Bundessozialgericht Urteil, 23. März 2010 - B 8 SO 12/08 R


Gericht
Tatbestand
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Im Streit ist die Heranziehung der Klägerin für Kosten der Eingliederungshilfe seit April 2003.
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Die 1982 geborene Klägerin lebt seit 1994 in einem Heim und arbeitet seit dem 26.8.2004 im Werkstattbereich dieses Heims; insoweit wurden die Kosten vom Beklagten im Wege der Eingliederungshilfe für Behinderte übernommen, zuletzt mit bestandskräftigem Bescheid vom 6.8.2002. In diesem Bescheid ist ausgeführt, dass die Klägerin zu den Kosten nicht herangezogen werde. Nachdem die Klägerin im August 2004 in den Werkstattbereich aufgenommen worden war, verwies der Beklagte mit bestandskräftigem Bescheid vom 1.12.2004 auf eine "grundsätzliche" Verpflichtung der Klägerin, sich aus dem Werkstatteinkommen an den Kosten zu beteiligen. Hinsichtlich des Kostenbeitrags bezog er sich - ohne genaue Beträge zu benennen - auf ein vereinbartes Verfahren, das dann zur Anwendung kam.
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Nachdem der Vater der Klägerin im Mai 2005 mitgeteilt hatte, dass er der Klägerin aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs rückwirkend für die Zeit von April 2003 bis März 2004 3052,20 Euro einmaligen Unterhalt erbracht habe und ab April 2004 laufend Unterhaltszahlungen in Höhe von 282,10 Euro monatlich erbringe, forderte der Beklagte von der Klägerin zusätzliche Kostenbeiträge für die Zeit von April 2003 bis März 2004 in Höhe von 3052,20 Euro sowie ab April 2004 in Höhe von 282,10 Euro monatlich (Bescheid vom 14.6.2005; Widerspruchsbescheid vom 22.2.2006) .
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Klage und Berufung der Klägerin sind erfolglos geblieben (Urteil des Sozialgerichts
Köln vom 22.8.2006; Urteil des Landessozialgerichts . Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG im Wesentlichen darauf abgestellt, dass die Heranziehung zu dem Kostenbeitrag rechtmäßig sei; die Voraussetzungen des § 85 Abs 1 Nr 3 Satz 2 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) bzw des § 88 Abs 1 Nr 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) hierfür seien erfüllt.Nordrhein-Westfalen vom 20.6.2007)
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Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, der Beklagte habe bei der Festsetzung des zu erbringenden Kostenbeitrags sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Die Höhe des Kostenbeitrags dürfe monatlich 26 Euro nicht übersteigen, weil ihr Vater aufgrund ausdrücklicher gesetzlicher Regelung auch nur in dieser Höhe zu den Kosten hätte herangezogen werden dürfen, wenn er keinen Unterhalt gezahlt hätte.
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Die Klägerin beantragt,
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die Urteile des LSG und des SG sowie den Bescheid vom 14.6.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.2.2006 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
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Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist begründet. Der Heranziehungsbescheid des Beklagten vom 14.6.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.2.2006 (§ 95 Sozialgerichtsgesetz
) ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, weil die Voraussetzungen für die Rücknahme der bestandskräftigen Verfügung des Bescheids vom 1.12.2004 nicht vorliegen.
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Das Vorgehen des Beklagten misst sich - da § 47 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) offensichtlich nicht zur Anwendung kommt - an § 45 SGB X, obwohl eine Rücknahme nicht ausdrücklich ausgesprochen wurde. Nach Abs 1 dieser Vorschrift darf ein unanfechtbarer rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt unter bestimmten weiteren Voraussetzungen ganz oder teilweise zurückgenommen werden. Durch das Wort "darf" wird der Behörde Rücknahmeermessen eingeräumt (BSGE 66, 204 ff = SozR 3-1300 § 45 Nr 1 mwN; Schütze in von Wulffen, SGB X, 6. Aufl 2008, § 45 RdNr 88; Waschull in LPK-SGB X, 2. Aufl 2007, § 45 RdNr 57) .
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Der (teilweise) zurückzunehmende Verwaltungsakt ist die bestandskräftige Regelung, keinen höheren Kostenbeitrag zu verlangen, als den aus dem Werkstatteinkommen. Diese Verfügung (§ 31 SGB X) ist bei Auslegung nach dem Empfängerhorizont (vgl dazu grundlegend BSGE 67, 104, 110 mwN = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 S 11 f) unter Berücksichtigung aller mit der Leistungsgewährung zusammenhängenden Umstände dem Bescheid vom 1.12.2004 zu entnehmen.
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Mit Bescheid vom 6.8.2002 hatte der Beklagte - wie schon zuvor - Eingliederungshilfe gewährt, wobei nach Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ein Kostenbeitrag zu den entstehenden Aufwendungen nicht erhoben worden war. Nach Eintritt der Klägerin in den Werkstattbereich der Einrichtung "Haus S" stellte der Beklagte mit Bescheid vom 1.12.2004 zum Betreff "Festsetzung des Kostenbeitrags aus dem Werkstatt-Einkommen" später jedoch die grundsätzliche Verpflichtung fest, einen Kostenbeitrag zu leisten; die Abrechnung werde - unter Berücksichtigung bestimmter Freigrenzen - entsprechend dem mit dem Beklagten vereinbarten Verfahren vorgenommen. Bei der Werkstatt für behinderte Menschen bestehe jederzeit die Möglichkeit, Auskünfte über die Höhe des Kostenbeitrags und die Art der Berechnung zu erhalten. Damit hat der Beklagte den Bescheid vom 6.8.2002 iS des § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X aufgehoben, soweit dieser die Klägerin von einem Kostenbeitrag freigestellt hatte; denn er stellt ausdrücklich auf die geänderten tatsächlichen Verhältnisse ab. Einkünfte der Klägerin außerhalb des Werkstattbereichs werden von dem Bescheid indes nicht erfasst. Solche Einkünfte in Gestalt des ab 1.4.2003 geleisteten väterlichen Unterhalts werden - zum Betreff "Kostenbeitragsforderung aufgrund zusätzlichen Einkommens" - erst im Bescheid vom 14.6.2005 angesprochen. Dieser Bescheid stellt isoliert - ohne Berücksichtigung der Einkünfte aus Werkstatteinkommen und des insoweit bereits festgesetzten Kostenbeitrags - (allein) auf den vom Vater geleisteten Unterhalt ab, in dessen Höhe (Einmalzahlung für April 2003 bis März 2004 in Höhe von 3052,20 Euro und laufende monatliche Leistungen ab April 2004 in Höhe von 282,10 Euro) er einen "zusätzlichen" Kostenbeitrag fordert. Dieser Bescheid ändert also durch eine höhere Belastung den früheren, bestandskräftigen Bescheid vom 1.12.2004; dieser begünstigte die Klägerin insoweit, als er das zu diesem Zeitpunkt bereits gewährte Einkommen aus den väterlichen Unterhaltszahlungen nicht berücksichtigt und - anders als der nachfolgende angefochtene Bescheid vom 14.6.2005 - nur ihre Heranziehung zu den Eingliederungshilfekosten aus Werkstatteinkommen vorsah.
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Die Voraussetzungen für seine Rücknahme nach § 45 Abs 1 SGB X sind indes nicht erfüllt. Entweder war die weitere Heranziehung von vornherein unzulässig, weil der Bescheid vom 1.12.2004 insoweit rechtmäßig war; dann scheidet eine Aufhebung dieses Bescheids ohnedies aus, weil § 45 SGB X nur rechtswidrige Verwaltungsakte erfasst. Oder die Klägerin hätte schon mit dem Bescheid vom 1.12.2004 zu einem höheren Kostenbeitrag herangezogen werden müssen, weil der Vater laufenden Unterhalt bereits ab April 2004 und für das vorangegangene Jahr nachträglich einen Betrag von 3052,20 Euro gezahlt hatte. Dann wäre der Bescheid vom 1.12.2004 rechtswidrig, weil kein Ermessen ausgeübt worden ist. Der Beklagte hat nämlich überhaupt nicht erkannt, dass bei der Heranziehung zu weiteren Kosten eine (Teil-)Rücknahme des Bescheids vom 1.12.2004 erforderlich gewesen wäre. Ob nicht deshalb eine Umdeutung (§ 43 SGB X) erforderlich gewesen wäre, bedarf keiner Entscheidung; ihre Voraussetzungen liegen ohnedies nicht vor.
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Unerheblich ist, ob die Klägerin den Beklagten vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht über die zwischenzeitlich erfolgten Unterhaltszahlungen ihres Vaters informiert hat. Dies wäre allein dafür von Bedeutung, ob der ändernde Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit oder erst mit Wirkung für die Zukunft hätte erlassen werden dürfen (§ 45 Abs 1 letzter Halbsatz, Abs 2 Satz 3 Nr 2, Abs 4 Satz 1 SGB X) .
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Auf die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob ihre Inanspruchnahme hinsichtlich eines 26 Euro übersteigenden Kostenbeitrags gegen Art 3 Abs 1 Grundgesetz verstößt, kommt es damit ebenso wenig an wie darauf, ob der Beklagte die Klägerin mit Rücksicht auf das Zuflussprinzip (vgl nur BSG SozR 4-3500 § 82 Nr 5 RdNr 14 mwN) für die Zeit vor der ersten Zahlung (Einmalbetrag) überhaupt hätte heranziehen dürfen. Allerdings weist der Senat darauf hin, dass der betragsmäßig begrenzte, von Gesetzes wegen übergegangene Unterhaltsanspruch (§ 91 Abs 2 BSHG - bis 31.12.2004 - bzw § 94 Abs 2 SGB XII - ab 1.1.2005) nicht mit dem tatsächlich geleisteten - höheren - Unterhalt vergleichbar ist. In welcher Höhe von den Eltern, die keinen oder einen zu geringen Unterhalt zahlen, vom Sozialhilfeträger Unterhalt verlangt werden kann, und wie tatsächliche Unterhaltszahlungen als Einkommen bei der Klägerin zu berücksichtigen sind (§§ 76 ff BSHG bzw §§ 82 ff SGB XII; ab 7.12.2006 auch § 92a Abs 2 SGB XII) , bestimmt sich nach unterschiedlichen Kriterien (vgl nur: BSGE 99, 137 ff RdNr 23 = SozR 4-1300 § 44 Nr 11; Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2. Aufl 2008, § 43 SGB XII RdNr 9 mwN) .

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Annotations
(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit
- 1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, - 2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder - 3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn
- 1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder - 2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.
(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.
Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.
(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit
- 1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, - 2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, - 3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder - 4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.
(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.
(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.
(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit
- 1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, - 2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder - 3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn
- 1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder - 2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.
(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.
(1) Ein fehlerhafter Verwaltungsakt kann in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind.
(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt, in den der fehlerhafte Verwaltungsakt umzudeuten wäre, der erkennbaren Absicht der erlassenden Behörde widerspräche oder seine Rechtsfolgen für den Betroffenen ungünstiger wären als die des fehlerhaften Verwaltungsaktes. Eine Umdeutung ist ferner unzulässig, wenn der fehlerhafte Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden dürfte.
(3) Eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, kann nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden.
(4) § 24 ist entsprechend anzuwenden.
(1) Hat die leistungsberechtigte Person für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, nach bürgerlichem Recht einen Unterhaltsanspruch, geht dieser bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen zusammen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch auf den Träger der Sozialhilfe über. Der Übergang des Anspruchs ist ausgeschlossen, soweit der Unterhaltsanspruch durch laufende Zahlung erfüllt wird. Der Übergang des Anspruchs ist auch ausgeschlossen, wenn die unterhaltspflichtige Person zum Personenkreis des § 19 gehört oder die unterhaltspflichtige Person mit der leistungsberechtigten Person vom zweiten Grad an verwandt ist. Gleiches gilt für Unterhaltsansprüche gegen Verwandte ersten Grades einer Person, die schwanger ist oder ihr leibliches Kind bis zur Vollendung seines sechsten Lebensjahres betreut. § 93 Abs. 4 gilt entsprechend.
(1a) Unterhaltsansprüche der Leistungsberechtigten gegenüber ihren Kindern und Eltern sind nicht zu berücksichtigen, es sei denn, deren jährliches Gesamteinkommen im Sinne des § 16 des Vierten Buches beträgt jeweils mehr als 100 000 Euro (Jahreseinkommensgrenze). Der Übergang von Ansprüchen der Leistungsberechtigten ist ausgeschlossen, sofern Unterhaltsansprüche nach Satz 1 nicht zu berücksichtigen sind. Es wird vermutet, dass das Einkommen der unterhaltsverpflichteten Personen nach Satz 1 die Jahreseinkommensgrenze nicht überschreitet. Zur Widerlegung der Vermutung nach Satz 3 kann der jeweils für die Ausführung des Gesetzes zuständige Träger von den Leistungsberechtigten Angaben verlangen, die Rückschlüsse auf die Einkommensverhältnisse der Unterhaltspflichtigen nach Satz 1 zulassen. Liegen im Einzelfall hinreichende Anhaltspunkte für ein Überschreiten der Jahreseinkommensgrenze vor, so ist § 117 anzuwenden. Die Sätze 1 bis 5 gelten nicht bei Leistungen nach dem Dritten Kapitel an minderjährige Kinder.
(2) Der Anspruch einer volljährigen unterhaltsberechtigten Person, die in der Eingliederungshilfe leistungsberechtigt im Sinne des § 99 Absatz 1 bis 3 des Neunten Buches oder pflegebedürftig im Sinne von § 61a ist, gegenüber ihren Eltern wegen Leistungen nach dem Siebten Kapitel geht nur in Höhe von bis zu 26 Euro, wegen Leistungen nach dem Dritten und Vierten Kapitel nur in Höhe von bis zu 20 Euro monatlich über. Es wird vermutet, dass der Anspruch in Höhe der genannten Beträge übergeht und mehrere Unterhaltspflichtige zu gleichen Teilen haften; die Vermutung kann widerlegt werden. Die in Satz 1 genannten Beträge verändern sich zum gleichen Zeitpunkt und um denselben Vomhundertsatz, um den sich das Kindergeld verändert.
(3) Ansprüche nach Absatz 1 und 2 gehen nicht über, soweit
- 1.
die unterhaltspflichtige Person Leistungsberechtigte nach dem Dritten und Vierten Kapitel ist oder bei Erfüllung des Anspruchs würde oder - 2.
der Übergang des Anspruchs eine unbillige Härte bedeuten würde.
(4) Für die Vergangenheit kann der Träger der Sozialhilfe den übergegangenen Unterhalt außer unter den Voraussetzungen des bürgerlichen Rechts nur von der Zeit an fordern, zu welcher er dem Unterhaltspflichtigen die Erbringung der Leistung schriftlich mitgeteilt hat. Wenn die Leistung voraussichtlich auf längere Zeit erbracht werden muss, kann der Träger der Sozialhilfe bis zur Höhe der bisherigen monatlichen Aufwendungen auch auf künftige Leistungen klagen.
(5) Der Träger der Sozialhilfe kann den auf ihn übergegangenen Unterhaltsanspruch im Einvernehmen mit der leistungsberechtigten Person auf diesen zur gerichtlichen Geltendmachung rückübertragen und sich den geltend gemachten Unterhaltsanspruch abtreten lassen. Kosten, mit denen die leistungsberechtigte Person dadurch selbst belastet wird, sind zu übernehmen. Über die Ansprüche nach den Absätzen 1, 2 bis 4 ist im Zivilrechtsweg zu entscheiden.
(1) Für den Einsatz des Einkommens sind die §§ 82 bis 84 und für den Einsatz des Vermögens die §§ 90 und 91 anzuwenden, soweit in den folgenden Absätzen nichts Abweichendes geregelt ist. Einkommen und Vermögen des nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners sowie des Partners einer eheähnlichen oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft, die dessen notwendigen Lebensunterhalt nach § 27a übersteigen, sind zu berücksichtigen.
(2) Zusätzlich zu den nach § 82 Absatz 2 vom Einkommen abzusetzenden Beträgen sind Einnahmen aus Kapitalvermögen abzusetzen, soweit sie einen Betrag von 26 Euro im Kalenderjahr nicht übersteigen.
(3) Die Verletztenrente nach dem Siebten Buch ist teilweise nicht als Einkommen zu berücksichtigen, wenn sie auf Grund eines in Ausübung der Wehrpflicht bei der Nationalen Volksarmee der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik erlittenen Gesundheitsschadens erbracht wird. Dabei bestimmt sich die Höhe des nicht zu berücksichtigenden Betrages nach der Höhe der Grundrente nach § 31 des Bundesversorgungsgesetzes, die für den Grad der Schädigungsfolgen zu zahlen ist, der der jeweiligen Minderung der Erwerbsfähigkeit entspricht. Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 Prozent beträgt der nicht zu berücksichtigende Betrag zwei Drittel, bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 10 Prozent ein Drittel der Mindestgrundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz.
(4) Erhalten Leistungsberechtigte nach dem Dritten Kapitel in einem Land nach § 29 Absatz 1 letzter Halbsatz und Absatz 2 bis 5 festgesetzte und fortgeschriebene Regelsätze und sieht das Landesrecht in diesem Land für Leistungsberechtigte nach diesem Kapitel eine aufstockende Leistung vor, dann ist diese Leistung nicht als Einkommen nach § 82 Absatz 1 zu berücksichtigen.
(5) § 39 Satz 1 ist nicht anzuwenden.
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.