Bundessozialgericht Urteil, 17. Feb. 2016 - B 4 AS 12/15 R

bei uns veröffentlicht am17.02.2016

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 20. November 2014 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

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In Streit steht die Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.2. bis 31.7.2012.

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Der Kläger erhält seit 2005 Alg II - wegen gelegentlicher Erzielung von Einkommen aus Erwerbstätigkeiten - in wechselnder Höhe. Zu Beginn des Leistungsbezugs bewohnte er eine rund 48 qm große Wohnung zu einem Bruttowarmmietpreis von 295,15 Euro. Nach einer Abrissankündigung des Vermieters für das Haus, in dem die Wohnung gelegen war, bezog er zum 1.3.2007 eine geringfügig kleinere Wohnung zu einem Mietpreis von insgesamt 294,44 Euro. Der Beklagte lehnte in der Folge eine vom Kläger beantragte Zusicherung ab, die Aufwendungen für eine andere teurere, aber nach Maßgabe des Beklagten noch angemessene Wohnung im bisherigen Wohnort zu berücksichtigen und die Kosten eines erneuten Umzugs zu übernehmen (Bescheid vom 29.2.2008). Zur Begründung wies er darauf hin, der Umzug sei nicht erforderlich, weil keine wichtigen Gründe für einen solchen gegeben seien. Zum Februar 2009 zog der Kläger dennoch in eine andere Wohnung um, für die er insgesamt Mietaufwendungen in Höhe von 301,16 Euro zu tätigen hatte (201 Euro netto kalt, 50 Euro kalte Betriebskostenvorauszahlung, 50 Euro Heizkosten). In der Folgezeit bewilligte der Beklagte dem Kläger Unterkunftsleistungen lediglich in Höhe von 281,09 Euro. Er bemaß diesen Betrag nach den Aufwendungen für die bisherige Unterkunft, unter Berücksichtigung eines Abzugs für die Kosten der Warmwasserbereitung. Nach einer Mieterhöhung hatte der Kläger ab dem 1.1.2012 insgesamt 388,43 Euro für die neue Wohnung aufzuwenden. Durch Bescheid vom 23.12.2011 bewilligte der Beklagte dem Kläger Alg II für den streitigen Zeitraum und setzte die Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung weiterhin mit 281,09 Euro fest, geändert auf 287,56 Euro durch Bescheid vom 8.3.2012. Den Widerspruch des Klägers hiergegen wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 19.3.2012 zurück.

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Mit seiner Klage vor dem SG hat der Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft in Höhe von 388,43 Euro begehrt. Das Gericht hat der Klage insoweit stattgegeben, als es den Beklagten unter Änderung der angefochtenen Bescheide verurteilt hat, 360,30 Euro an Gesamtaufwendungen für Unterkunft und Heizung bei der Berechnung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu berücksichtigen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Umzug des Klägers sei zwar nicht erforderlich gewesen, die Beschränkung auf die bisherigen Unterkunftsaufwendungen müsse jedoch als eine dynamische Größe verstanden werden. Bei einer dauerhaften statischen Deckelung wirke sich die Regelung wie eine Sanktion aus und führe zu einer verfassungsrechtlich nicht vertretbaren Unterdeckung des Existenzminimums. Die erforderliche Dynamisierung habe sich an der Entwicklung der Mietaufwendungen für die vormalige Unterkunft zu orientieren, was hier zu dem ausgeurteilten Betrag führe. Auf die Berufung des Beklagten hiergegen hat das LSG das Urteil des SG geändert, soweit dieses den Beklagten in den Monaten Februar und März 2012 zu einer Berücksichtigung von mehr als 348 Euro für die Unterkunftsaufwendungen verurteilt hat. Im Übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Auch das LSG ist zu der Überzeugung gelangt, dass der Umzug nicht erforderlich gewesen sei, aus verfassungsrechtlichen Gründen jedoch eine dauerhafte Deckelung ohne Dynamisierung nicht erfolgen dürfe. Diese Dynamisierung müsse, um zeit- und realitätsgerecht zu sein, ein Jahr nach dem Umzug einsetzen und die Steigerungen der abstrakten Angemessenheitsgrenze für die Bruttowarmmiete - um der Produkttheorie Rechnung zu tragen - zum Maßstab nehmen. Die Richtlinie des Beklagten habe vom 1.1. bis 31.3.2012 eine Bruttowarmmiete von 348 Euro als noch angemessen vorgesehen. Ab dem 1.4.2012 sei als Angemessenheitsgrenze eine Bruttokaltmiete von 309 Euro plus Aufwendungen für Heizung entsprechend dem bundesweiten Heizkostenspiegel zugrunde gelegt worden. Damit werde zwar ab dem 1.4.2012 der vom SG ausgeurteilte Betrag von 360 Euro überschritten, zumal ein Abzug für die Kosten der Warmwasserbereitung nicht mehr zu erfolgen habe. Da jedoch nur der Beklagte Berufung eingelegt habe, habe es insoweit bei dem Urteil des SG zu verbleiben (Urteil vom 20.11.2014).

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Mit seiner Revision rügt der Beklagte eine Verletzung von § 22 Abs 1 S 2 SGB II. Die dort vorgesehene Deckelung sei statisch und gelte unbegrenzt. Denn es sei Sinn und Zweck der Regelung, einer Kostensteigerung im Bereich der Unterkunftsleistungen im Vergleichsraum durch Ausschöpfung der örtlichen Angemessenheitsgrenze entgegenzuwirken. Die Deckelung gelte so lange, bis aus persönlichen Gründen objektiv eine Neubestimmung der angemessenen Wohnkosten im Einzelfall gerechtfertigt sei. Nach dem Normtext seien als Aufwendungen nur der bisherige Bedarf anzuerkennen. Hierbei könne es sich nur um den Bedarf in Gestalt der Bruttowarmmiete zum Zeitpunkt des Auszugs aus der alten Wohnung handeln. Die vom SG vorgenommene Orientierung an den Kostensteigerungen für die alte Mietwohnung sei spekulativ und dem LSG sei entgegenzuhalten, dass es dem Kläger unbenommen sei, seine persönliche Situation etwa durch die Aufnahme einer Arbeit zu verändern, um so eine Grundlage für die Neubestimmung der angemessenen Unterkunftsaufwendungen zu schaffen und einer dauerhaften Deckelung entgegenzuwirken. Im Übrigen hätte der Kläger durch einen weiteren Umzug die Deckelung beenden können, etwa, wenn er die bisherige Wohnung wegen der Unterdeckung wieder aufgebe oder in einen anderen Vergleichsraum umgezogen wäre.

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Der Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 20. November 2014 und des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 4. Juni 2013 zu ändern, soweit er verurteilt worden ist, im Zeitraum vom 1. Februar 2012 bis 31. Juli 2012 mehr als 287,73 Euro als Aufwendungen für Unterkunft und Heizung bei der Berechnung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu berücksichtigen und die Klage im Übrigen abzuweisen.

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Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

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Er hält die Ausführungen des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist im Sinne der Aufhebung der Entscheidung des LSG vom 20.11.2014 sowie der Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht begründet.

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Der Senat vermochte nicht abschließend darüber zu befinden, ob der Kläger einen Anspruch auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung im Zeitraum vom 1.2. bis 31.7.2012 - begrenzt bis zur Höhe des Urteilsspruchs des LSG - hat als vom Beklagten beschieden.

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1. Streitgegenstand ist die Höhe der Leistungen für Unterkunft nach dem SGB II im Zeitraum vom 1.2. bis 31.7.2012, wie sie der Beklagte durch Bescheid vom 23.12.2013 idF des Änderungsbescheides vom 8.3.2012, diese wiederum in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.3.2012 festgestellt hat. Der Kläger hat mit seiner Klage um 100,87 Euro höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung begehrt (388,43 Euro tatsächliche Aufwendungen minus 287,56 Euro Leistungen für Unterkunft und Heizung = 100,87 Euro). Er hat insoweit eine zulässige (stRspr seit BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18 f; BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 16; zuletzt vom 16.6.2015 - B 4 AS 44/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 85 RdNr 11) Begrenzung des Streitgegenstandes auf Leistungen für Unterkunft und Heizung - klarstellend zu Protokoll in der mündlichen Verhandlung vor dem BSG am 17.2.2016 - vorgenommen. Im Hinblick auf die Leistungen für Heizung hat der Beklagte den Kläger durch das Teilanerkenntnis in derselben mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat, mit dem er sich bereit erklärt hat, insoweit die tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen, für den hier streitigen Zeitraum klaglos gestellt. Es ist insoweit zwar zwischen diesen beiden Leistungen zu unterscheiden, als ihre Bemessung getrennt voneinander zu erfolgen hat (BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 32/09 R - RdNr 12), ohne dass dies jedoch dazu führt, dass die Leistungen für Heizung als eigenständiger Streitgegenstand abtrennbar sind (BSG Urteil vom 4.6.2014 - B 14 AS 42/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 78 RdNr 10 ff).

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2. Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) erfüllt der Kläger die Leistungsvoraussetzungen des § 7 Abs 1 S 1 SGB II. Er hatte im streitigen Zeitraum die Altersgrenze des § 7 Abs 1 S 1 Nr 1 iVm § 7a SGB II noch nicht überschritten, war erwerbsfähig iS des § 7 Abs 1 S 1 Nr 2 iVm § 8 SGB II sowie hilfebedürftig iS des § 7 Abs 1 S 1 Nr 3 iVm § 9 SGB II und hatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland(§ 7 Abs 1 S 1 Nr 4 SGB II).

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3. Nach den Feststellungen des LSG vermag der Senat jedoch nicht abschließend zu beurteilen, ob der Kläger Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe des Ausspruchs des SG unter Berücksichtigung der vom Beklagten anerkannten tatsächlichen Aufwendungen für Heizung hat. In der Gesamtsumme höhere Leistungen als dort ausgeurteilt kann der Kläger nicht beanspruchen, da er keine Berufung gegen das Urteil des SG vom 4.7.2013 eingelegt hat. Zwar sind die Voraussetzungen für eine "Deckelung" des Anspruchs auf Leistungen nach § 22 Abs 1 S 2 SGB II insoweit gegeben, als sich die Aufwendungen des Klägers für Unterkunft und Heizung durch den Umzug in die im streitigen Zeitraum bewohnte Wohnung erhöht haben(a). Auch war der Umzug nicht erforderlich (b). Gleichwohl kann im Revisionsverfahren nicht abschließend darüber befunden werden, ob die Voraussetzungen für eine "Deckelung" iS des § 22 Abs 1 S 2 SGB II gegeben sind, denn das LSG hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Höhe der Angemessenheitsgrenze im Zeitpunkt des Umzugs des Klägers durch den Beklagten auf Grundlage eines schlüssigen Konzepts bestimmt worden ist(c).

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a) Nach § 22 Abs 1 S 2 SGB II(idF der Bekanntmachung der Neufassung des SGB II vom 13.5.2011, BGBl I 850) wird für den Fall, dass sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung erhöhen, nur der bisherige Bedarf anerkannt. Dies bedeutet, wie bereits nach dem bis zum 31.12.2010 geltenden Recht, dass die Leistungen weiterhin nur in Höhe der bis dahin zu tragenden angemessenen Aufwendungen erbracht werden (keine inhaltliche Änderung gegenüber dem bis zum 31.12.2010 geltenden Recht durch das RBEG/SGB-II/SGB-XII-ÄndG vom 24.3.2011, BGBl I 453, s BT-Drucks 17/3404, S 98). Zeitlich ist als Bezugspunkt der Zeitpunkt des Umzugs maßgeblich, hier also der 16.2.2009. Die Gesamtmieten (Kaltmiete/Betriebskosten/Heizkosten) der alten und der neuen Wohnung zu diesem Zeitpunkt sind dabei zu vergleichen (so BSG Urteil vom 29.4.2015 - B 14 AS 6/14 R - BSGE = SozR 4-4200 § 22 Nr 84, RdNr 23; s auch Berlit in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 22 RdNr 75; S. Knickrehm/Hahn in Knickrehm/Kreikebohm/ Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 4. Aufl 2015, § 22 SGB II RdNr 26; Lauterbach in Gagel, SGB II/SGB III, Stand Oktober 2015, § 22 RdNr 83; Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 22 RdNr 111; aA Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand Oktober 2012, K § 22 RdNr 238).

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Nach den bindenden Feststellungen des LSG haben sich im vorliegenden Fall die Kosten für Unterkunft und Heizung nach dem Umzug in die im streitigen Zeitraum vom Kläger bewohnte Wohnung gegenüber denen, die er für die davor gemietete Wohnung aufzubringen hatte, erhöht. Die Aufwendungen für die alte Wohnung betrugen beim Auszug 294,44 Euro und diejenigen für die neue Wohnung beim Einzug 301,16 Euro brutto warm.

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b) Auch war der Umzug des Klägers in die im streitigen Zeitraum bewohnte Wohnung nicht erforderlich. Die Prüfung der Erforderlichkeit eines Umzugs ist - auch insoweit folgt der erkennende Senat dem 14. Senat des BSG (Urteil vom 29.4.2015 - B 14 AS 6/14 R - BSGE = SozR 4-4200 § 22 Nr 84, RdNr 21) - in zwei Schritten daran zu messen, ob der Auszug aus der bisherigen Wohnung notwendig oder aus sonstigen Gründen erforderlich ist. In einem weiteren Schritt ist festzustellen, ob die Kosten gerade der von dem Hilfebedürftigen gewählten neuen Wohnung in Ansehung der Erforderlichkeit eines Umzugs angemessen sind (siehe grundlegend BSG Urteil vom 24.11.2011 - B 14 AS 107/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 52 RdNr 18).

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Eine Beschränkung auf die bisherigen KdU und Heizung kommt von vornherein dann nicht in Betracht, wenn der Umzug in eine andere Wohnung notwendig in dem Sinne ist, dass die bisherige Wohnung den Unterkunftsbedarf des Hilfebedürftigen als Teil der verfassungsrechtlich garantierten Existenzsicherung nicht (mehr) zu decken vermag. Hierunter fallen vor allem auch gesundheitliche Gründe, die einen Verbleib in der bisherigen Wohnung nicht zulassen (BSG Urteil vom 24.11.2011 - B 14 AS 107/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 5 RdNr 14). Für eine derartige Notwendigkeit des Umzugs sind vorliegend keine Anhaltspunkte gegeben. Aber auch eine Erforderlichkeit des Umzugs im weiteren Sinne war nach den Feststellungen des LSG zu verneinen. Zwar ist mit dem 14. Senat davon auszugehen, dass ein Umzug (auch) dann als erforderlich angesehen werden kann, wenn ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Grund für den Wohnungswechsel vorlag, von dem sich auch ein Nichthilfebedürftiger leiten lassen würde (BSG Urteil vom 24.11.2011 - B 14 AS 107/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 52 RdNr 17 unter Hinweis auf OVG Lüneburg Beschluss vom 10.2.1987 - 4 B 283/86 - FEVS 36, 291, 295). Insoweit kommt es im Gegensatz zu der von dem Beklagten vertretenen Auffassung nicht darauf an, ob dem Kläger ein wichtiger Grund für den Umzug zur Seite stand. Hier mangelt es jedoch auch an der soeben umschriebenen Erforderlichkeit.

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Der Kläger hat als Gründe für den Umzug angegeben, die bis dato gemietete Wohnung habe einen ungünstigen Zuschnitt gehabt, sodass er seine Wohnzimmercouch aufgrund deren Größe nur vor die Heizung habe stellen können. Auch habe er nach der Abrissmitteilung des Vermieters die sodann bezogene Wohnung nur als Übergangswohnung begriffen, bis er eine der ersten Wohnung vergleichbare gefunden habe. Eine objektive Erforderlichkeit des Umzugs und eine damit verbundene Erhöhung der Mietaufwendungen sowie auch der Leistungen nach § 22 Abs 1 S 1 SGB II folgt hieraus, wie das LSG zutreffend befunden hat, jedoch nicht. Daher kommt es nicht darauf an, ob sich die Kosten gerade der von dem Hilfebedürftigen gewählten neuen Wohnung in Ansehung der Erforderlichkeit eines Umzugs als angemessen darstellen (siehe grundlegend BSG Urteil vom 24.11.2011 - B 14 AS 107/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 52 RdNr 18).

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c) Auch bei mangelnder Erforderlichkeit des Umzugs hat eine Deckelung des anzuerkennenden Bedarfs für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 S 2 SGB II in Höhe des bisherigen Bedarfs jedoch nur dann zu erfolgen, wenn für den örtlichen Vergleichsraum zutreffend ermittelte abstrakte Angemessenheitsgrenzen bestehen(so bereits Urteil vom 29.4.2015 - B 14 AS 6/14 R - BSGE = SozR 4-4200 § 22 Nr 84, RdNr 23 ff). Dies folgt aus dem Wortlaut der Vorschrift, die auch nach der Fassung, die sie durch das RBEG/SGB-II/SGB-XII-ÄndG (vom 24.3.2011, BGBl I 453) erhalten hat, die Erhöhung der "angemessenen" Aufwendungen für Unterkunft und Heizung fordert. Damit nimmt sie systematisch Bezug auf § 22 Abs 1 S 1 SGB II, wonach Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden, soweit diese "angemessen" sind. Zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit der Unterkunft muss der abstrakt als angemessen anzuerkennende Mietpreis unter Berücksichtigung der örtlichen Besonderheiten ermittelt werden ("Referenzmiete", vgl BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 23). Erforderlich dazu sind überprüfbare Erhebungen und Auswertungen, die eine hinreichende Gewähr dafür bieten, dass sie die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarkts wiedergeben ("schlüssiges Konzept", siehe nur BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 24). In der Begründung des Gesetzentwurfs zur Einfügung des S 2 in die Regelung des § 22 Abs 1 SGB II wird diese Verknüpfung ebenfalls betont(BT-Drucks 16/1410, S 23). Dort heißt es, mit der Regelung sollten die Kosten der Unterkunft und Heizung in den Fällen auf die bisherigen angemessenen Unterkunftskosten begrenzt werden, in denen Hilfebedürftige unter Ausschöpfung der durch den kommunalen Träger festgelegten Angemessenheitsgrenzen für Wohnraum in eine Wohnung mit höheren, gerade noch angemessenen Kosten umzögen. So hat das BSG auch bereits mehrfach betont, Zweck von § 22 Abs 1 S 2 SGB II sei, eine missbräuchliche Leistungsinanspruchnahme durch Ausschöpfung der abstrakten Angemessenheitsgrenzen zu verhindern und den Kommunen im Hinblick auf die Kostensteigerungen bei Leistungen nach § 22 Abs 1 S 1 SGB II eine Steuerungsfunktion zu belassen(BSG Urteil vom 9.4.2014 - B 14 AS 23/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 75 RdNr 21). Daher hat es eine Anwendbarkeit der Vorschrift auf Fallgestaltungen, bei denen ein Umzug über die Grenzen des Vergleichsraums hinaus vorgenommen wird, verneint (vgl BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 60/09 R - BSGE 106, 147 = SozR 4-4200 § 22 Nr 35, RdNr 19 ff). Insbesondere im Hinblick auf diesen Schutzzweck schließt sich der erkennende Senat dem 14. Senat an, wenn dieser zu einer Nichtanwendbarkeit der Deckelungsvorschrift des § 22 Abs 1 S 2 SGB II für den Fall gelangt, dass keine vom Leistungsträger zutreffend ermittelten kommunalen Angemessenheitsgrenzen bestehen(Urteil vom 29.4.2015 - B 14 AS 6/14 R - BSGE = SozR 4-4200 § 22 Nr 84, RdNr 23 ff). Ob dies hier der Fall ist, hat das LSG - auf Grundlage seiner Rechtsauffassung auch nicht erforderlich - nicht festgestellt.

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Es hat zum einen keine Feststellungen dazu getroffen, ob die von ihm herangezogene KdU-Richtlinie des Beklagten auf einem schlüssigen Konzept beruht. Zum zweiten befasst sich das Berufungsgericht nicht damit, ob zum Vergleichszeitpunkt iS des § 22 Abs 1 S 2 SGB II(s unter 3a), also dem Zeitpunkt des Auszugs aus der bisherigen Unterkunft und des Einzugs in die neue Wohnung, eine durch den Beklagten transparent ermittelte Angemessenheitsgrenze vorhanden war, die die Mietpreise auf dem örtlichen Wohnungsmarkt im Vergleichsraum realitätsgerecht wiedergeben hat. Soweit das Berufungsgericht mithin auf die sich in den Akten befindliche Richtlinie zur Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung für den Landkreis Anhalt-Bitterfeld vom 1.4.2012 abstellt, die es im vorläufigen Rechtsschutz als den Vorgaben des schlüssigen Konzepts folgend bewertet hat (LSG Sachsen-Anhalt Beschluss vom 19.12.2014 - L 4 AS 479/14 B ER - Juris RdNr 46), erscheint fraglich, ob diese eine Rechtmäßigkeit der Deckelung im September 2009 herbeiführen kann. Das LSG wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren im Hinblick auf diesen Zeitpunkt entsprechende Feststellungen zu treffen haben.

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4. Sollten die Ermittlungen des LSG zu dem Ergebnis führen, dass im vorliegenden Fall rechtmäßig ermittelte abstrakte kommunale Angemessenheitsgrenzen im Jahre 2009 existierten, wäre die Deckelung durch die angefochtenen Bescheide dem Grunde nach rechtmäßig. Allerdings wäre dann - hier schließt sich der erkennende Senat ebenfalls dem 14. Senat des BSG an (Urteil vom 29.4.2015 - B 14 AS 6/14 R - BSGE = SozR 4-4200 § 22 Nr 84, RdNr 29) - zu beachten, dass sich zeitlich nachfolgende Anhebungen dieser Angemessenheitsgrenzen auf die Deckelung auswirken. Die durch die Anhebung der abstrakten kommunalen Angemessenheitsgrenzen anerkannten Kostensteigerungen auf dem örtlichen Wohnungsmarkt sind bei fortdauernder Deckelung zu berücksichtigen ("Dynamisierung").

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Zwar ist der Wortlaut des § 22 Abs 1 S 2 SGB II im Hinblick darauf offen, ob die Deckelung als statisch oder als dynamisch im Sinne der Veränderung durch Zeitablauf zu bewerten ist(zum dynamischen Deckel s hM: in der Literatur: Berlit in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 22 RdNr 75; S. Knickrehm/Hahn in Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 4. Aufl 2015, § 22 RdNr 28; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand X/2012, K § 22 RdNr 242; Lauterbach in Gagel, SGB II/SGB III, Stand IV/2014, § 22 SGB II RdNr 86; Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 22 RdNr 113; Piepenstock in juris-PK SGB II, 4. Aufl 2015, § 22 RdNr 174). Es wird auf den bisherigen Bedarf abgestellt, der anzuerkennen ist. Dieser Bedarf selbst ist jedoch nicht statisch, sondern dynamisch, indem er auch bisher ständigen Veränderungen, nicht nur durch etwaige Erhöhungen der Nettokaltmiete, sondern insbesondere der kalten Nebenkosten ausgesetzt war. Insoweit gilt für die Zukunft, verbliebe der Leistungsberechtigte in seiner bisherigen Wohnung, nichts anderes. Die Deckelung des § 22 Abs 1 S 2 SGB II hat daher die Funktion einer individuellen Angemessenheitsgrenze. Lebt der Hilfebedürftige innerhalb des maßgeblichen Vergleichsraums in einer kostenangemessenen Wohnung, die seine existenziellen Wohnbedürfnisse ausreichend erfüllt, ist die Übernahme weitergehender Kosten nicht geboten. Sein Anspruch bleibt auf die Kosten dieser Wohnung beschränkt, solange nicht Veränderungen in seinen persönlichen Umständen eintreten, die eine Neubestimmung der für ihn angemessenen Wohnkosten innerhalb der allgemeinen Angemessenheitsgrenzen des S 1 gerechtfertigt erscheinen lassen (BSG Urteil vom 24.11.2011 - B 14 AS 107/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 52 RdNr 13).

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Der Schutz des Leistungsträgers und des örtlichen Wohnungsmarkts vor der Ausschöpfung einer Angemessenheitsgrenze durch nicht erforderliche Umzüge ist insoweit von dem Regelungswillen des Gesetzgebers des § 22 Abs 1 S 2 SGB II nicht umfasst, denn er bezieht sich nur auf die Ausschöpfung der Angemessenheitsgrenzen im Einzelfall und nicht auf Erhöhung der allgemeinen Angemessenheitsgrenzen durch wirtschaftliche Entwicklungen und dadurch bedingte anerkannte Kostensteigerungen. Ziel ist es insoweit, den Leistungsberechtigten zum Verbleib im angemessenen Wohnraum aufzufordern, der jedoch seinerseits keine statischen Kosten verursacht, sondern ebenfalls dem Wandel auf dem Mietwohnungsmarkt unterworfen ist. Da damit ortsansässigen, im Leistungsbezug stehenden Hilfebedürftigen die Vorteile, die sich für Hilfebedürftige insbesondere aus der Bestimmung der Angemessenheit nach der Produkttheorie ergeben, nicht in vollem Umfang zugute kommen, Veränderungen im Wohnumfeld für sie aus grundsicherungsrechtlicher Sicht nur möglich sind, soweit sie kostenneutral erfolgen können, gebietet die Gleichbehandlung mit von außen zuziehenden Leistungsberechtigten, dass die Beschränkungen in ihren Gestaltungsmöglichkeiten maßvoll erfolgen (BSG Urteil vom 24.11.2011 - B 14 AS 107/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 52 RdNr 17). Denn den Einschränkungen des § 22 Abs 1 S 2 SGB II unterliegen weder Leistungsberechtigte, die in den örtlichen Vergleichsraum zuziehen(dazu BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 60/09 R - BSGE 106, 147 = SozR 4-4200 § 22 Nr 35) noch geringverdienende, aber nicht im Leistungsbezug stehende Personen (vgl dazu BSG Urteil vom 30.8.2010 - B 4 AS 10/10 R - BSGE 106, 283 = SozR 4-4200 § 22 Nr 40).

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Die zukünftige Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung nach einem nicht erforderlichen Umzug ist insoweit unter Berücksichtigung der Gefahr der Ungleichbehandlung und einer verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigenden, die Existenzsicherung bedrohenden Unterdeckung zu begrenzen (vgl zum verfassungsrechtlich zu garantierenden Existenzminimum im Bereich des Wohnens, BSG Urteil vom 25.6.2015 - B 14 AS 40/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 83 RdNr 15 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Maßstab insoweit ist die Dynamisierung der nach dem schlüssigen Konzept ermittelten Angemessenheitsgrenzen (so auch BSG Urteil vom 29.4.2015 - B 14 AS 6/14 R - BSGE = SozR 4-4200 § 22 Nr 84, RdNr 29). Diese Steigerungen sind, da nach einem schlüssigen Konzept festgelegt, Maßstab für die Abbildung der realen Dynamik auf dem Mietwohnungsmarkt des Vergleichsraums. Zudem bedeutet die Orientierung an den Steigerungen der Angemessenheitsgrenzen eine verwaltungspraktikable Typisierung, die eine gleichmäßige Behandlung der Leistungsberechtigten gewährleistet.

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Soweit das SG auf die Veränderungen des Mietpreises der bisher bewohnten Mietwohnung abgestellt hat (so wohl auch Berlit in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 22 RdNr 75; s auch Piepenstock in juris-PK SGB II, 4. Aufl 2015, § 22 RdNr 174), ist dieses Vorgehen zum einen mit einem erheblichen Ermittlungsaufwand für den Leistungsträger verbunden. Zudem zieht es ggf das Erfordernis der Schätzung der Preissteigerungen nach sich, wenn der Vermieter keine Bereitschaft zeigt, die Veränderungen des Mietpreises - etwa nach vielen Jahren - mitzuteilen. Schließlich koppelt ein solches Vorgehen die Dynamisierung unter Umständen auch von den Veränderungen der Angemessenheitsgrenzen und damit den für alle Leistungsberechtigten geltenden "abstrakten Deckelungen" ab. Die pauschale Zeitgrenze der Beendigung der Deckelung, wie sie vom LSG befürwortet worden ist, findet im Gesetz keinen Anknüpfungspunkt. Der Rückgriff auf den maximalen Bewilligungszeitraum nach § 41 Abs 1 S 5 SGB II von einem Jahr steht in keiner Beziehung zu der Deckelung und ihrem Sinn und Zweck. Die Anknüpfung an die Veränderungen der allgemeinen Angemessenheitsgrenze - bestimmt nach einem schlüssigen Konzept im Umzugszeitpunkt - greift hingegen auf die Ausgangsregelung des § 22 Abs 1 S 1 SGB II zurück und entspricht der systematischen Einbindung des § 22 Abs 1 S 2 SGB II in diese(vgl auch S. Knickrehm/Hahn in Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 4. Aufl 2015, § 22 RdNr 28; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand X/2012, K § 22 RdNr 242; Lauterbach in Gagel, SGB II/SGB III, Stand IV/2014, § 22 SGB II RdNr 86; Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 22 RdNr 113). Ob vor diesem Hintergrund noch eine Begrenzung der Deckelung in zeitlicher Hinsicht aus verfassungsrechtlichen Gründen erforderlich sein könnte, konnte hier dahinstehen.

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5. Das LSG wird ebenso über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

Urteilsbesprechung zu Bundessozialgericht Urteil, 17. Feb. 2016 - B 4 AS 12/15 R

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(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die1.das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,2.erwerbsfähig sind,3.hilfebedürftig sind und4.ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschla

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 22 Bedarfe für Unterkunft und Heizung


(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Le

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 9 Hilfebedürftigkeit


(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer So

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 163


Das Bundessozialgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 8 Erwerbsfähigkeit


(1) Erwerbsfähig ist, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. (2) Im Sinne von Absatz 1 kön

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 41 Berechnung der Leistungen und Bewilligungszeitraum


(1) Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts besteht für jeden Kalendertag. Der Monat wird mit 30 Tagen berechnet. Stehen die Leistungen nicht für einen vollen Monat zu, wird die Leistung anteilig erbracht. (2) Berechnungen werd

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 7a Altersgrenze


Personen, die vor dem 1. Januar 1947 geboren sind, erreichen die Altersgrenze mit Ablauf des Monats, in dem sie das 65. Lebensjahr vollenden. Für Personen, die nach dem 31. Dezember 1946 geboren sind, wird die Altersgrenze wie folgt angehoben: für de

Referenzen - Urteile

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Referenzen

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 11. Juli 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob der Klägerin im Zeitraum vom 1.6.2007 bis zum 30.11.2008 Leistungen für Kosten der Unterkunft (KdU) und Heizung in Höhe ihrer tatsächlichen Aufwendungen zustehen.

2

Die alleinstehende Klägerin bewohnte im streitgegenständlichen Zeitraum eine 48 qm große Wohnung in München. Sie hatte eine mietvertragliche Verpflichtung in Höhe von 745 Euro (690 Euro Nettokaltmiete zzgl 55 Euro Betriebskosten) monatlich. Die Vorauszahlung für die Gasversorgung betrug 97 Euro im Monat (lediglich im Februar 2008: 107 Euro wegen einer Nachforderung; Bruttowarmmiete 835,67 Euro).

3

Ende August 2006 wies der Beklagte die Klägerin darauf hin, dass ihre Nettokaltmiete die zulässige Höchstgrenze von 397,30 Euro monatlich überschreite. Die Klägerin wurde aufgefordert, sich bis Ende Februar 2007 um eine Minderung der Unterkunftskosten zu bemühen. Ab dem 1.3.2007 werde die Unterkunftsleistung auf die angemessene Höhe abgesenkt.

4

Für die Zeit vom 1.1.2007 bis zum 31.5.2007 bewilligte der Beklagte der Klägerin Alg II, welches Leistungen für KdUH in Höhe von 813 Euro monatlich umfasste (Bescheid vom 29.11.2006 idF des Bescheides vom 19.12.2006). Ab 1.3.2007 senkte er die Leistungen für die Kaltmiete auf die von ihm als angemessen befundene Mietobergrenze herab (Bescheide vom 13.2.2007). Für den Zeitraum bis 31.5.2007 hat das LSG mit dem hier angefochtenen Urteil vom 11.7.2012 diese Entscheidung des Beklagten aufgehoben. Hiergegen sind die Beteiligten nicht in die Revision gegangen.

5

Für den Zeitraum vom 1.6.2007 bis zum 30.11.2007 bewilligte der Beklagte der Klägerin schlussendlich Leistungen für KdUH in Höhe von 496,45 Euro für ihre brutto-kalten Mietaufwendungen (441,45 Euro Nettokaltmiete + 55 Euro Betriebskosten) und übernahm im Verlaufe des Gerichtsverfahrens ihre Aufwendungen für Gas abzüglich der Warmwasserpauschale in tatsächlicher Höhe (Bescheid vom 23.4.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.12.2007 und des Änderungsbescheides vom 14.8.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.9.2008, dieser in der Fassung des Änderungsbescheides vom 29.4.2009). Ebenso verfuhr der Beklagte für den Zeitraum vom 1.12.2007 bis zum 31.5.2008 (Bescheid vom 22.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.9.2008). Durch Bescheid vom 7.5.2008 (in der Fassung des Änderungsbescheides vom 29.4.2009) setzte der Beklagte diese Praxis für den Leistungszeitraum vom 1.6.2008 bis zum 30.11.2008 zunächst fort. Ab dem 1.7.2008 erhöhte er jedoch den Leistungsanteil für die Bruttokaltmiete der Klägerin auf 504,21 Euro (Nettokaltmiete 449,21 Euro + 55 Euro kalte Nebenkosten) und wies unter Einbeziehung dieser Änderung (Bescheid vom 3.7.2008) den Widerspruch der Klägerin durch Widerspruchsbescheid vom 25.9.2008 zurück (idF der Änderungsbescheide vom 15.12.2008 und 29.4.2009).

6

Das SG hat die miteinander verbundenen Klagen auf Übernahme der tatsächlichen Mietaufwendungen abgewiesen (Urteil vom 26.11.2009). Auf die Berufung der Klägerin hat das LSG das Urteil des SG geändert. Soweit es den Zeitraum vom 1.3. bis 31.5.2007 betrifft, hat es die Bescheide wie benannt aufgehoben. Zudem hat es den Beklagten unter Abänderung der weiteren Bescheide verurteilt, der Klägerin über die bereits bewilligten Leistungen hinaus KdUH in Höhe von 9,88 Euro für den Monat Februar 2008 - für eine Heizkostennachforderung - und in Höhe von jeweils 0,12 Euro für die Monate Juli bis November 2008 wegen unzutreffender Anwendung der Rundungsregelung zu zahlen. Im Übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Zwar fehle es dem Beklagten an einem schlüssigen, nachvollziehbaren Konzept zur Ermittlung der angemessenen KdUH iS des § 22 Abs 1 S 1 SGB II. Die vom Beklagten für einen Ein-Personen-Haushalt übernommenen Aufwendungen der Klägerin für die Bruttokaltmiete in Höhe von 496,45 Euro im Zeitraum vom 1.6.2007 bis zum 30.6.2008 und 504,21 Euro im Zeitraum vom 1.7.2008 bis zum 30.11.2008 seien jedoch unter Berücksichtigung des Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. G K angemessen gewesen. Die für den Mietspiegel 2007 der Stadt München erhobenen und vom Sachverständigen ausgewerteten Daten betreffend Wohnungen "um die 50 qm" - in der Gestalt von gewichteten 243 Wohnungen zwischen 46 und 54 qm - bildeten eine geeignete Grundlage zur Berechnung der angemessenen Aufwendungen für die Bruttokaltmiete iS des § 22 Abs 1 S 1 SGB II. Die Erfassung lediglich von Bestandsmieten und die Nichtberücksichtigung preisgebundenen Wohnraums stünden dem nicht entgegen. Zudem beruhe der Mietspiegel 2007 auf dem für den streitgegenständlichen Zeitraum aussagekräftigsten Zahlenmaterial, welches selbst auf einer repräsentativen Stichprobe fuße. Die Auswertung des Datenmaterials durch den Sachverständigen habe unter Anwendung statistisch anerkannter Methoden stattgefunden und ergeben, dass mit den gewährten Mitteln ausreichend angemessener Wohnraum im Stadtgebiet München gefunden werden könne. Es drohe auch keine Konzentration von Leistungsempfängern in bestimmten sozialen Brennpunkten/Stadtbezirken. Ebenso wenig könne unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse der Klägerin festgestellt werden, dass eine abstrakt angemessene Wohnung nicht tatsächlich auf dem Wohnungsmarkt hätte angemietet werden können. Zutreffend erfolgt sei auch der Abzug der Warmwasserpauschale aus den vom Beklagten übernommenen monatlichen Abschlägen für die Versorgung der Klägerin mit Erdgas (Urteil vom 11.7.2012).

7

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin, das LSG habe den Begriff der Angemessenheit des § 22 SGB II rechtsfehlerhaft angewandt. Zutreffende Konsequenz aus der Feststellung, der Beklagte verfüge über kein schlüssiges Konzept zur Ermittlung der angemessenen Miete, hätte die Annahme einer Unmöglichkeit zur Kostensenkung sowie der Verurteilung zur Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen sein müssen. Die vom Beklagten herangezogene Mietobergrenze sei zu gering. Bei seinen Ermittlungen habe das LSG die Rechtsprechung des BSG nicht zutreffend umgesetzt. Die erhobenen und ermittelten Daten seien nicht repräsentativ. Zudem käme es bei Übertragung der Daten zu einer "Ghettoisierung". Die Annahme, zur gewährten Mietobergrenze sei 1/5 der Wohnungen in München generell zu diesem Preis verfügbar, sei unzutreffend. Bereits die dem Sachverständigen gestellten Fragen seien teilweise problematisch. Die Beweisanordnung sei schon durch die Bezugnahme auf den Mietspiegel vorbestimmt gewesen. Das LSG habe bei der Fragestellung antizipiert, dass die Rohdaten des Mietspiegels und eine diesbezügliche Konzentration auf 20 % des maßgeblichen Wohnraums geeignet seien, ein zutreffendes Bild des Mietmarkts im streitgegenständlichen Zeitraum zu zeichnen. Die 20 %-Grenze sei willkürlich gezogen. Tatsächlich dürften nicht nur 5,3 % der Gesamtbevölkerung Wohnungen im unteren Marktsegment suchen, sodass ein Verweis auf die vom LSG in die Auswertung nicht einbezogenen Sozialwohnungen problematisch sei. Dies zeige sich bereits daran, dass nicht Ortsansässige auf solche Wohnungen mindestens fünf Jahre warten müssten. Im Gutachten unberücksichtigt geblieben seien auch Aspekte, die zu einer Erhöhung der Quadratmeterpreisberechnung geführt hätten, wie zB ein Zuschlag für eine Küche. Auch bei absoluter Betrachtung sei die Stichprobe viel zu gering, um daraus die Verfügbarkeit von Wohnraum ableiten zu können. Es gäbe auf dem Münchener Mietmarkt nicht etwa 20 % Wohnungen um 50 qm, sondern nur zwischen 1,31 % und 4,8 %. Das LSG habe zudem in entscheidungserheblicher Art und Weise gegen § 103 SGG verstoßen, indem es einem Antrag auf Vernehmung des Haus- und Grundbesitzervereins München und Umgebung eV, gesetzlich vertreten durch Rechtsanwalt S, als Sachverständigen keine Folge geleistet habe. Das LSG habe auch, obwohl die Klägerin nicht anwaltlich vertreten gewesen sei, keinerlei Hinweis darauf gegeben, dass eine weitere Beweisaufnahme aus seiner Sicht entbehrlich sei.

8

Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Änderung des Urteils des Bayerischen Landessozialgerichts vom 11. Juli 2012 und Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 26. November 2009 sowie Änderung der Bescheide des Beklagten vom 23. April 2007 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 14. August 2007, diese in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Dezember 2007 und in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. September 2008 sowie des Änderungsbescheides vom 29. April 2009, des Bescheides vom 22. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. September 2008, diese in der Fassung des Änderungsbescheides vom 29. April 2009 und des Bescheides vom 7. Mai 2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 3. Juli 2008, diese in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. September 2008 und in der Fassung der Änderungsbescheide vom 15. Dezember 2008 sowie 29. April 2009, zu verurteilen, ihr über die bereits im Urteil des Landessozialgerichts zuerkannten Leistungen hinaus für den Zeitraum vom 1. Juni 2007 bis 30. November 2008 Leistungen für Unterkunft und Heizung unter Zugrundelegung der tatsächlichen Mietzahlungsverpflichtung zu gewähren.

9

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Das LSG sei der Rechtsprechung des BSG gefolgt, als es selbst Ermittlungen zur Angemessenheit der Mietobergrenze vorgenommen habe. Die Zugrundelegung einer 20 %-Grenze durch das LSG fülle das durch die Rechtsprechung des BSG vorgegebene "untere Marktsegment" aus. Zudem habe das LSG keine Abschläge bei der Miete berücksichtigt, sondern dies vielmehr für unzulässig erachtet. Die erhobenen Daten seien entgegen der Auffassung der Klägerin auch repräsentativ. Regressionsmietspiegel, wie der für München erstellte, kämen mit einer kleineren Stichprobe als sog Tabellenmietspiegel aus. Die im Mietspiegel erfassten Bestandsmieten seien lediglich solche aus den letzten vier Jahren vor der Stichprobe. Die Daten für den Mietspiegel seien zwar im Auftrag der Stadt München, aber durch ein unabhängiges Marktforschungsinstitut erhoben und ausgewertet worden.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet.

12

Die Entscheidung des LSG ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat der Klägerin schlussendlich im hier streitigen Zeitraum Leistungen für Unterkunft und Heizung in angemessener Höhe iS des § 22 Abs 1 SGB II erbracht.

13

1. Streitgegenstand sind höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum vom 1.6.2007 bis 30.11.2008, als sie in den Bescheiden des Beklagten für die Zeiträume vom 1.6.2007 bis 30.11.2007, 1.12.2007 bis 31.5.2008 und 1.6.2008 bis 30.11.2008 festgestellt worden sind.

14

Nicht Streitgegenstand ist die Höhe der Leistungen für den vorhergehenden Zeitraum ab dem 1.3.2007. Der erkennende Senat brauchte daher nicht darüber zu befinden, ob sich das LSG zur Begründung seiner Aufhebungsentscheidung zutreffend auf § 45 SGB X gestützt hat oder nicht § 48 SGB X hätte zugrundelegen müssen. Denn es liegt nahe, bei der Umsetzung einer angekündigten Absenkung der Leistungen für Unterkunft von einer Änderung der rechtlichen Verhältnisse auszugehen. Die Klägerin hat sich jedoch in ihrer Revision nicht gegen die Höhe der Leistungen in diesem Zeitraum gewandt - obwohl sie niedriger waren, als ihre tatsächlichen Aufwendungen - und der unterlegene Beklagte ist nicht in die Revision gegangen. Das Urteil des LSG ist insoweit rechtskräftig geworden.

15

Ebenfalls rechtskräftig geworden ist die Entscheidung des LSG im Hinblick auf die zu Lasten des Beklagten vorgenommene Anwendung der Rundungsvorschrift des § 41 Abs 2 SGB II(idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954, der insofern seit dem Inkrafttreten am 1.1.2005 bis zum Ende des hier streitigen Zeitraumes nicht geändert worden ist) und die Verurteilung zur Zahlung eines Betrags von 9,88 Euro für die Gaskostennachforderung im Monat Februar 2008. Der Beklagte ist auch hiergegen nicht in die Revision gegangen.

16

2. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Klägerin ihre Anfechtungs- und Leistungsklage auf Leistungen für Unterkunft und Heizung beschränkt hat (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18 f; vgl auch BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 11). Hieran hat sich - wie das BSG bereits mehrfach entschieden hat - durch die Neufassung des § 19 SGB II aufgrund des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 453) für laufende Verfahren über vor Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1.1.2011 abgeschlossene Bewilligungsabschnitte - wie es auch hier der Fall ist - nichts geändert (BSG Urteil vom 26.5.2011 - B 14 AS 132/10 R - juris RdNr 11; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 RdNr 11; BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 11).

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3. An dem Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach § 22 SGB II an die einkommens- und vermögenslose, alleinstehende Klägerin bestehen nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG keine Zweifel.

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4. Die der Klägerin von dem Beklagten bewilligten Leistungen für Unterkunft in Höhe von 496,45 Euro für ihre Mietaufwendungen (brutto/kalt) ab dem 1.6.2007 und 504,21 Euro (ebenfalls brutto/kalt) ab dem 1.7.2008 bis zum 30.11.2008 sind rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf höhere Leistungen. Rechtsgrundlage für die hier umstrittene Höhe der Leistungen sind §§ 19, 22 SGB II. Danach werden im Rahmen des Alg II Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs 1 S 1 SGB II idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954, der insofern seit dem Inkrafttreten am 1.1.2005 bis zum Ende des hier streitigen Zeitraumes nicht geändert worden ist). Damit lässt sich der Gesetzgeber - anders als im Hinblick auf den pauschalierten Regelbedarf - bei den Unterkunftskosten zunächst vom Prinzip der Einzelfallgerechtigkeit leiten, indem er anordnet, zur Bestimmung der Leistungshöhe auf die tatsächlichen Unterkunftskosten abzustellen. Diese sind im Grundsatz zu erstatten. Allerdings sind die Leistungen nicht in beliebiger Höhe zu erbringen, sondern nur insoweit, als die tatsächlichen Aufwendungen für Miete und Heizung angemessen sind. Die Angemessenheit begrenzt somit die zu erbringenden Leistungen der Höhe nach. Die Begrenzung der Leistungen für KdU - die Aufwendungen der Klägerin für Heizkosten hat der Beklagte schlussendlich in tatsächlicher Höhe abzüglich der Warmwasserpauschale erbracht - ab dem 1.6.2007 auf die vom Beklagten befundene Höhe ist im vorliegenden Fall rechtmäßig.

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a) Die Angemessenheitsprüfung hat unter Berücksichtigung des allgemeinen Gleichheitssatzes nach einheitlichen Kriterien zu erfolgen. Das Rechtsstaatsprinzip fordert die Verlässlichkeit und Vorhersehbarkeit der Begrenzung (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 12). Zur Konkretisierung der Angemessenheitsgrenze ist daher auf einer ersten Stufe eine abstrakte und auf einer zweiten Stufe eine konkret-individuelle Prüfung vorzunehmen (vgl BSG Urteil vom 26.5.2011 - B 14 AS 132/10 R - juris RdNr 17). Im Rahmen der Prüfung abstrakter Angemessenheit werden nach der Rechtsprechung des BSG zunächst die abstrakt angemessene Wohnungsgröße und der Wohnungsstandard bestimmt sowie anschließend festgelegt, auf welchen räumlichen Vergleichsmaßstab für die weiteren Prüfungsschritte abzustellen ist. Alsdann ist zu ermitteln, wie viel auf diesem Wohnungsmarkt für eine einfache Wohnung aufzuwenden ist.

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aa) Die abstrakt angemessene Wohnungsgröße hat das LSG hier zutreffend mit 50 qm bestimmt. Es hat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG zur Bestimmung der Angemessenheit der Wohnungsgröße auf die Werte zurückgegriffen, welche die Länder aufgrund des § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (WoFG) festgesetzt haben(vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, RdNr 19; Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - juris RdNr 12). Nach § 10 WoFG können die Länder im geförderten Wohnungsbau Grenzen für Wohnungsgrößen festlegen, bis zu denen eine Förderung in Betracht kommt. Der erkennende Senat sieht diesen Anknüpfungspunkt zwar als problematisch an (vgl zu seiner Kritik im Einzelnen das zur Stadt München ergangene Urteil des Senats vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 16 f). Aus Gründen der Rechtssicherheit und der Praktikabilität ist aber wenigstens solange, wie nicht eine Satzung über die angemessenen KdU iS von §§ 22a ff SGB II vorliegt, in welcher grundsätzlich andere Wohnraumgrößen festgelegt werden können(vgl § 22b Abs 1 S 1 Nr 1 SGB II), an diesem Maßstab festzuhalten. Nach den Bestimmungen des Freistaates Bayern in den Wohnraumförderbestimmungen (Wohnraumförderbestimmungen der Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern vom 11.11.2002 und vom 4.12.2007 ) ist auch für die Stadt München eine angemessene Wohnungsgröße von 50 qm für einen Ein-Personen-Haushalt zugrunde zu legen.

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bb) Das LSG hat auch zutreffend erkannt, dass die für Leistungsberechtigte infrage kommende Wohnung nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entsprechen muss, ohne gehobenen Wohnstandard aufzuweisen (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, RdNr 24; BSG Urteil vom 11.12.2012 - B 4 AS 44/12 R - RdNr 13). Dabei ist die Festlegung des unteren Marktsegments zunächst in die Hände der Verwaltung gelegt, denn diese kann am ehesten anhand der regionalen Gegebenheiten entscheiden, welche Wohnungsmerkmale einen einfachen Wohnstandard ausmachen. Das BSG hat jedoch auch klargestellt, dass die Referenzwohnungen, die nicht den einfachen, sondern den untersten Standard abbilden, von vornherein nicht zu dem Wohnungsbestand gehören, der überhaupt für die Bestimmung einer Vergleichsmiete abzubilden ist. Deshalb dürfen sie in eine Auswertung auch der hinter einem qualifizierten Mietspiegel stehenden Daten unter dem Blickwinkel des § 22 SGB II nicht einfließen, unabhängig davon, ob sich in diesem Mietsegment (noch) eine nennenswerte Zahl an Wohnungen findet(BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42, RdNr 29; s auch BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 85/09 R - RdNr 23; BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - , RdNr 14). Diesen Voraussetzungen wird die Entscheidung des LSG hier gerecht, wenn das Gericht die hinter dem qualifizierten Mietspiegel für die Stadt München liegenden Daten aus den Jahren 2007 heranzieht. Denn die Daten dieses Mietspiegels umfassen weder Wohnungen in einfacher Wohnlage (Wohnungen in abgelegenen Gebieten mit unzureichender Infrastruktur und/oder Nähe zu größeren Gewerbe- und Industriegebieten, Entsorgungs- oder militärischen Anlagen) noch Wohnungen mit einfachster Ausstattung, deren Toilette, Küche oder Bad von anderen Mietparteien mitbenutzt werden, die nicht über Küche und Toilette verfügen und Wohnungen im Untergeschoss (Mietspiegel München 2007, S 5, 11 und Mietspiegel München 2009, S 4, 5, 11).

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cc) Auch soweit das LSG die gesamte Stadt München als maßgeblichen Vergleichsraum angesehen hat, sind Rechtsfehler nicht erkennbar. Der Senat hat bereits für Großstädte wie München entschieden, dass es bei der Festlegung des Vergleichsraumes um die Ermittlung einer (angemessenen) Referenzmiete am Wohnort oder im weiteren Wohnumfeld des Hilfebedürftigen gehe. Daher seien die Grenzen des Vergleichsraumes insbesondere danach abzustecken, ob es sich um einen ausreichend großen Raum (nicht bloße Orts- oder Stadtteile/-bezirke) der Wohnbebauung aufgrund räumlicher Nähe, mit zusammenhängender Infrastruktur und insbesondere verkehrstechnischer Verbundenheit handele. Der Raum muss insgesamt betrachtet einen homogenen Lebens- und Wohnbereich darstellen (BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 21). Hiervon kann nach den Feststellungen des LSG bei dem vom Mietspiegel München umfassten Stadtgebiet ausgegangen werden; die Beteiligten haben hiergegen auch keine Revisionsrügen erhoben.

23

dd) Das vom LSG gewählte Verfahren zur Überprüfung der von dem Beklagten bestimmten Angemessenheitsgrenze sowie das Ergebnis der Überprüfung sind ebenfalls grundsätzlich nicht zu beanstanden. Im Rahmen der Überprüfung der vom Beklagten angenommenen Referenzmiete, zur Bestimmung also, wie hoch die angemessenen Aufwendungen für eine Wohnung einfachen Standards einer bestimmten Größe in einem bestimmten Vergleichsraum sind, ist es Ziel, einen Mietpreis hierfür zu ermitteln, um so die angemessenen Aufwendungen bestimmen zu können ("Referenzmiete", vgl BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 17).

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Eine pauschale bundeseinheitliche Grenze (Quadratmeterpreis) scheidet hierbei aus. Es ist auf die konkreten Verhältnisse abzustellen. Die Kosten für Wohnraum können in den einzelnen Vergleichsräumen sehr unterschiedlich sein. Um trotzdem ein gleichmäßiges Verwaltungshandeln auch innerhalb eines Vergleichsraums zu gewährleisten, muss die Ermittlung der regionalen Angemessenheitsgrenze (vgl BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - RdNr 16) auf Grundlage eines überprüfbaren "schlüssigen Konzepts" erfolgen. Das schlüssige Konzept soll die hinreichende Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiedergegeben werden (vgl BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - juris RdNr 16; vgl auch BSG Urteil vom 19.3.2008 - B 11b AS 41/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 7 RdNr 23). Dabei muss der Grundsicherungsträger zwar nicht zwingend auf einen einfachen oder qualifizierten Mietspiegel iS der §§ 558c und 558d BGB abstellen(vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3; BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - juris RdNr 7). Entscheidend ist jedoch, dass den Feststellungen des Leistungsträgers ein Konzept zugrunde liegt, dieses im Interesse der Überprüfbarkeit des Ergebnisses schlüssig und damit die Begrenzung der tatsächlichen Unterkunftskosten auf ein "angemessenes Maß" hinreichend nachvollziehbar ist.

25

Dabei ist es zuvörderst Angelegenheit der Grundsicherungsträger, für ihren Zuständigkeitsbereich ein schlüssiges Konzept zu entwickeln, auf dessen Grundlage die erforderlichen Daten zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze zu erheben und auszuwerten sind (vgl § 40 Abs 1 SGB II iVm § 20 SGB X). Die anhand eines solchen Konzeptes erzielbaren Erkenntnisse sind vom Grundsicherungsträger daher schon für eine sachgerechte Entscheidung im Verwaltungsverfahren notwendig und in einem Rechtsstreit von ihm vorzulegen. Entscheidet der Leistungsträger - wie auch hier - ohne eine hinreichende Datengrundlage, führt dies entgegen der Auffassung der Klägerin jedoch nicht ohne Weiteres dazu, dass automatisch die Leistungen für KdU in tatsächlich entstehender Höhe zu übernehmen wären. Vielmehr ist die Verwaltung im Rahmen ihrer prozessualen Mitwirkungspflicht nach § 103 S 1, 2. Halbs SGG gehalten, dem Gericht eine möglichst zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und auf Verlangen des Gerichts eine ggf unterbliebene Datenerhebung und -aufbereitung nachzuholen. Es kann von dem gemäß § 6 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB II für die Leistungen nach § 22 SGB II zuständigen kommunalen Träger erwartet werden, dass er die bei ihm vorhandenen Daten sowie die persönlichen und/oder sachlichen Voraussetzungen für die Erhebung und Auswertung der erforderlichen Daten zur Verfügung stellt. Wie der Senat bereits ausgeführt hat, geht diese Ermittlungspflicht zwar nicht ohne Weiteres auf das SG über, wenn sich das Konzept des Grundsicherungsträgers als nicht schlüssig erweist oder bei einem an sich schlüssigen Konzept die erforderlichen Daten nicht oder nicht ordnungsgemäß erhoben worden sind (idS BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, juris RdNr 27; vgl auch BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 65/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 26 RdNr 21; BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 14 AS 73/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 34). Andererseits haben die beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate jedoch bereits entschieden, dass dann, wenn Datenmaterial für den Vergleichsraum vorhanden ist, etwa noch auswertbare Daten, die die Grundlage für die Erstellung zumindest eines qualifizierten Mietspiegels geboten haben, diese im Rahmen der Amtsermittlungspflicht der Tatsachengerichte der Sozialgerichtsbarkeit zur Überprüfung der von dem Beklagten gewählten Angemessenheitsgrenze heranzuziehen sind (BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 65/09 R - juris RdNr 28 und - B 14 AS 2/10 R - juris RdNr 14 sowie - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 27; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 RdNr 24; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 85/09 R - juris RdNr 28 und - B 14 AS 32/09 R - juris RdNr 23 ; BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 23; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 16/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 59 RdNr 16 f; BSG Urteil vom 14.2.2013 - B 14 AS 61/12 R - juris RdNr 22 ).

26

Gemessen an diesen Vorgaben ist es nicht zu beanstanden, dass das Tatsachengericht hier die für die Ermittlung der angemessenen KdU erforderlichen Daten vom Grundsicherungsträger eingeholt bzw angefordert und diese anschließend durch einen Sachverständigen hat auswerten lassen. Das LSG durfte sich ebenfalls im Rahmen seiner Ermittlungen hinsichtlich der Anknüpfungstatsachen (§ 118 Abs 1 S 1 SGG iVm § 404a Abs 3 ZPO) an dem Datenbestand orientieren, der für die Erstellung des Mietspiegels für die Stadt München erhoben wurde.

27

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist diese Tatsachenvorgabe auch nicht mit durchgreifenden Zweifeln behaftet. Das BSG vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass sich die Grundsicherungsträger für die Ermittlung der Angemessenheitsgrenze (ausschließlich) an dieser Art des Datenbestandes orientieren dürfen. Für das gerichtliche Ermittlungsverfahren gelten keine strengeren Anforderungen (BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - juris RdNr 16; BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 25; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 RdNr 25; BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 65/09 R - juris RdNr 29 und - B 14 AS 2/10 R - juris RdNr 14 sowie - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 27; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 RdNr 24; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 85/09 R - juris RdNr 28 und - B 14 AS 32/09 R - juris RdNr 23 ; BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 23; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 16/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 59 RdNr 16 f; BSG Urteil vom 14.2.2013 - B 14 AS 61/12 R - juris RdNr 22 ).

28

ee) Ebenso genügt das vom LSG gewählte Verfahren zur Überprüfung der von dem Beklagten bestimmten Angemessenheitsgrenze von 496,45 Euro vom 1.6.2007 bis 30.6.2008 und ab dem 1.7.2008 von 504,21 Euro brutto kalt sowie das Ergebnis der Überprüfung im konkreten Fall den Vorgaben des BSG. Der erkennende Senat hat entschieden, dass ein Konzept ein planmäßiges Vorgehen iS einer systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenn auch orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Raum sei (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 19). Von der Schlüssigkeit eines Konzepts ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG auszugehen, sofern die folgenden Mindestvoraussetzungen erfüllt sind (vgl BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 19; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 RdNr 26; BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42; BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 20):

-       

Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen,

-       

es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, zB welche Art von Wohnungen - Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße,

-       

Angaben über den Beobachtungszeitraum,

-       

Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, zB Mietspiegel),

-       

Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten,

-       

Validität der Datenerhebung,

-       

Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und

-       

Angaben über die gezogenen Schlüsse (zB Spannoberwert oder Kappungsgrenze).

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Diese Anforderungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Durch den Rückgriff des LSG auf die Daten des Münchner Mietspiegels 2007 wird die Datenerhebung auf ein bestimmtes Gebiet (hier: die Stadt München) begrenzt - der Vergleichsraum ist damit genau eingegrenzt und es werden nicht nur Mieten bestimmter Stadtbezirke in die Auswertung einbezogen, sondern Daten über das gesamte Stadtgebiet erhoben (BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 21). Einer Konzentration Leistungsberechtigter auf bestimmte Stadtbezirke, die auf eine nur begrenzte Nutzung des Datenbestandes oder eine nur begrenzte Datenerhebung zurückzuführen sein könnte, ist nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG auch nicht festzustellen. Abgesehen davon, dass die entgegengesetzte Behauptung der Klägerin eine - der Revision entzogene (vgl § 163 SGG) - Tatsachenbehauptung darstellt, erfolgt hier nach den Feststellungen des LSG keine Begrenzung des Raumes der Datenerhebung auf besonders "heruntergekommene" und daher "billige" Stadtbezirke, sondern die Ermittlung bezieht sich auf das Mietpreisniveaus im gesamten Stadtgebiet bzw räumlichen Vergleichsraum. Zwar folgt aus dieser Betrachtung nach dem Sachverständigengutachten, dass in einigen Stadtbezirken Münchens Wohnungen mit einer Größe "um 50 qm" und einer Bruttokaltmiete bis zu 450 Euro nicht zu finden sind. Dieses Ergebnis betrifft jedoch entgegen der Auffassung der Klägerin nicht die Frage, ob die Datenerhebung über den gesamten Vergleichsraum erfolgt ist. Soweit sie hier die Forderung des BSG nach einer Vermeidung von Ghettoisierung behandelt, hat der Senat im Übrigen Zweifel, ob angesichts des vom LSG festgestellten Vorhandenseins von Wohnungen zu einem Mietzins noch unterhalb der von dem Beklagten als Referenzgröße angenommenen (450 Euro ./. rund 500 Euro) in 18 von 26 Stadtbezirken das Risiko einer Ghettobildung besteht.

30

Nicht zu beanstanden ist auch die Vorgehensweise des LSG auf den Datenbestand des qualifizierten Mietspiegels für München zurückzugreifen, obwohl bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete nach § 558 Abs 2 BGB, zu deren Darstellung Mietspiegel dienen, nur diejenigen Wohnungen berücksichtigt werden, bei denen die Miete in den letzten vier Jahren neu vereinbart oder, von Veränderungen der Betriebskosten nach § 560 BGB abgesehen, geändert worden ist und Wohnraum nicht berücksichtigt wird, bei dem die Miethöhe durch Gesetz oder im Zusammenhang mit einer Förderzusage festgelegt worden ist, weil §§ 558 ff BGB nur auf frei vermieteten Wohnraum Anwendung findet. Mit der Entscheidung des BSG, dass die hinter einem Mietspiegel liegenden Daten grundsätzlich geeignet sind, auch die grundsicherungsrechtliche Angemessenheitsgrenze zu bestimmen (s nur BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 65/09 R - juris RdNr 29), ist die Konsequenz verknüpft, dass alsdann keine Angebotsmieten in die Datenerhebung einfließen müssen (anderes für andere Datenquellen: BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 33/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 25 RdNr 20; BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 24; BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 102 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 22). Die hiervon ausgehenden Wirkungen auf die Mietpreisgrenze werden jedoch dadurch gemindert, dass im Rahmen der Datenauswertung lediglich solche Mieten berücksichtigungsfähig sind, die in den letzten vier Jahren vor dem Stichtag der Datenerhebung geändert oder neu vereinbart wurden (vgl § 558 Abs 2 BGB; Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, Stand Juli 2002, S 3). Dadurch wird erreicht, dass nur aktuell zu zahlende Mieten der Datenerhebung zugrunde gelegt werden. Gewährleistet wird durch den Rückgriff auf die Daten des Mietspiegels zudem, dass Wohnraum, dessen Miete keinen zuverlässigen Aufschluss über die örtlichen Gegebenheiten bringen kann, wie es etwa für Wohnraum in Wohnheimen oder Herbergen und Gefälligkeitsmietverhältnissen (zB Vereinbarung von besonders niedrigen Mieten zwischen Verwandten) der Fall ist, nicht berücksichtigt wird.

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Der Rechtsprechung des BSG folgend hat das LSG auch zutreffend die Bruttokaltmiete als Beobachtungsgegenstand der Datenerhebung gewählt (BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 33 f; BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 23 zur Nettokaltmiete als Vergleichsbasis; siehe auch BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18, RdNr 16 ff; BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 34; BSG Urteil vom 22.8.2012 - B 14 AS 13/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 64 RdNr 27). Dieses Vorgehen gewährleistet für die Leistungsberechtigten die Möglichkeit innerhalb des die Angemessenheit bestimmenden Produkts aus Wohnungsgröße und Ausstattung tatsächlich frei wählen zu können; die Möglichkeiten der Produkttheorie also ausschöpfen zu können. Ebenso wenig ist es hier zu beanstanden, dass durch den Rückgriff auf die Bruttokaltmiete sämtliche kalten Nebenkosten in die Überprüfung der vom Beklagten zugrunde gelegten Angemessenheitsgrenze eingeflossen sind. Denn bei der Bestimmung der abstrakt angemessenen kalten Betriebskosten im Vergleichsraum kommt es nicht darauf an, ob existenzsicherndes Wohnen in (gedachten) Wohnungen möglich ist, in denen der in den Betriebskostenarten, wie zB Kosten für Straßen- und Gehwegreinigung, Hausreinigung, Gartenpflege und Schneebeseitigung durch Dritte, Gemeinschaftsantenne/Kabelanschluss und Aufzug, zum Ausdruck kommende Wohnungsstandard nicht gewährleistet ist. Es geht vielmehr darum "die Wirklichkeit", also die Gegebenheiten auf dem Mietwohnungsmarkt des Vergleichsraums, abzubilden (vgl nur BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 RdNr 21). Dort, wo statistische Daten zur Bestimmung der kalten Nebenkosten gerade im unteren Wohnsegment nicht vorliegen, hat es das BSG daher für zulässig befunden, auf bereits vorliegende Daten zurückzugreifen. Eine weitergehende Gewichtung hat das BSG nicht vorgenommen, weil nicht erkennbar ist, welche zuverlässigen (weitergehenden) Aussagen sich hieraus ableiten lassen sollten (BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 34 zu Betriebskostenübersichten und die Bildung eines Durchschnittswertes). Aus der Heranziehung von Werten aus allen Mietverhältnissen folgt zwar - weil er den gesamten Mietmarkt erfasst - in der Tendenz ein höherer Bruttokaltmietpreis, als dies bei Auswertung nur des Teilsegments der Fall wäre, auf das Leistungsberechtigte nach dem SGB II zu verweisen sind. Sofern eine entsprechend differenzierte Datenlage aber nicht vorliegt, also eine Auswertung des Teilsegments mit vernünftigem Aufwand ausscheidet, ist eine solche Vergröberung erforderlich, um mit ausreichender Sicherheit zu gewährleisten, dass in jedem Marktsegment - auch in dem in Bezug zu nehmenden unteren Segment - eine genügende Anzahl an Mietverhältnissen zu diesem Preis vorhanden ist. Dies wirkt sich im Übrigen auch nur zugunsten der Leistungsberechtigten aus.

32

Ebenfalls zutreffend und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG hat das LSG bei der Bestimmung des Beobachtungsgegenstandes eine Größenbeschränkung vorgenommen (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, RdNr 19; BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - juris; vgl zu seiner Kritik im Einzelnen das zur Stadt München ergangene Urteil des Senats vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 16 f). Es wird insoweit auf die obigen Ausführungen zur Bestimmung der Wohnungsgröße nach den maßgeblichen Wohnraumfördervorschriften verwiesen. Im Übrigen ist es nicht zu beanstanden, dass das LSG die Ausdehnung des Untersuchungsgegenstandes durch den Sachverständigen auf Wohnungen "um die 50 qm" gebilligt hat. Eine Beschränkung auf die Wohnungen, die exakt eine Größe von 50 qm aufweisen, würde zu einer zu starken Reduzierung der in die Betrachtung einzubeziehenden Wohnungen führen. Die Gewichtung auf 243 Wohnungen unter Berücksichtigung der aus dem Datenbestand entfernten Wohnungen begegnet ebenfalls keinen Bedenken, da hinter den gelöschten Datensätzen der ursprünglich 331 Wohnungen auch für das schlüssige Konzept nicht heranzuziehende Wohnungen waren.

33

Nicht zu beanstanden ist ferner, dass das LSG die Begrenzung der Datenerhebung auf die Zeitpunkte 1.7.2007 und 1.7.2008 vorgenommen hat. Das BSG hat es insoweit für die Datenerhebung im Rahmen eines schlüssigen Konzepts für erforderlich gehalten, dass "Angaben über den Beobachtungszeitraum" gemacht werden können (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 19). Auch ist das im Beobachtungszeitraum verwendete Zahlenmaterial nach den Feststellungen des LSG hinreichend aussagekräftig. Die für den Münchner Mietspiegel 2007 verwendeten Daten wurden zwar zum Stichdatum 1.1.2006 erhoben. Der Sachverständige hat die Werte für den hier noch streitgegenständlichen Zeitraum jedoch in vertretbarer Art und Weise nach anerkannter wissenschaftlicher Methodik für die weiteren zugrunde gelegten Stichdaten 1.7.2007 und 1.7.2008 fortgeschrieben. Die Klägerin wurde hierdurch nicht schlechter gestellt, als sich aus den Ausführungen des LSG zu der für den Münchner Mietspiegel 2011 erfolgten Datenerhebung ergibt, da die Stichprobe keinen solchen Preisanstieg ergeben hat, wie nach der Hochrechnung der Ergebnisse des Mietspiegels 2007 erwartet.

34

Soweit das LSG auf die Daten des Mietspiegels für München zurückgegriffen hat, hält dies, wie oben bereits ausgeführt, einer Überprüfung Stand. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG zum "schlüssigen Konzept" hat das LSG hier eine "Stichprobe" zur Basis seiner Überprüfung der Angemessenheitsgrenze des Beklagten gemacht (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 24). Insoweit gilt, dass eine Anlehnung hinsichtlich des Stichprobenumfangs und der Auswertung etc an den für Mietspiegel geltenden Standard nicht zu beanstanden ist (vgl zum Stichprobenumfang: Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, Stand Juli 2002, S 38 f). Im Hinblick auf einen qualifizierten Mietspiegel hat der erkennende Senat bereits darauf hingewiesen, dass bei dessen Erstellung die Repräsentativität der Stichprobe durch die Annahme der Chance gleicher Wahrscheinlichkeit der Abbildung der im Detail unbekannten Realität der Grundgesamtheit des Gesamtwohnungsbestandes fingiert werde (BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 24; s auch Gautzsch, Sozialrecht aktuell 2011, S 137, 139) und eine umfassende verfahrensrechtliche Absicherung durch die beteiligten Interessengruppen stattfinde. Daher sei die Repräsentativität und Validität der Datenerhebung für einen Mietspiegel auch im Rahmen des schlüssigen Konzepts regelmäßig als ausreichend anzusehen (vgl hierzu bereits BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 RdNr 28). Einwände gegen die Methodik der Erhebung der Daten für den Münchner Mietspiegel 2007 sind nicht ersichtlich und von der Klägerin auch nicht geltend gemacht. Allein die Kritik an den gezogenen Schlüssen genügt insoweit nicht, um die statistische Methodik der Datenerhebung in Frage zu stellen.

35

Denn es handelt sich auch bei der für den Raum München gezogenen Stichprobe des Regressionsmietspiegels 2007 um eine repräsentative Stichprobe. Beim Regressionsmietspiegel wird davon ausgegangen, dass die Miete einer Wohnung sich aus der Bewertung ihrer Wohnwertmerkmale durch die Marktpartner ergibt und dieser Zusammenhang mit einer mathematischen Gleichung beschrieben werden kann. Jedes Merkmal leistet dabei einen Beitrag zum Mietpreis der Wohnung (vgl dazu Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, Stand Juli 2002, S 40). Daher kommen Regressionsmietspiegel im Vergleich zum Tabellenmietspiegel mit einer kleineren Stichprobe aus. Denn der Regressionsmietspiegel nutzt die Informationen der gesamten Stichprobe und nicht nur von Teilmengen, wie sie hinter den jeweiligen Tabellenfeldern des Tabellenmietspiegels stehen (vgl dazu Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, Stand Juli 2002, S 39). Für die Stichprobe gilt, dass sie proportional vorzunehmen ist, also dass in einer solchen Stichprobe alle wesentlichen Teilmengen der Grundgesamtheit in ähnlichen Proportionen auch enthalten sind (Börstinghaus/Clar, Mietspiegel, 1997, RdNr 650; Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, Stand Juli 2002, S 35). Das LSG hat im Anschluss an den von ihm ernannten Sachverständigen aus einer Stichprobe von mehr als 3000 Wohnungen im gesamten Münchener Stadtgebiet 331 Wohnungen "um die 50 qm" (bestimmt als gewichteter Wohnungsbestand zwischen 46 und 54 qm) zugrunde gelegt. Dieses Verfahren der Stichprobe entspricht dem aktuellen Stand der Forschung, wie auch das LSG in seinem Urteil ausgeführt hat.

36

Dass die für die Erstellung des Münchener Mietspiegels 2007 erhobenen Daten und für das Urteil des LSG zugrunde gelegten Wohnungen "um die 50 qm" keine qualitativen Merkmale einfachen Standards aufwiesen, steht der Auswertung und Verwendung dieser Daten nicht entgegen, denn offensichtlich weisen diese Wohnungen einen höheren als den unteren Standard auf und bewegen sich dennoch im maßgeblichen Preissektor. Umgekehrt ist anzunehmen, dass Wohnungen, die einen geringeren Standard aufweisen, zu noch günstigeren Konditionen angemietet werden können. Die vom LSG verwendete Datengrundlage ist auf diese Art und Weise zugunsten der Klägerin vergrößert worden. Die vom Sachverständigen vorgenommene und vom LSG akzeptierte Gewichtung der Wohnungen um 50 qm, die dazu beiträgt, dass die Stichprobe letztlich 243 Wohnungen umfasst, führt im Übrigen dazu, dass Wohnungen, die nicht dem Standard entsprechen, der im Rahmen der Überprüfung durch das "schlüssige Konzept" zugrunde zu legen ist, aus der Auswertung von vornherein ausgeschieden worden sind.

37

Dass das LSG von den ermittelten Wohnungen "um die 50 qm" letztlich die unteren 20 % des preislichen Segments zur Grundlage seiner Entscheidung über die Angemessenheit gemacht hat, begegnet ebenfalls keinen durchgreifenden Bedenken. Die Grenzziehung nach der Höhe des Mietpreises im Vergleichsraum ist im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden, weil die Stichprobe eine klare Definition des Untersuchungsgegenstandes nach "unten" und nach der Größe beinhaltet - anders als wenn ausschließlich ausgehend vom Mietpreis die Höhe der angemessenen Mietaufwendungen bestimmt wird. Es sind hier bereits bei der Datenerhebung lediglich Wohnungen mit mehr als einfachstem Standard in einer Größe von 46 bis 54 qm zugrunde gelegt worden. In die Erhebung einbezogen werden damit zugleich auch Daten für Wohnungen mittleren, gehobenen und luxuriösen Standards. Um diese bei der Auswertung alsdann wieder auszuscheiden, denn sie sind für Leistungsbezieher im Grundsicherungsrecht nicht angemessen, kann auf die Grenze "20%" zurückgegriffen werden. Dies entspricht einer Orientierung an den unteren 20 % der Einkommensbezieher. Nach den nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des LSG überschreitet im Vergleichsraum München auch mindestens 1/5 der Wohnungen mit grundsicherungsrechtlich zugrunde zu legendem Standard nicht die festgestellte Mietobergrenze, die der Beklagte gewählt hat, sondern liegt noch unter dieser.

38

Soweit die Klägerin vorbringt, für den vom Beklagten festgesetzten und vom LSG bestätigten Bruttokaltmietpreis sei es tatsächlich nicht möglich, in München eine Wohnung um 50 qm anzumieten, hält diese Behauptung einer Überprüfung unter systematischen Gesichtspunkten nicht Stand. Das BSG hält daran fest, dass dann, wenn ein qualifizierter Mietspiegel, der in einem wissenschaftlich gesicherten Verfahren aufgestellt wurde, der Bestimmung des angemessenen Quadratmeterpreises für die Kaltmiete zugrunde liegt und ihm Aussagen zur Häufigkeit von Wohnungen mit dem angemessenen Quadratmeterpreis entnommen werden können, davon auszugehen ist, dass es in ausreichendem Maße Wohnungen zu diesem abstrakt angemessenen Quadratmeterpreis im örtlichen Vergleichsraum gibt (BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 36; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 RdNr 30). Soweit die Klägerin in der Ergänzung ihrer Revisionsbegründung auf die Daten des Münchner Vereins Haus und Grund eV abstellt, rügt sie im Grunde die Auswahl der Datengrundlage, die hier jedoch, wie ausgeführt, nicht zu beanstanden ist.

39

ff) Darin, dass das Berufungsgericht einem schriftsätzlich angekündigten Antrag der Klägerin auf Einholung eines Sachverständigengutachtens durch das Unternehmen "Haus & Grund", vertreten durch Herrn Rechtsanwalt S, nicht gefolgt ist, liegt auch kein Verstoß gegen die Sachermittlungspflicht (vgl § 103 SGG). Das LSG musste sich nicht gedrängt fühlen, dem Beweisantrag der Klägerin nach Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens nachzukommen. Gemäß § 118 Abs 1 S 1 SGG iVm § 404a Abs 3 ZPO obliegt es dem Tatsachengericht, dem Sachverständigen den der Beurteilung zugrunde zu legenden Sachverhalt - hier den für die Erstellung des Münchner Mietspiegels 2007 erhobenen Datenbestand - vorzugeben. Daraus folgt, dass auch ein anderer als der vom Gericht ernannte Sachverständige seine sachverständigen Schlussfolgerungen aus diesem Datenbestand hätte ableiten müssen. Dass bei Anwendung derselben oder einer anderen mathematisch-statistischen Methode grundlegend andere Ergebnisse gefolgt wären, ist weder von der Klägerin dargetan noch sonst ersichtlich.

40

Dass das LSG eine weitere Beweisaufnahme nicht beabsichtigte, bedurfte auch keines ausdrücklichen Hinweises an die Klägerin. Eine Hinweispflicht besteht in erster Linie nur dann, wenn ein Beteiligter ausdrücklich um einen entsprechenden Hinweis bittet (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 109 RdNr 9a). Im Übrigen hat sich aus der Ladung des Gerichts zum Termin ergeben, dass eine weitere Beweisaufnahme nicht beabsichtigt war. Die Tatsacheninstanzen sind zudem nicht verpflichtet, auf das Stellen eines Beweisantrages - wie hier ohnehin schriftsätzlich seitens der Klägerin angekündigt - hinzuwirken (vgl BSG Beschluss vom 5.5.2010 - B 5 R 26/10 B - juris RdNr 10) oder zu einer in Aussicht genommenen Beweiswürdigung Hinweise zu geben (BSG Beschluss vom 31.8.1993 - 2 BU 61/93; BSG Beschluss vom 6.3.2003 - B 11 AL 129/02 B - HVBG-INFO 2003, 1724; Krasney in Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, Kap IX RdNr 99). Darauf liefe ein solcher von der Klägerin verlangter Hinweis jedoch hinaus.

41

b) Die Festsetzung der Leistungshöhe unterhalb der tatsächlichen Aufwendungen beruht auch auf einer wirksamen Kostensenkungsaufforderung (vgl zur Kostensenkungsaufforderung BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 38)iS des § 22 Abs 1 S 3 SGB II(idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 mWv 1.8.2006, BGBl I 1706). Danach sind die tatsächlichen Mietaufwendungen - soweit sie den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen - als Bedarf so lange zu berücksichtigen, wie es dem Leistungsberechtigten nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

42

Der Beklagte hat die Klägerin mehrfach, erstmals mit Schreiben vom 29.8.2006, aufgefordert, die KdU zu senken und nach dem Unterlassen jeglicher Kostensenkungsversuche durch die Klägerin eine Absenkung auf die von ihm als angemessen erachtete Höhe der kalten Nettomietaufwendungen in Höhe von 397,30 Euro zum 1.3.2007 angekündigt. Dabei ist es für den hier nur noch streitigen Zeitraum ab dem 1.6.2007 bis zum 30.11.2008 ohne Bedeutung, dass der Beklagte die "Sechsmonatsfrist" iS des § 22 Abs 1 S 3 SGB II, in der dem Leistungsberechtigten in der Regel die Möglichkeit eingeräumt wird, die nach Auffassung des Beklagten zu hohen Aufwendungen zu senken, zunächst unzutreffend berechnet hatte. Jedenfalls ab dem 1.6.2007 konnte der Beklagte die Unterkunfts- und Heizkosten absenken, denn die Klägerin war über die vom Beklagten als zutreffend befundene Angemessenheitsgrenze hinreichend informiert und ihr war die Kostensenkung auch nicht unmöglich.

43

Der Beklagte hat zwar in seiner Kostensenkungsaufforderung als Referenzmiete eine Nettokaltmiete benannt. Diese Angabe muss in dem hier streitigen Zeitraum jedoch noch als zulässig und ausreichend angesehen werden, um von einer zutreffenden Kostensenkungsaufforderung iS des § 22 Abs 1 S 3 SGB II ausgehen zu können. Noch 2009 hatte der erkennende Senat es offen gelassen, ob die Vergleichsmiete eine Netto- oder eine Bruttokaltmiete sein müsse (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 23; siehe auch BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18, RdNr 16 ff). Erst 2010 hat der 14. Senat eindeutig bestimmt, dass die Angemessenheitsgrenze durch eine genau zu benennende Bruttokaltmiete zu definieren ist (BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 33 f; s auch BSG Urteil vom 22.8.2012 - B 14 AS 13/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 64 RdNr 27). Der erkennende Senat ist dem gefolgt (BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 34).

44

Unschädlich ist auch, dass der Beklagte die Angemessenheitsgrenze im Verlaufe des Gerichtsverfahrens geändert hat. Denn dies ist einerseits Ergebnis der Auseinandersetzungen der Beteiligten vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und andererseits stellt das Schreiben des Grundsicherungsträgers über die Unangemessenheit der Unterkunftskosten und die Aufforderung zur Kostensenkung lediglich ein Informationsschreiben mit Aufklärungs- und Warnfunktion dar. Hält der Leistungsempfänger die vom Grundsicherungsträger vorgenommene Einschätzung über die Angemessenheit der Kosten für nicht zutreffend bzw einschlägig, so ist der Streit hierüber bei der Frage auszutragen, welche KdU angemessen sind (vgl nur BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 16/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 59 RdNr 19, unter Hinweis auf BSG vom 20.8.2009 - B 14 AS 41/08 R - juris RdNr 34). Insofern stellt die Kostensenkungsaufforderung seitens des Grundsicherungsträgers lediglich ein "Angebot" dar, in einen Dialog über die angemessenen KdU einzutreten (BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 40).

45

Gründe, die der Klägerin eine Kostensenkung unzumutbar machen könnten, sind nicht ersichtlich. Die Klägerin hat sich nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) auch nicht um eine Kostensenkung bemüht oder anderweitig nachgewiesen, dass es ihr nicht möglich oder zumutbar war, Wohnraum zu der vom Beklagten vorgegebenen Mietobergrenze anzumieten.

46

5. Der Abzug der Kosten für die Warmwasserbereitung von den tatsächlichen Aufwendungen der Klägerin für die Gaslieferung/Heizung in Höhe von 6,22 Euro für den Monat Juni 2007, 6,26 Euro monatlich für den Zeitraum von Juli 2007 bis einschließlich Juni 2008 und 6,33 Euro monatlich für den Zeitraum von Juli 2008 bis November 2008 ist nicht zu beanstanden. Höhere Leistungen wegen der Heizkostennachforderung für den Monat Februar 2008 und unter Berücksichtigung der Anwendung der Rundungsregelung des § 41 Abs 2 SGB II, wie durch das LSG geschehen, stehen der Klägerin nicht zu. Sie hat insoweit auch keine Einwände gegen die Entscheidung des LSG erhoben.

47

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Auf die Revisionen der Kläger wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. März 2014 - L 2 AS 3878/11 - aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Streitig sind höhere Leistungen für Kosten der Unterkunft (KdU) und Heizung in der Zeit vom 15.4. bis 30.9.2009.

2

Die 1978 geborene Klägerin zu 1 ist die Ehefrau des 1982 geborenen M. A., der als Student vom SGB II-Bezug ausgeschlossen ist. Gemeinsam mit dem im Jahre 2007 geborenen Sohn I. A. (Kläger zu 2) und der am 3.7.2009 geborenen Tochter M. (Klägerin zu 3) lebten die Eheleute bis Mitte April 2009 in F. Die Kläger erhielten zunächst von der Arbeitsgemeinschaft Stadt F. (ARGE) SGB II-Leistungen. Wegen der Schwangerschaft der Klägerin zu 1 bestätigte die ARGE die Notwendigkeit eines Wohnungswechsels. Die Familie bezog Mitte 2009 eine 85,75 qm große Vier-Zimmer-Wohnung in dem ca 10 km entfernt liegenden Ma./Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald. Die Miete hierfür betrug 910 Euro einschließlich nicht aufgeschlüsselter Neben-, Betriebs-, Heizungs- und Warmwasserkosten in Höhe von 210 Euro. Der vorab beteiligte Beklagte (bis zum 31.12.2010 noch die vormalige ARGE Breisgau-Hochschwarzwald, im Folgenden Beklagter) lehnte die Erteilung einer Zusicherung zum Umzug ab, weil die Wohnung nicht angemessen sei.

3

Der Beklagte berücksichtigte - wegen der Schwangerschaft der Klägerin zu 1 bereits ab 15.4.2009 - eine Wohnfläche von 90 qm für einen Vier-Personen-Haushalt und legte für die Bedarfsgemeinschaft und den Ehemann als angemessene Unterkunfts- und Heizkosten 713,38 Euro, also jeweils 178,35 Euro für die Kläger zu 1 bis 3, zugrunde (Bescheide vom 8.4.2009, 19.8.2009 und 12.1.2010, Widerspruchsbescheid vom 4.2.2010, Teilanerkenntnis vor dem SG vom 23.5.2011). Dem lagen eine Mietobergrenze für die Kaltmiete in Höhe von 519,30 Euro, Heizkosten in Höhe von 86 Euro (1 Euro je qm) abzüglich einer Warmwasserpauschale in Höhe von insgesamt 15,92 Euro und Nebenkosten in Höhe von 124 Euro zugrunde. Zur Festlegung der angemessenen Unterkunftskosten in dem vom Beklagten bestimmten Vergleichsraum "Umland F.", der die Gemeinden Gl., Go., Gu., H., Ma., Me. und U. umfasst, hat der Beklagte die tatsächlichen Quadratmeterpreise auf der Datengrundlage Bestandswohnungen der Leistungsbezieher nach dem SGB II, SGB XII und AsylbLG ermittelt.

4

Das SG hat die Klagen abgewiesen (Urteil vom 8.8.2011). Im Berufungsverfahren hat das LSG dem Beklagten aufgegeben, ergänzend die Unterkunftskosten der Wohngeldempfänger einzubeziehen, Ausreißermieten ausgehend vom arithmetischen Mittelwert zu eliminieren und den dann ermittelten Spannenoberwert zu benennen. Dem ist der Beklagte nachgekommen; er hat nach Bildung von Korridoren von plus und minus 20 % aus den verbleibenden Datensätzen wiederum Durchschnittswerte gebildet und für einen Vier-Personen-Haushalt in Ma. eine Kaltmietobergrenze von 512,40 Euro festgestellt. Eine weitere Nachberechnung unter Zugrundelegung des Spannenoberwerts hat er ebenso wie die Vorlage seiner Daten abgelehnt.

5

Das LSG hat die Berufungen der Kläger zurückgewiesen (Urteil vom 26.3.2014 - L 2 AS 378/11). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, die Kläger hätten im streitigen Zeitraum vom 15.4.2009 bis 30.9.2009 keinen Anspruch auf (weitere) höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung. Bei der Bestimmung der angemessenen KdU sei wegen der Schwangerschaft der Klägerin zu 1 bereits ab 15.4.2009 als angemessene Wohnungsgröße eine solche für einen Vier-Personen-Haushalt von 90 qm zu berücksichtigen. Auch sei es sachgerecht, als maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum die Raumschaft "Umland F." zu wählen. Grundsätzlich nicht zu beanstanden sei es, dass der Beklagte mit seinem seit 1.5.2009 in Kraft getretenen Konzept auf Bestandsmieten von Leistungsempfängern nach dem SGB II, SGB XII, AsylbLG in seinem Bezirk zurückgreife. Allerdings sei die Bildung eines Durchschnittswertes bei Wohnungen des unteren Preissegments rechtlich nicht zulässig, wenn - wie hier - nur die Wohnungen der Leistungsempfänger nach dem SGB II und dem SGB XII als Datengrundlage herangezogen würden. Der Senat habe erfolglos versucht, das Konzept vom Beklagten schlüssig machen zu lassen. Den Vorgaben entsprechend habe er zwar die bereits erhobenen Daten um diejenigen von Wohngeldbeziehern ergänzt, jedoch erneut einen Durchschnittswert gebildet, der dem unteren Preissegment zugeordnet werden müsse. Zur Vermeidung eines Zirkelschlusses hätte vom Spannenoberwert ausgegangen werden müssen. Ferner fehle es an einem einheitlichen Mietbegriff, weil der Beklagte hinsichtlich der Wohnungen von Wohngeldempfängern - anders als bei den übrigen Wohnungen - nicht nach Brutto- und Nettokaltmieten unterschieden habe. Da er eine weitere Mitwirkung ablehne, könne ein schlüssiges Konzept nicht mehr erstellt werden und sei von einem Erkenntnisausfall bei der Ermittlung der Höhe der angemessenen Unterkunftskosten auszugehen. Zur Bestimmung der Angemessenheitsobergrenze erfolge daher ein Rückgriff auf die Höchstbeträge der Wohngeldtabelle nach § 12 WoGG zuzüglich eines "Sicherheitszuschlags" von 10 %. Für die Wohnung der Kläger (vier Personen) ergebe sich für die Wohngemeinde Ma., die nach der Anlage zu § 1 Abs 3 der Wohngeldverordnung (WoGV) im Kreis Breisgau-Hochschwarzwald der Mietenstufe III zugeordnet sei, ein Betrag in Höhe von 556 Euro zuzüglich 10 %. Die tatsächlichen Heizkosten seien nicht bestimmbar. Es sei nicht nachgewiesen, dass diese höher gewesen seien, als vom Beklagten pauschal mit 86 Euro (86 qm x 1 Euro) zugrunde gelegt. Da die Kläger keine Betriebs- und Nebenkostenabrechnungen vorgelegt hätten, könne nicht ersatzweise auf den niedrigsten Grenzbetrag des bundesweiten Heizkostenspiegels von 2010 (Abrechnungsjahr 2009) zurückgegriffen werden, wonach sich maximal abstrakte angemessene Heizkosten für eine 90 qm Wohnung in Höhe von 108,90 Euro monatlich errechneten und zudem ein weiterer Abzug für die Warmwasserbereitung nicht gerechtfertigt sei. Unabhängig davon, ob die Kosten in Höhe von 20 Euro für einen Stellplatz zu übernehmen seien, seien die tatsächlichen Unterkunfts- und Heizungskosten in Höhe von 910 Euro nicht angemessen. Auch eine temporäre Übernahme der tatsächlichen Kosten komme nicht in Betracht, weil die Kläger keine Zusicherung für den Umzug erhalten hätten und über die Unangemessenheit der Kosten informiert gewesen seien.

6

Mit ihrer Revision machen die Kläger geltend, der für die Anwendbarkeit der Angemessenheitsobergrenze nach § 12 WoGG konstitutive Erkenntnisausfall liege nicht vor, weil aus den vorhandenen Daten ein schlüssiges Konzept im Sinne der Rechtsprechung entwickelt werden könne. Unabhängig hiervon sei bei der Heranziehung des Wertes nach § 12 WoGG nicht die Mietenstufe der Wohngemeinde (Stufe III), sondern die höchste im Vergleichsgebiet vorkommende Mietenstufe (Stufe VI) zu berücksichtigen. Die Bestimmung der Höhe des Sicherheitszuschlags bedürfe einer kritischen Überprüfung. Die Schätzung der Heizkosten sei in rechtswidriger Weise zu ihren Lasten erfolgt.

7

Die Kläger beantragen,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. März 2014 - L 2 AS 3878/11 - und des Sozialgerichts Freiburg vom 8. August 2011 - S 7 AS 1218/10 - aufzuheben sowie den Beklagten zu verurteilen, ihnen unter Abänderung des Bescheides vom 8. April 2009 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 19. August 2009 und 12. Januar 2010, diese in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Februar 2010 sowie des Teilanerkenntnisses vom 23. Mai 2011, für den Zeitraum vom 15. April bis zum 30. September 2009 Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen monatlichen Aufwendungen zu erbringen.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er trägt vor, entgegen der Ansicht der Kläger bestehe keinerlei Möglichkeit, das im Streit stehende Konzept schlüssig zu machen. Die vom LSG vorgeschlagenen Neuauswertungen und Berechnungsvarianten seien insofern nicht zielführend. Im Übrigen seien die einschlägigen Datengrundlagen für die Raumschaft "Umland F." bereits in der ersten Instanz vollumfänglich vorgelegt worden. Die Angemessenheitsobergrenze müsse sich an der Wohngemeinde und deren Mietenstufe nach dem WoGG orientieren. Mangels Kenntnis der tatsächlich anfallenden Heizkosten und angesichts vergeblicher Versuche, diese in Erfahrung zu bringen, habe er eine Pauschalierung der Heizkosten entsprechend der einschlägigen Richtlinien des Städte- und Landkreistages Baden-Württemberg zu den KdU vornehmen dürfen.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, in welcher Höhe den Klägern in der Zeit vom 15.4. bis 30.9.2009 weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung zustehen. Zwar ist auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht zu beanstanden, dass es von einem Erkenntnisausfall hinsichtlich der Ermittlung der angemessenen Referenzmiete ausgegangen ist (siehe hierzu 5), der nach der Rechtsprechung der beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG den Rückgriff auf die Tabellenwerte des § 12 WoGG im Sinne einer Angemessenheitsobergrenze erforderlich macht. Aufgrund der Gegebenheiten in dem örtlich maßgebenden Vergleichsraum Raumschaft "Umland F." (vgl hierzu 4) ist die Angemessenheitsobergrenze jedoch unter Berücksichtigung der Mietenstufe VI zu bestimmen (vgl hierzu 6). Eine abschließende Entscheidung über die Höhe der angemessenen KdU kann der Senat dennoch nicht treffen, weil weitere Ermittlungen des LSG insbesondere zur Festlegung der neben der Bruttokaltmiete zu übernehmenden Heizkosten sowie einer eventuellen (vorübergehenden) Unmöglichkeit oder subjektiver Unzumutbarkeit einer Kostensenkung erforderlich sind (vgl hierzu 7 bis 9).

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1. Streitgegenstand sind höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung im Zeitraum vom 15.4. bis 30.9.2009, als sie der Beklagte mit den Bescheiden vom 8.4.2009, 19.8.2009 und 12.1.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 4.2.2010 sowie des Teilanerkenntnisses vom 23.5.2011 anerkannt hat. Die Kläger haben den Streitgegenstand zulässigerweise auf die Leistungen der Unterkunft und Heizung beschränkt. Bei diesen handelt es sich um abtrennbare Verfügungen der hier erfassten Bescheide (stRspr seit BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18 f; Urteil des Senats vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 16).

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2. Die Klägerin zu 1 sowie ihre 2007 und im Juli 2009 geborenen Kinder (Kläger zu 2 und 3), die ihre Bedarfe nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen decken können, bilden eine Bedarfsgemeinschaft (§ 7 Abs 3 Nr 1, 4 SGB II) und sind Berechtigte iS des § 7 Abs 1 SGB II, weil sie im streitigen Zeitraum nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG die Voraussetzungen des § 7 Abs 1 S 1 SGB II erfüllten.

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Zu den nach dem SGB II zu erbringenden Leistungen gehören auch solche für Unterkunft und Heizung, die in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden, soweit diese angemessen sind (vgl § 22 Abs 1 S 1 SGB II). Der Begriff der "Angemessenheit" unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle. Zur Festlegung der abstrakt angemessenen Leistungen für die Unterkunft ist zunächst die angemessene Wohnungsgröße und der maßgebliche örtliche Vergleichsraum zu ermitteln. Angemessen ist eine Wohnung nur dann, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist, wobei es genügt, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, RdNr 24; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 RdNr 15; vgl zuletzt Urteile des Senats vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 19 ff und vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 81 RdNr 13 ff).

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3. Als angemessene Wohnfläche im hier streitigen Zeitraum hat das LSG in Anlehnung an das Wohnungsbindungsrecht in Baden-Württemberg eine solche von 90 qm Wohnfläche für einen Vier-Personen-Haushalt zugrunde gelegt. Allerdings ist die angemessene Wohnungsgröße nach der Rechtsprechung des BSG auch bei Bewohnern einer Familie nicht nach der Größe des Haushalts (hier: vier Personen), sondern an der Größe der Bedarfsgemeinschaft zu orientieren. Die absolute Zahl der Nutzer einer Wohnung erlangt Bedeutung bei der Aufteilung der tatsächlichen Wohnkosten nach Kopfzahl. Die auf die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft danach entfallenden tatsächlichen Kosten sind an den abstrakt angemessenen Kosten zu messen (BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 14 AS 73/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 34 RdNr 23 f). Dies wird das LSG bei seiner erneuten Entscheidung zu berücksichtigen haben, ohne dass dies Einfluss auf die Zurückverweisungsentscheidung des Senats hat (vgl hierzu unter 7). In zeitlicher Hinsicht ist - entsprechend den Ausführungen des LSG - bereits ab 15.4.2009 die abstrakt angemessene Wohnungsgröße für eine aus drei Personen bestehende Bedarfsgemeinschaft zu berücksichtigen. Die Notwendigkeit des Auszugs aus der alten Wohnung ist durch die ARGE F. bestätigt worden und der Umzug wegen der Schwangerschaft der Klägerin zu 1 nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) bereits ab 15.4.2009 erforderlich gewesen.

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Es ist nicht zu beanstanden, dass das LSG für die Bestimmung der angemessenen Wohnungsgröße auf die Werte der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg zur Sicherung von Bindungen in der sozialen Wohnraumförderung (VwV-SozWo) vom 12.2.2002 (Gemeinsames ABl 2002, 240) idF vom 22.1.2004 (Gemeinsames ABl 2004, 248) zurückgegriffen hat. Hiernach ist für einen Vier-Personen-Haushalt eine Wohnungsgröße von bis zu 90 qm, für einen Drei-Personen-Haushalt eine solche von bis zu 75 qm angemessen. Zur Festlegung der angemessenen Wohnfläche ist auf die Wohnraumgrößen für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau abzustellen (stRspr des BSG; vgl nur Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3). Die Angemessenheit der Wohnungsgröße richtet sich grundsätzlich nach den Werten, welche die Länder aufgrund des § 10 Wohnraumförderungsgesetz vom 13.9.2001 (BGBl I 2376) festgelegt haben (vgl nur BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70, RdNr 20). Das Landesgesetz zur Förderung von Wohnraum und Stabilisierung von Quartierstrukturen in Baden-Württemberg (Landeswohnraumförderungsgesetz ) vom 11.12.2007 (GBl 581) enthält im Zusammenhang mit den Belegungs- und Mietbindungen bei gefördertem Mietwohnraum keine gesetzlich festgelegten und nach Personenzahl differenzierten qm-Größen angemessener Wohnungen (vgl § 15 LWoFG). Die Bestimmung der angemessenen Wohnungsgröße in Anlehnung an die VwV-SozWo ist daher mangels anderweitiger gesetzlicher Ausführungsbestimmungen (vgl LSG Baden-Württemberg Urteil vom 28.11.2014 - L 12 AS 1547/14 - Juris RdNr 36) nicht zu beanstanden ist, wenngleich diese Verwaltungsvorschrift bereits im Jahre 2009 außer Kraft getreten ist (zur grundsätzlichen Anwendbarkeit der VwV-SozWo vgl BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 16/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 59 RdNr 14; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 RdNr 20).

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4. Bei der Festlegung der Raumschaft "Umland F." als örtlich maßgebenden Vergleichsraum zur Ermittlung der abstrakt angemessenen Bruttokaltmiete hat das LSG die Vorgaben des BSG beachtet. Nach der Rechtsprechung der beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG sind bei der Bestimmung des Vergleichsraumes ausreichend große Räume der Wohnbebauung aufgrund räumlicher Nähe, mit zusammenhängender Infrastruktur und insbesondere verkehrstechnischer Verbundenheit festzulegen. Der Vergleichsraum muss insgesamt betrachtet einen homogenen Lebens- und Wohnbereich darstellen.

17

Ausgehend von dem rechtlich zutreffenden Prüfungsmaßstab zur Bildung von Vergleichsräumen hat das Berufungsgericht in tatsächlicher Hinsicht festgestellt und gewürdigt (vgl zum eingeschränkten Prüfungsumfang BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 81), dass sich die Gemeinde Ma. mit 8614 Einwohnern (Stand 31.12.2008) im ländlichen Raum ca 10 km von F. entfernt befindet und zu klein ist, um einen eigenen Mietwohnungsmarkt abbilden zu können. Es begegnet daher keinen Bedenken, wenn der Beklagte in seinem Flächenlandkreis mit 1378,33 qkm und vielen Klein- und Kleinstgemeinden, in denen Mietspiegel nicht vorliegen, Gemeinden im Umkreis von 10 bis 20 km im ländlichen Raum in sog "Raumschaften" zusammengefasst hat. Die Raumschaft "Umland F." umfasst nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) jeweils gut durch ein öffentliches Verkehrsnetz angebundene Gemeinden um die Stadt F. Es ist auch nicht zu erkennen, dass der Beklagte den Vergleichsraum "Umland F." hinsichtlich der dahinter stehenden Einwohnerzahl (Stand Dezember 2008: 36 709) mit den einbezogenen Gemeinden Gl. (3052), Gu. (11 554), Go. (2501), H. (1020), Ma. (8614), Me. (4751) und U. (5217) zu eng bestimmt hat (BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 21; BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3; BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 22).

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5. Das LSG ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass das für diesen Vergleichsraum erstellte Konzept des Beklagten nicht den Mindestanforderungen an die Schlüssigkeit von Konzepten zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten nach dem SGB II entspricht und im Ergebnis eine Nachbesserung wegen Zeitablaufs nicht mehr erfolgen kann.

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Nach den Grundsätzen, welche die beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG im Zusammenhang mit der Feststellung eines Ausfalls der lokalen Erkenntnismöglichkeiten entwickelt haben, ist die umfassende Ermittlung der Daten sowie deren Auswertung im Sinne der Erstellung eines schlüssigen Konzepts Angelegenheit des Grundsicherungsträgers und bereits für die sachgerechte Entscheidung im Verwaltungsverfahren notwendig. Im Rechtsstreit muss der Grundsicherungsträger sein Konzept auf Anforderung durch das Gericht vorlegen. Entscheidet er ohne ein solches schlüssiges Konzept, ist er im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflicht nach § 103 S 1 2. Halbs SGG gehalten, dem Gericht eine zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und ggf eine unterbliebene Datenerhebung und -aufbereitung nachzuholen (BSG Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 87/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 73 RdNr 24; vgl BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 21; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 50/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 29 RdNr 25). Liegen dennoch keine ausreichenden Daten vor, brauchen insbesondere für weit zurückliegende Zeiträume nicht unverhältnismäßig aufwändige Ermittlungen durchgeführt zu werden. Die Amtsermittlungspflicht der Tatsacheninstanzen ist in diesen Fällen begrenzt, sofern nachvollziehbare Darlegungen dazu erfolgen, warum ein schlüssiges Konzept auf der Grundlage der vorhandenen Erkenntnisse und Daten nicht (mehr) entwickelt werden kann.

20

Bei seiner revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Wertung hat das LSG die Rechtsprechung des erkennenden Senats berücksichtigt, nach der ein Konzept zur Ermittlung der angemessenen Bruttokaltmiete ein planmäßiges Vorgehen im Sinne einer systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenn auch orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Raum erfordert (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 19). Von der Schlüssigkeit eines Konzepts ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG auszugehen, sofern die folgenden Mindestvoraussetzungen erfüllt sind (vgl zuletzt BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 28 mwN):
- Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen;
- Es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung (Art von Wohnungen, Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete/Vergleichbarkeit, Differenzierung nach Wohnungsgröße);
- Angaben über den Beobachtungszeitraum;
- Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, zB Mietspiegel);
- Repräsentativität des Umfangs der einbezogenen Daten;
- Validität der Datenerhebung;
- Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung;
- Angaben über die gezogenen Schlüsse (zB Spannoberwert oder Kappungsgrenze).

        
21

Das LSG ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass diese Voraussetzungen vorliegend nicht gegeben sind. Ausgehend vom ursprünglichen Ansatz des Beklagten zur Erstellung eines schlüssigen Konzepts auf der Grundlage von Bestandsdatensätzen der Bedarfs- bzw Einstandsgemeinschaften mit Leistungsbezug nach dem SGB II bzw SGB XII im Vergleichsraum ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass es sich hierbei um einen Rückgriff auf Daten aus dem sogenannten einfachen Segment handelt und bei diesem Auswertungsdatensatz der Spannenoberwert, dh der obere Wert der ermittelten Mietpreisspanne, zu berücksichtigen ist. Dies gilt auch nach der - auf Veranlassung des LSG erfolgten - Einbeziehung von Wohngeldempfängern. Werden nur diese Wohnungen von Leistungsempfängern als Datengrundlage herangezogen und wird von den so erhaltenen Werten nochmals der Durchschnitt gebildet, so errechnet sich ein Angemessenheitswert, der unter dem Wert liegt, der für einen Teil der Leistungsempfänger als angemessen akzeptiert wird. Um diesen Zirkelschluss zu vermeiden, ist bei einer Dateneinbeziehung von Wohnungen nur einfachen Standards als Angemessenheitsgrenze dann aber die obere Preisgrenze dieses Segments zu wählen (BSG Urteil vom 23.8.2011 - B 14 AS 91/10 R - Juris RdNr 24; vgl zu Mietspiegeldatensätzen BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 33).

22

Unabhängig hiervon führt jedoch bereits die alleinige Anknüpfung an den Bezug von SGB II- bzw SGB XII-Leistungen bzw Wohngeld hier bereits deshalb zu einer unzureichenden Datenbasis, weil von vornherein kein realitätsgerechtes Abbild der aktuellen Situation bei Neuanmietungen ermöglicht wird. Es ist nicht erkennbar, ob und inwieweit die einbezogenen Daten auch für die Höhe des Mietpreises bei Neuvermietungen repräsentativ sein konnten. Bei der Festlegung der Angemessenheitsobergrenze müssen auch Angebotsmieten einbezogen werden. Anders ist dies nur bei einem Rückgriff auf Mietspiegeldaten, weil hier von vornherein nur solche Mieten berücksichtigt werden, die in den letzten vier Jahren vor dem Stichtag der Datenerhebung geändert oder neu vereinbart worden sind (vgl zur Aktualität von Mietspiegeldaten: BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 30 mwN; vgl zur Vermeidung eines Zirkelschlusses durch Einbeziehung sowohl der Daten der Bestandsmieten der Leistungsempfänger nach dem SGB II und SGB XII als auch der Daten eines qualifizierten Mietspiegels sowie dem Erfordernis regelmäßiger Nacherhebungen BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 81 RdNr 22, 30). Insofern ist auch für die Festlegung der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung durch Satzungsregelung in § 22c Abs 1 S 3 SGB II idF des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches in der Neufassung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch vom 13.5.2011 (BGBl I 850) nunmehr ausdrücklich bestimmt, dass in die Auswertung sowohl Neuvertrags- als auch Bestandsmieten einfließen sollen. Weitere Selektionsschritte, die hier zudem eine weitere Verringerung des ohnehin geringen Datenbestands zur Folge hätten, hat der Beklagte nicht durchgeführt. Die von ihm vorgenommene Ergebniskontrolle durch Auswertung der Wohnungsangebote in den unentgeltlichen Anzeigeblättern "Schnapp" und "Zypresse" in den Monaten Oktober bis Dezember 2008 kann eine systematische Einbeziehung des Faktors der Neuvertragsmieten von vornherein, dh bereits bei den Grundlagen der Datenerhebung, nicht ersetzen.

23

Ferner fehlt es - auch dies hat das Berufungsgericht zu Recht hervorgehoben - im Konzept des Beklagten an einer Vergleichbarkeit der einbezogenen Daten, weil er keinen einheitlichen Begriff der Miete verwendet hat. Auch wenn davon auszugehen ist, dass es in dem hier streitigen Zeitraum noch zulässig war, den von ihm gewählten Vergleichsmaßstab einer Nettokaltmiete zugrunde zu legen (vgl Urteil des Senats vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 43 mwN), entstehen vorliegend Verzerrungen durch die unterschiedlichen Maßstäbe bei der Absetzung der kalten Nebenkosten zur Ermittlung der tatsächlich aufgewandten Nettokaltmieten. Während der Beklagte die Nettokaltmieten von Wohngeldempfängern fiktiv unter Heranziehung des Betriebskostenspiegels des Deutschen Mieterbundes bestimmt hat, sind bei den SGB II/SGB XII-Leistungsberechtigten jeweils neben den von ihm als angemessen angesehenen Nettokaltmiete die kalten und warmen Nebenkosten in tatsächlicher Höhe übernommen und entsprechend abgesetzt worden. Nachträglich, also im Jahre 2015 für das Jahr 2009, diesen Maßstab auch bei den Mieten von Wohngeldempfängern zugrunde zu legen, also die tatsächlich aufgewandten kalten Nebenkosten abzusetzen erscheint - unbesehen des erheblichen Aufwandes - schon deshalb nicht möglich, weil im Rahmen der Wohngeldstatistik nur Bruttokaltmieten erhoben werden.

24

Insoweit kann dahingestellt bleiben, welche Konsequenzen eine fehlende Mitwirkung des Grundsicherungsträgers bei der Erstellung eines schlüssigen Konzepts hat und ob die Datenbasis hier insgesamt zu gering war (vgl allgemein zum Umfang der Datenerhebung unter Berücksichtigung des Datenmaterials und der örtlichen Gegebenheiten BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - Juris RdNr 15, 17; BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 30 zur grundsätzlichen Eignung der hinter einem Mietspiegel liegenden Daten, die grundsicherungsrechtliche Angemessenheitsgrenze zu bestimmen).

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6. Der Erkenntnisausfall hinsichtlich der angemessenen Referenzmiete macht den Rückgriff auf die Tabellenwerte des § 12 WoGG zzgl eines "Sicherheitszuschlags" nach generell-abstrakten Kriterien im Sinne einer Angemessenheitsobergrenze erforderlich. Insofern gehen die Kläger zu Recht davon aus, dass aufgrund der Gegebenheiten in dem örtlich maßgebenden Vergleichsraum Raumschaft "Umland F." die Mietenstufe VI und nicht die von dem Beklagten berücksichtigte Mietenstufe III heranzuziehen ist. Die Mietenstufe III spiegelt das Mietenniveau für den gesamten Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald wider, nicht jedoch für den um ein Vielfaches kleineren Vergleichsraum Raumschaft "Umland F.", in dem die Wohngemeinde des Klägers Ma. liegt.

26

Die hier erforderliche Berücksichtigung der Mietenstufe VI beruht im Ergebnis auf dem Verfahren der Festlegung der Mietenstufen nach dem WoGG und den vorliegend besonderen regionalen Gegebenheiten. § 12 Abs 1 WoGG sieht monatliche Höchstbeträge für Miete und Belastung nach der Anzahl der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder und der jeweils gültigen Mietenstufe vor. Das Mietenniveau wird vom Statistischen Bundesamt allerdings nur für Gemeinden mit einer Einwohnerzahl von 10 000 und mehr gesondert festgestellt und einer Einwohnerzahl von weniger als 10 000 und gemeindefreien Gebieten nach Kreisen zusammengefasst ausgewiesen (vgl § 12 Abs 3 S 1 Nr 1 und 2 WoGG). Dem folgend hat die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats in der WoGV idF der Bekanntmachung vom 19.10.2001 (BGBl I 2722) für alle Gemeinden in der Bundesrepublik Deutschland Mietenstufen festgelegt (vgl § 38 Nr 2 WoGG). Das Mietenniveau ist die durchschnittliche prozentuale Abweichung der Quadratmetermieten von Wohnraum in Gemeinden (bzw Landkreisen) vom Durchschnitt der Quadratmetermieten des Wohnraums im Bundesgebiet (§ 12 Abs 4 S 1 WoGG). Die insgesamt sechs Mietenstufen für Gemeinden unterscheiden sich damit nach bestimmten, unterschiedlichen Abweichungsstufen der Quadratmetermieten von Wohnraum in den Gemeinden (bzw Kreisen) nach Abs 3 S 1 vom Durchschnitt der Quadratmetermieten des Wohnraums im Bundesgebiet (Stadler/Gutekunst/Dietrich/Fröba, Wohngeldgesetz, § 12 RdNr 21, Stand August 2014).

27

Bezogen auf den hier maßgebenden örtlichen Vergleichsraum ist ausschließlich für die Gemeinde Gu. als Mietenniveau aufgrund der Auswertung der Wohngeldstatistik durch das Statistische Bundesamt (vgl § 12 Abs 4 WoGG) die Mietenstufe VI gesondert festgestellt worden. Entsprechend § 12 Abs 3 S 1 Nr 2 WoGG ist (wegen einer Einwohnerzahl von unter 10 000) weder für die Wohngemeinde der Kläger in Ma. noch für eine der anderen Gemeinden des Vergleichsraums (Gl., Go., H., Me., U.) ein eigenständiges Mietenniveau bestimmt worden. Vielmehr wird jeweils das Mietenniveau für den gesamten Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald, also die Mietenstufe III, zugrunde gelegt.

28

Unter Berücksichtigung der hier gegebenen regionalen Verhältnisse kann allein die in den Vergleichsraum einbezogene Gemeinde Gu. und deren Mietenstufe VI als für die Verhältnisse im Vergleichsraum repräsentativ angesehen werden. Der erkennende Senat hat bereits darauf hingewiesen, dass die regionalen Verhältnisse auch bei einem Rückgriff auf die Tabelle zu § 12 WoGG durch die Bildung von Mietenstufen einfließen (BSG Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 87/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 73 RdNr 28-29; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 16/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 59 RdNr 22). Es ist allerdings wertend einzubeziehen, dass die Bemessung der zuschussfähigen Höchstbeträge für die Miete im Rahmen des Wohngeldrechts - anders als bei den angemessenen KdU nach dem SGB II - nicht allein nach dem Mietenniveau im Vergleichsraum bzw den regionalen Wohnungsmärkten erfolgt, sondern maßgeblich (auch) von der Zuordnung zu Gemeindegrößenklassen abhängig ist (vgl zu Reformüberlegungen beim Wohngeldrecht bereits BT-Drucks 10/1144 S 3; zur Ablehnung einer Begrenzung der angemessenen KdU auf die monatlichen Höchstbeträge nach § 12 Abs 1 WoGG im Gesetzgebungsverfahren zum Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch - BT-Drucks 17/3982 S 7 f).

29

Die in den Vergleichsraum einbezogene Gemeinde Gu. kann sowohl hinsichtlich ihrer Einwohnerzahl (Stand Dezember 2008: 11 554) als auch für die tatsächlichen, durch die Nähe zur Stadt F. geprägten Verhältnisse im Vergleichsraum mit insgesamt 36 709 Einwohnern (Stand Dezember 2008) als repräsentativ angesehen werden. Demgegenüber ist die Mietenstufe III des gesamten Landkreises Breisgau-Hochschwarzwald mit insgesamt 250 132 Einwohnern (Stand Dezember 2008) in deutlich geringerem Umfang repräsentativ für die Bestimmung der Angemessenheitsobergrenze im Vergleichsraum. Die Mietenstufe VI ist daher auch für die weiteren Gemeinden in dem gebildeten Vergleichsraum, also auch die Gemeinde Ma., heranzuziehen. Insofern konkretisiert der Senat die bisherige Rechtsprechung des BSG zur hilfsweisen Heranziehung der Tabellenwerte des § 12 WoGG bezogen auf Vergleichsräume, in denen für die Wohngemeinde nicht zugleich eine eigene Mietenstufe festgelegt worden ist.

30

Der Senat hat bereits entschieden, dass wegen der nur abstrakten, vom Einzelfall und den konkreten Umständen im Vergleichsraum losgelösten Begrenzung der angemessenen Bruttokaltmiete im Wohngeldrecht (§ 9 Abs 1 WoGG) auf den jeweiligen Höchstbetrag der Tabelle, also die rechte Spalte, zurückzugreifen und ein "Sicherheitszuschlag" unter Berücksichtigung genereller, abstrakter Kriterien in Höhe von 10 % festzulegen ist (BSG Urteil vom 12.12.2013 - B 4 AS 87/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 73 RdNr 25 f; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 16/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 59 RdNr 20 ff). Unter Berücksichtigung der Mietenstufe VI ergibt sich eine Angemessenheitsobergrenze für die Bruttokaltmiete für den Drei-Personen-Haushalt der Kläger (vgl oben unter 3) von 653,40 Euro (594 Euro zzgl eines Sicherheitszuschlags von 10 %) bzw 217,80 Euro je Bedarfsgemeinschaftsmitglied (für den vom LSG zu Unrecht bei der Bestimmung der angemessenen Wohnungsgröße zugrunde gelegten Vier-Personen-Haushalt von 762,30 Euro <693 Euro zzgl eines Sicherheitszuschlags von 10 %> ergäbe sich ein kopfteiliger angemessener Leistungsbetrag von 190,58 Euro).

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7. Eine abschließende Entscheidung über die Höhe der angemessenen Leistungen nach § 22 Abs 1 S 1 SGB II konnte der Senat jedoch nicht treffen, weil insbesondere weitere Ermittlungen - die Beträge nach § 12 WoGG ergänzend - zur Festlegung der tatsächlich zu tragenden Heizkosten erforderlich sind.

32

Die Prüfung der Angemessenheit der Heizkosten muss getrennt von derjenigen der Bruttokaltmiete erfolgen (BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23, RdNr 18). Auch bei nicht näher aufgeschlüsselten monatlichen Betriebs- und Heizkosten gilt der Grundsatz, dass ein Anspruch auf Leistungen für Heizung als Teil der Gesamtleistung grundsätzlich in Höhe der konkret-individuell geltend gemachten tatsächlichen Aufwendungen besteht, soweit diese angemessen sind. Bedarfsrelevant sind allein die zu leistenden Vorauszahlungen für Miete und Heizung (vgl hierzu grundlegend BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 81 RdNr 34 f). Da nachträgliche Betriebs- oder Heizkostenabrechnungen keine Auswirkungen auf die allein bedarfsrelevanten Vorauszahlungen haben (vgl BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 81, RdNr 35; BSG Urteil vom 24.2.2011 - B 14 AS 52/09 R - Juris RdNr 23), kommt der fehlenden Vorlage der späteren Heiz- und Betriebskostenabrechnungen durch die Kläger - unbesehen einer konkreten Anrechnung von Betriebs- und Heizkostennachzahlungen im jeweils aktuellen Bewilligungsabschnitt (vgl hierzu § 22 Abs 3 SGB II) - keine Bedeutung für den hier streitigen Zeitraum zu. Dabei ist die Angemessenheit der Aufwendungen für die Heizung so lange zu bejahen, wie die Kosten unter dem Grenzbetrag eines kommunalen oder bundesweiten Heizspiegels liegen (BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 RdNr 41 ff mwN).

33

Da die Höhe der konkret-individuellen Aufwendungen für die Heizung aufgrund der einheitlichen Vorauszahlung der monatlichen Betriebs- und Heizkosten im streitigen Zeitraum vorliegend nicht beziffert waren, sind in einem ersten Schritt als aufgewandt anzusehende Heizkosten in der Weise zu ermitteln, dass von den Vorabzahlungen - hier in Höhe von 210 Euro - die abstrakt angemessenen Betriebskosten (je qm) abzusetzen sind (BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 81 RdNr 34). Ausgehend von seinem rechtlichen Standpunkt hat das Berufungsgericht keine Feststellungen zu den abstrakt angemessenen kalten Betriebskosten für eine 90-qm-Wohnung im streitigen Zeitraum getroffen. Den Feststellungen des LSG ist lediglich zu entnehmen, dass der Beklagte den Betrag in Höhe von 210 Euro für die Neben- und Betriebskosten sowie die Heizungs- und Warmwasserkosten in der Weise "aufgeteilt" hat, dass er einen Betrag in Höhe von 124 Euro den kalten Nebenkosten zugeordnet und den Restbetrag in Höhe von 86 Euro als Heizkosten berücksichtigt hat. Auf welcher Grundlage der Beklagte die Höhe der kalten Nebenkosten festgelegt hat und ob es sich hierbei um die abstrakt angemessenen Betriebskosten handelt, ist den Feststellungen des LSG nicht zu entnehmen. Bei den noch erforderlichen Feststellungen kann auf bereits vorliegende Daten aus Betriebskostenübersichten zurückgegriffen werden, wegen der regionalen Unterschiede insbesondere bei Ver- und Entsorgungsdienstleistungen allerdings im Ausgangspunkt auf örtliche Übersichten und insoweit auf die sich daraus ergebenden Durchschnittswerte (vgl hier näher BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 34). Ist vorliegend ein geringerer Betrag für die abstrakt angemessenen kalten Betriebskosten anzusetzen, könnten sich bei einer Absetzung derselben von den Vorauszahlungen höhere Heizkosten ergeben, die zugunsten der Kläger kopfteilig ergänzend neben dem Wert der Referenzmiete nach § 12 WoGG in Höhe von 653,40 Euro für den Drei-Personen-Haushalt zu berücksichtigen wären.

34

Der demnach verbleibende Betrag, der den Heizungskosten zuzurechnen ist, ist mit den Grenzwerten aus den bundesweiten Heizspiegeln für 2009 für öl-, erdgas- und fernwärmebeheizte Wohnungen abzugleichen, soweit keine "kommunalen Heizspiegel" existieren. Der Grenzwert errechnet sich als Produkt aus dem Wert, der auf extrem hohe Heizkosten bezogen auf den jeweiligen Energieträger und die Größe der Wohnanlage hindeutet, und dem Wert, der sich für den Haushalt des Hilfebedürftigen als abstrakt angemessene Wohnfläche ergibt (vgl BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23, RdNr 22; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 RdNr 42). Bei einer Warmwasserzubereitung über die Heizung ist derjenige Anteil, der für die Warmwasserbereitung im Rahmen der Haushaltsenergie in der Regelleistung enthalten ist, abzusetzen. Der von dem Beklagten bei den Klägern bisher - gleichfalls ohne weitere Begründung und Angabe der Heizungsart und der beheizten Gesamtwohnfläche des Hauses - zugrunde gelegte Wert für Heizkosten von 1 Euro je qm liegt jedenfalls unterhalb der Grenzwerte für sämtliche Heizarten aus dem bundesweiten Heizspiegel für 2009.

35

8. Bei seiner erneuten Prüfung der Angemessenheit der KdU für den hier streitigen Zeitraum wird das LSG auch über die bisher offen gelassene Frage entscheiden müssen, ob die Kosten in Höhe von 20 Euro für einen Stellplatz von dem Beklagten zu übernehmen sind. Ausgangspunkt ist dabei die mietvertragliche Vereinbarung der Klägerin zu 1 und ihres Ehemannes. Abzustellen ist auf dasjenige, was zu Wohnzwecken angemietet wurde oder untrennbarer Gegenstand der Mietvereinbarung ist (BSG Urteil vom 6.8.2014 - B 4 AS 37/13 R - FEVS 66, 348 ff). Dabei ist zu prüfen, ob es sich bei den geltend gemachten Kosten um solche Betriebskosten handelt, die von § 2 der Verordnung über die Aufstellung von Betriebskosten - Betriebskostenverordnung -(BGBl I 2003, 2346) erfasst sind. Für die vergleichbare Fallgestaltung einer Garage hat das BSG eine Ausnahme nur für Fallgestaltungen angenommen, in denen die Wohnung ohne eine solche nicht anmietbar ist und der Mietpreis sich bei fehlender "Abtrennbarkeit" der Garage noch innerhalb des Rahmens der Angemessenheit für den maßgeblichen Wohnort bewegt (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, RdNr 28).

36

9. Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird das LSG weiter zu prüfen haben, ob die ggf zu hohen tatsächlichen Unterkunftskosten für eine Übergangszeit zu übernehmen sind, weil den Klägern eine Kostensenkung nicht möglich oder nicht zumutbar war. Nach § 22 Abs 1 S 3 SGB II idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) sind auch unangemessene Unterkunftskosten vom Grundsicherungsträger zu übernehmen, wenn es dem Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Von einer Kostensenkung kann für eine Übergangszeit unter der Voraussetzung abgesehen werden, dass eine solche nicht möglich oder subjektiv nicht zumutbar ist (vgl zum Ausnahmecharakter der Regelung und den Anforderungen an die Auslegung der Tatbestandsmerkmale der Unmöglichkeit und der Unzumutbarkeit: BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 32 ff). Eine vorübergehende subjektive Unzumutbarkeit eines erneuten Umzugs könnte sich aus der Schwangerschaft der Klägerin zu 1 und der Geburt der Klägerin zu 3 nur drei Monate nach dem von der ARGE F. für erforderlich gehaltenen Umzugs aus der alten Wohnung ergeben. Insofern fehlt es an Feststellungen des LSG zu den näheren Umständen des Zusammenwirkens der ARGE F. und des Beklagten bei der Anmietung der neuen Wohnung.

37

10. Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 24. April 2009 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Umstritten ist die Höhe der dem Kläger vom beklagten Jobcenter zu zahlenden Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) für die Zeit von November 2006 bis April 2007.

2

Der im Jahr 1950 geborene, erwerbsfähige Kläger ist promovierter Politikwissenschaftler und konnte im streitgegenständlichen Zeitraum seinen Lebensunterhalt nicht aus eigenen Kräften und Mitteln sichern. Er wohnt seit dem Jahr 1959 zunächst als Kind in der Familie, inzwischen allein in einer "2 2/2-Zimmerwohnung" mit einer Wohnfläche von knapp 75 qm, für die er eine Bruttowarmmiete von 515,87 Euro monatlich im strittigen Zeitraum zu zahlen hatte. Leistungen nach dem SGB II erhielt er ab dem 21.4.2005. Mit Schreiben vom 26.4.2006 teilte der Beklagte dem Kläger mit, die Kosten der Unterkunft seien nicht angemessen. Er sei längstens für sechs Monate bereit die tatsächlichen Kosten so lange zu übernehmen, wie es dem Kläger nicht möglich sei, durch einen Wohnungswechsel, Untervermietung oder Erwirkung einer Mietminderung die Kosten der Unterkunft zu senken. Der Kläger wies auf seine lange Wohndauer in der Wohnung hin. Er bewahre in ihr ein umfassendes Archiv insbesondere zu den Themen Sport, Ministerium für Staatssicherheit und Fußball auf, in denen er als wissenschaftlicher Experte international anerkannt sei. Bei einem Umzug in eine kleinere Wohnung müsse er sich von diesen Beständen trennen, womit ihm eine weitere wissenschaftliche Tätigkeit und eine geplante Buchveröffentlichung verwehrt seien, hierauf würden aber seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt beruhen. Für die Zeit von November 2006 bis April 2007 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen für die Unterkunft und Heizung nur noch in Höhe von 396 Euro monatlich und legte dabei den Grundwert für Einpersonenhaushalte von 360 Euro für die Bruttowarmmiete nach den Ausführungsvorschriften zur Ermittlung angemessener Kosten der Wohnung gemäß § 22 SGB II der Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz des Landes Berlin vom 7.6.2005 (ABl 3743), zuletzt geändert mit Verwaltungsvorschrift vom 30.5.2006 (ABl 2062) zuzüglich eines Zuschlags von 10 % wegen längerer Wohndauer zugrunde (Bescheid vom 12.10.2006, Widerspruchsbescheid vom 23.2.2007).

3

Das Sozialgericht (SG) hat den Beklagten unter Änderung der angefochtenen Bescheide verurteilt, dem Kläger Leistungen unter Zugrundelegung der vollen Kosten der Unterkunft in Höhe von 515,87 Euro monatlich von November 2006 bis April 2007 zu bewilligen (Urteil vom 21.5.2007). Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) hat auf die Berufung des Beklagten das Urteil des SG geändert und den Beklagten verurteilt, dem Kläger Leistungen für Unterkunft und Heizung von November 2006 bis April 2007 in Höhe von 416,28 Euro monatlich zu gewähren und im Übrigen die Klage und die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 24.4.2009). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 SGB II seien nicht anhand der AV-Wohnen zu bestimmen. Die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs "Angemessenheit" obliege vielmehr den Gerichten und es sei eine Einzelfallprüfung vorzunehmen (Hinweis ua auf das Urteil des BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2). Nach den Wohnungsbauförderungsbestimmungen des Landes Berlin erscheine eine Wohnung von bis zu 50 qm für eine Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaft als angemessen. Als Wohnungsstandard sei von einem einfachen und im unteren Segment liegenden Ausstattungsgrad der Wohnung auszugehen. Zur Bestimmung des nach der Produkttheorie angemessenen Quadratmeterpreises sei vom qualifizierten Mietspiegel des Landes Berlin vom 11.7.2007 (ABl 1797) auszugehen, da ein besseres Erkenntnismittel nicht zur Verfügung stehe und dessen Stichtag 1.10.2006 vor dem umstrittenen Bewilligungszeitraum liege. Bei Anwendung des Mietspiegels sei der günstigste Spannenhöchstbetrag innerhalb der verschiedenen Baujahresklassen für Wohnungen mit Bad und WC zugrunde zu legen. Ebenfalls mit einzubeziehen seien die kalten und warmen Betriebskosten. Hinsichtlich deren Ermittlung seien - mangels "besserer Zahlen" - die Werte des Anhangs I zum Mietspiegel heranzuziehen und der 4/5 Spannenoberwert zugrunde zu legen. Konkret seien nach dem Mietspiegel pro Quadratmeter ein Wert von 4,71 Euro (Baujahre 1965 bis 1972, einfache Wohnlage, 40 bis unter 60 qm) plus 2,59 Euro kalte Betriebskosten sowie 1,15 Euro Heizkosten (= 8,45 Euro x 50 qm =) und damit insgesamt 422,50 Euro anzusetzen. Davon seien noch 6,22 Euro für die Warmwasserbereitung abzuziehen (Hinweis auf BSG vom 27.2.2008 - B 14/11b AS 15/07 R - BSGE 100, 94 = SozR 4-4200 § 22 Nr 5), sodass 416,28 Euro monatlich für Leistungen der Unterkunft und Heizung zu zahlen seien. Eine solche Wohnung sei auch im bisherigen Umfeld des Klägers Berlin-Schöneberg anmietbar. Das Alter des Klägers und seine lange Wohndauer seien - auch in Kombination - keine Kriterien, aus denen eine Unzumutbarkeit hergeleitet werden könne, für die gebotene Senkung der Kosten der Unterkunft zu sorgen, ggf auch durch einen Umzug. Der Kläger könne sich schließlich nicht mit Erfolg darauf berufen, in der Wohnung sein Archiv unterbringen zu müssen. Die Unterlagen könnten außerhalb der Wohnung, zB in einem Keller oder bei einer öffentlichen oder privaten Stelle, aufbewahrt werden. Es sei nicht ersichtlich, dass die Umzugskosten außer Verhältnis zu den ersparten Kosten der Unterkunft stehen könnten.

4

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 22 SGB II. Die Entscheidung des LSG werde der vom Bundessozialgericht (BSG) geforderten Einzelfallentscheidung nicht gerecht. Seine enge Verbundenheit mit seiner Wohnung und dem sozialen Umfeld werde nicht ausreichend gewürdigt. Aufgrund der Wohndauer von fast 50 Jahren sei er nicht weniger schutzwürdig, als ein Eigentümer in einer selbst genutzten Wohneinheit. Es liege ein Verstoß gegen Art 1 Abs 1, Art 2 Abs 1, Art 3 Abs 1, Art 5 Abs 3 Grundgesetz (GG) vor.

5

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 24. April 2009 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21. Mai 2007 zurückzuweisen.

6

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

7

Er bezieht sich auf die AV-Wohnen. Im Übrigen lasse die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs "Angemessenheit" durch das LSG keinen Fehler erkennen, auch wenn die Argumente des LSG nicht in jedem Punkt überzeugten.

Entscheidungsgründe

8

Auf die Revision des Klägers ist das Urteil des LSG aufzuheben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen. Die zulässige Revision des Klägers ist begründet, weil das LSG die abstrakt angemessenen Leistungen für Unterkunft des Klägers und dessen angemessene Leistungen für Heizung nicht zutreffend ermittelt hat. Mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen kann der Senat nicht beurteilen, ob die Entscheidung des LSG aus anderen Gründen richtig ist, oder in der Sache selbst entscheiden (§ 170 Abs 1, 2 Sozialgerichtsgesetz).

9

Streitgegenstand des Verfahrens sind allein Ansprüche des Klägers auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Zeit von November 2006 bis April 2007 und der diese Ansprüche regelnde Bescheid des beklagten Jobcenters vom 12.10.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.2.2007. An der Zulässigkeit derart beschränkter Rechtsmittel (vgl nur BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18) hat sich durch die Neufassung des § 19 Abs 1 SGB II durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 453), das insofern zum 1.1.2011 in Kraft getreten ist, zumindest für laufende Verfahren über vorher abgeschlossene Bewilligungsabschnitte nichts geändert.

10

Der Kläger lebt nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) allein in seiner Wohnung und gehört dem Grunde nach zum leistungsberechtigten Personenkreis nach dem SGB II, weil er das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erwerbsfähig und hilfebedürftig ist und seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hat (§ 7 Abs 1 Satz 1 SGB II, das insofern von November 2006 bis zum Entscheidungszeitpunkt nicht geändert wurde).

11

Rechtsgrundlage für die vorliegend der Höhe nach umstrittenen Leistungen für Unterkunft und Heizung sind §§ 19, 22 SGB II. Danach werden im Rahmen des Arbeitslosengeldes II Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit sie angemessen sind (§ 22 Abs 1 Satz 1 SGB II, das insofern von November 2006 bis zum Entscheidungszeitpunkt nicht geändert wurde). Der Begriff der "Angemessenheit" unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle (stRspr vgl nur BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 12 mwN).

12

Zwischen der Leistung für die Unterkunft (dazu 1.) und der Leistung für die Heizung (dazu 2.) ist zu unterscheiden, wie schon dem Wortlaut der Vorschrift mit der Verwendung des Plurals "Leistungen" sowie der Rechtsprechung des Senats (BSG vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23; zuletzt: BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R, zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 18) zu entnehmen ist. Welche Aufwendungen für die Unterkunft und welche für die Heizung vorliegend tatsächlich angefallen sind, lässt sich den Feststellungen des LSG nicht entnehmen. Das LSG hat nur eine Bruttowarmmiete von 515,87 Euro monatlich festgestellt, die das SG dem Kläger auch zugesprochen hat, die dann als angemessen von dem Beklagten zu zahlen sein könnte, wenn dieser Betrag unter der Summe der angemessenen Leistungen für die Unterkunft und für die Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II liegen würde. Das LSG hat jedoch nur einen Betrag von insgesamt 416,28 Euro monatlich als angemessen angesehen und die weitergehende Klage abgewiesen.

13

1. Zur Ermittlung der Leistung für die Unterkunft, auf die der dem Grunde nach Hilfebedürftige Anspruch hat, ist in mehreren Schritten vorzugehen: Zunächst ist die angemessene Leistung für die Unterkunft unter Zugrundelegung der sog Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren abstrakt zu ermitteln (dazu a). Anschließend ist - falls insofern Einwände vorgebracht werden - zu prüfen, ob in dem örtlichen Vergleichsraum eine Wohnung zu dieser abstrakt angemessenen Leistung für die Unterkunft auch tatsächlich angemietet werden kann (dazu b). Soweit die Aufwendungen des Hilfebedürftigen für die Unterkunft, also die von ihm zu zahlende Nettokaltmiete plus kalte Betriebskosten, die abstrakt angemessene Leistung für die Unterkunft des Hilfebedürftigen (entsprechend a) übersteigen, sind erstere nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II solange zu berücksichtigen, wie es ihm nicht möglich oder nicht zumutbar ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel längstens für sechs Monate(dazu c) (vgl zu diesen Voraussetzungen ua BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, RdNr 19 ff; BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 12 ff; BSG vom 20.8.2009 - B 14 AS 65/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 26; BSG vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30; BSG vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27: Mietspiegel als schlüssiges Konzept; BSG vom 17.12.2009 - B 4 AS 50/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 29; zuletzt BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R, zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 20 ff).

14

a) Der vom LSG ermittelte Betrag für die abstrakt angemessene Leistung für die Unterkunft des Klägers hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand, sodass er einer Entscheidung des Senats nicht zugrunde gelegt werden kann.

15

Die angemessene Leistung für die Unterkunft ist entsprechend der soeben aufgeführten Rechtsprechung unter Zugrundelegung der sog Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu ermitteln: (1) Zunächst ist die angemessene Wohnungsgröße zu bestimmen. (2) Alsdann ist der maßgebliche örtliche Vergleichsraum festzulegen. (3) Im nächsten Schritt ist unter Berücksichtigung des angemessenen einfachen Wohnungsstandards festzustellen, welche Nettokaltmiete pro Quadratmeter Wohnfläche für die angemessene Wohnungsgröße auf dem Wohnungsmarkt des maßgeblichen Vergleichsraums zu zahlen ist, um die nach der Produkttheorie angemessene Nettokaltmiete zu ermitteln. (4) Zu der Nettokaltmiete sind noch die kalten Betriebskosten hinzuzurechnen.

16

(1) Das LSG hat die für den Kläger als Alleinlebenden angemessene Wohnungsgröße mit maximal 50 qm in Berlin zutreffend bestimmt.

17

Zur Festlegung der angemessenen Wohnfläche ist auf die Wohnraumgrößen für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau abzustellen (stRspr seit BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, RdNr 19; zuletzt BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen). Hinsichtlich der Überlassung von gefördertem Mietwohnungsbau verweisen § 27 Abs 4, § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung vom 13.9.2001 (BGBl I 2376: "Wohnungsförderungsgesetz" im Folgenden: WoFG) wegen der maßgeblichen Wohnungsgröße auf die "Bestimmungen" des jeweiligen Landes.

18

Das Land Berlin hat zu § 10 WoFG keine Ausführungsvorschriften erlassen. Zu § 27 WoFG liegen nur unveröffentlichte Arbeitshinweise der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vom 15.12.2004 vor, die wegen der maßgeblichen Wohnungsgröße an die zuvor ergangenen Bekanntmachungen anknüpfen. Danach darf entsprechend der Bekanntmachung der Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen vom 20.10.1995 (ABl 4462) an Einzelpersonen Wohnraum bis zu 50 qm überlassen werden. Auf diese Regelungen ist für die Bestimmung der Angemessenheitsgrenze nach § 22 Abs 1 SGB II zurückzugreifen(vgl BSG vom 20.8.2009 - B 14 AS 65/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 26 RdNr 14; zuletzt BSG vom 19.10.2010, aaO, speziell zu Berlin).

19

(2) Zutreffend hat das LSG, wenn auch nicht unter Verwendung dieses Begriffs, die Stadt Berlin als maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum zugrunde gelegt (vgl BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 24).

20

(3) Soweit das LSG einen Betrag von 4,71 Euro als angemessene Nettokaltmiete pro Quadratmeter zugrunde gelegt hat, kann dessen Ermittlung aufgrund der Feststellungen des LSG nicht nachvollzogen werden.

21

(aa) Als Wohnungsstandard hat das LSG zu Recht einen einfachen, im unteren Segment liegenden Ausstattungsgrad der Wohnung angenommen (vgl BSG vom 19.10.2010, aaO, RdNr 25).

22

(bb) Zur Bemessung der angemessenen Leistung für die Unterkunft kann entgegen der Ansicht des Beklagten nicht von den AV-Wohnen ausgegangen werden, weil ihnen kein schlüssiges Konzept im Sinne der Rechtsprechung des BSG zugrunde liegt (vgl nur BSG vom 19.10.2010, aaO, RdNr 26 mwN).

23

(cc) In Ermangelung eines von dem Beklagten vorgelegten schlüssigen Konzepts hat das LSG zutreffend zur Bestimmung der angemessenen Nettokaltmiete auf den Berliner Mietspiegel vom 11.7.2007 (ABl 1797) zurückgegriffen. Qualifizierte Mietspiegel iS des § 558d Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wie der Berliner Mietspiegel können Grundlage zur Bestimmung der abstrakt angemessenen Miete sein(vgl bereits BSG vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - RdNr 16; BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 25; BSG vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27; zuletzt: BSG vom 19.10.2010, aaO, RdNr 27 mwN für Berlin).

24

Sollen aus einem qualifizierten Mietspiegel grundsicherungsrelevante Schlüsse abgeleitet werden, ist eine Beschränkung auf bestimmte "Baujahresklassen" - so das LSG - bzw "Baualtersklassen" (im Mietrecht werden die Begriffe synonym verwandt) - so der Senat im Urteil vom 19.10.2010 zum Berliner Mietspiegel - ohne weitere Begründung grundsätzlich nicht zulässig (vgl bereits BSG vom 19.2.2009, aaO, RdNr 25; zuletzt: BSG vom 19.10.2010, aaO, RdNr 28 auch zum Folgenden). Denn aus einem Mietspiegel allein lässt sich nicht ohne Weiteres ersehen, inwieweit Wohnungen einer bestimmten Baualtersklasse in einem Umfang zur Verfügung stehen, der den Rückschluss zulässt, im Vergleichsraum sei eine angemessene Wohnung tatsächlich anmietbar. Dies ist nur möglich, wenn aufgrund statistisch valider Unterlagen eine Aussage darüber möglich ist, dass die in Bezug genommene Baualtersklasse in gewissem Umfang tatsächlich im Vergleichsraum vorhanden ist. Dies muss bei einem derart ausdifferenzierten Mietspiegel wie dem Berliner nicht der Fall sein.

25

Dem hat das LSG vorliegend nicht Rechnung getragen, als es zur Bestimmung der angemessenen Kaltmiete pro Quadratmeter von der Baualtersklasse mit dem niedrigsten Spannenoberwert für eine Wohnfläche von 40 qm bis unter 60 qm ausging und deren Spannenoberwert von 4,71 Euro zugrunde legte. Gründe, warum es, abgesehen von der Überlegung die Baualtersklasse mit dem niedrigsten Spannenoberwert zu nehmen, gerade von dieser Baualtersklasse ausgegangen ist, hat das LSG nicht angeführt.

26

Im wieder eröffneten Berufungsverfahren wird das LSG zunächst zu prüfen haben, ob die von ihm zugrunde gelegte Baualtersklasse von 1965 bis 1972 mit einem einfachen Ausstattungsstandard und einer Wohnfläche von 40 qm bis unter 60 qm statistisch nachvollziehbar über den örtlichen Vergleichsraum hinweg so häufig vorhanden ist, dass allein auf diese Baualtersklasse zurückgegriffen werden kann. Sollte dies nicht der Fall sein, bietet es sich an, einen gewichteten arithmetischen Durchschnittswert nach Verteilung der in der Grundgesamtheit abgebildeten Wohnungen dieser Größe und dieses Ausstattungsstandards in den jeweiligen Baualtersklassen zu bilden (vgl dazu BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 32 mit weiterer Begründung).

27

Ergänzend ist auf Folgendes hinzuweisen:

28

(4) Neben der Nettokaltmiete sind auch die angemessenen (kalten) Betriebskosten iS des § 556 BGB abstrakt zu bestimmen und als Faktor in die Berechnung der abstrakt angemessenen Leistung für die Unterkunft mit einzubeziehen. Dazu kann auf Betriebskostenübersichten zurückgegriffen werden, möglichst allerdings auf örtliche wegen der regionalen Unterschiede insbesondere bei Ver- und Entsorgungsdienstleistungen (vgl nur BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - zur Veröffentlichung vorgesehen, RdNr 33 f). Dem wird das Urteil des LSG nicht gerecht, weil es ohne weitergehende Begründung die Werte des Anhangs I zum Berliner Mietspiegel 2007 herangezogen und den oberen Wert einer 4/5-Spanne zur Berechnung der Kaltbetriebskosten zugrunde gelegt hat, was zu einem Betrag von 2,59 Euro pro Monat und Quadratmeter führt (siehe die Tabelle auf Seite 18 des Berliner Mietspiegels 2007).

29

b) Zur Prüfung, ob in dem örtlichen Vergleichsraum eine Wohnung zu dieser abstrakt angemessenen Leistung für die Unterkunft auch tatsächlich angemietet werden kann, ist darauf hinzuweisen, dass beim Vorliegen eines qualifizierten Mietspiegels mit entsprechend wissenschaftlich gesicherten Feststellungen zum Wohnungsbestand davon ausgegangen werden kann, dass es eine Wohnung zu dem nach dem Mietspiegel angemessenen Quadratmeterpreis gibt. Diese Tatsachenvermutung kann aber erschüttert werden (vgl Parallelentscheidung vom heutigen 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R).

30

c) Gründe, warum der Kläger über den abgelaufenen Sechs-Monats-Zeitraum des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II hinaus einen höheren Anspruch auf Leistung für die Unterkunft als die nach den obigen Ausführungen abstrakt angemessenen Beträge haben sollte(oben a), wenn eine solche Wohnung auch hätte angemietet werden können (oben b), sind nicht zu erkennen.

31

Soweit die Aufwendungen des Hilfebedürftigen für die Unterkunft (Nettokaltmiete plus Betriebskosten) die abstrakt angemessene Leistung für die Unterkunft übersteigen, sind die Aufwendungen nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II solange zu berücksichtigen, wie es ihm nicht möglich oder nicht zumutbar ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

32

Der Ablauf der Sechs-Monats-Frist ergibt sich aus dem Leistungsbezug des Klägers seit 21.4.2005 und dem vorliegenden strittigen Zeitraum ab November 2006. Durch das Schreiben des Beklagten vom 26.4.2006 wurde der Kläger auch darauf hingewiesen, dass seine Kosten der Unterkunft nicht angemessen seien.

33

Gründe, warum dem Kläger eine Kostensenkung durch Umzug, Untervermietung oder auf andere Weise nicht möglich oder nicht zumutbar ist, hat das LSG nicht festgestellt. Es hat vielmehr ausgeführt, das Alter des Klägers und seine lange Wohndauer seien - auch in Kombination - keine Gründe, die gegen einen Umzug sprechen würden. Hinsichtlich des vom Kläger angeführten Gesichtspunkts "soziales Umfeld" ist zu bedenken, dass jeder Umzug in gewissem Maße mit einer Veränderung des sozialen Umfelds einhergeht und dies eine normale Folge ist, die sich aus der gesetzlichen Regelung ergibt (vgl schon BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 32 ff; BSG vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27, RdNr 33 ff).

34

Einem Umzug entgegenstehende Gründe, wie eine Behinderung oder die Ausübung des Umgangsrechts mit einem Kind (vgl § 22b Abs 3 Satz 2 SGB II idF des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes, BGBl I 2011, 453; ähnlich schon BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 33 ff; BSG vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27, RdNr 33), hat das LSG beim Kläger nicht festgestellt, der Kläger hat insofern keine Aufklärungsrügen erhoben.

35

Das Gleiche gilt für die wissenschaftlichen Forschungen des Klägers und sein Archiv sowie dem in der Revisionsbegründung angeführten Art 5 Abs 3 GG. Das BSG hat bereits entschieden, dass § 22 SGB II keine Rechtsgrundlage zur Übernahme von Kosten für beruflich genutzte Räume ist(BSG vom 23.11.2006 - B 11b AS 3/05 R - SozR 4-4200 § 16 Nr 1 RdNr 15). Zudem ist nicht zu erkennen, wieso die Wissenschaftsfreiheit des Klägers durch die Höhe der Leistungen für seine Unterkunft beeinträchtigt werden soll, zumal er insofern nichts Konkretes vorgetragen hat und als erwachsener Hilfebedürftiger dem allgemeinen Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen muss (vgl nur § 9 Abs 1 Nr 1, § 10 SGB II). Ebenso fehlt es an Feststellungen des LSG zum Fehlen anderweitiger Unterbringungsmöglichkeiten für das Archiv und seitens des Klägers wurden insofern keine Rügen erhoben. Auch aus den weiteren vom Kläger in der Revisionsbegründung angeführten Art 1 Abs 1, Art 2 Abs 1, Art 3 Abs 1 GG kann nichts hergeleitet werden, zumal es an näheren Ausführungen seitens des Klägers mangelt und es ein gewichtiger Unterschied ist, ob jemand zur Miete wohnt oder in einer in seinem Eigentum stehenden Wohnung.

36

2. Auch der vom LSG ermittelte Betrag für die Leistung für die Heizung hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

37

Als Leistung für die Heizung hat das LSG einen Betrag von (1,15 Euro/qm x 50 qm =) 57,50 Euro pro Monat als angemessen angesehen. Den Ausgangswert von 1,15 Euro pro Quadratmeter hat es dem Anhang I des Berliner Mietspiegels entnommen. Zu den vom Kläger an den Vermieter bzw Versorger tatsächlich gezahlten Leistungen bzw Vorauszahlungen hat das LSG keine Feststellung getroffen.

38

Dem kann nicht gefolgt werden. Die Prüfung der Angemessenheit der Leistung für die Heizung hat nicht nur getrennt von der Leistung für die Unterkunft zu erfolgen, sondern nach eigenen Regeln. Die Angemessenheit der Aufwendungen für die Heizung ist - mangels für den Einzelfall aussagekräftiger anderer Werte - solange zu bejahen, wie diese Aufwendungen unter dem Grenzbetrag eines bundesweiten oder kommunalen Heizspiegels liegen (vgl BSG vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23; BSG vom 2.7.2009 - B 14 AS 33/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 25; BSG vom 20.8.2009 - B 14 AS 65/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 26 RdNr 23 ff). Daher müssen zunächst die Aufwendungen des Klägers für die Heizung ermittelt werden und diese dann anhand eines kommunal oder bundesweiten Heizspiegels überprüft werden.

39

Erfolgt die Warmwasserbereitung über die Heizung ist der Anteil, der für die Warmwasserbereitung im Rahmen der Haushaltsenergie in der Regelleistung enthalten ist, von den Aufwendungen für die Heizung abzuziehen (vgl nur BSG vom 27.2.2008 - B 14/11b AS 15/07 R - BSGE 100, 94 = SozR 4-4200 § 22 Nr 5). Wird aber ein Heizspiegel oder wie vorliegend der Anhang I zum Mietspiegel zugrunde gelegt, der zwischen Leistungen für die Heizung mit und ohne Warmwasserbereitung differenziert, so kann nicht der Durchschnittsbetrag der Leistung für Heizung ohne Warmwasser berücksichtigt werden (hier 1,15 Euro pro Quadratmeter) und anschließend noch die Pauschale für die Warmwasserbereitung abgezogen werden.

40

Das LSG wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 10. Mai 2013 - S 17 AS 119/13 - aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander für alle Instanzen keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) für die Zeit vom 1.2. bis 31.7.2013.

2

Die miteinander verheirateten Kläger sind je zur Hälfte Miteigentümer eines 2003 erworbenen Grundstücks mit selbst bewohntem Wohnhaus von 85 m² Wohnfläche, für dessen Erwerb sie der 1946 geborenen vormaligen Eigentümerin (im Folgenden: Voreigentümerin) und deren 1939 geborenem Ehemann eine Rente auf Lebenszeit in Höhe von monatlich 440 Euro zu entrichten haben. Bei Zahlungsverzug von mehr als drei Monatsraten ist die Voreigentümerin zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt, ohne dass ein Ausgleich für die bis dahin empfangenen Zahlungen zu leisten wäre (Ziffern III. 1. und 2. des notariellen Übergabevertrages vom 16.6.2003 mit Nachtrag vom 20.2.2004).

3

Das beklagte Jobcenter bewilligte den Klägern für den Zeitraum vom 1.2. bis 31.7.2013 Arbeitslosengeld II (Alg II) zunächst in Höhe der Regelbedarfe sowie eines Mehrbedarfs für dezentrale Warmwasseraufbereitung (Bescheid vom 16.1.2013). Auf den Widerspruch wegen der Nichtberücksichtigung der Rentenzahlungen an die Voreigentümerin setzte der Beklagte das Alg II wie zuvor in Höhe der Regelbedarfe sowie des Mehrbedarfs fest und anerkannte als Bedarfe für Unterkunft und Heizung je Kläger 107,46 Euro für die Zeit vom 1.2. bis 28.2.2013 und 58,51 Euro bzw 58,50 Euro für die Zeit vom 1.5. bis 31.5.2013 für Betriebskosten (Änderungsbescheide vom 30.1.2013). Den Widerspruch im Übrigen wies er zurück, da die Rente der Tilgung für ein Darlehen zur Finanzierung eines Eigenheims gleich stehe und daher nicht nach § 22 Abs 1 S 1 SGB II berücksichtigungsfähig sei(Widerspruchsbescheid vom 31.1.2013).

4

Auf Klage - beschränkt auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung - hat das Sozialgericht (SG) den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 16.1.2013 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 30.1.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.1.2013 zur Gewährung weiterer Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich je 220 Euro für die Zeit vom 1.2.2013 bis 31.7.2013 verurteilt (Urteil vom 10.5.2013): Aufwendung für Unterkunft sei jede Zahlungsverpflichtung, die eine Wohnraumüberlassung zum Gegenstand habe und deren Nichterfüllung einen Räumungsanspruch des Gläubigers begründen könne. In diesem Sinne sei die monatliche Zahlungspflicht hier ein Leibrentenversprechen, das ähnlich einer Mietzahlung oder eines in Raten zu zahlenden Kaufpreises die Gegenleistung für die Überlassung von Wohnraum sei und bei dem im Falle des Zahlungsverzugs mit mehr als drei Monatsraten ein Rücktrittsrecht und Rückübereignungsanspruch zugunsten der Übergeberin bestehe. Diese Zahlungen seien nicht mit Tilgungsraten zu vergleichen, die im Zusammenhang mit dem Erwerb von Immobilieneigentum zu entrichten seien; sie sicherten allein den bereits erlangten Vermögensvorteil und dienten nicht unmittelbar der Vermögensmehrung.

5

Mit der mit Zustimmung der Kläger eingelegten und vom SG zugelassenen Sprungrevision rügt der Beklagte die Verletzung von § 22 Abs 1 S 1 SGB II. Die Leibrentenzahlungen seien nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zu Tilgungsleistungen keine berücksichtigungsfähigen Aufwendungen iS dieser Vorschrift, denn sie seien Gegenleistung für die Eigentumsübertragung am Hausgrundstück und damit als Ratenzahlungen eines seiner Höhe nach unbestimmten, weil bis zum Tod der Berechtigten zu zahlenden Kaufpreises zu verstehen. Bei vollständiger Erfüllung werde Lastenfreiheit des Grundstücks erreicht. Damit führe die Zahlung zu einer Vermögensbildung.

6

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 10. Mai 2013 - S 17 AS 119/13 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Die Kläger verteidigen das angefochtene Urteil und beantragen,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des Beklagten ist begründet. Zu Unrecht hat das SG entschieden, dass die von den Klägern zu zahlende Rente von 440 Euro monatlich als weiterer Unterkunftsbedarf anzuerkennen ist. Die Rente steht der Tilgung einer ratenweisen Kaufpreisschuld für das Hausgrundstück gleich und ist - da die Tilgung im Zeitpunkt des Bezugs von Grundsicherungsleistungen unter Berücksichtigung der Lebenserwartung der Voreigentümerin noch nicht bereits weitgehend abgeschlossen war - auch nicht ausnahmsweise als Bedarf für Unterkunft anzuerkennen.

9

1. Gegenstand des Verfahrens sind die den Zeitraum von Februar bis Juli 2013 betreffenden Alg II-Bewilligungsbescheide vom 30.1.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.1.2013, wogegen sich die Kläger statthaft mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 iVm § 56 Sozialgerichtsgesetz) wenden. Nicht (mehr) Verfahrensgegenstand ist dagegen der Ausgangsbescheid vom 16.1.2013, nachdem er durch die im laufenden Widerspruchsverfahren ergangenen Änderungsbescheide vom 30.1.2013 vollständig ersetzt worden ist (§ 86 SGG) und sich mangels weitergehender rechtlicher Wirkungen damit erledigt hat (§ 39 Abs 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz -).

10

2. In der Sache ist der Streitgegenstand durch den ausschließlich darauf bezogenen Klagantrag wirksam auf die Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung - und zwar, da nur der Beklagte die Entscheidung des SG mit der Sprungrevision angefochten hat, begrenzt auf die Höhe der ihnen vom SG insoweit zugesprochenen 220 Euro je Kläger - beschränkt; an der prozessual zulässigen Abtrennbarkeit dieser Leistungen (vgl nur BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18) hat sich durch die Neufassung des § 19 Abs 1 SGB II durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (im Folgenden: RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG) vom 24.3.2011 (BGBl I 453; insofern in Kraft getreten zum 1.1.2011, im Folgenden: § 19 Abs 1 SGB II nF) auch für Verfahren über Bewilligungsabschnitte nach dem 1.1.2011 nichts geändert (zu Verfahren über zuvor abgeschlossene Bewilligungsabschnitte vgl nur BSG vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 mwN).

11

a) Der Rechtslage bis zum 31.12.2010 haben die Grundsicherungssenate des BSG in ständiger Rechtsprechung entnommen, dass die Gewährung höherer oder überhaupt von Leistungen für Unterkunft und Heizung einen abtrennbaren prozessualen Anspruch bildet, soweit sie - wie vorliegend auch - Gegenstand einer abtrennbaren Verfügung (Verwaltungsakt iS des § 31 SGB X) des betreffenden Bescheids sind. Zwar sind beim Streit um höhere Leistungen auch im SGB II grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen (stRspr; vgl nur BSG vom 6.4.2011 - B 4 AS 119/10 R - BSGE 108, 86 = SozR 4-1500 § 54Nr 21, RdNr 32). Hiervon hat das BSG indes eine Ausnahme für Unterkunft und Heizung gemacht, weil die Zuständigkeiten für die Regelleistung (heute: Regelbedarf) einerseits und für die Leistungen für Unterkunft und Heizung andererseits nach der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung von § 6 Abs 1 S 1 SGB II(in der bis zum 31.12.2010 unveränderten Fassung des Kommunalen Optionsgesetzes vom 30.7.2004, BGBl I 2014) iVm § 19 S 2 bzw 3 SGB II(idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954; seit 1.8.2006: § 19 S 3 SGB II idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 , BGBl I 1706; im Folgenden § 19 S 2 bzw 3 SGB II aF)unterschiedlich und die Leistungen inhaltlich voneinander abgrenzbar waren, es sich rechtlich also um zwei eigenständige Leistungen und Verfügungen handelte (stRspr, grundlegend BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18 ff).

12

b) Eigenständige Leistungen in diesem Sinne bilden die Leistungen für den Regelbedarf einerseits und für Unterkunft und Heizung andererseits auch unter Geltung des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG. Unverändert sind danach die Zuständigkeiten zwischen der Bundesagentur für Arbeit und den kommunalen Trägern ungeachtet des im Hinblick auf die Weiterentwicklung von § 19 SGB II (dazu unten c) geringfügig unterschiedlichen Wortlauts von § 6 Abs 1 S 1 SGB II alter und neuer Fassung weiter vom Prinzip geteilter Trägerschaft geprägt, wie es seit Einführung des SGB II gilt(vgl BT-Drucks 15/2816, S 10): Sofern nicht eine einheitliche Zuständigkeit eines kommunalen Trägers nach §§ 6a f SGB II besteht, sind für Unterkunft und Heizung ausschließlich zuständig die kommunalen Träger und für das Alg II sowie das Sozialgeld mit Ausnahme der Kosten von Unterkunft und Heizung die Bundesagentur für Arbeit; daran hat sich im Gefolge des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG nichts geändert (ebenso Rixen/Weißenberg in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 6 RdNr 3; Luik, ebenda § 22 RdNr 31). Eher ist die Trennung der Zuständigkeiten nochmals verdeutlicht durch die Neufassung des § 44b Abs 3 S 1 SGB II(idF des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3.8.2010 mWv 1.1.2011 , BGBl I 1112), wonach die Verantwortung für die recht- und zweckmäßige Erbringung jeweils "ihrer Leistungen" in der gemeinsamen Einrichtung nach § 44b SGB II(idF des GSiOrgWG) ausdrücklich jedem Träger gesondert obliegt (zum Zweck dieser Verantwortlichkeitszuweisung vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 20.12.2007 - 2 BvR 2433/04, 2 BvR 2434/04 - BVerfGE 119, 331 = SozR 4-4200 § 44b Nr 1 zu § 44 SGB II idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vgl BR-Drucks 226/10 S 37 sowie Luthe in: Hauck/Noftz, SGB II, K § 44b RdNr 26 ff, Stand 10/2013).

13

c) Nichts anderes folgt aus der partiellen Neufassung von § 19 und § 22 Abs 1 SGB II durch das RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG. Leistungsrechtlich waren die Kosten für Unterkunft und Heizung schon bis zu dessen Inkrafttreten als Teil des Anspruchs auf Alg II gefasst (vgl § 19 S 1 SGB II idF des GSiFoG: Erwerbsfähige Hilfebedürftige erhalten als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung). Sachlich bedeutet es deshalb keinen Unterschied, wenn nunmehr die Leistungen, also Alg II und Sozialgeld, den Regelbedarf, Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung "umfassen" (§ 19 Abs 1 S 3 SGB II nF) und nach Maßgabe von § 22 SGB II bei Unterkunft und Heizung "Bedarfe" in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen "anerkannt" werden(§ 22 Abs 1 S 1 Halbs 1 SGB II idF des RBEG/SGB II/SGB XII-ÄndG), während zuvor "Leistungen" zu erbringen waren (§ 22 Abs 1 S 1 Halbs 1 SGB II in der insoweit bis zum 31.12.2010 unveränderten Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt). Das verdeutlicht zwar weiter, dass die Leistungsbereiche in dem Sinne aufeinander bezogen sind, als jeweils nach denselben Maßstäben umfassend zu prüfen ist, ob die Voraussetzungen des § 7 Abs 1 S 1 SGB II, insbesondere die der Hilfebedürftigkeit iS des § 9 SGB II, vorliegen(so bereits BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 21; ebenso BT-Drucks 17/3404 S 97 zu § 19). Jedoch trägt dies nicht die Einschätzung, dass hiermit Änderungen substantieller Art verbunden wären (so aber BT-Drucks 17/3404 S 98 zu § 22: Leistungen für Unterkunft und Heizung sind nunmehr integraler Bestandteil des Arbeitslosengeldes II, das den Bedarf für Unterkunft und Heizung als nicht mehr abtrennbaren Teil enthält). Das wäre angesichts der fortbestehenden organisationsrechtlichen Aufspaltung der Verantwortlichkeiten auch schwerlich möglich: Solange die Trägerschaft für die Kosten von Unterkunft und Heizung einerseits und den Regelbedarf andererseits getrennt ist, können Alg II und Sozialgeld keine einheitliche "Gesamtleistung" bilden (so schon BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 21; ebenso auch Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 22 RdNr 31).

14

d) Ein prozessuales Verbot der abgetrennten Geltendmachung von Leistungen für Unterkunft und Heizung oder den Regelbedarf begründen die Änderungen in § 19 und § 22 Abs 1 SGB II ebenfalls nicht. Zwar stehen dem Gesetzgeber partielle Begrenzungen der grundsätzlich umfassend gewährleisteten Dispositionsmaxime (§ 123 SGG) zu. Dass dies hier geschehen wäre, ist aber nicht hinreichend deutlich. Einerseits ist das in den Materialien zwar angedeutet (vgl BT-Drucks 17/3404 S 98 zu § 22). Andererseits findet eine solche Begrenzung schon im Gesetzestext keinen hinreichend deutlichen Niederschlag, nachdem - wie dargelegt - die Neufassung von § 19 Abs 1 SGB II nF erhebliche Unterschiede zur vorherigen Rechtslage nicht erkennen lässt. Zudem kommt in den Materialien gegenläufig ebenso das Bestreben zum Ausdruck, in Verfahren nach dem SGB II auch künftig Teilelemente abschichten zu können, auch wenn der dazu in Betracht gezogene Ansatz im geltenden Prozessrecht kaum Grundlagen findet (vgl BT-Drucks 17/3404, S 97 zu § 19: "dass … einzelne, dem angefochtenen Leistungsanspruch zugrunde liegende Tatsachen unstreitig gestellt werden"; vgl aus der stRspr hierzu nur BSG Urteil vom 13.5.2009 - B 4 AS 58/08 R - BSGE 103, 153 = SozR 4-4200 § 12 Nr 13, RdNr 12; BSG Urteil vom 16.5.2012 - B 4 AS 109/11 R - Juris RdNr 26; BSG Urteil vom 20.9.2012 - B 8 SO 4/11 R - BSGE 112, 54 = SozR 4-3500 § 28 Nr 8, RdNr 14; vgl ebenso Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, K § 19 RdNr 82, Stand 1/2012, und Straßfeld, SGb 2011, 436, 442); auch das spricht dagegen, § 19 Abs 1 SGB II als Sperre der isolierten Geltendmachung der Bedarfe von Unterkunft und Heizung zu verstehen(so im Ergebnis auch: Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 22 RdNr 31 ff; Söhngen in jurisPK-SGB II, 3. Aufl 2012, Stand 6/2013, § 19 RdNr 30; Lauterbach in Gagel, Online-Ausgabe Stand 2014, § 22 SGB II RdNr 8; Nolte, NZS 2013, 10, 12 ff; Straßfeld, SGb 2011, 436, 442; aA : Berlit in Münder, SGB II, 5. Aufl 2013, § 22 RdNr 9; S. Knickrehm in Kreikebohm, Kommentar zum Sozialrecht, 3. Aufl 2013, § 22 RdNr 1; offen gelassen Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand 1/2012, K § 19 RdNr 81).

15

3. Anspruch auf weitere jeweils 220 Euro monatlich als Leistung auf die Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 S 1 SGB II iVm §§ 7, 9, 19 SGB II nF haben die Kläger ungeachtet ihrer Hilfebedürftigkeit im Übrigen nicht.

16

a) Bei Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen im Weiteren sind gemäß § 22 Abs 1 S 1 SGB II nF Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anzuerkennen, soweit sie angemessen sind. Die Angemessenheit von mit der Nutzung von Eigentum verbundenen Kosten ist nach der Rechtsprechung des BSG an den Kosten zu messen, die für Mietwohnungen angemessen sind, dh die Frage der Angemessenheit der Unterkunftskosten ist für Mieter und Hauseigentümer nach einheitlichen Kriterien zu beantworten (vgl dazu grundlegend BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10).

17

b) Zu den anzuerkennenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in diesem Sinne rechnen nach gefestigter Rechtsprechung des BSG, von der abzurücken kein Anlass besteht, Tilgungsraten grundsätzlich nicht (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 24; BSG Urteil vom 7.7.2011 - B 14 AS 79/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 48 RdNr 18; BSG Urteil vom 16.2.2012 - B 4 AS 14/11 R - juris RdNr 23). Die Leistungen nach dem SGB II sind auf die aktuelle Existenzsicherung beschränkt und sollen nicht der Vermögensbildung dienen (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 35; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, K § 22 RdNr 169 ff, Stand 10/2012; Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 22 RdNr 61). Ausnahmen von diesem Grundsatz sind im Hinblick auf den im SGB II ausgeprägten Schutz des Grundbedürfnisses "Wohnen" nur in besonderen Ausnahmefällen angezeigt, wenn es um die Erhaltung von Wohneigentum geht, dessen Finanzierung im Zeitpunkt des Bezugs von Grundsicherungsleistungen bereits weitgehend abgeschlossen ist (vgl aus der Rechtsprechung des erkennenden Senats BSG Urteil vom 7.7.2011 - B 14 AS 79/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 48 RdNr 18; ebenso 4. Senat, BSG Urteil vom 16.2.2012 - B 4 AS 14/11 R - juris RdNr 23). Im Übrigen ist der Eigentümer grundsätzlich ebenso wenig wie der Mieter davor geschützt, dass sich die Notwendigkeit eines Wohnungswechsels ergeben kann (vgl Entscheidungen des erkennenden Senats, BSG Urteil vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 70/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 8 zur Kostensenkungsaufforderung und BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10 zum Wohnungswechsel wegen unangemessen hoher Unterkunftskosten).

18

c) Nicht ohne Bedeutung ist hiernach entgegen der Auffassung des SG die "vertragliche Ausgestaltung" der im Streit stehenden Aufwendungen. Maßgebend ist vielmehr, ob die von den Klägern entrichteten Zahlungen an die Voreigentümerin wie die Tilgung eines Darlehens zur Wohnraumfinanzierung oder einer Kaufpreisschuld zu werten sind oder ob sie einer (Miet-)Zahlung für die Wohnraumgebrauchsüberlassung gleichen. Das beurteilt sich nach der Rechtsprechung allein danach, wie der zugrunde liegende Vertrag konkret ausgestaltet ist und nicht, wie er auch hätte ausgestaltet sein können (vgl BSG Urteil vom 22.8.2012 - B 14 AS 1/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 65 RdNr 21). Entscheidend für die rechtliche Qualifizierung ist bei Grundstückskäufen auf Leibrentenbasis nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), wie eng das Gegenseitigkeitsverhältnis zwischen Rentenzahlung und Grundstücksgeschäft beschaffen ist. Als Leibrente im eigentlichen Sinne des § 759 BGB erachtet der BGH ein "einheitlich nutzbares Recht …, das dem Berechtigten für die Lebenszeit eines Menschen eingeräumt ist und dessen Erträge aus wiederkehrenden, gleichmäßigen und in gleichen Zeitabständen zu gewährenden Leistungen in Geld oder anderen vertretbaren Sachen bestehen"(BGH Urteil vom 16.12.1965 - II ZR 274/63 - BB 1966, 305 - juris RdNr 22). Der Leibrente zugeordnet wird ein Grundstücksüberlassungsvertrag deshalb nur, wenn die Gegenleistung für dessen Überlassung mit der Einräumung des Stammrechts, aus dem die Einzelansprüche erwachsen, formal bereits als vollständig erbracht anzusehen ist und die Rentenzahlungen deshalb im strengen Sinne nicht Gegenleistung für die Grundstücksüberlassung sind, sondern Erfüllung des bereits vorher gewährten Rentenstammrechts. Steht dagegen nach der konkreten vertraglichen Ausgestaltung die Erfüllung (auch) der einzelnen Zahlungsansprüche in einem Gegenseitigkeitsverhältnis zur Grundstücksüberlassung - und hat sich der Überlasser deshalb den Rücktritt vom Vertrag vorbehalten für den Fall, dass der Übernehmer mit Zahlungen in Rückstand gerät - dann bilden die "Rentenzahlungen in ihrer Gesamtheit den Kaufpreis für den Erwerb des Grundstücks" (BGH Beschluss vom 25.4.1991 - III ZR 159/90 - WM 1991, 1644, juris RdNr 2 ff, RdNr 5).

19

d) Hiernach könnten Leibrenten der Miete allenfalls gleich zu stellen sein, wenn es sich um Renten im engeren Sinne des § 759 BGB handelt. Muss dagegen eine "Leibrentenzahlung" bei vorbehaltenem Rücktritt - wie hier vertraglich ausbedungen - als Kaufpreisteil gesehen werden, so ist nicht anzunehmen, dass die Zahlungen nicht der Finanzierung des Grunderwerbs dienen. Maßgeblich ist dann nach der Rechtsprechung des BSG, ob es nach den konkreten Umständen "um die Erhaltung von Wohneigentum geht, dessen Finanzierung im Zeitpunkt des Bezugs von Grundsicherungsleistungen bereits weitgehend abgeschlossen ist" (vgl erkennender Senat: BSG Urteil vom 7.7.2011 - B 14 AS 79/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 48 RdNr 18; 4. Senat: BSG Urteil vom 16.2.2012 - B 4 AS 14/11 R - juris RdNr 23). Davon kann hier indes nicht ausgegangen werden, nachdem die 2005 - dem Jahr des erstmaligen Bezugs von SGB II-Leistungen der Kläger - 59 Jahre alte Voreigentümerin statistisch eine Lebenserwartung von deutlich über 20 Jahren hatte (Statistisches Bundesamt, Periodensterbetafeln für Deutschland, Allgemeine Sterbetafeln, abgekürzte Sterbetafeln und Sterbetafeln, 1871/1881 bis 2008/2010, S 342).

20

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Das Bundessozialgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

Personen, die vor dem 1. Januar 1947 geboren sind, erreichen die Altersgrenze mit Ablauf des Monats, in dem sie das 65. Lebensjahr vollenden. Für Personen, die nach dem 31. Dezember 1946 geboren sind, wird die Altersgrenze wie folgt angehoben:

für den
Geburtsjahrgang
erfolgt eine
Anhebung
um Monate
auf den Ablauf des Monats,
in dem ein Lebensalter
vollendet wird von
1947165 Jahren und 1 Monat
1948265 Jahren und 2 Monaten
1949365 Jahren und 3 Monaten
1950465 Jahren und 4 Monaten
1951565 Jahren und 5 Monaten
1952665 Jahren und 6 Monaten
1953765 Jahren und 7 Monaten
1954865 Jahren und 8 Monaten
1955965 Jahren und 9 Monaten
19561065 Jahren und 10 Monaten
19571165 Jahren und 11 Monaten
19581266 Jahren
19591466 Jahren und 2 Monaten
19601666 Jahren und 4 Monaten
19611866 Jahren und 6 Monaten
19622066 Jahren und 8 Monaten
19632266 Jahren und 10 Monaten
ab 19642467 Jahren.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Erwerbsfähig ist, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

(2) Im Sinne von Absatz 1 können Ausländerinnen und Ausländer nur erwerbstätig sein, wenn ihnen die Aufnahme einer Beschäftigung erlaubt ist oder erlaubt werden könnte. Die rechtliche Möglichkeit, eine Beschäftigung vorbehaltlich einer Zustimmung nach § 39 des Aufenthaltsgesetzes aufzunehmen, ist ausreichend.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

(2) Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben die Bedarfe nach § 28 außer Betracht. In den Fällen des § 7 Absatz 2 Satz 3 ist Einkommen und Vermögen, soweit es die nach Satz 3 zu berücksichtigenden Bedarfe übersteigt, im Verhältnis mehrerer Leistungsberechtigter zueinander zu gleichen Teilen zu berücksichtigen.

(3) Absatz 2 Satz 2 findet keine Anwendung auf ein Kind, das schwanger ist oder sein Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.

(4) Hilfebedürftig ist auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde.

(5) Leben Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tenor

Auf die Revisionen der Kläger wird das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 4. Dezember 2013 (L 10 AS 285/11) aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Umstritten ist die Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für den Zeitraum vom 1.6.2007 bis zum 30.4.2009. Die Kläger wenden sich gegen die sogenannte "Deckelung" der Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aufgrund eines nach Ansicht des beklagten Jobcenters nicht erforderlichen Umzugs.

2

Die im Jahr 1971 geborene Klägerin zu 1 lebte vor dem streitigen Zeitraum mit ihrem im April 1994 geborenen Sohn, dem Kläger zu 2, in einer Bedarfsgemeinschaft in einer 58 qm großen Wohnung in der P Straße in S, für die ab dem 1.11.2006 monatlich insgesamt 305,31 Euro zu entrichten waren (Nettokaltmiete 219,94 Euro, Betriebskosten 36,07 Euro, Heizkosten/Warmwasser 44,73 Euro, Wasser/Abwasser 4,57 Euro). Auf ihren Fortzahlungsantrag vom 11.1.2007 bewilligte der Beklagte den Klägern für März bis August 2007 Grundsicherungsleistungen unter Berücksichtigung eines Gesamtbedarfs für Unterkunft und Heizung in Höhe von 298,60 Euro. Den am selben Tag gestellten Antrag auf Zusicherung für einen Umzug lehnte der Beklagte bestandskräftig ab. Zugleich wurde darauf hingewiesen, dass im Falle des Umzugs die Leistungen für Unterkunft und Heizung nur noch in der bisherigen Höhe übernommen würden.

3

Am 22.3.2007 stellte die Klägerin zu 1 erneut einen Antrag auf Zusicherung zum Umzug in eine 58 qm große Wohnung in der G straße in S Als Umzugsgrund gab die Klägerin zu 1 insbesondere die Möglichkeit der Betreuung ihres Kindes durch ihre Mutter an, die im selben Haus wohne. Mit Bescheid vom 27.3.2007 lehnte der Beklagte den Antrag mangels Erforderlichkeit des Umzugs ab, der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 14.5.2007).

4

Zum 1.6.2007 zogen die Kläger in die Wohnung in der G straße, für die eine Gesamtmiete von 327,59 Euro (Nettokaltmiete 226,59 Euro, Betriebskosten 36 Euro, Heizkosten/Warmwasser 50 Euro, Wasser/Abwasser 15 Euro) zu entrichten war. Mit Änderungsbescheid vom 6.6.2007 und sodann, jeweils auf Fortzahlungsanträge hin sowie aufgrund weiterer Änderungsbescheide, bewilligte der Beklagte den Klägern als Leistungen für Unterkunft und Heizung bis April 2009 weiterhin 298,60 Euro und übernahm Nachzahlungen wegen Nebenkostenabrechnungen sowohl für die Wohnung in der P Straße für die Jahre 2006 und 2007 sowie für die G straße für die Jahre 2007, 2008 und 2009. Die Miete in dieser Wohnung erhöhte sich bis auf insgesamt 387,70 Euro ab dem 1.12.2008 (Nettokaltmiete 226,59 Euro, Betriebskosten 36,21 Euro, Heizkosten 118,19 Euro, Wasser/Abwasser 6,71 Euro).

5

Am 26.1.2009 stellte die Klägerin zu 1 einen Überprüfungsantrag, mit welchem sie die Übernahme der vollständigen tatsächlichen Unterkunftskosten für die Wohnung in der G straße ab dem 1.6.2007 begehrte. Der Beklagte lehnte den Überprüfungsantrag unter Hinweis auf die mangelnde Zusicherung zum Umzug ab (Bescheid vom 3.2.2009, Widerspruchsbescheid vom 12.3.2009).

6

Die von den Klägern erhobenen Klagen zum Sozialgericht (SG) wurden mit Urteil vom 17.5.2011 abgewiesen, die eingelegten Berufungen zum Landessozialgericht (LSG) wurden zurückgewiesen (Urteil vom 4.12.2013). Das LSG hat in seinem Urteil ausgeführt, die Kläger hätten wegen § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II keinen Anspruch auf teilweise Rücknahme der bestandskräftigen Bewilligungsbescheide nach § 44 Abs 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) und Gewährung höherer Leistungen für Unterkunft und Heizung als die ursprünglich für die Wohnung in der P Straße bewilligten 298,60 Euro. Eine Zusicherung zum Umzug hätten die Kläger nicht gehabt, der Umzug in die G straße sei auch nicht erforderlich gewesen. Es gebe keine objektiven Anhaltspunkte dafür, dass der Wohnungszustand der Wohnung in der P Straße einen Umzug in eine andere Wohnung erforderlich gemacht habe. Auch im Hinblick auf die Mitbetreuung des Klägers zu 2 durch die Mutter der Klägerin zu 1 sei der Umzug nicht erforderlich gewesen, Hausaufgabenbetreuung und Mittagessen hätten auch im Haushalt der Mutter der Klägerin zu 1 erbracht werden können, dem Kläger zu 2 selbst sei die Wegstrecke angesichts seines Alters von 13 Jahren ohne Weiteres zumutbar. Soweit die Klägerin zu 1 auf ihre Hilfe bei der Pflege ihrer Großeltern verweise, sei diese Pflege zum einen überwiegend durch die Mutter der Klägerin zu 1 realisiert worden, zum anderen habe die Entfernung der Wohnung der Klägerin zu 1 zu der der Großeltern lediglich 1 km betragen, die Verkürzung der einfachen Wegstrecke auf ca 300 m sei nicht so erheblich, dass sie einen Umzug erforderlich erscheinen ließe. Rechtsfolge sei die Deckelung der Leistungen für Unterkunft und Heizung auf die bis dahin zu tragenden Aufwendungen. Dies sei vorliegend die von den Klägern bis zum 31.5.2007 gezahlte Bruttowarmmiete von 305,31 Euro abzüglich der Kosten der Warmwasserbereitung von 10,11 Euro, mithin eine monatliche Leistung für Unterkunft und Heizung von 295,20 Euro. Der Beklagte habe jedoch bereits monatlich 298,60 Euro gewährt und zudem für die Zeit ab Juni 2007 die sich ergebenden Nachzahlungsbeträge auf die Heiz- und Betriebskosten übernommen. Soweit die Kläger geltend machten, bei der gesetzlichen Regelung würden umzugsunabhängige Kostensteigerungen, insbesondere bei den Heizkosten, nicht berücksichtigt, führe dies zu keinem anderen Ergebnis. Eine Dynamisierung des Deckelungsbetrags anhand von Entwicklungsdaten des allgemeinen Wohnungsmarkts sei vom Wortlaut der Norm nicht gedeckt. Man teile auch nicht die verfassungsrechtlichen Bedenken der Kläger, denn es sei zu berücksichtigen, dass § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II nur eingreife, wenn der Leistungsempfänger gleichsam ohne Not höhere Kosten auslöse und somit seine Situation selbst verschuldet sei. Im Übrigen könne durch einen weiteren Umzug die Deckelung beendet werden.

7

Dagegen wenden sich die Kläger mit den vom LSG zugelassenen Revisionen. Sie rügen eine Verletzung von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II, soweit darin eine zeitlich unbefristete und starre Vorschrift zur Deckelung der Kosten der Unterkunft und Heizung gesehen werde. Zumindest sei eine Dynamisierung der individuellen Angemessenheitsgrenze aufgrund allgemeiner Kostensteigerungen notwendig. Abgesehen davon, dass die Zusicherung zum Umzug hier nicht habe verweigert werden dürfen, entspreche die dauerhafte Deckelung auch eher einer Sanktionierung sozialwidrigen Verhaltens. Sie berücksichtige weder die Kostenentwicklung in der bisherigen Unterkunft, noch die fehlende Kausalität zwischen dem Umzug und der Mehrkosten, bezogen auf die Kosten für Heizung und Wasser, da diese auf Witterungseinflüssen und steigenden Energiekosten beruhten.

8

Die Kläger beantragen,
die Urteile des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 4. Dezember 2013 - L 10 AS 285/11 - und des Sozialgerichts Schwerin vom 17. Mai 2011 - S 22 AS 672/09 - sowie den Bescheid des Beklagten vom 3. Februar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. März 2009 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihnen unter Änderung des Bescheides vom 6. Juni 2007 (Bewilligungsabschnitt 1. Juni bis 31. August 2007), des Bescheides vom 31. Juli 2007 (Bewilligungsabschnitt 1. September 2007 bis 29. Februar 2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 21. Januar 2008, des Bescheides vom 31. Juli 2007 (Bewilligungsabschnitt 1. März 2008 bis 30. April 2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 22. April 2008, des Bescheides vom 26. März 2008 (Bewilligungsabschnitt 1. Mai 2008 bis 31. Oktober 2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 22. April 2008, sowie des Bescheides vom 25. September 2008 (Bewilligungsabschnitt 1. November 2008 bis 30. April 2009) Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe ihrer tatsächlichen Aufwendungen, abzüglich der Warmwasserkostenpauschale, vom 1. Juni 2007 bis zum 30. April 2009 zu zahlen.

9

Der Beklagte beantragt,
die Revisionen der Kläger zurückzuweisen.

10

Er hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässigen Revisionen der Kläger sind im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und der Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz). Es konnte nicht abschließend entschieden werden, ob den Klägern für den streitgegenständlichen Zeitraum höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung zustehen, denn es fehlt insofern an ausreichenden Feststellungen des LSG.

12

1. Gegenstand der Revisionsverfahren sind neben der Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidungen die Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom 3.2.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.3.2009, mit dem die Überprüfungsanträge der Kläger mit dem Ziel, vom 1.6.2007 bis zum 30.4.2009 die vollen tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung zu erlangen, abgelehnt worden sind. Mithin sind streitgegenständlich auch die jeweiligen Leistungsbescheide, mit denen Leistungen für Unterkunft und Heizung in dem von den Klägern durch ihre Überprüfungsanträge vorgegebenen Zeitraum bewilligt worden sind. Dies sind - neben den von den Klägern selbst aufgeführten Bescheiden - auch die zur Ermittlung des "wirklich Gewollten" (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 95 RdNr 5) einzubeziehenden Bescheide vom 6.6.2007 (Bewilligungsabschnitt 1.6. bis 31.8.2007), des Bescheids vom 31.7.2007 (Bewilligungsabschnitt 1.9.2007 bis 29.2.2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 21.1.2008, des Bescheids vom 31.7.2007 (Bewilligungsabschnitt 1.3.2008 bis 30.4.2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 22.4.2008, des Bescheids vom 26.3.2008 (Bewilligungsabschnitt 1.5.2008 bis 31.10.2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 22.4.2008, sowie des Bescheids vom 25.9.2008 (Bewilligungsabschnitt 1.11.2008 bis 30.4.2009).

13

Die vorgenommene Beschränkung auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung ist zulässig (stRspr, siehe BSG Urteil vom 23.5.2013 - B 4 AS 67/12 R - BSGE 113, 270 = SozR 4-4200 § 22 Nr 68, RdNr 12 mwN). Ihr Begehren haben die Kläger zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage geltend gemacht (§ 54 Abs 1 und Abs 4 SGG).

14

2. Als Rechtsgrundlage für den Antrag der Kläger auf Überprüfung der Leistungsbescheide für die Zeit vom 1.6.2007 bis zum 30.4.2009 hinsichtlich der Leistungen für Unterkunft und Heizung kommt nur § 40 Abs 1 Satz 1 SGB II iVm § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X in Betracht. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.

15

Der Antrag der Kläger genügt den Anforderungen für einen Überprüfungsantrag eines Leistungsberechtigten nach § 44 SGB X. Dazu gehört nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ( Urteil vom 13.2.2014 - B 4 AS 22/13 R - BSGE 115, 126 = SozR 4-1300 § 44 Nr 28 mwN), dass der Antrag konkretisierbar ist und entweder aus dem Antrag selbst - ggf nach Auslegung - oder aus einer Antwort des Antragstellers auf eine Nachfrage des Leistungsträgers der Umfang der Prüfpflicht für die Verwaltung bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens erkennbar ist. Dazu muss der Leistungsberechtigte in der Regel in seinem Überprüfungsantrag einen oder ggf mehrere zu überprüfende Verwaltungsakte konkret aufführen. Dies ist nur dann entbehrlich, wenn bei objektiver Betrachtung aus dem Vorbringen des Antragstellers der zu überprüfende Verwaltungsakt ohne Weiteres zu ermitteln ist (siehe dazu auch BSG Urteil vom 28.10.2014 - B 14 AS 39/13 R - SozR 4-1300 § 44 Nr 31 RdNr 15).

16

Die Klägerin zu 1 hatte vorliegend - wie bereits vom SG und vom LSG ausgeführt - erkennbar auch für den mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Sohn, den Kläger zu 2, mit Schreiben vom 26.1.2009 die Überprüfung "von Leistungsbescheiden ab 1.6.2007 im Hinblick auf die Übernahme der Unterkunftskosten" beantragt und dem einen Antrag auf Übernahme der vollständigen Unterkunftskosten der Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 387,70 Euro beigefügt. Dies reicht bei objektiver Betrachtung als Anknüpfungspunkt für eine Überprüfung aus, denn es ist bei verständiger Würdigung der Sachlage klar zu erkennen gewesen, dass die Klägerin zu 1 nach dem Umzug in die G straße zum 1.6.2007 die dort zu zahlenden tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung für sich und den Kläger zu 2 begehrt.

17

3. Es kann aber vorliegend nicht abschließend entschieden werden, ob iS des § 44 Abs 1 SGB X das Recht unrichtig angewandt worden ist und deshalb durch die vorgenommene "Deckelung" zu niedrige Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht worden sind. Zwar hat das LSG zutreffend angenommen, dass der Umzug der Kläger nicht erforderlich gewesen ist (dazu unter 3.c). Es fehlen aber Feststellungen dazu, ob und ggf inwieweit für den streitbefangenen Zeitraum zutreffend ermittelte abstrakte kommunale Angemessenheitsgrenzen als weitere Voraussetzung für die Anwendung von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II bestanden haben(dazu unter 4.).

18

a) Die Kläger erfüllen aus dem Gesamtzusammenhang der vom LSG zugrunde gelegten Tatsachen die Voraussetzungen des § 7 SGB II für Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende im Hinblick auf das Alter, die Erwerbsfähigkeit, die Hilfebedürftigkeit und des gewöhnlichen Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland. Der Anspruch umfasst dem Grunde nach auch Leistungen für Unterkunft und Heizung. Es ist dabei auf die tatsächlichen Unterkunftskosten abzustellen, soweit sie angemessen sind (vgl § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II; siehe auch zB BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 20 ff).

19

b) Die Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung für die Wohnung in der G straße scheitert nicht an der fehlenden Zusicherung des Beklagten für einen Umzug (vgl § 22 Abs 2 SGB II in der in der streitigen Zeit geltenden Fassung, heute: § 22 Abs 4 SGB II). Die vom Beklagten bestandskräftig abgelehnten Anträge auf Zusicherung zur Tragung von Unterkunftskosten nach einem Umzug stellen jeweils nur eine Entscheidung für diesen konkreten Antrag dar und entfalten keine Dauerwirkung für die Zukunft. Der Bescheid erschöpft sich in der Ablehnung der Zusicherung für den Einzelfall. Dass die Kläger somit für ihren Umzug in die G straße keine Zusicherung nach § 22 Abs 2 SGB II aF eingeholt haben, ist insofern ohne Belang, als die Zusicherung keine Anspruchsvoraussetzung darstellt(BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, RdNr 27).

20

c) Ungeachtet der Frage der Zusicherung liegen die Voraussetzungen von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II für eine mögliche "Deckelung" im hiesigen Fall jedenfalls insoweit vor, als der Umzug der Kläger in die G straße nicht erforderlich war.

21

Der Prüfung zugrunde zu legen ist § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II in der im streitigen Zeitraum vom 1.6.2007 bis 30.4.2009 anzuwendenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706), der unwesentlich mit Wirkung vom 1.1.2009 durch das Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21.12.2008 (BGBl I 2917) geändert wurde. Danach werden für den Fall, dass sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung erhöhen, die Leistungen weiterhin nur in Höhe der bis dahin zu tragenden (angemessenen) Aufwendungen erbracht. Die Prüfung der Erforderlichkeit eines Umzugs ist in zwei Schritten daran zu messen, ob der Auszug aus der bisherigen Wohnung notwendig oder aus sonstigen Gründen erforderlich ist. In einem weiteren Schritt ist zu prüfen, ob sich die Kosten gerade der von dem Hilfebedürftigen gewählten neuen Wohnung in Ansehung der Erforderlichkeit eines Umzugs als angemessen darstellen (siehe grundlegend BSG Urteil vom 24.11.2011 - B 14 AS 107/10 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 52 RdNr 18).

22

Eine Notwendigkeit des Umzugs in dem Sinne, dass zB gesundheitliche Gründe einen solchen unerlässlich machen, sind nach den Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht gegeben. Aber auch eine Erforderlichkeit des Umzugs im weiteren Sinne ist für den vorliegenden konkreten Fall zu verneinen. Zwar kann grundsätzlich gerade die Tatsache, dass der Hilfebedürftige alleinerziehend und damit uU besonderen Belastungen ausgesetzt ist, zu einer Bejahung der Erforderlichkeit führen. Vorliegend würde sich die Lebenssituation der Kläger aber nicht so verändern, dass diese Veränderung in den persönlichen Umständen eine Neubestimmung der für die Kläger angemessenen Wohnkosten gerechtfertigt erscheinen ließe. Es ist nicht erkennbar, dass der bereits 13 Jahre alte Kläger zu 2 einer engmaschigen Betreuung durch seine Großmutter bedurfte. Ebenso wenig ändert sich die Lebenssituation der Klägerin zu 1 wesentlich dadurch, dass sie wenige hundert Meter kürzere Wege zu bewältigen hat.

23

4. Ausgehend von der mangelnden Erforderlichkeit des Umzugs sind nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aF Leistungen für Unterkunft und Heizung nur in Höhe der bis dahin zu tragenden angemessenen Aufwendungen zu erbringen. Zeitlich ist als Bezugspunkt der Zeitpunkt des Umzugs maßgeblich, hier also der 1.6.2007. Die Gesamtmieten (Kaltmiete/Betriebskosten/Heizkosten) der alten und der neuen Wohnung zu diesem Zeitpunkt sind dabei zu vergleichen (hM siehe nur Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 22 RdNr 111; aA Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand Oktober 2012, K § 22 RdNr 233). Tatbestandsvoraussetzung dieser Deckelung ist aber, dass für den örtlichen Vergleichsraum überhaupt zutreffend ermittelte abstrakte Angemessenheitsgrenzen bestehen. Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, scheidet eine Deckelung aus. Da es hierzu an Feststellungen seitens des LSG fehlt, kann über die Rechtmäßigkeit der hier streitbefangenen Deckelung nicht abschließend entschieden werden.

24

a) Normativer Anknüpfungspunkt für die Voraussetzung des Bestehens einer zutreffend ermittelten abstrakten Angemessenheitsgrenze ist, dass der Wortlaut der Regelung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II die Erhöhung der "angemessenen" Aufwendungen für Unterkunft und Heizung fordert. Damit ist nach dem Regelungszusammenhang auf § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II Bezug genommen, wonach Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden, soweit diese "angemessen" sind. Zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit der Unterkunft muss der abstrakt als angemessen anzuerkennende Mietpreis unter Berücksichtigung der örtlichen Besonderheiten ermittelt werden ("Referenzmiete", vgl BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 23). Erforderlich dazu sind überprüfbare Erhebungen und Auswertungen, die eine hinreichende Gewähr dafür bieten, dass sie die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarkts wiedergeben ("schlüssiges Konzept", siehe nur BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 24). Die Ermittlung abstrakt angemessener Aufwendungen für Heizung begegnet zwar praktischen Schwierigkeiten (vgl BSG Urteil vom 12.6.2013 - B 14 AS 60/12 R - BSGE 114, 1 = SozR 4-4200 § 22 Nr 69, RdNr 21), die Möglichkeit ist jedoch vom Gesetzgeber mittlerweile ausdrücklich vorgesehen (§ 22b Abs 1 Satz 2 und 3 SGB II; vgl BSG Urteil vom 4.6.2014 - B 14 AS 53/13 R - BSGE 116, 94 = SozR 4-4200 § 22a Nr 2, RdNr 30 ff).

25

b) Der so näher bestimmte Begriff der Angemessenheit in § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II wird in § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aufgegriffen und dazu in der Begründung des Gesetzentwurfs ausgeführt(BT-Drucks 16/1410 S 23), dass mit der Regelung die Kosten der Unterkunft und Heizung in den Fällen auf die bisherigen angemessenen Unterkunftskosten begrenzt werden, in denen Hilfebedürftige unter Ausschöpfung der durch den kommunalen Träger festgelegten Angemessenheitsgrenzen für Wohnraum in eine Wohnung mit höheren, gerade noch angemessenen Kosten ziehen. Dieser Intention nimmt die Änderung durch Einfügung des zweiten "angemessen" durch das Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21.12.2008 (BGBl I 2917) nichts und fügt ihr auch nichts hinzu. Hierzu ist in der Begründung dieses Gesetzentwurfs ausgeführt (BT-Drucks 16/10810 S 49), dass die mit dem Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende eingeführte Begrenzung der Leistungen für Unterkunft und Heizung bei einem nicht erforderlichen Umzug auf Anregungen aus der Praxis dahingehend präzisiert werde, dass die Leistungen für die neue Unterkunft bei einem nicht erforderlichen Umzug auf die bisherigen angemessenen Kosten zu begrenzen seien.

26

c) Vor diesem Hintergrund hat das BSG den Zweck von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II schon in der Vergangenheit darin gesehen, eine missbräuchliche Leistungsinanspruchnahme durch Ausschöpfung der abstrakten Angemessenheitsgrenzen zu verhindern und den Kommunen im Hinblick auf die Kostensteigerungen bei Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II eine Steuerungsfunktion zu belassen(BSG Urteil vom 9.4.2014 - B 14 AS 23/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 75 RdNr 21). Insbesondere hat es entschieden, dass die Vorschrift von vornherein keine Anwendung findet auf Fallgestaltungen, bei denen ein Umzug über die Grenzen des Vergleichsraums im Sinne der Rechtsprechung des BSG hinaus vorgenommen wird (vgl BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 60/09 R - BSGE 106, 147 = SozR 4-4200 § 22 Nr 35, RdNr 19 ff). Im Hinblick auf diesen Schutzzweck kann die Norm auch bei einem Umzug innerhalb desselben Vergleichsraums Anwendung nur dann finden, wenn und soweit zutreffend ermittelte kommunale Angemessenheitsgrenzen bestehen. Vor der Ausschöpfung einer solchen Angemessenheitsgrenze durch nicht erforderliche Umzüge soll auch der örtliche Wohnungsmarkt geschützt werden (vgl BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 60/09 R - BSGE 106, 147 = SozR 4-4200 § 22 Nr 35, RdNr 19 ff; BSG Urteil vom 9.4.2014 - B 14 AS 23/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 75 RdNr 21).

27

d) Das LSG wird demgemäß zu ermitteln haben, ob eine zutreffend ermittelte abstrakte kommunale Angemessenheitsgrenze für die Unterkunftskosten besteht. Ist dies nicht der Fall, scheidet eine Leistungsdeckelung nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aus. Dies schließt jedoch eine Prüfung der Unangemessenheit im Einzelfall im Rahmen des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II nicht aus. Es könnte dann für die Begrenzung der Nettokaltmiete und der kalten Nebenkosten auf die Werte der Wohngeldtabelle zuzüglich eines Zuschlags von 10 % abgestellt werden (siehe BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, RdNr 23; Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 27).

28

Wenn eine zutreffend ermittelte abstrakte kommunale Angemessenheitsgrenze für die Heizaufwendungen nicht besteht, scheidet auch insoweit eine Deckelung nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aus. Eine Prüfung der Unangemessenheit der Heizkosten im Einzelfall kann, wie auch bei den Unterkunftskosten, im Rahmen des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II stattfinden, wobei hierfür eine Orientierung an den Grenzwerten aus bundesweitem oder kommunalem Heizspiegel zu erfolgen hat(BSG Urteil vom 12.6.2013 - B 14 AS 60/12 R - BSGE 114, 1 = SozR 4-4200 § 22 Nr 69, RdNr 22).

29

5. Sollten die Ermittlungen des LSG zu dem Ergebnis führen, dass im vorliegenden Fall rechtmäßig ermittelte abstrakte kommunale Angemessenheitsgrenzen existieren, wäre die Deckelung durch die angefochtenen Bescheide rechtmäßig. Allerdings wäre dann zu beachten, dass sich zeitlich nachfolgende Anhebungen dieser Angemessenheitsgrenzen auf die Deckelung auswirken. Die durch die Anhebung der abstrakten kommunalen Angemessenheitsgrenzen anerkannten Kostensteigerungen auf dem örtlichen Wohnungsmarkt sind bei fortdauernder Deckelung zu berücksichtigen ("Dynamisierung"). Der Schutz des Leistungsträgers und des örtlichen Wohnungsmarkts vor der Ausschöpfung einer Angemessenheitsgrenze durch nicht erforderliche Umzüge ist insoweit von dem Regelungswillen des Gesetzgebers nicht umfasst, denn er bezieht sich nur auf die Ausschöpfung der Angemessenheitsgrenzen im Einzelfall und nicht auf Erhöhung der allgemeinen Angemessenheitsgrenzen durch wirtschaftliche Entwicklungen und dadurch bedingte anerkannte Kostensteigerungen.

30

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tenor

Auf die Revisionen der Kläger wird das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 4. Dezember 2013 (L 10 AS 285/11) aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Umstritten ist die Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für den Zeitraum vom 1.6.2007 bis zum 30.4.2009. Die Kläger wenden sich gegen die sogenannte "Deckelung" der Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aufgrund eines nach Ansicht des beklagten Jobcenters nicht erforderlichen Umzugs.

2

Die im Jahr 1971 geborene Klägerin zu 1 lebte vor dem streitigen Zeitraum mit ihrem im April 1994 geborenen Sohn, dem Kläger zu 2, in einer Bedarfsgemeinschaft in einer 58 qm großen Wohnung in der P Straße in S, für die ab dem 1.11.2006 monatlich insgesamt 305,31 Euro zu entrichten waren (Nettokaltmiete 219,94 Euro, Betriebskosten 36,07 Euro, Heizkosten/Warmwasser 44,73 Euro, Wasser/Abwasser 4,57 Euro). Auf ihren Fortzahlungsantrag vom 11.1.2007 bewilligte der Beklagte den Klägern für März bis August 2007 Grundsicherungsleistungen unter Berücksichtigung eines Gesamtbedarfs für Unterkunft und Heizung in Höhe von 298,60 Euro. Den am selben Tag gestellten Antrag auf Zusicherung für einen Umzug lehnte der Beklagte bestandskräftig ab. Zugleich wurde darauf hingewiesen, dass im Falle des Umzugs die Leistungen für Unterkunft und Heizung nur noch in der bisherigen Höhe übernommen würden.

3

Am 22.3.2007 stellte die Klägerin zu 1 erneut einen Antrag auf Zusicherung zum Umzug in eine 58 qm große Wohnung in der G straße in S Als Umzugsgrund gab die Klägerin zu 1 insbesondere die Möglichkeit der Betreuung ihres Kindes durch ihre Mutter an, die im selben Haus wohne. Mit Bescheid vom 27.3.2007 lehnte der Beklagte den Antrag mangels Erforderlichkeit des Umzugs ab, der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 14.5.2007).

4

Zum 1.6.2007 zogen die Kläger in die Wohnung in der G straße, für die eine Gesamtmiete von 327,59 Euro (Nettokaltmiete 226,59 Euro, Betriebskosten 36 Euro, Heizkosten/Warmwasser 50 Euro, Wasser/Abwasser 15 Euro) zu entrichten war. Mit Änderungsbescheid vom 6.6.2007 und sodann, jeweils auf Fortzahlungsanträge hin sowie aufgrund weiterer Änderungsbescheide, bewilligte der Beklagte den Klägern als Leistungen für Unterkunft und Heizung bis April 2009 weiterhin 298,60 Euro und übernahm Nachzahlungen wegen Nebenkostenabrechnungen sowohl für die Wohnung in der P Straße für die Jahre 2006 und 2007 sowie für die G straße für die Jahre 2007, 2008 und 2009. Die Miete in dieser Wohnung erhöhte sich bis auf insgesamt 387,70 Euro ab dem 1.12.2008 (Nettokaltmiete 226,59 Euro, Betriebskosten 36,21 Euro, Heizkosten 118,19 Euro, Wasser/Abwasser 6,71 Euro).

5

Am 26.1.2009 stellte die Klägerin zu 1 einen Überprüfungsantrag, mit welchem sie die Übernahme der vollständigen tatsächlichen Unterkunftskosten für die Wohnung in der G straße ab dem 1.6.2007 begehrte. Der Beklagte lehnte den Überprüfungsantrag unter Hinweis auf die mangelnde Zusicherung zum Umzug ab (Bescheid vom 3.2.2009, Widerspruchsbescheid vom 12.3.2009).

6

Die von den Klägern erhobenen Klagen zum Sozialgericht (SG) wurden mit Urteil vom 17.5.2011 abgewiesen, die eingelegten Berufungen zum Landessozialgericht (LSG) wurden zurückgewiesen (Urteil vom 4.12.2013). Das LSG hat in seinem Urteil ausgeführt, die Kläger hätten wegen § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II keinen Anspruch auf teilweise Rücknahme der bestandskräftigen Bewilligungsbescheide nach § 44 Abs 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) und Gewährung höherer Leistungen für Unterkunft und Heizung als die ursprünglich für die Wohnung in der P Straße bewilligten 298,60 Euro. Eine Zusicherung zum Umzug hätten die Kläger nicht gehabt, der Umzug in die G straße sei auch nicht erforderlich gewesen. Es gebe keine objektiven Anhaltspunkte dafür, dass der Wohnungszustand der Wohnung in der P Straße einen Umzug in eine andere Wohnung erforderlich gemacht habe. Auch im Hinblick auf die Mitbetreuung des Klägers zu 2 durch die Mutter der Klägerin zu 1 sei der Umzug nicht erforderlich gewesen, Hausaufgabenbetreuung und Mittagessen hätten auch im Haushalt der Mutter der Klägerin zu 1 erbracht werden können, dem Kläger zu 2 selbst sei die Wegstrecke angesichts seines Alters von 13 Jahren ohne Weiteres zumutbar. Soweit die Klägerin zu 1 auf ihre Hilfe bei der Pflege ihrer Großeltern verweise, sei diese Pflege zum einen überwiegend durch die Mutter der Klägerin zu 1 realisiert worden, zum anderen habe die Entfernung der Wohnung der Klägerin zu 1 zu der der Großeltern lediglich 1 km betragen, die Verkürzung der einfachen Wegstrecke auf ca 300 m sei nicht so erheblich, dass sie einen Umzug erforderlich erscheinen ließe. Rechtsfolge sei die Deckelung der Leistungen für Unterkunft und Heizung auf die bis dahin zu tragenden Aufwendungen. Dies sei vorliegend die von den Klägern bis zum 31.5.2007 gezahlte Bruttowarmmiete von 305,31 Euro abzüglich der Kosten der Warmwasserbereitung von 10,11 Euro, mithin eine monatliche Leistung für Unterkunft und Heizung von 295,20 Euro. Der Beklagte habe jedoch bereits monatlich 298,60 Euro gewährt und zudem für die Zeit ab Juni 2007 die sich ergebenden Nachzahlungsbeträge auf die Heiz- und Betriebskosten übernommen. Soweit die Kläger geltend machten, bei der gesetzlichen Regelung würden umzugsunabhängige Kostensteigerungen, insbesondere bei den Heizkosten, nicht berücksichtigt, führe dies zu keinem anderen Ergebnis. Eine Dynamisierung des Deckelungsbetrags anhand von Entwicklungsdaten des allgemeinen Wohnungsmarkts sei vom Wortlaut der Norm nicht gedeckt. Man teile auch nicht die verfassungsrechtlichen Bedenken der Kläger, denn es sei zu berücksichtigen, dass § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II nur eingreife, wenn der Leistungsempfänger gleichsam ohne Not höhere Kosten auslöse und somit seine Situation selbst verschuldet sei. Im Übrigen könne durch einen weiteren Umzug die Deckelung beendet werden.

7

Dagegen wenden sich die Kläger mit den vom LSG zugelassenen Revisionen. Sie rügen eine Verletzung von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II, soweit darin eine zeitlich unbefristete und starre Vorschrift zur Deckelung der Kosten der Unterkunft und Heizung gesehen werde. Zumindest sei eine Dynamisierung der individuellen Angemessenheitsgrenze aufgrund allgemeiner Kostensteigerungen notwendig. Abgesehen davon, dass die Zusicherung zum Umzug hier nicht habe verweigert werden dürfen, entspreche die dauerhafte Deckelung auch eher einer Sanktionierung sozialwidrigen Verhaltens. Sie berücksichtige weder die Kostenentwicklung in der bisherigen Unterkunft, noch die fehlende Kausalität zwischen dem Umzug und der Mehrkosten, bezogen auf die Kosten für Heizung und Wasser, da diese auf Witterungseinflüssen und steigenden Energiekosten beruhten.

8

Die Kläger beantragen,
die Urteile des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 4. Dezember 2013 - L 10 AS 285/11 - und des Sozialgerichts Schwerin vom 17. Mai 2011 - S 22 AS 672/09 - sowie den Bescheid des Beklagten vom 3. Februar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. März 2009 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihnen unter Änderung des Bescheides vom 6. Juni 2007 (Bewilligungsabschnitt 1. Juni bis 31. August 2007), des Bescheides vom 31. Juli 2007 (Bewilligungsabschnitt 1. September 2007 bis 29. Februar 2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 21. Januar 2008, des Bescheides vom 31. Juli 2007 (Bewilligungsabschnitt 1. März 2008 bis 30. April 2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 22. April 2008, des Bescheides vom 26. März 2008 (Bewilligungsabschnitt 1. Mai 2008 bis 31. Oktober 2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 22. April 2008, sowie des Bescheides vom 25. September 2008 (Bewilligungsabschnitt 1. November 2008 bis 30. April 2009) Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe ihrer tatsächlichen Aufwendungen, abzüglich der Warmwasserkostenpauschale, vom 1. Juni 2007 bis zum 30. April 2009 zu zahlen.

9

Der Beklagte beantragt,
die Revisionen der Kläger zurückzuweisen.

10

Er hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässigen Revisionen der Kläger sind im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und der Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz). Es konnte nicht abschließend entschieden werden, ob den Klägern für den streitgegenständlichen Zeitraum höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung zustehen, denn es fehlt insofern an ausreichenden Feststellungen des LSG.

12

1. Gegenstand der Revisionsverfahren sind neben der Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidungen die Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom 3.2.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.3.2009, mit dem die Überprüfungsanträge der Kläger mit dem Ziel, vom 1.6.2007 bis zum 30.4.2009 die vollen tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung zu erlangen, abgelehnt worden sind. Mithin sind streitgegenständlich auch die jeweiligen Leistungsbescheide, mit denen Leistungen für Unterkunft und Heizung in dem von den Klägern durch ihre Überprüfungsanträge vorgegebenen Zeitraum bewilligt worden sind. Dies sind - neben den von den Klägern selbst aufgeführten Bescheiden - auch die zur Ermittlung des "wirklich Gewollten" (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 95 RdNr 5) einzubeziehenden Bescheide vom 6.6.2007 (Bewilligungsabschnitt 1.6. bis 31.8.2007), des Bescheids vom 31.7.2007 (Bewilligungsabschnitt 1.9.2007 bis 29.2.2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 21.1.2008, des Bescheids vom 31.7.2007 (Bewilligungsabschnitt 1.3.2008 bis 30.4.2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 22.4.2008, des Bescheids vom 26.3.2008 (Bewilligungsabschnitt 1.5.2008 bis 31.10.2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 22.4.2008, sowie des Bescheids vom 25.9.2008 (Bewilligungsabschnitt 1.11.2008 bis 30.4.2009).

13

Die vorgenommene Beschränkung auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung ist zulässig (stRspr, siehe BSG Urteil vom 23.5.2013 - B 4 AS 67/12 R - BSGE 113, 270 = SozR 4-4200 § 22 Nr 68, RdNr 12 mwN). Ihr Begehren haben die Kläger zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage geltend gemacht (§ 54 Abs 1 und Abs 4 SGG).

14

2. Als Rechtsgrundlage für den Antrag der Kläger auf Überprüfung der Leistungsbescheide für die Zeit vom 1.6.2007 bis zum 30.4.2009 hinsichtlich der Leistungen für Unterkunft und Heizung kommt nur § 40 Abs 1 Satz 1 SGB II iVm § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X in Betracht. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.

15

Der Antrag der Kläger genügt den Anforderungen für einen Überprüfungsantrag eines Leistungsberechtigten nach § 44 SGB X. Dazu gehört nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ( Urteil vom 13.2.2014 - B 4 AS 22/13 R - BSGE 115, 126 = SozR 4-1300 § 44 Nr 28 mwN), dass der Antrag konkretisierbar ist und entweder aus dem Antrag selbst - ggf nach Auslegung - oder aus einer Antwort des Antragstellers auf eine Nachfrage des Leistungsträgers der Umfang der Prüfpflicht für die Verwaltung bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens erkennbar ist. Dazu muss der Leistungsberechtigte in der Regel in seinem Überprüfungsantrag einen oder ggf mehrere zu überprüfende Verwaltungsakte konkret aufführen. Dies ist nur dann entbehrlich, wenn bei objektiver Betrachtung aus dem Vorbringen des Antragstellers der zu überprüfende Verwaltungsakt ohne Weiteres zu ermitteln ist (siehe dazu auch BSG Urteil vom 28.10.2014 - B 14 AS 39/13 R - SozR 4-1300 § 44 Nr 31 RdNr 15).

16

Die Klägerin zu 1 hatte vorliegend - wie bereits vom SG und vom LSG ausgeführt - erkennbar auch für den mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Sohn, den Kläger zu 2, mit Schreiben vom 26.1.2009 die Überprüfung "von Leistungsbescheiden ab 1.6.2007 im Hinblick auf die Übernahme der Unterkunftskosten" beantragt und dem einen Antrag auf Übernahme der vollständigen Unterkunftskosten der Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 387,70 Euro beigefügt. Dies reicht bei objektiver Betrachtung als Anknüpfungspunkt für eine Überprüfung aus, denn es ist bei verständiger Würdigung der Sachlage klar zu erkennen gewesen, dass die Klägerin zu 1 nach dem Umzug in die G straße zum 1.6.2007 die dort zu zahlenden tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung für sich und den Kläger zu 2 begehrt.

17

3. Es kann aber vorliegend nicht abschließend entschieden werden, ob iS des § 44 Abs 1 SGB X das Recht unrichtig angewandt worden ist und deshalb durch die vorgenommene "Deckelung" zu niedrige Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht worden sind. Zwar hat das LSG zutreffend angenommen, dass der Umzug der Kläger nicht erforderlich gewesen ist (dazu unter 3.c). Es fehlen aber Feststellungen dazu, ob und ggf inwieweit für den streitbefangenen Zeitraum zutreffend ermittelte abstrakte kommunale Angemessenheitsgrenzen als weitere Voraussetzung für die Anwendung von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II bestanden haben(dazu unter 4.).

18

a) Die Kläger erfüllen aus dem Gesamtzusammenhang der vom LSG zugrunde gelegten Tatsachen die Voraussetzungen des § 7 SGB II für Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende im Hinblick auf das Alter, die Erwerbsfähigkeit, die Hilfebedürftigkeit und des gewöhnlichen Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland. Der Anspruch umfasst dem Grunde nach auch Leistungen für Unterkunft und Heizung. Es ist dabei auf die tatsächlichen Unterkunftskosten abzustellen, soweit sie angemessen sind (vgl § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II; siehe auch zB BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 20 ff).

19

b) Die Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung für die Wohnung in der G straße scheitert nicht an der fehlenden Zusicherung des Beklagten für einen Umzug (vgl § 22 Abs 2 SGB II in der in der streitigen Zeit geltenden Fassung, heute: § 22 Abs 4 SGB II). Die vom Beklagten bestandskräftig abgelehnten Anträge auf Zusicherung zur Tragung von Unterkunftskosten nach einem Umzug stellen jeweils nur eine Entscheidung für diesen konkreten Antrag dar und entfalten keine Dauerwirkung für die Zukunft. Der Bescheid erschöpft sich in der Ablehnung der Zusicherung für den Einzelfall. Dass die Kläger somit für ihren Umzug in die G straße keine Zusicherung nach § 22 Abs 2 SGB II aF eingeholt haben, ist insofern ohne Belang, als die Zusicherung keine Anspruchsvoraussetzung darstellt(BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, RdNr 27).

20

c) Ungeachtet der Frage der Zusicherung liegen die Voraussetzungen von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II für eine mögliche "Deckelung" im hiesigen Fall jedenfalls insoweit vor, als der Umzug der Kläger in die G straße nicht erforderlich war.

21

Der Prüfung zugrunde zu legen ist § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II in der im streitigen Zeitraum vom 1.6.2007 bis 30.4.2009 anzuwendenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706), der unwesentlich mit Wirkung vom 1.1.2009 durch das Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21.12.2008 (BGBl I 2917) geändert wurde. Danach werden für den Fall, dass sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung erhöhen, die Leistungen weiterhin nur in Höhe der bis dahin zu tragenden (angemessenen) Aufwendungen erbracht. Die Prüfung der Erforderlichkeit eines Umzugs ist in zwei Schritten daran zu messen, ob der Auszug aus der bisherigen Wohnung notwendig oder aus sonstigen Gründen erforderlich ist. In einem weiteren Schritt ist zu prüfen, ob sich die Kosten gerade der von dem Hilfebedürftigen gewählten neuen Wohnung in Ansehung der Erforderlichkeit eines Umzugs als angemessen darstellen (siehe grundlegend BSG Urteil vom 24.11.2011 - B 14 AS 107/10 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 52 RdNr 18).

22

Eine Notwendigkeit des Umzugs in dem Sinne, dass zB gesundheitliche Gründe einen solchen unerlässlich machen, sind nach den Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht gegeben. Aber auch eine Erforderlichkeit des Umzugs im weiteren Sinne ist für den vorliegenden konkreten Fall zu verneinen. Zwar kann grundsätzlich gerade die Tatsache, dass der Hilfebedürftige alleinerziehend und damit uU besonderen Belastungen ausgesetzt ist, zu einer Bejahung der Erforderlichkeit führen. Vorliegend würde sich die Lebenssituation der Kläger aber nicht so verändern, dass diese Veränderung in den persönlichen Umständen eine Neubestimmung der für die Kläger angemessenen Wohnkosten gerechtfertigt erscheinen ließe. Es ist nicht erkennbar, dass der bereits 13 Jahre alte Kläger zu 2 einer engmaschigen Betreuung durch seine Großmutter bedurfte. Ebenso wenig ändert sich die Lebenssituation der Klägerin zu 1 wesentlich dadurch, dass sie wenige hundert Meter kürzere Wege zu bewältigen hat.

23

4. Ausgehend von der mangelnden Erforderlichkeit des Umzugs sind nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aF Leistungen für Unterkunft und Heizung nur in Höhe der bis dahin zu tragenden angemessenen Aufwendungen zu erbringen. Zeitlich ist als Bezugspunkt der Zeitpunkt des Umzugs maßgeblich, hier also der 1.6.2007. Die Gesamtmieten (Kaltmiete/Betriebskosten/Heizkosten) der alten und der neuen Wohnung zu diesem Zeitpunkt sind dabei zu vergleichen (hM siehe nur Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 22 RdNr 111; aA Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand Oktober 2012, K § 22 RdNr 233). Tatbestandsvoraussetzung dieser Deckelung ist aber, dass für den örtlichen Vergleichsraum überhaupt zutreffend ermittelte abstrakte Angemessenheitsgrenzen bestehen. Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, scheidet eine Deckelung aus. Da es hierzu an Feststellungen seitens des LSG fehlt, kann über die Rechtmäßigkeit der hier streitbefangenen Deckelung nicht abschließend entschieden werden.

24

a) Normativer Anknüpfungspunkt für die Voraussetzung des Bestehens einer zutreffend ermittelten abstrakten Angemessenheitsgrenze ist, dass der Wortlaut der Regelung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II die Erhöhung der "angemessenen" Aufwendungen für Unterkunft und Heizung fordert. Damit ist nach dem Regelungszusammenhang auf § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II Bezug genommen, wonach Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden, soweit diese "angemessen" sind. Zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit der Unterkunft muss der abstrakt als angemessen anzuerkennende Mietpreis unter Berücksichtigung der örtlichen Besonderheiten ermittelt werden ("Referenzmiete", vgl BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 23). Erforderlich dazu sind überprüfbare Erhebungen und Auswertungen, die eine hinreichende Gewähr dafür bieten, dass sie die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarkts wiedergeben ("schlüssiges Konzept", siehe nur BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 24). Die Ermittlung abstrakt angemessener Aufwendungen für Heizung begegnet zwar praktischen Schwierigkeiten (vgl BSG Urteil vom 12.6.2013 - B 14 AS 60/12 R - BSGE 114, 1 = SozR 4-4200 § 22 Nr 69, RdNr 21), die Möglichkeit ist jedoch vom Gesetzgeber mittlerweile ausdrücklich vorgesehen (§ 22b Abs 1 Satz 2 und 3 SGB II; vgl BSG Urteil vom 4.6.2014 - B 14 AS 53/13 R - BSGE 116, 94 = SozR 4-4200 § 22a Nr 2, RdNr 30 ff).

25

b) Der so näher bestimmte Begriff der Angemessenheit in § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II wird in § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aufgegriffen und dazu in der Begründung des Gesetzentwurfs ausgeführt(BT-Drucks 16/1410 S 23), dass mit der Regelung die Kosten der Unterkunft und Heizung in den Fällen auf die bisherigen angemessenen Unterkunftskosten begrenzt werden, in denen Hilfebedürftige unter Ausschöpfung der durch den kommunalen Träger festgelegten Angemessenheitsgrenzen für Wohnraum in eine Wohnung mit höheren, gerade noch angemessenen Kosten ziehen. Dieser Intention nimmt die Änderung durch Einfügung des zweiten "angemessen" durch das Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21.12.2008 (BGBl I 2917) nichts und fügt ihr auch nichts hinzu. Hierzu ist in der Begründung dieses Gesetzentwurfs ausgeführt (BT-Drucks 16/10810 S 49), dass die mit dem Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende eingeführte Begrenzung der Leistungen für Unterkunft und Heizung bei einem nicht erforderlichen Umzug auf Anregungen aus der Praxis dahingehend präzisiert werde, dass die Leistungen für die neue Unterkunft bei einem nicht erforderlichen Umzug auf die bisherigen angemessenen Kosten zu begrenzen seien.

26

c) Vor diesem Hintergrund hat das BSG den Zweck von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II schon in der Vergangenheit darin gesehen, eine missbräuchliche Leistungsinanspruchnahme durch Ausschöpfung der abstrakten Angemessenheitsgrenzen zu verhindern und den Kommunen im Hinblick auf die Kostensteigerungen bei Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II eine Steuerungsfunktion zu belassen(BSG Urteil vom 9.4.2014 - B 14 AS 23/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 75 RdNr 21). Insbesondere hat es entschieden, dass die Vorschrift von vornherein keine Anwendung findet auf Fallgestaltungen, bei denen ein Umzug über die Grenzen des Vergleichsraums im Sinne der Rechtsprechung des BSG hinaus vorgenommen wird (vgl BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 60/09 R - BSGE 106, 147 = SozR 4-4200 § 22 Nr 35, RdNr 19 ff). Im Hinblick auf diesen Schutzzweck kann die Norm auch bei einem Umzug innerhalb desselben Vergleichsraums Anwendung nur dann finden, wenn und soweit zutreffend ermittelte kommunale Angemessenheitsgrenzen bestehen. Vor der Ausschöpfung einer solchen Angemessenheitsgrenze durch nicht erforderliche Umzüge soll auch der örtliche Wohnungsmarkt geschützt werden (vgl BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 60/09 R - BSGE 106, 147 = SozR 4-4200 § 22 Nr 35, RdNr 19 ff; BSG Urteil vom 9.4.2014 - B 14 AS 23/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 75 RdNr 21).

27

d) Das LSG wird demgemäß zu ermitteln haben, ob eine zutreffend ermittelte abstrakte kommunale Angemessenheitsgrenze für die Unterkunftskosten besteht. Ist dies nicht der Fall, scheidet eine Leistungsdeckelung nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aus. Dies schließt jedoch eine Prüfung der Unangemessenheit im Einzelfall im Rahmen des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II nicht aus. Es könnte dann für die Begrenzung der Nettokaltmiete und der kalten Nebenkosten auf die Werte der Wohngeldtabelle zuzüglich eines Zuschlags von 10 % abgestellt werden (siehe BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, RdNr 23; Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 27).

28

Wenn eine zutreffend ermittelte abstrakte kommunale Angemessenheitsgrenze für die Heizaufwendungen nicht besteht, scheidet auch insoweit eine Deckelung nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aus. Eine Prüfung der Unangemessenheit der Heizkosten im Einzelfall kann, wie auch bei den Unterkunftskosten, im Rahmen des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II stattfinden, wobei hierfür eine Orientierung an den Grenzwerten aus bundesweitem oder kommunalem Heizspiegel zu erfolgen hat(BSG Urteil vom 12.6.2013 - B 14 AS 60/12 R - BSGE 114, 1 = SozR 4-4200 § 22 Nr 69, RdNr 22).

29

5. Sollten die Ermittlungen des LSG zu dem Ergebnis führen, dass im vorliegenden Fall rechtmäßig ermittelte abstrakte kommunale Angemessenheitsgrenzen existieren, wäre die Deckelung durch die angefochtenen Bescheide rechtmäßig. Allerdings wäre dann zu beachten, dass sich zeitlich nachfolgende Anhebungen dieser Angemessenheitsgrenzen auf die Deckelung auswirken. Die durch die Anhebung der abstrakten kommunalen Angemessenheitsgrenzen anerkannten Kostensteigerungen auf dem örtlichen Wohnungsmarkt sind bei fortdauernder Deckelung zu berücksichtigen ("Dynamisierung"). Der Schutz des Leistungsträgers und des örtlichen Wohnungsmarkts vor der Ausschöpfung einer Angemessenheitsgrenze durch nicht erforderliche Umzüge ist insoweit von dem Regelungswillen des Gesetzgebers nicht umfasst, denn er bezieht sich nur auf die Ausschöpfung der Angemessenheitsgrenzen im Einzelfall und nicht auf Erhöhung der allgemeinen Angemessenheitsgrenzen durch wirtschaftliche Entwicklungen und dadurch bedingte anerkannte Kostensteigerungen.

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Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

Tenor

Auf die Revisionen der Klägerinnen wird das Urteil des Landessozialgerichtes Baden-Württemberg vom 8. Dezember 2009 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Klägerinnen begehren für die Zeit vom 1.2. bis 31.7.2007 die Berücksichtigung weiterer Kosten der Unterkunft (KdU) und Heizung für die von ihnen bewohnte Wohnung.

2

Die 1975 geborene erwerbsfähige Klägerin zu 1 bewohnte nach der Trennung von ihrem Lebensgefährten und dessen Auszug mit ihrer 2005 geborenen Tochter, der Klägerin zu 2, zunächst eine 45 qm große Zwei-Zimmer-Dachgeschosswohnung ohne Aufzug in F Für diese Wohnung waren monatlich 301 Euro Kaltmiete, 89 Euro Nebenkostenvorauszahlung und 11 Euro für einen Kabelanschluss zu leisten. Für den vorherigen Bewilligungszeitraum bis zum 31.1.2007 hatte der Beklagte den Klägerinnen KdU und Heizung unter Berücksichtigung eines monatlichen Gesamtbedarfs in Höhe von 381,73 Euro (Kaltmiete 301 Euro, Mietnebenkosten - ohne Heizung und Warmwasser - 44,68 Euro, monatliche Heizkosten 34 Euro abzüglich 8,90 Euro Warmwasseraufbereitung und 10,95 Euro Müllgebühr) bewilligt. Nachdem die Klägerin zu 1 dem Beklagten einen Mietvertrag für eine zum 1.11.2006 zu beziehende andere Wohnung in Freiburg mit Gesamtkosten von 605 Euro vorgelegt hatte, erklärte der Beklagte, er werde höhere KdU nicht berücksichtigen, weil ein Umzug nicht erforderlich sei. Die Klägerinnen haben danach von einem Umzug in diese Wohnung Abstand genommen.

3

Am 20.11.2006 mietete die Klägerin zu 1 zum 1.1.2007 eine 54 qm große Zwei-Zimmer-Wohnung ebenfalls in Freiburg an, die monatliche Kosten in Höhe von insgesamt 663 Euro verursachte (515 Euro Kaltmiete, 30 Euro Vorauszahlungen auf Heizung und Warmwasser, 68 Euro Vorauszahlungen auf Betriebskosten, 6 Euro Gemeinschaftsantenne und 44 Euro Tiefgaragenplatz).

4

Nachdem die Klägerin zu 1 den Beklagten am 11.1.2007 von dem Umzug unterrichtet hatte, bewilligte dieser auf den Fortzahlungsantrag vom 25.1.2007 mit Bescheid vom 21.2.2007 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1.2. bis 31.7.2007 unter Berücksichtigung von KdU und Heizung in der bisherigen Höhe von 381,73 Euro. In einem weiteren Bescheid vom 13.2.2007 bleiben die Leistungen für Unterkunft und Heizung unverändert. Den Widerspruch der Klägerinnen, den die Klägerin zu 1 mit der Erforderlichkeit eines Umzugs wegen gesundheitlicher Beschwerden begründete, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21.8.2007 zurück. Die dagegen gerichtete Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg.

5

In seinem Urteil vom 8.12.2009 hat das Landessozialgericht (LSG) ausgeführt, der Umzug sei aus gesundheitlichen Gründen nicht erforderlich gewesen. Für das nächste halbe Jahr sei absehbar gewesen, dass die Tochter der Klägerin zu 1 die Treppen in das vierte Obergeschoss würde bewältigen können. Zur Vermeidung von Wirbelsäulenbeschwerden und Handgelenksschmerzen sei der Klägerin zu 1 die Verwendung von Hilfsmitteln beim Tragen ihrer Tochter zumutbar gewesen. Der behandelnde Orthopäde habe den Umzug in eine Wohnung in einem unteren Geschoss zwar unterstützt, hierfür aber keine zwingenden Diagnosen - wie etwa einen akuten Bandscheibenvorfall - angegeben.

6

Mit den vom erkennenden Senat zugelassenen Revisionen machen die Klägerinnen geltend, das LSG habe den Begriff der Erforderlichkeit nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II zu eng ausgelegt. Der behandelnde Orthopäde und die Hausärztin der Klägerin zu 1 hätten einen Umzug dringend angeregt. Die bisherige Wohnung sei im Übrigen für die Klägerinnen zu klein gewesen und habe deren Wohnbedarf nicht gedeckt. Die Kosten der neuen Wohnung seien angemessen. Bei einem Haushalt einer Alleinerziehenden mit einem Kind müsse die abstrakt angemessene Wohnfläche um 10 qm auf 74 qm erhöht werden. Den Kosten für einen Stellplatz hätten sich die Klägerinnen nicht entziehen können. Gleiches gelte für den Kabelanschluss. Überdies habe das LSG keine Feststellungen hinsichtlich der Abfallentsorgungsgebühren getroffen. Selbst wenn man der Rechtsauffassung des LSG folge, seien die Aufwendungen für die alte Unterkunft fehlerhaft berechnet worden, nach Abzug der Warmwasseraufbereitungskosten seien bei richtiger Berechnung 402 Euro für KdU und Heizung zu berücksichtigen gewesen.

7

Die Klägerinnen beantragen,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 5. Februar 2008 und das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 8. Dezember 2009 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 13. Februar 2007 und 21. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. August 2007 zu verurteilen, Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1. Februar 2007 bis zum 31. Juli 2007 in Höhe von 329,35 Euro für die Klägerin zu 1 und 331,84 Euro für die Klägerin zu 2 zu gewähren.

8

Der Beklagte ist zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen, er hat schriftsätzlich beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die rechtzeitig eingelegten und auch ansonsten zulässigen Revisionen der Klägerinnen (§§ 160, 164 Sozialgerichtsgesetz) sind im Sinne der Aufhebung des Urteils und der Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 SGG). Es konnte nicht abschließend entschieden werden, ob den Klägerinnen für den streitgegenständlichen Zeitraum höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung zustehen, denn es fehlt an ausreichenden Feststellungen des LSG.

10

1. Das beklagte Jobcenter ist gemäß § 70 Nr 1 SGG beteiligtenfähig. Das Bundessozialgericht (BSG) geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass Jobcenter (§ 6d SGB II idF des Gesetzes vom 3.8.2010, BGBl I 1112) mit Wirkung vom 1.1.2011 kraft Gesetzes an die Stelle der bisher beklagten Arbeitsgemeinschaft (vgl § 76 Abs 3 Satz 1 SGB II) getreten sind. Das Passivrubrum war daher von Amts wegen zu berichtigen (vgl dazu insgesamt BSG Urteil vom 18.1.2011 - B 4 AS 99/10 R - SozR 4-4200 § 37 Nr 5).

11

Die Klägerin zu 2 wird als nicht prozessfähige Minderjährige (§ 71 Abs 1 und 2 SGG) durch die Klägerin zu 1 vertreten. Diese übt zwar nicht die alleinige elterliche Sorge aus, sondern ist gemeinsam mit dem Kindsvater sorgeberechtigt (§ 1629 Abs 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch). Der Klägerin zu 1 ist jedoch mit Beschluss des Amtsgerichts Freiburg im Breisgau vom 21.11.2011 das Recht zur alleinigen Vertretung der Klägerin zu 2 im vorliegenden Verfahren übertragen worden.

12

2. Streitgegenstand des Verfahrens ist die Frage, ob den Klägerinnen höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung zustehen, als sie in den zugrunde liegenden Bescheiden vom 13.2. bzw 21.2.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.8.2007 für die Zeit vom 1.2. bis 31.7.2007 bewilligt worden sind. An der Möglichkeit der isolierten Geltendmachung allein der KdU und Heizung (stRspr, vgl zuletzt BSG Urteil vom 6.10.2011 - B 14 AS 66/11 R) hat sich durch die Neufassung des § 19 Abs 1 SGB II durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 453), das insofern zum 1.1.2011 in Kraft getreten ist, zumindest für das laufende Verfahren über vorher abgeschlossene Bewilligungsabschnitte nichts geändert.

13

3. Die Klägerinnen erfüllen nach den Feststellungen des LSG die Voraussetzungen des § 7 SGB II für Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Ihr Anspruch umfasst dem Grunde nach auch Leistungen für KdU und Heizung. Es ist dabei auf die tatsächlichen Unterkunftskosten abzustellen, diese sind aber nicht unbegrenzt erstattungsfähig, sondern nur insoweit, als sie angemessen sind (vgl § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II; BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 2/10 R). Dabei ist die allgemeine Angemessenheit gemäß § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II nach der Rechtsprechung des BSG in einem mehrstufigen Verfahren zu ermitteln(vgl nur SozR 4-4200 § 22 Nr 26 RdNr 12). Demgegenüber können sich bei einem Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach einer individuellen Grenze bestimmen, § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706). Danach werden, wenn sich durch einen nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung erhöhen, die Leistungen weiterhin nur in Höhe der bis dahin zu tragenden Aufwendungen erbracht. Der Anwendungsbereich der Norm ist nach Systematik und Sinn und Zweck auf Umzüge im örtlichen Vergleichsraum beschränkt (vgl BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 60/09 R - BSGE 106, 147 = SozR 4-4200 § 22 Nr 35). § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II hat die Funktion einer individuellen Angemessenheitsgrenze. Lebt der Hilfebedürftige innerhalb des maßgeblichen Vergleichsraums in einer kostenangemessenen Wohnung, die seine existenziellen Wohnbedürfnisse ausreichend erfüllt, ist die Übernahme weitergehender Kosten nicht geboten. Zur Vermeidung von (allgemeinen) Kostensteigerungen im maßgeblichen Vergleichsraum bleibt sein Anspruch auf die Kosten dieser Wohnung beschränkt, solange nicht Veränderungen in seinen persönlichen Umständen eintreten, die eine Neubestimmung der für ihn angemessenen Wohnkosten innerhalb der allgemeinen Angemessenheitsgrenzen des Satzes 1 gerechtfertigt erscheinen lassen.

14

4. Die Prüfung der Erforderlichkeit eines Umzugs ist in zwei Schritten daran zu messen, ob der Auszug aus der bisherigen Wohnung notwendig (dazu unter a) oder aus sonstigen Gründen erforderlich ist (dazu unter b). In einem weiteren Schritt ist zu prüfen, ob sich die Kosten gerade der von dem Hilfebedürftigen gewählten neuen Wohnung in Ansehung der Erforderlichkeit eines Umzugs als angemessen darstellen (dazu unter c).

15

a) Eine Beschränkung auf die bisherigen KdU und Heizung kommt von vornherein dann nicht in Betracht, wenn der Umzug in eine andere Wohnung notwendig in dem Sinne ist, dass die bisherige Wohnung den Unterkunftsbedarf des Hilfebedürftigen als Teil der verfassungsrechtlich garantierten Existenzsicherung nicht (mehr) zu decken vermag. Hierunter fallen vor allem auch gesundheitliche Gründe, die einen Verbleib in der bisherigen Wohnung nicht zulassen.

16

Die Notwendigkeit eines Umzugs in dem genannten Sinne hat das LSG verneint. Der behandelnde Arzt habe keine "zwingenden Diagnosen" wie etwa einen akuten Bandscheibenvorfall mitgeteilt. Er habe lediglich ausgeführt, dass das Tragen von Lasten über fünf Kilogramm vermieden werden sollte, nicht aber, dass dies aus gesundheitlichen Gründen dringend erforderlich sei. Vielmehr habe er mitgeteilt, dass das Tragen von Lasten oberhalb von fünf Kilogramm nicht gesundheitsschädlich sei. Während das LSG daraus rechtsfehlerfrei den Schluss ziehen konnte, der Umzug sei aus gesundheitlichen Gründen nicht zwingend erforderlich, hat es die Grenzen freier Beweiswürdigung insoweit überschritten, als es ausgeführt hat, es sei den Senatsmitgliedern als Mutter von drei bzw Vater von zwei Kindern aus eigener Erfahrung bekannt, dass im Zusammenhang mit der Kleinkinderziehung vorübergehende Rückenbeschwerden durchaus als normal anzusehen und damit kurzzeitige Belastungen im Zusammenhang mit dem Begehen des Treppenhauses hinnehmbar seien. Selbst wenn man unter Berücksichtigung der dargelegten Überschreitung der Grenzen freier Beweiswürdigung die Prüfung der Notwendigkeit eines Umzugs als ausreichend erachtet, so ist die Prüfung des LSG aber insoweit unvollständig, als es davon ausgegangen ist, lediglich zwingende gesundheitliche Gründe, nicht schon gesundheitliche Beeinträchtigungen und die mit der Wohnlage im vierten Stock allgemein für Familien mit Kindern verbundenen Einschränkungen seien bei der Prüfung der Erforderlichkeit anzuerkennen.

17

b) § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II umfasst aber auch die Fälle, in denen der Umzug zwar nicht zwingend notwendig ist, aber aus sonstigen Gründen erforderlich erscheint. Dies folgt zum einen aus dem Wortlaut von Satz 2, der ausdrücklich nicht auf die Notwendigkeit des Umzugs oder auf zwingende Gründe Bezug nimmt. Außerdem ergibt sich daraus, dass gemäß § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II Unterkunftskosten in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden, soweit sie angemessen sind, dass der Gesetzgeber sich - anders als bei der pauschalierten Regelleistung - bei den Unterkunftskosten zunächst vom Prinzip der Einzelfallgerechtigkeit leiten lässt. Aus dem einzelfallbezogenen Charakter der KdU und Heizung ist zu schließen, dass objektiv bestehende sachliche Gründe - im Rahmen des Angemessenen - zu beachten sind. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II die Übernahme solcher Kosten einschränkt, die nach allgemeinen Maßstäben im Vergleichsraum als angemessen anzusehen sind. Damit sind Einschränkungen für eine Gruppe von Hilfebedürftigen verbunden, denen weder in den örtlichen Vergleichsraum zuziehende Hilfebedürftige (dazu BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 60/09 R - BSGE 106, 147 = SozR 4-4200 § 22 Nr 35) noch geringverdienende, aber nicht im Leistungsbezug stehende Personen (vgl dazu BSG Urteil vom 30.8.2010 - B 4 AS 10/10 R - BSGE 106, 283 = SozR 4-4200 § 22 Nr 40) unterworfen sind. Bereits ortsansässige im Leistungsbezug stehende Hilfebedürftige sollen insoweit die Vorteile, die sich für Hilfebedürftige insbesondere aus der Bestimmung der Angemessenheit nach der Produkttheorie ergeben, nicht in vollem Umfang ausschöpfen können. Veränderungen im Wohnumfeld sind für sie aus grundsicherungsrechtlicher Sicht nur möglich, soweit sie kostenneutral erfolgen können. Die mit dieser Einschränkung verbundenen Nachteile gebieten es aber, vom Hilfebedürftigen nur maßvolle Beschränkungen in seinen Gestaltungsmöglichkeiten zu fordern. Dies entspricht im Grundsatz der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zum Bundessozialhilfegesetz (BSHG), wonach ein Umzug (auch) dann als erforderlich angesehen werden konnte, wenn ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Grund für den Wohnungswechsel vorlag, von dem sich auch ein Nichthilfebedürftiger leiten lassen würde (vgl Oberverwaltungsgericht Lüneburg Beschluss vom 10.2.1987 - 4 B 283/86, FEVS 36, 291 <295>).

18

aa) Das LSG hat den Vortrag der Klägerinnen lediglich unter dem Blickwinkel der zwingenden Notwendigkeit eines Umzugs geprüft, nicht aber, ob vorliegend für den Wohnungswechsel ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Grund vorgelegen hat, von dem sich auch ein Nichthilfebedürftiger hätte leiten lassen. Es hat in diesem Zusammenhang insbesondere der Situation einer Alleinerziehenden zu wenig Beachtung geschenkt, die dadurch geprägt wird, dass bei der Betreuung des Kindes und im Haushalt nicht von einem arbeitsteiligen Zusammenwirken mit einem anderen Erwachsenen ausgegangen werden kann. Zudem dürfte es nicht der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechen, ein Kind im Alter von zwei Jahren könne im Alltag regelmäßig und mehrfach täglich selbstständig vier Stockwerke überwinden.

19

bb) Entgegen dem Vortrag der Klägerinnen im Revisionsverfahren spricht dagegen auf der Grundlage des vom LSG festgestellten Sachverhalts nichts dafür, dass sich allein aus der Größe der ursprünglich innegehabten Wohnung eine Erforderlichkeit zum Umzug ergibt. Es handelte sich nach den Feststellungen des LSG um eine Zwei-Zimmer-Wohnung, die eine Trennung in Schlaf- und Wohnbereich ermöglichte und die damit allein im Hinblick auf ihre Größe einen Umzug einer alleinstehenden Erwachsenen und ihrem Kleinkind nicht erforderlich macht. Allein die Unterschreitung der Höchstfläche nach den landesrechtlichen Förderbestimmungen um eine bestimmte Quadratmeterzahl lässt jedenfalls keinen generellen Rückschluss auf die Erforderlichkeit eines Umzugs zu.

20

c) Selbst wenn man aber mit den Klägerinnen davon ausgeht, der Umzug einer Alleinerziehenden mit einem Kleinkind aus einer Wohnung im vierten Stock ohne Aufzug sei bei vorhandenen Wirbelsäulen- und Handgelenksbeschwerden auch aus der Sicht eines Nichthilfeempfängers plausibel, nachvollziehbar und verständlich, setzt die Verpflichtung des Grundsicherungsträgers zur Übernahme von Mehrkosten voraus, dass sich der Einzug gerade in die von den Hilfebedürftigen gewählte neue Wohnung als erforderlich und geeignet zur Abwendung von nicht mehr weiter hinzunehmenden Nachteilen der bisherigen Wohnung erweist und die Kosten der neuen Wohnung auch unter Ansehung eines nachvollziehbaren und plausiblen Veränderungswunsches als angemessen anzusehen sind. Dies entspricht der Rechtsprechung zu § 22 BSHG iVm § 3 Abs 1 Satz 1 Regelsatzverordnung(vgl Bundesverwaltungsgericht Urteil vom 17.11.1994 - 5 C 11/93 - BVerwGE 97, 110, 115).

21

Vor diesem Hintergrund erscheint es nach dem bisherigen Sachstand bei dem Ausmaß einer Kostensteigerung um rund 170 % wenig plausibel, dass der Umzug in die neue Wohnung erforderlich war. Es können im Anwendungsbereich des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II lediglich Veränderungen privilegiert sein, die sich zum einen innerhalb des Marktsegments realisieren lassen, auf dass der Hilfebedürftige nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II zu verweisen ist. Zum anderen muss die Überschreitung der Höhe der bisherigen KdU in einem angemessenen Verhältnis zur Ursache des (nicht zwingend erforderlichen) Umzugs in die neue Wohnung stehen; dh der durch den Umzug erzielbare Gewinn an Lebensqualität lässt auch unterhalb der Angemessenheitsgrenze allenfalls eine geringfügige Kostensteigerung zu. Das Regelungsgefüge von § 22 Abs 1 Satz 1 und 2 und Abs 2 SGB II schließt es bei der vorgegebenen Einzelfallprüfung nicht aus, den Gesichtspunkt der verursachten Mehrkosten zu berücksichtigen(vgl Berlit in LPK-SGB II, 4. Aufl 2011, § 22 RdNr 66; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, § 22 RdNr 97 und 100). Ein entsprechender Vergleich der Kosten wird schließlich auch von Nichthilfebedürftigen bei einer entsprechenden Entscheidung hinsichtlich eines Umzugs angestellt.

22

5. Eine abschließende Entscheidung kann der Senat allerdings deshalb nicht treffen, weil das LSG - ausgehend von seiner Rechtsauffassung - Feststellungen zur allgemeinen Angemessenheitsgrenze der KdU und Heizung nicht getroffen hat. Die entsprechende Prüfung für den Wohnort der Klägerinnen wird das LSG nachzuholen haben (vgl dazu BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46).

23

Sollte sich als Rechtsfolge eines nicht erforderlichen Umzugs ergeben, dass der Beklagte Leistungen für KdU und Heizung nur in Höhe der bis dahin zu tragenden Aufwendungen zu erbringen hat (§ 22 Abs 1 Satz 2, 2. Halbs SGB II), so ist dazu der bisherige Bedarf durch das LSG zu ermitteln. § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II soll keine rechtswidrige Entscheidung zu den bisherigen KdU und Heizung perpetuieren. So wird etwa zu prüfen sein, ob die Abfallgebühren in einer Summe zu zahlen waren oder - soweit Teilzahlungen festgesetzt waren - in welchem betreffenden Monat sie bedarfserhöhend zu berücksichtigen waren (vgl BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 36). Soweit Kosten für den Kabelanschluss und die Kabelnutzung vom Vermieter auf die Klägerinnen umgelegt wurden, ist zu klären, ob sich die Klägerinnen diesen Kosten entziehen konnten (vgl BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18 RdNr 16 ff).

24

Schließlich wird das LSG noch über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden haben.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tenor

Auf die Revisionen der Kläger wird das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 4. Dezember 2013 (L 10 AS 285/11) aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Umstritten ist die Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für den Zeitraum vom 1.6.2007 bis zum 30.4.2009. Die Kläger wenden sich gegen die sogenannte "Deckelung" der Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aufgrund eines nach Ansicht des beklagten Jobcenters nicht erforderlichen Umzugs.

2

Die im Jahr 1971 geborene Klägerin zu 1 lebte vor dem streitigen Zeitraum mit ihrem im April 1994 geborenen Sohn, dem Kläger zu 2, in einer Bedarfsgemeinschaft in einer 58 qm großen Wohnung in der P Straße in S, für die ab dem 1.11.2006 monatlich insgesamt 305,31 Euro zu entrichten waren (Nettokaltmiete 219,94 Euro, Betriebskosten 36,07 Euro, Heizkosten/Warmwasser 44,73 Euro, Wasser/Abwasser 4,57 Euro). Auf ihren Fortzahlungsantrag vom 11.1.2007 bewilligte der Beklagte den Klägern für März bis August 2007 Grundsicherungsleistungen unter Berücksichtigung eines Gesamtbedarfs für Unterkunft und Heizung in Höhe von 298,60 Euro. Den am selben Tag gestellten Antrag auf Zusicherung für einen Umzug lehnte der Beklagte bestandskräftig ab. Zugleich wurde darauf hingewiesen, dass im Falle des Umzugs die Leistungen für Unterkunft und Heizung nur noch in der bisherigen Höhe übernommen würden.

3

Am 22.3.2007 stellte die Klägerin zu 1 erneut einen Antrag auf Zusicherung zum Umzug in eine 58 qm große Wohnung in der G straße in S Als Umzugsgrund gab die Klägerin zu 1 insbesondere die Möglichkeit der Betreuung ihres Kindes durch ihre Mutter an, die im selben Haus wohne. Mit Bescheid vom 27.3.2007 lehnte der Beklagte den Antrag mangels Erforderlichkeit des Umzugs ab, der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 14.5.2007).

4

Zum 1.6.2007 zogen die Kläger in die Wohnung in der G straße, für die eine Gesamtmiete von 327,59 Euro (Nettokaltmiete 226,59 Euro, Betriebskosten 36 Euro, Heizkosten/Warmwasser 50 Euro, Wasser/Abwasser 15 Euro) zu entrichten war. Mit Änderungsbescheid vom 6.6.2007 und sodann, jeweils auf Fortzahlungsanträge hin sowie aufgrund weiterer Änderungsbescheide, bewilligte der Beklagte den Klägern als Leistungen für Unterkunft und Heizung bis April 2009 weiterhin 298,60 Euro und übernahm Nachzahlungen wegen Nebenkostenabrechnungen sowohl für die Wohnung in der P Straße für die Jahre 2006 und 2007 sowie für die G straße für die Jahre 2007, 2008 und 2009. Die Miete in dieser Wohnung erhöhte sich bis auf insgesamt 387,70 Euro ab dem 1.12.2008 (Nettokaltmiete 226,59 Euro, Betriebskosten 36,21 Euro, Heizkosten 118,19 Euro, Wasser/Abwasser 6,71 Euro).

5

Am 26.1.2009 stellte die Klägerin zu 1 einen Überprüfungsantrag, mit welchem sie die Übernahme der vollständigen tatsächlichen Unterkunftskosten für die Wohnung in der G straße ab dem 1.6.2007 begehrte. Der Beklagte lehnte den Überprüfungsantrag unter Hinweis auf die mangelnde Zusicherung zum Umzug ab (Bescheid vom 3.2.2009, Widerspruchsbescheid vom 12.3.2009).

6

Die von den Klägern erhobenen Klagen zum Sozialgericht (SG) wurden mit Urteil vom 17.5.2011 abgewiesen, die eingelegten Berufungen zum Landessozialgericht (LSG) wurden zurückgewiesen (Urteil vom 4.12.2013). Das LSG hat in seinem Urteil ausgeführt, die Kläger hätten wegen § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II keinen Anspruch auf teilweise Rücknahme der bestandskräftigen Bewilligungsbescheide nach § 44 Abs 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) und Gewährung höherer Leistungen für Unterkunft und Heizung als die ursprünglich für die Wohnung in der P Straße bewilligten 298,60 Euro. Eine Zusicherung zum Umzug hätten die Kläger nicht gehabt, der Umzug in die G straße sei auch nicht erforderlich gewesen. Es gebe keine objektiven Anhaltspunkte dafür, dass der Wohnungszustand der Wohnung in der P Straße einen Umzug in eine andere Wohnung erforderlich gemacht habe. Auch im Hinblick auf die Mitbetreuung des Klägers zu 2 durch die Mutter der Klägerin zu 1 sei der Umzug nicht erforderlich gewesen, Hausaufgabenbetreuung und Mittagessen hätten auch im Haushalt der Mutter der Klägerin zu 1 erbracht werden können, dem Kläger zu 2 selbst sei die Wegstrecke angesichts seines Alters von 13 Jahren ohne Weiteres zumutbar. Soweit die Klägerin zu 1 auf ihre Hilfe bei der Pflege ihrer Großeltern verweise, sei diese Pflege zum einen überwiegend durch die Mutter der Klägerin zu 1 realisiert worden, zum anderen habe die Entfernung der Wohnung der Klägerin zu 1 zu der der Großeltern lediglich 1 km betragen, die Verkürzung der einfachen Wegstrecke auf ca 300 m sei nicht so erheblich, dass sie einen Umzug erforderlich erscheinen ließe. Rechtsfolge sei die Deckelung der Leistungen für Unterkunft und Heizung auf die bis dahin zu tragenden Aufwendungen. Dies sei vorliegend die von den Klägern bis zum 31.5.2007 gezahlte Bruttowarmmiete von 305,31 Euro abzüglich der Kosten der Warmwasserbereitung von 10,11 Euro, mithin eine monatliche Leistung für Unterkunft und Heizung von 295,20 Euro. Der Beklagte habe jedoch bereits monatlich 298,60 Euro gewährt und zudem für die Zeit ab Juni 2007 die sich ergebenden Nachzahlungsbeträge auf die Heiz- und Betriebskosten übernommen. Soweit die Kläger geltend machten, bei der gesetzlichen Regelung würden umzugsunabhängige Kostensteigerungen, insbesondere bei den Heizkosten, nicht berücksichtigt, führe dies zu keinem anderen Ergebnis. Eine Dynamisierung des Deckelungsbetrags anhand von Entwicklungsdaten des allgemeinen Wohnungsmarkts sei vom Wortlaut der Norm nicht gedeckt. Man teile auch nicht die verfassungsrechtlichen Bedenken der Kläger, denn es sei zu berücksichtigen, dass § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II nur eingreife, wenn der Leistungsempfänger gleichsam ohne Not höhere Kosten auslöse und somit seine Situation selbst verschuldet sei. Im Übrigen könne durch einen weiteren Umzug die Deckelung beendet werden.

7

Dagegen wenden sich die Kläger mit den vom LSG zugelassenen Revisionen. Sie rügen eine Verletzung von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II, soweit darin eine zeitlich unbefristete und starre Vorschrift zur Deckelung der Kosten der Unterkunft und Heizung gesehen werde. Zumindest sei eine Dynamisierung der individuellen Angemessenheitsgrenze aufgrund allgemeiner Kostensteigerungen notwendig. Abgesehen davon, dass die Zusicherung zum Umzug hier nicht habe verweigert werden dürfen, entspreche die dauerhafte Deckelung auch eher einer Sanktionierung sozialwidrigen Verhaltens. Sie berücksichtige weder die Kostenentwicklung in der bisherigen Unterkunft, noch die fehlende Kausalität zwischen dem Umzug und der Mehrkosten, bezogen auf die Kosten für Heizung und Wasser, da diese auf Witterungseinflüssen und steigenden Energiekosten beruhten.

8

Die Kläger beantragen,
die Urteile des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 4. Dezember 2013 - L 10 AS 285/11 - und des Sozialgerichts Schwerin vom 17. Mai 2011 - S 22 AS 672/09 - sowie den Bescheid des Beklagten vom 3. Februar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. März 2009 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihnen unter Änderung des Bescheides vom 6. Juni 2007 (Bewilligungsabschnitt 1. Juni bis 31. August 2007), des Bescheides vom 31. Juli 2007 (Bewilligungsabschnitt 1. September 2007 bis 29. Februar 2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 21. Januar 2008, des Bescheides vom 31. Juli 2007 (Bewilligungsabschnitt 1. März 2008 bis 30. April 2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 22. April 2008, des Bescheides vom 26. März 2008 (Bewilligungsabschnitt 1. Mai 2008 bis 31. Oktober 2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 22. April 2008, sowie des Bescheides vom 25. September 2008 (Bewilligungsabschnitt 1. November 2008 bis 30. April 2009) Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe ihrer tatsächlichen Aufwendungen, abzüglich der Warmwasserkostenpauschale, vom 1. Juni 2007 bis zum 30. April 2009 zu zahlen.

9

Der Beklagte beantragt,
die Revisionen der Kläger zurückzuweisen.

10

Er hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässigen Revisionen der Kläger sind im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und der Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz). Es konnte nicht abschließend entschieden werden, ob den Klägern für den streitgegenständlichen Zeitraum höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung zustehen, denn es fehlt insofern an ausreichenden Feststellungen des LSG.

12

1. Gegenstand der Revisionsverfahren sind neben der Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidungen die Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom 3.2.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.3.2009, mit dem die Überprüfungsanträge der Kläger mit dem Ziel, vom 1.6.2007 bis zum 30.4.2009 die vollen tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung zu erlangen, abgelehnt worden sind. Mithin sind streitgegenständlich auch die jeweiligen Leistungsbescheide, mit denen Leistungen für Unterkunft und Heizung in dem von den Klägern durch ihre Überprüfungsanträge vorgegebenen Zeitraum bewilligt worden sind. Dies sind - neben den von den Klägern selbst aufgeführten Bescheiden - auch die zur Ermittlung des "wirklich Gewollten" (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 95 RdNr 5) einzubeziehenden Bescheide vom 6.6.2007 (Bewilligungsabschnitt 1.6. bis 31.8.2007), des Bescheids vom 31.7.2007 (Bewilligungsabschnitt 1.9.2007 bis 29.2.2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 21.1.2008, des Bescheids vom 31.7.2007 (Bewilligungsabschnitt 1.3.2008 bis 30.4.2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 22.4.2008, des Bescheids vom 26.3.2008 (Bewilligungsabschnitt 1.5.2008 bis 31.10.2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 22.4.2008, sowie des Bescheids vom 25.9.2008 (Bewilligungsabschnitt 1.11.2008 bis 30.4.2009).

13

Die vorgenommene Beschränkung auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung ist zulässig (stRspr, siehe BSG Urteil vom 23.5.2013 - B 4 AS 67/12 R - BSGE 113, 270 = SozR 4-4200 § 22 Nr 68, RdNr 12 mwN). Ihr Begehren haben die Kläger zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage geltend gemacht (§ 54 Abs 1 und Abs 4 SGG).

14

2. Als Rechtsgrundlage für den Antrag der Kläger auf Überprüfung der Leistungsbescheide für die Zeit vom 1.6.2007 bis zum 30.4.2009 hinsichtlich der Leistungen für Unterkunft und Heizung kommt nur § 40 Abs 1 Satz 1 SGB II iVm § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X in Betracht. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.

15

Der Antrag der Kläger genügt den Anforderungen für einen Überprüfungsantrag eines Leistungsberechtigten nach § 44 SGB X. Dazu gehört nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ( Urteil vom 13.2.2014 - B 4 AS 22/13 R - BSGE 115, 126 = SozR 4-1300 § 44 Nr 28 mwN), dass der Antrag konkretisierbar ist und entweder aus dem Antrag selbst - ggf nach Auslegung - oder aus einer Antwort des Antragstellers auf eine Nachfrage des Leistungsträgers der Umfang der Prüfpflicht für die Verwaltung bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens erkennbar ist. Dazu muss der Leistungsberechtigte in der Regel in seinem Überprüfungsantrag einen oder ggf mehrere zu überprüfende Verwaltungsakte konkret aufführen. Dies ist nur dann entbehrlich, wenn bei objektiver Betrachtung aus dem Vorbringen des Antragstellers der zu überprüfende Verwaltungsakt ohne Weiteres zu ermitteln ist (siehe dazu auch BSG Urteil vom 28.10.2014 - B 14 AS 39/13 R - SozR 4-1300 § 44 Nr 31 RdNr 15).

16

Die Klägerin zu 1 hatte vorliegend - wie bereits vom SG und vom LSG ausgeführt - erkennbar auch für den mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Sohn, den Kläger zu 2, mit Schreiben vom 26.1.2009 die Überprüfung "von Leistungsbescheiden ab 1.6.2007 im Hinblick auf die Übernahme der Unterkunftskosten" beantragt und dem einen Antrag auf Übernahme der vollständigen Unterkunftskosten der Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 387,70 Euro beigefügt. Dies reicht bei objektiver Betrachtung als Anknüpfungspunkt für eine Überprüfung aus, denn es ist bei verständiger Würdigung der Sachlage klar zu erkennen gewesen, dass die Klägerin zu 1 nach dem Umzug in die G straße zum 1.6.2007 die dort zu zahlenden tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung für sich und den Kläger zu 2 begehrt.

17

3. Es kann aber vorliegend nicht abschließend entschieden werden, ob iS des § 44 Abs 1 SGB X das Recht unrichtig angewandt worden ist und deshalb durch die vorgenommene "Deckelung" zu niedrige Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht worden sind. Zwar hat das LSG zutreffend angenommen, dass der Umzug der Kläger nicht erforderlich gewesen ist (dazu unter 3.c). Es fehlen aber Feststellungen dazu, ob und ggf inwieweit für den streitbefangenen Zeitraum zutreffend ermittelte abstrakte kommunale Angemessenheitsgrenzen als weitere Voraussetzung für die Anwendung von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II bestanden haben(dazu unter 4.).

18

a) Die Kläger erfüllen aus dem Gesamtzusammenhang der vom LSG zugrunde gelegten Tatsachen die Voraussetzungen des § 7 SGB II für Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende im Hinblick auf das Alter, die Erwerbsfähigkeit, die Hilfebedürftigkeit und des gewöhnlichen Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland. Der Anspruch umfasst dem Grunde nach auch Leistungen für Unterkunft und Heizung. Es ist dabei auf die tatsächlichen Unterkunftskosten abzustellen, soweit sie angemessen sind (vgl § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II; siehe auch zB BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 20 ff).

19

b) Die Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung für die Wohnung in der G straße scheitert nicht an der fehlenden Zusicherung des Beklagten für einen Umzug (vgl § 22 Abs 2 SGB II in der in der streitigen Zeit geltenden Fassung, heute: § 22 Abs 4 SGB II). Die vom Beklagten bestandskräftig abgelehnten Anträge auf Zusicherung zur Tragung von Unterkunftskosten nach einem Umzug stellen jeweils nur eine Entscheidung für diesen konkreten Antrag dar und entfalten keine Dauerwirkung für die Zukunft. Der Bescheid erschöpft sich in der Ablehnung der Zusicherung für den Einzelfall. Dass die Kläger somit für ihren Umzug in die G straße keine Zusicherung nach § 22 Abs 2 SGB II aF eingeholt haben, ist insofern ohne Belang, als die Zusicherung keine Anspruchsvoraussetzung darstellt(BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, RdNr 27).

20

c) Ungeachtet der Frage der Zusicherung liegen die Voraussetzungen von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II für eine mögliche "Deckelung" im hiesigen Fall jedenfalls insoweit vor, als der Umzug der Kläger in die G straße nicht erforderlich war.

21

Der Prüfung zugrunde zu legen ist § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II in der im streitigen Zeitraum vom 1.6.2007 bis 30.4.2009 anzuwendenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706), der unwesentlich mit Wirkung vom 1.1.2009 durch das Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21.12.2008 (BGBl I 2917) geändert wurde. Danach werden für den Fall, dass sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung erhöhen, die Leistungen weiterhin nur in Höhe der bis dahin zu tragenden (angemessenen) Aufwendungen erbracht. Die Prüfung der Erforderlichkeit eines Umzugs ist in zwei Schritten daran zu messen, ob der Auszug aus der bisherigen Wohnung notwendig oder aus sonstigen Gründen erforderlich ist. In einem weiteren Schritt ist zu prüfen, ob sich die Kosten gerade der von dem Hilfebedürftigen gewählten neuen Wohnung in Ansehung der Erforderlichkeit eines Umzugs als angemessen darstellen (siehe grundlegend BSG Urteil vom 24.11.2011 - B 14 AS 107/10 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 52 RdNr 18).

22

Eine Notwendigkeit des Umzugs in dem Sinne, dass zB gesundheitliche Gründe einen solchen unerlässlich machen, sind nach den Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht gegeben. Aber auch eine Erforderlichkeit des Umzugs im weiteren Sinne ist für den vorliegenden konkreten Fall zu verneinen. Zwar kann grundsätzlich gerade die Tatsache, dass der Hilfebedürftige alleinerziehend und damit uU besonderen Belastungen ausgesetzt ist, zu einer Bejahung der Erforderlichkeit führen. Vorliegend würde sich die Lebenssituation der Kläger aber nicht so verändern, dass diese Veränderung in den persönlichen Umständen eine Neubestimmung der für die Kläger angemessenen Wohnkosten gerechtfertigt erscheinen ließe. Es ist nicht erkennbar, dass der bereits 13 Jahre alte Kläger zu 2 einer engmaschigen Betreuung durch seine Großmutter bedurfte. Ebenso wenig ändert sich die Lebenssituation der Klägerin zu 1 wesentlich dadurch, dass sie wenige hundert Meter kürzere Wege zu bewältigen hat.

23

4. Ausgehend von der mangelnden Erforderlichkeit des Umzugs sind nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aF Leistungen für Unterkunft und Heizung nur in Höhe der bis dahin zu tragenden angemessenen Aufwendungen zu erbringen. Zeitlich ist als Bezugspunkt der Zeitpunkt des Umzugs maßgeblich, hier also der 1.6.2007. Die Gesamtmieten (Kaltmiete/Betriebskosten/Heizkosten) der alten und der neuen Wohnung zu diesem Zeitpunkt sind dabei zu vergleichen (hM siehe nur Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 22 RdNr 111; aA Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand Oktober 2012, K § 22 RdNr 233). Tatbestandsvoraussetzung dieser Deckelung ist aber, dass für den örtlichen Vergleichsraum überhaupt zutreffend ermittelte abstrakte Angemessenheitsgrenzen bestehen. Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, scheidet eine Deckelung aus. Da es hierzu an Feststellungen seitens des LSG fehlt, kann über die Rechtmäßigkeit der hier streitbefangenen Deckelung nicht abschließend entschieden werden.

24

a) Normativer Anknüpfungspunkt für die Voraussetzung des Bestehens einer zutreffend ermittelten abstrakten Angemessenheitsgrenze ist, dass der Wortlaut der Regelung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II die Erhöhung der "angemessenen" Aufwendungen für Unterkunft und Heizung fordert. Damit ist nach dem Regelungszusammenhang auf § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II Bezug genommen, wonach Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden, soweit diese "angemessen" sind. Zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit der Unterkunft muss der abstrakt als angemessen anzuerkennende Mietpreis unter Berücksichtigung der örtlichen Besonderheiten ermittelt werden ("Referenzmiete", vgl BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 23). Erforderlich dazu sind überprüfbare Erhebungen und Auswertungen, die eine hinreichende Gewähr dafür bieten, dass sie die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarkts wiedergeben ("schlüssiges Konzept", siehe nur BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 24). Die Ermittlung abstrakt angemessener Aufwendungen für Heizung begegnet zwar praktischen Schwierigkeiten (vgl BSG Urteil vom 12.6.2013 - B 14 AS 60/12 R - BSGE 114, 1 = SozR 4-4200 § 22 Nr 69, RdNr 21), die Möglichkeit ist jedoch vom Gesetzgeber mittlerweile ausdrücklich vorgesehen (§ 22b Abs 1 Satz 2 und 3 SGB II; vgl BSG Urteil vom 4.6.2014 - B 14 AS 53/13 R - BSGE 116, 94 = SozR 4-4200 § 22a Nr 2, RdNr 30 ff).

25

b) Der so näher bestimmte Begriff der Angemessenheit in § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II wird in § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aufgegriffen und dazu in der Begründung des Gesetzentwurfs ausgeführt(BT-Drucks 16/1410 S 23), dass mit der Regelung die Kosten der Unterkunft und Heizung in den Fällen auf die bisherigen angemessenen Unterkunftskosten begrenzt werden, in denen Hilfebedürftige unter Ausschöpfung der durch den kommunalen Träger festgelegten Angemessenheitsgrenzen für Wohnraum in eine Wohnung mit höheren, gerade noch angemessenen Kosten ziehen. Dieser Intention nimmt die Änderung durch Einfügung des zweiten "angemessen" durch das Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21.12.2008 (BGBl I 2917) nichts und fügt ihr auch nichts hinzu. Hierzu ist in der Begründung dieses Gesetzentwurfs ausgeführt (BT-Drucks 16/10810 S 49), dass die mit dem Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende eingeführte Begrenzung der Leistungen für Unterkunft und Heizung bei einem nicht erforderlichen Umzug auf Anregungen aus der Praxis dahingehend präzisiert werde, dass die Leistungen für die neue Unterkunft bei einem nicht erforderlichen Umzug auf die bisherigen angemessenen Kosten zu begrenzen seien.

26

c) Vor diesem Hintergrund hat das BSG den Zweck von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II schon in der Vergangenheit darin gesehen, eine missbräuchliche Leistungsinanspruchnahme durch Ausschöpfung der abstrakten Angemessenheitsgrenzen zu verhindern und den Kommunen im Hinblick auf die Kostensteigerungen bei Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II eine Steuerungsfunktion zu belassen(BSG Urteil vom 9.4.2014 - B 14 AS 23/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 75 RdNr 21). Insbesondere hat es entschieden, dass die Vorschrift von vornherein keine Anwendung findet auf Fallgestaltungen, bei denen ein Umzug über die Grenzen des Vergleichsraums im Sinne der Rechtsprechung des BSG hinaus vorgenommen wird (vgl BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 60/09 R - BSGE 106, 147 = SozR 4-4200 § 22 Nr 35, RdNr 19 ff). Im Hinblick auf diesen Schutzzweck kann die Norm auch bei einem Umzug innerhalb desselben Vergleichsraums Anwendung nur dann finden, wenn und soweit zutreffend ermittelte kommunale Angemessenheitsgrenzen bestehen. Vor der Ausschöpfung einer solchen Angemessenheitsgrenze durch nicht erforderliche Umzüge soll auch der örtliche Wohnungsmarkt geschützt werden (vgl BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 60/09 R - BSGE 106, 147 = SozR 4-4200 § 22 Nr 35, RdNr 19 ff; BSG Urteil vom 9.4.2014 - B 14 AS 23/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 75 RdNr 21).

27

d) Das LSG wird demgemäß zu ermitteln haben, ob eine zutreffend ermittelte abstrakte kommunale Angemessenheitsgrenze für die Unterkunftskosten besteht. Ist dies nicht der Fall, scheidet eine Leistungsdeckelung nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aus. Dies schließt jedoch eine Prüfung der Unangemessenheit im Einzelfall im Rahmen des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II nicht aus. Es könnte dann für die Begrenzung der Nettokaltmiete und der kalten Nebenkosten auf die Werte der Wohngeldtabelle zuzüglich eines Zuschlags von 10 % abgestellt werden (siehe BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, RdNr 23; Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 27).

28

Wenn eine zutreffend ermittelte abstrakte kommunale Angemessenheitsgrenze für die Heizaufwendungen nicht besteht, scheidet auch insoweit eine Deckelung nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aus. Eine Prüfung der Unangemessenheit der Heizkosten im Einzelfall kann, wie auch bei den Unterkunftskosten, im Rahmen des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II stattfinden, wobei hierfür eine Orientierung an den Grenzwerten aus bundesweitem oder kommunalem Heizspiegel zu erfolgen hat(BSG Urteil vom 12.6.2013 - B 14 AS 60/12 R - BSGE 114, 1 = SozR 4-4200 § 22 Nr 69, RdNr 22).

29

5. Sollten die Ermittlungen des LSG zu dem Ergebnis führen, dass im vorliegenden Fall rechtmäßig ermittelte abstrakte kommunale Angemessenheitsgrenzen existieren, wäre die Deckelung durch die angefochtenen Bescheide rechtmäßig. Allerdings wäre dann zu beachten, dass sich zeitlich nachfolgende Anhebungen dieser Angemessenheitsgrenzen auf die Deckelung auswirken. Die durch die Anhebung der abstrakten kommunalen Angemessenheitsgrenzen anerkannten Kostensteigerungen auf dem örtlichen Wohnungsmarkt sind bei fortdauernder Deckelung zu berücksichtigen ("Dynamisierung"). Der Schutz des Leistungsträgers und des örtlichen Wohnungsmarkts vor der Ausschöpfung einer Angemessenheitsgrenze durch nicht erforderliche Umzüge ist insoweit von dem Regelungswillen des Gesetzgebers nicht umfasst, denn er bezieht sich nur auf die Ausschöpfung der Angemessenheitsgrenzen im Einzelfall und nicht auf Erhöhung der allgemeinen Angemessenheitsgrenzen durch wirtschaftliche Entwicklungen und dadurch bedingte anerkannte Kostensteigerungen.

30

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 11. Juli 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob der Klägerin im Zeitraum vom 1.6.2007 bis zum 30.11.2008 Leistungen für Kosten der Unterkunft (KdU) und Heizung in Höhe ihrer tatsächlichen Aufwendungen zustehen.

2

Die alleinstehende Klägerin bewohnte im streitgegenständlichen Zeitraum eine 48 qm große Wohnung in München. Sie hatte eine mietvertragliche Verpflichtung in Höhe von 745 Euro (690 Euro Nettokaltmiete zzgl 55 Euro Betriebskosten) monatlich. Die Vorauszahlung für die Gasversorgung betrug 97 Euro im Monat (lediglich im Februar 2008: 107 Euro wegen einer Nachforderung; Bruttowarmmiete 835,67 Euro).

3

Ende August 2006 wies der Beklagte die Klägerin darauf hin, dass ihre Nettokaltmiete die zulässige Höchstgrenze von 397,30 Euro monatlich überschreite. Die Klägerin wurde aufgefordert, sich bis Ende Februar 2007 um eine Minderung der Unterkunftskosten zu bemühen. Ab dem 1.3.2007 werde die Unterkunftsleistung auf die angemessene Höhe abgesenkt.

4

Für die Zeit vom 1.1.2007 bis zum 31.5.2007 bewilligte der Beklagte der Klägerin Alg II, welches Leistungen für KdUH in Höhe von 813 Euro monatlich umfasste (Bescheid vom 29.11.2006 idF des Bescheides vom 19.12.2006). Ab 1.3.2007 senkte er die Leistungen für die Kaltmiete auf die von ihm als angemessen befundene Mietobergrenze herab (Bescheide vom 13.2.2007). Für den Zeitraum bis 31.5.2007 hat das LSG mit dem hier angefochtenen Urteil vom 11.7.2012 diese Entscheidung des Beklagten aufgehoben. Hiergegen sind die Beteiligten nicht in die Revision gegangen.

5

Für den Zeitraum vom 1.6.2007 bis zum 30.11.2007 bewilligte der Beklagte der Klägerin schlussendlich Leistungen für KdUH in Höhe von 496,45 Euro für ihre brutto-kalten Mietaufwendungen (441,45 Euro Nettokaltmiete + 55 Euro Betriebskosten) und übernahm im Verlaufe des Gerichtsverfahrens ihre Aufwendungen für Gas abzüglich der Warmwasserpauschale in tatsächlicher Höhe (Bescheid vom 23.4.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.12.2007 und des Änderungsbescheides vom 14.8.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.9.2008, dieser in der Fassung des Änderungsbescheides vom 29.4.2009). Ebenso verfuhr der Beklagte für den Zeitraum vom 1.12.2007 bis zum 31.5.2008 (Bescheid vom 22.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.9.2008). Durch Bescheid vom 7.5.2008 (in der Fassung des Änderungsbescheides vom 29.4.2009) setzte der Beklagte diese Praxis für den Leistungszeitraum vom 1.6.2008 bis zum 30.11.2008 zunächst fort. Ab dem 1.7.2008 erhöhte er jedoch den Leistungsanteil für die Bruttokaltmiete der Klägerin auf 504,21 Euro (Nettokaltmiete 449,21 Euro + 55 Euro kalte Nebenkosten) und wies unter Einbeziehung dieser Änderung (Bescheid vom 3.7.2008) den Widerspruch der Klägerin durch Widerspruchsbescheid vom 25.9.2008 zurück (idF der Änderungsbescheide vom 15.12.2008 und 29.4.2009).

6

Das SG hat die miteinander verbundenen Klagen auf Übernahme der tatsächlichen Mietaufwendungen abgewiesen (Urteil vom 26.11.2009). Auf die Berufung der Klägerin hat das LSG das Urteil des SG geändert. Soweit es den Zeitraum vom 1.3. bis 31.5.2007 betrifft, hat es die Bescheide wie benannt aufgehoben. Zudem hat es den Beklagten unter Abänderung der weiteren Bescheide verurteilt, der Klägerin über die bereits bewilligten Leistungen hinaus KdUH in Höhe von 9,88 Euro für den Monat Februar 2008 - für eine Heizkostennachforderung - und in Höhe von jeweils 0,12 Euro für die Monate Juli bis November 2008 wegen unzutreffender Anwendung der Rundungsregelung zu zahlen. Im Übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Zwar fehle es dem Beklagten an einem schlüssigen, nachvollziehbaren Konzept zur Ermittlung der angemessenen KdUH iS des § 22 Abs 1 S 1 SGB II. Die vom Beklagten für einen Ein-Personen-Haushalt übernommenen Aufwendungen der Klägerin für die Bruttokaltmiete in Höhe von 496,45 Euro im Zeitraum vom 1.6.2007 bis zum 30.6.2008 und 504,21 Euro im Zeitraum vom 1.7.2008 bis zum 30.11.2008 seien jedoch unter Berücksichtigung des Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. G K angemessen gewesen. Die für den Mietspiegel 2007 der Stadt München erhobenen und vom Sachverständigen ausgewerteten Daten betreffend Wohnungen "um die 50 qm" - in der Gestalt von gewichteten 243 Wohnungen zwischen 46 und 54 qm - bildeten eine geeignete Grundlage zur Berechnung der angemessenen Aufwendungen für die Bruttokaltmiete iS des § 22 Abs 1 S 1 SGB II. Die Erfassung lediglich von Bestandsmieten und die Nichtberücksichtigung preisgebundenen Wohnraums stünden dem nicht entgegen. Zudem beruhe der Mietspiegel 2007 auf dem für den streitgegenständlichen Zeitraum aussagekräftigsten Zahlenmaterial, welches selbst auf einer repräsentativen Stichprobe fuße. Die Auswertung des Datenmaterials durch den Sachverständigen habe unter Anwendung statistisch anerkannter Methoden stattgefunden und ergeben, dass mit den gewährten Mitteln ausreichend angemessener Wohnraum im Stadtgebiet München gefunden werden könne. Es drohe auch keine Konzentration von Leistungsempfängern in bestimmten sozialen Brennpunkten/Stadtbezirken. Ebenso wenig könne unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse der Klägerin festgestellt werden, dass eine abstrakt angemessene Wohnung nicht tatsächlich auf dem Wohnungsmarkt hätte angemietet werden können. Zutreffend erfolgt sei auch der Abzug der Warmwasserpauschale aus den vom Beklagten übernommenen monatlichen Abschlägen für die Versorgung der Klägerin mit Erdgas (Urteil vom 11.7.2012).

7

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin, das LSG habe den Begriff der Angemessenheit des § 22 SGB II rechtsfehlerhaft angewandt. Zutreffende Konsequenz aus der Feststellung, der Beklagte verfüge über kein schlüssiges Konzept zur Ermittlung der angemessenen Miete, hätte die Annahme einer Unmöglichkeit zur Kostensenkung sowie der Verurteilung zur Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen sein müssen. Die vom Beklagten herangezogene Mietobergrenze sei zu gering. Bei seinen Ermittlungen habe das LSG die Rechtsprechung des BSG nicht zutreffend umgesetzt. Die erhobenen und ermittelten Daten seien nicht repräsentativ. Zudem käme es bei Übertragung der Daten zu einer "Ghettoisierung". Die Annahme, zur gewährten Mietobergrenze sei 1/5 der Wohnungen in München generell zu diesem Preis verfügbar, sei unzutreffend. Bereits die dem Sachverständigen gestellten Fragen seien teilweise problematisch. Die Beweisanordnung sei schon durch die Bezugnahme auf den Mietspiegel vorbestimmt gewesen. Das LSG habe bei der Fragestellung antizipiert, dass die Rohdaten des Mietspiegels und eine diesbezügliche Konzentration auf 20 % des maßgeblichen Wohnraums geeignet seien, ein zutreffendes Bild des Mietmarkts im streitgegenständlichen Zeitraum zu zeichnen. Die 20 %-Grenze sei willkürlich gezogen. Tatsächlich dürften nicht nur 5,3 % der Gesamtbevölkerung Wohnungen im unteren Marktsegment suchen, sodass ein Verweis auf die vom LSG in die Auswertung nicht einbezogenen Sozialwohnungen problematisch sei. Dies zeige sich bereits daran, dass nicht Ortsansässige auf solche Wohnungen mindestens fünf Jahre warten müssten. Im Gutachten unberücksichtigt geblieben seien auch Aspekte, die zu einer Erhöhung der Quadratmeterpreisberechnung geführt hätten, wie zB ein Zuschlag für eine Küche. Auch bei absoluter Betrachtung sei die Stichprobe viel zu gering, um daraus die Verfügbarkeit von Wohnraum ableiten zu können. Es gäbe auf dem Münchener Mietmarkt nicht etwa 20 % Wohnungen um 50 qm, sondern nur zwischen 1,31 % und 4,8 %. Das LSG habe zudem in entscheidungserheblicher Art und Weise gegen § 103 SGG verstoßen, indem es einem Antrag auf Vernehmung des Haus- und Grundbesitzervereins München und Umgebung eV, gesetzlich vertreten durch Rechtsanwalt S, als Sachverständigen keine Folge geleistet habe. Das LSG habe auch, obwohl die Klägerin nicht anwaltlich vertreten gewesen sei, keinerlei Hinweis darauf gegeben, dass eine weitere Beweisaufnahme aus seiner Sicht entbehrlich sei.

8

Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Änderung des Urteils des Bayerischen Landessozialgerichts vom 11. Juli 2012 und Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 26. November 2009 sowie Änderung der Bescheide des Beklagten vom 23. April 2007 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 14. August 2007, diese in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Dezember 2007 und in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. September 2008 sowie des Änderungsbescheides vom 29. April 2009, des Bescheides vom 22. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. September 2008, diese in der Fassung des Änderungsbescheides vom 29. April 2009 und des Bescheides vom 7. Mai 2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 3. Juli 2008, diese in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. September 2008 und in der Fassung der Änderungsbescheide vom 15. Dezember 2008 sowie 29. April 2009, zu verurteilen, ihr über die bereits im Urteil des Landessozialgerichts zuerkannten Leistungen hinaus für den Zeitraum vom 1. Juni 2007 bis 30. November 2008 Leistungen für Unterkunft und Heizung unter Zugrundelegung der tatsächlichen Mietzahlungsverpflichtung zu gewähren.

9

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Das LSG sei der Rechtsprechung des BSG gefolgt, als es selbst Ermittlungen zur Angemessenheit der Mietobergrenze vorgenommen habe. Die Zugrundelegung einer 20 %-Grenze durch das LSG fülle das durch die Rechtsprechung des BSG vorgegebene "untere Marktsegment" aus. Zudem habe das LSG keine Abschläge bei der Miete berücksichtigt, sondern dies vielmehr für unzulässig erachtet. Die erhobenen Daten seien entgegen der Auffassung der Klägerin auch repräsentativ. Regressionsmietspiegel, wie der für München erstellte, kämen mit einer kleineren Stichprobe als sog Tabellenmietspiegel aus. Die im Mietspiegel erfassten Bestandsmieten seien lediglich solche aus den letzten vier Jahren vor der Stichprobe. Die Daten für den Mietspiegel seien zwar im Auftrag der Stadt München, aber durch ein unabhängiges Marktforschungsinstitut erhoben und ausgewertet worden.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet.

12

Die Entscheidung des LSG ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat der Klägerin schlussendlich im hier streitigen Zeitraum Leistungen für Unterkunft und Heizung in angemessener Höhe iS des § 22 Abs 1 SGB II erbracht.

13

1. Streitgegenstand sind höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum vom 1.6.2007 bis 30.11.2008, als sie in den Bescheiden des Beklagten für die Zeiträume vom 1.6.2007 bis 30.11.2007, 1.12.2007 bis 31.5.2008 und 1.6.2008 bis 30.11.2008 festgestellt worden sind.

14

Nicht Streitgegenstand ist die Höhe der Leistungen für den vorhergehenden Zeitraum ab dem 1.3.2007. Der erkennende Senat brauchte daher nicht darüber zu befinden, ob sich das LSG zur Begründung seiner Aufhebungsentscheidung zutreffend auf § 45 SGB X gestützt hat oder nicht § 48 SGB X hätte zugrundelegen müssen. Denn es liegt nahe, bei der Umsetzung einer angekündigten Absenkung der Leistungen für Unterkunft von einer Änderung der rechtlichen Verhältnisse auszugehen. Die Klägerin hat sich jedoch in ihrer Revision nicht gegen die Höhe der Leistungen in diesem Zeitraum gewandt - obwohl sie niedriger waren, als ihre tatsächlichen Aufwendungen - und der unterlegene Beklagte ist nicht in die Revision gegangen. Das Urteil des LSG ist insoweit rechtskräftig geworden.

15

Ebenfalls rechtskräftig geworden ist die Entscheidung des LSG im Hinblick auf die zu Lasten des Beklagten vorgenommene Anwendung der Rundungsvorschrift des § 41 Abs 2 SGB II(idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954, der insofern seit dem Inkrafttreten am 1.1.2005 bis zum Ende des hier streitigen Zeitraumes nicht geändert worden ist) und die Verurteilung zur Zahlung eines Betrags von 9,88 Euro für die Gaskostennachforderung im Monat Februar 2008. Der Beklagte ist auch hiergegen nicht in die Revision gegangen.

16

2. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Klägerin ihre Anfechtungs- und Leistungsklage auf Leistungen für Unterkunft und Heizung beschränkt hat (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18 f; vgl auch BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 11). Hieran hat sich - wie das BSG bereits mehrfach entschieden hat - durch die Neufassung des § 19 SGB II aufgrund des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 453) für laufende Verfahren über vor Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1.1.2011 abgeschlossene Bewilligungsabschnitte - wie es auch hier der Fall ist - nichts geändert (BSG Urteil vom 26.5.2011 - B 14 AS 132/10 R - juris RdNr 11; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 RdNr 11; BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 11).

17

3. An dem Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach § 22 SGB II an die einkommens- und vermögenslose, alleinstehende Klägerin bestehen nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG keine Zweifel.

18

4. Die der Klägerin von dem Beklagten bewilligten Leistungen für Unterkunft in Höhe von 496,45 Euro für ihre Mietaufwendungen (brutto/kalt) ab dem 1.6.2007 und 504,21 Euro (ebenfalls brutto/kalt) ab dem 1.7.2008 bis zum 30.11.2008 sind rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf höhere Leistungen. Rechtsgrundlage für die hier umstrittene Höhe der Leistungen sind §§ 19, 22 SGB II. Danach werden im Rahmen des Alg II Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs 1 S 1 SGB II idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954, der insofern seit dem Inkrafttreten am 1.1.2005 bis zum Ende des hier streitigen Zeitraumes nicht geändert worden ist). Damit lässt sich der Gesetzgeber - anders als im Hinblick auf den pauschalierten Regelbedarf - bei den Unterkunftskosten zunächst vom Prinzip der Einzelfallgerechtigkeit leiten, indem er anordnet, zur Bestimmung der Leistungshöhe auf die tatsächlichen Unterkunftskosten abzustellen. Diese sind im Grundsatz zu erstatten. Allerdings sind die Leistungen nicht in beliebiger Höhe zu erbringen, sondern nur insoweit, als die tatsächlichen Aufwendungen für Miete und Heizung angemessen sind. Die Angemessenheit begrenzt somit die zu erbringenden Leistungen der Höhe nach. Die Begrenzung der Leistungen für KdU - die Aufwendungen der Klägerin für Heizkosten hat der Beklagte schlussendlich in tatsächlicher Höhe abzüglich der Warmwasserpauschale erbracht - ab dem 1.6.2007 auf die vom Beklagten befundene Höhe ist im vorliegenden Fall rechtmäßig.

19

a) Die Angemessenheitsprüfung hat unter Berücksichtigung des allgemeinen Gleichheitssatzes nach einheitlichen Kriterien zu erfolgen. Das Rechtsstaatsprinzip fordert die Verlässlichkeit und Vorhersehbarkeit der Begrenzung (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 12). Zur Konkretisierung der Angemessenheitsgrenze ist daher auf einer ersten Stufe eine abstrakte und auf einer zweiten Stufe eine konkret-individuelle Prüfung vorzunehmen (vgl BSG Urteil vom 26.5.2011 - B 14 AS 132/10 R - juris RdNr 17). Im Rahmen der Prüfung abstrakter Angemessenheit werden nach der Rechtsprechung des BSG zunächst die abstrakt angemessene Wohnungsgröße und der Wohnungsstandard bestimmt sowie anschließend festgelegt, auf welchen räumlichen Vergleichsmaßstab für die weiteren Prüfungsschritte abzustellen ist. Alsdann ist zu ermitteln, wie viel auf diesem Wohnungsmarkt für eine einfache Wohnung aufzuwenden ist.

20

aa) Die abstrakt angemessene Wohnungsgröße hat das LSG hier zutreffend mit 50 qm bestimmt. Es hat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG zur Bestimmung der Angemessenheit der Wohnungsgröße auf die Werte zurückgegriffen, welche die Länder aufgrund des § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (WoFG) festgesetzt haben(vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, RdNr 19; Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - juris RdNr 12). Nach § 10 WoFG können die Länder im geförderten Wohnungsbau Grenzen für Wohnungsgrößen festlegen, bis zu denen eine Förderung in Betracht kommt. Der erkennende Senat sieht diesen Anknüpfungspunkt zwar als problematisch an (vgl zu seiner Kritik im Einzelnen das zur Stadt München ergangene Urteil des Senats vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 16 f). Aus Gründen der Rechtssicherheit und der Praktikabilität ist aber wenigstens solange, wie nicht eine Satzung über die angemessenen KdU iS von §§ 22a ff SGB II vorliegt, in welcher grundsätzlich andere Wohnraumgrößen festgelegt werden können(vgl § 22b Abs 1 S 1 Nr 1 SGB II), an diesem Maßstab festzuhalten. Nach den Bestimmungen des Freistaates Bayern in den Wohnraumförderbestimmungen (Wohnraumförderbestimmungen der Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern vom 11.11.2002 und vom 4.12.2007 ) ist auch für die Stadt München eine angemessene Wohnungsgröße von 50 qm für einen Ein-Personen-Haushalt zugrunde zu legen.

21

bb) Das LSG hat auch zutreffend erkannt, dass die für Leistungsberechtigte infrage kommende Wohnung nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entsprechen muss, ohne gehobenen Wohnstandard aufzuweisen (BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, RdNr 24; BSG Urteil vom 11.12.2012 - B 4 AS 44/12 R - RdNr 13). Dabei ist die Festlegung des unteren Marktsegments zunächst in die Hände der Verwaltung gelegt, denn diese kann am ehesten anhand der regionalen Gegebenheiten entscheiden, welche Wohnungsmerkmale einen einfachen Wohnstandard ausmachen. Das BSG hat jedoch auch klargestellt, dass die Referenzwohnungen, die nicht den einfachen, sondern den untersten Standard abbilden, von vornherein nicht zu dem Wohnungsbestand gehören, der überhaupt für die Bestimmung einer Vergleichsmiete abzubilden ist. Deshalb dürfen sie in eine Auswertung auch der hinter einem qualifizierten Mietspiegel stehenden Daten unter dem Blickwinkel des § 22 SGB II nicht einfließen, unabhängig davon, ob sich in diesem Mietsegment (noch) eine nennenswerte Zahl an Wohnungen findet(BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42, RdNr 29; s auch BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 85/09 R - RdNr 23; BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - , RdNr 14). Diesen Voraussetzungen wird die Entscheidung des LSG hier gerecht, wenn das Gericht die hinter dem qualifizierten Mietspiegel für die Stadt München liegenden Daten aus den Jahren 2007 heranzieht. Denn die Daten dieses Mietspiegels umfassen weder Wohnungen in einfacher Wohnlage (Wohnungen in abgelegenen Gebieten mit unzureichender Infrastruktur und/oder Nähe zu größeren Gewerbe- und Industriegebieten, Entsorgungs- oder militärischen Anlagen) noch Wohnungen mit einfachster Ausstattung, deren Toilette, Küche oder Bad von anderen Mietparteien mitbenutzt werden, die nicht über Küche und Toilette verfügen und Wohnungen im Untergeschoss (Mietspiegel München 2007, S 5, 11 und Mietspiegel München 2009, S 4, 5, 11).

22

cc) Auch soweit das LSG die gesamte Stadt München als maßgeblichen Vergleichsraum angesehen hat, sind Rechtsfehler nicht erkennbar. Der Senat hat bereits für Großstädte wie München entschieden, dass es bei der Festlegung des Vergleichsraumes um die Ermittlung einer (angemessenen) Referenzmiete am Wohnort oder im weiteren Wohnumfeld des Hilfebedürftigen gehe. Daher seien die Grenzen des Vergleichsraumes insbesondere danach abzustecken, ob es sich um einen ausreichend großen Raum (nicht bloße Orts- oder Stadtteile/-bezirke) der Wohnbebauung aufgrund räumlicher Nähe, mit zusammenhängender Infrastruktur und insbesondere verkehrstechnischer Verbundenheit handele. Der Raum muss insgesamt betrachtet einen homogenen Lebens- und Wohnbereich darstellen (BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 21). Hiervon kann nach den Feststellungen des LSG bei dem vom Mietspiegel München umfassten Stadtgebiet ausgegangen werden; die Beteiligten haben hiergegen auch keine Revisionsrügen erhoben.

23

dd) Das vom LSG gewählte Verfahren zur Überprüfung der von dem Beklagten bestimmten Angemessenheitsgrenze sowie das Ergebnis der Überprüfung sind ebenfalls grundsätzlich nicht zu beanstanden. Im Rahmen der Überprüfung der vom Beklagten angenommenen Referenzmiete, zur Bestimmung also, wie hoch die angemessenen Aufwendungen für eine Wohnung einfachen Standards einer bestimmten Größe in einem bestimmten Vergleichsraum sind, ist es Ziel, einen Mietpreis hierfür zu ermitteln, um so die angemessenen Aufwendungen bestimmen zu können ("Referenzmiete", vgl BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 17).

24

Eine pauschale bundeseinheitliche Grenze (Quadratmeterpreis) scheidet hierbei aus. Es ist auf die konkreten Verhältnisse abzustellen. Die Kosten für Wohnraum können in den einzelnen Vergleichsräumen sehr unterschiedlich sein. Um trotzdem ein gleichmäßiges Verwaltungshandeln auch innerhalb eines Vergleichsraums zu gewährleisten, muss die Ermittlung der regionalen Angemessenheitsgrenze (vgl BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - RdNr 16) auf Grundlage eines überprüfbaren "schlüssigen Konzepts" erfolgen. Das schlüssige Konzept soll die hinreichende Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiedergegeben werden (vgl BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - juris RdNr 16; vgl auch BSG Urteil vom 19.3.2008 - B 11b AS 41/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 7 RdNr 23). Dabei muss der Grundsicherungsträger zwar nicht zwingend auf einen einfachen oder qualifizierten Mietspiegel iS der §§ 558c und 558d BGB abstellen(vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3; BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - juris RdNr 7). Entscheidend ist jedoch, dass den Feststellungen des Leistungsträgers ein Konzept zugrunde liegt, dieses im Interesse der Überprüfbarkeit des Ergebnisses schlüssig und damit die Begrenzung der tatsächlichen Unterkunftskosten auf ein "angemessenes Maß" hinreichend nachvollziehbar ist.

25

Dabei ist es zuvörderst Angelegenheit der Grundsicherungsträger, für ihren Zuständigkeitsbereich ein schlüssiges Konzept zu entwickeln, auf dessen Grundlage die erforderlichen Daten zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze zu erheben und auszuwerten sind (vgl § 40 Abs 1 SGB II iVm § 20 SGB X). Die anhand eines solchen Konzeptes erzielbaren Erkenntnisse sind vom Grundsicherungsträger daher schon für eine sachgerechte Entscheidung im Verwaltungsverfahren notwendig und in einem Rechtsstreit von ihm vorzulegen. Entscheidet der Leistungsträger - wie auch hier - ohne eine hinreichende Datengrundlage, führt dies entgegen der Auffassung der Klägerin jedoch nicht ohne Weiteres dazu, dass automatisch die Leistungen für KdU in tatsächlich entstehender Höhe zu übernehmen wären. Vielmehr ist die Verwaltung im Rahmen ihrer prozessualen Mitwirkungspflicht nach § 103 S 1, 2. Halbs SGG gehalten, dem Gericht eine möglichst zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und auf Verlangen des Gerichts eine ggf unterbliebene Datenerhebung und -aufbereitung nachzuholen. Es kann von dem gemäß § 6 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB II für die Leistungen nach § 22 SGB II zuständigen kommunalen Träger erwartet werden, dass er die bei ihm vorhandenen Daten sowie die persönlichen und/oder sachlichen Voraussetzungen für die Erhebung und Auswertung der erforderlichen Daten zur Verfügung stellt. Wie der Senat bereits ausgeführt hat, geht diese Ermittlungspflicht zwar nicht ohne Weiteres auf das SG über, wenn sich das Konzept des Grundsicherungsträgers als nicht schlüssig erweist oder bei einem an sich schlüssigen Konzept die erforderlichen Daten nicht oder nicht ordnungsgemäß erhoben worden sind (idS BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, juris RdNr 27; vgl auch BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 65/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 26 RdNr 21; BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 14 AS 73/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 34). Andererseits haben die beiden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate jedoch bereits entschieden, dass dann, wenn Datenmaterial für den Vergleichsraum vorhanden ist, etwa noch auswertbare Daten, die die Grundlage für die Erstellung zumindest eines qualifizierten Mietspiegels geboten haben, diese im Rahmen der Amtsermittlungspflicht der Tatsachengerichte der Sozialgerichtsbarkeit zur Überprüfung der von dem Beklagten gewählten Angemessenheitsgrenze heranzuziehen sind (BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 65/09 R - juris RdNr 28 und - B 14 AS 2/10 R - juris RdNr 14 sowie - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 27; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 RdNr 24; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 85/09 R - juris RdNr 28 und - B 14 AS 32/09 R - juris RdNr 23 ; BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 23; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 16/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 59 RdNr 16 f; BSG Urteil vom 14.2.2013 - B 14 AS 61/12 R - juris RdNr 22 ).

26

Gemessen an diesen Vorgaben ist es nicht zu beanstanden, dass das Tatsachengericht hier die für die Ermittlung der angemessenen KdU erforderlichen Daten vom Grundsicherungsträger eingeholt bzw angefordert und diese anschließend durch einen Sachverständigen hat auswerten lassen. Das LSG durfte sich ebenfalls im Rahmen seiner Ermittlungen hinsichtlich der Anknüpfungstatsachen (§ 118 Abs 1 S 1 SGG iVm § 404a Abs 3 ZPO) an dem Datenbestand orientieren, der für die Erstellung des Mietspiegels für die Stadt München erhoben wurde.

27

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist diese Tatsachenvorgabe auch nicht mit durchgreifenden Zweifeln behaftet. Das BSG vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass sich die Grundsicherungsträger für die Ermittlung der Angemessenheitsgrenze (ausschließlich) an dieser Art des Datenbestandes orientieren dürfen. Für das gerichtliche Ermittlungsverfahren gelten keine strengeren Anforderungen (BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - juris RdNr 16; BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 25; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 RdNr 25; BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 65/09 R - juris RdNr 29 und - B 14 AS 2/10 R - juris RdNr 14 sowie - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 27; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 RdNr 24; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 85/09 R - juris RdNr 28 und - B 14 AS 32/09 R - juris RdNr 23 ; BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 23; BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 16/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 59 RdNr 16 f; BSG Urteil vom 14.2.2013 - B 14 AS 61/12 R - juris RdNr 22 ).

28

ee) Ebenso genügt das vom LSG gewählte Verfahren zur Überprüfung der von dem Beklagten bestimmten Angemessenheitsgrenze von 496,45 Euro vom 1.6.2007 bis 30.6.2008 und ab dem 1.7.2008 von 504,21 Euro brutto kalt sowie das Ergebnis der Überprüfung im konkreten Fall den Vorgaben des BSG. Der erkennende Senat hat entschieden, dass ein Konzept ein planmäßiges Vorgehen iS einer systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenn auch orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Raum sei (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 19). Von der Schlüssigkeit eines Konzepts ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG auszugehen, sofern die folgenden Mindestvoraussetzungen erfüllt sind (vgl BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 19; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 RdNr 26; BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42; BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 20):

-       

Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen,

-       

es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, zB welche Art von Wohnungen - Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße,

-       

Angaben über den Beobachtungszeitraum,

-       

Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, zB Mietspiegel),

-       

Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten,

-       

Validität der Datenerhebung,

-       

Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und

-       

Angaben über die gezogenen Schlüsse (zB Spannoberwert oder Kappungsgrenze).

29

Diese Anforderungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Durch den Rückgriff des LSG auf die Daten des Münchner Mietspiegels 2007 wird die Datenerhebung auf ein bestimmtes Gebiet (hier: die Stadt München) begrenzt - der Vergleichsraum ist damit genau eingegrenzt und es werden nicht nur Mieten bestimmter Stadtbezirke in die Auswertung einbezogen, sondern Daten über das gesamte Stadtgebiet erhoben (BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 21). Einer Konzentration Leistungsberechtigter auf bestimmte Stadtbezirke, die auf eine nur begrenzte Nutzung des Datenbestandes oder eine nur begrenzte Datenerhebung zurückzuführen sein könnte, ist nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG auch nicht festzustellen. Abgesehen davon, dass die entgegengesetzte Behauptung der Klägerin eine - der Revision entzogene (vgl § 163 SGG) - Tatsachenbehauptung darstellt, erfolgt hier nach den Feststellungen des LSG keine Begrenzung des Raumes der Datenerhebung auf besonders "heruntergekommene" und daher "billige" Stadtbezirke, sondern die Ermittlung bezieht sich auf das Mietpreisniveaus im gesamten Stadtgebiet bzw räumlichen Vergleichsraum. Zwar folgt aus dieser Betrachtung nach dem Sachverständigengutachten, dass in einigen Stadtbezirken Münchens Wohnungen mit einer Größe "um 50 qm" und einer Bruttokaltmiete bis zu 450 Euro nicht zu finden sind. Dieses Ergebnis betrifft jedoch entgegen der Auffassung der Klägerin nicht die Frage, ob die Datenerhebung über den gesamten Vergleichsraum erfolgt ist. Soweit sie hier die Forderung des BSG nach einer Vermeidung von Ghettoisierung behandelt, hat der Senat im Übrigen Zweifel, ob angesichts des vom LSG festgestellten Vorhandenseins von Wohnungen zu einem Mietzins noch unterhalb der von dem Beklagten als Referenzgröße angenommenen (450 Euro ./. rund 500 Euro) in 18 von 26 Stadtbezirken das Risiko einer Ghettobildung besteht.

30

Nicht zu beanstanden ist auch die Vorgehensweise des LSG auf den Datenbestand des qualifizierten Mietspiegels für München zurückzugreifen, obwohl bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete nach § 558 Abs 2 BGB, zu deren Darstellung Mietspiegel dienen, nur diejenigen Wohnungen berücksichtigt werden, bei denen die Miete in den letzten vier Jahren neu vereinbart oder, von Veränderungen der Betriebskosten nach § 560 BGB abgesehen, geändert worden ist und Wohnraum nicht berücksichtigt wird, bei dem die Miethöhe durch Gesetz oder im Zusammenhang mit einer Förderzusage festgelegt worden ist, weil §§ 558 ff BGB nur auf frei vermieteten Wohnraum Anwendung findet. Mit der Entscheidung des BSG, dass die hinter einem Mietspiegel liegenden Daten grundsätzlich geeignet sind, auch die grundsicherungsrechtliche Angemessenheitsgrenze zu bestimmen (s nur BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 65/09 R - juris RdNr 29), ist die Konsequenz verknüpft, dass alsdann keine Angebotsmieten in die Datenerhebung einfließen müssen (anderes für andere Datenquellen: BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 33/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 25 RdNr 20; BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 24; BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 102 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 22). Die hiervon ausgehenden Wirkungen auf die Mietpreisgrenze werden jedoch dadurch gemindert, dass im Rahmen der Datenauswertung lediglich solche Mieten berücksichtigungsfähig sind, die in den letzten vier Jahren vor dem Stichtag der Datenerhebung geändert oder neu vereinbart wurden (vgl § 558 Abs 2 BGB; Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, Stand Juli 2002, S 3). Dadurch wird erreicht, dass nur aktuell zu zahlende Mieten der Datenerhebung zugrunde gelegt werden. Gewährleistet wird durch den Rückgriff auf die Daten des Mietspiegels zudem, dass Wohnraum, dessen Miete keinen zuverlässigen Aufschluss über die örtlichen Gegebenheiten bringen kann, wie es etwa für Wohnraum in Wohnheimen oder Herbergen und Gefälligkeitsmietverhältnissen (zB Vereinbarung von besonders niedrigen Mieten zwischen Verwandten) der Fall ist, nicht berücksichtigt wird.

31

Der Rechtsprechung des BSG folgend hat das LSG auch zutreffend die Bruttokaltmiete als Beobachtungsgegenstand der Datenerhebung gewählt (BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 33 f; BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 23 zur Nettokaltmiete als Vergleichsbasis; siehe auch BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18, RdNr 16 ff; BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 34; BSG Urteil vom 22.8.2012 - B 14 AS 13/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 64 RdNr 27). Dieses Vorgehen gewährleistet für die Leistungsberechtigten die Möglichkeit innerhalb des die Angemessenheit bestimmenden Produkts aus Wohnungsgröße und Ausstattung tatsächlich frei wählen zu können; die Möglichkeiten der Produkttheorie also ausschöpfen zu können. Ebenso wenig ist es hier zu beanstanden, dass durch den Rückgriff auf die Bruttokaltmiete sämtliche kalten Nebenkosten in die Überprüfung der vom Beklagten zugrunde gelegten Angemessenheitsgrenze eingeflossen sind. Denn bei der Bestimmung der abstrakt angemessenen kalten Betriebskosten im Vergleichsraum kommt es nicht darauf an, ob existenzsicherndes Wohnen in (gedachten) Wohnungen möglich ist, in denen der in den Betriebskostenarten, wie zB Kosten für Straßen- und Gehwegreinigung, Hausreinigung, Gartenpflege und Schneebeseitigung durch Dritte, Gemeinschaftsantenne/Kabelanschluss und Aufzug, zum Ausdruck kommende Wohnungsstandard nicht gewährleistet ist. Es geht vielmehr darum "die Wirklichkeit", also die Gegebenheiten auf dem Mietwohnungsmarkt des Vergleichsraums, abzubilden (vgl nur BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 RdNr 21). Dort, wo statistische Daten zur Bestimmung der kalten Nebenkosten gerade im unteren Wohnsegment nicht vorliegen, hat es das BSG daher für zulässig befunden, auf bereits vorliegende Daten zurückzugreifen. Eine weitergehende Gewichtung hat das BSG nicht vorgenommen, weil nicht erkennbar ist, welche zuverlässigen (weitergehenden) Aussagen sich hieraus ableiten lassen sollten (BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 34 zu Betriebskostenübersichten und die Bildung eines Durchschnittswertes). Aus der Heranziehung von Werten aus allen Mietverhältnissen folgt zwar - weil er den gesamten Mietmarkt erfasst - in der Tendenz ein höherer Bruttokaltmietpreis, als dies bei Auswertung nur des Teilsegments der Fall wäre, auf das Leistungsberechtigte nach dem SGB II zu verweisen sind. Sofern eine entsprechend differenzierte Datenlage aber nicht vorliegt, also eine Auswertung des Teilsegments mit vernünftigem Aufwand ausscheidet, ist eine solche Vergröberung erforderlich, um mit ausreichender Sicherheit zu gewährleisten, dass in jedem Marktsegment - auch in dem in Bezug zu nehmenden unteren Segment - eine genügende Anzahl an Mietverhältnissen zu diesem Preis vorhanden ist. Dies wirkt sich im Übrigen auch nur zugunsten der Leistungsberechtigten aus.

32

Ebenfalls zutreffend und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG hat das LSG bei der Bestimmung des Beobachtungsgegenstandes eine Größenbeschränkung vorgenommen (vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, RdNr 19; BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - juris; vgl zu seiner Kritik im Einzelnen das zur Stadt München ergangene Urteil des Senats vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 16 f). Es wird insoweit auf die obigen Ausführungen zur Bestimmung der Wohnungsgröße nach den maßgeblichen Wohnraumfördervorschriften verwiesen. Im Übrigen ist es nicht zu beanstanden, dass das LSG die Ausdehnung des Untersuchungsgegenstandes durch den Sachverständigen auf Wohnungen "um die 50 qm" gebilligt hat. Eine Beschränkung auf die Wohnungen, die exakt eine Größe von 50 qm aufweisen, würde zu einer zu starken Reduzierung der in die Betrachtung einzubeziehenden Wohnungen führen. Die Gewichtung auf 243 Wohnungen unter Berücksichtigung der aus dem Datenbestand entfernten Wohnungen begegnet ebenfalls keinen Bedenken, da hinter den gelöschten Datensätzen der ursprünglich 331 Wohnungen auch für das schlüssige Konzept nicht heranzuziehende Wohnungen waren.

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Nicht zu beanstanden ist ferner, dass das LSG die Begrenzung der Datenerhebung auf die Zeitpunkte 1.7.2007 und 1.7.2008 vorgenommen hat. Das BSG hat es insoweit für die Datenerhebung im Rahmen eines schlüssigen Konzepts für erforderlich gehalten, dass "Angaben über den Beobachtungszeitraum" gemacht werden können (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 19). Auch ist das im Beobachtungszeitraum verwendete Zahlenmaterial nach den Feststellungen des LSG hinreichend aussagekräftig. Die für den Münchner Mietspiegel 2007 verwendeten Daten wurden zwar zum Stichdatum 1.1.2006 erhoben. Der Sachverständige hat die Werte für den hier noch streitgegenständlichen Zeitraum jedoch in vertretbarer Art und Weise nach anerkannter wissenschaftlicher Methodik für die weiteren zugrunde gelegten Stichdaten 1.7.2007 und 1.7.2008 fortgeschrieben. Die Klägerin wurde hierdurch nicht schlechter gestellt, als sich aus den Ausführungen des LSG zu der für den Münchner Mietspiegel 2011 erfolgten Datenerhebung ergibt, da die Stichprobe keinen solchen Preisanstieg ergeben hat, wie nach der Hochrechnung der Ergebnisse des Mietspiegels 2007 erwartet.

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Soweit das LSG auf die Daten des Mietspiegels für München zurückgegriffen hat, hält dies, wie oben bereits ausgeführt, einer Überprüfung Stand. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG zum "schlüssigen Konzept" hat das LSG hier eine "Stichprobe" zur Basis seiner Überprüfung der Angemessenheitsgrenze des Beklagten gemacht (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 24). Insoweit gilt, dass eine Anlehnung hinsichtlich des Stichprobenumfangs und der Auswertung etc an den für Mietspiegel geltenden Standard nicht zu beanstanden ist (vgl zum Stichprobenumfang: Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, Stand Juli 2002, S 38 f). Im Hinblick auf einen qualifizierten Mietspiegel hat der erkennende Senat bereits darauf hingewiesen, dass bei dessen Erstellung die Repräsentativität der Stichprobe durch die Annahme der Chance gleicher Wahrscheinlichkeit der Abbildung der im Detail unbekannten Realität der Grundgesamtheit des Gesamtwohnungsbestandes fingiert werde (BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 24; s auch Gautzsch, Sozialrecht aktuell 2011, S 137, 139) und eine umfassende verfahrensrechtliche Absicherung durch die beteiligten Interessengruppen stattfinde. Daher sei die Repräsentativität und Validität der Datenerhebung für einen Mietspiegel auch im Rahmen des schlüssigen Konzepts regelmäßig als ausreichend anzusehen (vgl hierzu bereits BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27 RdNr 28). Einwände gegen die Methodik der Erhebung der Daten für den Münchner Mietspiegel 2007 sind nicht ersichtlich und von der Klägerin auch nicht geltend gemacht. Allein die Kritik an den gezogenen Schlüssen genügt insoweit nicht, um die statistische Methodik der Datenerhebung in Frage zu stellen.

35

Denn es handelt sich auch bei der für den Raum München gezogenen Stichprobe des Regressionsmietspiegels 2007 um eine repräsentative Stichprobe. Beim Regressionsmietspiegel wird davon ausgegangen, dass die Miete einer Wohnung sich aus der Bewertung ihrer Wohnwertmerkmale durch die Marktpartner ergibt und dieser Zusammenhang mit einer mathematischen Gleichung beschrieben werden kann. Jedes Merkmal leistet dabei einen Beitrag zum Mietpreis der Wohnung (vgl dazu Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, Stand Juli 2002, S 40). Daher kommen Regressionsmietspiegel im Vergleich zum Tabellenmietspiegel mit einer kleineren Stichprobe aus. Denn der Regressionsmietspiegel nutzt die Informationen der gesamten Stichprobe und nicht nur von Teilmengen, wie sie hinter den jeweiligen Tabellenfeldern des Tabellenmietspiegels stehen (vgl dazu Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, Stand Juli 2002, S 39). Für die Stichprobe gilt, dass sie proportional vorzunehmen ist, also dass in einer solchen Stichprobe alle wesentlichen Teilmengen der Grundgesamtheit in ähnlichen Proportionen auch enthalten sind (Börstinghaus/Clar, Mietspiegel, 1997, RdNr 650; Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, Stand Juli 2002, S 35). Das LSG hat im Anschluss an den von ihm ernannten Sachverständigen aus einer Stichprobe von mehr als 3000 Wohnungen im gesamten Münchener Stadtgebiet 331 Wohnungen "um die 50 qm" (bestimmt als gewichteter Wohnungsbestand zwischen 46 und 54 qm) zugrunde gelegt. Dieses Verfahren der Stichprobe entspricht dem aktuellen Stand der Forschung, wie auch das LSG in seinem Urteil ausgeführt hat.

36

Dass die für die Erstellung des Münchener Mietspiegels 2007 erhobenen Daten und für das Urteil des LSG zugrunde gelegten Wohnungen "um die 50 qm" keine qualitativen Merkmale einfachen Standards aufwiesen, steht der Auswertung und Verwendung dieser Daten nicht entgegen, denn offensichtlich weisen diese Wohnungen einen höheren als den unteren Standard auf und bewegen sich dennoch im maßgeblichen Preissektor. Umgekehrt ist anzunehmen, dass Wohnungen, die einen geringeren Standard aufweisen, zu noch günstigeren Konditionen angemietet werden können. Die vom LSG verwendete Datengrundlage ist auf diese Art und Weise zugunsten der Klägerin vergrößert worden. Die vom Sachverständigen vorgenommene und vom LSG akzeptierte Gewichtung der Wohnungen um 50 qm, die dazu beiträgt, dass die Stichprobe letztlich 243 Wohnungen umfasst, führt im Übrigen dazu, dass Wohnungen, die nicht dem Standard entsprechen, der im Rahmen der Überprüfung durch das "schlüssige Konzept" zugrunde zu legen ist, aus der Auswertung von vornherein ausgeschieden worden sind.

37

Dass das LSG von den ermittelten Wohnungen "um die 50 qm" letztlich die unteren 20 % des preislichen Segments zur Grundlage seiner Entscheidung über die Angemessenheit gemacht hat, begegnet ebenfalls keinen durchgreifenden Bedenken. Die Grenzziehung nach der Höhe des Mietpreises im Vergleichsraum ist im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden, weil die Stichprobe eine klare Definition des Untersuchungsgegenstandes nach "unten" und nach der Größe beinhaltet - anders als wenn ausschließlich ausgehend vom Mietpreis die Höhe der angemessenen Mietaufwendungen bestimmt wird. Es sind hier bereits bei der Datenerhebung lediglich Wohnungen mit mehr als einfachstem Standard in einer Größe von 46 bis 54 qm zugrunde gelegt worden. In die Erhebung einbezogen werden damit zugleich auch Daten für Wohnungen mittleren, gehobenen und luxuriösen Standards. Um diese bei der Auswertung alsdann wieder auszuscheiden, denn sie sind für Leistungsbezieher im Grundsicherungsrecht nicht angemessen, kann auf die Grenze "20%" zurückgegriffen werden. Dies entspricht einer Orientierung an den unteren 20 % der Einkommensbezieher. Nach den nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des LSG überschreitet im Vergleichsraum München auch mindestens 1/5 der Wohnungen mit grundsicherungsrechtlich zugrunde zu legendem Standard nicht die festgestellte Mietobergrenze, die der Beklagte gewählt hat, sondern liegt noch unter dieser.

38

Soweit die Klägerin vorbringt, für den vom Beklagten festgesetzten und vom LSG bestätigten Bruttokaltmietpreis sei es tatsächlich nicht möglich, in München eine Wohnung um 50 qm anzumieten, hält diese Behauptung einer Überprüfung unter systematischen Gesichtspunkten nicht Stand. Das BSG hält daran fest, dass dann, wenn ein qualifizierter Mietspiegel, der in einem wissenschaftlich gesicherten Verfahren aufgestellt wurde, der Bestimmung des angemessenen Quadratmeterpreises für die Kaltmiete zugrunde liegt und ihm Aussagen zur Häufigkeit von Wohnungen mit dem angemessenen Quadratmeterpreis entnommen werden können, davon auszugehen ist, dass es in ausreichendem Maße Wohnungen zu diesem abstrakt angemessenen Quadratmeterpreis im örtlichen Vergleichsraum gibt (BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 36; BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46 RdNr 30). Soweit die Klägerin in der Ergänzung ihrer Revisionsbegründung auf die Daten des Münchner Vereins Haus und Grund eV abstellt, rügt sie im Grunde die Auswahl der Datengrundlage, die hier jedoch, wie ausgeführt, nicht zu beanstanden ist.

39

ff) Darin, dass das Berufungsgericht einem schriftsätzlich angekündigten Antrag der Klägerin auf Einholung eines Sachverständigengutachtens durch das Unternehmen "Haus & Grund", vertreten durch Herrn Rechtsanwalt S, nicht gefolgt ist, liegt auch kein Verstoß gegen die Sachermittlungspflicht (vgl § 103 SGG). Das LSG musste sich nicht gedrängt fühlen, dem Beweisantrag der Klägerin nach Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens nachzukommen. Gemäß § 118 Abs 1 S 1 SGG iVm § 404a Abs 3 ZPO obliegt es dem Tatsachengericht, dem Sachverständigen den der Beurteilung zugrunde zu legenden Sachverhalt - hier den für die Erstellung des Münchner Mietspiegels 2007 erhobenen Datenbestand - vorzugeben. Daraus folgt, dass auch ein anderer als der vom Gericht ernannte Sachverständige seine sachverständigen Schlussfolgerungen aus diesem Datenbestand hätte ableiten müssen. Dass bei Anwendung derselben oder einer anderen mathematisch-statistischen Methode grundlegend andere Ergebnisse gefolgt wären, ist weder von der Klägerin dargetan noch sonst ersichtlich.

40

Dass das LSG eine weitere Beweisaufnahme nicht beabsichtigte, bedurfte auch keines ausdrücklichen Hinweises an die Klägerin. Eine Hinweispflicht besteht in erster Linie nur dann, wenn ein Beteiligter ausdrücklich um einen entsprechenden Hinweis bittet (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 109 RdNr 9a). Im Übrigen hat sich aus der Ladung des Gerichts zum Termin ergeben, dass eine weitere Beweisaufnahme nicht beabsichtigt war. Die Tatsacheninstanzen sind zudem nicht verpflichtet, auf das Stellen eines Beweisantrages - wie hier ohnehin schriftsätzlich seitens der Klägerin angekündigt - hinzuwirken (vgl BSG Beschluss vom 5.5.2010 - B 5 R 26/10 B - juris RdNr 10) oder zu einer in Aussicht genommenen Beweiswürdigung Hinweise zu geben (BSG Beschluss vom 31.8.1993 - 2 BU 61/93; BSG Beschluss vom 6.3.2003 - B 11 AL 129/02 B - HVBG-INFO 2003, 1724; Krasney in Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, Kap IX RdNr 99). Darauf liefe ein solcher von der Klägerin verlangter Hinweis jedoch hinaus.

41

b) Die Festsetzung der Leistungshöhe unterhalb der tatsächlichen Aufwendungen beruht auch auf einer wirksamen Kostensenkungsaufforderung (vgl zur Kostensenkungsaufforderung BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 38)iS des § 22 Abs 1 S 3 SGB II(idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 mWv 1.8.2006, BGBl I 1706). Danach sind die tatsächlichen Mietaufwendungen - soweit sie den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen - als Bedarf so lange zu berücksichtigen, wie es dem Leistungsberechtigten nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

42

Der Beklagte hat die Klägerin mehrfach, erstmals mit Schreiben vom 29.8.2006, aufgefordert, die KdU zu senken und nach dem Unterlassen jeglicher Kostensenkungsversuche durch die Klägerin eine Absenkung auf die von ihm als angemessen erachtete Höhe der kalten Nettomietaufwendungen in Höhe von 397,30 Euro zum 1.3.2007 angekündigt. Dabei ist es für den hier nur noch streitigen Zeitraum ab dem 1.6.2007 bis zum 30.11.2008 ohne Bedeutung, dass der Beklagte die "Sechsmonatsfrist" iS des § 22 Abs 1 S 3 SGB II, in der dem Leistungsberechtigten in der Regel die Möglichkeit eingeräumt wird, die nach Auffassung des Beklagten zu hohen Aufwendungen zu senken, zunächst unzutreffend berechnet hatte. Jedenfalls ab dem 1.6.2007 konnte der Beklagte die Unterkunfts- und Heizkosten absenken, denn die Klägerin war über die vom Beklagten als zutreffend befundene Angemessenheitsgrenze hinreichend informiert und ihr war die Kostensenkung auch nicht unmöglich.

43

Der Beklagte hat zwar in seiner Kostensenkungsaufforderung als Referenzmiete eine Nettokaltmiete benannt. Diese Angabe muss in dem hier streitigen Zeitraum jedoch noch als zulässig und ausreichend angesehen werden, um von einer zutreffenden Kostensenkungsaufforderung iS des § 22 Abs 1 S 3 SGB II ausgehen zu können. Noch 2009 hatte der erkennende Senat es offen gelassen, ob die Vergleichsmiete eine Netto- oder eine Bruttokaltmiete sein müsse (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 23; siehe auch BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18, RdNr 16 ff). Erst 2010 hat der 14. Senat eindeutig bestimmt, dass die Angemessenheitsgrenze durch eine genau zu benennende Bruttokaltmiete zu definieren ist (BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 33 f; s auch BSG Urteil vom 22.8.2012 - B 14 AS 13/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 64 RdNr 27). Der erkennende Senat ist dem gefolgt (BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 19/11 R - BSGE 110, 52 = SozR 4-4200 § 22 Nr 51, RdNr 34).

44

Unschädlich ist auch, dass der Beklagte die Angemessenheitsgrenze im Verlaufe des Gerichtsverfahrens geändert hat. Denn dies ist einerseits Ergebnis der Auseinandersetzungen der Beteiligten vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und andererseits stellt das Schreiben des Grundsicherungsträgers über die Unangemessenheit der Unterkunftskosten und die Aufforderung zur Kostensenkung lediglich ein Informationsschreiben mit Aufklärungs- und Warnfunktion dar. Hält der Leistungsempfänger die vom Grundsicherungsträger vorgenommene Einschätzung über die Angemessenheit der Kosten für nicht zutreffend bzw einschlägig, so ist der Streit hierüber bei der Frage auszutragen, welche KdU angemessen sind (vgl nur BSG Urteil vom 22.3.2012 - B 4 AS 16/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 59 RdNr 19, unter Hinweis auf BSG vom 20.8.2009 - B 14 AS 41/08 R - juris RdNr 34). Insofern stellt die Kostensenkungsaufforderung seitens des Grundsicherungsträgers lediglich ein "Angebot" dar, in einen Dialog über die angemessenen KdU einzutreten (BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 40).

45

Gründe, die der Klägerin eine Kostensenkung unzumutbar machen könnten, sind nicht ersichtlich. Die Klägerin hat sich nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) auch nicht um eine Kostensenkung bemüht oder anderweitig nachgewiesen, dass es ihr nicht möglich oder zumutbar war, Wohnraum zu der vom Beklagten vorgegebenen Mietobergrenze anzumieten.

46

5. Der Abzug der Kosten für die Warmwasserbereitung von den tatsächlichen Aufwendungen der Klägerin für die Gaslieferung/Heizung in Höhe von 6,22 Euro für den Monat Juni 2007, 6,26 Euro monatlich für den Zeitraum von Juli 2007 bis einschließlich Juni 2008 und 6,33 Euro monatlich für den Zeitraum von Juli 2008 bis November 2008 ist nicht zu beanstanden. Höhere Leistungen wegen der Heizkostennachforderung für den Monat Februar 2008 und unter Berücksichtigung der Anwendung der Rundungsregelung des § 41 Abs 2 SGB II, wie durch das LSG geschehen, stehen der Klägerin nicht zu. Sie hat insoweit auch keine Einwände gegen die Entscheidung des LSG erhoben.

47

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 28. Februar 2013 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Höhe der für die Zeit vom 1.11.2007 bis 31.3.2008 vom Beklagten zu leistenden Kosten für Unterkunft und Heizung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

2

Der 1971 geborene, alleinstehende Kläger bezieht vom Beklagten seit 1.1.2005 mit Unterbrechungen Arbeitslosengeld II (Alg II). Vom 1.8.2005 bis zu seinem Umzug am 15.1.2007 bewohnte er in K. eine 32,35 m² große Wohnung, für die er eine monatliche Bruttokaltmiete von 190 Euro (Nettokaltmiete 149 Euro und kalte Betriebskosten 41 Euro) und ab Oktober 2006 eine monatliche Heizkostenvorauszahlung von 17 Euro zahlte. Der Beklagte bewilligte dem Kläger Alg II unter Berücksichtigung der Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 203,94 Euro für Dezember 2006 und in Höhe von 209,11 Euro inklusive einer Nebenkostennachforderung in Höhe von 5,17 Euro für Januar 2007.

3

Einen vom Kläger am 11.9.2006 gestellten Antrag auf Zusicherung künftiger Unterkunftsaufwendungen vor einem Umzug innerhalb von K. in eine teurere Zwei-Zimmer-Wohnung mit einer Wohnfläche von 49 m² lehnte der Beklagte ab (Bescheid vom 25.9.2006, Widerspruchsbescheid vom 24.11.2006). Die hiergegen vor dem Sozialgericht Dessau-Roßlau (SG) erhobene Klage (S 7 AS 61/07) blieb ohne Erfolg, da der Umzug in eine größere Wohnung nicht erforderlich gewesen sei (Urteil vom 8.9.2009).

4

Am 2.1.2007 hatte der Kläger den Mietvertrag über die größere Wohnung in K. geschlossen, für die er ab Einzug am 15.1.2007 die geschuldete monatliche Bruttowarmmiete von 342,55 Euro zahlte. Für den Zeitraum vom 1.2.2007 bis 31.7.2007 bewilligte der Beklagte dem Kläger Alg II unter Berücksichtigung von Kosten für Unterkunft und Heizung nur in Höhe der vorherigen Unterkunftsaufwendungen von monatlich 209,11 Euro (bestandskräftiger Bescheid vom 18.1.2007). Diese Bewilligung hob er für die Zeit vom 1.6.2007 bis 31.7.2007 wegen der Erzielung von Erwerbseinkommen ganz auf und forderte vom Kläger die Erstattung der Leistungen (bestandskräftiger Bescheid vom 21.11.2007). Der Kläger hatte am 11.4.2007 mit der N einen Arbeitsvertrag für Saisonarbeit in Dänemark geschlossen, befristet bis 31.12.2007. Er übte die Beschäftigung vom 11.4.2007 bis 14.10.2007 aus, weil das Beschäftigungsverhältnis vorzeitig beendet wurde.

5

Auf den am 11.10.2007 gestellten neuen Alg II-Antrag des Klägers, der weiterhin in der von ihm zuletzt angemieteten Wohnung in K. wohnte, bewilligte der Beklagte für die Zeit vom 1.11.2007 bis 31.3.2008 Alg II in Höhe von monatlich 556,11 Euro, bestehend aus der Regelleistung in Höhe von 347 Euro und Kosten für Unterkunft und Heizung erneut nur in Höhe von 209,11 Euro (Bescheid vom 13.11.2007). Der hiergegen mit dem Begehren auf Zahlung der tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung erhobene Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 27.11.2008).

6

Das SG hat den Beklagten im anschließenden Klageverfahren verurteilt, dem Kläger Alg II unter Berücksichtigung monatlicher Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 336,29 Euro zu gewähren (Urteil vom 8.9.2009). Der Kläger habe einen Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen und angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung von 342,55 Euro abzüglich der Warmwasserpauschale von 6,26 Euro. Die Vorschrift des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II finde entgegen der Auffassung des Beklagten keine Anwendung, da sie nur bei Umzügen während eines ununterbrochenen Leistungsbezuges gelte, nicht aber nach zeitweiliger Überwindung der Hilfebedürftigkeit und Beendigung des Leistungsbezugs. Die vom SG zugelassene Berufung des Beklagten beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt (LSG) ist erfolglos geblieben (Urteil vom 28.2.2013). Die zu übernehmenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung seien im streitigen Bewilligungsabschnitt trotz Eingreifens der Regelung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II im früheren Bewilligungsabschnitt nicht der Höhe nach begrenzt, da die Vorschrift nicht nach unterbrochenem Leistungsbezug fortwirkend anwendbar sei. Wer nicht oder nicht mehr im Leistungsbezug stehe, sei auch nicht den Regelungen des SGB II unterworfen. Allerdings sei nicht jede Unterbrechung des Leistungsbezugs ausreichend, sondern die Überwindung der Hilfebedürftigkeit aus eigener Kraft, dh durch eigenes Einkommen und nicht durch Rückgriff auf Schonvermögen oder nicht nachhaltige Zuwendungen Dritter, für mindestens einen Monat erforderlich. Da der Kläger fünf Monate wegen eigenen Einkommens und fehlender Hilfebedürftigkeit nicht im Leistungsbezug gestanden habe, sei § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II nach seinem neuen Alg II-Antrag nicht mehr anzuwenden.

7

Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision macht der Beklagte eine Verletzung von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II geltend. Die Voraussetzungen der Norm seien erfüllt, da der Kläger zur Zeit des Mietvertragsabschlusses und Umzugs im Leistungsbezug gestanden habe und der Umzug nicht erforderlich gewesen sei. Die vorübergehende Unterbrechung des Leistungsbezugs infolge der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit stehe der Anwendbarkeit der Norm nicht entgegen, jedenfalls dann nicht, wenn die Unterbrechung nicht mindestens sechs Monate gedauert habe.

8

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 28. Februar 2013 und das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 8. September 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Der Kläger beantragt,
die Revision des Beklagten zurückzuweisen.

10

Er nimmt auf die Entscheidungen des SG und des LSG Bezug.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision des Beklagten ist unbegründet. Das LSG hat zu Recht die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG zurückgewiesen, denn der Kläger hat Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen für die im streitigen Zeitraum vom 1.11.2007 bis 31.3.2008 bewohnte Wohnung in Höhe von monatlich 342,55 Euro abzüglich der Warmwasserpauschale von 6,26 Euro.

12

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist die vom Beklagten begehrte Aufhebung der Urteile des LSG und des SG, mithin seine Verpflichtung, dem Kläger unter Abänderung des Bescheides vom 13.11.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.11.2008 für die Zeit vom 1.11.2007 bis 31.3.2008 weitere Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 127,18 Euro zu zahlen. Der Betrag ergibt sich aus der Differenz der vom Kläger tatsächlich aufgewendeten Kosten für Unterkunft und Heizung für die von ihm im streitigen Zeitraum bewohnte Wohnung abzüglich der Warmwasserpauschale in Höhe von 336,29 Euro und der vom Beklagten bewilligten 209,11 Euro. Die Beschränkung des Streitgegenstandes allein auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung war nach der alten, bis 31.12.2010 geltenden und hier anzuwendenden Rechtslage zulässig (vgl nur Bundessozialgericht vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 18). Offen bleiben kann, ob auch unter der Neufassung (nF) der §§ 19 bis 22 SGB II zum 1.1.2011 durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 453) eine entsprechende Beschränkung des Streitgegenstandes weiterhin prozessual zulässig ist.

13

Der Zeitraum ab Antragstellung des Klägers am 11.10.2007 bis 31.10.2007 ist nicht Streitgegenstand, da hierüber vom Beklagten mit bestandskräftigem Versagungsbescheid vom 12.11.2007 entschieden worden ist.

14

2. Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers auf die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung sind § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II iVm §§ 7, 9, 19 SGB II in der für die streitige Zeit geltenden Fassung, denn in Rechtsstreitigkeiten über in der Vergangenheit liegende Zeiträume ist das zum damaligen Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden.

15

Der Kläger stellte am 11.10.2007 den erforderlichen Antrag auf Alg II, welches die Kosten für Unterkunft und Heizung umfasst (§ 37, § 19 SGB II). Zudem erfüllte er im streitigen Zeitraum nach den von den Beteiligten nicht gerügten und deshalb den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 Sozialgerichtsgesetz) die Voraussetzungen hinsichtlich des Lebensalters, der Erwerbsfähigkeit und des gewöhnlichen Aufenthalts nach § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 1, 2 und 4 SGB II. Er war auch hilfebedürftig iS des § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 iVm § 9 SGB II. Anhaltspunkte für das Eingreifen eines Ausschlusstatbestands (§ 7 Abs 1 Satz 2, Abs 4 und 5 SGB II) sind nicht ersichtlich.

16

Nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II hat der Kläger grundsätzlich Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe seiner tatsächlichen Aufwendungen, soweit diese angemessen sind. Eine Begrenzung der vom Beklagten zu zahlenden Kosten für Unterkunft und Heizung auf die geringeren bewilligten Kosten der zuvor vom Kläger bewohnten Wohnung folgt vorliegend nicht aus § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II(dazu unter 3.). Auch eine Kostensenkung nach § 22 Abs 1 Satz 1 iVm § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II kommt hier nicht in Betracht(dazu unter 4.).

17

3. § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II in der vom 1.8.2006 bis 31.12.2010 geltenden Fassung (aF), eingeführt durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706), lautete: "Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, werden die Leistungen weiterhin nur in Höhe der bis dahin zu tragenden Aufwendungen erbracht."

18

Auf diese Vorschrift kann sich der Beklagte vorliegend nicht stützen, weil sie bei Eintritt eines neuen Leistungsfalls keine fortwirkende Anwendung findet (vgl auch Berlit in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 22 RdNr 78; Pletscher in Adolph/Linhart, SGB II/SGB XII/AsylbLG, § 22 SGB II RdNr 79, 84. EL Stand 11/2013; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, K § 22 RdNr 243, Stand 10/2012). Eine neuer Leistungsfall liegt hier vor, weil der Kläger zu Beginn des streitigen Bewilligungsabschnitts seine frühere Hilfebedürftigkeit durch Erzielung bedarfsdeckenden Einkommens für mindestens einen Kalendermonat überwunden hatte und aus dem Leistungsbezug ausgeschieden war. Bei dem mit Eintritt seiner erneuten Hilfebedürftigkeit vorliegenden neuen Leistungsfall ist für die zu übernehmenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung allein § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II zugrunde zu legen. Die Voraussetzungen für die fortgesetzte Begrenzung der Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II liegen im streitigen Zeitraum trotz Eingreifens der Regelung im früheren Bewilligungsabschnitt(zu deren Voraussetzungen vgl BSG Urteil vom 24.11.2011 - B 14 AS 107/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 52; Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 60/09 R - BSGE 106, 147 = SozR 4-4200 § 22 Nr 35) nicht vor.

19

a) Die Anwendung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II wird durch eine mit der Unterbrechung des Leistungsbezugs von mindestens einem Kalendermonat verbundene Überwindung der Hilfebedürftigkeit jedenfalls durch Erzielung bedarfsdeckenden Einkommens begrenzt. Bei Eintritt eines neuen Leistungsfalles findet die Vorschrift keine Anwendung. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II, seinem Sinn und Zweck, einer vergleichenden Betrachtung mit § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II und unter Berücksichtigung von Wertungsgesichtspunkten sowie des Grundsatzes der Eigenverantwortung und des Forderns und Förderns.

20

Bereits dem gesetzlichen Tatbestandsmerkmal "weiterhin" ist es immanent, dass unmittelbar vor Eingreifen der Norm ein ununterbrochener Leistungsbezug bestanden haben muss. Aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber dieses Tatbestandsmerkmal nicht in den seit 1.1.2011 geltenden § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II nF übernommen hat, folgt keine andere Auslegung der hier anzuwendenden alten Fassung. Denn zum einen können hieraus keine Rückschlüsse für die Bewertung der Rechtslage vor diesem Zeitpunkt gezogen werden (so bereits zur fehlenden Regelung des Verteilzeitraums vor dem 1.4.2011: BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 89/12 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 62 RdNr 23; BSG Urteil vom 27.9.2011 - B 4 AS 180/10 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 40 RdNr 32). Zum anderen ist der Gesetzesbegründung zu entnehmen, dass trotz der Wortlautänderung § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II nF dem bisherigen Recht entspricht(BT-Drucks 17/3404, S 98).

21

Auch aus dem Sinn und Zweck des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II ergibt sich, dass diese Vorschrift nach einer mit der Unterbrechung des Leistungsbezugs verbundenen Überwindung der Hilfebedürftigkeit bei Eintritt eines neuen Leistungsfalles nicht fortwirkt. Mit der nur nach erforderlichen Umzügen vorgesehenen Übernahme höherer, noch abstrakt angemessener Kosten für Unterkunft und Heizung soll eine missbräuchliche Leistungsinanspruchnahme durch Ausschöpfung der abstrakten Angemessenheitsgrenzen verhindert und den Kommunen im Hinblick auf die Kostensteigerungen bei Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II eine Steuerungsfunktion belassen werden(BT-Drucks 16/1410 S 23, zur ratio legis vgl auch ausführlich BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 60/09 R - BSGE 106, 147 = SozR 4-4200 § 22 Nr 35, RdNr 21). Beide Ziele sind aber nur während des Leistungsbezugs und gerade nicht mehr ab dem mit der Überwindung der Hilfebedürftigkeit für mindestens einen Kalendermonat verbundenen Ende des Leistungsbezugs zu erreichen, da ab diesem Zeitpunkt die Vorschriften des SGB II für die nicht mehr hilfebedürftige Person nicht mehr gelten und die Leistungsträger keine Möglichkeit der Einflussnahme mehr haben.

22

Erst durch einen neuen Alg II-Antrag begibt sich die betroffene Person neu - wie die erstmalig hilfebedürftige Person - in das System des SGB II und auch nur bei Hilfebedürftigkeit und Leistungsbezug unterliegt sie erneut dessen Regeln (vgl BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R - BSGE 105, 188 = SozR 4-4200 § 22 Nr 28, RdNr 19). Dem Umstand, dass ein Mietvertrag über eine teurere angemessene Wohnung noch während des früheren Leistungsbezugs und damit zu einem Zeitpunkt abgeschlossen worden war, als die hilfebedürftige Person nicht in der Lage war, die höheren Mietzahlungen für die neue Wohnung selbst zu leisten, wird durch die bis zur Überwindung der Hilfebedürftigkeit und Beendigung des früheren Leistungsbezugs eingreifende Kostenbegrenzung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II hinreichend Rechnung getragen.

23

Dieses Ergebnis wird auch durch eine vergleichende Betrachtung mit § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II aF bzw § 22 Abs 4 Satz 1 SGB II nF und den sich daraus ergebenden Wertungsgesichtspunkten bestätigt. Wie der 4. Senat des BSG bereits in früheren Entscheidungen betont hat, knüpft die Obliegenheit zur Einholung einer Zusicherung vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft nach § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II aF bzw § 22 Abs 4 Satz 1 SGB II nF und die damit verbundene Möglichkeit einer Kostenbegrenzung nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II an den Status als erwerbsfähige hilfebedürftige/leistungsberechtigte Person an(vgl BSG Urteil vom 30.8.2010 - B 4 AS 10/10 R - BSGE 106, 283 = SozR 4-4200 § 22 Nr 40, RdNr 18; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R - BSGE 105, 188 = SozR 4-4200 § 22 Nr 28, RdNr 19). Die Vorschriften gelten auch bei Vorliegen eines früheren Leistungsbezugs nicht über dessen Beendigung hinaus, wenn die hilfebedürftige Person nach Überwindung der Hilfebedürftigkeit und Beendigung des Leistungsbezugs, aber vor dem Eintritt neuer Hilfebedürftigkeit eine neue Wohnung angemietet hat und in diese eingezogen ist, selbst wenn die neue Hilfebedürftigkeit zur Zeit des Vertragsabschlusses bereits absehbar war (BSG aaO). Die vorliegende Fallkonstellation rechtfertigt keine andere Behandlung einer ebenfalls erneut hilfebedürftig gewordenen Person.

24

Auch der dem gesamten Leistungssystem des SGB II immanente, in § 1 Abs 1 Satz 1 SGB II aF bzw § 1 Abs 2 Satz 1 SGB II nF sowie in § 2 SGB II normierte Grundsatz der Eigenverantwortung und des Forderns und Förderns spricht für die hier vorgenommene Auslegung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II. Die Eigenverantwortung leistungsberechtigter Personen soll insbesondere dadurch gestärkt werden, dass sie dazu beitragen, ihren Lebensunterhalt durch den Einsatz ihrer Arbeitskraft und damit unabhängig von der Grundsicherung zu bestreiten (vgl Kador in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 2 RdNr 5; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, K § 1 RdNr 27, Stand 2/2012). Hierdurch soll wiederum dem nur temporären Charakter der Leistungsgewährung nach dem SGB II Rechnung getragen werden, mit der Folge, dass die Verantwortung des Jobcenters - und damit auch seine Berechtigung zur Kostenbegrenzung nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II - endet, sobald der Leistungsberechtigte aus dem Leistungssystem ausscheidet, selbst dann, wenn das Ende des Leistungsbezugs nur vorübergehend ist und damit letztlich "nur" zu einer Unterbrechung führt. Durch den bei einem neuen Leistungsfall mit einer erneuten Anwendung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II verbundenen nochmaligen "Vorwurf", eine teurere Wohnung angemietet zu haben, würden der Grundsatz der Eigenverantwortung und des Forderns und Förderns sowie die vom Gesetzgeber als unterstützenswert erachteten Bemühungen zur Eingliederung in Arbeit(§ 1 Abs 2 Nr 2 SGB II aF/§ 1 Abs 3 Nr 2 SGB II nF, §§ 15 ff SGB II) konterkariert.

25

Wie auch der Senat bereits in einer früheren Entscheidung ausgeführt hat, gilt die Kostenbegrenzung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II nur, solange nicht Veränderungen in den persönlichen Umständen der betroffenen Person eintreten, die eine Neubestimmung der für sie angemessenen Wohnkosten innerhalb der allgemeinen Angemessenheitsgrenzen des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II gerechtfertigt erscheinen lassen(Urteil vom 24.11.2011 - B 14 AS 107/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 52 RdNr 13). Unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Eigenverantwortung und des Forderns und Förderns ist die Überwindung der Hilfebedürftigkeit für mindestens einen Kalendermonat jedenfalls durch Erzielung bedarfsdeckenden Einkommens eine solche Veränderung in den persönlichen Umständen (vgl auch zur Überwindung der Hilfebedürftigkeit im Zusammenhang mit der Bemessung des sog Verteilzeitraums bei einmaligen Einnahmen: BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 89/12 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 62 RdNr 64; Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, RdNr 31).

26

b) In zeitlicher Hinsicht ist als Zäsur für die Begrenzung einer fortgesetzten Anwendung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II die vorherige Überwindung der Hilfebedürftigkeit und Unterbrechung des Leistungsbezugs für mindestens einen Kalendermonat erforderlich, aber auch ausreichend(so bereits BSG Urteil vom 30.8.2010 - B 4 AS 10/10 R - BSGE 106, 283 = SozR 4-4200 § 22 Nr 40, RdNr 22; vgl im Übrigen auch Berlit in LPK-SGB II, 5. Aufl 2013, § 22 RdNr 78; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, K § 22 RdNr 243, Stand 10/2012). Nach Ablauf eines Kalendermonats liegt bei erneuter Hilfebedürftigkeit ein neuer Leistungsfall vor. Die bloße Abmeldung aus dem Leistungsbezug trotz tatsächlich fortbestehender Hilfebedürftigkeit genügt dagegen nicht, um eine Zäsur mit Blick auf die fortgesetzte Anwendung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II zu erreichen.

27

Diese Anknüpfung an mindestens einen Kalendermonat für das Vorliegen eines neuen Leistungsfalls folgt aus dem im SGB II geltenden und in der Rechtsprechung des BSG bereits mehrfach betonten Monatsprinzip (vgl BSG Urteil vom 20.2.2014 - B 14 AS 53/12 R -, RdNr 26; BSG Urteil vom 22.8.2013 - B 14 AS 78/12 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 63 RdNr 21 mwN; BSG Urteil vom 30.7.2008 - B 14 AS 26/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 17 RdNr 28; BSG Beschluss vom 23.11.2006 - B 11b AS 17/06 B - SozR 4-4225 § 2 Nr 1 RdNr 14 f; zur Abgrenzung von Einkommen und Vermögen im Zusammenhang mit der Festlegung des sog Verteilzeitraums bei Zufluss einmaliger Einnahmen vgl auch BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, RdNr 31). Der Alg II-Anspruch ist auf eine kalendermonatsweise Betrachtung angelegt, wie bereits die in § 41 Abs 1 SGB II normierte Festlegung der Berechnungs- und Leistungsabschnitte auf einen Kalendermonat zeigt. Zudem wird der Regelbedarf (zuvor: Regelleistung) nach § 20 SGB II als Leistung je Kalendermonat ausgewiesen und die Ermittlung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung iS von § 22 SGB II hat monatsweise zu erfolgen. Die Alg II-Verordnung aF (§ 2) bzw § 11 Abs 2 und 3 SGB II nF stellen hinsichtlich der Anrechnung von Einkommen auf den Zufluss von Einnahmen innerhalb eines Kalendermonats ab und § 30 SGB II aF bzw § 11b Abs 3 SGB II sehen einen vom monatlichen Erwerbseinkommen abzusetzenden Freibetrag vor. Auch § 23 Abs 4 SGB II aF bzw § 24 Abs 4 SGB II nF, wonach Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Darlehen erbracht werden können, soweit in dem Monat, für den die Leistungen erbracht werden, voraussichtlich Einnahmen anfallen, knüpfen an eine kalendermonatsweise Betrachtungsweise an. Nicht zuletzt kommt in § 37 Abs 2 Satz 2 SGB II nF, wonach der Alg II-Antrag auf den Ersten des Monats zurückwirkt, zum Ausdruck, dass das Gesetz für den Alg II-Anspruch an den Kalendermonat anknüpft.

28

An dieses Monatsprinzip des SGB II ist in zeitlicher Hinsicht auch für die Zäsur bei der Begrenzung der Anwendung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II anzuknüpfen. Hierdurch wird insbesondere dem Grundsatz des Forderns und Förderns Rechnung getragen, indem für die betroffenen Personen Anreize geschaffen werden, ihre Hilfebedürftigkeit durch Erzielung von Einkommen zu überwinden, um bei deren tatsächlicher Realisierung, sei es auch nur für einen Kalendermonat, von dem Vorteil der Beendigung der Wirkungsdauer des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II profitieren zu können.

29

Dieser Rückgriff auf das Monatsprinzip steht überdies mit der Rechtsprechung des 7. Senats des BSG im Einklang, wonach bei zu erbringenden Monatsleistungen wie nach dem SGB II, dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch oder dem Asylbewerberleistungsgesetz das Entfallen der Hilfebedürftigkeit für einen Monat genügt, um eine Zäsur für nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch nachträglich nicht zu erbringende Leistungen zu bewirken(vgl Urteil vom 26.6.2013 - B 7 AY 3/12 R - juris RdNr 13; Urteil vom 20.12.2012 - B 7 AY 4/11 R - SozR 4-3520 § 3 Nr 3 RdNr 14).

30

Für die vom Beklagten unter Bezugnahme auf einen Beschluss des LSG Sachsen (20.10.2008 - L 3 B 530/08 AS-ER) geforderte Unterbrechung des Leistungsbezugs von "wesentlich mehr als sechs Monaten" und auch für das Erfordernis eines zeitlichen Moments von sechs Monaten fehlt es dagegen an einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage. Zwar sieht § 41 Abs 1 Satz 4 SGB II als Regelbewilligungszeitraum sechs Monate vor. Dennoch liegt § 41 Abs 1 SGB II - wie gezeigt - insgesamt eine kalendermonatsweise Betrachtung der Berechnung und Erbringung der Leistungen nach dem SGB II zugrunde. Der sechsmonatige Bewilligungszeitraum folgt dagegen aus Gründen der Verwaltungsökonomie, weil eine monatsweise Überprüfung der Leistungsvoraussetzungen und Bescheidung nicht mit vertretbarem Aufwand zu realisieren wäre (vgl BT-Drucks 15/1516, S 63).

31

c) Anhaltspunkte dafür, dass § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II hier aus anderen Gründen fortwirken könnte, bietet der vorliegende Fall nicht, in dem der Kläger seine Hilfebedürftigkeit durch Erzielung bedarfsdeckenden Erwerbseinkommens für mehr als einen Kalendermonat überwunden hatte und für fünf Monate aus dem Leistungsbezug ausgeschieden war, bevor er erneut hilfebedürftig wurde. Seinem erneuten Leistungsantrag liegt ein neuer Leistungsfall zugrunde.

32

4. Da § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II im hier streitigen Zeitraum nicht anwendbar ist, sind nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II die Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu erbringen, soweit diese angemessen sind.

33

Eine hier allein noch denkbare Absenkung der tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II scheidet aus, da es bereits an einer hierfür erforderlichen Kostensenkungsaufforderung des Beklagten fehlt. Die vom Kläger beantragte Zusicherung war allein aufgrund der fehlenden Erforderlichkeit des Umzugs aus der zuvor bewohnten in die neue Wohnung abgelehnt worden.

34

Von der festgestellten Bruttowarmmiete von monatlich 342,55 Euro war - wie vom SG im Ergebnis vorgenommen - lediglich ein Betrag in Höhe von monatlich 6,26 Euro als Warmwasserpauschale abzuziehen, da eine entsprechende Berücksichtigung bereits durch die Regelleistung in Höhe von 347 Euro erfolgte (vgl hierzu BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 8/09 R - BSGE 104, 179 = SozR 4-4200 § 22 Nr 24, RdNr 28 bis 30; Brehm/Schifferdecker, SGb 2010, 331, 335). Auf die für den streitigen Zeitraum fehlenden hinreichenden Feststellungen des LSG zu den nach Bruttokaltmiete und Heizkosten aufgeschlüsselten tatsächlichen Aufwendungen des Klägers (zur getrennten Angemessenheitsprüfung von Unterkunfts- und Heizkosten vgl zuletzt BSG Urteil vom 12.6.2013 - B 14 AS 60/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 69 RdNr 21)und zur Angemessenheit der Unterkunftskosten kommt es nicht an.

35

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung im Zeitraum vom 1.2. bis 30.6.2008.

2

Der Kläger lebte bis Ende 2006 in B., zog dann nach Ba. um und Anfang 2008 nach B. zurück. Er bezog bereits bei seinem ersten B.- Aufenthalt Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II. Der in B. für ihn zuständige Grundsicherungsträger, die Arge E., gewährte ihm bis Dezember 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts - ohne sanktionsbedingten oder sonstigen Abzug - in Höhe von 537,52 Euro (Regelleistung: 347 Euro und Leistungen für Unterkunft und Heizung: 190,52 Euro). Durch Bescheid vom 14.1.2008 hob sie die Bewilligung mit Wirkung ab dem 1.2.2008 wegen des Wechsels der Zuständigkeit auf Grund des Umzugs des Klägers auf. Am 25.1.2008 bewilligte der Beklagte dem Kläger für den Zeitraum vom 1.2.2008 bis 30.6.2008 Grundsicherungsleistungen in Gestalt einer Regelleistung von 347 Euro und für Kosten der Unterkunft von 193,19 Euro.

3

Den Widerspruch des Klägers, mit dem dieser ua geltend gemacht hat, dass seine Miete - durch Mietvertrag nachgewiesen - in B. 300 Euro warm betrage und er sich damit innerhalb der von dem Beklagten gezogenen "Angemessenheitsgrenzen" halte, wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 3.3.2008 zurück. Zur Begründung führte er aus, der Umzug des Klägers aus dem Bezirk E. nach B. sei nicht erforderlich gewesen. Daher seien auch nur die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in bisheriger angemessener Höhe von 193,19 Euro von ihm zu erbringen (§ 22 Abs 1 Satz 2 SGB II).

4

Mit seiner Klage ist der Kläger insoweit erfolgreich gewesen, als das SG Berlin den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 25.1.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3.3.2008 verurteilt hat, dem Kläger 100,28 Euro, insgesamt 293,47 Euro (Bruttowarmmiete in Berlin von 300 Euro minus 6,53 Euro Kosten der Warmwasserbereitung) als Kosten der Unterkunft zu gewähren (Urteil vom 24.7.2008). Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem SG die Klage in Höhe von 6,53 Euro zurückgenommen.

5

Auf die Berufung des Beklagten hat das LSG Berlin-Brandenburg das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 10.9.2009). Es hat ausgeführt, die vom Kläger geltend gemachten Kosten für Unterkunft und Heizung in B. in Höhe von 300 Euro abzüglich der Kosten für die Warmwasserbereitung seien zwar angemessen. Sie hielten sich unstreitig in den von dem Beklagten gesetzten Angemessenheitsgrenzen. Gleichwohl sei der Beklagte nicht verpflichtet, sie in tatsächlicher Höhe zu übernehmen. Der Umzug von E. nach B. sei nicht erforderlich gewesen, sodass Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II nur in der Höhe erbracht werden müssten, wie sie von der Arge E. gewährt worden seien. Weder habe der Kläger den Umzug im Hinblick auf die Aufnahme einer konkreten Erwerbstätigkeit vollzogen, noch seien gesundheitliche Gründe oder sonstige Gründe sozialer Art für den Umzug ausschlaggebend gewesen. Der Anwendungsbereich des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II könne auch nicht auf einen Umzug innerhalb des "Vergleichsraums" beschränkt werden. Dieses gäben weder Gesetzestext noch Gesetzesmaterialien her. Ebenso wenig könne ein Verstoß gegen Art 11 GG angenommen werden. Ein Grundrechtseingriff liege bereits deswegen nicht vor, weil § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II nicht auf die Einschränkung der Freizügigkeit ziele. Daher liege auch keine mittelbare Grundrechtsbeeinträchtigung vor. Zudem sei der Kläger tatsächlich nicht gehindert gewesen, nach B. umzuziehen, denn er habe für den Preis des Zimmers an seinem Wohnort in Ba. nach den Ermittlungen des Gerichts ebenfalls ein Zimmer in B. mieten können. Ebenso wenig vermochte das LSG einen Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG zu erkennen. Der "wichtige Grund" iS des Art 3 Abs 1 GG liege darin, dass zu Gunsten der Finanzlage der öffentlichen Hand an dem bisherigen Wohnstandard festgehalten werden solle. Auch bei richtiger Beratung des Klägers durch den Beklagten hätte kein Leistungsanspruch bestanden, sodass die Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ebenfalls nicht gegeben seien. Damit habe die Beklagte die allein streitigen Leistungen für Unterkunft und Heizung zutreffend auf 193,52 Euro begrenzt, wobei sie bereits über die von der Arge E. gewährten 190,52 Euro hinausgegangen sei.

6

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II. Er werde durch die vom LSG gewählte Auslegung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II in der ihm durch Art 11 Abs 1 GG gewährleisteten Freizügigkeit eingeschränkt, ohne dass hierfür ein Rechtfertigungsgrund iS des Art 11 Abs 2 GG vorhanden sei.

7

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 10. September 2009 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Juli 2008 zurückzuweisen.

8

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Er hält die Ausführungen des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision ist begründet.

11

Der Kläger hat Anspruch auf die Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in dem vom SG ausgeurteilten Umfang. Im Gegensatz zur Auffassung des LSG waren die Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II nicht der Höhe nach auf den im Zuständigkeitsbereich der Arge E. ihm gewährten Zahlbetrag nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II zu begrenzen. § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II entfaltet nach der Gesetzesbegründung, seiner systematischen Stellung innerhalb des § 22 Abs 1 SGB II und seinem Sinn und Zweck nur für Umzüge im Vergleichsraum Wirkung. Eine derartige Reduktion des Anwendungsbereichs des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II ist zudem verfassungsrechtlich unter Berücksichtigung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art 3 Abs 1 GG iVm der durch Art 11 Abs 1 GG gewährleisteten Freizügigkeit geboten.

12

1. Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 25.1.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3.3.2008. Zutreffend sind SG und LSG davon ausgegangen, dass die Folgebescheide nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits geworden sind. § 96 SGG greift in diesen Fällen nach der ständigen Rechtsprechung des BSG nicht(s nur BSG, Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R, BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1; BSG, Urteil vom 29.3.2007 - B 7b AS 4/06 R; BSG, Urteil vom 25.6.2008 - B 11b AS 45/06 R). Die Beteiligten haben sich zudem in einem schriftlichen Vergleich vor dem SG (Aktenzeichen: S 96 AS 22323/08) darüber geeinigt, dass der Beklagte sich für den Leistungszeitraum vom 1.7. bis 31.12.2008 der rechtskräftigen Entscheidung für den hier streitbefangenen Leistungszeitraum unterwerfen wird.

13

Die Beteiligten haben den Streitgegenstand auch zulässig auf die Kosten der Unterkunft (KdU) beschränkt. Zwar sind nach der Rechtsprechung des BSG bei einem Streit um höhere Leistungen grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen (BSG SozR 4-4300 § 428 Nr 3 RdNr 16; BSG, Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 29/06 R; BSG, Urteil vom 5.9.2007 - B 11b AS 49/06 R = SozR 4-4200 § 11 Nr 7). Ein Bescheid kann im Einzelfall jedoch gleichwohl mehrere abtrennbare Verfügungen enthalten. Um eine derartige abtrennbare Verfügung handelt es sich bei dem Betrag, der für die KdU nach § 22 SGB II bewilligt worden ist(vgl hierzu im Einzelnen BSG, Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R, BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 19, 22; s auch BSG, Urteil vom 27.2.2008 - B 14/11b AS 55/06 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 9).

14

Der Kläger hat zudem den Streitgegenstand betragsmäßig begrenzt. Er hat die Klage vor dem SG in Höhe von monatlich 6,53 Euro für die Kosten der Warmwasserbereitung zurückgenommen. In Streit steht mithin für den streitigen Zeitraum der Differenzbetrag zwischen seinen tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in B. in Höhe von 300 Euro monatlich minus 6,53 Euro = 293,47 Euro und den von dem Beklagten als Leistung nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II erbrachten 193,19 Euro, also 100,28 Euro monatlich.

15

2. Der Kläger hat Anspruch auf monatlich weitere 100,28 Euro als Leistungen für Unterkunft und Heizung in dem streitigen Zeitraum.

16

Er erfüllt die Voraussetzungen des § 7 SGB II für Leistungen der Grundsicherung. Sein Anspruch umfasst dem Grunde nach auch Leistungen für KdU. Diese werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit sie angemessen sind (vgl § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II). Damit lässt sich der Gesetzgeber - anders als bei der pauschalierten Regelleistung - bei den Unterkunftskosten zunächst vom Prinzip der Einzelfallgerechtigkeit leiten, indem er anordnet, auf die tatsächlichen Unterkunftskosten abzustellen. Diese sind im Grundsatz zu erstatten. Allerdings sind die tatsächlichen Kosten nicht in beliebiger Höhe erstattungsfähig, sondern nur insoweit, als sie angemessen sind. Die Angemessenheitsprüfung limitiert somit die erstattungsfähigen Kosten der Höhe nach (BSG, Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R).

17

Die vom Kläger in B. getätigten Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 300 Euro warm sind unstreitig angemessen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II. Das LSG hat die angemessenen Mietkosten für einen Alleinstehenden in B. mit 360 Euro warm beziffert. Die dortigen Aufwendungen des Klägers liegen mit 300 Euro unter dieser Grenze. Der Beklagte ist mithin verpflichtet, die tatsächlichen Aufwendungen des Klägers als Leistung für Unterkunft und Heizung in dieser Höhe zu übernehmen. Er kann nicht damit gehört werden, dass die Leistung auf die tatsächlichen angemessenen Aufwendungen am Wohnort des Klägers im Bezirk der Arge E. zu begrenzen sei.

18

3. Nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) gilt mit Wirkung ab dem 1.8.2006: Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, werden die Leistungen weiterhin nur in Höhe der bis dahin zu tragenden Aufwendungen erbracht. Es kann im vorliegenden Fall dahinstehen, nach welchen abstrakten Kriterien die Erforderlichkeit eines Umzugs iS dieser Vorschrift zu beurteilen ist und ob der Umzug des Klägers von Ba. nach B. hier in diesem Sinne erforderlich war. Die Vorschrift des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II findet auf Fallgestaltungen, bei denen ein Umzug über die Grenzen des Vergleichsraums iS der Rechtsprechung des BSG(s BSG, Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R) hinaus vorgenommen wird, von vornherein keine Anwendung (vgl LSG Baden-Württemberg vom 17.7.2008 - L 7 AS 1300/08; LSG Niedersachsen-Bremen vom 26.10.2007 - L 13 AS 168/07 ER; Berlit in Münder, LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 22 RdNr 48, 51; Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 22 RdNr 47b; Knickrehm/Voelzke in Knickrehm/Voelzke/Spellbrink, Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II, DGST Praktikerleitfaden, 2009, S 21; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II Stand IX/2009 § 22 RdNr 95; aA Herold-Tews in Löns/Herold-Tews, SGB II, 2. Aufl 2009, § 22 RdNr 27b). Dieses folgt aus der Gesetzesbegründung (a), ihrer systematischen Stellung innerhalb des § 22 Abs 1 SGB II (b) und dem Sinn und Zweck der Vorschrift (c). Zudem ist die Reduktion des Anwendungsbereichs der Norm auf den Vergleichsraum unter Berücksichtigung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art 3 Abs 1 GG und der durch Art 11 Abs 1 GG gewährleisteten Freizügigkeit geboten (d).

19

a) Eine Begrenzung des Anwendungsbereichs der Vorschrift auf die Grenzen des Vergleichsraums mag sich zwar nicht zwingend aus dem Wortlaut des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II erschließen. Bereits die Begründung im Gesetzentwurf legt jedoch ein Verständnis der Norm nahe, das auf eine Anwendung innerhalb des Vergleichsraums hinausläuft (vgl Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 22 RdNr 47a; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand IX/2009, § 22 RdNr 95). In der Bundestagsdrucksache 16/1410 wird die Einführung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II wie folgt erläutert(S 23, zu Nummer 21 Buchstabe a): Durch die Regelung seien die Kosten der Unterkunft und Heizung in den Fällen auf die bisherigen angemessenen Unterkunftskosten begrenzt, in denen Hilfebedürftige unter Ausschöpfung der durch den kommunalen Träger festgelegten Angemessenheitsgrenzen für Wohnraum in eine Wohnung mit höheren, gerade noch angemessenen Kosten ziehen. Es wird hier also auf die kommunalen Angemessenheitsgrenzen abgestellt. Diese beziehen sich nach der ständigen Rechtsprechung des BSG jedoch immer auf den Vergleichsraum am Wohnort des Hilfebedürftigen (vgl BSG, Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R, BSGE 102, 263, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen und vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Nur dort ist die abstrakte Angemessenheitsgrenze zu ermitteln. Soweit das Berufungsgericht dem entgegenhält, eine Begrenzung auf den Vergleichsraum sei nicht mit der weiteren Begründung des Gesetzentwurfs in Übereinstimmung zu bringen, in der als Beispielsfall für die Erforderlichkeit des Umzugs die Eingliederung in Arbeit benannt werde, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Das LSG nimmt an, ein Umzug innerhalb des örtlichen Bereichs sei bei Eingliederung in Arbeit im Regelfall nicht erforderlich. Dabei verkennt es, dass der Vergleichsraum in der Rechtsprechung des erkennenden Senats als ein ausreichend großer Raum (nicht bloß Orts- oder Stadtteil) der Wohnbebauung definiert wird, in dem auf Grund der räumlichen Nähe, der Infrastruktur und insbesondere der verkehrstechnischen Verbundenheit ein insgesamt betrachtet homogener Lebens- und Wohnbereich auszumachen ist (BSG, Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R, BSGE 102, 263, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Insbesondere um einer Ghettoisierung vorzubeugen, sind die Grenzen des Vergleichsraums weit zu ziehen. Der Senat hat es deshalb nicht für ausgeschlossen gehalten, das gesamte Stadtgebiet M. als räumlichen Vergleichsmaßstab anzusehen und hat einen solchen für das Stadtgebiet E., einschließlich des Ortsteils K. angenommen (BSG, Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R, BSGE 102, 263, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). In einem solchen Vergleichsraum ist die Erforderlichkeit eines Umzugs zur Eingliederung in Arbeit nicht von vornherein ausgeschlossen. Zudem fügt sich die Regelung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II insoweit in das Konzept des Vergleichsraums ein, als sie den Ausnahmecharakter der Übernahme von höheren Unterkunftskosten als den bisherigen unterstreicht, weil in der Regel die Aufnahme einer Arbeit im Vergleichsraum keinen Umzug erfordert.

20

b) Eine Beschränkung der Wirkung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II auf den Vergleichsraum entspricht auch der systematischen Stellung der Norm innerhalb des § 22 Abs 1 SGB II. Die Vorschrift steht im Zusammenhang mit den Sätzen 1 und 3 des Abs 1. Die Höhe der angemessenen Unterkunfts- und Heizkosten nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II wird im Vergleichsraum im Rahmen der "abstrakten Angemessenheitsprüfung", also im "kommunalen Bereich" ermittelt. Die Verpflichtung zur Kostensenkung bei nicht angemessenen Unterkunftskosten nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II besteht nur innerhalb des Vergleichsraums; ggf ist sogar ein noch engerer Raum geschützt, das soziale Umfeld. Kosten müssen jedoch nur bis zu einem Mietpreis gesenkt werden, wie er nach einem "schlüssigen Konzept" im Vergleichsraum als angemessen ermittelt worden ist. § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II nimmt Elemente beider Regelungen in sich auf. Einerseits normiert die Vorschrift die Höhe der angemessenen Kosten iS des Satz 1 und andererseits soll sie - wie auch Satz 3 - der Verpflichtung des Leistungsträgers, unangemessene Unterkunftskosten tragen zu müssen, vorbeugen. Anknüpfungspunkt der beiden Regelungen, in die § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II eingebunden ist, ist jedoch immer die abstrakt angemessene Miete im Vergleichsraum. Ein Grund, § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aus diesem systematischen Zusammenhang herauszulösen, ist nicht ersichtlich.

21

c) Die aus der Systematik folgende Begrenzung des Anwendungsbereichs des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II wird durch Sinn und Zweck der Regelung bestätigt. Mit der nur ausnahmsweisen Übernahme von höheren Unterkunftskosten gegenüber den bisher als angemessen anerkannten - auch innerhalb der Angemessenheitsgrenzen - soll zweierlei vorgebeugt werden. Zum einen soll dem Missbrauch der Leistungsinanspruchnahme eine Grenze gesetzt werden. Dem Hilfebedürftigen wird es verwehrt, den maximalen Leistungsanspruch auszuschöpfen, wenn sein existenzsichernder Bedarf bereits angemessen gedeckt ist (vgl Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl, 2008, § 22 RdNr 47b). Zum Zweiten soll den Kostensteigerungen für Leistungen der Unterkunft innerhalb der kommunalen Grenzen vorgebeugt werden. Nach einer vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) in Auftrag gegebenen Studie "Kosten der Unterkunft und die Wohnungsmärkte. Auswirkungen der Regelungen zur Übernahme der Kosten der Unterkunft auf Transferleistungsempfänger und Kommunen" besteht ein direkter Zusammenhang zwischen den für Leistungen für Unterkunft und Heizung aufgewandten Kosten der Kommunen und der Mietpreisgestaltung der Anbieter von Wohnraum (Forschungen, Heft 142, Hrsg : BMVBS / BBSR, Bonn 2009, S 104 ff). Auch der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge weist darauf hin, dass die kommunalen Angemessenheitsregelungen ein spezifisches Nachfrageverhalten produzieren (Stellungnahme des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge zur Diskussion über eine Pauschalierung der Leistungen für Unterkunft und Heizung in der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 10.3.2010, DV 01/10 AF III, S 5). Bewohnen Hilfebedürftige daher angemessenen Wohnraum, für den sie jedoch nur Aufwendungen unterhalb der Angemessenheitsgrenze zu tätigen haben, soll ihnen die Möglichkeit abgeschnitten werden, neuen Wohnraum unter Ausschöpfung der Angemessenheitsgrenze anzumieten, um den Kommunen ein Steuerungsinstrument im Hinblick auf die Kostenentwicklung bei Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II zu belassen. Ein derartiges Interesse an der Kostengestaltung besteht für die Kommune über ihren Leistungsbereich hinaus nicht und sie kann von ihr auch über dessen Grenzen hinweg nicht beeinflusst werden. Ziel der Regelung ist es hingegen nicht, Kommunen, in denen ein hohes Mietniveau gegeben ist, vor einem weiteren Zuzug von arbeitsuchenden Hilfebedürftigen zu "schützen" (Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand IX/2009, § 22 RdNr 95). Ebenso wenig ist es Sinn und Zweck der Vorschrift, den Hilfebedürftigen in seiner Dispositionsfreiheit, sich einen anderen Wohnort außerhalb des bisherigen Vergleichsraums zu suchen, einzuschränken (Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand IX/2009, § 22 RdNr 95). Er soll durch das Grundsicherungsrecht nicht gehindert werden, an einen Ort umzuziehen, von dem er sich die Verwirklichung seiner beruflichen oder persönlichen Chancen verspricht, nur weil das dortige Mietniveau höher ist, als an seinem bisherigen Wohnort.

22

d) Die Reduktion der Begrenzung der Unterkunftskosten nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II auf die des Vergleichsraums ist zudem nach Art 3 Abs 1 GG iVm Art 11 Abs 1 GG geboten. Prüfungsmaßstab ist insoweit vornehmlich Art 3 Abs 1 GG, weil der spezifische Schutzgedanke des allgemeinen Gleichheitssatzes zu der hier anzuwendenden Regelung die stärkere soziale Beziehung aufweist (vgl zur Prüfung bei Überschneidung des Gleichheitssatzes mit Freiheitsgrundrechten BVerfGE 64, 229, 238 f; 65, 104, 112 f; 75, 382, 393; 82, 60, 86).

23

Der allgemeine Gleichheitssatz verbietet es, verschiedene Gruppen von Normadressaten ungleich zu behandeln, wenn zwischen ihnen nicht Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, die eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (BVerfG, Beschlüsse vom 7.10.1980 - 1 BvL 50/79, 1 BvL 89/79, 1 BvR 240/79, BVerfGE 55, 72, 88; BVerfG, Beschlüsse vom 11.5.2005 - 1 BvR 368/97, 1 BvR 1304/98, 1 BvR 2300/98, 1 BvR 2144/00, BVerfGE 112, 368, 401; BVerfG, Beschluss vom 11.7.2006 - 1 BvR 293/05, BVerfGE 116, 229, 238). Soweit die Gewährung von Sozialleistungen bedürftigkeitsabhängig ist, hat der Gesetzgeber dabei grundsätzlich einen weiten Gestaltungsspielraum (BVerfG, Beschluss vom 2.2.1999 - 1 BvL 8/97, BVerfGE 100, 195, 205; BSG, Urteil vom 3.12.2002 - B 2 U 12/02 R, BSGE 90, 172, 178 = SozR 3-5910 § 76 Nr 4). Der Gestaltungsspielraum wird jedoch umso enger, je mehr sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann (BVerfG, Beschluss vom 26.1.1993 - 1 BvL 38/92, 1 BvL 40/92, 1 BvL 43/92, BVerfGE 88, 87, 96). Ein "wichtiger Grund" alleine ist dann - anders als das LSG meint - nicht mehr ausreichend. Ob die zur Prüfung gestellte Regelung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar ist, hängt in einem solchen Fall vielmehr davon ab, ob für die getroffene Differenzierung Gründe von solchem Gewicht bestanden, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen konnten (BVerfG, Beschluss vom 6.7.2004 - 1 BvL 4/97, BVerfGE 111, 160 = SozR 4-5870 § 1 Nr 1).

24

Dieser Maßstab gebietet es, den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers zumindest bei den aus § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II folgenden Umzugsbeschränkungen bei Überschreitung der Grenzen des Vergleichsraums zu begrenzen. Eine Ausweitung der nur begrenzten Übernahme der Aufwendungen für Unterkunfts- und Heizkosten nach einem Umzug über die Grenzen des bisherigen Vergleichsraums hinaus würde zu einer unterschiedlichen Behandlung von Hilfebedürftigen führen, die in Bereichen mit niedrigen Mieten wohnen, gegenüber solchen, in deren Vergleichsraum die Mieten deutlich höher sind. Während letztere ungehindert durch die Beschränkung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II sich einen neuen Wohnort suchen könnten, weil in dem Bereich des "neuen" Grundsicherungsträgers die Angemessenheitsgrenze ohnehin niedriger ist als die bisherige angemessene Miete, werden Hilfebedürftige aus Vergleichsräumen mit niedrigeren Mieten anders behandelt, weil sie an diesem niedrigeren Mietniveau festgehalten würden. Eine verfassungsfeste Rechtfertigung für diese Ungleichbehandlung gibt es nicht. Soweit das LSG allein darauf abstellt, den Hilfebedürftigen an seinem bisherigen Wohnstandard festhalten zu wollen, wird die Ungleichbehandlung hierdurch ebenso wenig gerechtfertigt, wie durch die Benennung des Ziels, die Kosten für Unterkunftsleistungen möglichst niedrig halten zu wollen.

25

Im Rahmen der Prüfung ist hier zusätzlich Art 11 Abs 1 GG zu beachten, weil die "benachteiligte" Gruppe durch die Begrenzung der Unterkunftskosten am neuen Wohnort mittelbar in ihrem Recht auf Freizügigkeit (vgl zur mittelbaren Beeinträchtigung BVerfG, Urteil vom 17.3.2004 - 1 BvR 1266/00, BVerfGE 110, 177 RdNr 35) beeinträchtigt wird. Dies hat zur Folge, dass sich die dem Gesetzgeber im Rahmen des allgemeinen Gleichheitssatzes zukommende Gestaltungsfreiheit zusätzlich verengt.

26

Nach Art 11 Abs 1 GG genießen alle Deutschen Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet. § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II berührt den sachlichen Schutzbereich des Art 11 Abs 1 GG. Er betrifft auch die freie Wohnsitzgründung in einem Bundesland oder einer Gemeinde (BVerfG, Urteil vom 17.3.2004 - 1 BvR 1266/00, BVerfGE 110, 177 RdNr 33). Insoweit kommt es nicht darauf an, ob § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II auf die Einschränkung der Freizügigkeit zielt. Das Grundgesetz bindet den Schutz vor Grundrechtsbeeinträchtigungen nicht an den Begriff des Eingriffs oder gibt diesen inhaltlich vor (BVerfGE 110, 177 RdNr 35). Auch wenn staatliche Maßnahmen nur faktische Wirkung entfalten, müssen Grundrechtsbeeinträchtigungen hinreichend zu rechtfertigen sein. Eine derartige Rechtfertigung ist hier jedoch nicht zu erkennen. Auch die Gruppe der SGB II-Leistungsempfänger, die am Zuzugsort höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung beanspruchen würde als an ihrem Ausgangsort, würde nur Leistungen innerhalb der Grenzen der Angemessenheit am Zuzugsort und damit nach einem SGB II-Leistungsempfängern angemessenen Standard erhalten. Die Belastungen des dortigen Trägers - der neuen zuständigen Kommune - würden sich mithin in den Grenzen seiner "normalen" Belastung durch Gewährung existenzsichernder Leistungen halten (vgl hierzu Silagi, Zur Festschreibung der Einschränkung der Freizügigkeit im Wohnortzuweisungsgesetz durch das BVerfG, ZAR 2004, 225, 226 f). Es gehört nicht zu den Funktionen des Grundsicherungsrechts, die aufnehmende Kommune durch § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II vor arbeitsuchenden Hilfebedürftigen zu schützen.

27

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tenor

Auf die Revisionen der Kläger wird das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 4. Dezember 2013 (L 10 AS 285/11) aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Umstritten ist die Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für den Zeitraum vom 1.6.2007 bis zum 30.4.2009. Die Kläger wenden sich gegen die sogenannte "Deckelung" der Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aufgrund eines nach Ansicht des beklagten Jobcenters nicht erforderlichen Umzugs.

2

Die im Jahr 1971 geborene Klägerin zu 1 lebte vor dem streitigen Zeitraum mit ihrem im April 1994 geborenen Sohn, dem Kläger zu 2, in einer Bedarfsgemeinschaft in einer 58 qm großen Wohnung in der P Straße in S, für die ab dem 1.11.2006 monatlich insgesamt 305,31 Euro zu entrichten waren (Nettokaltmiete 219,94 Euro, Betriebskosten 36,07 Euro, Heizkosten/Warmwasser 44,73 Euro, Wasser/Abwasser 4,57 Euro). Auf ihren Fortzahlungsantrag vom 11.1.2007 bewilligte der Beklagte den Klägern für März bis August 2007 Grundsicherungsleistungen unter Berücksichtigung eines Gesamtbedarfs für Unterkunft und Heizung in Höhe von 298,60 Euro. Den am selben Tag gestellten Antrag auf Zusicherung für einen Umzug lehnte der Beklagte bestandskräftig ab. Zugleich wurde darauf hingewiesen, dass im Falle des Umzugs die Leistungen für Unterkunft und Heizung nur noch in der bisherigen Höhe übernommen würden.

3

Am 22.3.2007 stellte die Klägerin zu 1 erneut einen Antrag auf Zusicherung zum Umzug in eine 58 qm große Wohnung in der G straße in S Als Umzugsgrund gab die Klägerin zu 1 insbesondere die Möglichkeit der Betreuung ihres Kindes durch ihre Mutter an, die im selben Haus wohne. Mit Bescheid vom 27.3.2007 lehnte der Beklagte den Antrag mangels Erforderlichkeit des Umzugs ab, der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 14.5.2007).

4

Zum 1.6.2007 zogen die Kläger in die Wohnung in der G straße, für die eine Gesamtmiete von 327,59 Euro (Nettokaltmiete 226,59 Euro, Betriebskosten 36 Euro, Heizkosten/Warmwasser 50 Euro, Wasser/Abwasser 15 Euro) zu entrichten war. Mit Änderungsbescheid vom 6.6.2007 und sodann, jeweils auf Fortzahlungsanträge hin sowie aufgrund weiterer Änderungsbescheide, bewilligte der Beklagte den Klägern als Leistungen für Unterkunft und Heizung bis April 2009 weiterhin 298,60 Euro und übernahm Nachzahlungen wegen Nebenkostenabrechnungen sowohl für die Wohnung in der P Straße für die Jahre 2006 und 2007 sowie für die G straße für die Jahre 2007, 2008 und 2009. Die Miete in dieser Wohnung erhöhte sich bis auf insgesamt 387,70 Euro ab dem 1.12.2008 (Nettokaltmiete 226,59 Euro, Betriebskosten 36,21 Euro, Heizkosten 118,19 Euro, Wasser/Abwasser 6,71 Euro).

5

Am 26.1.2009 stellte die Klägerin zu 1 einen Überprüfungsantrag, mit welchem sie die Übernahme der vollständigen tatsächlichen Unterkunftskosten für die Wohnung in der G straße ab dem 1.6.2007 begehrte. Der Beklagte lehnte den Überprüfungsantrag unter Hinweis auf die mangelnde Zusicherung zum Umzug ab (Bescheid vom 3.2.2009, Widerspruchsbescheid vom 12.3.2009).

6

Die von den Klägern erhobenen Klagen zum Sozialgericht (SG) wurden mit Urteil vom 17.5.2011 abgewiesen, die eingelegten Berufungen zum Landessozialgericht (LSG) wurden zurückgewiesen (Urteil vom 4.12.2013). Das LSG hat in seinem Urteil ausgeführt, die Kläger hätten wegen § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II keinen Anspruch auf teilweise Rücknahme der bestandskräftigen Bewilligungsbescheide nach § 44 Abs 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) und Gewährung höherer Leistungen für Unterkunft und Heizung als die ursprünglich für die Wohnung in der P Straße bewilligten 298,60 Euro. Eine Zusicherung zum Umzug hätten die Kläger nicht gehabt, der Umzug in die G straße sei auch nicht erforderlich gewesen. Es gebe keine objektiven Anhaltspunkte dafür, dass der Wohnungszustand der Wohnung in der P Straße einen Umzug in eine andere Wohnung erforderlich gemacht habe. Auch im Hinblick auf die Mitbetreuung des Klägers zu 2 durch die Mutter der Klägerin zu 1 sei der Umzug nicht erforderlich gewesen, Hausaufgabenbetreuung und Mittagessen hätten auch im Haushalt der Mutter der Klägerin zu 1 erbracht werden können, dem Kläger zu 2 selbst sei die Wegstrecke angesichts seines Alters von 13 Jahren ohne Weiteres zumutbar. Soweit die Klägerin zu 1 auf ihre Hilfe bei der Pflege ihrer Großeltern verweise, sei diese Pflege zum einen überwiegend durch die Mutter der Klägerin zu 1 realisiert worden, zum anderen habe die Entfernung der Wohnung der Klägerin zu 1 zu der der Großeltern lediglich 1 km betragen, die Verkürzung der einfachen Wegstrecke auf ca 300 m sei nicht so erheblich, dass sie einen Umzug erforderlich erscheinen ließe. Rechtsfolge sei die Deckelung der Leistungen für Unterkunft und Heizung auf die bis dahin zu tragenden Aufwendungen. Dies sei vorliegend die von den Klägern bis zum 31.5.2007 gezahlte Bruttowarmmiete von 305,31 Euro abzüglich der Kosten der Warmwasserbereitung von 10,11 Euro, mithin eine monatliche Leistung für Unterkunft und Heizung von 295,20 Euro. Der Beklagte habe jedoch bereits monatlich 298,60 Euro gewährt und zudem für die Zeit ab Juni 2007 die sich ergebenden Nachzahlungsbeträge auf die Heiz- und Betriebskosten übernommen. Soweit die Kläger geltend machten, bei der gesetzlichen Regelung würden umzugsunabhängige Kostensteigerungen, insbesondere bei den Heizkosten, nicht berücksichtigt, führe dies zu keinem anderen Ergebnis. Eine Dynamisierung des Deckelungsbetrags anhand von Entwicklungsdaten des allgemeinen Wohnungsmarkts sei vom Wortlaut der Norm nicht gedeckt. Man teile auch nicht die verfassungsrechtlichen Bedenken der Kläger, denn es sei zu berücksichtigen, dass § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II nur eingreife, wenn der Leistungsempfänger gleichsam ohne Not höhere Kosten auslöse und somit seine Situation selbst verschuldet sei. Im Übrigen könne durch einen weiteren Umzug die Deckelung beendet werden.

7

Dagegen wenden sich die Kläger mit den vom LSG zugelassenen Revisionen. Sie rügen eine Verletzung von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II, soweit darin eine zeitlich unbefristete und starre Vorschrift zur Deckelung der Kosten der Unterkunft und Heizung gesehen werde. Zumindest sei eine Dynamisierung der individuellen Angemessenheitsgrenze aufgrund allgemeiner Kostensteigerungen notwendig. Abgesehen davon, dass die Zusicherung zum Umzug hier nicht habe verweigert werden dürfen, entspreche die dauerhafte Deckelung auch eher einer Sanktionierung sozialwidrigen Verhaltens. Sie berücksichtige weder die Kostenentwicklung in der bisherigen Unterkunft, noch die fehlende Kausalität zwischen dem Umzug und der Mehrkosten, bezogen auf die Kosten für Heizung und Wasser, da diese auf Witterungseinflüssen und steigenden Energiekosten beruhten.

8

Die Kläger beantragen,
die Urteile des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 4. Dezember 2013 - L 10 AS 285/11 - und des Sozialgerichts Schwerin vom 17. Mai 2011 - S 22 AS 672/09 - sowie den Bescheid des Beklagten vom 3. Februar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. März 2009 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihnen unter Änderung des Bescheides vom 6. Juni 2007 (Bewilligungsabschnitt 1. Juni bis 31. August 2007), des Bescheides vom 31. Juli 2007 (Bewilligungsabschnitt 1. September 2007 bis 29. Februar 2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 21. Januar 2008, des Bescheides vom 31. Juli 2007 (Bewilligungsabschnitt 1. März 2008 bis 30. April 2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 22. April 2008, des Bescheides vom 26. März 2008 (Bewilligungsabschnitt 1. Mai 2008 bis 31. Oktober 2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 22. April 2008, sowie des Bescheides vom 25. September 2008 (Bewilligungsabschnitt 1. November 2008 bis 30. April 2009) Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe ihrer tatsächlichen Aufwendungen, abzüglich der Warmwasserkostenpauschale, vom 1. Juni 2007 bis zum 30. April 2009 zu zahlen.

9

Der Beklagte beantragt,
die Revisionen der Kläger zurückzuweisen.

10

Er hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässigen Revisionen der Kläger sind im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und der Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz). Es konnte nicht abschließend entschieden werden, ob den Klägern für den streitgegenständlichen Zeitraum höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung zustehen, denn es fehlt insofern an ausreichenden Feststellungen des LSG.

12

1. Gegenstand der Revisionsverfahren sind neben der Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidungen die Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom 3.2.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.3.2009, mit dem die Überprüfungsanträge der Kläger mit dem Ziel, vom 1.6.2007 bis zum 30.4.2009 die vollen tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung zu erlangen, abgelehnt worden sind. Mithin sind streitgegenständlich auch die jeweiligen Leistungsbescheide, mit denen Leistungen für Unterkunft und Heizung in dem von den Klägern durch ihre Überprüfungsanträge vorgegebenen Zeitraum bewilligt worden sind. Dies sind - neben den von den Klägern selbst aufgeführten Bescheiden - auch die zur Ermittlung des "wirklich Gewollten" (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 95 RdNr 5) einzubeziehenden Bescheide vom 6.6.2007 (Bewilligungsabschnitt 1.6. bis 31.8.2007), des Bescheids vom 31.7.2007 (Bewilligungsabschnitt 1.9.2007 bis 29.2.2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 21.1.2008, des Bescheids vom 31.7.2007 (Bewilligungsabschnitt 1.3.2008 bis 30.4.2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 22.4.2008, des Bescheids vom 26.3.2008 (Bewilligungsabschnitt 1.5.2008 bis 31.10.2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 22.4.2008, sowie des Bescheids vom 25.9.2008 (Bewilligungsabschnitt 1.11.2008 bis 30.4.2009).

13

Die vorgenommene Beschränkung auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung ist zulässig (stRspr, siehe BSG Urteil vom 23.5.2013 - B 4 AS 67/12 R - BSGE 113, 270 = SozR 4-4200 § 22 Nr 68, RdNr 12 mwN). Ihr Begehren haben die Kläger zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage geltend gemacht (§ 54 Abs 1 und Abs 4 SGG).

14

2. Als Rechtsgrundlage für den Antrag der Kläger auf Überprüfung der Leistungsbescheide für die Zeit vom 1.6.2007 bis zum 30.4.2009 hinsichtlich der Leistungen für Unterkunft und Heizung kommt nur § 40 Abs 1 Satz 1 SGB II iVm § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X in Betracht. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.

15

Der Antrag der Kläger genügt den Anforderungen für einen Überprüfungsantrag eines Leistungsberechtigten nach § 44 SGB X. Dazu gehört nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ( Urteil vom 13.2.2014 - B 4 AS 22/13 R - BSGE 115, 126 = SozR 4-1300 § 44 Nr 28 mwN), dass der Antrag konkretisierbar ist und entweder aus dem Antrag selbst - ggf nach Auslegung - oder aus einer Antwort des Antragstellers auf eine Nachfrage des Leistungsträgers der Umfang der Prüfpflicht für die Verwaltung bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens erkennbar ist. Dazu muss der Leistungsberechtigte in der Regel in seinem Überprüfungsantrag einen oder ggf mehrere zu überprüfende Verwaltungsakte konkret aufführen. Dies ist nur dann entbehrlich, wenn bei objektiver Betrachtung aus dem Vorbringen des Antragstellers der zu überprüfende Verwaltungsakt ohne Weiteres zu ermitteln ist (siehe dazu auch BSG Urteil vom 28.10.2014 - B 14 AS 39/13 R - SozR 4-1300 § 44 Nr 31 RdNr 15).

16

Die Klägerin zu 1 hatte vorliegend - wie bereits vom SG und vom LSG ausgeführt - erkennbar auch für den mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Sohn, den Kläger zu 2, mit Schreiben vom 26.1.2009 die Überprüfung "von Leistungsbescheiden ab 1.6.2007 im Hinblick auf die Übernahme der Unterkunftskosten" beantragt und dem einen Antrag auf Übernahme der vollständigen Unterkunftskosten der Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 387,70 Euro beigefügt. Dies reicht bei objektiver Betrachtung als Anknüpfungspunkt für eine Überprüfung aus, denn es ist bei verständiger Würdigung der Sachlage klar zu erkennen gewesen, dass die Klägerin zu 1 nach dem Umzug in die G straße zum 1.6.2007 die dort zu zahlenden tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung für sich und den Kläger zu 2 begehrt.

17

3. Es kann aber vorliegend nicht abschließend entschieden werden, ob iS des § 44 Abs 1 SGB X das Recht unrichtig angewandt worden ist und deshalb durch die vorgenommene "Deckelung" zu niedrige Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht worden sind. Zwar hat das LSG zutreffend angenommen, dass der Umzug der Kläger nicht erforderlich gewesen ist (dazu unter 3.c). Es fehlen aber Feststellungen dazu, ob und ggf inwieweit für den streitbefangenen Zeitraum zutreffend ermittelte abstrakte kommunale Angemessenheitsgrenzen als weitere Voraussetzung für die Anwendung von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II bestanden haben(dazu unter 4.).

18

a) Die Kläger erfüllen aus dem Gesamtzusammenhang der vom LSG zugrunde gelegten Tatsachen die Voraussetzungen des § 7 SGB II für Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende im Hinblick auf das Alter, die Erwerbsfähigkeit, die Hilfebedürftigkeit und des gewöhnlichen Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland. Der Anspruch umfasst dem Grunde nach auch Leistungen für Unterkunft und Heizung. Es ist dabei auf die tatsächlichen Unterkunftskosten abzustellen, soweit sie angemessen sind (vgl § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II; siehe auch zB BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 20 ff).

19

b) Die Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung für die Wohnung in der G straße scheitert nicht an der fehlenden Zusicherung des Beklagten für einen Umzug (vgl § 22 Abs 2 SGB II in der in der streitigen Zeit geltenden Fassung, heute: § 22 Abs 4 SGB II). Die vom Beklagten bestandskräftig abgelehnten Anträge auf Zusicherung zur Tragung von Unterkunftskosten nach einem Umzug stellen jeweils nur eine Entscheidung für diesen konkreten Antrag dar und entfalten keine Dauerwirkung für die Zukunft. Der Bescheid erschöpft sich in der Ablehnung der Zusicherung für den Einzelfall. Dass die Kläger somit für ihren Umzug in die G straße keine Zusicherung nach § 22 Abs 2 SGB II aF eingeholt haben, ist insofern ohne Belang, als die Zusicherung keine Anspruchsvoraussetzung darstellt(BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, RdNr 27).

20

c) Ungeachtet der Frage der Zusicherung liegen die Voraussetzungen von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II für eine mögliche "Deckelung" im hiesigen Fall jedenfalls insoweit vor, als der Umzug der Kläger in die G straße nicht erforderlich war.

21

Der Prüfung zugrunde zu legen ist § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II in der im streitigen Zeitraum vom 1.6.2007 bis 30.4.2009 anzuwendenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706), der unwesentlich mit Wirkung vom 1.1.2009 durch das Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21.12.2008 (BGBl I 2917) geändert wurde. Danach werden für den Fall, dass sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung erhöhen, die Leistungen weiterhin nur in Höhe der bis dahin zu tragenden (angemessenen) Aufwendungen erbracht. Die Prüfung der Erforderlichkeit eines Umzugs ist in zwei Schritten daran zu messen, ob der Auszug aus der bisherigen Wohnung notwendig oder aus sonstigen Gründen erforderlich ist. In einem weiteren Schritt ist zu prüfen, ob sich die Kosten gerade der von dem Hilfebedürftigen gewählten neuen Wohnung in Ansehung der Erforderlichkeit eines Umzugs als angemessen darstellen (siehe grundlegend BSG Urteil vom 24.11.2011 - B 14 AS 107/10 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 52 RdNr 18).

22

Eine Notwendigkeit des Umzugs in dem Sinne, dass zB gesundheitliche Gründe einen solchen unerlässlich machen, sind nach den Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht gegeben. Aber auch eine Erforderlichkeit des Umzugs im weiteren Sinne ist für den vorliegenden konkreten Fall zu verneinen. Zwar kann grundsätzlich gerade die Tatsache, dass der Hilfebedürftige alleinerziehend und damit uU besonderen Belastungen ausgesetzt ist, zu einer Bejahung der Erforderlichkeit führen. Vorliegend würde sich die Lebenssituation der Kläger aber nicht so verändern, dass diese Veränderung in den persönlichen Umständen eine Neubestimmung der für die Kläger angemessenen Wohnkosten gerechtfertigt erscheinen ließe. Es ist nicht erkennbar, dass der bereits 13 Jahre alte Kläger zu 2 einer engmaschigen Betreuung durch seine Großmutter bedurfte. Ebenso wenig ändert sich die Lebenssituation der Klägerin zu 1 wesentlich dadurch, dass sie wenige hundert Meter kürzere Wege zu bewältigen hat.

23

4. Ausgehend von der mangelnden Erforderlichkeit des Umzugs sind nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aF Leistungen für Unterkunft und Heizung nur in Höhe der bis dahin zu tragenden angemessenen Aufwendungen zu erbringen. Zeitlich ist als Bezugspunkt der Zeitpunkt des Umzugs maßgeblich, hier also der 1.6.2007. Die Gesamtmieten (Kaltmiete/Betriebskosten/Heizkosten) der alten und der neuen Wohnung zu diesem Zeitpunkt sind dabei zu vergleichen (hM siehe nur Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 22 RdNr 111; aA Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand Oktober 2012, K § 22 RdNr 233). Tatbestandsvoraussetzung dieser Deckelung ist aber, dass für den örtlichen Vergleichsraum überhaupt zutreffend ermittelte abstrakte Angemessenheitsgrenzen bestehen. Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, scheidet eine Deckelung aus. Da es hierzu an Feststellungen seitens des LSG fehlt, kann über die Rechtmäßigkeit der hier streitbefangenen Deckelung nicht abschließend entschieden werden.

24

a) Normativer Anknüpfungspunkt für die Voraussetzung des Bestehens einer zutreffend ermittelten abstrakten Angemessenheitsgrenze ist, dass der Wortlaut der Regelung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II die Erhöhung der "angemessenen" Aufwendungen für Unterkunft und Heizung fordert. Damit ist nach dem Regelungszusammenhang auf § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II Bezug genommen, wonach Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden, soweit diese "angemessen" sind. Zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit der Unterkunft muss der abstrakt als angemessen anzuerkennende Mietpreis unter Berücksichtigung der örtlichen Besonderheiten ermittelt werden ("Referenzmiete", vgl BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 23). Erforderlich dazu sind überprüfbare Erhebungen und Auswertungen, die eine hinreichende Gewähr dafür bieten, dass sie die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarkts wiedergeben ("schlüssiges Konzept", siehe nur BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 24). Die Ermittlung abstrakt angemessener Aufwendungen für Heizung begegnet zwar praktischen Schwierigkeiten (vgl BSG Urteil vom 12.6.2013 - B 14 AS 60/12 R - BSGE 114, 1 = SozR 4-4200 § 22 Nr 69, RdNr 21), die Möglichkeit ist jedoch vom Gesetzgeber mittlerweile ausdrücklich vorgesehen (§ 22b Abs 1 Satz 2 und 3 SGB II; vgl BSG Urteil vom 4.6.2014 - B 14 AS 53/13 R - BSGE 116, 94 = SozR 4-4200 § 22a Nr 2, RdNr 30 ff).

25

b) Der so näher bestimmte Begriff der Angemessenheit in § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II wird in § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aufgegriffen und dazu in der Begründung des Gesetzentwurfs ausgeführt(BT-Drucks 16/1410 S 23), dass mit der Regelung die Kosten der Unterkunft und Heizung in den Fällen auf die bisherigen angemessenen Unterkunftskosten begrenzt werden, in denen Hilfebedürftige unter Ausschöpfung der durch den kommunalen Träger festgelegten Angemessenheitsgrenzen für Wohnraum in eine Wohnung mit höheren, gerade noch angemessenen Kosten ziehen. Dieser Intention nimmt die Änderung durch Einfügung des zweiten "angemessen" durch das Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21.12.2008 (BGBl I 2917) nichts und fügt ihr auch nichts hinzu. Hierzu ist in der Begründung dieses Gesetzentwurfs ausgeführt (BT-Drucks 16/10810 S 49), dass die mit dem Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende eingeführte Begrenzung der Leistungen für Unterkunft und Heizung bei einem nicht erforderlichen Umzug auf Anregungen aus der Praxis dahingehend präzisiert werde, dass die Leistungen für die neue Unterkunft bei einem nicht erforderlichen Umzug auf die bisherigen angemessenen Kosten zu begrenzen seien.

26

c) Vor diesem Hintergrund hat das BSG den Zweck von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II schon in der Vergangenheit darin gesehen, eine missbräuchliche Leistungsinanspruchnahme durch Ausschöpfung der abstrakten Angemessenheitsgrenzen zu verhindern und den Kommunen im Hinblick auf die Kostensteigerungen bei Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II eine Steuerungsfunktion zu belassen(BSG Urteil vom 9.4.2014 - B 14 AS 23/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 75 RdNr 21). Insbesondere hat es entschieden, dass die Vorschrift von vornherein keine Anwendung findet auf Fallgestaltungen, bei denen ein Umzug über die Grenzen des Vergleichsraums im Sinne der Rechtsprechung des BSG hinaus vorgenommen wird (vgl BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 60/09 R - BSGE 106, 147 = SozR 4-4200 § 22 Nr 35, RdNr 19 ff). Im Hinblick auf diesen Schutzzweck kann die Norm auch bei einem Umzug innerhalb desselben Vergleichsraums Anwendung nur dann finden, wenn und soweit zutreffend ermittelte kommunale Angemessenheitsgrenzen bestehen. Vor der Ausschöpfung einer solchen Angemessenheitsgrenze durch nicht erforderliche Umzüge soll auch der örtliche Wohnungsmarkt geschützt werden (vgl BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 60/09 R - BSGE 106, 147 = SozR 4-4200 § 22 Nr 35, RdNr 19 ff; BSG Urteil vom 9.4.2014 - B 14 AS 23/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 75 RdNr 21).

27

d) Das LSG wird demgemäß zu ermitteln haben, ob eine zutreffend ermittelte abstrakte kommunale Angemessenheitsgrenze für die Unterkunftskosten besteht. Ist dies nicht der Fall, scheidet eine Leistungsdeckelung nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aus. Dies schließt jedoch eine Prüfung der Unangemessenheit im Einzelfall im Rahmen des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II nicht aus. Es könnte dann für die Begrenzung der Nettokaltmiete und der kalten Nebenkosten auf die Werte der Wohngeldtabelle zuzüglich eines Zuschlags von 10 % abgestellt werden (siehe BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, RdNr 23; Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 27).

28

Wenn eine zutreffend ermittelte abstrakte kommunale Angemessenheitsgrenze für die Heizaufwendungen nicht besteht, scheidet auch insoweit eine Deckelung nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aus. Eine Prüfung der Unangemessenheit der Heizkosten im Einzelfall kann, wie auch bei den Unterkunftskosten, im Rahmen des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II stattfinden, wobei hierfür eine Orientierung an den Grenzwerten aus bundesweitem oder kommunalem Heizspiegel zu erfolgen hat(BSG Urteil vom 12.6.2013 - B 14 AS 60/12 R - BSGE 114, 1 = SozR 4-4200 § 22 Nr 69, RdNr 22).

29

5. Sollten die Ermittlungen des LSG zu dem Ergebnis führen, dass im vorliegenden Fall rechtmäßig ermittelte abstrakte kommunale Angemessenheitsgrenzen existieren, wäre die Deckelung durch die angefochtenen Bescheide rechtmäßig. Allerdings wäre dann zu beachten, dass sich zeitlich nachfolgende Anhebungen dieser Angemessenheitsgrenzen auf die Deckelung auswirken. Die durch die Anhebung der abstrakten kommunalen Angemessenheitsgrenzen anerkannten Kostensteigerungen auf dem örtlichen Wohnungsmarkt sind bei fortdauernder Deckelung zu berücksichtigen ("Dynamisierung"). Der Schutz des Leistungsträgers und des örtlichen Wohnungsmarkts vor der Ausschöpfung einer Angemessenheitsgrenze durch nicht erforderliche Umzüge ist insoweit von dem Regelungswillen des Gesetzgebers nicht umfasst, denn er bezieht sich nur auf die Ausschöpfung der Angemessenheitsgrenzen im Einzelfall und nicht auf Erhöhung der allgemeinen Angemessenheitsgrenzen durch wirtschaftliche Entwicklungen und dadurch bedingte anerkannte Kostensteigerungen.

30

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tenor

Auf die Revisionen der Kläger wird das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 4. Dezember 2013 (L 10 AS 285/11) aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Umstritten ist die Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für den Zeitraum vom 1.6.2007 bis zum 30.4.2009. Die Kläger wenden sich gegen die sogenannte "Deckelung" der Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aufgrund eines nach Ansicht des beklagten Jobcenters nicht erforderlichen Umzugs.

2

Die im Jahr 1971 geborene Klägerin zu 1 lebte vor dem streitigen Zeitraum mit ihrem im April 1994 geborenen Sohn, dem Kläger zu 2, in einer Bedarfsgemeinschaft in einer 58 qm großen Wohnung in der P Straße in S, für die ab dem 1.11.2006 monatlich insgesamt 305,31 Euro zu entrichten waren (Nettokaltmiete 219,94 Euro, Betriebskosten 36,07 Euro, Heizkosten/Warmwasser 44,73 Euro, Wasser/Abwasser 4,57 Euro). Auf ihren Fortzahlungsantrag vom 11.1.2007 bewilligte der Beklagte den Klägern für März bis August 2007 Grundsicherungsleistungen unter Berücksichtigung eines Gesamtbedarfs für Unterkunft und Heizung in Höhe von 298,60 Euro. Den am selben Tag gestellten Antrag auf Zusicherung für einen Umzug lehnte der Beklagte bestandskräftig ab. Zugleich wurde darauf hingewiesen, dass im Falle des Umzugs die Leistungen für Unterkunft und Heizung nur noch in der bisherigen Höhe übernommen würden.

3

Am 22.3.2007 stellte die Klägerin zu 1 erneut einen Antrag auf Zusicherung zum Umzug in eine 58 qm große Wohnung in der G straße in S Als Umzugsgrund gab die Klägerin zu 1 insbesondere die Möglichkeit der Betreuung ihres Kindes durch ihre Mutter an, die im selben Haus wohne. Mit Bescheid vom 27.3.2007 lehnte der Beklagte den Antrag mangels Erforderlichkeit des Umzugs ab, der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 14.5.2007).

4

Zum 1.6.2007 zogen die Kläger in die Wohnung in der G straße, für die eine Gesamtmiete von 327,59 Euro (Nettokaltmiete 226,59 Euro, Betriebskosten 36 Euro, Heizkosten/Warmwasser 50 Euro, Wasser/Abwasser 15 Euro) zu entrichten war. Mit Änderungsbescheid vom 6.6.2007 und sodann, jeweils auf Fortzahlungsanträge hin sowie aufgrund weiterer Änderungsbescheide, bewilligte der Beklagte den Klägern als Leistungen für Unterkunft und Heizung bis April 2009 weiterhin 298,60 Euro und übernahm Nachzahlungen wegen Nebenkostenabrechnungen sowohl für die Wohnung in der P Straße für die Jahre 2006 und 2007 sowie für die G straße für die Jahre 2007, 2008 und 2009. Die Miete in dieser Wohnung erhöhte sich bis auf insgesamt 387,70 Euro ab dem 1.12.2008 (Nettokaltmiete 226,59 Euro, Betriebskosten 36,21 Euro, Heizkosten 118,19 Euro, Wasser/Abwasser 6,71 Euro).

5

Am 26.1.2009 stellte die Klägerin zu 1 einen Überprüfungsantrag, mit welchem sie die Übernahme der vollständigen tatsächlichen Unterkunftskosten für die Wohnung in der G straße ab dem 1.6.2007 begehrte. Der Beklagte lehnte den Überprüfungsantrag unter Hinweis auf die mangelnde Zusicherung zum Umzug ab (Bescheid vom 3.2.2009, Widerspruchsbescheid vom 12.3.2009).

6

Die von den Klägern erhobenen Klagen zum Sozialgericht (SG) wurden mit Urteil vom 17.5.2011 abgewiesen, die eingelegten Berufungen zum Landessozialgericht (LSG) wurden zurückgewiesen (Urteil vom 4.12.2013). Das LSG hat in seinem Urteil ausgeführt, die Kläger hätten wegen § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II keinen Anspruch auf teilweise Rücknahme der bestandskräftigen Bewilligungsbescheide nach § 44 Abs 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) und Gewährung höherer Leistungen für Unterkunft und Heizung als die ursprünglich für die Wohnung in der P Straße bewilligten 298,60 Euro. Eine Zusicherung zum Umzug hätten die Kläger nicht gehabt, der Umzug in die G straße sei auch nicht erforderlich gewesen. Es gebe keine objektiven Anhaltspunkte dafür, dass der Wohnungszustand der Wohnung in der P Straße einen Umzug in eine andere Wohnung erforderlich gemacht habe. Auch im Hinblick auf die Mitbetreuung des Klägers zu 2 durch die Mutter der Klägerin zu 1 sei der Umzug nicht erforderlich gewesen, Hausaufgabenbetreuung und Mittagessen hätten auch im Haushalt der Mutter der Klägerin zu 1 erbracht werden können, dem Kläger zu 2 selbst sei die Wegstrecke angesichts seines Alters von 13 Jahren ohne Weiteres zumutbar. Soweit die Klägerin zu 1 auf ihre Hilfe bei der Pflege ihrer Großeltern verweise, sei diese Pflege zum einen überwiegend durch die Mutter der Klägerin zu 1 realisiert worden, zum anderen habe die Entfernung der Wohnung der Klägerin zu 1 zu der der Großeltern lediglich 1 km betragen, die Verkürzung der einfachen Wegstrecke auf ca 300 m sei nicht so erheblich, dass sie einen Umzug erforderlich erscheinen ließe. Rechtsfolge sei die Deckelung der Leistungen für Unterkunft und Heizung auf die bis dahin zu tragenden Aufwendungen. Dies sei vorliegend die von den Klägern bis zum 31.5.2007 gezahlte Bruttowarmmiete von 305,31 Euro abzüglich der Kosten der Warmwasserbereitung von 10,11 Euro, mithin eine monatliche Leistung für Unterkunft und Heizung von 295,20 Euro. Der Beklagte habe jedoch bereits monatlich 298,60 Euro gewährt und zudem für die Zeit ab Juni 2007 die sich ergebenden Nachzahlungsbeträge auf die Heiz- und Betriebskosten übernommen. Soweit die Kläger geltend machten, bei der gesetzlichen Regelung würden umzugsunabhängige Kostensteigerungen, insbesondere bei den Heizkosten, nicht berücksichtigt, führe dies zu keinem anderen Ergebnis. Eine Dynamisierung des Deckelungsbetrags anhand von Entwicklungsdaten des allgemeinen Wohnungsmarkts sei vom Wortlaut der Norm nicht gedeckt. Man teile auch nicht die verfassungsrechtlichen Bedenken der Kläger, denn es sei zu berücksichtigen, dass § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II nur eingreife, wenn der Leistungsempfänger gleichsam ohne Not höhere Kosten auslöse und somit seine Situation selbst verschuldet sei. Im Übrigen könne durch einen weiteren Umzug die Deckelung beendet werden.

7

Dagegen wenden sich die Kläger mit den vom LSG zugelassenen Revisionen. Sie rügen eine Verletzung von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II, soweit darin eine zeitlich unbefristete und starre Vorschrift zur Deckelung der Kosten der Unterkunft und Heizung gesehen werde. Zumindest sei eine Dynamisierung der individuellen Angemessenheitsgrenze aufgrund allgemeiner Kostensteigerungen notwendig. Abgesehen davon, dass die Zusicherung zum Umzug hier nicht habe verweigert werden dürfen, entspreche die dauerhafte Deckelung auch eher einer Sanktionierung sozialwidrigen Verhaltens. Sie berücksichtige weder die Kostenentwicklung in der bisherigen Unterkunft, noch die fehlende Kausalität zwischen dem Umzug und der Mehrkosten, bezogen auf die Kosten für Heizung und Wasser, da diese auf Witterungseinflüssen und steigenden Energiekosten beruhten.

8

Die Kläger beantragen,
die Urteile des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 4. Dezember 2013 - L 10 AS 285/11 - und des Sozialgerichts Schwerin vom 17. Mai 2011 - S 22 AS 672/09 - sowie den Bescheid des Beklagten vom 3. Februar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. März 2009 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihnen unter Änderung des Bescheides vom 6. Juni 2007 (Bewilligungsabschnitt 1. Juni bis 31. August 2007), des Bescheides vom 31. Juli 2007 (Bewilligungsabschnitt 1. September 2007 bis 29. Februar 2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 21. Januar 2008, des Bescheides vom 31. Juli 2007 (Bewilligungsabschnitt 1. März 2008 bis 30. April 2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 22. April 2008, des Bescheides vom 26. März 2008 (Bewilligungsabschnitt 1. Mai 2008 bis 31. Oktober 2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 22. April 2008, sowie des Bescheides vom 25. September 2008 (Bewilligungsabschnitt 1. November 2008 bis 30. April 2009) Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe ihrer tatsächlichen Aufwendungen, abzüglich der Warmwasserkostenpauschale, vom 1. Juni 2007 bis zum 30. April 2009 zu zahlen.

9

Der Beklagte beantragt,
die Revisionen der Kläger zurückzuweisen.

10

Er hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässigen Revisionen der Kläger sind im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und der Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz). Es konnte nicht abschließend entschieden werden, ob den Klägern für den streitgegenständlichen Zeitraum höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung zustehen, denn es fehlt insofern an ausreichenden Feststellungen des LSG.

12

1. Gegenstand der Revisionsverfahren sind neben der Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidungen die Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom 3.2.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.3.2009, mit dem die Überprüfungsanträge der Kläger mit dem Ziel, vom 1.6.2007 bis zum 30.4.2009 die vollen tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung zu erlangen, abgelehnt worden sind. Mithin sind streitgegenständlich auch die jeweiligen Leistungsbescheide, mit denen Leistungen für Unterkunft und Heizung in dem von den Klägern durch ihre Überprüfungsanträge vorgegebenen Zeitraum bewilligt worden sind. Dies sind - neben den von den Klägern selbst aufgeführten Bescheiden - auch die zur Ermittlung des "wirklich Gewollten" (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 95 RdNr 5) einzubeziehenden Bescheide vom 6.6.2007 (Bewilligungsabschnitt 1.6. bis 31.8.2007), des Bescheids vom 31.7.2007 (Bewilligungsabschnitt 1.9.2007 bis 29.2.2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 21.1.2008, des Bescheids vom 31.7.2007 (Bewilligungsabschnitt 1.3.2008 bis 30.4.2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 22.4.2008, des Bescheids vom 26.3.2008 (Bewilligungsabschnitt 1.5.2008 bis 31.10.2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 22.4.2008, sowie des Bescheids vom 25.9.2008 (Bewilligungsabschnitt 1.11.2008 bis 30.4.2009).

13

Die vorgenommene Beschränkung auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung ist zulässig (stRspr, siehe BSG Urteil vom 23.5.2013 - B 4 AS 67/12 R - BSGE 113, 270 = SozR 4-4200 § 22 Nr 68, RdNr 12 mwN). Ihr Begehren haben die Kläger zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage geltend gemacht (§ 54 Abs 1 und Abs 4 SGG).

14

2. Als Rechtsgrundlage für den Antrag der Kläger auf Überprüfung der Leistungsbescheide für die Zeit vom 1.6.2007 bis zum 30.4.2009 hinsichtlich der Leistungen für Unterkunft und Heizung kommt nur § 40 Abs 1 Satz 1 SGB II iVm § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X in Betracht. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.

15

Der Antrag der Kläger genügt den Anforderungen für einen Überprüfungsantrag eines Leistungsberechtigten nach § 44 SGB X. Dazu gehört nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ( Urteil vom 13.2.2014 - B 4 AS 22/13 R - BSGE 115, 126 = SozR 4-1300 § 44 Nr 28 mwN), dass der Antrag konkretisierbar ist und entweder aus dem Antrag selbst - ggf nach Auslegung - oder aus einer Antwort des Antragstellers auf eine Nachfrage des Leistungsträgers der Umfang der Prüfpflicht für die Verwaltung bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens erkennbar ist. Dazu muss der Leistungsberechtigte in der Regel in seinem Überprüfungsantrag einen oder ggf mehrere zu überprüfende Verwaltungsakte konkret aufführen. Dies ist nur dann entbehrlich, wenn bei objektiver Betrachtung aus dem Vorbringen des Antragstellers der zu überprüfende Verwaltungsakt ohne Weiteres zu ermitteln ist (siehe dazu auch BSG Urteil vom 28.10.2014 - B 14 AS 39/13 R - SozR 4-1300 § 44 Nr 31 RdNr 15).

16

Die Klägerin zu 1 hatte vorliegend - wie bereits vom SG und vom LSG ausgeführt - erkennbar auch für den mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Sohn, den Kläger zu 2, mit Schreiben vom 26.1.2009 die Überprüfung "von Leistungsbescheiden ab 1.6.2007 im Hinblick auf die Übernahme der Unterkunftskosten" beantragt und dem einen Antrag auf Übernahme der vollständigen Unterkunftskosten der Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 387,70 Euro beigefügt. Dies reicht bei objektiver Betrachtung als Anknüpfungspunkt für eine Überprüfung aus, denn es ist bei verständiger Würdigung der Sachlage klar zu erkennen gewesen, dass die Klägerin zu 1 nach dem Umzug in die G straße zum 1.6.2007 die dort zu zahlenden tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung für sich und den Kläger zu 2 begehrt.

17

3. Es kann aber vorliegend nicht abschließend entschieden werden, ob iS des § 44 Abs 1 SGB X das Recht unrichtig angewandt worden ist und deshalb durch die vorgenommene "Deckelung" zu niedrige Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht worden sind. Zwar hat das LSG zutreffend angenommen, dass der Umzug der Kläger nicht erforderlich gewesen ist (dazu unter 3.c). Es fehlen aber Feststellungen dazu, ob und ggf inwieweit für den streitbefangenen Zeitraum zutreffend ermittelte abstrakte kommunale Angemessenheitsgrenzen als weitere Voraussetzung für die Anwendung von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II bestanden haben(dazu unter 4.).

18

a) Die Kläger erfüllen aus dem Gesamtzusammenhang der vom LSG zugrunde gelegten Tatsachen die Voraussetzungen des § 7 SGB II für Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende im Hinblick auf das Alter, die Erwerbsfähigkeit, die Hilfebedürftigkeit und des gewöhnlichen Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland. Der Anspruch umfasst dem Grunde nach auch Leistungen für Unterkunft und Heizung. Es ist dabei auf die tatsächlichen Unterkunftskosten abzustellen, soweit sie angemessen sind (vgl § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II; siehe auch zB BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 20 ff).

19

b) Die Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung für die Wohnung in der G straße scheitert nicht an der fehlenden Zusicherung des Beklagten für einen Umzug (vgl § 22 Abs 2 SGB II in der in der streitigen Zeit geltenden Fassung, heute: § 22 Abs 4 SGB II). Die vom Beklagten bestandskräftig abgelehnten Anträge auf Zusicherung zur Tragung von Unterkunftskosten nach einem Umzug stellen jeweils nur eine Entscheidung für diesen konkreten Antrag dar und entfalten keine Dauerwirkung für die Zukunft. Der Bescheid erschöpft sich in der Ablehnung der Zusicherung für den Einzelfall. Dass die Kläger somit für ihren Umzug in die G straße keine Zusicherung nach § 22 Abs 2 SGB II aF eingeholt haben, ist insofern ohne Belang, als die Zusicherung keine Anspruchsvoraussetzung darstellt(BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, RdNr 27).

20

c) Ungeachtet der Frage der Zusicherung liegen die Voraussetzungen von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II für eine mögliche "Deckelung" im hiesigen Fall jedenfalls insoweit vor, als der Umzug der Kläger in die G straße nicht erforderlich war.

21

Der Prüfung zugrunde zu legen ist § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II in der im streitigen Zeitraum vom 1.6.2007 bis 30.4.2009 anzuwendenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706), der unwesentlich mit Wirkung vom 1.1.2009 durch das Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21.12.2008 (BGBl I 2917) geändert wurde. Danach werden für den Fall, dass sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung erhöhen, die Leistungen weiterhin nur in Höhe der bis dahin zu tragenden (angemessenen) Aufwendungen erbracht. Die Prüfung der Erforderlichkeit eines Umzugs ist in zwei Schritten daran zu messen, ob der Auszug aus der bisherigen Wohnung notwendig oder aus sonstigen Gründen erforderlich ist. In einem weiteren Schritt ist zu prüfen, ob sich die Kosten gerade der von dem Hilfebedürftigen gewählten neuen Wohnung in Ansehung der Erforderlichkeit eines Umzugs als angemessen darstellen (siehe grundlegend BSG Urteil vom 24.11.2011 - B 14 AS 107/10 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 52 RdNr 18).

22

Eine Notwendigkeit des Umzugs in dem Sinne, dass zB gesundheitliche Gründe einen solchen unerlässlich machen, sind nach den Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht gegeben. Aber auch eine Erforderlichkeit des Umzugs im weiteren Sinne ist für den vorliegenden konkreten Fall zu verneinen. Zwar kann grundsätzlich gerade die Tatsache, dass der Hilfebedürftige alleinerziehend und damit uU besonderen Belastungen ausgesetzt ist, zu einer Bejahung der Erforderlichkeit führen. Vorliegend würde sich die Lebenssituation der Kläger aber nicht so verändern, dass diese Veränderung in den persönlichen Umständen eine Neubestimmung der für die Kläger angemessenen Wohnkosten gerechtfertigt erscheinen ließe. Es ist nicht erkennbar, dass der bereits 13 Jahre alte Kläger zu 2 einer engmaschigen Betreuung durch seine Großmutter bedurfte. Ebenso wenig ändert sich die Lebenssituation der Klägerin zu 1 wesentlich dadurch, dass sie wenige hundert Meter kürzere Wege zu bewältigen hat.

23

4. Ausgehend von der mangelnden Erforderlichkeit des Umzugs sind nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aF Leistungen für Unterkunft und Heizung nur in Höhe der bis dahin zu tragenden angemessenen Aufwendungen zu erbringen. Zeitlich ist als Bezugspunkt der Zeitpunkt des Umzugs maßgeblich, hier also der 1.6.2007. Die Gesamtmieten (Kaltmiete/Betriebskosten/Heizkosten) der alten und der neuen Wohnung zu diesem Zeitpunkt sind dabei zu vergleichen (hM siehe nur Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 22 RdNr 111; aA Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand Oktober 2012, K § 22 RdNr 233). Tatbestandsvoraussetzung dieser Deckelung ist aber, dass für den örtlichen Vergleichsraum überhaupt zutreffend ermittelte abstrakte Angemessenheitsgrenzen bestehen. Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, scheidet eine Deckelung aus. Da es hierzu an Feststellungen seitens des LSG fehlt, kann über die Rechtmäßigkeit der hier streitbefangenen Deckelung nicht abschließend entschieden werden.

24

a) Normativer Anknüpfungspunkt für die Voraussetzung des Bestehens einer zutreffend ermittelten abstrakten Angemessenheitsgrenze ist, dass der Wortlaut der Regelung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II die Erhöhung der "angemessenen" Aufwendungen für Unterkunft und Heizung fordert. Damit ist nach dem Regelungszusammenhang auf § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II Bezug genommen, wonach Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden, soweit diese "angemessen" sind. Zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit der Unterkunft muss der abstrakt als angemessen anzuerkennende Mietpreis unter Berücksichtigung der örtlichen Besonderheiten ermittelt werden ("Referenzmiete", vgl BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 23). Erforderlich dazu sind überprüfbare Erhebungen und Auswertungen, die eine hinreichende Gewähr dafür bieten, dass sie die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarkts wiedergeben ("schlüssiges Konzept", siehe nur BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 24). Die Ermittlung abstrakt angemessener Aufwendungen für Heizung begegnet zwar praktischen Schwierigkeiten (vgl BSG Urteil vom 12.6.2013 - B 14 AS 60/12 R - BSGE 114, 1 = SozR 4-4200 § 22 Nr 69, RdNr 21), die Möglichkeit ist jedoch vom Gesetzgeber mittlerweile ausdrücklich vorgesehen (§ 22b Abs 1 Satz 2 und 3 SGB II; vgl BSG Urteil vom 4.6.2014 - B 14 AS 53/13 R - BSGE 116, 94 = SozR 4-4200 § 22a Nr 2, RdNr 30 ff).

25

b) Der so näher bestimmte Begriff der Angemessenheit in § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II wird in § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aufgegriffen und dazu in der Begründung des Gesetzentwurfs ausgeführt(BT-Drucks 16/1410 S 23), dass mit der Regelung die Kosten der Unterkunft und Heizung in den Fällen auf die bisherigen angemessenen Unterkunftskosten begrenzt werden, in denen Hilfebedürftige unter Ausschöpfung der durch den kommunalen Träger festgelegten Angemessenheitsgrenzen für Wohnraum in eine Wohnung mit höheren, gerade noch angemessenen Kosten ziehen. Dieser Intention nimmt die Änderung durch Einfügung des zweiten "angemessen" durch das Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21.12.2008 (BGBl I 2917) nichts und fügt ihr auch nichts hinzu. Hierzu ist in der Begründung dieses Gesetzentwurfs ausgeführt (BT-Drucks 16/10810 S 49), dass die mit dem Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende eingeführte Begrenzung der Leistungen für Unterkunft und Heizung bei einem nicht erforderlichen Umzug auf Anregungen aus der Praxis dahingehend präzisiert werde, dass die Leistungen für die neue Unterkunft bei einem nicht erforderlichen Umzug auf die bisherigen angemessenen Kosten zu begrenzen seien.

26

c) Vor diesem Hintergrund hat das BSG den Zweck von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II schon in der Vergangenheit darin gesehen, eine missbräuchliche Leistungsinanspruchnahme durch Ausschöpfung der abstrakten Angemessenheitsgrenzen zu verhindern und den Kommunen im Hinblick auf die Kostensteigerungen bei Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II eine Steuerungsfunktion zu belassen(BSG Urteil vom 9.4.2014 - B 14 AS 23/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 75 RdNr 21). Insbesondere hat es entschieden, dass die Vorschrift von vornherein keine Anwendung findet auf Fallgestaltungen, bei denen ein Umzug über die Grenzen des Vergleichsraums im Sinne der Rechtsprechung des BSG hinaus vorgenommen wird (vgl BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 60/09 R - BSGE 106, 147 = SozR 4-4200 § 22 Nr 35, RdNr 19 ff). Im Hinblick auf diesen Schutzzweck kann die Norm auch bei einem Umzug innerhalb desselben Vergleichsraums Anwendung nur dann finden, wenn und soweit zutreffend ermittelte kommunale Angemessenheitsgrenzen bestehen. Vor der Ausschöpfung einer solchen Angemessenheitsgrenze durch nicht erforderliche Umzüge soll auch der örtliche Wohnungsmarkt geschützt werden (vgl BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 60/09 R - BSGE 106, 147 = SozR 4-4200 § 22 Nr 35, RdNr 19 ff; BSG Urteil vom 9.4.2014 - B 14 AS 23/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 75 RdNr 21).

27

d) Das LSG wird demgemäß zu ermitteln haben, ob eine zutreffend ermittelte abstrakte kommunale Angemessenheitsgrenze für die Unterkunftskosten besteht. Ist dies nicht der Fall, scheidet eine Leistungsdeckelung nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aus. Dies schließt jedoch eine Prüfung der Unangemessenheit im Einzelfall im Rahmen des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II nicht aus. Es könnte dann für die Begrenzung der Nettokaltmiete und der kalten Nebenkosten auf die Werte der Wohngeldtabelle zuzüglich eines Zuschlags von 10 % abgestellt werden (siehe BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, RdNr 23; Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 27).

28

Wenn eine zutreffend ermittelte abstrakte kommunale Angemessenheitsgrenze für die Heizaufwendungen nicht besteht, scheidet auch insoweit eine Deckelung nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aus. Eine Prüfung der Unangemessenheit der Heizkosten im Einzelfall kann, wie auch bei den Unterkunftskosten, im Rahmen des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II stattfinden, wobei hierfür eine Orientierung an den Grenzwerten aus bundesweitem oder kommunalem Heizspiegel zu erfolgen hat(BSG Urteil vom 12.6.2013 - B 14 AS 60/12 R - BSGE 114, 1 = SozR 4-4200 § 22 Nr 69, RdNr 22).

29

5. Sollten die Ermittlungen des LSG zu dem Ergebnis führen, dass im vorliegenden Fall rechtmäßig ermittelte abstrakte kommunale Angemessenheitsgrenzen existieren, wäre die Deckelung durch die angefochtenen Bescheide rechtmäßig. Allerdings wäre dann zu beachten, dass sich zeitlich nachfolgende Anhebungen dieser Angemessenheitsgrenzen auf die Deckelung auswirken. Die durch die Anhebung der abstrakten kommunalen Angemessenheitsgrenzen anerkannten Kostensteigerungen auf dem örtlichen Wohnungsmarkt sind bei fortdauernder Deckelung zu berücksichtigen ("Dynamisierung"). Der Schutz des Leistungsträgers und des örtlichen Wohnungsmarkts vor der Ausschöpfung einer Angemessenheitsgrenze durch nicht erforderliche Umzüge ist insoweit von dem Regelungswillen des Gesetzgebers nicht umfasst, denn er bezieht sich nur auf die Ausschöpfung der Angemessenheitsgrenzen im Einzelfall und nicht auf Erhöhung der allgemeinen Angemessenheitsgrenzen durch wirtschaftliche Entwicklungen und dadurch bedingte anerkannte Kostensteigerungen.

30

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tenor

Auf die Revisionen der Klägerinnen wird das Urteil des Landessozialgerichtes Baden-Württemberg vom 8. Dezember 2009 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Klägerinnen begehren für die Zeit vom 1.2. bis 31.7.2007 die Berücksichtigung weiterer Kosten der Unterkunft (KdU) und Heizung für die von ihnen bewohnte Wohnung.

2

Die 1975 geborene erwerbsfähige Klägerin zu 1 bewohnte nach der Trennung von ihrem Lebensgefährten und dessen Auszug mit ihrer 2005 geborenen Tochter, der Klägerin zu 2, zunächst eine 45 qm große Zwei-Zimmer-Dachgeschosswohnung ohne Aufzug in F Für diese Wohnung waren monatlich 301 Euro Kaltmiete, 89 Euro Nebenkostenvorauszahlung und 11 Euro für einen Kabelanschluss zu leisten. Für den vorherigen Bewilligungszeitraum bis zum 31.1.2007 hatte der Beklagte den Klägerinnen KdU und Heizung unter Berücksichtigung eines monatlichen Gesamtbedarfs in Höhe von 381,73 Euro (Kaltmiete 301 Euro, Mietnebenkosten - ohne Heizung und Warmwasser - 44,68 Euro, monatliche Heizkosten 34 Euro abzüglich 8,90 Euro Warmwasseraufbereitung und 10,95 Euro Müllgebühr) bewilligt. Nachdem die Klägerin zu 1 dem Beklagten einen Mietvertrag für eine zum 1.11.2006 zu beziehende andere Wohnung in Freiburg mit Gesamtkosten von 605 Euro vorgelegt hatte, erklärte der Beklagte, er werde höhere KdU nicht berücksichtigen, weil ein Umzug nicht erforderlich sei. Die Klägerinnen haben danach von einem Umzug in diese Wohnung Abstand genommen.

3

Am 20.11.2006 mietete die Klägerin zu 1 zum 1.1.2007 eine 54 qm große Zwei-Zimmer-Wohnung ebenfalls in Freiburg an, die monatliche Kosten in Höhe von insgesamt 663 Euro verursachte (515 Euro Kaltmiete, 30 Euro Vorauszahlungen auf Heizung und Warmwasser, 68 Euro Vorauszahlungen auf Betriebskosten, 6 Euro Gemeinschaftsantenne und 44 Euro Tiefgaragenplatz).

4

Nachdem die Klägerin zu 1 den Beklagten am 11.1.2007 von dem Umzug unterrichtet hatte, bewilligte dieser auf den Fortzahlungsantrag vom 25.1.2007 mit Bescheid vom 21.2.2007 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1.2. bis 31.7.2007 unter Berücksichtigung von KdU und Heizung in der bisherigen Höhe von 381,73 Euro. In einem weiteren Bescheid vom 13.2.2007 bleiben die Leistungen für Unterkunft und Heizung unverändert. Den Widerspruch der Klägerinnen, den die Klägerin zu 1 mit der Erforderlichkeit eines Umzugs wegen gesundheitlicher Beschwerden begründete, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21.8.2007 zurück. Die dagegen gerichtete Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg.

5

In seinem Urteil vom 8.12.2009 hat das Landessozialgericht (LSG) ausgeführt, der Umzug sei aus gesundheitlichen Gründen nicht erforderlich gewesen. Für das nächste halbe Jahr sei absehbar gewesen, dass die Tochter der Klägerin zu 1 die Treppen in das vierte Obergeschoss würde bewältigen können. Zur Vermeidung von Wirbelsäulenbeschwerden und Handgelenksschmerzen sei der Klägerin zu 1 die Verwendung von Hilfsmitteln beim Tragen ihrer Tochter zumutbar gewesen. Der behandelnde Orthopäde habe den Umzug in eine Wohnung in einem unteren Geschoss zwar unterstützt, hierfür aber keine zwingenden Diagnosen - wie etwa einen akuten Bandscheibenvorfall - angegeben.

6

Mit den vom erkennenden Senat zugelassenen Revisionen machen die Klägerinnen geltend, das LSG habe den Begriff der Erforderlichkeit nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II zu eng ausgelegt. Der behandelnde Orthopäde und die Hausärztin der Klägerin zu 1 hätten einen Umzug dringend angeregt. Die bisherige Wohnung sei im Übrigen für die Klägerinnen zu klein gewesen und habe deren Wohnbedarf nicht gedeckt. Die Kosten der neuen Wohnung seien angemessen. Bei einem Haushalt einer Alleinerziehenden mit einem Kind müsse die abstrakt angemessene Wohnfläche um 10 qm auf 74 qm erhöht werden. Den Kosten für einen Stellplatz hätten sich die Klägerinnen nicht entziehen können. Gleiches gelte für den Kabelanschluss. Überdies habe das LSG keine Feststellungen hinsichtlich der Abfallentsorgungsgebühren getroffen. Selbst wenn man der Rechtsauffassung des LSG folge, seien die Aufwendungen für die alte Unterkunft fehlerhaft berechnet worden, nach Abzug der Warmwasseraufbereitungskosten seien bei richtiger Berechnung 402 Euro für KdU und Heizung zu berücksichtigen gewesen.

7

Die Klägerinnen beantragen,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 5. Februar 2008 und das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 8. Dezember 2009 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 13. Februar 2007 und 21. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. August 2007 zu verurteilen, Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1. Februar 2007 bis zum 31. Juli 2007 in Höhe von 329,35 Euro für die Klägerin zu 1 und 331,84 Euro für die Klägerin zu 2 zu gewähren.

8

Der Beklagte ist zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen, er hat schriftsätzlich beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die rechtzeitig eingelegten und auch ansonsten zulässigen Revisionen der Klägerinnen (§§ 160, 164 Sozialgerichtsgesetz) sind im Sinne der Aufhebung des Urteils und der Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 SGG). Es konnte nicht abschließend entschieden werden, ob den Klägerinnen für den streitgegenständlichen Zeitraum höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung zustehen, denn es fehlt an ausreichenden Feststellungen des LSG.

10

1. Das beklagte Jobcenter ist gemäß § 70 Nr 1 SGG beteiligtenfähig. Das Bundessozialgericht (BSG) geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass Jobcenter (§ 6d SGB II idF des Gesetzes vom 3.8.2010, BGBl I 1112) mit Wirkung vom 1.1.2011 kraft Gesetzes an die Stelle der bisher beklagten Arbeitsgemeinschaft (vgl § 76 Abs 3 Satz 1 SGB II) getreten sind. Das Passivrubrum war daher von Amts wegen zu berichtigen (vgl dazu insgesamt BSG Urteil vom 18.1.2011 - B 4 AS 99/10 R - SozR 4-4200 § 37 Nr 5).

11

Die Klägerin zu 2 wird als nicht prozessfähige Minderjährige (§ 71 Abs 1 und 2 SGG) durch die Klägerin zu 1 vertreten. Diese übt zwar nicht die alleinige elterliche Sorge aus, sondern ist gemeinsam mit dem Kindsvater sorgeberechtigt (§ 1629 Abs 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch). Der Klägerin zu 1 ist jedoch mit Beschluss des Amtsgerichts Freiburg im Breisgau vom 21.11.2011 das Recht zur alleinigen Vertretung der Klägerin zu 2 im vorliegenden Verfahren übertragen worden.

12

2. Streitgegenstand des Verfahrens ist die Frage, ob den Klägerinnen höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung zustehen, als sie in den zugrunde liegenden Bescheiden vom 13.2. bzw 21.2.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.8.2007 für die Zeit vom 1.2. bis 31.7.2007 bewilligt worden sind. An der Möglichkeit der isolierten Geltendmachung allein der KdU und Heizung (stRspr, vgl zuletzt BSG Urteil vom 6.10.2011 - B 14 AS 66/11 R) hat sich durch die Neufassung des § 19 Abs 1 SGB II durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 453), das insofern zum 1.1.2011 in Kraft getreten ist, zumindest für das laufende Verfahren über vorher abgeschlossene Bewilligungsabschnitte nichts geändert.

13

3. Die Klägerinnen erfüllen nach den Feststellungen des LSG die Voraussetzungen des § 7 SGB II für Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Ihr Anspruch umfasst dem Grunde nach auch Leistungen für KdU und Heizung. Es ist dabei auf die tatsächlichen Unterkunftskosten abzustellen, diese sind aber nicht unbegrenzt erstattungsfähig, sondern nur insoweit, als sie angemessen sind (vgl § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II; BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 2/10 R). Dabei ist die allgemeine Angemessenheit gemäß § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II nach der Rechtsprechung des BSG in einem mehrstufigen Verfahren zu ermitteln(vgl nur SozR 4-4200 § 22 Nr 26 RdNr 12). Demgegenüber können sich bei einem Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach einer individuellen Grenze bestimmen, § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706). Danach werden, wenn sich durch einen nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung erhöhen, die Leistungen weiterhin nur in Höhe der bis dahin zu tragenden Aufwendungen erbracht. Der Anwendungsbereich der Norm ist nach Systematik und Sinn und Zweck auf Umzüge im örtlichen Vergleichsraum beschränkt (vgl BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 60/09 R - BSGE 106, 147 = SozR 4-4200 § 22 Nr 35). § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II hat die Funktion einer individuellen Angemessenheitsgrenze. Lebt der Hilfebedürftige innerhalb des maßgeblichen Vergleichsraums in einer kostenangemessenen Wohnung, die seine existenziellen Wohnbedürfnisse ausreichend erfüllt, ist die Übernahme weitergehender Kosten nicht geboten. Zur Vermeidung von (allgemeinen) Kostensteigerungen im maßgeblichen Vergleichsraum bleibt sein Anspruch auf die Kosten dieser Wohnung beschränkt, solange nicht Veränderungen in seinen persönlichen Umständen eintreten, die eine Neubestimmung der für ihn angemessenen Wohnkosten innerhalb der allgemeinen Angemessenheitsgrenzen des Satzes 1 gerechtfertigt erscheinen lassen.

14

4. Die Prüfung der Erforderlichkeit eines Umzugs ist in zwei Schritten daran zu messen, ob der Auszug aus der bisherigen Wohnung notwendig (dazu unter a) oder aus sonstigen Gründen erforderlich ist (dazu unter b). In einem weiteren Schritt ist zu prüfen, ob sich die Kosten gerade der von dem Hilfebedürftigen gewählten neuen Wohnung in Ansehung der Erforderlichkeit eines Umzugs als angemessen darstellen (dazu unter c).

15

a) Eine Beschränkung auf die bisherigen KdU und Heizung kommt von vornherein dann nicht in Betracht, wenn der Umzug in eine andere Wohnung notwendig in dem Sinne ist, dass die bisherige Wohnung den Unterkunftsbedarf des Hilfebedürftigen als Teil der verfassungsrechtlich garantierten Existenzsicherung nicht (mehr) zu decken vermag. Hierunter fallen vor allem auch gesundheitliche Gründe, die einen Verbleib in der bisherigen Wohnung nicht zulassen.

16

Die Notwendigkeit eines Umzugs in dem genannten Sinne hat das LSG verneint. Der behandelnde Arzt habe keine "zwingenden Diagnosen" wie etwa einen akuten Bandscheibenvorfall mitgeteilt. Er habe lediglich ausgeführt, dass das Tragen von Lasten über fünf Kilogramm vermieden werden sollte, nicht aber, dass dies aus gesundheitlichen Gründen dringend erforderlich sei. Vielmehr habe er mitgeteilt, dass das Tragen von Lasten oberhalb von fünf Kilogramm nicht gesundheitsschädlich sei. Während das LSG daraus rechtsfehlerfrei den Schluss ziehen konnte, der Umzug sei aus gesundheitlichen Gründen nicht zwingend erforderlich, hat es die Grenzen freier Beweiswürdigung insoweit überschritten, als es ausgeführt hat, es sei den Senatsmitgliedern als Mutter von drei bzw Vater von zwei Kindern aus eigener Erfahrung bekannt, dass im Zusammenhang mit der Kleinkinderziehung vorübergehende Rückenbeschwerden durchaus als normal anzusehen und damit kurzzeitige Belastungen im Zusammenhang mit dem Begehen des Treppenhauses hinnehmbar seien. Selbst wenn man unter Berücksichtigung der dargelegten Überschreitung der Grenzen freier Beweiswürdigung die Prüfung der Notwendigkeit eines Umzugs als ausreichend erachtet, so ist die Prüfung des LSG aber insoweit unvollständig, als es davon ausgegangen ist, lediglich zwingende gesundheitliche Gründe, nicht schon gesundheitliche Beeinträchtigungen und die mit der Wohnlage im vierten Stock allgemein für Familien mit Kindern verbundenen Einschränkungen seien bei der Prüfung der Erforderlichkeit anzuerkennen.

17

b) § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II umfasst aber auch die Fälle, in denen der Umzug zwar nicht zwingend notwendig ist, aber aus sonstigen Gründen erforderlich erscheint. Dies folgt zum einen aus dem Wortlaut von Satz 2, der ausdrücklich nicht auf die Notwendigkeit des Umzugs oder auf zwingende Gründe Bezug nimmt. Außerdem ergibt sich daraus, dass gemäß § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II Unterkunftskosten in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden, soweit sie angemessen sind, dass der Gesetzgeber sich - anders als bei der pauschalierten Regelleistung - bei den Unterkunftskosten zunächst vom Prinzip der Einzelfallgerechtigkeit leiten lässt. Aus dem einzelfallbezogenen Charakter der KdU und Heizung ist zu schließen, dass objektiv bestehende sachliche Gründe - im Rahmen des Angemessenen - zu beachten sind. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II die Übernahme solcher Kosten einschränkt, die nach allgemeinen Maßstäben im Vergleichsraum als angemessen anzusehen sind. Damit sind Einschränkungen für eine Gruppe von Hilfebedürftigen verbunden, denen weder in den örtlichen Vergleichsraum zuziehende Hilfebedürftige (dazu BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 60/09 R - BSGE 106, 147 = SozR 4-4200 § 22 Nr 35) noch geringverdienende, aber nicht im Leistungsbezug stehende Personen (vgl dazu BSG Urteil vom 30.8.2010 - B 4 AS 10/10 R - BSGE 106, 283 = SozR 4-4200 § 22 Nr 40) unterworfen sind. Bereits ortsansässige im Leistungsbezug stehende Hilfebedürftige sollen insoweit die Vorteile, die sich für Hilfebedürftige insbesondere aus der Bestimmung der Angemessenheit nach der Produkttheorie ergeben, nicht in vollem Umfang ausschöpfen können. Veränderungen im Wohnumfeld sind für sie aus grundsicherungsrechtlicher Sicht nur möglich, soweit sie kostenneutral erfolgen können. Die mit dieser Einschränkung verbundenen Nachteile gebieten es aber, vom Hilfebedürftigen nur maßvolle Beschränkungen in seinen Gestaltungsmöglichkeiten zu fordern. Dies entspricht im Grundsatz der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zum Bundessozialhilfegesetz (BSHG), wonach ein Umzug (auch) dann als erforderlich angesehen werden konnte, wenn ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Grund für den Wohnungswechsel vorlag, von dem sich auch ein Nichthilfebedürftiger leiten lassen würde (vgl Oberverwaltungsgericht Lüneburg Beschluss vom 10.2.1987 - 4 B 283/86, FEVS 36, 291 <295>).

18

aa) Das LSG hat den Vortrag der Klägerinnen lediglich unter dem Blickwinkel der zwingenden Notwendigkeit eines Umzugs geprüft, nicht aber, ob vorliegend für den Wohnungswechsel ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Grund vorgelegen hat, von dem sich auch ein Nichthilfebedürftiger hätte leiten lassen. Es hat in diesem Zusammenhang insbesondere der Situation einer Alleinerziehenden zu wenig Beachtung geschenkt, die dadurch geprägt wird, dass bei der Betreuung des Kindes und im Haushalt nicht von einem arbeitsteiligen Zusammenwirken mit einem anderen Erwachsenen ausgegangen werden kann. Zudem dürfte es nicht der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechen, ein Kind im Alter von zwei Jahren könne im Alltag regelmäßig und mehrfach täglich selbstständig vier Stockwerke überwinden.

19

bb) Entgegen dem Vortrag der Klägerinnen im Revisionsverfahren spricht dagegen auf der Grundlage des vom LSG festgestellten Sachverhalts nichts dafür, dass sich allein aus der Größe der ursprünglich innegehabten Wohnung eine Erforderlichkeit zum Umzug ergibt. Es handelte sich nach den Feststellungen des LSG um eine Zwei-Zimmer-Wohnung, die eine Trennung in Schlaf- und Wohnbereich ermöglichte und die damit allein im Hinblick auf ihre Größe einen Umzug einer alleinstehenden Erwachsenen und ihrem Kleinkind nicht erforderlich macht. Allein die Unterschreitung der Höchstfläche nach den landesrechtlichen Förderbestimmungen um eine bestimmte Quadratmeterzahl lässt jedenfalls keinen generellen Rückschluss auf die Erforderlichkeit eines Umzugs zu.

20

c) Selbst wenn man aber mit den Klägerinnen davon ausgeht, der Umzug einer Alleinerziehenden mit einem Kleinkind aus einer Wohnung im vierten Stock ohne Aufzug sei bei vorhandenen Wirbelsäulen- und Handgelenksbeschwerden auch aus der Sicht eines Nichthilfeempfängers plausibel, nachvollziehbar und verständlich, setzt die Verpflichtung des Grundsicherungsträgers zur Übernahme von Mehrkosten voraus, dass sich der Einzug gerade in die von den Hilfebedürftigen gewählte neue Wohnung als erforderlich und geeignet zur Abwendung von nicht mehr weiter hinzunehmenden Nachteilen der bisherigen Wohnung erweist und die Kosten der neuen Wohnung auch unter Ansehung eines nachvollziehbaren und plausiblen Veränderungswunsches als angemessen anzusehen sind. Dies entspricht der Rechtsprechung zu § 22 BSHG iVm § 3 Abs 1 Satz 1 Regelsatzverordnung(vgl Bundesverwaltungsgericht Urteil vom 17.11.1994 - 5 C 11/93 - BVerwGE 97, 110, 115).

21

Vor diesem Hintergrund erscheint es nach dem bisherigen Sachstand bei dem Ausmaß einer Kostensteigerung um rund 170 % wenig plausibel, dass der Umzug in die neue Wohnung erforderlich war. Es können im Anwendungsbereich des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II lediglich Veränderungen privilegiert sein, die sich zum einen innerhalb des Marktsegments realisieren lassen, auf dass der Hilfebedürftige nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II zu verweisen ist. Zum anderen muss die Überschreitung der Höhe der bisherigen KdU in einem angemessenen Verhältnis zur Ursache des (nicht zwingend erforderlichen) Umzugs in die neue Wohnung stehen; dh der durch den Umzug erzielbare Gewinn an Lebensqualität lässt auch unterhalb der Angemessenheitsgrenze allenfalls eine geringfügige Kostensteigerung zu. Das Regelungsgefüge von § 22 Abs 1 Satz 1 und 2 und Abs 2 SGB II schließt es bei der vorgegebenen Einzelfallprüfung nicht aus, den Gesichtspunkt der verursachten Mehrkosten zu berücksichtigen(vgl Berlit in LPK-SGB II, 4. Aufl 2011, § 22 RdNr 66; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, § 22 RdNr 97 und 100). Ein entsprechender Vergleich der Kosten wird schließlich auch von Nichthilfebedürftigen bei einer entsprechenden Entscheidung hinsichtlich eines Umzugs angestellt.

22

5. Eine abschließende Entscheidung kann der Senat allerdings deshalb nicht treffen, weil das LSG - ausgehend von seiner Rechtsauffassung - Feststellungen zur allgemeinen Angemessenheitsgrenze der KdU und Heizung nicht getroffen hat. Die entsprechende Prüfung für den Wohnort der Klägerinnen wird das LSG nachzuholen haben (vgl dazu BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46).

23

Sollte sich als Rechtsfolge eines nicht erforderlichen Umzugs ergeben, dass der Beklagte Leistungen für KdU und Heizung nur in Höhe der bis dahin zu tragenden Aufwendungen zu erbringen hat (§ 22 Abs 1 Satz 2, 2. Halbs SGB II), so ist dazu der bisherige Bedarf durch das LSG zu ermitteln. § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II soll keine rechtswidrige Entscheidung zu den bisherigen KdU und Heizung perpetuieren. So wird etwa zu prüfen sein, ob die Abfallgebühren in einer Summe zu zahlen waren oder - soweit Teilzahlungen festgesetzt waren - in welchem betreffenden Monat sie bedarfserhöhend zu berücksichtigen waren (vgl BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 36). Soweit Kosten für den Kabelanschluss und die Kabelnutzung vom Vermieter auf die Klägerinnen umgelegt wurden, ist zu klären, ob sich die Klägerinnen diesen Kosten entziehen konnten (vgl BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18 RdNr 16 ff).

24

Schließlich wird das LSG noch über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden haben.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tenor

Auf die Revisionen der Klägerinnen wird das Urteil des Landessozialgerichtes Baden-Württemberg vom 8. Dezember 2009 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Klägerinnen begehren für die Zeit vom 1.2. bis 31.7.2007 die Berücksichtigung weiterer Kosten der Unterkunft (KdU) und Heizung für die von ihnen bewohnte Wohnung.

2

Die 1975 geborene erwerbsfähige Klägerin zu 1 bewohnte nach der Trennung von ihrem Lebensgefährten und dessen Auszug mit ihrer 2005 geborenen Tochter, der Klägerin zu 2, zunächst eine 45 qm große Zwei-Zimmer-Dachgeschosswohnung ohne Aufzug in F Für diese Wohnung waren monatlich 301 Euro Kaltmiete, 89 Euro Nebenkostenvorauszahlung und 11 Euro für einen Kabelanschluss zu leisten. Für den vorherigen Bewilligungszeitraum bis zum 31.1.2007 hatte der Beklagte den Klägerinnen KdU und Heizung unter Berücksichtigung eines monatlichen Gesamtbedarfs in Höhe von 381,73 Euro (Kaltmiete 301 Euro, Mietnebenkosten - ohne Heizung und Warmwasser - 44,68 Euro, monatliche Heizkosten 34 Euro abzüglich 8,90 Euro Warmwasseraufbereitung und 10,95 Euro Müllgebühr) bewilligt. Nachdem die Klägerin zu 1 dem Beklagten einen Mietvertrag für eine zum 1.11.2006 zu beziehende andere Wohnung in Freiburg mit Gesamtkosten von 605 Euro vorgelegt hatte, erklärte der Beklagte, er werde höhere KdU nicht berücksichtigen, weil ein Umzug nicht erforderlich sei. Die Klägerinnen haben danach von einem Umzug in diese Wohnung Abstand genommen.

3

Am 20.11.2006 mietete die Klägerin zu 1 zum 1.1.2007 eine 54 qm große Zwei-Zimmer-Wohnung ebenfalls in Freiburg an, die monatliche Kosten in Höhe von insgesamt 663 Euro verursachte (515 Euro Kaltmiete, 30 Euro Vorauszahlungen auf Heizung und Warmwasser, 68 Euro Vorauszahlungen auf Betriebskosten, 6 Euro Gemeinschaftsantenne und 44 Euro Tiefgaragenplatz).

4

Nachdem die Klägerin zu 1 den Beklagten am 11.1.2007 von dem Umzug unterrichtet hatte, bewilligte dieser auf den Fortzahlungsantrag vom 25.1.2007 mit Bescheid vom 21.2.2007 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1.2. bis 31.7.2007 unter Berücksichtigung von KdU und Heizung in der bisherigen Höhe von 381,73 Euro. In einem weiteren Bescheid vom 13.2.2007 bleiben die Leistungen für Unterkunft und Heizung unverändert. Den Widerspruch der Klägerinnen, den die Klägerin zu 1 mit der Erforderlichkeit eines Umzugs wegen gesundheitlicher Beschwerden begründete, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21.8.2007 zurück. Die dagegen gerichtete Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg.

5

In seinem Urteil vom 8.12.2009 hat das Landessozialgericht (LSG) ausgeführt, der Umzug sei aus gesundheitlichen Gründen nicht erforderlich gewesen. Für das nächste halbe Jahr sei absehbar gewesen, dass die Tochter der Klägerin zu 1 die Treppen in das vierte Obergeschoss würde bewältigen können. Zur Vermeidung von Wirbelsäulenbeschwerden und Handgelenksschmerzen sei der Klägerin zu 1 die Verwendung von Hilfsmitteln beim Tragen ihrer Tochter zumutbar gewesen. Der behandelnde Orthopäde habe den Umzug in eine Wohnung in einem unteren Geschoss zwar unterstützt, hierfür aber keine zwingenden Diagnosen - wie etwa einen akuten Bandscheibenvorfall - angegeben.

6

Mit den vom erkennenden Senat zugelassenen Revisionen machen die Klägerinnen geltend, das LSG habe den Begriff der Erforderlichkeit nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II zu eng ausgelegt. Der behandelnde Orthopäde und die Hausärztin der Klägerin zu 1 hätten einen Umzug dringend angeregt. Die bisherige Wohnung sei im Übrigen für die Klägerinnen zu klein gewesen und habe deren Wohnbedarf nicht gedeckt. Die Kosten der neuen Wohnung seien angemessen. Bei einem Haushalt einer Alleinerziehenden mit einem Kind müsse die abstrakt angemessene Wohnfläche um 10 qm auf 74 qm erhöht werden. Den Kosten für einen Stellplatz hätten sich die Klägerinnen nicht entziehen können. Gleiches gelte für den Kabelanschluss. Überdies habe das LSG keine Feststellungen hinsichtlich der Abfallentsorgungsgebühren getroffen. Selbst wenn man der Rechtsauffassung des LSG folge, seien die Aufwendungen für die alte Unterkunft fehlerhaft berechnet worden, nach Abzug der Warmwasseraufbereitungskosten seien bei richtiger Berechnung 402 Euro für KdU und Heizung zu berücksichtigen gewesen.

7

Die Klägerinnen beantragen,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 5. Februar 2008 und das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 8. Dezember 2009 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 13. Februar 2007 und 21. Februar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. August 2007 zu verurteilen, Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1. Februar 2007 bis zum 31. Juli 2007 in Höhe von 329,35 Euro für die Klägerin zu 1 und 331,84 Euro für die Klägerin zu 2 zu gewähren.

8

Der Beklagte ist zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen, er hat schriftsätzlich beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die rechtzeitig eingelegten und auch ansonsten zulässigen Revisionen der Klägerinnen (§§ 160, 164 Sozialgerichtsgesetz) sind im Sinne der Aufhebung des Urteils und der Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 SGG). Es konnte nicht abschließend entschieden werden, ob den Klägerinnen für den streitgegenständlichen Zeitraum höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung zustehen, denn es fehlt an ausreichenden Feststellungen des LSG.

10

1. Das beklagte Jobcenter ist gemäß § 70 Nr 1 SGG beteiligtenfähig. Das Bundessozialgericht (BSG) geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass Jobcenter (§ 6d SGB II idF des Gesetzes vom 3.8.2010, BGBl I 1112) mit Wirkung vom 1.1.2011 kraft Gesetzes an die Stelle der bisher beklagten Arbeitsgemeinschaft (vgl § 76 Abs 3 Satz 1 SGB II) getreten sind. Das Passivrubrum war daher von Amts wegen zu berichtigen (vgl dazu insgesamt BSG Urteil vom 18.1.2011 - B 4 AS 99/10 R - SozR 4-4200 § 37 Nr 5).

11

Die Klägerin zu 2 wird als nicht prozessfähige Minderjährige (§ 71 Abs 1 und 2 SGG) durch die Klägerin zu 1 vertreten. Diese übt zwar nicht die alleinige elterliche Sorge aus, sondern ist gemeinsam mit dem Kindsvater sorgeberechtigt (§ 1629 Abs 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch). Der Klägerin zu 1 ist jedoch mit Beschluss des Amtsgerichts Freiburg im Breisgau vom 21.11.2011 das Recht zur alleinigen Vertretung der Klägerin zu 2 im vorliegenden Verfahren übertragen worden.

12

2. Streitgegenstand des Verfahrens ist die Frage, ob den Klägerinnen höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung zustehen, als sie in den zugrunde liegenden Bescheiden vom 13.2. bzw 21.2.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.8.2007 für die Zeit vom 1.2. bis 31.7.2007 bewilligt worden sind. An der Möglichkeit der isolierten Geltendmachung allein der KdU und Heizung (stRspr, vgl zuletzt BSG Urteil vom 6.10.2011 - B 14 AS 66/11 R) hat sich durch die Neufassung des § 19 Abs 1 SGB II durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 453), das insofern zum 1.1.2011 in Kraft getreten ist, zumindest für das laufende Verfahren über vorher abgeschlossene Bewilligungsabschnitte nichts geändert.

13

3. Die Klägerinnen erfüllen nach den Feststellungen des LSG die Voraussetzungen des § 7 SGB II für Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Ihr Anspruch umfasst dem Grunde nach auch Leistungen für KdU und Heizung. Es ist dabei auf die tatsächlichen Unterkunftskosten abzustellen, diese sind aber nicht unbegrenzt erstattungsfähig, sondern nur insoweit, als sie angemessen sind (vgl § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II; BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 2/10 R). Dabei ist die allgemeine Angemessenheit gemäß § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II nach der Rechtsprechung des BSG in einem mehrstufigen Verfahren zu ermitteln(vgl nur SozR 4-4200 § 22 Nr 26 RdNr 12). Demgegenüber können sich bei einem Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach einer individuellen Grenze bestimmen, § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706). Danach werden, wenn sich durch einen nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung erhöhen, die Leistungen weiterhin nur in Höhe der bis dahin zu tragenden Aufwendungen erbracht. Der Anwendungsbereich der Norm ist nach Systematik und Sinn und Zweck auf Umzüge im örtlichen Vergleichsraum beschränkt (vgl BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 60/09 R - BSGE 106, 147 = SozR 4-4200 § 22 Nr 35). § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II hat die Funktion einer individuellen Angemessenheitsgrenze. Lebt der Hilfebedürftige innerhalb des maßgeblichen Vergleichsraums in einer kostenangemessenen Wohnung, die seine existenziellen Wohnbedürfnisse ausreichend erfüllt, ist die Übernahme weitergehender Kosten nicht geboten. Zur Vermeidung von (allgemeinen) Kostensteigerungen im maßgeblichen Vergleichsraum bleibt sein Anspruch auf die Kosten dieser Wohnung beschränkt, solange nicht Veränderungen in seinen persönlichen Umständen eintreten, die eine Neubestimmung der für ihn angemessenen Wohnkosten innerhalb der allgemeinen Angemessenheitsgrenzen des Satzes 1 gerechtfertigt erscheinen lassen.

14

4. Die Prüfung der Erforderlichkeit eines Umzugs ist in zwei Schritten daran zu messen, ob der Auszug aus der bisherigen Wohnung notwendig (dazu unter a) oder aus sonstigen Gründen erforderlich ist (dazu unter b). In einem weiteren Schritt ist zu prüfen, ob sich die Kosten gerade der von dem Hilfebedürftigen gewählten neuen Wohnung in Ansehung der Erforderlichkeit eines Umzugs als angemessen darstellen (dazu unter c).

15

a) Eine Beschränkung auf die bisherigen KdU und Heizung kommt von vornherein dann nicht in Betracht, wenn der Umzug in eine andere Wohnung notwendig in dem Sinne ist, dass die bisherige Wohnung den Unterkunftsbedarf des Hilfebedürftigen als Teil der verfassungsrechtlich garantierten Existenzsicherung nicht (mehr) zu decken vermag. Hierunter fallen vor allem auch gesundheitliche Gründe, die einen Verbleib in der bisherigen Wohnung nicht zulassen.

16

Die Notwendigkeit eines Umzugs in dem genannten Sinne hat das LSG verneint. Der behandelnde Arzt habe keine "zwingenden Diagnosen" wie etwa einen akuten Bandscheibenvorfall mitgeteilt. Er habe lediglich ausgeführt, dass das Tragen von Lasten über fünf Kilogramm vermieden werden sollte, nicht aber, dass dies aus gesundheitlichen Gründen dringend erforderlich sei. Vielmehr habe er mitgeteilt, dass das Tragen von Lasten oberhalb von fünf Kilogramm nicht gesundheitsschädlich sei. Während das LSG daraus rechtsfehlerfrei den Schluss ziehen konnte, der Umzug sei aus gesundheitlichen Gründen nicht zwingend erforderlich, hat es die Grenzen freier Beweiswürdigung insoweit überschritten, als es ausgeführt hat, es sei den Senatsmitgliedern als Mutter von drei bzw Vater von zwei Kindern aus eigener Erfahrung bekannt, dass im Zusammenhang mit der Kleinkinderziehung vorübergehende Rückenbeschwerden durchaus als normal anzusehen und damit kurzzeitige Belastungen im Zusammenhang mit dem Begehen des Treppenhauses hinnehmbar seien. Selbst wenn man unter Berücksichtigung der dargelegten Überschreitung der Grenzen freier Beweiswürdigung die Prüfung der Notwendigkeit eines Umzugs als ausreichend erachtet, so ist die Prüfung des LSG aber insoweit unvollständig, als es davon ausgegangen ist, lediglich zwingende gesundheitliche Gründe, nicht schon gesundheitliche Beeinträchtigungen und die mit der Wohnlage im vierten Stock allgemein für Familien mit Kindern verbundenen Einschränkungen seien bei der Prüfung der Erforderlichkeit anzuerkennen.

17

b) § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II umfasst aber auch die Fälle, in denen der Umzug zwar nicht zwingend notwendig ist, aber aus sonstigen Gründen erforderlich erscheint. Dies folgt zum einen aus dem Wortlaut von Satz 2, der ausdrücklich nicht auf die Notwendigkeit des Umzugs oder auf zwingende Gründe Bezug nimmt. Außerdem ergibt sich daraus, dass gemäß § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II Unterkunftskosten in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden, soweit sie angemessen sind, dass der Gesetzgeber sich - anders als bei der pauschalierten Regelleistung - bei den Unterkunftskosten zunächst vom Prinzip der Einzelfallgerechtigkeit leiten lässt. Aus dem einzelfallbezogenen Charakter der KdU und Heizung ist zu schließen, dass objektiv bestehende sachliche Gründe - im Rahmen des Angemessenen - zu beachten sind. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II die Übernahme solcher Kosten einschränkt, die nach allgemeinen Maßstäben im Vergleichsraum als angemessen anzusehen sind. Damit sind Einschränkungen für eine Gruppe von Hilfebedürftigen verbunden, denen weder in den örtlichen Vergleichsraum zuziehende Hilfebedürftige (dazu BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 60/09 R - BSGE 106, 147 = SozR 4-4200 § 22 Nr 35) noch geringverdienende, aber nicht im Leistungsbezug stehende Personen (vgl dazu BSG Urteil vom 30.8.2010 - B 4 AS 10/10 R - BSGE 106, 283 = SozR 4-4200 § 22 Nr 40) unterworfen sind. Bereits ortsansässige im Leistungsbezug stehende Hilfebedürftige sollen insoweit die Vorteile, die sich für Hilfebedürftige insbesondere aus der Bestimmung der Angemessenheit nach der Produkttheorie ergeben, nicht in vollem Umfang ausschöpfen können. Veränderungen im Wohnumfeld sind für sie aus grundsicherungsrechtlicher Sicht nur möglich, soweit sie kostenneutral erfolgen können. Die mit dieser Einschränkung verbundenen Nachteile gebieten es aber, vom Hilfebedürftigen nur maßvolle Beschränkungen in seinen Gestaltungsmöglichkeiten zu fordern. Dies entspricht im Grundsatz der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zum Bundessozialhilfegesetz (BSHG), wonach ein Umzug (auch) dann als erforderlich angesehen werden konnte, wenn ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Grund für den Wohnungswechsel vorlag, von dem sich auch ein Nichthilfebedürftiger leiten lassen würde (vgl Oberverwaltungsgericht Lüneburg Beschluss vom 10.2.1987 - 4 B 283/86, FEVS 36, 291 <295>).

18

aa) Das LSG hat den Vortrag der Klägerinnen lediglich unter dem Blickwinkel der zwingenden Notwendigkeit eines Umzugs geprüft, nicht aber, ob vorliegend für den Wohnungswechsel ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Grund vorgelegen hat, von dem sich auch ein Nichthilfebedürftiger hätte leiten lassen. Es hat in diesem Zusammenhang insbesondere der Situation einer Alleinerziehenden zu wenig Beachtung geschenkt, die dadurch geprägt wird, dass bei der Betreuung des Kindes und im Haushalt nicht von einem arbeitsteiligen Zusammenwirken mit einem anderen Erwachsenen ausgegangen werden kann. Zudem dürfte es nicht der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechen, ein Kind im Alter von zwei Jahren könne im Alltag regelmäßig und mehrfach täglich selbstständig vier Stockwerke überwinden.

19

bb) Entgegen dem Vortrag der Klägerinnen im Revisionsverfahren spricht dagegen auf der Grundlage des vom LSG festgestellten Sachverhalts nichts dafür, dass sich allein aus der Größe der ursprünglich innegehabten Wohnung eine Erforderlichkeit zum Umzug ergibt. Es handelte sich nach den Feststellungen des LSG um eine Zwei-Zimmer-Wohnung, die eine Trennung in Schlaf- und Wohnbereich ermöglichte und die damit allein im Hinblick auf ihre Größe einen Umzug einer alleinstehenden Erwachsenen und ihrem Kleinkind nicht erforderlich macht. Allein die Unterschreitung der Höchstfläche nach den landesrechtlichen Förderbestimmungen um eine bestimmte Quadratmeterzahl lässt jedenfalls keinen generellen Rückschluss auf die Erforderlichkeit eines Umzugs zu.

20

c) Selbst wenn man aber mit den Klägerinnen davon ausgeht, der Umzug einer Alleinerziehenden mit einem Kleinkind aus einer Wohnung im vierten Stock ohne Aufzug sei bei vorhandenen Wirbelsäulen- und Handgelenksbeschwerden auch aus der Sicht eines Nichthilfeempfängers plausibel, nachvollziehbar und verständlich, setzt die Verpflichtung des Grundsicherungsträgers zur Übernahme von Mehrkosten voraus, dass sich der Einzug gerade in die von den Hilfebedürftigen gewählte neue Wohnung als erforderlich und geeignet zur Abwendung von nicht mehr weiter hinzunehmenden Nachteilen der bisherigen Wohnung erweist und die Kosten der neuen Wohnung auch unter Ansehung eines nachvollziehbaren und plausiblen Veränderungswunsches als angemessen anzusehen sind. Dies entspricht der Rechtsprechung zu § 22 BSHG iVm § 3 Abs 1 Satz 1 Regelsatzverordnung(vgl Bundesverwaltungsgericht Urteil vom 17.11.1994 - 5 C 11/93 - BVerwGE 97, 110, 115).

21

Vor diesem Hintergrund erscheint es nach dem bisherigen Sachstand bei dem Ausmaß einer Kostensteigerung um rund 170 % wenig plausibel, dass der Umzug in die neue Wohnung erforderlich war. Es können im Anwendungsbereich des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II lediglich Veränderungen privilegiert sein, die sich zum einen innerhalb des Marktsegments realisieren lassen, auf dass der Hilfebedürftige nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II zu verweisen ist. Zum anderen muss die Überschreitung der Höhe der bisherigen KdU in einem angemessenen Verhältnis zur Ursache des (nicht zwingend erforderlichen) Umzugs in die neue Wohnung stehen; dh der durch den Umzug erzielbare Gewinn an Lebensqualität lässt auch unterhalb der Angemessenheitsgrenze allenfalls eine geringfügige Kostensteigerung zu. Das Regelungsgefüge von § 22 Abs 1 Satz 1 und 2 und Abs 2 SGB II schließt es bei der vorgegebenen Einzelfallprüfung nicht aus, den Gesichtspunkt der verursachten Mehrkosten zu berücksichtigen(vgl Berlit in LPK-SGB II, 4. Aufl 2011, § 22 RdNr 66; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, § 22 RdNr 97 und 100). Ein entsprechender Vergleich der Kosten wird schließlich auch von Nichthilfebedürftigen bei einer entsprechenden Entscheidung hinsichtlich eines Umzugs angestellt.

22

5. Eine abschließende Entscheidung kann der Senat allerdings deshalb nicht treffen, weil das LSG - ausgehend von seiner Rechtsauffassung - Feststellungen zur allgemeinen Angemessenheitsgrenze der KdU und Heizung nicht getroffen hat. Die entsprechende Prüfung für den Wohnort der Klägerinnen wird das LSG nachzuholen haben (vgl dazu BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 46).

23

Sollte sich als Rechtsfolge eines nicht erforderlichen Umzugs ergeben, dass der Beklagte Leistungen für KdU und Heizung nur in Höhe der bis dahin zu tragenden Aufwendungen zu erbringen hat (§ 22 Abs 1 Satz 2, 2. Halbs SGB II), so ist dazu der bisherige Bedarf durch das LSG zu ermitteln. § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II soll keine rechtswidrige Entscheidung zu den bisherigen KdU und Heizung perpetuieren. So wird etwa zu prüfen sein, ob die Abfallgebühren in einer Summe zu zahlen waren oder - soweit Teilzahlungen festgesetzt waren - in welchem betreffenden Monat sie bedarfserhöhend zu berücksichtigen waren (vgl BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 36). Soweit Kosten für den Kabelanschluss und die Kabelnutzung vom Vermieter auf die Klägerinnen umgelegt wurden, ist zu klären, ob sich die Klägerinnen diesen Kosten entziehen konnten (vgl BSG Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R - BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18 RdNr 16 ff).

24

Schließlich wird das LSG noch über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden haben.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung im Zeitraum vom 1.2. bis 30.6.2008.

2

Der Kläger lebte bis Ende 2006 in B., zog dann nach Ba. um und Anfang 2008 nach B. zurück. Er bezog bereits bei seinem ersten B.- Aufenthalt Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II. Der in B. für ihn zuständige Grundsicherungsträger, die Arge E., gewährte ihm bis Dezember 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts - ohne sanktionsbedingten oder sonstigen Abzug - in Höhe von 537,52 Euro (Regelleistung: 347 Euro und Leistungen für Unterkunft und Heizung: 190,52 Euro). Durch Bescheid vom 14.1.2008 hob sie die Bewilligung mit Wirkung ab dem 1.2.2008 wegen des Wechsels der Zuständigkeit auf Grund des Umzugs des Klägers auf. Am 25.1.2008 bewilligte der Beklagte dem Kläger für den Zeitraum vom 1.2.2008 bis 30.6.2008 Grundsicherungsleistungen in Gestalt einer Regelleistung von 347 Euro und für Kosten der Unterkunft von 193,19 Euro.

3

Den Widerspruch des Klägers, mit dem dieser ua geltend gemacht hat, dass seine Miete - durch Mietvertrag nachgewiesen - in B. 300 Euro warm betrage und er sich damit innerhalb der von dem Beklagten gezogenen "Angemessenheitsgrenzen" halte, wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 3.3.2008 zurück. Zur Begründung führte er aus, der Umzug des Klägers aus dem Bezirk E. nach B. sei nicht erforderlich gewesen. Daher seien auch nur die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in bisheriger angemessener Höhe von 193,19 Euro von ihm zu erbringen (§ 22 Abs 1 Satz 2 SGB II).

4

Mit seiner Klage ist der Kläger insoweit erfolgreich gewesen, als das SG Berlin den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 25.1.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3.3.2008 verurteilt hat, dem Kläger 100,28 Euro, insgesamt 293,47 Euro (Bruttowarmmiete in Berlin von 300 Euro minus 6,53 Euro Kosten der Warmwasserbereitung) als Kosten der Unterkunft zu gewähren (Urteil vom 24.7.2008). Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem SG die Klage in Höhe von 6,53 Euro zurückgenommen.

5

Auf die Berufung des Beklagten hat das LSG Berlin-Brandenburg das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 10.9.2009). Es hat ausgeführt, die vom Kläger geltend gemachten Kosten für Unterkunft und Heizung in B. in Höhe von 300 Euro abzüglich der Kosten für die Warmwasserbereitung seien zwar angemessen. Sie hielten sich unstreitig in den von dem Beklagten gesetzten Angemessenheitsgrenzen. Gleichwohl sei der Beklagte nicht verpflichtet, sie in tatsächlicher Höhe zu übernehmen. Der Umzug von E. nach B. sei nicht erforderlich gewesen, sodass Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II nur in der Höhe erbracht werden müssten, wie sie von der Arge E. gewährt worden seien. Weder habe der Kläger den Umzug im Hinblick auf die Aufnahme einer konkreten Erwerbstätigkeit vollzogen, noch seien gesundheitliche Gründe oder sonstige Gründe sozialer Art für den Umzug ausschlaggebend gewesen. Der Anwendungsbereich des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II könne auch nicht auf einen Umzug innerhalb des "Vergleichsraums" beschränkt werden. Dieses gäben weder Gesetzestext noch Gesetzesmaterialien her. Ebenso wenig könne ein Verstoß gegen Art 11 GG angenommen werden. Ein Grundrechtseingriff liege bereits deswegen nicht vor, weil § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II nicht auf die Einschränkung der Freizügigkeit ziele. Daher liege auch keine mittelbare Grundrechtsbeeinträchtigung vor. Zudem sei der Kläger tatsächlich nicht gehindert gewesen, nach B. umzuziehen, denn er habe für den Preis des Zimmers an seinem Wohnort in Ba. nach den Ermittlungen des Gerichts ebenfalls ein Zimmer in B. mieten können. Ebenso wenig vermochte das LSG einen Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG zu erkennen. Der "wichtige Grund" iS des Art 3 Abs 1 GG liege darin, dass zu Gunsten der Finanzlage der öffentlichen Hand an dem bisherigen Wohnstandard festgehalten werden solle. Auch bei richtiger Beratung des Klägers durch den Beklagten hätte kein Leistungsanspruch bestanden, sodass die Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ebenfalls nicht gegeben seien. Damit habe die Beklagte die allein streitigen Leistungen für Unterkunft und Heizung zutreffend auf 193,52 Euro begrenzt, wobei sie bereits über die von der Arge E. gewährten 190,52 Euro hinausgegangen sei.

6

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II. Er werde durch die vom LSG gewählte Auslegung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II in der ihm durch Art 11 Abs 1 GG gewährleisteten Freizügigkeit eingeschränkt, ohne dass hierfür ein Rechtfertigungsgrund iS des Art 11 Abs 2 GG vorhanden sei.

7

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 10. September 2009 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Juli 2008 zurückzuweisen.

8

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Er hält die Ausführungen des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision ist begründet.

11

Der Kläger hat Anspruch auf die Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in dem vom SG ausgeurteilten Umfang. Im Gegensatz zur Auffassung des LSG waren die Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II nicht der Höhe nach auf den im Zuständigkeitsbereich der Arge E. ihm gewährten Zahlbetrag nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II zu begrenzen. § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II entfaltet nach der Gesetzesbegründung, seiner systematischen Stellung innerhalb des § 22 Abs 1 SGB II und seinem Sinn und Zweck nur für Umzüge im Vergleichsraum Wirkung. Eine derartige Reduktion des Anwendungsbereichs des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II ist zudem verfassungsrechtlich unter Berücksichtigung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art 3 Abs 1 GG iVm der durch Art 11 Abs 1 GG gewährleisteten Freizügigkeit geboten.

12

1. Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 25.1.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3.3.2008. Zutreffend sind SG und LSG davon ausgegangen, dass die Folgebescheide nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits geworden sind. § 96 SGG greift in diesen Fällen nach der ständigen Rechtsprechung des BSG nicht(s nur BSG, Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R, BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1; BSG, Urteil vom 29.3.2007 - B 7b AS 4/06 R; BSG, Urteil vom 25.6.2008 - B 11b AS 45/06 R). Die Beteiligten haben sich zudem in einem schriftlichen Vergleich vor dem SG (Aktenzeichen: S 96 AS 22323/08) darüber geeinigt, dass der Beklagte sich für den Leistungszeitraum vom 1.7. bis 31.12.2008 der rechtskräftigen Entscheidung für den hier streitbefangenen Leistungszeitraum unterwerfen wird.

13

Die Beteiligten haben den Streitgegenstand auch zulässig auf die Kosten der Unterkunft (KdU) beschränkt. Zwar sind nach der Rechtsprechung des BSG bei einem Streit um höhere Leistungen grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen (BSG SozR 4-4300 § 428 Nr 3 RdNr 16; BSG, Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 29/06 R; BSG, Urteil vom 5.9.2007 - B 11b AS 49/06 R = SozR 4-4200 § 11 Nr 7). Ein Bescheid kann im Einzelfall jedoch gleichwohl mehrere abtrennbare Verfügungen enthalten. Um eine derartige abtrennbare Verfügung handelt es sich bei dem Betrag, der für die KdU nach § 22 SGB II bewilligt worden ist(vgl hierzu im Einzelnen BSG, Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R, BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 19, 22; s auch BSG, Urteil vom 27.2.2008 - B 14/11b AS 55/06 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 9).

14

Der Kläger hat zudem den Streitgegenstand betragsmäßig begrenzt. Er hat die Klage vor dem SG in Höhe von monatlich 6,53 Euro für die Kosten der Warmwasserbereitung zurückgenommen. In Streit steht mithin für den streitigen Zeitraum der Differenzbetrag zwischen seinen tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in B. in Höhe von 300 Euro monatlich minus 6,53 Euro = 293,47 Euro und den von dem Beklagten als Leistung nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II erbrachten 193,19 Euro, also 100,28 Euro monatlich.

15

2. Der Kläger hat Anspruch auf monatlich weitere 100,28 Euro als Leistungen für Unterkunft und Heizung in dem streitigen Zeitraum.

16

Er erfüllt die Voraussetzungen des § 7 SGB II für Leistungen der Grundsicherung. Sein Anspruch umfasst dem Grunde nach auch Leistungen für KdU. Diese werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit sie angemessen sind (vgl § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II). Damit lässt sich der Gesetzgeber - anders als bei der pauschalierten Regelleistung - bei den Unterkunftskosten zunächst vom Prinzip der Einzelfallgerechtigkeit leiten, indem er anordnet, auf die tatsächlichen Unterkunftskosten abzustellen. Diese sind im Grundsatz zu erstatten. Allerdings sind die tatsächlichen Kosten nicht in beliebiger Höhe erstattungsfähig, sondern nur insoweit, als sie angemessen sind. Die Angemessenheitsprüfung limitiert somit die erstattungsfähigen Kosten der Höhe nach (BSG, Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R).

17

Die vom Kläger in B. getätigten Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 300 Euro warm sind unstreitig angemessen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II. Das LSG hat die angemessenen Mietkosten für einen Alleinstehenden in B. mit 360 Euro warm beziffert. Die dortigen Aufwendungen des Klägers liegen mit 300 Euro unter dieser Grenze. Der Beklagte ist mithin verpflichtet, die tatsächlichen Aufwendungen des Klägers als Leistung für Unterkunft und Heizung in dieser Höhe zu übernehmen. Er kann nicht damit gehört werden, dass die Leistung auf die tatsächlichen angemessenen Aufwendungen am Wohnort des Klägers im Bezirk der Arge E. zu begrenzen sei.

18

3. Nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) gilt mit Wirkung ab dem 1.8.2006: Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, werden die Leistungen weiterhin nur in Höhe der bis dahin zu tragenden Aufwendungen erbracht. Es kann im vorliegenden Fall dahinstehen, nach welchen abstrakten Kriterien die Erforderlichkeit eines Umzugs iS dieser Vorschrift zu beurteilen ist und ob der Umzug des Klägers von Ba. nach B. hier in diesem Sinne erforderlich war. Die Vorschrift des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II findet auf Fallgestaltungen, bei denen ein Umzug über die Grenzen des Vergleichsraums iS der Rechtsprechung des BSG(s BSG, Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R) hinaus vorgenommen wird, von vornherein keine Anwendung (vgl LSG Baden-Württemberg vom 17.7.2008 - L 7 AS 1300/08; LSG Niedersachsen-Bremen vom 26.10.2007 - L 13 AS 168/07 ER; Berlit in Münder, LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 22 RdNr 48, 51; Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 22 RdNr 47b; Knickrehm/Voelzke in Knickrehm/Voelzke/Spellbrink, Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II, DGST Praktikerleitfaden, 2009, S 21; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II Stand IX/2009 § 22 RdNr 95; aA Herold-Tews in Löns/Herold-Tews, SGB II, 2. Aufl 2009, § 22 RdNr 27b). Dieses folgt aus der Gesetzesbegründung (a), ihrer systematischen Stellung innerhalb des § 22 Abs 1 SGB II (b) und dem Sinn und Zweck der Vorschrift (c). Zudem ist die Reduktion des Anwendungsbereichs der Norm auf den Vergleichsraum unter Berücksichtigung des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art 3 Abs 1 GG und der durch Art 11 Abs 1 GG gewährleisteten Freizügigkeit geboten (d).

19

a) Eine Begrenzung des Anwendungsbereichs der Vorschrift auf die Grenzen des Vergleichsraums mag sich zwar nicht zwingend aus dem Wortlaut des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II erschließen. Bereits die Begründung im Gesetzentwurf legt jedoch ein Verständnis der Norm nahe, das auf eine Anwendung innerhalb des Vergleichsraums hinausläuft (vgl Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 22 RdNr 47a; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand IX/2009, § 22 RdNr 95). In der Bundestagsdrucksache 16/1410 wird die Einführung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II wie folgt erläutert(S 23, zu Nummer 21 Buchstabe a): Durch die Regelung seien die Kosten der Unterkunft und Heizung in den Fällen auf die bisherigen angemessenen Unterkunftskosten begrenzt, in denen Hilfebedürftige unter Ausschöpfung der durch den kommunalen Träger festgelegten Angemessenheitsgrenzen für Wohnraum in eine Wohnung mit höheren, gerade noch angemessenen Kosten ziehen. Es wird hier also auf die kommunalen Angemessenheitsgrenzen abgestellt. Diese beziehen sich nach der ständigen Rechtsprechung des BSG jedoch immer auf den Vergleichsraum am Wohnort des Hilfebedürftigen (vgl BSG, Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R, BSGE 102, 263, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen und vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Nur dort ist die abstrakte Angemessenheitsgrenze zu ermitteln. Soweit das Berufungsgericht dem entgegenhält, eine Begrenzung auf den Vergleichsraum sei nicht mit der weiteren Begründung des Gesetzentwurfs in Übereinstimmung zu bringen, in der als Beispielsfall für die Erforderlichkeit des Umzugs die Eingliederung in Arbeit benannt werde, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Das LSG nimmt an, ein Umzug innerhalb des örtlichen Bereichs sei bei Eingliederung in Arbeit im Regelfall nicht erforderlich. Dabei verkennt es, dass der Vergleichsraum in der Rechtsprechung des erkennenden Senats als ein ausreichend großer Raum (nicht bloß Orts- oder Stadtteil) der Wohnbebauung definiert wird, in dem auf Grund der räumlichen Nähe, der Infrastruktur und insbesondere der verkehrstechnischen Verbundenheit ein insgesamt betrachtet homogener Lebens- und Wohnbereich auszumachen ist (BSG, Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R, BSGE 102, 263, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Insbesondere um einer Ghettoisierung vorzubeugen, sind die Grenzen des Vergleichsraums weit zu ziehen. Der Senat hat es deshalb nicht für ausgeschlossen gehalten, das gesamte Stadtgebiet M. als räumlichen Vergleichsmaßstab anzusehen und hat einen solchen für das Stadtgebiet E., einschließlich des Ortsteils K. angenommen (BSG, Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R, BSGE 102, 263, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R, auch zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). In einem solchen Vergleichsraum ist die Erforderlichkeit eines Umzugs zur Eingliederung in Arbeit nicht von vornherein ausgeschlossen. Zudem fügt sich die Regelung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II insoweit in das Konzept des Vergleichsraums ein, als sie den Ausnahmecharakter der Übernahme von höheren Unterkunftskosten als den bisherigen unterstreicht, weil in der Regel die Aufnahme einer Arbeit im Vergleichsraum keinen Umzug erfordert.

20

b) Eine Beschränkung der Wirkung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II auf den Vergleichsraum entspricht auch der systematischen Stellung der Norm innerhalb des § 22 Abs 1 SGB II. Die Vorschrift steht im Zusammenhang mit den Sätzen 1 und 3 des Abs 1. Die Höhe der angemessenen Unterkunfts- und Heizkosten nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II wird im Vergleichsraum im Rahmen der "abstrakten Angemessenheitsprüfung", also im "kommunalen Bereich" ermittelt. Die Verpflichtung zur Kostensenkung bei nicht angemessenen Unterkunftskosten nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II besteht nur innerhalb des Vergleichsraums; ggf ist sogar ein noch engerer Raum geschützt, das soziale Umfeld. Kosten müssen jedoch nur bis zu einem Mietpreis gesenkt werden, wie er nach einem "schlüssigen Konzept" im Vergleichsraum als angemessen ermittelt worden ist. § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II nimmt Elemente beider Regelungen in sich auf. Einerseits normiert die Vorschrift die Höhe der angemessenen Kosten iS des Satz 1 und andererseits soll sie - wie auch Satz 3 - der Verpflichtung des Leistungsträgers, unangemessene Unterkunftskosten tragen zu müssen, vorbeugen. Anknüpfungspunkt der beiden Regelungen, in die § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II eingebunden ist, ist jedoch immer die abstrakt angemessene Miete im Vergleichsraum. Ein Grund, § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aus diesem systematischen Zusammenhang herauszulösen, ist nicht ersichtlich.

21

c) Die aus der Systematik folgende Begrenzung des Anwendungsbereichs des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II wird durch Sinn und Zweck der Regelung bestätigt. Mit der nur ausnahmsweisen Übernahme von höheren Unterkunftskosten gegenüber den bisher als angemessen anerkannten - auch innerhalb der Angemessenheitsgrenzen - soll zweierlei vorgebeugt werden. Zum einen soll dem Missbrauch der Leistungsinanspruchnahme eine Grenze gesetzt werden. Dem Hilfebedürftigen wird es verwehrt, den maximalen Leistungsanspruch auszuschöpfen, wenn sein existenzsichernder Bedarf bereits angemessen gedeckt ist (vgl Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl, 2008, § 22 RdNr 47b). Zum Zweiten soll den Kostensteigerungen für Leistungen der Unterkunft innerhalb der kommunalen Grenzen vorgebeugt werden. Nach einer vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) in Auftrag gegebenen Studie "Kosten der Unterkunft und die Wohnungsmärkte. Auswirkungen der Regelungen zur Übernahme der Kosten der Unterkunft auf Transferleistungsempfänger und Kommunen" besteht ein direkter Zusammenhang zwischen den für Leistungen für Unterkunft und Heizung aufgewandten Kosten der Kommunen und der Mietpreisgestaltung der Anbieter von Wohnraum (Forschungen, Heft 142, Hrsg : BMVBS / BBSR, Bonn 2009, S 104 ff). Auch der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge weist darauf hin, dass die kommunalen Angemessenheitsregelungen ein spezifisches Nachfrageverhalten produzieren (Stellungnahme des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge zur Diskussion über eine Pauschalierung der Leistungen für Unterkunft und Heizung in der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 10.3.2010, DV 01/10 AF III, S 5). Bewohnen Hilfebedürftige daher angemessenen Wohnraum, für den sie jedoch nur Aufwendungen unterhalb der Angemessenheitsgrenze zu tätigen haben, soll ihnen die Möglichkeit abgeschnitten werden, neuen Wohnraum unter Ausschöpfung der Angemessenheitsgrenze anzumieten, um den Kommunen ein Steuerungsinstrument im Hinblick auf die Kostenentwicklung bei Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II zu belassen. Ein derartiges Interesse an der Kostengestaltung besteht für die Kommune über ihren Leistungsbereich hinaus nicht und sie kann von ihr auch über dessen Grenzen hinweg nicht beeinflusst werden. Ziel der Regelung ist es hingegen nicht, Kommunen, in denen ein hohes Mietniveau gegeben ist, vor einem weiteren Zuzug von arbeitsuchenden Hilfebedürftigen zu "schützen" (Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand IX/2009, § 22 RdNr 95). Ebenso wenig ist es Sinn und Zweck der Vorschrift, den Hilfebedürftigen in seiner Dispositionsfreiheit, sich einen anderen Wohnort außerhalb des bisherigen Vergleichsraums zu suchen, einzuschränken (Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand IX/2009, § 22 RdNr 95). Er soll durch das Grundsicherungsrecht nicht gehindert werden, an einen Ort umzuziehen, von dem er sich die Verwirklichung seiner beruflichen oder persönlichen Chancen verspricht, nur weil das dortige Mietniveau höher ist, als an seinem bisherigen Wohnort.

22

d) Die Reduktion der Begrenzung der Unterkunftskosten nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II auf die des Vergleichsraums ist zudem nach Art 3 Abs 1 GG iVm Art 11 Abs 1 GG geboten. Prüfungsmaßstab ist insoweit vornehmlich Art 3 Abs 1 GG, weil der spezifische Schutzgedanke des allgemeinen Gleichheitssatzes zu der hier anzuwendenden Regelung die stärkere soziale Beziehung aufweist (vgl zur Prüfung bei Überschneidung des Gleichheitssatzes mit Freiheitsgrundrechten BVerfGE 64, 229, 238 f; 65, 104, 112 f; 75, 382, 393; 82, 60, 86).

23

Der allgemeine Gleichheitssatz verbietet es, verschiedene Gruppen von Normadressaten ungleich zu behandeln, wenn zwischen ihnen nicht Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, die eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (BVerfG, Beschlüsse vom 7.10.1980 - 1 BvL 50/79, 1 BvL 89/79, 1 BvR 240/79, BVerfGE 55, 72, 88; BVerfG, Beschlüsse vom 11.5.2005 - 1 BvR 368/97, 1 BvR 1304/98, 1 BvR 2300/98, 1 BvR 2144/00, BVerfGE 112, 368, 401; BVerfG, Beschluss vom 11.7.2006 - 1 BvR 293/05, BVerfGE 116, 229, 238). Soweit die Gewährung von Sozialleistungen bedürftigkeitsabhängig ist, hat der Gesetzgeber dabei grundsätzlich einen weiten Gestaltungsspielraum (BVerfG, Beschluss vom 2.2.1999 - 1 BvL 8/97, BVerfGE 100, 195, 205; BSG, Urteil vom 3.12.2002 - B 2 U 12/02 R, BSGE 90, 172, 178 = SozR 3-5910 § 76 Nr 4). Der Gestaltungsspielraum wird jedoch umso enger, je mehr sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann (BVerfG, Beschluss vom 26.1.1993 - 1 BvL 38/92, 1 BvL 40/92, 1 BvL 43/92, BVerfGE 88, 87, 96). Ein "wichtiger Grund" alleine ist dann - anders als das LSG meint - nicht mehr ausreichend. Ob die zur Prüfung gestellte Regelung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar ist, hängt in einem solchen Fall vielmehr davon ab, ob für die getroffene Differenzierung Gründe von solchem Gewicht bestanden, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen konnten (BVerfG, Beschluss vom 6.7.2004 - 1 BvL 4/97, BVerfGE 111, 160 = SozR 4-5870 § 1 Nr 1).

24

Dieser Maßstab gebietet es, den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers zumindest bei den aus § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II folgenden Umzugsbeschränkungen bei Überschreitung der Grenzen des Vergleichsraums zu begrenzen. Eine Ausweitung der nur begrenzten Übernahme der Aufwendungen für Unterkunfts- und Heizkosten nach einem Umzug über die Grenzen des bisherigen Vergleichsraums hinaus würde zu einer unterschiedlichen Behandlung von Hilfebedürftigen führen, die in Bereichen mit niedrigen Mieten wohnen, gegenüber solchen, in deren Vergleichsraum die Mieten deutlich höher sind. Während letztere ungehindert durch die Beschränkung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II sich einen neuen Wohnort suchen könnten, weil in dem Bereich des "neuen" Grundsicherungsträgers die Angemessenheitsgrenze ohnehin niedriger ist als die bisherige angemessene Miete, werden Hilfebedürftige aus Vergleichsräumen mit niedrigeren Mieten anders behandelt, weil sie an diesem niedrigeren Mietniveau festgehalten würden. Eine verfassungsfeste Rechtfertigung für diese Ungleichbehandlung gibt es nicht. Soweit das LSG allein darauf abstellt, den Hilfebedürftigen an seinem bisherigen Wohnstandard festhalten zu wollen, wird die Ungleichbehandlung hierdurch ebenso wenig gerechtfertigt, wie durch die Benennung des Ziels, die Kosten für Unterkunftsleistungen möglichst niedrig halten zu wollen.

25

Im Rahmen der Prüfung ist hier zusätzlich Art 11 Abs 1 GG zu beachten, weil die "benachteiligte" Gruppe durch die Begrenzung der Unterkunftskosten am neuen Wohnort mittelbar in ihrem Recht auf Freizügigkeit (vgl zur mittelbaren Beeinträchtigung BVerfG, Urteil vom 17.3.2004 - 1 BvR 1266/00, BVerfGE 110, 177 RdNr 35) beeinträchtigt wird. Dies hat zur Folge, dass sich die dem Gesetzgeber im Rahmen des allgemeinen Gleichheitssatzes zukommende Gestaltungsfreiheit zusätzlich verengt.

26

Nach Art 11 Abs 1 GG genießen alle Deutschen Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet. § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II berührt den sachlichen Schutzbereich des Art 11 Abs 1 GG. Er betrifft auch die freie Wohnsitzgründung in einem Bundesland oder einer Gemeinde (BVerfG, Urteil vom 17.3.2004 - 1 BvR 1266/00, BVerfGE 110, 177 RdNr 33). Insoweit kommt es nicht darauf an, ob § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II auf die Einschränkung der Freizügigkeit zielt. Das Grundgesetz bindet den Schutz vor Grundrechtsbeeinträchtigungen nicht an den Begriff des Eingriffs oder gibt diesen inhaltlich vor (BVerfGE 110, 177 RdNr 35). Auch wenn staatliche Maßnahmen nur faktische Wirkung entfalten, müssen Grundrechtsbeeinträchtigungen hinreichend zu rechtfertigen sein. Eine derartige Rechtfertigung ist hier jedoch nicht zu erkennen. Auch die Gruppe der SGB II-Leistungsempfänger, die am Zuzugsort höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung beanspruchen würde als an ihrem Ausgangsort, würde nur Leistungen innerhalb der Grenzen der Angemessenheit am Zuzugsort und damit nach einem SGB II-Leistungsempfängern angemessenen Standard erhalten. Die Belastungen des dortigen Trägers - der neuen zuständigen Kommune - würden sich mithin in den Grenzen seiner "normalen" Belastung durch Gewährung existenzsichernder Leistungen halten (vgl hierzu Silagi, Zur Festschreibung der Einschränkung der Freizügigkeit im Wohnortzuweisungsgesetz durch das BVerfG, ZAR 2004, 225, 226 f). Es gehört nicht zu den Funktionen des Grundsicherungsrechts, die aufnehmende Kommune durch § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II vor arbeitsuchenden Hilfebedürftigen zu schützen.

27

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 3. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung (KdU) nach dem SGB II in dem Zeitraum vom 1.10.2007 bis 30.4.2008.

2

Die im Jahre 1980 geborene Klägerin durchlief bis 10.1.2006 eine Ausbildung zur Köchin und bewohnte während dieser Zeit eine 25,8 qm große Einzimmerwohnung in D (monatliche Grundmiete in Höhe von 118 Euro zuzüglich einer Vorauszahlung für Betriebs-, Heiz- und Warmwasserbereitungskosten). Nach Beendigung ihrer Ausbildung bezog sie Alg, zuletzt bis zum 26.1.2007 in Höhe von 7,68 Euro täglich. Die Beklagte bewilligte der Klägerin daneben bzw im Anschluss ab dem 11.1.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, zuletzt bis August 2007 in Höhe von 521,54 Euro.

3

Während des Leistungsbezugs nach dem SGB II schloss die Klägerin am 24.4.2007 einen vom 1.5.2007 bis 30.9.2007 befristeten Arbeitsvertrag über eine Tätigkeit als Köchin in dem von ihrer Wohnung elf Kilometer entfernt liegenden A Die erste Lohnzahlung in Höhe von 1200 Euro brutto (892,32 Euro netto) erhielt sie am 10.6.2007. Auf Grund einer Änderungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag vom 13.6.2007 war die Klägerin in der Zeit vom 16.6.2007 bis 30.9.2007 nur noch als Beiköchin mit einem monatlichen Bruttolohn von 1000 Euro beschäftigt. Für Juni 2007 erhielt sie einen Bruttolohn in Höhe von 1104,74 Euro (836,09 Euro netto) und für Juli 2007 in Höhe von 1000 Euro brutto (771,59 Euro netto), fällig jeweils am 10. des Folgemonats. Die Beklagte hob die laufende Bewilligung der Leistungen nach dem SGB II wegen fehlender Hilfebedürftigkeit der Klägerin mit Wirkung zum 1.6.2007 auf (Bescheid vom 9.5.2007).

4

Nach einer Wohnungsbesichtigung (6.6.2007) vereinbarte die Klägerin am 29.6.2007 mit Wirkung zum 1.10.2007 mit der A AG einen Mietvertrag über eine Zweizimmerwohnung mit einer Wohnfläche von 39,96 qm und einer Warmmiete von 326 Euro monatlich (Grundmiete in Höhe von 216 Euro, Heizungs- und Warmwasserbereitungskostenvorauszahlung in Höhe von 60 Euro, Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von 50 Euro). Am 21.9.2007 zog sie in die neue Wohnung um.

5

Den wegen der Änderung ihres Arbeitsvertrags bereits zuvor gestellten Antrag der Klägerin auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vom 19.6.2007 lehnte die Beklagte für die Zeit vom 19. bis 30.6.2007 ab, bewilligte ihr aber als KdU für den Monat Juli 2007 55,12 Euro und für August bis Oktober 2007 jeweils 109,15 Euro monatlich (Bescheide vom 11.7.2007). Nach Beendigung der Beschäftigung bewilligte die Beklagte für Oktober 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 113,15 Euro und für die Zeit vom 1.11.2007 bis 30.4.2008 in Höhe von 523,54 Euro monatlich. Der Berechnung der KdU legte die Beklagte jeweils die tatsächlichen Aufwendungen für die ehemalige Wohnung der Klägerin in D in Höhe von 176,54 Euro monatlich zu Grunde (Bescheide vom 18.10.2007; Widerspruchsbescheid vom 11.2.2008).

6

Das SG Stralsund hat die Beklagte unter Änderung der Bescheide vom 18.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.2.2008 verurteilt, "der Klägerin für den Zeitraum vom 1.10.2007 bis 30.4.2008 weitere Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten in Höhe monatlich von 326 Euro zu bewilligen" (Urteil des SG vom 10.2.2009). Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg (Urteil des LSG vom 3.12.2009). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die Beklagte dürfe die Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten nicht auf die Aufwendungen für die vorherige Wohnung der Klägerin in D beschränken. Die Höhe der Mietkosten für die Wohnung in A seien angemessen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II. Dem stehe nicht entgegen, dass es an der Einholung einer Zusicherung vor Abschluss des neuen Mietvertrags gemangelt habe, weil diese keine Voraussetzung für die Übernahme höherer angemessener KdU sei. Andererseits schließe das Fehlen einer Zusicherung als solcher auch eine Anwendung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II nicht aus. Einer Anwendbarkeit des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II stehe jedoch die fehlende Hilfebedürftigkeit der Klägerin zum Zeitpunkt des Abschlusses des neuen Mietvertrages im Juni 2007 entgegen. Da die Leistungen nach dem SGB II nur bei Hilfebedürftigkeit gewährt würden, setze auch § 22 Abs 1 und 2 SGB II eine solche grundsätzlich voraus. Durch den Abschluss des Mietvertrags sei die Klägerin schuldrechtliche Verpflichtungen eingegangen. Der "Umzug" iS des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II sei grundsätzlich mit Abschluss des Mietvertrages ins Werk gesetzt worden, weil sie hierdurch "ernsthaften Mietzinsforderungen ausgesetzt" gewesen sei. Nicht entscheidend sei, dass die Klägerin sowohl zum Zeitpunkt des vereinbarten Mietbeginns am 1.10.2007 als auch bei ihrem tatsächlichen Umzug am 21.9.2007 im Leistungsbezug gestanden habe. Dies eröffne keinen Raum für die Anwendung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II. In § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II erkenne der Gesetzgeber an, dass es auf den "Abschluss des Vertrags" ankomme.

7

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II und § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II. Der Gesetzgeber gehe in § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II explizit von einem "Umzug", nicht - wie in § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II - vom "Abschluss eines Vertrags" aus. Damit habe er eine andere zeitliche Anknüpfung gewählt. Zudem sei § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II in der jetzigen Fassung zu einer Zeit eingefügt worden, als § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II bereits existiert habe. Die unterschiedliche zeitliche Anknüpfung rechtfertige sich daraus, dass das SGB II grundsätzlich eine nur vorübergehende Hilfebedürftigkeit unterstelle. Bei Abschluss des Mietvertrages könne in vielen Fällen noch nicht abgeschätzt werden, ob bei dem tatsächlichen Umzug Hilfebedürftigkeit (noch) vorliege oder nicht. Vereinbare jemand den Mietvertrag zu einer Zeit, in welcher er nicht in den Anwendungsbereich des § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II falle, sei es grundsätzlich nicht unbillig, auf den Zeitpunkt des Umzugs abzustellen. Der Betroffene müsse sich darüber im Klaren sein, wie er seine Verpflichtungen erfüllen könne. Dies gelte insbesondere dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - bei Vertragsabschluss bereits "subjektive Hilfebedürftigkeit" gegeben bzw für die Zeit des tatsächlichen Umzugs bereits objektive Hilfebedürftigkeit abzusehen gewesen sei. Mit ihrer Antragstellung am 19.6.2007 habe die Klägerin dokumentiert, dass sie selbst von einer Hilfebedürftigkeit ausgegangen sei.

8

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenbug-Vorpommern vom 3. Dezember 2009 und das Urteil des Sozialgerichts Stralsund vom 10. Februar 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Die Klägerin führt aus, das Verhältnis von § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II und § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II sei so zu verstehen, dass § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II die Voraussetzungen normiere, unter denen es möglich sei, umzugsbedingte höhere KdU zu beanspruchen. Beide Vorschriften müssten im Zusammenhang gesehen werden, wobei es entscheidend auf den Vertragsschluss ankomme. Die von der Beklagten vorgenommene Unterscheidung in eine subjektive und eine objektive Hilfebedürftigkeit sei nicht überzeugend.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision der Beklagten ist nicht begründet.

12

1. Gegenstand des Rechtsstreits sind die Bescheide vom 18.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.2.2008. Zutreffend sind das LSG und das SG davon ausgegangen, dass die Folgebescheide nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits geworden sind. § 96 SGG greift in diesen Fällen nicht ein(siehe nur BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1, RdNr 30). Die Beteiligten haben den Streitgegenstand auch zulässig auf Leistungen für KdU beschränkt. Zwar sind nach der Rechtsprechung des BSG bei einem Streit um höhere Leistungen grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen (BSG SozR 4-4300 § 428 Nr 3, RdNr 16; BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 29/06 R, RdNr 18; BSG Urteil vom 5.9.2007 - B 11b AS 49/06 R = SozR 4-4200 § 11 Nr 7, RdNr 19). Ein Bescheid kann im Einzelfall jedoch gleichwohl mehrere abtrennbare Verfügungen enthalten. Um eine solche handelt es sich bei dem Betrag, der für die KdU nach § 22 SGB II bewilligt worden ist(vgl hierzu im Einzelnen BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 19 ff; siehe auch BSG Urteil vom 27.2.2008 - B 14/11b AS 55/0AS 55/06 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 9, RdNr 13).

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2. Die Klägerin hat Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen für ihre Wohnung in A Sie erfüllt die Voraussetzungen des § 7 SGB II für Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Ihr Anspruch umfasst dem Grunde nach auch Leistungen für KdU. Eine Begrenzung der von der Beklagten zu erbringenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung auf die (niedrigeren) Mietkosten für die bisherige Wohnung in D folgt weder aus § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II (3.) noch aus § 22 Abs 1 Satz 1 iVm § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II (4.).

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3.a) Die Voraussetzungen für eine Begrenzung der KdU nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II liegen nicht vor, weil die Klägerin zwar bei ihrem Umzug, nicht jedoch bei Eingehen des Mietverhältnisses hilfebedürftig war. § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II idF des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) mit Wirkung ab dem 1.8.2006 bestimmt: Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, werden die Leistungen weiterhin nur in Höhe der bis dahin zu tragenden Aufwendungen erbracht. Es kann dahinstehen, ob ein Umzug der Klägerin innerhalb des Vergleichsraums im Sinne der Rechtsprechung des BSG stattfand (zu diesem Erfordernis für die Anwendbarkeit des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II vgl BSG Urteil vom 1.6.2010, B 4 AS 60/09 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; zur Übertragbarkeit der vom BSG entwickelten Konkretisierungen zum räumlichen Vergleichsmaßstab auf ländliche Gebiete siehe Knickrehm in Spellbrink, Das SGB II in der Praxis der Sozialgerichte - Bilanz und Perspektiven in DGST, Praktikerleitfäden, 2010, S 86) und ob der konkrete Umzug der Klägerin von D nach A iS des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II erforderlich war. Die Vorschrift kommt jedenfalls nur dann zur Anwendung, wenn eine Hilfebedürftigkeit desjenigen gegeben ist, der die Übernahme höherer als der bisherigen Unterkunftskosten begehrt. Dies folgt daraus, dass ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (§ 5 Abs 2 Satz 1 SGB II) iS einer Leistungsberechtigung nur bei Hilfebedürftigkeit iS des § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB II besteht(BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, jeweils RdNr 30). Auch soweit Leistungseinschränkungen oder die Beachtung von besonderen Obliegenheiten durch den Hilfebedürftigen betroffen sind (vgl § 31 SGB II), verknüpft das SGB II dies mit dem Bestehen von Hilfebedürftigkeit iS des SGB II. Diese Grundsätze sind daher auch im Rahmen von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II anwendbar. An einer Hilfebedürftigkeit im maßgeblichen Zeitraum des Eingehens des Mietverhältnisses mangelt es jedoch vorliegend.

15

Aus dem Wortlaut des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II könnte zwar - entsprechend dem Vorbringen der Beklagten - geschlossen werden, dass es auf das Vorliegen von Hilfebedürftigkeit (nur) zum eigentlichen Zeitpunkt des Umzugs ankommt (b). Der systematische Zusammenhang des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II mit § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II (c) und § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II (e) sowie der Sinn und Zweck der Begrenzungsregelung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II (d) belegen jedoch, dass der Begriff des "Umzugs" iS des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II in einem weiteren Sinne zu verstehen ist und entscheidend auf den Zeitpunkt des Eingehens des Mietverhältnisses abzustellen ist. Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG, an die der Senat gebunden ist (§ 163 SGG), war die Klägerin im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages unter Berücksichtigung ihres bereinigten Einkommens jedoch nicht hilfebedürftig.

16

b) § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II knüpft die Übernahme von KdU in Höhe der bisher zu tragenden tatsächlichen Aufwendungen zunächst daran, dass sich die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach einem nicht erforderlichen Umzug erhöhen. Besteht im eigentlichen Umzugszeitpunkt objektiv keine Hilfebedürftigkeit, darf eine Begrenzung der Kostenübernahme nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II bei einer später entstehenden Hilfebedürftigkeit nicht erfolgen(vgl Krauß in Hauck/Noftz, § 22 RdNr 94, Stand September 2009; Berlit in LPK SGB II, 3. Aufl 2009, § 22 RdNr 51). In diesen Fallgestaltungen wird typisierend davon ausgegangen, dass der Hilfebedürftige die Mietaufwendungen aus eigenen Mitteln tragen kann. Darüber hinaus bringt der Wortlaut des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aber auch ein allgemeines Kausalitätserfordernis zwischen einem Umzug und einem Anstieg der Unterkunftskosten zum Ausdruck. Dies spricht dafür, unter dem Begriff des "Umzugs" neben dem eigentlichen Umzug auch die dafür notwendigen Vorbereitungshandlungen zu verstehen. Der tatsächliche Akt des Umzugs allein führt in der Regel nicht zu höheren Mietaufwendungen. Die Höhe der Mietzahlungen ist vielmehr abhängig von der durch den Mietvertrag begründeten Verpflichtung des Mieters zur Zahlung des Mietzinses. Allerdings fallen der Abschluss des Mietvertrags und der Umzug bzw der Beginn des Mietverhältnisses in den seltensten Fällen zusammen. Besteht zum Zeitpunkt des Umzugs Hilfebedürftigkeit, ist darauf abzustellen, ob Hilfebedürftigkeit auch bei Begründung der rechtlichen Verpflichtung zur Erbringung von ggf höheren als der bisherigen Aufwendungen vorlag.

17

c) Für dieses Ergebnis spricht in zweierlei Hinsicht auch der systematische Zusammenhang des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II mit § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II. Nach § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II soll der erwerbsfähige Hilfebedürftige vor Abschluss eines Vertrags über eine neue Unterkunft die Zusicherung des für die Leistungserbringung bisher örtlich zuständigen kommunalen Trägers zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Auch hier wird auf den Abschluss des Mietvertrags abgestellt; die Zusicherung soll vor seinem Abschluss eingeholt werden. Der Verknüpfung beider Vorschriften kann nicht entgegengehalten werden, dass das Vorliegen einer Zusicherung nach § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II keine (weitere) Anspruchsvoraussetzung für die Übernahme höherer Kosten nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II sei(BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, jeweils RdNr 27). Nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II sind höhere KdU vielmehr schon dann zu tragen, wenn - objektiv - auch die künftigen höheren KdU gleichfalls angemessen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II sind und es sich um einen erforderlichen Umzug handelt. § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II kommt aber die Funktion zu, vor einem Umzug zu klären, ob die höheren KdU übernommen werden(Mrozynski, Grundsicherung und Sozialhilfe, II.8 RdNr 57a, Stand September 2007; vgl auch BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr 2 RdNr 29). Die Regelung dient damit zugleich jedoch auch dem Schutz des Hilfebedürftigen vor den weitreichenden Konsequenzen des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II, die in der nur gekürzten Übernahme der tatsächlich angemessenen KdU ohne Übergangsfrist bestehen.

18

Die Obliegenheit zur Einholung einer Zusicherung trifft nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II aber nur erwerbsfähige Hilfebedürftige, die die Unterkunft wechseln wollen(BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 28 RdNr 19, zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; LSG Baden-Württemberg Urteil vom 27.2.2009 - L 12 AS 3990/08 - juris RdNr 19; Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 22 RdNr 62). Insofern hat der Gesetzgeber mit § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II gerade keine Obliegenheit vor dem tatsächlichen Eintritt der Hilfebedürftigkeit, etwa bereits mit Antragstellung(vgl hierzu §§ 60 ff SGB I) oder einem anderen tatsächlichen Ereignis (vgl etwa § 37 SGB III), geschaffen, sondern die Verpflichtung zur Einholung einer Zusicherung mit dem Status eines "erwerbsfähigen Hilfebedürftigen" verbunden (vgl auch zur allgemeinen Zurückhaltung des Gesetzgebers bei der Schaffung von Verpflichtungen vor Eintritt des Versicherungsfalls im Sozialversicherungsrecht Voelzke, Die Herbeiführung des Versicherungsfalls im Sozialversicherungsrecht, 2004, S 91 ff). Diese zeitliche Abgrenzung vermeidet zugleich Unsicherheiten hinsichtlich der Frage, ab welchem Zeitpunkt sich ein potentiell Leistungsberechtigter bei einem Wohnungswechsel mit dem Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ins Benehmen setzen muss.

19

d) Der zuvor dargelegte Zusammenhang des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II und des § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II zeigt, dass auch die Konsequenzen des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II nur den bei Eingehens des Mietverhältnisses bereits Hilfebedürftigen treffen sollen. Nach dem Willen des Gesetzgebers (BT-Drucks 16/1410 S 23) sollten die KdU auf die bisherigen angemessenen Unterkunftskosten begrenzt werden, wenn Hilfebedürftige unter Ausschöpfung der durch den kommunalen Träger festgelegten Angemessenheitsgrenzen für Wohnraum in eine Wohnung mit höheren, gerade noch angemessenen Kosten umziehen. Entsprechend ist der Senat davon ausgegangen, dass mit der Regelung dem Leistungsmissbrauch eine Grenze gesetzt und Kostensteigerungen für Leistungen der KdU innerhalb der kommunalen Grenzen vorgebeugt werden sollte (vgl hierzu näher BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 60/09 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Dieser Missbrauchs- und Steuerungsgedanke greift jedoch nur, wenn der Grundsicherungsträger auch steuernd über die Möglichkeit eines Zusicherungsverfahrens nach § 22 Abs 2 Satz 1 SGB II tätig werden kann. Die Obliegenheit des Hilfebedürftigen zur Einholung einer Zusicherung und die hiermit korrespondierende Zusicherungsverpflichtung des Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende setzen jedoch eine Hilfebedürftigkeit bereits bei Eingehen des Mietverhältnisses voraus.

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e) Auch nach dem systematischen Zusammenhang zwischen § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II und § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II ist auf das Bestehen von Hilfebedürftigkeit zum Zeitpunkt des Eingehens des Mietverhältnisses abzustellen, wenn nicht zum Zeitpunkt des Umzugs Hilfebedürftigkeit bereits entfallen war. Sowohl nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II als auch nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II übernimmt der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende die tatsächlichen Aufwendungen für KdU nur eingeschränkt. Während § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II mit seiner ihm gleichwohl innewohnenden Schutzfunktion(vgl hierzu BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R - juris RdNr 22; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 28 RdNr 16, zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen) die Tragung der die angemessenen Aufwendungen übersteigenden KdU im Sinne eines flexiblen, von Zumutbarkeitserwägungen abhängigen Verfahrens regelt, enthält § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II keinen solchen befristeten und differenzierten Bestandsschutz, obwohl es sich auch bei den höheren Kosten noch um angemessene Aufwendungen handeln muss. Vom Regelungs- und Schutzbereich des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II erfasst sind grundsätzlich solche Personen, die bei Eintritt der Hilfebedürftigkeit bereits in einer unangemessenen Wohnung iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II wohnen bzw deren Unterkunftskosten während des Leistungsbezugs - zB durch eine Mieterhöhung - unangemessen werden(BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2 RdNr 23).

21

Der Senat hat bereits entschieden, dass die Regelung des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II auch Anwendung findet, wenn ein Leistungsberechtigter kurz vor Beginn des Leistungsbezugs eine Wohnung anmietet, deren Kosten unangemessen hoch sind. Auch dann setzt eine Begrenzung der Leistungserbringung auf die angemessenen Kosten nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II regelmäßig voraus, dass eine Aufforderung zur Kostensenkung vorliegt, die dem Hilfebedürftigen Klarheit über die aus der Sicht des Leistungsträgers angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft verschafft(BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 28, RdNr 17 mwN). Nur für den Ausnahmefall, dass jemand bösgläubig, also zurechenbar sowohl in Kenntnis des zu erwartenden SGB II-Leistungsbezugs als auch unangemessener tatsächlicher KdU einen Mietvertrag über eine "Luxuswohnung" abschließt, brauchen die unangemessenen Kosten je nach Lage des Einzelfalls nicht oder jedenfalls nicht für sechs Monate vom Grundsicherungsträger übernommen zu werden (BSG aaO, RdNr 17). Einen geringeren "Bestandsschutz" braucht ein erst zu einem späteren Zeitpunkt (erneut) Hilfebedürftiger, der - ohne hilfebedürftig zu sein (siehe hierzu näher 3f) -, eine neue Wohnung anmietet, die zwar teurer als die alte ist, sich aber ggf noch im Bereich der Angemessenheit iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II hält, nicht hinzunehmen. Erweist sich die Wohnung bei Wiedereintritt der Hilfebedürftigkeit nach näherer Prüfung durch den Grundsicherungsträger als nicht angemessen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II, bleibt es für eine Begrenzung der Übernahme der KdU durch den Grundsicherungsträger bei dem Erfordernis der Kostensenkungsaufforderung bzw anderweitiger Kenntnis des Hilfebedürftigen von der Unangemessenheit der Kosten für Unterkunft und Heizung im maßgeblichen Vergleichsraum.

22

f) Zwar ist der Klägerin entgegenzuhalten, dass sie den neuen Mietvertrag nur wenige Tage nach ihrem erneuten Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vom 19.6.2007 unterschrieben hat und die (subjektive) Erwartung haben konnte, dass sie nach Änderung des Arbeitsvertrags (erneut) hilfebedürftig werden würde. Rechtliche Konsequenzen hat dies jedoch nicht, weil bei der Klägerin nicht - wie dies allerdings ansonsten zumeist der Fall sein dürfte - bereits mit Antragstellung auch eine Hilfebedürftigkeit vorlag. Der Antrag auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (§ 37 SGB II) ist insoweit ein leistungskonstituierender Akt, dem (nur) die Bedeutung zukommt, dass Leistungen (frühestens) ab Antragstellung zustehen, soweit die Leistungsvoraussetzungen zum Antragszeitpunkt gegeben sind (BSG Urteil vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R - RdNr 15 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; BT-Drucks 15/1516 S 62). Nur mit dem tatsächlichen Eintritt von Hilfebedürftigkeit, nicht bereits mit der (subjektiven) Erwartung einer Leistungsberechtigung oder einer Antragstellung hat der Gesetzgeber die Obliegenheit zur Einholung einer Zusicherung nach § 22 Abs 2 SGB II und damit die Möglichkeit einer Kürzung der tatsächlichen KdU auf die bisherigen KdU iS des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II verbunden. Die Klägerin konnte jedoch im Monat der Eingehung des neuen Mietverhältnisses (Juni 2007) ihren gesamten Lebensunterhalt tatsächlich aus eigenem Einkommen bestreiten. Nur hierauf kommt es an. Insofern hat der Senat bereits zur zeitlichen Dauer der Berücksichtigung einmaliger Einnahmen ("Verteilzeitraum") entschieden, dass es bei einer die Beendigung der Hilfebedürftigkeit für mindestens einen Monat bewirkenden Änderung nicht mehr gerechtfertigt ist, die zuvor berücksichtigte einmalige Einnahme nach erneuter Antragstellung weiterhin als Einkommen leistungsmindernd anzusetzen (BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15 RdNr 31). Es handele sich um einen Zufluss vor erneuter - vergleichbar der ersten - Antragstellung und dem "Wiedereintritt" von Hilfebedürftigkeit (BSGE aaO). Entsprechend ist auch der SGB II-Leistungsempfänger, der seine Hilfebedürftigkeit für einen Monat (zB durch Erwerbstätigkeit) überwunden hat, hinsichtlich der Übernahme angemessener KdU nach der Vorschrift des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II nicht anders als derjenige zu behandeln, der erstmalig hilfebedürftig wird(vgl auch Krauß in Hauck/Noftz, § 22 RdNr 94, Stand September 2009).

23

4. Scheidet die Anwendbarkeit der Begrenzungsregelung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II mithin aus, sind die tatsächlichen Aufwendungen der Klägerin für Unterkunft und Heizung in dem hier streitigen Zeitraum zu übernehmen. Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit sie angemessen sind (§ 22 Abs 1 Satz 1 SGB II). Damit lässt sich der Gesetzgeber - anders als bei der pauschalierten Regelleistung - bei den Unterkunftskosten zunächst vom Prinzip der Einzelfallgerechtigkeit leiten, indem er auf die tatsächlichen Unterkunftskosten abstellt (vgl BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 60/09 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen, RdNr 16). Allerdings sind die tatsächlichen Kosten nicht in beliebiger Höhe erstattungsfähig, sondern nur soweit sie angemessen sind. Die Angemessenheitsprüfung limitiert somit im Grundsatz die erstattungsfähigen Kosten der Höhe nach (BSG Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 12). Es kann hier dahingestellt bleiben, ob der Aussage des LSG zur Angemessenheit der Kosten der von der Klägerin neu angemieteten Wohnung ausreichende tatsächliche Feststellungen zu Grunde liegen (vgl zB BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 50/09 R, SozR 4-4200 § 22 Nr 29, RdNr 19). Eine Absenkung der tatsächlichen Kosten für KdU auf angemessene Aufwendungen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II ist jedenfalls schon deshalb nicht möglich, weil die Klägerin keine Kostensenkungsobliegenheit iS des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II trifft.

24

Nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II sind die Aufwendungen für Unterkunft, soweit sie den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen, als Bedarf des alleinstehenden Hilfebedürftigen so lange zu berücksichtigen, wie es dem alleinstehenden Hilfebedürftigen nicht möglich oder nicht zumutbar ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Subjektiv möglich im Sinne dieser Regelung sind einem Hilfebedürftigen Kostensenkungsmaßnahmen jedoch nur dann, wenn er Kenntnis davon hat, dass ihn die Obliegenheit trifft, derartige Maßnahmen zu ergreifen (vgl hierzu im Einzelnen BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 28). Der Klägerin fehlte es im streitigen Zeitraum jedenfalls an der subjektiven Möglichkeit der Kostensenkung iS des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II, weil sie von der Beklagten zu keinem Zeitpunkt darauf hingewiesen worden ist, dass die Kosten der von ihr angemieteten Wohnung in A unangemessen hoch sind und welche Mietkosten angemessen sind.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten werden die Urteile des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 26. August 2014 und des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 13. Dezember 2012 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Kosten sind in allen drei Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Im Streit ist der Anspruch des Klägers auf höheres Arbeitslosengeld II (Alg II) wegen einer Nachforderung von Betriebs- und Heizkosten, die außerhalb des Leistungsbezugs entstanden sind, für eine im Fälligkeitszeitpunkt nicht mehr bewohnte Wohnung.

2

Der Kläger und seine Ehefrau wohnten in einer Dreizimmerwohnung in N. im P. Ring und bezogen vom beklagten Jobcenter Alg II bis Juli 2008. Anschließend war der Kläger erwerbstätig. Im September 2009 wurde ihr gemeinsamer Sohn geboren. Nachdem die zuletzt ausgeübte Erwerbstätigkeit des Klägers im April 2010 endete, bewilligte der Beklagte dem Kläger, seiner Ehefrau und seinem Sohn für die Zeit von Mai bis Oktober 2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Bescheid vom 11.5.2010, Änderungsbescheide vom 25.5.2010, 24.8.2010 und 19.10.2010), die er für den Monat Oktober 2010 nach Vorlage einer Entgeltabrechnung des Klägers hinsichtlich der Regelleistungen teilweise aufhob (Bescheide vom 4.11.2010). Zum 1.10.2010 mietete der Kläger vom bisherigen Vermieter eine Dreizimmerwohnung in N. im P.-Ring und zog die Familie in diese um, wozu der Beklagte die Zusicherung erteilte.

3

Am 14.10.2010 rechnete der Vermieter die Betriebs- und Heizkosten für die frühere Wohnung im P.-Ring für das Jahr 2009 ab. Der Kläger legte am 21.10.2010 dem Beklagten die Abrechnung vor, deren im selben Monat fällige Nachforderung sich auf 559,72 Euro belief. Die Übernahme dieser Nachforderung lehnte der Beklagte ab (Bescheid vom 4.11.2010, Widerspruchsbescheid vom 8.2.2011); es handele sich um Verbindlichkeiten aus einem früheren Mietverhältnis.

4

Auf die zunächst nur vom Kläger erhobene und während des Klageverfahrens um die Ehefrau und den Sohn erweiterte Klage verpflichtete das Sozialgericht (SG) den Beklagten, den Klägern Betriebs- und Heizkosten in Höhe von 559,72 Euro als Kosten der Unterkunft und Heizung zu gewähren (Urteil vom 13.12.2012). Die vom SG zugelassene Berufung des Beklagten wurde vom Landessozialgericht (LSG) - nach Rücknahme der Klagen der Ehefrau und des Sohnes - zurückgewiesen (Urteil vom 26.8.2014). Den Tenor des SG-Urteils fasste das LSG "klarstellend" dahingehend neu, dass der Beklagte verpflichtet wird, dem Kläger Grundsicherungsleistungen für Oktober 2010 in Höhe von insgesamt 416,61 Euro zu gewähren. Dass der Kläger im Jahr 2009 nicht im Leistungsbezug gestanden habe und nun die frühere Wohnung nicht mehr bewohne, sei ohne Belang, weil er damals seinen Pflichten aus dem Mietverhältnis nachgekommen sei und zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Nachforderung im Leistungsbezug des Beklagten gestanden habe. Unter Einbeziehung seiner laufenden Bedarfe und des zu berücksichtigenden Einkommens sowie seines Kopfteils in Höhe von einem Drittel der Nachforderung ergebe sich ein Leistungsanspruch des Klägers im Oktober 2010 in Höhe von insgesamt 416,61 Euro.

5

Mit der vom LSG zugelassenen Revision macht der Beklagte eine Verletzung des § 22 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) geltend. Nebenkostennachforderungen für eine frühere Wohnung seien nur zu übernehmen, wenn der Mieter im Zeitpunkt ihrer Entstehung und ihrer Fälligkeit im Leistungsbezug gestanden habe und der Umzug in Erfüllung einer Kostensenkungsaufforderung erfolgt sei.

6

Der Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 26. August 2014 und des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 13. Dezember 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision des Beklagten ist begründet. Die Urteile des LSG und des SG sind aufzuheben und die Klage ist abzuweisen, weil der Beklagte zu Recht einen Anspruch des Klägers auf höheres Alg II wegen einer Nachforderung von Betriebs- und Heizkosten abgelehnt hat.

9

1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens sind das nur den Kläger betreffende Urteil des LSG und das Urteil des SG, soweit es den Kläger betrifft, durch die der Beklagte verurteilt worden ist, dem Kläger Alg II für Oktober 2010 unter kopfteiliger Berücksichtigung der Nachforderung aus der Betriebs- und Heizkostenabrechnung für das Jahr 2009 in Höhe von insgesamt 416,61 Euro zu zahlen, sowie der Bescheid des Beklagten vom 4.11.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.2.2011. Gegen diesen Bescheid wendet sich der Kläger zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 Sozialgerichtsgesetz), denn er begehrt die Aufhebung dieses Bescheides, durch den der Beklagte die Übernahme der Nebenkostennachforderung und eine entsprechende Änderung seiner Bewilligungsentscheidung für Oktober 2010 abgelehnt hat, und die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung höheren Alg II für Oktober 2010 an ihn.

10

2. Rechtsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf höheres als das ihm für Oktober 2010 zuletzt bewilligte Alg II sind § 40 Abs 1 Satz 1 SGB II iVm § 48 Abs 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) und § 19 Satz 1 iVm § 7 Abs 1 Satz 1 und §§ 20 ff SGB II, hier hinsichtlich der umstrittenen Nachforderung § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II(in der im Oktober 2010 geltenden Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954; SGB II aF). Denn der Beklagte hat bei der Leistungsbewilligung durch den Änderungsbescheid vom 19.10.2010 für Oktober 2010 dem Kläger Alg II einschließlich Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II aF bewilligt und die vom Kläger am 21.10.2010 vorgelegte Betriebs- und Heizkostenabrechnung vom 14.10.2010 fällt zeitlich in diesen Monat.

11

3. Nach § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, hier der Änderungsbescheid vom 19.10.2010 für Oktober 2010, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Der Verwaltungsakt ist nach § 40 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB II aF iVm § 330 Abs 3 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch iVm § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt. Doch an einer rechtserheblichen Änderung zugunsten des Klägers fehlt es hier.

12

Mit der Betriebs- und Heizkostennachforderung des Vermieters hinsichtlich der vom Kläger früher bewohnten Wohnung für das Jahr 2009, in dem er wegen fehlender Hilfebedürftigkeit nicht im Leistungsbezug bei dem Beklagten stand, ist keine solche Änderung eingetreten, weil der Kläger im Fälligkeitsmonat Oktober 2010 keinen Anspruch auf (kopfteilige) Übernahme dieser Nachforderung hat (dazu 4.). Im Übrigen ergeben sich weder Anhaltspunkte dafür, dass das vom Beklagten für Oktober 2010 bewilligte Alg II einschließlich der Leistungen für laufende Kosten der Unterkunft und Heizung für den Kläger, der nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG die Voraussetzungen des § 19 Satz 1 iVm § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II erfüllte, zu niedrig festgesetzt worden sein könnte, noch dafür, dass dem Kläger aus anderen Gründen als der Nachforderung höheres als das bewilligte Alg II im Oktober 2010 zustehen könnte. Insbesondere berücksichtigt der Änderungsbescheid vom 19.10.2010 die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung für die aktuell bewohnte Wohnung abzüglich nur der Warmwasserpauschale bei der Bedarfsberechnung.

13

4. Der Kläger hat im Fälligkeitsmonat Oktober 2010 keinen Anspruch auf (kopfteilige) Übernahme der Nachforderung aus § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II aF. Nach dieser Vorschrift werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind.

14

a) Hierdurch erfasst werden nicht nur Leistungen für laufende, sondern auch für einmalige Kosten für Unterkunft und Heizung. Soweit eine Nachforderung von Unterkunfts- und/oder Heizkosten in einer Summe fällig wird, gehört sie im Fälligkeitsmonat zum tatsächlichen, aktuellen Bedarf (vgl Bundessozialgericht Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 9/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 50 RdNr 14).

15

Die Leistungen für laufende wie für einmalige Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II aF dienen indes der Unterkunftssicherung. Hieran hat sich durch die Neufassung dieser Regelung mit Wirkung vom 1.1.2011 ("Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind.") nichts geändert (Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011, BGBl I 453; SGB II nF). Durch die existenzsichernden Leistungen soll der aktuelle räumliche Lebensmittelpunkt beibehalten werden können und sollen so der persönliche Lebensbereich "Wohnung" sowie das Grundbedürfnis "Wohnen" geschützt werden. Der Leistungsanspruch nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II aF zur Sicherung des Grundbedürfnisses des Wohnens bezieht sich deshalb grundsätzlich nur auf die Übernahme der Aufwendungen für die tatsächlich genutzte konkrete Wohnung, die den aktuell bestehenden Unterkunftsbedarf deckt(vgl - in unterschiedlichen Zusammenhängen - BSG Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R - juris RdNr 20; BSG Urteil vom 17.12.2009 - B 4 AS 50/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 29 RdNr 19; BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 4 AS 28/09 R - juris RdNr 20; BSG Urteil vom 17.6.2010 - B 14 AS 58/09 R - BSGE 106, 190 = SozR 4-4200 § 22 Nr 41, RdNr 28; BSG Urteil vom 24.11.2011 - B 14 AS 121/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 58 RdNr 15; BSG Urteil vom 16.2.2012 - B 4 AS 14/11 R - juris RdNr 23; BSG Urteil vom 23.5.2012 - B 14 AS 133/11 R - SozR 4-1300 § 44 Nr 25 RdNr 20; BSG Urteil vom 4.6.2014 - B 14 AS 42/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 78 RdNr 17; vgl auch Boerner in Harich, Handbuch der Grundsicherung für Arbeitsuchende, 2014, Stichwort "Mietwohnung, Bedarfe für" RdNr 3). Entsprechend haben die bisherigen Entscheidungen des BSG zur Übernahme von Betriebs- und/oder Heizkostennachforderungen - mit einer Ausnahme (dazu b) - jeweils Forderungen aus bestehenden Mietverhältnissen für im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit weiterhin genutzte Wohnungen zum Gegenstand (s nur BSG Urteil vom 22.3.2010 - B 4 AS 62/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 38; BSG Urteil vom 6.4.2011 - B 4 AS 12/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 45; BSG Urteil vom 24.11.2011 - B 14 AS 121/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 58).

16

Besteht das Mietverhältnis noch, gehören danach auch Nebenkostennachforderungen für Unterkunft und Heizung, die vor Eintritt der Hilfebedürftigkeit tatsächlich entstanden sind, aber erst nach deren Eintritt fällig werden, zu den übernahmefähigen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung (so BSG Urteil vom 24.11.2011 - B 14 AS 121/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 58 RdNr 15). Daran ist festzuhalten.

17

Im Zeitpunkt der Fälligkeit der Betriebs- und Heizkostennachforderung vom 14.10.2010 - nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und deshalb den Senat bindenden Tatsachenfeststellungen des LSG (§ 163 SGG) im Oktober 2010 - war das Mietverhältnis über die frühere Wohnung, auf die sich die Nachforderung bezog, jedoch bereits beendet. Für diese Wohnung kamen unterkunftssichernde Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II aF grundsätzlich nicht mehr in Betracht.

18

b) Eine Ausnahme von diesem Grundsatz hat das BSG anerkannt, wenn der Leistungsberechtigte sowohl im Zeitpunkt der tatsächlichen Entstehung der Kosten im Leistungsbezug nach dem SGB II stand als auch im Zeitpunkt der Fälligkeit der Nachforderung noch steht sowie die Aufgabe der Wohnung in Erfüllung einer Kostensenkungsobliegenheit gegenüber dem Leistungsträger erfolgt ist und keine anderweitige Bedarfsdeckung eingetreten ist. In diesem Fall sind auch Aufwendungen für eine Betriebs- und Heizkostennachforderung aus einem nicht mehr bestehenden Mietverhältnis durch Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II zu übernehmen (BSG Urteil vom 20.12.2011 - B 4 AS 9/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 50 RdNr 17 und Leitsatz).

19

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der Kläger hat die frühere Wohnung nicht während des ununterbrochenen Leistungsbezugs aufgrund einer Kostensenkungsaufforderung des Leistungsträgers aufgegeben.

20

c) Es gibt keinen Grund, vorliegend eine weitere Ausnahme anzuerkennen. Nebenkostennachforderungen für eine Wohnung, die erst fällig geworden sind, nachdem diese nicht mehr bewohnt wird, und deren tatsächliche Entstehung nicht auf Zeiten der Hilfebedürftigkeit zurückgeht, sind kein anzuerkennender Bedarf iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II(vgl auch Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, K § 22 RdNr 65, Stand Oktober 2012).

21

Den vorliegenden Fall prägt nicht die vom 4. Senat betonte Besonderheit eines Umzugs während des Leistungsbezugs in Erfüllung einer Kostensenkungsobliegenheit nach Aufforderung durch den Leistungsträger (§ 22 Abs 1 Satz 3 SGB II), die auch in anderen Zusammenhängen Berücksichtigung gefunden hat (§ 22 Abs 6 Satz 2 SGB II: Erteilung einer Zusicherung zur Übernahme von Wohnungsbeschaffungs- und Umzugskosten, wenn der Umzug durch den Leistungsträger veranlasst ist; zu einem Erstausstattungsanspruch bei unbrauchbar gewordenen Möbeln durch einen vom Leistungsträger veranlassten Umzug vgl BSG Urteil vom 1.7.2009 - B 4 AS 77/08 R - SozR 4-4200 § 23 Nr 4). Der Leistungsträger ist in diesen Fällen nicht von seiner Verantwortung für die Berücksichtigung unterkunftsbezogener Bedarfe für die frühere Wohnung enthoben und er soll die Folgekosten des von ihm veranlassten Umzugs übernehmen (vgl § 22 Abs 1 Satz 4 SGB II: "unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen").

22

Mit einem in diesem Sinne vom Leistungsträger veranlassten Umzug nicht vergleichbar ist der Umzug der Familie des Klägers in die neue Wohnung, der nach den Feststellungen des LSG aufgrund von Mängeln der früheren Wohnung erfolgte und dessen Erforderlichkeit der Beklagte durch seine Zusicherung anerkannte. Die Erteilung einer Zusicherung verschafft dem Leistungsberechtigten zwar Gewissheit über die Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft (§ 22 Abs 4 Satz 1 SGB II), begründet aber keinen Übernahmeanspruch für nach dem Umzug fällig werdende Forderungen für die frühere Wohnung. Eine anderweitige existenzsicherungsrechtlich relevante Verknüpfung der Nachforderung von Nebenkosten für das Jahr 2009, deren tatsächliche Entstehung nicht auf Zeiten der Hilfebedürftigkeit zurückgeht, mit dem anzuerkennenden unterkunftsbezogenen Bedarf im Fälligkeitsmonat Oktober 2010 ist nicht zu erkennen, weil der Beklagte im Jahr 2009 keine unterkunftsbezogenen Bedarfe des Klägers zu übernehmen hatte.

23

5. Eine Übernahme der Nachforderung als Schulden iS von § 22 Abs 5 SGB II(in der im Oktober 2010 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24.3.2006, BGBl I 558) kam von vornherein nicht in Betracht. Diese Schuldenübernahme dient allein der Sicherung der aktuell genutzten Unterkunft (vgl BSG Urteil vom 17.6.2010 - B 14 AS 58/09 R - BSGE 106, 190 = SozR 4-4200 § 22 Nr 41, RdNr 28; BSG Urteil vom 18.11.2014 - B 4 AS 3/14 R - vorgesehen für SozR 4-4200 § 22 Nr 80 RdNr 17; vgl auch Boerner in Harich, Handbuch der Grundsicherung für Arbeitsuchende, 2014, Stichwort "Mietschulden" RdNr 12). Hieran hat sich durch die Neufassung der Regelung zur Schuldenübernahme in § 22 Abs 8 SGB II nF mit Wirkung vom 1.1.2011 nichts geändert. Für die im Oktober 2010 durch den Kläger genutzte neue Wohnung bestanden indes keine Schulden.

24

6. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem vom LSG wiedergegebenen Vortrag des Klägers, der Vermieter der aktuellen Wohnung, der mit dem früheren Vermieter identisch sei, habe mit der Kündigung der Wohnung gedroht, wenn die Nachforderung nicht gezahlt werde. Denn eine Rechtsgrundlage für eine Vermieter-Kündigung des vertragstreu durchgeführten bestehenden Mietverhältnisses über die aktuell genutzte Wohnung wegen der ausstehenden Erfüllung einer Nachforderung aus dem anderen, bereits beendeten Mietverhältnis über die frühere Wohnung sehen die Regelungen zum Wohnraumkündigungsrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) nicht vor. Sie knüpfen insoweit vielmehr an das jeweilige Mietverhältnis zwischen Vermieter und Mieter sowie an die Verletzung vertraglicher Pflichten des Mieters in diesem Mietverhältnis an (vgl § 542 Abs 1, § 543 Abs 1 Satz 1, § 568 Abs 1, § 573 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 Nr 1 BGB).

25

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.

Tenor

Auf die Revisionen der Kläger wird das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 4. Dezember 2013 (L 10 AS 285/11) aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Umstritten ist die Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für den Zeitraum vom 1.6.2007 bis zum 30.4.2009. Die Kläger wenden sich gegen die sogenannte "Deckelung" der Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aufgrund eines nach Ansicht des beklagten Jobcenters nicht erforderlichen Umzugs.

2

Die im Jahr 1971 geborene Klägerin zu 1 lebte vor dem streitigen Zeitraum mit ihrem im April 1994 geborenen Sohn, dem Kläger zu 2, in einer Bedarfsgemeinschaft in einer 58 qm großen Wohnung in der P Straße in S, für die ab dem 1.11.2006 monatlich insgesamt 305,31 Euro zu entrichten waren (Nettokaltmiete 219,94 Euro, Betriebskosten 36,07 Euro, Heizkosten/Warmwasser 44,73 Euro, Wasser/Abwasser 4,57 Euro). Auf ihren Fortzahlungsantrag vom 11.1.2007 bewilligte der Beklagte den Klägern für März bis August 2007 Grundsicherungsleistungen unter Berücksichtigung eines Gesamtbedarfs für Unterkunft und Heizung in Höhe von 298,60 Euro. Den am selben Tag gestellten Antrag auf Zusicherung für einen Umzug lehnte der Beklagte bestandskräftig ab. Zugleich wurde darauf hingewiesen, dass im Falle des Umzugs die Leistungen für Unterkunft und Heizung nur noch in der bisherigen Höhe übernommen würden.

3

Am 22.3.2007 stellte die Klägerin zu 1 erneut einen Antrag auf Zusicherung zum Umzug in eine 58 qm große Wohnung in der G straße in S Als Umzugsgrund gab die Klägerin zu 1 insbesondere die Möglichkeit der Betreuung ihres Kindes durch ihre Mutter an, die im selben Haus wohne. Mit Bescheid vom 27.3.2007 lehnte der Beklagte den Antrag mangels Erforderlichkeit des Umzugs ab, der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 14.5.2007).

4

Zum 1.6.2007 zogen die Kläger in die Wohnung in der G straße, für die eine Gesamtmiete von 327,59 Euro (Nettokaltmiete 226,59 Euro, Betriebskosten 36 Euro, Heizkosten/Warmwasser 50 Euro, Wasser/Abwasser 15 Euro) zu entrichten war. Mit Änderungsbescheid vom 6.6.2007 und sodann, jeweils auf Fortzahlungsanträge hin sowie aufgrund weiterer Änderungsbescheide, bewilligte der Beklagte den Klägern als Leistungen für Unterkunft und Heizung bis April 2009 weiterhin 298,60 Euro und übernahm Nachzahlungen wegen Nebenkostenabrechnungen sowohl für die Wohnung in der P Straße für die Jahre 2006 und 2007 sowie für die G straße für die Jahre 2007, 2008 und 2009. Die Miete in dieser Wohnung erhöhte sich bis auf insgesamt 387,70 Euro ab dem 1.12.2008 (Nettokaltmiete 226,59 Euro, Betriebskosten 36,21 Euro, Heizkosten 118,19 Euro, Wasser/Abwasser 6,71 Euro).

5

Am 26.1.2009 stellte die Klägerin zu 1 einen Überprüfungsantrag, mit welchem sie die Übernahme der vollständigen tatsächlichen Unterkunftskosten für die Wohnung in der G straße ab dem 1.6.2007 begehrte. Der Beklagte lehnte den Überprüfungsantrag unter Hinweis auf die mangelnde Zusicherung zum Umzug ab (Bescheid vom 3.2.2009, Widerspruchsbescheid vom 12.3.2009).

6

Die von den Klägern erhobenen Klagen zum Sozialgericht (SG) wurden mit Urteil vom 17.5.2011 abgewiesen, die eingelegten Berufungen zum Landessozialgericht (LSG) wurden zurückgewiesen (Urteil vom 4.12.2013). Das LSG hat in seinem Urteil ausgeführt, die Kläger hätten wegen § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II keinen Anspruch auf teilweise Rücknahme der bestandskräftigen Bewilligungsbescheide nach § 44 Abs 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) und Gewährung höherer Leistungen für Unterkunft und Heizung als die ursprünglich für die Wohnung in der P Straße bewilligten 298,60 Euro. Eine Zusicherung zum Umzug hätten die Kläger nicht gehabt, der Umzug in die G straße sei auch nicht erforderlich gewesen. Es gebe keine objektiven Anhaltspunkte dafür, dass der Wohnungszustand der Wohnung in der P Straße einen Umzug in eine andere Wohnung erforderlich gemacht habe. Auch im Hinblick auf die Mitbetreuung des Klägers zu 2 durch die Mutter der Klägerin zu 1 sei der Umzug nicht erforderlich gewesen, Hausaufgabenbetreuung und Mittagessen hätten auch im Haushalt der Mutter der Klägerin zu 1 erbracht werden können, dem Kläger zu 2 selbst sei die Wegstrecke angesichts seines Alters von 13 Jahren ohne Weiteres zumutbar. Soweit die Klägerin zu 1 auf ihre Hilfe bei der Pflege ihrer Großeltern verweise, sei diese Pflege zum einen überwiegend durch die Mutter der Klägerin zu 1 realisiert worden, zum anderen habe die Entfernung der Wohnung der Klägerin zu 1 zu der der Großeltern lediglich 1 km betragen, die Verkürzung der einfachen Wegstrecke auf ca 300 m sei nicht so erheblich, dass sie einen Umzug erforderlich erscheinen ließe. Rechtsfolge sei die Deckelung der Leistungen für Unterkunft und Heizung auf die bis dahin zu tragenden Aufwendungen. Dies sei vorliegend die von den Klägern bis zum 31.5.2007 gezahlte Bruttowarmmiete von 305,31 Euro abzüglich der Kosten der Warmwasserbereitung von 10,11 Euro, mithin eine monatliche Leistung für Unterkunft und Heizung von 295,20 Euro. Der Beklagte habe jedoch bereits monatlich 298,60 Euro gewährt und zudem für die Zeit ab Juni 2007 die sich ergebenden Nachzahlungsbeträge auf die Heiz- und Betriebskosten übernommen. Soweit die Kläger geltend machten, bei der gesetzlichen Regelung würden umzugsunabhängige Kostensteigerungen, insbesondere bei den Heizkosten, nicht berücksichtigt, führe dies zu keinem anderen Ergebnis. Eine Dynamisierung des Deckelungsbetrags anhand von Entwicklungsdaten des allgemeinen Wohnungsmarkts sei vom Wortlaut der Norm nicht gedeckt. Man teile auch nicht die verfassungsrechtlichen Bedenken der Kläger, denn es sei zu berücksichtigen, dass § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II nur eingreife, wenn der Leistungsempfänger gleichsam ohne Not höhere Kosten auslöse und somit seine Situation selbst verschuldet sei. Im Übrigen könne durch einen weiteren Umzug die Deckelung beendet werden.

7

Dagegen wenden sich die Kläger mit den vom LSG zugelassenen Revisionen. Sie rügen eine Verletzung von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II, soweit darin eine zeitlich unbefristete und starre Vorschrift zur Deckelung der Kosten der Unterkunft und Heizung gesehen werde. Zumindest sei eine Dynamisierung der individuellen Angemessenheitsgrenze aufgrund allgemeiner Kostensteigerungen notwendig. Abgesehen davon, dass die Zusicherung zum Umzug hier nicht habe verweigert werden dürfen, entspreche die dauerhafte Deckelung auch eher einer Sanktionierung sozialwidrigen Verhaltens. Sie berücksichtige weder die Kostenentwicklung in der bisherigen Unterkunft, noch die fehlende Kausalität zwischen dem Umzug und der Mehrkosten, bezogen auf die Kosten für Heizung und Wasser, da diese auf Witterungseinflüssen und steigenden Energiekosten beruhten.

8

Die Kläger beantragen,
die Urteile des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 4. Dezember 2013 - L 10 AS 285/11 - und des Sozialgerichts Schwerin vom 17. Mai 2011 - S 22 AS 672/09 - sowie den Bescheid des Beklagten vom 3. Februar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. März 2009 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihnen unter Änderung des Bescheides vom 6. Juni 2007 (Bewilligungsabschnitt 1. Juni bis 31. August 2007), des Bescheides vom 31. Juli 2007 (Bewilligungsabschnitt 1. September 2007 bis 29. Februar 2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 21. Januar 2008, des Bescheides vom 31. Juli 2007 (Bewilligungsabschnitt 1. März 2008 bis 30. April 2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 22. April 2008, des Bescheides vom 26. März 2008 (Bewilligungsabschnitt 1. Mai 2008 bis 31. Oktober 2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 22. April 2008, sowie des Bescheides vom 25. September 2008 (Bewilligungsabschnitt 1. November 2008 bis 30. April 2009) Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe ihrer tatsächlichen Aufwendungen, abzüglich der Warmwasserkostenpauschale, vom 1. Juni 2007 bis zum 30. April 2009 zu zahlen.

9

Der Beklagte beantragt,
die Revisionen der Kläger zurückzuweisen.

10

Er hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässigen Revisionen der Kläger sind im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und der Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz). Es konnte nicht abschließend entschieden werden, ob den Klägern für den streitgegenständlichen Zeitraum höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung zustehen, denn es fehlt insofern an ausreichenden Feststellungen des LSG.

12

1. Gegenstand der Revisionsverfahren sind neben der Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidungen die Aufhebung des Bescheids des Beklagten vom 3.2.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.3.2009, mit dem die Überprüfungsanträge der Kläger mit dem Ziel, vom 1.6.2007 bis zum 30.4.2009 die vollen tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung zu erlangen, abgelehnt worden sind. Mithin sind streitgegenständlich auch die jeweiligen Leistungsbescheide, mit denen Leistungen für Unterkunft und Heizung in dem von den Klägern durch ihre Überprüfungsanträge vorgegebenen Zeitraum bewilligt worden sind. Dies sind - neben den von den Klägern selbst aufgeführten Bescheiden - auch die zur Ermittlung des "wirklich Gewollten" (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 95 RdNr 5) einzubeziehenden Bescheide vom 6.6.2007 (Bewilligungsabschnitt 1.6. bis 31.8.2007), des Bescheids vom 31.7.2007 (Bewilligungsabschnitt 1.9.2007 bis 29.2.2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 21.1.2008, des Bescheids vom 31.7.2007 (Bewilligungsabschnitt 1.3.2008 bis 30.4.2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 22.4.2008, des Bescheids vom 26.3.2008 (Bewilligungsabschnitt 1.5.2008 bis 31.10.2008), zuletzt geändert durch Bescheid vom 22.4.2008, sowie des Bescheids vom 25.9.2008 (Bewilligungsabschnitt 1.11.2008 bis 30.4.2009).

13

Die vorgenommene Beschränkung auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung ist zulässig (stRspr, siehe BSG Urteil vom 23.5.2013 - B 4 AS 67/12 R - BSGE 113, 270 = SozR 4-4200 § 22 Nr 68, RdNr 12 mwN). Ihr Begehren haben die Kläger zutreffend mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage geltend gemacht (§ 54 Abs 1 und Abs 4 SGG).

14

2. Als Rechtsgrundlage für den Antrag der Kläger auf Überprüfung der Leistungsbescheide für die Zeit vom 1.6.2007 bis zum 30.4.2009 hinsichtlich der Leistungen für Unterkunft und Heizung kommt nur § 40 Abs 1 Satz 1 SGB II iVm § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X in Betracht. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.

15

Der Antrag der Kläger genügt den Anforderungen für einen Überprüfungsantrag eines Leistungsberechtigten nach § 44 SGB X. Dazu gehört nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ( Urteil vom 13.2.2014 - B 4 AS 22/13 R - BSGE 115, 126 = SozR 4-1300 § 44 Nr 28 mwN), dass der Antrag konkretisierbar ist und entweder aus dem Antrag selbst - ggf nach Auslegung - oder aus einer Antwort des Antragstellers auf eine Nachfrage des Leistungsträgers der Umfang der Prüfpflicht für die Verwaltung bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens erkennbar ist. Dazu muss der Leistungsberechtigte in der Regel in seinem Überprüfungsantrag einen oder ggf mehrere zu überprüfende Verwaltungsakte konkret aufführen. Dies ist nur dann entbehrlich, wenn bei objektiver Betrachtung aus dem Vorbringen des Antragstellers der zu überprüfende Verwaltungsakt ohne Weiteres zu ermitteln ist (siehe dazu auch BSG Urteil vom 28.10.2014 - B 14 AS 39/13 R - SozR 4-1300 § 44 Nr 31 RdNr 15).

16

Die Klägerin zu 1 hatte vorliegend - wie bereits vom SG und vom LSG ausgeführt - erkennbar auch für den mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Sohn, den Kläger zu 2, mit Schreiben vom 26.1.2009 die Überprüfung "von Leistungsbescheiden ab 1.6.2007 im Hinblick auf die Übernahme der Unterkunftskosten" beantragt und dem einen Antrag auf Übernahme der vollständigen Unterkunftskosten der Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 387,70 Euro beigefügt. Dies reicht bei objektiver Betrachtung als Anknüpfungspunkt für eine Überprüfung aus, denn es ist bei verständiger Würdigung der Sachlage klar zu erkennen gewesen, dass die Klägerin zu 1 nach dem Umzug in die G straße zum 1.6.2007 die dort zu zahlenden tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung für sich und den Kläger zu 2 begehrt.

17

3. Es kann aber vorliegend nicht abschließend entschieden werden, ob iS des § 44 Abs 1 SGB X das Recht unrichtig angewandt worden ist und deshalb durch die vorgenommene "Deckelung" zu niedrige Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht worden sind. Zwar hat das LSG zutreffend angenommen, dass der Umzug der Kläger nicht erforderlich gewesen ist (dazu unter 3.c). Es fehlen aber Feststellungen dazu, ob und ggf inwieweit für den streitbefangenen Zeitraum zutreffend ermittelte abstrakte kommunale Angemessenheitsgrenzen als weitere Voraussetzung für die Anwendung von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II bestanden haben(dazu unter 4.).

18

a) Die Kläger erfüllen aus dem Gesamtzusammenhang der vom LSG zugrunde gelegten Tatsachen die Voraussetzungen des § 7 SGB II für Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende im Hinblick auf das Alter, die Erwerbsfähigkeit, die Hilfebedürftigkeit und des gewöhnlichen Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland. Der Anspruch umfasst dem Grunde nach auch Leistungen für Unterkunft und Heizung. Es ist dabei auf die tatsächlichen Unterkunftskosten abzustellen, soweit sie angemessen sind (vgl § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II; siehe auch zB BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 20 ff).

19

b) Die Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung für die Wohnung in der G straße scheitert nicht an der fehlenden Zusicherung des Beklagten für einen Umzug (vgl § 22 Abs 2 SGB II in der in der streitigen Zeit geltenden Fassung, heute: § 22 Abs 4 SGB II). Die vom Beklagten bestandskräftig abgelehnten Anträge auf Zusicherung zur Tragung von Unterkunftskosten nach einem Umzug stellen jeweils nur eine Entscheidung für diesen konkreten Antrag dar und entfalten keine Dauerwirkung für die Zukunft. Der Bescheid erschöpft sich in der Ablehnung der Zusicherung für den Einzelfall. Dass die Kläger somit für ihren Umzug in die G straße keine Zusicherung nach § 22 Abs 2 SGB II aF eingeholt haben, ist insofern ohne Belang, als die Zusicherung keine Anspruchsvoraussetzung darstellt(BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, RdNr 27).

20

c) Ungeachtet der Frage der Zusicherung liegen die Voraussetzungen von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II für eine mögliche "Deckelung" im hiesigen Fall jedenfalls insoweit vor, als der Umzug der Kläger in die G straße nicht erforderlich war.

21

Der Prüfung zugrunde zu legen ist § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II in der im streitigen Zeitraum vom 1.6.2007 bis 30.4.2009 anzuwendenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706), der unwesentlich mit Wirkung vom 1.1.2009 durch das Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21.12.2008 (BGBl I 2917) geändert wurde. Danach werden für den Fall, dass sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung erhöhen, die Leistungen weiterhin nur in Höhe der bis dahin zu tragenden (angemessenen) Aufwendungen erbracht. Die Prüfung der Erforderlichkeit eines Umzugs ist in zwei Schritten daran zu messen, ob der Auszug aus der bisherigen Wohnung notwendig oder aus sonstigen Gründen erforderlich ist. In einem weiteren Schritt ist zu prüfen, ob sich die Kosten gerade der von dem Hilfebedürftigen gewählten neuen Wohnung in Ansehung der Erforderlichkeit eines Umzugs als angemessen darstellen (siehe grundlegend BSG Urteil vom 24.11.2011 - B 14 AS 107/10 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 52 RdNr 18).

22

Eine Notwendigkeit des Umzugs in dem Sinne, dass zB gesundheitliche Gründe einen solchen unerlässlich machen, sind nach den Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht gegeben. Aber auch eine Erforderlichkeit des Umzugs im weiteren Sinne ist für den vorliegenden konkreten Fall zu verneinen. Zwar kann grundsätzlich gerade die Tatsache, dass der Hilfebedürftige alleinerziehend und damit uU besonderen Belastungen ausgesetzt ist, zu einer Bejahung der Erforderlichkeit führen. Vorliegend würde sich die Lebenssituation der Kläger aber nicht so verändern, dass diese Veränderung in den persönlichen Umständen eine Neubestimmung der für die Kläger angemessenen Wohnkosten gerechtfertigt erscheinen ließe. Es ist nicht erkennbar, dass der bereits 13 Jahre alte Kläger zu 2 einer engmaschigen Betreuung durch seine Großmutter bedurfte. Ebenso wenig ändert sich die Lebenssituation der Klägerin zu 1 wesentlich dadurch, dass sie wenige hundert Meter kürzere Wege zu bewältigen hat.

23

4. Ausgehend von der mangelnden Erforderlichkeit des Umzugs sind nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aF Leistungen für Unterkunft und Heizung nur in Höhe der bis dahin zu tragenden angemessenen Aufwendungen zu erbringen. Zeitlich ist als Bezugspunkt der Zeitpunkt des Umzugs maßgeblich, hier also der 1.6.2007. Die Gesamtmieten (Kaltmiete/Betriebskosten/Heizkosten) der alten und der neuen Wohnung zu diesem Zeitpunkt sind dabei zu vergleichen (hM siehe nur Luik in Eicher, SGB II, 3. Aufl 2013, § 22 RdNr 111; aA Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand Oktober 2012, K § 22 RdNr 233). Tatbestandsvoraussetzung dieser Deckelung ist aber, dass für den örtlichen Vergleichsraum überhaupt zutreffend ermittelte abstrakte Angemessenheitsgrenzen bestehen. Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, scheidet eine Deckelung aus. Da es hierzu an Feststellungen seitens des LSG fehlt, kann über die Rechtmäßigkeit der hier streitbefangenen Deckelung nicht abschließend entschieden werden.

24

a) Normativer Anknüpfungspunkt für die Voraussetzung des Bestehens einer zutreffend ermittelten abstrakten Angemessenheitsgrenze ist, dass der Wortlaut der Regelung des § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II die Erhöhung der "angemessenen" Aufwendungen für Unterkunft und Heizung fordert. Damit ist nach dem Regelungszusammenhang auf § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II Bezug genommen, wonach Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht werden, soweit diese "angemessen" sind. Zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit der Unterkunft muss der abstrakt als angemessen anzuerkennende Mietpreis unter Berücksichtigung der örtlichen Besonderheiten ermittelt werden ("Referenzmiete", vgl BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 23). Erforderlich dazu sind überprüfbare Erhebungen und Auswertungen, die eine hinreichende Gewähr dafür bieten, dass sie die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarkts wiedergeben ("schlüssiges Konzept", siehe nur BSG Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 24). Die Ermittlung abstrakt angemessener Aufwendungen für Heizung begegnet zwar praktischen Schwierigkeiten (vgl BSG Urteil vom 12.6.2013 - B 14 AS 60/12 R - BSGE 114, 1 = SozR 4-4200 § 22 Nr 69, RdNr 21), die Möglichkeit ist jedoch vom Gesetzgeber mittlerweile ausdrücklich vorgesehen (§ 22b Abs 1 Satz 2 und 3 SGB II; vgl BSG Urteil vom 4.6.2014 - B 14 AS 53/13 R - BSGE 116, 94 = SozR 4-4200 § 22a Nr 2, RdNr 30 ff).

25

b) Der so näher bestimmte Begriff der Angemessenheit in § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II wird in § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aufgegriffen und dazu in der Begründung des Gesetzentwurfs ausgeführt(BT-Drucks 16/1410 S 23), dass mit der Regelung die Kosten der Unterkunft und Heizung in den Fällen auf die bisherigen angemessenen Unterkunftskosten begrenzt werden, in denen Hilfebedürftige unter Ausschöpfung der durch den kommunalen Träger festgelegten Angemessenheitsgrenzen für Wohnraum in eine Wohnung mit höheren, gerade noch angemessenen Kosten ziehen. Dieser Intention nimmt die Änderung durch Einfügung des zweiten "angemessen" durch das Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21.12.2008 (BGBl I 2917) nichts und fügt ihr auch nichts hinzu. Hierzu ist in der Begründung dieses Gesetzentwurfs ausgeführt (BT-Drucks 16/10810 S 49), dass die mit dem Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende eingeführte Begrenzung der Leistungen für Unterkunft und Heizung bei einem nicht erforderlichen Umzug auf Anregungen aus der Praxis dahingehend präzisiert werde, dass die Leistungen für die neue Unterkunft bei einem nicht erforderlichen Umzug auf die bisherigen angemessenen Kosten zu begrenzen seien.

26

c) Vor diesem Hintergrund hat das BSG den Zweck von § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II schon in der Vergangenheit darin gesehen, eine missbräuchliche Leistungsinanspruchnahme durch Ausschöpfung der abstrakten Angemessenheitsgrenzen zu verhindern und den Kommunen im Hinblick auf die Kostensteigerungen bei Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II eine Steuerungsfunktion zu belassen(BSG Urteil vom 9.4.2014 - B 14 AS 23/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 75 RdNr 21). Insbesondere hat es entschieden, dass die Vorschrift von vornherein keine Anwendung findet auf Fallgestaltungen, bei denen ein Umzug über die Grenzen des Vergleichsraums im Sinne der Rechtsprechung des BSG hinaus vorgenommen wird (vgl BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 60/09 R - BSGE 106, 147 = SozR 4-4200 § 22 Nr 35, RdNr 19 ff). Im Hinblick auf diesen Schutzzweck kann die Norm auch bei einem Umzug innerhalb desselben Vergleichsraums Anwendung nur dann finden, wenn und soweit zutreffend ermittelte kommunale Angemessenheitsgrenzen bestehen. Vor der Ausschöpfung einer solchen Angemessenheitsgrenze durch nicht erforderliche Umzüge soll auch der örtliche Wohnungsmarkt geschützt werden (vgl BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 60/09 R - BSGE 106, 147 = SozR 4-4200 § 22 Nr 35, RdNr 19 ff; BSG Urteil vom 9.4.2014 - B 14 AS 23/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 75 RdNr 21).

27

d) Das LSG wird demgemäß zu ermitteln haben, ob eine zutreffend ermittelte abstrakte kommunale Angemessenheitsgrenze für die Unterkunftskosten besteht. Ist dies nicht der Fall, scheidet eine Leistungsdeckelung nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aus. Dies schließt jedoch eine Prüfung der Unangemessenheit im Einzelfall im Rahmen des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II nicht aus. Es könnte dann für die Begrenzung der Nettokaltmiete und der kalten Nebenkosten auf die Werte der Wohngeldtabelle zuzüglich eines Zuschlags von 10 % abgestellt werden (siehe BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, RdNr 23; Urteil vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30, RdNr 27).

28

Wenn eine zutreffend ermittelte abstrakte kommunale Angemessenheitsgrenze für die Heizaufwendungen nicht besteht, scheidet auch insoweit eine Deckelung nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aus. Eine Prüfung der Unangemessenheit der Heizkosten im Einzelfall kann, wie auch bei den Unterkunftskosten, im Rahmen des § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II stattfinden, wobei hierfür eine Orientierung an den Grenzwerten aus bundesweitem oder kommunalem Heizspiegel zu erfolgen hat(BSG Urteil vom 12.6.2013 - B 14 AS 60/12 R - BSGE 114, 1 = SozR 4-4200 § 22 Nr 69, RdNr 22).

29

5. Sollten die Ermittlungen des LSG zu dem Ergebnis führen, dass im vorliegenden Fall rechtmäßig ermittelte abstrakte kommunale Angemessenheitsgrenzen existieren, wäre die Deckelung durch die angefochtenen Bescheide rechtmäßig. Allerdings wäre dann zu beachten, dass sich zeitlich nachfolgende Anhebungen dieser Angemessenheitsgrenzen auf die Deckelung auswirken. Die durch die Anhebung der abstrakten kommunalen Angemessenheitsgrenzen anerkannten Kostensteigerungen auf dem örtlichen Wohnungsmarkt sind bei fortdauernder Deckelung zu berücksichtigen ("Dynamisierung"). Der Schutz des Leistungsträgers und des örtlichen Wohnungsmarkts vor der Ausschöpfung einer Angemessenheitsgrenze durch nicht erforderliche Umzüge ist insoweit von dem Regelungswillen des Gesetzgebers nicht umfasst, denn er bezieht sich nur auf die Ausschöpfung der Angemessenheitsgrenzen im Einzelfall und nicht auf Erhöhung der allgemeinen Angemessenheitsgrenzen durch wirtschaftliche Entwicklungen und dadurch bedingte anerkannte Kostensteigerungen.

30

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.

(1) Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts besteht für jeden Kalendertag. Der Monat wird mit 30 Tagen berechnet. Stehen die Leistungen nicht für einen vollen Monat zu, wird die Leistung anteilig erbracht.

(2) Berechnungen werden auf zwei Dezimalstellen durchgeführt, wenn nichts Abweichendes bestimmt ist. Bei einer auf Dezimalstellen durchgeführten Berechnung wird die letzte Dezimalstelle um eins erhöht, wenn sich in der folgenden Dezimalstelle eine der Ziffern 5 bis 9 ergeben würde.

(3) Über den Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ist in der Regel für ein Jahr zu entscheiden (Bewilligungszeitraum). Der Bewilligungszeitraum soll insbesondere in den Fällen regelmäßig auf sechs Monate verkürzt werden, in denen

1.
über den Leistungsanspruch vorläufig entschieden wird (§ 41a) oder
2.
die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung unangemessen sind.
Die Festlegung des Bewilligungszeitraums erfolgt einheitlich für die Entscheidung über die Leistungsansprüche aller Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft. Wird mit dem Bescheid über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht auch über die Leistungen zur Deckung der Bedarfe nach § 28 Absatz 2, 4, 6 und 7 entschieden, ist die oder der Leistungsberechtigte in dem Bescheid über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung über Leistungen zur Deckung der Bedarfe nach § 28 Absatz 2, 4, 6 und 7 gesondert erfolgt.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.