Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 15. Okt. 2015 - 1 BvR 1790/13

ECLI:ECLI:DE:BVerfG:2015:rk20151015.1bvr179013
bei uns veröffentlicht am15.10.2015

Tenor

1. Der Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 18. Februar 2013 - 7 W 241/13 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Oberlandesgericht München zurückverwiesen. Damit wird der Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 16. Mai 2013 - 7 W 241/13 - gegenstandslos.

2. Der Freistaat Bayern hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.

3. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 25.000 € (in Worten: fünfundzwanzigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde wendet sich gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Zahlungsklage vor den Zivilgerichten.

2

1. Der Beschwerdeführer, Antragsteller des Ausgangsverfahrens, war mit dem Antragsgegner des Ausgangsverfahrens, seinem damaligen Steuerberater, eng befreundet. Aufgrund des seinerzeit bestehenden Vertrauensverhältnisses hinterlegte er für sein Sparkassenkonto (Nr. …) die Zugriffsdaten einschließlich der PIN und TANs in der Steuerberaterkanzlei des Antragsgegners, von dessen Bürocomputer er seine Onlinebanking-Geschäfte tätigte. Ab dem Jahr 2001 erkrankte der Beschwerdeführer schwer und war infolgedessen bis in das Jahr 2010 außerstande, sich um seine finanziellen und persönlichen Angelegenheiten zu kümmern. Im Zeitraum vom 6. November 2001 bis zum 18. Februar 2002 kam es unter Verwendung der in der Steuerberaterkanzlei des Antragsgegners aufbewahrten PIN und TANs zu mehreren Überweisungen in Höhe von insgesamt rund 310.260 € von dem genannten Sparkassenkonto des Beschwerdeführers auf Konten des Antragsgegners. Eine Überweisung vom 6. November 2001, deren Urheber im Streit steht, erfolgte unter Angabe des Verwendungszwecks "Darlehen", die nachfolgenden Überweisungen enthielten den Verwendungszweck "bekannt". Vereinzelt kam es auch zu Gutschriften auf dem Sparkassenkonto des Beschwerdeführers, die der Antragsgegner veranlasst hatte:

3

Buchungstag

Umsatz

2001:

06.11.2001

DM

30.000,00 S

13.11.2001

DM

38.000,00 H

15.11.2001

DM

100.000,00 H

04.12.2001

DM

140.000,00 S

05.12.2001

DM

33.000,00 H

06.12.2001

DM

33.000,00 S

07.12.2001

DM

130.000,00 S

Zwischensumme (Umrechnung von DM in €)

DM

- 162.000,00

- 82.829,28

2002:

06.02.2002

70.000,00 S

07.02.2002

70.000,00 H

08.02.2002

65.000,00 S

18.02.2002

5.000,00 S

Gesamt

- 152.829,28

4

Nach Beginn seiner Genesung bemerkte der Beschwerdeführer im Jahr 2010 die vorstehend aufgeführten Abbuchungen und ließ durch seinen vormaligen Rechtsanwalt mit Schreiben vom 17. September 2010 unter Kündigung eines Treuhandverhältnisses den Antragsgegner zur Auszahlung diverser treuhänderisch gehaltener Geldbeträge auffordern. Die sich anschließende umfangreiche Korrespondenz führte zu keiner Einigung; zwischenzeitlich hatte der Antragsgegner durch seinen Rechtsanwalt mit Telefax vom 9. März 2011 zwar zugunsten des Beschwerdeführers (für das Jahr 2001) einen Saldo von 162.000 DM errechnen, jedoch zugleich die Aufrechnung mit angeblichen Gegenforderungen erklären lassen. Daraufhin ließ der Beschwerdeführer durch seine neu beauftragten Rechtsanwälte mit Schreiben vom 1. Juni 2012 unter Hinweis auf den der Abbuchung vom 6. November 2001 zugrunde liegenden Verwendungszweck ("Darlehen") mitteilen, dass hinsichtlich der genannten Beträge nicht von einem Treuhandverhältnis ausgegangen werde, sondern von einem Darlehensverhältnis; diesbezüglich wurde vorsorglich die Kündigung erklärt und zur Rückäußerung auf einen unterbreiteten Vergleichsvorschlag eine Frist gesetzt.

5

2. Nach fruchtlosem Fristablauf stellte der heute auf Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) angewiesene Beschwerdeführer unter dem 14. August 2012 den dem Ausgangsverfahren zugrunde liegenden Prozesskostenhilfeantrag für eine beabsichtigte Klage auf Rückzahlung eines Betrages in Höhe von 152.829,28 € nebst Zinsen. Er stützte den Zahlungsanspruch auf ein Darlehensverhältnis und führte hierzu unter anderem aus, er habe vor seiner Erkrankung dem Antragsgegner und dessen Familie wiederholt mit Barbeträgen in Höhe von 30.000 DM bis 65.000 DM ausgeholfen. Dabei sei stets vereinbart gewesen, dass die Beträge bei Kündigung unverzinst zurückzuzahlen seien; wegen seiner damals guten finanziellen Situation sei jedoch eine Kündigung nicht nötig gewesen. Aufgrund dieser Vorgeschichte habe der Antragsgegner bei der Vornahme der streitgegenständlichen Abbuchungen davon ausgehen dürfen, dass er bei Bedarf vom Beschwerdeführer im Sinne einer "Art Kontokorrentverhältnis" finanziell unterstützt werde und - wie nach seiner, des Beschwerdeführers, Erkrankung geschehen - er sich Geld auf seine Konten überweisen dürfe, solange er das Geld auf Verlangen des Beschwerdeführers an diesen zurückzahle. Dementsprechend habe der Antragsgegner bei der Abbuchung vom 6. November 2001 "Darlehen" als Verwendungszweck angegeben und sich bei den nachfolgenden Abbuchungen mit dem Verwendungszweck "bekannt" hierauf bezogen. Bei den wiederholten Einzahlungen auf das Konto des Beschwerdeführers habe es sich offensichtlich um teilweise Rückerstattungen handeln sollen.

6

Der Antragsgegner stellte den Abschluss von Darlehensverträgen in Abrede und bestritt, die als "Darlehen" bezeichnete Überweisung vom 6. November 2001 in Auftrag gegeben zu haben. Außerdem erhob er hinsichtlich etwaiger unberechtigter Überweisungen die Einrede der Verjährung.

7

3. Das Landgericht wies den Antrag zurück, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Erfolgsaussicht biete. Etwaige Ansprüche aus dem Jahr 2001 seien gemäß § 199 Abs. 4 BGB mit Ablauf des 31. Dezember 2011 verjährt; eine Hemmung der Verjährung habe daher mit dem am 14. August 2012 eingereichten Prozesskostenhilfegesuch nicht bewirkt werden können, selbst wenn man für die Zeit vom 17. September 2010 bis zum 9. März 2011 gemäß § 203 BGB von einer Verjährungshemmung ausgehe. Hinsichtlich der Ansprüche aus dem Jahr 2002 liege kein schlüssiger Vortrag vor, dass den Überweisungen vom 8. und vom 18. Februar 2002 Darlehenshingaben zugrunde gelegen hätten.

8

Hiergegen erhob der Beschwerdeführer sofortige Beschwerde. Ein Anspruch aus Darlehen sei nicht verjährt, weil die für den Verjährungsbeginn erforderliche Fälligkeit des Anspruchs von der - vorliegend erst im Jahr 2010 erfolgten - Kündigung des Darlehens durch den Darlehensgeber abhänge. Darüber hinaus stehe - gegebenenfalls nach Durchführung einer Beweisaufnahme - fest, dass neben den übrigen streitgegenständlichen Überweisungen auch die Überweisung vom 6. November 2001 nur durch den Antragsgegner habe vorgenommen worden sein können. Im Übrigen blieben, selbst wenn im Rahmen einer Beweisaufnahme der Nachweis einer Darlehensgewährung nicht gelingen solle, Rückerstattungsansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung und aus unerlaubter Handlung.

9

Das Landgericht half der sofortigen Beschwerde nicht ab. Aus der Tatsache, dass der Antragsgegner bei der Überweisung vom 6. November 2001 Darlehen angegeben habe, könne nicht geschlossen werden, auch den nachfolgenden Überweisungen hätten Darlehen zugrunde gelegen.

10

4. Das Oberlandesgericht wies die sofortige Beschwerde zurück. Das Landgericht gehe zu Recht von einem nicht schlüssigen Sachvortrag aus; auf die zutreffenden Gründe seiner Entscheidungen werde Bezug genommen. Ergänzend werde darauf hingewiesen, dass mangelnde Schlüssigkeit auch hinsichtlich der für das Jahr 2001 behaupteten Darlehenshingabe gelte. Der Beschwerdeführer habe durch seine früheren anwaltlichen Vertreter vorgerichtlich ein Treuhandverhältnis behauptet. Den Widerspruch zu den jetzt behaupteten Darlehenshingaben habe er nicht hinreichend erläutert; warum hier von einer bloßen Falschbezeichnung gesprochen werden könne, erschließe sich nicht. Selbst wenn der (bestrittene) Vortrag des Beschwerdeführers als wahr unterstellt werde, auch die als Darlehen bezeichnete Überweisung vom 6. November 2001 sei durch den Antragsgegner veranlasst worden, sei zu berücksichtigen, dass dieser immerhin behaupte, zum Ausgleich dieser Überweisung kurze Zeit danach eine Rücküberweisung auf das Konto des Beschwerdeführers vorgenommen zu haben. Eine Beweisaufnahme zu dem den Überweisungen zugrunde liegenden Rechtsgrund komme nicht in Betracht, weil dies einen schlüssigen Sachvortrag voraussetze, der hier jedoch fehle. Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung seien nicht ersichtlich, weil dies eine Zahlung ohne Rechtsgrund voraussetze, der Antragsteller aber vorliegend Darlehensverträge behaupte. Für Ansprüche aus unerlaubter Handlung fehle jeder Sachvortrag.

11

Gegen diesen Beschluss erhob der Beschwerdeführer Anhörungsrüge, die das Oberlandesgericht zurückwies.

II.

12

Der Beschwerdeführer rügt mit der Verfassungsbeschwerde eine Verletzung seiner verfassungsmäßigen Rechte aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 19 Abs. 4 und aus Art. 103 Abs. 1 GG.

13

Mit der Verneinung der Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung hätten die Fachgerichte die an die Erfolgsaussichten und an die Schlüssigkeit des Antragsvorbringens zu stellenden Anforderungen überspannt und somit die Rechtsschutzgleichheit (Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) und das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) verletzt. Er, der Beschwerdeführer, habe in erster Linie geltend gemacht, den unstreitig von seinem Konto auf ein Konto des Antragsgegners erfolgten Überweisungen hätten Darlehensabreden zugrunde gelegen, so dass sich der begehrte Rückzahlungsanspruch aus § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB ergebe. Ein Rückzahlungsanspruch - dann aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB) - bestehe jedoch auch, wenn man mit dem Antragsgegner die Existenz von Darlehensvereinbarungen in Abrede stelle, weil in einem solchen Fall die Überweisungen ohne Rechtsgrund erfolgt seien. Die Geltendmachung von Haupt- und Hilfsanspruch führe nicht zur Unschlüssigkeit des Vorbringens, weil der dem Prozesskostenhilfegesuch zugrunde liegende und unter Beweis gestellte Sachvortrag geeignet sei, das Rückzahlungsbegehren zu tragen; daran vermöge auch ein vorgerichtliches Schreiben seines vormaligen Rechtsanwalts, in dem von einem Treuhandverhältnis die Rede gewesen sei, nichts zu ändern. Eine Verletzung der Rechtsschutzgleichheit liege außerdem darin, dass das Prozesskostenhilfegesuch zurückgewiesen worden sei, obwohl eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht gekommen sei.

14

Die Zurückweisung des Prozesskostenhilfegesuchs und die zugrunde liegende fachgerichtliche Begründung verletze ihn, den Beschwerdeführer, ferner in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), weil es die Schilderung der zwischen den Parteien bestehenden Beziehungen ebenso übergehe wie unstreitigen Vortrag.

III.

15

Die Verfassungsbeschwerde ist der Bayerischen Staatsregierung und dem Antragsgegner des Ausgangsverfahrens zugestellt worden. Beide haben sich nicht geäußert. Die Gerichtsakte des Ausgangsverfahrens lag der zur Entscheidung berufenen Kammer vor.

IV.

16

Die Verfassungsbeschwerde ist zur Entscheidung anzunehmen und ihr ist stattzugeben, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG) und die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG vorliegen.

17

1. Das Bundesverfassungsgericht hat die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG). In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind Inhalt und Reichweite des aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG folgenden Anspruchs auf Rechtsschutzgleichheit bereits geklärt (vgl. nur BVerfGE 81, 347 <356 ff.>; ferner BVerfGK 2, 279 <281>; 20, 187 <191 f.>; jeweils m.w.N.).

18

2. Die zulässige Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet (§ 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG). Der die sofortige Beschwerde zurückweisende Beschluss des Oberlandesgerichts verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.

19

a) Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG gebietet eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes (vgl. BVerfGE 9, 124 <130 f.>; 10, 264 <270>; 22, 83 <86>; 51, 295 <302>; 63, 380 <394 f.>; 67, 245 <248>). Zwar ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Die Prüfung der Erfolgsaussichten darf jedoch nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Prozesskostenhilfeverfahren will den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nämlich nicht selbst bieten, sondern ihn erst zugänglich machen (vgl. BVerfGE 81, 347 <357>).

20

Auslegung und Anwendung der Vorschriften über die Prozesskostenhilfe (§§ 114 f. ZPO) obliegen dabei in erster Linie den zuständigen Fachgerichten. Verfassungsrecht wird jedoch dann verletzt, wenn die angegriffene Entscheidung Fehler erkennen lässt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung der in Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verbürgten Rechtsschutzgleichheit beruhen (vgl. BVerfGE 56, 139 <144>; 81, 347 <357 f.>; BVerfGK 2, 279 <281>; 20, 187 <191>). Die Fachgerichte überschreiten den Entscheidungsspielraum, der ihnen bei der Auslegung des gesetzlichen Tatbestandsmerkmals der hinreichenden Erfolgsaussicht verfassungsrechtlich zukommt, wenn sie einen Auslegungsmaßstab verwenden, durch den einer unbemittelten Partei im Vergleich zur bemittelten die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung unverhältnismäßig erschwert wird. Das ist namentlich dann der Fall, wenn das Fachgericht die Anforderungen an die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung überspannt und dadurch der Zweck der Prozesskostenhilfe, dem Unbemittelten den weitgehend gleichen Zugang zu Gericht zu ermöglichen, deutlich verfehlt wird (vgl. BVerfGE 81, 347 <358>).

21

b) In Anwendung dieser Maßstäbe erweist sich die Verfassungsbeschwerde als offensichtlich begründet. Das Oberlandesgericht hat die Anforderungen an die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung überspannt und dadurch den geschilderten Zweck der Prozesskostenhilfe verfehlt.

22

aa) Von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden ist allerdings die Annahme des Oberlandesgerichts, das Vorbringen des Beschwerdeführers zu den für die Jahre 2001 und 2002 behaupteten Darlehenshingaben sei unschlüssig; dies gilt auch unter Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer vorgetragenen und mit der Verfassungsbeschwerde als übergangen gerügten Vorgeschichte und Beziehungen zwischen den Parteien des Ausgangsverfahrens sowie der durch die Überweisungsgutschrift vom 13. November 2001 ausgeglichenen Abbuchung vom 6. November 2001. Es ist weder dargetan noch ersichtlich, wie infolge der ab dem 15. November 2001 durch den Antragsgegner - ohne Absprache mit dem Beschwerdeführer und ohne dessen Kenntnis - getätigten Überweisungen zwischen den Parteien des Ausgangsverfahrens ein Darlehensverhältnis im Sinne einer "Art Kontokorrentverhältnis" zustande gekommen sein soll. Zwar hat der Beschwerdeführer im Ausgangsverfahren zur Veranschaulichung des zum Antragsgegner ehedem bestehenden Vertrauensverhältnisses vorgetragen, der Antragsgegner habe für ein anderes Konto des Beschwerdeführers sogar Vollmacht gehabt. Doch ergeben sich hieraus weder Rückschlüsse für das verfahrensgegenständliche Sparkassenkonto (Nr. …) noch folgt daraus, dass der Antragsgegner von dem anderen Konto für eigene Zwecke hätten Abbuchungen tätigen dürfen. Gegen eine solche Annahme spricht, dass der Beschwerdeführer nach seinem eigenen Vortrag dem Antragsgegner früher mit Barzahlungen ausgeholfen hatte. Unter diesen Umständen stützt das in diesem Punkt substanzlose Vorbringen des anwaltlich vertretenen Beschwerdeführers nicht dessen Annahme, der Antragsgegner habe sich als zur Vornahme von (Ab-)Buchungen für eigene Zwecke unter Verwendung der PIN und der TANs des Beschwerdeführers ermächtigt sehen dürfen.

23

bb) Das Oberlandesgericht hat jedoch in seinem die sofortige Beschwerde zurückweisenden Beschluss die Anforderungen an die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung überspannt und damit die Bedeutung des verfassungsrechtlich verbürgten Anspruchs auf Rechtsschutzgleichheit verkannt, indem es Zahlungsansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung mit der Begründung verneint hat, diese setzten eine Zahlung ohne Rechtsgrund voraus, wohingegen der Beschwerdeführer Darlehensverträge behaupte.

24

(1) Dabei hat das Oberlandesgericht außer Betracht gelassen, dass nach der vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertretenen Auffassung Gegenstand des - hier beabsichtigten - Rechtsstreits ein prozessualer Anspruch ist; dieser wird bestimmt durch das allgemeine Rechtsziel und die erstrebte Rechtsfolge, wie sie sich aus dem Klageantrag ergeben, sowie aus dem Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem die klagende Partei die begehrte Rechtsfolge herleitet (vgl. nur BGH, Urteil vom 18. Juli 2002 - III ZR 287/01 -, NVwZ 2002, S. 1535 <1536>; BGH, Urteil vom 19. November 2003 - VIII ZR 60/03 -, NJW 2004, S. 1252 <1253>; stRspr). Dabei wird der einheitliche Lebenssachverhalt nicht dadurch in Frage gestellt, dass unterschiedliche materiellrechtliche Ansprüche zu ihrer Schlüssigkeit zwangsläufig einen mehr oder weniger abweichenden Tatsachenvortrag erfordern, ohne dass darin ein Verstoß gegen die Wahrheitspflicht (§ 138 Abs. 1 ZPO) zu sehen ist. Dementsprechend ist anerkannt, dass bei einer auf Vertragserfüllung gestützten Klage das Gericht, falls es einen wirksamen Vertragsschluss verneint, auch gesetzliche Ansprüche etwa aus ungerechtfertigter Bereicherung zu prüfen hat, soweit sie an die vermeintlich vertraglich erbrachten Leistungen anknüpfen und dasselbe Klageziel rechtfertigen (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2002 - III ZR 287/01 -, NVwZ 2002, S. 1535 <1536>; ferner Assmann, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Auflage 2013, § 260 Rn. 9; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, 30. Auflage 2014, Einleitung Rn. 70 f.).

25

Entsprechendes gilt dann, wenn die klagende Partei sich das ihr Klagebegehren im Ergebnis stützende Vorbringen der Gegenseite zumindest hilfsweise zu eigen gemacht hat (vgl. nur BGH, Urteil vom 23. Juni 1989 - V ZR 125/88 -, NJW 1989, S. 2756; BGH, Urteil vom 14. Februar 2000 - II ZR 155/98 -, WM 2000, S. 670 <671>; BGH, Urteil vom 10. Mai 2001 - VII ZR 248/00 -, WM 2001, S. 1421 <1422>).

26

So liegt der Fall hier.

27

(2) Der Beschwerdeführer hat mit der Beschwerdeschrift vom 18. Januar 2013 für den - auch von den Fachgerichten angenommenen - Fall, dass ein Darlehen im Sinne einer Art Kontokorrentabrede nicht in Betracht komme, die beabsichtigte Klage hilfsweise auf ungerechtfertigte Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB) gestützt, weil dann die im Zeitraum vom 13. November 2001 bis zum 18. Februar 2002 unstreitig durch den Antragsgegner zu seinen Gunsten getätigten Abbuchungen ohne Rechtsgrund erfolgt seien. Damit hat er sich jedenfalls mit der sofortigen Beschwerde der Sache nach das Vorbringen des Antragsgegners aus der schriftsätzlichen Erwiderung vom 25. September 2012 zu eigen gemacht, in der dieser die Existenz von Darlehensvereinbarungen als Rechtsgrund für die streitgegenständlichen Überweisungen in Abrede gestellt und er zugleich im Zusammenhang mit etwaigen unberechtigten Überweisungen die Einrede der Verjährung erhoben hat.

28

c) Der die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers zurückweisende Beschluss des Oberlandesgerichts verkennt offensichtlich die genügende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung des Beschwerdeführers und beruht hiernach auf einer Verletzung des Anspruchs auf Rechtsschutzgleichheit. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die unterbliebene Prüfung der Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung zu einer anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung geführt hätte (vgl. BVerfGE 7, 239 <241>; 18, 147 <150>; 112, 185 <206>; stRspr).

29

Die Beantwortung der von der Verfassungsbeschwerde aufgeworfenen Frage, ob die durch den Antragsgegner unter dem 7. Februar 2002 ohne Leistungsbestimmung zugunsten des Beschwerdeführers getätigte Überweisung (70.000 €) gemäß § 366 Abs. 2 BGB die (teilweise) Tilgung von Verbindlichkeiten des Antragsgegners aus dem Jahr 2001 bewirkt hat, obliegt den zur Anwendung des einfachen Rechts berufenen Fachgerichten.

30

Das gilt auch für die Frage, ob dem durch den Rechtsanwalt des Antragsgegners unter dem 9. März 2011 - mithin vor dem vom Landgericht angenommenen Eintritt der Verjährung - verfassten und übermittelten Telefax der Inhalt einer gegenüber einem unstreitigen Rückforderungsanspruch erklärten Primäraufrechnung und unter Berücksichtigung der Umstände des Falles zugleich die Bedeutung eines verjährungsrechtlich relevanten Anerkenntnisses beigemessen werden kann (vgl. dazu BTDrucks 14/6040, S. 120; ferner BGH, Urteil vom 8. Juni 1989 - X ZR 50/88 -, BGHZ 107, S. 395 <397 f.>; Grothe, in: Münchener Kommentar zum BGB, Band 1, 6. Auflage 2012, § 212 Rn. 16; Peters/Jacoby, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2014, § 212 Rn. 27; Schmidt-Räntsch, in: Erman, BGB, Band I, 14. Auflage 2014, § 212 Rn. 10); dies hätte gegebenenfalls zur Folge, dass die Verjährung mit dem auf das Anerkenntnis folgenden Tag gemäß § 212 Abs. 1 Nr. 1 Var. 4 BGB neu zu laufen begonnen hätte und somit das Prozesskostenhilfegesuch vom 14. August 2012 gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 14 BGB zur Hemmung der für eine Verbindlichkeit aus dem Jahr 2001 (neu laufenden) Verjährung geeignet gewesen wäre.

31

d) Unter diesen Umständen bedarf es keiner Entscheidung mehr, ob zugleich eine Verletzung weiterer, als verletzt gerügter verfassungsmäßiger Rechte des Beschwerdeführers im Sinne von § 90 Abs. 1 BVerfGG gegeben ist.

32

e) Der angegriffene Beschluss des Oberlandesgerichts über die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde ist danach aufzuheben und die Sache an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG); damit wird der zugehörige Beschluss des Oberlandesgerichts über die Anhörungsrüge gegenstandslos.

33

3. Soweit die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts gerichtet ist, bedarf es keiner Entscheidung der Kammer, weil infolge der Aufhebung der Entscheidung des Oberlandesgerichts der Rechtsweg zu den Fachgerichten wieder eröffnet ist (vgl. BVerfGE 129, 1 <37>; 134, 106 <121>).

V.

34

Die Anordnung der Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts ist auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG und den durch das Bundesverfassungsgericht für die Festsetzung des Gegenstandswerts im Verfahren der Verfassungsbeschwerde entwickelten Maßstäben gestützt (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>; BVerfGK 20, 336 <337 f.>).

35

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Urteilsbesprechung zu Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 15. Okt. 2015 - 1 BvR 1790/13

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 203 Hemmung der Verjährung bei Verhandlungen


Schweben zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände, so ist die Verjährung gehemmt, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. Die Verjähru

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Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 15. Okt. 2015 - 1 BvR 1790/13 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 15. Okt. 2015 - 1 BvR 1790/13 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Juli 2002 - III ZR 287/01

bei uns veröffentlicht am 18.07.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 287/01 Verkündet am: 18. Juli 2002 F i t t e r e r Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja FStrG §§ 3, 5; Rh

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Mai 2001 - VII ZR 248/00

bei uns veröffentlicht am 10.05.2001

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VII ZR 248/00 Verkündet am: 10. Mai 2001 Seelinger-Schardt, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

Bundesgerichtshof Urteil, 14. Feb. 2000 - II ZR 155/98

bei uns veröffentlicht am 14.02.2000

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 155/98 Verkündet am: 14. Februar 2000 Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein

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(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

Schweben zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände, so ist die Verjährung gehemmt, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. Die Verjährung tritt frühestens drei Monate nach dem Ende der Hemmung ein.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Durch den Darlehensvertrag wird der Darlehensgeber verpflichtet, dem Darlehensnehmer einen Geldbetrag in der vereinbarten Höhe zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer ist verpflichtet, einen geschuldeten Zins zu zahlen und bei Fälligkeit das zur Verfügung gestellte Darlehen zurückzuzahlen.

(2) Die vereinbarten Zinsen sind, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nach dem Ablauf je eines Jahres und, wenn das Darlehen vor dem Ablauf eines Jahres zurückzuzahlen ist, bei der Rückzahlung zu entrichten.

(3) Ist für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt, so hängt die Fälligkeit davon ab, dass der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer kündigt. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate. Sind Zinsen nicht geschuldet, so ist der Darlehensnehmer auch ohne Kündigung zur Rückzahlung berechtigt.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Liegen die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 Buchstabe b vor und ist die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgebliche verfassungsrechtliche Frage durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, kann die Kammer der Verfassungsbeschwerde stattgeben, wenn sie offensichtlich begründet ist. Der Beschluß steht einer Entscheidung des Senats gleich. Eine Entscheidung, die mit der Wirkung des § 31 Abs. 2 ausspricht, daß ein Gesetz mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht unvereinbar oder nichtig ist, bleibt dem Senat vorbehalten.

(2) Auf das Verfahren finden § 94 Abs. 2 und 3 und § 95 Abs. 1 und 2 Anwendung.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Liegen die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 Buchstabe b vor und ist die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgebliche verfassungsrechtliche Frage durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, kann die Kammer der Verfassungsbeschwerde stattgeben, wenn sie offensichtlich begründet ist. Der Beschluß steht einer Entscheidung des Senats gleich. Eine Entscheidung, die mit der Wirkung des § 31 Abs. 2 ausspricht, daß ein Gesetz mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht unvereinbar oder nichtig ist, bleibt dem Senat vorbehalten.

(2) Auf das Verfahren finden § 94 Abs. 2 und 3 und § 95 Abs. 1 und 2 Anwendung.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 287/01
Verkündet am:
18. Juli 2002
F i t t e r e r
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
FStrG §§ 3, 5; RhPfKAG § 8
Nimmt der Bund für die ihm obliegende Entwässerung von Bundesstraßen die
gemeindliche Abwasserkanalisation in Anspruch, so kann die Gemeinde hierfür
in Rheinland-Pfalz kein (privatrechtliches) Entgelt auf der Grundlage ihrer Entwässerungssatzung
verlangen. Ihr kann jedoch gegen die Bundesrepublik
Deutschland ein gesetzlicher Zahlungsanspruch aus öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung
ohne Auftrag oder in Gestalt eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs
zustehen.
Eine Änderung der Klage liegt nicht vor, wenn der Kläger, der eine vertragliche
Vergütung fordert, sich nachträglich hilfsweise auf gesetzliche Anspruchs-
grundlagen (Geschäftsführung ohne Auftrag, ungerechtfertigte Bereicherung)
beruft. Das gilt auch dann, wenn gesetzliche Ausgleichsansprüche sich nach
öffentlichem Recht beurteilen.
BGH, Urteil vom 18. Juli 2002 - III ZR 287/01 -OLG Koblenz
LG Koblenz
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Juli 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter
Streck, Schlick, Dr. Kapsa und Galke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 16. November 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Die klagende rheinland-pfälzische Verbandsgemeinde beseitigt durch einen Eigenbetrieb das im Gemeindegebiet anfallende Abwasser. Sie schließt hierzu auf der Grundlage ihrer Entwässerungssatzung und der ergänzenden "Allgemeinen Entsorgungsbedingungen für Abwasser" mit den Eigentümern der angeschlossenen Grundstücke privatrechtliche Verträge und verlangt von ihnen für die Benutzung der öffentlichen Abwasseranlage laufende Entgelte ("Abwassergebühren").

Die beklagte Bundesrepublik Deutschland ist Träger der Straßenbaulast für die das Gebiet der Klägerin durchquerenden Ortsdurchfahrten im Zuge der Bundesstraßen 260 und 261. Diese Straßenteile entwässern überwiegend in das Kanalsystem der Klägerin. Für den Großteil der Streckenabschnitte haben die Parteien gesonderte Verträge mit unterschiedlicher Kostenbeteiligung des Bundes geschlossen. Das auf den restlichen Teilflächen von insgesamt 5.425 m² auftreffende Niederschlagswasser leitet die Beklagte ohne eine Vereinbarung und ohne Gegenleistung seit Jahrzehnten in die gemeindliche Abwasserkanalisation ein.
Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin die Beklagte insoweit als Eigentümer der Bundesstraßen und Straßenbaulastträger auf Zahlung eines Entgelts für die Jahre 1996 bis 1998 von 21.700 DM in Anspruch genommen. Sie hat die Auffassung vertreten, nach ihren Allgemeinen Entsorgungsbedingungen sei mit der Beklagten wie mit jedem anderen Eigentümer angeschlossener Grundstücke ein Vertrag zustande gekommen, der diese zur Zahlung laufender Entgelte für die Abwasserbeseitigung nach dem Maßstab der entwässerten Flächen verpflichte. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. In zweiter Instanz hat sich die Klägerin hilfsweise auf Geschäftsführung ohne Auftrag oder ungerechtfertigte Bereicherung berufen und die Klageforderung aufgrund entsprechender Neuberechnung auf 22.784,31 DM erhöht. Das Berufungsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Zahlungsansprüche weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


1. Nach der Ansicht des Berufungsgerichts ist gesetzliche Grundlage für jedes Verlangen der Klägerin nach Zahlung eines Entgelts für die Abwasserentsorgung - sei es als öffentlich-rechtliche Gebühr, sei es als privatrechtliches Entgelt - allein das Kommunalabgabengesetz von Rheinland-Pfalz (RhPfKAG in der Fassung vom 20. Juni 1995, GVBl. S. 175). Durch Satzung und Allgemeine Entsorgungsbedingungen könnten die kommunalen Gebietskörperschaften keine über das Kommunalabgabengesetz hinausgehenden Zahlungspflichten begründen. Auf der Grundlage des Kommunalabgabengesetzes lasse sich aber für Rheinland-Pfalz eine Beitragspflicht des Bundes für die Inanspruchnahme der Abwasserbeseitigung nicht rechtfertigen. Gemäû § 8 Abs. 4 Satz 1 RhPfKAG 1996 blieben Kosten für solche Leistungen, die nicht den Gebührenund Beitragsschuldnern zugute kämen, bei der Ermittlung der entgeltsfähigen Kosten auûer Ansatz. Hierzu gehörten nach der Gesetzesbegründung auch die Aufwendungen für die Straûenentwässerung. Diese Kosten könnten damit weder zum Gegenstand einer Gebührenerhebung noch eines privatrechtlichen Entgelts gemacht werden.
2. Weitere privatrechtliche Anspruchsgrundlagen (Geschäftsführung ohne Auftrag, Bereicherungsrecht) kämen nicht in Betracht. Die Abwasserentsorgung sei sowohl für die Beklagte als Straûenbaulastträger als auch für die Klägerin gemäû § 52 des Landeswassergesetzes von Rheinland-Pfalz eine sich aus dem öffentlichen Recht ergebende und durch dieses bestimmte Aufgabe. Rechte und Pflichten seien daher grundsätzlich öffentlich-rechtlich. Danach richte sich auch der Charakter möglicher gesetzlicher Schuldverhältnisse. Die Klägerin sei nicht befugt, deren Rechtscharakter einseitig durch Satzung zu ändern.
3. Zugunsten der Klägerin komme allerdings ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch wegen Geschäftsführung ohne Auftrag in Betracht. Soweit die Klägerin indes ihr Begehren hilfsweise hierauf stütze, handele es sich um eine Klageänderung gemäû § 263 ZPO, da die Voraussetzungen für einen Anspruch aus öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag einen grundlegend anderen Tatsachenvortrag erforderten als für einen Anspruch aus einem privatrechtlichen Entsorgungsvertrag. Diese Klageänderung sei nicht sachdienlich. Zum einen sei sie erstmals im Berufungsverfahren geltend gemacht worden und zum anderen seien die ordentlichen Gerichte für eine Entscheidung hierüber nicht zuständig, so daû entgegen dem Wortlaut des § 17 a Abs. 5 GVG gemäû § 17 a Abs. 2 GVG einen Verweisung an das zuständige Verwaltungsgericht erfolgen müûte.

II.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

1. Der Senat versteht das Berufungsgericht so, daû es mit Blick auf § 8 Abs. 4 Satz 1 RhPfKAG nicht erst die Wirksamkeit, sondern bereits das Zustandekommen eines Vertrags über den Anschluû der streitigen Straûengrundstücke an die Abwasserbeseitigungsanlage der Klägerin und die Ableitung des dort anfallenden Niederschlagswassers verneint. Das trifft zu. Die Klägerin kann deswegen kein vertragliches Entgelt nach ihrer Entwässerungssatzung und den Allgemeinen Entsorgungsbedingungen für die Benutzung ihres Kanalnetzes durch die Beklagte verlangen.

a) Der Umstand allein, daû die Beklagte faktisch die Kanalisation der Klägerin für die hier nach § 5 Abs. 1 FStrG dem Bund auch hinsichtlich der Ortsdurchfahrten obliegende Straûenentwässerung in Anspruch nimmt, vermag einen Vertragsschluû nicht zu begründen. Nach § 12 Abs. 2 Buchst. b der bis zum Jahre 1996 geltenden Entwässerungssatzung der Klägerin vom 10. Dezember 1991 sollte zwar dafür selbst eine nur tatsächliche Inanspruchnahme ihrer Abwasserbeseitigungseinrichtung genügen. Die Regeln des bürgerlichen Rechts über den Abschluû von Verträgen (§§ 145 ff. BGB), die beiderseitige Willenserklärungen der Parteien voraussetzen, stehen jedoch nicht zur Disposition der Gemeinde. Allerdings hat auch der Bundesgerichtshof in einigen älteren Entscheidungen angenommen, daû Vertragsverhältnisse, etwa im Bereich sozialer Daseinsfürsorge, nicht bloû durch rechtsgeschäftlichen Vertragsschluû , sondern nach den Grundsätzen von Treu und Glauben auch durch rein tatsächliches Verhalten entstehen können (sogenannte faktische Vertragsverhältnisse ; BGHZ 21, 319, 334 ff. [Parkplatz]; 23, 175, 177 f. [Versorgungsunternehmen ]; 23, 249, 261 [Hoferbfolge]; vgl. hierzu MünchKomm/Kramer, BGB, 4. Aufl., Einleitung Rn. 62 ff. vor § 241; Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., Ein-
führung Rn. 25 vor § 145). Der Bundesgerichtshof löst diese Fälle aber nunmehr mit rechtsgeschäftlichen Kategorien (vgl. BGHZ 95, 393, 399).

b) Ein Vertragsschluû während des streitigen Zeitraums von 1996 bis 1998 durch beiderseits schlüssiges Verhalten (s. hierzu Senatsurteil vom 28. Februar 1991 - III ZR 49/90 - LM Nr. 2 zu § 17 a GVG = WM 1991, 1394, 1397) scheitert jedenfalls an der Bestimmung des § 8 Abs. 4 RhPfKAG und zuvor an der entsprechenden Vorschrift des § 10 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a RhPfKAG vom 5. Mai 1986 (GVBl. S. 103).
Nach § 8 Abs. 4 Satz 1 RhPfKAG vom 20. Juni 1995 bleiben bei der Ermittlung der entgeltsfähigen Kosten für Benutzungsgebühren die (nicht nur unerheblichen ) Kosten für solche Leistungen auûer Ansatz, die nicht den Gebührenschuldnern zugute kommen. Im Bereich der Abwasserbeseitigung gehören hierzu auch diejenigen Kostenanteile, die auf öffentliche Verkehrsanlagen entfallen und von deren Trägern zu übernehmen sind. Das war in § 10 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a des vorausgegangenen Kommunalabgabengesetzes vom 5. Mai 1986 noch ausdrücklich bestimmt und sollte durch die Neufassung inhaltlich nicht geändert werden (Begründung des Regierungsentwurfs, LTDrucks. 12/5443 S. 26; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 8. Februar 2001 - 12 A 11746/00 - dokumentiert bei Juris). Diese einrichtungsfremden Kosten können in Rheinland-Pfalz darum nicht Gegenstand einer Abwassergebühr der Gemeinde sein (OVG Rheinland-Pfalz aaO; ebenso Driehaus/Lichtenfeld, Kommunalabgabenrecht, § 6 Rn. 746 a für Niedersachsen und SachsenAnhalt ; anders: Jeromin in Jeromin/Prinz, Kommentar zum Landeswassergesetz Rheinland-Pfalz und zum Wasserhaushaltsgesetz, § 53 LWG Rn. 7; für das nordrhein-westfälische Landesrecht: OVG Nordrhein-Westfalen ZfW 1998,
330, 331 ff. mit Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht DVBl 1997, 1065 = NVwZ-RR 1998, 130; Driehaus /Schulte/ Wiesemann, aaO, § 6 Rn. 352 d; Nolte, NVwZ 2001, 1378, 1380). Entsprechendes gilt für die von den Gemeinden gemäû § 7 Abs. 9 RhPfKAG anstelle von Benutzungsgebühren erhobenen privatrechtlichen Entgelte. Hieraus ergibt sich zugleich, daû auch auf der "Benutzerseite" keine Straûenbaulastträger (als Eigentümer angeschlossener Straûengrundstücke) stehen können (Driehaus / Lichtenfeld aaO). Weder die Beklagte noch die Klägerin konnten daher objektiv ein Interesse an einer solchen rechtlich unzulässigen Gestaltung haben. Inwieweit der Beklagten angesichts des jahrzehntelang zurückliegenden Kanalanschlusses und der seitdem ständig und widerspruchslos unentgeltlich geduldeten Einleitung des Abwassers insofern überhaupt eine entsprechende Willenserklärung und ein Erklärungsbewuûtsein unterstellt werden darf oder dieses ausnahmsweise verzichtbar wäre (vgl. dazu BGHZ 109, 171, 177), kann offenbleiben.
2. Über gesetzliche Ausgleichsansprüche der Klägerin (insbesondere aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder ungerechtfertigter Bereicherung) hat das Berufungsgericht in der Sache nur entschieden, soweit sie von der Klägerin aus Privatrecht hergeleitet wurden. Im übrigen - hinsichtlich einer Klagebegründung mit Ansprüchen wegen öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag oder einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch - hat es einen anderen Streitgegenstand und eine unzulässige Klageänderung gemäû § 263 ZPO angenommen. Das verkennt den Begriff des Streitgegenstands und verletzt zugleich die in § 17 Abs. 2 GVG normierte Pflicht des Gerichts, den
Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden.

a) Nach der heute herrschenden und auch vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertretenen prozeûrechtlichen Auffassung ist Gegenstand des Rechtsstreits ein prozessualer Anspruch; er wird bestimmt durch das allgemeine Rechtsziel und die erstrebte konkrete Rechtsfolge, wie sie sich aus dem Klageantrag ergeben, sowie aus dem Lebenssachverhalt (Klagegrund ), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (Senatsurteil vom 7. März 2002 - III ZR 73/01 - NJW 2002, 1503 m.w.N.). Auf die materiellrechtliche Begründung der Klage kommt es dabei regelmäûig nicht an. Der einheitliche Lebenssachverhalt wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, daû unterschiedliche konkurrierende Ansprüche zu ihrer Schlüssigkeit zwangsläufig einen mehr oder weniger abweichenden Tatsachenvortrag erfordern. Mit Rücksicht hierauf ist es anerkannt, daû bei einer auf Vertragserfüllung gestützten Klage das Gericht, falls es einen (wirksamen) Vertragsschluû verneint, auch gesetzliche Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder ungerechtfertigter Bereicherung zu prüfen hat, soweit sie an die vermeintlich vertraglich erbrachten Leistungen anknüpfen und dasselbe Klageziel rechtfertigen. Selbst dann, wenn das Gericht dies übersieht, erfaût nach § 322 Abs. 1 ZPO die Rechtskraft seines klageabweisenden Urteils den gesamten prozessualen Anspruch , daher auch derartige nicht behandelte Anspruchsgrundlagen (vgl. BGH, Urteil vom 14. Mai 2002 - X ZR 144/00 - Umdruck S. 7, zur Veröffentlichung bestimmt). So hat es das Berufungsgericht hinsichtlich weiterer privatrechtlicher Anspruchsgrundlagen zutreffend selbst gesehen, diese darum im einzelnen abgehandelt und beschieden.

b) Entgegen der Auffassung der Vorinstanz liegt es aber im Streitfall auch nicht insoweit anders, als es um öffentlich-rechtliche Rechtsgrundlagen für die Klageforderung geht. Der von der Klägerin zur Entscheidung gestellte Lebenssachverhalt wird durch die tatsächliche Nutzung ihres Kanalnetzes seitens der Beklagten als Eigentümer und Straûenbaulastträger der Bundesstraûen gekennzeichnet. Inwieweit dieses Rechtsverhältnis dem öffentlichen Recht angehört oder zivilrechtlich geprägt ist, entscheidet sich aufgrund einer rechtlichen Würdigung. Die hierbei vorzunehmende rechtliche Zuordnung ändert indessen nichts an der Einheitlichkeit dieses Sachverhalts als der tatsächlichen Begründung der Klage.
Über den gesamten prozessualen Anspruch haben deshalb die zuständigen Zivilgerichte gemäû § 17 Abs. 2 GVG umfassend und abschlieûend zu urteilen.

III.

Der Rechtsstreit ist nicht entscheidungsreif. Weder läût sich das Berufungsurteil aus anderen Gründen aufrechterhalten noch kann der Senat zugunsten der Klägerin in der Sache selbst entscheiden.
1. Gesetzliche Ersatz- oder Erstattungsansprüche der Klägerin bestimmen sich, wie das Berufungsgericht zutreffend annimmt, nach öffentlichem Recht. Die Abwasserbeseitigung ist eine öffentliche Aufgabe, ohne Rücksicht darauf, ob sie vom Straûenbaulastträger oder der Gemeinde wahrgenommen wird; sie erfolgt daher grundsätzlich auch in den Formen des öffentlichen Rechts. Daû die Klägerin ihr Verhältnis zu den Anschluûnehmern in ihrer Entwässerungs-
satzung hier zulässigerweise privatrechtlich gestaltet hat, ist im Verhältnis zur Beklagten ohne Belang. Der Bund unterfällt mit seinen an die Abwasseranlage der Klägerin angeschlossenen Straûenflächen, wie ausgeführt, gerade nicht der Satzungsgewalt der Klägerin.
2. Als Klagegrundlage scheidet § 12 Abs. 10 RhPfLStrG aus. Die Vorschrift sieht zwar eine Beteiligung des Straûenbaulastträgers auch an den laufenden Kosten der Kanalisation entsprechend den Mengen des Oberflächenwassers von der Fahrbahn vor, sofern die Fahrbahnentwässerung nicht in eine straûeneigene Kanalisation erfolgt. Diese landesrechtliche Regelung gilt aber nicht für die Bundesfernstraûen (§ 1 Abs. 6 RhPfLStrG). Das Klagebegehren könnten hier somit nur Ansprüche auf Aufwendungsersatz aus öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag oder auf Ausgleich der der Beklagten durch die tatsächliche Übernahme der Abwasserbeseitigung seitens der Klägerin zugeflossenen Bereicherung (öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch) rechtfertigen. Zu den Voraussetzungen solcher Ansprüche hat das Berufungsgericht insgesamt nichts festgestellt. Der Senat sieht im gegenwärtigen Verfahrensstadium deswegen keinen Anlaû, hierauf näher einzugehen.
3. Bundesrecht oder das maûgebende rheinland-pfälzische Landesrecht schlieûen derartige Forderungen nicht aus.

a) Die Regelungen des Bundesfernstraûengesetzes in § 1 Abs. 4 Nr. 1 und in den §§ 3 und 4 stehen einer Belastung des Bundes mit Abwassergebühren für die Inanspruchnahme kommunaler Abwassereinrichtungen bei der Oberflächenentwässerung von Bundesstraûen nicht entgegen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in dem bereits erwähnten Beschluû vom 6. März
1997 (DVBl 1997, 1065 = NVwZ-RR 1998, 130) dargelegt. Der erkennende Senat schlieût sich dem an. Diese Grundsätze lassen sich auf die hier in Rede stehenden Ausgleichszahlungen auf sonstiger gesetzlicher Grundlage übertragen.

b) § 8 Abs. 4 i.V.m. § 1 Abs. 2 Satz 2 RhPfKAG entfaltet entgegen der Revisionserwiderung keine Sperrwirkung derart, daû wegen der Unzulässigkeit einer Gebührenerhebung gegenüber dem Bund als Straûenbaulastträger auch alle auf anderer Rechtsgrundlage beruhenden Aufwendungs- und Auslagenersatzansprüche der Gemeinde unbegründet wären. Nach § 1 Abs. 2 Satz 2 findet zwar das Kommunalabgabengesetz auf Aufwendungs- und Auslagenersatz entsprechende Anwendung. Diese Regelung betrifft aber nur im Zusammenhang mit Gebührentatbeständen stehende Kosten. Auûerhalb dieser Bestimmungen gelten die allgemeinen Regeln.

c) Entgegen der von der Revisionserwiderung weiterhin vertretenen Ansicht sind Kostenerstattungsansprüche der Klägerin für den hier allein streitigen Zeitraum von 1996 bis 1998 nicht verwirkt (§ 242 BGB). Die Klägerin hat Zahlung laufender Entgelte hinsichtlich der nicht durch besondere Vereinbarungen erfaûten Teilflächen der Bundesstraûen zwar erst mit Schreiben vom 25. November 1998 und 2. Juni 1999 gefordert, nachdem sie und ihre Rechtsvorgänger die Einleitung des Abwassers in ihr Kanalsystem insoweit seit Jahrzehnten unentgeltlich geduldet hatten. Ob dieser Zeitablauf für eine Verwirkung aller - auch erst in späteren Jahren entstandener - Zahlungsansprüche ausreichen kann, mag zweifelhaft sein, kann aber dahinstehen. Hinzu müûten jedenfalls besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände treten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigten, der Berechtigte
werde seine Ansprüche nicht mehr geltend machen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 18. Januar 2001 - VII ZR 416/99 - NJW 2001, 1649 m.w.N.). Daran fehlt es im Streitfall schon deswegen, weil über eine grundsätzliche Verpflichtung der Beklagten zur Kostenbeteiligung an der von ihr mitgenutzten gemeindlichen Abwasserkanalisation kein vernünftiger Zweifel bestehen konnte. Nach Nr. 14 Abs. 2 der Ortsdurchfahrtenrichtlinien des Bundesministers für Verkehr vom 2. Januar 1976 (VkBl 1976 S. 219) in der Fassung vom 2. April 1996 (VkBl 1996 S. 207; abgedruckt bei Marschall/Schroeter/Kastner, FStrG, 5. Aufl., Anhang B 1 und B 1 a), kann sich der Bund an den Baukosten durch Zahlung eines einmaligen Betrags beteiligen. Das haben die Parteien hier weitgehend auch vollzogen; lediglich die streitigen Teilflächen sind dabei übergangen worden. Die Beklagte hatte folglich keinen begründeten Anlaû, damit zu rechnen, die Klägerin werde ihr gesetzlich zustehende Ansprüche - welchen Inhalts auch immer - insoweit überhaupt nicht mehr geltend machen.
4. Die Revisionserwiderung stellt noch zur Überprüfung durch den Senat, ob die Beklagte für Ansprüche der Klägerin auf nichtvertraglicher Grundlage passivlegitimiert sei. Die Revisionserwiderung meint, da gemäû Art. 90 Abs. 2 GG die Verwaltungstätigkeit und insbesondere die straûenbaulichen Maûnahmen bei Bundesstraûen in den Händen der Landesbehörden lägen, könne die Klägerin mit der Oberflächenentwässerung auch nur ein Geschäft für diese geführt haben. Richtiger Beklagter sei damit, unabhängig von einem etwaigen internen Rückgriffsrecht, das Land Rheinland-Pfalz.
Dem folgt der Senat nicht. Der Bund ist nach § 5 Abs. 1 FStrG Träger der Straûenbaulast für die Bundesfernstraûen und damit auch zu deren Entwässerung verpflichtet. Die Länder oder die nach Landesrecht zuständigen
Selbstverwaltungsorgane verwalten zwar die Bundesfernstraûen im Auftrage des Bundes (Art. 90 Abs. 2 GG). Den Bund trifft dabei aber gemäû § 104 a Abs. 2 GG stets die finanzielle Verantwortung (sogenannte finanzielle Baulast; vgl. Senatsbeschluû vom 19. September 1979 - III ZR 121/78 - VersR 1980, 48; BVerwGE 52, 226, 229). Die Länder gehen darum bei ihrer Straûenverwaltung Zahlungspflichten zu Lasten der Bundesrepublik Deutschland ein, wie es auch die vorgelegten Verträge mit der Klägerin oder der Ortsgemeinde Bad E. belegen. Ferner soll der Bund Gebührenschuldner bei der Einleitung von Abwasser in die kommunale Kanalisation sein (BVerwG DVBl 1997, 1065 = NVwZ 1998, 130; OVG Nordrhein-Westfalen ZfW 1998, 330; Nolte, NVwZ 2001, 1378, 1380). Für das anstelle einer solchen Gebühr erhobene privatrechtliche Entgelt müûte dasselbe gelten, worauf der Senat beiläufig bereits in seinem Beschluû vom 30. Juli 1998 - III ZB 34/97 - unter Ziffer 3 hingewiesen hat (insoweit in BGHR GVG § 13 Abwasserbeseitigung 1 nicht abgedruckt). Auch die Revision zieht dies nicht in Zweifel. Darüber hinaus hat der Senat aber auch Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag gegen die Bundesrepublik Deutschland als Träger der Straûenbaulast im Zusammenhang mit dem Bau von Bundesfernstraûen für denkbar gehalten (Urteil vom 15. Dezember 1977 - III ZR 159/75 - NJW 1978, 1258 = DÖV 1978, 688 m. Anm. Püttner). Nicht anders als diese Fallgestaltungen ist die hier in Rede stehende auftragslose Geschäftsführung der Gemeinde durch tatsächliche Übernahme der Straûenentwässerung für den Bund zu behandeln. Die den Ländern dabei durch Art. 90 Abs. 2 GG zugewiesenen Verwaltungsbefugnisse sind dadurch gewahrt, daû sie die Bundesrepublik Deutschland auch insoweit vertreten.

IV.


Hiernach kann das angefochtene Urteil nicht bestehenbleiben. Der Rechtsstreit ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es zur Hilfsbegründung der Klage die fehlenden Feststellungen nachholen kann.
Rinne Richter am Bundesgerichtshof Streck Schlick ist im Urlaub und kann daher nicht unterschreiben. Rinne Kapsa Galke

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 287/01
Verkündet am:
18. Juli 2002
F i t t e r e r
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
FStrG §§ 3, 5; RhPfKAG § 8
Nimmt der Bund für die ihm obliegende Entwässerung von Bundesstraßen die
gemeindliche Abwasserkanalisation in Anspruch, so kann die Gemeinde hierfür
in Rheinland-Pfalz kein (privatrechtliches) Entgelt auf der Grundlage ihrer Entwässerungssatzung
verlangen. Ihr kann jedoch gegen die Bundesrepublik
Deutschland ein gesetzlicher Zahlungsanspruch aus öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung
ohne Auftrag oder in Gestalt eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs
zustehen.
Eine Änderung der Klage liegt nicht vor, wenn der Kläger, der eine vertragliche
Vergütung fordert, sich nachträglich hilfsweise auf gesetzliche Anspruchs-
grundlagen (Geschäftsführung ohne Auftrag, ungerechtfertigte Bereicherung)
beruft. Das gilt auch dann, wenn gesetzliche Ausgleichsansprüche sich nach
öffentlichem Recht beurteilen.
BGH, Urteil vom 18. Juli 2002 - III ZR 287/01 -OLG Koblenz
LG Koblenz
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. Juli 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter
Streck, Schlick, Dr. Kapsa und Galke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 16. November 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Die klagende rheinland-pfälzische Verbandsgemeinde beseitigt durch einen Eigenbetrieb das im Gemeindegebiet anfallende Abwasser. Sie schließt hierzu auf der Grundlage ihrer Entwässerungssatzung und der ergänzenden "Allgemeinen Entsorgungsbedingungen für Abwasser" mit den Eigentümern der angeschlossenen Grundstücke privatrechtliche Verträge und verlangt von ihnen für die Benutzung der öffentlichen Abwasseranlage laufende Entgelte ("Abwassergebühren").

Die beklagte Bundesrepublik Deutschland ist Träger der Straßenbaulast für die das Gebiet der Klägerin durchquerenden Ortsdurchfahrten im Zuge der Bundesstraßen 260 und 261. Diese Straßenteile entwässern überwiegend in das Kanalsystem der Klägerin. Für den Großteil der Streckenabschnitte haben die Parteien gesonderte Verträge mit unterschiedlicher Kostenbeteiligung des Bundes geschlossen. Das auf den restlichen Teilflächen von insgesamt 5.425 m² auftreffende Niederschlagswasser leitet die Beklagte ohne eine Vereinbarung und ohne Gegenleistung seit Jahrzehnten in die gemeindliche Abwasserkanalisation ein.
Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin die Beklagte insoweit als Eigentümer der Bundesstraßen und Straßenbaulastträger auf Zahlung eines Entgelts für die Jahre 1996 bis 1998 von 21.700 DM in Anspruch genommen. Sie hat die Auffassung vertreten, nach ihren Allgemeinen Entsorgungsbedingungen sei mit der Beklagten wie mit jedem anderen Eigentümer angeschlossener Grundstücke ein Vertrag zustande gekommen, der diese zur Zahlung laufender Entgelte für die Abwasserbeseitigung nach dem Maßstab der entwässerten Flächen verpflichte. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. In zweiter Instanz hat sich die Klägerin hilfsweise auf Geschäftsführung ohne Auftrag oder ungerechtfertigte Bereicherung berufen und die Klageforderung aufgrund entsprechender Neuberechnung auf 22.784,31 DM erhöht. Das Berufungsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Zahlungsansprüche weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


1. Nach der Ansicht des Berufungsgerichts ist gesetzliche Grundlage für jedes Verlangen der Klägerin nach Zahlung eines Entgelts für die Abwasserentsorgung - sei es als öffentlich-rechtliche Gebühr, sei es als privatrechtliches Entgelt - allein das Kommunalabgabengesetz von Rheinland-Pfalz (RhPfKAG in der Fassung vom 20. Juni 1995, GVBl. S. 175). Durch Satzung und Allgemeine Entsorgungsbedingungen könnten die kommunalen Gebietskörperschaften keine über das Kommunalabgabengesetz hinausgehenden Zahlungspflichten begründen. Auf der Grundlage des Kommunalabgabengesetzes lasse sich aber für Rheinland-Pfalz eine Beitragspflicht des Bundes für die Inanspruchnahme der Abwasserbeseitigung nicht rechtfertigen. Gemäû § 8 Abs. 4 Satz 1 RhPfKAG 1996 blieben Kosten für solche Leistungen, die nicht den Gebührenund Beitragsschuldnern zugute kämen, bei der Ermittlung der entgeltsfähigen Kosten auûer Ansatz. Hierzu gehörten nach der Gesetzesbegründung auch die Aufwendungen für die Straûenentwässerung. Diese Kosten könnten damit weder zum Gegenstand einer Gebührenerhebung noch eines privatrechtlichen Entgelts gemacht werden.
2. Weitere privatrechtliche Anspruchsgrundlagen (Geschäftsführung ohne Auftrag, Bereicherungsrecht) kämen nicht in Betracht. Die Abwasserentsorgung sei sowohl für die Beklagte als Straûenbaulastträger als auch für die Klägerin gemäû § 52 des Landeswassergesetzes von Rheinland-Pfalz eine sich aus dem öffentlichen Recht ergebende und durch dieses bestimmte Aufgabe. Rechte und Pflichten seien daher grundsätzlich öffentlich-rechtlich. Danach richte sich auch der Charakter möglicher gesetzlicher Schuldverhältnisse. Die Klägerin sei nicht befugt, deren Rechtscharakter einseitig durch Satzung zu ändern.
3. Zugunsten der Klägerin komme allerdings ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch wegen Geschäftsführung ohne Auftrag in Betracht. Soweit die Klägerin indes ihr Begehren hilfsweise hierauf stütze, handele es sich um eine Klageänderung gemäû § 263 ZPO, da die Voraussetzungen für einen Anspruch aus öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag einen grundlegend anderen Tatsachenvortrag erforderten als für einen Anspruch aus einem privatrechtlichen Entsorgungsvertrag. Diese Klageänderung sei nicht sachdienlich. Zum einen sei sie erstmals im Berufungsverfahren geltend gemacht worden und zum anderen seien die ordentlichen Gerichte für eine Entscheidung hierüber nicht zuständig, so daû entgegen dem Wortlaut des § 17 a Abs. 5 GVG gemäû § 17 a Abs. 2 GVG einen Verweisung an das zuständige Verwaltungsgericht erfolgen müûte.

II.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.

1. Der Senat versteht das Berufungsgericht so, daû es mit Blick auf § 8 Abs. 4 Satz 1 RhPfKAG nicht erst die Wirksamkeit, sondern bereits das Zustandekommen eines Vertrags über den Anschluû der streitigen Straûengrundstücke an die Abwasserbeseitigungsanlage der Klägerin und die Ableitung des dort anfallenden Niederschlagswassers verneint. Das trifft zu. Die Klägerin kann deswegen kein vertragliches Entgelt nach ihrer Entwässerungssatzung und den Allgemeinen Entsorgungsbedingungen für die Benutzung ihres Kanalnetzes durch die Beklagte verlangen.

a) Der Umstand allein, daû die Beklagte faktisch die Kanalisation der Klägerin für die hier nach § 5 Abs. 1 FStrG dem Bund auch hinsichtlich der Ortsdurchfahrten obliegende Straûenentwässerung in Anspruch nimmt, vermag einen Vertragsschluû nicht zu begründen. Nach § 12 Abs. 2 Buchst. b der bis zum Jahre 1996 geltenden Entwässerungssatzung der Klägerin vom 10. Dezember 1991 sollte zwar dafür selbst eine nur tatsächliche Inanspruchnahme ihrer Abwasserbeseitigungseinrichtung genügen. Die Regeln des bürgerlichen Rechts über den Abschluû von Verträgen (§§ 145 ff. BGB), die beiderseitige Willenserklärungen der Parteien voraussetzen, stehen jedoch nicht zur Disposition der Gemeinde. Allerdings hat auch der Bundesgerichtshof in einigen älteren Entscheidungen angenommen, daû Vertragsverhältnisse, etwa im Bereich sozialer Daseinsfürsorge, nicht bloû durch rechtsgeschäftlichen Vertragsschluû , sondern nach den Grundsätzen von Treu und Glauben auch durch rein tatsächliches Verhalten entstehen können (sogenannte faktische Vertragsverhältnisse ; BGHZ 21, 319, 334 ff. [Parkplatz]; 23, 175, 177 f. [Versorgungsunternehmen ]; 23, 249, 261 [Hoferbfolge]; vgl. hierzu MünchKomm/Kramer, BGB, 4. Aufl., Einleitung Rn. 62 ff. vor § 241; Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., Ein-
führung Rn. 25 vor § 145). Der Bundesgerichtshof löst diese Fälle aber nunmehr mit rechtsgeschäftlichen Kategorien (vgl. BGHZ 95, 393, 399).

b) Ein Vertragsschluû während des streitigen Zeitraums von 1996 bis 1998 durch beiderseits schlüssiges Verhalten (s. hierzu Senatsurteil vom 28. Februar 1991 - III ZR 49/90 - LM Nr. 2 zu § 17 a GVG = WM 1991, 1394, 1397) scheitert jedenfalls an der Bestimmung des § 8 Abs. 4 RhPfKAG und zuvor an der entsprechenden Vorschrift des § 10 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a RhPfKAG vom 5. Mai 1986 (GVBl. S. 103).
Nach § 8 Abs. 4 Satz 1 RhPfKAG vom 20. Juni 1995 bleiben bei der Ermittlung der entgeltsfähigen Kosten für Benutzungsgebühren die (nicht nur unerheblichen ) Kosten für solche Leistungen auûer Ansatz, die nicht den Gebührenschuldnern zugute kommen. Im Bereich der Abwasserbeseitigung gehören hierzu auch diejenigen Kostenanteile, die auf öffentliche Verkehrsanlagen entfallen und von deren Trägern zu übernehmen sind. Das war in § 10 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a des vorausgegangenen Kommunalabgabengesetzes vom 5. Mai 1986 noch ausdrücklich bestimmt und sollte durch die Neufassung inhaltlich nicht geändert werden (Begründung des Regierungsentwurfs, LTDrucks. 12/5443 S. 26; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 8. Februar 2001 - 12 A 11746/00 - dokumentiert bei Juris). Diese einrichtungsfremden Kosten können in Rheinland-Pfalz darum nicht Gegenstand einer Abwassergebühr der Gemeinde sein (OVG Rheinland-Pfalz aaO; ebenso Driehaus/Lichtenfeld, Kommunalabgabenrecht, § 6 Rn. 746 a für Niedersachsen und SachsenAnhalt ; anders: Jeromin in Jeromin/Prinz, Kommentar zum Landeswassergesetz Rheinland-Pfalz und zum Wasserhaushaltsgesetz, § 53 LWG Rn. 7; für das nordrhein-westfälische Landesrecht: OVG Nordrhein-Westfalen ZfW 1998,
330, 331 ff. mit Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde durch das Bundesverwaltungsgericht DVBl 1997, 1065 = NVwZ-RR 1998, 130; Driehaus /Schulte/ Wiesemann, aaO, § 6 Rn. 352 d; Nolte, NVwZ 2001, 1378, 1380). Entsprechendes gilt für die von den Gemeinden gemäû § 7 Abs. 9 RhPfKAG anstelle von Benutzungsgebühren erhobenen privatrechtlichen Entgelte. Hieraus ergibt sich zugleich, daû auch auf der "Benutzerseite" keine Straûenbaulastträger (als Eigentümer angeschlossener Straûengrundstücke) stehen können (Driehaus / Lichtenfeld aaO). Weder die Beklagte noch die Klägerin konnten daher objektiv ein Interesse an einer solchen rechtlich unzulässigen Gestaltung haben. Inwieweit der Beklagten angesichts des jahrzehntelang zurückliegenden Kanalanschlusses und der seitdem ständig und widerspruchslos unentgeltlich geduldeten Einleitung des Abwassers insofern überhaupt eine entsprechende Willenserklärung und ein Erklärungsbewuûtsein unterstellt werden darf oder dieses ausnahmsweise verzichtbar wäre (vgl. dazu BGHZ 109, 171, 177), kann offenbleiben.
2. Über gesetzliche Ausgleichsansprüche der Klägerin (insbesondere aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder ungerechtfertigter Bereicherung) hat das Berufungsgericht in der Sache nur entschieden, soweit sie von der Klägerin aus Privatrecht hergeleitet wurden. Im übrigen - hinsichtlich einer Klagebegründung mit Ansprüchen wegen öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag oder einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch - hat es einen anderen Streitgegenstand und eine unzulässige Klageänderung gemäû § 263 ZPO angenommen. Das verkennt den Begriff des Streitgegenstands und verletzt zugleich die in § 17 Abs. 2 GVG normierte Pflicht des Gerichts, den
Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden.

a) Nach der heute herrschenden und auch vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertretenen prozeûrechtlichen Auffassung ist Gegenstand des Rechtsstreits ein prozessualer Anspruch; er wird bestimmt durch das allgemeine Rechtsziel und die erstrebte konkrete Rechtsfolge, wie sie sich aus dem Klageantrag ergeben, sowie aus dem Lebenssachverhalt (Klagegrund ), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (Senatsurteil vom 7. März 2002 - III ZR 73/01 - NJW 2002, 1503 m.w.N.). Auf die materiellrechtliche Begründung der Klage kommt es dabei regelmäûig nicht an. Der einheitliche Lebenssachverhalt wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, daû unterschiedliche konkurrierende Ansprüche zu ihrer Schlüssigkeit zwangsläufig einen mehr oder weniger abweichenden Tatsachenvortrag erfordern. Mit Rücksicht hierauf ist es anerkannt, daû bei einer auf Vertragserfüllung gestützten Klage das Gericht, falls es einen (wirksamen) Vertragsschluû verneint, auch gesetzliche Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder ungerechtfertigter Bereicherung zu prüfen hat, soweit sie an die vermeintlich vertraglich erbrachten Leistungen anknüpfen und dasselbe Klageziel rechtfertigen. Selbst dann, wenn das Gericht dies übersieht, erfaût nach § 322 Abs. 1 ZPO die Rechtskraft seines klageabweisenden Urteils den gesamten prozessualen Anspruch , daher auch derartige nicht behandelte Anspruchsgrundlagen (vgl. BGH, Urteil vom 14. Mai 2002 - X ZR 144/00 - Umdruck S. 7, zur Veröffentlichung bestimmt). So hat es das Berufungsgericht hinsichtlich weiterer privatrechtlicher Anspruchsgrundlagen zutreffend selbst gesehen, diese darum im einzelnen abgehandelt und beschieden.

b) Entgegen der Auffassung der Vorinstanz liegt es aber im Streitfall auch nicht insoweit anders, als es um öffentlich-rechtliche Rechtsgrundlagen für die Klageforderung geht. Der von der Klägerin zur Entscheidung gestellte Lebenssachverhalt wird durch die tatsächliche Nutzung ihres Kanalnetzes seitens der Beklagten als Eigentümer und Straûenbaulastträger der Bundesstraûen gekennzeichnet. Inwieweit dieses Rechtsverhältnis dem öffentlichen Recht angehört oder zivilrechtlich geprägt ist, entscheidet sich aufgrund einer rechtlichen Würdigung. Die hierbei vorzunehmende rechtliche Zuordnung ändert indessen nichts an der Einheitlichkeit dieses Sachverhalts als der tatsächlichen Begründung der Klage.
Über den gesamten prozessualen Anspruch haben deshalb die zuständigen Zivilgerichte gemäû § 17 Abs. 2 GVG umfassend und abschlieûend zu urteilen.

III.

Der Rechtsstreit ist nicht entscheidungsreif. Weder läût sich das Berufungsurteil aus anderen Gründen aufrechterhalten noch kann der Senat zugunsten der Klägerin in der Sache selbst entscheiden.
1. Gesetzliche Ersatz- oder Erstattungsansprüche der Klägerin bestimmen sich, wie das Berufungsgericht zutreffend annimmt, nach öffentlichem Recht. Die Abwasserbeseitigung ist eine öffentliche Aufgabe, ohne Rücksicht darauf, ob sie vom Straûenbaulastträger oder der Gemeinde wahrgenommen wird; sie erfolgt daher grundsätzlich auch in den Formen des öffentlichen Rechts. Daû die Klägerin ihr Verhältnis zu den Anschluûnehmern in ihrer Entwässerungs-
satzung hier zulässigerweise privatrechtlich gestaltet hat, ist im Verhältnis zur Beklagten ohne Belang. Der Bund unterfällt mit seinen an die Abwasseranlage der Klägerin angeschlossenen Straûenflächen, wie ausgeführt, gerade nicht der Satzungsgewalt der Klägerin.
2. Als Klagegrundlage scheidet § 12 Abs. 10 RhPfLStrG aus. Die Vorschrift sieht zwar eine Beteiligung des Straûenbaulastträgers auch an den laufenden Kosten der Kanalisation entsprechend den Mengen des Oberflächenwassers von der Fahrbahn vor, sofern die Fahrbahnentwässerung nicht in eine straûeneigene Kanalisation erfolgt. Diese landesrechtliche Regelung gilt aber nicht für die Bundesfernstraûen (§ 1 Abs. 6 RhPfLStrG). Das Klagebegehren könnten hier somit nur Ansprüche auf Aufwendungsersatz aus öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag oder auf Ausgleich der der Beklagten durch die tatsächliche Übernahme der Abwasserbeseitigung seitens der Klägerin zugeflossenen Bereicherung (öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch) rechtfertigen. Zu den Voraussetzungen solcher Ansprüche hat das Berufungsgericht insgesamt nichts festgestellt. Der Senat sieht im gegenwärtigen Verfahrensstadium deswegen keinen Anlaû, hierauf näher einzugehen.
3. Bundesrecht oder das maûgebende rheinland-pfälzische Landesrecht schlieûen derartige Forderungen nicht aus.

a) Die Regelungen des Bundesfernstraûengesetzes in § 1 Abs. 4 Nr. 1 und in den §§ 3 und 4 stehen einer Belastung des Bundes mit Abwassergebühren für die Inanspruchnahme kommunaler Abwassereinrichtungen bei der Oberflächenentwässerung von Bundesstraûen nicht entgegen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in dem bereits erwähnten Beschluû vom 6. März
1997 (DVBl 1997, 1065 = NVwZ-RR 1998, 130) dargelegt. Der erkennende Senat schlieût sich dem an. Diese Grundsätze lassen sich auf die hier in Rede stehenden Ausgleichszahlungen auf sonstiger gesetzlicher Grundlage übertragen.

b) § 8 Abs. 4 i.V.m. § 1 Abs. 2 Satz 2 RhPfKAG entfaltet entgegen der Revisionserwiderung keine Sperrwirkung derart, daû wegen der Unzulässigkeit einer Gebührenerhebung gegenüber dem Bund als Straûenbaulastträger auch alle auf anderer Rechtsgrundlage beruhenden Aufwendungs- und Auslagenersatzansprüche der Gemeinde unbegründet wären. Nach § 1 Abs. 2 Satz 2 findet zwar das Kommunalabgabengesetz auf Aufwendungs- und Auslagenersatz entsprechende Anwendung. Diese Regelung betrifft aber nur im Zusammenhang mit Gebührentatbeständen stehende Kosten. Auûerhalb dieser Bestimmungen gelten die allgemeinen Regeln.

c) Entgegen der von der Revisionserwiderung weiterhin vertretenen Ansicht sind Kostenerstattungsansprüche der Klägerin für den hier allein streitigen Zeitraum von 1996 bis 1998 nicht verwirkt (§ 242 BGB). Die Klägerin hat Zahlung laufender Entgelte hinsichtlich der nicht durch besondere Vereinbarungen erfaûten Teilflächen der Bundesstraûen zwar erst mit Schreiben vom 25. November 1998 und 2. Juni 1999 gefordert, nachdem sie und ihre Rechtsvorgänger die Einleitung des Abwassers in ihr Kanalsystem insoweit seit Jahrzehnten unentgeltlich geduldet hatten. Ob dieser Zeitablauf für eine Verwirkung aller - auch erst in späteren Jahren entstandener - Zahlungsansprüche ausreichen kann, mag zweifelhaft sein, kann aber dahinstehen. Hinzu müûten jedenfalls besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände treten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigten, der Berechtigte
werde seine Ansprüche nicht mehr geltend machen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 18. Januar 2001 - VII ZR 416/99 - NJW 2001, 1649 m.w.N.). Daran fehlt es im Streitfall schon deswegen, weil über eine grundsätzliche Verpflichtung der Beklagten zur Kostenbeteiligung an der von ihr mitgenutzten gemeindlichen Abwasserkanalisation kein vernünftiger Zweifel bestehen konnte. Nach Nr. 14 Abs. 2 der Ortsdurchfahrtenrichtlinien des Bundesministers für Verkehr vom 2. Januar 1976 (VkBl 1976 S. 219) in der Fassung vom 2. April 1996 (VkBl 1996 S. 207; abgedruckt bei Marschall/Schroeter/Kastner, FStrG, 5. Aufl., Anhang B 1 und B 1 a), kann sich der Bund an den Baukosten durch Zahlung eines einmaligen Betrags beteiligen. Das haben die Parteien hier weitgehend auch vollzogen; lediglich die streitigen Teilflächen sind dabei übergangen worden. Die Beklagte hatte folglich keinen begründeten Anlaû, damit zu rechnen, die Klägerin werde ihr gesetzlich zustehende Ansprüche - welchen Inhalts auch immer - insoweit überhaupt nicht mehr geltend machen.
4. Die Revisionserwiderung stellt noch zur Überprüfung durch den Senat, ob die Beklagte für Ansprüche der Klägerin auf nichtvertraglicher Grundlage passivlegitimiert sei. Die Revisionserwiderung meint, da gemäû Art. 90 Abs. 2 GG die Verwaltungstätigkeit und insbesondere die straûenbaulichen Maûnahmen bei Bundesstraûen in den Händen der Landesbehörden lägen, könne die Klägerin mit der Oberflächenentwässerung auch nur ein Geschäft für diese geführt haben. Richtiger Beklagter sei damit, unabhängig von einem etwaigen internen Rückgriffsrecht, das Land Rheinland-Pfalz.
Dem folgt der Senat nicht. Der Bund ist nach § 5 Abs. 1 FStrG Träger der Straûenbaulast für die Bundesfernstraûen und damit auch zu deren Entwässerung verpflichtet. Die Länder oder die nach Landesrecht zuständigen
Selbstverwaltungsorgane verwalten zwar die Bundesfernstraûen im Auftrage des Bundes (Art. 90 Abs. 2 GG). Den Bund trifft dabei aber gemäû § 104 a Abs. 2 GG stets die finanzielle Verantwortung (sogenannte finanzielle Baulast; vgl. Senatsbeschluû vom 19. September 1979 - III ZR 121/78 - VersR 1980, 48; BVerwGE 52, 226, 229). Die Länder gehen darum bei ihrer Straûenverwaltung Zahlungspflichten zu Lasten der Bundesrepublik Deutschland ein, wie es auch die vorgelegten Verträge mit der Klägerin oder der Ortsgemeinde Bad E. belegen. Ferner soll der Bund Gebührenschuldner bei der Einleitung von Abwasser in die kommunale Kanalisation sein (BVerwG DVBl 1997, 1065 = NVwZ 1998, 130; OVG Nordrhein-Westfalen ZfW 1998, 330; Nolte, NVwZ 2001, 1378, 1380). Für das anstelle einer solchen Gebühr erhobene privatrechtliche Entgelt müûte dasselbe gelten, worauf der Senat beiläufig bereits in seinem Beschluû vom 30. Juli 1998 - III ZB 34/97 - unter Ziffer 3 hingewiesen hat (insoweit in BGHR GVG § 13 Abwasserbeseitigung 1 nicht abgedruckt). Auch die Revision zieht dies nicht in Zweifel. Darüber hinaus hat der Senat aber auch Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag gegen die Bundesrepublik Deutschland als Träger der Straûenbaulast im Zusammenhang mit dem Bau von Bundesfernstraûen für denkbar gehalten (Urteil vom 15. Dezember 1977 - III ZR 159/75 - NJW 1978, 1258 = DÖV 1978, 688 m. Anm. Püttner). Nicht anders als diese Fallgestaltungen ist die hier in Rede stehende auftragslose Geschäftsführung der Gemeinde durch tatsächliche Übernahme der Straûenentwässerung für den Bund zu behandeln. Die den Ländern dabei durch Art. 90 Abs. 2 GG zugewiesenen Verwaltungsbefugnisse sind dadurch gewahrt, daû sie die Bundesrepublik Deutschland auch insoweit vertreten.

IV.


Hiernach kann das angefochtene Urteil nicht bestehenbleiben. Der Rechtsstreit ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es zur Hilfsbegründung der Klage die fehlenden Feststellungen nachholen kann.
Rinne Richter am Bundesgerichtshof Streck Schlick ist im Urlaub und kann daher nicht unterschreiben. Rinne Kapsa Galke

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 155/98 Verkündet am:
14. Februar 2000
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Für den rechtsvernichtenden Einwand des nachträglichen Erlöschens des
Freistellungsanspruchs gemäß § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB trägt der Befreiungsschuldner
die Darlegungs- und Beweislast.

b) Auf tatsächliches Vorbringen des Befreiungsgläubigers zum Wegfall des
Anspruchs darf eine Klageabweisung nur dann gestützt werden, wenn der
darlegungspflichtige Schuldner es sich zumindest hilfsweise zu eigen gemacht
hat.
BGH, Urteil vom 14. Februar 2000 - II ZR 155/98 - OLG Düsseldorf
LG Krefeld
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 14. Februar 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht, die
Richter Prof. Dr. Henze, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und die Richterin Münke

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 14. November 1997 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung gegen die Abweisung der Widerklage zurückgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an den 6. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger hat den Beklagten auf Erstattung verauslagter LeasingRaten in Anspruch genommen. Die Parteien waren unter anderem mit zwei weiteren Gesellschaftern in der im Februar 1991 gegründeten "C. -GbR" verbunden, die die Gaststätte "P. " in Q. betrieb. Am Gewinn und Verlust dieser Gesellschaft war der Kläger zu 20 %, der Beklagte zu 30 % beteiligt. Im März 1991 gewährte die
E. AG der Gesellschaft im Rahmen eines Getränkelieferungsvertrages ein Darlehen über 100.000,-- DM. Im Einvernehmen aller Gesellschafter schied der Beklagte mit Wirkung zum 1. August 1991 wieder aus der "C. - GbR" aus. Ob und gegebenenfalls wann diese Gesellschaft in der Folgezeit ihren Geschäftsbetrieb eingestellt hat oder sogar aufgelöst worden ist, ist zwischen den Parteien streitig. Am 15. August 1992 fanden sich die Parteien wiederum in einer Gesellschaft zusammen, die unter der Bezeichnung "T. - GbR" in denselben Geschäftsräumen, die früher die "C. -GbR" bewirtschaftet hatte, ein Speise- und Getränkelokal betrieb; die Bewirtschaftung des Lokals wurde zum 31. Dezember 1992 eingestellt. Die E. AG, die das der "C. -GbR" gewährte Darlehen bereits im Frühjahr 1992 aufgrund erheblicher Tilgungsrückstände zum 31. August 1992 fällig gestellt hatte, erwirkte gegen die Parteien dieses Rechtsstreits ein Anerkenntnisurteil des Landgerichts H. vom 30. März 1994 über 94.811,16 DM nebst Zinsen sowie einen Kostenfestsetzungsbeschluß über erstattungsfähige außergerichtliche Kosten von 6.861,80 DM; sie betreibt wegen dieser Ansprüche gegen den Beklagten die Zwangsversteigerung in dessen Miteigentumsanteil an einem Hausgrundstück in Q. . Aus jenem Rechtsstreit schuldet der Beklagte außerdem der Landeskasse 441,-- DM Gerichtskosten und seinem damaligen Prozeßbevollmächtigten Anwaltsgebühren in Höhe von 3.192,40 DM. Mit der Widerklage begehrt der Beklagte vom Kläger Freistellung von den genannten Verbindlichkeiten im Wege der unmittelbaren Zahlung an die betreffenden Gläubiger, hilfsweise Freistellung in sonstiger Weise; ferner verlangt er die Feststellung der Verpflichtung des Klägers zum Ersatz aller weiteren aus der Nichterfüllung der Freistellungsverbindlichkeit entstandenen und künftig entstehenden Schäden.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten haben die Parteien im Hinblick auf zwischenzeitliche Zahlungen des Klägers an die E. AG in Höhe von 24.000,-- DM den Rechtsstreit teilweise in der Hauptsache für erledigt erklärt; im übrigen hat das Oberlandesgericht die Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Beklagte nur noch sein Widerklagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Beklagten ist begründet und führt hinsichtlich der Widerklage zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht ist der Ansicht, ein durch den Austritt des Beklagten aus der ?C. -GbR" etwa entstandener Befreiungsanspruch gemäß § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB hinsichtlich der aus dem Darlehen der E. AG resultierenden Verbindlichkeiten sei im Innenverhältnis zwischen den Parteien dadurch erloschen, daß diese sich im August 1992 zu der "T. -GbR" zusammengeschlossen hätten. Nach dem Vorbringen des Beklagten habe der Kläger die frühere "C. -GbR" nach Ausscheiden auch der beiden anderen Mitgesellschafter als Einzelunternehmen weitergeführt, in das der Beklagte als persönlich haftender Gesellschafter eingetreten sei mit der Rechtsfolge seiner Haftung nach § 28 HGB für Altverbindlichkeiten; dem stehe die Umbenennung des Lokals nicht entgegen. Auch im Innenverhältnis zum Kläger sei der Beklagte zum hälftigen Gesamtschuldnerausgleich verpflichtet,
zumal er die Vorteile der Bierlieferung und Darlehensgewährung seitens der E. AG wieder in Anspruch genommen und dadurch den Darlehensvertrag zur eigenen Sache im Sinne einer Tilgungsgemeinschaft mit dem Kläger gemacht habe. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

II.

1. Der Beklagte hatte - wovon auch das Berufungsgericht zutreffend ausgeht - nach seinem unstreitig einvernehmlichen Ausscheiden aus der "C. - GbR" zum 1. August 1991 gegen den Kläger und die anderen verbliebenen Gesellschafter grundsätzlich einen Anspruch auf Befreiung von der gemeinschaftlichen Darlehensverbindlichkeit gegenüber der E. AG (§ 738 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. §§ 105 Abs. 2, 138 HGB). 2. Die weiteren Erwägungen des Berufungsgerichts zu einem späteren Erlöschen dieses Freistellungsanspruchs des Beklagten infolge des gemeinsamen Betriebes der "T. -GbR" entbehren hingegen einer verfahrensrechtlich einwandfrei festgestellten Tatsachengrundlage (§ 286 ZPO). Für den rechtsvernichtenden Einwand des nachträglichen Erlöschens des Freistellungsanspruchs des Beklagten trifft den Kläger die Darlegungsund Beweislast. Das hat das Berufungsgericht offenbar bereits im Ansatz übersehen , da es seine Hypothese vom angeblichen Eintritt des Beklagten in ein aus der Weiterführung der Geschäfte der "C. -GbR" entstandenes Einzelunternehmen des Klägers lediglich auf den keineswegs unstreitigen - zudem nur beiläufigen - erstinstanzlichen Vortrag des Beklagten stützt, die früheren Mitgesellschafter El. und P. s eien nach Meinung von El. aus der "C. - GbR" ausgeschieden. Dieses Beklagtenvorbringen hätte das Berufungsgericht
seiner Entscheidung allenfalls dann zugrunde legen dürfen, wenn der Kläger es sich zumindest hilfsweise zu eigen gemacht hätte (vgl. BGH, Urt. v. 23. Juni 1989 - V ZR 125/88, BGHR ZPO § 138 Abs. 2 - Gleichwertiges Parteivorbringen 1 m.w.N.). Das ist indessen nicht der Fall, weil der Kläger zweitinstanzlich ausdrücklich vorgetragen hat, der Beklagte sei zum 15. August 1992 wieder in die "C. -GbR" eingetreten, die zu keinem Zeitpunkt zuvor aufgelöst worden sei. Fehlt es aber bereits an einem als feststehend zu behandelnden Eintritt des Beklagten in ein bestehendes Einzelunternehmen des Klägers, so ist zugleich der darauf aufbauenden Schlußfolgerung des Berufungsgerichts über eine erneute Tilgungsgemeinschaft der Parteien im Innenverhältnis zueinander hinsichtlich der Altverbindlichkeiten der ?C. -GbR? der Boden entzogen. Darüber hinaus hat das Oberlandesgericht nicht bedacht, daß der Beklagte in beiden Tatsacheninstanzen - im ersten Rechtszug sogar in Übereinstimmung mit dem Kläger - behauptet hat, die Parteien hätten im August 1992 eine weitere, von der ?C. -GbR? zu unterscheidende ?T. -GbR? gegründet. Dieser Vortrag über die Neugründung einer zweiten Gesellschaft schloß es ebenfalls aus, einen Wegfall des Befreiungsanspruchs des Beklagten mit dessen Eintritt in ein bestehendes Einzelunternehmen des Klägers zu begründen.

III.

1. Das Berufungsurteil läßt sich nicht mit der Erwägung aufrechterhalten (§ 563 ZPO), der vom darlegungspflichtigen Kläger behauptete Wiedereintritt des Beklagten in die etwa fortbestehende C. -Gesellschaft - sei sie OHG oder Gesellschaft bürgerlichen Rechts - könne ein Erlöschen seines ursprünglichen Befreiungsanspruchs gegenüber dem Kläger ebenfalls zur Folge haben. Denn diesem - nicht einmal näher konkretisierten - Klägervortrag steht wiederum das
Vorbringen des Beklagten über die Neugründung einer weiteren Gesellschaft zwischen den Parteien entgegen. 2. Auch eine teilweise Aufrechterhaltung des angefochtenen Urteils hinsichtlich des Hauptantrags zur Widerklage auf unmittelbare Zahlung an die Drittgläubiger kommt nicht in Betracht. Zwar steht es dem Befreiungsschuldner grundsätzlich frei, auf welche Weise er die Befreiung bewirkt (BGHZ 91, 73, 77). Hier kann jedoch der Beklagte - das Bestehen seines Befreiungsanspruchs unterstellt - die unmittelbare Befriedigung der E. AG und der weiteren Gläubiger aus der gerichtlichen Auseinandersetzung über das Brauereidarlehen verlangen, weil schon der Beklagte vorprozessual vergeblich versucht hat, unter Hinweis auf sein Ausscheiden aus der ?C. -GbR? seine Freistellung durch die Gläubiger zu erreichen; es ist nicht davon auszugehen, daß etwa der Kläger die Freistellung anders als durch direkte Zahlung an jene Gläubiger erreichen könnte. 3. Andererseits ist die Sache auch nicht zugunsten des Beklagten entscheidungsreif im Sinne des § 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO. Nachdem der Prozeß hinsichtlich der Widerklage erstinstanzlich mit einer überflüssigen Beweisaufnahme in eine falsche Richtung und zweitinstanzlich vom Berufungsgericht in eine andere, von den Parteien offenbar nicht hinreichend überdachte Richtung gelenkt worden ist, muß diesen nunmehr in einer erneuten Tatsachenverhandlung Gelegenheit gegeben werden, ihren Sachvortrag klarzustellen und zu ergänzen sowie gegebenenfalls (weiteren) Beweis anzutreten. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
a) Die Behauptung des Klägers über den Eintritt des Beklagten in die angeblich fortbestehende alte C. -Gesellschaft läßt sich kaum in Einklang bringen mit seiner Mitteilung vom 24. August 1994 an das Finanzamt, die "C. -
GbR" habe nur bis zum 31. Dezember 1991 bestanden, weil nach den rechtsradikalen Demonstrationen in Q. ein weiterer Betrieb nicht mehr möglich gewesen sei (Hülle GA 426). Soweit andererseits der Beklagte in seinem Entwurf einer gemeinsamen Erklärung vom 14. April 1992 dem Kläger eine Fortsetzung der C. -Gesellschaft zu gleichen Teilen vorgeschlagen hat, ist diese Absicht nach dem bisherigen Vortrag des Klägers nicht realisiert worden.
b) Zu Unrecht geht das Berufungsgericht bislang davon aus, die Räumlichkeiten , in denen die "T. -GbR" betrieben wurde, seien durch die "C. - GbR" angemietet worden. Nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag des Beklagten hat dieser den Mietvertrag im eigenen Namen mit der Stadt Q. abgeschlossen und ihn später als Einlage in die "T. -GbR" eingebracht. Auf welcher Grundlage das von der ?C. -GbR? angeschaffte Inventar durch die ?T. -GbR? genutzt worden ist, bleibt allerdings noch aufzuklären.
c) Sollte es für die Beurteilung der Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien in der ?T. -GbR? erneut auf eine Interessenwertung ankommen, wird das Oberlandesgericht zu bedenken haben, daß für seine bisherige Annahme , der Beklagte habe sich den Darlehensvertrag mit der E. AG im Innenverhältnis zum Kläger (wiederum) zur eigenen Sache gemacht, bislang tragfähige Indizien fehlen. Nach dem Vorbringen des Beklagten hat die "T. -GbR" ihr Bier nicht von der E. AG, sondern von der G. H. GmbH bezogen und auch keine Altschulden der früheren "C. -GbR" beglichen. Ein vernünftiges Interesse des Beklagten an einem Verzicht auf seine Haftungsbefreiung ist jedenfalls derzeit nicht ersichtlich, zumal er die desolate finanzielle Situation sowohl der "C. -GbR" als auch ihrer Gesellschafter kannte und selbst ebenfalls weitgehend mittellos war.

IV.

Im übrigen hat der Senat von der Zurückverweisungsmöglichkeit nach § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.

Röhricht Henze Goette
Kurzwelly Münke

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 248/00 Verkündet am:
10. Mai 2001
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Der mit der schlüsselfertigen Errichtung eines Bauwerks beauftragte Unternehmer
ist verpflichtet, die nach Sachlage notwendigen Informationen einzuholen, um eine
ordnungsgemäße Entwässerung zu gewährleisten.
BGH, Urteil vom 10. Mai 2001 - VII ZR 248/00 - OLG Frankfurt
LG Frankfurt
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Mai 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die
Richter Hausmann, Dr. Kuffer, Dr. Kniffka und Bauner

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 4. Mai 2000 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage abgewiesen worden ist. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt aus abgetretenem Recht der Firma L.-GmbH (L.P) restlichen Werklohn aus einem Vertrag über die schlüsselfertige Errichtung eines Supermarktes, den die LL. Immobilienentwicklungs- und Betriebsgesellschaft GmbH (LL.) als Rechtsvorgängerin der Beklagten mit der L. geschlossen hat. Die Klägerin war Subunternehmerin der L.. In der Revision geht es nur darum, ob die Beklagte mit einem Vertragsstrafenanspruch gegen die L.P in Höhe von 345.000 DM aufrechnen kann.
Nach Ziff. 5.1 des Vertrages zwischen der LL. und der L. sollte die schlüsselfertige Übergabe spätestens fünf Monate nach Erteilung einer rechtskräftigen Baugenehmigung erfolgen. Die Vertragsparteien vereinbarten, die Fertigstellungstermine noch gemeinsam festzulegen. Nach Ziff. 5.6 verpflichtete sich die L.P, wenn sie sich mit der Einhaltung der in Ziffer 4.1 (gemeint war 5.1) vereinbarten Fertigstellungstermine in Verzug befindet, zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 0,2 % der Auftragssumme für jeden Werktag, um den sich die Fertigstellung verzögert. Nach der ursprünglichen Darstellung der Klägerin war als Fertigstellungstermin der 28. Februar 1994 vereinbart worden. An diesem Tag wurde das Gebäude übergeben, die Außenanlagen waren erst am 26. Mai 1994 fertig gestellt. Die Verzögerung bei den Außenanlagen war darauf zurückzuführen, daß die Parkfläche während der Errichtung unter Wasser stand. Es stellte sich heraus, daß das anfallende Oberflächen- und Dränagewasser nicht hinreichend über die öffentliche Entwässerung abgeführt wurde. Die öffentlichen Entwässerungsleitungen mündeten über ein Regensiehl in den Hellbach, der als Vorfluter vorgesehen war. Wenn er Hochwasser führte, drückte sein Wasser in die Entwässerungsleitungen. Die L. ließ die Parkplätze so erhöhen, daß sich dieser Rückstau nicht mehr auf der Oberfläche auswirkte. Die Kosten übernahm die LL.. Das Landgericht hat die Aufrechnung mit der Vertragsstrafenforderung zurückgewiesen und die Beklagte zur Zahlung von 345.722,85 DM verurteilt. Diese habe die Behauptung der Klägerin, es sei ein Fertigstellungstermin zum 28. Februar 1994 vereinbart worden, bestritten, jedoch nicht die Vereinbarung eines anderen Termins behauptet. Allein aus der Regelung, daß die schlüsselfertige Übergabe spätestens fünf Monate nach Erteilung der rechtskräftigen Baugenehmigung erfolgen sollte, lasse sich der Vertragsstrafenanspruch nicht stützen, da der Fertigstellungstermin noch einvernehmlich festgelegt werden
sollte. Aber auch wenn man von dem 28. Februar 1994 ausgehe, bestehe ein Vertragsstrafenanspruch nicht. Die Klägerin habe die Verzögerung nicht zu vertreten. Diese beruhe auf der mangelhaften Abflußmöglichkeit in den Vorfluter. Dieser gehöre zu den Erschließungsmaßnahmen, die die L. nicht als vertragliche Leistung übernommen habe. Die Berufung der Beklagten hatte überwiegend Erfolg. Die Klage ist bis auf den Betrag von 722,85 DM abgewiesen worden. Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg. Sie führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht meint, die Vertragsstrafenforderung sei unter Zugrundelegung des von der Klägerin genannten Fertigstellungsdatums vom 28. Februar 1994 berechtigt. Die L. habe die Verzögerung zu vertreten. Ihr habe die gesamte Planung der Außenanlagen oblegen. Wenn sie dieser Verpflichtung ordnungsgemäß nachgekommen wäre, wäre eine Verzögerung nicht eingetreten. Sie hätte bei Beachtung der erforderlichen Sorgfalt den Parkplatz sogleich höher planen müssen. Auch wenn das vom Ingenieurbüro B. im Auftrag der LL. erstattete Gutachten eine Überleitung des anfallenden Oberflä-
chenwassers in den Hellbach für problemlos möglich erachtet habe, habe die L. die Dimensionierung der Entwässerung eigenverantwortlich prüfen müssen. Die L. habe - auch durch Rückfrage bei der zuständigen Behörde der Wasserwirtschaft über die Vorflutverhältnisse und die Einleitungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung etwaiger sonstiger Einleiter - Erkundigungen einziehen und die Höhenlage bzw. das Gefälle des Parkplatzes entsprechend planen müssen.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand. Das Berufungsgericht hat nicht sämtliche Voraussetzungen des Vertragsstrafenanspruchs rechtsfehlerfrei festgestellt. 1. Zutreffend ist schon das Landgericht davon ausgegangen, daß nach der unter Ziff. 5.6 getroffenen Vereinbarung eine Vertragsstrafe nur in Betracht kommt, wenn die Parteien einen Fertigstellungstermin vereinbart haben. Entgegen der von der Beklagten in den Vorinstanzen vertretenen Auffassung reichte die unter Ziff. 5.1 erfolgte Festlegung der Bauzeit auf fünf Monate nach Erteilung der Baugenehmigung nicht, um die Voraussetzungen des Vertragsstrafenanspruchs zu begründen. Denn die Vertragsstrafenvereinbarung bezog sich allein auf die Überschreitung der ebenfalls unter Ziff. 5.1 vorgesehenen, gesondert zu vereinbarenden Fertigstellungstermine. Nach der handschriftlichen Ergänzung des Vertragsformulars sollten die Fertigstellungstermine noch gemeinsam festgelegt werden. 2. Die Darlegungs- und Beweislast für die Vereinbarung eines Fertigstellungstermins trägt die Beklagte. Das Berufungsgericht legt seiner Entscheidung die möglicherweise nicht mehr aufrecht erhaltene Behauptung der Kläge-
rin zu Grunde, die Parteien hätten den ursprünglich vereinbarten Fertigstellungstermin auf den 28. Februar 1994 verlegt. Das wäre nur zulässig, wenn sich die Beklagte diese Behauptung jedenfalls hilfsweise zu eigen gemacht hätte. Das kann zweifelhaft sein. Wenn eine Partei den ihr günstigen Vortrag der Gegenseite bestreitet, kann regelmäßig nicht davon ausgegangen werden, daß sie sich ihn hilfsweise zu eigen macht (BGH, Urteil vom 23. Juni 1989 - V ZR 125/88 = NJW 1989, 2756). Die Beklagte hat die Vereinbarung dieses Fertigstellungstermins mit der L. zunächst bestritten. In der Berufung hat sie die Auffassung vertreten, sie habe sich der Behauptung der Klägerin insoweit angeschlossen. Tatsächlich ist das ausdrücklich nicht geschehen. Dem Vortrag der Beklagten läßt sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen, daß sie ihre Aufrechnung auf die Überschreitung des von ihr bestrittenen Fertigstellungstermins stützen will. Etwaige Zweifel über die Bedeutung und die Tragweite des beiderseitigen Vorbringens können nicht ohne die nach § 139 ZPO erforderliche Befragung der Parteien geklärt werden. 3. Die Feststellungen des Berufungsgerichts tragen nicht seine Auffassung , die L. sei am 28. Februar 1994 mit der Fertigstellung in Verzug geraten. Aus ihnen ergibt sich nicht, daß die durch die Überflutung des Parkplatzes und die anschließende Erhöhung der Parkfläche entstandene Verzögerung auf eine Sorgfaltspflichtverletzung der L. zurückzuführen war. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, daß die L. eine funktionstaugliche Entwässerung schuldete. Denn der mit der schlüsselfertigen Errichtung beauftragte Unternehmer schuldet ein funktionstaugliches Bauwerk (vgl. BGH, Urteil vom 14. Februar 2001 - VII ZR 176/99 = NJW 2001, 1276). Die L. hat eine Entwässerung vorgesehen, die diesen Anforderungen nicht genügte. Allein dieser objektive Mangel begründet den Anspruch auf Vertrags-
strafe nicht. Diese setzt Verzug voraus. Eine Haftung kommt deshalb nur in Betracht, wenn die L. den Mangel zu vertreten und dies zu der Verzögerung geführt hat.
a) Die L. hat die öffentliche Entwässerung nicht geplant. Ein Verschulden der L. kommt deshalb nur in Betracht, wenn sie bei der gebotenen sorgfältigen Planung und Errichtung des Bauwerks erkennen mußte, daß unter bestimmten Bedingungen das Oberflächenwasser nicht ordnungsgemäß abgeführt werden konnte. Der mit der schlüsselfertigen Errichtung eines Bauwerks beauftragte Unternehmer ist verpflichtet, die nach Sachlage notwendigen Informationen einzuholen, um eine ordnungsgemäße Entwässerung zu gewährleisten. Welche Erkundigungen nach Sachlage erforderlich sind, hängt von den vertraglichen Verpflichtungen unter Berücksichtigung der jeweiligen dem Vertrag zugrunde liegenden Umstände ab. Notwendig können auch Erkundigungen über die Funktionsfähigkeit der Vorflutung sein, vgl. z.B. DIN 18315 Nr. 4.1.1 in Verbindung mit § 3 Nr. 4 VOB/B. Es ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht den mit der Planung des Bauwerks beauftragten Unternehmer grundsätzlich für verpflichtet hält, Informationen über die Vorflutung bei der dafür zuständigen Behörde einzuholen. Derartige Erkundigungen sind allenfalls dann überflüssig, wenn der Unternehmer anderweitige gesicherte Kenntnisse über die Vorflutung hat. Das hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Aus dem Gutachten des Ingenieurbüros B. ergeben sie sich nicht zwingend.
b) Es fehlen Feststellungen dazu, daß die geforderten Erkundigungen zur Aufdeckung des Problems mit der Vorflutung geführt und damit die Verzögerungen vermieden hätten. Davon kann nach dem bisherigen Sach- und
Streitstand nicht ohne weiteres ausgegangen werden. Vielmehr ist es möglich, daß die Gemeinde keine anderen Erkenntnisse als das Ingenieurbüro B. hatte. Dieses hat nach der in den Akten befindlichen Aussage des Zeugen N. die öffentliche Erschließung zunächst im Auftrag der Gemeinde durchgeführt. Die Gemeinde hat die Erschließungsmaßnahmen abgenommen. Nach dem der L. vorgelegten Gutachten des Ingenieurbüros bestanden gegen eine Entwässerung in den Hellbach als Vorfluter keine Bedenken. Die Beklagte hat nicht behauptet, daß die Gemeinde zwischenzeitlich andere Erkenntnisse gewonnen hatte.

III.

Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben. 1. Das Berufungsgericht wird zu klären haben, welcher Fertigstellungstermin vereinbart worden ist. Gegebenenfalls ist weiter zu prüfen, inwieweit die L. ihre Sorgfaltspflichten bei der Planung verletzt hat und eine derartige Verletzung ursächlich für die eingetretene Verzögerung war. 2. Für den Fall, daß eine ursächliche Pflichtverletzung bejaht wird, wird es sich mit dem Einwand der Klägerin auseinandersetzen müssen, die LL. habe nach Feststellung des Rückstaus die Entscheidung darüber hinausgezögert, wie der Mangel dauerhaft behoben wird. Die Relevanz einer derartigen Verzögerung kann nicht ohne weiteres deshalb verneint werden, weil die L. aufgrund des Vertrages über die schlüsselfertige Erstellung des Supermarktes eine funktionstaugliche Entwässerung schuldete und es ihre Sache war, wie sie diese erbrachte.
Denn es ist nicht auszuschließen, daß die von der L. zunächst geplante Höhenlage den vertraglichen Vereinbarungen entsprach. Auch ein Vertrag über die schlüsselfertige Errichtung eines Gebäudes beruht in aller Regel auf gemeinsamen Vorstellungen über das Leistungssoll, die Vertragsinhalt oder jedenfalls Geschäftsgrundlage geworden sein können. Dazu kann eine Höhenlage des Bauwerks und der Außenanlagen gehören, wie sie sich aus den örtlichen Verhältnissen, wie z.B. den Straßen- und Kanaldeckelhöhen, ergibt und nach den dem Vertrag zugrunde liegenden Unterlagen für einen ordnungsgemäßen Anschluß an die öffentliche Entwässerung ausreichend ist. Die Klägerin hat dazu behauptet, sie habe die Höhenlage aufgrund der von der LL. vorgegebenen Entwässerungsplanung, Längsschnitte sowie Höhenpunkte für Straßen - und Kanalhöhen des Ingenieurbüros B. festgelegt. Sollte sich herausstellen , daß die danach geplante Höhenlage den vertraglichen Vereinbarungen entsprach, wäre die LL. nach den durch den Rückstau offen zu Tage getretenen Bedenken gegen diese Höhenlage gehalten gewesen, ohne schuldhaftes Zögern eine den Vertrag ändernde Anordnung zu treffen, die den festgestellten Fehler vermeidet. Die Anordnung zur Höherlegung des Parkplatzes hat die LL. im Februar 1994 unter Übernahme der Kosten tatsächlich getroffen , wenn auch mit einiger Verzögerung. Diese Verzögerung von bis zu drei Monaten kann dazu führen, daß der gesamte Zeitplan, der eine Errichtung des Bauwerks in fünf Monaten vorsah, umgeworfen wurde, so daß ein Anspruch auf Vertragsstrafe ganz entfallen kann. Jedenfalls müßte der von der LL. zu vertretende Zeitraum bei der Berechnung der Vertragsstrafe berücksichtigt werden
(vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 1966 - VII ZR 262/63 = NJW 1966, 971; BGH, Urteil vom 29. November 1973 - VII ZR 205/71 = BauR 1974, 206; Urteil vom 14. Januar 1999 - VII ZR 73/98 = BauR 1999, 645 = ZfBR 1999, 188). Ullmann Hausmann Kuffer Kniffka Bauner

(1) Ist der Schuldner dem Gläubiger aus mehreren Schuldverhältnissen zu gleichartigen Leistungen verpflichtet und reicht das von ihm Geleistete nicht zur Tilgung sämtlicher Schulden aus, so wird diejenige Schuld getilgt, welche er bei der Leistung bestimmt.

(2) Trifft der Schuldner keine Bestimmung, so wird zunächst die fällige Schuld, unter mehreren fälligen Schulden diejenige, welche dem Gläubiger geringere Sicherheit bietet, unter mehreren gleich sicheren die dem Schuldner lästigere, unter mehreren gleich lästigen die ältere Schuld und bei gleichem Alter jede Schuld verhältnismäßig getilgt.

(1) Die Verjährung wird gehemmt durch

1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,
1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage,
2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger,
3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1),
4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer
a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder
b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
die Verjährung wird schon durch den Eingang des Antrags bei der Streitbeilegungsstelle gehemmt, wenn der Antrag demnächst bekannt gegeben wird,
5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess,
6.
die Zustellung der Streitverkündung,
6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird,
7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens,
8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens,
9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird,
10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren,
10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist,
11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens,
12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt,
13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und
14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.

(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.

(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.

(1) Jedermann kann mit der Behauptung, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder in einem seiner in Artikel 20 Abs. 4, Artikel 33, 38, 101, 103 und 104 des Grundgesetzes enthaltenen Rechte verletzt zu sein, die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht erheben.

(2) Ist gegen die Verletzung der Rechtsweg zulässig, so kann die Verfassungsbeschwerde erst nach Erschöpfung des Rechtswegs erhoben werden. Das Bundesverfassungsgericht kann jedoch über eine vor Erschöpfung des Rechtswegs eingelegte Verfassungsbeschwerde sofort entscheiden, wenn sie von allgemeiner Bedeutung ist oder wenn dem Beschwerdeführer ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde, falls er zunächst auf den Rechtsweg verwiesen würde.

(3) Das Recht, eine Verfassungsbeschwerde an das Landesverfassungsgericht nach dem Recht der Landesverfassung zu erheben, bleibt unberührt.

(1) Wird der Verfassungsbeschwerde stattgegeben, so ist in der Entscheidung festzustellen, welche Vorschrift des Grundgesetzes und durch welche Handlung oder Unterlassung sie verletzt wurde. Das Bundesverfassungsgericht kann zugleich aussprechen, daß auch jede Wiederholung der beanstandeten Maßnahme das Grundgesetz verletzt.

(2) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen eine Entscheidung stattgegeben, so hebt das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung auf, in den Fällen des § 90 Abs. 2 Satz 1 verweist es die Sache an ein zuständiges Gericht zurück.

(3) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz stattgegeben, so ist das Gesetz für nichtig zu erklären. Das gleiche gilt, wenn der Verfassungsbeschwerde gemäß Absatz 2 stattgegeben wird, weil die aufgehobene Entscheidung auf einem verfassungswidrigen Gesetz beruht. Die Vorschrift des § 79 gilt entsprechend.

(1) Erweist sich der Antrag auf Verwirkung der Grundrechte (§ 13 Nr. 1), die Anklage gegen den Bundespräsidenten (§ 13 Nr. 4) oder einen Richter (§ 13 Nr. 9) als unbegründet, so sind dem Antragsgegner oder dem Angeklagten die notwendigen Auslagen einschließlich der Kosten der Verteidigung zu ersetzen.

(2) Erweist sich eine Verfassungsbeschwerde als begründet, so sind dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen ganz oder teilweise zu erstatten.

(3) In den übrigen Fällen kann das Bundesverfassungsgericht volle oder teilweise Erstattung der Auslagen anordnen.

(1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ein besonderes Haftungsrisiko des Rechtsanwalts kann bei der Bemessung herangezogen werden. Bei Rahmengebühren, die sich nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist.

(2) Ist eine Rahmengebühr auf eine andere Rahmengebühr anzurechnen, ist die Gebühr, auf die angerechnet wird, so zu bestimmen, als sei der Rechtsanwalt zuvor nicht tätig gewesen.

(3) Im Rechtsstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; dies gilt auch im Verfahren nach § 495a der Zivilprozessordnung. Das Gutachten ist kostenlos zu erstatten.

(1) Die Entscheidung nach § 93b und § 93c ergeht ohne mündliche Verhandlung. Sie ist unanfechtbar. Die Ablehnung der Annahme der Verfassungsbeschwerde bedarf keiner Begründung.

(2) Solange und soweit der Senat nicht über die Annahme der Verfassungsbeschwerde entschieden hat, kann die Kammer alle das Verfassungsbeschwerdeverfahren betreffenden Entscheidungen erlassen. Eine einstweilige Anordnung, mit der die Anwendung eines Gesetzes ganz oder teilweise ausgesetzt wird, kann nur der Senat treffen; § 32 Abs. 7 bleibt unberührt. Der Senat entscheidet auch in den Fällen des § 32 Abs. 3.

(3) Die Entscheidungen der Kammer ergehen durch einstimmigen Beschluß. Die Annahme durch den Senat ist beschlossen, wenn mindestens drei Richter ihr zustimmen.