Bundessozialgericht Beschluss, 16. März 2016 - B 9 SB 85/15 B

bei uns veröffentlicht am16.03.2016

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 23. September 2015 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. Mit Urteil vom 23.9.2015 hat das LSG Berlin-Brandenburg einen Anspruch der Klägerin auf Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von mindestens 50 anstelle des anerkannten GdB von 40 verneint, weil das Hauptleiden der Klägerin in Form einer depressiven Störung in Verbindung mit einem Fibromyalgie-Syndrom und einer somatoformen Schmerzstörung keinen höheren GdB bedingten, der auch durch die weiteren bestehenden Gesundheitsstörungen nicht erhöht werde. Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin beim BSG Beschwerde eingelegt. Sie macht eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG), weil das LSG entgegen der Einordnung in der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) die Fibromyalgie nicht unter den Funktionsbereich "Haltungs- und Bewegungsorgane, rheumatische Krankheiten" eingeordnet, sondern das Leiden zusammenfassend unter den Funktionsbereich "Nervensystem und Psyche" wegen dessen psychogener Herkunft zugeordnet habe.

2

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, da keiner der in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe ordnungsgemäß dargetan worden ist(vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG).

3

1. Grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums angeben, welche Rechtsfragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung erforderlich ist, und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Um ihrer Darlegungspflicht zu genügen, muss eine Beschwerdeführerin mithin Folgendes aufzeigen: (1) Eine bestimmte Rechtsfrage, (2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit sowie (4) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihr angestrebten Entscheidung, also eine Breitenwirkung (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17; BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11; BSG SozR 1500 § 160a Nr 7, 13, 31, 59, 65). Diesen Anforderungen genügt die vorliegende Beschwerdebegründung nicht.

4

Die Klägerin hält es für eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung,

        

"ob und inwieweit das Leiden an einem Fibromyalgie-Syndrom trotz seiner Einordnung in der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung unter Teil B Punkt 18.4 zum Funktionsbereich 'Haltungs- und Bewegungsorgane, rheumatische Krankheiten' einem anderen Funktionsbereich, etwa dem Funktionsbereich 'Nervensystem und Psyche (Teil B Punkt 3), bei der Bewertung des Grades der Behinderung zugeordnet werden kann".

5

Es wird bereits nicht deutlich, inwiefern es sich bei dieser Frage um eine Rechtsfrage iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG handelt, also um eine Frage, die allein unter Anwendung juristischer Methodik beantwortet werden kann. Nicht dazu gehören Fragen, die Denkgesetze oder Erfahrungssätze bzw wissenschaftliche Erkenntnisse betreffen, die sich auf die Feststellung und Würdigung von Tatsachen beziehen (vgl dazu BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 9).

6

Die Bemessung des GdB ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG in drei Schritten vorzunehmen und grundsätzlich tatrichterlicher Aufgabe (BSGE 4, 147, 149 f; BSGE 62, 209, 212 ff = SozR 3870 § 3 Nr 26 S 83 f; BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 10), wobei das Gericht nur bei der Feststellung der einzelnen nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen (erster Schritt) ausschließlich ärztliches Fachwissen heranziehen muss. Bei der Bemessung der Einzel-GdB und des Gesamt-GdB kommt es indessen nach § 69 SGB IX maßgebend auf die Auswirkungen der Gesundheitsstörungen auf die Teilnahme am Leben in der Gesellschaft an. Bei diesem zweiten und dritten Verfahrensschritt hat das Tatsachengericht über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen. Diese Umstände sind in die als sog antizipierte Sachverständigen-Gutachten anzusehenden Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP) einbezogen worden. Dementsprechend sind die AHP nach der ständigen Rechtsprechung des BSG im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren zu beachten (s BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 9 RdNr 25 mwN). Für die seit dem 1.1.2009 geltende Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zur VersMedV gilt das gleiche (BSG Beschluss vom 9.12.2010 - B 9 SB 35/10 B - Juris RdNr 5).

7

Die Feststellung des GdB ist dabei in einen rechtlichen Rahmen eingebettet, den das Tatsachengericht zwingend zu beachten hat. Rechtlicher Ausgangspunkt ist stets § 69 Abs 1, 3 und 4 SGB IX(s BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 10 RdNr 16 bis 21 mwN). AHP und VG setzen die gesetzlichen Vorgaben um, wobei insbesondere auch medizinische Sachkunde zum Tragen kommt. Es kann hier offenbleiben, inwieweit in diesem Rahmen grundsätzlich bedeutsame Rechtsfragen iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG auftreten können. Jedenfalls hat die Klägerin auch die höchstrichterliche Klärungsbedürftigkeit der von ihr aufgeworfenen Frage nicht hinreichend dargetan.

8

Es wird schon nicht deutlich, weshalb die Bewertung der sich aus dem Fibromyalgie-Syndrom ergebenden funktionellen Auswirkungen durch das LSG anhand der Grundsätze für die Beurteilung von psychovegetativen und psychischen Störungen unzulässig sein soll. Sofern die Klägerin der Auffassung ist, dass die Einordnung eines Fibromyalgie-Syndroms unter Punkt 18.4 der VersMedV dazu führe, dass die daraus resultierenden funktionellen Auswirkungen ausschließlich entsprechend den Bewertungen im Rahmen der Haltungs- und Bewegungsorgane, rheumatischer Krankheiten zu erfolgen habe, so hätte es einer weiteren Darlegung der Voraussetzungen von Punkt 18.4 der VersMedV bedurft. Danach sind die Fibromyalgie und ähnliche Somatisierungs-Syndrome (zB CFS/MCS) jeweils im Einzelfall entsprechend der funktionellen Auswirkungen analog zu beurteilen. Hierzu hätte es der weiteren Darlegung bedurft, welche entsprechenden funktionellen Auswirkungen welcher Gesundheitsstörungen analog herangezogen werden können. Daran fehlt es, sodass nicht klar wird, inwiefern die VG nach Ansicht der Klägerin in diesem Zusammenhang rechtliche Zweifelsfragen aufwerfen.

9

Unabhängig davon hat die Klägerin auch die Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage nicht dargelegt. Diese setzt voraus, dass es für die Entscheidung des Rechtsstreits auf die Beantwortung der aufgeworfenen Rechtsfrage ankommt und die Entscheidung bei Zugrundelegung der Rechtsauffassung der Beschwerdeführerin in ihrem Sinne hätte ausfallen müssen. Ein Beschwerdeführer hat daher den nach seiner Auffassung vom Revisionsgericht einzuschlagenden Weg der Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung und dabei insbesondere den Schritt darzulegen, der die Entscheidung der als grundsätzlich bezeichneten Rechtsfrage notwendig macht (BSG SozR 1500 § 160a Nr 31). Hierzu macht die Beschwerdebegründung keine ausreichenden Ausführungen. Sie behauptet lediglich, bei - nach Auffassung der Klägerin - zutreffender Berücksichtigung der Funktionsstörungen durch das Fibromyalgie-Syndrom hätte das LSG aufgrund der hohen Einzel-GdB der Fibromyalgie und der Depression in einer Gesamtschau der Leiden unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf die gesellschaftliche Teilhabe und insbesondere unter der Berücksichtigung der unstrittigen wechselseitigen Beziehungen einen Gesamt-GdB von mindestens 50 feststellen müssen, ohne dies im Einzelnen nachvollziehbar zu begründen. Die Klägerin legt nicht dar, welche funktionellen Auswirkungen unter Punkt 18, Haltungs- und Bewegungsorgane, rheumatische Krankheiten, analog heranzuziehen wären und wie hoch die jeweiligen Einzel-GdB-Werte eingeschätzt werden müssten. Ohne Darlegung der Grundlage der Einzel-GdB-Werte ist aber auch zur vorzunehmenden Bildung des Gesamt-GdB nichts ausgesagt, der auch im Falle der Klägerin streitentscheidend ist (vgl hierzu BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 10).

10

Tatsächlich lässt die Beschwerdebegründung erkennen, dass das LSG nach den Ausführungen in der Beschwerdebegründung vielmehr das getan hat, was seine Aufgabe ist, nämlich ausgehend von einem bestimmten Rechtsstandpunkt eine Beweiswürdigung anhand der feststehenden medizinischen Tatsachen vorzunehmen und den Gesamt-GdB anhand der VersMedV selbst zu beurteilen (vgl BSG Beschluss vom 9.12.2010 - B 9 SB 35/10 B - RdNr 5 mwN, stRspr). Im Grunde kritisiert die Klägerin mit ihren Ausführungen lediglich die Beweiswürdigung des LSG (vgl § 128 Abs 1 S 1 SGG), womit sie gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG von vornherein keine Revisionszulassung erreichen kann. Entsprechendes gilt, soweit die Klägerin eine unzutreffende Rechtsanwendung des LSG rügen wollte (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7 S 10).

11

2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

12

3. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 SGG).

13

4. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

Urteilsbesprechung zu Bundessozialgericht Beschluss, 16. März 2016 - B 9 SB 85/15 B

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 160


(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

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(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 128


(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. (2) Das Urteil darf nur auf Tatsache
Bundessozialgericht Beschluss, 16. März 2016 - B 9 SB 85/15 B zitiert 11 §§.

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(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

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(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bu

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Bundessozialgericht Beschluss, 09. Dez. 2010 - B 9 SB 35/10 B

bei uns veröffentlicht am 09.12.2010

Tenor Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 21. Mai 2010 wird als unzulässig verworfen.
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bei uns veröffentlicht am 23.03.2017

Tenor Die Klage wird abgewiesen.Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Tatbestand 1 Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob der Beklagte den Grad der Behinderung (GdB) im Sinne des Sozialgesetzbuchs - Rehabilitation und Teilhabe behi

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(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

Die in § 1 genannten Grundsätze und Kriterien sind in der Anlage zu dieser Verordnung*als deren Bestandteil festgelegt.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 21. Mai 2010 wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

Durch Urteil vom 21.5.2010 hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) die Herabsetzung des Grades der Behinderung (GdB) des Klägers von 50 auf 30 wegen Ablaufs einer Heilungsbewährung bestätigt. Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger beim Bundessozialgericht (BSG) Beschwerde eingelegt. Zur Begründung macht er geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).

2

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil er den behaupteten Zulassungsgrund nicht so dargelegt hat, wie es § 160a Abs 2 Satz 3 SGG verlangt.

3

Grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums angeben, welche Rechtsfragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss der Beschwerdeführer mithin Folgendes aufzeigen: (1) eine bestimmte Rechtsfrage, (2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit sowie (4) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung, also eine Breitenwirkung (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17; BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11; BSG SozR 1500 § 160a Nr 7, 13, 31, 59, 65). Diesen Anforderungen genügt die vorliegende Beschwerdebegründung nicht.

4

Der Kläger hält die Frage für eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, ob die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" zur Versorgungsmedizin-Verordnung in ihrem Wortlaut und ihrer Rechtsanwendungspraxis bei karzinogenen Erkrankungen im Einklang mit dem Erkenntnisstand der medizinischen Wissenschaft nach wie vor eine Herabstufung unter einen Gesamt-GdB von 50 vorsehen darf. Bei dieser Frage handelt es sich nicht zweifelsfrei um eine reine Rechtsfrage, also eine Frage, die allein unter Anwendung juristischer Methodik beantwortet werden kann.

5

Die Bemessung des GdB ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG in drei Schritten vorzunehmen und grundsätzlich tatrichterliche Aufgabe (BSGE 4, 147, 149 f; BSGE 62, 209, 212 ff = SozR 3870 § 3 Nr 26 S 83 f; BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 10), wobei das Gericht nur bei der Feststellung der einzelnen nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen (erster Schritt) ausschließlich ärztliches Fachwissen heranziehen muss. Bei der Bemessung der Einzel-GdB und des Gesamt-GdB kommt es indessen nach § 69 SGB IX maßgebend auf die Auswirkungen der Gesundheitsstörungen auf die Teilnahme am Leben in der Gesellschaft an. Bei diesem zweiten und dritten Verfahrensschritt hat das Tatsachengericht über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen. Diese Umstände sind in die als sog antizipierte Sachverständigengutachten anzusehenden Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP) einbezogen worden. Dementsprechend sind die AHP nach der ständigen Rechtsprechung des BSG im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren zu beachten (s BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 9 RdNr 25 mwN). Für die seit dem 1.1.2009 geltende Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zur Versorgungsmedizin-Verordnung gilt das Gleiche.

6

Die Feststellung des GdB ist dabei in einen rechtlichen Rahmen eingebettet, den das Tatsachengericht zwingend zu beachten hat. Rechtlicher Ausgangspunkt ist stets § 69 Abs 1, 3 und 4 SGB IX(s zuletzt BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 10 RdNr 16 bis 21 mwN). AHP und VG setzen die gesetzlichen Vorgaben um, wobei insbesondere auch medizinische Sachkunde zum Tragen kommt. Es kann hier offenbleiben, inwieweit in diesem Rahmen grundsätzlich bedeutsame Rechtsfragen iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG auftreten können. Jedenfalls hat der Kläger die höchstrichterliche Klärungsbedürftigkeit der von ihm aufgeworfenen Frage nicht hinreichend dargetan.

7

Es wird schon nicht deutlich, auf welche Bestimmung der VG sich die Frage des Klägers bezieht. Sollte er insoweit auf Teil B Nr 1 Buchst c VG Bezug nehmen, so hätte er darlegen müssen, inwieweit sich daraus ergebe, dass eine Herabsetzung des GdB auf unter 50 zwingend vorgesehen sei. Besonderer Ausführungen hätte es schon deshalb bedurft, weil die betreffende Vorschrift an sich nur die pauschal bemessene Höhe des GdB während der Heilungsbewährung regelt. Für die Zeit danach ist der GdB nach den konkreten Auswirkungen der vorliegenden Gesundheitsstörungen zu bemessen (vgl dazu Teil A Nr 2 VG). Dabei sind selbstverständlich auch seelische Begleiterscheinungen und erst recht psychische Störungen, auf die der Kläger hinweist, zu berücksichtigen (vgl Teil A Nr 2 Buchst i VG). Insoweit ist nicht klar, inwiefern die VG nach Ansicht des Klägers in diesem Zusammenhang rechtliche Zweifelsfragen aufwerfen.

8

Letztlich zielt die Frage des Klägers offenbar auf eine (möglichst unbeschränkte) Verlängerung der Heilungsbewährungszeit und der damit verbundenen pauschalen GdB-Bemessung. Sicher würde die Regelung in Teil B Nr 1 Buchst c VG gegen § 69 SGB IX verstoßen, wenn sie nicht dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft entspräche(vgl § 69 Abs 1 Satz 5 SGB IX iVm § 30 Abs 17 BVG; dazu auch § 2 Versorgungsmedizin-Verordnung). Da es zu den Aufgaben des beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales gebildeten Ärztlichen Sachverständigenbeirats Versorgungsmedizin gehört, die Fortentwicklung der VG entsprechend dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft vorzubereiten, kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass die Bestimmungen der VG diesem Qualitätsmaßstab entsprechen. Insoweit hätte es näherer Darlegungen des Klägers dazu bedurft, inwiefern aufgrund neuerer medizinischer Erkenntnisse eine längere Heilungsbewährungszeit geboten sein könnte. Der Kläger beschränkt sich hingegen auf allgemeine Behauptungen, ohne auf wissenschaftliche Quellen Bezug zu nehmen. Das reicht nicht aus.

9

Soweit der Kläger schließlich die in seinem Fall erfolgte GdB-Bemessung angreift, rügt er im wesentlichen die berufungsgerichtliche Sachverhaltsaufklärung und Beweiswürdigung, ohne die Beschränkungen zu berücksichtigen, die sich bei behaupteten Verletzungen von § 103 und § 128 Abs 1 Satz 1 SGG für die Revisionszulassung aus § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG ergeben.

10

Die Beschwerde ist daher ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG).

11

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.

(1) Die Rehabilitationsträger und die Integrationsämter wirken bei der Aufklärung, Beratung, Auskunft und Ausführung von Leistungen im Sinne des Ersten Buches sowie im Rahmen der Zusammenarbeit mit den Arbeitgebern nach § 167 darauf hin, dass der Eintritt einer Behinderung einschließlich einer chronischen Krankheit vermieden wird.

(2) Die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 bis 4 und 6 und ihre Verbände wirken bei der Entwicklung und Umsetzung der Nationalen Präventionsstrategie nach den Bestimmungen der §§ 20d bis 20g des Fünften Buches mit, insbesondere mit der Zielsetzung der Vermeidung von Beeinträchtigungen bei der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft.

(3) Bei der Erbringung von Leistungen für Personen, deren berufliche Eingliederung auf Grund gesundheitlicher Einschränkungen besonders erschwert ist, arbeiten die Krankenkassen mit der Bundesagentur für Arbeit und mit den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach § 20a des Fünften Buches eng zusammen.

(1) Die Leistungen zur Teilhabe umfassen die notwendigen Sozialleistungen, um unabhängig von der Ursache der Behinderung

1.
die Behinderung abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern,
2.
Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit oder Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern oder eine Verschlimmerung zu verhüten sowie den vorzeitigen Bezug anderer Sozialleistungen zu vermeiden oder laufende Sozialleistungen zu mindern,
3.
die Teilhabe am Arbeitsleben entsprechend den Neigungen und Fähigkeiten dauerhaft zu sichern oder
4.
die persönliche Entwicklung ganzheitlich zu fördern und die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft sowie eine möglichst selbständige und selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen oder zu erleichtern.

(2) Die Leistungen zur Teilhabe werden zur Erreichung der in Absatz 1 genannten Ziele nach Maßgabe dieses Buches und der für die zuständigen Leistungsträger geltenden besonderen Vorschriften neben anderen Sozialleistungen erbracht. Die Leistungsträger erbringen die Leistungen im Rahmen der für sie geltenden Rechtsvorschriften nach Lage des Einzelfalles so vollständig, umfassend und in gleicher Qualität, dass Leistungen eines anderen Trägers möglichst nicht erforderlich werden.

(3) Leistungen für Kinder mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohte Kinder werden so geplant und gestaltet, dass nach Möglichkeit Kinder nicht von ihrem sozialen Umfeld getrennt und gemeinsam mit Kindern ohne Behinderungen betreut werden können. Dabei werden Kinder mit Behinderungen alters- und entwicklungsentsprechend an der Planung und Ausgestaltung der einzelnen Hilfen beteiligt und ihre Sorgeberechtigten intensiv in Planung und Gestaltung der Hilfen einbezogen.

(4) Leistungen für Mütter und Väter mit Behinderungen werden gewährt, um diese bei der Versorgung und Betreuung ihrer Kinder zu unterstützen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 21. Mai 2010 wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

Durch Urteil vom 21.5.2010 hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) die Herabsetzung des Grades der Behinderung (GdB) des Klägers von 50 auf 30 wegen Ablaufs einer Heilungsbewährung bestätigt. Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger beim Bundessozialgericht (BSG) Beschwerde eingelegt. Zur Begründung macht er geltend, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).

2

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil er den behaupteten Zulassungsgrund nicht so dargelegt hat, wie es § 160a Abs 2 Satz 3 SGG verlangt.

3

Grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums angeben, welche Rechtsfragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss der Beschwerdeführer mithin Folgendes aufzeigen: (1) eine bestimmte Rechtsfrage, (2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit sowie (4) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung, also eine Breitenwirkung (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17; BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11; BSG SozR 1500 § 160a Nr 7, 13, 31, 59, 65). Diesen Anforderungen genügt die vorliegende Beschwerdebegründung nicht.

4

Der Kläger hält die Frage für eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, ob die Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" zur Versorgungsmedizin-Verordnung in ihrem Wortlaut und ihrer Rechtsanwendungspraxis bei karzinogenen Erkrankungen im Einklang mit dem Erkenntnisstand der medizinischen Wissenschaft nach wie vor eine Herabstufung unter einen Gesamt-GdB von 50 vorsehen darf. Bei dieser Frage handelt es sich nicht zweifelsfrei um eine reine Rechtsfrage, also eine Frage, die allein unter Anwendung juristischer Methodik beantwortet werden kann.

5

Die Bemessung des GdB ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG in drei Schritten vorzunehmen und grundsätzlich tatrichterliche Aufgabe (BSGE 4, 147, 149 f; BSGE 62, 209, 212 ff = SozR 3870 § 3 Nr 26 S 83 f; BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 10), wobei das Gericht nur bei der Feststellung der einzelnen nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen (erster Schritt) ausschließlich ärztliches Fachwissen heranziehen muss. Bei der Bemessung der Einzel-GdB und des Gesamt-GdB kommt es indessen nach § 69 SGB IX maßgebend auf die Auswirkungen der Gesundheitsstörungen auf die Teilnahme am Leben in der Gesellschaft an. Bei diesem zweiten und dritten Verfahrensschritt hat das Tatsachengericht über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen. Diese Umstände sind in die als sog antizipierte Sachverständigengutachten anzusehenden Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP) einbezogen worden. Dementsprechend sind die AHP nach der ständigen Rechtsprechung des BSG im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren zu beachten (s BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 9 RdNr 25 mwN). Für die seit dem 1.1.2009 geltende Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG) zur Versorgungsmedizin-Verordnung gilt das Gleiche.

6

Die Feststellung des GdB ist dabei in einen rechtlichen Rahmen eingebettet, den das Tatsachengericht zwingend zu beachten hat. Rechtlicher Ausgangspunkt ist stets § 69 Abs 1, 3 und 4 SGB IX(s zuletzt BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 10 RdNr 16 bis 21 mwN). AHP und VG setzen die gesetzlichen Vorgaben um, wobei insbesondere auch medizinische Sachkunde zum Tragen kommt. Es kann hier offenbleiben, inwieweit in diesem Rahmen grundsätzlich bedeutsame Rechtsfragen iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG auftreten können. Jedenfalls hat der Kläger die höchstrichterliche Klärungsbedürftigkeit der von ihm aufgeworfenen Frage nicht hinreichend dargetan.

7

Es wird schon nicht deutlich, auf welche Bestimmung der VG sich die Frage des Klägers bezieht. Sollte er insoweit auf Teil B Nr 1 Buchst c VG Bezug nehmen, so hätte er darlegen müssen, inwieweit sich daraus ergebe, dass eine Herabsetzung des GdB auf unter 50 zwingend vorgesehen sei. Besonderer Ausführungen hätte es schon deshalb bedurft, weil die betreffende Vorschrift an sich nur die pauschal bemessene Höhe des GdB während der Heilungsbewährung regelt. Für die Zeit danach ist der GdB nach den konkreten Auswirkungen der vorliegenden Gesundheitsstörungen zu bemessen (vgl dazu Teil A Nr 2 VG). Dabei sind selbstverständlich auch seelische Begleiterscheinungen und erst recht psychische Störungen, auf die der Kläger hinweist, zu berücksichtigen (vgl Teil A Nr 2 Buchst i VG). Insoweit ist nicht klar, inwiefern die VG nach Ansicht des Klägers in diesem Zusammenhang rechtliche Zweifelsfragen aufwerfen.

8

Letztlich zielt die Frage des Klägers offenbar auf eine (möglichst unbeschränkte) Verlängerung der Heilungsbewährungszeit und der damit verbundenen pauschalen GdB-Bemessung. Sicher würde die Regelung in Teil B Nr 1 Buchst c VG gegen § 69 SGB IX verstoßen, wenn sie nicht dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft entspräche(vgl § 69 Abs 1 Satz 5 SGB IX iVm § 30 Abs 17 BVG; dazu auch § 2 Versorgungsmedizin-Verordnung). Da es zu den Aufgaben des beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales gebildeten Ärztlichen Sachverständigenbeirats Versorgungsmedizin gehört, die Fortentwicklung der VG entsprechend dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft vorzubereiten, kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass die Bestimmungen der VG diesem Qualitätsmaßstab entsprechen. Insoweit hätte es näherer Darlegungen des Klägers dazu bedurft, inwiefern aufgrund neuerer medizinischer Erkenntnisse eine längere Heilungsbewährungszeit geboten sein könnte. Der Kläger beschränkt sich hingegen auf allgemeine Behauptungen, ohne auf wissenschaftliche Quellen Bezug zu nehmen. Das reicht nicht aus.

9

Soweit der Kläger schließlich die in seinem Fall erfolgte GdB-Bemessung angreift, rügt er im wesentlichen die berufungsgerichtliche Sachverhaltsaufklärung und Beweiswürdigung, ohne die Beschränkungen zu berücksichtigen, die sich bei behaupteten Verletzungen von § 103 und § 128 Abs 1 Satz 1 SGG für die Revisionszulassung aus § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG ergeben.

10

Die Beschwerde ist daher ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG).

11

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

Das Bundessozialgericht hat zu prüfen, ob die Revision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen. Die Verwerfung ohne mündliche Verhandlung erfolgt durch Beschluß ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.