Bundesgerichtshof Urteil, 16. Dez. 2011 - V ZR 244/10

bei uns veröffentlicht am16.12.2011
vorgehend
Landgericht Berlin, 84 O 37/09, 03.02.2010
Kammergericht, 3 U 5/10, 29.10.2010

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 244/10 Verkündet am:
16. Dezember 2011
Mayer,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 16. Dezember 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den
Richter Dr. Lemke, die Richterin Dr. Stresemann, den Richter Dr. Czub und die
Richterin Weinland

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 29. Oktober 2010 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Kläger betrieben als Erbbauberechtigte an dem hinteren Teil eines Grundstücks im früheren Ostteil von Berlin ein Gerüstbauunternehmen. Die Zufahrt erfolgte nicht über den vorderen Teil dieses Grundstücks, sondern über einen Parkplatz und dessen Zufahrt auf dem der Beklagten gehörenden Nachbargrundstück.
2
Nachdem die Kläger der Beklagten die Aufgabe des Gewerbebetriebs mitgeteilt hatten, untersagte diese ihnen die weitere Benutzung der Zufahrt. Die Kläger verlangen - soweit hier noch von Interesse - die Einräumung eines Geh- und Fahrrechts auf der bislang genutzten Fläche in Form einer Grunddienstbarkeit.
3
Ihre dahin gehende Klage ist in den Tatsacheninstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre zuletzt gestellten Anträge weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht lässt offen, ob der Anspruch auf Einräumung einer Dienstbarkeit nach § 116 SachenRBerG schon daran scheitert, dass die Kläger nicht Eigentümer, sondern (nur) Erbbauberechtigte des von der erstrebten Zufahrt begünstigten Grundstücksteils sind. Jedenfalls stehe dem Anspruch entgegen , dass sie ihren Gerüstbaubetrieb aufgegeben hätten und deswegen nicht mehr auf einen Zugang mit Fahrzeugen angewiesen seien.

II.

5
Das hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.
6
Nach § 116 Abs. 1 SachenRBerG kann derjenige, der ein Grundstück in einzelnen Beziehungen nutzt oder darauf eine Anlage unterhält (Mitbenutzer), von dem Eigentümer die Bestellung einer Grunddienstbarkeit oder einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit verlangen, wenn die Nutzung vor Ablauf des 2. Oktober 1990 begründet wurde, wenn sie für die Erschließung oder Ent- sorgung eines eigenen Grundstücks oder Bauwerks erforderlich ist und wenn ein Mitbenutzungsrecht nach den §§ 321 und 322 ZGB nicht begründet wurde. Diese Voraussetzungen liegen vor.
7
1. Die Kläger sind als Erbbauberechtigte grundsätzlich anspruchsberechtigt.
8
a) Die Norm stellt auf den Mitbenutzer ab. Das ist derjenige, der das dienende Grundstück in einzelnen Beziehungen nutzt oder darauf eine Anlage unterhält , sofern die Nutzung des dienenden Grundstücks für die Erschließung oder Entsorgung "eines eigenen Grundstücks oder Bauwerks" erforderlich ist. Daraus wird geschlossen, dass anspruchsberechtigter Mitbenutzer des dienenden Grundstücks der Eigentümer des herrschenden Grundstücks ist (Frenz in Czub/Schmidt-Räntsch/Frenz, § 116 SachenRBerG Rn. 3; Baumgart in Rädler/ Raupach/Bezzenberger, Vermögen i. d. ehem. DDR, § 116 SachenRBerG Rn. 3; RVI/Knauber, § 116 SachenRBerG Rn. 6).
9
b) Nichts anderes gilt für den Erbbauberechtigten. Schon nach dem Wortlaut der Vorschrift muss die Dienstbarkeit an dem dienenden Grundstück nicht allein zur Erschließung oder Entsorgung eines eigenen "Grundstücks" erforderlich sein. Es genügt, wenn sie diese Funktion für ein eigenes "Bauwerk" erfüllt. Ein eigenes Bauwerk hat der Mitbenutzer aber nicht nur, wenn ihm Gebäudeeigentum nach Art. 233 § 2b oder § 4 EGBGB zusteht, sondern auch, wenn er Inhaber eines Erbbaurechts ist. Denn die vorhandene Bebauung auf dem Grundstück wird Bestandteil des Erbbaurechts. Die Vorschrift dient zudem nicht nur der nachträglichen Absicherung der Erschließung und Entsorgung von Immobilien außerhalb der Sachenrechtsbereinigung nach dem Kapitel 2 des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes, sondern gerade auch der Absicherung der Erschließung und Entsorgung in solchen Bereinigungsfällen. Eine Möglichkeit der Bereinigung besteht in der Bestellung eines Erbbaurechts (§§ 15 Abs. 1, 32 Satz 1 SachenRBerG). Ein Erbbaurecht berechtigt daher - ebenso wie das Eigentum - zur Geltendmachung eines Anspruchs nach § 116 Abs. 1 SachenRBerG.
10
2. Die weiteren Voraussetzungen des Anspruchs sind ebenfalls gegeben.
11
a) Die Mitnutzung des Grundstücks der Beklagten wurde vor Ablauf des 2. Oktober 1990 begründet, § 116 Abs. 1 Nr. 1 SachenRBerG. Sie genoss - was nach der Rechtsprechung des Senats Voraussetzung ist (Senat, Urteile vom 9. Mai 2003 - V ZR 388/02, VIZ 2003, 385, 386, vom 22. Oktober 2004 - V ZR 70/04, ZOV 2005, 29, vom 14. Januar 2005 - V ZR 139/04, NJW-RR 2005, 666, 667 und vom 19. Juni 2009 - V ZR 231/08, ZOV 2009, 235) - zumindest faktischen Schutz; denn die Zufahrt zu dem Erbbaugrundstück war vor dem 3. Oktober 1990 unangefochten.
12
b) Der Umstand, dass die Zufahrt nicht von den Klägern, sondern von der Beklagten angelegt wurde, steht dem Anspruch nicht entgegen.
13
Allerdings wird das Sachenrechtsbereinigungsgesetz nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 SachenRBerG auf Grundstücke im Beitrittsgebiet für anwendbar erklärt, auf denen andere natürliche oder juristische Personen als der Grundstückseigentümer bauliche Erschließungs-, Entsorgungs- oder Versorgungsanlagen errichtet haben. § 1 SachenRBerG enthält aber keine abschließende Regelung der Bereinigungstatbestände. Die Vorschrift gibt vielmehr anhand von Regelbeispielen (BT-Drucks. 12/5992 S. 65) einen ersten Überblick über den Anwendungsbereich des Gesetzes und schließt hiervon nicht unmittelbar erfasste Sachverhalte von den Regelungen der Sachenrechtsbereinigung nicht aus. Maßgeblich sind insoweit die konkreten Anspruchsnormen (Senat, Urteil vom 9. Mai 2003 - V ZR 388/02, VIZ 2003, 385; Kimme/Toussaint, Offene Vermö- gensfragen, Stand Juni 2009, § 116 SachenRBerG Rn. 7; MünchKommBGB /Wendtland, 4. Aufl., § 1 SachenRBerG Rn. 1). Und § 116 SachenRBerG differenziert nicht danach ob der Eigentümer oder der Mitbenutzer den Weg, um dessen rechtliche Absicherung es geht, angelegt hat.
14
c) Die Zufahrt ist nach den festgestellten Umständen für die Erschließung oder Entsorgung des Erbbaugrundstücks erforderlich, § 116 Abs. 1 Nr. 2 SachenRBerG. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist es hierfür ohne Belang, ob die Kläger den Gerüstbaubetrieb aufgegeben haben. Die Vorschrift schützt nicht eine bestimmte Nutzung des herrschenden Grundstücks, sondern sie schützt eine Nutzung/Mitbenutzung des dienenden Grundstücks, soweit dies zur Erschließung oder Entsorgung des herrschenden Grundstücks erforderlich war und noch erforderlich ist (vgl. auch § 117 Abs. 1 Nr. 1 SachenRBerG ). Es geht um eine dingliche Absicherung der Erschließung und Entsorgung , deren es zu DDR-Zeiten nicht bedurft hatte (Entwurfsbegründung in BTDrucks. 12/5992 S. 65, 98, 179), und zwar zu Bedingungen unterhalb der Schwelle des Notwegrechts nach § 917 BGB (Senat, Urteil vom 22. Oktober 2004 - V ZR 70/04, ZOV 2005, 29, 30; Czub in Czub/Schmidt-Räntsch/Frenz, § 1 SachenRBerG Rn. 141). Der Mitbenutzer kann in dem Umfang eine Absicherung verlangen, in dem die Mitbenutzung vor dem 3. Oktober 1990 angelegt war (vgl. Senat, Urteil vom 19. Oktober 2007 - V ZR 150/06, NJW-RR 2008, 325 Rn. 21). Ob die damalige Nutzung fortgeführt wird, ist ohne Bedeutung. Das zeigt sich auch in der Entgeltregelung des § 118 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SachenRBerG. Eine Änderung der Nutzung nach dem 2. Oktober 1990 lässt den Anspruch nicht etwa entfallen, sondern löst ein unter Umständen höheres Entgelt aus.
15
d) Die rechtliche Absicherung der Mitbenutzung war möglich und ist planwidrig unterblieben, § 116 Abs. 1 Nr. 3 SachenRBerG. Den Klägern hätte vor dem 3. Oktober 1990 nach § 1 des Gesetzes über den Verkauf volkseigener Gebäude vom 7. März 1990 (GBl. I S. 157 - VerkaufsG) das Anwesen verkauft und dazu nach § 2 DVO zum VerkaufsG (vom 15. März 1990, GBl. I S. 158) ein Nutzungsrecht an dem Grundstück verliehen werden können, das damals noch in Volkseigentum stand. Es wäre auch möglich gewesen, dieses Nutzungsrecht auf die damals genutzte Zufahrt zu erstrecken (vgl. Senatsurteil vom 14. November 2003 - V ZR 72/03, VIZ 2004, 193).
16
e) Der Anspruch auf Einräumung einer Dienstbarkeit nach § 116 Abs. 1 SachenRBerG ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht nach § 8 Abs. 1 Satz 1 GBBerG erloschen. Diese Vorschrift erfasst, was das Berufungsgericht zutreffend gesehen hat, solche Ansprüche nicht (Senat, Urteil vom 14. November 2003 - V ZR 28/03, VIZ 2004, 195).

III.

17
Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Das Berufungsgericht wird sich insbesondere mit der Frage auseinanderzusetzen haben, ob die Beklagte die Bestellung einer Dienstbarkeit nach § 117 SachenRBerG verweigern kann. Ausreichende Feststellungen dazu fehlen bislang.
18
1. Der Einwand der Beklagten ist u.a. begründet, wenn die weitere Mitbenutzung die Nutzung des eigenen Grundstücks erheblich beeinträchtigt. Eine solche Beeinträchtigung liegt aber nicht allein in einer möglichen stärkeren Abnutzung des Fahrwegs durch Lastwagen. Zum einen sind die Kläger nach § 1020 BGB zur schonenden Ausübung der beanspruchten Dienstbarkeit verpflichtet (vgl. Senat, Urteil, vom 9. Mai 2003 - V ZR 388/02, VIZ 2003, 385, 386 f.). Zum anderen hätten sie sich an den Kosten einer solchen stärkeren Abnut- zung zu beteiligen. Das ergibt sich ebenfalls aus § 1020 BGB. Die Kosten der Unterhaltung einer gemeinsam genutzten Anlage haben sich danach Grundstückseigentümer und Dienstbarkeitsberechtigter zu teilen (Senat, Urteil vom 12. November 2004 - V ZR 42/04, BGHZ 161, 115, 121 ff.). Maßgeblich hierfür ist das Ausmaß der beiderseitigen Nutzung (Senat, Urteil vom 12. November 2004 - V ZR 42/04, NJW 2005, 894, 897, insoweit in BGHZ 161, 115 nicht abgedruckt , und vom 7. Juli 2006 - V ZR 156/05, MittBayNot 2006, 495, 496). Dabei wäre, träfe der Vortrag der Beklagten zu, die Nutzung des Wegs durch die Kläger intensiver und zöge eine höhere Kostenbelastung nach sich.
19
2. Der Einwand ist auch begründet, wenn die Kläger der Mitbenutzung des fremden Grundstücks nicht mehr bedürfen, § 117 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Fall 2 SachenRBerG, die beanspruchte Dienstbarkeit dem Erbbaurecht der Kläger somit keinen Vorteil mehr böte. Voraussetzung dafür ist indes, dass das Interesse an einer gewerblichen Nutzung des dazu eingeräumten Erbbaurechts endgültig entfallen ist (Senat, Urteile vom 7. Dezember 1984 - V ZR 189/83, NJW 1985, 1025, vom 24. Juni 1983 - V ZR 167/82, NJW 1984, 924, vom 15. Januar 1999 - V ZR 163/96, VIZ 1999, 225, 226 f., vom 18. Juli 2008 - V ZR 171/07, NJW 2008, 3123, 3124 und vom 6. Februar 2009 - V ZR 139/08, MittBayNot 2009, 374 jeweils zum Vorteilswegfall nach §§ 1018, 1090 BGB). Das folgt nicht schon allein daraus, dass die Kläger den Gerüstbaubetrieb aufgegeben haben. Krüger Lemke Stresemann Czub Weinland
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 03.02.2010 - 84 O 37/09 -
KG Berlin, Entscheidung vom 29.10.2010 - 3 U 5/10 -

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Bundesgerichtshof Urteil, 11. Juli 2014 - V ZR 74/13

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Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 14. Februar 2013 aufgehoben.

Referenzen

(1) Derjenige, der ein Grundstück in einzelnen Beziehungen nutzt oder auf diesem Grundstück eine Anlage unterhält (Mitbenutzer), kann von dem Eigentümer die Bestellung einer Grunddienstbarkeit oder einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit verlangen, wenn

1.
die Nutzung vor Ablauf des 2. Oktober 1990 begründet wurde,
2.
die Nutzung des Grundstücks für die Erschließung oder Entsorgung eines eigenen Grundstücks oder Bauwerks erforderlich ist und
3.
ein Mitbenutzungsrecht nach den §§ 321 und 322 des Zivilgesetzbuchs der Deutschen Demokratischen Republik nicht begründet wurde.

(2) Zugunsten derjenigen, die durch ein nach Ablauf des 31. Dezember 2000 abgeschlossenes Rechtsgeschäft gutgläubig Rechte an Grundstücken erwerben, ist § 111 entsprechend anzuwenden. Die Eintragung eines Vermerks über die Klageerhebung erfolgt entsprechend § 113 Abs. 3.

(1) Der Nutzer kann wählen, ob er die Bestellung eines Erbbaurechts verlangen oder das Grundstück ankaufen will.

(2) Die gesetzlichen Ansprüche des Nutzers beschränken sich auf den Ankauf des Grundstücks, wenn der nach § 19 in Ansatz zu bringende Bodenwert des Grundstücks nicht mehr als 100.000 Deutsche Mark oder im Falle der Bebauung mit einem Eigenheim nicht mehr als 30.000 Deutsche Mark beträgt.

(3) Ist der Grundstückseigentümer eine juristische Person, die nach ihrem Statut ihr Grundvermögen nicht veräußern darf, so kann er den Nutzer auf die Bestellung eines Erbbaurechts verweisen. Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn das Grundstück im komplexen Wohnungsbau oder Siedlungsbau bebaut oder für gewerbliche Zwecke in Anspruch genommen wurde, die Grenzen der Bebauung die Grundstücksgrenzen überschreiten und zur Absicherung der Bebauung neue Grundstücke gebildet werden müssen.

(4) Der Grundstückseigentümer kann ein vom Nutzer errichtetes oder erworbenes Wirtschaftsgebäude oder eine bauliche Anlage ankaufen oder, sofern selbständiges Gebäudeeigentum nicht besteht, die aus der baulichen Investition begründeten Rechte des Nutzers ablösen, wenn die in § 81 Abs. 1 bezeichneten Voraussetzungen vorliegen. Macht der Grundstückseigentümer von seinem Recht nach Satz 1 Gebrauch, so sind die in Absatz 1 bezeichneten Ansprüche des Nutzers ausgeschlossen.

(1) Derjenige, der ein Grundstück in einzelnen Beziehungen nutzt oder auf diesem Grundstück eine Anlage unterhält (Mitbenutzer), kann von dem Eigentümer die Bestellung einer Grunddienstbarkeit oder einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit verlangen, wenn

1.
die Nutzung vor Ablauf des 2. Oktober 1990 begründet wurde,
2.
die Nutzung des Grundstücks für die Erschließung oder Entsorgung eines eigenen Grundstücks oder Bauwerks erforderlich ist und
3.
ein Mitbenutzungsrecht nach den §§ 321 und 322 des Zivilgesetzbuchs der Deutschen Demokratischen Republik nicht begründet wurde.

(2) Zugunsten derjenigen, die durch ein nach Ablauf des 31. Dezember 2000 abgeschlossenes Rechtsgeschäft gutgläubig Rechte an Grundstücken erwerben, ist § 111 entsprechend anzuwenden. Die Eintragung eines Vermerks über die Klageerhebung erfolgt entsprechend § 113 Abs. 3.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 388/02 Verkündet am:
9. Mai 2003
W i l m s ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) § 116 Abs. 1 SachenRBerG setzt die Unterhaltung einer baulichen Anlage nicht
voraus. Geschützt wird derjenige, der ein Grundstück in einzelnen Beziehungen
nutzt, z.B. durch die Mitbenutzung eines, auch unbefestigten, Weges.

b) Voraussetzung des § 116 Abs. 1 SachenRBerG ist, daß die Mitbenutzung eines
Grundstücks nach der Verwaltungspraxis der DDR oder nach den DDR-typischen
Gegebenheiten als rechtmäßig angesehen wurde.

c) Eine erhebliche Beeinträchtigung i.S.d. § 117 Abs. 1 Nr. 1 SachenRBerG liegt nur
vor, wenn sie in der Mitbenutzung des Grundstücks selbst ihre Ursache hat, nicht
wenn sie sich aus dem Ausmaß der erwarteten konkreten Nutzung ergibt; solche
Beeinträchtigungen kann der Eigentümer des belasteten Grundstücks, weil von
der Grunddienstbarkeit nicht mehr gedeckt, nach § 1004 BGB abwenden.
BGH, Urt. v. 9. Mai 2003 - V ZR 388/02 - LG Gera
AG Gera
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Mai 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Lemke und Dr. Gaier

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Gera vom 23. Oktober 2002 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Kläger haben seit 1983 ein Haus in G. als Mieter bewohnt, das sie mit notariellem Vertrag vom 12. Dezember 1997 zu Eigentum erwarben. Die Beklagten erwarben das Nachbargrundstück im Jahre 2000. Seit Beginn der Mietzeit nutzen die Kläger einen auf dem Grundstück der Beklagten liegenden, mit Splitt und Schotter befestigten Weg als Zufahrt zu ihrem Grundstück.
Die Kläger verlangen von den Beklagten die Einräumung einer Grunddienstbarkeit mit dem Inhalt, ihnen das Begehen und Befahren des Wegs als Zuwegung und zur wirtschaftlichen Nutzung ihres Grundstücks zu gestatten. Amts- und Landgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihren Abweisungsantrag weiter. Die Kläger beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.


Das Berufungsgericht hält den geltend gemachten Anspruch nach § 116 Abs. 1 SachenRBerG für begründet. Bei dem Weg handele es sich um eine Anlage im Sinne dieser Vorschrift, die von den Klägern seit einem vor dem Stichtag des 2. Oktober 1990 liegenden Zeitpunkt mitgenutzt werde. Daß sie den Weg nicht selbst angelegt hätten, sei ohne Belang. Die Nutzung des Wegs sei für die Erschließung des Grundstücks der Kläger erforderlich. Der im Eigentum der Stadt G. stehende weitere Zugangsweg stelle keine zumutbare Alternative dar, da dieser Weg nicht befahren werden dürfe und wegen seines Zustands selbst für Fußgänger nur bedingt geeignet sei. Ein Verweigerungsrecht nach § 117 SachenRBerG stehe den Beklagten nicht zu. Soweit sie dazu unter Beweisantritt vorgetragen hätten, der Weg sei zum Befahren mit Fahrzeugen ungeeignet, sei dem nicht nachzugehen gewesen, da die Beklagten dem substantiierten Bestreiten der Kläger nachfolgend nicht mehr entgegengetreten seien.

II.


Dies hält den Angriffen der Revision im Ergebnis stand.
1. Entgegen der Auffassung der Revision kann der Anwendungsbereich des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes nicht mit der Begründung verneint werden, die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 4 SachenRBerG lägen nicht vor, da der von den Klägern mitbenutzte Weg auf dem Grundstück der Be-
klagten keine bauliche Erschließungs-, Entsorgungs- oder Versorgungsanlage darstelle. § 1 SachenRBerG enthält keine abschließende Regelung der Bereinigungstatbestände. Die Vorschriften geben vielmehr anhand von Regelbeispielen (BT-Drucks. 12/5992 S. 65) einen ersten Überblick über den Anwendungsbereich des Gesetzes, schließen aber hiervon nicht unmittelbar erfaßte Sachverhalte von den Regelungen der Sachenrechtsbereinigung nicht aus. Maßgeblich sind insoweit die konkreten Anspruchsnormen (vgl. MünchKomm -BGB/Wendtland, 3. Aufl., § 1 SachenRBerG Rdn. 1; Vossius, SachenRBerG, 2. Aufl., § 1 Rdn. 1 ff.).
2. Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen des § 116 Abs. 1 SachenRBerG im Ergebnis zu Recht bejaht.

a) Rechtsfehlerfrei geht das Berufungsgericht davon aus, daß die Kläger Nutzer im Sinne des § 116 Abs. 1 SachenRBerG sind und daß die Nutzung vor Ablauf des 2. Oktober 1990 begründet wurde.
aa) Nicht entscheidend hierbei ist, ob der von den Klägern genutzte Weg - wie das Berufungsgericht annimmt - eine bauliche Anlage darstellt (a.A. LG Chemnitz, VIZ 1998, 585 für nur mit Schotter und Splitt versehene Wege; LG Stendal, OLG-NL 2001, 203 für Wege, die nur aus verdichtetem Boden bestehen ). § 116 Abs. 1 SachenRBerG setzt die Unterhaltung einer baulichen Anlage nicht voraus. Geschützt wird derjenige, der ein Grundstück in einzelnen Beziehungen nutzt oder derjenige, der auf diesem Grundstück eine Anlage unterhält. Dabei stellt das Unterhalten einer Anlage einen Unterfall der Nutzung dar, der nicht ausdrücklich hätte geregelt werden müssen (vgl. Eickmann, SachenRBerG, Stand September 2002, § 116 Rdn. 2; a.A. MünchKomm-BGB/
Wendtland § 116 Rdn. 5, der von Identität beider Nutzungsarten ausgeht). Das Nutzen eines Grundstücks in einzelnen Beziehungen ist der Grundfall, der die Unterhaltung einer baulichen Anlage nicht notwendigerweise voraussetzt. Das folgt auch daraus, daß die Terminologie insoweit der Vorschrift des § 1018 BGB entlehnt ist (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 12/5992 S. 179). Dort ist die Benutzung eines Grundstücks in einzelnen Beziehungen gleichfalls nicht an das Vorhandensein einer baulichen Anlage gebunden (vgl. die Beispiele bei MünchKomm-BGB/Falckenberg, 3. Aufl. § 1018 Rdn. 29). Inhaltlich dasselbe ist gemeint, wenn § 321 ZGB von der Mitbenutzung spricht (vgl. BT-Drucks. 12/5992 aaO). Hieran knüpft § 116 Abs. 1 SachenRBerG ebenfalls an (Abs. 1 Nr. 3), indem die Vorschrift nämlich den Anspruch auf Bestellung einer Grunddienstbarkeit nur gewährt, wenn ein Mitbenutzungsrecht nach §§ 321, 322 ZGB nicht begründet wurde. Geht es aber bei § 116 Abs. 1 SachenRBerG u.a. um einen Ausgleich dafür, daß die Begründung eines Mitbenutzungsrechts - wie häufig - unterblieben ist (Senat, Urt. v. 25. Februar 2000, V ZR 203/99, WM 2000, 1163), so kann die Mitbenutzung (= Benutzung in einzelnen Beziehungen) in § 116 Abs. 1 SachenRBerG keine weitergehenden Voraussetzungen enthalten als in §§ 321, 322 ZGB, wo es auf eine bauliche Anlage ebenfalls nicht ankommt. Ausreichend ist nach allem die Mitbenutzung eines Weges (vgl. auch Autorenkollektiv, Kommentar zum ZGB, herausgegeben vom Ministerium der Justiz, 1985, § 321 Anm. 1.2.). In welcher Weise der Weg angelegt ist und ob er den Anforderungen genügt, die an eine bauliche Anlage, etwa im Sinne von § 29 BauGB (BVerwGE 44, 59, 62), zu stellen sind, ist ohne Belang.
bb) Nicht berechtigt ist der Einwand der Revision, der Anspruch scheite- re daran, daß es sich vorliegend um einen rein privaten Nachbarstreit handele, in den staatliche Stellen der DDR nicht involviert gewesen seien.
Richtig ist an diesem Einwand, daß nicht generell alle Störungen, die bei der Erschließung von Grundstücken auftreten können, nach § 116 SachenRBerG zu bereinigen sind. Die Intention des Gesetzgebers ging ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drucks. 12/5992 S. 179) dahin , nur eine solche Mitbenutzung eines Grundstücks zu schützen, die "mit Billigung staatlicher Stellen" erfolgte. Allerdings handelt es sich hierbei um einen Terminus, den das Gesetz an anderer Stelle explizit verwendet hat (§§ 5 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2; 6 Nr. 2; 7 Abs. 2 Nr. 6; 10 SachenRBerG) und der in § 116 SachenRBerG nicht erscheint. Auf ihn kann daher unmittelbar nicht zurückgegriffen werden. Doch ergibt sich aus dem Zweck des Gesetzes, daß eine unrechtmäßige Mitbenutzung, die auch zu Zeiten der DDR keinen zumindest faktischen Schutz genossen hätte, nicht schutzwürdig ist und daher von § 116 SachenRBerG nicht erfaßt wird. Denn das Gesetz will nur solche Sachverhalte bereinigen, bei denen eine Mitbenutzung eines fremden Grundstücks zwar der zivilrechtlichen Absicherung entbehrte, die aber nach der Verwaltungspraxis der DDR oder nach den DDR-typischen Gegebenheiten als rechtmäßig angesehen wurde (vgl. MünchKomm-BGB/Wendtland, § 116 SachenRBerG Rdn. 6; Eickmann, § 116 SachenRBerG Rdn. 3). Für andere Fälle, in denen schon zu DDR-Zeiten eine Schutzbedürftigkeit verneint worden wäre, bestand kein Regelungsbedarf.
Gemessen daran geht das Berufungsgericht zu Recht von einer schutzwürdigen Mitbenutzung des auf dem Grundstück der Beklagten verlaufenden
Wegs durch die Kläger aus. Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß der Weg seit den siebziger Jahren besteht und von den Bewohnern beider Grundstücke genutzt wurde. Nach dem Vortrag der Beklagten stand ihr Grundstück damals in Volkseigentum. Die langjährige Mitbenutzung ist ohne Duldung des eingesetzten Rechtsträgers nicht vorstellbar. Damit bestand ein damals als rechtmäßig angesehener Zustand, dessen dauerhafte zivilrechtliche Absicherung , wie vielfach in der DDR, unterblieb. Solche Fälle werden von § 116 erfaßt (vgl. Eickmann, § 116 SachenRBerG Rdn. 3).
cc) Die Nutzung wurde vor Ablauf des 2. Oktober 1990 begründet. Die Kläger nutzen den Weg seit 1983. Daß sie das Grundstück erst nach dem Beitritt erwarben, ist unerheblich. § 116 Abs. 1 SachenRBerG stellt nicht auf die Eigentumsverhältnisse, sondern auf die Nutzungsverhältnisse ab. Der Umstand , daß Grunddienstbarkeiten grundstücksbezogen sind, ändert daran entgegen der Auffassung der Revision nichts. Die Grunddienstbarkeit ist das Mittel der rechtlichen Absicherung der Mitnutzung. Sie kann nur für das herrschende Grundstück bestellt werden. Sie setzt aber nicht voraus, daß das faktische Nutzungsverhältnis zu einem Zeitpunkt begründet wurde, als der Nutzer Eigentümer des herrschenden Grundstücks war. Anderenfalls fielen viele derjenigen Nutzungsverhältnisse aus dem Anwendungsbereich der Norm heraus, die gerade bereinigt werden sollten, nämlich die Fälle, in denen Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften, die überwiegend nicht in ihrem Eigentum stehendes Land bewirtschaften, andere fremde Grundstücke im Sinne der Norm mitbenutzen (vgl. BT-Drucks. 12/5992 S. 179).

b) Nicht zu beanstanden ist, daß das Berufungsgericht die Erforderlichkeit der Mitbenutzung des Weges zur Erschließung des Grundstücks der Kläger bejaht hat.
Soweit die Revision meint, die Vorinstanzen hätten den Begriff der Erforderlichkeit verkannt, wenn sie ihn als "weit zu fassen" bezeichnet hätten, so ist ihr nicht zu folgen. Dies beruht nämlich auf einem Mißverständnis. Das Amtsgericht, dem das Berufungsgericht gefolgt ist, hat den Begriff der Erforderlichkeit in § 116 Abs. 1 Nr. 2 SachenRBerG abgegrenzt zu der von § 917 BGB geregelten Situation des Notwegerechts. Bezogen darauf hat es die Auffassung vertreten, daß die Anforderungen des § 917 BGB strenger, die Erforderlichkeit bei § 116 Abs. 1 Nr. 2 SachenRBerG folglich "weiter zu fassen" seien. Das ist frei von Rechtsfehlern. Das Notwegerecht ist strengen Anforderungen unterlegen (vgl. auch Senat, Urt. v. 25. Februar 2000, V ZR 203/99, WM 2000, 1163). Für § 116 Abs. 1 Nr. 2 SachenRBerG reicht es aus, daß die Erschließung des eigenen Grundstücks auf anderem Wege als dem der Mitbenutzung des betroffenen Grundstücks unverhältnismäßig kostspieliger, technisch aufwendiger oder anderweit belästigender wäre (vgl. Eickmann aaO Rdn. 5; MünchKomm-BGB/Wendtland aaO Rdn. 9). Daß hiernach die Mitbenutzung des Wegs auf dem Grundstück der Beklagten erforderlich ist, hat das Berufungsgericht , gestützt u.a. auf die von dem Amtsgericht durchgeführte Beweisaufnahme , in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender tatrichterlicher Würdigung festgestellt.
Soweit die Revision ferner die Erforderlichkeit der Mitbenutzung mit dem Argument in Zweifel zieht, der Zweck des Gesetzes sei im konkreten Fall nicht betroffen, weil es an einer zu schützenden Investition fehle, so verkennt sie die
Zielrichtung der Anspruchsnorm. Diese setzt - wie der Senat entschieden hat - gerade nicht eine Investition des Nutzers voraus, sondern nur ein berechtigtes Interesse an dem Fortbestand der Mitnutzungsbefugnis (Urt. v. 25. Februar 2000, V ZR 203/99 aaO).
Auch die Überlegungen der Revision zu dem der Vorschrift des § 918 Abs. 1 BGB zugrundeliegenden Rechtsgedanken, daß es an einer Schutzbedürftigkeit fehle, wenn der Anspruchsteller die Notlage selbst herbeigeführt habe , überzeugen nicht. Der Umstand, daß früher ein anderer Weg zur Verfügung stand, ist schon deswegen für die Frage der Erforderlichkeit der Mitbenutzung ohne Bedeutung, weil diese schon zu DDR-Zeiten die Zugangsmöglichkeit für das Grundstück der Kläger darstellte, die als der damaligen Rechtswirklichkeit gemäß angesehen wurde. Diesen Zustand auf eine dem heutigen Recht entsprechende gesicherte Grundlage zu stellen, ist Sinn des § 116 SachenRBerG.
3. Rechtsfehlerfrei verneint das Berufungsgericht die Voraussetzungen des § 117 Abs. 1 SachenRBerG, wonach der Eigentümer des belasteten Grundstücks die Bestellung einer Grunddienstbarkeit u.a. dann verweigern kann, wenn der Mitbenutzer der Inanspruchnahme des Grundstücks nicht bedarf oder wenn die weitere Mitbenutzung die Nutzung des belasteten Grundstücks erheblich beeinträchtigen würde.

a) Entgegen der Auffassung der Revision können die Kläger nicht auf Ansprüche gegen die Stadt G. auf Wiederherstellung des auf der Nordseite an dem Grundstück der Kläger vorbeiführenden Weges verwiesen werden. Die von der Revision hierzu angeführte Vorschrift des § 9 Abs. 1 Satz 1 des Thü-
ringer Straßengesetzes gewährt ihnen einen solchen Anspruch nicht. Die Norm regelt Inhalt und Umfang der dem Träger der Straßenbaulast obliegenden Aufgaben. Danach ist der Stadt G. , unabhängig davon, ob sich daraus ein individueller Anspruch der Kläger ergibt, verpflichtet, den Weg in einem den Verkehrsbedürfnissen genügenden Zustand zu unterhalten. Da es sich nach den Feststellungen des Amtsgerichts, die auch das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, bei dem städtischen Weg um einen durch die Parkanlage führenden Fußweg handelt, besteht auch nur eine Unterhaltungspflicht in dieser Funktion. Den Bedürfnissen der Kläger, die auf einen Fahrweg angewiesen sind, genügt er, auch in ordnungsgemäß unterhaltenem Zustand, nicht.

b) Eine erhebliche Beeinträchtigung des Grundstücks der Beklagten hat das Berufungsgericht im Ergebnis ebenfalls zu Recht verneint. Soweit die Revision in diesem Zusammenhang geltend macht, das Berufungsgericht habe den unter Beweis gestellten Vortrag der Beklagten übergangen, der mitbenutzte Weg sei zum Befahren mit Kraftfahrzeugen nicht geeignet und begründe eine Gefahr für die Substanz des Hauses, ist diese Rüge nicht begründet.
Wie der Revision allerdings zuzugeben ist, kann aus dem Umstand, daß eine Partei ihren Vortrag, nachdem die andere Partei entgegenstehende Ausführungen gemacht hat, nicht wiederholt, nicht geschlossen werden, daß sie ihren Vortrag fallen lassen wolle. Es bleibt dann bei einem streitigen Sachverhalt , der, wenn es darauf ankommt und Beweis dafür angetreten ist, durch eine Beweisaufnahme geklärt werden muß. Andererseits richtet sich das Maß dessen , was eine Partei zur Schlüssigkeit ihres Vortrags vorbringen muß, nach den Umständen, insbesondere auch danach, was die Gegenpartei zu demsel-
ben Punkt des Streitfalles vorgetragen hat (vgl. BGH, Urt. v. 13. März 1996, VIII ZR 36/95, NJW 1996, 1826, 1827; Urt. v. 15. Februar 1990, III ZR 87/88, BGHR ZPO § 138 Abs. 1 Darlegungslast 1). Diese Grundsätze erforderten im konkreten Fall keine Beweiserhebung.
Festgestellt ist, daß der Weg keinen fachgerechten Unterbau, wie er für einen Wirtschaftsweg oder eine Straße erforderlich ist, hat. Er ist lediglich mit Splitt und Schotter an der Oberfläche befestigt. Hierzu bedarf es folglich keiner sachverständigen Begutachtung. Bei Zugrundelegung von Maßstäben, die an die fachgerechte Herstellung eines Fahrweges gestellt werden, genügt der Weg nicht den Anforderungen. Darum geht es aber auch nicht. Die Kläger begehren die Sicherung der Mitbenutzung des Wegs in dem Maße, wie er auch bislang, seit 1983, von ihnen mitbenutzt worden ist. Daß dem Weg für diese Nutzung, mit ihren Unzulänglichkeiten, die durch auftretende Schlaglöcher und Spurrinnen gekennzeichnet sein mögen, die generelle Eignung fehlt, kann dem Vorbringen der Beklagten nicht entnommen werden. Dagegen spricht die nahezu 20 Jahre lange Übung, an der die Bewohner des jetzt den Beklagten gehörenden Hauses durch eigenes Benutzen ebenfalls teil hatten. Wenn die Beklagten die Eignung des Wegs auch in dieser Form in Zweifel ziehen und insbesondere daraus eine Beeinträchtigung ihrer Interessen herleiten wollen, so hätte es eines eingehenderen Vortrags bedurft, der sich mit den entgegenstehenden tatsächlichen Verhältnissen hätte auseinandersetzen müssen, zumal ihre Interessen auch durch § 1120 BGB geschützt werden.
Soweit die Beklagten aus der ungenügenden Befestigung des Weges den Schluß darauf gezogen haben, daß die Gebäudesubstanz ihres Anwesens bei einem Befahren mit Schwerlastfahrzeugen leiden könne, kommt es hierauf
aus rechtlichen Gründen nicht an. Eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne des § 117 Abs. 1 Nr. 1 SachenRBerG kann damit nicht begründet werden. Darunter fallen nur solche Beeinträchtigungen, die in der Mitbenutzung des Grundstücks selbst ihre Ursache haben, etwa in der Existenz des Weges überhaupt oder in dessen konkretem Verlauf, und den Eigentümer an einer sinnvollen Nutzung oder Bewirtschaftung seines Grundstücks hindern oder ihn darin einschränken (vgl. die Beispiele bei Eickmann, aaO, § 117 SachenRBerG , Rdn. 2). Nur Beeinträchtigungen dieser Art stehen einem Anspruch auf Einräumung einer Dienstbarkeit entgegen. Hier geht es aber um - behauptete - Beeinträchtigungen durch das Ausmaß der erwarteten konkreten Nutzung des Wegs. Sie braucht der belastete Grundstückseigentümer nämlich nicht zu dulden , da sie vom Inhalt der Dienstbarkeit nicht gedeckt oder jedenfalls ihrer Ausübung nach untersagt sind (vgl. Senat, BGHZ 95, 144, 147). Die Dienstbarkeit erlaubt nur die Benutzung des Wegs in einer Weise, die den Interessen des Eigentümers des belasteten Grundstücks Rechnung trägt. Das folgt aus § 1120 BGB. Verstöße gegen diese Schonungspflicht kann der Eigentümer nach § 1004 BGB abwenden (Soergel/Stürner, BGB, 13. Aufl., § 1020 Rdn. 3). Führt somit im konkreten Einzelfall das Befahren des Wegs mit einem Schwerlastfahrzeug zu einer Substanzgefährdung des Hauses der Beklagten, so können sie diese Nutzung verbieten und die Kläger auf eine Versorgung durch kleinere Lieferfahrzeuge verweisen oder auf eine vorherige fachgerechte Befestigung des Wegs, die eine Gefährdung ebenfalls ausschließt. Das aber ist eine Frage des Einzelfalls, nicht eine Frage der generellen durch Dienstbarkeit gesicherten Mitbenutzung.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Vizepräsident Dr. Wenzel ist wegen Tropf Krüger Urlaubsabwesenheit an der Unterschriftsleistung gehindert. Tropf Lemke Gaier

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 70/04 Verkündet am:
22. Oktober 2004
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Für einen Bereinigungsanspruch nach § 116 Abs. 1 SachenRBerG ist entscheidend,
daß der Mitbenutzung zu Zeiten der DDR ein zumindest faktischer Schutz zukam,
weil sie nach der Verwaltungspraxis der DDR oder nach den DDR-typischen Gegebenheiten
als rechtmäßig angesehen wurde (Fortführung von Senat, Urt. v. 9. Mai
2003, V ZR 388/02, WM 2003, 1961; Urt. v. 14. November 2003, V ZR 28/03, WM
2004, 1348).
BGH, Urt. v. 22. Oktober 2004 - V ZR 70/04 - LG Potsdam
AG Potsdam
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. Oktober 2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier und die Richterin
Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Unter Zurückweisung der Revision im übrigen werden auf die Rechtsmittel der Kläger das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 11. März 2004 und das Urteil des Amtsgerichts Potsdam vom 10. Mai 2001 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben bzw. abgeändert, als über den Antrag auf Bewilligung einer Grunddienstbarkeit mit dem Inhalt eines Wege- und Leitungsrechts erkannt worden ist.
Der Beklagte wird verurteilt, die Eintragung einer Grunddienstbarkeit zu bewilligen, mit der den jeweiligen Eigentümern des Grundstücks Flur 5 Flurstück 45 der Gemarkung D. , eingetragen im Grundbuch von D. Blatt , das Recht eingeräumt wird, die in der Skizze zum Messungsprotokoll vom 29. April 1921 mit den Punkten 2, 3, 4, 5 und 2 umschriebene Teilfläche des Grundstücks Flur 5 Flurstück 43/1 der Gemarkung D. , eingetragen im Grundbuch von D. Blatt , als Zugang zu ihrem Grundstück, zur Verlegung von Leitungen für die Ver- und Entsorgung sowie zur Errichtung und zum Betrieb einer Regenwassersammelgrube zu nutzen.
Von den Kosten des Rechtsstreits im ersten Rechtszug tragen die Kläger 2/3 und der Beklagte 1/3, von den Kosten des Berufungsverfahrens die Kläger 9/13 und der Beklagte 4/13 sowie von den Kosten des Revisionsverfahrens die Kläger 1/5 und der Beklagte 4/5.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Grundstücke i n D. /Brandenburg. Die Kläger nutzen eine - 1921 vermessene - Teilfläche des Grundstücks des Beklagten als Zugang zu ihrem Grundstück und dem dort errichteten Wohnhaus; außerdem ragt in diesem Bereich eine von den Klägern genutzte Regenwassersammelgrube teilweise in das Grundstück des Beklagten hinein. Eine Mauer, welche die Teilfläche gegen sein übriges Grundstück abgrenzte , hat der Beklagte nach seinem Eigentumserwerb im Jahr 1996 teilweise abgetragen.
Die Kläger wurden auf Grund des notariellen Kaufvert rages vom 30. Januar 1985 Eigentümer ihres Grundstücks. Bereits die Voreigentümer und deren Rechtsvorgänger hatten die Teilfläche des Nachbargrundstücks in gleicher Weise genutzt.
Nach Abweisung weitergehender Klageanträge machen die Kläger gegen den Beklagten nur noch einen auf § 116 SachenRBerG gestützten An-
spruch auf Bewilligung einer Grunddienstbarkeit mit dem Inhalt eines Wegeund Leitungsrechts und der Errichtung einer Stützmauer geltend. Amts- und Landgericht haben den hierauf gerichteten und zunächst nur hilfsweise geltend gemachten Klageantrag abgewiesen. Mit ihrer - in dem Berufungsurteil zugelassenen - Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgen die Kläger diesen Antrag weiter.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht hält die Voraussetzungen eines Anspru chs nach § 116 SachenRBerG für nicht gegeben. Die Bewilligung einer Grunddienstbarkeit könne nur verlangt werden, wenn die Nutzung des fremden Grundstücks mit Billigung staatlicher Stellen erfolgt sei. Daran fehle es hier. Die Teilnahme der Bürgermeisterin an einer Grenzverhandlung im Jahr 1960 reiche zur Annahme einer Billigung nicht aus, weil die umstrittene Teilfläche anschließend mit dem jetzt dem Beklagten gehörenden Grundstück verschmolzen worden sei. Ebensowenig genüge die Genehmigung des Kaufvertrages durch den Rat des Bezirkes. Zwar sei durch diese Genehmigung auch die bestehende Erschließung des Grundstücks festgestellt worden. Da das Grundstück nach den Katasterunterlagen jedoch von der Straßenseite her erschlossen und der Zugang über das Nachbargrundstück nicht eindeutig zu entnehmen gewesen sei, könne im vorliegenden Fall keine staatliche Billigung angenommen werden.
Dies hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht in je der Hinsicht stand.

II.


1. Ohne Erfolg rügt die Revision allerdings, das Beruf ungsgericht hätte der Klage teilweise durch Anerkenntnisurteil stattgeben müssen. Zwar weist die Revision zu Recht darauf hin, daß der Beklagte während des Rechtsstreits erklärt hat, der Eintragung einer Grunddienstbarkeit mit dem Inhalt eines Leitungsrechts werde zugestimmt. Ein Anerkenntnis im prozessualen Sinne ist darin jedoch nicht zu sehen. Für ein solches ist eine Erklärung des Beklagten erforderlich, wonach er sich dem Klageanspruch als einem zu Recht bestehenden Anspruch unterwirft (BGHZ 10, 333, 335). Einem solchen Verständnis der Äußerung im vorliegenden Rechtsstreit steht der von dem B eklagten uneingeschränkt aufrechterhaltene Antrag auf Klageabweisung entgegen. So kann selbst eine vorbehaltlose Erfüllung der geltend gemachten Forderung durch den Beklagten nicht als Anerkenntnis angesehen werden, wenn der Beklagte weiterhin auf Abweisung der Klage besteht (BGH, Urt. v. 20. November 1980, VII ZR 49/80, NJW 1981, 686). Es bedarf deshalb keiner Entscheidung über die Frage, ob der Erlaß eines Teil-Anerkenntnisurteils trotz des für die Vorinstanzen maßgebenden § 307 ZPO a.F. (vgl. § 26 Nr. 5 EGZPO) ohne entsprechenden Antrag der Kläger zulässig gewesen wäre.
2. Zu Recht wendet sich die Revision gegen die Auffassung des Berufungsgerichts , den Klägern stehe ein Anspruch auf Bestellung einer Grunddienstbarkeit gemäß § 116 SachenRBerG schon dem Grunde nach nicht zu.
Allerdings kann der Inhalt dieser Grunddienstbarkeit nicht vollständig dem Antrag der Kläger entsprechen und die Nutzung des Nachbargrundstücks zur Errichtung einer Stützmauer nicht umfassen.

a) Nicht in jeder Hinsicht zutreffend ist bereits der re chtliche Ansatz des Berufungsgerichts, das den Bereinigungsanspruch nach § 116 SachenRBerG davon abhängig machen will, daß die Benutzung eines fremden Grundstücks im Sinne des § 10 SachenRBerG mit Billigung staatlicher Stellen aufgenommen worden ist (so auch OLG Dresden, NJ 2002, 655, 656). Richtig ist zwar, daß nicht generell alle Störungen, die bei der Erschließung von Grundstücken im Beitrittsgebiet auftreten, nach § 116 SachenRBerG zu bereinigen sind (Senat, Urt. v. 9. Mai 2003, V ZR 388/02, WM 2003, 1961, 1962). Der Senat hat deshalb Fälle, in denen schon zu DDR-Zeiten eine Schutzbedürftigkeit verneint worden wäre, ausgenommen und aus dem Zweck des Gesetzes hergeleitet, daß nur solche Sachverhalte bereinigt werden sollen, bei denen die Mitbenutzung eines fremden Grundstücks zwar der zivilrechtlichen Absicherung entbehrte , die aber nach der Verwaltungspraxis der DDR oder nach den DDRtypischen Gegebenheiten als rechtmäßig angesehen wurden (Senat, Urt. v. 9. Mai 2003, V ZR 388/02, aaO). Entscheidend ist daher nicht das im Einzelfall womöglich zu enge Verständnis des Berufungsgerichts, sondern der Umstand, daß der Mitbenutzung zu Zeiten der DDR ein zumindest faktischer Schutz zukam (Senat, Urt. v. 9. Mai 2003, V ZR 388/02, aaO; Urt. v. 14. November 2003, V ZR 28/03, WM 2004, 1348, 1349).

b) Ein solches de facto respektiertes und mithin rechtsbestä ndiges Nutzungsverhältnis liegt hier entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts vor.
Es erschließt sich aus dem vorliegenden Protokoll über die Grenzverhandlung vom 8. November 1960.
aa) Diese diente zur Vorbereitung einer Teilung des N achbargrundstücks , aus der das inzwischen dem Beklagten gehörende Grundstück hervorgegangen ist. Ausweislich des in dem Protokoll genannten Zwecks der Grenzverhandlung erfolgte die Teilung, um der damaligen Eigentümerin die Veräußerung einer Teilfläche zu ermöglichen. Nach dem weiteren Inhalt des Protokolls sollte das für den Verkauf bestimmte Trennstück nicht die im vorliegenden Rechtsstreit umstrittene Fläche umfassen, die im Jahr 1921 - im Protokoll wohl versehentlich mit 1922 bezeichnet - vermessen worden war und zum damaligen Zeitpunkt unverändert von den Eigentümern des nun den Klägern gehörenden Nachbargrundstücks genutzt wurde. Obwohl diese Fläche - entgegen der im Protokoll vom 29. April 1921 enthaltenen Ankündigung, die Auflassung werde "bald" vorgenommen - noch immer nicht an die Rechtsvorgänger der Kläger übereignet war, sollte sie von der Verfügung der Eigentümerin ausgenommen bleiben. Dies läßt wegen der vor aller Augen liegenden Nutzung der nun im Streit befindlichen Fläche den Schluß darauf zu, daß ungeachtet der Eigentumslage die Nutzung durch die Eigentümer des benachbarten Grundstücks nicht durch eine Veräußerung der betroffenen Fläche gestört werden sollte und mithin als rechtmäßig angesehen wurde. Hierbei wurde die Nutzung nicht nur von der - an der Grenzverhandlung beteiligten - Eigentümerin des belasteten Grundstücks respektiert (vgl. dazu Eickmann, Sachenrechtsbereinigung [Stand: April 2004], § 10 Rdn. 3; auch Senat, Urt. v. 9. Mai 2003, V ZR 388/02, aaO, zur Duldung durch den Rechtsträger bei Mitbenutzung eines volkseigenen Grundstücks), sondern auch von der Kaufinteressentin, die ebenfalls anwesend war und das Protokoll unterzeichnete. Dafür, daß die Nutzung
nach den DDR-typischen Gegebenheiten als rechtmäßig angesehen wurde, spricht zudem die Unterzeichnung des Protokolls durch die - an der Grenzverhandlung ebenfalls beteiligte - Bürgermeisterin der Gemeinde.
bb) Daß das umstrittene Areal - ausweislich der Mitteil ung des Katasterund Liegenschaftsamtes vom 7. August 1998 - in der Folgezeit gleichwohl in die Fläche des Trennstücks "eingeflossen" und damit letztlich in das Eigentum des Beklagten gelangt ist, vermag an dem Umstand einer schon zu DDRZeiten schutzwürdigen Mitbenutzung nichts zu ändern. Die geschilderten Vorgänge im Zusammenhang mit der Grenzverhandlung vom 8. November 1960 sind Indizien für das Vorliegen eines de facto respektierten Nutzungsverhältnisses. Die spätere Veräußerung der Fläche als Bestandteil des Trennstücks läßt den Fortbestand dieses - zuvor nur deutlicher zu Tage getretenen - faktischen Schutzes unberührt; denn die schutzwürdige Mitbenutzung muß sich zwangsläufig auf ein fremdes Grundstück beziehen.

c) Entgegen der Auffassung des Beklagten sind auch die we iteren gesetzlich geregelten Voraussetzungen des § 116 SachenRBerG erfüllt. Für die lange Zeit vor Ablauf des 2. Oktober 1990 (§ 116 Abs. 1 Nr. 1 SachenRBerG) begründete Mitbenutzung des Grundstücks des Beklagten ist unstreitig kein Mitbenutzungsrecht nach §§ 321, 322 ZGB-DDR eingeräumt worden (§ 116 Abs. 1 Nr. 3 SachenRBerG; vgl. dazu Eickmann, aaO, § 116 SachenRBerG Rdn. 6 f.; MünchKomm-BGB/Smid, 4. Aufl., § 116 SachenRBerG Rdn. 11 f.). Zudem ist die Mitbenutzung des Grundstücks des Beklagten im Sinne des § 116 Abs. 1 Nr. 2 SachenRBerG erforderlich. Hierfür sind nicht die strengen Maßstäbe des Notwegerechts (§ 917 BGB) maßgebend, es reicht vielmehr aus, daß die Erschließung des Grundstücks der Kläger auf anderem Wege als dem
der Mitbenutzung des betroffenen Grundstücks unverhältnismäßig kostspieliger , technisch aufwendiger oder anderweit belästigender wäre (Senat, Urt. v. 9. Mai 2003, V ZR 388/02, aaO, 1663). Diese Anforderungen sind im vorliegenden Fall für einzelne, nicht aber für alle der geltend gemachten Nutzungen zu bejahen, weshalb die Kläger auch nicht in vollem Umfang mit ihrem noch verfolgten Antrag durchdringen können.
aa) Das gilt zunächst für die Nutzung als Zugang zu dem G rundstück der Kläger. Derzeit kann das Haus der Kläger nur durch den auf der Rückseite des Gebäudes gelegenen Eingang erreicht werden. Nach dort kann nur gelangen , wer den Fußweg über die umstrittene Teilfläche des Nachbargrundstücks nutzt. Die Kläger müssen diesen Weg außerdem gehen, um von der Straße aus zu dem rückwärtigen Teil ihres Grundstücks zu gelangen. Zwar könnte durch Umbauten am Haus der Kläger ein anderer Zugang geschaffen werden, jedoch ist auch ohne Kenntnis der Einzelheiten offensichtlich, daß dies mit erheblichen Kosten verbunden wäre. Einer weiteren Aufklärung des hierfür erforderlichen Aufwandes bedarf es nicht, weil die Kläger im Fall einer Verlegung des Hauseingangs und ohne Inanspruchnahme fremden Eigentums den rückwärtig gelegenen Garten ihres Anwesens nur erreichen können, wenn sie ihr Wohnhaus durchqueren. Als Alternative müssen sich die Kläger auch nicht auf einen Abriß des - vor ihrem Eigentumserwerb noch zu DDR-Zeiten errichteten (vgl. dazu Senat, Urt. v. 9. Mai 2003, V ZR 388/02, aaO) - Verandaanbaus verweisen lassen, der mit einer Ecke an die Grundstücksgrenze stößt und damit den Zugang über das eigene Grundstück versperrt. Dies wäre für die Kläger nicht nur mit noch größeren finanziellen Lasten verbunden, sondern hätte zwangsläufig auch den Verlust von Wohnfläche zur Folge. All dies läßt eine
veränderte Erschließung im Vergleich zum gegenwärtigen Zustand insgesamt unverhältnismäßig belästigender erscheinen.
bb) Gegen die Erforderlichkeit der Mitbenutzung zur Ve rlegung von Verund Entsorgungsleitungen und zur Unterhaltung einer Regenwassersammelgrube hat der Beklagte keine Einwendungen erhoben.
cc) Für die Errichtung einer Stützmauer hat demgegenüb er bereits das Berufungsgericht die Erforderlichkeit verneint. Dies ist jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden. Selbst wenn zugunsten der Kläger von der Notwendigkeit einer Stützmauer ausgegangen wird, ist nicht zu ersehen und von den Klägern auch nicht vorgetragen, daß es erforderlich ist, für die Errichtung einer solchen Stützmauer die umstrittene Teilfläche des Nachbargrundstücks in Anspruch zu nehmen.
3. Im Umfang der Anfechtung kann das Urteil des Berufu ngsgerichts mithin nur insofern Bestand haben, als der Antrag der Kläger auf Bestellung einer Grunddienstbarkeit für die Errichtung einer Stützmauer abgewiesen worden ist. Soweit das Berufungsurteil aufzuheben ist, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden, weil der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif ist und weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt zur Verurteilung des Beklagten, eine Grunddienstbarkeit zugunsten der jeweiligen Eigentümer des Nachbargrundstücks zu bestellen. Hierbei war entsprechend dem Antrag der Kläger und gemäß dem Umfang der de facto respektierten Nutzung die Ausübungsstelle zu bezeichnen (vgl. Senat, Beschl. v. 6. März 1981, V ZB 2/81, NJW 1981, 1781).
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1 Z PO.
Wenzel Krüger Klein Gaier Stresemann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 139/04 Verkündet am:
14. Januar 2005
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Ein Anspruch auf Abschluß eines Kaufvertrages kann nicht mit dem Antrag auf Verurteilung
zum Abschluß eines Kaufvertrags, sondern nur in der Weise durchgesetzt werden, daß der
Gläubiger den Schuldner auf Annahme eines vom ihm selbst zuvor formgerecht erklärten
Angebots oder auf Abgabe eines solchen, von dem Gläubiger später anzunehmenden, Angebots
in Anspruch nimmt.

b) Eine Klage auf Abgabe oder Annahme eines Angebots ist zur Verfolgung von Ankaufsansprüchen
nach § 61 SachenRBerG nicht zulässig; hierfür stehen nur die Klage nach § 108
SachenRBerG einerseits und nach §§ 104 bis 107 SachenRBerG andererseits zur Verfügung.

c) In dem Verfahren nach § 108 SachenRBerG kann weder über die anzukaufende Fläche
noch über den anzusetzenden Kaufpreis oder die Verpflichtung des Nutzers, dem Eigentümer
ein Wege- oder Leitungsrecht einzuräumen, entschieden werden. Der Notar hat nach
entsprechender Aufklärung in den notariellen Vermittlungsvorschlag auch einen Regelungsvorschlag
zu der anzukaufenden Fläche, zu dem Preis und eine Verpflichtung zu der
Bestellung eines Wege- oder Leitungsrechts aufzunehmen (Fortführung von Senat, Urt. v.
6. April 2001, V ZR 438/99, VIZ 2001, 503, 505; Urt. v. 18. Mai 2001, V ZR 239/00, NJW
2001, 3053, 3054).

d) Eine Bereinigungslage kann nicht bei jeder baulichen Nutzung angenommen werden, bei
der die nach dem Recht der DDR mögliche dingliche oder vergleichbare Absicherung versäumt
wurde, sondern nur, wenn die faktische Nutzung des fremden Grundstücks nach der
Verwaltungspraxis der DDR oder nach den DDR-typischen Gegebenheiten als rechtmäßig
angesehen wurde.

e) Die erforderliche Billigung staatlicher Stellen der DDR muß nicht vor oder im Zusammenhang
mit der Vornahme der Errichtung des Gebäudes oder Bauwerks, sondern kann auch
nachträglich erfolgt sein.

f) Kaufgegenstand im Sinne von § 65 SachenRBerG ist der im Grundbuch als einzelnes
Grundstück eingetragene Teil der Erdoberfläche. Maßgeblich ist nicht der Zuschnitt bei Inkrafttreten
des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes am 1. Oktober 1994, sondern der Zuschnitt
bei Inkrafttreten des Art. 233 § 2a EGBGB am 22. Juli 1992.

g) Eine Restfläche ist im Sinne von § 27 Abs. 1 SachenRBerG nur dann nicht wirtschaftlich
nutzbar, wenn sie auch unter Berücksichtigung von § 27 Abs. 3 SachenRBerG keinen Zuweg
hat.
BGH, Urteil vom 14. Januar 2005 - V ZR 139/04 - LG Meiningen
AG Ilmenau
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Januar 2005 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und die
Richterin Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Meiningen vom 27. Mai 2004 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz verpflichtet ist, die ihr gehörenden Flurstücke 21/2 und 21/3 der Flur 2 in der Gemarkung A. zu verkaufen. Diese Flurstücke sind aus den ursprünglichen schmalen langgezogenen Flurstücken 20 und 21 hervorgegangen, die nebeneinander an der G. Straße lagen. Zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt nach dem Jahre 1980 wurden aus ihnen das

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865 m große an der G. Straße liegende Flurstück 21/2 und das

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1.656 m große dahinter liegende Flurstück 21/3 gebildet.

Am 7. Februar 1975 erlaubte die Beklagte den Klägern mit Rücksicht auf einen beabsichtigten Verkauf, auf den Flurstücken ein Eigenheim zu errichten, was im Jahre 1975 auch geschah. Am 28. Mai 1979 schlossen die Parteien vor dem Staatlichen Notariat inI. einen notariellen Kaufvertrag, in dem der Kaufpreis für die Grundstücke mit 214 Mark/DDR angegeben wurde. Nach Abschluß des Vertrages zahlten die Kläger an die Beklagte einen inoffiziellen Kaufpreis von 4.000 Mark/DDR. Die gegen die Versagung der erforderlichen Genehmigung nach der Grundstücksverkehrsverordnung gerichteten Beschwerden der Parteien wies der Rat des Bezirks S. am 29. Mai 1980 zurück, weil es sich um der LPG zur Nutzung zugewiesenes Land handele und dieses Nutzungsrecht nicht beeinträchtigt werden dürfe. Außerdem werde ein Teil des Geländes als Schulgarten genutzt. Am 16. März 1980 wurde nachträglich ein Prüfbescheid der Staatlichen Bauaufsicht und am 8. August 1980 auch die Bauzustimmung durch den Rat der Gemeinde A. erteilt. Genehmigt wurde am 11. April 1983 auch ein Anbau.
Im Verlaufe des Jahres 1995 machten die Kläger einen Anspruch auf Ankauf der Grundstücke nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz gegenüber der Beklagten geltend. Ein später eingeleitetes notarielles Vermittlungsverfahren scheiterte an deren Weigerung und wurde am 20. September 2000 ohne Formulierung eines notariellen Vermittlungsvorschlags eingestellt.
Mit der Klage verlangen die Kläger die Verpflichtung der Beklagten zum Abschluß eines im einzelnen beschriebenen Kaufvertrages. Die Beklagte lehnt den Verkauf insgesamt, jedenfalls aber den Verkauf des Flurstücks 21/3 ab
und verlangt hilfsweise die Einräumung eines Zuwegs auf dem Grundstück 21/2 zu dem Grundstück 21/3.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger hat das Landgericht die Beklagte zum Abschluß eines im Tenor des Urteils näher bestimmten Kaufvertrags verurteilt. Dagegen richtet sich die von dem Landgericht zugelassene Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht hält die Klage für zulässig. Der Einstellungsbeschluß enthalte zwar keinen notariellen Vermittlungsvorschlag. Darauf komme es aber nicht an, weil sich die Parteien uneins seien und das Bestehen auf einem notariellen Vermittlungsvorschlag als bloße Förmelei erscheine. Den Klägern stehe der geltend gemachte Anspruch auch zu. Sie hätten das Grundstück 21/2 der Beklagten mit einem Eigenheim bebaut. Diese Bebauung sei auch mit Billigung staatlicher Stellen erfolgt. Zwar sei die Genehmigung für den Grundstückskaufvertrag verweigert worden. Die Errichtung des Gebäudes selbst sei aber von den staatlichen Stellen gebilligt worden. Die Kläger könnten auch beide Flurstücke der Beklagten ankaufen. Hierfür sei auf den Flurstücksbestand bei Errichtung des Eigenheims im Jahre 1975 abzustellen. Aus diesem

2

Blickwinkel betrachtet sei nicht nur der 500 m übersteigende Teil des Flurstücks 21/2, sondern auch das an Flurstück 21/2 angrenzende Flurstück 21/3 eine Restfläche, die von dem Ankaufsrecht mit erfaßt werde. Den Klägern stehe auch der Preisnachlaß nach § 68 Abs. 2 Satz 1 SachenRBerG zu, da sie ihr
Kaufgesuch an die Beklagte bereits im Jahre 1995 gerichtet hätten. Auf den Kaufpreis seien die im Jahre 1979 gezahlten 4.000 Mark/DDR anzurechnen.
Dies hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

II.


Die Klage ist nur eingeschränkt, nämlich als Feststellungsklage nach § 108 SachenRBerG, zulässig.
1. Als Klage auf Abschluß eines Kaufvertrags oder als Klage auf Abgabe eines Kaufvertragsangebots oder auf Annahme eines solchen Angebots ist die Klage nicht zulässig.

a) Ihr fehlt schon deshalb das Rechtsschutzbedürfnis, weil ein Anspruch auf Abschluß eines Kaufvertrages nicht mit dem Antrag auf Verurteilung zum Abschluß eines Kaufvertrags durchgesetzt werden kann, der Gläubiger den Schuldner vielmehr nur auf Annahme eines vom ihm selbst zuvor formgerecht erklärten Angebots oder auf Abgabe eines solchen, von dem Gläubiger später anzunehmenden, Angebots in Anspruch nehmen kann (Senat BGHZ 97, 147, 150; Urt. v. 18. April 1986, V ZR 32/85, WM 1986, 1155; Urt. v. 7. Oktober 1983. V ZR 261/81, NJW 1984, 479, 480). Daran fehlt es hier.

b) Auch als eine Klage auf Abgabe einer entsprechenden Willenserklärung wäre sie zur Verfolgung von Ankaufsansprüchen nach § 61 SachenRBerG nicht zulässig.
aa) Eine solche Klage wird durch die § 103 bis 107 SachenRBerG zwar nicht ausdrücklich ausgeschlossen. Eine Klage auf Abgabe einer Willenserklärung würde auch nicht daran scheitern, daß der in § 61 SachenRBerG bestimmte Anspruch auf Abschluß eines Kaufvertrags nicht hinreichend bestimmt wäre (MünchKomm-BGB/Cremer, 4. Aufl., § 104 SachenRBerG Rdn. 1). Ein Ermessen des Gerichts, aus dem sich diese Unbestimmtheit ergeben soll, sieht das Sachenrechtsbereinigungsgesetz nicht vor. Das Gericht kann zwar nach § 106 Abs. 1 Satz 1 SachenRBerG Rechte und Pflichten feststellen, die vom Antrag abweichen. Damit wird ihm indes nicht zugleich auch das Recht eingeräumt , von den gesetzlich bestimmten Voraussetzungen des Ankaufsanspruchs des Nutzers abzuweichen oder seinem Anspruch einen anderen als den gesetzlich bestimmten Inhalt zu geben. Auch der Gesetzgeber ist davon ausgegangen , daß eine solche Klage technisch möglich wäre (BT-Drucks. 12/5992 S. 173; vgl. auch Vossius, Sachenrechtsbereinigungsgesetz, 2. Aufl., § 104 Rdn. 14).
bb) Der Zulässigkeit einer Klage auf Abgabe einer Willenserklärung stehen aber Sinn und Zweck des notariellen Vermittlungsverfahrens nach §§ 87 bis 102 SachenRBerG einerseits und des darauf aufbauenden Klageverfahrens nach §§ 104 bis 107 SachenRBerG andererseits entgegen (Tropf in Czub/Schmidt-Räntsch/Frenz, SachenRBerG § 104 Rdn. 8; im Ergebnis auch Vossius, aaO, § 104 Rdn. 20).
Der Anspruch auf Ankauf nach § 61 SachenRBerG hängt von der Klärung von Umständen ab, die Nutzer und Grundstückseigentümer in vielen Fällen nicht selbst in einer Weise aufbereiten können, die eine gerichtliche Klärung erlaubt (BT-Drucks. 12/5992 S. 174). Hierfür hält die Zivilprozeßordnung
kein geeignetes Instrumentarium bereit. Die rechtsgestaltende Vorklärung ist nur mit den Mitteln der freiwilligen Gerichtsbarkeit zweckmäßig zu bewältigen. Deshalb hat sich der Gesetzgeber dazu entschlossen, dem gerichtlichen Verfahren ein neuartiges Aufklärungsverfahren vorzuschalten, das er den Notaren übertragen hat. Im notariellen Vermittlungsverfahren sollen die streitigen und die unstreitigen Punkte geklärt und ein professionell gestalteter Vertragsentwurf entwickelt werden. Auf dieser Grundlage soll das Gericht über die streitigen Punkte entscheiden und feststellen, welche Rechte und Pflichten beider Parteien in dem Vertrag insoweit vorzusehen sind. Diese Entscheidung des Gesetzgebers würde unterlaufen, wenn die Klage auf Abgabe einer Willenserklärung neben der Klage nach §§ 104 bis 107 SachenRBerG möglich wäre.
2. Die Klage ist auch nicht als Klage über den Inhalt eines Ankaufsrechts nach § 61 SachenRBerG gemäß den §§ 104 bis 107 SachenRBerG zulässig.

a) Eine solche Klage entspräche zwar dem von den Klägern sachlich Gewollten. Sie ist nach § 104 Satz 1 SachenRBerG aber nur zulässig, wenn nicht nur das Abschlußprotokoll eines Notars, sondern auch sein Vermittlungsvorschlag vorgelegt wird (Tropf in Czub/Schmidt-Räntsch/Frenz, aaO, § 104 Rdn. 17; MünchKomm-BGB/Cremer, aaO, § 104 SachenRBerG Rdn. 5; Eickmann /Eickmann, Sachenrechtsbereinigungsgesetz, § 104 Rdn. 2, 5; Erman /Ganten, BGB, 10. Aufl., § 104 SachenRBerG Rdn. 1; Vossius, aaO, § 104 Rdn. 5). Ein solcher ist hier nicht nur nicht vorgelegt, sondern von der mit dem Fall befaßten Notarin überhaupt nicht erarbeitet worden. Den Klägern konnte deshalb auch nicht nach § 104 Satz 2 SachenRBerG eine Frist zur Vorlage des Vorschlags gesetzt werden.
bb) Auf das Erfordernis der Vorlage eines notariellen Vermittlungsvorschlags kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht verzichtet werden. Es trifft zwar zu, daß das notarielle Vermittlungsverfahren seine Bedeutung vor allem dann hat, wenn die Rechtsverhältnisse der Parteien schwierig , insbesondere Grundstücksteilungen und -vereinigungen vorzunehmen oder dingliche Rechte zu bestellen oder aufzuheben sind. Das bedeutet aber nicht, daß die Vorlage eines notariellen Vermittlungsvorschlages in einfach gelagerten Fällen unnötig wäre. Auch ein Kaufvertrag, dessen Inhalt keine, zumindest keine sachenrechtsbereinigungsrechtlichen Schwierigkeiten bereitet, muß alle Klauseln enthalten, die für seinen reibungslosen und gesetzmäßigen Vollzug erforderlich sind. Von der Prüfung, welche Klauseln dies im einzelnen sind, sollen die Gerichte entlastet werden. Das ist die angestammte Aufgabe der Notare, deren Erfahrung auch für einfach gelagerte Fälle mit dem notariellen Vermittlungsverfahren und dem Zwang zur Vorlage eines Vermittlungsvorschlages genutzt werden soll.
cc) Nichts anderes ergibt die Überlegung des Berufungsgerichts, daß es angesichts der Weigerung der Beklagten hier nicht zu einer Einigung gekommen ist. In einem solchen Fall soll der Notar nach § 94 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SachenRBerG das notarielle Vermittlungsverfahren zunächst aussetzen und die Beteiligten nach § 94 Abs. 2 Satz 2 SachenRBerG auf den Klageweg, also darauf verweisen, die (gegebene oder fehlende) Anspruchsberechtigung in einem Feststellungsklageverfahren nach § 108 SachenRBerG gerichtlich klären zu lassen. Wird die Anspruchsberechtigung des Nutzers in diesem Verfahren gerichtlich festgestellt, ist anschließend das notarielle Vermittlungsverfahren fortzusetzen , um zu einem Vertragsschluß zu gelangen. Sollten dabei noch Fra-
gen offenbleiben, stünde zu deren Klärung das Verfahren nach §§ 104 bis 107 SachenRBerG zur Verfügung.
3. Die Sache ist aber nicht im Sinne einer Klageabweisung entscheidungsreif. Da das Berufungsgericht die entscheidenden rechtlichen Gesichtspunkte nicht geprüft hat, ist den Parteien vielmehr durch eine Zurückverweisung Gelegenheit zu geben, sich hierauf einzustellen und die Klage gegebenenfalls auf eine Feststellungsklage nach § 108 SachenRBerG umzustellen. Denn eine solche Feststellung setzt einen Vermittlungsvorschlag nicht voraus. Die Änderung der Klage ist im Berufungsverfahren auch n och zulässig (Senat, Urt. v. 19. März 2004, V ZR 104/03, NJW 2004, 2152, 2154 f., für BGHZ 158, 295 vorgesehen).

III.


Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
1. Die Kläger sind nach § 61 SachenRBerG berechtigt, das mit ihrem Eigenheim bebaute Grundstück zu den weiteren Bedingungen des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes anzukaufen.

a) Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, daß das Sachenrechtsbereinigungsgesetz auf das Verhältnis der Parteien anwendbar ist. Entgegen der Auffassung der Beklagten gilt dieses Gesetz nicht nur für die Bereinigung der Rechtsverhältnisse an ehemals volkseigenen Grundstücken. Es gilt nach seinem § 1 auch für private Grundstücke, bei denen eine Bereinigungslage gegeben ist. Eine Bereinigungslage kann nicht bei jeder baulichen Nutzung angenommen werden, die nicht sachgerecht dinglich abgesichert ist
(BVerfG VIZ 1999, 333). Entscheidend ist vielmehr, daß eine dingliche oder vergleichbare Absicherung nach dem Recht der DDR möglich gewesen wäre (Senat BGHZ 134, 50, 54; vgl. auch Urt. v. 14. November 2004, V ZR 72/03, VIZ 2004, 193, 194 zu § 116 SachenRBerG) und die faktische Nutzung des fremden Grundstücks nach der Verwaltungspraxis der DDR oder nach den DDR-typischen Gegebenheiten als rechtmäßig angesehen wurde (Senat, Urt. v. 9. Mai 2003, V ZR 388/02, VIZ 2003, 385, 386 für § 116 SachenRBerG) und rechtsbeständig war (BVerfG, NJ 2003, 533; für § 116 SachenRBerG: Senat, Urt. v. 14. November 2003, V ZR 28/03, VIZ 2004, 195; Urt. v. 22. Oktober 2004, V ZR 70/04, bisl. unveröff.). So liegt es hier. Die rechtliche Absicherung des Eigenheims der Kläger durch Erwerb des Grundstücks ist zwar nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zunächst daran gescheitert, daß die Kläger mit der Beklagten eine Schwarzgeldabrede getroffen haben. Das stellt aber die Anwendung des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes nicht von vorneherein in Frage. Hier ist nämlich die rechtlich mögliche und von den Parteien auch beabsichtigte Absicherung des Eigenheims der Kläger letztlich nicht an der Schwarzgeldabrede, sondern daran gescheitert, daß die zuständigen Stellen den Kaufvertrag nicht nach § 2 der Grundstücksverkehrsverordnung vom 15. Dezember 1977 (GBl. 1978 I S. 73 – GVVO) genehmigen wollten, obwohl gegen die Errichtung des Eigenheims keine durchgreifenden Einwände bestanden und den in der Ablehnung angeführten öffentlichen Interessen durch entsprechende Auflagen nach § 3 Abs. 3 Satz 1 GVVO ohne weiteres hätte Rechnung getragen werden können. Sie haben das Eigenheim auch ungeachtet der Versagung der Genehmigung des Kaufvertrags tatsächlich als rechtmäßig behandelt. Das begründet eine Bereinigungslage und führt zu einem Anspruch nach Maßgabe des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes.

b) Zuzustimmen ist dem Berufungsgericht auch in seiner Annahme, daß die Kläger das Eigenheim auf dem Grundstück der Beklagten mit der nach §§ 5 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1, 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SachenRBerG erforderlichen Billigung staatlicher Stellen errichtet haben. Die Kläger haben es zwar ohne Baugenehmigung errichtet. Die erforderliche Billigung staatlicher Stellen muß aber nicht vor oder im Zusammenhang mit der Vornahme der Errichtung des Gebäudes oder Bauwerks, sondern kann auch nachträglich erfolgt sein. Auf diesem gedanklichen Ausgangspunkt beruht jedenfalls § 10 Abs. 2 Satz 2 SachenRBerG , wonach eine Billigung staatlicher Stellen vermutet wird, wenn innerhalb von fünf Jahren nach Errichtung des Gebäudes eine Abrißverfügung nicht ergangen ist. Eine solche nachträgliche Billigung staatlicher Stellen liegt hier vor. Die Errichtung des Eigenheims erfolgte mit Zustimmung der Beklagten als betroffener Eigentümerin. Die Behörden sind gegen die Errichtung des Eigenheims nicht eingeschritten und haben später auch seinen Abriß nicht verlangt. Sie haben vielmehr am 16. März 1980 den erforderlichen Bauprüfbescheid und am 8. August 1980 die Bauzustimmung erteilt. Auch ein Anbau ist 1983 genehmigt worden. Die hieraus auch unter Berücksichtigung von § 10 Abs. 2 Satz 1 SachenRBerG folgende Billigung staatlicher Stellen wird weder durch die Versagung der für den Verkauf des Grundstücks an die Kläger erforderlichen Grundstücksverkehrsgenehmigung durch den Rat des Kreises am 8. Januar 1980 noch durch deren Bestätigung durch den Rat des Bezirks in Frage gestellt. Das Eigenheim ist nämlich nicht im zeitlichen Zusammenhang mit dem Abschluß des Kaufvertrages, sondern bereits vier Jahre vorher errichtet worden. Die Verweigerung der Grundstücksverkehrsgenehmigung beruhte auch nicht darauf, daß die staatlichen Stellen mit der Errichtung des Eigenheims nicht einverstanden waren oder gar dessen Abbruch erreichen wollten. Vielmehr sollten damit ausschließlich ein Bodennutzungsrecht der LPGen und
die Nutzung eines Grundstücksteils durch die örtliche Schule gesichert werden. Dem stand aber die Errichtung des Eigenheims nicht entgegen. Deshalb haben die Behörden nach Verweigerung der Grundstücksverkehrsgenehmigung auch weder den Abriß des Eigenheims verfügt noch sonst Anstoß an seiner Errichtung genommen, es vielmehr nachträglich noch förmlich genehmigt.
2. Den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts läßt sich aber nicht entnehmen, welches Grundstück die Kläger mit ihrem Eigenheim bebaut haben.

a) Nach dem Wortlaut des § 65 Abs. 1 SachenRBerG ist Kaufgegenstand „das bebaute Grundstück“ oder eine hiervon abzuschreibende Teilfläche. Unter einem Grundstück ist dabei wie auch sonst (RGZ 84, 265, 270; AnwaltKomm -BGB/Krause, § 890 Rdn. 4; Bamberger/Roth/ Kössinger, BGB, § 873 Rdn. 1; Erman/Lorenz, BGB, 11. Aufl., Vor § 873 BGB Rdn. 1, 2) ein vermessener im Liegenschaftskataster bezeichneter Teil der Erdoberfläche anzusehen , der im Grundbuch als ein Grundstück eingetragen ist. Mangels anderweitiger Bestimmungen ist dabei nach dem Wortlaut der Vorschrift der Grundbuchstand bei Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Oktober 1994 maßgeblich. Sinn und Zweck des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes gebieten allerdings eine über den Wortlaut hinausgehende Auslegung. Das Gesetz legt zwar mit Wirkung vom 1. Oktober 1994 Gegenstand und Bedingungen der Sachenrechtsbereinigung fest. Die zur Bereinigung bestimmten Fälle hat der Gesetzgeber aber schon mit dem Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetz vom 14. Juli 1992 (BGBl. I S. 1257) durch das Moratorium des Art. 233 § 2a EGBGB rechtlich abgesichert. Dieses Moratorium sollte verhindern, daß die Bereinigung der Nutzungsverhältnisse an Grund und Boden nach dem geplanten Sa-
chenrechtsbereinigungsgesetz durch vorherige Verfügung des Eigentümers unterlaufen würden (BT-Drucks. 12/2480 S. 77). Diesem Zweck dient das Gesetz noch heute, da das Besitzrecht erst mit dem Abschluß der konkreten Bereinigung im Einzelfall erlischt, Art. 233 § 2a Abs. 1 Satz 3 EGBGB. Das Recht wird durch eine Verfügung über das Eigentum nicht berührt, Art. 233 § 2a Abs. 2 Satz 1 EGBGB. Es entspricht deshalb der Zielsetzung des Gesetzes, nicht auf den Grundstücksbestand bei Inkrafttreten des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes , sondern auf den Grundstücksbestand bei Inkrafttreten des Moratoriums am 22. Juli 1992 (Art. 15 des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes ) abzustellen.

b) Vor diesem Zeitpunkt liegende Veränderungen des Grundstücksbestands außer Betracht zu lassen, gebietet der Zweck des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes dagegen nicht. Die Nichtberücksichtigung von Grundstücksveränderungen in dem Zeitraum vom 3. Oktober 1990 bis zum 21. Juli 1992 liegt ihm zwar nicht zuwider. Sie widerspräche aber der fehlenden Rückwirkung des Moratoriums. Die Nichtberücksichtigung von Grundstücksveränderungen in dem Zeitraum vor dem 3. Oktober 1990 entspräche demgegenüber nicht dem Zweck des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes. Das Gesetz strebt, wie sich aus dessen § 3 Abs. 2 Satz 2 ergibt, die Bereinigung von Rechtsverhältnissen an Grund und Boden an, denen bauliche Nutzungen zugrunde liegen und deren nach dem Recht der DDR mögliche dingliche oder vergleichbare Absicherung unterblieben ist. Ein Bereinigungsbedarf in diesem Sinne besteht aber nach § 8 SachenRBerG nur, soweit bis zum Ablauf des 2. Oktober 1990 keine Maßnahmen zur Bereinigung vorgenommen worden sind. Zu den möglichen Maßnahmen einer Bereinigung gehört auch die Teilung des zunächst bebauten Grundstücks in ein bebautes und ein unbebautes Grundstück. Die Einbezie-
hung unbebauter Grundstücke stünde deshalb mit dem Ziel des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes nicht in Einklang. Sie würde zudem dazu zwingen, unter Umständen aufwendige Ermittlungen dazu anzustellen, aus welchen Grundstücken sich das heute bebaute Grundstück seit der Errichtung des Bauwerks entwickelt hat. Dazu besteht kein Anlaß.

c) Deshalb bestehen im vorliegenden Fall Ansprüche nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz für das Flurstück 21/3 nur, wenn es bei Ablauf des 21. Juli 1992 kein rechtlich selbständiges Grundstück, sondern Teil eines einheitlichen bebauten Grundstücks war, das neben dem Flurstück 21/2 auch das Flurstück 21/3 mit umfaßte. Wann der Flurstückszuschnitt verändert worden ist, ist zwischen den Parteien streitig. Da das Berufungsgericht dieser Frage nicht nachgegangen ist, ist für das Revisionsverfahren davon auszugehen, daß das Flurstück 21/3 vor dem 3. Oktober 1990 ein rechtlich selbständiges Grundstück wurde und es bis heute blieb. Dann wäre das Flurstück 21/3 nicht das bebaute Grundstück oder ein Teil hiervon. Ansprüche nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz schieden insoweit aus. Das wird aufzuklären sein.
3. Auf welche Fläche des bebauten Grundstücks sich das Ankaufsrecht bezieht, kann im Rahmen von § 108 SachenRBerG nicht festgestellt werden (Senat, 6. April 2001, V ZR 438/99, VIZ 2001, 503, 505; Urt. v. 18. Mai 2001, V ZR 239/00, NJW 2001, 3053, 3054). Die Frage muß vielmehr nach erfolgter Feststellung nach § 108 SachenRBerG zunächst im notariellen Vermittlungsverfahren aufgeklärt werden. Nach dem Ergebnis dieser Aufklärung ist in dem Vermittlungsvorschlag die anzukaufende Fläche zu bestimmen. Einer Partei, die dem Vorschlag in diesem Punkt nicht zustimmen kann, steht das Klageverfahren nach §§ 104 bis 107 SachenRBerG offen. Im vorliegenden Fall einer
Bebauung ohne Flächenzuweisung nach § 25 SachenRBerG ist bei dieser Er-

2

mittlung zu berücksichtigen, daß ein über die Regelgröße von 500 m hinausgehendes Ankaufsrecht nur angenommen werden kann, wenn die Kläger eine wirtschaftliche Nutzbarkeit dieser Fläche ausschließen können. Dazu genügt es nicht, wenn ein Anspruch der Beklagten auf Verschaffung eines Zuwegs auf der den Klägern zu veräußernden Fläche zu verneinen sein sollte. Vielmehr müssen die Kläger auch darlegen und beweisen, daß sich die Beklagte den erforderlichen Zuweg auf einem anderen Grundstück nach Maßgabe von § 27 Abs. 3 SachenRBerG nicht verschaffen kann. Sollte das Flurstück 21/3 nicht Gegenstand von Ansprüchen sein, kommt auch eine Nutzung der Restfläche des Flurstücks 21/2 von diesem Flurstück aus in Betracht.
4. Über die Höhe des Ankaufspreises und die Möglichkeit einer Aufrechnung mit früher gezahlten Beträgen kann ebenfalls nicht im Verfahren nach § 108 SachenRBerG entschieden werden. Solche Fragen sind nach erfolgter Feststellung der Anspruchsberechtigung im notariellen Vermittlungsverfahren aufzuklären. An dem Ergebnis dieser Aufklärung ist die Preisregelung in dem notariellen Vermittlungsvorschlag auszurichten, der erforderlichenfalls auch insoweit mit einer Klage nach §§ 104 bis 107 SachenRBerG angegriffen werden kann. Dabei ist hier folgendes zu berücksichtigen:

a) Ein Preisabschlag nach § 68 Abs. 2 Satz 1 SachenRBerG wird vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen der Parteien nur unter den in der Vorschrift bestimmten Bedingungen für die Vertragsgestaltung und auch dann nur vorgesehen werden können, wenn der erste Kaufantrag vor dem 1. Oktober 1995 an die Beklagte gerichtet wurde.

b) Eine Berücksichtigung der auf den nicht wirksam gewordenen Kaufvertrag gezahlten 4.000 Mark/DDR ist vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen der Parteien nur im Wege einer Aufrechnung möglich. Diese ist hier aber nach § 390 Satz 2 BGB a. F. (entspricht § 215 BGB n. F.) ausgeschlossen , da der Anspruch der Kläger auf Rückzahlung eines gezahlten Kaufpreises aus §§ 69 Abs. 1, 356 ZGB nach § 474 Abs. 1 Nr. 3, § 475 Nr. 2 ZGB spätestens mit dem Ablauf des 28. Mai 1989 verjährt war. Eine entsprechende Anwendung von § 74 Abs. 3 SachenRBerG scheidet aus, weil die Anrechnung des ausgekehrten Kaufpreises bei Überlassungsverträgen im wesentlichen darauf beruht, daß der Kaufpreis vorher nach dem Inhalt des Überlassungsvertrags nicht herausverlangt werden konnte. Das war hier anders. Der Kaufpreis konnte zurückgefordert werden. Wenn er dabei nach § 69 Abs. 2 ZGB eingezogen worden wäre, wäre der Beklagten kein anrechenbarer Vorteil verblieben. 5. Im Verfahren nach § 108 SachenRBerG kann schließlich nicht darüber entschieden werden, ob dem verkaufspflichtigen Eigentümer ein Anspruch auf Verschaffung eines Wege- oder Leitungsrechts nach § 27 Abs. 2 SachenRBerG gegen den Nutzer zusteht. Auch diese Frage ist in dem an die Feststellung der Anspruchsberechtigung anschließenden notariellen Vermittlungsverfahren zu klären. Darin ist, je nach dem Ergebnis der Sachaufklärung, ein entsprechender Anspruch vorzusehen. Im vorliegenden Fall ist dabei zu berücksichtigen, daß ein Anspruch nach § 27 Abs. 2 SachenRBerG, wie sich aus Absatz 3 der Vorschrift ergibt, nur besteht, wenn die Schaffung eines Zuwegs auf der dem Ankaufsrecht angesichts der vorhandenen baulichen Nutzung unterliegenden Flächen möglich ist. Einen Anspruch auf Änderung der vorhandenen Bebauung begründet die Vorschrift dagegen nicht.
Wenzel Klein Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 231/08 Verkündet am:
19. Juni 2009
Lesniak
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Juni 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die
Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerinnen zu 1 bis 3 wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Meiningen vom 23. Oktober 2008 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerinnen zu 1 bis 3 entschieden worden ist. Insoweit wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerinnen zu 1 und 2 sind Miteigentümerinnen zu je ½ des im Grundstück von S. Blatt 1421 eingetragenen Grundstücks Flurstück 2494/3, S str. 52b, und des angrenzenden, im Grundbuch von O. Blatt 70931 eingetragenen Grundstücks Flurstück 1413/6. Die Klägerin zu 3 ist Eigentümerin des im Grundbuch von O. Blatt 70927 eingetragenen Grundstücks Flurstück 1413/18, D höhe 15.
2
Die Beklagten sind Eigentümer des im Grundbuch von S. Blatt 2232 eingetragenen Grundstücks Flurstück 2494/16. An der Nordseite ihres Grundstücks verläuft ein Weg. Die Klägerinnen behaupten, sie oder ihre Rechtsvorgänger hätten bei Ablauf des 2. Oktober 1990 den Weg auf dem Grundstück der Beklagten als Zugang und Zufahrt zu ihren Grundstücken ge- nutzt. Hierauf seien sie angewiesen; ein Mitbenutzungsrecht sei nicht vereinbart. Mit der Klage verlangen sie von den Beklagten die Bewilligung der Eintragung eines Geh- und Fahrtrechts zu Lasten deren Grundstücks für die jeweiligen Eigentümer ihrer Grundstücke in das Grundbuch.
3
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landgericht hat sie abgewiesen. Hiergegen richtet sich die von dem Landgericht zugelassene Revision , mit der die Klägerinnen zu 1 bis 3 die Wiederherstellung des Urteils des Amtsgerichts erstreben.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht verneint die geltend gemachten Ansprüche. Es meint, § 116 Abs. 1 SachenRBerG gewähre einen Anspruch auf Bestellung einer Dienstbarkeit nur, wenn die Nutzung des in Anspruch genommenen fremden Grundstücks nach der Verwaltungspraxis der DDR oder den DDRtypischen Gegebenheiten gesichert gewesen sei. Voraussetzung hierfür sei eine "gezielte Legitimierung" der Inanspruchnahme fremden Eigentums durch die Behörden der DDR. Die von diesen zur Bebauung der über den Weg auf dem Grundstück der Beklagten erschlossenen weiteren Grundstücke im Bereich der S straße/D höhe erteilten Genehmigungen reichten zur Feststellung dieser Voraussetzung nicht aus, weil in den Genehmigungen ausdrücklich oder erkennbar darauf hingewiesen worden sei, dass die Zuwegung über Privateigentum führe und damit von einer Einigung mit den Eigentümern des Wegegrundstücks abhänge.

II.

5
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
6
1. § 116 Abs. 1 SachenRBerG gewährt einen Anspruch auf Bestellung einer Grunddienstbarkeit an einem fremden Grundstück, sofern dieses vor Ablauf des 2. Oktober 1990 genutzt worden ist, diese Nutzung zur Erschließung oder Entsorgung des eigenen Grundstücks oder eines Bauwerks auf diesem erforderlich ist und ein Mitbenutzungsrecht nach §§ 321, 322 ZGB nicht begründet worden ist. Dies behaupten die Klägerinnen.
7
Einer "gezielten Legitimierung" der Mitbenutzung durch die Behörden der DDR als weiterer Anspruchsvoraussetzung bedarf es nicht. Der Senat hat dem Sinn der gesetzlichen Regelung von § 116 Abs. 1 SachenRBerG entnommen, dass eine unrechtmäßige Mitbenutzung, die zu Zeiten der DDR keinen zumindest faktischen Schutz genossen hat, nicht geeignet ist, einen Anspruch auf Bestellung einer Dienstbarkeit zu begründen (Senat, Urt. v. 9. Mai 2003, V ZR 388/02, VIZ 2003, 385, 386; Urt. v. 22. Oktober 2004, V ZR 70/04, ZOV 2005, 29, ferner Urt. v. 14. Januar 2005, V ZR 139/04, NJW-RR 2005, 666, 667). Das bedeutet jedoch nicht, dass die Mitbenutzung eines fremden Grundstücks nur dann als rechtmäßig angesehen wurde und faktischen Schutz genossen hätte, wenn sie von den Behörden der DDR ausdrücklich angeordnet oder gestattet worden ist. Das ist vielmehr auch dann der Fall, wenn die Einräumung eines Mitbenutzungsrechts nach dem Zivilgesetzbuch beansprucht werden konnte und die praktizierte Nutzung tatsächlich nicht bestritten wurde.
8
§ 116 Abs. 1 Nr. 3 SachenRBerG nimmt auf das Zivilgesetzbuch der DDR Bezug. Ein Anspruch auf Bestellung einer Dienstbarkeit besteht nicht, soweit die Inanspruchnahme eines fremden Grundstücks durch ein Mitbenutzungsrecht nach §§ 321, 322 ZGB bei Ablauf des 2. Oktober 1990 gesichert war. Grund hierfür ist, dass es in diesem Fall einer Sicherung der weiteren Mitbenutzung durch die Bestellung einer Dienstbarkeit nicht bedarf, weil die Mitbenutzungsrechte aus §§ 321, 322 ZGB durch Art. 233 § 5 Abs. 1 EGBGB über den 2. Oktober 1990 hinaus als Rechte an dem mitbenutzten Grundstück aufrechterhalten worden sind und als solche nach Maßgabe von Art. 233 § 5 Abs. 3, 4 EGBGB in das Grundbuch eingetragen werden können oder konnten (Senat, BGHZ 144, 25, 27).
9
Ein dauerndes Wege- und Überfahrtsrecht konnte nach dem Recht der DDR in das Grundbuch eingetragen und so verdinglicht werden, § 322 Abs. 1, 2 ZGB. Soweit ein solches Recht nicht in das Grundbuch eingetragen wurde und damit nur schuldrechtlich wirkte, bedurfte es zu seiner Begründung einer schriftlichen Vereinbarung zwischen den Nutzungsberechtigten der beteiligten Grundstücke und der Zustimmung des Eigentümers des in Anspruch genommenen Grundstücks, § 321 Abs. 1 ZGB.
10
Dies ist indessen häufig unterblieben; die dauernde Mitbenutzung ist nur mündlich vereinbart, gestattet oder praktiziert worden. Das findet seinen Grund darin, dass für den Abschluss einer schriftlichen Vereinbarung der Mitbenutzung kein nachhaltiger Anlass bestand, weil § 321 Abs. 2 ZGB einen Anspruch auf die Vereinbarung eines Rechts zur dauernden Mitbenutzung gegen den Nutzer des in Anspruch genommenen Grundstücks und dessen Eigentümer gewährte, "wenn das im Interesse der ordnungsgemäßen Nutzung benachbarter Grundstücke erforderlich" war. Damit bedurfte es nach dem Zivilgesetzbuch einerseits keiner Regelung des Mitbenutzungsrechts. Andererseits wurden Sachverhalte aufgewertet, in denen ein solches Recht nicht bestand und eine vertragliche Regelung der praktizierten Nutzung vor dem Inkrafttreten des ZGB unterblieben war oder nicht mehr galt. Solange der Eigentümer des in Anspruch genommenen Grundstücks der Mitbenutzung nicht entgegentrat, fehlte es für den Nutzer an einem Grund, seinen Anspruch auf Begründung eines Mitbenutzungsrechts geltend zu machen. Der Frage nach einer Duldungspflicht des Rechtsnachfolgers in das Eigentum an dem "dienenden" Grundstück kam ebenso wenig Bedeutung zu wie der Frage nach der Wirkung der praktizierten Nutzung für einen Rechtsnachfolger in das Eigentum an dem "herrschenden" Grundstück. Der Anspruch auf Vereinbarung eines Nutzungsrechts konnte von dem jeweiligen Nutzer des "herrschenden" Grundstücks gegen den jeweiligen Nutzer und den jeweiligen Eigentümer des in Anspruch genommenen Grundstücks erhoben und durchgesetzt werden.
11
Wurden von dem Nutzer oder dem Eigentümer des "dienenden" Grundstücks gegen dessen Inanspruchnahme durch die Nutzer des "herrschenden" Grundstücks keine Einwendungen erhoben, war die Mitbenutzung nach der Rechtswirklichkeit der DDR faktisch gesichert, sofern die Mitbenutzung im Interesse der "ordnungsgemäßen" Nutzung des "herrschenden" Grundstücks erforderlich war. Hierzu reicht es aus, dass die zur Errichtung eines Bauwerks auf diesem notwendige Genehmigung erteilt worden ist. Einer weitergehenden "gezielten Legitimierung" der Mitbenutzung bedurfte es nicht.
12
2. a) Die Flurstücke 2494/3 und 1413/18 sind vor dem Zweiten Weltkrieg mit Wohnhäusern bebaut worden. Die Bebauung beider Grundstücke ist genehmigt worden. Die Nutzung der Gebäude bzw. Grundstücke zu Wohnzwecken war mithin "ordnungsgemäß" im Sinne von § 321 Abs. 2 ZGB. Ist hierzu der Weg auf dem Grundstück der Beklagten in Anspruch genommen worden, sind hiergegen von den Beklagten oder ihren Rechtsvorgängern bis zum Ablauf des 2. Oktober 1990 keine Einwendungen erhoben worden, und war die Mitbenutzung ihres Grundstücks zu der genehmigten Nutzung der Grundstücke der Klägerinnen erforderlich, war die Nutzung des Grundstücks der Beklagten als Zugang zu den Grundstücken der Klägerinnen bis zum 3. Oktober 1990 faktisch gesichert.
13
Ob es sich so verhält, ob der Weg auf dem Grundstück der Beklagten die von den Klägerinnen behauptete Weite hat und ob die Klägerinnen die Beklagten für die Belastung ihres Grundstücks mit der verlangten Dienstbarkeit gemäß § 118 SachenRBerG zu entschädigen haben, hat das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - nicht festgestellt. Dies ist nachzuholen.
14
b) Entsprechend verhält es sich mit dem Flurstück 1413/6. Auf diesem Grundstück hat der damalige Nutzer des Grundstücks D höhe 6, K. H. , nach den Feststellungen des Berufungsgerichts 1974 eine Garage errichtet. Der Bau der Garage ist genehmigt worden. Ist die Garage mit Zustimmung der Grundstückseigentümer errichtet worden und wurde sie bei Ablauf des 2. Oktober 1990 noch genutzt, war dies im Sinne von § 321 Abs. 2 ZGB "ordnungsgemäß" und kann zu dem von den Klägerinnen zu 1 und 2 geltend gemachten Anspruch führen. Dass der Rat der Stadt S. im Rahmen des Genehmigungsverfahrens darauf hingewiesen hat, dass die Zufahrt über Privateigentum führt, und K. H. gebeten hat, die Zustimmung hierzu von den Eigentümern des bzw. der in Anspruch zu nehmenden Grundstücke einzuholen (GA II, 347), entsprach der Rechtslage. Der Hinweis schränkt weder die Genehmigung ein, noch führt er dazu, dass die von K. H. erstrebte Nutzung des Grundstücks bei Inkrafttreten des Zivilgesetzbuchs der DDR nicht "ordnungsgemäß" gewesen wäre.

III.

15
Das Berufungsurteil gibt im Übrigen Anlass, darauf hinzuweisen, dass - unabhängig vom Ausgang des Rechtsstreits - eine gesamtschuldnerische Belastung einer der Parteien mit den Kosten des Verfahrens nicht in Betracht kommt, § 100 Abs. 1, 4 ZPO. Krüger Klein Lemke Schmidt-Räntsch Roth
Vorinstanzen:
AG Sonneberg, Entscheidung vom 30.10.2007 - 4 C 1041/00 -
LG Meiningen, Entscheidung vom 23.10.2008 - 4 S 299/07 -

(1) Dieses Gesetz regelt Rechtsverhältnisse an Grundstücken in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (Beitrittsgebiet),

1.
a)
an denen Nutzungsrechte verliehen oder zugewiesen wurden,
b)
auf denen vom Eigentum am Grundstück getrenntes selbständiges Eigentum an Gebäuden oder an baulichen Anlagen entstanden ist,
c)
die mit Billigung staatlicher Stellen von einem anderen als dem Grundstückseigentümer für bauliche Zwecke in Anspruch genommen wurden oder
d)
auf denen nach einem nicht mehr erfüllten Kaufvertrag ein vom Eigentum am Grundstück getrenntes selbständiges Eigentum am Gebäude oder an einer baulichen Anlage entstehen sollte,
2.
die mit Erbbaurechten, deren Inhalt gemäß § 5 Abs. 2 des Einführungsgesetzes zum Zivilgesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik umgestaltet wurde, belastet sind,
3.
an denen nach § 459 des Zivilgesetzbuchs der Deutschen Demokratischen Republik kraft Gesetzes ein Miteigentumsanteil besteht oder
4.
auf denen andere natürliche oder juristische Personen als der Grundstückseigentümer bauliche Erschließungs-, Entsorgungs- oder Versorgungsanlagen, die nicht durch ein mit Zustimmung des Grundstückseigentümers begründetes Mitbenutzungsrecht gesichert sind, errichtet haben.

(2) Ist das Eigentum an einem Grundstück dem Nutzer nach Maßgabe besonderer Gesetze zugewiesen worden oder zu übertragen, finden die Bestimmungen dieses Gesetzes keine Anwendung.

(3) Die Übertragung des Eigentums an einem für den staatlichen oder genossenschaftlichen Wohnungsbau verwendeten Grundstück auf die Kommune erfolgt nach dem Einigungsvertrag und dem Vermögenszuordnungsgesetz und auf ein in § 9 Abs. 2 Nr. 2 genanntes Wohnungsunternehmen nach dem Wohnungsgenossenschafts-Vermögensgesetz, wenn das Eigentum am Grundstück

1.
durch Inanspruchnahmeentscheidung nach dem Aufbaugesetz vom 6. September 1950 (GBl. Nr. 104 S. 965) und die zu seinem Vollzug erlassenen Vorschriften oder
2.
durch bestandskräftigen Beschluß über den Entzug des Eigentumsrechts nach dem Baulandgesetz vom 15. Juni 1984 (GBl. I Nr. 17 S. 201) und die zu seinem Vollzug erlassenen Vorschriftenentzogen worden ist oder in sonstiger Weise Volkseigentum am Grundstück entstanden war. Grundbucheintragungen, die abweichende Eigentumsverhältnisse ausweisen, sind unbeachtlich.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 388/02 Verkündet am:
9. Mai 2003
W i l m s ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) § 116 Abs. 1 SachenRBerG setzt die Unterhaltung einer baulichen Anlage nicht
voraus. Geschützt wird derjenige, der ein Grundstück in einzelnen Beziehungen
nutzt, z.B. durch die Mitbenutzung eines, auch unbefestigten, Weges.

b) Voraussetzung des § 116 Abs. 1 SachenRBerG ist, daß die Mitbenutzung eines
Grundstücks nach der Verwaltungspraxis der DDR oder nach den DDR-typischen
Gegebenheiten als rechtmäßig angesehen wurde.

c) Eine erhebliche Beeinträchtigung i.S.d. § 117 Abs. 1 Nr. 1 SachenRBerG liegt nur
vor, wenn sie in der Mitbenutzung des Grundstücks selbst ihre Ursache hat, nicht
wenn sie sich aus dem Ausmaß der erwarteten konkreten Nutzung ergibt; solche
Beeinträchtigungen kann der Eigentümer des belasteten Grundstücks, weil von
der Grunddienstbarkeit nicht mehr gedeckt, nach § 1004 BGB abwenden.
BGH, Urt. v. 9. Mai 2003 - V ZR 388/02 - LG Gera
AG Gera
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Mai 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Lemke und Dr. Gaier

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Gera vom 23. Oktober 2002 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Kläger haben seit 1983 ein Haus in G. als Mieter bewohnt, das sie mit notariellem Vertrag vom 12. Dezember 1997 zu Eigentum erwarben. Die Beklagten erwarben das Nachbargrundstück im Jahre 2000. Seit Beginn der Mietzeit nutzen die Kläger einen auf dem Grundstück der Beklagten liegenden, mit Splitt und Schotter befestigten Weg als Zufahrt zu ihrem Grundstück.
Die Kläger verlangen von den Beklagten die Einräumung einer Grunddienstbarkeit mit dem Inhalt, ihnen das Begehen und Befahren des Wegs als Zuwegung und zur wirtschaftlichen Nutzung ihres Grundstücks zu gestatten. Amts- und Landgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihren Abweisungsantrag weiter. Die Kläger beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.


Das Berufungsgericht hält den geltend gemachten Anspruch nach § 116 Abs. 1 SachenRBerG für begründet. Bei dem Weg handele es sich um eine Anlage im Sinne dieser Vorschrift, die von den Klägern seit einem vor dem Stichtag des 2. Oktober 1990 liegenden Zeitpunkt mitgenutzt werde. Daß sie den Weg nicht selbst angelegt hätten, sei ohne Belang. Die Nutzung des Wegs sei für die Erschließung des Grundstücks der Kläger erforderlich. Der im Eigentum der Stadt G. stehende weitere Zugangsweg stelle keine zumutbare Alternative dar, da dieser Weg nicht befahren werden dürfe und wegen seines Zustands selbst für Fußgänger nur bedingt geeignet sei. Ein Verweigerungsrecht nach § 117 SachenRBerG stehe den Beklagten nicht zu. Soweit sie dazu unter Beweisantritt vorgetragen hätten, der Weg sei zum Befahren mit Fahrzeugen ungeeignet, sei dem nicht nachzugehen gewesen, da die Beklagten dem substantiierten Bestreiten der Kläger nachfolgend nicht mehr entgegengetreten seien.

II.


Dies hält den Angriffen der Revision im Ergebnis stand.
1. Entgegen der Auffassung der Revision kann der Anwendungsbereich des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes nicht mit der Begründung verneint werden, die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 4 SachenRBerG lägen nicht vor, da der von den Klägern mitbenutzte Weg auf dem Grundstück der Be-
klagten keine bauliche Erschließungs-, Entsorgungs- oder Versorgungsanlage darstelle. § 1 SachenRBerG enthält keine abschließende Regelung der Bereinigungstatbestände. Die Vorschriften geben vielmehr anhand von Regelbeispielen (BT-Drucks. 12/5992 S. 65) einen ersten Überblick über den Anwendungsbereich des Gesetzes, schließen aber hiervon nicht unmittelbar erfaßte Sachverhalte von den Regelungen der Sachenrechtsbereinigung nicht aus. Maßgeblich sind insoweit die konkreten Anspruchsnormen (vgl. MünchKomm -BGB/Wendtland, 3. Aufl., § 1 SachenRBerG Rdn. 1; Vossius, SachenRBerG, 2. Aufl., § 1 Rdn. 1 ff.).
2. Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen des § 116 Abs. 1 SachenRBerG im Ergebnis zu Recht bejaht.

a) Rechtsfehlerfrei geht das Berufungsgericht davon aus, daß die Kläger Nutzer im Sinne des § 116 Abs. 1 SachenRBerG sind und daß die Nutzung vor Ablauf des 2. Oktober 1990 begründet wurde.
aa) Nicht entscheidend hierbei ist, ob der von den Klägern genutzte Weg - wie das Berufungsgericht annimmt - eine bauliche Anlage darstellt (a.A. LG Chemnitz, VIZ 1998, 585 für nur mit Schotter und Splitt versehene Wege; LG Stendal, OLG-NL 2001, 203 für Wege, die nur aus verdichtetem Boden bestehen ). § 116 Abs. 1 SachenRBerG setzt die Unterhaltung einer baulichen Anlage nicht voraus. Geschützt wird derjenige, der ein Grundstück in einzelnen Beziehungen nutzt oder derjenige, der auf diesem Grundstück eine Anlage unterhält. Dabei stellt das Unterhalten einer Anlage einen Unterfall der Nutzung dar, der nicht ausdrücklich hätte geregelt werden müssen (vgl. Eickmann, SachenRBerG, Stand September 2002, § 116 Rdn. 2; a.A. MünchKomm-BGB/
Wendtland § 116 Rdn. 5, der von Identität beider Nutzungsarten ausgeht). Das Nutzen eines Grundstücks in einzelnen Beziehungen ist der Grundfall, der die Unterhaltung einer baulichen Anlage nicht notwendigerweise voraussetzt. Das folgt auch daraus, daß die Terminologie insoweit der Vorschrift des § 1018 BGB entlehnt ist (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 12/5992 S. 179). Dort ist die Benutzung eines Grundstücks in einzelnen Beziehungen gleichfalls nicht an das Vorhandensein einer baulichen Anlage gebunden (vgl. die Beispiele bei MünchKomm-BGB/Falckenberg, 3. Aufl. § 1018 Rdn. 29). Inhaltlich dasselbe ist gemeint, wenn § 321 ZGB von der Mitbenutzung spricht (vgl. BT-Drucks. 12/5992 aaO). Hieran knüpft § 116 Abs. 1 SachenRBerG ebenfalls an (Abs. 1 Nr. 3), indem die Vorschrift nämlich den Anspruch auf Bestellung einer Grunddienstbarkeit nur gewährt, wenn ein Mitbenutzungsrecht nach §§ 321, 322 ZGB nicht begründet wurde. Geht es aber bei § 116 Abs. 1 SachenRBerG u.a. um einen Ausgleich dafür, daß die Begründung eines Mitbenutzungsrechts - wie häufig - unterblieben ist (Senat, Urt. v. 25. Februar 2000, V ZR 203/99, WM 2000, 1163), so kann die Mitbenutzung (= Benutzung in einzelnen Beziehungen) in § 116 Abs. 1 SachenRBerG keine weitergehenden Voraussetzungen enthalten als in §§ 321, 322 ZGB, wo es auf eine bauliche Anlage ebenfalls nicht ankommt. Ausreichend ist nach allem die Mitbenutzung eines Weges (vgl. auch Autorenkollektiv, Kommentar zum ZGB, herausgegeben vom Ministerium der Justiz, 1985, § 321 Anm. 1.2.). In welcher Weise der Weg angelegt ist und ob er den Anforderungen genügt, die an eine bauliche Anlage, etwa im Sinne von § 29 BauGB (BVerwGE 44, 59, 62), zu stellen sind, ist ohne Belang.
bb) Nicht berechtigt ist der Einwand der Revision, der Anspruch scheite- re daran, daß es sich vorliegend um einen rein privaten Nachbarstreit handele, in den staatliche Stellen der DDR nicht involviert gewesen seien.
Richtig ist an diesem Einwand, daß nicht generell alle Störungen, die bei der Erschließung von Grundstücken auftreten können, nach § 116 SachenRBerG zu bereinigen sind. Die Intention des Gesetzgebers ging ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drucks. 12/5992 S. 179) dahin , nur eine solche Mitbenutzung eines Grundstücks zu schützen, die "mit Billigung staatlicher Stellen" erfolgte. Allerdings handelt es sich hierbei um einen Terminus, den das Gesetz an anderer Stelle explizit verwendet hat (§§ 5 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2; 6 Nr. 2; 7 Abs. 2 Nr. 6; 10 SachenRBerG) und der in § 116 SachenRBerG nicht erscheint. Auf ihn kann daher unmittelbar nicht zurückgegriffen werden. Doch ergibt sich aus dem Zweck des Gesetzes, daß eine unrechtmäßige Mitbenutzung, die auch zu Zeiten der DDR keinen zumindest faktischen Schutz genossen hätte, nicht schutzwürdig ist und daher von § 116 SachenRBerG nicht erfaßt wird. Denn das Gesetz will nur solche Sachverhalte bereinigen, bei denen eine Mitbenutzung eines fremden Grundstücks zwar der zivilrechtlichen Absicherung entbehrte, die aber nach der Verwaltungspraxis der DDR oder nach den DDR-typischen Gegebenheiten als rechtmäßig angesehen wurde (vgl. MünchKomm-BGB/Wendtland, § 116 SachenRBerG Rdn. 6; Eickmann, § 116 SachenRBerG Rdn. 3). Für andere Fälle, in denen schon zu DDR-Zeiten eine Schutzbedürftigkeit verneint worden wäre, bestand kein Regelungsbedarf.
Gemessen daran geht das Berufungsgericht zu Recht von einer schutzwürdigen Mitbenutzung des auf dem Grundstück der Beklagten verlaufenden
Wegs durch die Kläger aus. Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß der Weg seit den siebziger Jahren besteht und von den Bewohnern beider Grundstücke genutzt wurde. Nach dem Vortrag der Beklagten stand ihr Grundstück damals in Volkseigentum. Die langjährige Mitbenutzung ist ohne Duldung des eingesetzten Rechtsträgers nicht vorstellbar. Damit bestand ein damals als rechtmäßig angesehener Zustand, dessen dauerhafte zivilrechtliche Absicherung , wie vielfach in der DDR, unterblieb. Solche Fälle werden von § 116 erfaßt (vgl. Eickmann, § 116 SachenRBerG Rdn. 3).
cc) Die Nutzung wurde vor Ablauf des 2. Oktober 1990 begründet. Die Kläger nutzen den Weg seit 1983. Daß sie das Grundstück erst nach dem Beitritt erwarben, ist unerheblich. § 116 Abs. 1 SachenRBerG stellt nicht auf die Eigentumsverhältnisse, sondern auf die Nutzungsverhältnisse ab. Der Umstand , daß Grunddienstbarkeiten grundstücksbezogen sind, ändert daran entgegen der Auffassung der Revision nichts. Die Grunddienstbarkeit ist das Mittel der rechtlichen Absicherung der Mitnutzung. Sie kann nur für das herrschende Grundstück bestellt werden. Sie setzt aber nicht voraus, daß das faktische Nutzungsverhältnis zu einem Zeitpunkt begründet wurde, als der Nutzer Eigentümer des herrschenden Grundstücks war. Anderenfalls fielen viele derjenigen Nutzungsverhältnisse aus dem Anwendungsbereich der Norm heraus, die gerade bereinigt werden sollten, nämlich die Fälle, in denen Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften, die überwiegend nicht in ihrem Eigentum stehendes Land bewirtschaften, andere fremde Grundstücke im Sinne der Norm mitbenutzen (vgl. BT-Drucks. 12/5992 S. 179).

b) Nicht zu beanstanden ist, daß das Berufungsgericht die Erforderlichkeit der Mitbenutzung des Weges zur Erschließung des Grundstücks der Kläger bejaht hat.
Soweit die Revision meint, die Vorinstanzen hätten den Begriff der Erforderlichkeit verkannt, wenn sie ihn als "weit zu fassen" bezeichnet hätten, so ist ihr nicht zu folgen. Dies beruht nämlich auf einem Mißverständnis. Das Amtsgericht, dem das Berufungsgericht gefolgt ist, hat den Begriff der Erforderlichkeit in § 116 Abs. 1 Nr. 2 SachenRBerG abgegrenzt zu der von § 917 BGB geregelten Situation des Notwegerechts. Bezogen darauf hat es die Auffassung vertreten, daß die Anforderungen des § 917 BGB strenger, die Erforderlichkeit bei § 116 Abs. 1 Nr. 2 SachenRBerG folglich "weiter zu fassen" seien. Das ist frei von Rechtsfehlern. Das Notwegerecht ist strengen Anforderungen unterlegen (vgl. auch Senat, Urt. v. 25. Februar 2000, V ZR 203/99, WM 2000, 1163). Für § 116 Abs. 1 Nr. 2 SachenRBerG reicht es aus, daß die Erschließung des eigenen Grundstücks auf anderem Wege als dem der Mitbenutzung des betroffenen Grundstücks unverhältnismäßig kostspieliger, technisch aufwendiger oder anderweit belästigender wäre (vgl. Eickmann aaO Rdn. 5; MünchKomm-BGB/Wendtland aaO Rdn. 9). Daß hiernach die Mitbenutzung des Wegs auf dem Grundstück der Beklagten erforderlich ist, hat das Berufungsgericht , gestützt u.a. auf die von dem Amtsgericht durchgeführte Beweisaufnahme , in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender tatrichterlicher Würdigung festgestellt.
Soweit die Revision ferner die Erforderlichkeit der Mitbenutzung mit dem Argument in Zweifel zieht, der Zweck des Gesetzes sei im konkreten Fall nicht betroffen, weil es an einer zu schützenden Investition fehle, so verkennt sie die
Zielrichtung der Anspruchsnorm. Diese setzt - wie der Senat entschieden hat - gerade nicht eine Investition des Nutzers voraus, sondern nur ein berechtigtes Interesse an dem Fortbestand der Mitnutzungsbefugnis (Urt. v. 25. Februar 2000, V ZR 203/99 aaO).
Auch die Überlegungen der Revision zu dem der Vorschrift des § 918 Abs. 1 BGB zugrundeliegenden Rechtsgedanken, daß es an einer Schutzbedürftigkeit fehle, wenn der Anspruchsteller die Notlage selbst herbeigeführt habe , überzeugen nicht. Der Umstand, daß früher ein anderer Weg zur Verfügung stand, ist schon deswegen für die Frage der Erforderlichkeit der Mitbenutzung ohne Bedeutung, weil diese schon zu DDR-Zeiten die Zugangsmöglichkeit für das Grundstück der Kläger darstellte, die als der damaligen Rechtswirklichkeit gemäß angesehen wurde. Diesen Zustand auf eine dem heutigen Recht entsprechende gesicherte Grundlage zu stellen, ist Sinn des § 116 SachenRBerG.
3. Rechtsfehlerfrei verneint das Berufungsgericht die Voraussetzungen des § 117 Abs. 1 SachenRBerG, wonach der Eigentümer des belasteten Grundstücks die Bestellung einer Grunddienstbarkeit u.a. dann verweigern kann, wenn der Mitbenutzer der Inanspruchnahme des Grundstücks nicht bedarf oder wenn die weitere Mitbenutzung die Nutzung des belasteten Grundstücks erheblich beeinträchtigen würde.

a) Entgegen der Auffassung der Revision können die Kläger nicht auf Ansprüche gegen die Stadt G. auf Wiederherstellung des auf der Nordseite an dem Grundstück der Kläger vorbeiführenden Weges verwiesen werden. Die von der Revision hierzu angeführte Vorschrift des § 9 Abs. 1 Satz 1 des Thü-
ringer Straßengesetzes gewährt ihnen einen solchen Anspruch nicht. Die Norm regelt Inhalt und Umfang der dem Träger der Straßenbaulast obliegenden Aufgaben. Danach ist der Stadt G. , unabhängig davon, ob sich daraus ein individueller Anspruch der Kläger ergibt, verpflichtet, den Weg in einem den Verkehrsbedürfnissen genügenden Zustand zu unterhalten. Da es sich nach den Feststellungen des Amtsgerichts, die auch das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, bei dem städtischen Weg um einen durch die Parkanlage führenden Fußweg handelt, besteht auch nur eine Unterhaltungspflicht in dieser Funktion. Den Bedürfnissen der Kläger, die auf einen Fahrweg angewiesen sind, genügt er, auch in ordnungsgemäß unterhaltenem Zustand, nicht.

b) Eine erhebliche Beeinträchtigung des Grundstücks der Beklagten hat das Berufungsgericht im Ergebnis ebenfalls zu Recht verneint. Soweit die Revision in diesem Zusammenhang geltend macht, das Berufungsgericht habe den unter Beweis gestellten Vortrag der Beklagten übergangen, der mitbenutzte Weg sei zum Befahren mit Kraftfahrzeugen nicht geeignet und begründe eine Gefahr für die Substanz des Hauses, ist diese Rüge nicht begründet.
Wie der Revision allerdings zuzugeben ist, kann aus dem Umstand, daß eine Partei ihren Vortrag, nachdem die andere Partei entgegenstehende Ausführungen gemacht hat, nicht wiederholt, nicht geschlossen werden, daß sie ihren Vortrag fallen lassen wolle. Es bleibt dann bei einem streitigen Sachverhalt , der, wenn es darauf ankommt und Beweis dafür angetreten ist, durch eine Beweisaufnahme geklärt werden muß. Andererseits richtet sich das Maß dessen , was eine Partei zur Schlüssigkeit ihres Vortrags vorbringen muß, nach den Umständen, insbesondere auch danach, was die Gegenpartei zu demsel-
ben Punkt des Streitfalles vorgetragen hat (vgl. BGH, Urt. v. 13. März 1996, VIII ZR 36/95, NJW 1996, 1826, 1827; Urt. v. 15. Februar 1990, III ZR 87/88, BGHR ZPO § 138 Abs. 1 Darlegungslast 1). Diese Grundsätze erforderten im konkreten Fall keine Beweiserhebung.
Festgestellt ist, daß der Weg keinen fachgerechten Unterbau, wie er für einen Wirtschaftsweg oder eine Straße erforderlich ist, hat. Er ist lediglich mit Splitt und Schotter an der Oberfläche befestigt. Hierzu bedarf es folglich keiner sachverständigen Begutachtung. Bei Zugrundelegung von Maßstäben, die an die fachgerechte Herstellung eines Fahrweges gestellt werden, genügt der Weg nicht den Anforderungen. Darum geht es aber auch nicht. Die Kläger begehren die Sicherung der Mitbenutzung des Wegs in dem Maße, wie er auch bislang, seit 1983, von ihnen mitbenutzt worden ist. Daß dem Weg für diese Nutzung, mit ihren Unzulänglichkeiten, die durch auftretende Schlaglöcher und Spurrinnen gekennzeichnet sein mögen, die generelle Eignung fehlt, kann dem Vorbringen der Beklagten nicht entnommen werden. Dagegen spricht die nahezu 20 Jahre lange Übung, an der die Bewohner des jetzt den Beklagten gehörenden Hauses durch eigenes Benutzen ebenfalls teil hatten. Wenn die Beklagten die Eignung des Wegs auch in dieser Form in Zweifel ziehen und insbesondere daraus eine Beeinträchtigung ihrer Interessen herleiten wollen, so hätte es eines eingehenderen Vortrags bedurft, der sich mit den entgegenstehenden tatsächlichen Verhältnissen hätte auseinandersetzen müssen, zumal ihre Interessen auch durch § 1120 BGB geschützt werden.
Soweit die Beklagten aus der ungenügenden Befestigung des Weges den Schluß darauf gezogen haben, daß die Gebäudesubstanz ihres Anwesens bei einem Befahren mit Schwerlastfahrzeugen leiden könne, kommt es hierauf
aus rechtlichen Gründen nicht an. Eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne des § 117 Abs. 1 Nr. 1 SachenRBerG kann damit nicht begründet werden. Darunter fallen nur solche Beeinträchtigungen, die in der Mitbenutzung des Grundstücks selbst ihre Ursache haben, etwa in der Existenz des Weges überhaupt oder in dessen konkretem Verlauf, und den Eigentümer an einer sinnvollen Nutzung oder Bewirtschaftung seines Grundstücks hindern oder ihn darin einschränken (vgl. die Beispiele bei Eickmann, aaO, § 117 SachenRBerG , Rdn. 2). Nur Beeinträchtigungen dieser Art stehen einem Anspruch auf Einräumung einer Dienstbarkeit entgegen. Hier geht es aber um - behauptete - Beeinträchtigungen durch das Ausmaß der erwarteten konkreten Nutzung des Wegs. Sie braucht der belastete Grundstückseigentümer nämlich nicht zu dulden , da sie vom Inhalt der Dienstbarkeit nicht gedeckt oder jedenfalls ihrer Ausübung nach untersagt sind (vgl. Senat, BGHZ 95, 144, 147). Die Dienstbarkeit erlaubt nur die Benutzung des Wegs in einer Weise, die den Interessen des Eigentümers des belasteten Grundstücks Rechnung trägt. Das folgt aus § 1120 BGB. Verstöße gegen diese Schonungspflicht kann der Eigentümer nach § 1004 BGB abwenden (Soergel/Stürner, BGB, 13. Aufl., § 1020 Rdn. 3). Führt somit im konkreten Einzelfall das Befahren des Wegs mit einem Schwerlastfahrzeug zu einer Substanzgefährdung des Hauses der Beklagten, so können sie diese Nutzung verbieten und die Kläger auf eine Versorgung durch kleinere Lieferfahrzeuge verweisen oder auf eine vorherige fachgerechte Befestigung des Wegs, die eine Gefährdung ebenfalls ausschließt. Das aber ist eine Frage des Einzelfalls, nicht eine Frage der generellen durch Dienstbarkeit gesicherten Mitbenutzung.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Vizepräsident Dr. Wenzel ist wegen Tropf Krüger Urlaubsabwesenheit an der Unterschriftsleistung gehindert. Tropf Lemke Gaier

(1) Derjenige, der ein Grundstück in einzelnen Beziehungen nutzt oder auf diesem Grundstück eine Anlage unterhält (Mitbenutzer), kann von dem Eigentümer die Bestellung einer Grunddienstbarkeit oder einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit verlangen, wenn

1.
die Nutzung vor Ablauf des 2. Oktober 1990 begründet wurde,
2.
die Nutzung des Grundstücks für die Erschließung oder Entsorgung eines eigenen Grundstücks oder Bauwerks erforderlich ist und
3.
ein Mitbenutzungsrecht nach den §§ 321 und 322 des Zivilgesetzbuchs der Deutschen Demokratischen Republik nicht begründet wurde.

(2) Zugunsten derjenigen, die durch ein nach Ablauf des 31. Dezember 2000 abgeschlossenes Rechtsgeschäft gutgläubig Rechte an Grundstücken erwerben, ist § 111 entsprechend anzuwenden. Die Eintragung eines Vermerks über die Klageerhebung erfolgt entsprechend § 113 Abs. 3.

(1) Der Grundstückseigentümer kann die Bestellung einer Dienstbarkeit verweigern, wenn

1.
die weitere Mitbenutzung oder der weitere Fortbestand der Anlage die Nutzung des belasteten Grundstücks erheblich beeinträchtigen würde, der Mitbenutzer der Inanspruchnahme des Grundstücks nicht bedarf oder eine Verlegung der Ausübung möglich ist und keinen unverhältnismäßigen Aufwand verursachen würde oder
2.
die Nachteile für das zu belastende Grundstück die Vorteile für das herrschende Grundstück überwiegen und eine anderweitige Erschließung oder Entsorgung mit einem im Verhältnis zu den Nachteilen geringen Aufwand hergestellt werden kann.
Die Kosten einer Verlegung haben die Beteiligten zu teilen.

(2) Sind Erschließungs- oder Entsorgungsanlagen zu verlegen, so besteht ein Recht zur Mitbenutzung des Grundstücks im bisherigen Umfange für die Zeit, die für eine solche Verlegung erforderlich ist. Der Grundstückseigentümer hat dem Nutzer eine angemessene Frist einzuräumen. Können sich die Parteien über die Dauer, für die das Recht nach Satz 1 fortbesteht, nicht einigen, so kann die Frist durch gerichtliche Entscheidung bestimmt werden. Eine richterliche Fristbestimmung wirkt auch gegenüber den Rechtsnachfolgern der Parteien.

(1) Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Die Richtung des Notwegs und der Umfang des Benutzungsrechts werden erforderlichenfalls durch Urteil bestimmt.

(2) Die Nachbarn, über deren Grundstücke der Notweg führt, sind durch eine Geldrente zu entschädigen. Die Vorschriften des § 912 Abs. 2 Satz 2 und der §§ 913, 914, 916 finden entsprechende Anwendung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 70/04 Verkündet am:
22. Oktober 2004
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Für einen Bereinigungsanspruch nach § 116 Abs. 1 SachenRBerG ist entscheidend,
daß der Mitbenutzung zu Zeiten der DDR ein zumindest faktischer Schutz zukam,
weil sie nach der Verwaltungspraxis der DDR oder nach den DDR-typischen Gegebenheiten
als rechtmäßig angesehen wurde (Fortführung von Senat, Urt. v. 9. Mai
2003, V ZR 388/02, WM 2003, 1961; Urt. v. 14. November 2003, V ZR 28/03, WM
2004, 1348).
BGH, Urt. v. 22. Oktober 2004 - V ZR 70/04 - LG Potsdam
AG Potsdam
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. Oktober 2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier und die Richterin
Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Unter Zurückweisung der Revision im übrigen werden auf die Rechtsmittel der Kläger das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 11. März 2004 und das Urteil des Amtsgerichts Potsdam vom 10. Mai 2001 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben bzw. abgeändert, als über den Antrag auf Bewilligung einer Grunddienstbarkeit mit dem Inhalt eines Wege- und Leitungsrechts erkannt worden ist.
Der Beklagte wird verurteilt, die Eintragung einer Grunddienstbarkeit zu bewilligen, mit der den jeweiligen Eigentümern des Grundstücks Flur 5 Flurstück 45 der Gemarkung D. , eingetragen im Grundbuch von D. Blatt , das Recht eingeräumt wird, die in der Skizze zum Messungsprotokoll vom 29. April 1921 mit den Punkten 2, 3, 4, 5 und 2 umschriebene Teilfläche des Grundstücks Flur 5 Flurstück 43/1 der Gemarkung D. , eingetragen im Grundbuch von D. Blatt , als Zugang zu ihrem Grundstück, zur Verlegung von Leitungen für die Ver- und Entsorgung sowie zur Errichtung und zum Betrieb einer Regenwassersammelgrube zu nutzen.
Von den Kosten des Rechtsstreits im ersten Rechtszug tragen die Kläger 2/3 und der Beklagte 1/3, von den Kosten des Berufungsverfahrens die Kläger 9/13 und der Beklagte 4/13 sowie von den Kosten des Revisionsverfahrens die Kläger 1/5 und der Beklagte 4/5.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Grundstücke i n D. /Brandenburg. Die Kläger nutzen eine - 1921 vermessene - Teilfläche des Grundstücks des Beklagten als Zugang zu ihrem Grundstück und dem dort errichteten Wohnhaus; außerdem ragt in diesem Bereich eine von den Klägern genutzte Regenwassersammelgrube teilweise in das Grundstück des Beklagten hinein. Eine Mauer, welche die Teilfläche gegen sein übriges Grundstück abgrenzte , hat der Beklagte nach seinem Eigentumserwerb im Jahr 1996 teilweise abgetragen.
Die Kläger wurden auf Grund des notariellen Kaufvert rages vom 30. Januar 1985 Eigentümer ihres Grundstücks. Bereits die Voreigentümer und deren Rechtsvorgänger hatten die Teilfläche des Nachbargrundstücks in gleicher Weise genutzt.
Nach Abweisung weitergehender Klageanträge machen die Kläger gegen den Beklagten nur noch einen auf § 116 SachenRBerG gestützten An-
spruch auf Bewilligung einer Grunddienstbarkeit mit dem Inhalt eines Wegeund Leitungsrechts und der Errichtung einer Stützmauer geltend. Amts- und Landgericht haben den hierauf gerichteten und zunächst nur hilfsweise geltend gemachten Klageantrag abgewiesen. Mit ihrer - in dem Berufungsurteil zugelassenen - Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgen die Kläger diesen Antrag weiter.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht hält die Voraussetzungen eines Anspru chs nach § 116 SachenRBerG für nicht gegeben. Die Bewilligung einer Grunddienstbarkeit könne nur verlangt werden, wenn die Nutzung des fremden Grundstücks mit Billigung staatlicher Stellen erfolgt sei. Daran fehle es hier. Die Teilnahme der Bürgermeisterin an einer Grenzverhandlung im Jahr 1960 reiche zur Annahme einer Billigung nicht aus, weil die umstrittene Teilfläche anschließend mit dem jetzt dem Beklagten gehörenden Grundstück verschmolzen worden sei. Ebensowenig genüge die Genehmigung des Kaufvertrages durch den Rat des Bezirkes. Zwar sei durch diese Genehmigung auch die bestehende Erschließung des Grundstücks festgestellt worden. Da das Grundstück nach den Katasterunterlagen jedoch von der Straßenseite her erschlossen und der Zugang über das Nachbargrundstück nicht eindeutig zu entnehmen gewesen sei, könne im vorliegenden Fall keine staatliche Billigung angenommen werden.
Dies hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht in je der Hinsicht stand.

II.


1. Ohne Erfolg rügt die Revision allerdings, das Beruf ungsgericht hätte der Klage teilweise durch Anerkenntnisurteil stattgeben müssen. Zwar weist die Revision zu Recht darauf hin, daß der Beklagte während des Rechtsstreits erklärt hat, der Eintragung einer Grunddienstbarkeit mit dem Inhalt eines Leitungsrechts werde zugestimmt. Ein Anerkenntnis im prozessualen Sinne ist darin jedoch nicht zu sehen. Für ein solches ist eine Erklärung des Beklagten erforderlich, wonach er sich dem Klageanspruch als einem zu Recht bestehenden Anspruch unterwirft (BGHZ 10, 333, 335). Einem solchen Verständnis der Äußerung im vorliegenden Rechtsstreit steht der von dem B eklagten uneingeschränkt aufrechterhaltene Antrag auf Klageabweisung entgegen. So kann selbst eine vorbehaltlose Erfüllung der geltend gemachten Forderung durch den Beklagten nicht als Anerkenntnis angesehen werden, wenn der Beklagte weiterhin auf Abweisung der Klage besteht (BGH, Urt. v. 20. November 1980, VII ZR 49/80, NJW 1981, 686). Es bedarf deshalb keiner Entscheidung über die Frage, ob der Erlaß eines Teil-Anerkenntnisurteils trotz des für die Vorinstanzen maßgebenden § 307 ZPO a.F. (vgl. § 26 Nr. 5 EGZPO) ohne entsprechenden Antrag der Kläger zulässig gewesen wäre.
2. Zu Recht wendet sich die Revision gegen die Auffassung des Berufungsgerichts , den Klägern stehe ein Anspruch auf Bestellung einer Grunddienstbarkeit gemäß § 116 SachenRBerG schon dem Grunde nach nicht zu.
Allerdings kann der Inhalt dieser Grunddienstbarkeit nicht vollständig dem Antrag der Kläger entsprechen und die Nutzung des Nachbargrundstücks zur Errichtung einer Stützmauer nicht umfassen.

a) Nicht in jeder Hinsicht zutreffend ist bereits der re chtliche Ansatz des Berufungsgerichts, das den Bereinigungsanspruch nach § 116 SachenRBerG davon abhängig machen will, daß die Benutzung eines fremden Grundstücks im Sinne des § 10 SachenRBerG mit Billigung staatlicher Stellen aufgenommen worden ist (so auch OLG Dresden, NJ 2002, 655, 656). Richtig ist zwar, daß nicht generell alle Störungen, die bei der Erschließung von Grundstücken im Beitrittsgebiet auftreten, nach § 116 SachenRBerG zu bereinigen sind (Senat, Urt. v. 9. Mai 2003, V ZR 388/02, WM 2003, 1961, 1962). Der Senat hat deshalb Fälle, in denen schon zu DDR-Zeiten eine Schutzbedürftigkeit verneint worden wäre, ausgenommen und aus dem Zweck des Gesetzes hergeleitet, daß nur solche Sachverhalte bereinigt werden sollen, bei denen die Mitbenutzung eines fremden Grundstücks zwar der zivilrechtlichen Absicherung entbehrte , die aber nach der Verwaltungspraxis der DDR oder nach den DDRtypischen Gegebenheiten als rechtmäßig angesehen wurden (Senat, Urt. v. 9. Mai 2003, V ZR 388/02, aaO). Entscheidend ist daher nicht das im Einzelfall womöglich zu enge Verständnis des Berufungsgerichts, sondern der Umstand, daß der Mitbenutzung zu Zeiten der DDR ein zumindest faktischer Schutz zukam (Senat, Urt. v. 9. Mai 2003, V ZR 388/02, aaO; Urt. v. 14. November 2003, V ZR 28/03, WM 2004, 1348, 1349).

b) Ein solches de facto respektiertes und mithin rechtsbestä ndiges Nutzungsverhältnis liegt hier entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts vor.
Es erschließt sich aus dem vorliegenden Protokoll über die Grenzverhandlung vom 8. November 1960.
aa) Diese diente zur Vorbereitung einer Teilung des N achbargrundstücks , aus der das inzwischen dem Beklagten gehörende Grundstück hervorgegangen ist. Ausweislich des in dem Protokoll genannten Zwecks der Grenzverhandlung erfolgte die Teilung, um der damaligen Eigentümerin die Veräußerung einer Teilfläche zu ermöglichen. Nach dem weiteren Inhalt des Protokolls sollte das für den Verkauf bestimmte Trennstück nicht die im vorliegenden Rechtsstreit umstrittene Fläche umfassen, die im Jahr 1921 - im Protokoll wohl versehentlich mit 1922 bezeichnet - vermessen worden war und zum damaligen Zeitpunkt unverändert von den Eigentümern des nun den Klägern gehörenden Nachbargrundstücks genutzt wurde. Obwohl diese Fläche - entgegen der im Protokoll vom 29. April 1921 enthaltenen Ankündigung, die Auflassung werde "bald" vorgenommen - noch immer nicht an die Rechtsvorgänger der Kläger übereignet war, sollte sie von der Verfügung der Eigentümerin ausgenommen bleiben. Dies läßt wegen der vor aller Augen liegenden Nutzung der nun im Streit befindlichen Fläche den Schluß darauf zu, daß ungeachtet der Eigentumslage die Nutzung durch die Eigentümer des benachbarten Grundstücks nicht durch eine Veräußerung der betroffenen Fläche gestört werden sollte und mithin als rechtmäßig angesehen wurde. Hierbei wurde die Nutzung nicht nur von der - an der Grenzverhandlung beteiligten - Eigentümerin des belasteten Grundstücks respektiert (vgl. dazu Eickmann, Sachenrechtsbereinigung [Stand: April 2004], § 10 Rdn. 3; auch Senat, Urt. v. 9. Mai 2003, V ZR 388/02, aaO, zur Duldung durch den Rechtsträger bei Mitbenutzung eines volkseigenen Grundstücks), sondern auch von der Kaufinteressentin, die ebenfalls anwesend war und das Protokoll unterzeichnete. Dafür, daß die Nutzung
nach den DDR-typischen Gegebenheiten als rechtmäßig angesehen wurde, spricht zudem die Unterzeichnung des Protokolls durch die - an der Grenzverhandlung ebenfalls beteiligte - Bürgermeisterin der Gemeinde.
bb) Daß das umstrittene Areal - ausweislich der Mitteil ung des Katasterund Liegenschaftsamtes vom 7. August 1998 - in der Folgezeit gleichwohl in die Fläche des Trennstücks "eingeflossen" und damit letztlich in das Eigentum des Beklagten gelangt ist, vermag an dem Umstand einer schon zu DDRZeiten schutzwürdigen Mitbenutzung nichts zu ändern. Die geschilderten Vorgänge im Zusammenhang mit der Grenzverhandlung vom 8. November 1960 sind Indizien für das Vorliegen eines de facto respektierten Nutzungsverhältnisses. Die spätere Veräußerung der Fläche als Bestandteil des Trennstücks läßt den Fortbestand dieses - zuvor nur deutlicher zu Tage getretenen - faktischen Schutzes unberührt; denn die schutzwürdige Mitbenutzung muß sich zwangsläufig auf ein fremdes Grundstück beziehen.

c) Entgegen der Auffassung des Beklagten sind auch die we iteren gesetzlich geregelten Voraussetzungen des § 116 SachenRBerG erfüllt. Für die lange Zeit vor Ablauf des 2. Oktober 1990 (§ 116 Abs. 1 Nr. 1 SachenRBerG) begründete Mitbenutzung des Grundstücks des Beklagten ist unstreitig kein Mitbenutzungsrecht nach §§ 321, 322 ZGB-DDR eingeräumt worden (§ 116 Abs. 1 Nr. 3 SachenRBerG; vgl. dazu Eickmann, aaO, § 116 SachenRBerG Rdn. 6 f.; MünchKomm-BGB/Smid, 4. Aufl., § 116 SachenRBerG Rdn. 11 f.). Zudem ist die Mitbenutzung des Grundstücks des Beklagten im Sinne des § 116 Abs. 1 Nr. 2 SachenRBerG erforderlich. Hierfür sind nicht die strengen Maßstäbe des Notwegerechts (§ 917 BGB) maßgebend, es reicht vielmehr aus, daß die Erschließung des Grundstücks der Kläger auf anderem Wege als dem
der Mitbenutzung des betroffenen Grundstücks unverhältnismäßig kostspieliger , technisch aufwendiger oder anderweit belästigender wäre (Senat, Urt. v. 9. Mai 2003, V ZR 388/02, aaO, 1663). Diese Anforderungen sind im vorliegenden Fall für einzelne, nicht aber für alle der geltend gemachten Nutzungen zu bejahen, weshalb die Kläger auch nicht in vollem Umfang mit ihrem noch verfolgten Antrag durchdringen können.
aa) Das gilt zunächst für die Nutzung als Zugang zu dem G rundstück der Kläger. Derzeit kann das Haus der Kläger nur durch den auf der Rückseite des Gebäudes gelegenen Eingang erreicht werden. Nach dort kann nur gelangen , wer den Fußweg über die umstrittene Teilfläche des Nachbargrundstücks nutzt. Die Kläger müssen diesen Weg außerdem gehen, um von der Straße aus zu dem rückwärtigen Teil ihres Grundstücks zu gelangen. Zwar könnte durch Umbauten am Haus der Kläger ein anderer Zugang geschaffen werden, jedoch ist auch ohne Kenntnis der Einzelheiten offensichtlich, daß dies mit erheblichen Kosten verbunden wäre. Einer weiteren Aufklärung des hierfür erforderlichen Aufwandes bedarf es nicht, weil die Kläger im Fall einer Verlegung des Hauseingangs und ohne Inanspruchnahme fremden Eigentums den rückwärtig gelegenen Garten ihres Anwesens nur erreichen können, wenn sie ihr Wohnhaus durchqueren. Als Alternative müssen sich die Kläger auch nicht auf einen Abriß des - vor ihrem Eigentumserwerb noch zu DDR-Zeiten errichteten (vgl. dazu Senat, Urt. v. 9. Mai 2003, V ZR 388/02, aaO) - Verandaanbaus verweisen lassen, der mit einer Ecke an die Grundstücksgrenze stößt und damit den Zugang über das eigene Grundstück versperrt. Dies wäre für die Kläger nicht nur mit noch größeren finanziellen Lasten verbunden, sondern hätte zwangsläufig auch den Verlust von Wohnfläche zur Folge. All dies läßt eine
veränderte Erschließung im Vergleich zum gegenwärtigen Zustand insgesamt unverhältnismäßig belästigender erscheinen.
bb) Gegen die Erforderlichkeit der Mitbenutzung zur Ve rlegung von Verund Entsorgungsleitungen und zur Unterhaltung einer Regenwassersammelgrube hat der Beklagte keine Einwendungen erhoben.
cc) Für die Errichtung einer Stützmauer hat demgegenüb er bereits das Berufungsgericht die Erforderlichkeit verneint. Dies ist jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden. Selbst wenn zugunsten der Kläger von der Notwendigkeit einer Stützmauer ausgegangen wird, ist nicht zu ersehen und von den Klägern auch nicht vorgetragen, daß es erforderlich ist, für die Errichtung einer solchen Stützmauer die umstrittene Teilfläche des Nachbargrundstücks in Anspruch zu nehmen.
3. Im Umfang der Anfechtung kann das Urteil des Berufu ngsgerichts mithin nur insofern Bestand haben, als der Antrag der Kläger auf Bestellung einer Grunddienstbarkeit für die Errichtung einer Stützmauer abgewiesen worden ist. Soweit das Berufungsurteil aufzuheben ist, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden, weil der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif ist und weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt zur Verurteilung des Beklagten, eine Grunddienstbarkeit zugunsten der jeweiligen Eigentümer des Nachbargrundstücks zu bestellen. Hierbei war entsprechend dem Antrag der Kläger und gemäß dem Umfang der de facto respektierten Nutzung die Ausübungsstelle zu bezeichnen (vgl. Senat, Beschl. v. 6. März 1981, V ZB 2/81, NJW 1981, 1781).
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1 Z PO.
Wenzel Krüger Klein Gaier Stresemann

(1) Dieses Gesetz regelt Rechtsverhältnisse an Grundstücken in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (Beitrittsgebiet),

1.
a)
an denen Nutzungsrechte verliehen oder zugewiesen wurden,
b)
auf denen vom Eigentum am Grundstück getrenntes selbständiges Eigentum an Gebäuden oder an baulichen Anlagen entstanden ist,
c)
die mit Billigung staatlicher Stellen von einem anderen als dem Grundstückseigentümer für bauliche Zwecke in Anspruch genommen wurden oder
d)
auf denen nach einem nicht mehr erfüllten Kaufvertrag ein vom Eigentum am Grundstück getrenntes selbständiges Eigentum am Gebäude oder an einer baulichen Anlage entstehen sollte,
2.
die mit Erbbaurechten, deren Inhalt gemäß § 5 Abs. 2 des Einführungsgesetzes zum Zivilgesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik umgestaltet wurde, belastet sind,
3.
an denen nach § 459 des Zivilgesetzbuchs der Deutschen Demokratischen Republik kraft Gesetzes ein Miteigentumsanteil besteht oder
4.
auf denen andere natürliche oder juristische Personen als der Grundstückseigentümer bauliche Erschließungs-, Entsorgungs- oder Versorgungsanlagen, die nicht durch ein mit Zustimmung des Grundstückseigentümers begründetes Mitbenutzungsrecht gesichert sind, errichtet haben.

(2) Ist das Eigentum an einem Grundstück dem Nutzer nach Maßgabe besonderer Gesetze zugewiesen worden oder zu übertragen, finden die Bestimmungen dieses Gesetzes keine Anwendung.

(3) Die Übertragung des Eigentums an einem für den staatlichen oder genossenschaftlichen Wohnungsbau verwendeten Grundstück auf die Kommune erfolgt nach dem Einigungsvertrag und dem Vermögenszuordnungsgesetz und auf ein in § 9 Abs. 2 Nr. 2 genanntes Wohnungsunternehmen nach dem Wohnungsgenossenschafts-Vermögensgesetz, wenn das Eigentum am Grundstück

1.
durch Inanspruchnahmeentscheidung nach dem Aufbaugesetz vom 6. September 1950 (GBl. Nr. 104 S. 965) und die zu seinem Vollzug erlassenen Vorschriften oder
2.
durch bestandskräftigen Beschluß über den Entzug des Eigentumsrechts nach dem Baulandgesetz vom 15. Juni 1984 (GBl. I Nr. 17 S. 201) und die zu seinem Vollzug erlassenen Vorschriftenentzogen worden ist oder in sonstiger Weise Volkseigentum am Grundstück entstanden war. Grundbucheintragungen, die abweichende Eigentumsverhältnisse ausweisen, sind unbeachtlich.

21
Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen, die es erlaubten, den genaueren Inhalt der Grund- dienstbarkeit hinsichtlich der Breite des Weges und des Umfangs der zu gestattenden Benutzung festzulegen. Maßgeblich sind insoweit die Verhältnisse, unter denen sich die Mitnutzung des fremden Grundstücks vor Ablauf des 2. Oktober 1990 - soweit zumindest faktisch geschützt (s. o.) - gestaltete. Ein Anspruch auf Bewilligung einer Grunddienstbarkeit besteht nur in diesem Umfang. Das gilt sowohl für die Breite des Zugangswegs als auch für die Art der Nutzung, also für die Frage, ob nur ein Geh- oder auch ein Fahrtrecht eingeräumt werden muss. Änderungen, die zu einer Bedarfssteigerung geführt haben, können nach den von dem Senat für Dienstbarkeiten allgemein entwickelten Grundsätzen nur insoweit berücksichtigt werden, als sich die Bedarfssteigerung in den Grenzen einer der Art nach gleich bleibenden Benutzung hält und nicht auf eine zur Zeit der Dienstbarkeitsbestellung nicht vorhersehbare oder auf eine willkürliche Benutzungsänderung zurückzuführen ist (BGHZ 44, 171, 172 f.; 145, 16, 21; Urt. v. 30. September 1994, V ZR 1/94, NJW-RR 1995, 15, 16; Urt. v. 2. Oktober 1998, V ZR 301/97, NJW-RR 1999, 166, 167; Urt. v. 8. Februar 2002, V ZR 252/00, NJW 2002, 1797, 1798). Für eine nach § 116 SachenRBerG zu bewilligende Grunddienstbarkeit bedeutet das, dass in diesem Rahmen etwaige Änderungen seit dem 3. Oktober 1990 Berücksichtigung finden können.

(1) Der Eigentümer des belasteten Grundstücks kann die Zustimmung zur Bestellung einer Dienstbarkeit von der Zahlung eines einmaligen oder eines in wiederkehrenden Leistungen zu zahlenden Entgelts (Rente) abhängig machen. Es kann ein Entgelt gefordert werden

1.
bis zur Hälfte der Höhe, wie sie für die Begründung solcher Belastungen üblich ist, wenn die Inanspruchnahme des Grundstücks auf den von landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften bewirtschafteten Flächen bis zum Ablauf des 30. Juni 1990, in allen anderen Fällen bis zum Ablauf des 2. Oktober 1990 begründet wurde und das Mitbenutzungsrecht in der bisherigen Weise ausgeübt wird, oder
2.
in Höhe des üblichen Entgelts, wenn die Nutzung des herrschenden Grundstücks und die Mitbenutzung des belasteten Grundstücks nach den in Nummer 1 genannten Zeitpunkten geändert wurde.

(2) Das in Absatz 1 bestimmte Entgelt steht dem Eigentümer nicht zu, wenn

1.
nach dem 2. Oktober 1990 ein Mitbenutzungsrecht bestand und dieses nicht erloschen ist oder
2.
der Eigentümer sich mit der Mitbenutzung einverstanden erklärt hat.

(1) Derjenige, der ein Grundstück in einzelnen Beziehungen nutzt oder auf diesem Grundstück eine Anlage unterhält (Mitbenutzer), kann von dem Eigentümer die Bestellung einer Grunddienstbarkeit oder einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit verlangen, wenn

1.
die Nutzung vor Ablauf des 2. Oktober 1990 begründet wurde,
2.
die Nutzung des Grundstücks für die Erschließung oder Entsorgung eines eigenen Grundstücks oder Bauwerks erforderlich ist und
3.
ein Mitbenutzungsrecht nach den §§ 321 und 322 des Zivilgesetzbuchs der Deutschen Demokratischen Republik nicht begründet wurde.

(2) Zugunsten derjenigen, die durch ein nach Ablauf des 31. Dezember 2000 abgeschlossenes Rechtsgeschäft gutgläubig Rechte an Grundstücken erwerben, ist § 111 entsprechend anzuwenden. Die Eintragung eines Vermerks über die Klageerhebung erfolgt entsprechend § 113 Abs. 3.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 72/03 Verkündet am:
14. November 2003
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Ihre Bereinigungsfähigkeit nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz verliert
eine nach § 1 SachenRBerG bereinigungsfähige Erschließungsanlage nicht
dadurch, daß sie von dem Grundstückseigentümer in seinem Interesse verlegt
wird (Fortführung von BGHZ 144, 25).

b) Der Begriff der Nutzung in § 116 Abs. 1 Nr. 1 SachenRBerG ist grundstücksbezogen
in dem Sinne zu verstehen, daß das zu belastende Grundstück am
2. Oktober 1990 in dem bei Geltendmachung des Anspruchs abzusichernden
Umfang dem herrschenden Grundstück gedient haben muß. Eine solche Nutzung
kommt auch dem Rechtsnachfolger des Nutzers zugute.

c) Ein Mitbenutzungsrecht nach §§ 321, 322 ZGB kann auch konkludent vereinbart
sein, wenn der Eigentümer zweier Grundstücke das faktisch herrschende davon
verkauft, dafür aber eine Anlage auf dem ihm verbleibenden Grundstück unentbehrlich
ist. Das ist aber bei ehemals volkseigenen Grundstücken jedenfalls dann
nicht anzunehmen, wenn das dienende Grundstück von einem Rechtsträger von
Volkseigentum genutzt wurde (Abgrenzung zum Senatsurt. v. 12. Mai 1999, V ZR
183/98, VIZ 1999, 489).
BGH, Urteil vom 14. November 2003 - V ZR 72/03 - OLG Rostock
LG Rostock
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. November 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Dr. Lemke, Dr. Gaier und Dr. SchmidtRäntsch

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 20. Februar 2003 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Dem Vater des Klägers wurde 1963 ein Nutzungsrecht an einem damals noch ungeteilten volkseigenen Grundstück verliehen, das außer dem heute dem Kläger gehörenden Grundstück auch das heute der Beklagten gehörende Grundstück umfaßte. Die durch Verleihung des Nutzungsrechts zur Nutzung zugewiesene Fläche bestand aus dem größten Teil des Grundstücks des Klägers und dem Grundstücksstreifen mit der Flurbezeichnung 47/2, der quer über das Grundstück der Beklagten verlief und die Nutzungsfläche mit der E. verband. 1973 errichtete der damalige VEB Gebäudewirtschaft auf dem vor der Nutzungsfläche gelegenen Grundstücksteil einen Wohnblock, dem die Zufahrt zu der Nutzungsfläche weichen mußte. Als Ausgleich wurden die Nutzungsflä-
che durch Zuweisung des Teilstücks eines benachbarten Flurstücks vergrößert und hinter dem Wohnblock eine neue Zufahrt angelegt. Noch vor dem 2. Oktober 1990 erwarb der Vater des Klägers das Grundstück, auf dem sich sein Nutzungsrecht befand, das hierbei mit dem Grundstück vereinigt wurde. 1991 übertrug er das Grundstück seinem Sohn, dem Kläger.
Der Kläger verlangt von der Beklagten die Einräumung einer Grunddienstbarkeit zur Sicherung der heutigen Zufahrt. Die Beklagte lehnt das ab, weil diese Zufahrt von dem früheren VEB Gebäudewirtschaft angelegt worden und das Sachenrechtsbereinigungsgesetz nicht anwendbar sei.
Das Landgericht und das Oberlandesgericht haben der Klage stattgegeben. Mit ihrer von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Klagabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe


I.


Nach Auffassung des Oberlandesgerichts steht dem Kläger nach § 116 SachenRBerG ein Anspruch auf Begründung einer Grunddienstbarkeit zur Sicherung der Zufahrt zu seinem Grundstück über das Grundstück der Beklagten zu. Ein solcher Absicherungsanspruch habe nicht nur der sog. Stichtagsnutzer, sondern auch dessen Rechtsnachfolger. Der Anspruch scheitere auch nicht daran, daß die Zufahrt nicht vom Vater des Klägers, sondern von dem VEB Gebäudewirtschaft angelegt worden ist. Für die Begründung von Dienstbar-
keiten zur Sicherung von Erschließungseinrichtungen komme es auf die Vornahme von Investitionen nicht an; außerdem sei der heutige Weg ein Ersatz für die frühere Zufahrt zum Grundstück.

II.


Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Der Kläger kann nach § 116 SachenRBerG von der Beklagten die Einräumung der beantragten Grunddienstbarkeit verlangen.
1. Das Sachenrechtsbereinigungsgesetz ist auf den vorliegenden Fall anwendbar. Ihre gegenteilige Auffassung kann die Beklagte weder auf das Urteil des Senats vom 10. Januar 2003 (V ZR 206/02, VIZ 2003, 343) noch auf § 1 Abs. 1 Nr. 4 SachenRBerG stützen.

a) In dem dem Urteil des Senats vom 10. Januar 2003 zugrunde liegenden Fall ging es um die Frage, ob ein volkseigener Betrieb auf Grund einer Erschließungsmaßnahme auf einem volkseigenen Grundstück in der Rechtsträgerschaft eines anderen volkseigenen Betriebes gegen diesen Ansprüche nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz geltend machen kann. Diese Frage hat der Senat verneint, weil die dinglichen Rechte an ehemals volkseigenen Grundstücken im Verhältnis von zuordnungsberechtigten Stellen untereinander durch die Vorschriften des Zuordnungsrechts abschließend geregelt und das Sachenrechtsbereinigungsgesetz nach seinem § 1 Abs. 2 nicht anwendbar ist. Darum geht es hier nicht. Der VEB Gebäudewirtschaft hat die Zufahrt auf einem volkseigenen Grundstück angelegt, dessen Rechtsträger er auf Grund der
Bebauung selbst wurde. Ansprüche des Klägers in Ansehung der Zufahrt sind nicht Gegenstand des Zuordnungsrechts.

b) Auch § 1 Abs. 1 Nr. 4 SachenRBerG steht dem Anspruch des Klägers nicht entgegen. Das läßt sich aber entgegen der Auffassung des Klägers weder mit dem Senatsurteil vom 25. Februar 2000 (BGHZ 144, 25, 28) noch mit dem Senatsurteil vom 9. Mai 2003 (V ZR 388/02, BGH-Report 2003, 850, 851) begründen. In seinem Urteil vom 25. Februar 2000 hat der Senat zwar entschieden , daß ein Anspruch des Nutzers auf Begründung einer Dienstbarkeit nicht deshalb ausscheidet, weil die fragliche Erschließungsanlage nicht von dem Nutzer selbst, sondern von einem Dritten errichtet worden ist. Dieser Fall liegt hier aber gerade nicht vor, weil die Zufahrt auf dem Grundstück der Beklagten weder von dem Kläger oder seinem Vater noch von einem Dritten, sondern von dem VEB Gebäudewirtschaft als Rechtsträger des betroffenen volkseigenen Grundstücks errichtet worden ist. Ein Anspruch des Nutzers auf Begründung einer Dienstbarkeit scheitert nach dem Senatsurteil vom 9. Mai 2003 auch nicht daran, daß der Nutzer für die Anlage keine oder nur geringfügige Investitionen vorgenommen hat. Das ändert aber nichts daran, daß auch ein Schotterweg oder eine andere weniger aufwendige Erschließungsanlage von einem anderen als dem Grundstückseigentümer errichtet worden sein muß. Hier geht es um die Frage, ob das der Anwendung des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes insgesamt und damit auch einem Anspruch des Klägers auf Begründung der Grunddienstbarkeiten entgegensteht.
Diese Frage ist jedenfalls im vorliegenden Fall zu verneinen. Der VEB Gebäudewirtschaft hat die Zufahrt zwar als Rechtsträger des damals volkseigenen Grundstücks angelegt. Hierbei handelt es sich aber nicht um die in § 1
Abs. 1 Nr. 4 SachenRBerG angesprochene Ersterrichtung einer Zufahrt, sondern um die Verlegung einer schon vorhandenen Zufahrt. Diese Zufahrt war eine nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz bereinigungsfähige Erschließungsanlage. Ob sie im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 4 SachenRBerG vom Vater des Klägers oder einem Dritten errichtet worden ist, ist zwar nicht festgestellt. Diese Erschließungsanlage war aber unabhängig hiervon nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a SachenRBerG bereinigungsfähig, weil sie dem Vater des Klägers als Teil seines Nutzungsrechts zugewiesen worden war. Ihre Bereinigungsfähigkeit verliert eine Erschließungsanlage, worauf das Berufungsgericht mit Recht hingewiesen hat, nicht dadurch, daß sie von dem Grundstückseigentümer in seinem Interesse verlegt wird. Es wäre weder mit dem Zweck der Vorschrift noch mit den Geboten von Treu und Glauben zu vereinbaren, wenn der Grundstückseigentümer die Begründung einer Dienstbarkeit dadurch abwenden könnte, daß er seinen auch nach Begründung der Dienstbarkeit bestehenden Verlegungsanspruch (§§ 1023, 1090 Abs. 2 BGB) vor ihrer Begründung wahrnimmt.
2. Der Begründung einer Grunddienstbarkeit zugunsten des Klägers steht auch das Nachzeichnungsprinzip des § 3 Abs. 2 Satz 2 SachenRBerG nicht entgegen. Danach soll die Sachenrechtsbereinigung nur zur Begründung dinglicher Rechtspositionen führen, die nach dem Recht der DDR hätten geschaffen werden können, deren Schaffung aber planwidrig unterblieben ist. Diese Voraussetzung ist hier gegeben. Die Absicherung einer Zufahrt zum Grundstück des Klägers wäre nach dem Recht der DDR möglich gewesen und bei sachgerechtem Vorgehen auch vorgenommen worden. Das Nutzungsrecht, das dem Vater des Klägers zugewiesen war, erstreckte sich vor der Errichtung des Wohnblocks durch den VEB Gebäudewirtschaft auf eine bestimmte Zu-
fahrtsfläche. Ebenso hätte nach der Verlegung der Zufahrt das Nutzungsrecht auf die neue Zufahrtfläche erstreckt werden können. Dies ist planwidrig unterblieben. Die Beklagte wird jedenfalls durch die von dem Kläger beanspruchte Dienstbarkeit nicht stärker belastet als bei plangemäßem Vorgehen, sondern im Gegenteil geringer.
2. Die in § 116 SachenRBerG bestimmten Voraussetzungen für die Begründung einer Grunddienstbarkeit zur Sicherung der Zufahrt zum Grundstück des Klägers liegen vor.

a) Der Kläger ist anspruchsberechtigt. Er nutzt den auf dem Grundstück der Beklagten befindlichen Weg als Zufahrt zu seinem Grundstück und für die Ver- und Entsorgungsleitungen seitdem er Eigentümer ist. In diesem Umfang diente das Grundstück der Beklagten dem Grundstück des Klägers und dem darin aufgegangenen Gebäudeeigentum seines Vaters schon seit der Anlegung der Zufahrt im Jahre 1973. Darauf, daß der Kläger selbst am 2. Oktober 1990 weder Nutzer des Gebäudes noch Nutzer des Grundstücks war, kommt es nicht an. Der Begriff der Nutzung, die nach § 116 Abs. 1 Nr. 1 SachenRBerG vor dem Ablauf des 2. Oktober 1990 begründet worden sein muß, wird allerdings teilweise personenbezogen in dem Sinne ausgelegt, daß die Nutzung durch den gegenwärtigen Nutzer gemeint ist (LG Stendal, OLG-NL 2001, 203, 205). Ein solches Textverständnis liegt schon nach dem Wortlaut nicht nahe. Die Vorschrift begründet in erster Linie einen Anspruch auf Bestellung einer Grunddienstbarkeit. Deren Zweck ist aber die Begünstigung des herrschenden Grundstücks und nicht die Begünstigung seines aktuellen Eigentümers. Der Begriff der Nutzung in § 116 Abs. 1 Nr. 1 SachenRBerG ist deshalb grundstücksbezogen in dem Sinne zu verstehen, daß das zu belastende
Grundstück am 2. Oktober 1990 in dem bei Geltendmachung des Anspruchs abzusichernden Umfang dem herrschenden Grundstück gedient haben muß. Diese Auslegung wird von Sinn und Zweck der Vorschrift bestätigt. Diese kann zwar auch, wie im vorliegenden Fall, isoliert zur Anwendung kommen. In der Mehrzahl der Fälle wird und soll § 116 SachenRBerG aber eine Zusammenführung von Grundstück und Gebäudeeigentum nach Kapitel 2 des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes unterstützen. Denn eine Bereinigung der Rechtsverhältnisse in Ansehung des vom Nutzer errichteten Bauwerks setzt jedenfalls wirtschaftlich auch eine Sicherung seiner Erschließung voraus, die in nicht wenigen Fällen auch gerade erst durch die Bereinigung und die hierbei vorzunehmenden Grundstücksteilungen von den Bauwerken rechtlich getrennt wird. Ansprüche nach Kapitel 2 des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes kann indessen nicht nur der sog. Stichtagsnutzer, sondern auch sein Rechtsnachfolger geltend machen; solche Ansprüche können nach § 14 Abs. 2 und 3 SachenRBerG auch veräußert werden. § 116 SachenRBerG würde in solchen Fällen leer laufen. Das entspricht nicht dem Ziel der Sachenrechtsbereinigung.

b) Die Nutzung des Wegs auf dem Grundstück der Beklagten ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auch zur Erschließung des Grundstücks des Klägers erforderlich.

c) Dem Kläger steht schließlich kein Mitbenutzungsrecht an dem Grundstück der Beklagten zu. Ein solches Mitbenutzungsrecht kann zwar, worauf die Revision im Ansatz mit Recht hinweist, auch konkludent vereinbart werden (Senatsurt. v. 12. Mai 1999, V ZR 183/98, VIZ 1999, 489; Senatsurt. v. 7. November 2003, V ZR 65/03, Umdruck S. 6, zur Veröffentlichung vorgesehen ). Dies ist gewöhnlich dann der Fall, wenn der Eigentümer zweier
Grundstücke das faktisch herrschende davon verkauft, dafür eine Anlage auf dem ihm verbleibenden Grundstück unentbehrlich ist. Hier stand das faktische dienende Grundstück aber in Volkseigentum. Aus der Unantastbarkeit des Volkseigentums und dem Verbot, es zu belasten (§ 20 ZGB), wurde seinerzeit abgeleitet, daß eine Belastung mit Mitbenutzungsrechten nicht in Betracht kam (Ministerium der Justiz der DDR [Hrsg.], Kommentar zum Zivilgesetzbuch (1985) § 322 Rdn. 1, S. 376). Außerdem wurde die Straße hier auch zur Erschließung der Wohnblocks benötigt, die heute der Beklagten gehören. Schließlich war für den Vater des Klägers auch eine andere Lösung gefunden worden. Diese Umstände stehen hier der Annahme einer stillschweigenden Begründung eines Mitbenutzungsrechts entgegen. Im übrigen käme es der Beklagten nicht zugute, wenn seinerzeit ein Mitbenutzungsrecht begründet worden wäre. Denn sie wäre auch in diesem Fall verpflichtet, der Eintragung des ausgeurteilten Wegerechts zugunsten des Klägers zuzustimmen. Ein Mitbenutzungsrecht hätte den gleichen Inhalt und wäre von dem Kläger auch rechtzeitig vor Ablauf der Klagefrist nach § 8 GBBerG i.V.m. § 13 SachenR-DV mit der vorliegenden Klage geltend gemacht worden.

d) Die Einrede nach § 118 SachenRBerG hat die Beklagte nicht erhoben. Sie wäre auch nicht begründet, weil der VEB Gebäudewirtschaft der Verlegung der Zufahrt nicht nur zugestimmt, sondern diese selbst veranlaßt hat.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Tropf Lemke Gaier Schmidt-Räntsch

(1) Derjenige, der ein Grundstück in einzelnen Beziehungen nutzt oder auf diesem Grundstück eine Anlage unterhält (Mitbenutzer), kann von dem Eigentümer die Bestellung einer Grunddienstbarkeit oder einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit verlangen, wenn

1.
die Nutzung vor Ablauf des 2. Oktober 1990 begründet wurde,
2.
die Nutzung des Grundstücks für die Erschließung oder Entsorgung eines eigenen Grundstücks oder Bauwerks erforderlich ist und
3.
ein Mitbenutzungsrecht nach den §§ 321 und 322 des Zivilgesetzbuchs der Deutschen Demokratischen Republik nicht begründet wurde.

(2) Zugunsten derjenigen, die durch ein nach Ablauf des 31. Dezember 2000 abgeschlossenes Rechtsgeschäft gutgläubig Rechte an Grundstücken erwerben, ist § 111 entsprechend anzuwenden. Die Eintragung eines Vermerks über die Klageerhebung erfolgt entsprechend § 113 Abs. 3.

(1) Ein nicht im Grundbuch eingetragenes Mitbenutzungsrecht der in Artikel 233 § 5 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche bezeichneten Art oder ein sonstiges nicht im Grundbuch eingetragenes beschränktes dingliches Recht mit Ausnahme der in Artikel 233 § 4 Abs. 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Nutzungsrechte, das zur Erhaltung der Wirksamkeit gegenüber dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs nicht der Eintragung bedarf, erlischt mit dem Ablauf des 31. Dezember 1995, wenn nicht der Eigentümer des Grundstücks vorher das Bestehen dieses Rechts in der Form des § 29 der Grundbuchordnung anerkennt und die entsprechende Grundbuchberichtigung bewilligt oder der jeweilige Berechtigte von dem Eigentümer vorher die Abgabe dieser Erklärungen in einer zur Unterbrechung der Verjährung nach § 209 des Bürgerlichen Gesetzbuchs geeigneten Weise verlangt hat. Die Frist des Satzes 1 kann durch Rechtsverordnung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz mit Zustimmung des Bundesrates einmal verlängert werden.

(2) Wird in dem Anerkenntnis oder der Eintragungsbewilligung gemäß Absatz 1 ein Zeitpunkt für die Entstehung dieses Rechts nicht angegeben, so gilt dieses als am Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes entstanden.

(3) Diese Vorschrift gilt nicht für beschränkte dingliche Rechte, die die Errichtung und den Betrieb von Energieanlagen (§ 9) oder Anlagen nach § 40 Abs. 1 Buchstabe c des Wassergesetzes vom 2. Juli 1982 (GBl. I Nr. 26 S. 467) zum Gegenstand haben. Sie gilt im übrigen nur in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet. Sie kann im übrigen Bundesgebiet durch Rechtsverordnung der Landesregierung auch für einzelne Arten von Rechten, sofern es sich nicht um Rechte für Anlagen der in § 9 bezeichneten Art handelt, in Kraft gesetzt werden.

(4) Wird eine Klage nach Absatz 1 rechtshängig, so ersucht das Gericht auf Antrag des Klägers das Grundbuchamt um Eintragung eines Rechtshängigkeitsvermerks zugunsten des Klägers. Der Vermerk hat die Wirkungen eines Widerspruchs. Er wird mit rechtskräftiger Abweisung der Klage gegenstandslos.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 28/03 Verkündet am:
14. November 2003
Wilms
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Ausschlußregelung des § 8 Abs. 1 Satz 1 GBBerG gilt nicht für den Anspruch
aus § 116 Abs. 1 SachenRBerG auf Einräumung einer Grunddienstbarkeit oder
einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit.
BGH, Urteil v. 14. November 2003 - V ZR 28/03 - LG Gera
AG Altenburg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. November 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Gaier und Dr. SchmidtRäntsch

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Gera vom 14. Januar 2003 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin ist Eigentümerin eines landwirtschaftlichen Grundstücks in H. , auf dem sie eine Schweinezuchtanlage unterhält. Der Beklagte zu 3 ist Eigentümer eines in der Nachbarschaft gelegenen Grundstücks, auf dem er eine Gaststätte mit Pension betreibt. Die Beklagten zu 1 und 2 haben seit dem 30. Januar 1998 an diesem Grundstück ein Nießbrauchsrecht.
An der Gaststätte vorbei verläuft auf dem Grundstück des Beklagten zu 3 ein etwa 100 m langer, befestigter Weg, den die Klägerin als Zufahrt zur Schweinezuchtanlage nutzt und den ihre Rechtsvorgängerin auch schon vor dem 2. Oktober 1990 genutzt hat.
Die Klägerin verlangt die Einräumung einer Grunddienstbarkeit mit dem Inhalt eines Fahr- und Wegerechts, und zwar mit Rang vor dem für die Beklagten zu 1 und 2 eingetragenen Nießbrauch. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat ihr stattgegeben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision erstreben die Beklagten die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils und meinen hilfsweise, der Klage habe nur Zug "!$# % & um Zug gegen Zahlung von 30.000 beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht billigt der Klägerin einen Anspruch auf Einräumung einer Grunddienstbarkeit in Form eines Fahr- und Wegerechts nach § 116 Abs. 1 SachenRBerG zu. Es meint, die Inanspruchnahme des Wegs auf dem Grundstück des Beklagten zu 3 sei für die Erschließung des Grundstücks der Klägerin erforderlich und bedeute für den Gaststätten- und Pensionsbetrieb des Beklagten zu 3 keine erhebliche Beeinträchtigung. Der Anspruch sei auch nicht dadurch ausgeschlossen, daß ihn die Klägerin erst nach dem 31. Dezember 2000 gerichtlich geltend gemacht habe. Denn die Ausschlußregelung des § 8 Abs. 1 Satz 1 GBBerG, zeitlich modifiziert durch § 13 SachenR-DV, Art. 233 § 5 Abs. 2 EGBGB, gelte nicht für den Anspruch aus § 116 Abs. 1 SachenRBerG. Dies folge nicht schon daraus, daß § 8 Abs. 1 Satz 1 GBBerG dem Wortlaut nach nur auf bereits entstandene Rechte anwendbar sei, während § 116 Abs. 1 SachenRBerG erst einen Anspruch auf
Einräumung begründe. Es ergebe sich aber daraus, daß der Gesetzgeber für Ansprüche aus § 116 Abs. 1 SachenRBerG in Absatz 2 der Norm in Verbindung mit § 111 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 SachenRBerG einen bewußt von § 8 Abs. 1 Satz 1 GBBerG abweichenden Erlöschenstatbestand geschaffen habe, was einen Rückgriff auf diese Norm ausschließe.

II.


Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.
1. Das Berufungsgericht bejaht zutreffend die Voraussetzungen des § 116 Abs. 1 SachenRBerG. Die Rüge der Revision, es habe bei der Bewertung der Nachteile für die Beklagten deren Rechten nicht das richtige Gewicht beigemessen, ist nicht begründet. Sie zeigt schon nicht auf, welchen Vortrag der Beklagten das Berufungsgericht bei der Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse übergangen haben sollte. Die Abwägung selbst ist Sache des Tatrichters und läßt Rechtsfehler nicht erkennen. Insbesondere ist es nicht zu beanstanden , wenn das Berufungsgericht die Beeinträchtigung durch die Wegebenutzung auch deshalb als geringfügig angesehen hat, weil der Beklagte zu 3 selbst den betreffenden Grundstücksstreifen als Weg nutzt, indem er ihn nämlich einem benachbarten Landwirt, der von ihm Land gepachtet hat, als Zufahrt zu dessen Hof zur Verfügung stellt.
2. Der Anspruch ist nicht nach § 8 Abs. 1 Satz 1 GBBerG i.V.m. § 13 SachenR-DV, Art. 233 § 5 Abs. 2 EGBGB erloschen. § 8 GBBerG ist auf die Geltendmachung von Ansprüchen nach § 116 SachenRBerG nicht anwendbar.


a) Das ergibt sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts un- mittelbar aus der Norm selbst. Sie regelt im Anschluß an die wieder uneingeschränkte Geltung des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs für die in Art. 233 § 5 Abs. 1 EGBGB genannten bestehenden beschränkten dinglichen Rechte deren Erlöschen bei nicht rechtzeitiger Geltendmachung. Davon unterscheidet sich die Geltendmachung eines Anspruchs aus § 116 Abs. 1 SachenRBerG grundlegend. Dem insoweit Berechtigten steht kein beschränktes dingliches Recht zu, er hat lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf Einräumung eines solchen Rechts. Das Grundbuch ist daher auch nicht unrichtig und muß nicht in Ansehung der Publizitätswirkung mit der tatsächlichen Rechtslage in Übereinstimmung gebracht werden. Daran ändert nichts die - an sich zutreffende - Überlegung des Berufungsgerichts, daß durch das Sachenrechtsbereinigungsgesetz das bestehende und durch den Einigungsvertrag anerkannte Rechtsverhältnis zwischen Grundstückseigentümer und Nutzer nicht geschaffen, sondern nur modifiziert werde. Zwischen Eigentümer und Nutzer bestand allerdings in den von § 116 SachenRBerG geregelten Fällen zu DDR-Zeiten ein Verhältnis, das zumindest de facto respektiert wurde und in diesem Umfang, teilweise auch unter Berufung auf höherrangige Interessen (MünchKomm-BGB/Wendtland, 3. Aufl., § 116 SachenRBerG, Rdn. 1), rechtsbeständig war. Es fehlte aber an jeglicher dinglichen Absicherung. Daher sind diese Nutzungsverhältnisse gerade nicht, anders als die nach §§ 321 ff. ZGB begründeten, als dingliche Rechte aufrechterhalten worden (Art. 233 § 5 EGBGB). Ihnen ist in der Sachenrechtsbereinigung nur durch die Zubilligung eines schuldrechtlichen Anspruchs auf dingliche Absicherung Rechnung getragen worden. Die Annahme der Revision, dieser Anspruch sei "als dingliches,
nicht eintragungsbedürftiges Recht am dienenden Grundstück anerkannt", trifft nicht zu.

b) Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich auch nicht aus den Regelungen des § 116 Abs. 2 i.V.m. § 113 SachenRBerG eine "Verdinglichung" des Anspruchs, die ihn dem Anwendungsbereich des § 8 GBBerG zuordnen ließe.
Allerdings ist der Revision Recht zu geben, wenn sie sich gegen das Argument des Berufungsgerichts wendet, der Gesetzgeber habe in §§ 116 Abs. 2, 111, 113 Abs. 3 SachenRBerG eine von § 8 GBBerG abweichende Erlöschensregelung getroffen, die ein Zurückgreifen auf § 8 GBBerG verbiete. Denn bei § 8 GBBerG geht es um einen generellen Erlöschenstatbestand, während §§ 116 Abs. 2, 111 SachenRBerG lediglich den "lastenfreien" Erwerb durch Dritte regelt. Beide Regelungen schließen sich nicht aus und wären grundsätzlich auch nebeneinander denkbar.
Gleichwohl läßt sich aus den Regelungen des "lastenfreien" Dritterwerbs nichts für die Revision Günstiges ableiten. Daß § 116 Abs. 2 SachenRBerG die Möglichkeit eröffnet, daß ein Grundstückserwerber einem Anspruchsberechtigten entgegenhalten kann, von diesem Anspruch keine Kenntnis gehabt zu haben, dient allein dem Schutz des Dritten und erlaubt keine Rückschlüsse auf eine einem dinglichen Recht angenäherte Position des Nutzers. Sein schuldrechtlicher Anspruch ist gegen den Eigentümer des mitgenutzten Grundstücks gerichtet. Im Falle einer Veräußerung ist der neue Eigentümer Schuldner, und zwar unabhängig davon, ob er von den Nutzungsgegebenheiten Kenntnis hatte. Um hier - nach Ablauf einer Übergangszeit - Schutz zu gewähren, ist die
Möglichkeit einer Art "lastenfreien" Erwerbs geschaffen worden. Gerade weil dem Nutzer keine dingliche Rechtsposition zusteht, die im Grundbuch hätte verlautbart und auf die § 892 BGB hätte angewendet werden können, mußte das dazu erforderliche Instrumentarium erst geschaffen werden, dadurch nämlich , daß die für Ansprüche auf Sachenrechtsbereinigung geschaffenen Regelungen eines gutgläubig lastenfreien Erwerbs für anwendbar erklärt wurden (§ 111 SachenRBerG), und dadurch, daß ein Vermerk über die Erhebung einer Klage nach § 116 Abs. 1 SachenRBerG in das Grundbuch eingetragen werden kann (§§ 116 Abs. 2 Satz 2, 113 Abs. 3 SachenRBerG), der einen lastenfreien Erwerb hindert. Diese Normen lehnen sich zwar an die Regelung des § 892 BGB an, nach denen ein Grundstück kraft guten Glaubens frei von dinglichen Belastungen erworben werden kann, und übertragen die darin liegenden Wertungen zum Schutze eines Dritterwerbers auf die Rechtsposition des nach § 116 Abs. 1 SachenRBerG Berechtigten. Sie erheben diese Position aber nicht zum dinglichen Recht und unterstellen sie nicht den Vorschriften des § 8 GBBerG.
3. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht der Klägerin nicht mehr zuerkannt, als ihr nach § 116 Abs. 1 SachenRBerG zusteht. Die Norm gewährt dem Berechtigten den hier geltend gemachten Anspruch auf Eintragung einer Grunddienstbarkeit. Diesen Anspruch hat das Berufungsgericht der Klägerin zuerkannt. Die Einzelheiten der Nutzung mußten nicht festgelegt werden. Sie ergeben sich - wie stets - aus einer an den für jedermann ohne weiteres erkennbaren Umständen ausgerichteten Auslegung der Grundbucheintragung (Senat, BGHZ 92, 351, 355 m.w.N.), die den Bedürfnissen des Berechtigten Rechnung trägt, der andererseits nach § 1020 BGB zur schonenden Ausübung verpflichtet ist (vgl. auch Senat, Urt. v. 9. Mai 2003,
V ZR 388/02, Umdruck S. 11 f.). Unschädlich ist auch, daß das Berufungsge- richt das Wegerecht nicht räumlich beschränkt hat. Entscheidend ist in solchen Fällen die tatsächliche Ausübung, die sich vorliegend auf den vorhandenen Weg beschränkt und die auch nach den Grundsätzen des § 1020 BGB nicht ohne weiteres auf andere Grundstücksflächen verlegt werden könnte (vgl. KG NJW 1973, 1128, 1129).
4. Soweit die Revision meint, das Berufungsgericht habe das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien nach § 106 SachenRBerG gestalten müssen, verkennt sie, daß die Norm nach ihrem klaren Wortlaut nur für die Klagen nach § 104 SachenRBerG gilt (von Falkenhayn, RVI, § 106 SachenRBerG, Rdn. 1; Eickmann, SachenRBerG, Stand: 2003, § 106, Rdn. 1). Im übrigen besteht kein unabwendbares Bedürfnis nach einer Gestaltung, wenn sich Inhalt und Umfang der Grunddienstbarkeit - wie hier - nach allgemeinen Grundsätzen bestimmen lassen.
5. Schließlich war das Berufungsgericht entgegen der Auffassung der Revision auch nicht gehalten, der Klage nur Zug um Zug gegen Zahlung eines ' (') * ,+- ./!$ 10 ' 2 '# 34!5 6702 8 :9 Entgelts von 30.000 nspruch aus § 118 SachenRBerG, der zu einer Zug-um-Zug-Verurteilung geführt hätte, nicht geltend gemacht. Der Schriftsatz, auf den die Revision in diesem Zusammenhang verweist, war nicht Gegenstand der mündlichen Verhandlung und enthält im übrigen auch nicht die Geltendmachung eines Entgeltanspruchs , sondern Ausführungen zum Streitwert.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Tropf Krüger
Gaier Schmidt-Räntsch

(1) Der Grundstückseigentümer kann die Bestellung einer Dienstbarkeit verweigern, wenn

1.
die weitere Mitbenutzung oder der weitere Fortbestand der Anlage die Nutzung des belasteten Grundstücks erheblich beeinträchtigen würde, der Mitbenutzer der Inanspruchnahme des Grundstücks nicht bedarf oder eine Verlegung der Ausübung möglich ist und keinen unverhältnismäßigen Aufwand verursachen würde oder
2.
die Nachteile für das zu belastende Grundstück die Vorteile für das herrschende Grundstück überwiegen und eine anderweitige Erschließung oder Entsorgung mit einem im Verhältnis zu den Nachteilen geringen Aufwand hergestellt werden kann.
Die Kosten einer Verlegung haben die Beteiligten zu teilen.

(2) Sind Erschließungs- oder Entsorgungsanlagen zu verlegen, so besteht ein Recht zur Mitbenutzung des Grundstücks im bisherigen Umfange für die Zeit, die für eine solche Verlegung erforderlich ist. Der Grundstückseigentümer hat dem Nutzer eine angemessene Frist einzuräumen. Können sich die Parteien über die Dauer, für die das Recht nach Satz 1 fortbesteht, nicht einigen, so kann die Frist durch gerichtliche Entscheidung bestimmt werden. Eine richterliche Fristbestimmung wirkt auch gegenüber den Rechtsnachfolgern der Parteien.

Bei der Ausübung einer Grunddienstbarkeit hat der Berechtigte das Interesse des Eigentümers des belasteten Grundstücks tunlichst zu schonen. Hält er zur Ausübung der Dienstbarkeit auf dem belasteten Grundstück eine Anlage, so hat er sie in ordnungsmäßigem Zustand zu erhalten, soweit das Interesse des Eigentümers es erfordert.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 388/02 Verkündet am:
9. Mai 2003
W i l m s ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) § 116 Abs. 1 SachenRBerG setzt die Unterhaltung einer baulichen Anlage nicht
voraus. Geschützt wird derjenige, der ein Grundstück in einzelnen Beziehungen
nutzt, z.B. durch die Mitbenutzung eines, auch unbefestigten, Weges.

b) Voraussetzung des § 116 Abs. 1 SachenRBerG ist, daß die Mitbenutzung eines
Grundstücks nach der Verwaltungspraxis der DDR oder nach den DDR-typischen
Gegebenheiten als rechtmäßig angesehen wurde.

c) Eine erhebliche Beeinträchtigung i.S.d. § 117 Abs. 1 Nr. 1 SachenRBerG liegt nur
vor, wenn sie in der Mitbenutzung des Grundstücks selbst ihre Ursache hat, nicht
wenn sie sich aus dem Ausmaß der erwarteten konkreten Nutzung ergibt; solche
Beeinträchtigungen kann der Eigentümer des belasteten Grundstücks, weil von
der Grunddienstbarkeit nicht mehr gedeckt, nach § 1004 BGB abwenden.
BGH, Urt. v. 9. Mai 2003 - V ZR 388/02 - LG Gera
AG Gera
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Mai 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Lemke und Dr. Gaier

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Gera vom 23. Oktober 2002 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Kläger haben seit 1983 ein Haus in G. als Mieter bewohnt, das sie mit notariellem Vertrag vom 12. Dezember 1997 zu Eigentum erwarben. Die Beklagten erwarben das Nachbargrundstück im Jahre 2000. Seit Beginn der Mietzeit nutzen die Kläger einen auf dem Grundstück der Beklagten liegenden, mit Splitt und Schotter befestigten Weg als Zufahrt zu ihrem Grundstück.
Die Kläger verlangen von den Beklagten die Einräumung einer Grunddienstbarkeit mit dem Inhalt, ihnen das Begehen und Befahren des Wegs als Zuwegung und zur wirtschaftlichen Nutzung ihres Grundstücks zu gestatten. Amts- und Landgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihren Abweisungsantrag weiter. Die Kläger beantragen die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.


Das Berufungsgericht hält den geltend gemachten Anspruch nach § 116 Abs. 1 SachenRBerG für begründet. Bei dem Weg handele es sich um eine Anlage im Sinne dieser Vorschrift, die von den Klägern seit einem vor dem Stichtag des 2. Oktober 1990 liegenden Zeitpunkt mitgenutzt werde. Daß sie den Weg nicht selbst angelegt hätten, sei ohne Belang. Die Nutzung des Wegs sei für die Erschließung des Grundstücks der Kläger erforderlich. Der im Eigentum der Stadt G. stehende weitere Zugangsweg stelle keine zumutbare Alternative dar, da dieser Weg nicht befahren werden dürfe und wegen seines Zustands selbst für Fußgänger nur bedingt geeignet sei. Ein Verweigerungsrecht nach § 117 SachenRBerG stehe den Beklagten nicht zu. Soweit sie dazu unter Beweisantritt vorgetragen hätten, der Weg sei zum Befahren mit Fahrzeugen ungeeignet, sei dem nicht nachzugehen gewesen, da die Beklagten dem substantiierten Bestreiten der Kläger nachfolgend nicht mehr entgegengetreten seien.

II.


Dies hält den Angriffen der Revision im Ergebnis stand.
1. Entgegen der Auffassung der Revision kann der Anwendungsbereich des Sachenrechtsbereinigungsgesetzes nicht mit der Begründung verneint werden, die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 4 SachenRBerG lägen nicht vor, da der von den Klägern mitbenutzte Weg auf dem Grundstück der Be-
klagten keine bauliche Erschließungs-, Entsorgungs- oder Versorgungsanlage darstelle. § 1 SachenRBerG enthält keine abschließende Regelung der Bereinigungstatbestände. Die Vorschriften geben vielmehr anhand von Regelbeispielen (BT-Drucks. 12/5992 S. 65) einen ersten Überblick über den Anwendungsbereich des Gesetzes, schließen aber hiervon nicht unmittelbar erfaßte Sachverhalte von den Regelungen der Sachenrechtsbereinigung nicht aus. Maßgeblich sind insoweit die konkreten Anspruchsnormen (vgl. MünchKomm -BGB/Wendtland, 3. Aufl., § 1 SachenRBerG Rdn. 1; Vossius, SachenRBerG, 2. Aufl., § 1 Rdn. 1 ff.).
2. Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen des § 116 Abs. 1 SachenRBerG im Ergebnis zu Recht bejaht.

a) Rechtsfehlerfrei geht das Berufungsgericht davon aus, daß die Kläger Nutzer im Sinne des § 116 Abs. 1 SachenRBerG sind und daß die Nutzung vor Ablauf des 2. Oktober 1990 begründet wurde.
aa) Nicht entscheidend hierbei ist, ob der von den Klägern genutzte Weg - wie das Berufungsgericht annimmt - eine bauliche Anlage darstellt (a.A. LG Chemnitz, VIZ 1998, 585 für nur mit Schotter und Splitt versehene Wege; LG Stendal, OLG-NL 2001, 203 für Wege, die nur aus verdichtetem Boden bestehen ). § 116 Abs. 1 SachenRBerG setzt die Unterhaltung einer baulichen Anlage nicht voraus. Geschützt wird derjenige, der ein Grundstück in einzelnen Beziehungen nutzt oder derjenige, der auf diesem Grundstück eine Anlage unterhält. Dabei stellt das Unterhalten einer Anlage einen Unterfall der Nutzung dar, der nicht ausdrücklich hätte geregelt werden müssen (vgl. Eickmann, SachenRBerG, Stand September 2002, § 116 Rdn. 2; a.A. MünchKomm-BGB/
Wendtland § 116 Rdn. 5, der von Identität beider Nutzungsarten ausgeht). Das Nutzen eines Grundstücks in einzelnen Beziehungen ist der Grundfall, der die Unterhaltung einer baulichen Anlage nicht notwendigerweise voraussetzt. Das folgt auch daraus, daß die Terminologie insoweit der Vorschrift des § 1018 BGB entlehnt ist (vgl. Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 12/5992 S. 179). Dort ist die Benutzung eines Grundstücks in einzelnen Beziehungen gleichfalls nicht an das Vorhandensein einer baulichen Anlage gebunden (vgl. die Beispiele bei MünchKomm-BGB/Falckenberg, 3. Aufl. § 1018 Rdn. 29). Inhaltlich dasselbe ist gemeint, wenn § 321 ZGB von der Mitbenutzung spricht (vgl. BT-Drucks. 12/5992 aaO). Hieran knüpft § 116 Abs. 1 SachenRBerG ebenfalls an (Abs. 1 Nr. 3), indem die Vorschrift nämlich den Anspruch auf Bestellung einer Grunddienstbarkeit nur gewährt, wenn ein Mitbenutzungsrecht nach §§ 321, 322 ZGB nicht begründet wurde. Geht es aber bei § 116 Abs. 1 SachenRBerG u.a. um einen Ausgleich dafür, daß die Begründung eines Mitbenutzungsrechts - wie häufig - unterblieben ist (Senat, Urt. v. 25. Februar 2000, V ZR 203/99, WM 2000, 1163), so kann die Mitbenutzung (= Benutzung in einzelnen Beziehungen) in § 116 Abs. 1 SachenRBerG keine weitergehenden Voraussetzungen enthalten als in §§ 321, 322 ZGB, wo es auf eine bauliche Anlage ebenfalls nicht ankommt. Ausreichend ist nach allem die Mitbenutzung eines Weges (vgl. auch Autorenkollektiv, Kommentar zum ZGB, herausgegeben vom Ministerium der Justiz, 1985, § 321 Anm. 1.2.). In welcher Weise der Weg angelegt ist und ob er den Anforderungen genügt, die an eine bauliche Anlage, etwa im Sinne von § 29 BauGB (BVerwGE 44, 59, 62), zu stellen sind, ist ohne Belang.
bb) Nicht berechtigt ist der Einwand der Revision, der Anspruch scheite- re daran, daß es sich vorliegend um einen rein privaten Nachbarstreit handele, in den staatliche Stellen der DDR nicht involviert gewesen seien.
Richtig ist an diesem Einwand, daß nicht generell alle Störungen, die bei der Erschließung von Grundstücken auftreten können, nach § 116 SachenRBerG zu bereinigen sind. Die Intention des Gesetzgebers ging ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drucks. 12/5992 S. 179) dahin , nur eine solche Mitbenutzung eines Grundstücks zu schützen, die "mit Billigung staatlicher Stellen" erfolgte. Allerdings handelt es sich hierbei um einen Terminus, den das Gesetz an anderer Stelle explizit verwendet hat (§§ 5 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2; 6 Nr. 2; 7 Abs. 2 Nr. 6; 10 SachenRBerG) und der in § 116 SachenRBerG nicht erscheint. Auf ihn kann daher unmittelbar nicht zurückgegriffen werden. Doch ergibt sich aus dem Zweck des Gesetzes, daß eine unrechtmäßige Mitbenutzung, die auch zu Zeiten der DDR keinen zumindest faktischen Schutz genossen hätte, nicht schutzwürdig ist und daher von § 116 SachenRBerG nicht erfaßt wird. Denn das Gesetz will nur solche Sachverhalte bereinigen, bei denen eine Mitbenutzung eines fremden Grundstücks zwar der zivilrechtlichen Absicherung entbehrte, die aber nach der Verwaltungspraxis der DDR oder nach den DDR-typischen Gegebenheiten als rechtmäßig angesehen wurde (vgl. MünchKomm-BGB/Wendtland, § 116 SachenRBerG Rdn. 6; Eickmann, § 116 SachenRBerG Rdn. 3). Für andere Fälle, in denen schon zu DDR-Zeiten eine Schutzbedürftigkeit verneint worden wäre, bestand kein Regelungsbedarf.
Gemessen daran geht das Berufungsgericht zu Recht von einer schutzwürdigen Mitbenutzung des auf dem Grundstück der Beklagten verlaufenden
Wegs durch die Kläger aus. Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß der Weg seit den siebziger Jahren besteht und von den Bewohnern beider Grundstücke genutzt wurde. Nach dem Vortrag der Beklagten stand ihr Grundstück damals in Volkseigentum. Die langjährige Mitbenutzung ist ohne Duldung des eingesetzten Rechtsträgers nicht vorstellbar. Damit bestand ein damals als rechtmäßig angesehener Zustand, dessen dauerhafte zivilrechtliche Absicherung , wie vielfach in der DDR, unterblieb. Solche Fälle werden von § 116 erfaßt (vgl. Eickmann, § 116 SachenRBerG Rdn. 3).
cc) Die Nutzung wurde vor Ablauf des 2. Oktober 1990 begründet. Die Kläger nutzen den Weg seit 1983. Daß sie das Grundstück erst nach dem Beitritt erwarben, ist unerheblich. § 116 Abs. 1 SachenRBerG stellt nicht auf die Eigentumsverhältnisse, sondern auf die Nutzungsverhältnisse ab. Der Umstand , daß Grunddienstbarkeiten grundstücksbezogen sind, ändert daran entgegen der Auffassung der Revision nichts. Die Grunddienstbarkeit ist das Mittel der rechtlichen Absicherung der Mitnutzung. Sie kann nur für das herrschende Grundstück bestellt werden. Sie setzt aber nicht voraus, daß das faktische Nutzungsverhältnis zu einem Zeitpunkt begründet wurde, als der Nutzer Eigentümer des herrschenden Grundstücks war. Anderenfalls fielen viele derjenigen Nutzungsverhältnisse aus dem Anwendungsbereich der Norm heraus, die gerade bereinigt werden sollten, nämlich die Fälle, in denen Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften, die überwiegend nicht in ihrem Eigentum stehendes Land bewirtschaften, andere fremde Grundstücke im Sinne der Norm mitbenutzen (vgl. BT-Drucks. 12/5992 S. 179).

b) Nicht zu beanstanden ist, daß das Berufungsgericht die Erforderlichkeit der Mitbenutzung des Weges zur Erschließung des Grundstücks der Kläger bejaht hat.
Soweit die Revision meint, die Vorinstanzen hätten den Begriff der Erforderlichkeit verkannt, wenn sie ihn als "weit zu fassen" bezeichnet hätten, so ist ihr nicht zu folgen. Dies beruht nämlich auf einem Mißverständnis. Das Amtsgericht, dem das Berufungsgericht gefolgt ist, hat den Begriff der Erforderlichkeit in § 116 Abs. 1 Nr. 2 SachenRBerG abgegrenzt zu der von § 917 BGB geregelten Situation des Notwegerechts. Bezogen darauf hat es die Auffassung vertreten, daß die Anforderungen des § 917 BGB strenger, die Erforderlichkeit bei § 116 Abs. 1 Nr. 2 SachenRBerG folglich "weiter zu fassen" seien. Das ist frei von Rechtsfehlern. Das Notwegerecht ist strengen Anforderungen unterlegen (vgl. auch Senat, Urt. v. 25. Februar 2000, V ZR 203/99, WM 2000, 1163). Für § 116 Abs. 1 Nr. 2 SachenRBerG reicht es aus, daß die Erschließung des eigenen Grundstücks auf anderem Wege als dem der Mitbenutzung des betroffenen Grundstücks unverhältnismäßig kostspieliger, technisch aufwendiger oder anderweit belästigender wäre (vgl. Eickmann aaO Rdn. 5; MünchKomm-BGB/Wendtland aaO Rdn. 9). Daß hiernach die Mitbenutzung des Wegs auf dem Grundstück der Beklagten erforderlich ist, hat das Berufungsgericht , gestützt u.a. auf die von dem Amtsgericht durchgeführte Beweisaufnahme , in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender tatrichterlicher Würdigung festgestellt.
Soweit die Revision ferner die Erforderlichkeit der Mitbenutzung mit dem Argument in Zweifel zieht, der Zweck des Gesetzes sei im konkreten Fall nicht betroffen, weil es an einer zu schützenden Investition fehle, so verkennt sie die
Zielrichtung der Anspruchsnorm. Diese setzt - wie der Senat entschieden hat - gerade nicht eine Investition des Nutzers voraus, sondern nur ein berechtigtes Interesse an dem Fortbestand der Mitnutzungsbefugnis (Urt. v. 25. Februar 2000, V ZR 203/99 aaO).
Auch die Überlegungen der Revision zu dem der Vorschrift des § 918 Abs. 1 BGB zugrundeliegenden Rechtsgedanken, daß es an einer Schutzbedürftigkeit fehle, wenn der Anspruchsteller die Notlage selbst herbeigeführt habe , überzeugen nicht. Der Umstand, daß früher ein anderer Weg zur Verfügung stand, ist schon deswegen für die Frage der Erforderlichkeit der Mitbenutzung ohne Bedeutung, weil diese schon zu DDR-Zeiten die Zugangsmöglichkeit für das Grundstück der Kläger darstellte, die als der damaligen Rechtswirklichkeit gemäß angesehen wurde. Diesen Zustand auf eine dem heutigen Recht entsprechende gesicherte Grundlage zu stellen, ist Sinn des § 116 SachenRBerG.
3. Rechtsfehlerfrei verneint das Berufungsgericht die Voraussetzungen des § 117 Abs. 1 SachenRBerG, wonach der Eigentümer des belasteten Grundstücks die Bestellung einer Grunddienstbarkeit u.a. dann verweigern kann, wenn der Mitbenutzer der Inanspruchnahme des Grundstücks nicht bedarf oder wenn die weitere Mitbenutzung die Nutzung des belasteten Grundstücks erheblich beeinträchtigen würde.

a) Entgegen der Auffassung der Revision können die Kläger nicht auf Ansprüche gegen die Stadt G. auf Wiederherstellung des auf der Nordseite an dem Grundstück der Kläger vorbeiführenden Weges verwiesen werden. Die von der Revision hierzu angeführte Vorschrift des § 9 Abs. 1 Satz 1 des Thü-
ringer Straßengesetzes gewährt ihnen einen solchen Anspruch nicht. Die Norm regelt Inhalt und Umfang der dem Träger der Straßenbaulast obliegenden Aufgaben. Danach ist der Stadt G. , unabhängig davon, ob sich daraus ein individueller Anspruch der Kläger ergibt, verpflichtet, den Weg in einem den Verkehrsbedürfnissen genügenden Zustand zu unterhalten. Da es sich nach den Feststellungen des Amtsgerichts, die auch das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, bei dem städtischen Weg um einen durch die Parkanlage führenden Fußweg handelt, besteht auch nur eine Unterhaltungspflicht in dieser Funktion. Den Bedürfnissen der Kläger, die auf einen Fahrweg angewiesen sind, genügt er, auch in ordnungsgemäß unterhaltenem Zustand, nicht.

b) Eine erhebliche Beeinträchtigung des Grundstücks der Beklagten hat das Berufungsgericht im Ergebnis ebenfalls zu Recht verneint. Soweit die Revision in diesem Zusammenhang geltend macht, das Berufungsgericht habe den unter Beweis gestellten Vortrag der Beklagten übergangen, der mitbenutzte Weg sei zum Befahren mit Kraftfahrzeugen nicht geeignet und begründe eine Gefahr für die Substanz des Hauses, ist diese Rüge nicht begründet.
Wie der Revision allerdings zuzugeben ist, kann aus dem Umstand, daß eine Partei ihren Vortrag, nachdem die andere Partei entgegenstehende Ausführungen gemacht hat, nicht wiederholt, nicht geschlossen werden, daß sie ihren Vortrag fallen lassen wolle. Es bleibt dann bei einem streitigen Sachverhalt , der, wenn es darauf ankommt und Beweis dafür angetreten ist, durch eine Beweisaufnahme geklärt werden muß. Andererseits richtet sich das Maß dessen , was eine Partei zur Schlüssigkeit ihres Vortrags vorbringen muß, nach den Umständen, insbesondere auch danach, was die Gegenpartei zu demsel-
ben Punkt des Streitfalles vorgetragen hat (vgl. BGH, Urt. v. 13. März 1996, VIII ZR 36/95, NJW 1996, 1826, 1827; Urt. v. 15. Februar 1990, III ZR 87/88, BGHR ZPO § 138 Abs. 1 Darlegungslast 1). Diese Grundsätze erforderten im konkreten Fall keine Beweiserhebung.
Festgestellt ist, daß der Weg keinen fachgerechten Unterbau, wie er für einen Wirtschaftsweg oder eine Straße erforderlich ist, hat. Er ist lediglich mit Splitt und Schotter an der Oberfläche befestigt. Hierzu bedarf es folglich keiner sachverständigen Begutachtung. Bei Zugrundelegung von Maßstäben, die an die fachgerechte Herstellung eines Fahrweges gestellt werden, genügt der Weg nicht den Anforderungen. Darum geht es aber auch nicht. Die Kläger begehren die Sicherung der Mitbenutzung des Wegs in dem Maße, wie er auch bislang, seit 1983, von ihnen mitbenutzt worden ist. Daß dem Weg für diese Nutzung, mit ihren Unzulänglichkeiten, die durch auftretende Schlaglöcher und Spurrinnen gekennzeichnet sein mögen, die generelle Eignung fehlt, kann dem Vorbringen der Beklagten nicht entnommen werden. Dagegen spricht die nahezu 20 Jahre lange Übung, an der die Bewohner des jetzt den Beklagten gehörenden Hauses durch eigenes Benutzen ebenfalls teil hatten. Wenn die Beklagten die Eignung des Wegs auch in dieser Form in Zweifel ziehen und insbesondere daraus eine Beeinträchtigung ihrer Interessen herleiten wollen, so hätte es eines eingehenderen Vortrags bedurft, der sich mit den entgegenstehenden tatsächlichen Verhältnissen hätte auseinandersetzen müssen, zumal ihre Interessen auch durch § 1120 BGB geschützt werden.
Soweit die Beklagten aus der ungenügenden Befestigung des Weges den Schluß darauf gezogen haben, daß die Gebäudesubstanz ihres Anwesens bei einem Befahren mit Schwerlastfahrzeugen leiden könne, kommt es hierauf
aus rechtlichen Gründen nicht an. Eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne des § 117 Abs. 1 Nr. 1 SachenRBerG kann damit nicht begründet werden. Darunter fallen nur solche Beeinträchtigungen, die in der Mitbenutzung des Grundstücks selbst ihre Ursache haben, etwa in der Existenz des Weges überhaupt oder in dessen konkretem Verlauf, und den Eigentümer an einer sinnvollen Nutzung oder Bewirtschaftung seines Grundstücks hindern oder ihn darin einschränken (vgl. die Beispiele bei Eickmann, aaO, § 117 SachenRBerG , Rdn. 2). Nur Beeinträchtigungen dieser Art stehen einem Anspruch auf Einräumung einer Dienstbarkeit entgegen. Hier geht es aber um - behauptete - Beeinträchtigungen durch das Ausmaß der erwarteten konkreten Nutzung des Wegs. Sie braucht der belastete Grundstückseigentümer nämlich nicht zu dulden , da sie vom Inhalt der Dienstbarkeit nicht gedeckt oder jedenfalls ihrer Ausübung nach untersagt sind (vgl. Senat, BGHZ 95, 144, 147). Die Dienstbarkeit erlaubt nur die Benutzung des Wegs in einer Weise, die den Interessen des Eigentümers des belasteten Grundstücks Rechnung trägt. Das folgt aus § 1120 BGB. Verstöße gegen diese Schonungspflicht kann der Eigentümer nach § 1004 BGB abwenden (Soergel/Stürner, BGB, 13. Aufl., § 1020 Rdn. 3). Führt somit im konkreten Einzelfall das Befahren des Wegs mit einem Schwerlastfahrzeug zu einer Substanzgefährdung des Hauses der Beklagten, so können sie diese Nutzung verbieten und die Kläger auf eine Versorgung durch kleinere Lieferfahrzeuge verweisen oder auf eine vorherige fachgerechte Befestigung des Wegs, die eine Gefährdung ebenfalls ausschließt. Das aber ist eine Frage des Einzelfalls, nicht eine Frage der generellen durch Dienstbarkeit gesicherten Mitbenutzung.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Vizepräsident Dr. Wenzel ist wegen Tropf Krüger Urlaubsabwesenheit an der Unterschriftsleistung gehindert. Tropf Lemke Gaier

Bei der Ausübung einer Grunddienstbarkeit hat der Berechtigte das Interesse des Eigentümers des belasteten Grundstücks tunlichst zu schonen. Hält er zur Ausübung der Dienstbarkeit auf dem belasteten Grundstück eine Anlage, so hat er sie in ordnungsmäßigem Zustand zu erhalten, soweit das Interesse des Eigentümers es erfordert.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 42/04 Verkündet am:
12. November 2004
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Der Berechtigte ist auch dann nach § 1020 Satz 2 BGB zur Unterhaltung und Instandsetzung
einer der Ausübung der Dienstbarkeit dienenden Anlage verpflichtet, wenn der
Eigentümer die Anlage mitnutzen darf.

b) Das Interesse des Eigentümers erfordert bei seiner Berechtigung zur Mitnutzung nicht,
daß der Berechtigte die Kosten der Unterhaltung und Instandsetzung der Anlage allein
trägt. Der Berechtigte ist vielmehr nur anteilig verpflichtet, und zwar in entsprechender
Anwendung von §§ 748, 742 BGB im Zweifel zur Hälfte.

c) Weigert sich der Berechtigte eine Unterhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahme
durchzuführen, die das Interesse des Eigentümers erfordert, kann der Eigentümer die
Maßnahme durchführen lassen und von dem Berechtigten im Umfang seiner Kostenbeteiligung
Erstattung der Kosten als Schadensersatz statt der Leistung gemäß §§ 280
Abs. 1 und 3, 281 Abs. 2 BGB verlangen.
BGH, Urt. v. 12. November 2004 - V ZR 42/04 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. November 2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Lemke und Dr. SchmidtRäntsch

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 11. Februar 2004 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Widerklage abgewiesen worden ist.
Die Revisionen der Kläger und des Widerbeklagten zu 5 werden als unzulässig verworfen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Kläger sind Eigentümer der nebeneinander liegenden Innenstadtgrundstücke H. gasse 15 (Kläger zu 2), 17 (Klägerin zu 4), 19 (Kläger zu 1), 21 und 23 (beide Kläger zu 3) in F. . Die Grundstücke haben einen gemeinsamen Hinterhof, der an seiner einen Stirnseite durch eine Tordurchfahrt auf dem Grundstück H. graben 3 und auf seiner anderen Stirnseite
durch eine Tordurchfahrt auf dem den Beklagten je zur Hälfte gehörenden Grundstück T. gasse 32 befahren werden darf. Die Durchfahrt auf dem Grundstück der Beklagten, unter der diese einen Lagerraum unterhalten, ist durch eine altrechtliche Grunddienstbarkeit zugunsten der jeweiligen Eigentümer der Grundstücke der Kläger gesichert, deren Bestand der Senat in seinem Urteil vom 24. Juni 1964 (BGHZ 42, 63) festgestellt hat. In einem daran anschließenden Vergleich vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main vom 23. März 1965 erkannten Rechtsvorgänger der Beklagten gegenüber Rechtsvorgängern der Kläger zu 1 und 3 den "derzeitigen Zustand der Grunddienstbarkeit" "als verbindlich an". An der Hofdurchfahrt auf ihrem Grundstück brachten die Beklagten im Jahre 2002 ein verschließbares Eisentor an. Sie wollen den Klägern Schlüssel nur gegen Zahlung von 50 bzw. 100 € aushändigen.
Die Kläger verlangen von den Beklagten die Gestattung eines jederzeit (kosten-) freien Durchgangs sowie die Entfernung des Tors. Die Beklagten verlangen widerklagend von den Klägern und dem persönlich haftenden Gesellschafter der Klägerin zu 4, dem Widerbeklagten zu 5, anteiligen Ersatz der Kosten für die Errichtung des Eisentores, der Erneuerung der Hofdurchfahrt und der Entfernung von Graffiti sowie die Feststellung, daß diese verpflichtet sind, den Beklagten je 1/7 der zukünftigen Instandhaltungskosten zu ersetzen.
Das Landgericht hat die Beklagten dazu verurteilt, den Klägern jederzeit unentgeltlich freien Durchgang durch das Tor zu gestatten, und die Klage im übrigen abgewiesen. Auf die Widerklage hat es unter Abweisung im übrigen dem Grunde nach festgestellt, daß die Kläger verpflichtet sind, den Beklagten die Kosten der Erneuerung der Hofeinfahrt und künftige Instandsetzungskosten anteilig zu ersetzen. Auf die Berufung der Kläger und des Widerbeklagten zu 5
hat das Oberlandesgericht unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels die Widerklage abgewiesen. Die gegen die Teilabweisung ihrer Widerklage gerichtete Berufung der Beklagten hat es zurückgewiesen. Es hat die Revision zugelassen. Mit ihren Revisionen verfolgen die Beklagten ihre Widerklage und die Kläger sowie der Widerbeklagte zu 5) ihre weitergehende, auch auf Entfernung des Tors gerichtete Klage weiter. Sie treten den Revisionen der jeweils anderen Seite entgegen.

Entscheidungsgründe:


A.


Das Berufungsgericht meint, die Beklagten müßten den Klägern auf Grund der Dienstbarkeit die jederzeit freie und unentgeltliche Durchfahrt gestatten. Zur Entfernung des Tores seien sie dagegen nicht verpflichtet. Das Tor beeinträchtige die Rechte der Kläger aus ihrer Dienstbarkeit nur unwesentlich und sei von diesen hinzunehmen, sofern sie, wie ausgeurteilt, kostenlos Schlüssel ausgehändigt erhielten. Zur schonenden Ausübung der Dienstbarkeit gehöre es auch, Maßnahmen hinzunehmen, die der Eigentümer zur Wahrnehmung seiner berechtigten Sicherheitsbelange ergreife. Eine solche Maßnahme sei die Anbringung des Tores. Die Beklagten könnten von den Klägern und dem Widerbeklagten zu 5 Ersatz der Kosten für die Errichtung des Tors, die Erneuerung der Hofdurchfahrt oder zukünftiger Instandsetzungsmaßnahmen nicht verlangen. Da die Hofdurchfahrt sowohl von den Klägern als auch von den Beklagten selbst genutzt werden dürfe, greife § 1020 Satz 2 BGB nicht. Ein Ersatzanspruch setze vielmehr wegen des Mitnutzungsrechts der Beklag-
ten eine (dingliche) Vereinbarung voraus, an der es fehle. Ohne eine solche Vereinbarung sei keine der Parteien der anderen gegenüber verpflichtet; das stehe auch Ansprüchen aus Geschäftsführung ohne Auftrag entgegen.

B.


Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Prüfung in bezug auf die Widerklage nicht stand.

I.


1. Die Revision der Kläger gegen das Berufungsurteil ist unzulässig.

a) Das Berufungsgericht hat die Revision allerdings im Tenor seines Urteils ohne Einschränkungen zugelassen. Das hat aber nicht zwingend zur Folge , daß die Revision unbeschränkt zugelassen ist. Die Beschränkung der Zulassung einer Revision muß sich nämlich nicht aus dem Tenor, sie kann sich vielmehr auch aus der Begründung ergeben, die für die Zulassung gegeben wird (BGHZ 48, 134, 136; BGH, Urt. v. 9. März 2000, III ZR 356/98, NJW 2000, 1794, 1796, insoweit in BGHZ 144, 59 nicht abgedruckt, Urt. v. 12. Juli 2000, XII ZR 159/98, WM 2000, 1967, 1968; Urt. v. 20. Mai 2003, XI ZR 248/02, NJW 2003, 2529; Senatsurt. v. 11. Juli 2003, V ZR 430/02, VIZ 2003, 526; 527; Senatsbeschl. v. 29. Januar 2004, V ZR 244/03, NJW-RR 2004, 1365, 1366; Senatsurt. v. 14. Mai 2004, V ZR 304/03, ZfIR 2004, 733, 734; Urt. v. 17. Juni 2004, VII ZR 226/03, NJW 2004, 3264, 3265). Allerdings muß aus den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils mit ausreichender Klarheit hervorgehen , daß das Berufungsgericht die Möglichkeit einer revisionsrechtlichen Nach-
prüfung nur wegen eines abtrennbaren Teils seiner Entscheidung eröffnen wollte (BGH, Urt. v. 12. Juli 2000 aaO; Senatsurt. v. 14. Mai 2004 aaO).

b) So liegt es hier. Das Berufungsgericht hat die Revision nicht schlechthin zugelassen. Es hat die Zulassung der Revision vielmehr mit der Notwendigkeit der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung "zur Frage der Anwendung des § 1020 BGB bei Mitbenutzung der ‚Anlage’ durch den Eigentümer des dienenden Grundstücks" begründet. Diese Frage stellt sich aber nur bei der Widerklage, weil es dabei um die Unterhaltspflicht der Kläger als Dienstbarkeitsberechtigten geht und diese bei der Berechtigung des Eigentümers zur Mitnutzung der Anlage umstritten ist. Die Frage ist dagegen für den von den Klägern in dem Revisionsverfahren noch verfolgten Anspruch auf Beseitigung des Tores unerheblich. Deshalb ist die Revision insoweit nicht zugelassen. Eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision gegen die Teilabweisung der Klage haben die Kläger nicht erhoben; sie hätte mangels ausreichender Beschwer auch keinen Erfolg.
2. Unzulässig ist auch die Revision des Widerbeklagten zu 5. Er ist durch das Urteil nicht beschwert. Im übrigen hat er seine Revision nicht formund fristgerecht eingelegt. Die Revisionsschrift der Kläger zu 1 bis 4 vom 17. März 2004 führt ihn zwar als Beteiligten auf. Darin wird Revision aber nur für die Kläger zu 1 bis 4, nicht auch für den Widerbeklagten zu 5 eingelegt. Eine solche Auslassung kann zwar unschädlich sein, wenn kein vernünftiger Zweifel daran besteht, daß auch der ausgelassene Beteiligte Rechtsmittelführer sein sollte (BGH, Urt. v. 13. Oktober 1998, VI ZR 81/98, NJW 1999, 291, 292; Senatsurt. v. 11. Juli 2003, V ZR 233/01, NJW 2003, 3203, 3204). So liegt es hier indessen nicht. Daß der an der Klage nicht beteiligte Widerbeklagte zu 5 keine
Revision einlegte, war als Versehen nicht offenkundig (vgl. dazu Senatsurt. aaO), so daß die erst mit der im Schriftsatz vom 20. Juli 2004 enthaltenen Antragstellung eingelegte Revision die Revisionsfrist nicht mehr wahrte.
3. Die Revision der Beklagten ist dagegen uneingeschränkt zulässig.
Zweifelhaft kann insoweit nur sein, ob das Berufungsgericht die Revision wegen der Abweisung der Widerklage insgesamt oder nur im Hinblick auf die Kosten für die Sanierung der Durchfahrt und wegen der Kosten zukünftiger Instandsetzungen zulassen wollte. Nach Auffassung des Berufungsgerichts kam nämlich eine Pflicht der Kläger und des Widerbeklagten zu 5 zur Errichtung des Tores und damit auch zur Beteiligung an den Kosten unter keinem Gesichtspunkt in Betracht, weil die Beklagten dieses Tor in erster Linie im eigenen Interesse errichtet und die Kläger und der Widerbeklagte zu 5 seiner Errichtung widersprochen hatten. Zu dieser Einschätzung ist das Berufungsgericht indessen nur deshalb gelangt, weil es Ansprüche aus der Dienstbarkeit und aus einem Gemeinschaftsverhältnis verneint hat. Da es aber die Revision zur Prüfung gerade dieses Ausgangspunktes zugelassen hat, eröffnet es zwangsläufig auch eine revisionsrechtliche Überprüfung der daraus gezogenen Schlußfolgerungen. Jedenfalls läßt sich dem Urteil nicht mit der gebotenen Deutlichkeit entnehmen, daß das Berufungsgericht Ansprüche der Beklagten wegen der Kosten für die Errichtung des Tores auch bei abweichender Beurteilung der Frage nach einem dinglichen oder gemeinschaftsrechtlichen Anspruch der Beklagten auf Kostenbeteiligung verneinen wollte.

II.


Die Revision der Beklagten ist auch begründet. Sie führt zur teilweisen Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Aus § 1021 Abs. 1 Satz 2 BGB läßt sich der geltend gemachte Anspruch nicht ableiten.
a) § 1021 BGB ist zwar gemäß Art. 184 Satz 2 EGBGB auf die vorliegende Dienstbarkeit anwendbar, obwohl diese vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs am 1. Januar 1900 entstanden ist und sich ihr Inhalt gemäß Art. 184 Satz 1 EGBGB grundsätzlich nach dem früheren Recht, hier dem gemeinen Recht (Senat BGHZ 42, 63, 64), richtet. Voraussetzung für eine (anteilige) dingliche Unterhaltungspflicht des Dienstbarkeitsberechtigten aus § 1021 Abs. 1 Satz 2 BGB ist aber neben der Berechtigung des Grundstückseigentümers zur Mitbenutzung seiner Anlage auch die Vereinbarung eines entsprechenden Inhalts der Grunddienstbarkeit. Diese liegt nach Ansicht des Berufungsgerichts nicht vor. Die für diese Feststellung erforderliche Auslegung der noch verfügbaren Verträge mit einem Rechtsvorgänger der Kläger zu 1 vom 30. Dezember 1899 und mit einem Rechtsvorgänger des Klägers zu 3 vom 9. August 1878 hat das Berufungsgericht allerdings nicht vorgenommen. Diese kann der Senat nachholen, weil außer dem in dem Urteil des Senats vom 24. Juni 1964 wiedergegebenen Inhalt dieser Verträge keine weiteren Unterlagen mehr vorhanden und weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind. Sie führt zu keinem anderen Ergebnis.

b) In beiden Verträgen wird dem jeweiligen Käufer zwar aufgegeben, sich über "Beleuchtung und Verschluß" des Hofs (Nr. 5 des Vertrags vom 9. August 1878) bzw. "Unterhaltung, Reinigung, Beleuchtung und den Verschluß des Hofs und der Zufahrt" (Nr. 6 c des Vertrags vom 30. Dezember
1899) zu verständigen. In dem zweiten Vertrag verpflichtete sich der Käufer ferner, den auf ihn entfallenden Anteil der Kosten zu bezahlen. Beide Klauseln sind aber Teil einer Gesamtregelung, die den Käufern aufgibt, den Hof "für alle Zeiten" unbebaut und uneingefriedet zu lassen und den anderen Anliegern die gemeinschaftliche Nutzung zu gestatten. Sie begründen die seinerzeit von dem Senat bestätigte Annahme (BGHZ 42, 63, 65 f.), daß jedem Käufer eine inhaltsund ranggleiche Grunddienstbarkeit an Hof und Zufahrt eingeräumt werden sollte. Darüber, daß Inhalt der Dienstbarkeit auch eine Beteiligung an der Unterhaltspflicht sein sollte, besagen die Verträge aus der hierfür maßgeblichen Sicht der Erwerber als Dienstbarkeitsberechtigten nichts. Der jeweilige Verkäufer beider Verträge hatte erkennbar Interesse nur daran, daß alle Erwerber der aus dem früheren Gesamtgrundstück herausparzellierten Grundstücke die dauerhafte, dinglich gesicherte Berechtigung erhielten, den freizuhaltenden Hof zwischen den Einfahrten H. graben 3 und T. gasse 32 durchfahren zu können. Ein Interesse des jeweiligen Verkäufers, neben dieser Mitberechtigung der übrigen "Anlieger" auch die Modalitäten dieser Nutzung im Verhältnis der Anlieger untereinander festzulegen, war demgegenüber nicht erkennbar. Aus den angesprochenen Regelungen mußten die Käufer vielmehr entnehmen, daß sie das selbst in die Hand nehmen sollten. Denn sie sollten sich darüber nicht mit dem jeweiligen Verkäufer, sondern mit den anderen Anliegern verständigen , die an den beiden Verträgen nicht beteiligt waren. In dem Rahmen einer solchen Verständigung sollten Art und Umfang der Maßnahmen bestimmt und insbesondere entschieden werden, ob und gegebenenfalls wie der Hof verschlossen werden sollte. Auch der Umfang der Beteiligung an den entstehenden Kosten war in den Verträgen nicht geregelt. Diese Fragen waren in den Verträgen bewußt offen gelassen und einer gesonderten Vereinbarung der Berechtigten vorbehalten worden.

Nichts anderes ergibt sich aus dem Umstand, daß die Klausel in dem Vertrag vom 30. Dezember 1899 über eine Verständigung hinaus auch die Verpflichtung des dortigen Käufers enthält, den auf ihn entfallenden Anteil der Kosten zu bezahlen. In dieser Klausel wird nämlich der von dem Käufer zu tragende Anteil weder bestimmt noch inhaltlich festgelegt, wie er bestimmt werden soll. Auch soll diese Pflicht nur gegenüber den übrigen Anliegern, nicht aber gegenüber dem Verkäufer bestehen. Schließlich ist eine vergleichbare Regelung jedenfalls nicht in allen anderen Verträgen enthalten. Das führte zu einem unterschiedlichen Inhalt der begründeten Dienstbarkeit, die aber durch die ansonsten im wesentlichen einheitliche Formulierung gerade vermieden werden sollte.
2. Ein Anspruch der Beklagten auf Beteiligung an Kosten der Unterhaltung und Instandsetzung der Durchfahrt ergibt sich aber aus § 1020 Satz 2 BGB.

a) Ein solcher Anspruch scheitert nicht schon von vorneherein daran, daß sich die Durchfahrt hier auf einem unterirdischen Lagerraum befindet, den die Beklagten in der Durchfahrt unterhalten dürfen. Zwar haben die Beklagten nach Art. 184 Satz 2 EGBGB, § 1022 Satz 1 BGB die Kosten der Unterhaltung dieses unterirdischen Lagerraums selbst zu tragen. Die Kosten der Sanierung der Durchfahrt, deren Erstattung die Beklagten geltend machen, sind aber, wovon revisionsrechtlich auszugehen ist, nicht durch Schäden am Lagerraum, sondern nur durch Schäden an der Durchfahrt selbst veranlaßt. Solche Kosten haben die Kläger als Dienstbarkeitsberechtigte nach § 1020 Satz 2 BGB und mit ihnen der Widerbeklagte zu 5 zu tragen und den Beklagten zu erstatten,
wenn sie die als Anlage im Sinne dieser Vorschrift anzusehende Durchfahrt "halten".

b) Ob das bei einer Berechtigung des Eigentümers zur Mitbenutzung der Anlage angenommen werden kann, ist streitig. Nach herrschender Meinung wird eine Anlage im Sinne von § 1020 Satz 2 BGB von dem Dienstbarkeitsberechtigten nur "gehalten", wenn er das alleinige Benutzungsrecht hat (RG HRR 1940 Nr. 1248 sub E. I.; OLG Hamm MDR 2003, 737; OLG Köln [27. Zivilsenat] NJW-RR 1996, 16; im Ergebnis auch: OLG Karlsruhe OLGZ 1985, 100, 102; AnwaltKom-BGB/Otto, BGB, § 1021 Rdn. 11; Bamberger/Roth/Wegmann, BGB, § 1020 Rdn. 9; MünchKomm-BGB/Falckenberg, 4. Aufl., § 1020 Rdn. 9; Palandt/Bassenge, BGB, 63. Aufl., § 1020 Rdn. 3; Planck, BGB, 5. Aufl., § 1021 Anm. 3; RGRK/Rothe, BGB, 12. Aufl., § 1021 Rdn. 4; Soergel/Stürner, 13. Aufl., § 1021 Rdn. 3; Staudinger/Mayer [2002], § 1020 Rdn. 14). Nach anderer Auffassung (Erman/Grziwotz, BGB, 11. Aufl., § 1020 Rdn. 3; ähnlich schon Turnau/Förster, Liegenschaftsrecht, Bd. I, Sachenrecht des BGB, 3. Aufl., § 1021 BGB Erl. 1) kann eine Anlage im Sinne von § 1020 BGB dagegen auch von einem Dienstbarkeitsberechtigten gehalten werden, der eine Mitbenutzung durch den Eigentümer des dienenden Grundstücks zu dulden hat. In diesem Fall soll der Dienstbarkeitsberechtigte abweichend von § 1020 Satz 2 BGB nicht allein, sondern nur anteilig zur Unterhaltung verpflichtet sein.

c) Der Senat war hiermit bisher noch nicht befaßt. Er schließt sich der zuletzt genannten Auffassung an, nach welcher die Mitbenutzung einem "Halten" der Anlage nicht entgegensteht und das Interesse des Eigentümers in diesem Fall nicht die alleinige Unterhaltung durch den Dienstbarkeitsberechtigten erfordert, der Eigentümer von diesem vielmehr nach § 1020 Satz 2 BGB eine
anteilige Beteiligung an den Kosten der Unterhaltung und Instandsetzung verlangen kann.
aa) Die herrschende Meinung beruft sich auf den Wortlaut des § 1021 BGB und den Willen des Gesetzgebers. Nach § 1021 Abs. 1 Satz 1 BGB kann bestimmt werden, daß der Eigentümer eine Anlage zu unterhalten hat, die zur Ausübung der Dienstbarkeit gehört. Darf er sie mitbenutzen, kann nach § 1021 Abs. 1 Satz 2 BGB bestimmt werden, daß der Berechtigte die Anlage zu unterhalten hat. In dieser Regelung sieht die herrschende Meinung eine Sonderregelung , die der allgemeinen Regelung des § 1020 Satz 2 BGB vorgehe und bei einem Mitbenutzungsrecht des Eigentümers zu einer Unterhaltspflicht des Berechtigten nur führe, wenn dies vereinbart sei. Dieses Verständnis der Vorschrift wiederum wird auf den Willen des Gesetzgebers zurückgeführt, wie er in den Motiven zum Ausdruck kommt. Dort (Mot. III S. 484) heißt es:
"… In einigen neueren Gesetzgebungen finden sich Vorschriften über eine Vertheilung [sic] der Unterhaltslast für den Fall, daß eine Anlage, welche zur Ausübung der Grunddienstbarkeit dient, zugleich von dem Eigenthümer [sic] zu benutzen ist [wird nachgewiesen]. Der Entwurf bringt keine derartigen Vorschriften. Eine gegenseitige Beitragspflicht kann nur als Folge eines Schuldverhältnisses , insbesondere einer vertragsmäßigen Gemeinschaft, eintreten und ist deshalb hier nicht zu regeln. Eine dingliche Regelung bleibt in der Weise denkbar , daß der Eigenthümer [sic] des dienenden Grundstücks eine reallastartige, beschränkte Unterhaltungspflicht auf sein Grundstück übernimmt und daß dem Berechtigten die Leistung von Beiträgen als Bedingung des ihm eingeräumten Rechtes gesetzt wird…"
Diese Ausführungen befassen sich jedoch gar nicht mit der Frage, ob § 1020 Satz 2 BGB auch dann anzuwenden ist, wenn der Eigentümer eine zur Ausübung der Dienstbarkeit dienende Anlage mitbenutzen darf. An jener Stelle der Motive geht es vielmehr um die Frage, ob Inhalt der Dienstbarkeit auch eine Unterhaltungslast sein kann. Nach dem damals geplanten und später auch
so Gesetz gewordenen § 1018 Abs. 1 BGB kann Inhalt einer Grunddienstbarkeit nur ein Dulden oder Unterlassen, nicht aber ein positives Tun sein. Ohne eine Sonderregelung wäre es deshalb nicht möglich, eine Unterhaltungslast zum Inhalt der Dienstbarkeit zu machen. Es müßte vielmehr neben der Grunddienstbarkeit zusätzlich eine gesonderte Reallast bestellt werden. Das entsprach aber nicht der Tradition des gemeinen Rechts, das die Vereinbarung einer dinglichen Unterhaltungslast als Inhalt einer Grunddienstbarkeit im Falle der servitus oneris ferendi (dazu Windscheid/Kipp, Pandekten Bd. I., 9. Aufl., S. 1072 f.) zuließ. Daran sollte festgehalten und diese Möglichkeit auf andere Fälle von Grunddienstbarkeiten ausgedehnt werden, zu deren Ausübung eine Anlage dient. Das bringt § 1021 Abs. 1 BGB auch zum Ausdruck, indem diese Norm abweichend von § 1018 Abs. 1 BGB in Satz 1 die Vereinbarung einer Unterhaltungslast des Eigentümers und in Satz 2 für den Fall eines Mitbenutzungsrechts des Eigentümers auch eine Unterhaltungslast des Berechtigten als Inhalt der Dienstbarkeit zuläßt. Der Gesetzgeber hat es damals lediglich abgelehnt , eine in einigen Partikularrechten vorgesehene gesetzliche Quotierung der Unterhaltungslast im Fall einer Mitbenutzungsbefugnis des Eigentümers zu übernehmen. Er hat dies der Vereinbarung der Parteien überlassen, weil eine Unterhaltungslast ohnehin nicht von Gesetzes wegen vorgesehen war. Diese Entscheidung des Gesetzgebers läßt aber einen Rückschluß auf die gesetzlichen Pflichten des Dienstbarkeitsberechtigten bei Fehlen solcher Vereinbarungen unabhängig davon nicht zu, ob der Eigentümer eine Anlage zur Ausübung der Dienstbarkeit mitbenutzen darf oder nicht.
bb) Diese Pflichten sind im wesentlichen in § 1020 BGB geregelt. Sie umfassen nach § 1020 Satz 2 BGB auch die Verpflichtung, eine Anlage zur Ausübung der Dienstbarkeit in ordnungsgemäßem Zustand zu halten. Dieser
Verpflichtung kann der Dienstbarkeitsberechtigte nur entsprechen, wenn er die Anlage ordnungsgemäß unterhält und erforderlichenfalls auch instandsetzt (Bamberger/Roth/Wegmann, BGB, § 1020 Rdn. 10; MünchKommBGB /Falckenberg, § 1020 Rdn. 11; Staudinger/Mayer, § 1020 Rdn. 16 f.). Zur Unterhaltung und Instandsetzung der Anlage ist der Dienstbarkeitsberechtigte in dem durch § 1020 Satz 2 BGB beschriebenen Rahmen aber stets und auch dann verpflichtet, wenn eine entsprechende Verpflichtung nicht zum Inhalt der Grunddienstbarkeit gemacht worden ist. Denn die Pflichten nach § 1020 Satz 2 BGB sind eine gesetzliche Ausformung der in § 1020 Satz 1 BGB festgelegten allgemeinen Pflicht zur schonenden Ausübung der Dienstbarkeit (MünchKommBGB /v. Falckenberg, aaO, § 1020 Rdn. 1). Die Pflicht zur schonenden Ausübung der Dienstbarkeit hängt aber nicht davon ab, ob der Eigentümer zur Mitbenutzung berechtigt ist oder nicht. Wenn der Eigentümer eine der Ausübung der Dienstbarkeit dienende Anlage mitbenutzen darf, gehen seine Rechte weiter , als wenn er die Nutzung durch den Berechtigten nur dulden müßte, ohne die Anlage selbst nutzen zu dürfen. Das führt allenfalls zu einer Intensivierung der den Berechtigten ohnehin treffenden Pflicht zur Rücksichtnahme. Ein solches Mitbenutzungsrecht kann aber keinesfalls zu einer Abschwächung dieser Pflicht führen. Nichts anderes hat für die aus § 1020 Satz 2 BGB abzuleitende Unterhaltungspflicht als besondere Ausprägung dieser Rücksichtnahmepflicht zu gelten. Daran, daß der Berechtigte die Anlage im Interesse des Eigentümers unterhalten muß, kann sich im allgemeinen nicht deswegen etwas ändern, weil der Eigentümer die Anlage nicht nur dulden muß, sondern auch noch selbst mitbenutzen darf. § 1020 Satz 2 BGB gilt deshalb auch bei einer Berechtigung des Eigentümers zur Mitbenutzung der Anlage.

d) Zur Unterhaltung der Anlage ist der Dienstbarkeitsberechtigte aber nach § 1020 Satz 2 BGB nicht uneingeschränkt, sondern nur in dem Umfang verpflichtet, wie es das Interesse des Eigentümers erfordert.
aa) Mit "Interesse des Eigentümers" meint § 1020 Satz 2 BGB nicht jedes Interesse des Eigentümers, sondern nur sein Integritätsinteresse (MünchKomm -BGB/Falckenberg, § 1020 Rdn. 11; Staudinger/Mayer, § 1020 Rdn. 16). Dies folgt aus § 1021 Abs. 1 Satz 2 BGB, wonach als Inhalt der Grunddienstbarkeit eine Unterhaltungslast des Berechtigten vereinbart werden kann, die ihre Grenze im Benutzungsinteresse des Eigentümers findet. Der Berechtigte ist deshalb nur verpflichtet, von der Anlage ausgehende Beeinträchtigungen des Eigentums zu vermeiden, die Verkehrssicherheit sicherzustellen und gegebenenfalls auch für ein ordentliches Aussehen der Anlage zu sorgen (MünchKomm-BGB/Falckenberg aaO; Staudinger/Mayer, § 1020 Rdn. 17 f.). Die Grenze bildet das Interesse des Eigentümers an der Benutzung seines Grundstücks (RGZ 112, 368, 371; RGRK/Rothe, § 1020 Rdn. 6). Das gilt, sofern keine Vereinbarung nach § 1021 Abs. 1 Satz 2 BGB getroffen ist, auch dann, wenn der Eigentümer die Anlage mitbenutzen darf. Ohne eine solche Vereinbarung beschränkt sich das Recht des Grundstückseigentümers auf eine Mitbenutzung der Anlage in dem auch sonst zu erhaltenden ordnungsgemäßen Zustand.
bb) Zur Erhaltung eines ordnungsgemäßen Zustands gehören die Kosten , die zur Instandsetzung der Durchfahrt erforderlich sind. Dazu können hier auch die Kosten für die Errichtung und Unterhaltung des Tores zählen. Voraussetzung dafür ist, daß die Errichtung des Tores notwendig war, um die Verkehrssicherheit herzustellen oder um eine Beschädigung des Eigentums des
Beklagten durch die Durchfahrt zu verhindern. Diesen Fragen ist das Berufungsgericht nicht nachgegangen, weil sie sich von seinem rechtlichen Ausgangspunkt her nicht stellten. Diese Prüfung kann der Senat auch nicht nachholen , weil die Parteien zu dieser Frage unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt noch nicht vorgetragen haben und die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen fehlen. Das wird in der neuen Verhandlung nachzuholen und dabei auch der streitige und bisher nicht festgestellte Umfang der Kosten aufzuklären sein.
cc) Bei einem Recht des Eigentümers zur Mitbenutzung erfordert sein Interesse im Sinne von § 1020 Satz 2 BGB nicht, daß der Berechtigte die Kosten einer Erhaltung der Anlage in ordnungsgemäßem Zustand in vollem Umfang allein trägt. Im Umfang seiner Nutzung muß der Eigentümer solche Kosten vielmehr selbst tragen, wenn eine entsprechende Unterhaltungslast des Berechtigten nicht nach Maßgabe von § 1021 Abs. 1 Satz 2 BGB zum Inhalt der Grunddienstbarkeit gemacht wurde. Wie die Kostenanteile des Berechtigten einerseits und des Eigentümers andererseits zu ermitteln sind, bestimmt § 1020 Satz 2 BGB nicht. Diese planwidrige Lücke der Vorschrift kann durch eine entsprechende Anwendung des Gemeinschaftsrechts geschlossen werden. Auf das Gemeinschaftsrecht greift das Gesetz auch in anderen vergleichbaren Fallgestaltungen zurück. So verweist § 922 Satz 4 BGB wegen der weiteren Einzelheiten der Ausübung des gemeinschaftlichen Besitzes an einer Grenzeinrichtung auf das Gemeinschaftsverhältnis. In der Sache ähnlich liegt es bei mehreren Dienstbarkeiten, die an derselben Stelle auf dem dienenden Grundstück ausgeübt werden müssen. Hier verweist § 1024 BGB zwar nicht auf das Gemeinschaftsrecht, gewährt den Inhabern der zusammentreffenden Dienstbarkeiten aber einen dinglichen Anspruch auf eine den Interessen der
Beteiligten nach billigem Ermessen entsprechende Benutzungsregelung. Dieser Anspruch entspricht inhaltlich dem Anspruch der Gemeinschafter untereinander (§ 745 Abs. 2 BGB). Schließlich ist anerkannt, daß Gegenstand einer Gemeinschaft auch der Besitz sein kann (BGHZ 62, 243, 245; OLG Hamburg, OLGE 43, 208; Jauernig/Stürner, BGB, 11. Aufl., § 741 Rdn. 5; Palandt/Sprau, § 741 Rdn. 3; RGRK/v. Gamm, BGB, 12. Aufl., § 741 Rdn. 7; Soergel/Hadding, BGB, 11. Aufl., § 741 Rdn. 10; Staudinger/Langhein, BGB [2002], § 741 Rdn. 133; a.M. Erman/Aderhold, § 741 Rdn. 12; MünchKomm-BGB/K. Schmidt, § 741 Rdn. 17). Deshalb bestimmen sich die Kostenanteile nach Gemeinschaftsrecht.
dd) Nach §§ 748, 742 BGB würden der Dienstbarkeitsberechtigte und der Eigentümer die Kosten im Zweifel je zur Hälfte zu tragen haben. Etwaigen Zweifeln ist das Berufungsgericht nicht nachgegangen, weil sich die Frage nach seinem rechtlichen Ausgangspunkt nicht stellte. Bei Annahme eines Gemeinschaftsverhältnisses ist eine solche Aufklärung aber nicht entbehrlich. Es ist möglich, daß es den Interessen der Parteien eher entspricht, die Unterhaltungspflicht an dem Maß der jeweiligen Nutzung auszurichten. Es ist auch nicht auszuschließen, daß das Vorhandensein des Lagerraums, den die Beklagten nach dem Inhalt der Dienstbarkeit unter der Durchfahrt unterhalten dürfen, die Unterhaltungskosten erhöht und sich deshalb auf die Bemessung des Anteils der Beklagten an den Unterhaltungskosten auswirkt. Dazu und welche Anteile sich dabei ergeben, haben die Parteien bislang nicht Stellung genommen. Sie werden in der anstehenden neuen Verhandlung dazu Gelegenheit haben.
3. Soweit die Kläger danach zur Beteiligung an den Kosten der Unterhaltung und Instandsetzung verpflichtet waren, haben sie den Beklagten auch die
Kosten für bereits vorgenommene Maßnahmen zu ersetzen. Dieser Anspruch ergibt sich aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 683 Satz 1 BGB), soweit die Kläger den Maßnahmen, die ihrem mutmaßlichen Willen entsprachen, nicht widersprochen haben. Hinsichtlich der Kosten für die Errichtung des Tores, der
die Kläger ausdrücklich widersprochen haben, kommt diese Anspruchsgrundlage nicht in Betracht. Insoweit folgt der Anspruch aber aus den auf den Anspruch aus § 1020 Satz 2 BGB anwendbaren (MünchKomm-BGB/Falckenberg, § 1020 Rdn. 12; Staudinger/Mayer, § 1020 Rdn. 21; für § 1021 BGB: RGZ 131, 158, 178) Regeln über Leistungsstörungen, hier gemäß Art. 229 § 5 Abs. 1 Satz 2 EGBGB aus den §§ 280 Abs. 1 und 3, 281 Abs. 1, 2 BGB. Die Kläger haben die Anbringung des Tores abgelehnt und sind damit auch ohne zusätzliche Aufforderungen zu Schadensersatz statt der Leistung verpflichtet, wenn und soweit sie sich an den Kosten der Errichtung nach § 1020 Satz 2 BGB zu beteiligen haben.
Wenzel Tropf Krüger Lemke Schmidt-Räntsch

(1) Der Grundstückseigentümer kann die Bestellung einer Dienstbarkeit verweigern, wenn

1.
die weitere Mitbenutzung oder der weitere Fortbestand der Anlage die Nutzung des belasteten Grundstücks erheblich beeinträchtigen würde, der Mitbenutzer der Inanspruchnahme des Grundstücks nicht bedarf oder eine Verlegung der Ausübung möglich ist und keinen unverhältnismäßigen Aufwand verursachen würde oder
2.
die Nachteile für das zu belastende Grundstück die Vorteile für das herrschende Grundstück überwiegen und eine anderweitige Erschließung oder Entsorgung mit einem im Verhältnis zu den Nachteilen geringen Aufwand hergestellt werden kann.
Die Kosten einer Verlegung haben die Beteiligten zu teilen.

(2) Sind Erschließungs- oder Entsorgungsanlagen zu verlegen, so besteht ein Recht zur Mitbenutzung des Grundstücks im bisherigen Umfange für die Zeit, die für eine solche Verlegung erforderlich ist. Der Grundstückseigentümer hat dem Nutzer eine angemessene Frist einzuräumen. Können sich die Parteien über die Dauer, für die das Recht nach Satz 1 fortbesteht, nicht einigen, so kann die Frist durch gerichtliche Entscheidung bestimmt werden. Eine richterliche Fristbestimmung wirkt auch gegenüber den Rechtsnachfolgern der Parteien.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 171/07 Verkündet am:
18. Juli 2008
Langendörfer-Kunz,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Juli 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter
Dr. Klein, die Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und Dr. Roth

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Kiel vom 28. September 2007 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Mit notariellem Vertrag vom 6. Oktober 1983 kaufte der Kläger von seinem damaligen Nachbarn eine von dessen Grundstück abzutrennende Teilfläche , auf dem sich ein damals zu Wohnzwecken genutztes Hinterhaus befand. In dem Grundstückskaufvertrag bewilligte und beantragte der Verkäufer die Eintragung einer Wegerechtsdienstbarkeit für den jeweiligen Eigentümer des verkauften Grundstücks auf dem von der Straße aus links neben dem damaligen Vorderhaus belegenen Gang. Der Vertrag wurde vollzogen.
2
Nach dem Auszug des Mieters im Jahre 1984 wurde das Hinterhaus auf dem von dem Kläger erworbenen Grundstück nicht mehr genutzt und verfällt seitdem. Das eingetragene Wegerecht wurde seit dieser Zeit ebenfalls nicht mehr ausgeübt.
3
Der Beklagte, der Eigentümer des anderen Nachbargrundstücks (Flurstück 316/76) war, erwarb in der Zwangsversteigerung durch Zuschlagsbeschluss vom 30. Juni 2004 das vordere Grundstück (Flurstück 75/2). In dem Zuschlagsbeschluss ist darauf hingewiesen, dass das in Abteilung II Nr. 12 eingetragene Recht bestehen bleibt. Der Beklagte begann in den Monaten August /September 2005 das erworbene Grundstück mit einem Erweiterungsbau für seinen Kinobetrieb unter Einbeziehung der für das Wegerecht genutzten Fläche zu bebauen. Nach Fertigstellung des Rohbaus verlangte der Kläger im 1. Dezember 2005 den Rückbau im Bereich des Wegerechts. Anschließende Vergleichsgespräche scheiterten.
4
Das Amtsgericht hat der Klage auf Beseitigung der Bebauung auf der Wegerechtsfläche stattgegeben. Das Landgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Abweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

5
Das Berufungsgericht bejaht einen Anspruch des Klägers auf Beseitigung der die Ausübung des Wegerechts hindernden Bebauung nach §§ 1027, 1004 BGB.
6
Der Kläger sei nicht nach § 912 Abs. 1 BGB verpflichtet, den Überbau des Weges durch den Neubau des Beklagten zu dulden. Der Beklagte habe den Nachweis fehlender grober Fahrlässigkeit nicht geführt. Dies ergebe sich aus der Tatsache, dass in dem Zuschlagsbeschluss, mit dem der Beklagte das dienende Grundstück vor dem Beginn der Baumaßnahmen erworben habe, auf das Bestehenbleiben des in Abteilung II Nr. 12 eingetragenen Rechts hingewiesen worden sei. Dem Beklagten, der ein erfahrener Geschäftsmann sei, habe klar sein müssen, dass er sich wegen der Bedeutung dieses Hinweises des Vollstreckungsgerichts, z.B. durch eine Einsicht in das Grundbuch, hätte erkundigen müssen. Es möge zwar sein, dass er sich darum nicht weiter gekümmert habe. Darin liege aber eine Missachtung der im Verkehr üblichen Sorgfalt in einem besonders schweren Maße, weil er einfache und nahe liegende Überlegungen nicht angestellt habe.
7
Der Kläger sei auch nicht deshalb zur Duldung des Überbaus verpflichtet , weil dessen Beseitigung einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordere. Ein solcher Einwand sei nur für den sog. Eigengrenzüberbau anerkannt, wenn also der Überbauende zunächst auch Eigentümer des überbauten Grundstücks gewesen sei. Eine Verallgemeinerung dieser Grundsätze widerspreche der Wertung des § 912 Abs. 1 BGB, weil sie die den Anwendungsbereich der Norm einschränkenden Tatbestandsmerkmale obsolet mache, wenn der Berechtigte einen Überbau auch dann hinnehmen müsse, wenn dem Überbauer Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last falle.
8
Das Begehren des Klägers auf Beseitigung des Überbaus stelle weder eine Schikane (§ 226 BGB) noch einen Rechtsmissbrauch dar (§ 242 BGB). Der Kläger verfolge ein schutzwürdiges Interesse, da der Zugang zu dem herrschenden Grundstück sonst nur durch die Garage auf dem im Eigentum des Klägers stehenden Nachbargrundstück möglich wäre.

II.

9
Das hält nicht in allen Punkten rechtlicher Nachprüfung stand.
10
1. Unbegründet ist allerdings der Einwand der Revision, dass dem Kläger der ihm von dem Berufungsgericht zuerkannte Anspruch nach §§ 1027, 1004 BGB schon deshalb nicht zustehen könne, weil die Grunddienstbarkeit wegen Wegfalles des Vorteiles für das herrschende Grundstück erloschen sei.
11
Die Belastung eines Grundstücks mit einer Grunddienstbarkeit setzt zwar nach § 1019 Satz 1 BGB voraus, dass diese einen Vorteil für die Benutzung des herrschenden Grundstücks bietet. Eine Grunddienstbarkeit erlischt daher, wenn infolge Veränderung eines der betroffenen Grundstücke ihre Ausübung dauernd ausgeschlossen ist oder der Vorteil für das herrschende Grundstück infolge grundlegender Änderung der tatsächlichen Verhältnisse oder der rechtlichen Grundlage objektiv und endgültig wegfällt (Senat, Urt. v. 24. Februar 1984, V ZR 177/82, NJW 1984, 2157, 2158; Urt. v. 20. Mai 1988, V ZR 29/87, NJWRR 1988, 1229, 1230; Urt. v. 15. Januar 1999, V ZR 163/96, VIZ 1999, 225, 226 - std. Rspr.). Diese Voraussetzungen liegen aber deshalb nicht vor, weil das herrschende Grundstück ohne das Wegerecht keine Verbindung zur öffentlichen Straße hätte und nur über das benachbarte Grundstück des Klägers durch ein Bauwerk (Garage) hindurch erreichbar wäre. Die Revisionserwiderung weist zu Recht darauf hin, dass dann, wenn bereits jeder brauchbare Weg, der zu einem Grundstück führt, für dessen Zweck vorteilhaft ist (vgl. RGZ 169, 180, 183; OLG Koblenz DNotZ 1999, 511, 512), von einem Wegfall des Vorteils nicht gesprochen werden kann, wenn das Grundstück nur über das Wegerecht mit einer öffentlichen Straße verbunden ist und bei einem Wegfall der Grunddienstbarkeit ein sog. gefangenes Grundstück entstünde.
12
Die Hinweise der Revision auf das öffentliche Baurecht vermögen demgegenüber den Vorteil einer Wegerechtsdienstbarkeit für ein Grundstück, dem eine andere Verbindung zu einem öffentlichen Weg fehlt, nicht zu beseitigen. Eine Grunddienstbarkeit gibt nämlich dem Berechtigten eine auf dem Privat- recht beruhende Rechtsstellung, die von etwaigen öffentlich-rechtlichen Nutzungsbeschränkungen für das herrschende Grundstück grundsätzlich unabhängig ist und deshalb nicht schon dann wegfällt, wenn dessen Nutzungsmöglichkeiten durch baurechtliche Vorschriften oder bauplanerische Feststetzungen (hier durch die von dem Beklagten vorgetragene nunmehrige Unzulässigkeit einer Nutzung des herrschenden Grundstücks zu Wohnzwecken) beschränkt werden oder ganz wegfallen (vgl. Senat, Urt. v. 7. April 1967, V ZR 14/65, NJW 1967, 1609, 1610).
13
2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass das Berufungsgericht eine Duldungspflicht des Klägers gemäß § 1004 Abs. 2 BGB nach den Vorschriften über den Überbau (§§ 912 ff. BGB) verneint hat.
14
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass § 912 Abs. 1 BGB entsprechend anzuwenden ist, wenn ein Überbau zwar nicht das Eigentum, aber ein anderes Recht des Nachbarn (wie eine Grunddienstbarkeit) beeinträchtigt (Senat, BGHZ 39, 5, 8 ff.; 42, 63, 68). Soweit die Revision meint, dass das Berufungsgericht die Unkenntnis des Beklagten von dem Wegerecht zu Unrecht als grob fahrlässig angesehen habe, zeigt sie keinen Rechtsfehler auf.
15
Die Entscheidung, ob ein vorwerfbares Verhalten als grob fahrlässig zu bewerten ist, ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dem Tatrichter vorbehalten, der im Einzelfall unter Würdigung aller Umstände nach seinem pflichtgemäßen Ermessen darüber zu befinden hat. Seine Wertung ist der Nachprüfung durch das Revisionsgericht entzogen, sofern er nicht den Rechtsbegriff der groben Fahrlässigkeit verkannt oder ihr fehlerhaft gewonnene Feststellungen zugrunde gelegt hat (BGHZ 89, 153, 160; 145, 337, 340). Das ist hier nicht der Fall.
16
Die von der Revision benannten, von dem Berufungsgericht angeblich übergangenen Umstände sind für die tatrichterliche Beurteilung, auf die der Vorwurf grober Fahrlässigkeit gestützt wird, unerheblich, weil der Beklagte das Grundstück selbst ersteigert hat und in dem Termin auf das bestehen bleibende Recht hingewiesen worden ist. Die Nichtbeachtung eines solchen Hinweises trägt die tatrichterliche Würdigung einer zumindest grob fahrlässigen Verletzung des Wegerechts des Klägers durch den Beklagten. Subjektive Besonderheiten (wie geringe Geschäftsgewandtheit und Kenntnisse), die im Einzelfall im Sinne einer Entlastung vom Vorwurf der groben Fahrlässigkeit ins Gewicht fallen können (BGHZ 119, 147, 149), liegen nach der Feststellung des Berufungsgerichts, dass der Beklagte ein erfahrender Geschäftsmann ist, nicht vor. Soweit die Revision schließlich auf den Vortrag des Beklagten verweist, dass dieser von anderer Seite - insbesondere seinem Architekten - nicht auf das der geplanten Bebauung entgegenstehende Wegerecht hingewiesen worden sei, ist das für die Feststellung einer grob fahrlässigen Unkenntnis schon deshalb ohne Bedeutung , weil das Berufungsgericht auf die eigenen Kenntnisse des Beklagten abgestellt hat.
17
3. Erfolg hat das Rechtsmittel jedoch deshalb, weil das Berufungsgericht das auf die Entscheidung des Senats (BGHZ 62, 388, 391 = NJW 1974, 1552 ff.) gestützte Vorbringen des Beklagten zur Unverhältnismäßigkeit des für die Beseitigung der Störung erforderlichen Aufwands mit der rechtsfehlerhaften Begründung zurückgewiesen hat, dass eine solche Einrede nur für den hier nicht vorliegenden Fall eines Eigengrenzüberbaus in Betracht komme.
18
a) Das Berufungsgericht hat die ständige Rechtsprechung des Senats übersehen, nach der die Geltendmachung von Ansprüchen auf Beseitigung - unabhängig von ihrer Rechtsgrundlage - unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit begrenzt ist (Senat, BGHZ 143, 1, 6; Urt. v. 2. Oktober 1987, V ZR 140/86, NJW 1988, 699, 700), was sich nunmehr aus § 275 Abs. 2 BGB ergibt (Senat, Urt. v. 30. Mai 2008, V ZR 184/07, Rdn. 17; OLG Düsseldorf NJW-RR 2007, 1024, 1025; zur weiteren Begründung hierzu wird auf das Urteil des Senats vom 30. Mai 2008 (V ZR 184/07 - zur Veröffentlichung bestimmt) Bezug genommen.
19
Die Vorschrift findet auf alle Leistungspflichten Anwendung, gleichgültig ob diese auf einem Vertrag, auf einem gesetzlichen Schuldverhältnis oder allgemein auf einer gesetzlichen Verpflichtung beruhen (Senat, Urt. v. 30. Mai 2008, V ZR 184/07, aaO). Eine solche Zumutbarkeitsgrenze auch gegenüber einem auf § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB gestützten Beseitigungsverlangen hat der Senat schon auf der Grundlage des bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Rechts analog § 251 Abs. 2 BGB bejaht (vgl. BGHZ 62, 388, 391; Urt. v. 10. Dezember 1976, V ZR 263/74, WM 1977, 536, 537; Urt. v. 16. März 1979, V ZR 38/75, WM 1979, 644, 647). Seitdem der Gesetzgeber mit der Schuldrechtsform in § 275 Abs. 2 BGB einen allgemeinen Rechtssatz mit diesem Inhalt bestimmt hat (BT-Drucks. 14/6040, S. 130), findet die Senatsrechtsprechung hierin ihre Bestätigung.
20
b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts wird das Leistungsverweigerungsrecht nach § 275 Abs. 2 BGB nicht durch die Regelung in § 912 Abs. 1 BGB verdrängt. Die Vorschriften betreffen verschiedene Gegenstände, nämlich die Voraussetzungen und die Rechtsfolgen des Beseitigungsanspruchs. Aus § 912 Abs. 1 Satz 1 BGB ergibt sich eine Duldungspflicht des Nachbarn nach § 1004 Abs. 2 BGB. Liegen deren Voraussetzungen vor, hat der Nachbar weder einen Anspruch auf Beseitigung noch auf Schadensersatz (vgl. Senat BGHZ 97, 292, 295; 156, 170, 172). § 275 Abs. 2 BGB begründet dagegen eine Einrede gegenüber dem Beseitigungsanspruch. Wird die Einrede erhoben und liegen deren Voraussetzungen vor, kann der Nachbar seinen An- spruch auf Beseitigung des Überbaus zwar nicht durchsetzen; seine anderen Ansprüche wegen der rechtswidrigen und schuldhaften Rechtsverletzung bleiben aber davon unberührt (vgl. Senat, BGHZ 156, 170, 172).

III.

21
Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif.
22
Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - eine Abwägung zwischen den Vorteilen, die eine Durchsetzung des Anspruches aus der Grunddienstbarkeit für das herrschende Grundstück des Klägers hätte, und den dafür erforderlichen Aufwendungen des Beklagten durch den zumindest teilweisen Abriss des Kinoneubaus auf dem dienenden Grundstück unterlassen. Das ist nachzuholen.
23
Zwar wird die nach § 275 Abs. 1 Satz 1 BGB gebotene Abwägung bei einem Anspruch auf Beseitigung eines grob fahrlässig (und erst recht eines vorsätzlich ) errichteten Überbaus in der Regel dazu führen, dass die Einrede zu versagen ist (vgl. Senat, Urt. v. 24. April 1970, V ZR 97/67, NJW 1970, 1180, 1181), was sich daraus ergibt, dass nach § 275 Abs. 2 Satz 2 BGB bei der Bestimmung des Maßes der zumutbaren Anstrengungen auch das Verschulden des Schuldners berücksichtigt werden muss (vgl. Senat, Urt. v. 30. Mai 2008, V ZR 184/07, Rdn. 19).
24
Anders kann es aber auch unter Berücksichtigung des erheblichen Verschuldens des Überbauenden sein, wenn der Nachbar unter vorwerfbarer Verletzung seiner Obliegenheit nach § 254 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 912 Abs. 1 BGB, den Eigentümer vor ungewöhnlich hohen Schäden durch die Zerstörung der mit dem Überbau geschaffenen Werte zu bewahren, mit dem Verlangen auf Besei- tigung zuwartet und dadurch selbst wesentlich zu dem Missverhältnis zwischen den Vorteilen für ihn und Aufwendungen des Eigentümers für den Abriss des Neubaus beiträgt. Unter diesen Voraussetzungen kann die unter Beachtung des Gebots von Treu und Glauben (§ 242 BGB) vorzunehmende Abwägung dazu führen, dass der Eigentümer die Erfüllung des Anspruchs des Nachbarn auf Beseitigung des Überbaus verweigern darf.
25
Da diese Umstände von dem Beklagten zwar vorgetragen worden sind, das Berufungsgericht dazu aber keine Feststellungen getroffen hat, ist die Sache unter Aufhebung des Berufungsurteils an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§§ 562 Abs. 1, 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Krüger RiBGH Dr. Klein ist Ri'inBGH Dr. Stresemann infolge Urlaubs an der ist infolge Urlaubs an der Unterschrift gehindert. Unterschrift gehindert. Karlsruhe, den 21. Juli 2008 Karlsruhe, den 21. Juli 2008 Der Vorsitzende Der Vorsitzende Krüger Krüger Czub Roth
Vorinstanzen:
AG Rendsburg, Entscheidung vom 31.07.2006 - 11 C 136/06 -
LG Kiel, Entscheidung vom 28.09.2007 - 8 S 101/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 139/08 Verkündet am:
6. Februar 2009
Langendörfer-Kunz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Februar 2009 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Klein, Dr. Lemke,
Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Siegen vom 28. April 2008 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.
Die Kosten der Streithilfe tragen die Kläger.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
1991 erwarben die Kläger ein Grundstück, das in einem Landschaftsschutzgebiet liegt und das nach der Eintragung in Abt. II des Grundbuches seit dem 25. Juni 1986 mit einer zugunsten des beklagten Landkreises bestellten beschränkten persönlichen Dienstbarkeit belastet ist. Die Eintragung nimmt Bezug auf die Eintragungsbewilligung der damaligen Grundstückseigentümer vom 16. Juni 1986. In dieser heißt es u.a.: „Wir bewilligen und beantragen hiermit zugunsten des Kreises O. - Kreiswasserwerke - die Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit auf dem vorstehenden Grundstück folgenden Inhalts: 1. In den eingezäunten und nicht eingezäunten Schutzzonen für die Wasserentnahme als Trinkwasser darf eine Düngung mit organischem Dünger und die Beweidung sowie der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln nicht stattfinden.
2. Der Kreis O. - Kreiswasserwerke - ist berechtigt, auf dem vorgenannten Grundstück eine Wasserleitung nebst Zubehör zu verlegen und zu unterhalten. 3. Der Grundstückseigentümer hat die Leitung und ihre Anlagen nebst Zubehör dauernd in dem Grundstück zu dulden, … … 6. Die Ausübung dieses Rechts kann übertragen werden.“
2
Hintergrund der Bewilligung war, dass durch das Grundstück schon damals ein Wasserleitungssystem verlief, das ursprünglich zunächst durch den Wasserbeschaffungsverband B. und seit Anfang der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts durch den Beklagten zum Betrieb einer Trinkwassergewinnungsanlage genutzt wurde.
3
Bereits mit notariellem Vertrag vom 6. März 1959 hatte der Wasserbeschaffungsverband dem Landwirt J. W. sen. und dessen Rechtsnachfolgern als Gegenleistung für eine Grundstücksübertragung das Recht eingeräumt , „das in der Viehtränke gesammelte aus dem Hochbehälter (der Trinkwassergewinnungsanlage ) stammende Wasser unentgeltlich zu entnehmen“. Hierzu sollte der Landwirt auch gegenüber Rechtsnachfolgern des Wasserbeschaffungsverbandes berechtigt sein. Von diesem Recht macht mittlerweile der Landwirt J. W. jun. als Rechtsnachfolger seines Vaters Gebrauch. Er ist dem Rechtsstreit als Streithelfer des Beklagten beigetreten.
4
1999 gab der Beklagte die Trinkwassergewinnungsanlage endgültig auf. Mit notariellem Vertrag vom 23. August 2008 verkaufte er dem Streithelfer Grundstücke, auf denen die Trinkwassergewinnungsanlage betrieben worden war, nebst Rohrleitungen und „dem gesamten unterirdischen Leitungssystem bis zum Hochbehälter“. In § 5 des Kaufvertrages heißt es: „Die zugunsten der Kreiswasserwerke O. eingetragenen Leitungsrechte werden auf den Käufer als Rechtsnachfolger übertragen …“
5
Die Kläger möchten ihr Grundstück uneingeschränkt nutzen. Sie meinen, infolge der Aufgabe der Trinkwassergewinnungsanlage sei die Dienstbarkeit wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage erloschen. Das Amtsgericht ist dem gefolgt und hat der - auf Bewilligung der Löschung der Dienstbarkeiten gerichteten - Klage stattgegeben. Das Landgericht hat sie abgewiesen. Mit der von diesem zugelassenen Revision möchten die Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erreichen. Der Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

I.

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Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die beschränkte persönliche Dienstbarkeit sei wirksam entstanden und nicht als auflösend bedingtes Recht bestellt worden. Wegen vollständigen Interessefortfalls sei die Dienstbarkeit nicht erloschen, weil mit ihr nicht nur der öffentlichrechtliche Zweck der Trinkwasserversorgung verfolgt worden sei, sondern auch das Anliegen, dem Rechtsvorgänger des Streithelfers (und dessen Rechtsnachfolgern) die Wasserentnahme zu ermöglichen. Letzteres wirke fort. Eine klare und unzweideutige Beschränkung des Rechts auf die Gewährleistung der öffentlichen Daseinsvorsorge sei weder der Grundbucheintragung selbst noch der in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung zu entnehmen. Schließlich reichten die von den Klägern vorgetragenen Umstände für einen Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) nicht aus.

II.

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Das Berufungsurteil hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
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1. Das Berufungsgericht geht zu Recht und von der Revision unbeanstandet davon aus, dass die beschränkte persönliche Dienstbarkeit entstanden und nicht als auflösend bedingtes Recht (dazu Senat, Urt. v. 29. September 2006, V ZR 25/06, WM 2006, 2226, 2228) bestellt worden ist.
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2. Die Dienstbarkeit ist nicht ganz oder teilweise erloschen.
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a) Ein Erlöschen kann zunächst nicht auf die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage gestützt werden. Die Parteien sind schon nicht durch ein Rechtsgeschäft verbunden, das der Anpassung nach § 313 BGB (hier i.V.m. Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB) unterläge. Der Senat hat bereits entschieden , dass weder die Grunddienstbarkeit selbst noch das mit dieser einhergehende schuldrechtliche Begleitschuldverhältnis unter § 313 BGB fallen. Als anpassungsfähiges Rechtsgeschäft kommt lediglich die der Dienstbarkeitsbestellung zugrunde liegende schuldrechtliche Abrede in Betracht (vgl. Urt. v. 19. September 2008, V ZR 164/07, NJW 2008, 3703, 3704). Aus dieser können die Kläger aber schon deshalb nichts herleiten, weil es sich hierbei um eine lediglich zwischen dem Beklagten und den Voreigentümern der Kläger bestehende - relative - Rechtsbeziehung handelt. Die Revision verweist auf kein tatsächliches Vorbringen, wonach mit dieser schuldrechtlichen Abrede auch Rechte zugunsten Dritter mit der Folge begründet worden sind, dass (auch) diese bei einem Wegfall der Geschäftsgrundlage gegen die Beklagte vorgehen könnten.
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b) Die Dienstbarkeit ist nicht wegen Vorteilswegfalls erloschen. Dass § 1090 Abs. 2 BGB nicht auf § 1019 BGB verweist, bedeutet nur, dass der auch für das Entstehen und den Fortbestand einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit konstitutive Vorteil nicht grundstücksbezogen sein muss, es vielmehr genügt, dass die Dienstbarkeit für irgendjemanden einen erlaubten Vorteil bietet (Senat, BGHZ 41, 209, 212 ff.; Urt. v. 24. Juni 1983, V ZR 167/82, NJW 1984, 924). Ausreichend, aber auch erforderlich ist ein eigenes oder fremdes Interesse, das auch in der Verfolgung öffentlicher Belange bestehen kann. Demgemäß erlischt das dingliche Recht, wenn das mit der Dienstbarkeitsbestellung verfolgte Interesse endgültig entfallen ist (vgl. Senat, BGHZ 41, 209, 213 f.; Urt. v. 7. Dezember 1984, V ZR 189/83, NJW 1985, 1025; BGH NJW 1984, 924; OLG Celle, NZM 2005, 39, 40; ferner Senat, Urt. v. 24. Februar 1984, V ZR 177/82, NJW 1984, 2157, 2158; Urt. v. 18. Juli 2008, V ZR 171/07, NJW 2008, 3123, 3124; BGH VIZ 1999, 225, 226 f.). So liegt es hier jedoch nicht, weil nicht sämtliche der durch die Dienstbarkeit begünstigten Nutzungsarten endgültig aufgegeben worden sind.
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aa) Das Berufungsgericht hat die Dienstbarkeit dahin ausgelegt, dass mit ihr nicht ausschließlich Belange der öffentlichen Daseinsvorsorge im Sinne einer geordneten Wasserversorgung verfolgt worden sind, sondern auch das - fortbestehende - Interesse, dem Landwirt J. W. sen. und seinen Rechtsnachfolgern zu ermöglichen, ihr Vieh mit Wasser aus der errichteten Anlage zu tränken. Diese - in vollem Umfang der revisionsrechtlichen Nachprüfung unterliegende - Auslegung (vgl. nur Senat BGHZ 92, 351, 355; Urt. v. 19. September 2008, V ZR 164/07, NJW 2008, 3703; jeweils m.w.N.) ist zutreffend.
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Bei der Ermittlung des Inhalts einer Dienstbarkeit ist vorrangig auf den Wortlaut und den Sinn der Grundbucheintragung und der in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergibt. Außerhalb dieser Urkunden liegende Umstände dürfen nur insoweit mit herangezogen werden, als sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (Senat, BGHZ 145, 16, 20; Urt. v. 11. April 2003, V ZR 323/02, NJW-RR 2003, 1235; jeweils m.w.N.; vgl. auch Senat, Urt. v. 29. September 2006, V ZR 25/06, WM 2006, 2226, 2228), wozu auch die tatsächliche Handhabung bei der Bestellung der Dienstbarkeit zählt (Senat, Urt. v. 28. November 1975, V ZR 9/74, NJW 1976, 417, 418 m.w.N.).
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Gemessen daran stützt schon der Wortlaut der Eintragungsbewilligung nicht die Auffassung der Kläger, mit der Dienstbarkeit sei der ausschließliche Zweck verfolgt worden, die Wasserversorgung des beklagten Landkreises im Sinne öffentlicher Daseinsvorsorge zu gewährleisten. Nach Nr. 2 der Bewilligung ist der Beklagte berechtigt, auf dem Grundstück eine Wasserleitung nebst Zubehör zu verlegen und zu unterhalten. Diese Anlagen hat der Grundstückseigentümer nach Nr. 3 der Eintragungsbewilligung „dauerhaft“ zu dulden. Dass dies nur zu dem Zwecke zulässig sein soll, die öffentliche Wasserversorgung zu gewährleisten, geht daraus nicht einmal ansatzweise hervor. Zwar mag man die konkretisierende Bezeichnung des Berechtigten durch den Zusatz „Kreiswasserwerke“ und den Inhalt der Dienstbarkeit nach Nr. 1 (Verbot der Beweidung und des Einsatzes von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln in den „Schutzzonen für die Wasserentnahme als Trinkwasser“) bei isolierter Würdigung als Argument für eine restriktive Auslegung ins Feld führen können. Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der Eintragungsbewilligung scheidet eine solche Deutung aus der Sicht eines unbefangenen Betrachters jedoch aus. Dies gilt umso mehr, als es dem Beklagten nach Nr. 6 der Bewilligung frei steht, die Ausübung des Rechts an einen Dritten zu übertragen. Für ein restriktives Verständnis dahin, die Ausübungsübertragung sei nur an Versorgungsträger zulässig, ist bei unbefangener Lesart kein Raum. Davon abgesehen war in dem maßgeblichen Zeitpunkt der Bestellung der Dienstbarkeit für jedermann ohne weiteres erkennbar, dass die Anlage auch der Entnahme von Wasser aus dem Hochbehälter für die Viehtränke diente. Ob die Kläger bei dem späteren Erwerb des mit der Dienstbarkeit belasteten Grundstücks hiervon Kenntnis hatten, ist ebenso unerheblich (vgl. Senat, Urt. v. 28. November 1975, V ZR 9/74, NJW 1976, 417, 418) wie die von der Revision verneinte Frage, ob sich die Dienstbarkeit nach der Eintragung im Grundbuch später kraft Gesetzes in ein unter den Voraussetzungen der §§ 1092 Abs. 2 u. 3 BGB übertragbares Recht umgewandelt hat (zu dieser Frage MünchKomm-BGB/Joost, aaO, § 1092 Rdn. 21).
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bb) Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe gegen § 531 Abs. 2 ZPO verstoßen, weil es die Behauptung der Kläger, der Streithelfer könne das von ihm für die Viehtränke benötigte Wasser auch aus anderen Ressourcen beziehen, nicht zugelassen habe, scheitert jedenfalls an der fehlenden Entscheidungserheblichkeit des Vorbringens. Das Bestehen eines notwegeähnlichen Bedürfnisses ist nicht Voraussetzung für Bestehen und Fortbestand einer Dienstbarkeit. Wie bereits oben dargelegt reicht es insoweit aus, dass die beschränkte persönliche Dienstbarkeit entsprechend ihrer Zweckbestimmung für irgendjemanden von Vorteil ist. Das ist hier nach wie vor der Fall, weil der zugrunde gelegte Vorteil gerade darin besteht, dass der Streithelfer nicht auf andere Ressourcen zurückgreifen muss.
16
c) Entgegen der Auffassung der Revision ist die Dienstbarkeit schließlich auch nicht teilweise mit Blick auf die in Nr. 1 der Eintragungsbewilligung enthaltenen Verbote untergegangen, in den Schutzzonen für die Wasserentnahme den Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmittel sowie eine Beweidung zu unterlassen. Denn es liegt auf der Hand, dass ein fortbestehendes schutzwürdiges Interesse daran besteht, es dem Streithelfer der Beklagten als Rechtsnachfolger des Landwirts J. W. sen. zu ermöglichen, sein Vieh auch weiterhin mit unkontaminiertem Wasser zu tränken, mag der Hauptzweck der Trinkwassergewinnung auch entfallen sein.

II.

17
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO.
Krüger Klein Lemke
Schmidt-Räntsch Roth Vorinstanzen:
AG Olpe, Entscheidung vom 27.08.2007 - 25 C 362/06 -
LG Siegen, Entscheidung vom 23.06.2008 - 3 S 117/07 -

Ein Grundstück kann zugunsten des jeweiligen Eigentümers eines anderen Grundstücks in der Weise belastet werden, dass dieser das Grundstück in einzelnen Beziehungen benutzen darf oder dass auf dem Grundstück gewisse Handlungen nicht vorgenommen werden dürfen oder dass die Ausübung eines Rechts ausgeschlossen ist, das sich aus dem Eigentum an dem belasteten Grundstück dem anderen Grundstück gegenüber ergibt (Grunddienstbarkeit).

(1) Ein Grundstück kann in der Weise belastet werden, dass derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, berechtigt ist, das Grundstück in einzelnen Beziehungen zu benutzen, oder dass ihm eine sonstige Befugnis zusteht, die den Inhalt einer Grunddienstbarkeit bilden kann (beschränkte persönliche Dienstbarkeit).

(2) Die Vorschriften der §§ 1020 bis 1024, 1026 bis 1029, 1061 finden entsprechende Anwendung.