Bundessozialgericht Beschluss, 18. Jan. 2017 - B 3 KR 32/16 B

bei uns veröffentlicht am18.01.2017

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. Juni 2016 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Das LSG Nordrhein- Westfalen hat den Anspruch der bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherten Klägerin auf Gewährung von Krankengeld (Krg) im Zeitraum vom 9.7.2011 bis zum 16.1.2012 verneint, weil der Anspruch mit Ablauf des 8.7.2011 erschöpft gewesen sei. Der Anspruch auf Krg sei zunächst auf den Ablauf von 78 Wochen (im Dreijahreszeitraum vom 27.10.2008 bis zum 26.10.2011) beschränkt gewesen, während dessen die Klägerin wegen derselben Krankheit (Hüftgelenksarthrose beidseits als Folge einer beidseitigen Hüftdysplasie) arbeitsunfähig gewesen (§ 48 Abs 1 S 1 SGB V)sei, unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG. Nach Beginn eines neuen Dreijahreszeitraums sei kein weiterer Anspruch auf Krg wegen derselben Krankheit entstanden, weil die Klägerin nicht mindestens sechs Monate wegen dieser Krankheit nicht arbeitsunfähig gewesen sei, sondern durchgehend bis zu Beginn der neuen Blockfrist (am 27.10.2011) wegen der Hüftgelenksarthrose arbeitsunfähig gewesen sei (§ 48 Abs 2 SGB V).

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt. Sie beruft sich ausschließlich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).

3

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die Klägerin den geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung nicht formgerecht dargelegt hat (§ 160a Abs 2 S 3 SGG). Die Verwerfung der danach unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

4

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung erwarten lässt (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 39, 59, 65).

5

Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.

6

Die Klägerin hält für grundsätzlich bedeutsam die Frage,

        

"wann liegt dieselbe Krankheit vor, die den Anspruch auf Krankengeld begrenzt, wenn die Krankheit Gelenke im Körper betrifft, die doppelt vorhanden sind, wie Hüft-, Hand-, Knie-, Schulter- oder Fußgelenke und die nach 'einseitiger' Behandlung (rechts oder links) als ausgeheilt gelten."

7

Hierzu trägt sie vor, dass ihre Arthrose im linken und im rechten Hüftgelenk nicht dieselbe Krankheit bzw kein einheitliches Krankengeschehen gewesen sei. Im Gelenksystem könne jedes Gelenk eine Arthrose oder eine andere Erkrankung bilden. Dies gelte für alle doppelseitigen Gelenke. Diese Rechtsfrage habe über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung. Das BSG habe bereits zur Frage des Vorliegens derselben Krankheit ua bei Wirbelsäulenerkrankungen entschieden (Hinweise auf BSG Urteile vom 29.9.1998 - B 1 KR 2/97 R - BSGE 83, 7 = SozR 3-2500 § 48 Nr 8, vom 12.10.1988 - 3/8 RK 28/87, vom 7.12.2004 - B 1 KR 10/03 R, beide in Juris). Unter Zugrundelegung dieser Rechtsprechung sei die Arthrose der Hüft-/Kniegelenke beidseits nicht dieselbe Krankheit im Rechtssinne.

8

Es ist bereits zweifelhaft, ob die Klägerin mit der aufgeworfenen Frage eine abstrakt-generelle Rechtsfrage zur Auslegung und Anwendung des Bundesrechts (§ 162 SGG) gestellt hat. Die Klägerin bemängelt im Kern ihres Vorbringens die vom LSG vorgenommene Ausfüllung des Begriffs "wegen derselben Krankheit" und die hierzu getroffene Subsumtion des festgestellten medizinischen Sachverhalts, wobei die Klägerin die vom BSG zur Auslegung dieses Rechtsbegriffs bereits ergangene Rechtsprechung selbst zitiert. Dies könnte dafür sprechen, dass es sich um eine Frage der Beweiswürdigung handelt, die im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde von vornherein keiner Überprüfung zugänglich ist (§ 128 Abs 1 S 1, § 160 Abs 2 Nr 3 SGG).

9

Doch selbst wenn die Klägerin eine abstrakt-generelle Rechtsfrage zur Auslegung und Anwendung von § 48 SGB V gestellt hätte, fehlt es an ausreichender Darlegung der Klärungsbedürftigkeit. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG gilt als höchstrichterlich geklärt eine Rechtsfrage auch dann, wenn das Revisionsgericht diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage ergeben (stRspr, vgl zB BSG SozR 3-1500 § 146 Nr 2 S 6; BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17). Im Hinblick darauf muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG zu dem Problemkreis substantiiert vorgetragen werden, dass das BSG zu diesem Fragenbereich noch keine Entscheidung gefällt oder durch die schon vorliegenden Urteile die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet hat (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX RdNr 183 mwN).

10

Insofern reicht der Vortrag der Klägerin nicht aus, wenn sie der Ansicht ist, dass die Arthrose der linken und der rechten Hüfte nicht dieselbe Krankheit sei und sich diese Problematik bei allen doppelseitigen Gelenken stelle. Das BSG hat bereits darauf hingewiesen, dass bei der Auslegung des Begriffs "dieselbe Krankheit" iS von § 48 SGB V eine stark verfeinernde, eng fachmedizinisch-diagnostische Sichtweise zu vermeiden ist, die die Gefahr begründet, dass dem Merkmal im Kontext des § 48 Abs 1 SGB V letztlich gar keine eigenständige rechtliche Bedeutung mehr zukommt, obwohl das Gesetz damit gerade eine Einengung des zeitlichen Umfangs der Krankengeldgewährung bezweckt (vgl nur BSG Urteil vom 21.6.2011 - B 1 KR 15/10 R - SozR 4-2500 § 48 Nr 4 mwN). Im Übrigen dürfte der Herausbildung eines von der Klägerin gewünschten allgemeinen abstrakten Rechtssatzes entgegenstehen, dass sie selbst darauf hinweist, dass Hüftgelenke in medizinischer Hinsicht sowohl von derselben Krankheit als auch von unterschiedlichen Erkrankungen betroffen sein können. Dies bedarf der Feststellung im Einzelfall anhand des individuellen Krankheitsverlaufs. Überdies hat die Klägerin auch nicht vorgetragen, dass der bisherigen Rechtsprechung des BSG zur Auslegung des Begriffes "dieselbe Krankheit" erhebliche Kritik entgegengesetzt worden ist, die Anlass zu einer weiteren revisionsrechtlichen Überprüfung geben könnte.

11

Schließlich hat die Klägerin versäumt, zur Klärungsfähigkeit der Frage vorzutragen. Denn sie legt nicht dar, inwieweit die von ihr gewünschte Auslegung des Krankheitsbegriffs dazu führen würde, dass ihr Begehren auf weitere Bewilligung von Krg Erfolg haben könnte.

12

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

13

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 SGG.

Urteilsbesprechung zu Bundessozialgericht Beschluss, 18. Jan. 2017 - B 3 KR 32/16 B

Urteilsbesprechungen zu Bundessozialgericht Beschluss, 18. Jan. 2017 - B 3 KR 32/16 B

Referenzen - Gesetze

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160a


(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 128


(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. (2) Das Urteil darf nur auf Tatsache

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 169


Das Bundessozialgericht hat zu prüfen, ob die Revision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen. Die Verwerfu
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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

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(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. (2) Das Urteil darf nur auf Tatsache

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 169


Das Bundessozialgericht hat zu prüfen, ob die Revision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen. Die Verwerfu

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 162


Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezir

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 48 Dauer des Krankengeldes


(1) Versicherte erhalten Krankengeld ohne zeitliche Begrenzung, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit jedoch für längstens achtundsiebzig Wochen innerhalb von je drei Jahren, gerechnet vom Tage des Beginns der Arbeitsunfähigke

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Bundessozialgericht Urteil, 21. Juni 2011 - B 1 KR 15/10 R

bei uns veröffentlicht am 21.06.2011

Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 24. Februar 2010 wird zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Versicherte erhalten Krankengeld ohne zeitliche Begrenzung, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit jedoch für längstens achtundsiebzig Wochen innerhalb von je drei Jahren, gerechnet vom Tage des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an. Tritt während der Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheit hinzu, wird die Leistungsdauer nicht verlängert.

(2) Für Versicherte, die im letzten Dreijahreszeitraum wegen derselben Krankheit für achtundsiebzig Wochen Krankengeld bezogen haben, besteht nach Beginn eines neuen Dreijahreszeitraums ein neuer Anspruch auf Krankengeld wegen derselben Krankheit, wenn sie bei Eintritt der erneuten Arbeitsunfähigkeit mit Anspruch auf Krankengeld versichert sind und in der Zwischenzeit mindestens sechs Monate

1.
nicht wegen dieser Krankheit arbeitsunfähig waren und
2.
erwerbstätig waren oder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung standen.

(3) Bei der Feststellung der Leistungsdauer des Krankengeldes werden Zeiten, in denen der Anspruch auf Krankengeld ruht oder für die das Krankengeld versagt wird, wie Zeiten des Bezugs von Krankengeld berücksichtigt. Zeiten, für die kein Anspruch auf Krankengeld besteht, bleiben unberücksichtigt. Satz 2 gilt nicht für Zeiten des Bezuges von Verletztengeld nach dem Siebten Buch.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

Das Bundessozialgericht hat zu prüfen, ob die Revision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen. Die Verwerfung ohne mündliche Verhandlung erfolgt durch Beschluß ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Versicherte erhalten Krankengeld ohne zeitliche Begrenzung, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit jedoch für längstens achtundsiebzig Wochen innerhalb von je drei Jahren, gerechnet vom Tage des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an. Tritt während der Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheit hinzu, wird die Leistungsdauer nicht verlängert.

(2) Für Versicherte, die im letzten Dreijahreszeitraum wegen derselben Krankheit für achtundsiebzig Wochen Krankengeld bezogen haben, besteht nach Beginn eines neuen Dreijahreszeitraums ein neuer Anspruch auf Krankengeld wegen derselben Krankheit, wenn sie bei Eintritt der erneuten Arbeitsunfähigkeit mit Anspruch auf Krankengeld versichert sind und in der Zwischenzeit mindestens sechs Monate

1.
nicht wegen dieser Krankheit arbeitsunfähig waren und
2.
erwerbstätig waren oder der Arbeitsvermittlung zur Verfügung standen.

(3) Bei der Feststellung der Leistungsdauer des Krankengeldes werden Zeiten, in denen der Anspruch auf Krankengeld ruht oder für die das Krankengeld versagt wird, wie Zeiten des Bezugs von Krankengeld berücksichtigt. Zeiten, für die kein Anspruch auf Krankengeld besteht, bleiben unberücksichtigt. Satz 2 gilt nicht für Zeiten des Bezuges von Verletztengeld nach dem Siebten Buch.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 24. Februar 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Krankengeld (Krg) für die Zeit vom 11.6. bis zum 13.8.2006.

2

Die 1949 geborene Klägerin ist als Verkaufsstellenleiterin einer Drogeriefiliale bei der beklagten Ersatzkasse versichert. Sie bezog Krg vom 6.4. bis 16.10.2004 und vom 5.4. bis 23.4.2005 wegen Arbeitsunfähigkeit (AU) auf Grund einer Herzkranzgefäßerkrankung. Wegen ärztlich festgestellter AU auf Grund einer Verletzung der linken Hand am 4.7.2005 erhielt sie zunächst Entgeltfortzahlung und anschließend fortlaufend Krg. Der Krg-Anspruch ruhte während einer vom 20.4. bis zum 11.5.2006 dauernden stationären orthopädischen Reha-Maßnahme. Aus dieser wurde die Klägerin mit AU wegen aufgetretener pektanginöser Beschwerden entlassen. Während der nachfolgenden Krankenhausbehandlung vom 12.5. bis 20.5.2006 erfolgte eine operative Myokardrevaskularisation. Nach einer Anschluss-Reha vom 20.5. bis zum 9.6.2006 bestand AU wegen noch nicht abgeschlossener Wundheilung nach der Operation und wegen Morbus Sudeck der linken Hand. Die Beklagte beendete die Krg-Zahlungen unter Hinweis auf die Erschöpfung des Anspruchs am 3.6.2006 aus Gründen des Vertrauensschutzes mit dem 10.6.2006. Maßgeblich sei hier die mit dem 6.4.2004 wegen der Herzkranzgefäßerkrankung beginnende Blockfrist zur Begrenzung der Krg-Höchstbezugsdauer wegen derselben Krankheit für längstens 78 Wochen innerhalb von drei Jahren. Herzkranzgefäß- und Handerkrankung hätten nach dem 4.7.2005 zeitweise nebeneinander AU verursacht. In solchen Fällen sei die Blockfrist der früher AU auslösenden Krankheit zugrunde zu legen und die später zu AU führende Erkrankung als "hinzugetretene" anzusehen, die die Krg-Höchstbezugsdauer nicht verlängere (Bescheid vom 7.6.2006, Widerspruchsbescheid vom 10.10.2006).

3

Die Klägerin hat - mit Blick auf die Wiederaufnahme ihrer Arbeit am 14.8.2006 - weiteres Krg für die Zeit vom 11.6. bis zum 13.8.2006 gefordert. Das SG hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt (Urteil vom 12.6.2008). Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Das LSG hat ua ausgeführt, mit der Handverletzung am 4.7.2005 habe eine neue Blockfrist begonnen. Auf die mit dem 6.4.2004 wegen der Herzkranzgefäßerkrankung beginnende Blockfrist komme es nicht an. Die Erkrankung der Hand sei nämlich nicht zur Herzkranzgefäßerkrankung "hinzugetreten". Bei ihrem Eintritt habe weder zuvor noch zeitgleich eine AU wegen der Herzerkrankung bestanden, wie es der Wortlaut des § 48 Abs 1 Satz 2 SGB V verlange. Allein der Umstand, dass zwei Erkrankungen zu einem beliebigen Zeitpunkt zeitgleich AU ausgelöst hätten, sei nicht geeignet, mit Blick auf frühere AU-Zeiten wegen der einen Erkrankung die Krg-Höchstdauer zu verkürzen (Urteil vom 24.2.2010).

4

Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts (§§ 44, 48 Abs 1 SGB V). Versicherte mit AU wegen verschiedener Erkrankungen seien finanziell nicht besser zu stellen als Versicherte mit AU wegen einer einzigen schweren Erkrankung. Das müsse auch beim Hinzutreten einer bereits zu einem früheren Zeitpunkt AU verursachenden Erkrankung gelten. Nur so lasse sich der Zielsetzung des § 48 Abs 1 SGB V entsprechend sicherstellen, dass die Höchstbezugsdauer des Krg von 78 Wochen bei unterschiedlichen und wechselnden Krankheitsbildern nicht überschritten werde.

5

Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 24.Februar 2010 und des Sozialgerichts Kiel vom 12. Juni 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Die Klägerin hält die Entscheidung der Vorinstanz für zutreffend.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision der beklagten Ersatzkasse ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Die Vorinstanzen haben zu Recht die angefochtenen Bescheide vom 7.6. und 10.10.2006 aufgehoben und die Beklagte zur Zahlung von weiterem Krg für die Zeit vom 11.6. bis 13.8.2006 verurteilt. Die Klägerin hatte bis zu diesem Zeitpunkt Anspruch auf Krg (dazu 1.), insbesondere war der Anspruch bis zum 13.8.2006 noch nicht wegen Erreichens der Anspruchshöchstdauer (546 Tage) erschöpft (dazu 2.).

9

1. Rechtsgrundlage des Krg-Anspruchs sind die §§ 44 ff SGB V. Nach § 44 Abs 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krg, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär behandelt werden. Für den geltend gemachten Krg-Anspruch ist dabei jeweils an den in Betracht kommenden Entstehenstatbestand anzuknüpfen, wie er zB allgemein in § 46 Satz 1 Nr 1 oder 2 SGB V geregelt ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats bestimmt allein das bei Entstehen eines Krg-Anspruchs bestehende Versicherungsverhältnis, wer in welchem Umfang als "Versicherter" Anspruch auf Krg hat (vgl zB BSG SozR 4-2500 § 44 Nr 14 RdNr 12; Brandts in: Kasseler Komm, Stand April 2011, § 44 SGB V RdNr 3). Diese dargelegten Voraussetzungen für einen Krg-Anspruch der Klägerin vom 11.6. bis zum Ablauf des 13.8.2006 sind erfüllt.

10

2. Die Klägerin hatte die Krg-Anspruchshöchstdauer am 3.6. und am 13.8.2006 noch nicht erreicht. § 48 Abs 1 SGB V bestimmt zur Dauer des Krg: "Versicherte erhalten Krankengeld ohne zeitliche Begrenzung, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit jedoch längstens für 78 Wochen innerhalb von je drei Jahren, gerechnet vom Tage des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an. Tritt während der Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheit hinzu, wird die Leistungsdauer nicht verlängert." Entgegen der Auffassung der Beklagten ist für die Krg-Anspruchshöchstdauer von 78 Wochen hier nicht die Herzkranzgefäßerkrankung maßgeblich, sondern die Handverletzung. Diese ist auch keine weitere, im Rechtssinne hinzugetretene Krankheit. Das folgt aus Wortlaut, Regelungssystem und dem Zweck des § 48 Abs 1 SGB V, nur in besonderen Ausnahmefällen die Krg-Dauer zu begrenzen.

11

§ 48 Abs 1 SGB V enthält drei unterschiedliche Regelungen: Er stellt zunächst den Grundsatz der Krg-Gewährung ohne zeitliche Begrenzung auf: Anspruch auf Krg besteht danach ohne abstrakte zeitliche Begrenzung, solange die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind(zutreffend Berchtold, Krankengeld, 2004, S 169 RdNr 603). Nach diesem Grundsatz ist der streitbefangene Krg-Anspruch der Klägerin gegeben. Das verkennt auch die Beklagte nicht und beruft sich stattdessen auf die beiden weiteren Regelungen in § 48 Abs 1 SGB V, die Ausnahmen von dem Grundsatz des § 48 Abs 1 Satz 1 Halbs 1 SGB V enthalten. Deren Voraussetzungen sind jedoch nicht erfüllt.

12

Nach der in § 48 Abs 1 Satz 1 Halbs 2 SGB V geregelten ersten Ausnahme führt es zur Rechtsfolge der Begrenzung der Leistungsdauer auf 78 Wochen, wenn "dieselbe Krankheit" die AU bedingt (dazu a). Jede neue Krankheit löst hier eine Kette von Dreijahreszeiträumen mit entsprechenden Höchstbezugszeiten von 78 Wochen aus (Methode der starren Rahmenfrist; stRspr seit BSGE 31, 125, 130 = SozR Nr 49 zu § 183 RVO; Schmidt in: H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 2, Stand 1.7.2010, § 48 SGB V RdNr 30; Höfler in: Kasseler Komm, Stand April 2011, § 48 SGB V RdNr 5, jeweils mwN). Die zweite Ausnahme ist in § 48 Abs 1 Satz 2 SGB V geregelt und ein der ersten gleichgestellter weiterer Fall der Leistungsbegrenzung, nämlich dass während der AU aufgrund einer ersten Erkrankung eine weitere Krankheit hinzutritt (dazu b). Zu Lasten der Klägerin greift keine dieser Ausnahmefälle ein. Weitere Ausnahmen sieht das SGB V bewusst nicht vor (dazu c).

13

a) Die Klägerin hatte aufgrund der AU wegen der Handverletzung ab 4.7.2005 bis zum Ablauf des 13.8.2006 noch nicht die 78-Wochen-Frist für ihren Krg-Anspruch ausgeschöpft. Der Leistungszeitraum umfasst - ungeachtet der Berechnungsgrundsätze im Einzelnen - vielmehr lediglich 406 Kalendertage. Nach § 48 Abs 3 SGB V werden bei der Feststellung der Leistungsdauer des Krg Zeiten, in denen der Anspruch auf Krg ruht oder für die das Krg versagt wird, wie Zeiten des Bezugs von Krg berücksichtigt. Zeiten, für die kein Anspruch auf Krg besteht, bleiben unberücksichtigt. Die Dauer von 78 Wochen entspricht einer Gesamtdauer von 546 Tagen, da das Krg für Kalendertage gezahlt wird (§ 47 Abs 1 Satz 6 SGB V). Die Leistungsdauer für den Krg-Anspruch der Klägerin umfasst die Zeit vom Beginn der AU am 4.7.2005 bis zum Ablauf des 13.8.2006. Hierbei sind auch die Zeiten einbezogen, in denen das Krg wegen der Leistung von Entgeltfortzahlung und Übergangsgeld ruhte (§ 49 Abs 1 Nr 1 und Nr 3 SGB V).

14

Die 78-Wochen-Frist für den Krg-Anspruch war nicht mit Blick auf § 48 Abs 1 Satz 1 Halbs 2 SGB V ausgeschöpft. Die AU-Zeiten vom 6.4. bis 16.10.2004 und vom 5.4. bis 23.4.2005 beruhten nicht auf "derselben Krankheit" wie die AU-Zeiten ab 4.7.2005. In einem solchen Falle wäre die Blockfrist vom 6.4.2004 bis 5.4.2007 maßgeblich gewesen. Herzkranzgefäßerkrankung und Handverletzung sind aber nicht "dieselbe Krankheit" im Rechtssinne. Bei im Zeitablauf nacheinander auftretenden Erkrankungen handelt es sich im Rechtssinne um dieselbe Krankheit, wenn der regelwidrige Körper- oder Geisteszustand, der die Krankheitsursache bildet, auf ein medizinisch nicht ausgeheiltes Grundleiden zurückzuführen ist (vgl BSGE 83, 7, 9 = SozR 3-2500 § 48 Nr 8 S 38). Dies kann zB bei wiederholt in unterschiedlicher Ausprägung auftretenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Fall sein (vgl BSG SozR 4-2500 § 48 Nr 3 RdNr 25 mwN). Hierbei ist eine stark verfeinernde, eng fachmedizinisch-diagnostische Sichtweise zu vermeiden, die die Gefahr begründet, dass dem Merkmal im Kontext des § 48 Abs 1 SGB V letztlich gar keine eigenständige rechtliche Bedeutung mehr zukommt, obwohl das Gesetz damit gerade eine Einengung des zeitlichen Umfangs der Krankengeldgewährung bezweckt(vgl BSG SozR 4-2500 § 48 Nr 3 RdNr 25; BSG Urteil vom 7.12.2004 - B 1 KR 10/03 R mwN, jeweils Kurzwiedergabe in NZA 2005, 572 = SGb 2005, 333 = Die Leistungen Beilage 2005, 173). Gleiches hat der erkennende Senat erwogen, wenn ein Versicherter etwa bei einem schweren, sich in einem Sekundenbruchteil realisierenden Unfallereignis zusammenhanglos Gesundheitsschäden in mehreren Körperregionen erleidet. Nichts anderes gilt bei Versicherten, bei denen wegen des Nebeneinanders verschiedener gravierender akuter oder chronischer Leiden von Anfang an eine Multi- oder Polymorbidität bzw Polypathie besteht. Denn in Bezug auf die Anspruchsdauer des Krg behandelt das Gesetz den Versicherten, der von vornherein an mehreren Krankheiten leidet und der deshalb arbeitsunfähig ist, nicht anders als denjenigen, bei dem "nur" ein einziges Leiden die AU auslöst (vgl zum Ganzen BSG SozR 4-2500 § 48 Nr 3 RdNr 21 mwN).

15

Die dargestellte Begrenzung der Leistungsdauer des Krg beruht maßgeblich auf der Erwägung, dass es in erster Linie der gesetzlichen Rentenversicherung obliegt, bei dauerhaft eingetretener Erwerbsminderung des Versicherten Entgeltersatzleistungen zur Verfügung zu stellen, während die gesetzliche Krankenversicherung typischerweise nur für den Ausgleich des entfallenden laufenden Arbeitsentgelts bei vorübergehenden, dh behandlungsfähigen Gesundheitsstörungen eintritt (BSG SozR 4-2500 § 48 Nr 3 RdNr 20; BSGE 94, 26 = SozR 4-2500 § 51 Nr 1, RdNr 13 mwN; BVerfGE 97, 378, 386 = SozR 3-2500 § 48 Nr 7 S 32 f). Krg hat auch beim Fehlen von Rentenansprüchen und -anwartschaften nicht die Funktion, dauerhafte Leistungsdefizite bzw eine Erwerbsminderung finanziell abzusichern (vgl zur Systementscheidung über die Zuordnung der Lohnersatzleistungen BSG Urteil vom 28.09.2010 - B 1 KR 31/09 R - zur Veröffentlichung in BSGE 106, 296 = SozR 4-2500 § 50 Nr 2 vorgesehen, RdNr 15 mwN; zur insoweit fehlenden Auffangfunktion des Krg vgl schon BVerfGE 97, 378, 386 = SozR 3-2500 § 48 Nr 7 S 32 f).

16

Keine der dargelegten Voraussetzungen des § 48 Abs 1 Satz 1 Halbs 2 SGB V sind erfüllt. Herzkranzgefäßerkrankung und Handverletzung der Klägerin sind nicht Ausdruck eines einheitlichen Grundleidens. Sie stehen weder in einem ursächlichen Zusammenhang noch lassen sie sich als Krankheitsbündelung iS von multiplen Unfallverletzungen oder Multimorbidität begreifen.

17

b) Die Handverletzung ist auch keine zur Herzkranzgefäßerkrankung "hinzugetretene Krankheit". § 48 Abs 1 Satz 2 SGB V stellt die hinzutretende Krankheit bezüglich der Rechtsfolge der Leistungsbegrenzung dem Fall "derselben Krankheit" rechtlich gleich(vgl BSGE 71, 290, 292 = SozR 3-2500 § 48 Nr 3 S 14). Das Hinzutreten einer weiteren Krankheit zu einer fortbestehenden und fortlaufend AU verursachenden Erkrankung führt weder zur Entstehung eines gänzlich neuen Krg-Anspruchs noch bewirkt es die Verlängerung der schon in Ansehung der ersten Krankheit maßgeblichen (begrenzten) Leistungsdauer (vgl BSGE 83, 7, 9 = SozR 3-2500 § 48 Nr 8 S 39). Die Regelungen des § 48 Abs 1 SGB V wollen auf diese Weise sicherstellen, dass die gesetzliche Höchstbezugsdauer bei AU sowohl bei identischen Krankheiten als auch bei bestimmten unterschiedlichen und wechselnden Krankheitsbildern nicht überschritten wird(vgl zum Ganzen BSG SozR 4-2500 § 48 Nr 3 RdNr 19 mwN).

18

Ein "Hinzutreten während der Arbeitsunfähigkeit" iS von § 48 Abs 1 Satz 2 SGB V liegt unter Berücksichtigung von Wortlaut, Systematik sowie nach Sinn und Zweck der Regelung auch dann vor, wenn zeitgleich mit dem Vorliegen oder Wiedervorliegen einer zur AU führenden ersten Erkrankung unabhängig von dieser Krankheit zugleich eine weitere Krankheit die Arbeitsunfähigkeit des Versicherten bedingt. Es reicht insoweit aus, dass die Krankheiten zumindest an einem Tag zeitgleich nebeneinander bestanden haben (BSG SozR 4-2500 § 48 Nr 3 RdNr 16; so im Ergebnis auch: LSG NRW Urteil vom 15.5.2001 - L 5 KR 77/00 = EzS 90/258; vgl ferner zB Schmidt in: H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 2, Stand 1.7.2010, § 48 SGB V RdNr 46; Schulz, WzS 1985, 36, 38; Berchtold, Krankengeld, 2004, S 173 RdNr 622; noch offen lassend Just in: Wannagat, § 48 SGB V RdNr 9, Stand März 2005). § 48 Abs 1 Satz 2 SGB V setzt deshalb nicht voraus, dass zwei Krankheiten bei dem Versicherten im Falle bestehender AU in der Weise aufeinander treffen, dass eine zweite Krankheit einer schon zuvor eingetretenen und fortbestehenden ersten Krankheit zeitlich nachfolgt(vgl zum Ganzen BSG SozR 4-2500 § 48 Nr 3 RdNr 16).

19

§ 48 Abs 1 Satz 2 SGB V fordert für eine "hinzugetretene" Krankheit, dass sie bereits "während" des Bestehens "der Arbeitsunfähigkeit" infolge der ersten Krankheit aufgetreten ist. Diese vom Wortlaut der Norm gezogene Grenze darf nicht unter Berufung auf den dargelegten Regelungszweck unberücksichtigt bleiben, wie es bei Einnahme des Rechtsstandpunktes der Beklagten der Fall wäre. Deshalb hat die Rechtsprechung schon bisher betont, dass eine Krankheit nicht mehr hinzutritt, sondern in ihren Rechtsfolgen eigenständig zu beurteilen ist, wenn sie erst am Tage nach Beendigung der bisherigen AU oder noch später auftritt (vgl BSG SozR 4-2500 § 48 Nr 3 RdNr 23; BSGE 83, 7, 10 = SozR 3-2500 § 48 Nr 8 S 39; BSGE 71, 290, 292 = SozR 3-2500 § 48 Nr 3 S 14 f; BSG SozR Nr 40 zu § 183 RVO = USK 6950). Das ist auch in der Literatur weitgehend unumstritten (vgl zB Vay in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung - Pflegeversicherung, Stand März 2011, § 48 SGB V RdNr 9; Gerlach in: Hauck/Noftz, SGB V, Stand Mai 2011, K § 48 RdNr 5; Schmidt in: H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 2, Stand 1.7.2010, § 48 SGB V RdNr 46; Marschner in: von Maydell, GK-SGB V, Stand Oktober 2002, § 48 RdNr 7; Höfler in: Kasseler Komm, Stand April 2011, § 48 SGB V RdNr 7a; Knorr/Krasney, Entgeltfortzahlung - Krankengeld - Mutterschaftsgeld, 7. Aufl, Stand Mai 2011, § 48 SGB V RdNr 16 S O 708 mwN; Widekamp in: Orlowski/Rau/Schermer/Wasem/Zipperer, Stand April 2011, GKV-Komm SGB V, § 48 RdNr 7; aA Franz, WzS 1966, 195, 198 f). Daran fehlt es.

20

Die Handerkrankung ist nicht bereits "während des Bestehens der AU" infolge der Herzkranzgefäßerkrankung aufgetreten. Nach den mit zulässigen Rügen nicht angegriffenen und daher für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)wurde die Klägerin aufgrund der Handverletzung vom 4.7.2005 arbeitsunfähig, nachdem die vorangegangene AU wegen der koronaren Zweigefäßerkrankung vom 6.4. bis 16.10.2004 und ab 5.4.2005 seit dem 24.4.2005 beendet war.

21

c) Weitergehende Ausnahmen vom Grundsatz der unbegrenzten Leistungsdauer sieht § 48 SGB V auch bei wechselnden Krankheitsbildern nicht vor. Eine weitere Ausnahmen begründende Analogie kommt nicht in Betracht. Die Norm ist nämlich bewusst abschließend gefasst. Das folgt aus dem aufgezeigten Wortlaut, Regelungssystem und -zweck sowie der Entstehungsgeschichte (vgl Entwurf eines Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP , BT-Drucks 11/2237 S 181). Dementsprechend beurteilt sich die in der Gemeinsamen Verlautbarung des AEV, des AOK-Bundesverbandes und des VdAK (jetzt vdek) vom 6.3.2007 unter 2.3.1 (in: Die Leistungen 2008, S 20, 23; abweichend das bisher maßgebliche Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 6.10.1993, Sonderdruck, unter 2.3.1) aufgeworfene Frage nach der Berücksichtigung von Vorerkrankungszeiten allein nach dem durch § 48 Abs 1 Satz 1 und 2 SGB V vorgegebenen Regel-Ausnahme-Schema.

22

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.