Bundesgerichtshof Urteil, 31. Jan. 2006 - VI ZR 135/04

bei uns veröffentlicht am31.01.2006
vorgehend
Landgericht Paderborn, 2 O 540/01, 06.11.2002
Oberlandesgericht Hamm, 3 U 38/03, 29.03.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 135/04 Verkündet am:
31. Januar 2006
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Wird im Arzthaftungsprozess der Ersatz von Unterhalt für ein Kind verlangt, weil wegen
eines ärztlichen Fehlers ein Schwangerschaftsabbruch aus medizinischer Indikation
unterblieben sei, so erfordert die Prüfung der Voraussetzungen einer solchen
Indikation die Prognose, ob aus damaliger Sicht von einer Gefährdung der Mutter im
Sinne des § 218a Abs. 2 StGB auszugehen war und diese Gefahr nicht auf andere,
für die Mutter zumutbare Weise hätte abgewendet werden können.
Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen bedarf es keiner zusätzlichen Abwägung, die
an den Grad der (zu erwartenden) Behinderung des Kindes und dessen Entwicklung
nach der Geburt anknüpft.
BGH, Urteil vom 31. Januar 2006 - VI ZR 135/04 - OLG Hamm
LG Paderborn
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 31. Januar 2006 durch die Vizepräsidentin Dr. Müller, den Richter Wellner,
die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 29. März 2004 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die klagenden Eheleute sind die Eltern des Kindes Melissa. Dieses wurde am 31. Oktober 1998 mit einem offenen Rücken (Spina bifida) geboren. Es hat eine beiderseitige Hüftdysplasie, ist vom Knie abwärts querschnittgelähmt und leidet an Inkontinenz.
2
Die Kläger nehmen den beklagten Frauenarzt auf Ersatz des Unterhalts für ihre Tochter in Anspruch, weil er während der von ihm durchgeführten Schwangerschaftsbetreuung die Fehlbildung ihres Kindes pflichtwidrig nicht erkannt und nicht auf weiter gehende Diagnostikmöglichkeiten hingewiesen habe. Sie machen geltend, sie hätten sich bei Kenntnis der Behinderung für einen (rechtlich zulässigen) Schwangerschaftsabbruch entschieden; die Voraussetzungen des § 218a Abs. 2 StGB hätten vorgelegen , da angesichts der zu erwartenden Behinderung des Kindes eine schwerwiegende Beeinträchtigung des seelischen Gesundheitszustandes der Klägerin zu befürchten gewesen wäre.
3
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Kläger zurückgewiesen. Dagegen richtet sich deren vom erkennenden Senat zugelassene Revision.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Das Landgericht habe im Ergebnis zu Recht einen Schadensersatzanspruch der Kläger auf Ersatz des Unterhaltsbedarfs ihrer Tochter verneint. Zwar könne das auf einem ärztlichen Behandlungsfehler beruhende Unterbleiben eines nach den Grundsätzen der medizinischen Indikation gemäß § 218a Abs. 2 StGB rechtmäßigen Schwangerschaftsabbruchs die Pflicht des Arztes auslösen, den Eltern den Unterhaltsaufwand für ein Kind zu ersetzen, das mit schweren Behinderungen zur Welt komme. Aufgrund des zwischen der Klägerin und dem Beklagten geschlossenen Vertrages über die Schwangerschaftsbetreuung, in dessen Schutzbereich auch der Kläger einbezogen gewesen sei, sei auch die Verpflichtung des Beklagten zur Beratung der Kindeseltern über erkennbare Gefahren einer Schädigung der Leibesfrucht mit umfasst gewesen.
5
Es stehe nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch fest, dass dem Beklagten hier eine schuldhafte Verletzung seiner Pflichten vorzuwerfen sei, die pränatale Untersuchung des Kindes auf Schädigungen ordnungsgemäß vorzunehmen , diagnostisch auszuwerten und die Eltern hinsichtlich der Ergebnisse in gebotener Weise zu beraten. Es handele sich um einen groben Behandlungsfehler. Zudem sei der Senat auch davon überzeugt, dass die Klägerin sich im Falle einer sachgerecht erfolgten Information und Beratung über weitergehende Diagnosemöglichkeiten diesen Untersuchungen unterzogen hätte und sich - im Falle einer legal zulässigen Schwangerschaftsunterbrechung - auch für einen derartigen Abbruch vor dem Hintergrund der familiären Vorbelastung aus der Familie ihres Mannes entschieden hätte. Nach den Darlegungen des gynäkologischen Sachverständigen wäre bei einer Ultraschalluntersuchung in einem dafür spezialisierten Zentrum die Erkrankung des ungeborenen Kindes an Spina bifida erkannt worden.
6
Eine medizinische Indikation nach § 218a Abs. 2 StGB n.F. als Grundlage einer rechtmäßigen Schwangerschaftsunterbrechung könne aber nicht angenommen werden. Die Kindesmutter müsse den Nachweis erbringen, dass ein Abbruch der Schwangerschaft zur Vermeidung schwerer, konkret vorhersehbarer und klar zu benennender Gesundheitsgefahren erforderlich gewesen wäre. Hierzu bedürfe es einer nachträglichen, auf den Zeitpunkt des denkbaren Abbruchs bezogenen Prognose. Dabei sei bei der erforderlichen Güterabwägung auch das Lebensrecht des ungeborenen Kindes zu berücksichtigen, wobei generell hohe Anforderungen an die Bejahung eines Indikationstatbestandes zu stellen seien. Hier hätten die Kläger nicht in ausreichender Weise den Nachweis geführt, dass bei der erforderlichen Güter- und Interessenabwägung zwischen den Gesundheitsgefahren für die Klägerin auf der einen und dem Lebensrecht des ungeborenen Kindes auf der anderen Seite letztlich die Interessen des Kindes hätten zurücktreten müssen und die Voraussetzungen eines rechtmäßigen Schwanger- schaftsabbruchs aufgrund einer medizinischen Indikation gegeben gewesen wären.
7
Allerdings sei nach dem Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen davon auszugehen, dass bei der Klägerin noch heute eine teilremittierte posttraumatische Belastungsstörung vorliege, die kausal auf die Geburt des behinderten Kindes Melissa zurückzuführen sei. Hierbei handele es sich nicht lediglich um eine Bagatellerkrankung, sondern eine derartige Belastungsstörung gehe in ihrer Ausprägung in Richtung auf eine krankhafte Neurose. Bei der Klägerin wäre im Falle der Eröffnung einer Behinderung bzw. Missbildung des Kindes eine Weltuntergangsstimmung eingetreten und ein inneres Chaos entstanden. Die Klägerin hätte eine derartige Mitteilung während der Schwangerschaft psychisch nicht verkraftet, die Nachricht von einer Behinderung des Kindes hätte eine schwerwiegende Erkrankung ausgelöst. Auf der Grundlage der umfassenden psychiatrischen Begutachtung gehe der Senat von der Gefahr einer schwerwiegenden und erheblichen Gesundheitsgefährdung für die Klägerin bei Kenntnis einer Behinderung des ungeborenen Kindes aus.
8
Trotzdem vermöge der Senat nicht die Entscheidung dahin zu treffen, dass im Rahmen der erforderlichen Güter- und Interessenabwägung das Lebensrecht des im Verhältnis zu anderweitigen Fällen nicht so schwer behinderten Kindes zurückzutreten habe. Er halte es für erforderlich und geboten, in Fällen wie dem hier vorliegenden besonders hohe Anforderungen an das Vorliegen einer Abbruchsindikation zu stellen. Nach den Darlegungen des gynäkologischen Sachverständigen hätte die erforderliche spezielle Ultraschalldiagnostik ergeben, dass nur eine nicht so besonders schwer wiegende Behinderung des ungeborenen Kindes zu erwarten gewesen sei. Beide Sachverständige hätten übereinstimmend ausgeführt, dass im vorliegenden Fall die Frage einer Abbruchsindikation im Sinne des § 218a Abs. 2 StGB unter Abwägung der Interessen des unge- borenen Kindes nur äußerst schwierig zu beantworten sei. Der psychiatrische Sachverständige habe den Standpunkt eingenommen, dass aufgrund der Orientierungslosigkeit der Klägerin und nach ihrer Persönlichkeit eine Austragung des Kindes ihr vermutlich nicht hätte zugemutet werden können. Dem gegenüber habe der gynäkologische Sachverständige die Auffassung vertreten, dass er auch unter Berücksichtigung des bei der Klägerin gegebenen Traumas im Falle einer entsprechenden Diagnose die Zumutbarkeitsgrenze, bis zu der die Klägerin Belastungen zugunsten des ungeborenen Kindes hinnehmen müsse, im Ergebnis aufgrund der zu stellenden Anforderungen noch nicht für überschritten ansehe. Unter Einbeziehung aller Abwägungskriterien sehe es der Senat letztlich nicht als erwiesen an, dass die psychische und physische Belastbarkeit der Klägerin auch vor dem Hintergrund ihres guten sozialen Netzes und des guten familiären Hintergrundes in einem Maße überfordert gewesen wäre, das geeignet gewesen sei, das Lebensrecht des Kindes in den Hintergrund zu drängen. Die Opfergrenze wäre für die Klägerin noch nicht nachweislich überschritten gewesen.

II.

9
Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
10
1. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats kann das auf einem schuldhaften ärztlichen Fehler beruhende Unterbleiben eines möglichen Schwangerschaftsabbruchs dazu führen, die Eltern im Rahmen eines vertraglichen Schadensersatzanspruchs gegen den Arzt auf der vermögensmäßigen Ebene von der Unterhaltsbelastung durch das Kind freizustellen, wenn der Abbruch der Rechtsordnung entsprochen hätte, also von ihr nicht missbilligt worden wäre (BGHZ 129, 178, 185; 151, 133, 138; dazu auch Müller, NJW 2003, 697 ff.). Auf Grund des § 218a Abs. 2 StGB in der Fassung des Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetzes vom 21. August 1995 (BGBl. I 1050) ist der mit Einwilligung der Schwangeren von einem Arzt vorgenommene Schwangerschaftsabbruch dann nicht rechtswidrig, wenn er unter Berücksichtigung der gegenwärtigen und zukünftigen Lebensverhältnisse der Schwangeren nach ärztlicher Erkenntnis angezeigt ist, um eine Gefahr für das Leben oder das Risiko einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes der Schwangeren abzuwenden, und die Gefahr nicht auf andere, für sie zumutbare Weise abgewendet werden kann. In dieser gesetzlichen Neufassung ist die früher in § 218a Abs. 2 und Abs. 3 StGB in der Fassung des Schwangeren- und Familienhilfegesetzes vom 27. Juli 1992 (BGBl. I 1398) in Verbindung mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Mai 1993 (BGBl. I 820) enthaltene eigenständige Regelung der sogenannten embryopathischen Indikation entfallen. Damit sollte klargestellt werden, dass eine Behinderung des Kindes als solche niemals zu einer Minderung des Lebensschutzes führen kann, vielmehr entscheidend für die Zulässigkeit einer Abtreibung stets nur sein kann, ob das Austragen des Kindes zu unzumutbaren Belastungen für die gesundheitliche Situation der Mutter führt, denen anders als durch einen Abbruch nicht wirksam begegnet werden kann, wobei nach der Vorstellung des Gesetzgebers die Fallkonstellationen der früheren "embryopathischen Indikation" nunmehr der Sache nach von der medizinischen Indikation des nunmehrigen § 218a Abs. 2 StGB aufgefangen werden sollen (vgl. Senatsurteil BGHZ 151, 133, 138 f. m.w.N.).
11
2. Daher ist bei den Fallgestaltungen, die nach der bisherigen rechtlichen Regelung der "embryopathischen Indikation" unterfielen, nunmehr im Rahmen des § 218a Abs. 2 StGB zu prüfen, ob sich für die Mutter aus der Geburt des schwerbehinderten Kindes und der hieraus resultierenden besonderen Lebenssituation Belastungen ergeben, die sie in ihrer Konstitution überfordern und die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung ihres insbesondere auch see- lischen Gesundheitszustandes als so drohend erscheinen lassen, dass bei der gebotenen Güterabwägung das Lebensrecht des Ungeborenen dahinter zurückzutreten hat (Senatsurteile BGHZ 151, 133, 139; vom 15. Juli 2003 - VI ZR 203/02 - VersR 2003, 1541, 1542). Das Berufungsgericht ist zwar hiervon im rechtlichen Ansatzpunkt zutreffend ausgegangen, hat jedoch bei seiner Beurteilung die Anforderungen an die Darlegungslast der Klägerin überspannt.
12
3. Zwar muss die Mutter im Schadensersatzprozess grundsätzlich nach allgemeinen Grundsätzen darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass die Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Schwangerschaftsabbruch wegen medizinischer Indikation bei fehlerfreier Diagnose des untersuchenden Arztes vorgelegen hätten. Hierzu bedarf es, wie der erkennende Senat bereits an anderer Stelle ausgeführt hat (BGHZ 151, 133, 139 f.; Urteil vom 15. Juli 2003, aaO), einer nachträglichen, auf den Zeitpunkt des denkbaren Abbruchs der Schwangerschaft bezogenen Prognose, ob die Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Schwangerschaftsabbruch vorgelegen hätten. Bei dieser Prognose ist darauf abzustellen, ob von einer Gefahr für das Leben oder der Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes der Mutter auszugehen war, aber auch darauf, ob aus damaliger Sicht diese Gefahr nicht auf andere, für die Mutter zumutbare Weise hätte abgewendet werden können. Allerdings dürfen an die die Prognose betreffenden Darlegungen keine überzogenen Anforderungen gestellt werden (vgl. Senatsurteil vom 15. Juli 2003, aaO).
13
Weiterer Voraussetzungen, die im Wege einer zusätzlichen Abwägung zu berücksichtigen wären, bedarf es nicht. Insbesondere ist keine Abwägung veranlasst, die an den Grad der (zu erwartenden) Behinderung des Kindes und dessen Entwicklung nach der Geburt anknüpft. Insoweit missversteht das Berufungsgericht offenbar die vorstehend zitierten Ausführungen des erkennenden Senats. Liegen die Voraussetzungen des § 218a Abs. 2 StGB vor, so ist der Schwangerschaftsabbruch von Gesetzes wegen erlaubt. Die erforderliche Abwägung zwischen dem Lebensrecht des Kindes und den Belangen der Mutter hat der Gesetzgeber durch die Ausgestaltung dieses Tatbestandes bereits vorgenommen. Die bei der Prüfung des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs zu stellende Prognose darf mithin nur dahin gehen, ob die Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Schwangerschaftsabbruch vorgelegen hätten und ob die Mutter sich für den Abbruch entschieden hätte. Bei dieser Prognose können die Art und der Grad der zu erwartenden Behinderung indiziell durchaus eine Rolle spielen. Nur dahin ist es zu verstehen, wenn der erkennende Senat ausgeführt hat, die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes müsse als so drohend erscheinen, dass bei der gebotenen Güterabwägung das Lebensrecht des Ungeborenen dahinter zurückzutreten habe (Senatsurteile aaO).

III.

14
Das die Klageabweisung bestätigende Berufungsurteil kann demnach keinen Bestand haben. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen , damit die nunmehr erforderlichen weiteren Feststellungen getroffen werden können.
Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll
Vorinstanzen:
LG Paderborn, Entscheidung vom 06.11.2002 - 2 O 540/01 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 29.03.2004 - 3 U 38/03 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 31. Jan. 2006 - VI ZR 135/04

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 31. Jan. 2006 - VI ZR 135/04

Referenzen - Gesetze

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 249 Art und Umfang des Schadensersatzes


(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. (2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadenser

Strafgesetzbuch - StGB | § 218a Straflosigkeit des Schwangerschaftsabbruchs


(1) Der Tatbestand des § 218 ist nicht verwirklicht, wenn 1. die Schwangere den Schwangerschaftsabbruch verlangt und dem Arzt durch eine Bescheinigung nach § 219 Abs. 2 Satz 2 nachgewiesen hat, daß sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff hat b
Bundesgerichtshof Urteil, 31. Jan. 2006 - VI ZR 135/04 zitiert 3 §§.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 249 Art und Umfang des Schadensersatzes


(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. (2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadenser

Strafgesetzbuch - StGB | § 218a Straflosigkeit des Schwangerschaftsabbruchs


(1) Der Tatbestand des § 218 ist nicht verwirklicht, wenn 1. die Schwangere den Schwangerschaftsabbruch verlangt und dem Arzt durch eine Bescheinigung nach § 219 Abs. 2 Satz 2 nachgewiesen hat, daß sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff hat b

Referenzen - Urteile

Bundesgerichtshof Urteil, 31. Jan. 2006 - VI ZR 135/04 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 31. Jan. 2006 - VI ZR 135/04 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 15. Juli 2003 - VI ZR 203/02

bei uns veröffentlicht am 15.07.2003

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VI ZR 203/02 Verkündet am: 15. Juli 2003 Holmes, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGB § 249 A; StG
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 31. Jan. 2006 - VI ZR 135/04.

Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 05. Apr. 2016 - 1 U 5/16

bei uns veröffentlicht am 05.04.2016

Tenor Der Antrag der Klägerin auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) für die Berufung vom 11.1.2016 wird zurückgewiesen. Gründe   A. 1 Die Klägerin ist Mutter ihres am 19.5.2006 geborenen Sohnes …, der mit einer körperlich

Referenzen

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

(1) Der Tatbestand des § 218 ist nicht verwirklicht, wenn

1.
die Schwangere den Schwangerschaftsabbruch verlangt und dem Arzt durch eine Bescheinigung nach § 219 Abs. 2 Satz 2 nachgewiesen hat, daß sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff hat beraten lassen,
2.
der Schwangerschaftsabbruch von einem Arzt vorgenommen wird und
3.
seit der Empfängnis nicht mehr als zwölf Wochen vergangen sind.

(2) Der mit Einwilligung der Schwangeren von einem Arzt vorgenommene Schwangerschaftsabbruch ist nicht rechtswidrig, wenn der Abbruch der Schwangerschaft unter Berücksichtigung der gegenwärtigen und zukünftigen Lebensverhältnisse der Schwangeren nach ärztlicher Erkenntnis angezeigt ist, um eine Gefahr für das Leben oder die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes der Schwangeren abzuwenden, und die Gefahr nicht auf eine andere für sie zumutbare Weise abgewendet werden kann.

(3) Die Voraussetzungen des Absatzes 2 gelten bei einem Schwangerschaftsabbruch, der mit Einwilligung der Schwangeren von einem Arzt vorgenommen wird, auch als erfüllt, wenn nach ärztlicher Erkenntnis an der Schwangeren eine rechtswidrige Tat nach den §§ 176 bis 178 des Strafgesetzbuches begangen worden ist, dringende Gründe für die Annahme sprechen, daß die Schwangerschaft auf der Tat beruht, und seit der Empfängnis nicht mehr als zwölf Wochen vergangen sind.

(4) Die Schwangere ist nicht nach § 218 strafbar, wenn der Schwangerschaftsabbruch nach Beratung (§ 219) von einem Arzt vorgenommen worden ist und seit der Empfängnis nicht mehr als zweiundzwanzig Wochen verstrichen sind. Das Gericht kann von Strafe nach § 218 absehen, wenn die Schwangere sich zur Zeit des Eingriffs in besonderer Bedrängnis befunden hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 203/02 Verkündet am:
15. Juli 2003
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Für die Prüfung der Voraussetzungen einer medizinischen Indikation im Sinne des
§ 218a Abs. 2 StGB für einen rechtmäßigen Schwangerschaftsabbruch macht die
"nach ärztlicher Erkenntnis" gebotene Prognose regelmäßig die Einholung eines
Sachverständigengutachtens erforderlich.
BGH, Urteil vom 15. Juli 2003 - VI ZR 203/02 - KG Berlin
LG Berlin
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. Juli 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller und die Richter
Wellner, Pauge, Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Kammergerichts vom 18. März 2002 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin ist die Mutter einer am 10. September 1997 mit einer schweren Fehlbildung - einer offenen Wirbelsäule (Spina bifida) im lumbosacralen Bereich - geborenen Tochter. Sie nimmt den beklagten Arzt auf Schmerzensgeld sowie auf Unterhalt für ihre Tochter mit der Begründung in Anspruch, dieser habe bei den von ihm seit dem 6. Mai 1997 ab der 19. Schwangerschaftswoche durchgeführten Sonographien pflichtwidrig die Fehlbildung des Kindes nicht erkannt, weshalb eine Abtreibung unterblieben sei. Diese wäre gerechtfertigt gewesen, um die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung insbesondere des seelischen Gesundheitszustandes der Schwangeren wegen behandlungsbedürftiger Depressionen abzuwenden.
Das Landgericht hat der Klage unter Klageabweisung im übrigen teilweise stattgegeben und den Beklagten zur Zahlung von Schmerzensgeld, Unterhaltsbedarf und Betreuungsaufwand verurteilt sowie festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin sämtlichen zukünftigen Unterhaltsaufwand infolge der Geburt ihrer Tochter zu ersetzen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Kammergericht die Klage unter teilweiser Abänderung des landgerichtlichen Urteils vollständig abgewiesen und die Anschlußberufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit ihrer zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, ein Anspruch der Klägerin auf Schmerzensgeld sei nicht begründet, da die insoweit darlegungspflichtige Klägerin nicht hinreichend vorgetragen habe, daß nach der geltenden Fassung des § 218a StGB ein Schwangerschaftsabbruch rechtmäßig gewesen wäre. Da der Gesetzgeber bei der Neuregelung der Zulässigkeit des Schwangerschaftsabbruchs die embryopathische Indikation aus dem Gesetz gestrichen habe, hätte die Klägerin einen Schwangerschaftsabbruch lediglich aus medizinischen Gründen zum Schutz der Mutter gemäß § 218a Abs. 2 StGB rechtmäßig vornehmen lassen können. Die Darlegung der Klägerin lasse jedoch eine Beurteilung , ob die damals zu befürchtenden Depressionen und die jetzt eingetretenen Folgen, die zumindest indiziell zu berücksichtigen seien, eine hinreichend schwerwiegende Gefahr für ihre Gesundheit bedeutet hätten bzw. bedeuteten, nicht zu. Die Unzumutbarkeit der Schwangerschaft bzw. die Voraussetzungen für einen die Opfergrenze für die Schwangere überschreitenden Ausnahmetat-
bestand seien damit nicht hinreichend dargelegt. Das Ausmaß sowie die Behandlung der Depressionen seien nicht näher ausgeführt worden. Bei der Abwägung der Rechtsgüter, also einerseits der Gesundheit der Mutter und andererseits des Lebens des Kindes, sei sicherlich auch maßgebend, ob und in welchem Umfang die Beeinträchtigungen der Gesundheit der Mutter mit Erfolg behandelbar seien. Hinsichtlich der konkreten sekundären Folgen gebe es auch im Arzthaftungsprozeß keine Erleichterungen für die Darlegungslast der Patientin. Hier fehle es nicht nur an einer nachvollziehbaren medizinischen Einordnung. Auch die Darlegung zur psychotherapeutischen Behandlung ohne näheren Vortrag zur Art, Umfang und Erfolg der Behandlung genügten nicht und seien - selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, daß in diesem Bereich eine Offenlegung durch den Behandelnden gegenüber der Patientin nur im begrenzten Maß vertretbar sein mögen - zu pauschal erfolgt. Ein Anspruch auf Ersatz des entstandenen und entstehenden Unterhaltsaufwandes für ihr behindertes Kind stehe der Klägerin schon dem Grunde nach nicht zu. Schutzzweck des Behandlungsvertrages bei der medizinischen Indikation sei - auch bei erkennbarer Behinderung des ungeborenen Kindes - ausschließlich die Gesundheit der Mutter. Der wirtschaftliche Aspekt der Unterhaltsbelastung für das behinderte Kind sei bei der medizinischen Indikation nicht ansatzweise als Reflex des Behandlungsvertrages ableitbar.

II.

Das Urteil des Berufungsgerichts hält den Angriffen der Revision nicht stand. 1. Die Erwägungen des Berufungsgerichts zum Schutzzweck des Behandlungsvertrages bei der medizinischen Indikation im Sinne des § 218a
Abs. 2 StGB stehen nicht im Einklang mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats. Der Senat hat in seinem Urteil vom 18. Juni 2002 - VI ZR 136/01 - (VersR 2002, 1148, demnächst BGHZ 151, 133 ff.), welches das Berufungsgericht zum Zeitpunkt seiner Entscheidung freilich noch nicht kennen konnte, entschieden , daß das auf einem ärztlichen Behandlungsfehler beruhende Unterbleiben eines nach den Grundsätzen der medizinischen Indikation gemäß § 218a Abs. 2 StGB rechtmäßigen Schwangerschaftsabbruchs die Pflicht des Arztes auslösen kann, den Eltern den Unterhaltsaufwand für ein Kind zu ersetzen , das mit schweren Behinderungen zur Welt kommt. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts diente im vorliegenden Fall die vom Beklagten durchgeführte Feinsonographie der Suche nach Fehlbildungen; die Klägerin hatte ihn zu diesem Zweck aufgesucht. Die vom Beklagten nach dem ärztlichen Standard durchzuführende Diagnostik sollte demnach die Klägerin in die Lage versetzen, das ihr vom Gesetzgeber zugebilligte Recht auszuüben, sich für einen rechtmäßigen Schwangerschaftsabbruch zu entscheiden, wenn nach Feststellung einer schweren Fehlbildung des Kindes der Abbruch der Schwangerschaft unter Berücksichtigung der gegenwärtigen und zukünftigen Lebensverhältnisse der Schwangeren nach ärztlicher Erkenntnis angezeigt gewesen wäre , um eine Gefahr für ihr Leben oder die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung ihres körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes abzuwenden , und die Gefahr nicht auf eine andere, für sie zumutbare Weise hätte abgewendet werden können. Drohen die schwerwiegenden Gefahren für die Mutter, die zur Erfüllung der Voraussetzungen der Indikation des § 218a Abs. 2 StGB führen, gerade auch für die Zeit nach der Geburt und ist demgemäß der vertragliche Schutzzweck auch auf die Vermeidung dieser Gefahren durch das "Haben" des Kindes gerichtet, so erstreckt sich die aus der Vertragsverletzung resultierende Ersatzpflicht auch auf den Ausgleich der durch die Unterhaltsbelastung verursachten vermögensrechtlichen Schadenspositionen. Eine dahin-
gehende Bestimmung des vertraglichen Schutzumfanges, die bei derartigen Sachverhalten unter Geltung der früheren "embryopathischen Indikation" in der Rechtsprechung anerkannt war (vgl. z.B. Senatsurteil BGHZ 86, 240, 247; Senatsurteile vom 4. März 1997 - VI ZR 354/95 - VersR 1997, 698, 699 und vom 4. Dezember 2001 - VI ZR 213/00 - VersR 2002, 233, 234), nunmehr auch für entsprechende Fallgestaltungen im Rahmen der nach der geltenden Rechtslage maßgeblichen medizinischen Indikation entspricht der gesetzgeberischen Lösung, die bisher von § 218a Abs. 3 StGB a.F. erfaßten Fallkonstellationen jetzt in die Indikation nach § 218a Abs. 2 StGB einzubeziehen (vgl. Senatsurteil vom 18. Juni 2002 - VI ZR 136/01 - aaO; zustimmend Deutsch, NJW 2003, 26,

28).

2. Eine auf der - hier revisionsrechtlich zu unterstellenden - Verletzung des Behandlungsvertrages beruhende Vereitelung eines möglichen Schwangerschaftsabbruchs kann allerdings - wovon das Berufungsgericht mit Recht ausgegangen ist - nur dann Ansatz dafür sein, die Eltern im Rahmen eines vertraglichen Schadensersatzanspruchs gegen den Arzt auf der vermögensmäßigen Ebene von der Unterhaltsbelastung für das Kind freizustellen und der Klägerin ein Schmerzensgeld zuzuerkennen, wenn der Abbruch rechtmäßig gewesen wäre, also der Rechtsordnung entsprochen hätte und von ihr nicht mißbilligt worden wäre (st. Rspr.: vgl. insbesondere BGHZ 129, 178, 185 = VersR 1995, 964, 966; Senatsurteile vom 4. Dezember 2001 - VI ZR 213/00 - aaO; vom 19. Februar 2002 - VI ZR 190/01 - VersR 2002, 767, 768 und vom 18. Juni 2002 - VI ZR 136/01 - aaO, S. 1149). Aufgrund der gesetzlichen Neufassung des § 218a Abs. 2 StGB in der Fassung des Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetzes vom 21. August 1995 (BGBl. I 1050) ist der mit Einwilligung der Schwangeren von einem Arzt vorgenommene Schwangerschaftsabbruch dann nicht rechtswidrig, wenn er unter Berücksichtigung der gegenwärtigen und zukünftigen Lebensverhältnisse der Schwangeren nach ärztlicher Erkenntnis
angezeigt ist, um eine Gefahr für das Leben oder das Risiko einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes der Schwangeren abzuwenden und die Gefahr nicht auf andere, für sie zumutbare Weise abgewendet werden kann. Bei Fallgestaltungen, die nach der früheren rechtlichen Regelung der "embryopathischen Indikation" unterfielen, ist nunmehr im Rahmen des § 218a Abs. 2 StGB zu prüfen, ob sich für die Mutter aus der Geburt des schwerbehinderten Kindes und der hieraus resultierenden besonderen Lebenssituation Belastungen ergeben, die sie in ihrer Konstitution überfordern und die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung ihres insbesondere auch seelischen Gesundheitszustandes als so bedrohend erscheinen lassen, daß bei der gebotenen Güterabwägung das Lebensrecht des Ungeborenen dahinter zurückzutreten hat (vgl. Senatsurteil vom 18. Juni 2002 - VI ZR 136/01 - aaO, S. 1150). Das Berufungsgericht ist zwar hiervon im rechtlichen Ansatzpunkt zutreffend ausgegangen, hat jedoch bei seiner Beurteilung die Anforderungen an die Darlegungslast der Klägerin überspannt und in diesem Zusammenhang - wie die Revision mit Recht geltend macht - erheblichen Sachvortrag und Beweisangebote der Klägerin übergangen. 3. Zwar muß die Mutter im Schadensersatzprozeß grundsätzlich nach allgemeinen Grundsätzen darlegen und gegebenenfalls beweisen, daß die Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Schwangerschaftsabbruch wegen medizinischer Indikation bei fehlerfreier Diagnose des untersuchenden Arztes vorgelegen hätten. Bei den Anforderungen an die Darlegungslast sind jedoch auch die gerade durch den - hier revisionsrechtlich zu unterstellenden - Behandlungsfehler verursachten Schwierigkeiten zu berücksichtigen, welche die Darlegung der Voraussetzungen einer nachträglichen, auf den Zeitpunkt des denkbaren Abbruchs der Schwangerschaft bezogenen Prognose bereitet. Durch das Vorenthalten der richtigen Diagnose über die voraussichtliche schwere Behinderung ihres Kindes ist die Klägerin nämlich gar nicht in die Lage versetzt wor-
den, diese Mitteilung im maßgeblichen Zeitpunkt, in dem sie sich noch für einen Schwangerschaftsabbruch hätte entscheiden können, auf sich wirken zu lassen. Deshalb können aus der tatsächlichen späteren Entwicklung nur mittelbar Rückschlüsse darauf gezogen werden, wie diese Diagnose sich auf ihren Gesundheitszustand ausgewirkt hätte. Hinzu kommt, daß auch allgemein an die Substantiierungspflichten der Parteien im Arzthaftungsprozeß maßvolle und verständige Anforderungen zu stellen sind, weil vom Patienten regelmäßig keine genaue Kenntnis der medizinischen Vorgänge erwartet und gefordert werden kann (vgl. Senatsurteil vom 19. Mai 1981 - VI ZR 220/79 - VersR 1981, 752). Entsprechende Fragen sind, wie dies im Arzthaftungsprozeß ganz allgemein zu fordern ist, grundsätzlich nicht ohne sachverständige Beratung zu entscheiden (vgl. Senatsurteil, BGHZ 98, 368, 373). Dies gilt umso mehr für die Prüfung der Voraussetzungen einer medizinischen Indikation im Sinne des § 218a Abs. 2 StGB, bei der die "nach ärztlicher Erkenntnis" gebotene Prognose schon im Hinblick auf den Gesetzeswortlaut regelmäßig die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich macht (vgl. Müller, NJW 2003, 697, 703). Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht im vorliegenden Fall nicht beachtet. Die Klägerin hat nicht nur vorgetragen, daß sie unter schweren Depressionen leide, sondern hat dies auch in das Zeugnis der behandelnden Psychologin gestellt. Eine medizinische Einordnung ihrer psychischen Störungen konnte von ihr entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts aus den dargelegten Gründen ebensowenig verlangt werden wie Vortrag zu Art, Umfang und Erfolgsaussicht der Behandlung. Daneben hat die Klägerin auch körperliche Beeinträchtigungen geltend gemacht, insbesondere einen Bruch von zwei Wirbeln im Jahr 1994, aufgrund dessen sie keine schweren Lasten tragen dürfe. Daß durch das ständige Tragen des schwerbehinderten Kindes bereits eine
Verschlechterung eingetreten sei und eine Operation erforderlich werde, hat sie unter Beweis durch ein orthopädisches Sachverständigengutachten gestellt. 4. Das Berufungsgericht wird dem entsprechenden Vortrag der Klägerin nachzugehen haben, um sich nach Einholung sachkundigen Rates die erforderliche tatrichterliche Überzeugung davon zu verschaffen, ob die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin bei rückwirkender Betrachtung für eine medizinische Indikation ausgereicht hätten.
Müller Wellner Pauge Stöhr Zoll

(1) Der Tatbestand des § 218 ist nicht verwirklicht, wenn

1.
die Schwangere den Schwangerschaftsabbruch verlangt und dem Arzt durch eine Bescheinigung nach § 219 Abs. 2 Satz 2 nachgewiesen hat, daß sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff hat beraten lassen,
2.
der Schwangerschaftsabbruch von einem Arzt vorgenommen wird und
3.
seit der Empfängnis nicht mehr als zwölf Wochen vergangen sind.

(2) Der mit Einwilligung der Schwangeren von einem Arzt vorgenommene Schwangerschaftsabbruch ist nicht rechtswidrig, wenn der Abbruch der Schwangerschaft unter Berücksichtigung der gegenwärtigen und zukünftigen Lebensverhältnisse der Schwangeren nach ärztlicher Erkenntnis angezeigt ist, um eine Gefahr für das Leben oder die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes der Schwangeren abzuwenden, und die Gefahr nicht auf eine andere für sie zumutbare Weise abgewendet werden kann.

(3) Die Voraussetzungen des Absatzes 2 gelten bei einem Schwangerschaftsabbruch, der mit Einwilligung der Schwangeren von einem Arzt vorgenommen wird, auch als erfüllt, wenn nach ärztlicher Erkenntnis an der Schwangeren eine rechtswidrige Tat nach den §§ 176 bis 178 des Strafgesetzbuches begangen worden ist, dringende Gründe für die Annahme sprechen, daß die Schwangerschaft auf der Tat beruht, und seit der Empfängnis nicht mehr als zwölf Wochen vergangen sind.

(4) Die Schwangere ist nicht nach § 218 strafbar, wenn der Schwangerschaftsabbruch nach Beratung (§ 219) von einem Arzt vorgenommen worden ist und seit der Empfängnis nicht mehr als zweiundzwanzig Wochen verstrichen sind. Das Gericht kann von Strafe nach § 218 absehen, wenn die Schwangere sich zur Zeit des Eingriffs in besonderer Bedrängnis befunden hat.