Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 30. Juni 2014 - 2 BvR 792/11

ECLI: ECLI:DE:BVerfG:2014:rk20140630.2bvr079211
published on 30.06.2014 00:00
Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 30. Juni 2014 - 2 BvR 792/11
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Gericht

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Gründe

I.

1

Der Beschwerdeführer wendet sich mit der Verfassungsbeschwerde gegen die Verwerfung einer strafprozessualen Revision durch Beschluss nach § 349 Abs. 2 StPO und rügt, dass die Entscheidung ohne Durchführung einer Revisionshauptverhandlung ergangen sei und keine Begründung aufweise. Hierdurch sieht er sein Recht auf öffentliche Verhandlung, sein Recht, sich selbst zu verteidigen, seinen Anspruch auf rechtliches Gehör, seinen Anspruch auf prozessuale Waffengleichheit und die Pflicht zur Begründung gerichtlicher Entscheidungen verletzt (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Art. 104 Abs. 1 GG, Art. 20 Abs. 3 und Art. 103 Abs. 1 GG). Als Maßstab für die Auslegung und Anwendung des Grundgesetzes sei insoweit Artikel 6 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) mit der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte heranzuziehen.

2

Eine öffentliche Verhandlung sei nach Art. 6 EMRK nur dann entbehrlich, wenn sich eine Instanz allein mit hochtechnischen oder rein rechtlichen Fragen beschäftige oder wenn eine Möglichkeit bestehe, durch einen Antrag die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung zu erreichen. Dabei seien Fragen der Subsumtion nicht als Rechtsfragen in diesem Sinne, sondern als Sachverhaltsfragen anzusehen.

3

Das Recht, sich selbst zu verteidigen, sei dadurch verletzt, dass ein Angeklagter nur indirekt, nämlich über seinen Verteidiger, in der Revisionsbegründung vortragen könne. Nach Art. 6 EMRK habe aber auch ein Gericht zweiter Instanz bei der Beurteilung der Schuldfrage den Angeklagten persönlich zu befragen, wenn dieser sich bestreitend verteidige. Der Beschwerdeführer hätte daher als Ausgleich für seine strukturelle Unterlegenheit gegenüber der Staatsanwaltschaft und zur Wahrung seines Rechts, sich selbst zu verteidigen, in einer Revisionshauptverhandlung angehört werden müssen.

4

Das Gebot der prozessualen Waffengleichheit sei als Chancengleichheit zu verstehen. Hiergegen werde verstoßen, da praktisch jede Revision der Staatsanwaltschaft zu einer Hauptverhandlung in der Revisionsinstanz führe, dies bei Revisionen des Angeklagten dagegen einen Ausnahmefall darstelle.

5

Nur in Kenntnis der Gründe, die das Revisionsgericht zur Verwerfung der Revision bewogen haben, könne der Angeklagte eine sinnvolle Entscheidung darüber treffen, ob er eine Anhörungsrüge oder eine Verfassungsbeschwerde erheben oder aber die Verwerfung seiner Revision hinnehmen solle. Dies zeige, dass die Begründungspflicht in einem Sachzusammenhang mit der Gewährung rechtlichen Gehörs stehe. Ferner sei eine Begründungspflicht - auch in sämtlichen Revisionsverfahren - erforderlich zur Eigen- und Fremdkontrolle und setze das erkennende Gericht unter einen Plausibilitätsdruck.

II.

6

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Ein Annahmegrund nach § 93a Abs. 2 BVerfGG liegt nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg, da sie zum Teil mangels substantiierter Darlegung einer Grundrechtsverletzung unzulässig und im Übrigen unbegründet ist. Weder die Entscheidung im Beschlusswege ohne Revisionshauptverhandlung (1.) noch das Fehlen einer Begründung der Entscheidung (2.) ist aus verfassungsrechtlicher Sicht zu beanstanden. Hieran ändert auch der Vortrag des Beschwerdeführers zur konventionsrechtlichen Beurteilung nichts (3.).

7

1. Es begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass der Bundesgerichtshof über die Revision des Beschwerdeführers nach § 349 Abs. 2 StPO ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entschieden hat.

8

a) Art. 103 Abs. 1 GG begründet keinen Anspruch auf eine mündliche Verhandlung; es ist vielmehr Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, in welcher Weise das rechtliche Gehör gewährt werden soll (vgl. BVerfGE 36, 85 <87>; 60, 175 <210 f.>; 89, 381 <391>; stRspr). Der Beschwerdeführer hatte in seiner Revisionsbegründung (§ 344 StPO) und in der Gegenerklärung zum Antrag des Generalbundesanwalts (§ 349 Abs. 3 Satz 2 StPO) Gelegenheit, sich umfassend zu äußern. Er trägt nicht substantiiert vor, dass er sein Revisionsvorbringen in schriftlicher Form nicht ausreichend habe deutlich machen können (vgl. BVerfGE 112, 185 <206>).

9

b) Es genügt den Anforderungen an ein faires Strafverfahren, dass im Revisionsverfahren der Verteidiger oder ein Rechtsanwalt für den Angeklagten Stellung nimmt. Eine mündliche Verhandlung muss nicht zu dem Zweck durchgeführt werden, damit sich ein Angeklagter unabhängig von seinem Verteidiger äußern kann (vgl. BVerfGE 54, 100 <116 f.>; 64, 135 <151 ff.>). Im Übrigen hat der Angeklagte nach § 345 Abs. 2 StPO die Möglichkeit, die Revision zu Protokoll der Geschäftsstelle zu begründen, auch zur Ergänzung der von seinem Verteidiger oder einem Rechtsanwalt abgegebenen Revisionsbegründung (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl. 2014, § 345 Rn. 9).

10

c) Die Durchführung einer Revisionshauptverhandlung ist auch nicht zur Herstellung prozessualer "Waffengleichheit" erforderlich.

11

aa) Das Recht auf ein faires Verfahren gewährleistet dem Beschuldigten einen Mindestbestand an aktiven verfahrensrechtlichen Befugnissen. Ihm muss die Möglichkeit eingeräumt sein, zur Wahrung seiner Rechte auf den Gang und das Ergebnis des Verfahrens Einfluss zu nehmen (vgl. BVerfGE 64, 135 <145>; 65, 171 <174 f.>; 66, 313 <318>). Dies verlangt eine gewisse verfahrensrechtliche "Waffengleichheit" von Staatsanwaltschaft und Beschuldigtem im Strafprozess (vgl. BVerfGE 63, 45 <61>). Allerdings müssen verfahrensspezifische Unterschiede in der Rollenverteilung von Staatsanwaltschaft und Beschuldigtem nicht in jeder Beziehung ausgeglichen werden (vgl. BVerfGE 63, 45 <67>; 122, 248 <272>; BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10 u.a. -, NJW 2013, S: 1058 <1060>).

12

bb) Das Beschwerdevorbringen lässt nicht erkennen, dass die gesetzliche Regelung oder deren Anwendung durch die Revisionsgerichte vor diesem Hintergrund gegen das Recht auf ein faires Verfahren verstößt. Es trifft zwar zu, dass Revisionen der Staatsanwaltschaft im Gegensatz zu solchen des Angeklagten im Allgemeinen nicht durch Beschluss nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen werden (vgl. Gericke, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 7. Aufl. 2013, § 349 Rn. 30). Der Beschwerdeführer zeigt jedoch nicht auf, inwieweit ihm die Entscheidung im Beschlusswege einen geringeren Grundrechtsschutz gewährt haben könnte als eine Entscheidung durch Urteil nach Durchführung einer Hauptverhandlung. Seinen Darlegungen kann auch nicht entnommen werden, dass die unterschiedliche Behandlung von Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft generell zu einer verminderten Rechtsschutzqualität bei Revisionen von Angeklagten führt (vgl. BVerfGE 112, 185 <204 f.>).

13

2. Dass der Bundesgerichtshof gemäß § 349 Abs. 2 StPO die Revision des Beschwerdeführers ohne Begründung verworfen hat, ist verfassungsrechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden.

14

a) Von Verfassungs wegen bedarf eine mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr angreifbare letztinstanzliche gerichtliche Entscheidung regelmäßig keiner Begründung (vgl. BVerfGE 50, 287 <289 f.>, 65, 293 <295>; 81, 97 <106>; 86, 133 <146>; 94, 166 <210>; 104, 1 <7 f.>; 118, 212 <238>). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gilt dies auch für Beschlüsse nach § 349 Abs. 2 StPO. Der Revisionsführer kennt die Gründe des angegriffenen Urteils und den ebenfalls zu begründenden Antrag der Staatsanwaltschaft auf Verwerfung der Revision nach § 349 Abs. 2 StPO. Er hat das Recht, dazu eine schriftliche Gegenerklärung einzureichen (§ 349 Abs. 3 StPO). Schließlich muss die Entscheidung des Revisionsgerichts einstimmig ergehen. Durch diese Verfahrensweise wird dem Anspruch des Revisionsführers auf rechtliches Gehör ausreichend Rechnung getragen (vgl. BVerfG, Beschluss des Vorprüfungsausschusses des Zweiten Senats vom 22. Januar 1982 - 2 BvR 1506/81 -, NJW 1982, S. 925; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 4. April 1989 - 1 BvR 1415/86 -, juris, Rn. 12; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 21. Januar 2002 - 2 BvR 1225/01 -, NStZ 2002, S. 487 <488 f.>; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 23. August 2005 - 2 BvR 1066/05 -, NJW 2006, S. 136; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 20. Juni 2007 - 2 BvR 746/07 -, juris, Rn. 22).

15

b) Eine Begründung des Beschlusses nach § 349 Abs. 2 StPO ist auch nicht deshalb erforderlich, weil sonst keine sinnvolle Entscheidung darüber getroffen werden könnte, ob eine Anhörungsrüge nach § 356a StPO oder eine Verfassungsbeschwerde erhoben werden soll.

16

aa) Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte das von ihnen entgegengenommene Beteiligtenvorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben (vgl. BVerfGE 51, 126 <129>; 54, 43 <46>; 86, 133 <146>; 87, 363 <392>; 96, 205 <216>). Ein Verstoß gegen diese Pflicht kann nur dann festgestellt werden, wenn sich dies aus den besonderen Umständen des Falles ergibt (vgl. BVerfGE 70, 288 <293>; 79, 51 <61>; 80, 269 <286>; 86, 133 <146>; 96, 205 <217>). Solche besonderen Umstände können auch bei einer nicht näher begründeten Entscheidung erkennbar sein.

17

bb) Zudem setzt eine Verwerfung der Revision durch Beschluss nach § 349 Abs. 2 StPO einen zu begründenden Antrag der Staatsanwaltschaft voraus, der dem Revisionsführer mit den Gründen mitzuteilen ist (§ 349 Abs. 3 StPO). Zwar muss sich das Revisionsgericht, um nach § 349 Abs. 2 StPO entscheiden zu können, dem Antrag der Staatsanwaltschaft nur im Ergebnis, nicht jedoch in allen Teilen der Begründung anschließen. Bei einer Abweichung von der Begründung der Staatsanwaltschaft ist es aber sinnvoll und entspricht allgemeiner Übung, in den Beschluss einen Zusatz zur eigenen Rechtsauffassung aufzunehmen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 10. Oktober 2001 - 2 BvR 1620/01 -, NJW 2002, S. 814 <815>; BGH, Beschluss vom 20. Februar 2004 - 2 StR 116/03 -, NStZ 2004, S. 511). Ohne einen solchen Zusatz kann davon ausgegangen werden, dass sich das Revisionsgericht die Rechtsauffassung der Staatsanwaltschaft zu Eigen gemacht hat (vgl. BVerfGK 5, 269 <285 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2013 - 2 BvR 85/13 -, juris, Rn. 25).

18

3. Die Verwerfung der Revision des Beschwerdeführers nach § 349 Abs. 2 StPO widerspricht auch nicht den Gewährleistungen des Art. 6 EMRK. Die Europäische Menschenrechtskonvention steht zwar innerstaatlich im Rang eines Bundesgesetzes und damit unter dem Grundgesetz. Sie ist jedoch als Auslegungshilfe bei der Auslegung der Grundrechte und rechtsstaatlichen Grundsätze des Grundgesetzes heranzuziehen. Dies gilt auch für die Auslegung der Europäischen Menschenrechtskonvention durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (vgl. BVerfGE 128, 326 <366 ff.>).

19

a) Die Europäische Kommission für Menschenrechte hat - auch auf ausdrückliche Beanstandungen hin - Verwerfungen von Revisionen durch einen Beschluss, der keiner Begründung bedarf (§ 349 Abs. 2 StPO), als nicht konventionswidrig erachtet. Die Kommission sah es stets als ausreichend an, dass der Revisionsführer schriftlich über seinen Verteidiger vortragen und zum Revisionsverwerfungsantrag der Staatsanwaltschaft Stellung nehmen kann (vgl. EKMR, X. v. Germany, Entscheidung vom 14. Dezember 1961, Nr. 599/59, EKMR-E 8, 12 <19>; X. v. Germany, Entscheidung vom 17. Januar 1963, Nr. 1035/61, EKMR-E 10, 12 <17 f.>; X. v. Germany, Entscheidung vom 18. April 1964, Nr. 2136/64, EKMR-E 13, 116 <122>; X. v. Germany, Entscheidung vom 6. Februar 1968, Nr. 3139/67, EKMR-E 26, 77 <78 f.>). Ferner hielt es die Kommission für mit Art. 6 EMRK vereinbar, wenn das Revisionsgericht seine Entscheidung nicht näher begründet, sondern durch den Verweis auf § 349 Abs. 2 StPO hinreichend zum Ausdruck bringt, dass es die Revision für offensichtlich unbegründet erachtet und damit den Grund für seine Entscheidung angibt (EKMR, Salameh v. Germany, Entscheidung vom 15. Mai 1996, Nr. 28631/95).

20

b) Soweit ersichtlich, hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zu § 349 Abs. 2 StPO und dessen Anwendung durch die Fachgerichte bislang nicht ausdrücklich Stellung bezogen. Zwar liegen einer Vielzahl von Entscheidungen des Gerichtshofs Ausgangsverfahren zu Grunde, bei denen die Revision gegen eine strafrechtliche Verurteilung durch nicht begründeten Beschluss als offensichtlich unbegründet verworfen wurde. Dies allein lässt jedoch nicht ohne weiteres den Schluss zu, dass diese Rechtspraxis gebilligt wird und mit Art. 6 EMRK vereinbar ist. Ungeachtet dessen ist ein Konventionsverstoß nicht erkennbar.

21

aa) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs kann im Rechtsmittelverfahren unter bestimmten Voraussetzungen von dem sich aus Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK ergebenden Grundsatz der öffentlichen mündlichen Verhandlung abgewichen werden. Dabei ist eine Gesamtbetrachtung der nationalen Verfahrensordnung und der Rolle des Rechtsmittelgerichts darin vorzunehmen (vgl. EGMR, Kerojärvi v. Finland, Urteil vom 19. Juli 1995, Nr. 17506/90, § 40; Bulut v. Austria, Urteil vom 22. Februar 1996, Nr. 17358/90, § 40 f.; Hoppe v. Germany, Urteil vom 5. Dezember 2002, Nr. 28422/95, § 62 f.; Rippe v. Germany, Entscheidung vom 2. Februar 2006, Nr. 5398/03, juris, Rn. 49 f.; Dan v. Moldova, Urteil vom 5. Juli 2011, Nr. 8999/07, § 30).

22

(1) Als ein wesentliches Kriterium für die Entbehrlichkeit einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor Rechtsmittelgerichten betrachtet der Gerichtshof, ob in vorangegangener Instanz mündlich und öffentlich verhandelt wurde (vgl. EGMR, Axen v. Germany, Urteil vom 8. Dezember 1983, Nr. 8273/78, EGMR-E 2, 321 <326 f.>, § 28; Bulut v. Austria, Urteil vom 22. Februar 1996, Nr. 17358/90, § 41 f.; Hoppe v. Germany, Urteil vom 5. Dezember 2002, Nr. 28422/95, § 63 f.; Miller v. Sweden, Urteil vom 8. Februar 2005, Nr. 55853/00, § 30). Von gewichtiger Bedeutung ist auch, welche Konsequenzen dem Verfahrensbeteiligten durch die Entscheidung über sein Rechtsmittel drohen, insbesondere im Vergleich zur vorinstanzlichen Entscheidung. So wies der Gerichtshof in einem Urteil zur Verwerfung einer Revision ohne mündliche Verhandlung in Zivilsachen darauf hin, dass die Entscheidung nur dazu führe, dass das Berufungsurteil rechtskräftig werde, welches seinerseits auf einer mit Art. 6 EMRK konformen Verhandlung beruhe (vgl. EGMR, Axen v. Germany, Urteil vom 8. Dezember 1983, Nr. 8273/78, EGMR-E 2, 321 <326 f.>, § 28). Ist eine reformatio in peius nicht zu befürchten, so spricht dies gegen die Notwendigkeit einer mündlichen Verhandlung (vgl. EGMR, Fejde v. Sweden, Urteil vom 29. Oktober 1991, Nr. 12631/87, § 33).

23

Weiter berücksichtigt der Gerichtshof, ob ausschließlich Rechtsfragen oder auch Sachverhaltsfragen Gegenstand der Prüfung durch das Rechtsmittelgericht sind (vgl. EGMR, Bulut v. Austria, Urteil vom 22. Februar 1996, Nr. 17358/90, § 41; Dan v. Moldova, Urteil vom 5. Juli 2011, Nr. 8999/07, § 30). Auch bei einer Kompetenz des Rechtsmittelgerichts zur Befassung mit Sachverhaltsfragen muss nach Auffassung des Gerichtshofs allerdings nicht zwingend eine öffentliche mündliche Hauptverhandlung durchgeführt werden (vgl. EGMR, Fejde v. Sweden, Urteil vom 29. Oktober 1991, Nr. 12631/87, § 33; Hoppe v. Germany, Urteil vom 5. Dezember 2002, Nr. 28422/95, § 63; Rippe v. Germany, Entscheidung vom 2. Februar 2006, Nr. 5398/03, juris, Rn. 49 ff.). Insoweit kommt es maßgeblich darauf an, ob sich die aufgeworfenen Fragen allein auf der Grundlage der Verfahrensakten angemessen entscheiden lassen (vgl. EGMR, Hoppe v. Germany, Urteil vom 5. Dezember 2002, Nr. 28422/95, § 64; Rippe v. Germany, Entscheidung vom 2. Februar 2006, Nr. 5398/03, juris, Rn. 49). Ebenfalls zu berücksichtigen sind die offensichtliche Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels (vgl. EGMR, Bulut v. Austria, Urteil vom 22. Februar 1996, Nr. 17358/90, § 42) sowie die Notwendigkeit, den Geschäftsanfall zu bewältigen und innerhalb angemessener Zeit zu entscheiden (vgl. EGMR, Hoppe v. Germany, Urteil vom 5. Dezember 2002, Nr. 28422/95, § 63; Rippe v. Germany, Entscheidung vom 2. Februar 2006, Nr. 5398/03, juris, Rn. 49). Der Gerichtshof respektiert dabei die unterschiedliche Ausgestaltung der Rechtsmittelzüge in den Vertragsstaaten, die entweder eine vorgelagerte Annahmeentscheidung voraussetzen, für die der Öffentlichkeitsgrundsatz ohnehin nicht gilt (vgl. EGMR, Monnell and Morris v. United Kingdom, Urteil vom 2. März 1987, Nr. 9562/81 und 9818/82, § 58), oder eine andere, vergleichbare Möglichkeit zur vereinfachten Erledigung aussichtsloser Rechtsmittel vorsehen (vgl. EGMR, Bulut v. Austria, Urteil vom 22. Februar 1996, Nr. 17358/90, § 42; Rippe v. Germany, Entscheidung vom 2. Februar 2006, Nr. 5398/03, juris, Rn. 52).

24

(2) Nach diesen Kriterien ist die den Revisionsgerichten eingeräumte Möglichkeit, im Verfahren nach § 349 Abs. 2 StPO auf eine mündliche Verhandlung zu verzichten, mit Art. 6 EMRK vereinbar. Ohne Revisionshauptverhandlung war es dem Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung über die Revision des Beschwerdeführers nur möglich, das erstinstanzliche Urteil, das auf einer öffentlichen mündlichen Verhandlung beruht, aufzuheben und zugunsten des Beschwerdeführers zu entscheiden (§ 349 Abs. 4 StPO) oder aber das Urteil rechtskräftig werden zu lassen (§ 349 Abs. 2 StPO). Eine Verschlechterung der Situation des Beschwerdeführers gegenüber dem erstinstanzlichen Urteil hätte - ungeachtet des Verbots der reformatio in peius gemäß § 358 Abs. 2 StPO - zwingend eine Revisionshauptverhandlung vorausgesetzt. Des Weiteren ist die Revision auf die Prüfung von Rechtsfragen beschränkt, die sich regelmäßig nach Aktenlage entscheiden lassen. In der Revisionsinstanz ist eine Beweisaufnahme über Tatfragen nicht statthaft, das Revisionsgericht ist an die Feststellungen des Tatgerichts gebunden. Überdies dient § 349 Abs. 2 StPO der Schonung der Ressourcen der Justiz, damit sich diese zügig aussichtsreichen Rechtsmitteln zuwenden kann, und damit der Verwirklichung des durch Art. 6 Abs. 1 EMRK gewährleisteten Beschleunigungsgrundsatzes. Ein Beschluss nach § 349 Abs. 2 StPO kann nur bei offensichtlicher Aussichtslosigkeit der Revision ergehen und setzt Einstimmigkeit voraus. Funktionell bildet der Beschluss damit ein Äquivalent zur Ablehnung einer (im deutschen Strafprozessrecht nicht vorgesehenen) Revisionszulassung.

25

bb) Art. 6 EMRK in der Auslegung des Gerichtshofs ist zwar eine grundsätzliche Pflicht zur angemessenen Begründung gerichtlicher Entscheidungen zu entnehmen. Allerdings hängt die Begründungspflicht von der Natur der Entscheidung ab und ist im Lichte der Umstände des Einzelfalls zu bestimmen. Eine ausführliche Stellungnahme zu jedem Vorbringen der Beteiligten ist nicht notwendig. Ferner darf sich ein Rechtsmittelgericht, wenn es ein Rechtsmittel zurückweist, grundsätzlich darauf beschränken, sich die Begründung der angefochtenen Entscheidung zu eigen zu machen (vgl. EGMR (GK), García Ruiz v. Spain, Urteil vom 21. Januar 1999, Nr. 30544/96, NJW 1999, S. 2429 <2429>, § 26; vgl. auch EGMR, Axen v. Germany, Urteil vom 8. Dezember 1983, Nr. 8273/78, EGMR-E 2, 321 <328>, § 32). Bei nationalen übergeordneten Gerichten erachtet es der Gerichtshof zudem für mit der Konvention vereinbar, wenn solche Gerichte bei der Nichtannahme offensichtlich unbegründeter Beschwerden von einer ausführlichen Begründung der Entscheidung absehen und allein auf die Norm verweisen, die ein entsprechendes Vorgehen erlaubt (vgl. EGMR, Sawoniuk v. United Kingdom, Entscheidung vom 29. Mai 2001, Nr. 63716/00; Schumacher v. Germany, Entscheidung vom 26. Februar 2008, Nr. 14029/05, juris, Rn. 108).

26

Hiernach ist es mit Art. 6 EMRK vereinbar, dass der Bundesgerichtshof seine Entscheidung über die Revision des Beschwerdeführers nicht mit einer Begründung versehen hat. Bei der Verwerfung einer Revision nach § 349 Abs. 2 StPO durch einen Beschluss, der keine oder nur eine knappe Begründung enthält, ist zu berücksichtigen, dass das angefochtene Urteil selbst ausführlich zu begründen war und dass das Revisionsgericht sich das angefochtene Urteil zwar nicht zu eigen macht, mit der Verwerfung der Revision aber zum Ausdruck bringt, dass es den erhobenen Revisionsrügen standhält. Zudem ist die Antragsschrift der Staatsanwaltschaft zu begründen. Aus dieser ergibt sich regelmäßig, aus welchen Gründen die Revision verworfen wurde. Stützt das Revisionsgericht die Verwerfung der Revision dagegen auf andere Aspekte als die in der Antragsschrift der Staatsanwaltschaft genannten, so versieht es seine Entscheidung insoweit mit einer Begründung.

27

4. Da die Verfassungsbeschwerde aus den genannten Gründen keine Aussicht auf Erfolg hat, war der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt M.entsprechend § 114 Satz 1 ZPO abzulehnen.

28

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

29

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Re
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published on 09.09.2021 17:29

Die Verständigung ist der sog. „Deal“ im Strafprozess. Schon umstritten ist, wie sie strafrechtsdogmatisch überhaupt einzuordnen ist. Die Verständigung ist eine Verfahrensweise, bei der sich das Gericht mit den Verfahrensbe
Author’s summary

Die Verständigung ist der sog. „Deal“ im Strafprozess. Schon umstritten ist, wie sie strafrechtsdogmatisch überhaupt einzuordnen ist. Die Verständigung ist eine Verfahrensweise, bei der sich das Gericht mit den Verfahrensbeteiligten über das Ergebnis des Verfahrens verständigt, § 257 c StPO. Häufigster Anwendungsfall dabei ist die Einigung über das zu erwartende Strafmaß, d. h. die Rechtsfolge, im Falle dass der Angeklagte geständig ist.
 
Primär dient dieses Institut natürlich dazu, Ressourcen zu schonen und damit Verfahren zu kürzen. Da die Ermittlung der „materiellen Wahrheit“, also der Sachverhalt, so wie er sich wirklich abgespielt hat, Ziel eines jeden Strafverfahrens ist, darf die Verständigung die Sachverhaltsaufklärung der Ermittlungsbehörden nicht verkürzen. Hier entsteht ein Dilemna zwischen der praktischen Notwendigkeit eines solchen Instituts und den extremen Bedenken, die gegen ein solches Institut sprechen; die Verfahrensgrundsätze werden durch einen solchen Deal nämlich nicht hinreichend bedacht. Das Verfahren wird hierdurch erheblich verkürzt und Grundsätze wie beispielsweise der Öffentlichkeitsgrundsatz können nicht derartig eingehalten werden, wie unsere Verfassung das von uns eigentlich verlangt. 

Zum Zwecke der Transparenz wurden entsprechende Protokollierungspflichten in unserer Strafprozessordnung normiert, um die Absprache mit den Verfahrensgrundsätzen in Einklang zu bringen. Die Einführung der Norm des § 257 c StPO am 4. 08 2009 stellte damit eigentlich einen Fortschritt dar – vorher entsprach es der Regel, dass Gerichte eine sog. informelle Absprache durchführten, d. h. illegale Absprachen außerhalb der Hauptverhandlung ohne jegliche Dokumentation. Problem hierbei ist, dass sich die Praxis seit Einführung des § 257 c StPO nicht an die ihr auferlegten Dokumentationspflichten hielt – das nennt das Bundesverfassungsgericht Vollzugsdefizit. Dies könnte dazu führen, dass die Norm in ihrer Gesamtheit früher oder später nicht mehr verfassungsgemäß ist:
 
Im Frühjahr 2013 entschied das Bundesverfassungsgericht nämlich, dass die Regelung zur Verständigung im Strafprozess – trotz eines erheblichen Vollzugsdefizits – derzeit „noch nicht“ verfassungswidrig seien. Was das genau bedeuten soll, ist unklar. In diesem Aufsatz möchte ich mich mit diesem Urteil auseinandersetzen. Es gilt als eines der wichtigsten Urteile des 21. Jahrhunderts zum Thema Strafprozessrecht.

2 BvR 2628/10 – Ein Überblick
Wie schon soeben erwähnt, setzte sich das Bundesverfassungsgericht im vorliegenden Verfahren damit auseinander, ob das Verständigungsgesetz in seiner Fassung mit der deutschen Verfassung in Einklang steht. Dies bejahte das höchstrichterliche Gericht, verwies aber auf den Vollzugsdefizit und legte demnach dem Gesetzgeber die Pflicht auf, die Schutzmechanismen (damit ist die Transparenz richterlichen Handelns und die Protokollierungspflichten im Rahmen einer Verständigung gemeint) immer wieder auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen sowie bei Gelegenheit nachzubessern.

Wie steht es mit den Verfahrensgrundsätzen?
Das Bundesverfassungsgericht geht in seinem Urteil der Reihe nach auf die wichtigen Verfahrensprinzipien ein, die im Rahmen einer Verständigung unbedingt Beachtung finden müssen:
Es beginnt mit dem Schuldgrundsatz, der sich aus der Menschenwürde (Art. 1 GG und Art. 2 I GG) und aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 III GG) ableitet. Trotz einer Einigung über das Strafmaß im Rahmen einer Verständigung bleibt es immer noch Ziel des Strafverfahrens den wahren Sachverhalt zu ermitteln. Ohne einen solchen lässt sich das materielle Schuldprinzip gar nicht realisieren – Die Strafe die der Verurteilte erhält ist nämlich die Antwort auf seine persönliche Schuld! Auch das Institut der Verständigung kann einen solch wichtigen Verfahrensgrundsatz nicht lahmlegen.
Eine Verständigung kann damit niemals alleinige Urteilsgrundlage bilden, sondern das Gericht – muss wie sonst auch immer – hiervon überzeugt sein, § 261 StPO. Vielmehr müssen verständigungsbasierte Geständnisse auf ihre Richtigkeit überprüft werden (Verlinkung!).
 
Das Gericht weist auch darauf hin, dass der Grundsatz des Rechts auf ein faires Verfahren durch die Verständigung nach § 257 c StPO nicht verletzt wird. Ein solcher gewährleistet das Recht eines jeden Beschuldigten, prozessuale Rechte wahrzunehmen sowie Übergriffe des Staates in einer angemessenen Art und Weise abwehren zu können. Wie dieses Verfahrensrecht ausgestaltet wird, liegt grundsätzlich in der Kompetenz des Gesetzgebers.
Darüber schreibt das Gericht in seinem Urteil über die Relevanz des Grundsatzes der Selbstbelastungsfreiheit und der Unschuldsvermutung, die im Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 III GGverankert sind. Der Beschuldigte muss stets frei von jeglichem Zwang und eigenverantwortlich entscheiden können, ob und wie er im Strafprozess gegen sich selbst mitwirken möchte. Er muss also nicht an seiner eigenen Überführung mitwirken.
 
Die genannten Verfahrensgrundsätze lassen natürlich Zweifel aufkommen, inwieweit das Institut der Verständigung denn überhaupt mit diesen Verfahrensgrundsätzen in Einklang zu bringen ist. Außer Acht gelassen darf hierbei aber nicht, dass das Verständigungsgesetz vielmehr ein Versuch war, ein solches Institut mit der Verfassung in Einklang zu bringen, gerade weil es vorher der Praxis entsprach, eine solche ohne jegliche gesetzlich normierten Transparenzpflichten durchzuführen. Es entsprach also der Praxis einen solchen „Deal“ abzuschließen – und dies ohne Rücksicht darauf, dass ein solches Handeln unsere Verfassung und vielmehr die prozessualen Rechte eines jeden Beschuldigten mit Füßen trat.

Das Gericht schreibt in seinem Urteil, dass das Verständigungsgesetz das Risiko aufweisen würde, dass die Vorgaben, die uns die Verfassung an ein solches Institut vorschreibt, nur geringfügige Beachtung findet. Dies habe aber nicht zur Folge, dass es dem Gesetzgeber deshalb schlechthin verwehrt sei, eine solche Verfahrensvereinfachung dennoch grundsätzlich für zulässig zu erklären. Indem der Gesetzgeber an das Institut der Verständigung gewisse gesetzliche Vorgaben schuf, hat er damit kein „konsensuales Verfahrensmodell“ zwischen Beschuldigtem und Gericht geschaffen, sondern vielmehr die Verständigung als eine Art „Fremdkörper“ in unsere geltende Strafprozessordnung integriert.

Wieso sind Transparenz und Dokumentation von solchen Verständigungen so wichtig? 
Solche Pflichten, die der Gesetzgeber der Praxis mit seinem § 257 c StPO aufgebürdet hat sind deshalb bedeutsam, da sie eine effektive Kontrolle durch Öffentlichkeit, Staatsanwaltschaft und durch das Rechtsmittelgericht gewährt. Dadurch, dass die mit einer Verständigung verbundenen Handlungen umfassend in die öffentliche Hauptverhandlung einbezogen werden müssen, wird betont, dass sich auch bei dem Institut der Verständigung die richterliche Überzeugung aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung ergeben muss. Der Staatsanwaltschaft wird hier eine herausragende Rolle zugeschrieben, denn ihr kommt eine Kontrollfunktion zu. Sie ist dazu verpflichtet, ihre Zustimmung zu einer gesetzeswidrigen Verständigung zu verweigern und muss vielmehr Rechtsmittel gegen Urteil einlegen, die auf einer solchen Verständigung beruhen.

Bundesverfassungsgericht versetzt sich in die Lage des BGH und nennt Revisionsgründe
Interessant ist auch, dass das Bundesverfassungsgericht darlegt, dass ein Verstoß gegen die Transparenz-und Dokumentationspflichten die Rechtswidrigkeit der Verständigung zur Folge hat. Behält das Gericht die Verständigung dennoch bei, so stelle dies ein Revisionsgrund dar – ein Beruhen ließe sich also regelmäßig nicht ausschließen.
 
Dasselbe gelte dann, wenn der Angeklagte nicht über die Voraussetzungen und mit welchen Folgen das Gericht von dem in Aussicht gestellten Ergebnis abweichen kann belehrt wird. Eine solche Belehrung soll nämlich den Angeklagten in seiner Entscheidungsfreiheit hinsichtlich über seine Mitwirkung an der Verständigung schützen.
 
Diese Passagen des Urteils lassen seine Leser freilich etwas grübeln – denn solche Vorgaben, die das höchstrichterliche Gericht hier tätigt, sind eigentlich solche, die allein der Bundesgerichtshof als Revisionsinstanz der Justiz auferlegen sollte; nicht hingegen das Bundesverfassungsgericht. Es überschritt hier mithin seine Kompetenzen.

Über den Vollzugsdefizit
Nun zum Knackpunkt der Entscheidung:
Das Verständigungsgesetz sichere die verfassungsrechtlichen Vorgaben in hinreichender Weise; der in erheblichen Maße defizitäre Vollzug des Verständigungsgesetzes führe derzeit noch nicht zur Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelung.
 
Was das Bundesverfassungsgericht kritisiert ist gar nicht das Gesetz in seiner jetzigen Fassung vom 4.08.2009 selbst; es ist vielmehr die Praxis, die sich nicht an die ihr auferlegten Transparenz und Protokollierungspflichten hält. Verfassungswidrig wäre der Gesetzestext allein dann, wenn die Schutzmechanismen in einer Art und Weise lückenhaft wären und damit (selbst gegen die Verfassung verstoßende) informelle Absprachen fördern würden – die Norm soll solche illegalen Absprachen aber gerade verhindern indem sie strenge Anforderungen an ein solches Institut aufstellt.  Problem ist hier also vielmehr die Praxis, die das Gesetz nicht oder nicht richtig anwendet.
Als Hauptgrund für den defizitären Vollzug wird in der im Gutachten genannten empirischen Studie nicht der strukturelle Mängel des gesetzlichen Regelungskonzeptes, sondern vielmehr eine „fehlende Praxisuntauglichkeit“ genannt.

Was folgt?
Was schlussfolgert das Bundesverfassungsgericht aus seinen Erwägungen? Was soll das überhaupt bedeuten, das Gesetz ist „noch“ verfassungskonform, „Schuld“ sei vielmehr die Praxis? Das höchstrichterliche Gericht meint in seinen Ausführungen, der Gesetzgeber müsse die weitere Entwicklung sorgfältig im Auge behalten. Sollte sich die gerichtliche Praxis weiterhin in derartiger Weise über die normierten Regelungen hinwegsetzen, so sei es als Aufgabe des Gesetzgebers anzusehen, diese Fehlentwicklung durch Maßnahmen entgegenzutreten. Wenn dies unterbleibt, so träte „ein verfassungswidriger Zustand“ ein.
 
Diese Begründung durch das Bundesverfassungsgericht wurde zu Recht in vielfacher Weise von der Literatur angegriffen. Und das aus vielerlei Gründen. Wieso? Der Senat legt dem Gesetzgeber die Pflicht auf, die Entwicklung sorgfältig zu beobachten. Zwingend ist diese „Verschiebung“ aber nicht. Vielmehr hätte sich der Senat einer endgültigen Entscheidung nicht entziehen dürfen – je nachdem wie er den defizitären Vollzug des Verständigungsgesetzes einschätzt (unabhängig davon, dass ein solcher nicht aus einer Schutzlücke des Gesetzes entspringt) hätte er sich somit für eine Verfassungsmäßigkeit oder eben Verfassungswidrigkeit entscheiden können. Die Frage, wieso der Senat warten möchte, und vielmehr eine „vorübergehende Lösung“ der „Noch-Verfassungsmäßigkeit“ einer endgültigen Entscheidung vorzieht, erschließt sich mir nicht.
 
Eine Frage habe ich mir außerdem noch gestellt: Was genau muss der Gesetzgeber jetzt tun? Schließlich ist es und bleibt es die Aufgabe des Gesetzgebers, Gesetze zu erlassen. Wenn das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber allerdings vorgibt, dass das Verständigungsgesetz den verfassungsmäßigen Anforderungen entspricht, so bleibt für den Gesetzgeber unklar, wann und wie er zu handeln hat, wenn das Vollzugsdefizit in der Praxis keine Besserung erfährt.

Dieses Urteil ist v. a. für die Gerichte relevant. Es bringt zum Ausdruck, dass sie sich an die Formvorschriften der Strafprozessordnung halten müssen. Tun sie dies nicht, so trete ein rechtswidriger Zustand ein, der zeitgleich einen Revisionsgrund ablichtet. Ein solches hat natürlich auch eine erhebliche Relevanz für den Beschuldigten - er ist als Subjekt des Strafprozesses besonders schützenswert. Die Verfahrensgrundsätze unserer Strafprozessordnung müssen zu seinem Schutze Anwendung finden. 

{{Doctitle}} zitiert {{count_recursive}} Urteil(e) aus unserer Datenbank.
published on 06.04.2017 00:00

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 389/16 vom 6. April 2017 in der Strafsache gegen wegen besonders schwerer Vergewaltigung u.a. hier: Anhörungsrüge des Verurteilten ECLI:DE:BGH:2017:060417B3STR389.16.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs
published on 28.06.2016 00:00

Tenor Die Anhörungsrüge des Verurteilten gegen den Senatsbeschluss vom 26. November 2015 wird verworfen. Der Verurt
{{count_recursive}} Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren {{Doctitle}}.

Annotations

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Verfassungsbeschwerde bedarf der Annahme zur Entscheidung.

(2) Sie ist zur Entscheidung anzunehmen,

a)
soweit ihr grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt,
b)
wenn es zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 genannten Rechte angezeigt ist; dies kann auch der Fall sein, wenn dem Beschwerdeführer durch die Versagung der Entscheidung zur Sache ein besonders schwerer Nachteil entsteht.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Die Revisionsanträge und ihre Begründung sind spätestens binnen eines Monats nach Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, anzubringen. Die Revisionsbegründungsfrist verlängert sich, wenn das Urteil später als einundzwanzig Wochen nach der Verkündung zu den Akten gebracht worden ist, um einen Monat und, wenn es später als fünfunddreißig Wochen nach der Verkündung zu den Akten gebracht worden ist, um einen weiteren Monat. War bei Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels das Urteil noch nicht zugestellt, so beginnt die Frist mit der Zustellung des Urteils und in den Fällen des Satzes 2 der Mitteilung des Zeitpunktes, zu dem es zu den Akten gebracht ist.

(2) Seitens des Angeklagten kann dies nur in einer von dem Verteidiger oder einem Rechtsanwalt unterzeichneten Schrift oder zu Protokoll der Geschäftsstelle geschehen.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

Hat das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt, versetzt es insoweit auf Antrag das Verfahren durch Beschluss in die Lage zurück, die vor dem Erlass der Entscheidung bestand. Der Antrag ist binnen einer Woche nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Revisionsgericht zu stellen und zu begründen. Der Zeitpunkt der Kenntniserlangung ist glaubhaft zu machen. Hierüber ist der Angeklagte bei der Bekanntmachung eines Urteils, das ergangen ist, obwohl weder er selbst noch ein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht anwesend war, zu belehren. § 47 gilt entsprechend.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Das Gericht, an das die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung verwiesen ist, hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung des Urteils zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(2) Das angefochtene Urteil darf in Art und Höhe der Rechtsfolgen der Tat nicht zum Nachteil des Angeklagten geändert werden, wenn lediglich der Angeklagte, zu seinen Gunsten die Staatsanwaltschaft oder sein gesetzlicher Vertreter Revision eingelegt hat. Wird die Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgehoben, hindert diese Vorschrift nicht, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen. Satz 1 steht auch nicht der Anordnung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus oder einer Entziehungsanstalt entgegen.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Die Entscheidung nach § 93b und § 93c ergeht ohne mündliche Verhandlung. Sie ist unanfechtbar. Die Ablehnung der Annahme der Verfassungsbeschwerde bedarf keiner Begründung.

(2) Solange und soweit der Senat nicht über die Annahme der Verfassungsbeschwerde entschieden hat, kann die Kammer alle das Verfassungsbeschwerdeverfahren betreffenden Entscheidungen erlassen. Eine einstweilige Anordnung, mit der die Anwendung eines Gesetzes ganz oder teilweise ausgesetzt wird, kann nur der Senat treffen; § 32 Abs. 7 bleibt unberührt. Der Senat entscheidet auch in den Fällen des § 32 Abs. 3.

(3) Die Entscheidungen der Kammer ergehen durch einstimmigen Beschluß. Die Annahme durch den Senat ist beschlossen, wenn mindestens drei Richter ihr zustimmen.