Bundesgerichtshof Urteil, 21. Mai 2019 - VI ZR 119/18

bei uns veröffentlicht am21.05.2019
vorgehend
Landgericht Oldenburg (Oldenburg), 8 O 1170/16, 19.07.2017
Oberlandesgericht Oldenburg, 5 U 135/17, 14.02.2018

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 119/18 Verkündet am:
21. Mai 2019
Olovcic
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Zu den Anforderungen an die Feststellung einer hypothetischen Einwilligung
(hier: zum erforderlichen Inhalt der zu unterstellenden ordnungsgemäßen
Aufklärung).

b) Zur mutmaßlichen Einwilligung.
BGH, Urteil vom 21. Mai 2019 - VI ZR 119/18 - OLG Oldenburg
LG Oldenburg
ECLI:DE:BGH:2019:210519UVIZR119.18.0

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 21. Mai 2019 durch die Richterin von Pentz als Vorsitzende, die Richterinnen Dr. Oehler und Dr. Roloff und die Richter Dr. Klein und Dr. Allgayer
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 14. Februar 2018 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen der Entfernung ihrer Gebärmutter auf Schmerzensgeld und Feststellung in Anspruch. Der Beklagte zu 2 ist Chefarzt der Abteilung Frauenheilkunde und Geburtshilfe der Beklagten zu 1 und zugleich niedergelassener Facharzt für Frauenheilkunde (die Beklagten zu 1 und 2 im Folgenden auch "Beklagte").
2
Am 28. Januar 2014 stellte der Beklagte zu 2 bei der Klägerin eine Zystozelenbildung im Sinne einer Traktionszystozele sowie einen Descensus des Uterus (Tiefertreten der vorderen Scheidenwand und der Gebärmutter) fest und besprach mit der Klägerin ein operatives Verfahren zum Anheben der Harnblase und der erschlafften Scheidenwände, wobei die Einzelheiten zwischen den Parteien streitig sind.
3
Am 4. April 2014 begab sich die Klägerin für die Operation in die Klinik der Beklagten zu 1. Sie wurde umfassend gynäkologisch untersucht. Die im Berufungsverfahren nicht mehr beteiligte Beklagte zu 3 führte das Aufklärungsgespräch. Sie erklärte der Klägerin, dass ihr im Rahmen der Operation die Gebärmutter entfernt werden solle. Die Klägerin war darüber so irritiert, dass die Beklagte zu 3 den Beklagten zu 2 hinzu bat. Dieser erläuterte den Eingriff nochmals anhand einer Zeichnung, die er spontan fertigte. Die Beklagte zu 3 führte das Aufklärungsgespräch sodann fort und die Klägerin unterzeichnete die Aufklärungsbögen "Operationen bei Harninkontinenz" und "diagnostische Hysteroskopie".
4
Die laparoskopische suprazervikale Hysterektomie (Entfernung des Gebärmutterkörpers bei Verbleib des Gebärmutterhalses) wurde für den 7. April 2014 geplant. Da bei einer solchen Operation der Gebärmutterkörper innerhalb des Bauchraums zerstückelt wird, sollte zunächst eine Hysteroskopie (Gebärmutterspiegelung ) durchgeführt werden, um eine bösartige Veränderung der Gebärmutterschleimhaut und damit die bei einer Zerstückelung gefährliche Versprengung sich in der Gebärmutter befindlicher Tumorzellen in die Bauchhöhle auszuschließen. Am Operationstag konnte der Beklagte zu 2 indes die Gebärmutterspiegelung wegen einer Stenose (Verengung) des Gebärmutterkanals nicht vornehmen. Er entschloss sich daher zu einer kompletten vaginalen Hysterektomie und entfernte sowohl Gebärmutterkörper als auch Gebärmutterhals. Bei der Operation kam es zu einer Verletzung des Harnleiters, die am vierten postoperativen Tag erkannt wurde.
5
Die Klägerin behauptet, sie habe eine Entfernung der Gebärmutter ausdrücklich abgelehnt. Bei dem Gespräch am 28. Januar 2014 sei besprochen worden, dass die erschlafften Scheidenwände mittels einer MESH-Plastik angehoben werden sollten. Die Gebärmutter habe wegen Unauffälligkeit nicht entfernt werden sollen. Nachdem die Beklagte zu 3 ihr am 4. April 2014 erklärt habe , dass im Operationsplan "Entfernung der Gebärmutter" aufgeführt sei, habe der herbeigerufene Beklagte zu 2 ihr versichert, dass entsprechend ihrem Wunsch keine Gebärmutterentfernung erfolgen solle.
6
Die Beklagten behaupten, die Klägerin ordnungsgemäß über die ursprünglich geplante laparoskopische suprazervikale Hysterektomie und auch über die eventuelle Notwendigkeit des intraoperativen Wechsels des Operationsregimes aufgeklärt zu haben. Sie berufen sich auf eine hypothetische Einwilligung , hilfsweise auf eine mutmaßliche Einwilligung.
7
Das Landgericht hat die Klage gegen die Beklagte zu 3 rechtskräftig abgewiesen. Die Klage auf Schmerzensgeld gegen die Beklagten zu 1 und 2 hat es dem Grunde nach für gerechtfertigt gehalten und die begehrte Feststellung ausgesprochen. Das Berufungsgericht hat die Klage auf die Berufung der Beklagten zu 1 und 2 auch insoweit abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

8
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt , es könne dahinstehen, ob eine ordnungsgemäße Aufklärung der Klägerin erfolgt sei. Die Beklagten hätten den ihnen obliegenden Beweis der hypotheti- schen Einwilligung geführt, so dass die Haftung der Beklagten entfalle. Das Landgericht sei nach Anhörung der Klägerin davon überzeugt gewesen, dass diese lediglich der Entfernung eines Teils der Gebärmutter ("Deckel") zugestimmt habe. Dem folge der Senat, weil insbesondere der Umstand, dass die Beklagte zu 3 den Beklagten zu 2 wegen der Verwunderung der Klägerin über die geplante vollständige Entfernung zu dem Aufklärungsgespräch hinzugerufen habe, überzeugend dafür spreche, dass die Klägerin vor der Operation eine Entfernung der gesamten Gebärmutter gerade nicht gewünscht habe.
9
Der Klägerin sei es indes nicht gelungen, zur Überzeugung des Senats plausibel zu machen, dass sie bei ordnungsgemäßer Aufklärung vor einem echten Entscheidungskonflikt gestanden hätte. Der Sachverständige habe im Termin vor dem Senat überzeugend deutlich gemacht, dass der Eingriff, so wie er durchgeführt worden sei, mit Blick auf den auszuräumenden Krebsverdacht alternativlos gewesen sei. Die Einlassung der Klägerin, sie hätte sich gleichwohl nicht operieren lassen, sei nach Ansicht des Senats nicht plausibel. Der Sachverständige habe ausgeführt, dass angesichts der im präoperativen Ultraschall diagnostizierten Serometra (Ansammlung serösen Sekrets) mit unscharf abgrenzbarer Gebärmutter vor der Zerstückelung des Präparats im Rahmen der ursprünglich geplanten Operationsmethode eine Hysteroskopie leitliniengerecht habe vorgenommen werden sollen, um ein malignes Geschehen weitgehend auszuschließen. Aufgrund einer Stenosierung des Gebärmutterhalskanals sei die Hysteroskopie aber nicht durchführbar gewesen. Deshalb sei die ursprünglich geplante Operation mit dem Risiko verbunden gewesen, bei der Zerstückelung des Präparats intrauterine Tumorzellen in die Bauchhöhle zu versprengen. Das Festhalten an dem ursprünglich geplanten Vorgehen sei daher keine sinnvolle Maßnahme mehr gewesen. Als alternatives Vorgehen habe der Sachverständige dem Senat dargelegt, dass man auch nichts hätte machen und zuwarten können. In diesem Fall wäre das Krebsrisiko nicht abzuklären gewesen.
Zwar sei es theoretisch denkbar, die Gebärmutter sonographisch zu kontrollieren und dann zu reagieren, wenn man eine Verdickung feststelle. Das sei nach den Ausführungen des Sachverständigen aber nicht üblich. Einen Bauchschnitt habe der Sachverständige als nicht lege artis bezeichnet. Als einzig sinnvolle Maßnahme habe der Sachverständige die tatsächlich durchgeführte vaginale Totalentfernung der Gebärmutter erachtet. Insbesondere werde hierdurch ein potentieller Schaden aufgrund des nicht sicher auszuschließenden Gebärmutterschleimhautkrebses vermieden.
10
Der Klägerin sei aufgrund dieser für den Senat gut nachvollziehbaren Ausführungen die "fiktive Aufklärung" durch den Vorsitzenden erläutert worden. Sie habe daraufhin erklärt, sie hätte in diesem Fall auf eine Operation verzichtet und zugewartet. Die Angaben der Klägerin machten einen echten Entscheidungskonflikt nicht plausibel. Es habe ein Krebsverdacht bestanden, der anders als durch die Entfernung der Gebärmutter nicht habe geklärt werden können. Bei ordnungsgemäßer Aufklärung wäre der Klägerin das Risiko mitgeteilt worden , dass sie als Patientin bei Manifestation des Risikos eines Endometriumkarzinoms von der Prognose her von einem mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit heilbaren Frühkarzinom in das Stadium einer vermutlich nicht mehr heilbaren Krebserkrankung überführt worden wäre. Es habe also gerade kein von der Klägerin angegebener Fall der Gebärmutterentfernung ohne Grund vorgelegen. Aus Sicht des Senats seien die Angaben der Klägerin wenig authentisch mit Blick auf die damalige präoperative Ausgangssituation, weil sich die Klägerin bei den von ihr geäußerten Zweifeln erkennbar nicht habe davon lösen können, ihren Entscheidungskonflikt aus ex-post-Sicht zu begründen.

II.

11
Das Berufungsurteil hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
12
1. Mit der Begründung des Berufungsgerichts können die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche nicht verneint werden. Solche können sich aus § 280 Abs. 1 in Verbindung mit den Vorschriften der §§ 630a ff. BGB (Art. 5 des Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten vom 20. Februar 2013, BGBl I S. 277, im Folgenden auch "Patientenrechtegesetz" ) ergeben, soweit vertragliche Beziehungen zwischen den Parteien bestehen , wozu das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen hat. Jedenfalls können sich die geltend gemachten Ansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB ergeben. Die Revision wendet sich nicht gegen die Würdigung des Berufungsgerichts, dass den Beklagten bei der Operation und bei der Nachbehandlung kein Behandlungsfehler unterlaufen ist; ein Rechtsfehler ist insoweit auch nicht ersichtlich. Dagegen kann das Berufungsurteil, soweit darin eine Haftung auch wegen eines Aufklärungsversäumnisses verneint wird, keinen Bestand haben. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft angenommen, dass die Klägerin auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung in den durchgeführten Eingriff eingewilligt hätte (sogenannte hypothetische Einwilligung, § 630h Abs. 2 Satz 2 BGB).
13
a) Das Berufungsgericht hat die Frage, ob eine ordnungsgemäße Aufklärung der Klägerin vor dem Eingriff erfolgt ist, ausdrücklich offengelassen. Zugunsten der Revision ist deshalb zu unterstellen, dass die Beklagten die ihnen gegenüber der Klägerin obliegenden Pflichten in zweifacher Hinsicht verletzt haben.
14
aa) Das Berufungsgericht ist zugunsten der Klägerin von der Annahme ausgegangen, dass - wovon sich das Landgericht überzeugt gezeigt hat - die Beklagten die Klägerin (schon) nicht hinreichend verständlich über die Art und den Umfang des ursprünglich geplanten Eingriffs sowie eine mögliche Eingriffsalternative aufgeklärt haben (§ 630e Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB). Es ist daher im Folgenden zugunsten der Revision zu unterstellen, dass die Beklagten der Klägerin die ursprüngliche Operationsplanung und insbesondere den Umstand , dass der Gebärmutterkörper entfernt werden sollte, in Verletzung der ihnen insoweit obliegenden Aufklärungspflicht nicht ausreichend verdeutlicht haben und die in Bezug auf den ursprünglich geplanten Eingriff erteilte Einwilligung der Klägerin daher nicht wirksam war (§ 630d Abs. 2 BGB).
15
bb) Ferner ist mangels abweichender Feststellungen zugunsten der Revision zu unterstellen, dass die Beklagten die Klägerin vor der Operation nicht in der erforderlichen Art und Weise über eine bei einem Fehlschlagen der Hysteroskopie möglicherweise erforderlich werdende (vorhersehbare) Operationserweiterung aufgeklärt haben. Eine weitere - zugunsten der Klägerin zu unterstellende - Pflichtverletzung liegt folglich darin, dass die Operation fortgesetzt wurde , nachdem der Beklagte zu 2 erkannt hatte, dass eine Gebärmutterspiegelung nicht möglich war. Das wäre erforderlich gewesen, um zunächst die Einwilligung der Klägerin zu dem erweiterten Eingriff (Entfernung auch des Gebärmutterhalses ) einzuholen (§ 630d Abs. 1 Satz 1 BGB, vgl. Senat, Urteil vom 16. Februar 1993 - VI ZR 300/91, NJW 1993, 2372, 2373 f., juris Rn. 21). Dass die vaginale Hysterektomie am 7. April 2014 hätte unterbleiben können, hat das Berufungsgericht unter Hinweis auf die Aussage des Sachverständigen, es hätte auch zugewartet werden können, festgestellt.
16
b) Dies vorausgeschickt, geht das Berufungsgericht zwar zu Recht davon aus, dass sich die Beklagten im Streitfall grundsätzlich auf den Einwand der sogenannten hypothetischen Einwilligung berufen können (§ 630h Abs. 2 Satz 2 BGB). Es hätte auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen aber nicht annehmen dürfen, dass die Klägerin bei ordnungsgemäßer Aufklärung in die streitgegenständliche Operation, so wie sie am 7. April 2014 stattgefunden hat, eingewilligt hätte.
17
aa) Genügt die Aufklärung nicht den an sie zu stellenden Anforderungen (§ 630e BGB bzw. Senat, Urteile vom 7. Februar 1984 - VI ZR 174/82, BGHZ 90, 103, 106; vom 12. März 1991 - VI ZR 232/90, NJW 1991, 2346, 2347; vom 11. Oktober 2016 - VI ZR 462/15, NJW-RR 2017, 533 Rn. 10 mwN) kann sich der Behandelnde darauf berufen, dass der Patient auch im Fall einer ordnungsgemäßen Aufklärung in die Maßnahme eingewilligt hätte (§ 630h Abs. 2 Satz 2 BGB). An einen dahingehenden Nachweis, der dem Behandelnden obliegt, sind strenge Anforderungen zu stellen, damit nicht auf diesem Weg der Aufklärungsanspruch des Patienten unterlaufen wird. Den Arzt trifft für seine Behauptung , der Patient hätte bei ordnungsgemäßer Aufklärung in den Eingriff eingewilligt , die Beweislast aber erst dann, wenn der Patient zur Überzeugung des Tatrichters plausibel macht, dass er - wären ihm rechtzeitig die Risiken des Eingriffs verdeutlicht worden - vor einem echten Entscheidungskonflikt gestanden hätte (st. Rspr., vgl. nur Senat, Urteile vom 5. Februar 1991 - VI ZR 108/90, VersR 1991, 547, juris Rn. 8 f. mwN; vom 14. Juni 1994 - VI ZR 260/93, NJW 1994, 2414, juris Rn. 11 mwN). Daran hält der Senat auch unter der Geltung der Vorschrift des § 630h Abs. 2 BGB fest, nachdem durch das Patientenrechtegesetz die bisherige Rechtsprechung zur Beweislastverteilung im Arzthaftungsrecht (lediglich) gesetzlich kodifiziert, nicht aber modifiziert werden sollte (BT-Drs. 17/10488, S. 9, 24, 27).
18
bb) Gedankliche Voraussetzung der hypothetischen Einwilligung ist stets die Hypothese einer ordnungsgemäßen, insbesondere auch vollständigen Aufklärung (Senat, Urteil vom 5. Februar 1991 - VI ZR 108/90, VersR 1991, 547; juris Rn. 8 f. mwN). Den Inhalt dieser Aufklärung hat das Berufungsgericht un- richtig bestimmt, weil es rechtsfehlerhaft nicht von der Sachlage vor der streitgegenständlichen Operation ausgegangen ist. Es hat keine Feststellungen dazu getroffen, welche Aufklärung der Klägerin vor dem streitgegenständlichen Eingriff hätte zu teil werden müssen (§ 630e Abs. 1 und 2 BGB). Es hat sich lediglich damit beschäftigt, welche Möglichkeiten der Beklagte zu 2 hatte, als er am 7. April 2014 feststellte, dass die geplante Gebärmutterspiegelung nicht durchgeführt werden konnte. Das Risiko, dass die Klägerin bei Manifestation eines Endometriumkarzinoms von der Prognose her von einem mit an Sicherheit heilbaren Frühkarzinom in das Stadium einer vermutlich nicht mehr heilbaren Krebserkrankung überführt worden wäre, bestand nach den - vom Berufungsgericht in Bezug genommenen - Ausführungen des Sachverständigen indes lediglich für den Fall, dass die Operation wie ursprünglich geplant durchgeführt worden wäre. Nur dann hätten durch die Zerstückelung des Gebärmutterkörpers Tumorzellen in die Bauchhöhle versprengt werden können. Das Berufungsgericht ist daher bei der der Klägerin mitgeteilten Aufklärung und damit auch bei seiner tatrichterlichen Bewertung, ob die Klägerin einen Entscheidungskonflikt plausibel gemacht hat, rechtsfehlerhaft nicht von einer ordnungsgemäßen Aufklärung ausgegangen, sondern hat zu Lasten der Klägerin Risiken berücksichtigt, die es nur bei der ursprünglich geplanten, tatsächlich nicht durchgeführten, laparoskopischen supra zervikalen Hysterektomie gegeben hätte.
19
2. Das Urteil ist auch nicht deshalb richtig (§ 561 ZPO), weil der Eingriff ohne Einwilligung der Klägerin hätte durchgeführt werden dürfen. Kann eine Einwilligung für eine unaufschiebbare Maßnahme nicht rechtzeitig eingeholt werden, darf sie ohne Einwilligung durchgeführt werden, wenn sie dem mutmaßlichen Willen des Patienten entspricht (§ 630d Abs. 1 Satz 4 BGB; Senat, Urteil vom 16. Februar 1993 - VI ZR 300/91, aaO, Rn. 21; vgl. Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 7. Aufl., Rn. C 102 ff.; Frahm/Walter, Arzthaftungsrecht, 6.
Aufl., Rn. 212). In diesem Fall ist auch eine Aufklärung entbehrlich (§ 630e Abs. 3 BGB). Das kommt hier indes schon deshalb nicht in Betracht, weil der Eingriff - wie bereits ausgeführt - am 7. April 2014 (ohne weiteres) hätte unterbleiben können.

III.

20
Das Berufungsurteil kann daher keinen Bestand haben, sondern ist aufzuheben und mangels Entscheidungsreife zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Für die neue Verhandlung und Entscheidung weist der Senat auf folgendes hin:
21
Zur Feststellung des Inhalts einer ordnungsgemäßen, insbesondere vollständigen Aufklärung wird das Berufungsgericht von der Sachlage vor der streitgegenständlichen Operation auszugehen haben. Es wird festzustellen haben , welche Aufklärung der Klägerin in Bezug auf die ursprünglich geplante Operation, auf vor der Operation vorhersehbare Operationserweiterungen und unabhängig davon auch wegen des sich aus den vor der Operation erhobenen Befunden ergebenden Verdachts einer Krebserkrankung hätte zu teil werden müssen, insbesondere im Hinblick auf die Frage, welches Risiko sich aus den Befunden im Hinblick auf eine mögliche Krebserkrankung tatsächlich ergab, sowie auf die Notwendigkeit und Dringlichkeit der insoweit gebotenen Maßnahmen (vgl. Senat, Urteile vom 14. Januar 1997 - VI ZR 30/96, NJW 1997, 1637, juris Rn. 13 ff.; vom 18. März 2003 - VI ZR 266/02, NJW 2003, 1862, juris Rn. 18; jeweils zu einer Gebärmutterentfernung).
22
Erst nach Feststellung des Inhalts der gebotenen Aufklärung wird das Berufungsgericht die Klägerin (erneut) zu einem Entscheidungskonflikt anhören können. Es wird dabei zu berücksichtigen haben, dass sich die Substantiierungspflicht des Patienten auf die Darlegung des Entscheidungskonflikts, in den er bei erfolgter Aufklärung geraten wäre, beschränkt; er braucht nicht etwa darzulegen , wie er sich tatsächlich entschieden hätte (st. Rspr.; vgl. nur Senat, Urteil vom 14. Juni 1994 - VI ZR 260/93, NJW 1994, 2414, juris Rn. 11). Insbesondere wenn ein Patient einen Eingriff in der Vergangenheit bereits verweigert und dadurch zu erkennen gegeben hat, dass er sich in einem Entscheidungskonflikt befindet, genügt es, dass er plausibel macht, er hätte zunächst zugewartet , um sich in Ruhe über den Eingriff schlüssig zu werden (Senat, aaO Rn.

14).

von Pentz Oehler Roloff
Klein Allgayer

Vorinstanzen:
LG Oldenburg, Entscheidung vom 19.07.2017 - 8 O 1170/16 -
OLG Oldenburg, Entscheidung vom 14.02.2018 - 5 U 135/17 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 21. Mai 2019 - VI ZR 119/18

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 21. Mai 2019 - VI ZR 119/18

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di
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Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen

Zivilprozessordnung - ZPO | § 561 Revisionszurückweisung


Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 630e Aufklärungspflichten


(1) Der Behandelnde ist verpflichtet, den Patienten über sämtliche für die Einwilligung wesentlichen Umstände aufzuklären. Dazu gehören insbesondere Art, Umfang, Durchführung, zu erwartende Folgen und Risiken der Maßnahme sowie ihre Notwendigkeit, Dr

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 630h Beweislast bei Haftung für Behandlungs- und Aufklärungsfehler


(1) Ein Fehler des Behandelnden wird vermutet, wenn sich ein allgemeines Behandlungsrisiko verwirklicht hat, das für den Behandelnden voll beherrschbar war und das zur Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit des Patienten geführt hat.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 630d Einwilligung


(1) Vor Durchführung einer medizinischen Maßnahme, insbesondere eines Eingriffs in den Körper oder die Gesundheit, ist der Behandelnde verpflichtet, die Einwilligung des Patienten einzuholen. Ist der Patient einwilligungsunfähig, ist die Einwilligung

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Bundesgerichtshof Urteil, 18. März 2003 - VI ZR 266/02

bei uns veröffentlicht am 18.03.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 266/02 Verkündet am: 18. März 2003 Böhringer-Mangold, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nei

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bei uns veröffentlicht am 11.10.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 462/15 Verkündet am: 11. Oktober 2016 Böhringer-Mangold Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:

Referenzen

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Ein Fehler des Behandelnden wird vermutet, wenn sich ein allgemeines Behandlungsrisiko verwirklicht hat, das für den Behandelnden voll beherrschbar war und das zur Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit des Patienten geführt hat.

(2) Der Behandelnde hat zu beweisen, dass er eine Einwilligung gemäß § 630d eingeholt und entsprechend den Anforderungen des § 630e aufgeklärt hat. Genügt die Aufklärung nicht den Anforderungen des § 630e, kann der Behandelnde sich darauf berufen, dass der Patient auch im Fall einer ordnungsgemäßen Aufklärung in die Maßnahme eingewilligt hätte.

(3) Hat der Behandelnde eine medizinisch gebotene wesentliche Maßnahme und ihr Ergebnis entgegen § 630f Absatz 1 oder Absatz 2 nicht in der Patientenakte aufgezeichnet oder hat er die Patientenakte entgegen § 630f Absatz 3 nicht aufbewahrt, wird vermutet, dass er diese Maßnahme nicht getroffen hat.

(4) War ein Behandelnder für die von ihm vorgenommene Behandlung nicht befähigt, wird vermutet, dass die mangelnde Befähigung für den Eintritt der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit ursächlich war.

(5) Liegt ein grober Behandlungsfehler vor und ist dieser grundsätzlich geeignet, eine Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit der tatsächlich eingetretenen Art herbeizuführen, wird vermutet, dass der Behandlungsfehler für diese Verletzung ursächlich war. Dies gilt auch dann, wenn es der Behandelnde unterlassen hat, einen medizinisch gebotenen Befund rechtzeitig zu erheben oder zu sichern, soweit der Befund mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Ergebnis erbracht hätte, das Anlass zu weiteren Maßnahmen gegeben hätte, und wenn das Unterlassen solcher Maßnahmen grob fehlerhaft gewesen wäre.

(1) Vor Durchführung einer medizinischen Maßnahme, insbesondere eines Eingriffs in den Körper oder die Gesundheit, ist der Behandelnde verpflichtet, die Einwilligung des Patienten einzuholen. Ist der Patient einwilligungsunfähig, ist die Einwilligung eines hierzu Berechtigten einzuholen, soweit nicht eine Patientenverfügung nach § 1827 Absatz 1 Satz 1 die Maßnahme gestattet oder untersagt. Weitergehende Anforderungen an die Einwilligung aus anderen Vorschriften bleiben unberührt. Kann eine Einwilligung für eine unaufschiebbare Maßnahme nicht rechtzeitig eingeholt werden, darf sie ohne Einwilligung durchgeführt werden, wenn sie dem mutmaßlichen Willen des Patienten entspricht.

(2) Die Wirksamkeit der Einwilligung setzt voraus, dass der Patient oder im Fall des Absatzes 1 Satz 2 der zur Einwilligung Berechtigte vor der Einwilligung nach Maßgabe von § 630e Absatz 1 bis 4 aufgeklärt worden ist.

(3) Die Einwilligung kann jederzeit und ohne Angabe von Gründen formlos widerrufen werden.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Ein Fehler des Behandelnden wird vermutet, wenn sich ein allgemeines Behandlungsrisiko verwirklicht hat, das für den Behandelnden voll beherrschbar war und das zur Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit des Patienten geführt hat.

(2) Der Behandelnde hat zu beweisen, dass er eine Einwilligung gemäß § 630d eingeholt und entsprechend den Anforderungen des § 630e aufgeklärt hat. Genügt die Aufklärung nicht den Anforderungen des § 630e, kann der Behandelnde sich darauf berufen, dass der Patient auch im Fall einer ordnungsgemäßen Aufklärung in die Maßnahme eingewilligt hätte.

(3) Hat der Behandelnde eine medizinisch gebotene wesentliche Maßnahme und ihr Ergebnis entgegen § 630f Absatz 1 oder Absatz 2 nicht in der Patientenakte aufgezeichnet oder hat er die Patientenakte entgegen § 630f Absatz 3 nicht aufbewahrt, wird vermutet, dass er diese Maßnahme nicht getroffen hat.

(4) War ein Behandelnder für die von ihm vorgenommene Behandlung nicht befähigt, wird vermutet, dass die mangelnde Befähigung für den Eintritt der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit ursächlich war.

(5) Liegt ein grober Behandlungsfehler vor und ist dieser grundsätzlich geeignet, eine Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit der tatsächlich eingetretenen Art herbeizuführen, wird vermutet, dass der Behandlungsfehler für diese Verletzung ursächlich war. Dies gilt auch dann, wenn es der Behandelnde unterlassen hat, einen medizinisch gebotenen Befund rechtzeitig zu erheben oder zu sichern, soweit der Befund mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Ergebnis erbracht hätte, das Anlass zu weiteren Maßnahmen gegeben hätte, und wenn das Unterlassen solcher Maßnahmen grob fehlerhaft gewesen wäre.

(1) Der Behandelnde ist verpflichtet, den Patienten über sämtliche für die Einwilligung wesentlichen Umstände aufzuklären. Dazu gehören insbesondere Art, Umfang, Durchführung, zu erwartende Folgen und Risiken der Maßnahme sowie ihre Notwendigkeit, Dringlichkeit, Eignung und Erfolgsaussichten im Hinblick auf die Diagnose oder die Therapie. Bei der Aufklärung ist auch auf Alternativen zur Maßnahme hinzuweisen, wenn mehrere medizinisch gleichermaßen indizierte und übliche Methoden zu wesentlich unterschiedlichen Belastungen, Risiken oder Heilungschancen führen können.

(2) Die Aufklärung muss

1.
mündlich durch den Behandelnden oder durch eine Person erfolgen, die über die zur Durchführung der Maßnahme notwendige Ausbildung verfügt; ergänzend kann auch auf Unterlagen Bezug genommen werden, die der Patient in Textform erhält,
2.
so rechtzeitig erfolgen, dass der Patient seine Entscheidung über die Einwilligung wohlüberlegt treffen kann,
3.
für den Patienten verständlich sein.
Dem Patienten sind Abschriften von Unterlagen, die er im Zusammenhang mit der Aufklärung oder Einwilligung unterzeichnet hat, auszuhändigen.

(3) Der Aufklärung des Patienten bedarf es nicht, soweit diese ausnahmsweise aufgrund besonderer Umstände entbehrlich ist, insbesondere wenn die Maßnahme unaufschiebbar ist oder der Patient auf die Aufklärung ausdrücklich verzichtet hat.

(4) Ist nach § 630d Absatz 1 Satz 2 die Einwilligung eines hierzu Berechtigten einzuholen, ist dieser nach Maßgabe der Absätze 1 bis 3 aufzuklären.

(5) Im Fall des § 630d Absatz 1 Satz 2 sind die wesentlichen Umstände nach Absatz 1 auch dem Patienten entsprechend seinem Verständnis zu erläutern, soweit dieser aufgrund seines Entwicklungsstandes und seiner Verständnismöglichkeiten in der Lage ist, die Erläuterung aufzunehmen, und soweit dies seinem Wohl nicht zuwiderläuft. Absatz 3 gilt entsprechend.

(1) Vor Durchführung einer medizinischen Maßnahme, insbesondere eines Eingriffs in den Körper oder die Gesundheit, ist der Behandelnde verpflichtet, die Einwilligung des Patienten einzuholen. Ist der Patient einwilligungsunfähig, ist die Einwilligung eines hierzu Berechtigten einzuholen, soweit nicht eine Patientenverfügung nach § 1827 Absatz 1 Satz 1 die Maßnahme gestattet oder untersagt. Weitergehende Anforderungen an die Einwilligung aus anderen Vorschriften bleiben unberührt. Kann eine Einwilligung für eine unaufschiebbare Maßnahme nicht rechtzeitig eingeholt werden, darf sie ohne Einwilligung durchgeführt werden, wenn sie dem mutmaßlichen Willen des Patienten entspricht.

(2) Die Wirksamkeit der Einwilligung setzt voraus, dass der Patient oder im Fall des Absatzes 1 Satz 2 der zur Einwilligung Berechtigte vor der Einwilligung nach Maßgabe von § 630e Absatz 1 bis 4 aufgeklärt worden ist.

(3) Die Einwilligung kann jederzeit und ohne Angabe von Gründen formlos widerrufen werden.

(1) Ein Fehler des Behandelnden wird vermutet, wenn sich ein allgemeines Behandlungsrisiko verwirklicht hat, das für den Behandelnden voll beherrschbar war und das zur Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit des Patienten geführt hat.

(2) Der Behandelnde hat zu beweisen, dass er eine Einwilligung gemäß § 630d eingeholt und entsprechend den Anforderungen des § 630e aufgeklärt hat. Genügt die Aufklärung nicht den Anforderungen des § 630e, kann der Behandelnde sich darauf berufen, dass der Patient auch im Fall einer ordnungsgemäßen Aufklärung in die Maßnahme eingewilligt hätte.

(3) Hat der Behandelnde eine medizinisch gebotene wesentliche Maßnahme und ihr Ergebnis entgegen § 630f Absatz 1 oder Absatz 2 nicht in der Patientenakte aufgezeichnet oder hat er die Patientenakte entgegen § 630f Absatz 3 nicht aufbewahrt, wird vermutet, dass er diese Maßnahme nicht getroffen hat.

(4) War ein Behandelnder für die von ihm vorgenommene Behandlung nicht befähigt, wird vermutet, dass die mangelnde Befähigung für den Eintritt der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit ursächlich war.

(5) Liegt ein grober Behandlungsfehler vor und ist dieser grundsätzlich geeignet, eine Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit der tatsächlich eingetretenen Art herbeizuführen, wird vermutet, dass der Behandlungsfehler für diese Verletzung ursächlich war. Dies gilt auch dann, wenn es der Behandelnde unterlassen hat, einen medizinisch gebotenen Befund rechtzeitig zu erheben oder zu sichern, soweit der Befund mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Ergebnis erbracht hätte, das Anlass zu weiteren Maßnahmen gegeben hätte, und wenn das Unterlassen solcher Maßnahmen grob fehlerhaft gewesen wäre.

(1) Der Behandelnde ist verpflichtet, den Patienten über sämtliche für die Einwilligung wesentlichen Umstände aufzuklären. Dazu gehören insbesondere Art, Umfang, Durchführung, zu erwartende Folgen und Risiken der Maßnahme sowie ihre Notwendigkeit, Dringlichkeit, Eignung und Erfolgsaussichten im Hinblick auf die Diagnose oder die Therapie. Bei der Aufklärung ist auch auf Alternativen zur Maßnahme hinzuweisen, wenn mehrere medizinisch gleichermaßen indizierte und übliche Methoden zu wesentlich unterschiedlichen Belastungen, Risiken oder Heilungschancen führen können.

(2) Die Aufklärung muss

1.
mündlich durch den Behandelnden oder durch eine Person erfolgen, die über die zur Durchführung der Maßnahme notwendige Ausbildung verfügt; ergänzend kann auch auf Unterlagen Bezug genommen werden, die der Patient in Textform erhält,
2.
so rechtzeitig erfolgen, dass der Patient seine Entscheidung über die Einwilligung wohlüberlegt treffen kann,
3.
für den Patienten verständlich sein.
Dem Patienten sind Abschriften von Unterlagen, die er im Zusammenhang mit der Aufklärung oder Einwilligung unterzeichnet hat, auszuhändigen.

(3) Der Aufklärung des Patienten bedarf es nicht, soweit diese ausnahmsweise aufgrund besonderer Umstände entbehrlich ist, insbesondere wenn die Maßnahme unaufschiebbar ist oder der Patient auf die Aufklärung ausdrücklich verzichtet hat.

(4) Ist nach § 630d Absatz 1 Satz 2 die Einwilligung eines hierzu Berechtigten einzuholen, ist dieser nach Maßgabe der Absätze 1 bis 3 aufzuklären.

(5) Im Fall des § 630d Absatz 1 Satz 2 sind die wesentlichen Umstände nach Absatz 1 auch dem Patienten entsprechend seinem Verständnis zu erläutern, soweit dieser aufgrund seines Entwicklungsstandes und seiner Verständnismöglichkeiten in der Lage ist, die Erläuterung aufzunehmen, und soweit dies seinem Wohl nicht zuwiderläuft. Absatz 3 gilt entsprechend.

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a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats muss der Patient nur "im Großen und Ganzen" über Chancen und Risiken der Behandlung aufgeklärt werden. Nicht erforderlich ist die exakte medizinische Beschreibung der in Betracht kommenden Risiken. Dem Patienten muss aber eine allgemeine Vorstellung von dem Ausmaß der mit dem Eingriff verbundenen Gefahren vermittelt werden, ohne diese zu beschönigen oder zu verschlimmern (vgl. Senatsurteile vom 6. Juli 2010 - VI ZR 198/09, VersR 2010, 1220 Rn. 11; vom 14. März 2006 - VI ZR 279/04, BGHZ 166, 336 Rn. 13; vom 7. April 1992 - VI ZR 192/91, VersR 1992, 960, 961; vom 7. Februar 1984 - VI ZR 174/82, BGHZ 90, 103, 106, 108). Dabei ist über schwerwiegende Risiken, die mit einer Operation verbunden sind, grundsätzlich auch dann aufzuklären, wenn sie sich nur selten verwirklichen. Entscheidend für die ärztliche Hinweispflicht ist, ob das betreffende Risiko dem Eingriff spezifisch anhaftet und es bei seiner Verwirklichung die Lebensführung des Patienten besonders belastet (Senatsurteile vom 30. September 2014 - VI ZR 443/13, VersR 2015, 196 Rn. 6; vom 15. Februar 2000 - VI ZR 48/99, BGHZ 144, 1, 5 f.; vom 21. November 1995 - VI ZR 341/94, VersR 1996, 330, 331; vom 7. Februar 1984 - VI ZR 174/82, BGHZ 90, 103, 106). Die Aufklärung muss zudem für den Patienten sprachlich und inhaltlich verständlich sein (vgl. § 630e Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB), wobei es auf die individuelle Verständnismöglichkeit und damit auch auf den Zustand des Patienten ankommt.

(1) Ein Fehler des Behandelnden wird vermutet, wenn sich ein allgemeines Behandlungsrisiko verwirklicht hat, das für den Behandelnden voll beherrschbar war und das zur Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit des Patienten geführt hat.

(2) Der Behandelnde hat zu beweisen, dass er eine Einwilligung gemäß § 630d eingeholt und entsprechend den Anforderungen des § 630e aufgeklärt hat. Genügt die Aufklärung nicht den Anforderungen des § 630e, kann der Behandelnde sich darauf berufen, dass der Patient auch im Fall einer ordnungsgemäßen Aufklärung in die Maßnahme eingewilligt hätte.

(3) Hat der Behandelnde eine medizinisch gebotene wesentliche Maßnahme und ihr Ergebnis entgegen § 630f Absatz 1 oder Absatz 2 nicht in der Patientenakte aufgezeichnet oder hat er die Patientenakte entgegen § 630f Absatz 3 nicht aufbewahrt, wird vermutet, dass er diese Maßnahme nicht getroffen hat.

(4) War ein Behandelnder für die von ihm vorgenommene Behandlung nicht befähigt, wird vermutet, dass die mangelnde Befähigung für den Eintritt der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit ursächlich war.

(5) Liegt ein grober Behandlungsfehler vor und ist dieser grundsätzlich geeignet, eine Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit der tatsächlich eingetretenen Art herbeizuführen, wird vermutet, dass der Behandlungsfehler für diese Verletzung ursächlich war. Dies gilt auch dann, wenn es der Behandelnde unterlassen hat, einen medizinisch gebotenen Befund rechtzeitig zu erheben oder zu sichern, soweit der Befund mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Ergebnis erbracht hätte, das Anlass zu weiteren Maßnahmen gegeben hätte, und wenn das Unterlassen solcher Maßnahmen grob fehlerhaft gewesen wäre.

(1) Der Behandelnde ist verpflichtet, den Patienten über sämtliche für die Einwilligung wesentlichen Umstände aufzuklären. Dazu gehören insbesondere Art, Umfang, Durchführung, zu erwartende Folgen und Risiken der Maßnahme sowie ihre Notwendigkeit, Dringlichkeit, Eignung und Erfolgsaussichten im Hinblick auf die Diagnose oder die Therapie. Bei der Aufklärung ist auch auf Alternativen zur Maßnahme hinzuweisen, wenn mehrere medizinisch gleichermaßen indizierte und übliche Methoden zu wesentlich unterschiedlichen Belastungen, Risiken oder Heilungschancen führen können.

(2) Die Aufklärung muss

1.
mündlich durch den Behandelnden oder durch eine Person erfolgen, die über die zur Durchführung der Maßnahme notwendige Ausbildung verfügt; ergänzend kann auch auf Unterlagen Bezug genommen werden, die der Patient in Textform erhält,
2.
so rechtzeitig erfolgen, dass der Patient seine Entscheidung über die Einwilligung wohlüberlegt treffen kann,
3.
für den Patienten verständlich sein.
Dem Patienten sind Abschriften von Unterlagen, die er im Zusammenhang mit der Aufklärung oder Einwilligung unterzeichnet hat, auszuhändigen.

(3) Der Aufklärung des Patienten bedarf es nicht, soweit diese ausnahmsweise aufgrund besonderer Umstände entbehrlich ist, insbesondere wenn die Maßnahme unaufschiebbar ist oder der Patient auf die Aufklärung ausdrücklich verzichtet hat.

(4) Ist nach § 630d Absatz 1 Satz 2 die Einwilligung eines hierzu Berechtigten einzuholen, ist dieser nach Maßgabe der Absätze 1 bis 3 aufzuklären.

(5) Im Fall des § 630d Absatz 1 Satz 2 sind die wesentlichen Umstände nach Absatz 1 auch dem Patienten entsprechend seinem Verständnis zu erläutern, soweit dieser aufgrund seines Entwicklungsstandes und seiner Verständnismöglichkeiten in der Lage ist, die Erläuterung aufzunehmen, und soweit dies seinem Wohl nicht zuwiderläuft. Absatz 3 gilt entsprechend.

Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(1) Vor Durchführung einer medizinischen Maßnahme, insbesondere eines Eingriffs in den Körper oder die Gesundheit, ist der Behandelnde verpflichtet, die Einwilligung des Patienten einzuholen. Ist der Patient einwilligungsunfähig, ist die Einwilligung eines hierzu Berechtigten einzuholen, soweit nicht eine Patientenverfügung nach § 1827 Absatz 1 Satz 1 die Maßnahme gestattet oder untersagt. Weitergehende Anforderungen an die Einwilligung aus anderen Vorschriften bleiben unberührt. Kann eine Einwilligung für eine unaufschiebbare Maßnahme nicht rechtzeitig eingeholt werden, darf sie ohne Einwilligung durchgeführt werden, wenn sie dem mutmaßlichen Willen des Patienten entspricht.

(2) Die Wirksamkeit der Einwilligung setzt voraus, dass der Patient oder im Fall des Absatzes 1 Satz 2 der zur Einwilligung Berechtigte vor der Einwilligung nach Maßgabe von § 630e Absatz 1 bis 4 aufgeklärt worden ist.

(3) Die Einwilligung kann jederzeit und ohne Angabe von Gründen formlos widerrufen werden.

(1) Der Behandelnde ist verpflichtet, den Patienten über sämtliche für die Einwilligung wesentlichen Umstände aufzuklären. Dazu gehören insbesondere Art, Umfang, Durchführung, zu erwartende Folgen und Risiken der Maßnahme sowie ihre Notwendigkeit, Dringlichkeit, Eignung und Erfolgsaussichten im Hinblick auf die Diagnose oder die Therapie. Bei der Aufklärung ist auch auf Alternativen zur Maßnahme hinzuweisen, wenn mehrere medizinisch gleichermaßen indizierte und übliche Methoden zu wesentlich unterschiedlichen Belastungen, Risiken oder Heilungschancen führen können.

(2) Die Aufklärung muss

1.
mündlich durch den Behandelnden oder durch eine Person erfolgen, die über die zur Durchführung der Maßnahme notwendige Ausbildung verfügt; ergänzend kann auch auf Unterlagen Bezug genommen werden, die der Patient in Textform erhält,
2.
so rechtzeitig erfolgen, dass der Patient seine Entscheidung über die Einwilligung wohlüberlegt treffen kann,
3.
für den Patienten verständlich sein.
Dem Patienten sind Abschriften von Unterlagen, die er im Zusammenhang mit der Aufklärung oder Einwilligung unterzeichnet hat, auszuhändigen.

(3) Der Aufklärung des Patienten bedarf es nicht, soweit diese ausnahmsweise aufgrund besonderer Umstände entbehrlich ist, insbesondere wenn die Maßnahme unaufschiebbar ist oder der Patient auf die Aufklärung ausdrücklich verzichtet hat.

(4) Ist nach § 630d Absatz 1 Satz 2 die Einwilligung eines hierzu Berechtigten einzuholen, ist dieser nach Maßgabe der Absätze 1 bis 3 aufzuklären.

(5) Im Fall des § 630d Absatz 1 Satz 2 sind die wesentlichen Umstände nach Absatz 1 auch dem Patienten entsprechend seinem Verständnis zu erläutern, soweit dieser aufgrund seines Entwicklungsstandes und seiner Verständnismöglichkeiten in der Lage ist, die Erläuterung aufzunehmen, und soweit dies seinem Wohl nicht zuwiderläuft. Absatz 3 gilt entsprechend.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 266/02 Verkündet am:
18. März 2003
Böhringer-Mangold,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja


b) Ergeben nachträgliche Befunde eine Indikation für einen medizinischen
Eingriff, der ohne wirksame Einwilligung vorgenommen wurde und deshalb
rechtswidrig ist, rechtfertigt dieser Umstand regelmäßig den Eingriff nicht.
Dies verbietet die Wahrung der persönlichen Entscheidungsfreiheit des
Patienten, die nicht begrenzt werden darf durch das, was aus ärztlicher
Sicht oder objektiv erforderlich und sinnvoll wäre.
BGH, Urteil vom 18. März 2003 - VI ZR 266/02 - Pfälzisches OLG Zweibrücken
LG Landau
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. März 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 2. Juli 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 2. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt Ersatz materiellen und immateriellen Schadens sowie die Feststellung der Einstandspflicht des Beklagten für zukünftige Schäden , die als Folgen eines nach einer Operation durch den Beklagten am 5. Mai 1995 erlittenen Schlaganfalles auftreten werden. Im Frühjahr 1995 stellte der Beklagte bei der Klägerin anläßlich einer Krebsvorsorgeuntersuchung durch einen Abstrich eine Präkanzerose an der Gebärmutter fest. Am 21. April 1995 fand deshalb in der Praxis des Beklagten ein Gespräch zwischen den Parteien in Anwesenheit des Ehemannes der Klägerin statt. Dabei wurde von dieser ein „perimed“-Merkblatt zur Aufklärung über die Entfernung der Gebärmutter mittels Bauchschnittes (Hysterektomie) unter-
zeichnet. Am 2. Mai 1995 begab sich die Klägerin stationär in das Städtische Krankenhaus in L., in dem der Beklagte Belegbetten hatte, wo am Folgetag durch den Beklagten die Hysterektomie vorgenommen wurde. Die feingewebliche Untersuchung des entnommenen Gewebes ergab leicht- bis mittelgradige Plattenepitheldysplasien der Portio vaginalis uteri, die vom Pathologen als eine cervikale intraepitheliale Neoplasie des Typs II (CIN II) gewertet wurde. Nach postoperativen Komplikationen wurde die Klägerin am Morgen des 5. Mai 1995 gegen 5 Uhr in ihrem Bett in der Pflegeabteilung des Krankenhauses mit einem Schlaganfall aufgefunden. Sie ist seitdem rechtsseitig gelähmt und auf die Betreuung durch ihren Ehemann angewiesen. Die Klägerin hat behauptet, eine Gebärmutterentfernung mittels eines Bauchschnittes sei nicht indiziert gewesen. Es hätte eine Konisation ausgereicht , um eine Gewebeprobe für eine histologische Untersuchung zu entnehmen. Erst wenn der Befund den Krebsverdacht bestätigt hätte, wäre eine Entfernung der Gebärmutter indiziert gewesen. Dies hätte der Beklagte um so mehr beachten müssen, als sie eine Risikopatientin gewesen sei. Bei einer Konisation hätte es nur einer wesentlich leichteren Narkose bedurft. Sie hätte deshalb danach höchstwahrscheinlich keinen Schlaganfall erlitten. Der Beklagte hafte für die eingetretenen Folgen der Operation, weil er sie unzureichend über deren Notwendigkeit und Risiken aufgeklärt habe. Die Klage ist vom Landgericht abgewiesen worden. Die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht zurückgewiesen, weil die Aufklärung ordnungsgemäß und ausreichend gewesen sei und auch nicht von einer fehlenden Indikation für die Hysterektomie ausgegangen werden könne. Der erkennende Senat hat diese Entscheidung auf die Revision der Klägerin mit Urteil vom 22. Mai 2001 (- VI ZR 268/00 - VersR 2002, 120) aufgehoben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zu-
rückverwiesen, weil die Feststellungen des Berufungsgerichts zur Indikation der Operation nicht frei von Verfahrensfehlern waren. Das Berufungsgericht hat ergänzende Stellungnahmen des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. B. eingeholt und diesen und Dr. S. mündlich angehört. Hierauf hat es durch das nunmehr angefochtene Urteil erneut die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageansprüche weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht führt aus, aufgrund der weiteren Beweisaufnahme sei nicht erwiesen, daß der Beklagte die Klägerin fehlerhaft behandelt habe. Es könne dahinstehen, ob die sogleich durchgeführte Entfernung der Gebärmutter im konkreten Fall bei dem vor der Operation erhobenen Abstrichbefund Pap IVa medizinischem Standard entsprochen habe und die Methode der Wahl gewesen sei. Nach dem ergänzenden Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. B. und seinen Ausführungen bei den mündlichen Anhörungen sowie denen des Dr. S. sei jedenfalls im Nachhinein aufgrund des histologischen Befundes des entfernten Gewebes die Operation als primär präventive Maßnahme indiziert und vom Umfang her sachgerecht gewesen. Der Beklagte hafte auch nicht wegen unzureichender ärztlicher Aufklärung der Klägerin. Der Bundesgerichtshof habe die Ausführungen im Berufungsurteil vom 13. Juni 2000 - auf die Bezug genommen werde - zur Aufklärung als rechtsfehlerfrei gebilligt. Es sei in diesem Zusammenhang nicht von entscheidungserheblicher Bedeutung, daß sich die Hysterektomie - wohl - erst im Nachhinein aufgrund des pathologisch-
histologischen Befundes als behandlungsfehlerfrei erwiesen habe, weil die vom Beklagten der Klägerin empfohlene Entfernung der Gebärmutter jedenfalls der bei objektiver Sachlage gebotenen bzw. anzuratenden ärztlichen Vorgehensweise entsprochen habe.

II.

Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. 1. Soweit die Revision rügt, das Berufungsgericht habe aufgrund unzureichender Sachaufklärung die bei der Klägerin durchgeführte Hysterektomie für medizinisch indiziert gehalten, bezieht sie sich ersichtlich auf die Auffassung des Berufungsgerichts, der histologische Befund nach der Uterusexstirpation habe diesen Eingriff nachträglich gerechtfertigt. Ob ihre Angriffe insoweit Erfolg haben könnten, bedarf keiner abschließenden Entscheidung.
a) Das Berufungsgericht läßt dahinstehen, ob nach der Feststellung eines Pap IVa - Abstrichs die sogleich durchgeführte Entfernung der Gebärmutter im konkreten Fall, insbesondere angesichts des Alters und der sonstigen gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin medizinischem Standard entsprochen hat und die Methode der Wahl gewesen ist. Somit ist revisionsrechtlich davon auszugehen, daß dies nicht der Fall war.
b) Ersichtlich hat das Berufungsgericht diese Frage offengelassen, weil es durch das Ergänzungsgutachten des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. B. und die Ausführungen des Gutachters im Schlichtungsverfahren Dr. S. bei seiner mündlichen Anhörung zur Auffassung kam, daß der histologische Befund nachträglich die Entfernung des Uterus gerechtfertigt habe. Diese Auf-
fassung beruht auf einem Mißverständnis der vom Berufungsgericht zitierten Rechtsmeinung (vgl. Frahm/Nixdorf, Arzthaftungsrecht, 2. Aufl., Rdnrn. 65, 66; Staudinger/J. Hager, 1999, BGB, § 823 Rdnr. I 19; MüKo/Mertens, BGB, 3. Aufl., § 823 Rdnr. 367), wonach bei der rechtlichen Beurteilung des ärztlichen Handelns zwar grundsätzlich der medizinische Standard zum Zeitpunkt der Behandlung zugrunde zu legen ist, jedoch neuere Entwicklungen in der Medizin auch nicht völlig unerheblich sind. Nachträgliche Erkenntnisse könnten sich zugunsten des Arztes auswirken, soweit sie seine therapeutischen Maßnahmen rechtfertigen. Aus dem Zusammenhang der betreffenden Ausführungen ergibt sich, daß die nachträgliche Rechtfertigung des ärztlichen Handelns durch ein Fortschreiten der medizinischen Wissenschaft und hierdurch gewonnene Erkenntnisse gemeint ist.
c) Darum geht es im Streitfall nicht. Hier geht es um die Frage, ob ein Behandlungsfehler vorliegt, wenn der Arzt einen schwerwiegenden Eingriff - wie er mit der Entfernung der Gebärmutter durch Bauchschnitt gegeben ist - vornimmt , ohne zuvor einen wesentlich weniger belastenden und medizinisch gebotenen Eingriff in Form der Konisation oder eines weiteren Abstrichs durchzuführen. Die Abklärung des Befundes durch die Entnahme von Gewebeproben für eine weitere histologische Untersuchung haben sowohl der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. B. als auch der Gutachter im vorprozessualen Schlichtungsverfahren Dr. S. in den ergänzenden Gutachten und bei der mündlichen Anhörung für geboten erachtet und nach dem Kenntnisstand vor der Uterusentfernung als „Mittel der Wahl“ bezeichnet. Unter den Umständen des Streitfalls kann dahinstehen, ob das Berufungsgericht bei der gegebenen Sachlage einen Behandlungsfehler schon mit der Begründung verneinen durfte, daß der später erhobene histologische Befund die sofortige Entfernung des Uterus nachträglich als richtig erscheinen ließ.
2. Die Revision macht nämlich mit Erfolg geltend, daß die der Klägerin erteilte Aufklärung nicht ausreichend gewesen sei.
a) Soweit das Berufungsgericht meint, die Ausführungen, mit denen es die Aufklärung im ersten Berufungsurteil für hinreichend erachtet hatte, seien im Urteil des erkennenden Senats vom 22. Mai 2001 - VI ZR 268/00 – aaO als rechtsfehlerfrei gebilligt worden, trifft dies nicht zu. Der erkennende Senat hat sich hierbei lediglich zu der Frage geäußert, ob das Berufungsgericht unter den Umständen des Streitfalls den Beklagten als Partei habe vernehmen dürfen und seine Bekundungen ohne Verfahrensfehler gewürdigt habe. Auf den Inhalt der Aufklärung konnte nach dem damaligen Verfahrensstand gar nicht eingegangen werden, da der Umfang der Aufklärungspflicht maßgeblich von der Frage abhing, welches ärztliche Vorgehen in Betracht kam und das Berufungsgericht noch keine ausreichenden Feststellungen dazu getroffen hatte. Darauf weist die Revision zu Recht hin.
b) Nachdem die Ergänzung der Beweisaufnahme ergeben hat, daß zunächst eine Konisation geboten war und der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. B. bei seiner mündlichen Anhörung beschrieben hat, welchen Inhalt das Aufklärungsgespräch insoweit hätte haben müssen, kann die vom Beklagten der Klägerin erteilte Aufklärung nicht als ausreichend angesehen werden. Der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. B. hat es für erforderlich erachtet , daß der Klägerin die Konisation als Methode der Wahl dargestellt worden wäre und nur daneben ein Hinweis darauf erforderlich gewesen wäre, daß auf Grund der persönlichen Situation und gesundheitlichen Verfassung der Klägerin auch eine Hysterektomie in Betracht komme.
Dem entsprach die vom Beklagten erteilte Aufklärung nicht. Der erkennende Senat kann dies auf der Grundlage der vom Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise getroffenen tatsächlichen Feststellungen im Berufungsurteil vom 13. Juni 2000 zum Aufklärungsgespräch vom 21. April 1995, auf die im vorliegenden Berufungsurteil Bezug genommen wird, selbst beurteilen. Der Beklagte hat danach die Klägerin auf die Alternativen Konisation oder Hysterektomie hingewiesen und ihr empfohlen, sich die Gebärmutter bis spätestens Herbst 1995 entfernen zu lassen. Selbst wenn aufgrund der persönlichen Situation und der gesundheitlichen Verfassung der Klägerin möglicherweise eine Hysterektomie auch schon zum Zeitpunkt der Operation in Betracht gezogen werden konnte, hätte der Beklagte jedenfalls darauf hinweisen müssen, daß die Hysterektomie nicht die Methode der Wahl sei, sondern zuerst der Befund durch eine Konisation abzuklären sei. War die Hysterektomie nur vertretbar, um der Klägerin eine weitere Operation zu ersparen, hätte sie in Wahrung ihres Selbstbestimmungsrechts darüber aufgeklärt werden müssen, daß und mit welchem Risiko ein Aufschieben oder gänzliches Unterlassen des Eingriffs verbunden ist (vgl. Senatsurteil vom 14. Januar 1997 - VI ZR 30/96 - VersR 1997, 451, 452). Indem der Beklagte der Klägerin zwar die Konisation und die Hysterektomie als Alternativen dargestellt hat, zu letzterem Eingriff aber geraten und dabei Herbst 1995 als zeitlichen Rahmen genannt hat, hat er erkennbar den Kern der gebotenen Aufklärung verfehlt und insbesondere die Klägerin darüber im Unklaren gelassen, daß diese Operation nach dem vorliegenden Befund aus medizinischer Sicht nicht zwingend durchgeführt werden mußte. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts wird dieser Mangel der Aufklärung auch nicht dadurch beseitigt, daß die Empfehlung zur Entfernung der Gebärmutter durch den nachoperativen histologischen Befund bestätigt wurde. Selbst bei einem aus ärztlicher Sicht sinnvollen Eingriff bleibt es stets dem Pati-
enten überlassen, ob er sich für ihn entscheidet und ihm zustimmt (vgl. Senatsurteil vom 26. Juni 1990 - VI ZR 289/89 - VersR 1990, 1238 ff.). Ergeben - wie im Streitfall - nachträgliche Befunde eine Indikation für den Eingriff, rechtfertigt dieser Umstand regelmäßig nicht einen medizinischen Eingriff, der ohne wirksame Einwilligung vorgenommen wurde und deshalb rechtswidrig ist. Dies verbietet die Wahrung der persönlichen Entscheidungsfreiheit des Patienten, die nicht durch das, was aus ärztlicher Sicht oder objektiv erforderlich und sinnvoll wäre, begrenzt werden darf (vgl. Senatsurteil vom 26. Juni 1990 - VI ZR 289/89 – aaO S. 1239).

III.

Das Berufungsgericht hat - aus seiner Sicht folgerichtig - bisher keine Feststellungen zum Ursachenzusammenhang zwischen der Operation, dem Schlaganfall und den darauf beruhenden Schäden getroffen. Die Sache ist deshalb erneut an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der Senat hat dabei von der Möglichkeit nach § 563 Abs. 1 S. 2 ZPO Gebrauch gemacht.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll