Bundesgerichtshof Urteil, 28. Sept. 2000 - VII ZR 460/97

bei uns veröffentlicht am28.09.2000

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 460/97 Verkündet am:
28. September 2000
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein

a) Der Sicherungsfall einer in einem Bauvertrag vereinbarten Gewährleistungsbürgschaft
auf erstes Anfordern ist regelmäßig erst gegeben, wenn der Bürgschaftsgläubiger
einen auf Geldzahlung gerichteten Gewährleistungsanspruch hat.

b) Wird die Gewährleistungsbürgschaft auf erstes Anfordern in Anspruch genommen
, obwohl der Sicherungsfall noch nicht eingetreten war, ist der Anspruch auf
Rückzahlung der Bürgschaftssumme sofort fällig.
BGH, Urteil vom 28. September 2000 - VII ZR 460/97 - KG Berlin
LG Berlin
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Juni 2000 durch die Richter Prof. Dr. Thode, Hausmann, Dr. Wiebel,
Dr. Kuffer und Wendt

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 27. Zivilsenats des Kammergerichts vom 16. Oktober 1997 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin fordert aus abgetretenem Recht 1,1 Mio. DM von der Beklagten zurück. Die Zedentin hat diesen Betrag als Bürgin an die Beklagte als Bürgschaftsgläubigerin auf erstes Anfordern gezahlt und anschließend die Klägerin in gleicher Höhe als Rückbürgin in Anspruch genommen. Die Beklagte hat die N. GmbH als Generalunternehmerin mit der Errichtung von 91 Reihen- und Doppelhäusern sowie eines Mehrfamilienhauses in drei Bauabschnitten beauftragt. Die VOB/B ist vereinbart worden. Die Häuser sind errichtet und abgenommen worden.
Nach dem Generalunternehmervertrag hatte die N. GmbH (im folgenden: Hauptschuldnerin) Bürgschaften zu stellen, unter anderem zur Sicherung etwaiger Ansprüche aus Gewährleistung. § 5 Nr. 3 Abs. 2 des Vertrages bestimmt dazu:
"Für die Dauer der Gewährleistungsfrist wird ein Sicherheitseinbehalt von 5 % einbehalten, Zug um Zug ablösbar gegen Aushändigung einer Gewährleistungsbürgschaft ...; wird eine solche Gewährleistungsbürgschaft vom Auftragnehmer nicht gestellt, erfolgt die Auszahlung nach Ablauf der Gewährleistungsfrist."
§ 13 Nr. 2 lautet:
"Zur Deckung etwaiger Ansprüche aus Gewährleistung übergibt der Auftragnehmer dem Auftraggeber bei der Abnahme eine Bankbürgschaft als Gewährleistungsbürgschaft in Höhe von 5 % der vereinbarten Bruttovergütung für die Dauer der Gewährleistungszeit. Solange eine solche Gewährleistungsbürgschaft vom Auftragnehmer nicht gestellt worden ist, kann der Auftraggeber die letzte Rate eines Bauabschnittes in Höhe von 5 % der vereinbarten Bruttovergütung einbehalten. Hinsichtlich dieses Einbehalts hat der Auftragnehmer Anspruch auf eine Verzinsung in Höhe von 5 %."
Nach § 13 Nr. 4 sollten die Bürgschaften die Verpflichtung zur Zahlung auf erstes Anfordern enthalten.
Die A.bank (Zedentin) hat im August 1993 und im April 1994 insgesamt drei Gewährleistungsbürgschaften auf erstes Anfordern im Gesamtumfang von 1,1 Mio. DM übernommen. Nachdem die Hauptschuldnerin Ende Oktober 1994 in Konkurs gefallen war, hat die Beklagte Anfang November 1994 den verbürgten Gesamtbetrag bei der Zedentin angefordert. Das Landgericht hat der Klage auf Rückzahlung mit der Begründung stattgegeben, die Gewährleistungsbürgschaften hätten nicht in Anspruch genommen werden dürfen, weil auf Zahlung gerichtete Gewährleistungsansprüche mangels Aufforderungen und Fristsetzungen zur Mängelbeseitigung nicht beständen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet.

I.

Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die von der Beklagten behaupteten Mängel vorliegen. Es hält den Zahlungsanspruch davon unabhängig für unbegründet.
Die Klägerin habe keinen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung. Die Zedentin habe nicht ohne Rechtsgrund gezahlt und der Rechtsgrund sei auch nicht nachträglich weggefallen. Die Bürgschaftsverträge seien wirksam. Die für Bürgschaften auf erstes Anfordern nötigen Erklärungen seien abgegeben worden. Auch die Vereinbarung im Generalunternehmervertrag über die Ablösung des Gewährleistungseinbehalts durch Bürgschaft sei wirksam. Ferner fehle der Rechtsgrund für die Zahlung der Zedentin nicht etwa deshalb, weil Gewährleistungsansprüche der Beklagten noch nicht festgestellt seien. Nach dem Bürgschaftsvertrag könne die Bürgschaftssumme unabhängig von solchen Ansprüchen angefordert werden. Deshalb liege auch kein Rechtsmißbrauch durch die Beklagte vor. Der Anspruch der Klägerin auf Rückgabe nicht verbrauchter Sicherheiten sei nicht fällig. Er könne gemäß § 17 Nr. 8 VOB/B erst nach Ablauf der im Generalunternehmervertrag vereinbarten fünfjährigen Gewährleistungsfrist geltend gemacht werden. § 17 Nr. 8 VOB/B sei maßgeblich, da die Bürgschaften noch nicht verwertet worden seien. Die bloße Anforderung der Bürgschaftsbeträge sei keine Verwertung dieser Sicherheiten. Nach dem Generalunternehmervertrag wäre die Beklagte auch zu einem Sicherheitseinbehalt berechtigt gewesen. Dieser hätte, soweit nicht für Gewährleistung verbraucht, erst mit Ablauf der Gewährleistungsfrist herausverlangt werden können. Der Generalunternehmervertrag sei so zu verstehen, daß die Bürgschaften auf erstes Anfordern die Beklagte erkennbar ebenso wie der Sicherheitseinbehalt hätten absichern sollen. Die Bürgschaftsbeträge hätten in gleicher Weise wie der Sicherheitseinbehalt zur Verfügung stehen sollen, ohne daß eine Rückforderung während der Gewährleistungsfrist habe durchsetzbar sein sollen. Eine ausdrückliche Beschränkung des Rechts zum Anfordern der Bürgschaften auf den Fall bereits entstandener Zahlungsansprüche sei nicht vereinbart worden.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung im wesentlichen nicht stand. 1. a) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß der mit der Klageforderung geltend gemachte Rückforderungsanspruch dem deutschen Recht unterliegt. Für das Bürgschaftsverhältnis und einen etwaigen Ausgleich zwischen der Zedentin und der Beklagten ist das deutsche Recht maßgeblich, weil das Rechtsverhältnis zwischen ihnen keine Verbindung zum Recht eines ausländischen Staates aufweist (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 EGBGB). Die Abtretung an die in Dänemark ansässige Klägerin hat keinen Einfluß auf das für die Forderung maßgebliche Recht. Im Falle der Abtretung einer Forderung an einen im Ausland ansässigen Zessionar unterliegt das Rechtsverhältnis zwischen dem Zessionar und dem Schuldner dem Recht der abgetretenen Forderung (Art. 33 Abs. 2 EGBGB).
b) Entgegen der Rüge der Revision nimmt das Berufungsgericht ferner zu Recht an, daß die Bürgschaftsverträge und die Vereinbarung im Generalunternehmervertrag über die Gewährleistungsbürgschaften auf erstes Anfordern wirksam sind. Eine Inhaltskontrolle der Sicherungsvereinbarung nach § 9 AGBG kommt nicht in Betracht. Anhaltspunkte für eine formularmäßige Vereinbarung fehlen. Deshalb war das Berufungsgericht auch nicht verpflichtet, die Klägerin darauf hinzuweisen, daß die Regelung nach § 9 AGBG unwirksam sein könnte, falls es sich dabei um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelte.
2. Im Gegensatz zur Auffassung des Berufungsgerichts hat die Klägerin auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen einen Anspruch auf Rückzahlung der Bürgschaftssumme gegen die Beklagte.
a) Für das Revisionsverfahren ist zu unterstellen, daß die formell ordnungsgemäße Anforderung der Bürgschaftssumme in der Sache nicht gerechtfertigt war. Die Hauptschuldnerin hat sich dazu verpflichtet, der Beklagten Bürgschaften "zur Deckung etwaiger Ansprüche aus Gewährleistung" zu übergeben. Die Zedentin hat der Klägerin entsprechende Bürgschaften gestellt. Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die Beklagte Gewährleistungsansprüche gegenüber der Hauptschuldnerin hat und ob überhaupt Mängel an deren Werk gegeben sind. Die Klägerin hat beides bestritten, so daß revisionsrechtlich von einem mangelfreien Werk auszugehen ist.
b) Soweit die Beklagte die Bürgschaftssumme angefordert und erhalten hat, obwohl der materielle Bürgschaftsfall nicht vorlag, kann die Klägerin nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Bürgschaftssumme im Rückforderungsprozeß zurückverlangen (BGH, Urteil vom 2. Mai 1979 - VIII ZR 157/78, BGHZ 74, 244, 248; Urteil vom 24. November 1983 - IX ZR 2/83, ZIP 1984, 32, 34; Urteil vom 9. März 1989 - IX ZR 64/88, BauR 1989, 342; Urteil vom 27. Februar 1992 - IX ZR 57/91, ZfBR 1992, 164 = BauR 1992, 373, 376).
c) Ihr Anspruch ist begründet, weil die Beklagte nach der Sicherungsabrede nicht berechtigt war, die Bürgschaften zu verwerten. aa) Ein Gläubiger darf den Bürgschaftsbetrag grundsätzlich nur anfordern , wenn die gesicherte Hauptverbindlichkeit besteht und der von den Werkvertragsparteien vereinbarte oder vorausgesetzte Sicherungsfall eingetreten ist
(vgl. BGH, Urteil vom 5. April 1984 - VII ZR 167/83, BauR 1984, 406, 407 = NJW 1984, 2456, 2457 = ZfBR 1984, 185, 186). Unter welchen Umständen ein Bürgschaftsgläubiger im Verhältnis zum Auftragnehmer eines Werkvertrags als Sicherungsgeber berechtigt ist, eine Gewährleistungsbürgschaft geltend zu machen, richtet sich nach der ausdrücklichen oder auch stillschweigenden Sicherungsvereinbarung im Werkvertrag (vgl. BGH, Urteil vom 21. Januar 1993 - VII ZR 127/91, BGHZ 121, 168, 170). Fehlt im Vertrag eine ausdrückliche Regelung des Sicherungsfalls, dann ist sie im Wege ergänzender Auslegung unter Berücksichtigung des Zwecks der Besicherung und des Inhalts der vereinbarten Sicherheit zu ermitteln. bb) Der Generalunternehmervertrag enthält nur unvollständige Regelungen über Sicherheiten und deren Inanspruchnahme. Die maßgeblichen §§ 5 und 13 sind nicht genau aufeinander abgestimmt. Darüber hinaus fehlen besondere Bestimmungen darüber, unter welchen Voraussetzungen die Gewährleistungsbürgschaften verwertet werden dürfen, also Bestimmungen zum Sicherungsfall. Die danach erforderliche Vertragsauslegung hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft vorgenommen, so daß der Senat nicht an sie gebunden ist. Das Berufungsgericht hat den Wortlaut und den Sinn der Vertragsklauseln über die Sicherheiten nur unvollständig gewürdigt und es hat die nötige ergänzende Vertragsauslegung zur Frage unterlassen, wann der Sicherungsfall gegeben ist. Da weitere Feststellungen nicht erforderlich sind, kann der Senat die Auslegung selber vornehmen. Sie führt zu dem Ergebnis, daß nach der im Generalunternehmervertrag enthaltenen Sicherungsabrede zwischen der Beklagten und der Hauptschuldnerin die Bürgschaftssumme nur im Sicherungsfall angefordert werden darf. Dieser ist erst gegeben, wenn die Beklagte einen auf Geldzahlung gerichteten Gewährleistungsanspruch hat. Damit ist im Generalunternehmervertrag nichts anderes vereinbart, als ein im Siche-
rungsrecht allgemein geltender Grundsatz, der beispielsweise für das Pfandrecht klarstellend in § 1228 Abs. 2 BGB geregelt ist (vgl. Thode, ZfJR 2000, 165, 171 f). (1) §§ 5 und 13 des Generalunternehmervertrages sehen zwei verschiedene Sicherheiten vor, den Einbehalt und die Bürgschaft. Der einheitliche Zweck beider Sicherheiten ist die "Deckung etwaiger Ansprüche aus Gewährleistung". Danach soll die Bürgin dafür einstehen, daß die finanziellen Mittel für diese Deckung vorhanden sind. Diese Situation kann sich erst ergeben, wenn sich Werkmängel gezeigt haben, wenn ferner die Hauptschuldnerin ihrer Nachbesserungspflicht nicht nachgekommen ist und die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung, beispielsweise eines Vorschusses oder der Mängelbeseitigungskosten hat. Erst dann kann sich die Frage stellen, ob die Hauptschuldnerin zur Zahlung bereit und in der Lage ist, oder ob die bürgende Zedentin mit ihrer Zahlung an die Stelle der an sich verpflichteten Hauptschuldnerin treten muß. (2) Dieses Verständnis der Sicherungsvereinbarung wird dadurch bestätigt , daß eine Befugnis der Beklagten, die Bürgschaftssumme unabhängig von einem auf Geldzahlung gerichteten Gewährleistungsanspruch anzufordern, die werkvertraglichen Rechte und Pflichten aus dem Generalunternehmervertrag in entscheidenden Punkten zum Nachteil der Hauptschuldnerin abändern würde. Die Beklagte könnte dann einseitig einen auf Geld gerichteten Anspruch ohne die nach § 13 Nr. 5 bis 7 VOB/B erforderlichen Voraussetzungen durchsetzen. (3) Die Funktion des vereinbarten Wahl- und Austauschrechtes der Hauptschuldnerin bestätigt diese Auslegung.
Das Recht zur Bestimmung, welche der beiden vorgesehenen Sicherheiten gestellt wird, steht nicht der beklagten Gläubigerin, sondern der Hauptschuldnerin zu. Diese kann wählen, ob sie mit dem Sicherheitseinbehalt Einbußen an Liquidität hinnehmen und insoweit das Insolvenzrisiko tragen will, oder ob sie eine Bürgschaft vorzieht, wodurch auch ihrem Bedarf an Sicherheit und Liquidität Rechnung getragen wird (vgl. BGH, Urteil vom 18. Mai 2000 - VII ZR 178/99, zur Veröffentlichung vorgesehen). Das Liquiditätsinteresse der Hauptschuldnerin darf bei der Auslegung der Sicherungsabrede nicht außer Betracht bleiben (zum Austauschrecht nach § 17 VOB/B vgl. BGH, Urteil vom 3. Juli 1997 - VII ZR 115/95, BGHZ 136, 195, 198). Es verbietet ein Verständnis dahingehend, daß der ordnungsgemäß durch die Bürgschaft ersetzte Sicherheitseinbehalt im Ergebnis sogleich zurückgeholt wird. (4) Auch die Zinsvereinbarung in der Sicherungsabrede zeigt, daß im Gegensatz zur Auffassung des Berufungsgerichts die Beklagte sich nicht mit Hilfe der Bürgschaft so stellen darf, als wäre ein von Zahlungsansprüchen unabhängiger Sicherheitseinbehalt bei ihr verblieben. Der Einbehalt ist nach § 13 Nr. 2 des Generalunternehmervertrages mit 5 % zu verzinsen. Für den aus der Bürgschaft erlangten Betrag besteht eine solche Verpflichtung nicht. Diese Regelung würde, wenn die Beklagte die Bürgschaftssumme ebenso wie den Sicherheitseinbehalt ohne zugrundliegenden Zahlungsanspruch erlangen könnte, zu widersinnigen Ergebnissen führen. Die Hauptschuldnerin verlöre mit ihrer Wahl, eine Bürgschaft zu stellen, ihren Zinsanspruch und müßte auch noch Avalzinsen aufwenden, obwohl ihre Liquidität unverändert eingeschränkt bliebe. Das widerspricht ihrem mit der Zinsklausel anerkannten Interesse. (5) Daß die Hauptschuldnerin sich in derselben Sicherungsvereinbarung verpflichtet hat, die Sicherung durch Bürgschaft in der besonderen Form der
Bürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen, erlaubt kein anderes Auslegungsergebnis. Die Eigenart der Gewährleistungsbürgschaft auf erstes Anfordern erschöpft sich darin, daß der Bürge verspricht, von Fällen des Rechtsmißbrauchs abgesehen, zunächst keine Einwände gegen die Anforderung der Bürgschaftssumme zu erheben, also zu zahlen und Einwände erst später in einem Rückforderungsprozeß geltend zu machen (BGH, Urteil vom 27. Februar 1992 - IX ZR 57/91, BauR 1992, 373 = ZfBR 1992, 164 m.w.N.). Für die Beurteilung , ob der Sicherungsfall eingetreten ist, ist es ohne Bedeutung, ob eine Bürgschaft auf erstes Anfordern vereinbart ist (vgl. BGH, Urteil vom 5. April 1984 - VII ZR 167/83, BauR 1984, 406, 407 = NJW 1984, 2456, 2457 = ZfBR 1984, 185, 186).
d) Da kein Zahlungsanspruch der Beklagten, nicht einmal ein Mangel des Werks der Hauptschuldnerin feststeht, ist davon auszugehen, daß der Sicherungsfall bisher nicht gegeben ist. Die Beklagte hat die Gewährleistungsbürgschaft gleichwohl verwertet. Die entgegengesetzte Auffassung des Berufungsgerichts trifft nicht zu. Das Berufungsgericht verwechselt die Verwertung einer Bürgschaft mit der Verwendung der ausgezahlten Bürgschaftssumme. Eine Sicherheit wird verwertet, wenn der Sicherungsnehmer ihren Geldwert realisiert. Das ist mit der Auszahlung der Bürgschaftssumme an die Beklagte geschehen.
e) Der Anspruch auf Rückzahlung entsteht, sobald die Bürgschaft in Anspruch genommen worden ist, obwohl der Sicherungsfall noch nicht eingetreten ist. Damit ist zugleich die Fälligkeit gegeben (§ 271 BGB). Ein Zusammenhang mit dem Lauf der Gewährleistungsfrist besteht im Gegensatz zur Ansicht des Berufungsgerichts nicht.

III.

Das Berufungsurteil hat somit keinen Bestand. Es ist aufzuheben. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Das Berufungsgericht wird nunmehr die Gewährleistungsansprüche der Beklagten zu klären und festzustellen haben, ob durch die Bürgschaft gesicherte, auf Zahlung gerichtete Gewährleistungsansprüche im Zeitpunkt der Verwertung der Bürgschaften bestanden haben oder möglicherweise später entstanden sind. Thode Hausmann Wiebel Kuffer Wendt

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(1) Die Befriedigung des Pfandgläubigers aus dem Pfande erfolgt durch Verkauf. (2) Der Pfandgläubiger ist zum Verkauf berechtigt, sobald die Forderung ganz oder zum Teil fällig ist. Besteht der geschuldete Gegenstand nicht in Geld, so ist der Ver

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(1) Der Unternehmer hat dem Besteller das Werk frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen.

(2) Das Werk ist frei von Sachmängeln, wenn es die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist das Werk frei von Sachmängeln,

1.
wenn es sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte, sonst
2.
für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art üblich ist und die der Besteller nach der Art des Werkes erwarten kann.
Einem Sachmangel steht es gleich, wenn der Unternehmer ein anderes als das bestellte Werk oder das Werk in zu geringer Menge herstellt.

(3) Das Werk ist frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte in Bezug auf das Werk keine oder nur die im Vertrag übernommenen Rechte gegen den Besteller geltend machen können.

(1) Verlangt der Besteller Nacherfüllung, so kann der Unternehmer nach seiner Wahl den Mangel beseitigen oder ein neues Werk herstellen.

(2) Der Unternehmer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen.

(3) Der Unternehmer kann die Nacherfüllung unbeschadet des § 275 Abs. 2 und 3 verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist.

(4) Stellt der Unternehmer ein neues Werk her, so kann er vom Besteller Rückgewähr des mangelhaften Werkes nach Maßgabe der §§ 346 bis 348 verlangen.

(1) Durch den Bürgschaftsvertrag verpflichtet sich der Bürge gegenüber dem Gläubiger eines Dritten, für die Erfüllung der Verbindlichkeit des Dritten einzustehen.

(2) Die Bürgschaft kann auch für eine künftige oder eine bedingte Verbindlichkeit übernommen werden.

(1) Die Befriedigung des Pfandgläubigers aus dem Pfande erfolgt durch Verkauf.

(2) Der Pfandgläubiger ist zum Verkauf berechtigt, sobald die Forderung ganz oder zum Teil fällig ist. Besteht der geschuldete Gegenstand nicht in Geld, so ist der Verkauf erst zulässig, wenn die Forderung in eine Geldforderung übergegangen ist.

BUNDESGERICHTSHOF

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URTEIL
VII ZR 178/99 Verkündet am:
18. Mai 2000
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
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der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
VOB/B § 17

a) Nimmt der Sicherungsnehmer die ihm als Austauschsicherheit gestellte Gewährleistungsbürgschaft
entgegen und verletzt er seine Verpflichtung aus der Sicherungsabrede
dadurch, daß er den Bareinbehalt nicht auszahlt und die Bürgschaft
nicht herausgibt, sondern verwertet, dann steht dem Sicherungsgeber ein Schadensersatzanspruch
in Höhe der an den Sicherungsnehmer ausgezahlten Bürgschaftssumme
zu.

b) Gegenüber dem Anspruch auf Schadensersatz ist der Sicherungsnehmer nicht
berechtigt, mit Gegenansprüchen aufzurechnen oder ein Zurückbehaltungsrecht
geltend zu machen, selbst wenn die Gegenansprüche vom Sicherungszweck der
Sicherungsabrede und der Bürgschaft erfaßt werden.
BGH, Urteil vom 18. Mai 2000 - VII ZR 178/99 - OLG Bamberg
LG Bayreuth
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Mai 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die
Richter Prof. Dr. Thode, Dr. Haß, Dr. Wiebel und Wendt

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 24. Februar 1999 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


I.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten restlichen Werklohn in Höhe von 865.160 DM Zug um Zug gegen Beseitigung unterschiedlicher Mängel, die Rückerstattung einer Überzahlung von Miet- und Zinsausfallschäden in Höhe von 197.000 DM sowie Schadensersatz in Höhe von 130.000 DM aufgrund einer von der Beklagten zu Unrecht in Anspruch genommenen Gewährleistungsbürgschaft. Die Beklagte hat mit Gegenansprüchen in Höhe von insgesamt 196.071 DM aufgerechnet und im übrigen ein Zurückbehaltungsrecht wegen Baumängeln in Höhe von 1.060.000 DM geltend gemacht. Gegenstand der revisionsrechtlichen Beurteilung ist die Schadensersatzforderung über 130.000 DM.

II.

Die Beklagte beauftragte die Klägerin im September 1991 mit der Errichtung eines Laden- und Dienstleistungszentrums in H. zu einem Pauschalpreis von 4.880.000 DM netto. Die Vergütung wurde durch eine ergänzende vertragliche Vereinbarung vom April 1992 auf 4.980.000 DM netto erhöht. Die VOB/B ist vereinbart. Durch Zusatzvereinbarung vom 18. Februar 1993 vereinbarten die Parteien einen Sicherheitseinbehalt in Höhe von 480.000 DM. 130.000 DM des Bareinbehalts sollte zur Mängelbeseitigung einbehalten werden. Der Beklagten war das Recht eingeräumt, den Sicherheitseinbehalt durch drei Bürgschaften jeweils in Höhe von 250.000 DM, 100.000 DM und 130.000 DM abzulösen. Zur Ablösung des Sicherheitseinbehalts übergab die Klägerin der Beklagten drei Bürgschaften der Commerzbank N. in der vereinbarten Höhe. Die Beklagte zahlte die Gewährleistungseinbehalte trotz einer Mahnung nicht aus. Die Bürgschaften über 250.000 DM und 100.000 DM gab sie zurück. Die Bürgschaft über 130.000 DM nahm sie in Anspruch. Die Bürgin belastete daraufhin das Konto der Klägerin mit der ausgezahlten Summe.

III.

Das Landgericht hat der Klage durch Teilurteil hinsichtlich der Schadensersatzforderung in Höhe von 130.000 DM stattgegeben. Die Berufung der Beklagten gegen dieses Urteil ist erfolglos geblieben. Mit ihrer Revision erstrebt die Beklagte die Abweisung des zuerkannten Teils der Klage.

Entscheidungsgründe:


I.

Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen.

II.

Das Landgericht hat zulässigerweise über die Forderung in Höhe von 130.000 DM nebst Zinsen durch Teilurteil entschieden. Die Forderung war unabhängig von den übrigen mit der Klage verfolgten Ansprüchen entscheidungsreif. Das Teilurteil betrifft einen von den anderen Forderungen abgrenzbaren Teil des Rechtsstreits, dessen Entscheidung keinen Einfluß auf die Entscheidung über die restlichen Ansprüche des Rechtsstreits hat, weil die Beklagte gegenüber dem Anspruch auf 130.000 DM weder mit Gegenforderungen aufrechnen noch ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen kann.

III.

1. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten mit folgenden Erwägungen zurückgewiesen:
a) Der Klägerin stehe ein Schadensersatzanspruch aus § 160 Abs. 2 i.V.m. § 160 Abs. 1 BGB zu. Die Beklagte habe durch ihr Verhalten, die Inanspruchnahme der Bürgschaft bei gleichzeitiger Verweigerung der Auszahlung des Bareinbehalts, die Rückgewähr der Gewährleistungsbürgschaft an die Klä-
gerin schuldhaft vereitelt. Deshalb habe die Beklagte statt der nicht mehr möglichen Rückgabe der Bürgschaft Schadensersatz in Höhe von 130.000 DM zu leisten.
b) Gegenüber dem Klaganspruch könne die Beklagte keine Gegenrechte geltend machen. Durch die rechtswidrige Inanspruchnahme der Bürgschaft habe sich die Beklagte eine unzulässige Doppelsicherung verschafft. Der Auftraggeber, der sich durch die unzulässige Inanspruchnahme der Austauschbürgschaft einen weiteren Bareinbehalt beschafft habe, könne nicht bessergestellt sein, als der Auftraggeber, der seiner Verpflichtung nachkommt und die Austauschbürgschaft herausgibt. Deshalb könne die Beklagte sich nach Treu und Glauben nicht auf Gegenrechte berufen.
c) Die Frage sei nicht anders zu beurteilen, weil die Klägerin sich in Liquidation befinde. Der Sicherheitseinbehalt diene nicht dazu, der Beklagten im Falle der Verschlechterung der Liquidität ihres Auftragnehmers die Möglichkeit zu eröffnen, sich einen zusätzlichen Vermögensvorteil zu beschaffen. 2. Die Erwägungen des Berufungsgerichts sind im Ergebnis revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Klägerin steht ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 130.000 DM zu (a). Die Beklagte kann gegenüber diesem Anspruch weder mit Gegenforderungen aufrechnen noch ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen (b).
a) Der Schadensersatzanspruch ist aus positiver Forderungsverletzung begründet, weil die Beklagte dadurch gegen die Sicherungsabrede verstoßen hat, daß sie die Gewährleistungsbürgschaft verwertet hat, obwohl sie verpflichtet war, die Verwertung der Bürgschaft zu unterlassen und die Bürgschaft an die Klägerin herauszugeben.
(1.) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Auftraggeber verpflichtet, die ihm als Austausch für einen Bareinbehalt gestellte Bürgschaft herauszugeben, wenn er die Auszahlung des Bareinbehalts verweigert. Gegenüber dem Herausgabeanspruch steht dem Auftraggeber kein Zurückbehaltungsrecht zu (BGH, Urteil vom 3. Juli 1997 - VII ZR 115/95, BGHZ 136, 195 = ZfBR 1997, 298 = BauR 1997, 1026; Urteil vom 19. Februar 1998 - VII ZR 105/97, ZfBR 1998, 185 = BauR 1998, 544). Die Pflicht zur Herausgabe der Bürgschaft besteht unter diesen Voraussetzungen unabhängig davon, ob der Sicherungsnehmer die Auszahlung des Bareinbehalts zu Recht oder zu Unrecht verweigert. Der Anspruch auf Herausgabe der Bürgschaft ist aus der Sicherungsabrede begründet. (2.) Die Voraussetzungen für die Verpflichtung zur Herausgabe der Bürgschaft waren spätestens zu dem Zeitpunkt eingetreten, als die Beklagte auf die Mahnung der Klägerin die Bürgschaft nicht herausgab. (3.) Durch die vertragswidrige Verwertung der Bürgschaft hat die Beklagte einen Anspruch der Klägerin aus positiver Forderungsverletzung begründet , weil sie nach der Sicherungsabrede nicht berechtigt war, die Bürgschaft zu verwerten. Vereinbaren die Parteien im Rahmen einer Gewährleistungssicherheit das Recht des Sicherungsgebers, den Bareinbehalt gegen eine Bürgschaft auszutauschen, hat der Sicherungsnehmer nur Anspruch auf eine Sicherheit. Übt der Sicherungsgeber sein Austauschrecht aus, ist der Sicherungsnehmer im Hinblick auf das durch die Sicherungsvereinbarung geschützte Liquiditätsinteresse des Sicherungsgebers verpflichtet, den Bareinbehalt auszuzahlen (BGH, Urteil vom 3. Juli 1997 - VII ZR 115/95, BGHZ 136, 195 = ZfBR 1997, 298 = BauR 1997, 1026). Nimmt der Sicherungsnehmer die ihm gestellte Aus-
tauschsicherheit entgegen und verletzt er seine Verpflichtung aus der Sicherungsabrede dadurch, daß er den Bareinbehalt nicht auszahlt und die Bürgschaft nicht herausgibt, sondern verwertet, dann steht dem Sicherungsgeber ein Anspruch auf Schadensersatz aus positiver Forderungsverletzung zu.
b) Gegenüber dem Anspruch auf Schadensersatz ist der Sicherungsnehmer nicht berechtigt, mit Gegenansprüchen aufzurechnen oder ein Zurückbehaltungsrecht geltend zu machen, selbst wenn die Gegenansprüche vom Sicherungszweck der Sicherungsabrede und der Bürgschaft erfaßt werden. Ein interessengerechter Ausgleich für die Beeinträchtigung des geschützten Liquiditätsinteresses und ein effektiver Schutz des Sicherungsgebers davor, daß der Sicherungsnehmer eine Doppelsicherung erhält, die ihm nach der Sicherungsvereinbarung nicht zusteht, kann nur dadurch gewährleistet werden, daß der Sicherungsnehmer verpflichtet ist, die erlangte Bürgschaftssumme auszuzahlen.
c) Der Umstand, daß die Klägerin sich in Liquidation befindet, rechtfertigt keine andere rechtliche Beurteilung. Das Bonitätsrisiko der einen Partei trägt grundsätzlich die andere Vertragspartei, soweit sie dieses Risiko nicht durch eine Sicherungsvereinbarung abgesichert hat.
d) Der Einwand der Beklagten, die Klägerin habe sich selbst treuwidrig verhalten, weil sie den Sicherheitseinbehalt als Teil ihrer Werklohnklage geltend macht, ist unbegründet. Der Auftragnehmer ist grundsätzlich nicht daran gehindert, die in Höhe des Sicherheitseinbehalts nicht erfüllte Werklohnforderung gegen den Auftraggeber geltend zu machen. Gegenüber diesem Teil der Werklohnforderung kann sich der Auftraggeber uneingeschränkt mit der Auf-
rechnung etwaiger Gegenforderungen oder mit einem Zurückbehaltungsrecht verteidigen. Ullmann Thode Haß Wiebel Wendt

(1) Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken.

(2) Ist eine Zeit bestimmt, so ist im Zweifel anzunehmen, dass der Gläubiger die Leistung nicht vor dieser Zeit verlangen, der Schuldner aber sie vorher bewirken kann.