Bundesgerichtshof Urteil, 09. März 2012 - V ZR 61/11

bei uns veröffentlicht am09.03.2012
vorgehend
Landgericht Halle, 6 O 516/09, 04.03.2010
Oberlandesgericht Naumburg, 12 U 32/10, 18.02.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 61/11 Verkündet am:
9. März 2012
Lesniak
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
EGBGB Art. 237 § 2
Wer am 3. Oktober 1990 fälschlicherweise im Grundbuch als Eigentümer eingetragen
gewesen ist, hat mit Ablauf der Ausschlussfristen nach Art. 237 § 2 EGBGB das
Eigentum an dem Grundstück nicht erworben, wenn am 3. Oktober 1990 auch der
wahre Eigentümer auf einem anderen Grundbuchblatt eingetragen war.
BGH, Urteil vom 9. März 2012 - V ZR 61/11 - OLG Naumburg
LG Halle
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. März 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richterin
Dr. Stresemann, den Richter Dr. Czub und die Richterinnen Dr. Brückner
und Weinland

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 18. Februar 2011 aufgehoben. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 4. März 2010 wie folgt abgeändert: Die Beklagte zu 1 wird verurteilt, in die Abvermessung derjenigen Teilflächen aus den im Grundbuch von H. Blatt 2155 (Gemarkung H. , Flur 2, Flurstück 25) undBlatt 692 (Gemarkung H. , Flur 2, Flurstück 30) eingetragenen Grundstücken einzuwilligen, die auf der Fläche des ehemaligen Flurstücks 1543/87 der Flur 2 der Gemarkung N. liegen. Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1 verpflichtet ist, den über die Abvermessung ausgestellten Veränderungsnachweis zu genehmigen und der Abschreibung der abvermessenen Teilfläche auf ein neues Grundbuchblatt und der Eintragung der Kläger als Eigentümer in Erbengemeinschaft in das Grundbuch zuzustimmen. Die Beklagte zu 2 wird verurteilt, in die Abvermessung derjenigen Teilfläche aus dem im Grundbuch von H. Blatt 2107 (Gemarkung H. , Flur 2, Flurstück 23) eingetragenen Grundstück einzuwilligen, die auf der Fläche des ehemaligen Flurstücks 1543/87 der Flur 2 der Gemarkung N. liegt.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 2 verpflichtet ist, den über die Abvermessung ausgestellten Veränderungsnachweis zu genehmigen und der Abschreibung der abvermessenen Teilfläche auf ein neues Grundbuchblatt und der Eintragung der Kläger als Eigentümer in Erbengemeinschaft in das Grundbuch zuzustimmen. Die Beklagten tragen die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Kläger sind die Erben nach L. und R. S. (im Folgenden : Erblasser), die in der Bundesrepublik Deutschland lebende Eigentümer eines in der DDR gelegenen, aus dem Flurstück 1543/87 der Gemarkung N. bestehenden Grundstücks waren.
2
Das Grundstück lag in dem Gebiet, das durch Beschluss des Rates der Stadt H. von November 1981 zum Aufbaugebiet erklärt wurde. Im Zuge der Errichtung der Stadt wurden im Wege einer Umflurung durch Verschmelzung und Sonderung neue Flurstücke gebildet und in dem Bestandsblatt der Liegenschaftskartei das Volk, Rechtsträger Rat der Stadt, als Eigentümer eingetragen. Das ehemalige Flurstück 1543/87 der Gemarkung N. wurde mit Teilen eines Wohnblocks, einer Straße und eines Schulgebäudes überbaut. Eine Entscheidung über die Inanspruchnahme des Grundstücks erfolgte nicht. Streitig ist, ob das Grundbuch für das Grundstück der Kläger mit der Erklärung zum Aufbaugebiet geschlossen wurde und nur in einer Liste der Flächen aufgeführt wurde, für die es noch einer Rechtsänderung bedurfte.
3
Im Februar 1990 wurde durch den Liegenschaftsdienst des Bezirks im Grundbuchblatt des volkseigenen Grundstücks unter Bezugnahme auf Veränderungsnachweise von dem Flurstück Nr. 3 der Flur 26 mit einer Größe von
2
2 insgesamt 149.316 m eine Teilfläche von 9.365 m abgeschrieben und aus

2

dieser eine Fläche von 7.948 m auf das Grundbuchblatt 54 des Grundbuchs von H. übertragen, wobei im Bestandsblatt dieses Grundbuchblatts die alte Flurstücksnummer (1543/87) angegeben und die Erblasser als Eigentümer des Grundstücks eingetragen wurden. 1993 wurden die Kläger als Eigentümer dieses Grundstücks eingetragen.
4
1993/1994 wurde abermals eine katastermäßige Neubildung der Flurstücke vorgenommen, wobei die neuen Flurstücke 23, 25 und 30 der Flur 2 nunmehr nach den Funktionsflächen für den Wohnblock, für die Straße und für die Schule gebildet wurden. Diese Flurstücke wurden auf neue Grundbuchblätter übertragen, die keine Hinweise auf abgeschriebene Teilflächen enthielten. Mit Bescheiden des Präsidenten der Oberfinanzdirektion wurde festgestellt, dass die Beklagte zu 1 (Stadt) Eigentümerin der Flurstücke 25 und 30 der Flur 2 und die Beklagte zu 2 (Wohnungsgenossenschaft) Eigentümerin des Flurstücks 23 der Flur 2 geworden sei. Das für das Grundstück der Kläger angelegte Grundbuch wurde nachfolgend - ohne Mitteilung an diese - geschlossen. Einen von den Klägern im Jahre 1991 gestellten Antrag auf Rückübertragung nach dem Vermögensgesetz wies das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen im Juni 2008 mit der Begründung zurück, dass keine Enteignung erfolgt sei.
5
Die Kläger haben in erster Instanz die Berichtigung des Grundbuchs mit dem Ziel beantragt, als Eigentümer eingetragen zu werden. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. In der Berufungsinstanz haben die Kläger - im Hinblick darauf, dass sich ihr Grundstück nur auf Teilflächen der neu gebildeten Grundstücke erstreckt - erklärt, dass sie die Verurteilung der Beklagten zur Einwilligung der Abvermessung der Teilflächen und die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, der Abschreibung der Teilflächen und sodann der Eintragung der Kläger als Eigentümer zuzustimmen, beantragt hätten; vorsorglich haben sie dahingehende Anträge mit einer hilfsweise erhobenen Anschlussberufung geltend gemacht. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre in der Berufungsinstanz gestellten Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

6
Das Berufungsgericht meint, dass zwar die Klage mit den Anträgen auf Verurteilung der Beklagten, die Berichtigung des Grundbuchs für unvermessene Teilflächen zu bewilligen, nicht zulässig gewesen sei; zulässig seien aber die in diesen Leistungsanträgen enthaltenen Anträge auf Feststellung, dass die Beklagten verpflichtet seien, einer Abvermessung und Abschreibung der Teilflächen zuzustimmen und sodann die Eintragung der Kläger als Eigentümer zu bewilligen. Diese Anträge seien jedoch unbegründet, weil die Grundbücher auch in Bezug auf das ehemals den Klägern gehörende Grundstück nicht unrichtig seien.
7
Zwar hätten die Erblasser zu Zeiten der DDR nicht das Eigentum an dem Grundstück verloren, weil dieses nicht in Anspruch genommen und in Volkseigentum überführt worden sei. Auch habe kein nach Art. 237 § 1 Abs. 1 Satz 1 EGBGB unbeachtlicher Rechtsanwendungsfehler vorgelegen, weil nach dem Recht und der Verwaltungspraxis der DDR ein Entzug des Eigentums allein durch die Buchung eines Grundstücks als Volkseigentum nicht habe herbeigeführt werden können.
8
Die Kläger hätten aber das Eigentum an ihrem Grundstück mit Ablauf der in Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB bestimmten Ausschlussfrist verloren, weil sie nicht rechtzeitig die Buchposition der Beklagten (durch eine Klage auf Grundbuchberichtigung oder einen Antrag auf Eintragung eines Widerspruchs) angegriffen hätten, wodurch das am 3. Oktober 1990 als Volkseigentum gebuchte Grundstück Eigentum der Beklagten geworden sei.

II.

9
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
10
Die Revision hat Erfolg, weil die Klage mit den in der Berufungsinstanz klargestellten Anträgen begründet ist. Die Kläger können nach § 894 BGB von den Beklagten die Zustimmung zu der für die Eintragung des Eigentums an einer Teilfläche notwendigen Abvermessung und Grundstücksabschreibung verlangen (vgl. Senatsurteile vom 21. Februar 1986 - V ZR 246/84, NJW 1986, 1867, 1868 und vom 2. April 1993 - V ZR 14/92, NJW-RR 1993, 840, 841).
11
1. Rechtsfehlerfrei geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass die Erblasser Eigentümer eines im Grundbuch eingetragenen Grundstücks waren , von dem Teilflächen nunmehr im Bestandsverzeichnis der den Beklagten gehörenden Grundstücke gebucht sind. Dies ist auf Grund ihrer damaligen Eintragung als Eigentümer im Grundbuch nach § 7 Abs. 1 GDO-DDR (der eine § 891 BGB entsprechende Bestimmung enthielt) zu vermuten (vgl. Senat, Urteil vom 26. September 1969 - V ZR 135/66, BGHZ 52, 355, 358). Einwendungen werden insoweit von den Beklagten nicht erhoben.
12
2. Richtig ist auch, dass die Erblasser das Eigentum an dem Grundstück bis zum Ablauf des 2. Oktober 1990 nicht verloren haben.
13
Die Ausführungen des Berufungsgerichts über die für eine Enteignung notwendigen Entscheidungen eines Staatsorgans entsprechen der Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 3. November 2000 - V ZR 189/99, BGHZ 145, 383, 390 [zum Aufbaugesetz] und vom 17. März 1995 - V ZR 100/93, BGHZ 129, 112, 120 [zum Baulandgesetz]). Ebenso trifft es zu, dass weder die Umschreibung der Grundbücher unter Bezugnahme auf die Liegenschaftskartei der neu gebildeten Flurstücke mit der Eintragung von Volkseigentum noch die - hier streitige - Schließung des bisherigen Grundbuchs (zu den in Grundbuchanweisungen des zuständigen Ministers des Inneren der DDR vorgeschriebenen Eintragungen bei der Überführung von Grundstücken in das Volkseigentum : Senatsurteil vom 29. März 1996 - V ZR 326/94, BGHZ 132, 245, 259 mwN) die Eigentumsverhältnisse an dem Grundstück änderten, weil der Grundbuchvollzug als solcher kein Instrument der Enteignung darstellte (Senatsbeschluss vom 21. Juni 2000 - V ZB 32/99, NJW 2001, 683, 684).
14
3. Im Ergebnis zutreffend ist ferner die Annahme des Berufungsgerichts, dass die katastermäßige Umflurung und Buchung im Bestandsblatt als Volkseigentum keine sonstige Überführung des Grundstücks der Kläger in das Volkseigentum im Sinne des Art. 237 § 1 EGBGB darstellte, die nach dieser Vorschrift ungeachtet aller Fehler als wirksam anzusehen wäre.
15
a) Rechtlichen Bedenken begegnet allerdings die Begründung, dass das Grundstück deshalb nicht Volkseigentum geworden sein könne, weil nach den maßgeblichen Rechtsvorschriften, Verfahrensgrundsätzen und der ordnungsgemäßen Verwaltungspraxis der DDR eine Enteignung nur durch förmliche Inanspruchnahmeentscheidung und nicht durch einen Buchungsvorgang durchgeführt werden konnte.
16
Art. 237 § 1 EGBGB erfasst mit dem Tatbestandsmerkmal der „sonstigen Überführung“ nämlich auch faktische Vorgänge wie die Buchung des Grundstücks als Volkseigentum, falls dem ein staatlicher Wille und nicht nur ein Versehen zugrunde lag (Senat, Urteil vom 8. Dezember 2000 - V ZR 489/99, VIZ 2001, 213, 214; Schmidt-Räntsch, ZfIR 1997, 581, 583; MünchKommBGB /Busche, 4. Aufl., Art. 237 § 1 EGBGB Rn. 7; a.A. Czub, VIZ 1997, 561, 565 der eine auf Überführung eines Grundstücks in das Volkseigentum gerichtete Rechtshandlung für erforderlich erachtet). Entscheidend für den Bestandsschutz nach Art. 237 § 1 Abs. 1 EGBGB ist zudem nicht, ob das vorgeschriebene Verfahren durchgeführt wurde, sondern ob das angestrebte Ergebnis nach den vorhandenen Vorschriften erreichbar war (Senatsurteile vom 9. Oktober 1998 - V ZR 214/97, VIZ 1999, 38, 39 und vom 8. Dezember 2000 - V ZR 489/99, VIZ 2001, 213, 214; Schmidt-Räntsch, ZfIR 1997, 581, 583). Das ist hier zu bejahen, weil eine Inanspruchnahme des Grundstücks nach den bereits genannten Rechtsvorschriften der DDR (Aufbau- und Baulandgesetz) möglich und angesichts der baulichen Nutzung für einen neuen Stadtteil eigentlich auch geboten gewesen wäre.
17
b) Ob der Einbeziehung der Fläche des Grundstücks der Kläger in die durch Umflurung neu gebildeten, als Volkseigentum gebuchten Grundstücke ein Enteignungswille der staatlichen Organe der DDR zugrunde lag, ist nicht festgestellt, kann hier jedoch dahinstehen.
18
Die Nichtanwendung des Art. 237 § 1 EGBGB stellt sich nämlich - unabhängig davon - als im Ergebnis richtig dar. Die Vorschrift ist im Wege einer verfassungskonformen Auslegung nicht auf die Fälle anzuwenden, in denen die staatlichen Stellen der DDR ein Grundstück noch als Privateigentum behandelt haben, was hier dadurch zum Ausdruck kam, dass der Staatliche Liegenschaftsdienst der DDR ein Grundbuch für das Grundstück neu angelegt und die Erblasser als dessen Eigentümer eingetragen hat. Mit der Anerkennung auch der Überführungen in das Volkseigentum gemäß Art. 237 § 1 EGBGB, die nach Maßgabe der einschlägigen Rechtsvorschriften der DDR nicht wirksam waren, ist ein entschädigungsloser Verlust der aus dem Eigentum folgenden Rechte verbunden (vgl. Senat, Urteile vom 10. Oktober 1997 - V ZR 80/96, VIZ 1998, 94, 95 und vom 6. Juni 2003 - V ZR 320/03, VIZ 2004, 79, 81). Diese Rechtsfolge ist vor dem Hintergrund des Art. 14 GG nur dann als verhältnismäßig anzusehen, wenn den betroffenen Eigentümern eine nur noch formale Eigentumsposition verblieben war, die in der DDR nicht durchsetzbar und deshalb ohne jeden wirtschaftlichen Wert war (vgl. Senat, Urteil vom 10. Oktober 1997 - V ZR 80/96, VIZ 1998, 94, 95; BVerfG, VIZ 1998, 507, 508; EGMR, NJW 2004, 927, 929). Davon kann jedoch keine Rede sein, wenn der für das Grundbuchwesen zuständige staatliche Liegenschaftsdienst der DDR das Privateigentum an dem Grundstück - ungeachtet aller faktischen Veränderungen - respektierte und dies durch die Anlegung eines Grundbuchs für den Eigentümer dokumentierte.
19
4. Zu Unrecht nimmt das Berufungsgericht jedoch an, dass die Beklagten als Berechtigte aus der Abwicklung des ehemaligen Volkseigentums nach Art. 237 § 2 Abs. 2 Satz 1 EGBGB Eigentümer des Grundstücks der Kläger geworden seien, weil diese die Ausschlussfrist für einen Angriff gegen unrichtige Eintragungen versäumt hätten.
20
a) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass vor dem 3. Oktober 1990 im Bestandsblatt der Liegenschaftskartei (§ 105 Abs. 1 Nr. 5 GBV) Eigentum des Volkes eingetragen war, ohne dass dieses entstanden war.
21
Das Grundstück der Kläger war am 3. Oktober 1990 eine Teilfläche eines 1974 neu gebildeten, auf dem Bestandsblatt des Liegenschaftskatasters als Volkseigentum gebuchten Grundstücks, woran die Buchungsvorgänge vom 20. Februar 1990 nichts geändert hatten. Die von dem Liegenschaftsdienst beabsichtigte Berichtigung durch Abschreibung des Grundstücks der Kläger war sachenrechtlich nicht wirksam, weil nicht - wie für die Abschreibung einer Teilfläche von einem Grundstück notwendig (vgl. zur Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland: Senatsurteile vom 20. Juni 1962 - V ZR 219/60, BGHZ 37, 233, 242 und vom 25. Januar 2008 - V ZR 79/07, BGHZ 175, 123, 132 Rn. 25 mwN) - neue Grundstücke gebildet worden waren. In der DDR galten keine anderen Grundsätze. § 7 Abs. 2 Satz 1 GBVerfO-DDR enthielt eine dem § 28 Satz 1 GBO entsprechende Regelung für die Anträge. Die gemäß § 18 GDO-DDR erlassene Colido-Grundbuchanweisung sah in Nummer 25 Abs. 3 und 4 vor, dass die Abschreibung von Grundstücken und Grundstücksteilen unter Streichung einer in der Abteilung 0 eingetragenen Grundstücksnummer und unter Hinweis auf die neue Grundstücksnummer zu erfolgen habe. Dies war nicht erfolgt.
22
b) Das Berufungsgericht bejaht jedoch zu Unrecht einen Eigentumserwerb durch den Buchberechtigten selbst dann, wenn - wie hier - ein neues Grundbuchblatt für das in Privateigentum gebliebene Grundstück angelegt wurde. Wer am 3. Oktober 1990 fälschlicherweise im Grundbuch als Eigentümer eingetragen gewesen ist, hat mit Ablauf der Ausschlussfristen nach Art. 237 § 2 EGBGB das Eigentum an dem Grundstück nicht erworben, wenn am 3. Okto- ber 1990 auch der wahre Eigentümer auf einem anderen Grundbuchblatt eingetragen war. In den Fällen einer Doppelbuchung (Eintragung desselben Flurstücks auf zwei verschiedenen Grundbuchblättern) führte die gegenteilige Auslegung der Norm durch das Berufungsgericht zu dem seltsamen Ergebnis, dass mit Ablauf der Ausschlussfrist die falsche Buchung richtig und die richtige Buchung falsch geworden wäre.
23
Ein Rechtserwerb gegen den Inhalt eines Grundbuchs ist jedoch - ebenso wie bei der Ersitzung nach § 900 BGB (vgl. RGZ 56, 58, 60; Senat, Urteil vom 19. Oktober 2007 - V ZR 211/06, BGHZ 174, 61, 66) - auch nach Art. 237 Abs. 2 EGBGB nicht möglich. Der Senat hat, wenngleich in einem anderen Zusammenhang, ausgeführt, dass die richtige Eintragung des wahren Eigentümers einem gesetzlichen Eigentumserwerb aus der unrichtigen Buchposition mit dem Ablauf der Ausschlussfrist entgegensteht (vgl. Senat, Beschlüsse vom 13. Februar 2003 - V ZR 38/02, juris und vom 14. März 2003 - V ZR 280/02, VIZ 2003, 344, 345).
24
aa) Das Gegenteil lässt sich auch nicht mit dem Zweck der Norm begründen , die Eigentumslagen an Grundstücken im Beitrittsgebiet im Interesse der Rechtssicherheit - unabhängig von der materiellen Rechtslage, allein nach den Eintragungen im Grundbuch - einer endgültigen Klärung herbeizuführen. Dieser Zweck rechtfertigt, wenn sich beide Parteien auf eine Eintragung als Eigentümer berufen können, keine Entscheidung gegen den wahren Eigentümer zugunsten des Nichtberechtigten.
25
bb) Aus den knappen Gesetzesmaterialen (BT-Drs. 13/7275, S. 33 f.) und aus den von dem Berufungsgericht zitierten Erläuterungen (SchmidtRäntsch , VIZ 1997, 449, 453) lässt sich für eine derartige Regelungsvorstellung nichts entnehmen. Aus diesen ergibt sich vielmehr, dass der Gesetzgeber nur die Fälle im Auge hatte, in denen es für das jeweilige Grundstück allein die unrichtige Eintragung gab. Doppelbuchungen von Volks- und Privateigentum lagen außerhalb der Vorstellung und des Regelungswillens des Gesetzgebers.
26
cc) Schließlich ist es ein Gebot der verfassungskonformen Auslegung, die Vorschrift nicht gegen den im Grundbuch eingetragenen Eigentümer anzuwenden. Das Verstreichen der Ausschlussfrist in Art. 237 § 2 EGBGB führt - ebenso wie die Anerkennung zwar nicht rechtswirksamer, aber in der DDR faktisch unangreifbarer Enteignungen nach Art. 237 § 1 EGBGB - zu einem entschädigungslosen Entzug von Eigentümerrechten. Die Regelung stellt nur deshalb eine verhältnismäßige Eigentumsbeschränkung nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar, weil die von dem Eigentumsverlust bedrohten Eigentümer durch die Nichteintragung ihres Eigentums Anlass und von dem Beitritt an auch acht Jahre lang Zeit hatten, ihre Eigentümerrechte geltend zu machen und damit den Rechtsverlust zu vermeiden (Senat, Urteil vom 6. Juni 2003 - V ZR 320/02, VIZ 2004, 79, 81; BVerfG, LKV 2006, 123). Bei einer Anwendung der Ausschlussfrist auf Doppelbuchungen wäre dem im Grundbuch eingetragenen Eigentümer eine (dem System der Bürgerlichen Rechts widersprechende) Obliegenheit auferlegt worden, sein eingetragenes Recht gegenüber einem aus den Eintragungen auf einem anderen Grundbuchblatt Berechtigten - notfalls gerichtlich - durchzusetzen; andernfalls wäre es trotz richtiger Eintragung mit Ablauf der Ausschlussfrist zu einem Rechtsverlust ohne jeden Ausgleich gekommen. Das wäre eine mit Art. 14 GG unvereinbare, einseitige Entscheidung des Konflikts zwischen zwei nach dem Grundbuch Berechtigten zum Nachteil des wahren Eigentümers.
27
c) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ist es auch nicht entscheidend , dass mit der Neuanlegung des Grundbuchs durch den Liegenschaftsdienst der DDR kein Grundstück im Rechtssinne wieder entstanden war, weil es einen räumlich abgegrenzten Teil der Erdoberfläche, der im Bestandsverzeichnis des Grundbuchblatts für das Grundstück der Kläger unter Nummer 1543/87 der Gemarkung N. gebucht war, nicht mehr gab.
28
Darauf kommt es nicht an, weil es bei der Auslegung des Art. 237 § 2 EGBGB nicht um den öffentlichen Glauben der Eintragungen im Bestandsverzeichnis (dazu: Senat, Urteil vom 5. Dezember 2005 - V ZR 11/05, NJW-RR 2006, 662, 663), sondern um die Voraussetzungen eines gesetzlichen Erwerbs des Eigentums durch Nichteigentümer geht. Mit Art. 237 § 2 EGBGB hat der Gesetzgeber im Hinblick auf die Rechtverhältnisse in der DDR einen besonderen Erwerbstatbestand aus in der DDR begründeten Buchpositionen geschaffen , wobei er sich wegen der Obliegenheit des wahren Eigentümers, seine Ansprüche aus dem Eigentum zur Vermeidung eines Rechtsverlust innerhalb einer Frist von acht Jahren seit dem Beitritt geltend zu machen, an dem Verwirkungsgedanken orientiert hat (vgl. Senat, Urteil vom 6. Juni 2003 - V ZR 320/02, VIZ 2004, 79, 80; Schmidt-Räntsch, ZfIR 1997, 581, 585). Demjenigen, der als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist, kann jedoch nicht - wie einem nicht eingetragenen Berechtigten - zur Last gelegt werden, sich nicht rechtzeitig um die Herstellung eines die wahre Rechtslage wiedergebenden Grundbuchs gekümmert zu haben. War der wahre Eigentümer bereits am 3. Oktober 1990 im Grundbuch eingetragen, vermag auch der Hinweis auf die Rechtswirklichkeit in der DDR (nachlässiger Umgang mit Rechtsvorschriften; faktische Unangreifbarkeit der Eintragungen von Volkseigentum) es nicht zu rechtfertigen, das Vertrauen des Inhabers einer Buchposition auf die unrichtige Eintragung stärker zu schützen als das des Eigentümers auf eine richtige Eintragung. In diesen Fällen fehlt es vielmehr an einer Voraussetzung des gesetzlichen Erwerbstatbestands nach Art. 237 § 2 EGBGB.

III.

29
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger Stresemann Czub
Brückner Weinland

Vorinstanzen:
LG Halle, Entscheidung vom 04.03.2010 - 6 O 516/09 -
OLG Naumburg, Entscheidung vom 18.02.2011 - 12 U 32/10 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 09. März 2012 - V ZR 61/11

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 14


(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All
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Steht der Inhalt des Grundbuchs in Ansehung eines Rechts an dem Grundstück, eines Rechts an einem solchen Recht oder einer Verfügungsbeschränkung der in § 892 Abs. 1 bezeichneten Art mit der wirklichen Rechtslage nicht im Einklang, so kann derjenige,

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Grundbuchordnung - GBO | § 28


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Oberlandesgericht Naumburg Urteil, 14. Jan. 2015 - 12 U 15/14

bei uns veröffentlicht am 14.01.2015

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das am 19. Dezember 2013 verkündete Einzelrichterurteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Halle teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Die Berufung der Klägerin gegen das am 19.

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Steht der Inhalt des Grundbuchs in Ansehung eines Rechts an dem Grundstück, eines Rechts an einem solchen Recht oder einer Verfügungsbeschränkung der in § 892 Abs. 1 bezeichneten Art mit der wirklichen Rechtslage nicht im Einklang, so kann derjenige, dessen Recht nicht oder nicht richtig eingetragen oder durch die Eintragung einer nicht bestehenden Belastung oder Beschränkung beeinträchtigt ist, die Zustimmung zu der Berichtigung des Grundbuchs von demjenigen verlangen, dessen Recht durch die Berichtigung betroffen wird.

(1) Ist im Grundbuch für jemand ein Recht eingetragen, so wird vermutet, dass ihm das Recht zustehe.

(2) Ist im Grundbuch ein eingetragenes Recht gelöscht, so wird vermutet, dass das Recht nicht bestehe.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 189/99 Verkündet am:
3. November 2000
R i e g e l ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
-----------------------------------
EinigVtr Art.19; VermG § 1; EGBGB Art. 237 § 1; InVorG § 2;
DDR:PartG § 20 b; DDR:AufbauG § 14

a) Enteignungen aus der Zeit der DDR, deren Folgen nicht besonders (etwa im Vermögensgesetz
) geregelt sind, bleiben unbeachtlich, wenn sie nach der damaligen
Rechtslage keine Wirksamkeit erlangt haben und nicht dem Bestandsschutz des
Art. 237 § 1 EGBGB unterfallen (im Anschluß an BGHZ 129, 112).

b) Enteignungen zugunsten des Parteivermögens (hier: Organisationseigener Betrieb
) nehmen am Bestandsschutz des Art. 237 § 1 EGBGB nicht teil.

c) Zivilrechtliche Ansprüche des Eigentümers scheitern nicht daran, daß das Grundstück
Gegenstand eines Investitionsvorrangbescheids geworden ist.

d) Enteignungen nach dem Aufbaugesetz der DDR bedurften zu ihrem Wirksamwerden
der Bekanntgabe an den Betroffenen.
BGH, Urt. v. 3. November 2000 - V ZR 189/99 - OLG Dresden
LG Chemnitz
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. November 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die
Richter Tropf, Schneider, Dr. Klein und Dr. Lemke

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 31. März 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die am 16. Oktober 1984 verstorbene, zuletzt in der Bundesrepublik wohnhaft gewesene, E. K. war Eigentümerin des seinerzeit im Grundbuch von A. eingetragenen Grundstücks Flurstück 100. Am 29. Mai 1984 ersuchte der Rat des Kreises F. den Liegenschaftsdienst des Bezirks, das Grundstück, das gemäß § 14 des Aufbaugesetzes der DDR am 1. Januar 1984 in Anspruch genommen und gemäß § 16 Abs. 2 des Entschädigungsgesetzes mit Wirkung vom gleichen Tage in das sozialistische Eigentum übergegangen sei, "auf Eigentum des Organisationseigenen Betriebes, Fundament B. , umzuschreiben". Dieser wurde daraufhin am 8. Juni 1984 auch als Ei-
gentümer in das Grundbuch eingetragen. Sein Vermögen wurde nach dem Parteiengesetz der DDR unter treuhänderische Verwaltung der Beklagten zu 1 gestellt, die das Grundstück Flurstück 100/1, in das das Flurstück 100 aufgegangen war, am 29. Dezember 1993 an den Beklagten zu 2 verkaufte. Zu dessen Gunsten wurde eine Auflassungsvormerkung in das Grundbuch eingetragen. R. K. stellte als Erbe seiner Ehefrau im September 1990 einen Antrag auf Rückübertragung der dem früheren Grundstück entsprechenden Teilfläche des Grundstücks Flurstück 100/1 und trat diesen Anspruch in einem notariellen Kaufvertrag vom 28. August 1991 unter gleichzeitiger Auflassung an den Kläger ab. Über das Bestehen des Anspruchs ist ein Rechtsstreit vor dem Verwaltungsgericht anhängig.
Der Kläger hat die Beklagte zu 1 auf Zustimmung zur Abschreibung einer dem früheren Flurstück 100 entsprechenden Teilfläche und auf Berichtigung des Grundbuchs in Anspruch genommen. Von dem Beklagten zu 2 hat er die Zustimmung zur Berichtung des Grundbuchs durch Löschung der Auflassungsvormerkung , soweit sie die abzuschreibende Teilfläche zum Gegenstand hat, verlangt. Die Klage ist in den Tatsacheninstanzen erfolglos geblieben. In der Revisionsinstanz verfolgt der Kläger seine Anträge mit der Maßgabe weiter , daß er hilfsweise Berichtigung zu Gunsten des R. K. v erlangt. Die Beklagten verweigern die Einlassung auf den Hilfsantrag, der Beklagte zu 2 rügt Klageänderung. Im übrigen beantragen die Beklagten die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht geht davon aus, daß das Grundstück Flurstück 100 enteignet worden ist. Die festgestellten vorbereitenden und vollziehenden Maßnahmen, darunter die Zuführung einer Entschädigungssumme auf ein Devisenausländerkonto, ließen den Schluß auf einen willensgetragenen Entscheidungsvorgang zu. Aus dem Fehlen eines Inanspruchnahmebescheides in den Akten könne kein sicherer Schluß darauf gezogen werden, daß ein solcher Bescheid nicht ergangen sei. Fehler der Enteignung seien entsprechend Art. 237 § 1 EGBGB geheilt. Die Heilung ausschließende Mängel lägen nicht vor. Dem Unterbleiben der Bekanntgabe an die Eigentümerin sowie dem Umstand, daß eine Erweiterung des Anwendungsbereichs des Aufbaugesetzes nach den Verwaltungsvorschriften der DDR auf die Enteignung zugunsten volkseigener oder staatlicher Einrichtungen beschränkt gewesen sei, komme keine dahingehende Wirkung zu.
Dies hält den Angriffen der Revision nicht stand.

II.


Die Prozeßführungsbefugnis des Klägers ist allerdings zu bejahen. Dem Kläger stehen die aus dem Eigentum hergeleiteten Ansprüche (§§ 903, 894 BGB) zwar nicht aus eigenem Recht zu. Die Abtretung des Rückgewähranspruchs und die Auflassung des (unvermessenen) Grundstücksteils rechtferti-
gen aber die Geltendmachung der Eigentümerrechte in gewillkürter Prozeßstandschaft. Die Ermächtigung des Klägers hierzu ergibt sich aus dem Zweck und dem Gesamtzusammenhang des Kaufs, insbesondere dem Umstand, daß die Abtretung unabhängig von der Fälligkeit des Kaufpreisanspruchs bereits vorweg erklärt worden war. Die Bildung des neuen Grundstücks ist Voraussetzung für den Vollzug des Kaufvertrags, die beantragte Grundbuchberichtigung erleichtert dessen Vollzug (§ 39 GBO). Für die Löschung der zugunsten des Beklagten zu 2 eingetragenen Auflassungsvormerkung gilt Entsprechendes. Eine Beeinträchtigung der Rechte der Beklagten ist nicht erkennbar, wird von diesen auch nicht geltend gemacht. Die Geltendmachung der fremden Rechte in Prozeßstandschaft ergibt sich daher bei sachgerechter Auslegung bereits aus den in den Tatsacheninstanzen gestellten, in der Revisionsinstanz weiter verfolgten Anträgen. Auf die Hilfsanträge kam es daher nicht mehr an.

III.


1. Rechtlich zutreffend geht das Berufungsgericht auch davon aus, daß die vom Kläger erhobenen Ansprüche nicht durch das Vermögensgesetz ausgeschlossen sind (grundlegend dazu Senat, BGHZ 118, 34). Der Senat teilt die Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts, daß Enteignungen nach dem Baulandgesetz der DDR (BGHZ 129, 112, 114) oder, wie hier, nach dem Aufbaugesetz (vgl. Senat, Urt. v. 14. Februar 1997, V ZR 312/95, WM 1997, 775 f) von den Tatbeständen des § 1 Abs. 1 Buchst. a und b VermG (diskriminierende Enteignung) grundsätzlich nicht erfaßt sind. Für den möglichen Ausnahmefall, daß durch interne Anweisungen die Pflicht zur Entschädigung generell außer Kraft gesetzt oder lediglich zum Schein aufrechterhalten wurde, ist angesichts
der Feststellung des Berufungsurteils, eine Entschädigung sei auf ein Devisenausländerkonto geflossen, kein Raum. Eine unlautere Machenschaft (§ 1 Abs. 3 VermG), die grundsätzlich jede Art des Rechtserwerbs, einschließlich hoheitlicher Erwerbsakte in Form willkürlicher Enteignungen, erfaßt (BVerwG VIZ 1994, 185), liegt nicht vor. Die - auch zielgerichtete - Nichtbeteiligung des in der Bundesrepublik wohnhaften Eigentümers am Enteignungsverfahren begründet den Schädigungstatbestand des § 1 Abs. 3 VermG nicht, denn sie hat nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der Senat folgt, den hoheitlichen Zugriff auf das Eigentum nicht erst ermöglicht (BVerwG VIZ 1997, 160; BVerwGE 104, 186; anders bei Nichtbeteiligung von DDR-Bürgern, Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 147 und bei Westeigentümern in der Spätphase der DDR, VIZ 1999, 523).
2. Rechtlich unzutreffend ist der vom Revisionsbeklagten zu 2 aus § 29 Abs. 2 VermG gezogene Schluß, wegen des dem Kauf vom 29. Dezember 1993 zugrundeliegenden Investitionsvorrangbescheids (§ 25 Abs. 3, § 11 Abs. 6 InVorG) sei der Kläger darauf verwiesen, die Rechte des Restitutionsbeteiligten nach Abschn. VI des Vermögensgesetzes feststellen zu lassen. Ein Investitionsvorrangbescheid steht nur der Rückübertragung des Vermögenswertes auf den Berechtigten nach den Vorschriften des Vermögensgesetzes entgegen. Er beschränkt diesen auf die Feststellung seiner Rechte im Verwaltungsverfahren. Zivilrechtliche Ansprüche bleiben hiervon unberührt (Uechtritz in: RVI, § 2 InVorG Rdn. 46; Jesch in: Jesch/Ley/Racky/Winterstein/Kuhn, InVorG , 2. Aufl., § 1 Rdn. 5). Verfehlt wäre es, aus § 29 Abs. 2 VermG herzuleiten , die Vorschriften über das Parteivermögen zählten materiell zum Restitutionsrecht im Sinne des Vermögensgesetzes. Die Vorschrift ist eine Kompetenznorm , die es dem Bundesamt zur Regelung offener Vermögensfragen erlaubt,
(unmittelbar) über gegen das Parteivermögen gerichtete Restitutionsansprüche zu befinden. Inhaltlich steht die bestimmungsgemäße Verwaltung von Parteiund Organisationsvermögen nach Maßgabe d des Einigungsvertrages zu §§ 20 a, 20 b des Parteiengesetzes der DDR (BGBl. 1990 II, S. 889, 1150) der Geltendmachung von zivilrechtlichen Ansprüchen des wahren Eigentümers nicht entgegen. Zwischen den für das Partei- und Organisationsvermögen geltenden Verwaltungsrichtlinien und den Mängelfolgen des Zivilrechts besteht kein Wertungswiderspruch. Ein redlicher Erwerb zugunsten des Altvermögens der Parteien und Institutionen findet nicht statt.

IV.


Zu Unrecht bejaht das Berufungsgericht aber eine Enteignung der früheren Eigentümerin E. K. oder ihres Rechtsnachfolgers.
1. Der vom Berufungsgericht anhand vorbereitender (Beschaffung von Grundbuch- und Katasterauszügen) und vollziehender (Eintrag des Eigentumswechsels im Grundbuch, Anlegen des Devisenausländerkontos) Maßnahmen rechtsfehlerfrei festgestellte Enteignungswille der damaligen Stellen und der anschließend eingetretene tatsächliche Zustand reichen zur Bejahung eines wirksamen Eigentumsentzugs nicht aus. Allerdings geht der Senat für den Bereich der Entschädigungstatbestände des Vermögensgesetzes (§ 1 Abs. 1 bis Abs. 3 VermG) und bei besatzungsrechtlichen oder besatzungshoheitlichen Zugriffen (§ 1 Abs. 8 Buchst. a VermG) von einer faktischen Sichtweise aus, die sich von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Vermögensgesetz (BVerwGE 104, 84, 87; VIZ 2000, 594) zwar im Ausgangspunkt,
regelmäßig aber nicht in den Folgen unterscheidet (zum Vermögensgesetz: BGHZ 130, 231; Beschl. v. 21. Juni 2000, V ZB 32/99, zur Veröffentlichung bestimmt ; zur besatzungshoheitlichen Enteignung Beschl. v. 30. Oktober 1997, V ZB 8/96, WM 1998, 83; Urt. v. 16. Oktober 1998, V ZR 65/97, WM 1999, 192). Außerhalb dieses Bereichs stellt der Senat an die zivilrechtliche Beachtlichkeit einer Enteignung aus der DDR-Zeit aber die Anforderung, daß diese - unbeschadet ihr anhaftender Mängel - nach dem damals geltenden Recht Wirksamkeit erlangt hat (Art. 19 EV; BGHZ 129, 112, 116 ff; vgl. Urt. v. 12. Mai 2000, V ZR 47/99, WM 2000, 1758). Dies berücksichtigt, daß den Enteignungstatbeständen des Vermögensgesetzes Ansprüche auf Restitution oder Entschädigung gegenüberstehen (§§ 3 ff VermG; §§ 1 ff EntschädigungsG) und die von der Besatzungsmacht zu verantwortenden Eingriffe an einem besonderen verfassungsrechtlichen Maßstab zu messen sind (BVerfGE 84, 90; ZIP 1996, 886). Anderen Enteignungen steht, von besonderen Sachgestaltungen, etwa nach dem verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz, abgesehen, kein Ä quivalent gegenüber. Diese, einem rechtsstaatlichen Mindeststandard verpflichtete, Rechtsprechung ist auch durch den mit Wirkung vom 24. Juli 1997 geschaffenen Art. 237 § 1 EGBGB (zur Vereinbarkeit mit dem Verfassungsrecht : Senatsurt. v. 10. Oktober 1997, V ZR 80/96, WM 1998, 81) nicht überholt. Denn von dem dort angeordneten Bestandsschutz sind Maßnahmen ausgenommen, die mit rechtsstaatlichen Grundsätzen schlechthin unvereinbar sind, in schwerwiegender Weise gegen die Prinzipien der Gerechtigkeit, der Rechtssicherheit oder der Verhältnismäßigkeit verstoßen oder Willkürakte dargestellt haben. Aufgrund solcher Umstände unwirksame Zugriffe bleiben unbeachtlich.
Die Rechtsprechung des Senats stimmt mit der Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts überein. Dieses hat zwar in einer Entscheidung vom 20. März 1997 offengelassen, ob der Rechtsprechung des Senats zur Enteignung nach dem Baulandgesetz (BGHZ 129, 112) uneingeschränkt gefolgt werden könne und hat zum Aufbaugesetz die Meinung vertreten, Enteignungsbeschlüsse entbehrten nicht deshalb der Wirksamkeit, weil sie dem Verfügungsberechtigten oder dem Eigentümer nicht bekannt gegeben worden sind (BVerwGE 104, 186, 192 s. bereits oben zu III 1). Die Entscheidung hatte indessen eine Enteignung im Sinne des Vermögensgesetzes zum Gegenstand. Außerhalb des Vermögensgesetzes geht das Bundesverwaltungsgericht wie der Senat davon aus, daß sich wegen Art. 19 Satz 3 des Einigungsvertrags niemand auf einen Verwaltungsakt berufen kann, der, weil ihm ein schwerer und offenkundiger Fehler anhaftet, nichtig ist; dabei ist, was auch der Senat meint, auf die DDR-Rechtslage (unter Einschluß der "gelebten Rechtswirklichkeit" ) zum Zeitpunkt des Erlasses der Verwaltungsentscheidung abzustellen (NJ 2000, 209, 210).
2. Eine wirksame Enteignung liegt hier nicht vor. Dies gilt, wenn, wovon für die Revisionsinstanz auszugehen ist, ein Inanspruchnahmebescheid unterblieben ist, ohnehin. Ist ein Bescheid ergangen, ist er wegen der unterbliebenen Bekanntgabe an den Eigentümer nicht wirksam geworden. Die Enteignung nach dem Aufbaugesetz der DDR weist in diesem Punkt keine Züge auf, die eine abweichende Entscheidung gegenüber der für das Baulandgesetz getroffene Entscheidung (BGHZ 129, 112) rechtfertigen. Die Erklärung einer Stadt, eines Kreises, einer Gemeinde oder eines Gemeindeteils zum Aufbaugebiet durch die Regierung der DDR, von der das Berufungsurteil aufgrund eines Bestätigungsvermerks vom 14. Dezember 1983 über den Inhalt des Aufbauregi-
sters (§ 1 Abs. 3 DVO-AufbauG) ausgeht, bewirkte als solche nicht die Inanspruchnahme der im Aufbaugebiet gelegenen Flächen. Sie war vielmehr nach § 14 Abs. 2 AufbauG Grundlage für eine Inanspruchnahme von Grundstücken in diesem Gebiet und für eine damit verbundene dauernde oder zeitweilige Beschränkung oder Entziehung des Eigentums. Die Inanspruchnahme des einzelnen Grundstücks erfolgte seitens des Ministeriums des Inneren durch Zustellung eines Bescheids an den Verfügungsberechtigten und den Träger der Aufbaumaßnahme (§ 3 Abs. 2 DVO-AufbauG). Gemäß § 9 EntschädigungsG vom 25. April 1960 (GBl. I 257) gingen die in Anspruch genommenen Grundstücke mit dem Zeitpunkt der Inanspruchnahme in das Eigentum des Volkes über. Die Bekanntgabe des Inanspruchnahmebescheides an den Betroffenen, für den die Verordnung überdies die förmliche Zustellung vorsah, war mithin, wie beim späteren Baulandgesetz, konstitutiv für das Wirksamwerden der Entscheidung. Daß das Verfahren der Inanspruchnahme nicht, wie im späteren Recht (§ 20 BaulandG), bereits im Gesetz selbst, sondern erst in den Durchführungsbestimmungen geregelt war (vgl. im übrigen § 9 DVO-BaulandG), macht keinen durchgreifenden Unterschied. Damit weicht der Senat nicht von der Rechtsprechung des IX. Zivilsenats ab. Dieser hat die Auffassung vertreten , die Zustellung des Bescheids an den Verfügungsberechtigten gemäß § 3 Abs. 2 DVO-AufbauG sei nicht Wirksamkeitsvoraussetzung der Inanspruchnahme (Beschl. v. 29. Februar 1996, IX ZR 201/94, VIZ 1996, 397). Er hat seine Entscheidung indessen (mit) darauf gestützt, daß die Inanspruchnahme dem seinerzeit Verfügungsberechtigten, dem vorläufigen Verwalter des Grundstücks , zur Kenntnis gebracht worden war. Weitergehende Anforderungen sind auch nach der Rechtsprechung des Senats nicht zu stellen.

V.


Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nimmt der Erwerb des Organisationseigenen Betriebes nicht am Bestandsschutz des Art. 237 § 1 EGBGB teil.
1. Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Berufungsurteils, wonach die Vorschrift allein die Überführung von Grundstücken oder Gebäudeeigentum in Volkseigentum zum Gegenstand hat. Einer analogen Anwendung auf sonstiges sozialistisches Eigentum, die das Berufungsurteil bejaht, stehen durchgreifende Bedenken entgegen. Diese richten sich bereits gegen den Ansatz des Berufungsurteils , das auf die Stellung der verschiedenen Formen des sozialistischen Eigentums im Recht der früheren DDR abhebt (vgl. §§ 17 ff ZGB) und daraus Schlüsse auf deren Wesensähnlichkeit zieht. Art. 237 § 1 EGBGB ist kein Gesetz zum Schutz des Bestandes des Volkseigentums. Dieses ist mit dem Beitritt erloschen. Der Zweck der Vorschrift besteht darin, ehedem als Volkseigentum ausgewiesene Flächen im Interesse der von den neu entstandenen Gemeinden gegründeten Wohnungsbaugesellschaften, die große Grundstücksbestände von ehemaligen Trägern des Volkseigentums übernommen und nach Aufdeckung der Rechtslage Liquiditätsschwierigkeiten angemeldet hatten (vgl. Fritsche, LKV 1995, 308; Grün, ZIP 1997, 491 f), als Eigentum im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuerkennen. Nicht zum Volkseigentum zählendes sozialistisches Eigentum, etwa das Eigentum der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften, oder das zwar private, weitgehend aber staatlich gebundene Bodenreformeigentum unterlagen eigenen Zuordnungsregelungen (Landwirtschaftsanpassungsgesetz, Vorschriften zur Überleitung der Bodenreform, Art. 233 §§ 11 ff EGBGB). Die Konfliktslage, der
Art. 237 § 1 EGBGB abzuhelfen sucht, insbesondere das Anliegen, fiskalische und privat-öffentliche Interessen zu schützen, ist dort nicht in gleicher Weise hervorgetreten oder in anderer Weise geregelt worden (zum Bodenreformeigentum vgl. Senat, Urt. v. 4. Februar 2000, V ZR 260/98, WM 2000, 834, 836). Zudem war die Rechtsprechungsdifferenz zwischen dem Bundesgerichtshof und dem Bundesverwaltungsgericht, zu deren Behebung die Bestandsschutznovelle beitragen wollte (vgl. Beschlußempfehlung und Beschluß des Rechtsausschusses des Bundestages vom 20. März 1997, BT-Drucks. 13/7275 S. 10, 35 f), auf Fragen des Volkseigentums beschränkt. Dies zeigt zugleich die Grenzen der Analogiefähigkeit der gefundenen Regelung auf (vgl. MünchKomm-BGB/Busche, 3. Aufl., Art. 237 § 1 Rdn. 8; Czub, VIZ 1997, 561, 564). Jedenfalls kommt im Bereich des Partei- und Organisationsvermögens eine analoge Anwendung nicht in Frage. Nach Art. 20 b Abs. 2 ParteiG-DDR unterliegt deren am 7. Oktober 1989 vorhandenes Vermögen der Verwaltung der Beklagten zu 1 und ist nach der Maßgabe des Einigungsvertrags an die früher Berechtigten oder deren Rechtsnachfolger zurückzuführen, andernfalls zugunsten gemeinnütziger Zwecke zu verwenden; nachweislich nach materiellrechtsstaatlichen Grundsätzen erworbene Werte sind den Einrichtungen zurückzugeben. Eine Ausweitung des rechtlichen Bestands des Alteigentums durch "Heilung" von Erwerbsmängeln ist mit dieser Zielsetzung nicht verbunden.
2. Entgegen der Auffassung der Beklagten zu 1 rechtfertigt sich eine Analogie auch nicht aus den Zwecken des Investitionsvorranggesetzes. Denn dieses läßt, wie dargestellt (Abschn. III 2), zivilrechtliche Ansprüche unberührt.

VI.


Die Sache ist zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 ZPO). Denn dieses hat, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, die Frage, ob der Beklagte zu 2 die Auflassungsvormerkung kraft öffentlichen Glaubens des Grundbuchs erworben hat (§ 893, 2. Alt., § 892 BGB; Senat, BGHZ 25, 16, 23; 28, 182, 185 f), offengelassen. Ist die Frage zu bejahen, bleibt dies auch nicht ohne Auswirkungen auf die gegen die Beklagte zu 1 erhobenen Ansprüche. Der Beklagte zu 2 könnte in diesem Falle, wenn das Grundbuch zugunsten von R. K. berichtigt würde, von diesem die Zustimmung zum Vollzug einer von ihm mit der Beklagten zu 1 vereinbarten (oder noch zu vereinbarenden) Auflassung verlangen (§§ 883 Abs. 2, 888 BGB entspr.; vgl. Senat, BGHZ 57, 341, 343; Urt. v. 17. Juni 1994, V ZR 204/92, NJW 1994, 2947). In diesem Falle kann das Berichtigungsverlangen gegenüber der Beklagten zu 1 gegen § 242 BGB verstoßen.
Wenzel Tropf Schneider Klein Lemke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 32/99
vom
21. Juni 2000
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
-----------------------------------
GVG § 13; VermG § 1 Abs. 1 Buchst. a und b; EGBGB Art. 237 § 1

a) Der Rechtsweg zu den Zivilgerichten ist nicht bereits deshalb ausgeschlossen,
weil nach dem Vortrag des Klägers die Möglichkeit, nicht aber die Gewißheit besteht
, daß das umstrittene Grundstück Gegenstand einer Enteignung im Sinne
des Vermögensgesetzes gewesen ist.

b) Ist ein von einer Enteignungsmaßnahme (formell) nicht erfaßtes Grundstück
gleichwohl im Sinne des Vermögensgesetzes als enteignet anzusehen, ist der
Rechtsweg zu den Zivilgerichten für Ansprüche aus dem Eigentum dann nicht
ausgeschlossen, wenn die Enteignung nach dem Aufbaugesetz der DDR hätte
erfolgen müssen; dem Bestandsschutz des Volkseigentums (Art. 237 § 1 EGBGB)
kommt Bedeutung erst für die Begründetheit der Klage zu.
BGH, Beschl. v. 21. Juni 2000 - V ZB 32/99 - OLG Hamm
LG Bochum
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 21. Juni 2000 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die Richter Dr. Lambert-Lang, Tropf,
Dr. Klein und Dr. Lemke

beschlossen:
Die weitere sofortige Beschwerde gegen den Beschluß des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 16. Juni 1999 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert beträgt 50.000 DM.

Gründe:


I.


Die Kläger sind Erbeserben der 1948 verstorbenen S. B. . Diese war im Grundbuch von O. Blatt 1689 als Eigentümerin einer Reihe von Grundstücken, darunter des Grundstücks Flurstück 321/1, eingetragen. Die Grundstücke wurden 1952 unter staatliche Verwaltung gestellt. Aufgrund eines Inanspruchnahmebescheids vom 6. November 1956 nach dem Aufbaugesetz der DDR wurde am 21. März 1957 ein Aufbauvermerk in das Grundbuch eingetragen. Dieser hatte das Grundstück Flurstück 321/1 nicht zum Gegenstand. Gemäß Ersuchen des Rates des Kreises vom 22. Oktober 1985 wurde am 29. Oktober 1985 S. B. als Eigentümerin im Grundbuch gelöscht und Eigentum des Volkes vermerkt. Ein von den Klägern vorge-
legtes Ersuchen um Eintragung des Volkseigentums (Rechtsträgernachweis) vom 22. Oktober 1985 hat das Grundstück Flurstück 1593/321 zum Gegenstand , auf das sich der Aufbauvermerk (neben anderen Flächen) bezog. Im neu angelegten Grundbuch Blatt 121 wurde das bisherige Grundstück Flurstück 321/1 aufgrund einer zurückliegenden Neuvermessung zusammen mit anderen Flächen als Flurstück 70/5 vorgetragen. Eingetragener Rechtsträger war der VEB Bandstahlkombinat E. -Kaltwalzwerk O. , aus dem die K. O. GmbH (KSO) hervorgegangen ist, die später mit der Beklagten verschmolzen wurde. Die KSO verkaufte am 18. Juni 1993 u.a. das Grundstück Flurstück 70/5 an einen Verbrauchermarkt. Die Kläger verlangen die Auskehrung des auf die Fläche des ehemaligen Grundstücks Flurstück 321/1 entfallenden Kaufpreisanteils.
Das Landgericht hat nach Rüge der Beklagten im Vorabverfahren die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Zivilgerichten bejaht. Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde der Beklagten zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die zugelassene weitere Beschwerde der Beklagten.

II.


Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 17 a Abs. 4 GVG, § 577 ZPO), aber nicht begründet.
1. a) Das Oberlandesgericht geht mit der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 129, 112; für Enteignungen auch Urt. v. 10. November 1995, V ZR 179/94, WM 1996, 89; ferner Urt. v. 14. Februar 1997, V ZR 312/95, WM
1997, 775) davon aus, daß das Vermögensgesetz zivilrechtliche Ansprüche nur dann verdrängt, wenn ein Restitutionstatbestand nach diesem Gesetz erfüllt ist. Zutreffend läßt es auch für den Ausschluß des Rechtswegs zu den Zivilgerichten (BGHZ 118, 34, 44; Beschl. v. 17. Juni 1993, V ZB 31/92, WM 1993, 1554) nicht genügen, daß nach dem maßgeblichen Vortrag des Klägers ein Restitutionstatbestand (nur) möglicherweise vorliegt. Ein die Ausschlußwirkung des Vermögensgesetzes begründendes tatsächliches Vorbringen stellt aus der Sicht des sachlichen Rechts gegenüber den anspruchsbegründenden Tatsachen eine (rechtshindernde) Einwendung dar (Senat, Urt. v. 9. Juli 1993, V ZR 262/91, WM 1993, 1643). Dies schlägt auch auf die verfahrensrechtliche Frage des Ausschlusses des Rechtswegs durch. Der für den bürgerlichrechtlichen Anspruch, hier u.a. § 816 BGB, begründete Rechtsweg (§ 13 GVG) entfällt nur, wenn die verfahrensrechtliche Ausschlußwirkung feststeht.

b) Die Würdigung des tatsächlichen Vorbringens des Klägers, daß sich ein die Enteignungstatbestände des § 1 Abs. 1 Buchst. a und b VermG erfüllender Enteignungswille nicht feststellen lasse, unterliegt rechtlich keinen Bedenken (§ 286 ZPO). Nach der Rechtsprechung des Senats stellten der Rechtsträgernachweis, der Antrag auf Eintragung des Volkseigentums in das Grundbuch und dessen Vollzug als solche keine Instrumente der Enteignung dar (Urt. v. 7. Juli 1995, V ZR 46/94, WM 1995, 1848; v. 10. November 1995, V ZR 179/94, aaO; BGHZ 132, 245, 253; Urt. v. 30. April 1999 und 21. Mai 1999, V ZR 409/96 und V ZR 391/97 unv.). Sie können allerdings, wie der Senat auch hervorgehoben hat, Anzeichen eines konstitutiven, von der herangezogenen Rechtsgrundlage gelösten Enteignungswillens sein (Beschl. v. 30. Oktober 1997, V ZB 8/96, WM 1998, 83; Urt. v. 24. April 1998, V ZR 22/97, VIZ 1998, 475; v. 16. Oktober 1998, V ZR 65/97, WM 1999, 192). Hiervon ist
der Senat vor allem in Fällen ausgegangen, in denen von besatzungshoheitlichen Enteignungslisten nicht erfaßte Vermögenswerte von Stellen der SBZ oder Organen der DDR, unmittelbar nach deren Gründung, in freier, von der angegebenen Rechtsgrundlage gelöster, Machtentfaltung konfisziert worden waren. In diesem Zusammenhang hat der Senat der dauernden Inbesitznahme des Objekts durch den Staat und der Wahrnehmung der Eigentümerbefugnisse durch diesen eine besondere Bedeutung zuerkannt. Das Oberlandesgericht war indessen rechtlich nicht gehalten, diesen Umständen für den von ihm zu beurteilenden Sachverhalt das gleiche Gewicht beizumessen. Der Schluß von der tatsächlichen Inbesitznahme auf einen, von den Voraussetzungen des Rechts gelösten Enteignungswillen liegt unter den Verhältnissen nach der Konsolidierung der DDR und dem Ausbau der sozialistischen Gesetzlichkeit, die hier zur Beurteilung stehen, nicht in gleicher Weise nahe, wie vordem. Raum für das Eigentum respektierende Rechtsgründe der staatlichen Nutzung oder, was das Oberlandesgericht im Streitfalle für möglich hält, für ein nicht näher aufgeklärtes Unterbleiben eines enteignenden Zugriffs, ist hier vorhanden. Das Oberlandesgericht ist in diesem Zusammenhang zu Recht davon ausgegangen, daß die staatliche Verwaltung nicht und die Inanspruchnahme nach § 14 AufbauG zunächst nicht zu einem Entzug des Eigentums führten. Dies stimmt mit der Auffassung der am Restitutionsverfahren der Kläger beteiligten Ä mter überein. Der Vortrag der Kläger, die umstrittene Fläche (ehemaliges Flurstück 321/1) sei zudem nicht Gegenstand der Inanspruchnahme geworden , entspricht dem Inhalt des Aufbauvermerks. Die Eintragung des Volkseigentums im Grundbuch ging nach dem von den Klägern vorgelegten Dokument auf ein Ersuchen zurück, das ein anderes Grundstück zum Gegenstand hatte. Bei diesem Sachstand konnte das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei von der Möglichkeit ausgehen, daß die streitige Fläche nicht nach dem Aufbauge-
setz in Anspruch genommen und in der Folge auch nicht im Zuge des Entschädigungsgesetzes vom 25. April 1960 (GBl I S. 257) entzogen wurde. Der von der Beklagten vorgelegte Rechtsträgernachweis vom 20. Mai 1963, dessen Echtheit die Kläger, soweit ersichtlich, nicht in Abrede gestellt haben, hat zwar das damals (nur) im Kataster ausgewiesene Flurstück 70/5 zum Gegenstand. Sie stützt sich aber auf die Inanspruchnahme nach dem Aufbaugesetz, die zwar für andere Teile des Flurstücks, nicht aber für das damals noch bestehende Grundstück Flurstück 321/1 zutraf. Auch zu einer Dokumentation im Grundbuch hat der Nachweis vom 20. Mai 1963 nicht geführt.
2. Der Hinweis der sofortigen Beschwerde auf den vom Bundesverwaltungsgericht zu § 1 Abs. 1 Buchst. a und b VermG entwickelten "faktischen" Enteignungsbegriff verhilft dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg. Der Senat braucht sich hierbei nicht damit auseinanderzusetzen, ob und inwieweit das Bundesverwaltungsgericht, das darauf abstellt, daß der Eigentümer unbeachtet der zivilrechtlichen Wirksamkeit der Maßnahme in einer nach den Verhältnissen der DDR unangreifbaren Weise aus seinem Eigentum verdrängt wurde (VIZ 1996, 206; 97, 641), von seiner Rechtsprechung abweicht. Wäre das Grundstück Flurstück 321/1 nach den dargelegten Kriterien als enteignet zu betrachten, so läge eine Entziehung vor, die vermögensrechtlich einer Enteignung nach dem Aufbaugesetz gleichzustellen wäre. Denn die unterbliebene Einbeziehung in eine Enteignungsmaßnahme nach diesem Gesetz kann, wenn sie aus faktischen Gründen der Entziehung gleichgestellt werden soll, vermögensrechtlich keine anderen Folgen auslösen als diese. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 95, 284 und 289), der sich der Senat angeschlossen hat (BGHZ 129, 112), werden Enteignungen nach dem Aufbaugesetz wie nach dem Baulandgesetz, von hier nicht vorliegenden
Ausnahmen abgesehen, von den Tatbeständen des § 1 Abs. 1 Buchst. a und b VermG nicht erfaßt. Dies gilt auch dann, wenn, wie bei der "faktischen" Enteignung , im Einzelfall eine Entschädigung nicht zugeflossen ist. Gegenstand der Restitution ist in diesem Falle nur die ausgebliebene Entschädigung. Der damit entfallenen Möglichkeit, bei fehlgeschlagenen Regelenteignungen zivilrechtlichen Ansprüchen durch den sozialverträglichen Ausgleich des Vermögensgesetzes Grenzen zu setzen (Senat BGHZ 118, 34; 120, 198 und 204), hat das Wohnraummodernisierungssicherungsgesetz durch den Bestandsschutz zugunsten des Volkseigentums (Art. 237 § 1 EGBGB) Rechnung getragen. Zutreffend geht aber das Oberlandesgericht davon aus, daß sich der Bestandsschutz auf das materielle Recht beschränkt, den durch den Rückzug des Restitutionsrechts aus den Regelenteignungen freigemachten Zugang zu den Zivilgerichten aber nicht erneut verschließt.
Wenzel Lambert-Lang Tropf Klein Lemke

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄ UMNISURTEIL
V ZR 489/99 Verkündet am:
8. Dezember 2000
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
-----------------------------------
EGBGB Art. 237 § 1

a) Art. 237 § 1 EGBGB erfaßt unter dem Tatbestandsmerkmal der "sonstigen Überführung
in Volkseigentum" auch rein faktische Vorgänge, falls diesen ein staatlicher
Wille und nicht nur ein Versehen zugrunde lag.

b) Danach können in Ausnahmefällen auch Eigentumsumschreibungen aufgrund
fehlerhafter Fiskuserbschaften Art. 237 § 1 EGBGB unterfallen.
BGH, Urt. v. 8. Dezember 2000 - V ZR 489/99 - OLG Dresden
LG Leipzig
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. Dezember 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die
Richter Schneider, Dr. Wiebel, Dr. Klein und Dr. Gaier

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 26. August 1999 aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig vom 1. April 1999 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung in Anspruch.
Am 25. Januar 1974 verstarb in L. A. O. E. , zu deren Nachlaß das umstrittene, mit einem Mehrfamilienhaus bebaute Grundstück in L. gehörte. In ihrem handschriftlichen Testament vom 28. Oktober 1973 hatte A. O. E. bestimmt:
“Mein letzter Wille
Meine Cosine M. H. ... Meine Nichte S. O. ... Meine Cosine R. D. ... Meine Betreuerin Ch. M. ... Sind meine Erben zu gleichen Teilen. Mein Mietgrundstück L. , A. straße 28 soll der VEB G. W. z ur Verfügung gestellt werden . ...”
Nachdem der Rat der Stadt L. und die Miterbin O. die Erbschaft ausgeschlagen hatten, stellte das Staatliche Notariat L. durch Beschluß vom 17. September 1974 fest, daß "ein anderer Erbe als die Deutsche Demokratische Republik, ..., nicht vorhanden ist." In Abteilung I des Grundbuches wurde daraufhin am 16. Oktober 1974 für das Grundstück "Eigentum des Volkes, Rechtsträger: VEB G. L. " vermerkt. Auf der
Grundlage eines Zuordnungsbescheides nach § 2 VZOG wurde am 22. August 1993 die Stadt L. als Eigentümerin des Grundstücks in das Grundbuch eingetragen, anschließend am 20. Oktober 1993 die Beklagte aufgrund einer Umwandlungserklärung gemäß § 58 UmwG aF vom 10. Dezember 1990.
Die im Testament der A. O. E. benannte R. D. ist am 26. April 1979 verstorben und u.a. von der Klägerin beerbt worden. Da ein Teil der weiteren Erben nach R. D. unbekannt ist, ordnete das zuständige Nachlaßgericht für diese Nachlaßpflegschaft an.
Die Klägerin hat zuletzt die Zustimmung der Beklagten zur Eintragung von M. H. , Ch. M. , ihrer selbst und der weiteren, auch der unbekannten Erben nach R. D. , als Eigentümer des umstrittenen Grundstücks verlangt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht der Klage stattgegeben. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


I.


Die Klägerin war trotz ordnungsgemäßer Ladung im Verhandlungstermin nicht vertreten. Deshalb ist über die Revision durch Versäumnisurteil zu entscheiden ; inhaltlich beruht das Urteil allerdings nicht auf einer Säumnisfolge
(vgl. Senat BGHZ, 37, 79, 81 ff; Senatsurt. v. 6. Juni 1986, V ZR 96/85, NJW 1986, 3085, 3086; BGH, Urt. v. 4. Oktober 1995, IV ZR 73/94, NJW-RR 1996, 113).

II.


Das Berufungsgericht ist der Auffassung, das Grundbuch sei unrichtig, weil die Klägerin und die weiteren Erben nach A. O. E. und R. D. Eigentümer des Grundstücks seien. Der Beschluß des Staatlichen Notariats vom 17. September 1974, durch den die DDR als gesetzlicher Erbe festgestellt worden sei, stehe dem nicht entgegen, weil er durch die Feststellung der testamentarischen Erbfolge widerlegt sei. Das Testament vom 28. Oktober 1973 sei dahin auszulegen, daß der VEB G. nicht zum Erben eingesetzt, sondern lediglich als Vermächtnisnehmer bedacht worden sei. Aber selbst wenn das Testament als Erbeinsetzung auch des VEB G. verstanden werde, könne die Beklagte ihre Eigentümerstellung nicht auf Art. 237 § 1 EGBGB stützen; denn diese Vorschrift regele lediglich den Bestandsschutz bei Mängeln der Grundstücksübertragung, heile aber nicht das Fehlen des Übertragungsaktes selbst.

III.


Die Ausführungen des Berufungsgerichts halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Be-
rufungsurteils und zur Wiederherstellung des die Klage abweisenden landgerichtlichen Urteils.
1. Allerdings wird der geltend gemachte Grundbuchberichtigungsanspruch (§ 894 BGB i.V.m. Art. 233 § 2 Abs. 1 EGBGB) inhaltlich nicht durch Bestimmungen des Vermögensgesetzes verdrängt. Die Eintragung des Volkseigentums im Grundbuch stellt als solche nach ständiger Rechtsprechung des Senats keine Enteignung i.S. des § 1 Abs. 1 lit. a oder b VermG dar; dies gilt vor allem dann, wenn in diesem Vorgang der Wille der beteiligten Stellen hervortritt , die Folgen eines anderweit, wie hier durch den Erbfall, bereits herbeigeführten Eigentümerwechsels nachzuvollziehen (Senat, Urt. v. 19. Juni 1998, V ZR 356/96, WM 1998, 1832, 1833 m.w.N.). Ebensowenig sind die Voraussetzungen des besonderen Restitutionstatbestandes für die Erbausschlagung aus § 1 Abs. 2 VermG gegeben; denn aus dem Klägervorbringen ergibt sich kein Hinweis auf eine Überschuldung des Grundstücks. Schließlich findet sich auch kein Anhaltspunkt für unlautere Machenschaften i.S. des § 1 Abs. 3 VermG.
2. Nicht zu beanstanden ist die Auffassung des Berufungsgerichts, das Grundbuch sei durch die Buchung des Grundstücks als Eigentum des Volkes zunächst unrichtig geworden.

a) Das Berufungsgericht hat die Anordnung im Testament der A. O. E. v om 28. Oktober 1973, nach der dem VEB G. das umstrittene Grundstück "zur Verfügung zu stellen" sei, als Zuwendung eines Vermächtnisses angesehen. Dieses läßt Rechtsfehler nicht erkennen. Die vorgenommene Auslegung ist möglich und verstößt nicht gegen anerkannte Ausle-
gungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze. Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht auch die gesetzliche Auslegungsregel des § 2087 Abs. 2 BGB beachtet und dabei den Umstand erörtert, daß die Erblasserin mit der Zuwendung des Grundstücks nahezu über ihr gesamtes Vermögen verfügt hat. Da die Erben den Anspruch aus dem Vermächtnis gemäß § 2174 BGB (vgl. § 8 EGZGB) unstreitig nicht erfüllt haben, konnte Volkseigentum nicht durch Übereignung des Grundstücks an den Staat als Rechtsinhaber (vgl. BGH, Urt. v. 9. Februar 1995, VII ZR 29/94, WM 1995, 990, 991) entstehen.

b) Zu Volkseigentum ist das umstrittene Grundstück auch nicht durch eine Fiskuserbschaft geworden. Die Vermutung zugunsten des Fiskus als des gesetzlichen Erben, die aus dem Feststellungsbeschluß des Staatlichen Notariats , das die Aufgaben des Nachlaßgerichts wahrgenommen hat (§ 2 der Verordnung über die Errichtung und Tätigkeit des Staatlichen Notariats vom 15. Oktober 1952, GBl 1055), gemäß § 1964 Abs. 2 BGB folgt, ist durch den unstreitigen Sachverhalt widerlegt. Ein Erbrecht zugunsten des Staates konnte nicht begründet werden, weil lediglich eine der mehreren testamentarisch eingesetzten Erbinnen die Erbschaft ausgeschlagen hatte, und so zumindest noch drei Miterbinnen mit im Wege der Anwachsung erhöhten Erbteilen (§ 2094 BGB) verblieben waren, die die gesetzliche Erbfolge und damit das Erbrecht des Staates (§ 1936 BGB) ausschlossen.
Ein Anspruch auf Grundbuchberichtigung steht der Klägerin aber gleichwohl nicht zu, weil die Beklagte in der Folge des nach Art. 237 § 1 Abs. 1 EGBGB eingetretenen Bestandsschutzes Eigentum an dem umstrittenen
Grundstück erlangt hat und damit der Inhalt des Grundbuchs nicht länger der wirklichen Rechtslage widerspricht.
3. Die Revision beanstandet zu Recht die Auslegung des Art. 237 § 1 EGBGB durch das Berufungsgericht. Dieses hat auf der Grundlage seines Verständnisses , wonach Art. 237 § 1 EGBGB keinen Bestandsschutz bei "Fehlen des Übertragungsaktes selbst", sondern nur bei Mängeln der Grundstücksübertragung gewähre, die Vorschrift im gegebenen Fall nicht angewandt (ähnlich OLG Dresden VIZ 1998, 330). Dem ist nicht zu folgen. Die Auslegung des Berufungsgerichts ist mit dem Wortlaut des Gesetzes nicht zu vereinbaren und läßt überdies die Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der Bestimmung außer acht.
Art. 237 § 1 EGBGB erfaßt schon seinem Wortlaut nach nicht nur fehlerbehaftete Fälle des Ankaufs oder der Enteignung von Grundstücken, sondern mit dem Tatbestandsmerkmal der "sonstigen Überführung" auch rein faktische Vorgänge, wie etwa die schlichte Buchung als Volkseigentum, falls dem ein staatlicher Wille und nicht nur ein Versehen zugrunde lag (MünchKomm-BGB/ Busche, 3. Aufl., Art. 237 § 1 EGBGB, Rdn. 7; Schmidt-Räntsch, ZfIR 1997, 581, 583; enger wohl Czub, VIZ 1997, 561, 566 "Rechtshandlungen"). Der Gesetzgeber hat sich mit diesem Auffangtatbestand bewußt an § 1 Abs. 1 MauerG angelehnt, um die Gesamtheit aller Akte anzusprechen, aufgrund derer in der DDR Grundstücke oder selbständiges Gebäudeeigentum in Volkseigentum übernommen worden sind (so Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages vom 20. März 1997, BT-Drucks. 13/7275, 35, 41; vgl. auch Czub, VIZ 1997, 561, 566). Die Einbeziehung faktischer Vorgänge in den Anwendungsbereich des Art. 237 § 1 EGBGB ist
schließlich auch deshalb erforderlich, weil es in der früheren DDR durch die Nichtbeachtung von Verfahrensvorschriften in einer Vielzahl von Fällen zu faktischem Volkseigentum gekommen war, die rechtlich zwar zweifelhaft waren, in der Rechtswirklichkeit der DDR aber nicht in Frage gestellt wurden. Wegen der Verunsicherung der Bevölkerung in den neuen Bundesländern durch zahlreiche Rechtsstreitigkeiten über den Bestand der so geschaffenen Eigentumslagen , soll es Zweck des Art. 237 § 1 EGBGB sein, in den Fällen des faktischen Übergangs von Grundstücken in Volkseigentum durch einen Bestandsschutz Rechtssicherheit und Rechtsfrieden zu schaffen (BVerfG, WM 1998, 1631, 1633). Mit diesem Ziel ist es nicht zu vereinbaren, nach den Umständen der Entstehung zu unterscheiden und Volkseigentum, das aufgrund rein faktischer Vorgänge geschaffen wurde, von Anfang an den Bestandsschutz zu versagen.
4. Fehlerhafte Fiskuserbschaften können danach als "sonstige Überführung in Volkseigentum" in Ausnahmefällen Art. 237 § 1 EGBGB unterfallen (vgl. Senatsurt. v. 24. April 1998, V ZR 22/97, WM 1998, 1829, 1830; Senatsurt. v. 19. Juni 1998, V ZR 356/96, WM 1998, 1832, 1833; MünchKommBGB /Busche, aaO, Rdn. 7; Palandt/Bassenge, BGB, 59. Aufl., Art. 237 § 1 EGBGB; a.A. OLG Dresden, VIZ 1998, 330). Nach dieser verfassungsrechtlich unbedenklichen Vorschrift (BVerfG, aaO) sind Fehler bei der Überführung eines Grundstücks in Volkseigentum nur zu beachten, wenn das Grundstück nach der ordnungsgemäßen Verwaltungspraxis, den allgemeinen Verwaltungsvorschriften und Verfahrensgrundsätzen, die im Zeitpunkt der Überführung maßgeblich waren, nicht wirksam in Volkseigentum hätte überführt werden können oder wenn die Überführung mit rechtsstaatlichen Grundsätzen schlechthin unvereinbar war (vgl. BVerfG, aaO; Senatsurt. v. 10. Oktober 1997,
V ZR 80/96, WM 1998, 81, 82; Senatsurt. v. 9. Oktober 1998, V ZR 214/97, WM 1999, 91, 93).

a) Entscheidend für den Bestandsschutz nach Art. 237 § 1 EGBGB ist danach zunächst, daß die Entstehung von Volkseigentum nach den vorhandenen Vorschriften in der Sache erreichbar war (Senatsurt. v. 9. Oktober 1998, aaO; vgl. auch Schmidt-Räntsch, aaO; MünchKomm-BGB/Busche, aaO, Rdn. 9). Dies ist vorliegend der Fall. Allerdings hätte, wie oben bei III 2 b dargestellt , eine Fiskuserbschaft nach § 1964 Abs. 1 BGB vom Staatlichen Notariat nicht festgestellt werden dürfen. Auch werden fehlerhafte Fiskuserbschaften regelmäßig keinen Bestandsschutz begründen können, wenn vorhandene Erben das Erbrecht des Staates ausschließen (Senatsurt. v. 19. Juni 1998, aaO); denn die Übernahme in Volkseigentum war nach den maßgeblichen erbrechtlichen Bestimmungen gerade nicht zu erreichen.
Vorliegend ist jedoch als Besonderheit zu beachten, daß dem Staat aufgrund des Vermächtnisses im Testament vom 28. Oktober 1973 gegenüber den Erben nach § 2174 BGB ein Anspruch auf Übereignung des umstrittenen Grundstücks zustand. Zwar ist das Vermächtnis zugunsten des VEB G. W. ausgebracht. Da dieser aber nicht selbst Rechtssubjekt, sondern nur Rechtsträger von Volkseigentum sein konnte, ist die Vermächtnisanordnung dahin zu verstehen, daß Volkseigentum in Rechtsträgerschaft des VEB begründet werden sollte. War danach durch Erfüllung des Vermächtnisses gemäß den erbrechtlichen Bestimmungen Volkseigentum erreichbar, so muß die Fehlerhaftigkeit der Eigentumsumschreibung aufgrund der zu Unrecht angenommen Fiskuserbschaft ausnahmsweise außer Betracht bleiben.

b) Der Wirksamkeit der Überführung des Grundstücks in Volkseigentum steht eine krasse Unvereinbarkeit mit rechtsstaatlichen Grundsätzen (Art. 237 § 1 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2, Satz 2 EGBGB) nicht entgegen. Dem Vorbringen der Klägerin lassen sich weder Hinweise auf einen schwerwiegenden Verstoß gegen die Prinzipien der Gerechtigkeit, der Rechtssicherheit oder der Verhältnismäßigkeit , noch Anhaltspunkte für einen Willkürakt entnehmen. Da kein Sachverhalt vorliegt, der dem Tatbestand von § 1 VermG unterfällt, ist Bestandsschutz auch nicht durch Art. 237 § 1 Abs. 3 EGBGB ausgeschlossen (vgl. Senatsurt. v. 30. April 1999, V ZR 409/96, VIZ 1999, 542; Senatsurt. v. 12. Mai 2000, V ZR 47/99, WM 2000, 1758, 1760).
5. Aufgrund des Bestandsschutzes für die Überführung des Grundstücks in Volkseigentum hat die nach Art. 233 § 2 Abs. 2 EGBGB verfügungsbefugte Stadt L. (Senatsurt. v. 17. November 1998, V ZR 108/97, WM 1999, 746, 748), die Rechtsmacht erlangt, das Umwandlungsverfahren gemäß § 58 UmwG aF in Verbindung mit § 57 Abs. 3 Nr. 2 des Gesetzes über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR (Kommunalverfassung) vom 17. Mai 1990 (GBl. I 255) durchzuführen (BGH, Urt. v. 30. September 1998, XII ZR 199/96, WM 1999, 101, 102). Für Umstände, die dem Eigentumsübergang auf die Beklagte nach §§ 58 Abs. 2, 55 Abs. 1 Satz 2 UmwG aF entgegenstehen könnten, ist nichts dargetan. Auf die vom Berufungsgericht aufgeworfene Frage, ob ein etwaiges Anwartschaftsrecht auf das Eigentum von der Bezeichnung des Grundstücks in der Übersicht nach §§ 58 Abs. 4 Nr. 3, 52 Abs. 4 Nr. 1 UmwG aF umfaßt ist, kommt es nicht mehr an.

IV.


Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 2 ZPO.
Wenzel Schneider Wiebel Klein Gaier

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

25
aa) Zutreffend geht die Beklagte in ihrer Revisionsbegründung davon aus, dass an die Bezeichnung eines im Wege der Abspaltung zur Aufnahme übergehenden Grundstücks als Teil einer Sachgesamtheit keine geringeren Anforderungen gestellt werden dürfen als bei der Einzelübertragung. Für diese hat der Senat jedoch entschieden, dass nach § 28 GBO das Grundstück in der Eintragungsbewilligung übereinstimmend mit dem Grundbuch oder durch Hinweis auf das Grundbuchblatt zu bezeichnen ist (BGHZ 90, 323, 327); demgemäß ist zum Beispiel die Verurteilung zur Abgabe einer Eintragungsbewilligung hinsichtlich einer Grundstücksteilfläche vor grundbuchlich vollzogener Teilung unstatthaft, weil den Anforderungen von § 28 GBO nicht genügt werden kann (st. Senatsrechtsprechung seit BGHZ 37, 233, 242). Das gilt selbst dann, wenn die Teilfläche in dem Kaufvertrag ausreichend bestimmt ist. Denn von der für die Bezeichnung der Teilfläche ausreichenden vertraglichen Bestimmbarkeit ist das Bestimmtheitserfordernis des Grundbuchrechts zu unterscheiden; dieses erfordert für den Eigentumsübergang die grundbuchmäßige Bezeichnung der Teilfläche, während es für die Wirksamkeit des schuldrechtlichen Vertrags wie auch für die Auflassung (Senat, Urt. v. 7. Dezember 2001, V ZR 65/01, NJW 2002, 1038; Urt. v. 18. Januar 2008, V ZR 174/06, zur Veröffentlichung bestimmt ) nur darauf ankommt, ob die Vertragsparteien sich über die Größe, die Lage und den Zuschnitt der Fläche entsprechend einer zeichnerischen - nicht notwendig maßstabsgerechten - Darstellung und darüber einig sind, dass die genaue Grenzziehung erst noch erfolgen soll (Senat, BGHZ 150, 334, 338 f.). § 28 GBO darf allerdings nicht formalistisch überspannt werden (Senat, BGHZ 90, 323, 327). Deshalb hat der Senat in den Fällen der Teilflächenübertragung eine Ausnahme zugelassen, wenn bereits ein genehmigter Veränderungsnachweis vorliegt, der die übertragene Teilfläche katastermäßig bezeichnet, und auf den in der Verurteilung zur Abgabe der Eintragungsbewilligung Bezug genom- men werden kann (BGHZ 90, 323, 328; Urt. v. 7. Dezember 2001, V ZR 65/01, WM 2002, 763, 764).

In der Eintragungsbewilligung oder, wenn eine solche nicht erforderlich ist, in dem Eintragungsantrag ist das Grundstück übereinstimmend mit dem Grundbuch oder durch Hinweis auf das Grundbuchblatt zu bezeichnen. Einzutragende Geldbeträge sind in inländischer Währung anzugeben; durch Rechtsverordnung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen kann die Angabe in einer einheitlichen europäischen Währung, in der Währung eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums oder einer anderen Währung, gegen die währungspolitische Bedenken nicht zu erheben sind, zugelassen und, wenn gegen die Fortdauer dieser Zulassung währungspolitische Bedenken bestehen, wieder eingeschränkt werden.

(1) Wer als Eigentümer eines Grundstücks im Grundbuch eingetragen ist, ohne dass er das Eigentum erlangt hat, erwirbt das Eigentum, wenn die Eintragung 30 Jahre bestanden und er während dieser Zeit das Grundstück im Eigenbesitz gehabt hat. Die dreißigjährige Frist wird in derselben Weise berechnet wie die Frist für die Ersitzung einer beweglichen Sache. Der Lauf der Frist ist gehemmt, solange ein Widerspruch gegen die Richtigkeit der Eintragung im Grundbuch eingetragen ist.

(2) Diese Vorschriften finden entsprechende Anwendung, wenn für jemand ein ihm nicht zustehendes anderes Recht im Grundbuch eingetragen ist, das zum Besitz des Grundstücks berechtigt oder dessen Ausübung nach den für den Besitz geltenden Vorschriften geschützt ist. Für den Rang des Rechts ist die Eintragung maßgebend.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 211/06 Verkündet am:
19. Oktober 2007
Weschenfelder
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
281 Abs. 1 Satz 1

a) Eine Änderung im Bestand der zum Sondereigentum gehörenden Räume
muss auf dem Grundbuchblatt selbst vermerkt werden. Eine Eintragung nur
durch Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung ist auch nach § 7 Abs. 3
WEG nicht zulässig.

b) Für nach dem 1. Januar 2002 abgeschlossene Kaufverträge kann nicht mehr
angenommen werden, dass dem Leistungsverprechen des Verkäufers auch
eine Garantie für sein Leistungsvermögen immanent ist.

c) Der Verkäufer hat aufgrund seiner Eigentumsverschaffungspflicht, alle Hindernisse
zu beseitigen, die der Umschreibung des Eigentums entgegenstehen
, soweit dies erforderlich und ihm zumutbar ist. Hierzu gehört es auch, einen
Dritten zur Aufgabe einer Buchposition zu bewegen.
BGH, Urt. v. 19. Oktober 2007 - V ZR 211/06 - OLG Hamburg
LG Hamburg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Juli 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter
Dr. Klein, die Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und Dr. Roth

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 11. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 11. August 2006 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als über die Klage entschieden worden ist. Die Anschlussrevision der Beklagten wird zurückgewiesen. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 22. Januar 2004 kaufte die Klägerin von der Beklagten die im Wohnungsgrundbuch des Amtsgerichts Hamburg -Blankenese von N. , Band 71, auf Blatt 2446 gebuchte Eigentumswohnung , zu der es in dem Kaufvertrag – entsprechend der Eintragung im Bestandsverzeichnis des Wohnungsgrundbuches zur Zeit des Vertragsabschlusses – heißt: "… verbunden mit dem Sondereigentum an den Räumlichkeiten im Haus Nr. 19a – 1. Obergeschoß rechts … und an den Bodenräumen Nr. 19 und Nr. 21 …".
2
Eine von früheren Eigentümern abgeschlossene Vereinbarung vom 21. September 1992 zur Änderung der Teilungserklärung sah unter anderem vor, dass das Sondereigentum an dem Bodenraum Nr. 19 von der auf Blatt 2446 gebuchten Wohnung abgeschrieben und aufgehoben werden sollte. Zugleich sollte der auf Blatt 2444 gebuchten Wohnung im Erdgeschoss desselben Hauses das neu begründete Sondereigentum an einem Abstellraum Nr. 19 zugeschrieben werden. Dieser Abstellraum sollte sich auf einem Teil der Fläche des vorherigen Bodenraumes Nr. 19 befinden und etwa halb so groß sein wie dieser. Diese Änderungen wurden baulich nicht vollzogen. Die für den Abstellraum Nr. 19 vorgesehene Fläche blieb – ohne Zwischenwand – mit dem Wohnraum der auf Blatt 2446 gebuchten Wohnung verbunden.
3
Das Grundbuchamt nahm am 20. Juli 1993 Eintragungen auf den Blättern 2444 und 2446 vor. Auf beiden Blättern wies es auf die Einschränkung des Miteigentums durch das Sondereigentum an zwei neu begründeten Einheiten hin und nahm auf die Eintragungsbewilligung Bezug. Auf Blatt 2444 vermerkte es zudem, dass dem Sondereigentum nunmehr ein neuer Abstellraum Nr. 19 im Dachgeschoss zugeordnet sei.
4
Seit dem 16. Februar 2004 verlangte die Eigentümerin der auf Blatt 2444 gebuchten Wohnung, R. T. , von der Beklagten die Räumung des Abstellraumes Nr. 19. Bei dem Grundbuchamt beantragte R. T. , die Abschreibung des Abstellraumes Nr. 19 auf Blatt 2446 einzutragen. Das Grundbuchamt wies den Antrag mit der Begründung zurück, dass dies bereits 1993 durch die Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung erfolgt sei, rötete jedoch am 29. April 2004 die Eintragung des Bodenraumes Nr. 19 auf Blatt 2446.
5
Der beurkundende Notar, den die Parteien mit dem Vollzug des Vertrages beauftragt hatten, bemerkte nach der Bereitstellung des Kaufpreises auf seinem Anderkonto diese Rötung. Er sah die vertragsgemäße Eigentumsumschreibung als nicht mehr gesichert an und verweigerte die Auszahlung des Kaufpreises. Bei dem Grundbuchamt legte er Beschwerde ein und beantragte die Eintragung eines Amtswiderspruchs gegen die Rötung. Diese Anträge wurden zurückgewiesen und hatten auch vor der Beschwerdekammer des Landgerichts keinen Erfolg.
6
Die Klägerin setzte der Beklagten eine Frist zur Sicherstellung der vertragsgemäßen Eigentumsumschreibung und erklärte nach deren Ablauf am 3. Juni 2004 den Rücktritt von dem Kaufvertrag. Zur Abwendung weiterer Schäden einigten sich die Parteien darauf, die zu Gunsten der Klägerin eingetragene Auflassungsvormerkung zu löschen, die Wohnung zurückzugeben und den Kaufpreis von dem Notaranderkonto zurückzuzahlen. Die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen behielten sie sich vor.
7
Die von R. T. gegen die Beklagte erhobene Klage auf Herausgabe des Abstellraumes Nr. 19 wurde von dem Landgericht abgewiesen (ZMR 2006, 808); in einem im Juni 2006 vor dem Oberlandesgericht abgeschlossenen Vergleich verzichtete R. T. auf Ansprüche hinsichtlich des Abstellraumes Nr. 19. Im Gegenzug verpflichtete sich die Beklagte, deren Waschmaschine im Heizungsraum des Hauses zu dulden.
8
Mit der Klage hat die Klägerin 43.522,75 € als Ersatz unter anderem für Makler- und Finanzierungskosten geltend gemacht. Im Wege der Widerklage hat die Beklagte 63.377,52 € verlangt, unter anderem als Ersatz für den niedrigeren Erlös aus der anderweitigen Veräußerung der Wohnung. Das Landgericht hat von der Klageforderung 37.525,23 € zugesprochen, 271,95 € abgewiesen und die Klage im Übrigen dem Grunde nach für berechtigt erklärt. Die Wi- derklage hat es abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen und die Abweisung der Widerklage bestätigt.
9
Mit der von dem Senat zugelassenen Revision möchte die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erreichen. Im Wege der Anschlussrevision verfolgt die Beklagte den Widerklageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

10
Das Berufungsgericht verneint einen Schadensersatzanspruch der Klägerin. Die Beklagte habe sich verpflichtet, der Klägerin das Wohnungseigentum einschließlich des Bodenraumes Nr. 19 zu verschaffen. Sie habe diese Pflicht zwar verletzt, weil der geschuldete Erfolg ausgeblieben sei. Das habe sie jedoch nicht zu vertreten.
11
Die Beklagte sei stets leistungsbereit und zur Eigentumsverschaffung in der Lage gewesen. Die Abschreibung des Bodenraumes Nr. 19 von der auf Blatt 2446 gebuchten Wohnung und die Zuschreibung des Abstellraumes Nr. 19 zu der auf Blatt 2444 gebuchten Wohnung sei gescheitert, so dass die Beklagte Eigentümerin des Bodenraumes gewesen sei. Mit der Anweisung an den Notar, den Vertrag zu vollziehen, habe sie alles aus ihrer Sicht zur Vertragserfüllung Erforderliche getan. Sie habe nicht zu vertreten, dass die Grundbuchsituation unklar gewesen sei und R. T. sich zu Unrecht des Sondereigentums an dem Abstellraum Nr. 19 berühmt habe.
12
Auch den Notar treffe kein Verschulden, das die Beklagte sich zurechnen lassen müsse. Er habe aufgrund der unklaren Grundbuchlage davon ausgehen dürfen, dass die Umschreibung des Eigentums nicht sichergestellt gewesen sei.
13
Der mit der Widerklage geltend gemachte Schadensersatzanspruch sei ebenfalls nicht gegeben. Die Klägerin habe zwar die Pflicht zur Kaufpreiszahlung verletzt. Sie habe dies aber gleichfalls nicht zu vertreten. Zur Auszahlung des von ihr auf das Notaranderkonto eingezahlten Betrages sei es – von ihr nicht beeinflussbar – nur deshalb nicht gekommen, weil der Notar die Voraussetzungen für die Weiterleitung als nicht gegeben angesehen habe.

II.

A. Revision der Klägerin
14
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
15
1. Die Klägerin kann von der Beklagten allerdings nicht nach § 311a Abs. 2 BGB oder nach § 283 BGB Schadensersatz verlangen. Diese Ersatzansprüche statt der Leistung setzen voraus, dass der Schuldner die versprochene Leistung nach § 275 Abs. 1 bis 3 BGB nicht erbringen muss. Das ist nach § 275 Abs. 1 BGB der Fall, wenn die versprochene Leistung auf Grund eines schon bei Vertragsschluss bestehenden (§ 311a Abs. 1 BGB) oder eines danach eingetretenen Hindernisses für jedermann oder den Schuldner dauernd unmöglich ist. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
16
a) Die Beklagte hatte sich in dem Kaufvertrag verpflichtet, der Klägerin das Eigentum an der Wohnung einschließlich des Sondereigentums an dem Bodenraum Nr. 19 zu verschaffen. Die Beklagte war zu der von ihr versprochenen Leistung imstande, weil sie Eigentümerin des Bodenraumes war.
17
aa) Das Sondereigentum an dem Bodenraum war nicht aus dem Bestand der Wohnung der Beklagten abgeschrieben. Das Grundbuchamt hat die Abschreibung des Sondereigentums an dem Bodenraum auf Blatt 2446 nicht ausdrücklich vermerkt. Die bloße Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung genügt nicht den Anforderungen an eine wirksame Eintragung. Zwar lässt § 7 Abs. 3 WEG eine Bezugnahme zur näheren Bezeichnung des Gegenstandes und des Inhalts des Sondereigentums zu, was bei der Begründung von Sondereigentum die Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung zur näheren Kennzeichnung der das Miteigentum beschränkenden Sondereigentumsrechte erlaubt (vgl. OLG Hamm OLGZ 1985, 19, 21).
18
Das gilt indes nicht, wenn bei einer späteren Veränderung wegen der Änderung selbst auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen wird. Der Kerngehalt der Änderung kann dann nicht dem Grundbuch entnommen, sondern nur durch Einsicht in die Unterlagen zu der in Bezug genommenen geänderten Teilungserklärung festgestellt werden (vgl. OLG Köln Rpfleger 1985, 110; Meikel/Ebeling, Grundbuchrecht, 9. Aufl., GBV, Vorbem. Rdn. 173). Eine solche Bezugnahme reicht zumindest dann nicht, wenn – wie hier – die ursprüngliche Eintragung im Bestandsverzeichnis des Grundbuches das Sondereigentum konkret bezeichnet. Enthält dann die ändernde Eintragung keinen Hinweis darauf, dass von der Änderung (auch) der Gegenstand des Sondereigentums betroffen ist, so entsteht für den unbefangenen Nutzer des Grundbuches der Eindruck, der Bestand des Sondereigentums sei unverändert. Besonders gravierend wirkt sich dies aus, wenn – wie hier – das Grundbuchamt überdies § 3 Abs. 6 WGV nicht beachtet, nach dem die Eintragung der Räume, die nicht mehr zu dem Sondereigentum gehören, zu röten ist.
19
bb) Die unzulässige Bezugnahme wirkt nicht als Eintragung (vgl. Demharter , GBO, 25. Aufl., § 44 Rdn. 45; Meikel/Ebeling, aaO; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 13. Aufl., Rdn. 274 f.; Bamberger/Roth/Kössinger, BGB, § 874 Rdn. 20; Palandt/Bassenge, BGB, 66. Aufl., § 874 Rdn. 3; Staudinger/Gursky, BGB [2000], § 874 Rdn. 25). Das gilt auch, wenn die unzulässige Bezugnahme nur einen Teil der Buchung – wie hier die Abschreibung des Bodenraumes – betrifft, während die Eintragung im Übrigen die Änderungen der Teilungserklärung wirksam abbildet. Die Unwirksamkeit beschränkt sich dann auf den in der Eintragung nicht zum Ausdruck gekommenen Teilinhalt (Meikel/Ebeling, aaO, Rdn. 175). Die Änderung der Teilungserklärung und die 1993 vorgenommenen Eintragungen hatten mithin nicht zur Folge, dass das Sondereigentum an dem Bodenraum Nr. 19 nicht mehr der auf Blatt 2446 gebuchten Wohnung zugeordnet war.
20
cc) Zu einem Eigentumsverlust durch gutgläubigen Erwerb von R. T. konnte es nicht kommen. Die für den Abstellraum Nr. 19 vorgesehene Fläche war auf zwei Grundbuchblättern gebucht. Bei einer solchen Doppelbuchung fehlt es an der Grundlage für einen gutgläubigen Erwerb (vgl. RGZ 56, 58, 60; Senat, Urt. v. 14. Februar 1969, V ZR 130/65, LM BGB § 920 Nr. 2).
21
dd) Auch die Rötung der Eintragung des Sondereigentums führte nicht zu dessen Verlust. Diese Maßnahme dient allein der Verbesserung der Übersichtlichkeit des Grundbuches und kann nicht die Wirkung einer Löschung herbeiführen (Schöner/Stöber, aaO, Rdn. 281).
22
b) Die Erfüllung des Kaufvertrages war der Beklagten auch nicht aus einem anderen, objektiven Grund unmöglich. Allerdings stand der Umschreibung des Eigentums auf die Klägerin jedenfalls für einen längeren, damals nicht absehbaren Zeitraum ein Leistungshindernis aus der unklaren Grundbuchlage entgegen, nachdem sich R. T. auf Grund der Doppelbuchung des Eigentums an dem Abstellraum berühmte, das Grundbuchamt deren Auffassung zur Eigentumslage teilte und die Eintragung des Bodenraumes auf dem Grundbuchblatt der Wohnung der Beklagten rötete.
23
Zwar bemerkt die Revision insofern zu Recht, dass die Beklagte nicht – wie von dem Berufungsgericht angenommen – jederzeit das Eigentum an dem Bodenraum auf die Klägerin übertragen konnte. Das ändert indes nichts daran, dass Schadensersatzansprüche wegen einer vom Schuldner zu vertretenden Unmöglichkeit nach § 283 und § 311 a Abs. 2 BGB nicht bestehen.
24
Die Erfüllung der Übereignungspflicht war der Beklagten wegen der Unklarheit der Grundbuchlage nicht unmöglich. Dieses Leistungshindernis war nämlich ein vorübergehendes, das spätestens mit dem Eintritt der Rechtskraft einer Entscheidung in dem Rechtsstreit über das Eigentumsrecht zwischen der Prätendentin und der Beklagten behoben gewesen wäre. Ein zeitweiliges Erfüllungshindernis ist einem dauernden nur dann gleichzuachten, wenn durch das Hindernis die Erreichung des Vertragszwecks in Frage gestellt ist und der einen oder anderen Partei bei billiger Abwägung der beiderseitigen Belange nicht mehr zugemutet werden könnte, die Leistung dann noch zu fordern oder zu erbringen (BGH, Urt. v. 27. Mai 1953, VI ZR 230/52, LM BGB § 275 Nr. 3; Urt. v. 9. Juli 1955, VI ZR 108/54, LM BGB § 275 Nr. 7; Senat BGHZ 47, 48, 50; BGHZ 83, 197, 200). Dabei ist die Frage, ob ein Leistungshindernis zu einer dauernden oder nur vorübergehenden Unmöglichkeit führt, nach dem Zeitpunkt des Eintritts des Hindernisses zu beurteilen (Senat, Urt. v. 30. Oktober 1953, V ZR 76/52, LM BGB § 275 Nr. 4; BGH, Urt. v. 9. Juli 1955, VI ZR 108/54, aaO; BGHZ 83, 197, 200).
25
Gemessen daran führt ein zeitweiliges Leistungshindernis auf Grund der Unklarheit der Grundbuchlage nicht zu einer dauernden Unmöglichkeit der Erfüllung des Kaufvertrages durch den materiell-rechtlich berechtigten Verkäufer, da die für den Vertragsvollzug erforderliche Klarstellung nötigenfalls durch ein gerichtliches Verfahren herbeigeführt werden kann. Grundstückskaufverträge werden nicht schon dadurch hinfällig, dass solche Verfahren Zeit in Anspruch nehmen (vgl. OGHZ 2, 247, 252; Senat, Urt. v. 30. Oktober 1953, V ZR 76/52, aaO).
26
2. Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht auch einen Schadensersatzanspruch der Klägerin nach §§ 433 Abs. 1 Satz 2, 435, 437 Nr. 3, 281 BGB verneint.
27
a) Bleibt der Vollzug des Kaufvertrages stecken, so führt das nicht zu einem Rechtsmangel, sondern dazu, dass der Verkäufer seine Pflicht zur Übereignung der verkauften Sache nach § 433 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht erfüllt hat (vgl. RG JW 1931, 2626, 2628). Die fehlende Verschaffung des Eigentums stellt daher grundsätzlich keinen Rechtsmangel nach § 435 BGB dar (Bamberger /Roth/Faust, BGB, 2. Aufl., § 435 Rdn. 15; Erman/Grunewald, BGB, 11. Aufl., § 435 Rdn. 2; Hk-BGB/Saenger, BGB, 5. Aufl., § 435 Rdn. 3; jurisPKBGB /Pammler, 3. Aufl., § 435 Rdn. 19; MünchKommBGB/Westermann, BGB, 4. Aufl., § 435 Rdn. 7; Palandt/Weidenkaff, aaO, § 435 Rdn. 8; PWW/D. Schmidt, BGB, 2. Aufl., § 435 Rdn. 2; Soergel/Huber, aaO, § 434 a.F. Rdn. 32; Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB [2004], § 435 Rdn. 13; Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht, 7. Aufl., Rdn. 392).
28
Allerdings wollen einige Autoren (Jauernig/Berger, BGB, 12. Aufl., § 435 Rdn. 5; Canaris, JZ 2003, 831, 832; Meier JR 2003, 353, 355; Pahlow, JuS 2006, 289, 292) die Vorschriften über die Rechtsmängelhaftung auch anwenden , wenn der Verkäufer dem Käufer nicht das Eigentum verschafft hat, um diesem die nur für die Gewährleistungsansprüche nach § 438 Abs. 1 Nr. 1 BGB auf dreißig Jahre verlängerte Verjährungsfrist zu erhalten und dadurch nicht denjenigen Käufer schlechter zu stellen, der aus dem Eigentum des Dritten und nicht aus einem anderen dinglichen Recht in Anspruch genommen wird. Ob deswegen eine entsprechende Anwendung der Vorschriften über die Rechtsmängelhaftung geboten ist, bedarf keiner Entscheidung, wenn – wie hier – der Vertrag wegen eines Leistungshindernisses nicht durchgeführt worden ist und daher Dritte keine Rechte gegenüber dem Käufer geltend machen können.
29
b) Aus dem Vorstehenden folgt, dass ein Schadensersatzanspruch des Käufers nach §§ 437 Nr. 3, 281 BGB hier auch nicht dadurch begründet sein kann, dass der streitige Abstellraum (auch) auf dem Grundbuchblatt der Wohnung von R. T. gebucht war. Zwar stellt § 435 Satz 2 BGB einem Mangel im Recht den Fall gleich, dass im Grundbuch ein nicht bestehendes Recht eingetragen ist. Damit ist indes keine unrichtige Eigentumseintragung gemeint. Vielmehr erweitert die Vorschrift die Rechtsmängelhaftung allein auf eingetragene Scheinbelastungen (MünchKommBGB/Westermann, aaO, § 435 Rdn. 12; PWW/D. Schmidt, aaO, § 435 Rd. 20; Staudinger/MatuscheBeckmann , aaO, § 435 Rdn. 46; AnwK-BGB/Büdenbender, § 435 Rdn. 3; Soergel /Huber, BGB, 12. Aufl., § 435 Rdn. 1 ff., zu dem bis zum 31.12.2001 geltenden , sachlich insoweit aber unveränderten [vgl. Staudinger/MatuscheBeckmann , aaO, Rdn. 1, 45] Recht). So wenig, wie einem Dritten zustehendes Eigentum einen Rechtsmangel begründet (siehe oben a), so wenig kann daher ein Rechtsmangel angenommen werden, wenn ein Dritter Bucheigentum hat. In beiden Fällen verletzt der Verkäufer eines Grundstücks (bereits) seine Pflicht aus § 433 Abs. 1 Satz 1 BGB, wenn es wegen eines Leistungshindernisses nicht zur Umschreibung des Eigentums kommt.
30
3. Einen Anspruch der Klägerin nach §§ 280 Abs. 1 und 3, 281 Abs. 1 BGB hat das Berufungsgericht dagegen rechtsfehlerhaft verneint.
31
a) Das Berufungsgericht hat den Umfang der Pflichten des Verkäufers einer Immobilie verkannt, der dem Käufer das Eigentum zu verschaffen hat, wozu es einer Umschreibung des Eigentums im Grundbuch bedarf.
32
Es zieht den Kreis der Verkäuferpflichten einerseits zu weit, wenn es davon ausgeht, dass die Beklagte ihre Pflicht zur Eigentumsübertragung schon deshalb verletzt hat, weil es nicht zur Umschreibung im Grundbuch gekommen ist. Das ist deshalb rechtsfehlerhaft, weil damit zwar die Nichterfüllung des Vertrages , jedoch nicht die Pflichtverletzung des Verkäufers festgestellt ist. Die Umschreibung des Eigentums im Grundbuch kann der Verkäufer eines Grundstücks nicht selbst herbeiführen. Die behördliche Tätigkeit ist daher auch nicht Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Verpflichtung des Verkäufers (RGZ 118, 100, 102; JW 1931, 2626, 2628). Der Verkäufer eines Grundstücks schuldet vielmehr nur die Handlungen, die für die Umschreibung des Eigentums erforderlich sind, jedoch nicht den Erfolg selbst (RG JW 1931, 2626, 2628; Senat, Urt. v. 18. Juni 1971, V ZR 45/69, WM 1971, 1475, 1476).
33
Andererseits beschreibt es den Kreis der Pflichten des Verkäufers zu eng, wenn es – im Zusammenhang mit der Prüfung des Verschuldens – davon ausgeht, dass die Beklagte alles aus ihrer Sicht zur Umschreibung erforderliche getan habe, indem sie dem Notar die erforderlichen Anweisungen für die Herbeiführung der Eintragung erteilt habe. Der Grundstücksverkäufer erfüllt nämlich seine vertragliche Verpflichtung zur Eigentumsverschaffung nicht stets bereits dadurch, dass er die Auflassung erklärt und die Eintragung des Käufers im Grundbuch bewilligt. Nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) hat er vielmehr an der Erreichung des Vertragszweckes und des Leistungserfolges soweit mitzuwirken , wie dies erforderlich und ihm zumutbar ist (vgl. Senat, Urt. v. 18. Juni 1971, V ZR 45/69, aaO). Zu den Pflichten des Verkäufers gehört es daher – falls nicht anderes vereinbart worden ist – auch, Hindernisse zu beseitigen, die der Umschreibung des Eigentums im Grundbuch bereits bei Vertragsschluss im Wege sind oder erst nachträglich entstehen (RGZ 113, 403, 405; 118, 100, 102; vgl. Senat, Urt. v. 18. Juni 1971, V ZR 45/69, aaO).
34
b) Die Beklagte haftet nicht schon deshalb, weil das Hindernis auf einer Doppelbuchung beruhte, die bereits vor Vertragsschluss bestand. Die Beklagte hatte allerdings keine Vorsorge für die vertragsgemäße Umschreibung getroffen , wofür sie die Buchposition von R. T. entweder bereits vor Vertragsschluss hätte beseitigen oder die für die vertragsgemäße Umschreibung erforderlichen Erklärungen, wie sie später in dem zwischen ihr und R. T. vor dem Berufungsgericht abgeschlossenen Vergleich protokolliert wurden , hätte einholen müssen. Das hat sie aber nicht zu vertreten.
35
aa) Die Beklagte traf insoweit keine Garantiehaftung.
36
(1) Zwar galt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu dem bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Kaufrecht, dass der Verkäufer durch sein Leistungsversprechen stillschweigend die Garantie für sein Leistungsvermögen übernahm. Ihn traf daher im Falle anfänglichen Unvermögens (subjektiver Unmöglichkeit) eine Garantiehaftung (BGHZ 11, 16, 22; Senat , Urt. v. 24. Juni 1988, V ZR 49/87, NJW 1988, 2878; Urt. v. 20. Dezember 1996, V ZR 277/95, NJW 1997, 938, 939). Auf derselben Überlegung beruhte die gesetzliche Garantiehaftung für Rechtsmängel (§ 434 BGB a. F.) und die Einstandspflicht beim Rechtskauf für den Bestand des Rechts (§ 437 BGB a. F.).
37
(2) Die gesetzlichen Grundlagen für die Begründung einer Garantiehaftung haben sich indes mit der Schuldrechtsmodernisierung grundlegend verändert , weil die gesetzlichen Garantiehaftungstatbestände beseitigt und die Schadensersatzpflicht generell an ein Verschulden des Verkäufers geknüpft worden ist. Ein Ziel der Neuregelung war es, zu einer Vereinheitlichung der Haftungsfolgen wie des Haftungsmaßstabes zu kommen (BT-Drucks. 14/6040, S. 164 f.). Der Schuldner haftet nunmehr dem Gläubiger einheitlich auf das positive Interesse, und zwar (abweichend von §§ 306 bis 308 BGB a.F.) sowohl bei einer bereits bei Vertragschluss bestehenden anfänglichen Unmöglichkeit zur Leistung als auch (wie ehedem) für sein anfängliches Unvermögen. Durch § 311a Abs. 2 Satz 2 BGB ist es andererseits dem Schuldner ermöglicht worden , sich von der gesetzlichen Haftung auf das positive Interesse zu exkulpieren (MünchKomm-BGB/Ernst, 5. Aufl., § 311a Rdn. 15; Tropf, Festschrift Wenzel , 443, 452); das gilt auch für den Fall des anfänglichen Unvermögens, wenn der Schuldner darlegt, dass er das Leistungshindernis nicht kannte und seine Unkenntnis auch nicht zu vertreten hat. Damit wollte der Gesetzgeber die gesetzliche Garantiehaftung bei anfänglichem Unvermögen beseitigen und zugleich diese Fälle denjenigen gleichstellen, in denen das Leistungshindernis erst nach Vertragsschluss eintritt (BT-Drucks. 14/6040, S. 165). Dabei war er sich dessen bewusst, dass sich das Pflichtenprogramm des Schuldners vor und nach Vertragsschluss insofern anders gestaltet, als dieser vorher sich über sein Vermögen zur Leistung zu informieren und nachher für deren Bewirkung zu sorgen hat (BT-Drucks. 14/6040, S. 165).
38
(3) Diese Änderung des gesetzlichen Haftungssystems kann nicht ohne Folgen für die Voraussetzungen eines (stillschweigend vereinbarten) Garantieversprechens bleiben. Zwar ist die Abrede einer verschuldensunabhängigen Haftung nach wie vor möglich. Sie ist gem. § 276 Abs. 1 Satz 1 BGB dann begründet , wenn ein solcher Haftungsmaßstab bestimmt worden oder aus den sonstigen Umständen zu entnehmen ist, was insbesondere bei der Übernahme einer (unselbständigen) Garantie der Fall ist. Anders als bisher kann jedoch der vertraglichen Verpflichtung des Schuldners allein nicht mehr eine seinem Ver- sprechen immanente Garantie für sein Leistungsvermögen entnommen werden. Damit würde der Kerngehalt der vorbenannten Gesetzesänderungen durch die Schuldrechtsmodernisierung unterlaufen, nach denen der Schuldner grundsätzlich nur noch verschuldensabhängig haften soll (OLG Karlsruhe NJW 2005, 989, 990; Alpmann in jurisPK-BGB, 3. Aufl., § 311a Rdn 24; Emmerich, Recht der Leistungsstörungen, 6. Aufl., S. 61; Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung , S. 215; MünchKomm-BGB/Ernst, 5. Aufl., § 311a, Rdn. 23; Palandt /Grüneberg, BGB, 66. Aufl., § 311a Rdn. 9; Staudinger/Löwisch, BGB [2005], § 311a Rdn 47; Wieser, MDR 2002, 858, 860; Windel, JR 2004, 263, 270; unklar Schwarze, JURA 2002, 73, 80; a.A. Sutschet, NJW 2005, 1401, 1406). Mit der Übernahme einer (unselbständigen) Garantie wird die Möglichkeit des Schuldners zur Exkulpation nach § 311 Abs. 2 Satz 2 BGB abbedungen (Huber/Faust, aaO, S. 214; Windel, aaO, 269); das muss vertraglich vereinbart werden.
39
(4) Entgegen einer vereinzelt vertretenen Auffassung (BambergerRoth /Gehrlein, BGB, 2. Aufl., § 311a Rdn. 2) muss die Garantie nicht ausdrücklich übernommen werden. Es genügt eine konkludente Vereinbarung (Emmerich aaO; Erman/Kindl, BGB 11. Aufl., § 311a Rdn. 7; MünchKomm-BGB/Ernst, aaO, Rdn. 54; Windel, aaO, 270). Voraussetzung ist aber, dass konkrete Anhaltspunkte für eine Garantieübernahme vorliegen. Fehlen diese, bleibt es bei der verschuldensabhängigen Haftung (Alpmann jurisPK-BGB, aaO; Palandt /Grüneberg, aaO; Wieser, aaO; Windel, aaO).
40
Hiernach kann von einer Garantieübernahme nicht ausgegangen werden. Das Berufungsgericht hat einen Garantiewillen der Beklagten in Bezug auf die Verschaffung des Eigentums an dem Bodenraum nicht festgestellt. Für eine Garantieübernahme ist von den Parteien weder etwas vorgetragen worden noch sonst etwas ersichtlich. Schließlich gibt auch die notarielle Kaufvertrags- urkunde dafür nichts her. Die einschlägige Erklärung zur Eigentumsverschaffungspflicht der Verkäuferin in dem notariellen Kaufvertrag beschränkt sich auf das Leistungsversprechen des Verkäufers. Sie lautet, dass die Beklagte der Klägerin die im Vertrage beschriebene Eigentumswohnung mit allen Bestandteilen und Zubehör verkauft. Die Regelung über die Verkäuferhaftung in § 5 des notariellen Kaufvertrages enthält den üblichen Haftungsausschluss wegen etwaiger Sachmängel und die Erklärung, dass die Verkäuferin keine Garantien übernehme und diese auch nicht außerhalb des Vertrages abgegeben worden seien.
41
bb) Die Beklagte trifft auch nicht deshalb ein Verschulden, weil sie das Leistungshindernis aus der doppelten Buchung des Bodenraumes auch auf einem anderen Grundbuchblatt nicht erkannt und daher auch keine Vorsorge für die vertragsgemäße Umschreibung getroffen hatte.
42
Der Senat lässt dahinstehen, ob der Grundstücksverkäufer verpflichtet ist, vor dem Vertragsabschluss das Grundbuch einzusehen (vgl. MünchKommBGB /Westermann, 4. Aufl., § 433 Rdn. 70, § 437 Rdn. 23; Bamberger /Roth/Faust, aaO, § 437 Rdn. 76; Jauernig/Berger, aaO, § 437 Rdn. 22) und bei einer schuldhaften Verletzung dieser Pflicht dem Käufer analog § 311a Abs. 2 BGB auf Schadensersatz haftet, wenn die Vertragsdurchführung daran scheitert, dass eine der vertragsgemäßen Umschreibung entgegenstehende Buchposition eines Dritten innerhalb einer von dem Käufer gem. § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB gesetzten Frist von ihm nicht beseitigt werden kann.
43
Die Verletzung einer solchen Pflicht hätte die Beklagte hier jedenfalls mangels Verschuldens nicht zu vertreten. Soweit die Revision meint, die Beklagte habe die doppelte Buchung im Grundbuch erkennen können und müssen , ist ihr nicht zu folgen. Aus dem Grundbuchblatt der zu veräußernden Wohnung ergaben sich – vor der Rötung durch das Grundbuchamt – keine Anhalts- punkte für die Doppelbuchung des Bodenraumes, der im Bestandsverzeichnis ausdrücklich aufgeführt und auch tatsächlich nicht durch eine Zwischenwand abgetrennt war. Mangels solcher Anhaltspunkte war die Beklagte nicht zu einer weiteren Erkundigung durch Einsichtnahme in die Änderungsvereinbarung zu der Teilungserklärung verpflichtet, der – bei sorgfältiger Durchsicht – ein Fachkundiger Hinweise auf eine Doppelbuchung hätte entnehmen können. Von einem Verkäufer kann grundsätzlich keine größere Sorgfalt verlangt werden als von dem beurkundenden Notar, der vor Vertragsabschluss das Grundbuch eingesehen hat, ohne die später den Vertragsschluss hindernde Buchung des Bodenraumes auch auf einem anderen Blatt zu bemerken.
44
c) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass die Beklagte schuldhaft ihre Pflicht verletzt hat, die Hindernisse zu beseitigen, die nach dem Vertragsschluss bei dessen Durchführung auftraten, soweit das zur Erfüllung ihrer Verkäuferpflicht erforderlich und ihr nach den Umständen zumutbar war. Die Durchführung des Vertrages wurde hier dadurch behindert, dass sich R. T. des Eigentums an dem Abstellraum berühmte, das Grundbuchamt rechtsirrtümlich deren Auffassung teilte, die Eintragung des Bodenraumes auf dem Grundbuchblatt der Beklagten rötete, der Notar deshalb die vertragsgemäße Umschreibung des Eigentums als nicht gewährleistet ansah und den Vollzug des Vertrages einstellte.
45
aa) Allerdings hat sie alles ihr Mögliche unternommen, um dem der vertragsgemäßen Umschreibung der Wohnung entgegenstehenden Rechtsirrtum des Grundbuchamts entgegenzuwirken. Denn ihr kommt zugute, dass der Notar bei dem Grundbuchamt Beschwerde mit dem Ziel der Grundbuchberichtigung erhob. Dass das Grundbuchamt an seiner unrichtigen Rechtsauffassung festhielt , stellt keinen von der Verkäuferin zu vertretenden Umstand dar.
46
bb) Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht auch ein Verschulden des Notars bei dem Vollzug des Kaufvertrages verneint, das der Beklagten zugerechnet werden könnte. Der Notar hat die vertragsgemäße Eigentumsumschreibung als nicht sichergestellt angesehen. Nachfolgend sind das Grundbuchamt und das Landgericht zu der Auffassung gelangt, der Bodenraum Nr. 19 gehöre nicht mehr zu dem Sondereigentum der auf Blatt 2446 gebuchten Wohnung. Wäre das richtig, hätte die Beklagte der Klägerin das Sondereigentum an diesem Raum nicht verschaffen können, die Eigentumsumschreibung wäre also nicht sichergestellt gewesen. Von dem Notar kann indes nicht verlangt werden, dass er über bessere Kenntnisse verfügt als die mit mehreren Rechtskundigen besetzte, für Beschwerden in Grundbuchsachen zuständige Kammer des Landgerichts (vgl. BGHZ 123, 1, 12; 117, 240, 250). Mangels Verschuldens kann dahinstehen, ob der Notar bei dem Vollzug des Vertrages als Erfüllungsgehilfe (§ 278 Satz 1 BGB) der Beklagten tätig wurde.
47
cc) Nach den bisher getroffenen Feststellungen ist es jedoch möglich, dass die Beklagte zum Schadensersatz verpflichtet ist, weil sie ihrer Pflicht zur Beseitigung von Hindernissen dadurch nicht nachgekommen ist, dass sie R. T. nicht zur Aufgabe ihrer Buchposition bewogen hat.
48
(1) Der Verkäufer eines Grundstücks muss aufgrund seiner Eigentumsverschaffungspflicht auch solche Buchpositionen beseitigen, die darin bestehen , dass ein Dritter zu Unrecht im Grundbuch als Eigentümer eingetragen ist oder – wie hier – eine Parzelle oder ein Raum auch als Eigentum eines Dritten gebucht ist (Doppelbuchung).
49
Der Umfang der Pflichten des Verkäufers bestimmt sich, wenn – wie hier – zu Unrecht eingetragene Eigentumsrechte die vertragsgemäße Umschreibung des Eigentums hindern, nach den Grundsätzen, die in den gesetzlich geregelten Fällen gelten, in denen zu Unrecht eine Belastung des Grund- stücks eingetragen ist. Die Wirkungen unrichtiger Eintragungen fremden Eigentums sind nämlich dem in § 435 Satz 2 BGB geregelten Fall ähnlich. Ein Dritter nimmt, gestützt auf eine unrichtige Grundbucheintragung, ein ihm nicht zustehendes Recht in Anspruch. § 435 Satz 2 BGB verpflichtet den Verkäufer, solche Scheinbelastungen zu beseitigen; er kann den Käufer nicht darauf verweisen , dass dieser in Wirklichkeit unbelastetes Eigentum erhält und selbst die Löschung des zu Unrecht eingetragenen Rechts herbeiführen kann (vgl. RGZ 149, 195, 198; Senat, Urt. v. 8. November 1985, V ZR 153/84, NJW-RR 1986, 310).
50
(2) Die Beklagte hat nicht vorgetragen, dass sie etwas unternommen hätte , um R. T. zu einer Aufgabe der Buchposition zu bewegen, die sie als Eigentümerin des Abstellraumes auswies. Das könnte sie nach §§ 280 Abs. 1 Satz 2, 281 Abs. 1 BGB nur entschuldigen, wenn sie das Hindernis mit ihr zumutbaren Anstrengungen nicht bis zum Ablauf der von der Klägerin gesetzten Frist hätte beseitigen können (vgl. RGZ 149, 195, 199 zu dem Umfang der Pflichten des Verkäufers, wenn nach Vertragsschluss zu Unrecht eine Vormerkung für einen Dritten eingetragen wird). Vortrag dazu und entsprechende Feststellungen fehlen.
51
4. Das Berufungsurteil ist danach aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§§ 562 Abs. 1, 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieses wird unter Berücksichtigung der in der Berufungsbegründung gegen das landgerichtliche Urteil erhobenen Angriffe festzustellen haben, ob die Beklagte in dem ihr zumutbaren Umfang ihrer Verkäuferpflicht nachgekommen ist, die Hindernisse zu beseitigen, die der Umschreibung im Grundbuch entgegenstanden, oder – soweit dies nicht der Fall sein sollte – dadurch entschuldigt sein könnte, dass ihr die Beseitigung der Doppelbuchung bis zum Ablauf der von der Klägerin gesetzten Frist mit den ihr zuzumutenden Anstrengungen nicht möglich gewesen wäre.
B. Anschlussrevision der Beklagten
52
1. Die Anschlussrevision ist zulässig. Ihr steht – anders als die Revision meint – nicht entgegen, dass die Beklagte gegen die Nichtzulassung der Revision im Hinblick auf die Abweisung der Widerklage keine Beschwerde eingelegt hat.
53
Nach § 554 Abs. 2 Satz 1 ZPO kann sich der Revisionsbeklagte der Revision auch dann anschließen, wenn er auf eine eigene Revision verzichtet hat, die Revisionsfrist verstrichen oder die Revision nicht zugelassen worden ist. Allerdings ist streitig, ob die Anschließung nach der Neuregelung des Revisionsrechts durch das Zivilprozessreformgesetz vom 27. Juli 2001 (BGBl I, S. 1887) wie zuvor voraussetzt, dass die mit ihr verfolgten Ansprüche in einem rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Streitgegenstand der Hauptrevision stehen (so MünchKommZPO/Wenzel, 3. Aufl., § 554 Rdn. 5 f.; Zöller/Gummer, ZPO, 26. Aufl., § 554 Rdn. 7a; a.A. Musielak/Ball, ZPO, 5. Aufl., § 554 Rdn. 4). Darauf kommt es hier indes nicht an, da ein zumindest wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den wechselseitig verfolgten Schadensersatzansprüchen besteht. Sie gründen auf einen einheitlichen Lebenssachverhalt , und zwar das Scheitern desselben Kaufvertrages (vgl. BGH, Beschl. v. 23. Februar 2005, II ZR 147/03, NJW-RR 2005, 651).
54
2. Die Anschlussrevision ist nicht begründet. Der mit der Widerklage geltend gemachte Schadensersatzanspruch nach §§ 280 Abs. 1 und 3, 281 Abs. 1 BGB besteht nicht. Wie zu A. dargelegt, hat die Beklagte ihre Pflicht zur Eigentumsverschaffung nicht erfüllt. Das erlaubte es der Klägerin nach Fristsetzung und nachdem die Beklagte erklärt hatte, gegen die in Bezug auf den Bodenraum unrichtige Eintragung im Grundbuch nichts Weiteres unternehmen zu wol- len, von dem Vertrag zurückzutreten (§ 323 Abs. 1 BGB). Damit ist die Grundlage für einen Schadensersatzanspruch der Beklagten entfallen.
Krüger Klein Stresemann Czub Roth

Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 31.05.2005 - 309 O 304/04 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 11.08.2006 - 11 U 155/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
VERSÄUMNISURTEIL
V ZR 280/02 Verkündet am:
14. März 2003
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
EGBGB Art. 237 § 2 Abs. 2

a) Dem Eigentumserwerb nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB steht es entgegen, wenn
vor Ablauf der Ausschlußfrist ein Dritter das Eigentum wirksam erworben hat.

b) Dem Eigentumserwerb nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB steht es nicht entgegen,
wenn bei Ablauf der Ausschlußfrist weder Eigentum des Volkes noch der Abwicklungsberechtigte
selbst eingetragen war, stattdessen aber eine durch Ausgliederung
und Umwandlung begründete Gesellschaft, die in die Funktion des
Abwicklungsberechtigten eingetreten ist und deren Anteile zu 100 % von dem
Abwicklungsberechtigten gehalten werden.
BGH, Urt. v. 14. März 2003 - V ZR 280/02 - OLG Dresden
LG Leipzig
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. März 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Lemke und Dr. Gaier

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 1. August 2002 aufgehoben und das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Leipzig vom 19. April 2002 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


J. A. L. war Miteigentümerin zu 1/3 an einem Hausgrundstück in L. . Sie starb 1973. Das Staatliche Notariat der DDR ermittelte keine Erben und stellte mit Beschluß vom 4. März 1974 fest, daß der Staat Erbe geworden sei. Aufgrund dessen wurde am selben Tag für den Anteil der Erblasserin Eigentum des Volkes, Rechtsträger VEB G. L. , in das Grundbuch eingetragen. Am 3. Mai 1982 wurde auch für die verbliebenen Bruchteile Eigentum des Volkes eingetragen.

Am 12. September 1994 wurde im Verfahren nach dem Vermögenszu- ordnungsgesetz zunächst die Stadt L. als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen. Aufgrund Umwandlungserklärung der Stadt L. vom 10. Dezember 1990 wurde sodann am 28. April 1997 die Beklagte als Eigentümerin eingetragen.
Der Beschluß des Staatlichen Notariats betreffend das Fiskuserbrecht wurde mit Beschluß des Amtsgerichts Leipzig vom 13. April 1995 aufgehoben. Die Kläger sind die Erben nach J. A. L. . Sie verlangen von der Beklagten die Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs dahin, daß sie in Bruchteilsgemeinschaft mit der Beklagten zu 1/3, untereinander in Erbengemeinschaft , als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen werden. Land- und Oberlandesgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

I.


Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Kläger hätten ihr Miteigentum von 1/3 an dem Grundstück nicht nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB verloren. Die Vorschrift setze nämlich voraus, daß zum Ablauf des 30. September 1998 noch Eigentum des Volkes oder der aus der Abwicklung des Volkseigentums Berechtigte im Grundbuch als Eigentümer eingetragen war. Daran fehle es, da zum Zeitpunkt des Ablaufs der Ausschlußfrist nicht mehr die Abwicklungsberechtigte, die Stadt L. , sondern die Beklagte ein-
getragen gewesen sei. Diese werde von Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB nicht ge- schützt.

II.


Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.
1. Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, daß nämlich die Kläger den Anteil der Erblasserin an dem Grundstück geerbt haben. Der unrichtige Beschluß des Staatlichen Notariats vom 4. März 1974 konnte ihnen diese Rechtsstellung nicht nehmen. Er begründete nach der Vorschrift des § 1964 Abs. 2 BGB, die seinerzeit auch in der DDR galt, lediglich die Vermutung , daß der Fiskus Erbe sei. Diese Vermutung ist von den Klägern - was auch die Revision nicht in Frage stellt - widerlegt worden.
2. Nicht gefolgt werden kann dem Berufungsgericht hingegen insoweit, als es die Voraussetzungen des Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB verneint hat. Diese Vorschrift enthält einen Eigentumserwerbstatbestand zugunsten der Personen, denen bei der Abwicklung von Volkseigentum das Eigentum zuzuordnen wäre. Sie sollen es auch dann erwerben, wenn vor dem 3. Oktober 1990 - wie hier - Volkseigentum zu Unrecht eingetragen war, der wahre Eigentümer seine Rechte aber bis zum 30. September 1998 nicht geltend gemacht hat.
Problematisch ist bei der Anwendung dieser Norm im konkreten Fall allein , ob im Zeitpunkt des Ablaufs der Ausschlußfrist im Grundbuch noch Volkseigentum eingetragen sein muß oder ob der Erwerb zugunsten des Abwick-
lungsberechtigten auch eintreten kann, wenn unterdessen ein Dritter eingetragen worden ist. Diese Frage ist differenziert zu beantworten.

a) Keinem Zweifel unterliegt es, daß ein Erwerb möglich ist, wenn mit Ablauf des 30. September 1998 zwar nicht mehr Eigentum des Volkes aber der Abwicklungsberechtigte selbst als Eigentümer eingetragen war (vgl. MünchKomm -BGB/Busche, 3. Aufl., Art. 237 § 2 EGBGB Rdn. 11). Hiervon geht auch das Berufungsgericht aus. Das Gesetz scheint zwar zu verlangen, daß Volkseigentum eingetragen ist. Doch kann die Eintragung desjenigen, zu dessen Gunsten der Erwerbstatbestand wirken soll, dem Eintritt dieser Rechtsfolge nicht entgegenstehen. Hier ist lediglich die Zuordnung im Grundbuch verlautbart worden, die der Abwicklung des Volkseigentums entspricht und die der Gesetzgeber legalisieren wollte.

b) Zutreffend nimmt das Berufungsgericht ferner an, daß die Rechtsfolge des Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB nicht eintritt, wenn vor Ablauf der Ausschlußfrist ein Dritter das Eigentum wirksam erworben hat und in das Grundbuch eingetragen worden ist. Da Zwischenverfügungen unberührt bleiben (Art. 237 § 2 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 3 EGBGB), ist ein gutgläubiger Erwerb eines Dritten nach §§ 873, 892 BGB möglich. Wird dieser vor Ablauf der Ausschlußfrist als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen, scheidet ein Erwerb nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB zugunsten des Abwicklungsberechtigten aus (vgl. schon Senatsbeschl. v. 13. Februar 2003, V ZR 38/02, nicht veröffentl.

).


Soweit die Revision meint, der Gesetzeszweck erfordere es, den Ab- wicklungsberechtigten auch dann zu schützen, wenn er vor Fristablauf über das Grundstück verfügt, etwa an Dritte veräußert hat, verkennt sie, daß dem Schutz jedenfalls der gutgläubige Erwerb des Dritten entgegensteht. Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB entscheidet den Konflikt zwischen dem früheren Eigentümer und dem Abwicklungsberechtigten. Hat der frühere Eigentümer sein Recht zugunsten eines gutgläubigen Dritten verloren, ist für die Norm kein Raum mehr. Sie setzt eine unrichtige Grundbuchlage voraus, die - im Regelfall - auf den Abwicklungsberechtigten hinweist. Dessen unsichere Rechtslage, die sich investitionshemmend auswirkte, wollte der Gesetzgeber klären und festigen (vgl. zu den Gründen für eine gesetzliche Regelung Schmidt-Räntsch, ZIP 1996, 1858, 1859, 1861). Bei einem wirksamen Zwischenerwerb entspricht das Grundbuch aber der Rechtslage. Es besteht hinsichtlich der Eigentumszuordnung kein Regelungsbedarf. Demjenigen, der gutgläubig erworben hat, kann das Eigentum nicht entschädigungslos wieder entzogen werden (Art. 14 Abs. 3 GG).

c) Gleiches gilt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts aber nicht, wenn - wie hier - bei Ablauf des 30. September 1998 ein Dritter als Eigentümer im Grundbuch verzeichnet ist, ohne daß dem ein wirksamer Erwerb zugrunde liegt. In solch einem Fall ist jedenfalls dann von einem Erwerb des Eingetragenen nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB auszugehen, wenn es sich dabei - wie hier - um eine kommunale Wohnungsgesellschaft handelt, die im Wege der Ausgliederung und Umwandlung nach §§ 2, 3 WohnUmwG, §§ 58, 51 UmwG von der Abwicklungsberechtigten als 100 %ige Tochtergesellschaft gegründet wurde.
aa) Zwar mag zunächst der Wortlaut von Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB für die Sicht des Berufungsgerichts sprechen, wenn es dort heißt, daß im Grundbuch (bzw. im Bestandsblatt) Eigentum des Volkes eingetragen sein muß ("ist ... eingetragen"), soll der Eigentumserwerb eintreten. Das ist indes ein nur beschränkt aussagekräftiges Argument, das den Regelungszusammenhang ausspart.
Der Gesetzgeber hat mit der Ausschlußfristregelung des Art. 237 § 2 EGBGB im wesentlichen zwei Sachverhalte, in denen die wahre Eigentumslage mit dem Grundbuchstand nicht übereinstimmt, einer endgültigen Klärung zuführen wollen. § 2 Abs. 1 der Norm schützt den Bucheigentümer, wenn er vor dem 3. Oktober 1990 in das Grundbuch eingetragen worden war und der wahre Eigentümer seine Rechte nicht bis zum Ablauf des 30. September 1998 - nach näherer Ausgestaltung - wahrgenommen hat. § 2 Abs. 2 knüpft daran an und schützt den aus der Abwicklung des Volkseigentums Berechtigten, wenn vor dem 3. Oktober 1990 (zu Unrecht) Eigentum des Volkes eingetragen wurde und der wahre Berechtigte bis zum Ablauf der Ausschlußfrist nicht in der im einzelnen geregelten Weise tätig geworden ist. Dabei stellt Abs. 2 zwar einen eigenständigen Ausschlußtatbestand dar, nimmt aber ersichtlich den Gedanken des Absatzes 1 auf und berücksichtigt nur einige Besonderheiten des Volkseigentums (vgl. Schmidt-Räntsch, VIZ 1997, 449, 453).
Mit § 2 Abs. 2 hat der Gesetzgeber insbesondere auf zwei Entscheidungen des Senats reagiert, nach denen eine Ersitzung von Volkseigentum - jedenfalls vor dem 1. Januar 2006 - ausgeschlossen ist (BGHZ 132, 245; 136, 228; vgl. BT-Drucks. 13/7275 S. 34; Schmidt-Räntsch, VIZ 1997, 449, 453). Er hat, um einen früheren Eigentumserwerb des Buchberechtigten (Abs. 1) bzw.
des Abwicklungsberechtigten (Abs. 2) zu ermöglichen, einen eigenständigen Tatbestand geschaffen, der einerseits zur Verwirkung der Rechte des wahren Eigentümers führt und andererseits im Wege einer Art Buchersitzung den Eigentumserwerb herbeiführt (vgl. Böhringer, OV spezial 1999, 258; Schmidt/ Gohrke, VIZ 2000, 697). Anknüpfend an solche anerkannten Regelungsmuster ist es nicht systemwidrig, wollte man auf eine seit dem 3. Oktober 1990 bis zum Ablauf der Ausschlußfrist andauernde Eintragung des Buchberechtigten (Abs. 1) oder des Volkseigentums (bzw. des Abwicklungsberechtigten, Abs. 2) verzichten. Vor dem Hintergrund des gesetzgeberischen Motivs, für Grundbuchklarheit , Rechtssicherheit und Rechtsfrieden zu sorgen (vgl. Schmidt/Gohrke, VIZ 2000, 697, 700; s. auch BVerwG VIZ 1998, 507, 508 zu Art. 237 § 1 EGBGB [Bestandsschutz]), ist es denkbar, daß entsprechend dem Rechtsgedanken der §§ 900 Abs. 1 Satz 2, 943 BGB die Ersitzungszeit des oder der Voreingetragenen demjenigen zugute kommt, der zum Ablauf des 30. September 1998 zu Unrecht im Grundbuch als Eigentümer eingetragen war (vgl. Schmidt/Gohrke, VIZ 2000, 697, 698). Das führte im Falle des Absatzes 2 (entgegen Schmidt/Gohrke aaO S. 699) nicht dazu, daß der Abwicklungsberechtigte auch dann mit Ablauf der Ausschlußfrist das Eigentum erwirbt, wenn zu diesem Zeitpunkt ein Dritter Buchberechtigter ist, der dann erst kraft der bis dahin unwirksamen Verfügung des Abwicklungsberechtigten erwerben könnte (§ 185 Abs. 2 BGB). Vielmehr könnte der jeweilige Buchberechtigte unmittelbar erwerben. Soweit dies in § 2 Abs. 2 der Norm, die allein den Abwicklungsberechtigten nennt, nicht angelegt ist, könnte auf den Grundtatbestand des Absatzes 1 zurückgegriffen werden, der ja nur hinsichtlich der Besonderheiten des Volkseigentums durch Absatz 2 ergänzt werden, aber keine strukturelle Änderung erfahren sollte. Dem kann andererseits entgegengehalten werden, daß der Zweck der Norm - zumindest vorrangig - darin besteht, den Abwick-
lungsberechtigten zu schützen, nicht Dritte, denen der Schutz des § 892 BGB versagt geblieben ist.
bb) Ob generell davon abgesehen werden kann, daß der Abwicklungsbberechtigte am Stichtag (30. September 1998) noch zu Unrecht im Grundbuch eingetragen ist, bedarf hier jedoch nicht der Entscheidung. Jedenfalls genügt es, wenn an seiner Stelle - wie hier - eine in dessen Funktion eingetretene Gesellschaft eingetragen war, deren Anteile zu 100 % in den Händen des Abwicklungsberechtigten liegen.
Gemessen am Gesetzeszweck ist es lediglich eine organisatorischtechnische Frage, ob die Stadt L. als die nach Art. 22 Abs. 4 Einigungsvertrag Berechtigte die mit der Übernahme des Wohnungsbestands verbundenen öffentlichen Aufgaben selbst, etwa in einem kommunalen Eigenbetrieb, wahrnimmt oder von einer Gesellschaft des Privatrechts wahrnehmen läßt, die sie selbst durch Ausgliederung und Umwandlung gegründet hat und deren Gesellschaftsanteile sie hält. Wertungsmäßig macht dies für den durch Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB angeordneten Ausschluß der Rechte des bisherigen Eigentümers und für den Eigentumserwerb desjenigen, dem Volkseigentum zugeordnet werden sollte, keinen Unterschied. Nimmt man hinzu, daß schon im Zeitpunkt der Schaffung des Gesetzes Abwicklungsberechtigte in erheblichem Umfang kommunalen Wohnungsbestand privatisiert hatten und daß gerade auch die mit der ungeklärten Rechtslage für diese privaten Gesellschaften der Wohnungswirtschaft verbundenen Schwierigkeiten Anlaß und Motiv für das Einschreiten des Gesetzgebers waren (vgl. Schmidt-Räntsch, ZIP 1996, 1858, 1861), so kann nicht angenommen werden, daß Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB auf einen Schutz der Abwicklungsberechtigten selbst beschränkt werden sollte. In
gleicher Weise geschützt sind vielmehr auch die mit ihnen in wirtschaftlicher Hinsicht identischen privatrechtlich organisierten Gesellschaften der Wohnungswirtschaft (LG Rostock VIZ 2002, 589, 591 f.).
Soweit das Berufungsgericht demgegenüber meint, geschützt sei die Dispositionsbefugnis des Abwicklungsberechtigten erst nach Ablauf der Ausschlußfrist, nicht vorher, verkennt es, daß im konkreten Fall die generelle Dispositionsbefugnis des Abwicklungsberechtigten nicht in Rede steht. Es geht nicht darum, die Stadt L. in ihrem Vertrauen darauf zu schützen, (vermeintliches ) Volkseigentum verkaufen, vermarkten oder verwerten zu können. Der Schutz bezieht sich allein auf die ihr zukommende Befugnis, die Aufgaben der kommunalen Wohnungswirtschaft in der ihr sachgerecht erscheinenden Organisationsform zu erfüllen. Damit wird der von Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB bezweckte Schutz nicht zeitlich vorgelagert, sondern der organisatorischen Entscheidung der Stadt angepaßt, das zu verwaltende Vermögen in ein Sondervermögen auszugliedern. Daß Träger dieses Sondervermögens juristisch ein Dritter ist, tritt hinter dem Umstand zurück, daß das Vermögen des Dritten gleichfalls in den Händen der Stadt als der alleinigen Gesellschafterin liegt.
Daher trägt auch der Hinweis des Berufungsgerichts auf die Geltung der allgemeinen Normen, deren Schutz der Erwerber anvertraut sei, nicht. Die Beklagte hat nicht von der Stadt L. aufgrund eines Verfügungsgeschäfts erworben , das die Möglichkeit und den damit verbundenen Bestandsschutz eines gutgläubigen Erwerbs nach § 873, 892 BGB eröffnete (Senat, Urt. v. 27. November 1998, V ZR 180/97, LM EGBGB 1986 Art. 233 Nr. 37 = WM 1999, 746, 748). Sie hat das Vermögen durch Umwandlung und Ausgliederung übernommen und erhält als partielle Gesamtrechtsnachfolgerin keine bessere Rechts-
stellung als die Stadt, sollte andererseits aber auch nicht schlechter gestellt werden.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Tropf Krüger
Lemke Gaier

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 320/02 Verkündet am:
6. Juni 2003
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
EGBGB Art. 233 § 10, Art. 237 § 2; BGB § 744 Abs. 2
Die auf ein gesetzliches Notprozeßführungsrecht gestützte Grundbuchberichtigungsklage
einzelner Separationsinteressenten wahrt die Frist des Art. 237 § 2
Abs. 2 EGBGB nicht, wenn die Interessenten bereits von der Gemeinde zur Geltendmachung
des Eigentums der Interessentengesamtheit ermächtigt sind, dies aber
nicht offenlegen.
BGH, Urt. v. 6. Juni 2003 - V ZR 320/02 - OLG Naumburg
LG Stendal
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. Juni 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Gaier und Dr. SchmidtRäntsch

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 20. August 2002 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Im Grundbuch von H. waren "Die Separationsinteressenten von H. " als Eigentümer der Flurstücke 226/20 und 233/21 der Flur 2 eingetragen. Ein Rechtsträgernachweis vom 9. November 1983 gibt als Grund der Überführung der Flächen in Volkseigentum einen Beschluß des Rates der Gemeinde vom 1. November 1983 an. Volkseigentum wurde am 29. November 1983 im Grundbuch vermerkt. Aufgrund von Vermögenszuordnungsbescheiden vom 18. Juni 1996 wurde die Beklagte am 27. März 1997 als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen.
Mit ihrer am 29. September 1998 eingegangenen, am 20. Oktober 1998 zugestellten Klage haben die Kläger hinsichtlich des Flurstücks 226/20 und des aus Flurstück 233/21 hervorgegangenen Flurstücks 21/14 die Zustimmung zur
Berichtigung des Grundbuchs zugunsten der Separationsinteressenten bean- tragt. Das Landgericht hat die Klage als unzulässig, das Oberlandesgericht als unbegründet abgewiesen. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger den Berichtigungsantrag weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht hält die Klage, soweit die Kläger den Berichtigungsanspruch der Interessentengemeinschaft in gesetzlicher Prozeßstandschaft verfolgen, für unzulässig. Soweit sie sich auf eine Ermächtigung der Gemeinde H. zur Prozeßführung stützen, sei die Klage unbegründet. Denn die Gemeinde habe - jedenfalls - mit Ablauf des 30. September 1998 Eigentum an den Flächen nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB erworben. Die Ermächtigung zur Prozeßführung hätten die Kläger nämlich erst nach diesem Zeitpunkt dem Gericht angezeigt.
Dies hält den Angriffen der Revision stand.

II.


1. Zutreffend hat das Berufungsgericht eine gesetzliche Prozeßstandschaft der Kläger verneint, eine gewillkürte Prozeßstandschaft dagegen bejaht.

a) Revisionsrechtlich ist zwar davon auszugehen, daß die Kläger Mitglieder , der weitere Personen umfassenden Separationsinteressentengemeinschaft sind. Dies berechtigte sie jedoch unter den hier gegebenen Umständen nicht, die Rechte der Interessenten im eigenen Namen geltend zu machen. Die Interessenten an den von den Gemeinheitsteilungen des 19. Jahrhunderts (für Preußen: Gemeinheitsteilungsordnung vom 7. Juni 1821, GS.S. 53) ausgenommenen , den gemeinsamen Zwecken benachbarter Höfe dienenden Zweckgrundstücken bilden einen altrechtlichen Personenzusammenschluß, der, was das gemeinsame Vermögen angeht, grundsätzlich eine Gemeinschaft zur gesamten Hand darstellt (h.M.; näher, auch zu hier nicht interessierenden Ausnahmefällen , Böhringer, NJ 2000, 120, 122; zum Fortbestehen der Interessentengemeinschaften vgl. Art. 113 EGBGB, für die Zeit der DDR § 2 Abs. 2 Satz 2 EGZGB). Ob und inwieweit Mitgliedern von Gesellschaften mit gesamthänderisch gebundenem Vermögen, entsprechend der Regel für Teilhaber einer Gemeinschaft (§ 744 Abs. 2 BGB), die Befugnis zukommt, Rechte der Gesamtheit im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen, ist umstritten und von der Rechtsprechung nicht abschließend geklärt (ablehnend BGHZ 17, 181, 182; ablehnend für die Klage im Eigeninteresse bei Verweigerung der Mitwirkung der Mitgesellschafter BGHZ 39, 14, 20; offengelassen Urteil v. 11. Februar 1980, II ZR 41/79, WM 1980, 1141, 1143; zum Streitstand vgl. MünchKommBGB /Ulmer, 3. Aufl., § 705 Rdn. 21; Staudinger/Langhein, BGB [2002], § 744 Rdn. 31). Für ein Notgeschäftsführungsrecht der klagenden Separationsinteressenten spricht, daß die Berichtigungsklage der Erhaltung des Vermögenswertes des Personenzusammenschlusses dient. Dagegen spricht die an die Körperschaften angenäherte Vertretung der Gesamtheit durch "Organe", die Art. 233 § 10 Abs. 3 EGBGB aufgreift. Dies geht zurück auf die gesetzliche Anordnung der Vertretungsverhältnisse für die von den Gemeinheitsteilungen
ausgeschlossenen Zweckgrundstücke (für Preußen: Gesetz, betreffend die durch ein Auseinandersetzungsverfahren begründeten gemeinschaftlichen Angelegenheiten vom 2. April 1887, GS. S. 105, wonach die Vertretung auf Antrag dem Gemeindevorstand zu übertragen war). Der Streitstand nötigt den Senat indes nicht, die Frage zu entscheiden. Jedenfalls für die entsprechende Anwendung im Bereich der Gesamthandsgemeinschaften ist eine Verwaltungsmaßregel nach § 744 Abs. 2 BGB nicht nur durch die Erforderlichkeit der Maßnahme als solche bedingt, sondern mit Rücksicht auf den Vorrang der für die Gemeinschaft geltenden Regelungen als subsidiäres Recht zu verstehen (zutr. MünchKomm-BGB/Karsten Schmidt, aaO, §§ 744, 745 Rdn. 41), das nur eingreift, wenn die handlungsbefugten Organe der Gemeinschaft nicht handeln. Für Gemeinschaften im Bereich des Allgemeinen Landrechts für die Preußischen Staaten findet dieser Gesichtspunkt der Subsidiarität des Notgeschäftsführungsrechts einzelner Mitglieder in der dort vorgesehenen Bestellung eines Administrators bei Ausbleiben einer gemeinschaftlichen Verwaltung eine weitere Stütze (LRS 37 I 17; vgl. auch MünchKomm-BGB/Quack, aaO, Art. 233 § 10 EGBGB, Rdn. 1, der das gesetzliche Vertretungsrecht der Gemeinde als "eine Art Notgeschäftsführung durch die Gemeinde" begreift; zutr. dagegen Staudinger/Rauscher, aaO [1996] Art. 233 § 10 EGBGB, Rdn. 1, der mit Wortlaut und Zweck des Gesetzes allein von einem Handeln in fremdem Namen ausgeht). Unter diesem Gesichtspunkt besteht kein Prozeßführungsrecht der Kläger im Interesse der Separationsinteressenten; denn die Gemeinde H. , auf deren Gemarkung die Zweckgrundstücke gelegen sind, hatte die Kläger, wie diese selbst vortragen, bereits vor Prozeßbeginn ermächtigt, im eigenen Namen den Berichtigungsantrag zu verfolgen. Hierzu war sie gemäß Art. 233 § 10 Abs. 1 und Abs. 2 EGBGB befugt. Die Interessentengemeinschaft hatte mithin durch ihre gesetzliche Vertreterin gehandelt. Eine Notwendigkeit, die
Klage, wie dies ausdrücklich erfolgt ist, als gesetzliche Prozeßstandschafter, gestützt auf § 744 Abs. 2 BGB, zu erheben, bestand nicht.

b) Durchgreifende Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klageerhebung in gewillkürter Prozeßstandschaft bestehen nicht. Die Kläger haben als Separationsinteressenten ein schutzwürdiges Eigeninteresse an der Wahrung der Rechte der Gesamtheit. Eine unbillige Beeinträchtigung der Rechte der Beklagten (BGHZ 96, 151, 155) ist mit ihr nicht verbunden. Auf die Ermächtigung haben sich die Kläger, was grundsätzlich erforderlich ist (BGHZ 125, 196, 201), in der Tatsacheninstanz, nämlich in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 15. Dezember 1998, berufen.
2. Die Klage auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung konnte den Verlust des Eigentums der Separationsinteressenten, falls dieses die Enteignungsmaßnahme zur Zeit der DDR überstanden hat, durch Fristablauf (Art. 233 § 2 Abs. 2 EGBGB) nicht hindern.

a) Die Vorschrift ist, unbeschadet des Umstandes, daß zum Stichtag, dem 30. September 1998, Volkseigentum im Grundbuch nicht mehr eingetragen war, heranzuziehen. Der Senat hat bereits - weitergehend - entschieden, daß Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB eingreift, wenn nicht mehr, wie hier, der Abwicklungsberechtigte selbst, sondern eine Gesellschaft im Grundbuch eingetragen ist, die dessen Funktion übernommen hat (Urt. v. 14. März 2003, V ZR 280/02 z. Veröff. best.). Die Beklagte war Abwicklungsberechtigte. In ihrer, den Vermerk zugunsten des Volkseigentums ablösenden Eintragung als Eigentümerin kam die bestehende Zuordnung des ehemaligen volkseigenen Vermögens berichtigend zum Ausdruck.


b) Die Kläger haben es versäumt, sich vor Ablauf des 30. September 1998 auf die von der Gegenseite erteilte Ermächtigung zu berufen. Die Wirkungen der gewillkürten Prozeßstandschaft treten erst in dem Augenblick ein, in dem sie offengelegt wird oder offensichtlich ist (vgl. BGHZ 78, 1, 6, 8; Urt. v. 3. März 1993, IV ZR 267/91, NJW-RR 1993, 669, 671; Urt. v. 7. Juni 2001, I ZR 49/99, NJW-RR 2002, 20, 22). Dieser Grundsatz, der der Ermächtigung die Wirkung des § 185 BGB versagt, ist von der Rechtsprechung zur Verjährung gemäß § 209 BGB a.F. entwickelt worden (vgl. bereits BGH, Urt. v. 26. November 1957, VIII ZR 70/57, NJW 1958, 338, 339 = MDR 1958, 421, 422, m. Anm. Bülow). Durchgreifende Bedenken, ihn auch auf die Wahrung der Frist des Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB durch Klageerhebung anzuwenden, bestehen nicht. Zwar führt die Vorschrift, anders als die Verjährung, zum Verlust des Rechts selbst. Im Vordergrund steht aber hier wie dort das gesetzgeberische Anliegen, Rechtsfrieden zum Nachteil des Berechtigten, der sich verschwiegen hat, zu schaffen (vgl. zur Verjährung BGHZ 59, 72, 74; Motive I, 291 f.). Art. 237 § 2 EGBGB sollte, in Anlehnung an eine Verwirkungs- (vgl. Schmidt-Räntsch, ZfIR 1997, 581, 585) oder Ersitzungsvorstellung, die definitive Klärung einer – aus der Wirklichkeit der DDR herrührenden unübersichtlichen und zweifelhaften – Rechtslage bewirken (vgl. OLG Dresden, VIZ 2000, 424, 425; MünchKommBGB /Busche, 3. Aufl., Art. 237 § 2 EGBGB, Rdn. 1, 17, 20; Bamberger /Roth/Kühnholz, BGB 2003, Art. 237 § 2 EGBGB, Rdn. 1), indem jedem, der sich auf einen Mangel berufen konnte, eine letzte, zeitlich begrenzte Chance eingeräumt wurde, diesen Mangel geltend zu machen; danach soll im Interesse des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit eine Berufung auf den Mangel nicht mehr möglich sein (vgl. MünchKomm-BGB/Busche aaO, Rdn. 1; Schmidt-
Räntsch aaO; ders., VIZ 1997, 449, 453; unergiebig insoweit die Gesetzesmaterialien , vgl. BT-Drucks. 13/7275, abgedruckt in ZIP 1997, 711, 712).

c) Dies verstößt nicht gegen Art. 14 GG, obwohl der gesetzliche Eigentumserwerb und damit der entschädigungslose Entzug der Rechtsposition des früheren Eigentümers ohne Rücksicht auf die Schwere etwaiger Erwerbsfehler eintritt (vgl. auch Senat, Urt. v. 10. Oktober 1997, V ZR 80/96, WM 1998, 81, 82 = VIZ 1998, 94, 95). Anders als die Revision meint, ist die Verhältnismäßigkeit angesichts der Bedeutung des mit der Vorschrift verfolgten Ziels gewahrt. Bei ihrem Inkrafttreten waren bereits sieben Jahre seit dem Beitritt verstrichen; während dieser Zeit und noch ein weiteres Jahr bis zum 30. September 1998 bestand für die vom Eigentumsverlust bedrohten "Alt"-Eigentümer Gelegenheit, ihre Rechte aus dem Eigentum geltend zu machen (vgl. MünchKommBGB /Busche aaO, Art. 237 § 2 EGBGB, Rdn. 20 m.w.N.; Bamberger/ Roth/Kühnholz aaO, Art. 237 § 2 EGBGB, Rdn. 2; a.A. Rosenberger, VIZ 1997, 403; Horst, DtZ 1997, 183; s. auch Grün, ZIP 1996, 1860; 1997, 491).

d) Der Senat hat es bisher offengelassen, ob der Erwerb des Abwicklungsberechtigten des ehemaligen Volkseigentums nach Art. 237 § 2 EGBGB gegenüber dem Erwerb des Buchberechtigten nach Art. 237 § 1 EGBGB insoweit begünstigt ist, als dem wahren Berechtigten die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Ausschlußfrist versagt ist (Art. 232, § 2 Abs. 2 Satz 3 einerseits, Abs. 1 Satz 4 andererseits; Urt. v. 17. November 2000, V ZR 487/99, WM 2001, 477, 479). Die Frage kann auch weiter offen
bleiben. Die Kläger haben die Frist, jedenfalls nicht unverschuldet versäumt; denn der fristwahrenden Erhebung der Klage in gewillkürter Prozeßstandschaft stand nichts im Wege.
Wenzel Tropf Krüger Gaier Schmidt-Räntsch

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 320/02 Verkündet am:
6. Juni 2003
K a n i k ,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
EGBGB Art. 233 § 10, Art. 237 § 2; BGB § 744 Abs. 2
Die auf ein gesetzliches Notprozeßführungsrecht gestützte Grundbuchberichtigungsklage
einzelner Separationsinteressenten wahrt die Frist des Art. 237 § 2
Abs. 2 EGBGB nicht, wenn die Interessenten bereits von der Gemeinde zur Geltendmachung
des Eigentums der Interessentengesamtheit ermächtigt sind, dies aber
nicht offenlegen.
BGH, Urt. v. 6. Juni 2003 - V ZR 320/02 - OLG Naumburg
LG Stendal
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. Juni 2003 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel und die Richter Tropf, Prof. Dr. Krüger, Dr. Gaier und Dr. SchmidtRäntsch

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 20. August 2002 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Im Grundbuch von H. waren "Die Separationsinteressenten von H. " als Eigentümer der Flurstücke 226/20 und 233/21 der Flur 2 eingetragen. Ein Rechtsträgernachweis vom 9. November 1983 gibt als Grund der Überführung der Flächen in Volkseigentum einen Beschluß des Rates der Gemeinde vom 1. November 1983 an. Volkseigentum wurde am 29. November 1983 im Grundbuch vermerkt. Aufgrund von Vermögenszuordnungsbescheiden vom 18. Juni 1996 wurde die Beklagte am 27. März 1997 als Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen.
Mit ihrer am 29. September 1998 eingegangenen, am 20. Oktober 1998 zugestellten Klage haben die Kläger hinsichtlich des Flurstücks 226/20 und des aus Flurstück 233/21 hervorgegangenen Flurstücks 21/14 die Zustimmung zur
Berichtigung des Grundbuchs zugunsten der Separationsinteressenten bean- tragt. Das Landgericht hat die Klage als unzulässig, das Oberlandesgericht als unbegründet abgewiesen. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger den Berichtigungsantrag weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht hält die Klage, soweit die Kläger den Berichtigungsanspruch der Interessentengemeinschaft in gesetzlicher Prozeßstandschaft verfolgen, für unzulässig. Soweit sie sich auf eine Ermächtigung der Gemeinde H. zur Prozeßführung stützen, sei die Klage unbegründet. Denn die Gemeinde habe - jedenfalls - mit Ablauf des 30. September 1998 Eigentum an den Flächen nach Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB erworben. Die Ermächtigung zur Prozeßführung hätten die Kläger nämlich erst nach diesem Zeitpunkt dem Gericht angezeigt.
Dies hält den Angriffen der Revision stand.

II.


1. Zutreffend hat das Berufungsgericht eine gesetzliche Prozeßstandschaft der Kläger verneint, eine gewillkürte Prozeßstandschaft dagegen bejaht.

a) Revisionsrechtlich ist zwar davon auszugehen, daß die Kläger Mitglieder , der weitere Personen umfassenden Separationsinteressentengemeinschaft sind. Dies berechtigte sie jedoch unter den hier gegebenen Umständen nicht, die Rechte der Interessenten im eigenen Namen geltend zu machen. Die Interessenten an den von den Gemeinheitsteilungen des 19. Jahrhunderts (für Preußen: Gemeinheitsteilungsordnung vom 7. Juni 1821, GS.S. 53) ausgenommenen , den gemeinsamen Zwecken benachbarter Höfe dienenden Zweckgrundstücken bilden einen altrechtlichen Personenzusammenschluß, der, was das gemeinsame Vermögen angeht, grundsätzlich eine Gemeinschaft zur gesamten Hand darstellt (h.M.; näher, auch zu hier nicht interessierenden Ausnahmefällen , Böhringer, NJ 2000, 120, 122; zum Fortbestehen der Interessentengemeinschaften vgl. Art. 113 EGBGB, für die Zeit der DDR § 2 Abs. 2 Satz 2 EGZGB). Ob und inwieweit Mitgliedern von Gesellschaften mit gesamthänderisch gebundenem Vermögen, entsprechend der Regel für Teilhaber einer Gemeinschaft (§ 744 Abs. 2 BGB), die Befugnis zukommt, Rechte der Gesamtheit im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen, ist umstritten und von der Rechtsprechung nicht abschließend geklärt (ablehnend BGHZ 17, 181, 182; ablehnend für die Klage im Eigeninteresse bei Verweigerung der Mitwirkung der Mitgesellschafter BGHZ 39, 14, 20; offengelassen Urteil v. 11. Februar 1980, II ZR 41/79, WM 1980, 1141, 1143; zum Streitstand vgl. MünchKommBGB /Ulmer, 3. Aufl., § 705 Rdn. 21; Staudinger/Langhein, BGB [2002], § 744 Rdn. 31). Für ein Notgeschäftsführungsrecht der klagenden Separationsinteressenten spricht, daß die Berichtigungsklage der Erhaltung des Vermögenswertes des Personenzusammenschlusses dient. Dagegen spricht die an die Körperschaften angenäherte Vertretung der Gesamtheit durch "Organe", die Art. 233 § 10 Abs. 3 EGBGB aufgreift. Dies geht zurück auf die gesetzliche Anordnung der Vertretungsverhältnisse für die von den Gemeinheitsteilungen
ausgeschlossenen Zweckgrundstücke (für Preußen: Gesetz, betreffend die durch ein Auseinandersetzungsverfahren begründeten gemeinschaftlichen Angelegenheiten vom 2. April 1887, GS. S. 105, wonach die Vertretung auf Antrag dem Gemeindevorstand zu übertragen war). Der Streitstand nötigt den Senat indes nicht, die Frage zu entscheiden. Jedenfalls für die entsprechende Anwendung im Bereich der Gesamthandsgemeinschaften ist eine Verwaltungsmaßregel nach § 744 Abs. 2 BGB nicht nur durch die Erforderlichkeit der Maßnahme als solche bedingt, sondern mit Rücksicht auf den Vorrang der für die Gemeinschaft geltenden Regelungen als subsidiäres Recht zu verstehen (zutr. MünchKomm-BGB/Karsten Schmidt, aaO, §§ 744, 745 Rdn. 41), das nur eingreift, wenn die handlungsbefugten Organe der Gemeinschaft nicht handeln. Für Gemeinschaften im Bereich des Allgemeinen Landrechts für die Preußischen Staaten findet dieser Gesichtspunkt der Subsidiarität des Notgeschäftsführungsrechts einzelner Mitglieder in der dort vorgesehenen Bestellung eines Administrators bei Ausbleiben einer gemeinschaftlichen Verwaltung eine weitere Stütze (LRS 37 I 17; vgl. auch MünchKomm-BGB/Quack, aaO, Art. 233 § 10 EGBGB, Rdn. 1, der das gesetzliche Vertretungsrecht der Gemeinde als "eine Art Notgeschäftsführung durch die Gemeinde" begreift; zutr. dagegen Staudinger/Rauscher, aaO [1996] Art. 233 § 10 EGBGB, Rdn. 1, der mit Wortlaut und Zweck des Gesetzes allein von einem Handeln in fremdem Namen ausgeht). Unter diesem Gesichtspunkt besteht kein Prozeßführungsrecht der Kläger im Interesse der Separationsinteressenten; denn die Gemeinde H. , auf deren Gemarkung die Zweckgrundstücke gelegen sind, hatte die Kläger, wie diese selbst vortragen, bereits vor Prozeßbeginn ermächtigt, im eigenen Namen den Berichtigungsantrag zu verfolgen. Hierzu war sie gemäß Art. 233 § 10 Abs. 1 und Abs. 2 EGBGB befugt. Die Interessentengemeinschaft hatte mithin durch ihre gesetzliche Vertreterin gehandelt. Eine Notwendigkeit, die
Klage, wie dies ausdrücklich erfolgt ist, als gesetzliche Prozeßstandschafter, gestützt auf § 744 Abs. 2 BGB, zu erheben, bestand nicht.

b) Durchgreifende Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klageerhebung in gewillkürter Prozeßstandschaft bestehen nicht. Die Kläger haben als Separationsinteressenten ein schutzwürdiges Eigeninteresse an der Wahrung der Rechte der Gesamtheit. Eine unbillige Beeinträchtigung der Rechte der Beklagten (BGHZ 96, 151, 155) ist mit ihr nicht verbunden. Auf die Ermächtigung haben sich die Kläger, was grundsätzlich erforderlich ist (BGHZ 125, 196, 201), in der Tatsacheninstanz, nämlich in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 15. Dezember 1998, berufen.
2. Die Klage auf Zustimmung zur Grundbuchberichtigung konnte den Verlust des Eigentums der Separationsinteressenten, falls dieses die Enteignungsmaßnahme zur Zeit der DDR überstanden hat, durch Fristablauf (Art. 233 § 2 Abs. 2 EGBGB) nicht hindern.

a) Die Vorschrift ist, unbeschadet des Umstandes, daß zum Stichtag, dem 30. September 1998, Volkseigentum im Grundbuch nicht mehr eingetragen war, heranzuziehen. Der Senat hat bereits - weitergehend - entschieden, daß Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB eingreift, wenn nicht mehr, wie hier, der Abwicklungsberechtigte selbst, sondern eine Gesellschaft im Grundbuch eingetragen ist, die dessen Funktion übernommen hat (Urt. v. 14. März 2003, V ZR 280/02 z. Veröff. best.). Die Beklagte war Abwicklungsberechtigte. In ihrer, den Vermerk zugunsten des Volkseigentums ablösenden Eintragung als Eigentümerin kam die bestehende Zuordnung des ehemaligen volkseigenen Vermögens berichtigend zum Ausdruck.


b) Die Kläger haben es versäumt, sich vor Ablauf des 30. September 1998 auf die von der Gegenseite erteilte Ermächtigung zu berufen. Die Wirkungen der gewillkürten Prozeßstandschaft treten erst in dem Augenblick ein, in dem sie offengelegt wird oder offensichtlich ist (vgl. BGHZ 78, 1, 6, 8; Urt. v. 3. März 1993, IV ZR 267/91, NJW-RR 1993, 669, 671; Urt. v. 7. Juni 2001, I ZR 49/99, NJW-RR 2002, 20, 22). Dieser Grundsatz, der der Ermächtigung die Wirkung des § 185 BGB versagt, ist von der Rechtsprechung zur Verjährung gemäß § 209 BGB a.F. entwickelt worden (vgl. bereits BGH, Urt. v. 26. November 1957, VIII ZR 70/57, NJW 1958, 338, 339 = MDR 1958, 421, 422, m. Anm. Bülow). Durchgreifende Bedenken, ihn auch auf die Wahrung der Frist des Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB durch Klageerhebung anzuwenden, bestehen nicht. Zwar führt die Vorschrift, anders als die Verjährung, zum Verlust des Rechts selbst. Im Vordergrund steht aber hier wie dort das gesetzgeberische Anliegen, Rechtsfrieden zum Nachteil des Berechtigten, der sich verschwiegen hat, zu schaffen (vgl. zur Verjährung BGHZ 59, 72, 74; Motive I, 291 f.). Art. 237 § 2 EGBGB sollte, in Anlehnung an eine Verwirkungs- (vgl. Schmidt-Räntsch, ZfIR 1997, 581, 585) oder Ersitzungsvorstellung, die definitive Klärung einer – aus der Wirklichkeit der DDR herrührenden unübersichtlichen und zweifelhaften – Rechtslage bewirken (vgl. OLG Dresden, VIZ 2000, 424, 425; MünchKommBGB /Busche, 3. Aufl., Art. 237 § 2 EGBGB, Rdn. 1, 17, 20; Bamberger /Roth/Kühnholz, BGB 2003, Art. 237 § 2 EGBGB, Rdn. 1), indem jedem, der sich auf einen Mangel berufen konnte, eine letzte, zeitlich begrenzte Chance eingeräumt wurde, diesen Mangel geltend zu machen; danach soll im Interesse des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit eine Berufung auf den Mangel nicht mehr möglich sein (vgl. MünchKomm-BGB/Busche aaO, Rdn. 1; Schmidt-
Räntsch aaO; ders., VIZ 1997, 449, 453; unergiebig insoweit die Gesetzesmaterialien , vgl. BT-Drucks. 13/7275, abgedruckt in ZIP 1997, 711, 712).

c) Dies verstößt nicht gegen Art. 14 GG, obwohl der gesetzliche Eigentumserwerb und damit der entschädigungslose Entzug der Rechtsposition des früheren Eigentümers ohne Rücksicht auf die Schwere etwaiger Erwerbsfehler eintritt (vgl. auch Senat, Urt. v. 10. Oktober 1997, V ZR 80/96, WM 1998, 81, 82 = VIZ 1998, 94, 95). Anders als die Revision meint, ist die Verhältnismäßigkeit angesichts der Bedeutung des mit der Vorschrift verfolgten Ziels gewahrt. Bei ihrem Inkrafttreten waren bereits sieben Jahre seit dem Beitritt verstrichen; während dieser Zeit und noch ein weiteres Jahr bis zum 30. September 1998 bestand für die vom Eigentumsverlust bedrohten "Alt"-Eigentümer Gelegenheit, ihre Rechte aus dem Eigentum geltend zu machen (vgl. MünchKommBGB /Busche aaO, Art. 237 § 2 EGBGB, Rdn. 20 m.w.N.; Bamberger/ Roth/Kühnholz aaO, Art. 237 § 2 EGBGB, Rdn. 2; a.A. Rosenberger, VIZ 1997, 403; Horst, DtZ 1997, 183; s. auch Grün, ZIP 1996, 1860; 1997, 491).

d) Der Senat hat es bisher offengelassen, ob der Erwerb des Abwicklungsberechtigten des ehemaligen Volkseigentums nach Art. 237 § 2 EGBGB gegenüber dem Erwerb des Buchberechtigten nach Art. 237 § 1 EGBGB insoweit begünstigt ist, als dem wahren Berechtigten die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Ausschlußfrist versagt ist (Art. 232, § 2 Abs. 2 Satz 3 einerseits, Abs. 1 Satz 4 andererseits; Urt. v. 17. November 2000, V ZR 487/99, WM 2001, 477, 479). Die Frage kann auch weiter offen
bleiben. Die Kläger haben die Frist, jedenfalls nicht unverschuldet versäumt; denn der fristwahrenden Erhebung der Klage in gewillkürter Prozeßstandschaft stand nichts im Wege.
Wenzel Tropf Krüger Gaier Schmidt-Räntsch

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)