Bundesgerichtshof Urteil, 19. Feb. 2013 - XI ZR 493/11

bei uns veröffentlicht am19.02.2013
vorgehend
Landgericht Trier, 5 O 46/10, 17.11.2010
Oberlandesgericht Koblenz, 3 U 1427/10, 11.11.2011

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 493/11 Verkündet am:
19. Februar 2013
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat gemäß § 128 Abs. 2 ZPO im
schriftlichen Verfahren, in dem Schriftsätze bis zum 18. Januar 2013 eingereicht
werden konnten, durch den Vorsitzenden Richter Wiechers und die Richter
Dr. Ellenberger, Maihold, Dr. Matthias und Pamp

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 11. November 2011 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt die beklagte Bank auf Zahlung von Schadensersatz wegen fehlerhafter Beratung im Zusammenhang mit der Beteiligung an einem Immobilienfonds in Anspruch.
2
Der Kläger ist langjähriger Kunde der Beklagten. Als im Jahre 1993 ein Sparbrief in Höhe von 40.000 DM zur Auszahlung fällig wurde, erwarb er nach Beratung durch die Beklagte am 3. November 1993 Anteile in Höhe von 80.000 DM nebst 5% Agio an dem geschlossenen Immobilienfonds "F.
KG" (nachfolgend: Fonds). In seiner Beteiligungserklärung bestätigte der Kläger, den Emissionsprospekt zur Kenntnis genommen zu haben. Ausweislich des Prospektes sollte das Agio einer Kapitalrücklage zugeführt werden. Außerdem sollten "fondsbedingte Kosten" in Höhe von 12,22% des Investitionsvolumens anfallen, in denen 7,15% des Investitionsvolumens für "Eigenkapitalbeschaffung, Platzierungsverpflichtung" enthalten waren. Weiter heißt es im Prospekt: "Damit stehen 87,78% des gesamten Investitionsvolumens unabhängig von der Fondskonstruktion in unmittelbarem Zusammenhang mit der Errichtung und Nutzung des Ob- jekts… Für 12,22% und das Agio in Höhe von 5% erhalten die nach Platzierung am F. etwa 4000 Beteiligten drei umfangreiche Dienstleistungspakete: 1. Generelle Expertise, Beratungs- und Vermittlungsleistungen von Banken, Sparkassen oder anderen qualifizierten Finanzdienstleistungsunternehmen. 2. …Beschaffung und Sicherung der Finanzierung, Platzierungs- und Einzahlungsga- rantien…"
3
Welche Banken, Sparkassen oder Finanzdienstleistungsunternehmen Provisionen in welcher Höhe erhalten sollten, wird im Prospekt nicht angegeben. Zur Finanzierung seiner Beteiligung verwendete der Kläger zu gleichen Teilen den Ertrag des Sparbriefes und die Valuta aus einem Darlehensvertrag mit der Beklagten vom 9. Dezember 1993. Die Beklagte erhielt für die Vermittlung der Fondsbeteiligung eine Provision in nicht geklärter Höhe, auf die sie den Kläger nicht hinwies.
4
Unter anderem deshalb hat der Kläger die Beklagte auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Er macht zuletzt einen Schaden geltend, der sich aus dem von ihm aufgewendeten Beteiligungsbetrag zzgl. Agio in Höhe von insgesamt 42.948,51 € sowie aus an die Beklagte gezahlten Zinsen in Höhe von 5.749,77 € zusammensetzt. Auf den sich daraus ergebenden Gesamtaufwand in Höhe von 48.698,28 € lässt sich der Kläger Ausschüttungen in Höhe von 3.245,16 € anrechnen und begehrt den sich ergebenden Differenzbetrag in Höhe von 46.654,12 € (rechnerisch korrekt: 45.453,12 €) nebst Zinsen Zug um Zug gegen die Übertragung der Fondsanteile. Ferner macht der Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 832,88 € nebst Zinsen geltend.
5
Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung.

I.

7
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - im Wesentlichen ausgeführt:
8
Zwischen den Parteien sei stillschweigend ein Anlageberatungsvertrag zustande gekommen. Eine Haftung der Beklagten wegen unterlassener Aufklärung über im Gesamtaufwand erhaltene Innenprovisionen bzw. Rückvergütungen komme nicht in Betracht. Zwar habe der Kläger nach seinem Fondsbeitritt 5% Agio, mithin eine offen ausgewiesene Provision gezahlt. Diese habe jedoch nicht der Deckung der Eigenkapitalbeschaffungskosten gedient, sondern sei ausweislich der Bilanz der Fondsgesellschaft einer Kapitalrücklage zugeführt worden. Soweit im Fondsprospekt außerdem darauf hingewiesen werde, dass 12,22% des Investitionsvolumens für Beratungs- und Vermittlungsleistungen von Banken, Sparkassen oder anderen Finanzdienstleistungsunternehmen verwendet würden, betreffe dies die Frage, ob die Beklagte Aufklärungspflich- ten bezogen auf eine ihr gewährte Innenprovision verletzt habe. Unabhängig davon, ab welcher Höhe eine solche offen zu legen sei, reiche es aus, dass die Provision im Prospekt als Kosten der Eigenkapitalbeschaffung bezeichnet werde. Da sowohl im Prospekt als auch im Gesellschaftsvertrag ein Investitionsund Finanzierungsplan enthalten sei, in dem die Eigenkapitalbeschaffungskosten aufgeführt würden, sei die Beklagte nicht zu einer weitergehenden Aufklärung verpflichtet gewesen. Dem Kläger habe der Emissionsprospekt so rechtzeitig vorgelegen, dass er von dessen Inhalt habe Kenntnis nehmen können.

II.

9
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand.
10
1. Rechtsfehlerfrei und unangegriffen ist das Berufungsgericht vom Zustandekommen eines Anlageberatungsvertrages zwischen der Klägerin und der Beklagten ausgegangen.
11
2. Das Berufungsurteil ist jedoch mit einem Rechtsfehler behaftet, soweit das Berufungsgericht eine Verletzung der Aufklärungspflichten aus diesem Beratungsvertrag in Bezug auf die von der Beklagten vereinnahmte Vermittlungsprovision mit der Begründung verneint hat, dass es sich dabei um eine Innenprovision gehandelt habe, über die die Beklagte nicht näher habe aufklären müssen.
12
a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats ist eine Bank aus dem Anlageberatungsvertrag verpflichtet, über eine von ihr vereinnahmte Rückvergütung aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen ungefragt aufzuklären (vgl. zuletzt Senatsurteile vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 17 und vom 11. September 2012 - XI ZR 363/10, BKR 2012, 513 Rn. 16, jeweils mwN). Aufklärungspflichtige Rückvergütungen sind dabei - regelmäßig umsatzabhängige - Provisionen, die im Gegensatz zu versteckten Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsvergütungen gezahlt werden, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt. Hierdurch kann beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen , er kann jedoch das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 17 und vom 11. September 2012 - XI ZR 363/10, BKR 2012, 513 Rn. 16, jeweils mwN).
13
Demgegenüber handelt es sich bei Innenprovisionen um nicht offen ausgewiesene Vertriebsprovisionen, die in den Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Anlageobjekts - versteckt - enthalten sind. Über ihre Existenz und Höhe ist durch die beratende Bank unter bestimmten Umständen aufzuklären, weil sie Einfluss auf die Werthaltigkeit der Kapitalanlage haben und eine unterbliebene Aufklärung beim Anleger insoweit eine Fehlvorstellung hervorrufen kann (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteile vom 27. September 2011 - XI ZR 178/10, WM 2011, 2261 Rn. 42 und XI ZR 182/10, BGHZ 191, 119 Rn. 39 mwN).
14
b) Danach handelt es sich hier bei der von der Beklagten vereinnahmten Provision - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - um eine aufklärungspflichtige Rückvergütung. Ihr Anfall sowie ihre Gesamthöhe von 12,22% des Investitionsvolumens werden im Prospekt offen als "fondsbedingte Kosten" für "Eigenkapitalbeschaffung, Platzierungsverpflichtung" ausgewiesen, die insbesondere für "Beratungs- und Vermittlungsleistungen von Banken, Sparkassen oder anderen qualifizierten Finanzdienstleistungsunternehmen" aufgewendet werden sollen. Bei diesen "fondsbedingten Kosten" handelt es sich folglich um offen ausgewiesene Beratungs- und Vermittlungsgebühren, die der Kunde an Dritte zahlt, die jedoch hinter seinem Rücken teilweise an die beratende Bank zurückfließen.
15
c) Anders als die Revisionserwiderung meint, ist der Kläger über diesen Umstand auch nicht durch die rechtzeitige Übergabe des Fondsprospekts ordnungsgemäß aufgeklärt worden, denn im Prospekt wird weder angegeben, dass die Beklagte zu den im Prospekt erwähnten Banken gehört, noch wird dort über die konkrete Höhe der ihr gewährten Provision aufgeklärt.

III.

16
Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Insbesondere kann die Frage, ob der Schadensersatzanspruch des Klägers aufgrund der Regelverjährung (Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 EGBGB, § 199 Abs. 1 BGB) bereits verjährt ist, mangels Feststellungen des Berufungsgerichts zu den subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB (vgl. dazu OLG Karlsruhe, WM 2012, 2245, 2246, rechtskräftig durch Senatsbeschluss vom 3. April 2012 - XI ZR 383/11; OLG Karlsruhe, Urteil vom 6. Juli 2011 - 17 U 65/09, rechtskräftig durch Senatsbeschluss vom 19. Juni 2012 - XI ZR 300/11; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - 6 U 30/10, juris Rn. 34 f., rechtskräftig durch BGH, Beschluss vom 26. Januar 2012 - III ZR 8/11; U. Schäfer in Schäfer/Sethe/Lang, Handbuch der Vermögensverwaltung, § 21 Rn. 60 aE) derzeit nicht beantwortet werden.

IV.

17
Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
18
Dabei wird das Berufungsgericht insbesondere zu beachten haben, dass der erkennende Senat bereits mit Beschluss vom 29. Juni 2010 (XI ZR 308/09, WM 2010, 1694 Rn. 5 ff. mwN) entschieden und eingehend begründet hat, dass sich eine anlageberatende Bank jedenfalls für die Zeit nach 1990 hinsichtlich ihrer Aufklärungspflicht über Rückvergütungen nicht auf einen unvermeidlichen Rechtsirrtum berufen kann. Dass über heimliche Rückflüsse aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen aufzuklären ist, konnte der veröffentlichten Rechtsprechung zum Zeitpunkt der Anlageentscheidung des Klägers entnommen werden (Senatsbeschluss vom 19. Juli 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 10 ff. und Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 25, jeweils mwN). Sollte es im weiteren Verfahren auf die Frage der Kausalität der Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten für die Anlageentscheidung des Klägers ankommen, weist der Senat außerdem auf die Ausführungen in seinem Urteil vom 8. Mai 2012 (XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 28 ff.) hin.
Wiechers Ellenberger Maihold Matthias Pamp
Vorinstanzen:
LG Trier, Entscheidung vom 17.11.2010 - 5 O 46/10 -
OLG Koblenz, Entscheidung vom 11.11.2011 - 3 U 1427/10 -

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 19. Feb. 2013 - XI ZR 493/11

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 19. Feb. 2013 - XI ZR 493/11

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 199 Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Verjährungshöchstfristen


(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem1.der Anspruch entstanden ist und2.der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des S

Zivilprozessordnung - ZPO | § 561 Revisionszurückweisung


Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.
Bundesgerichtshof Urteil, 19. Feb. 2013 - XI ZR 493/11 zitiert 6 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen

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(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem1.der Anspruch entstanden ist und2.der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des S

Zivilprozessordnung - ZPO | § 561 Revisionszurückweisung


Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 128 Grundsatz der Mündlichkeit; schriftliches Verfahren


(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich. (2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche V

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(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich.

(2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen. Es bestimmt alsbald den Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, und den Termin zur Verkündung der Entscheidung. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist unzulässig, wenn seit der Zustimmung der Parteien mehr als drei Monate verstrichen sind.

(3) Ist nur noch über die Kosten oder Nebenforderungen zu entscheiden, kann die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(4) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 363/10 Verkündet am:
11. September 2012
Weber
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat gemäß § 128 Abs. 2 ZPO im
schriftlichen Verfahren, in dem Schriftsätze bis zum 17. Juli 2012 eingereicht
werden konnten, durch den Vorsitzenden Richter Wiechers, die Richter
Dr. Joeres, Dr. Ellenberger, Dr. Matthias und die Richterin Dr. Menges

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 29. September 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als im Verhältnis zur Beklagten zu 1) zum Nachteil der Klägerin entschieden worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin macht, nachdem ihre Klage gegenüber den früheren Beklagten zu 2) und zu 3) durch Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde rechtskräftig abgewiesen worden ist, in der Revisionsinstanz nur noch gegenüber der Beklagten zu 1) (nachfolgend: Beklagte) Schadensersatzansprüche wegen fehlerhafter Beratung im Zusammenhang mit der Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds geltend.
2
Die Klägerin beteiligte sich am 10. September 1998 auf Anraten des Mitarbeiters K. der Beklagten als Direktkommanditistin an dem geschlossenen Immobilienfonds L. (nachfolgend: Fonds).
3
Der Fonds investierte in sechs eigenständige Büro- und Verwaltungsgebäude im S. . Hauptmieter der Fondsgebäude war der B. , mit dem ein Mietvertrag mit einer Vertragslaufzeit von zehn Jahren , der eine Verlängerungsoption enthielt, geschlossen worden war. Die Klägerin beteiligte sich mit der Mindestbeteiligungssumme von 100.000 DM, wobei, wie im Prospekt vorgesehen, das Beteiligungskapital zu 73,1% aus Eigenmitteln der Anlegerin und zu 26,9% über eine obligatorische Anteilsfinanzierung aufgebracht wurde. Neben ihrer Beitrittserklärung unterzeichnete die Klägerin einen Übernahme/Darlehensvertrag über 26.900 DM. Mittels dieses Vertrages übernahm die Klägerin entsprechend dem Konzept des Fonds anteilig ein von der M. bei der früheren Beklagten zu 2) aufgenommenes Darlehen. Mit der früheren Beklagten zu 3) wurde vereinbart, dass diese die aus der Beteiligung erwachsenen Rechte der Klägerin treuhänderisch für diese wahrnehmen sollte.
4
Die mit dem B. geschlossenen Mietverträge liefen im Jahr 2008 aus und wurden von diesem nicht verlängert. Infolge der ausbleibenden Mietzahlungen in Höhe von mehr als 1 Mio. DM monatlich kam die Fondsgesellschaft in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Da eine Neuvermietung nur nach umfassenden baulichen Maßnahmen möglich gewesen wäre, wurden die Fondsobjekte im Jahr 2008 veräußert. Der Erlös von gut 37 Mio. € reichte nicht aus, um die Restverbindlichkeiten aus der Immobilienfinanzierung vollständig zu decken.
5
Die Klägerin hat die Beklagte unter anderem deswegen auf Schadensersatz in Anspruch genommen, weil deren Mitarbeiter nicht über vereinnahmte Rückvergütungen informiert habe und Prospektangaben des bei der Anlageberatung verwendeten Prospektes in Bezug auf das Totalausfallrisiko und die Kommanditistenhaftung nach § 172 Abs. 4 HGB unzureichend seien. Sie macht einen Schaden in Höhe von 45.077,54 € geltend, der sich aus dem aus eigenen Mitteln aufgebrachten Beteiligungsbetrag von 37.375,44 € sowie aus den an die frühere Beklagte zu 2) geflossenen Zinsen in Höhe von 7.702,10 € errechnet. Die Klägerin begehrt diesen Betrag nebst Zinsen Zug um Zug gegen Abtretung ihrer Kommanditanteile an dem Fonds. Ferner macht sie 1.761,08 € vorgerichtlicher Anwaltskosten geltend und begehrt die Feststellung der Ersatzpflicht für weitere Schäden sowie Feststellung des Annahmeverzuges der Beklagten.
6
Die Klage ist in beiden Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit der - vom Senat insofern zugelassenen - Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren gegenüber der Beklagten weiter.

Entscheidungsgründe:

7
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung.

I.

8
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - im Wesentlichen ausgeführt: Zwi- schen der Klägerin und der Beklagten sei ein Anlageberatungsvertrag stillschweigend zustande gekommen. Die Beklagte habe ihre aus diesem Anlageberatungsvertrag fließende Pflicht, die Klägerin anleger- und anlagegerecht aufzuklären, nicht verletzt. Soweit die Klägerin in Bezug auf die anlagegerechte Beratung eine Vielzahl von Einzelpunkten aufgegriffen habe, über die nicht aufgeklärt worden sei, stehe dies im Widerspruch zu den Angaben der Klägerin bei ihrer persönlichen Anhörung vor dem Landgericht. Eine Pflichtverletzung liege auch nicht in einer unterbliebenen Aufklärung über sogenannte Kick-backZahlungen. Insoweit sei unstreitig, dass die Beklagte für die Vermittlung der Anlage eine Zahlung in Höhe von 7% des eingesetzten Eigenkapitals von 73.100 DM, mithin 5.117 DM erhalten habe, worauf sie die Klägerin nicht hingewiesen habe. Eine Haftung der Beklagten folge hieraus jedoch deshalb nicht, weil es sich bei der von ihr vereinnahmten Zahlung nicht um eine Kick-backZahlung aus Ausgabeaufschlägen oder Verwaltungsgebühren gehandelt habe.

II.

9
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
10
1. Zu Recht und von der Revision nicht angegriffen ist das Berufungsgericht vom Zustandekommen eines Anlageberatungsvertrages zwischen der Klägerin und der Beklagten ausgegangen.
11
2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht aber eine Verletzung der Pflichten aus diesem Beratungsvertrag verneint.
12
a) Entgegen der Ansicht der Revision folgt eine Haftung der Beklagten allerdings nicht aus einer unzulänglichen Darstellung des Totalverlustrisikos bzw. der Haftung eines Kommanditisten nach § 172 Abs. 4 HGB in dem Prospekt , den der Berater K. bei der Anlageberatung verwendet hat.
13
aa) Wie der Senat bereits entschieden hat, muss auf das Totalverlustrisiko bei einem Immobilienfonds grundsätzlich nicht gesondert hingewiesen werden (Senatsurteil vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 337/08, WM 2009, 2303 Rn. 25). Besondere gefahrerhöhende Umstände, die ausnahmsweise eine Aufklärung rechtfertigen könnten, liegen nicht vor. Der Umstand, dass der Fonds nicht unmittelbar selbst Immobilien errichtete und vermietete, sondern sich an sechs Objektgesellschaften als atypisch stiller Gesellschafter beteiligte, die ihrerseits Eigentümer jeweils eines Gebäudes am S. waren, stellt keinen gefahrerhöhenden Umstand dar. Auch insofern tritt der Totalverlust des Anlegerengagements nur dann ein, wenn die Vermietung nicht erfolgen kann und aufgenommene Kredite nicht zurückgezahlt werden können.
14
bb) Entgegen der Ansicht der Revision ist der Prospekt auch nicht in Bezug auf die Haftung des Kommanditisten nach § 172 Abs. 4 HGB unrichtig. Das Berufungsgericht hat zu Recht in Bezug auf die frühere Beklagte zu 3) ausgeführt , dass der Prospekt auf Seiten 76 f. ausreichend über den Regelungsinhalt des § 172 Abs. 4 HGB informiert (vgl. dazu auch Senatsurteil vom 27. Oktober 2009 - XI ZR 337/08, WM 2009, 2303 Rn. 28).
15
b) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch eine Aufklärungspflichtverletzung in Bezug auf die unstreitig von der Beklagten vereinnahmten Rückvergütungen in Höhe von 7% des eingesetzten Eigenkapitals (= 5.117 DM) verneint, weil diese nicht aus Ausgabeaufschlägen oder Verwaltungsgebühren geflossen seien.
16
aa) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats ist eine Bank aus dem Anlageberatungsvertrag verpflichtet, über die von ihr vereinnahmte Rück- vergütung aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen ungefragt aufzuklären (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 17 mwN, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). Aufklärungspflichtige Rückvergütungen sind - regelmäßig umsatzabhängige - Provisionen, die im Gegensatz zu versteckten Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsvergütungen gezahlt werden, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt. Hierdurch kann beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen, er kann jedoch das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 17 mwN). Danach handelt es sich, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts , auch dann um aufklärungspflichtige Rückvergütungen, wenn diese nicht aus einem Agio oder aus Verwaltungsgebühren, sondern aus sonstigen offen ausgewiesenen Vertriebskosten fließen, wobei es auch nicht darauf ankommt , ob die Zahlung des Anlegers "über die Bank" oder direkt an die Fondsgesellschaft erfolgt (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 18 mwN).
17
bb) Da die Beklagte nach den Feststellungen des Berufungsgerichts für die Vermittlung der Fondsbeteiligungen eine Zahlung in Höhe von 7% des eingesetzten Eigenkapitals erhalten hat, die aus den im Prospekt in Höhe von ca. 7,9 Mio. DM ausgewiesenen "Kosten der Eigenkapitalbeschaffung" flossen, handelt es sich um eine Rückvergütung, über die die Beklagte die Klägerin ungefragt hätte aufklären müssen.

III.

18
Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Nach den bisher getroffenen Feststellungen kann nicht von der Verjährung etwaiger Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte ausgegangen werden.
19
1. Ohne Erfolg beruft sich die Revisionserwiderung auf die formularmäßige Klausel in der Beitrittserklärung, in der es heißt "Eventuelle Ansprüche gegen diese Personen verjähren innerhalb von 6 Monaten ab Kenntnis, spätestens innerhalb von 3 Jahren ab Beteiligungsbeginn".
20
Diese Klausel wirkt bereits allein deswegen nicht zu Gunsten der Beklagten , weil sie nicht zu "diesen Personen" gehört, zu deren Gunsten die Verjährung abgekürzt werden soll. Die Klausel bezieht sich nach dem Wortlaut des ihr vorangestellten Satzes auf Initiatoren, Vertriebsbeauftragte, Wirtschaftsprüfer , Steuerberater, Anlageberater, Treuhänder und Vermittler oder sonstige Dritte , "die an der Erstellung des Prospektes oder der Konzeption der Fondsgesellschaft mitgewirkt haben". Zumindest nach der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB (§ 5 AGBG aF) bezieht sich der letzte Halbsatz auf alle vorher genannten Personen. Die Beklagte ist zwar Anlageberaterin, sie hat jedoch weder nach dem Parteivortrag noch nach dem Inhalt des Prospektes an dessen Erstellung oder der Konzeption der Fondsgesellschaft mitgewirkt, so dass die Verjährungsregelung sie nicht betrifft. Es kann daher dahinstehen, ob die Klausel auch nach § 309 Nr. 7b BGB11 Nr. 7 AGBG aF) unwirksam ist (vgl. dazu BGH, Urteile vom 23. April 2012 - II ZR 211/09, WM 2012, 1184 Rn. 42 und II ZR 75/10, WM 2012, 1293 Rn. 30, jeweils mwN).
21
2. Die Frage, ob der Anspruch der Klägerin aufgrund der Regelverjährung (Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 EGBGB, § 199 Abs. 1 BGB) ver- jährt ist, kann mangels Feststellungen des Berufungsgerichts zu den subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB (siehe dazu OLG Karlsruhe, Urteile vom 9. August 2011 - 17 U 4/11, rechtskräftig durch Senatsbeschluss vom 3. April 2012 - XI ZR 383/11 und vom 6. Juli 2011 - 17 U 65/09, rechtskräftig durch Senatsbeschluss vom 19. Juni 2012 - XI ZR 300/11; siehe auch OLG Düsseldorf, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - 6 U 30/10, juris Rn. 34 f., rechtskräftig durch BGH, Beschluss vom 26. Januar 2012 - III ZR 8/11; U. Schäfer in Schäfer/Sethe/Lang, Handbuch der Vermögensverwaltung, § 21 Rn. 60 aE) derzeit nicht beantwortet werden.

IV.

22
Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Sollte es im weitere Verfahren auf die Frage der Kausalität ankommen, weist der Senat auf die Ausführungen in seinem Urteil vom 8. Mai 2012 (XI ZR 262/10, WM 2012, 1337 Rn. 28 ff.) hin.
Wiechers Joeres Ellenberger Matthias Menges
Vorinstanzen:
LG Hildesheim, Entscheidung vom 24.02.2010 - 6 O 252/08 -
OLG Celle, Entscheidung vom 29.09.2010 - 3 U 70/10 -
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(1) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (unter anderem Urteile vom 1. März 2004 - II ZR 88/02, WM 2004, 928, 930 und vom 2. Februar 2004 - III ZR 359/02, BGHZ 158, 110, 118) muss unter bestimmten Umständen zwar über Existenz und Höhe von Innenprovisionen aufgeklärt werden , weil sie Einfluss auf die Werthaltigkeit der vom Anleger erworbenen Anlage haben und deswegen bei ihm insoweit eine Fehlvorstellung hervorrufen können. Unter Innenprovisionen sind danach nicht ausgewiesene Vertriebsprovisi- onen zu verstehen, die in Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Kaufobjekts - versteckt - enthalten sind (vgl. Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 22). Indes fallen die hier in Rede stehenden Einkaufsrabatte nicht unter diese Definition, so dass schon deshalb eine Aufklärungspflicht zu verneinen ist. Das Interesse der Anleger an dem Erwerb einer werthaltigen Anlage wird bereits durch die aus dem Beratungsvertrag fließende Pflicht zur objektgerechten Beratung geschützt. Zudem wird dadurch, dass die Bank beim Einkauf der Zertifikate einen geringeren Preis zahlt, als sie ihrerseits bei der Weiterveräußerung dem Anleger in Rechnung stellt, nicht der Wert des Papiers beeinträchtigt.
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(1) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (unter anderem Urteile vom 1. März 2004 - II ZR 88/02, WM 2004, 928, 930 und vom 2. Februar 2004 - III ZR 359/02, BGHZ 158, 110, 118) muss unter bestimmten Umständen zwar über Existenz und Höhe von Innenprovisionen aufgeklärt werden , weil sie Einfluss auf die Werthaltigkeit der vom Anleger erworbenen Anlage haben und deswegen bei ihm insoweit eine Fehlvorstellung hervorrufen können. Unter Innenprovisionen sind danach nicht ausgewiesene Vertriebsprovisionen zu verstehen, die in Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Kaufobjekts - versteckt - enthalten sind (vgl. Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 22). Indes fallen die hier in Rede stehenden Einkaufsrabatte nicht unter diese Definition, so dass schon deshalb eine Aufklärungspflicht zu verneinen ist. Das Interesse der Anleger an dem Erwerb einer werthaltigen Anlage wird bereits durch die aus dem Beratungsvertrag fließende Pflicht zur objektgerechten Beratung geschützt. Zudem wird dadurch, dass die Bank beim Einkauf der Zertifikate einen geringeren Preis zahlt, als sie ihrerseits bei der Weiterveräußerung dem Anleger in Rechnung stellt, nicht der Wert des Papiers beeinträchtigt.

Ergibt die Begründung des Berufungsurteils zwar eine Rechtsverletzung, stellt die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen sich als richtig dar, so ist die Revision zurückzuweisen.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

5
aa) Zwar lagen im Zeitpunkt des ersten Beratungsgesprächs im Dezember 1997 die Entscheidungen des Senats zur Aufklärungspflicht über Rückvergütungen vom 19. Dezember 2006 (BGHZ 170, 226 ff.) und vom 20. Januar 2009 (XI ZR 510/07, WM 2009, 405 f.) noch nicht vor. Der Senat hat aber bereits in den Jahren 1989 und 1990 in zwei Entscheidungen (Urteile vom 28. Februar 1989 - XI ZR 70/88, WM 1989, 1047, 1051 und vom 6. Februar 1990 - XI ZR 184/88, WM 1990, 462, 464) bei vermittelten Warentermingeschäften heimliche Kick-back-Vereinbarungen zwischen Anlagenvermittler und Broker missbilligt, den Vermittler zur Herausgabe der Rückvergütungen nach §§ 675, 667 BGB für verpflichtet gehalten und dem Berufungsgericht aufgegeben , Schadensersatzansprüche nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB zu prüfen. In der Literatur sind diese Entscheidungen zu Recht dahin verstanden worden, dass die Verheimlichung der Rückvergütung nicht nur in Bezug auf die bloße Herausgabepflicht eine Täuschung des Kunden darstellt, sondern auch deswegen, weil die Rückvergütungen die Tätigkeit des Vermittlers zuungunsten des Anlegers beeinflussen (vgl. Nassall, WuB IV A § 826 BGB 8.89 unter 3.; Wach, EWiR 1989, 765, 766). Aufgrund dessen war für eine Bank bereits ab diesem Zeitpunkt erkennbar, dass auch im Verhältnis zu ihren Kunden bei der - allein in deren Interesse erfolgenden - Beratung über eine Kapitalanlage eine Aufklärungspflicht über solche Umstände besteht, die das Beratungsziel in Frage stellen und die Kundeninteressen gefährden.
10
d) Das Berufungsgericht hat auch zutreffend das Verschulden der Beklagten festgestellt.