Bundessozialgericht Beschluss, 26. Okt. 2016 - B 11 AL 45/16 B

bei uns veröffentlicht am26.10.2016

Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 20. April 2016 wird als unzulässig verworfen.

Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

Gründe

1

I. In der Hauptsache war zwischen den Beteiligten streitig, ob der Kläger als ehemaliger GmbH-Geschäftsführer ab 1.7.2011 Anspruch auf Alg hat, insbesondere ob er zu der GmbH in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden hat oder nicht.

2

Nachdem die Beklagte zunächst nach einer Sperrzeit Alg bewilligt hatte, hob sie später den Sperrzeitbescheid auf und lehnte die Gewährung von Alg ab (Bescheid vom 20.10.2011). Der Kläger erfülle die Anwartschaftszeit nicht. Widerspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Auf die Berufung des Klägers hat das LSG Hamburg mit Urteil vom 20.4.2016, das allein durch den Präsident des LSG S als Berichterstatter gefasst und verkündet wurde, das Urteil des SG und die Bescheide der Beklagten aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Alg ab 1.7.2011 zu gewähren.

3

Die Beklagte hat gegen das Urteil des LSG Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Sie rügt das Vorliegen eines Verfahrensmangels, nämlich der fehlerhaften Besetzung des LSG, als absoluten Revisionsgrund. Zwar habe sie im November 2015 ihr Einverständnis mit einer "Entscheidung durch den Berichterstatter" erklärt. Damaliger Berichterstatter sei aber der frühere Vizepräsident des LSG L gewesen. Zu einer Entscheidung durch diesen Berichterstatter habe sie ihr Einverständnis erteilt. Nachdem L am 31.2.2016 in den Ruhestand getreten sei, sei der Präsident des LSG S zum Vorsitzenden des 2. Senats sowie zum Berichterstatter in der Sache bestimmt worden. Auf diesen "konkreten Richter" habe sich ihr Einverständnis aber nicht bezogen. Insofern sei der absolute Revisionsgrund der nicht ordnungsgemäßen Besetzung des LSG, also eine Verletzung von Art 101 Abs 1 S 2 GG, gegeben. Im Übrigen sei das Urteil des LSG auch nicht in der erforderlichen Weise mit Entscheidungsgründen versehen (Verletzung von § 128 Abs 1 S 2 iVm § 130 Abs 1 und § 136 Abs 1 Nr 6 SGG), weil es an der Darlegung aller Voraussetzungen für das Bestehen des Anspruchs auf Alg fehle.

4

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, da der geltend gemachte Zulassungsgrund nicht ordnungsgemäß bezeichnet worden ist (§ 160a Abs 2 S 3 SGG).

5

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde - wie hier - darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliegt (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) zunächst die diesen (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 24, 34, 36). Dies ist hier nicht der Fall.

6

Die Beklagte hat den gerügten absoluten Revisionsgrund der fehlerhaften Besetzung des LSG nicht hinreichend bezeichnet. Sie hat selbst vorgetragen, dass sie im November 2015 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter erklärt hat. Diese Erklärung ist - schon ihrem Wortlaut nach - nicht auf die konkrete Person des Richters, sondern auf eine Funktion, nämlich diejenige des Berichterstatters, bezogen. Der (zum Zeitpunkt der Entscheidung zuständige) Berichterstatter hat die Entscheidung auch getroffen.

7

Der Umstand, dass ein früherer Berichterstatter Ende Januar 2016 aus seinem Amt ausgeschieden und daraufhin der Präsident des LSG zum neuen Vorsitzenden des Senats und zum Berichterstatter in der Sache bestimmt worden ist, lässt die Wirksamkeit der Einverständniserklärung nach § 155 Abs 3 und 4 SGG, die eine Prozesserklärung ist, nicht entfallen. Das Einverständnis bezieht sich auf den für die Entscheidung zuständigen ("gesetzlichen") Richter, nicht aber auf die konkrete Person eines Vorsitzenden oder Berichterstatters. Ein Richterwechsel verursacht deshalb keine wesentliche Änderung der Prozesslage und lässt eine früher abgegebene Erklärung auch nicht unwirksam werden. Die Einverständniserklärung kann aufgrund eines solchen Richterwechsels nicht einmal widerrufen werden (Lüdtke in HK-SGG, 4. Aufl 2012, § 155 RdNr 12; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 155 RdNr 12; Behn, SozVers 1994, 233).

8

Aus der von der Beklagten zitierten Entscheidung des BSG vom 23.8.2007 (B 4 RS 2/06 R - SozR 4-1500 § 155 Nr 1) ergibt sich nichts anderes. Zwar wird dort tatsächlich unter RdNr 17 ausgeführt, dass sich die Einverständniserklärung des Beteiligten auf einen "konkreten Richter" beziehen müsse und das Einverständnis an diesen gebunden sei. Die Erklärung müsse konkret und eindeutig sein. Diese Ausführungen beziehen sich aber - wie sich aus RdNr 18 des Urteils ergibt - auf eine andere prozessuale Situation. Dort hatte ein Beteiligter die Prozesserklärung abgegeben, er sei mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, durch Beschluss (§ 153 Abs 4 SGG) oder durch den Vorsitzenden (§ 155 Abs 3, 4 SGG) einverstanden; anschließend hatte der Berichterstatter entschieden. In dieser Situation erschien dem BSG die Einverständniserklärung nicht eindeutig und es nahm eine fehlerhafte Besetzung des LSG an. Bei Beachtung des Gesamtzusammenhangs ist dort aber nicht gemeint, dass sich das Einverständnis auf die konkrete Person eines Richters beziehen müsse. Vielmehr ging es darum, dass die Einverständniserklärung erkennen lassen muss, in welcher konkreten Besetzung ein Gericht die Entscheidung zu treffen hat. Eine entsprechende Auslegungsproblematik wirft der vorliegende Fall nicht auf, weil die Beklagte (allein) ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter erklärt hat.

9

Da der Verfahrensfehler schon nicht vorliegt, kann offenbleiben, ob sich die Klägerin nach dem auch im Prozessrecht anwendbaren Grundsatz von Treu und Glauben angesichts des Ablaufs mit mündlicher Verhandlung durch den (neuen) Berichterstatter nachträglich auf den Verfahrensmangel eines fehlenden Einverständnisses zu einer Entscheidung durch den Berichterstatter als konsentierten Einzelrichter berufen kann (BSG Beschluss vom 16.6.2016 - B 13 R 35/16 B - SozR 4-1500 § 155 Nr 5).

10

Auch der Verfahrensfehler der mangelhaften Begründung der Entscheidung (§ 128 Abs 1 Satz 2 SGG, § 136 Abs 1 Nr 6 SGG) ist nicht in der gebotenen Weise dargetan. Zwar trifft es zu, dass ein Gericht die rechtserheblichen Anspruchsvoraussetzungen prüfen muss. Die Begründung der Entscheidung muss aber nicht jeden Gesichtspunkt, der erwähnt werden könnte, abhandeln; vielmehr reicht als Angabe der für die richterliche Überzeugung leitenden Gründe die Darlegung der wesentlichen Gesichtspunkte aus (vgl BSG vom 12.2.2004 - B 4 RA 67/03 B - mwN; Beschluss vom 23.2.2010 - B 11 AL 121/09 B - mwN). Die Begründungspflicht ist deshalb nicht schon dann verletzt, wenn - wie die Beklagte meint - die Ausführungen des Gerichts zu den rechtlichen Voraussetzungen und tatsächlichen Gegebenheiten falsch oder nicht überzeugend sein sollten (vgl Beschluss vom 26.5.2011 - B 11 AL 145/10 B - mwN). Die Beklagte hätte aus diesem Grund darlegen müssen, dass die Entscheidung entweder überhaupt keine Begründung enthält oder dass die Gründe in so hohem Maß mangelhaft sind, dass sie ihre Funktion (Unterrichtung der Beteiligten über die dem Urteil zugrundeliegenden Erwägungen) nicht erfüllen können (vgl BSG vom 5.10.2010 - B 8 SO 62/10 B). Der Umstand, dass das LSG eine nach Lage der Akten wohl gegebene Ortsabwesenheit übersehen hat, führt nicht zu einem Mangel der Begründung. Umstände, welche das LSG nicht gesehen hat, sind für dieses auch nicht bei der Entscheidung erheblich gewesen. Dass das LSG möglicherweise dem Einzelfall des Klägers (teilweise) materiell unzutreffend beurteilt haben könnte, vermag die Zulassung der Revision nicht zu begründen.

11

Die nicht formgerecht begründete Beschwerde war daher nach § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen.

12

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

Urteilsbesprechung zu Bundessozialgericht Beschluss, 26. Okt. 2016 - B 11 AL 45/16 B

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

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(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu
Bundessozialgericht Beschluss, 26. Okt. 2016 - B 11 AL 45/16 B zitiert 13 §§.

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(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder

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(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt. (2) Das Landessozialgericht

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(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. (2) Das Urteil darf nur auf Tatsache

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Das Bundessozialgericht hat zu prüfen, ob die Revision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen. Die Verwerfu

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(1) Das Urteil enthält 1. die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,2. die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidun

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(1) Wird gemäß § 54 Abs. 4 oder 5 eine Leistung in Geld begehrt, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann auch zur Leistung nur dem Grunde nach verurteilt werden. Hierbei kann im Urteil eine einmalige oder laufende vorläufige Leistung angeordnet w

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(1) Der Vorsitzende kann seine Aufgaben nach den §§ 104, 106 bis 108 und 120 einem Berufsrichter des Senats übertragen. (2) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht, 1. über die Aussetzung und das Ruhe

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Bundessozialgericht Beschluss, 26. Okt. 2016 - B 11 AL 45/16 B zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

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Tenor Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. Dezember 2015 wird zurückgewiesen.

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bei uns veröffentlicht am 26.05.2011

Tenor Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 19. August 2010 wird als unzulässig verworfen.

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bei uns veröffentlicht am 23.02.2010

Gründe 1 Die Beschwerde ist unzulässig. Die in der Beschwerdebegründung geltend gemachten Zulassungsgründe - Verfahrensfehler des Landessozialg

Referenzen

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten.

(1) Wird gemäß § 54 Abs. 4 oder 5 eine Leistung in Geld begehrt, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann auch zur Leistung nur dem Grunde nach verurteilt werden. Hierbei kann im Urteil eine einmalige oder laufende vorläufige Leistung angeordnet werden. Die Anordnung der vorläufigen Leistung ist nicht anfechtbar.

(2) Das Gericht kann durch Zwischenurteil über eine entscheidungserhebliche Sach- oder Rechtsfrage vorab entscheiden, wenn dies sachdienlich ist.

(1) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
den Ort und Tag der mündlichen Verhandlung,
4.
die Urteilsformel,
5.
die gedrängte Darstellung des Tatbestands,
6.
die Entscheidungsgründe,
7.
die Rechtsmittelbelehrung.

(2) Die Darstellung des Tatbestands kann durch eine Bezugnahme auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze und auf die zu Protokoll erfolgten Feststellungen ersetzt werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand richtig und vollständig ergibt. In jedem Fall sind jedoch die erhobenen Ansprüche genügend zu kennzeichnen und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel ihrem Wesen nach hervorzuheben.

(3) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsaktes oder des Widerspruchsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(4) Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so bedarf es des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe nicht, wenn Kläger, Beklagter und sonstige rechtsmittelberechtigte Beteiligte auf Rechtsmittel gegen das Urteil verzichten.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Der Vorsitzende kann seine Aufgaben nach den §§ 104, 106 bis 108 und 120 einem Berufsrichter des Senats übertragen.

(2) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage oder der Berufung, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten.
In dringenden Fällen entscheidet der Vorsitzende auch über den Antrag nach § 86b Abs. 1 oder 2.

(3) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle des Senats entscheiden.

(4) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

(1) Der Vorsitzende kann seine Aufgaben nach den §§ 104, 106 bis 108 und 120 einem Berufsrichter des Senats übertragen.

(2) Der Vorsitzende entscheidet, wenn die Entscheidung im vorbereitenden Verfahren ergeht,

1.
über die Aussetzung und das Ruhen des Verfahrens;
2.
bei Zurücknahme der Klage oder der Berufung, Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch oder Anerkenntnis des Anspruchs, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
3.
bei Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, auch über einen Antrag auf Prozesskostenhilfe;
4.
über den Streitwert;
5.
über Kosten.
In dringenden Fällen entscheidet der Vorsitzende auch über den Antrag nach § 86b Abs. 1 oder 2.

(3) Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle des Senats entscheiden.

(4) Ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet dieser anstelle des Vorsitzenden.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. Dezember 2015 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. Die Klägerin begehrt im Rahmen eines Zugunstenverfahrens Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab August 2004 und wegen voller Erwerbsminderung ab August 2008.

2

Die im Jahr 1965 geborene Klägerin war bis zur Geburt ihres ersten Kindes im Juli 1997 als Verlagskauffrau abhängig beschäftigt. Nach der Geburt ihres zweiten Kindes im November 2001 betrieb sie als Selbstständige bis Ende 2007 eine Espresso-Bar. Ihren erstmals am 22.8.2008 gestellten Rentenantrag lehnte der beklagte Rentenversicherungsträger ab, weil die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (Drei-Fünftel-Belegung) nicht erfüllt seien (Bescheid vom 16.10.2009). Ein erster Überprüfungsantrag blieb ebenso erfolglos wie der hier verfahrensgegenständliche zweite Überprüfungsantrag vom 21.6.2011 (Bescheid vom 28.7.2011, Widerspruchsbescheid vom 14.9.2011, Urteil des SG vom 2.9.2013 und des LSG vom 23.12.2015). In dem von der Berichterstatterin als Einzelrichterin ohne mündliche Verhandlung erlassenen LSG-Urteil ist ausgeführt, das Gericht sei nicht davon überzeugt, dass der "Leistungsfall" einer Erwerbsminderung vor dem 1.1.2007 eingetreten sei. Dies sei aber Voraussetzung dafür, dass eine Rente wegen Erwerbsminderung gewährt werden könne.

3

Die Klägerin macht mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem LSG-Urteil ausschließlich Verfahrensmängel geltend. Sie rügt die nicht vorschriftsgemäße Besetzung des Berufungsgerichts, denn sie habe lediglich ihre Zustimmung zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, nicht aber zu einer derartigen Entscheidung allein durch die Berichterstatterin erteilt. Außerdem habe das LSG seine Verpflichtung zur Amtsermittlung verletzt, weil es erforderliche Ermittlungen zum Eintritt des Versicherungsfalls entsprechend ihrem im Schriftsatz vom 17.11.2015 gestellten Beweisantrag nicht durchgeführt habe.

4

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet. Der von der Klägerin behauptete Verfahrensmangel einer nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Berufungsgerichts liegt nicht vor. Die weitere Rüge einer Verletzung der gerichtlichen Sachaufklärungspflicht ist nicht formgerecht bezeichnet und somit bereits unzulässig.

5

1. Die Klägerin hat den Verfahrensmangel einer nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Berufungsgerichts bei seiner Entscheidung formgerecht gerügt (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG). Nach der Darstellung in der Beschwerdebegründung habe sie nur ihre Zustimmung zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, nicht aber das gemäß § 155 Abs 3 und 4 SGG zusätzlich erforderliche Einverständnis für eine Entscheidung allein durch die Berichterstatterin erteilt. Mit diesem Vortrag ist der sinngemäß geltend gemachte Verfahrensmangel einer Verletzung des § 155 Abs 4 iVm § 33 Abs 1 S 1 SGG schlüssig dargetan. Ausführungen, inwiefern die Entscheidung des LSG hierauf beruhen kann, sind bei einem solchen absoluten Revisionsgrund (§ 202 S 1 SGG iVm § 547 Nr 1 ZPO) abweichend von § 160 Abs 2 Nr 3 Teils 1 SGG nicht erforderlich(stRspr - zB BSG Beschluss vom 25.9.2015 - B 13 R 97/15 B - Juris RdNr 7 mwN; BSG Beschluss vom 9.3.2016 - B 14 AS 96/15 B - Juris RdNr 6).

6

2. Der genannte Verfahrensmangel liegt in Wirklichkeit nicht vor.

7

a) Aus den Akten des Berufungsverfahrens ergibt sich, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin bereits mit Schriftsatz vom 3.2.2014 beim LSG eine von der Klägerin persönlich unterzeichnete Erklärung eingereicht hat, sie sei mit einer Entscheidung durch "die Berichterstatterin bzw. den Berichterstatter in mündlicher Verhandlung anstelle des Senats" einverstanden (vgl zu einer solchen Erklärung Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 124 RdNr 3b). Dieselbe Erklärung hat auch die Beklagte unter dem 23.1.2014 dem Gericht übersandt. Den im Schriftsatz vom 3.2.2014 zudem erklärten Vorbehalt, die Klägerin bestehe auf einem Verhandlungstermin vor dem Senat, falls die Zustimmung dazu führe, dass das Gericht eine Ablehnung des geltend gemachten Anspruchs verfolge, hat der Prozessbevollmächtigte in einem weiteren Schriftsatz vom 9.7.2014 aufgegeben und sich "mit einer Einzelrichterentscheidung ohne weitere Bedingung" einverstanden erklärt. Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor der Einzelrichterin am 19.9.2014 und Vertagung des Rechtsstreits zur weiteren Sachaufklärung hat der Prozessbevollmächtigte mit Schriftsatz vom 30.11.2015 (ebenso wie die Beklagte) zusätzlich das Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 SGG)übermittelt. Das zuvor erteilte Einverständnis zu einer Entscheidung durch die Berichterstatterin anstelle des Senats hat er dabei nicht in Frage gestellt. Einwendungen gegen diese Verfahrensweise hat die Klägerin auch dann nicht vorgebracht, als ihr Prozessbevollmächtigter die Mitteilung des Gerichts vom 3.12.2015 erhalten hatte, dass am 18.12.2015 "im Einverständnis der Beteiligten Entscheidung durch die Berichterstatterin anstelle des Senats ohne mündliche Verhandlung" ergehen werde.

8

b) Es kann hier offenbleiben, ob sich die Klägerin nach dem auch im Prozessrecht anwendbaren Grundsatz von Treu und Glauben angesichts dieses Ablaufs überhaupt nachträglich auf den Verfahrensmangel eines fehlenden Einverständnisses zu einer Entscheidung durch die Berichterstatterin als konsentierte Einzelrichterin berufen kann (insoweit zweifelnd BVerwG Beschluss vom 5.2.1996 - 9 B 32/96 - Buchholz 310 § 87a VwGO Nr 1, Juris RdNr 4; s aber Senatsbeschluss vom 24.10.2013 - B 13 R 240/12 B - Juris RdNr 10). Jedenfalls hat die Klägerin einen Widerruf ihrer mit Schriftsatz vom 9.7.2014 unbedingt abgegebenen Einverständniserklärung zu einer Entscheidung allein durch die Berichterstatterin weder ausdrücklich noch sinngemäß erklärt (zur ausnahmsweisen Beachtlichkeit eines solchen Widerrufs bei wesentlich geänderter Prozesslage s BGH Urteil vom 19.10.1988 - IVb ZR 10/88 - BGHZ 105, 270, 274 f; die Möglichkeit eines Widerrufs offenlassend BVerwG Beschluss vom 25.10.1996 - 11 B 73/96 - Buchholz 310 § 87a VwGO Nr 2, Juris RdNr 4 - sowie BVerwG Beschluss vom 27.2.2001 - 3 B 155/00 - Buchholz 310 § 87a VwGO Nr 5, Juris RdNr 5; ebenso BFH Beschluss vom 10.2.2011 - II S 39/10 (PKH) - BFHE 232, 310 RdNr 9 - sowie BFH Beschluss vom 12.1.2016 - X B 79/15 - BFH/NV 2016, 763 RdNr 17).

9

c) Das am 9.7.2014 erklärte Einverständnis der Klägerin zu einer Entscheidung durch die Berichterstatterin als konsentierte Einzelrichterin hatte sich aufgrund der weiteren Entwicklung des Berufungsverfahrens nicht von selbst "verbraucht" und hierdurch zum Zeitpunkt der abschließenden Entscheidung durch das LSG im Dezember 2015 seine Wirksamkeit verloren. Zwar hatte die Berichterstatterin am 19.9.2014 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, den Rechtsstreit dann jedoch zu weiterer Sachaufklärung vertagt und sodann am 16.10.2014 einen Beweisbeschluss erlassen. Diese gerichtlichen (Zwischen-)Entscheidungen haben aber das zuvor von den Beteiligten erklärte Einverständnis zu einer Entscheidung des Rechtsstreits durch die Berichterstatterin anstelle des Senats (§ 155 Abs 3, 4 SGG)nicht hinfällig werden lassen.

10

Allerdings wird für ein Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 SGG) angenommen, dass es stets nur auf die nächste anstehende Entscheidung bezogen sei und deshalb automatisch mit dem Erlass einer solchen Entscheidung entfalle (vgl BSG Urteil vom 22.9.1977 - 10 RV 79/76 - BSGE 44, 292, 294 = SozR 1500 § 124 Nr 2 S 4; BSG Urteil vom 6.10.1999 - B 1 KR 17/99 R - SozR 3-1500 § 124 Nr 4 S 8; BSG Beschluss vom 12.4.2005 - B 2 U 135/04 B - SozR 4-1500 § 124 Nr 1 RdNr 7; s auch Hauck in Hennig, SGG, § 124 RdNr 42, Stand Einzelkommentierung September 2010; Dolderer in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl 2014, § 101 RdNr 34 ff). Diese Erwägungen können auf das Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter anstelle des Senats gemäß § 155 Abs 3, 4 SGG jedoch nicht ohne Weiteres übertragen werden(zu den wesensmäßigen Unterschieden der beiden Verzichtserklärungen s Hamann, VerwArch 83 (1992), 201, 208; Bernsdorff in Hennig, SGG, § 155 RdNr 61, Stand Einzelkommentierung Mai 1997). Vielmehr muss die Reichweite eines von den Beteiligten erteilten Einverständnisses damit, dass der Berichterstatter "auch sonst" anstelle des Senats entscheide, eigenständig durch Auslegung der jeweiligen Prozesserklärung nach den hierfür geltenden allgemeinen Regeln (zusammenfassend BSG Beschluss vom 8.9.2015 - B 1 KR 19/15 B - Juris RdNr 6) ermittelt werden.

11

Bei dieser Auslegung ist es nicht statthaft, der jeweiligen Einverständniserklärung - ungeachtet ihres Wortlauts und der sonstigen Umständen des Einzelfalls - von vornherein eine nur begrenzte Reichweite zuzuordnen. Vielmehr ist in Fallgestaltungen, bei denen eine Erklärung zum Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter anstelle des Senats keinerlei Anhaltspunkte dafür erkennen lässt, dass sie nur für eine bestimmte Entscheidungssituation oder nur hinsichtlich eines bestimmten Streitgegenstands gelten soll, davon auszugehen, dass sie sich einschränkungslos auf alle "sonst" vom gesamten Senat zu treffenden Entscheidungen einschließlich einer das Berufungsverfahren abschließenden Sachentscheidung bezieht (vgl Bernsdorff in Hennig, SGG, § 155 RdNr 57, Stand Einzelkommentierung Mai 1997). Insbesondere kann ohne konkrete Anhaltspunkte nicht angenommen werden, dass die Zwischenentscheidung der Anordnung einer Begutachtung, die einer ernannten Berichterstatterin auch ohne Einverständnis der Beteiligten kraft Gesetzes allein obliegt (§ 155 Abs 1 iVm § 106 Abs 3 Nr 5 SGG), einem zuvor erklärten Einverständnis mit einer abschließenden Sachentscheidung allein durch die Berichterstatterin die Grundlage entziehen soll. Anhaltspunkte dafür, dass das Einverständnis zur Entscheidung durch die Berichterstatterin anstelle des Senats nur unter einer auflösenden (innerprozessualen) Bedingung erteilt werden sollte, sind hier aber nicht ersichtlich. Vielmehr hat sich die im Berufungsverfahren durch einen fachkundigen Prozessbevollmächtigten vertretene Klägerin am 9.7.2014 zur Beschleunigung des Verfahrens ausdrücklich mit einer Einzelrichterentscheidung "ohne weitere Bedingung" einverstanden erklärt.

12

d) Der Senat weicht damit nicht iS des § 41 Abs 2 SGG von Entscheidungen anderer Senate ab. Soweit der 9. Senat des BSG im Urteil vom 8.11.2007 (B 9/9a SB 3/06 R - BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, RdNr 15) ausgeführt hat, dass sich die dort erteilten Einverständniserklärungen nach § 155 Abs 3, 4 SGG nicht durch eine wesentliche Änderung der Sach- und Rechtslage verbraucht hätten, da schon keine wesentliche Änderung vorgelegen habe, enthält dies keinen jene Entscheidung tragenden Rechtssatz, dass eine wesentliche Änderung der dem LSG-Urteil zugrunde liegenden Sach- und Rechtslage stets zu einem automatischen "Verbrauch" des Einverständnisses führe. Soweit der 9. Senat im Beschluss vom 14.11.2013 (B 9 SB 43/13 B - Juris RdNr 5) seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, dass eine Einverständniserklärung, "ohne mündliche Verhandlung gemäß § 155 Abs 3 und 4 SGG" zu entscheiden, nach Einholung eines Befundberichts infolge einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ihre Wirksamkeit verloren habe, bezieht sich dies ausdrücklich nur auf den dort allein gerügten Verfahrensmangel einer Verletzung des § 124 Abs 2 SGG. Eine Abweichung in einem vom 9. Senat zu § 155 Abs 3, 4 SGG entwickelten Rechtssatz besteht somit nicht, sodass eine Anfrage gemäß § 41 Abs 3 SGG nicht in Betracht kommt.

13

3. Den Verfahrensmangel einer Verletzung des § 103 SGG hat die Klägerin nicht ordnungsgemäß bezeichnet(§ 160 Abs 2 Nr 3 iVm § 160a Abs 2 S 3 SGG). Sie führt zwar Aussagen aus verschiedenen Revisionsurteilen des BSG an, unter welchen Umständen eine weitere Sachaufklärung erforderlich sei. Einen konkreten Beweisantrag, den sie bis zuletzt aufrechterhalten habe und dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt sei, gibt sie jedoch nicht wieder. Soweit sie sich auf einen "mit Schriftsatz vom 17.11.2015 gestellten Beweisantrag" bezieht, wird aus der Beschwerdebegründung nicht erkennbar, welchen Inhalt dieser gehabt haben könnte. Ihrer Angabe, sie habe in diesem Schriftsatz "vorgetragen, dass aufgrund der eindeutigen Aussage der Frau Prof. Dr. Walter der Sachverhalt ausreichend erforscht ist" bzw "die Anhörung der behandelnden Ärzte zur Frage des Zeitpunktes des Versicherungsfalles im Falle einer positiven Entscheidung, auch im Hinblick auf die Dauer des Verfahrens, überflüssig ist", lässt sich ein prozessordnungsgemäßer Beweisantrag nicht entnehmen (zur Anhörung behandelnder Ärzte als sachverständige Zeugen vgl BSG Beschluss vom 6.1.2016 - B 13 R 303/15 B - Juris RdNr 7). Ein erst im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren angebrachter Antrag auf weitere Beweiserhebung (Beschwerdebegründung S 3 unter h) genügt den Anforderungen des § 160 Abs 2 Nr 3 Teils 3 SGG von vornherein nicht.

14

4. Die teils unzulässige, teils unbegründete Beschwerde ist gemäß § 160a Abs 4 S 1 SGG unter Beteiligung der ehrenamtlichen Richter zurückzuweisen.

15

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten.

(1) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
den Ort und Tag der mündlichen Verhandlung,
4.
die Urteilsformel,
5.
die gedrängte Darstellung des Tatbestands,
6.
die Entscheidungsgründe,
7.
die Rechtsmittelbelehrung.

(2) Die Darstellung des Tatbestands kann durch eine Bezugnahme auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze und auf die zu Protokoll erfolgten Feststellungen ersetzt werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand richtig und vollständig ergibt. In jedem Fall sind jedoch die erhobenen Ansprüche genügend zu kennzeichnen und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel ihrem Wesen nach hervorzuheben.

(3) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsaktes oder des Widerspruchsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(4) Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so bedarf es des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe nicht, wenn Kläger, Beklagter und sonstige rechtsmittelberechtigte Beteiligte auf Rechtsmittel gegen das Urteil verzichten.

Gründe

1

Die Beschwerde ist unzulässig. Die in der Beschwerdebegründung geltend gemachten Zulassungsgründe - Verfahrensfehler des Landessozialgerichts (LSG), grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache - sind nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gebotenen Weise dargelegt bzw bezeichnet.

2

1. Der Beschwerdebegründung kann keine den Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG genügende Bezeichnung eines Verfahrensmangels iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG entnommen werden. Der Vortrag, das LSG habe gegen die Pflicht verstoßen, die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind (§ 128 Abs 1 Satz 2 SGG), ist nicht schlüssig. Denn auch nach dem Vorbringen der Beschwerde hat das LSG im angefochtenen Urteil ausgeführt, die Klägerin habe Vermittlungstätigkeiten durchgeführt und dadurch das Zustandekommen des Arbeitsverhältnisses kausal herbeigeführt. Soweit die Beschwerdeführerin behauptet, das LSG habe Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht hinreichend beachtet oder es habe in den Entscheidungsgründen darlegen müssen, worauf es seine Auffassung stütze oder wie bestimmte Vorgänge im Verhältnis zwischen Beigeladenem/ Klägerin/Arbeitgeber im Einzelnen zu würdigen seien, kann hieraus nicht auf eine Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 2 SGG geschlossen werden. Denn der Umstand, dass nicht alle vorgebrachten Gesichtspunkte oder nicht jede aus Sicht eines Beteiligten relevante Einzelheit in den Entscheidungsgründen behandelt sind, führt noch nicht zu einer Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 2 SGG; vielmehr reicht als Angabe der für die richterliche Überzeugung leitenden Gründe die Darlegung der wesentlichen Gesichtspunkte aus (vgl BSGE 1, 91, 94 = SozR Nr 1 zu § 103 SGG; BSG, Beschluss vom 25. November 1998, B 6 KA 51/98 B, juris RdNr 6; BSG, Urteil vom 20. Oktober 2004, B 5 RJ 48/03 R, juris RdNr 27; Keller in Meyer-Ladewig ua, SGG, 9. Aufl, § 128 RdNr 16).

3

Da sich schon aus dem Beschwerdevorbringen selbst eine Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 2 SGG nicht schlüssig ergibt, ist nicht näher darauf einzugehen, dass das LSG entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin sehr wohl die Rechtsprechung des BSG vom 6. Mai 2008 (B 7/7a AL 8/07 R, BSGE 100, 238 = SozR 4-4300 § 421g Nr 3) der Entscheidung zugrunde gelegt und dass es sich auch mit der Behauptung, aus § 84 Nr 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) folge die Verpflichtung eines Bildungsträgers zur Vermittlung seiner Maßnahmeteilnehmer, auseinandergesetzt hat (vgl Seiten 6, 7 sowie 10 und 11 der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils).

4

2. Nicht in der gebotenen Weise dargelegt ist die von der Beschwerdeführerin behauptete grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).

5

Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ist auszuführen, welche Rechtsfrage sich stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist (BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN - stRspr; vgl auch BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7). Insoweit muss die Beschwerdebegründung aufzeigen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und gegebenenfalls des Schrifttums nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und es ist der Schritt darzustellen, der die Entscheidung der als grundsätzlich bezeichneten Rechtsfrage durch das Revisionsgericht notwendig macht (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31).

6

Der Beschwerdebegründung sind jedenfalls keine hinreichenden Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage zu entnehmen, ob ein Vermittlungsgutschein eingelöst werden könne, wenn ein zugelassener Maßnahmeträger im Anschluss an eine von ihm selbst durchgeführte und mit Bildungsgutschein geförderte Bildungsmaßnahme einen Maßnahmeteilnehmer in Arbeit vermittelt habe. Soweit die Beschwerdeführerin Klärungsbedarf im Hinblick auf die Auslegung der §§ 296, 421g SGB III im Verhältnis zu § 84 Nr 2 SGB III sieht, fehlt es bereits an einer nachvollziehbaren Auseinandersetzung mit dem Wortlaut der Vorschriften und insbesondere mit den Konsequenzen, die sich aus dem jeweiligen Wortlaut für die Beantwortung der gestellten Frage ergeben.

7

Zwar ist der Gesetzeswortlaut mit Hervorhebungen wiedergegeben; offensichtlich übersehen wird aber, dass § 84 Nr 2 SGB III von einem Träger nur verlangt, dass er "in der Lage ist", durch Vermittlungsbemühungen die Eingliederung von Teilnehmern zu unterstützen. Anders als die in der Beschwerdebegründung ebenfalls erwähnte Vorgängervorschrift des § 86 Abs 1 Nr 3 SGB III in der bis 31. Dezember 2002 geltenden Fassung, in der als Voraussetzung der Anerkennung einer Maßnahme noch bestimmt war, dass (ua) sich der Träger zur Unterstützung der Eingliederung von Teilnehmern durch Vermittlungsbemühungen "verpflichtet", erfordert § 84 Nr 2 SGB III in der geltenden Fassung nur eine Vermittlungsfähigkeit; eine Verpflichtung zur Vermittlung besteht nicht mehr. Hieran orientiert sich auch - soweit ersichtlich - die Literatur (vgl Olk in NK-SGB III, 3. Aufl, § 84 RdNr 26 f; Stratmann in Niesel, SGB III, 4. Aufl, § 84 RdNr 5; Urmersbach in Eicher/Schlegel, SGB III, § 84 RdNr 43 sowie Eicher, aaO, § 87 RdNr 25, jeweils Stand 2008).

8

Darüber hinaus enthält die Beschwerdebegründung keine hinreichende Auseinandersetzung mit dem vom LSG erwähnten Gesichtspunkt, dass in § 84 Nr 2 SGB III nur von der "Unterstützung" der Eingliederung die Rede ist und somit aufgrund dieser Vorschrift - anders als nach §§ 296, 421g - kein Erfolg geschuldet wird. Die Beschwerdeführerin geht auch nicht auf die Ausführungen des LSG auf Seite 11 des angefochtenen Urteils ein, wonach eine Beauftragung der Klägerin mit der Vermittlung des Beigeladenen nicht ersichtlich und nicht von der Beklagten behauptet ist und sich auch nicht aus dem Bildungsgutschein ergibt. Die in der Beschwerdebegründung mehrfach ausdrücklich oder sinngemäß aufgestellte Behauptung, ein Bildungsträger habe im Wesentlichen die gleichen Pflichten wie ein Arbeitsvermittler nach Erteilung eines Vermittlungsgutscheins, ist somit nicht schlüssig und lässt sich nicht mit der für die Beurteilung der Frage der grundsätzlichen Bedeutung maßgeblichen Tatsachengrundlage der Vorinstanz (vgl BSG, Beschluss vom 20. August 2007, B 11a AL 159/06 B, juris RdNr 4), vereinbaren.

9

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm §§ 154 Abs 2, 162 Abs 3 Verwaltungsgerichtsordnung, die Festsetzung des Streitwerts auf § 197a SGG iVm §§ 52 Abs 3, 47 Abs 1 Gerichtskostengesetz.

Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 19. August 2010 wird als unzulässig verworfen.

Die Beklagte hat dem Kläger auch dessen außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

Gründe

1

Die Beschwerde ist unzulässig. Die geltend gemachten Zulassungsgründe eines Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 Sozialgerichtsgesetz), der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) und einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) sind nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Weise bezeichnet bzw dargelegt worden.

2

1. Zur Bezeichnung eines Verfahrensmangels, auf dem das Urteil des Landessozialgerichts (LSG) beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG), sind die den Verfahrensmangel (angeblich) begründenden Tatsachen substanziiert und schlüssig darzutun (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14; SozR 3-1500 § 73 Nr 10; stRspr). Das Bundessozialgericht (BSG) muss allein anhand der Begründung darüber entscheiden können, ob ein die Revisionsinstanz eröffnender Verfahrensmangel in Betracht kommt (BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 4). Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, dass dieser also das Urteil möglicherweise beeinflusst hat.

3

Soweit die Beklagte rügt, das LSG habe nicht alle Gründe im Urteil angegeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen seien (§ 128 Abs 1 Satz 2 SGG), hat das BSG bereits wiederholt klargestellt, dass die Begründungspflicht nicht schon dann verletzt wird, wenn die Ausführungen des Gerichts zu den rechtlichen Voraussetzungen und tatsächlichen Gegebenheiten nach den Darlegungen des Beschwerdeführers falsch, oberflächlich oder wenig überzeugend sein sollten. § 128 Abs 1 Satz 2 SGG konkretisiert die Vorschrift des § 136 Abs 1 Nr 6 SGG und regelt den Umfang des in der Entscheidung zu erörternden Streitstoffs(vgl hierzu BSG Beschluss vom 5.4.2006 - B 12 KR 9/05 B). Dabei hängt es von den Umständen des Einzelfalls ab, inwieweit ein Gericht seine Rechtsauffassung in den einzelnen Abschnitten seiner Entscheidung begründen muss (BSG Beschlüsse vom 4.7.2008 - B 7 AL 189/07 B; vom 21.5.2007 - B 7a AL 196/06 B; vom 28.8.1990 - 2 BU 182/89). Jene Umstände sind in der Beschwerdebegründung im Einzelnen darzulegen (vgl hierzu im Einzelnen BSG Beschluss des 7. Senats vom 21.1.2011 - B 7 AL 33/10 B - unter Hinweis auf mehrere gleichartige Beschlüsse, ua vom 21.5.2007 - B 7a AL 196/06 B - und vom 4.8.2008 - B 7 AL 173/07 B; Senatsbeschlüsse vom 11.9.2006 - B 11a AL 107/06 B - und vom 23.2.2010 - B 11 AL 121/09 B). Eine Verpflichtung des Tatsachengerichts, sich mit jedem Vorbringen der Beteiligten in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen, besteht nicht. Einen entsprechenden Verstoß des LSG hat die Beklagte schon deshalb mit ihrem Vorbringen nicht schlüssig begründet, weil sie nicht vorgetragen hat, dass die von ihr aufgezählten einzelnen Gesichtspunkte (vgl S 7 ff der Beschwerdebegründung) dem LSG überhaupt bekannt waren. Dies aber wäre eine unabdingbare Voraussetzung für die Pflicht, sich hiermit in den Urteilsgründen auseinanderzusetzen.

4

2. Auch der geltend gemachte Zulassungsgrund der Divergenz des Urteils des LSG von der Rechtsprechung des BSG ist - trotz umfangreicher Ausführungen- nicht hinreichend dargetan. Um eine Divergenz iS des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG in einer den Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG genügenden Weise zu bezeichnen, muss die Beschwerdebegründung einen Widerspruch im Grundsätzlichen oder ein Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze in der Entscheidung des LSG einerseits und einer Entscheidung des BSG bzw des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) andererseits aufzeigen(BSG SozR 1500 § 160a Nr 67). Dabei muss die Beschwerdebegründung deutlich machen, dass in der angefochtenen Entscheidung eine sie tragende Rechtsansicht entwickelt worden ist und nicht etwa nur ungenaue oder unzutreffende Rechtsausführungen oder ein Rechtsirrtum im Einzelfall die Entscheidung bestimmen (BSG SozR 1500 § 160a Nr 67; SozR 3-1500 § 160 Nr 26; stRspr). Schlüssig darzulegen ist auch, dass das angefochtene Urteil auf der Abweichung beruht (vgl ua BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 6 RdNr 18). Diesen Erfordernissen wird die Beschwerdebegründung vom 19.1.2011 nicht gerecht.

5

a) Soweit die Beklagte eine Abweichung vom Senatsurteil vom 9.9.1999 (B 11 AL 27/99 R - Die Beiträge, Beilage 2000, 201) rügt, formuliert sie zwar einen abstrakten Rechtssatz des LSG: "Der Entscheidung über die Förderfähigkeit eines Betriebs im Rahmen der Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft ist die konkrete Förderungsfähigkeit des einzelnen Betriebs zugrunde zu legen." Sie stellt diesem auch einen aus der zitierten Entscheidung herausgearbeiteten (nämlich in das Negative gewendeten) Rechtssatz gegenüber: "Der Entscheidung über die Förderfähigkeit eines Betriebs im Rahmen der Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft ist nicht die konkrete Förderungsfähigkeit des einzelnen Betriebs zugrunde zu legen". Aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich indes nicht schlüssig der Widerspruch der gegenübergestellten Rechtssätze. Denn ausweislich der Beschwerdebegründung geht es um unterschiedliche Sachverhaltsgestaltungen. So bezieht sich der benannte Rechtssatz des BSG nach den Darlegungen der Beklagten auf eine Sachverhaltsgestaltung, bei der das BSG bei der Subsumtion zu dem Ergebnis gekommen war, die Möglichkeit von Ansprüchen auf Zahlung des Wintergeldes begründe die Förderungsfähigkeit des dortigen Betriebs (Rohrleitungsbau) und demzufolge das BSG die Umlagepflicht der dortigen Klägerin bejaht hatte. Demgegenüber hat das LSG laut den von der Beklagten in ihrer Beschwerdebegründung wiedergegebenen Entscheidungsgründen für den Betrieb des Klägers (ausschließlich Trockenbauarbeiten) eine solche Möglichkeit von Ansprüchen auf Winterbauförderung und damit die Förderungsfähigkeit verneint. Damit ist nach den Darlegungen der Beschwerdebegründung nicht ersichtlich, dass das LSG bewusst einen anderen rechtlichen Maßstab entwickelt hat. Vielmehr wendet sich die Beklagte im Kern ihres Beschwerdevorbringens (vgl S 17) gegen die Richtigkeit der Ausführungen des LSG, wonach die Förderungsfähigkeit des Betriebs des Klägers deshalb zu verneinen sei, weil mangels witterungsabhängiger Tätigkeit auch keine witterungsbedingten Mehraufwendungen auftreten könnten, was durch die bisherige Nichtinanspruchnahme von Leistungen der Winterbauförderung indiziert werde. Die (angebliche) Unrichtigkeit der Entscheidung des LSG reicht indes für die Darlegung der Divergenz nicht aus (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 67 mwN; stRspr).

6

b) Soweit die Beklagte daneben eine Abweichung des LSG vom Urteil des 10. Senats des BSG vom 30.1.1996 (10 RAr 10/94 - SozR 3-4100 § 186a Nr 6) behauptet, ist diese Divergenz ebenso wenig hinreichend dargetan. Zwar trägt sie vor, das BSG habe folgenden Rechtssatz aufgestellt: "Eine abgrenzbare und nennenswerte Gruppe nicht durch Produktive Winterbauförderung förderfähiger Betriebe liegt vor, wenn sich im Wirtschaftsleben eine bestimmte, einheitliche, nicht mehr als bloß zufällige Ansammlung zu vernachlässigende, dauerhafte Gruppe etabliert hat, deren Mitgliedsbetriebe sämtlich nicht oder allenfalls in zu vernachlässigendem Ausmaß witterungsabhängig sind; dies ist der Fall, wenn sich ein Bundesverband gleichartiger nicht förderfähiger Unternehmen gebildet hat." Es wird jedoch ebenfalls nicht schlüssig herausgearbeitet, dass das LSG dem fraglichen Rechtssatz widersprochen hätte. Dafür genügt nicht allein die Behauptung, das LSG habe einen hiervon abweichenden Rechtssatz entwickelt und sie, die Beklagte, entnehme dies den Ausführungen des LSG. Denn nach den eigenen Darlegungen der Beklagten (vgl S 4 ff der Beschwerdebegründung) hat das LSG - wie unter a) aufgeführt - sowohl die Förderungsfähigkeit des Betriebs des Klägers (erstes Kriterium) als auch die Zugehörigkeit des Betriebs zu einer nicht förderungsfähigen Gruppe gleichartiger Unternehmen bejaht (zweites Kriterium). Den Schluss von der Zielrichtung der BIG T., sich dafür einzusetzen, dass ihre Mitgliedsunternehmen von der Umlagepflicht zur Produktion Winterbauförderung ausgenommen werden, darauf, dass diese Unternehmen an sich förderfähig seien, hat das LSG nach den Darlegungen der Beklagten gerade nicht gezogen.

7

3. Schließlich sind die Voraussetzungen einer Grundsatzbeschwerde nicht dargetan. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese Rechtsfragen noch nicht geklärt sind, weshalb deren Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung dieser Rechtsfragen erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss die Beschwerdebegründung mithin eine konkrete Rechtsfrage aufwerfen, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (vgl nur BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).

8

Die Beklagte wirft folgende Rechtsfrage auf: "Unterfallen Baubetriebe des Akustik- und Trockenbaus, die arbeitszeitlich überwiegend Innenausbauarbeiten in Form von Raumauskleidungen aller Art an Decken, Wänden, Säulen, Stützen ua, ausführen, der Umlagepflicht zur Produktiven Winterbauförderung?"

9

Der Senat lässt offen, ob die Beklagte damit eine Frage von grundsätzlicher rechtlicher Bedeutung aufgeworfen hat. Jedenfalls hat sie nicht hinreichend dargetan, dass diese Rechtsfrage (weiterhin) klärungsbedürftig ist. Die Behauptung, die Frage sei durch Rechtsprechung des BSG noch nicht geklärt, es sei keine Entscheidung des BSG ersichtlich, die diese Frage klären würde, reicht nicht aus. Die Beklagte zitiert lediglich Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 20.6.2007 - 10 AZR 302/06), lässt aber die zur Begründung einer vermeintlichen Divergenz selbst angeführte Senatsentscheidung vom 9.9.1999 (B 11 AL 27/99 R - Die Beiträge Beilage 2000, 201) zur Umlagepflicht bei der produktiven Winterbauförderung außer Betracht. Um aufzuzeigen, dass sich die Frage aus der bisherigen Rechtsprechung des BSG nicht beantworten lässt, hätte es jedoch einer Auseinandersetzung mit diesem Urteil sowie weiterer einschlägiger Rechtsprechung bedurft. Dies gilt umso mehr, als eine Rechtsfrage auch dann als höchstrichterlich geklärt angesehen werden muss, wenn das Revisionsgericht (oder das Bundesverfassungsgericht) sie zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, zur Auslegung des anzuwendenden gesetzlichen Begriffs aber schon zumindest eine höchstrichterliche Entscheidung ergangen ist, die ausreichend Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage gibt. Dann kommt es lediglich auf die Anwendung der von der Rechtsprechung erarbeiteten Grundsätze auf einen bestimmten Sachverhalt an; eine weitere Klärung oder Fortentwicklung des Rechts ist aber nicht zu erwarten (vgl Kummer, Die Nichtzulassungsbeschwerde, 2. Aufl 2010, RdNr 314 mwN).

10

4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbs 2 SGG).

11

Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbs 2 iVm § 169 Satz 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

12

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

Das Bundessozialgericht hat zu prüfen, ob die Revision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen. Die Verwerfung ohne mündliche Verhandlung erfolgt durch Beschluß ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.