Bundesgerichtshof Versäumnisurteil, 17. Juni 2016 - V ZR 134/15

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:170616UVZR134.15.0
bei uns veröffentlicht am17.06.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts - 7. Zivilsenat - vom 26. Mai 2015 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Mit notarieller Urkunde vom 12. Februar 2008 gaben der Kläger und seine Ehefrau ein Angebot auf Abschluss eines Kaufvertrages über eine Eigentumswohnung zu einem Kaufpreis von 117.519 € ab, das die Beklagte mit notarieller Urkunde vom 21. Februar 2008 annahm.

2

Die Beklagte hatte mit der die Wohnanlage aufteilenden Eigentümerin eine Vereinbarung über die Veräußerung der Wohnungen getroffen und eine GmbH mit dem Vertrieb beauftragt. Der Kläger und seine Ehefrau hatten einen Finanzberater der GmbH kennengelernt, der ihnen die Wohnung als Anlageobjekt vorstellte. Zur Finanzierung des Kaufpreises vermittelte die GmbH dem Kläger und seiner Ehefrau ein Annuitätendarlehen über einen Nominalbetrag von 118.710 €.

3

Gestützt auf die Behauptung, unzutreffend und unvollständig beraten worden zu sein, hat der Kläger von der Beklagten aus eigenem und abgetretenem Recht seiner Ehefrau zunächst Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückübertragung der Wohnung sowie die Feststellung des Annahmeverzuges der Beklagten mit der Vorleistung begehrt. Ferner verlangt er die Feststellung, dass die Beklagte den weiteren, auf den Erwerb der Wohnung beruhenden Schaden zu ersetzen hat. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Nach dem Verkauf der Wohnung für 52.000 € verlangt der Kläger jetzt noch die Zahlung von 65.519 € und die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für weitere Vermögensschäden. Das Oberlandesgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision, verfolgt der Kläger die in der Berufungsinstanz gestellten Anträge weiter.

Entscheidungsgründe

I.

4

Das Berufungsgericht unterstellt, dass zwischen den Kaufvertragsparteien ein Beratungsvertrag zustande gekommen ist. Nach dem Vortrag des Klägers sei auch von einem Beratungsfehler auszugehen, weil die Differenz zwischen den Finanzierungsausgaben und den Mieteinnahmen höher sei als im Beratungsgespräch dargestellt. Jedoch sei der Schadensersatzanspruch verjährt, da der Kläger und seine Ehefrau von der höheren Zuzahlung bereits 2008 Kenntnis erhalten hätten. Die Verjährungsfrist sei daher Ende 2011 abgelaufen, während die Klage erst im November 2012 erhoben worden sei. Weitere Beratungsfehler ergäben sich aus dem Vortrag des Klägers nicht. Soweit eine Wiederverkaufsmöglichkeit der Wohnung nach zehn Jahren mit einem Gewinn von mindestens 23.000 € in Aussicht gestellt worden sei, habe es sich um eine unverbindliche Anpreisung gehandelt. Dass der Kläger und seine Ehefrau nicht auf den bei einem Annuitätendarlehen permanent abnehmenden und bei Eintritt in das Rentenalter voraussichtlich gänzlich entfallenden Steuerspareffekt hingewiesen worden seien, stelle keinen Beratungsfehler dar. Mit der Beklagten sei kein Anlageberatervertrag geschlossen worden und daher auch keine anlegergerechte Beratung geschuldet gewesen.

II.

5

Über die Revision des Klägers ist durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Inhaltlich beruht das Urteil jedoch nicht auf der Säumnis der Beklagten, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. Senat, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 82).

6

Das angefochtene Urteil hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der gegebenen Begründung kann ein Schadensersatzanspruch des Klägers nach § 280 Abs. 1 BGB wegen einer fehlerhaften Beratung nicht verneint werden.

7

1. Rechtsfehlerhaft nimmt das Berufungsgericht die Verjährung des Schadensersatzanspruchs an, soweit der Kläger einen Beratungsfehler über die Höhe der monatlichen Zuzahlung geltend macht.

8

a) Richtig ist allerdings, dass die Verjährung mehrerer eigenständiger und hinreichend deutlich voneinander abgrenzbarer Pflichtverletzungsvorwürfe in Anlageberatungsfällen materiell-rechtlich selbständig zu beurteilen ist. Die kenntnisabhängige regelmäßige Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB berechnet sich für jeden dieser Beratungsfehler gesondert, so dass die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB für jede Pflichtverletzung getrennt zu prüfen sind (vgl. nur Senat, Urteil vom 9. November 2007 - V ZR 25/07, WM 2008, 89 Rn. 17; BGH, Urteil vom 18. Juni 2015 - III ZR 198/14, BGHZ 206, 41 Rn. 14 mwN).

9

b) Nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB beginnt die Frist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.

10

aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt die nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erforderliche Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen im Allgemeinen vor, wenn dem Geschädigten die Erhebung einer Schadensersatzklage, sei es auch nur in Form der Feststellungsklage, Erfolg versprechend, wenn auch nicht risikolos, möglich ist (vgl. nur BGH, Urteil vom 15. März 2016 - XI ZR 122/14, WM 2016, 780 Rn. 28 mwN). Sie ist aber nicht schon dann gegeben, wenn der Geschädigte lediglich Kenntnis von Anknüpfungstatsachen hatte (vgl. Senat, Urteil vom 27. Februar 2015 - V ZR 133/14, NJW 2015, 2029 Rn. 33 zu § 439 BGB a.F.). Für eine Kenntnis der den Anspruch begründenden Umstände muss vielmehr hinzukommen, dass der Geschädigte aus den Anknüpfungstatsachen den Schluss auf eine Pflichtverletzung durch eine bestimmte Person zieht oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht gezogen hat.

11

bb) Die Feststellung, ob und wann der Gläubiger Kenntnis von bestimmten Umständen hatte oder ob seine Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruhte, unterliegt als Ergebnis tatrichterlicher Würdigung zwar nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht darauf, ob der Streitstoff umfassend, widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denk- und Erfahrungssätze gewürdigt worden ist und ob der Tatrichter den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt oder bei der Beurteilung des Grades der Fahrlässigkeit wesentliche Umstände außer Betracht gelassen hat. Die Frage, wann eine für den Beginn der Verjährung hinreichende Kenntnis vorhanden ist, ist jedoch nicht ausschließlich Tatfrage, sondern wird maßgeblich durch den der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegenden Begriff der Zumutbarkeit der Klageerhebung geprägt (BGH, Urteil vom 15. Juni 2010 - XI ZR 309/09, WM 2010, 1399 Rn. 13 mwN).

12

cc) Die Darlegungs- und Beweislast für Beginn und Ablauf der Verjährung und damit für die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Gläubigers gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB trägt der Schuldner. Soweit es um Umstände aus der Sphäre des Gläubigers geht, hat er an der Sachaufklärung mitzuwirken und erforderlichenfalls darzulegen, was er zur Ermittlung der Voraussetzungen seiner Ansprüche und der Person des Schuldners getan hat (vgl. BGH, Urteil vom 3. Juni 2008 - XI ZR 319/06, NJW 2008, 2576 Rn. 25 mwN).

13

c) Nach diesen Maßstäben hält die Würdigung des Berufungsgerichts, der Kläger und seine Ehefrau hätten schon im Jahr 2008 Kenntnis von der höheren monatlichen Belastung gehabt, rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

14

Entgegen der Ansicht der Revision verkennt das Berufungsgericht zwar nicht die Darlegungslast. Es geht vielmehr von dem seiner Ansicht nach nicht hinreichend bestrittenen Vortrag der Beklagten aus, wonach die Abwicklung der Kauf- und Finanzierungsverträge im ersten Quartal 2008 erfolgt sei. Daraus ergibt sich aber nur, dass dem Kläger und seiner Ehefrau schon 2008 bekannt war, dass die Differenz zwischen den Finanzierungsausgaben und den Mietausschüttungen nicht - wie im Rahmen der Beratung errechnet - 168 € betrug, sondern 255,38 €. Das Wissen um diese Abweichung begründet als solches noch nicht die Kenntnis von einer fehlerhaften Beratung in diesem Punkt. Vielmehr handelt es sich insoweit lediglich um Anknüpfungstatsachen, die keineswegs zwingend den Rückschluss auf eine Pflichtverletzung der Beklagten zulassen. Die Ursachen für die höheren monatlichen Zuzahlungen können vielfältiger Natur und brauchen nicht notwendigerweise auf Beratungsfehler zurückzuführen sein. Sie können etwa auf einem plötzlich eingetretenen Zahlungsverzug des Mieters oder einer Mietminderung wegen eines neu aufgetretenen Mangels beruhen. Hinzu kommt, dass der Kläger ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 17. Mai 2013 vor dem Landgericht auf eine Teilnahme an einem Mietpool hingewiesen hat. In diesem Fall kann das Auseinanderfallen von versprochener und erzielter Miete auch auf einer unvorhergesehenen schlechten Entwicklung des Mietpools infolge unerwartet hoher Leerstände nach Vertragsschluss beruhen (vgl. BGH, Urteil vom 3. Juni 2008 - XI ZR 319/06, NJW 2008, 2576 Rn. 31). Ferner besteht die Möglichkeit, dass die Eigentümerversammlung nach der Beratung der Käufer unerwartet Beschlüsse über umzulegende Kosten gefasst haben, die die Ursache einer monatlichen Mehrbelastung und geringeren Ausschüttungen darstellen. Daher kann bei einem Schadensersatzanspruch wegen einer fehlerhaften Beratung über die Höhe der monatlichen Zuzahlung im Fall des Erwerbs einer Eigentumswohnung als Kapitalanlage von einer Kenntnis anspruchsbegründender Umstände durch den Anleger erst dann ausgegangen werden, wenn der Käufer nachvollziehen kann, worauf die höhere Zuzahlung zurückzuführen ist. Dies ist ihm regelmäßig erst nach Erhalt der Jahresabrechnung der Wohnungseigentümergemeinschaft bzw. des Mietpools für den betroffenen Zeitraum möglich. Feststellungen über den Zugang derartiger Unterlagen hat das Berufungsgericht nicht getroffen.

15

d) Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich in diesem Punkt auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 563 Abs. 3 ZPO). Auch eine grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers und seiner Ehefrau von der geltend gemachten Beratungspflichtverletzung der Beklagten im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt nicht vor. Von einer solchen ist nur auszugehen, wenn dem Gläubiger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt und das nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Ihm muss persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß in seiner eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung, eine schwere Form von "Verschulden gegen sich selbst", vorgeworfen werden können, weil sich ihm die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben (vgl. nur BGH, Urteil vom 17. März 2016 - III ZR 47/15, WM 2016, 732 Rn. 11 mwN). Hiervon kann auf der Grundlage der von dem Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht ausgegangen werden. Auch wenn der Geschädigte geringere Ausschüttungen erhält, als nach dem Beratungsgespräch zu erwarten sind, kann er grundsätzlich den Zugang aussagekräftiger Abrechnungen abwarten, ohne dass ihm ein schwerer Obliegenheitsverstoß zur Last fällt.

16

2. Rechtsfehlerhaft verneint das Berufungsgericht auch einen Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB soweit der Kläger vorträgt, ihm sei eine Wiederverkaufsmöglichkeit der Wohnung nach zehn Jahren mit einem Gewinn von 23.000 € in Aussicht gestellt worden.

17

a) Der - von dem Berufungsgericht unterstellte - Beratungsvertrag verpflichtet den Verkäufer zu richtiger und vollständiger Information über die tatsächlichen Umstände, die für den Kaufentschluss des Interessenten von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können (vgl. nur Senat, Urteil vom 20. November 1987 - V ZR 66/86, WM 1988, 95, 96; BGH, Urteil vom 6. Juli 1993 - XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 129). Wird als Kaufanreiz die wirtschaftliche Rentabilität des Erwerbs herausgestellt, muss der Verkäufer auch über die hierfür bedeutsamen tatsächlichen Umstände richtig und vollständig informieren. Er verletzt daher seine Beratungspflichten, wenn er ein in tatsächlicher Hinsicht unzutreffendes, zu positives Bild der Ertragserwartung der Immobilie oder ihres Wertsteigerungspotentials gibt und den Interessenten dadurch zum Vertragsschluss veranlasst (vgl. Senat, Versäumnisurteil vom 15. Oktober 2004 - V ZR 223/03, NJW 2005, 983; Urteil vom 20. Juli 2007 - V ZR 227/06, NJW-RR 2007, 1660 Rn. 9). Haftungsbegründend sind dabei nicht sich nachträglich als unrichtig erweisende Prognosen zur Entwicklung des Immobilienmarktes, sondern unrichtige bzw. unterlassene Angaben zu spezifischen, aus den individuellen Gegebenheiten der Immobilie folgenden Risiken, welche die in Aussicht gestellte Rentabilität des Erwerbs erheblich zu mindern oder gar auszuschließen vermögen (vgl. Senat, Versäumnisurteil vom 15. Oktober 2004 - V ZR 223/03, aaO, 983 mwN). Dies ist etwa der Fall, wenn ein gewinnbringender Verkauf der Wohnung nach dem in dem Beratungsgespräch angegebenen Zeitraum wegen eines überhöhten Erwerbspreises von vornherein, d.h. unabhängig von dem in der Erklärung enthaltenen spekulativen Element, ausgeschlossen oder zumindest gänzlich unwahrscheinlich ist. Reichen die bei optimistischer Prognose realistischerweise zu erwartenden Wertsteigerungen von Eigentumswohnungen noch nicht einmal aus, um nach dem angegebenen Zeitraum einen Verkaufserlös zu erzielen, der alle Kosten des Erwerbers deckt, hat der Verkäufer falsche Vorstellungen über die Werthaltigkeit der Immobilie geweckt und damit seine Verpflichtung verletzt, über alle Umstände aufzuklären, die für eine von ihm als Kaufanreiz herausgestellte Rentabilität des Erwerbs von Bedeutung sind oder sein können (Senat, Versäumnisurteil vom 15. Oktober 2004 - V ZR 223/03, aaO, 984 f. mwN). Diese Anforderungen an die Beratung lässt das Berufungsgericht außer Acht.

18

b) Es geht bei der Beurteilung des klägerischen Vortrags aufgrund allgemeiner Erwägungen zu der Unsicherheit einer verlässlichen Prognose über die Wertentwicklung einer Immobilie von einer bloß werbenden Anpreisung aus. Damit blendet es den Zusammenhang aus, in dem die - revisionsrechtlich zugunsten des Klägers zu unterstellenden - Äußerungen des Vermittlers zur Rentabilität des Erwerbs der Wohnung erfolgt sind. Der Kläger verweist auf die Feststellung des Landgerichts, wonach dessen als Zeugin vernommene Ehefrau glaubhaft bekundet habe, dass der Vermittler erklärt habe, die Wohnung könne nach zehn Jahren mit einem Gewinn von mindestens 23.000 € verkauft werden. Eine solche Äußerung kann nicht lediglich als spekulative und damit erkennbar unverbindliche Prognose zu Wertsteigerungen angesehen werden, die Immobilien bei günstiger Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse erfahren können. Vielmehr erweckt sie mit der Nennung eines konkreten Mindestwertes einer Wertsteigerung den Eindruck, der Erwerb sei praktisch risikofrei, weil den Aufwendungen des Käufers mit der Immobilie ein entsprechender, nach Ablauf von zehn Jahren zu realisierender Sachwert gegenüberstehe, der sich bei günstiger wirtschaftlicher Entwicklung noch erhöhen könne. Dies wird vorliegend noch dadurch verstärkt, dass der Erwerb der Eigentumswohnung nach dem Vortrag des Klägers der Altersvorsorge dienen sollte und zur Finanzierung ein Darlehensvertrag mit einer Laufzeit von 28 Jahren abgeschlossen wurde. Ausweislich der im Berufungsurteil in Bezug genommenen Kaufvertragsurkunde ist der Kläger im Jahr 1950 und seine Ehefrau im Jahr 1953 geboren, so dass sich der Kläger bei Ablauf der Finanzierung im 85. Lebensjahr und seine Ehefrau im 82. Lebensjahr befinden würden. Vor diesem Hintergrund sollte die Angabe einer konkreten Mindestwertsteigerung besonders auf die Option hinweisen, das Objekt nach dem Eintritt in das Rentenalter gewinnbringend abstoßen und sich von den damit verbundenen Finanzierungsbelastungen befreien zu können.

19

c) Ist der dargestellte gewinnbringende Verkauf der Wohnung nach zehn Jahren wegen eines überhöhten Erwerbspreises jedoch von vornherein ausgeschlossen oder zumindest gänzlich unwahrscheinlich, hat der Verkäufer falsche Vorstellungen über die Werthaltigkeit der Immobilie geweckt und damit seine Verpflichtung verletzt, über alle Umstände aufzuklären, die für eine von ihm als Kaufanreiz herausgestellte Rentabilität des Erwerbs von Bedeutung sind oder sein können (vgl. Senat, Versäumnisurteil vom 15. Oktober 2004 - V ZR 223/03, NJW 2005, 983). Zur Unrichtigkeit der versprochenen Wertsteigerung hat der Kläger auch hinreichend vorgetragen, indem er darauf verwiesen hat, dass der Kaufpreis für die Eigentumswohnung zum Zeitpunkt des Erwerbs bereits deutlich über deren mit allenfalls 70.000 € zu beziffernden Verkehrswert gelegen habe.

20

3. Rechtsfehlerhaft verneint das Berufungsgericht schließlich auch eine Beratungspflicht über den bei Annuitätendarlehen permanent abnehmenden Steuerspareffekt.

21

a) Gegenstand der Beratungspflichten des Verkäufers einer Immobilie, die - wie hier - zu Anlagezwecken erworben wird, sind vor allem die laufenden Aufwendungen, die der Interessent erbringen muss. Die Ermittlung des Eigenaufwands bildet das Kernstück der Beratung; sie soll den Käufer von der Möglichkeit überzeugen, mit seinen finanziellen Mitteln das Objekt erwerben und halten zu können. Wird bei der Beratung auf Steuervorteile hingewiesen, müssen die Voraussetzungen für deren Eintritt wie auch deren Höhe zutreffend dargestellt werden. Entfallen die steuerlichen Vergünstigungen nach einem bestimmten Zeitraum, so dass sich die Belastungen des Käufers erhöhen, ist auch darüber aufzuklären (vgl. Senat, Urteil vom 25. Oktober 2013 - V ZR 9/13, Grundeigentum 2014, 118 Rn. 15 mwN).

22

b) Wird eine langfristige Finanzierung eines Immobilienkaufs mit damit einhergehenden Steuervorteilen und zugleich ein Annuitätendarlehen vorgeschlagen, ist über eintretende negative Auswirkungen des sich Jahr für Jahr verringernden Zinsanteils der Darlehensraten auf den Steuervorteil aufzuklären. Vorliegend behauptet der Kläger eine derartige negative Folge, in dem er darauf verweist, dass bei der vorgeschlagenen Finanzierung die Steuervorteile mit dem Eintritt in das Rentenalter vollständig entfallen werden.

23

4. Ohne Erfolg macht der Kläger hingegen geltend, der Erwerb der Immobilie eigne sich schon wegen der langen Laufzeit der Finanzierung nicht für die empfohlene Altersvorsorge, so dass die Beratung auch unter diesem Gesichtspunkt fehlerhaft gewesen sei.

24

Zwar ist im Ausgangspunkt zutreffend, dass unter bestimmten Voraussetzungen auch über die Laufzeit der vorgeschlagenen Finanzierung aufzuklären ist. Ein solcher Fall liegt etwa dann vor, wenn bei einer Finanzierung durch ein Vorausdarlehen mit Tilgung durch zwei hintereinander geschaltete Bausparverträge (sogenanntes Dortmunder Modell) über den tatsächlichen Zeitraum der Finanzierung Unklarheit herrscht. Hat die vorgeschlagene Finanzierung die Folge, dass sie erst mehrere Jahre nach Eintritt des Rentenalters vollständig abgeschlossen ist, kann sie den Zweck der Alterssicherung nicht erfüllen. Denn sie führt dann nicht zu der in Aussicht gestellten zusätzlichen Altersversorgung, sondern im Gegenteil zu einer Belastung, die gerade vermieden werden soll (vgl. Senat, Versäumnisurteil vom 17. Januar 2014 - V ZR 108/13, Wohnungseigentümer 2014, 113, 114 mwN). Um einen solchen Fall handelt es sich vorliegend aber nicht. Dem Kläger und seiner Ehefrau war die Laufzeit des Darlehensvertrages von 28 Jahren ohne weiteres aus der Vertragsurkunde ersichtlich.

III.

25

Das Berufungsgericht kann nach den vorangegangenen Ausführungen keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 ZPO). Das Berufungsgericht wird zu klären haben, ob nach den Grundsätzen der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 19. Dezember 2014 - V ZR 194/13, NJW 2015, 1510 Rn. 6 ff. mwN) zwischen den Parteien ein Beratungsvertrag zustande gekommen ist. Sofern es dies bejaht, wird es weiter zu prüfen haben, ob die behaupteten Beratungsfehler vorliegen. Insoweit wird das Berufungsgericht sich mit der Frage zu befassen haben, ob konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Entscheidungserheblichkeit der Feststellungen des Landgerichts insbesondere hinsichtlich der Frage des Inhalts der Beratungsgespräche begründen, die eine erneute Feststellung gebieten (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Sofern es entscheidungserheblich auf die Äußerungen des Vermittlers zu der konkreten Wertsteigerung der Eigentumswohnung nach zehn Jahren ankommt, wird das Berufungsgericht auch zu klären haben, ob diese unrichtig sind.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen das hiermit zugestellte Versäumnisurteil des Bundesgerichtshofes kann die säumige Partei binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab Zustellung beim Bundesgerichtshof E i n s p r u c h einlegen. Der Einspruch muss von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt durch Einreichung einer Einspruchsschrift eingelegt werden.

Die Einspruchsschrift muss enthalten:

1. die Bezeichnung des Urteils, gegen das der Einspruch gerichtet wird;

2. die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Einspruch eingelegt werde.

Soll das Urteil nur zum Teil angefochten werden, so ist der Umfang der Anfechtung zu bezeichnen.

In der Einspruchsschrift sind die Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, vorzubringen. Auf Antrag kann der Vorsitzende des erkennenden Senats die Frist für die Begründung verlängern. Bei Versäumung der Frist für die Begründung ist damit zu rechnen, dass das nachträgliche Vorbringen nicht mehr zugelassen wird. Im Einzelnen wird auf die Verfahrensvorschriften in § 78, § 296 Abs. 1, 3, 4, § 338, § 339 und § 340 ZPO verwiesen.

Stresemann     

        

Schmidt-Räntsch     

RiBGH Dr. Czub ist infolge
Krankheit an der Unterschrift
gehindert.
Karlsruhe, den 21. September 2016

                          

Die Vorsitzende
Stresemann

        

Kazele     

        

RiBGH Dr. Göbel ist infolge
Urlaubs an der Unterschrift
gehindert.
Karlsruhe, den 21. September 2016

                          

Die Vorsitzende
Stresemann

Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Versäumnisurteil, 17. Juni 2016 - V ZR 134/15

Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Versäumnisurteil, 17. Juni 2016 - V ZR 134/15

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Zivilprozessordnung - ZPO | § 562 Aufhebung des angefochtenen Urteils


(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. (2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 199 Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Verjährungshöchstfristen


(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem1.der Anspruch entstanden ist und2.der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des S

Zivilprozessordnung - ZPO | § 529 Prüfungsumfang des Berufungsgerichts


(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:1.die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidung
Bundesgerichtshof Versäumnisurteil, 17. Juni 2016 - V ZR 134/15 zitiert 12 §§.

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(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:1.die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 195 Regelmäßige Verjährungsfrist


Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

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(1) Die Einspruchsfrist beträgt zwei Wochen; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des Versäumnisurteils. (2) Muss die Zustellung im Ausland erfolgen, so beträgt die Einspruchsfrist einen Monat. Das Gericht kann im Versäumnisurteil

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(1) Der Einspruch wird durch Einreichung der Einspruchsschrift bei dem Prozessgericht eingelegt. (2) Die Einspruchsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das der Einspruch gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urt

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Der Partei, gegen die ein Versäumnisurteil erlassen ist, steht gegen das Urteil der Einspruch zu.

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Bundesgerichtshof Urteil, 15. März 2016 - XI ZR 122/14

bei uns veröffentlicht am 15.03.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 122/14 Verkündet am: 15. März 2016 Herrwerth Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Juni 2015 - III ZR 198/14

bei uns veröffentlicht am 18.06.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 198/14 Verkündet am: 18. Juni 2015 Kiefer Justizangestellter als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja BGB § 199 Abs. 3 Satz 1

Bundesgerichtshof Urteil, 27. Feb. 2015 - V ZR 133/14

bei uns veröffentlicht am 27.02.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 133/14 Verkündet am: 27. Februar 2015 Langendörfer-Kunz Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: n

Bundesgerichtshof Urteil, 19. Dez. 2014 - V ZR 194/13

bei uns veröffentlicht am 19.12.2014

Tenor Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Kammergerichts vom 4. Juli 2013 aufgehoben.

Referenzen

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

17
Nach diesen Grundsätzen bestimmt sich auch der Beginn der gemäß § 199 Abs. 1 BGB zu berechnenden Verjährung vertraglicher Schadensersatzansprüche , wenn ein Schuldner mehrere, von einander abgrenzbare offenbarungspflichtige Umstände verschwiegen hat oder ihm - wie hier - mehrere Beratungsfehler vorzuwerfen sind (vgl. Staudinger/Peters, BGB [2004], § 199 Rdn. 20). Dem Gläubiger muss es in einem solchen Fall unbenommen bleiben, eine ihm bekannt gewordene Aufklärungspflichtverletzung - selbst wenn eine darauf gestützte Klage auf Rückabwicklung des Vertrages erfolgversprechend wäre - hinzunehmen, ohne Gefahr zu laufen, dass deshalb Ansprüche aus weiteren , ihm zunächst aber noch unbekannten Aufklärungspflichtverletzungen zu verjähren beginnen. Dem steht nicht entgegen, dass bereits ein Beratungsfehler ausreichen kann, um die Rückabwicklung des gesamten Vertrages zu erreichen. Denn jede Pflichtverletzung ist mit weiteren Nachteilen für das Vermögen des Gläubigers verbunden. Das rechtfertigt es, sie verjährungsrechtlich selbständig zu behandeln. Die kenntnisabhängige regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB berechnet sich daher für jeden Beratungsfehler gesondert; sie beginnt zu laufen, wenn der Gläubiger die Umstände, insbesondere die wirtschaftlichen Zusammenhänge kennt, aus denen sich die jeweilige Rechtspflicht zur Aufklärung ergibt (vgl. BGH, Urt. v. 1. April 2003, XI ZR 386/02, ZIP 2003, 1782, 1783).
14
a) Zwar ist die Verjährung mehrerer eigenständiger und hinreichend deutlich voneinander abgrenzbarer Pflichtverletzungsvorwürfe in Anlageberatungsfällen materiell-rechtlich selbständig zu beurteilen. Die kenntnisabhängige regelmäßige Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB berechnet sich für jeden dieser Beratungsfehler gesondert, so dass die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB für jede Pflichtverletzung getrennt zu prüfen sind (s. BGH, Urteile vom 9. November 2007 - V ZR 25/07, NJW 2008, 506, 507 Rn. 17 und vom 23. Juni 2009 - XI ZR 171/08, BKR 2009, 372, 373 Rn. 14; Senatsurteile vom 19. November 2009 - III ZR 169/08, BKR 2010, 118, 119 f Rn. 15; vom 22. Juli 2010 - III ZR 203/09, NJW-RR 2010, 1623, 1624 Rn. 13; vom 24. März 2011 - III ZR 81/10, NJW-RR 2011, 842, 843 Rn. 11; vom 7. Juli 2011 - III ZR 90/10, NJOZ 2011, 2087, 2088 Rn. 15; vom 22. September 2011 - III ZR 186/10, NJW-RR 2012, 111, 112 f Rn. 9; vgl. auch BGH, Urteile vom 22. Oktober 2013 - XI ZR 42/12, BGHZ 198, 294, 302 f Rn. 24 und XI ZR 57/12, BeckRS 2013, 20081 Rn. 26 sowie Beschluss vom 21. Oktober 2014 - XI ZB 12/12, BGHZ 203, 1, 59 Rn. 142). Die verjährungsrechtlich gesonderte Prüfung mehrerer Pflichtverletzungen setzt nicht voraus, dass jede dieser Pflichtverlet- zungen eigenständige oder zusätzliche Schadensfolgen nach sich gezogen hat. Es genügt vielmehr, dass mehrere (voneinander abgrenzbare) Pflichtverletzungen zum Gesamtschaden beigetragen haben und ein Schadensersatzanspruch auf mehrere (voneinander abgrenzbare) Fehler gestützt wird (s. Senatsurteile vom 7. Juli 2011 aaO S. 2088 f Rn. 15 und vom 22. September 2011 aaO S. 113 Rn. 9).

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

28
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt die nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erforderliche Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen im Allgemeinen vor, wenn dem Geschädigten die Erhebung einer Schadensersatzklage, sei es auch nur in Form der Feststellungsklage, Erfolg versprechend, wenn auch nicht risikolos, möglich ist. Weder ist notwendig , dass der Geschädigte alle Einzelumstände kennt, die für die Beurteilung möglicherweise Bedeutung haben, noch muss er bereits hinreichend sichere Beweismittel in der Hand haben, um einen Rechtsstreit im Wesentlichen risikolos führen zu können. Auch kommt es grundsätzlich nicht auf eine zutreffende rechtliche Würdigung an. Vielmehr genügt aus Gründen der Rechtssicherheit und Billigkeit im Grundsatz die Kenntnis der den Ersatzanspruch begründenden tatsächlichen Umstände. Es kommt auch nicht darauf an, dass der Geschädigte die Rechtswidrigkeit des Geschehens, das Verschulden des Schädigers und den in Betracht kommenden Kausalverlauf richtig einschätzt (Senatsurteile vom 26. Februar 2013 - XI ZR 498/11, BGHZ 196, 233 Rn. 27 mwN und vom 8. April 2014 - XI ZR 341/12, WM 2014, 1036 Rn. 27). In Fällen des Schadensersatzes wegen unzureichender Aufklärung muss der Geschädigte insbesondere nicht die Rechtspflicht des Schädigers zur Aufklärung kennen. Auch insoweit genügt vielmehr die Kenntnis derjenigen tatsächlichen Umstände, aus denen sich die Aufklärungspflicht ergibt (Senatsurteile vom 26. Februar 2013 - XI ZR 498/11, BGHZ 196, 233 Rn. 28 mwN und vom 8. April 2014 - XI ZR 341/12, WM 2014, 1036 Rn. 27).
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b) Kenntnis ist ferner nicht schon gegeben, wenn der Käufer Kenntnis von Anknüpfungstatsachen - hier etwa dem Vorhandensein von Kanaldeckeln oder Anlagen, die auf Abwasserleitungen hindeuten - hatte. Es muss vielmehr hinzukommen, dass er auch die rechtlichen Folgen solcher ihm bekannter Tatsachen kennt (BGH, Urteil vom 29. Mai 1954 – II ZR 163/53, BGHZ 13, 341, 345). Dabei wäre hier zu berücksichtigen, dass die Dienstbarkeiten nicht schon durch § 9 GBBerG begründet worden sind, sondern erst mit dem Inkrafttreten von § 1 Satz 1 SachenR-DV, durch den § 9 GBBerG auf die in § 9 Abs. 9 Nr. 1 GBBerG bezeichneten Abwasserentsorgungsleitungen und -anlagen erstreckt wurde. Mit dieser Erstreckung sind Dienstbarkeiten nicht zur Absicherung jeder Abwasserleitung, sondern nur für Abwasserleitungen und Anlagen zur Fortleitung von Abwasser begründet worden, die zur öffentlichen Abwasserentsorgung gehören. Keineswegs eindeutig sind schließlich Lage und Umfang solcher Rechte (vgl. zum Schutzstreifen bei Wasserleitungen: Senat, Urteil vom 9. Mai 2014 - V ZR 176/13, NJW 2014, 2959 Rn. 13).

(1) Der Käufer kann als Nacherfüllung nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen.

(2) Der Verkäufer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen.

(3) Hat der Käufer die mangelhafte Sache gemäß ihrer Art und ihrem Verwendungszweck in eine andere Sache eingebaut oder an eine andere Sache angebracht, bevor der Mangel offenbar wurde, ist der Verkäufer im Rahmen der Nacherfüllung verpflichtet, dem Käufer die erforderlichen Aufwendungen für das Entfernen der mangelhaften und den Einbau oder das Anbringen der nachgebesserten oder gelieferten mangelfreien Sache zu ersetzen.

(4) Der Verkäufer kann die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung unbeschadet des § 275 Abs. 2 und 3 verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Dabei sind insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels und die Frage zu berücksichtigen, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte. Der Anspruch des Käufers beschränkt sich in diesem Fall auf die andere Art der Nacherfüllung; das Recht des Verkäufers, auch diese unter den Voraussetzungen des Satzes 1 zu verweigern, bleibt unberührt.

(5) Der Käufer hat dem Verkäufer die Sache zum Zweck der Nacherfüllung zur Verfügung zu stellen.

(6) Liefert der Verkäufer zum Zwecke der Nacherfüllung eine mangelfreie Sache, so kann er vom Käufer Rückgewähr der mangelhaften Sache nach Maßgabe der §§ 346 bis 348 verlangen. Der Verkäufer hat die ersetzte Sache auf seine Kosten zurückzunehmen.

13
Die Feststellung, ob und wann der Gläubiger Kenntnis von bestimmten Umständen hatte oder ob seine Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruhte, unterliegt als Ergebnis tatrichterlicher Würdigung zwar nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht darauf, ob der Streitstoff umfassend , widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denk- und Erfahrungssätze gewürdigt worden ist, und ob der Tatrichter den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt oder bei der Beurteilung des Grades der Fahrlässigkeit wesentliche Umstände außer Betracht gelassen hat. Die Frage, wann eine für den Beginn der Verjährung hinreichende Kenntnis vorhanden ist, ist jedoch nicht ausschließlich Tatfrage, sondern wird maßgeblich durch den der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegenden Begriff der Zumutbarkeit der Klageerhebung geprägt (Senat, Urteile vom 23. September 2008 - XI ZR 262/07, WM 2008, 2155, Tz. 17 und XI ZR 263/07, juris, Tz. 16).

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

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Richtig ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, dass die Beklagten als Schuldnerinnen die Darlegungs- und Beweislast für Beginn und Ablauf der Verjährung und damit für die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB am Stichtag 1. Januar 2002 tragen (Senat, BGHZ 171, 1, 11, Tz. 32 m.w.Nachw.). Im Ansatz zutreffend ist auch, dass der Kläger, soweit es um Umstände aus seiner Sphäre geht, an der Sachaufklärung mitzuwirken und erforderlichenfalls darzulegen hat, was er zur Ermittlung der Voraussetzungen seiner Ansprüche und der Person des Schuldners getan hat (BGHZ 91, 243, 260). Rechtlich nicht haltbar ist aber, wenn das Berufungsgericht von einer Kenntnis des Klägers bereits am 1. Januar 2002 mit der Begründung ausgeht, es fehle an substantiiertem Vortrag des Klägers, was ihn vor dem 1. Januar 2002 an der Erkenntnis, mögliche Schadensersatzansprüche gegen die Beklagten zu haben, gehindert habe, obwohl ihm aus den Mietpoolabrechnungen der Jahre 1998 bis 2000 bekannt gewesen sei, dass die prognostizierten Mieterträge bei Weitem nicht erreicht worden seien.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

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2. Grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB, für deren Annahme die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast trägt (vgl. etwa Senat, Urteil vom 8. Juli 2010 aaO Rn. 25), liegt vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt und das nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Ihm muss persönlich ein schwerer Obliegenheitsverstoß in seiner eigenen Angelegenheit der Anspruchsverfolgung, eine schwere Form von "Verschulden gegen sich selbst", vorgeworfen werden können, weil sich ihm die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben (vgl. nur Senatsurteile vom 8. Juli 2010 aaO Rn. 28 und vom 22. September 2011 - III ZR 186/10, NJW-RR 2012, 111 Rn. 8 jeweils mwN).

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

9
2. a) Es geht ferner zutreffend davon aus, dass der Verkäufer seine aus dem Beratungsvertrag folgenden Pflichten verletzt, wenn er ein in tatsächlicher Hinsicht unzutreffendes, zu positives Bild des Wertsteigerungspotentials (Senat, Urt. v. 15. Oktober 2004, V ZR 223/03, WM 2005, 69, 70) oder der Ertragserwartung der Immobilie (Senat, Urt. v. 10. November 2006, V ZR 73/06, Umdruck S. 9 Rdn. 20) gibt. Letzteres ist bei unzutreffenden Angaben über die er- zielbare Miete sowie dann gegeben, wenn das in dem vorgesehenen Beitritt zu einem Mietpool liegende Risiko, auch die anteiligen Lasten der Unvermietbarkeit anderer Wohnungen zu tragen, bei der Berechnung des Eigenaufwands nicht angesprochen und z.B. in Form von Abschlägen bei den Einnahmen oder von Zuschlägen bei den monatlichen Belastungen angemessen berücksichtigt wird (Senat, Urt. v. 13. Oktober 2006, V ZR 66/06, WM 2007, 174, 176 f. Rdn. 22; Urt. v. 10. November 2006, V ZR 73/06, Umdruck S. 9 Rdn. 20).
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Rechtsfehlerfrei bejaht das Berufungsgericht eine unzureichende Information des Klägers bei dem Beratungsgespräch. Das Berechnungsbeispiel des Beraters bei der Ermittlung der für den Kläger entstehenden monatlichen Belastung bei einem Erwerb der Immobilie beschränkte sich allein auf das erste Vermietungsjahr. Gerade weil die steuerliche Förderung des Sanierungsobjekts einen besonderen Anreiz zum Erwerb der angebotenen Wohnung darstellte, hätte der Berater den Kläger darauf hinweisen müssen, dass der seiner Berechnung zugrunde gelegte Steuervorteil im Hinblick auf die Sanierungsmaßnahmen spätestens nach zwölf Jahren vollständig wegfällt und die Belastung sich damit vorhersehbar um den Betrag erhöhen wird. Die von dem Berater vorgenommene Ermittlung der finanziellen Belastung des Käufers verfehlt ihren Zweck, wenn sie angesichts eines absehbaren Wegfalls der steuerlichen Förderung ein nur punktuelles Bild der Situation bei Kaufabschluss liefert (vgl. Senat , Urteil vom 31. Oktober 2003 - V ZR 423/02, BGHZ 156, 371, 377). Hinzu kommt, dass hier der Erwerber - worauf das Berufungsgericht zu Recht hinweist - bei der von dem Berater im Berechnungsbeispiel zugrunde gelegten Zinsbelastung im Zeitpunkt des Wegfalls der Steuervorteile und des Ablaufs der Zinsbindungsfrist keinen wesentlichen Beitrag zur Tilgung der Kredite für die zu 100% fremdfinanzierte Eigentumswohnung geleistet hat. Rechtsfehlerfrei nimmt das Berufungsgericht an, dass für den Berater damit erkennbar war, dass durch seine verkürzte, auf ein Jahr beschränkte Berechnung bei dem Kläger ein falscher Eindruck über die auf ihn zukommenden Belastungen entstehen musste.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 20. Zivilsenats des Kammergerichts vom 4. Juli 2013 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin suchte am 4. Mai 2007 die Geschäftsräume der S. GmbH (fortan Firma S) auf. Deren Mitarbeiter empfahl ihr den Kauf einer Eigentumswohnung. Sie unterzeichnete einen Vermittlungsauftrag für eine Wohnung der - in dem Auftrag nicht namentlich genannten - Beklagten zu 1, deren Komplementärin die Beklagte zu 2 ist, in Chemnitz zum Preis von 102.509 €. In dem Auftrag ist der Hinweis enthalten, dass die Firma S Honorar ausschließlich von der Verkäuferin erhalte. Auf der Rückseite findet sich eine handschriftliche Berechnung der Kosten des Erwerbs der Wohnung. Am selben Tag unterzeichnete die Klägerin ein notarielles Kaufangebot, das die Beklagte zu 1 in der Folgezeit annahm. Finanziert wurde der Kauf durch zwei Darlehensverträge mit gestaffelten Laufzeiten.

2

Die Klägerin verlangt die Rückabwicklung des Kaufvertrags, Freistellung von Darlehensverpflichtungen sowie die Feststellung der Pflicht der Beklagten zum Ersatz weitergehender Schäden sowie des Annahmeverzugs. Sie meint, mit der Beklagten zu 1 sei neben dem Kaufvertrag ein Beratungsvertrag zustande gekommen, den diese (durch die Firma S) schlecht erfüllt habe, weil sie sie nicht auf die Besonderheiten der steuerlichen Förderung nach § 7i EStG und auf die sehr lange Gesamtlaufzeit der Darlehensverträge hingewiesen habe. Außerdem sei der Kaufpreis sittenwidrig überhöht gewesen.

3

Die Klage hat vor dem Landgericht Erfolg gehabt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Kammergericht die Klage abgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision möchte die Klägerin die Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts erreichen. Die Beklagten beantragen, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

I.

4

Nach Ansicht des Berufungsgerichts scheitert eine Haftung der Beklagten aus Beratungsvertrag daran, dass ein solcher Vertrag zwischen der Beklagten zu 1 und der Klägerin nicht zustande gekommen ist. Zwar könne ein Beratungsvertrag anzunehmen sein, wenn der Verkäufer dem Käufer Berechnungsbeispiele vorlege. Hier sei das Berechnungsbeispiel aber nicht durch die Beklagte zu 1 als Verkäuferin vorgelegt worden, sondern durch die Firma S. Diese sei nicht namens der Beklagten zu 1 aufgetreten, sondern im eigenen Namen im Rahmen eines ihr von der Klägerin erteilten Vermittlungsauftrags. Es sei auch nicht festzustellen, dass der Vertrieb der Wohnungen durch die Beklagte zu 1 so organisiert worden sei, dass die Firma S freie Hand gehabt habe. Die Beklagte zu 1 habe sich vielmehr von verschiedenen Maklern Käufer vermitteln lassen. Die Klage sei auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Nichtigkeit des Kaufvertrags nach § 138 Abs. 2 BGB begründet. Die Klägerin habe schon nicht substantiiert dargelegt, dass ein grobes Missverhältnis zwischen dem Kaufpreis und dem Wert der Wohnung bestehe. Die bloße Behauptung, der Wert der Wohnung betrage 48.000 €, genüge nicht. Vielmehr müssten Anknüpfungstatsachen vorgetragen werden.

II.

5

Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung kann weder ein Anspruch aus Beratungsvertrag noch ein Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags aus ungerechtfertigter Bereicherung verneint werden.

6

1. Nach den bisherigen Feststellungen lässt sich ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1 auf Schadensersatz wegen Verletzung ihrer Pflichten aus einem Beratungsvertrag nach § 280 Abs. 1 BGB, für den die Beklagte zu 2 nach § 161 Abs. 2, § 128 HGB haften würde, nicht mit der Begründung ablehnen, es fehle an einem Beratungsvertrag.

7

a) Ob ein Beratungsvertrag zustande gekommen ist, ist zwar, worauf die Beklagten zu Recht hinweisen, eine Frage tatrichterlicher Würdigung, die im Revisionsverfahren nur eingeschränkt überprüfbar ist (Senat, Urteil vom 26. April 1991 - V ZR 165/89, NJW 1991, 2556, 2557, in BGHZ 114, 263 insoweit gekürzt). In diesem Rahmen ist die Würdigung des Berufungsgerichts aber zu beanstanden, weil es die Anforderungen des Senats an die Erteilung einer konkludenten Außenvollmacht durch den Verkäufer und an die Offenkundigkeit des Auftretens des Vermittlers für den Verkäufer verkannt hat.

8

b) Nach der Rechtsprechung des Senats kommt zwischen Verkäufer und Käufer ein Beratungsvertrag zustande, wenn der Verkäufer im Zuge eingehender Vertragsverhandlungen, insbesondere auf Befragen, einen ausdrücklichen Rat erteilt. Gleiches gilt, wenn der Verkäufer dem Käufer als Ergebnis der Verhandlungen ein Berechnungsbeispiel über Kosten und finanzielle Vorteile des Erwerbs vorlegt, welches der Herbeiführung des Geschäftsabschlusses dienen soll (Senat, Urteile vom 31. Oktober 2003 - V ZR 423/02, BGHZ 156, 371, 374, vom 1. März 2013 - V ZR 279/11, NJW 2013, 1873 Rn. 7 und vom 25. Oktober 2013 - V ZR 9/13, HFR 2014, 560 Rn. 5). Das Berufungsgericht stellt zwar fest, dass der Klägerin eine solche Berechnung vorgelegt worden ist, meint aber, die damit verbundene Beratung sei hier namens der Firma S, nicht dagegen (auch) für die Beklagte zu 1 erfolgt. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen ist diese Ansicht rechtsfehlerhaft.

9

c) aa) (1) Stellt sich bei der Vermittlung des Kaufvertrags die Aufgabe der Beratung des Kaufinteressenten und ist sie von dem Verkäufer einem Makler oder sonstigen Vermittler überlassen worden, kann sich dessen stillschweigende Bevollmächtigung zum Abschluss des Beratungsvertrags zwischen Verkäufer und Käufer aus den Umständen ergeben (§ 167 BGB). Dabei sind für die Annahme einer stillschweigenden Bevollmächtigung und an die Kundgabe des Willens, die Beratung für den Verkäufer zu übernehmen und auszuführen (§ 164 BGB), keine zu strengen Anforderungen zu stellen, wenn der Käufer dem Vermittler seinerseits keinen Maklerauftrag erteilt. Es reicht dann aus, dass die individuelle Beratung des Kaufinteressenten eine wesentliche Voraussetzung für den erfolgreichen Abschluss der Verkaufsbemühungen war (Senat, Urteile vom 14. März 2003 - V ZR 308/02, NJW 2003, 1811, 1812 f., vom 13. Oktober 2006 - V ZR 66/06, NJW 2007, 1874 Rn. 16 und vom 1. März 2013 - V ZR 279/11, NJW 2013, 1873 Rn. 10).

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(2) Ein Beratungsvertrag des Käufers mit dem Verkäufer kann kraft konkludent erteilter Vollmacht auch dann zustande kommen, wenn unmittelbare Rechtsbeziehungen zwischen dem Vermittler und dem Kaufinteressenten bestehen. Es kommt stets in Betracht, dass ein Makler oder Anlagevermittler bei der Vertragsanbahnung - ohne äußeren Einschnitt in seinem Auftreten - auch für den Verkäufer, also in doppelter Funktion tätig wird; daher kann eine Haftung aus beiden Rechtsverhältnissen entstehen. Im Hinblick auf eine Haftung des Verkäufers machen Rechtsbeziehungen zwischen dem Kaufinteressenten und dem Vermittler lediglich nähere Feststellungen dazu erforderlich, ob die - auf das Objekt des Verkäufers bezogene - Beratung des Interessenten dessen Kaufentschluss fördern sollte, ob der Vermittler dabei (auch) namens des Verkäufers handeln konnte und gehandelt hat und ob der Kaufentschluss (auch) auf der Beratung in Vertretung des Verkäufers beruhte (Senat, Urteile vom 1. März 2013 - V ZR 279/11, NJW 2013, 1873 Rn. 11 f. und vom 25. Oktober 2013 - V ZR 9/13, HFR 2014, 560 Rn. 8).

11

(3) Für die Annahme einer Bevollmächtigung des Vermittlers zum Abschluss eines Beratungsvertrages mit dem Verkäufer reicht die Feststellung aus, dass der Verkäufer den Vermittler mit dem Vertrieb der Immobilie beauftragt hat und dabei wusste oder jedenfalls nicht ausschließen konnte, dass dieser gegenüber Interessenten die finanziellen Vorteile eines Kaufs herausstellen würde. Die Erteilung eines solchen Auftrags kann eine für dessen Ausführung ausreichende Innenvollmacht umfassen (so etwa in Senat, Urteil vom 25. Oktober 2013 - V ZR 9/13, HFR 2014, 560). Ein Beratungsvertrag muss aber nicht scheitern, wenn es an einer solchen Innenvollmacht fehlt oder wenn eine solche Vollmacht auf Grund von Beschränkungen im Innenverhältnis zwischen dem Verkäufer und dem Vermittler Beratungsverträge nicht umfasst. Aus den Umständen kann sich nämlich eine stillschweigend erteilte Außenvollmacht des Vermittlers (§ 167 Abs. 1 Fall 2 BGB) zum Abschluss eines Beratungsvertrages ergeben (Senat, Urteile vom 27. November 1998 - V ZR 344/97, BGHZ 140, 111, 117, vom 14. März 2003 - V ZR 308/02, NJW 2003, 1811, 1812, vom 13. Oktober 2006 - V ZR 66/06, NJW 2007, 1874 Rn. 2, 16 f. und vom 6. Juli 2007 - V ZR 274/06, juris Rn. 11). Dabei kommt es entscheidend darauf an, ob der Käufer den Umständen bei objektivierter Betrachtung (dazu: MünchKomm-BGB/Schramm, 6. Aufl., § 167 Rn. 42) eine solche Vollmacht entnehmen darf und welchen Umfang sie danach aus seiner objektivierten Sicht hat. Das Fehlen oder Vorhandensein eines Vermittlungsauftrags hat bei der Frage nach einer Außenvollmacht keine ausschlaggebende Bedeutung, weil es auf die Außensicht des Käufers ankommt und dieser in der Regel nicht erkennen kann, ob der Vermittler einen Vermittlungsauftrag hat.

12

(4) Der Vermittler kann von einer Innen- oder Außenvollmacht zum Abschluss eines Beratungsvertrags durch ausdrückliche Erklärung Gebrauch machen. Der Wille des Vermittlers, für den Verkäufer zu handeln, kann und wird aber in Fällen der vorliegenden Art regelmäßig im Sinne von § 164 Abs. 2 BGB nicht aus einer solchen Erklärung des Vermittlers, sondern - wie häufig auch die Vollmacht selbst - nur aus den Umständen „erkennbar hervortreten“. Er kann sich auch bei Anlegung eines strengeren Maßstabs etwa daraus ergeben, dass der Berater in den verwendeten Prospekten als Vertriebspartner des Verkäufers genannt ist, dass er von dem Verkäufer zur Verfügung gestellte Berechnungsbeispiele verwendet oder dass er Berechnungsbeispiele auf den Kopfbögen des Verkäufers erstellt (vgl. Senat, Urteile vom 31. Oktober 2003 - V ZR 423/02, BGHZ 156, 371, 375 und vom 13. Oktober 2006 - V ZR 66/06, NJW 2007, 1874 Rn. 16 f.). Sie kann sich aber, was das Berufungsgericht missverstanden hat, auch aus der Organisation des Verkaufs durch den Verkäufer ergeben. Das hat der Senat für Fälle entschieden, in denen der Verkäufer auf jeglichen Kontakt mit dem Käufer verzichtet und den Vermittler mit dem Vertrieb und den Vertragsverhandlungen bis zur Abschlussreife beauftragt hat (Senat, Urteile vom 10. November 2006 - V ZR 73/06, juris Rn. 10 f., vom 1. März 2013 - V ZR 279/11, NJW 2013, 1873 Rn. 12 und vom 25. Oktober 2013 - V ZR 9/13, HFR 2014, 560 Rn. 8, 11). Das Fehlen oder Vorhandensein eines Auftrags ist aber- ebenso wie bei der Außenvollmacht - auch für die Frage danach ohne Bedeutung, ob der Vermittler von einer vorhandenen (Innen- oder Außen-) Vollmacht gegenüber dem Käufer auch Gebrauch macht. Auch hier kommt es entscheidend darauf an, ob der Käufer den Umständen, etwa dem, dass der Vermittler tatsächlich die Vertragsverhandlung bis hin zum Abschluss für den Verkäufer führt, bei verständiger Würdigung entnehmen darf, dass der Vermittler für den Verkäufer und nicht (nur) in eigenem Namen handeln will.

13

bb) Dass es sich hier so verhalten hat, lässt sich mit der von dem Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht verneinen und nach den bisherigen Feststellungen auch nicht ausschließen.

14

(1) Das Berufungsgericht stützt seine gegenteilige Ansicht im Wesentlichen darauf, dass keine Unterlagen verwendet worden seien, die auf die Beklagte zu 1 hindeuteten, dass sich weder eine Einbindung der Firma S in die Vertriebsstruktur der Beklagten zu 1 noch ein Auftrag der Beklagten zu 1 an diese feststellen lasse, dass für die Beklagte zu 1 noch andere Vermittler tätig geworden seien und dass die Beklagte zu 1 ihre Wohnungen auch selbst vermarktet habe. Diese Gesichtspunkte sind für die Feststellung, ob die Beklagte zu 1 die Firma S gemäß § 167 Abs. 1 Fall 2 BGB gegenüber der Klägerin zur Beratung bevollmächtigt und ob der Wille der Firma S, von einer solchen Vollmacht auch Gebrauch zu machen, gemäß § 164 Abs. 2 BGB gegenüber der Klägerin erkennbar hervorgetreten ist, ohne Bedeutung.

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(2) Weder eine Außenvollmacht noch ein Handeln des Vermittlers für den Verkäufer setzen die Verwendung von Unterlagen voraus, die auf den Verkäufer hinweisen. Die Ausgestaltung des Innenverhältnisses zwischen der Beklagten zu 1 und der Firma S besagt nichts darüber, wie das Verhalten der Beklagten zu 1 und der Firma S gegenüber der Klägerin aus deren objektivierter Sicht als Kaufinteressentin zu bewerten ist. Dafür ist es auch unerheblich, ob die Beklagte zu 1 gegenüber anderen Kaufinteressenten andere Vermittler einsetzt oder selbst tätig wird. Entscheidend ist, wie die Klägerin das Verhalten der Beklagten zu 1 und der Firma S bei objektiver Betrachtung verstehen durfte.

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(3) Nach den bisherigen Feststellungen lassen sich danach weder eine Außenvollmacht der Firma S noch deren Handeln namens der Beklagten zu 1 ausschließen. Die Beklagte zu 1 hat in dem Verkaufsprospekt die Steuervorteile als wesentliches Vermarktungsargument eingesetzt. Sie hat darin die Kaufinteressenten nicht nur auf eine externe Beratung durch Steuerberater verwiesen, sondern ausdrücklich eingeladen, sich auch an sie selbst zu wenden. Damit stellte sich die Aufgabe einer Beratung der Kaufinteressenten auch gegenüber der Klägerin. Diese Aufgabe hat die Beklagte zu 1 jedenfalls ihr gegenüber nicht selbst wahrgenommen. Nach den bisherigen Feststellungen hatte die Klägerin allein mit der Firma S zu tun. Diese hat sich danach nicht auf das Wecken von Interesse beschränkt, sondern nahtlos alle Aufgaben übernommen, die nach der gewöhnlichen Aufgabenverteilung dem Verkäufer obliegen. Darauf lässt jedenfalls der Umstand schließen, dass die Klägerin noch am Tage der Beratung ein notarielles Angebot hat beurkunden lassen, das inhaltlich dem von der Beklagten zu 1 in dem Prospekt abgedruckten Muster entsprach, der der Klägerin - wenn auch erst im Notartermin - ausgehändigt worden ist. Die Beklagte zu 1 könnte sich damit der Firma S nicht nur als Maklerin bedient haben, sondern diese aus der Sicht eines Käufers in der Lage der Klägerin zu ihrer Sachwalterin gemacht haben, die für sie in allen Fragen im Zusammenhang mit dem Erwerb einschließlich der vorgesehenen Beratung tätig werden durfte und auch so tätig geworden ist.

17

d) Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich in diesem Punkt auch nicht, wie die Beklagten meinen, deshalb als richtig, weil kein Beratungsfehler vorliege. Das Berufungsgericht hat entsprechende Feststellungen zwar nicht getroffen; es geht aber von einem Beratungsfehler aus, den es nur mangels Beratungsvertrags nicht für relevant hält.

18

2. Nicht tragfähig ist auch die Begründung, mit welcher das Berufungsgericht einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagten auf Rückabwicklung des Kaufvertrags gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB und gemäß § 161 Abs. 2, § 128 HGB i.V.m. dieser Vorschrift verneint.

19

a) Verfehlt ist schon der rechtliche Ansatz. Die Klägerin macht die Nichtigkeit des Kaufvertrags nicht nach § 138 Abs. 2 BGB, sondern nach § 138 Abs. 1 BGB geltend. Sie hat sich zwar auch auf eine psychische Erkrankung berufen. Im Kern beruft sie sich aber darauf, dass der Preis für die Wohnung in einem auffälligen Missverhältnis zu deren Wert steht, was bei Hinzutreten einer verwerflichen Gesinnung des Begünstigten einen Verstoß gegen die guten Sitten begründet und zur Nichtigkeit des Vertrags nach § 138 Abs. 1 BGB führt (vgl. Senat, Urteil vom 19. Januar 2001 - V ZR 437/99, BGHZ 146, 298, 301 f.). Für die verwerfliche Gesinnung spricht eine tatsächliche Vermutung, wenn das Missverhältnis besonders grob ist. Das wiederum ist anzunehmen, wenn - bei einer Benachteiligung des Käufers - die Verkehrswertüberschreitung oder - bei einer Benachteiligung des Verkäufers - die Verkehrswertunterschreitung 90% oder mehr beträgt (vgl. Senat, Urteil vom 24. Januar 2014 - V ZR 249/12, NJW 2014, 1652 Rn. 8 sowie Herrler, ZNotP 2014, 252, 253 f.).

20

b) Die Klägerin hat ein besonders grobes Missverhältnis schlüssig vorgetragen.

21

aa) Bei den Anforderungen an die Darlegung eines besonders groben Missverhältnisses verfolgen die Zivilsenate des Bundesgerichtshofs keinen einheitlichen Ansatz. Im Ausgangspunkt noch einheitlich wird ein Vortrag als schlüssig und ausreichend substantiiert angesehen, wenn die vorgetragenen Tatsachen in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht zu begründen (Senat, Beschlüsse vom 12. Juni 2008- V ZR 221/07, WM 2008, 2068 Rn. 6, vom 2. April 2009 - V ZR 177/08, NJW-RR 2009, 1236 Rn. 10 und vom 20. März 2014 - V ZR 149/13, ZfIR [Ls] = juris Rn. 5). Kommt es auf den Verkehrswert einer Sache an, ist es nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats grundsätzlich ausreichend, wenn die darlegungspflichtige Partei einen bestimmten Wert behauptet und durch Sachverständigengutachten unter Beweis stellt (Senat, Urteile vom 5. Oktober 2001- V ZR 237/00, NJW 2002, 429, 431, r. Sp. und vom 13. Dezember 2002 - V ZR 359/01, NJW-RR 2003, 491 f., r. Sp. sowie Beschlüsse vom 2. April 2009 - V ZR 177/08, NJW-RR 2009, 1236 Rn. 10 und vom 20. März 2014 - V ZR 149/13, ZfIR 2014, 349 [Ls] = juris Rn. 6). Etwas anderes gilt nur, wenn eine solche Behauptung ins Blaue hinein erfolgt, wobei der Senat bei der Annahme eines Rechtsmissbrauchs Zurückhaltung übt (vgl. etwa Beschluss vom 20. März 2014 - V ZR 149/13, ZfIR 2014, 349 [Ls] = juris Rn. 6). Demgegenüber erfordert ein den Substantiierungsanforderungen genügender Vortrag zu einem entsprechenden Minderwert einer erworbenen Immobilie nach der Rechtsprechung des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs, der das Berufungsgericht in der Sache folgt, die Darlegung konkreter, dem Beweis zugänglicher Angaben zu den wertbildenden Faktoren der erworbenen Wohnung (Urteile vom 12. November 2002 - XI ZR 3/01, WM 2003, 61, 62 und vom 19. September 2006 - XI ZR 204/04, WM 2006, 2343, Rn. 20, insoweit nicht in BGHZ 169, 109 abgedruckt; BVerfG NJW 2009, 1585 Rn. 25). Inwieweit diese unterschiedlichen Ansätze zu abweichenden Ergebnissen im Einzelfall führen, kann hier dahinstehen. Die Sache ist deshalb auch nicht dem Großen Senat für Zivilsachen vorzulegen.

22

bb) Der Vortrag der Klägerin genügt nämlich auch den erhöhten Anforderungen der Rechtsprechung des XI. Zivilsenats. Die Klägerin hat sich nicht nur auf die nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ausreichende Behauptung, der Verkehrswert der Wohnung betrage 48.000 €, und den Antritt von Sachverständigenbeweis beschränkt. Sie hat vielmehr in der Klageschrift näher erläutert, dass und auf welcher Grundlage sie den Betrag errechnet hat. Dieser Vortrag hängt keineswegs, wie das Berufungsgericht meint, „im luftleeren Raum“. Die Klägerin hat den ihr bei der Beratung nach ihrem Vortrag mitgeteilten und in der Rentabilitätsberechnung der Firma S angesetzten Mietertrag von monatlich 277 € zugrunde gelegt und den Wert der Wohnung nach der Ertragswertmethode mit näher bezeichneten Einsatzwerten berechnet. Dass und warum die Ertragswertmethode, deren Wahl bei einer Kapitalanlage naheliegt, und dass und warum die anderen gewählten Einsatzwerte sachlich richtig sind, musste sie nicht darlegen. Das ist im Rahmen der Beweisaufnahme durch Sachverständigengutachten zu klären.

23

cc) Angesichts dieser Angaben liegt die Annahme fern, die Klägerin habe das besonders grobe Missverhältnis von Kaufpreis und Wert ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich aufs Geratewohl, gleichsam „ins Blaue hinein“ behauptet (dazu Senat, Urteil vom 13. Dezember 2002 - V ZR 359/01, NJW-RR 2003, 491 und Beschluss vom 2. April 2009 - V ZR 177/08, NJW-RR 2009, 1236 Rn. 11).

24

c) Die Klägerin hat auch das Vorliegen einer verwerflichen Gesinnung behauptet. Sie hat sich in der Klageschrift auf die aus dem dargelegten besonders groben Missverhältnis folgende tatsächliche Vermutung berufen. Mehr musste sie nicht tun (vgl. Senat, Urteile vom 9. Oktober 2009 - V ZR 178/08, NJW 2010, 363 Rn. 19 und vom 10. Februar 2012 - V ZR 51/11, NJW 2012, 1570 Rn. 9).

III.

25

Das Berufungsurteil kann keinen Bestand haben. Die Sache ist mangels der erforderlichen Feststellungen nicht entscheidungsreif und zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Hierbei macht der Senat von der Möglichkeit der Zurückverweisung an einen anderen Senat nach § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch. Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:

26

1. Nach den bisherigen Feststellungen spricht viel dafür, dass die Klägerin den Umständen bei objektiver Betrachtung entnehmen durfte, die Firma S sei von der Beklagten zu 1 zum Abschluss (auch) eines Beratungsvertrags bevollmächtigt und mache von dieser Vollmacht Gebrauch. Dies wird unter Würdigung des gesamten Ablaufs der Vertragsanbahnung bis hin zu dem Geschehen bei dem Notartermin aufzuklären sein. Dabei wird es nicht auf äußere Einschnitte im Auftreten der Mitarbeiter der Firma S ankommen (Senat, Urteil vom 1. März 2013 - V ZR 279/11, NJW 2013, 1873 Rn. 11).

27

2. Ein Beratungsfehler kann sich aus der Berechnung der Mitarbeiter der Firma S ergeben. Sie sieht Kreditbelastungen von 664 € monatlich und Steuervorteile von 322 € monatlich vor, ohne die begrenzte Dauer der Förderung zu berücksichtigen. Fehlerhaft wäre die Beratung auch, wenn der Klägerin nicht auf die unterschiedlichen Laufzeiten der Förderung und der Kreditverpflichtung und auf die Bedeutung der langen Laufzeit der Kreditverpflichtung hingewiesen worden sein sollte (zu letzterem Senat, Urteil vom 17. Januar 2014- V ZR 108/13, Wohnungseigentümer 2014, 113 Rn. 10).

Stresemann                   Schmidt-Räntsch                    Czub

                     Kazele                                 Göbel

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Vor den Landgerichten und Oberlandesgerichten müssen sich die Parteien durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Ist in einem Land auf Grund des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz ein oberstes Landesgericht errichtet, so müssen sich die Parteien vor diesem ebenfalls durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Parteien durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen.

(2) Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich als Beteiligte für die Nichtzulassungsbeschwerde durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

(3) Diese Vorschriften sind auf das Verfahren vor einem beauftragten oder ersuchten Richter sowie auf Prozesshandlungen, die vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden können, nicht anzuwenden.

(4) Ein Rechtsanwalt, der nach Maßgabe der Absätze 1 und 2 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die erst nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist (§ 273 Abs. 2 Nr. 1 und, soweit die Fristsetzung gegenüber einer Partei ergeht, 5, § 275 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, 4, § 276 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, § 277) vorgebracht werden, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Gerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt.

(2) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die entgegen § 282 Abs. 1 nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 nicht rechtzeitig mitgeteilt werden, können zurückgewiesen werden, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht.

(3) Verspätete Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen und auf die der Beklagte verzichten kann, sind nur zuzulassen, wenn der Beklagte die Verspätung genügend entschuldigt.

(4) In den Fällen der Absätze 1 und 3 ist der Entschuldigungsgrund auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

Der Partei, gegen die ein Versäumnisurteil erlassen ist, steht gegen das Urteil der Einspruch zu.

(1) Die Einspruchsfrist beträgt zwei Wochen; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des Versäumnisurteils.

(2) Muss die Zustellung im Ausland erfolgen, so beträgt die Einspruchsfrist einen Monat. Das Gericht kann im Versäumnisurteil auch eine längere Frist bestimmen.

(3) Muss die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung erfolgen, so hat das Gericht die Einspruchsfrist im Versäumnisurteil oder nachträglich durch besonderen Beschluss zu bestimmen.

(1) Der Einspruch wird durch Einreichung der Einspruchsschrift bei dem Prozessgericht eingelegt.

(2) Die Einspruchsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das der Einspruch gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Einspruch eingelegt werde.
Soll das Urteil nur zum Teil angefochten werden, so ist der Umfang der Anfechtung zu bezeichnen.

(3) In der Einspruchsschrift hat die Partei ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, soweit es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht, sowie Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, vorzubringen. Auf Antrag kann der Vorsitzende für die Begründung die Frist verlängern, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt. § 296 Abs. 1, 3, 4 ist entsprechend anzuwenden. Auf die Folgen einer Fristversäumung ist bei der Zustellung des Versäumnisurteils hinzuweisen.