgerichtshof Urteil, 05. Juli 2011 - II ZR 188/09

bei uns veröffentlicht am 05.07.2011

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 188/09 Verkündet am: 5. Juli 2011 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 538 Abs. 2

Bundesgerichtshof Urteil, 14. Mai 2019 - VI ZR 393/18

bei uns veröffentlicht am 14.05.2019

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 393/18 Verkündet am: 14. Mai 2019 Böhringer-Mangold Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Bundesgerichtshof Urteil, 22. Jan. 2016 - V ZR 196/14

bei uns veröffentlicht am 22.01.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 196/14 Verkündet am: 22. Januar 2016 Weschenfelder Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Referenzen

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Das Gericht kann die Einnahme des Augenscheins sowie die Hinzuziehung von Sachverständigen anordnen. Es kann zu diesem Zweck einer Partei oder einem Dritten die Vorlegung eines in ihrem oder seinem Besitz befindlichen Gegenstandes aufgeben und hierfür eine Frist setzen. Es kann auch die Duldung der Maßnahme nach Satz 1 aufgeben, sofern nicht eine Wohnung betroffen ist.

(2) Dritte sind zur Vorlegung oder Duldung nicht verpflichtet, soweit ihnen diese nicht zumutbar ist oder sie zur Zeugnisverweigerung gemäß den §§ 383 bis 385 berechtigt sind. Die §§ 386 bis 390 gelten entsprechend.

(3) Die Vorschriften, die eine auf Antrag angeordnete Einnahme des Augenscheins oder Begutachtung durch Sachverständige zum Gegenstand haben, sind entsprechend anzuwenden.

(1) Das Berufungsgericht hat die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Das Berufungsgericht darf die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, unter Aufhebung des Urteils und des Verfahrens an das Gericht des ersten Rechtszuges nur zurückverweisen,

1.
soweit das Verfahren im ersten Rechtszuge an einem wesentlichen Mangel leidet und auf Grund dieses Mangels eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist,
2.
wenn durch das angefochtene Urteil ein Einspruch als unzulässig verworfen ist,
3.
wenn durch das angefochtene Urteil nur über die Zulässigkeit der Klage entschieden ist,
4.
wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urteil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist, es sei denn, dass der Streit über den Betrag des Anspruchs zur Entscheidung reif ist,
5.
wenn das angefochtene Urteil im Urkunden- oder Wechselprozess unter Vorbehalt der Rechte erlassen ist,
6.
wenn das angefochtene Urteil ein Versäumnisurteil ist oder
7.
wenn das angefochtene Urteil ein entgegen den Voraussetzungen des § 301 erlassenes Teilurteil ist
und eine Partei die Zurückverweisung beantragt. Im Fall der Nummer 3 hat das Berufungsgericht sämtliche Rügen zu erledigen. Im Fall der Nummer 7 bedarf es eines Antrags nicht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 231/03 Verkündet am:
8. Juli 2004
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
VOB/B § 11 Nr. 2
Eine Vertragsstrafe ist nicht verschuldensunabhängig vereinbart, wenn sie in
einer Klausel unter Bezugnahme auf § 11 VOB/B von der Überschreitung
des Fertigstellungstermins abhängig gemacht wird und die VOB/B vereinbart
ist (Bestätigung von BGH, Urteil vom 13. Dezember 2001 - VII ZR 432/00,
BGHZ 149, 283, 287).
Das Berufungsgericht kann im Einzelfall zur Vermeidung einer mit dem
Rechtsstaatsgebot des Grundgesetzes nicht im Einklang stehenden Verfahrensverzögerung
gehalten sein, von einer Zurückverweisung der Sache an
das erstinstanzliche Gericht abzusehen. Von einer Zurückverweisung kann
insbesondere dann abzusehen sein, wenn eine lange Verfahrensdauer auf
gerichtliche Verfahrensfehler zurückzuführen ist.
BGH, Urteil vom 8. Juli 2004 - VII ZR 231/03 - OLG Frankfurt
LG Darmstadt
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. Juli 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die Richter
Hausmann, Dr. Wiebel, Prof. Dr. Kniffka und Bauner

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 24. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 25. Juli 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen. Die Gerichtskosten für das Revisionsverfahren werden gemäß § 8 GKG a.F. nicht erhoben.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt restlichen Werklohn. Die Beklagte übertrug ihr 1994 die Putz- und Stuckarbeiten an ihrem Alten- und Pflegeheim. Die Auftragssumme betrug 153.143,78 DM. Die VOB/B war vereinbart. Die Klägerin hat zunächst Zahlung von 589.035,57 DM verlangt. Das Landgericht hat die Klage am 27. November 1997 abgewiesen. Mit der Berufung hat die Klägerin noch einen Anspruch in Höhe von 573.505,23 DM verfolgt. Die Beklagte hat eine Werklohn-
forderung von 246.740,96 DM errechnet und verschiedene Abzüge vorgenommen , darunter Abzüge wegen eines Sicherheitseinbehalts von 11.551,90 DM und wegen einer Vertragsstrafe von 11.394,21 DM. Unter Berücksichtigung dieser Abzüge und der Abschlagszahlungen kommt sie zu einer Überzahlung von 14.208,54 DM. Das Berufungsgericht hat die Klage in seinem ersten Urteil dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht zurückverwiesen. Dieses Berufungsurteil hat der Senat aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2001 - VII ZR 452/00, BauR 2002, 456 = NZBau 2002, 153 = ZfBR 2002, 254). Nach erneuter mündlicher Verhandlung hat das Berufungsgericht wiederum ein Grundurteil erlassen und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen. Dagegen wendet sich die Revision der Beklagten, mit der sie ihren Antrag auf Zurückweisung der Berufung weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an einen anderen Senat des Berufungsgerichts. Auf das Schuldverhältnis finden die Gesetze in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB). Auf das Verfahren der Berufung sind die am 31. Dezember 2001 geltenden Vorschriften anzuwenden (§ 26 Nr. 5 EGZPO). Auf das Verfahren der Revision sind die Vorschriften nach Maßgabe des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 anzuwenden (§ 26 Nr. 7 EGZPO).

I.

Das Berufungsgericht meint, es sei durch die Senatsentscheidung vom 16. Dezember 2002 nicht am Erlaß eines erneuten Grundurteils gehindert. Die Klage sei dem Grunde nach gerechtfertigt. Nach der von der Beklagten selbst vorgenommenen Berechnung ergebe sich ein jedenfalls zu zahlender Betrag von 8.737,57 DM. Die Beklagte habe die Vertragsstrafe und den Sicherheitseinbehalt zu Unrecht von dem Werklohn abgezogen. Die formularmäßige Vereinbarung einer verschuldensunabhängigen Vertragsstrafe sei unwirksam, es liege ein Verstoß gegen § 9 AGBG vor. Der weitere Sicherheitseinbehalt sei unberechtigt, weil die Gewährleistungsfrist abgelaufen sei, ohne daß die Beklagte Mängel angezeigt habe. Über die Berechtigung der weiteren Ansprüche müsse das Landgericht befinden.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Ein Grundurteil darf nur ergehen, wenn die Klageforderung mit hoher Wahrscheinlichkeit in irgendeiner Höhe besteht (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2000 - VII ZR 488/99, BauR 2001, 667 = NZBau 2001, 211 = ZfBR 2001, 177). Dazu enthält das Berufungsurteil erneut keine tragfähigen Feststellungen. 1. Rechtsfehlerhaft ist das Berufungsgericht der Meinung, die Vertragsstrafenvereinbarung sei gemäß § 9 AGBG unwirksam. Die in den Besonderen Vertragsbedingungen der Beklagten KEVM (B) BVB geregelte Vertragsstrafenvereinbarung hält der Inhaltskontrolle stand. In der Revision ist davon auszugehen , daß die Vertragsstrafe mit dem nachfolgend dargestellten Inhalt vereinbart
ist und ein rechtzeitiger Vorbehalt erklärt worden ist. Beides ist streitig. Das Berufungsgericht trifft dazu keine Feststellungen.
a) Ziff. 4 der KEVM (B) BVB hat folgenden Wortlaut: 4. Vertragsstrafen (§ 11) Der Auftragnehmer hat als Vertragsstrafe für jeden Werktag der Verspätung zu zahlen: 4.1 bei Überschreitung des Fertigstellungsfrist 0,1 vom Hundert des Endbetrages der Abrechnungssumme (Bruttosumme). 4.2.... 4.3. Die Vertragsstrafe wird auf insgesamt 10 % v.H. der Abrechnungssumme (Bruttosumme) begrenzt.

b) Mit Ziff. 4 der KEVM (B) BVB ist keine verschuldensunabhängige Vertragsstrafe vereinbart. Der Senat hat bereits in dem vom Berufungsgericht nicht berücksichtigten Urteil vom 13. Dezember 2001 (VII ZR 432/00, BGHZ 149, 283, 287) entschieden, daß die Regelung des § 11 Nr. 2 VOB/B nach ihrem Sinn und Zweck die im Vertrag an anderer Stelle getroffene Vertragsstrafenvereinbarung ergänzt, wenn die Parteien nichts anderes vereinbart haben. Mit der ergänzenden Regelung des § 11 Nr. 2 VOB/B ist vereinbart, daß die Vertragsstrafe den Verzug des Auftragnehmers voraussetzt. Dieser setzt dessen Verschulden voraus. Die Parteien haben durch den Klammerzusatz nach Ziff. 4 deutlich gemacht , daß § 11 VOB/B Anwendung findet.
c) Die Vertragsstrafenklausel ist auch nicht aus anderen Gründen unwirksam. Die Vertragsstrafenobergrenze von 10 % ist zwar unangemessen hoch. Jedoch führt das aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht zur Unwirk-
samkeit der Vereinbarung (vgl. BGH, Urteil vom 23. Januar 2003 - VII ZR 210/01, BGHZ 153, 311, 324 ff.). Der Vertrag ist vor dem Bekanntwerden der Entscheidung des Senats vom 23. Januar 2003 geschlossen worden. 2. Damit steht entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht fest, daß die Klägerin überhaupt noch Werklohn verlangen kann. Das Grundurteil kann schon aus diesem Grund keinen Bestand haben. Ob es aus anderen Gründen unzulässig war, kann dahin stehen.
a) Der Senat weist darauf hin, daß Bedenken gegen den Erlaß des Grundurteils auch insoweit bestehen, als sich das Berufungsgericht mit der geltend gemachten Werklohnforderung dem Grunde nach nicht auseinandergesetzt hat. Ein Grundurteil darf nur ergehen, wenn alle Fragen, die zum Grund des Anspruchs gehören, erledigt sind (BGH, Urteil vom 2. Oktober 2000 - II ZR 54/99, NJW 2001, 224). Das Berufungsgericht hat sich insbesondere mit den zahlreichen Einwendungen gegen die Berechtigung der Nachforderungen dem Grunde nach nicht auseinandergesetzt.
b) Ferner hat das Berufungsgericht sich rechtsfehlerhaft nicht damit auseinandergesetzt , ob es in der Sache selbst entscheiden sollte. Die Entscheidung zwischen der Zurückverweisung nach § 538 ZPO a.F. und der eigenen Sachentscheidung durch das Berufungsgericht gemäß § 540 ZPO a.F. steht in dessen pflichtgemäßem Ermessen. Dabei ist der mit der Zurückverweisung verbundene zusätzliche Zeit- und Kostenaufwand gegen den Verlust einer Tatsacheninstanz abzuwägen. Wenn sich das Berufungsgericht für eine Zurückverweisung nach § 538 Abs. 1 Nr. 3 ZPO a.F. entscheidet, muß es zur Ausübung des ihm eingeräumten Ermessens den maßgeblichen Gesichtspunkt der Prozeßökonomie erwägen und erkennen lassen, daß es die Alternative zwischen einer Zurückverweisung und einer eigenen Sachentscheidung nach
§ 540 ZPO gesehen hat (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 1956 - III ZR 87/55, BGHZ 23, 36, 50; Urteil vom 30. März 2001 - V ZR 461/99, NJW 2001, 2551, 2552).

III.

Das Urteil des Berufungsgerichts ist aufzuheben. Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, die Sache an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts zurückzuverweisen, § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Der Senat weist darauf hin, daß das Berufungsgericht gehalten ist, dem Grunde und der Höhe nach abschließend zu entscheiden. Ein weiteres Grundurteil wäre verfahrensfehlerhaft. Eine erneute Zurückverweisung der Sache würde zu einer weiteren, nicht mehr hinnehmbaren Verzögerung des gesamten Verfahrens führen. Bei seiner Entscheidung, ob es von einer Zurückverweisung nach § 540 ZPO a.F. absieht, muß das Berufungsgericht auf die berechtigten Interessen der Parteien Rücksicht nehmen. Dabei muß es vor allem auch das Interesse der klagenden Partei im Auge behalten, in einer angemessenen Zeit einen vollstreckbaren Titel über die geltend gemachten Ansprüche zu erhalten. Wenn die Gerichte durch verfahrensfehlerhafte Entscheidungen maßgeblich selbst an der Verzögerung mitgewirkt haben, wird häufig allein das Absehen von einer Zurückverweisung zur Vermeidung einer mit dem Rechtsstaatsgebot des Grundgesetzes nicht im Einklang stehenden Verfahrensverzögerung (vgl. dazu BVerfG, Beschluß vom 25. Juli 2003 - 2 BvR 153/03, NJW 2003, 2897) sachdienlich sein. Im Einzelfall kann sich das dem Berufungsgericht in § 540 ZPO a.F. eingeräumte Ermessen so reduzieren, daß nur noch die Entscheidung , von einer Zurückverweisung abzusehen, ermessensfehlerfrei ist. So wäre es hier. Das Verfahren ist nunmehr über sieben Jahre anhängig. Die Verzöge-
rung ist im wesentlichen auf das fehlerhafte Verfahren und die ihm folgenden Entscheidungen des Berufungsgerichts, mit denen eine Sachaufklärung nicht erreicht wurde, zurückzuführen. Den Parteien ist jegliche weitere Verzögerung durch eine erneute Zurückverweisung nicht zuzumuten. Sie haben einen Anspruch darauf, daß das Berufungsgericht die Sache nunmehr fördert und selbst entscheidet. Ein schützenswertes Interesse einer Partei, das Verfahren beim Landgericht fortzusetzen, ist nicht erkennbar.
Dressler Hausmann Wiebel Kniffka Bauner

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
VII ZR 270/03 Verkündet am:
16. Dezember 2004
Heinzelmann,
Justizangestellte
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein

a) Das Berufungsgericht ist gehalten, nachprüfbar darzulegen, inwieweit eine noch
ausstehende Beweisaufnahme so aufwendig oder umfangreich ist, daß es gerechtfertigt
ist, die Sache an das erstinstanzliche Gericht zurückzuverweisen.

b) Eine umfangreiche oder aufwendige Beweisaufnahme liegt regelmäßig nicht vor,
wenn das Berufungsgericht ein Sachverständigengutachten dazu einholen muß,
inwieweit ein Mangel eines Bauwerks durch den Unternehmer verursacht worden
ist.
BGH, Versäumnisurteil vom 16. Dezember 2004 - VII ZR 270/03 - KG Berlin
LG Berlin
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. Dezember 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die
Richter Hausmann, Dr. Wiebel, Prof. Dr. Kniffka und Bauner

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 26. Zivilsenats des Kammergerichts vom 9. Juli 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt die Beseitigung von Mängeln am Fassadenputz eines Bauwerks. Sie klagt aus abgetretenem Recht der Firma R.. Diese hatte die Beklagte zu 1, deren persönlich haftender Gesellschafter die Beklagte zu 2 ist, mit der Errichtung eines Seniorenzentrums beauftragt. Der Vertrag sieht eine Gewährleistungsfrist von fünf Jahren und zwei Monaten, beginnend mit der Abnahme , vor. Die Bauleistung wurde am 6. Mai 1999 abgenommen. Das Abnahmeprotokoll enthielt die Regelung:
"5. Gewährleistung Gewährleistung im Sinne des § 13 VOB/B Die Gewährleistung beträgt 2 Jahre/5 Jahre und 1 Monat und beginnt mit der Abnahme der Leistung." Nach der Abnahme zeigten sich Putzrisse an zuvor ausgebesserten Stellen. Diese wurden erstmals am 25. Mai 2001 gerügt. Die Klägerin hat mit der im Dezember 2001 erhobenen Klage die Putzrisse auf fehlerhafte, nicht den anerkannten Regeln der Technik entsprechende Leistungen der Beklagten zu 1 zurückgeführt. Die Beklagten haben sich gegen ihre Verantwortlichkeit für die Mängel gewandt und nach dem berichtigten Tatbestand des Berufungsurteils in erster Instanz durch ihre Streithelfer die Einrede der Verjährung erhoben. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Klägerin keine konkreten Angaben zur Fehlerhaftigkeit der Leistung der Beklagten zu 1 gemacht habe. Es bedürfe eines Minimums an konkreter Darlegung der behaupteten Ursachenzusammenhänge. Darauf hätten schon die Beklagten hingewiesen. Das Gericht habe also nicht noch einmal darauf hinweisen oder eine Erklärungsfrist geben müssen. Die Berufung führte auf den Hilfsantrag der Klägerin zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihren Klageabweisungsantrag weiter. Hilfsweise beantragen sie, den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat im Hilfsantrag Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Auf das Schuldverhältnis finden die Gesetze in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB). Auf das Verfahren der Berufung und der Revision sind die Vorschriften nach Maßgabe des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 anzuwenden (§ 26 Nr. 5 und 7 EGZPO).

I.

Das Berufungsgericht führt aus, bereits der erstinstanzliche Vortrag der Klägerin begründe schlüssig einen Anspruch auf Beseitigung der Mängel am Fassadenputz, weil die Mängelerscheinung hinreichend beschrieben worden sei. Die Frage, ob die Ursache der Mängelerscheinung auf einem Ausführungsfehler des in Anspruch genommenen Unternehmers beruhe, sei Gegenstand des Beweises. Es wäre deshalb Aufgabe des Landgerichts gewesen, über die Ursachen der Mängelerscheinung durch ein Sachverständigengutachten Beweis zu erheben. Die Nichterhebung des Beweises stelle sich als ein wesentlicher Verfahrensmangel dar. Deshalb sei die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen. Eine eigene Sachentscheidung sei dem Berufungsgericht verwehrt. Zwar sei die Einrede der Verjährung begründet, weil nach dem Protokoll die zweijährige Frist gelte, die abgelaufen sei. Jedoch sei die erstmals in der Berufung erhobene Einrede gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO nicht zuzulassen.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. 1. Zutreffend hat das Berufungsgericht erkannt, daß die Klage bereits in der ersten Instanz schlüssig war. Der Besteller genügt seiner Darlegungslast mit der hinreichend genauen Bezeichnung der Mangelerscheinungen, die er der fehlerhaften Leistung des Unternehmers zuordnet. Ob die Ursachen der Mangelerscheinung tatsächlich in einer vertragswidrigen Beschaffenheit der Leistung des Unternehmers zu suchen sind, ist Gegenstand des Beweises und nicht Erfordernis des Sachvortrags (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2000 - VII ZR 192/98, BauR 2001, 630 = NZBau 2001, 195 = ZfBR 2001, 175; Urteil vom 17. Januar 2002 - VII ZR 488/00, BauR 2002, 784 = NZBau 2002, 335 = ZfBR 2002, 357). 2. Die Sache war entgegen der Auffassung der Revision nach dem in der Revisionsinstanz unterbreiteten, für das Berufungsgericht maßgeblichen Sachverhalt nicht entscheidungsreif. Die Einrede der Verjährung ist danach nicht begründet.
a) Das Berufungsgericht ist allerdings in seinem Urteil fehlerhaft davon ausgegangen, daß die Einrede der Verjährung deshalb nicht zu berücksichtigen sei, weil sie erstmals in der Berufungsinstanz erhoben worden sei. Es hätte die Einrede der Verjährung schon deshalb berücksichtigen müssen, weil die Beklagten sie bereits in erster Instanz erhoben haben. Das ist nach Berichtigung des Tatbestandes festgestellt. Auf die Frage, ob die Einrede gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO nicht zuzulassen war, kommt es nicht an.
b) Die Einrede der Verjährung ist jedoch nicht begründet.
Die Dauer der Gewährleistungsfrist bestimmt sich nach der vertraglichen Vereinbarung. Nach dem durch das Berufungsgericht in Bezug genommenen Tatbestand des Urteils des Landgerichts haben die Firma R. und die Beklagte eine Gewährleistungsfrist von fünf Jahren und zwei Monaten vereinbart. Diese Vereinbarung ist nicht dadurch abgeändert worden, daß die Vertragsparteien im Abnahmeprotokoll als Gewährleistungsfrist "zwei Jahre/fünf Jahre und einen Monat" ausgewiesen haben. Das Berufungsgericht stellt fest, daß konkrete Vereinbarungen zu einer neuen Gewährleistungsfrist nicht getroffen worden sind. Damit scheidet die Möglichkeit aus, nach der sich die Vertragsparteien auf eine Frist von zwei Jahre geeinigt haben und es lediglich unterlassen haben, die weitere im Protokoll erwähnte Frist von fünf Jahren und ein Monat zu streichen. Allein aus dem Wortlaut des Protokolls kann ein Wille zur Abänderung der vereinbarten Gewährleistungsfrist von fünf Jahren und zwei Monaten entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht entnommen werden. Das Protokoll sieht die Möglichkeit vor, abweichend von der vertraglichen Vereinbarung , zwischen einer Gewährleistungsfrist von zwei Jahren und einer Gewährleistungsfrist von fünf Jahren und einem Monat zu wählen. Diese Wahlmöglichkeit ist dadurch eingeräumt worden, daß eine der beiden Fristen gestrichen werden konnte. Die Wahl ist nicht ausgeübt worden. Keine der Fristen ist gestrichen. Damit bleibt es bei der vertraglich vereinbarten Gewährleistungsfrist. Der Vortrag der Revision in der mündlichen Verhandlung, 1994 habe eine Abnahme der Putzarbeiten stattgefunden, findet in den getroffenen Feststellungen keine Grundlage und ist deshalb nicht zu berücksichtigen. Eine Verfahrensrüge hat die Revision nicht erhoben.
3. Das Berufungsgericht hat die Sache verfahrensfehlerhaft gemäß § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO an das Landgericht zurückverwiesen.
a) Eine Zurückverweisung nach § 538 Abs. 2 Nr.1 ZPO kommt nur in Betracht , soweit das Verfahren im ersten Rechtszug an einem wesentlichen Mangel leidet. Einen wesentlichen Verfahrensfehler des Landgerichts hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Allein der Umstand, daß das Landgericht den Vortrag der Klägerin nicht als schlüssig angesehen und deshalb keinen Beweis erhoben hat, begründet keinen wesentlichen Verfahrensfehler (BGH, Urteil vom 3. April 2000 - II ZR 194/98, NJW 2000, 2099 m. w. N.).
b) Das Berufungsgericht hat sich darüber hinaus nicht damit auseinandergesetzt , daß es nach § 538 Abs. 1 ZPO die notwendigen Beweise zu erheben und in der Sache selbst zu entscheiden hat. Danach muß das Berufungsgericht grundsätzlich auch ein notwendiges Sachverständigengutachten einholen. § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist eine Ausnahmeregelung, die den Grundsatz der Prozeßbeschleunigung durchbricht, wenn die Aufhebung des angefochtenen Urteils wegen eines wesentlichen Verfahrensfehlers erfolgt und noch eine umfangreiche oder aufwendige Beweisaufnahme notwendig ist. Das Berufungsgericht ist gehalten, nachprüfbar darzulegen, inwieweit eine noch ausstehende Beweisaufnahme so aufwendig oder umfangreich ist, daß es gerechtfertigt ist, die Sache an das erstinstanzliche Gericht zurückzuverweisen. Dabei hat es in Erwägung zu ziehen, daß eine Zurückverweisung der Sache in aller Regel zu einer weiteren Verteuerung und Verzögerung des Rechtsstreits und zu weiteren Nachteilen führt und dies den schützenswerten Interessen der Parteien entgegenstehen kann (vgl. BGH, Urteil vom 8. Juli 2004 - VII ZR 231/03, BauR 2004, 1611, 1613 = NZBau 2004, 613 = ZfBR 2004, 790). Die Aufhebung und Zurückverweisung wegen einer noch durchzuführenden Beweisaufnahme wird deshalb auf wenige Ausnahmefälle beschränkt sein, in denen die Durchführung des Ver-
fahrens in der Berufungsinstanz zu noch größeren Nachteilen führen würde als die Zurückverweisung der Sache an das erstinstanzliche Gericht (MünchKommZPO /Aktualisierungsbd. - Rimmelspacher § 538 Rdn. 45). Steht ein Gutachten zu einer lediglich einen Mangel eines Bauwerks betreffenden Beweisfrage aus, liegen die Voraussetzungen eines Ausnahmefalls regelmäßig nicht vor. Dressler Hausmann Wiebel Kniffka Bauner

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.