Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 20. März 2017 - 2 WD 16/16

ECLI:ECLI:DE:BVerwG:2017:200317B2WD16.16.0
bei uns veröffentlicht am20.03.2017

Tatbestand

1

Gegen den Soldaten wurden mit Urteil des Truppendienstgerichts Nord - N 4 VL 44/14 - vom 26. Juli 2016 wegen eines Dienstvergehens ein Beförderungsverbot für die Dauer von 48 Monaten verhängt und seine Dienstbezüge für die Dauer von 30 Monaten um ein Zehntel gekürzt. Hiergegen hat der Soldat mit Schriftsatz seiner Verteidiger vom 26. September 2016 Berufung eingelegt.

2

Mit Verfügung vom 16. Dezember 2016 hat die Vorsitzende des 2. Wehrdienstsenats Termin zur Berufungshauptverhandlung auf den 23. März 2017 anberaumt und hierzu die Ladung mehrerer Zeugen, darunter des Obermaats K., angeordnet.

3

Mit Schriftsatz seiner Verteidiger vom 22. Dezember 2016 beantragte der Soldat, zu seiner Entlastung auch die bisher nicht geladene Ehefrau des deutschen Botschafters im X. als Zeugin zu laden, weil diese ausweislich von Blatt 54 der Akten den der Anschuldigung zugrundeliegenden Vorfall beobachtet habe.

4

Mit Schreiben vom 9. Januar 2017 teilte der Erste Offizier der Fregatte ... dem Gericht mit, dass sich die Fregatte ..., auf der der Zeuge Obermaat K. Dienst leiste, seit 12. Dezember 2016 bis voraussichtlich 13. April 2017 im Rahmen einer NATO-Operation in See befinde, weshalb ein Erscheinen des Zeugen zur Berufungshauptverhandlung nur sehr aufwändig realisierbar und mit operativen Einschränkungen für das Schiff verbunden sei. Es werde daher gebeten, auf das Erscheinen des Zeugen zum Termin zu verzichten.

5

Mit Verfügung und gleichlautenden Schreiben vom 10. Januar 2017 an den Bundeswehrdisziplinaranwalt und die Verteidiger des Soldaten teilte die Berichterstatterin daraufhin (u.a.) Folgendes mit:

"Der Senat hält eine persönliche Anhörung des Zeugen K. für geboten und beabsichtigt, dem Ersten Offizier daher mitzuteilen, dass trotz des hohen Aufwandes und der ggf. dadurch entstehenden Prozesskosten ein Erscheinen des Zeugen zum Termin zu gewährleisten ist. Sie haben bis zum 18. Januar 2017 Gelegenheit, Einwände hiergegen vorzubringen.

Zugleich weise ich darauf hin, dass nach § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO, § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO eine Ladung der Ehefrau des - soweit hier bekannt auch aktuell - amtierenden deutschen Botschafters im X., I. R., zum Termin zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich sein dürfte. Bei der Entscheidung über einen Beweisantrag, mit dem die Vernehmung eines im Ausland zu ladenden Zeugen beantragt wird, ist das Gericht vom Verbot der Beweisantizipation befreit (vgl. BGH, Urteil vom 18. Januar 1994 - 1 StR 745/93, BGHSt 40, 60 ff.).

Bei den Akten befindet sich eine von R. verfasste und dem Kommandanten der Fregatte ... am 20. Mai 2013 per e-mail übersandte Wiedergabe der Beobachtungen seiner Ehefrau. Hiernach hat R. weder bekundet, das Zeigen des 'Hitlergrußes' gesehen, noch die dem Soldaten unter Punkt 2 b der Anschuldigungsschrift vorgeworfene Äußerung gehört zu haben. Allerdings war sie ausweislich dieser Stellungnahme auch zeitweise beim Schwimmen und im Hotelrestaurant, also nicht den gesamten von der Anschuldigungsschrift erfassten Zeitraum in der Nähe des Soldaten. Daher dürften ihre zu erwartenden Bekundungen weder die Vorwürfe bestätigen, noch einen Beweiswert haben, der die Glaubhaftigkeit der Bekundungen von Zeugen erschüttern könnte, die ggf. die Vorwürfe aus eigener Wahrnehmung in der Berufungshauptverhandlung glaubhaft bestätigen werden.

Auch hierzu erhalten Sie binnen der genannten Frist Gelegenheit zur Stellungnahme."

6

Mit Schriftsatz vom 16. Januar 2017 erklärten die Verteidiger des Soldaten, sie bestünden darauf, dass die Ehefrau des deutschen Botschafters als Zeugin zum Termin geladen werde. Es sei nicht nachvollziehbar, dass deren Ladung entbehrlich sei, gleichzeitig aber der ebenfalls ortsabwesende Zeuge Obermaat K. mit einem weit höheren Kostenaufwand zurück ins Bundesgebiet verbracht werde. Die Aussagen der Ehefrau des deutschen Botschafters seien, auch wenn sie zeitweise abwesend gewesen sein sollte, wozu sie persönlich noch keine Ausführungen gemacht habe, unerlässlich, um den Beweiswert der Aussagen des bisherigen Hauptbelastungszeugen zu erschüttern oder zu widerlegen. Der Senat werde gebeten, bis zum 25. Januar 2017 zu bestätigen, dass die Ehefrau des deutschen Botschafters zum Termin geladen werde.

7

Mit Verfügung vom 3. Februar 2017 ordnete die Berichterstatterin des 2. Wehrdienstsenats die Übersendung eines Schreibens des Bundeswehrdisziplinaranwalts vom 1. Februar 2017 an die Verteidiger des Soldaten mit dem Zusatz an, dass, wenn Einsicht in das (in dem Schreiben des Bundeswehrdisziplinaranwalts erwähnte) Heft 4 der Marinedienstvorschrift 160/1 gewünscht werde, um Mitteilung bis zum 10. Februar 2016 (richtig: 2017) gebeten werde.

8

Mit Schriftsatz seiner Verteidiger vom 15. Februar 2017 lehnte der Soldat den Senat als befangen ab. Zur Begründung führte er aus, dass der Senat keine Kosten scheue, den Obermaat K. von der im Rahmen einer NATO-Operation in See befindlichen Fregatte ... aus einfliegen zu lassen, das Einfliegen der Ehefrau des deutschen Botschafters im X. jedoch ablehne. Es sei nicht nachvollziehbar, warum der Senat meine, sich unter Abstützung auf den Bundesgerichtshof vom Verbot der Beweisantizipation befreien zu können, und es gleichzeitig für unerlässlich halte, einen ebenfalls im Ausland stehenden Soldaten mit weitaus höherem Kostenaufwand nach Deutschland heimfliegen zu lassen. Hierdurch werde eindeutig und unwiderlegbar der Eindruck der Befangenheit erweckt. Er, der Berufungsführer, befürchte, dass ihn nur noch ein Verfahren erwarte, dessen Ergebnis bereits feststehe. Der Eindruck der Befangenheit werde auch durch die kurzen Fristen für die Rückäußerungen der Verteidigung erweckt. Es sei nicht nachzuvollziehen, warum der Senat mit Verfügung vom 3. Februar 2017, zugegangen am 6. Februar 2017, eine Frist zum 10. Februar 2017 setze und warum die Verteidiger binnen vier Arbeitstagen dem Senat eine Rückantwort zu erteilen hätten. Die Fristsetzung erscheine willkürlich und nur zur Demonstration der Macht des Senats angeordnet. Alle genannten Ereignisse erzeugten den Eindruck der vollständigen Befangenheit insbesondere der Berichterstatterin. Diese werde wie der gesamte Senat abgelehnt, da eine Trennung zwischen den Verfügungen der Berichterstatterin und dem Rest des Senats aus Sicht der Verteidigung nicht mehr möglich sei.

9

Die drei berufsrichterlichen Mitglieder des 2. Wehrdienstsenats haben unter dem 28. Februar, 1. März und 2. März 2017 dienstliche Äußerungen zu dem Befangenheitsantrag abgegeben. Die Verteidiger des Soldaten haben sich hierzu mit Schriftsatz vom 14. März 2017, per Fax eingegangen bei Gericht am 17. März 2017, geäußert. Der Bundeswehrdisziplinaranwalt hat von der Gelegenheit zur Stellungnahme keinen Gebrauch gemacht.

10

Wegen aller Einzelheiten wird auf die Akten verwiesen. Dem Senat haben bei der Beratung die Gerichtsakten beider Instanzen samt Beiakten vorgelegen.

Entscheidungsgründe

11

Über das Ablehnungsgesuch entscheidet der Senat in der sich aus der Vertretungsregelung des Geschäftsverteilungsplans des Bundesverwaltungsgerichts für das Geschäftsjahr 2017, Abschnitt C II. Satz 2 (Vertretung der Vorsitzenden) und Abschnitt C III. Nr. 1 und 4 (Vertretung der Beisitzenden) ergebenden Besetzung (§ 91 Abs. 1 Satz 1 WDO i.V.m. § 27 Abs. 1 und 2 StPO).

12

Die Ablehnung der drei regelmäßigen berufsrichterlichen Mitglieder des 2. Wehrdienstsenats wegen Besorgnis der Befangenheit ist unbegründet, weil kein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen deren Unparteilichkeit zu rechtfertigen (§ 91 Abs. 1 Satz 1 WDO i.V.m. § 24 Abs. 1 und 2 StPO).

13

1. Das Ablehnungsgesuch vom 15. Februar 2017 ist unter Berücksichtigung seiner Begründung zulässig.

14

Ungenügend ist allerdings die einleitende Antragstellung, wonach "der Senat" als befangen abgelehnt wird. Denn abgelehnt werden können nur einzelne Richter oder einzelne Mitglieder eines Gerichts, nicht ein Kollegialgericht als Ganzes (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl. 2016, § 24 Rn. 3 m.w.N.). Als einzelne Richterin bezeichnet hat der Soldat in der Begründung des Gesuchs nur die für das Verfahren zuständige Berichterstatterin Dr. C. Zulässig ist es jedoch, alle Richter abzulehnen, die an einer bestimmten Entscheidung mitgewirkt haben (BGH, Urteil vom 16. Dezember 1969 - 5 StR 468/69 - BGHSt 23, 200 <202> und Beschluss vom 10. Juli 2014 - 3 StR 262/14 - NStZ 2014, 725); Entsprechendes gilt bei der Mitwirkung an prozessleitenden Verfügungen, wie hier der Ladung von Zeugen zur Hauptverhandlung.

15

Der Soldat beanstandet vor allem die Verfügung vom 10. Januar 2017, die nach ihrem Wortlaut ("Der Senat hält ...") und der dienstlichen Äußerung der Berichterstatterin auf einer Zwischenberatung der Berufsrichter beruht. Insofern kann zugunsten des Soldaten die in der Begründung des Gesuchs enthaltene Formulierung, dass "eine Trennung zwischen den Verfügungen der Berichterstatterin und dem Rest des Senates aus Sicht der Verteidigung nicht mehr möglich" sei, als hinreichend individualisierter Ablehnungsantrag auch gegen die Senatsvorsitzende Dr. A. und den Mitberichterstatter Prof. Dr. B. verstanden werden.

16

Das Ablehnungsgesuch erstreckt sich dagegen ersichtlich nicht auf ehrenamtliche Richter, die nur innerhalb der Hauptverhandlung mitwirken (§ 80 Abs. 3 Satz 1 WDO) und an den hier inmitten stehenden Verfügungen und deren Vorbereitung nicht beteiligt waren.

17

2. Das Ablehnungsgesuch ist jedoch unbegründet.

18

Besorgnis der Befangenheit besteht, wenn ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln (vgl. Scheuten, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 7. Aufl. 2013, § 24 Rn. 3a mit Nachweisen zur stRspr). Eine den Verfahrensgegenstand berührende Vortätigkeit des Richters ist dabei, soweit sie der Gesetzgeber nicht zum Ausschließungsgrund erhoben hat, regelmäßig kein Ablehnungsgrund, soweit nicht besondere Umstände hinzukommen, die die Besorgnis der Befangenheit begründen (vgl. Scheuten, a.a.O., § 24 Rn. 8 mit Nachweisen zur stRspr). Insbesondere rechtfertigen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Mitwirkung des Richters an Zwischenentscheidungen in dem anhängigen Verfahren und die dabei geäußerten Rechtsmeinungen in der Regel nicht die Annahme der Befangenheit (vgl. auch zum Folgenden, BGH, Beschluss vom 10. September 2002 - 1 StR 169/02 - BGHSt 48, 4 <8>). Selbst Verfahrensverstöße, die auf einem Irrtum oder auf einer unrichtigen oder sogar unhaltbaren Rechtsansicht beruhen, stellen grundsätzlich keinen Ablehnungsgrund dar. Dies folgt aus dem Grundsatz, dass sachliche und rechtliche Fehler für sich nicht geeignet sind, die Besorgnis der Befangenheit eines Richters zu begründen. Allerdings gilt dieser Maßstab dann nicht, wenn dessen Entscheidungen abwegig sind oder sogar den Anschein der Willkür erwecken.

19

Nach diesen Maßstäben ergibt sich aus der Ladung von Obermaat K. als Zeugen einerseits und der Nichtladung der Ehefrau des deutschen Botschafters im X. als Zeugin andererseits keine Besorgnis der Befangenheit der beteiligten Richter.

20

Aus der Ladung von Obermaat K. (als solcher) folgt schon deshalb kein Ablehnungsgrund, weil die Verteidigung selbst nicht geltend gemacht hat, dass dessen persönliche Anhörung in der Hauptverhandlung entbehrlich sei. Sie hat vielmehr dessen Ladung in dem Ablehnungsgesuch allein zu dem Zweck aufgegriffen, um die Kosten, die mit der Anreise dieses geladenen Zeugen von der (sich im Rahmen einer NATO-Operation in der ... befindenden) Fregatte ... anfallen, den Kosten, die mit einer Anreise der nicht geladenen Ehefrau des deutschen Botschafters im X. verbunden wären, gegenüberzustellen und (unter anderem) hieraus den Eindruck der Befangenheit herzuleiten.

21

Was die Ehefrau des deutschen Botschafters im X. betrifft, so wurde diese jedoch nicht wegen der möglichen Kosten ihrer Anreise, sondern - wie sich eindeutig aus der Verfügung vom 10. Januar 2017 ergibt - auf der Grundlage von § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO i.V.m. § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO nicht als Zeugin geladen. Nach dieser Vorschrift kann ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre, abgelehnt werden, wenn die Vernehmung nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Die Verfügung vom 10. Januar 2017 legt demgemäß - unter Bezugnahme auf das in dem Ladungsantrag vom 22. Dezember 2016 angeführte Schreiben des deutschen Botschafters im X. (Bl. 54 der Gerichtsakte) und die dort wiedergegebenen Beobachtungen und Aussagen seiner Ehefrau - die Gründe dar, aus denen der Senat die Vernehmung der Ehefrau des deutschen Botschafters im Sinne des § 244 Abs. 5 StPO für nicht erforderlich zur Erforschung der Wahrheit hält. Zusammenfassend heißt es dazu, dass "ihre zu erwartenden Bekundungen weder die Vorwürfe bestätigen, noch einen Beweiswert haben, der die Glaubhaftigkeit der Bekundungen von Zeugen erschüttern könnte, die ggf. die Vorwürfe aus eigener Wahrnehmung in der Berufungshauptverhandlung glaubhaft bestätigen werden".

22

Der Antrag vom 22. Dezember 2016, die Ehefrau des deutschen Botschafters im X. als Zeugin zur Hauptverhandlung zu laden, wurde damit nach den Vorschriften des maßgeblichen Prozessrechts in einer Weise behandelt, die - im Sinne der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - nicht abwegig ist oder den Anschein der Willkür erweckt. Ein berechtigter Anlass, an der Unvoreingenommenheit der beteiligten Richter zu zweifeln, könnte deshalb nur dann bestehen, wenn besondere Umstände hinzukämen, die die Besorgnis der Befangenheit begründeten.

23

Solche besonderen Umstände liegen jedoch nicht vor. Sie ergeben sich insbesondere nicht daraus, dass sich die von dem Soldaten abgelehnten Richter mit der Darlegung der Gründe für die Nichtladung der Ehefrau des deutschen Botschafters für die Hauptverhandlung festgelegt hätten und den Berufungsführer, wie er geltend macht, nur noch ein Verfahren erwarte, dessen Ergebnis bereits feststehe.

24

Zum einen ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, auf die in der Verfügung vom 10. Januar 2017 hingewiesen wurde, das Gericht bei der Entscheidung über einen Beweisantrag gemäß § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO, anders als bei der Bescheidung sonstiger Beweisanträge gemäß § 244 Abs. 3 StPO, vom Verbot der Beweisantizipation befreit; es darf also seine Entscheidung davon abhängig machen, welche Ergebnisse von der Beweisaufnahme zu erwarten sind und wie diese zu erwartenden Ergebnisse zu würdigen wären (vgl. BGH, Urteil vom 18. Januar 1994 - 1 StR 745/93 - BGHSt 40, 60 <62>). Gehört die Bewertung der bisherigen Beweislage und die Würdigung der zu erwartenden Ergebnisse einer weiteren Beweisaufnahme aber zum gesetzlichen Tatbestand, so kann die richterliche Anwendung dieses Tatbestands nicht die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit begründen (ebenso Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl. 2016, § 24 Rn. 14; Temming, in: Heidelberger Kommentar zur StPO, 5. Aufl. 2012, § 24 Rn. 18).

25

Zum anderen stellen die in der Verfügung vom 10. Januar 2017 mitgeteilten rechtlichen Erwägungen, wie sich aus deren konjunktivischer oder hypothetischer Formulierung ergibt, ersichtlich eine vorläufige Einschätzung dar, die die Vorgehensweise des Gerichts bei der Vorbereitung der Berufungshauptverhandlung erläutert. Welche Ergebnisse die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung tatsächlich hervorbringen wird und wie diese dann zu würdigen sein werden, ist damit nicht vorgezeichnet. Ebensowenig ist vorbestimmt, wie im Lichte der Ergebnisse dieser Beweisaufnahme über einen ggf. in der Hauptverhandlung gestellten Beweisantrag, die Ehefrau des deutschen Botschafters im X. als Zeugin zu vernehmen, zu entscheiden sein wird, was im Falle der Ablehnung dann eines Gerichtsbeschlusses bedarf (§ 244 Abs. 6 StPO).

26

Ein Grund, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. C. zu rechtfertigen, folgt schließlich nicht aus deren Verfügung vom 3. Februar 2017, mit der sie die Verteidiger des Soldaten um Mitteilung bis zum 10. Februar 2016 (richtig und von der Verteidigung auch so verstanden: 2017) bat, wenn Einsicht in das von der Bundeswehrdisziplinaranwaltschaft vorgelegte Heft 4 der Marinedienstvorschrift 160/1 gewünscht werde. Auch wenn diese Verfügung erst am 6. Februar 2017 (vormittags) zugegangen ist, ist nicht erkennbar, warum - wie die Verteidiger geltend machen - es willkürlich sei und eine unzulässige Ausübung von Druck darstelle, wenn im Zuge der Vorbereitung einer in rund eineinhalb Monaten anstehenden Berufungshauptverhandlung innerhalb von fünf Werktagen eine Antwort auf eine einfache Frage erbeten wird, zumal bejahendenfalls mit einer weiteren Frist Einsicht in die Marinedienstvorschrift zu gewähren wäre. Sofern der Beantwortung der Frage für das Gericht nicht erkennbare Hindernisse entgegengestanden haben sollten, hätten diese, was im vorliegenden Fall jedoch nicht geschehen ist, ohne Weiteres mit einem Antrag auf Fristverlängerung vorgebracht werden können.

27

3. Der in dem Schriftsatz der Verteidiger des Soldaten vom 14. März 2017 gestellte weitere Antrag, den für den 23. März 2017 angesetzten Termin der Berufungshauptverhandlung zu verlegen und die Entscheidung dem 1. Wehrdienstsenat zu übertragen, ist nicht Gegenstand dieses Beschlusses.

Urteilsbesprechung zu Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 20. März 2017 - 2 WD 16/16

Urteilsbesprechungen zu Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 20. März 2017 - 2 WD 16/16

Referenzen - Gesetze

Strafprozeßordnung - StPO | § 244 Beweisaufnahme; Untersuchungsgrundsatz; Ablehnung von Beweisanträgen


(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

Strafprozeßordnung - StPO | § 24 Ablehnung eines Richters; Besorgnis der Befangenheit


(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. (2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt,

Wehrdisziplinarordnung - WDO 2002 | § 91 Ergänzende Vorschriften


(1) Zur Ergänzung der Vorschriften dieses Gesetzes über das gerichtliche Disziplinarverfahren sind die Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes, insbesondere über Sitzungspolizei, Gerichtssprache, Beratung und Abstimmung, und die Vorschriften der

Strafprozeßordnung - StPO | § 27 Entscheidung über einen zulässigen Ablehnungsantrag


(1) Wird die Ablehnung nicht als unzulässig verworfen, so entscheidet über das Ablehnungsgesuch das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung. (2) Wird ein richterliches Mitglied der erkennenden Strafkammer abgelehnt, so entscheid
Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 20. März 2017 - 2 WD 16/16 zitiert 6 §§.

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(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

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(1) Zur Ergänzung der Vorschriften dieses Gesetzes über das gerichtliche Disziplinarverfahren sind die Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes, insbesondere über Sitzungspolizei, Gerichtssprache, Beratung und Abstimmung, und die Vorschriften der Strafprozessordnung sowie § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung anzuwenden, soweit nicht die Eigenart des gerichtlichen Disziplinarverfahrens entgegensteht. An die Stelle der in diesen Gesetzen genannten Fristen von einer Woche tritt jeweils eine Frist von zwei Wochen. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Bundesgerichtshofs die Wehrdienstsenate beim Bundesverwaltungsgericht treten und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt; auf das Verfahren des Wehrdisziplinaranwalts vor Vorlage der Anschuldigungsschrift beim Truppendienstgericht sind sie jedoch nicht anzuwenden.

(2) Die Wehrdienstgerichte entscheiden mit einfacher Stimmenmehrheit.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

(1) Zur Ergänzung der Vorschriften dieses Gesetzes über das gerichtliche Disziplinarverfahren sind die Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes, insbesondere über Sitzungspolizei, Gerichtssprache, Beratung und Abstimmung, und die Vorschriften der Strafprozessordnung sowie § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung anzuwenden, soweit nicht die Eigenart des gerichtlichen Disziplinarverfahrens entgegensteht. An die Stelle der in diesen Gesetzen genannten Fristen von einer Woche tritt jeweils eine Frist von zwei Wochen. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Bundesgerichtshofs die Wehrdienstsenate beim Bundesverwaltungsgericht treten und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt; auf das Verfahren des Wehrdisziplinaranwalts vor Vorlage der Anschuldigungsschrift beim Truppendienstgericht sind sie jedoch nicht anzuwenden.

(2) Die Wehrdienstgerichte entscheiden mit einfacher Stimmenmehrheit.

(1) Wird die Ablehnung nicht als unzulässig verworfen, so entscheidet über das Ablehnungsgesuch das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung.

(2) Wird ein richterliches Mitglied der erkennenden Strafkammer abgelehnt, so entscheidet die Strafkammer in der für Entscheidungen außerhalb der Hauptverhandlung vorgeschriebenen Besetzung.

(3) Wird ein Richter beim Amtsgericht abgelehnt, so entscheidet ein anderer Richter dieses Gerichts. Einer Entscheidung bedarf es nicht, wenn der Abgelehnte das Ablehnungsgesuch für begründet hält.

(4) Wird das zur Entscheidung berufene Gericht durch Ausscheiden des abgelehnten Mitglieds beschlußunfähig, so entscheidet das zunächst obere Gericht.

(1) Zur Ergänzung der Vorschriften dieses Gesetzes über das gerichtliche Disziplinarverfahren sind die Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes, insbesondere über Sitzungspolizei, Gerichtssprache, Beratung und Abstimmung, und die Vorschriften der Strafprozessordnung sowie § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung anzuwenden, soweit nicht die Eigenart des gerichtlichen Disziplinarverfahrens entgegensteht. An die Stelle der in diesen Gesetzen genannten Fristen von einer Woche tritt jeweils eine Frist von zwei Wochen. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Bundesgerichtshofs die Wehrdienstsenate beim Bundesverwaltungsgericht treten und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt; auf das Verfahren des Wehrdisziplinaranwalts vor Vorlage der Anschuldigungsschrift beim Truppendienstgericht sind sie jedoch nicht anzuwenden.

(2) Die Wehrdienstgerichte entscheiden mit einfacher Stimmenmehrheit.

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht der Staatsanwaltschaft, dem Privatkläger und dem Beschuldigten zu. Den zur Ablehnung Berechtigten sind auf Verlangen die zur Mitwirkung bei der Entscheidung berufenen Gerichtspersonen namhaft zu machen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 S t R 2 6 2 / 1 4
vom
10. Juli 2014
in der Strafsache
gegen
wegen schweren Bandendiebstahls u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers
und des Generalbundesanwalts - zu 2. auf dessen Antrag - am 10. Juli
2014 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aurich vom 11. November 2013 im Ausspruch über die Verfallsentscheidung aufgehoben; dieser entfällt.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schweren Bandendiebstahls in zehn Fällen und wegen versuchten schweren Bandendiebstahls in zwei Fällen zur Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und acht Monaten verur- teilt und einen Betrag in Höhe von 333,21 € für verfallen erklärt. Dagegen wen- det sich der Beschwerdeführer mit seiner auf zwei Verfahrensbeanstandungen sowie die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen, geringfügigen Teilerfolg, im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Die Verfahrensrügen dringen nicht durch.
3
a) Die Beanstandung, die Strafkammer habe gegen die §§ 200, 201 StPO sowie gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens verstoßen, weil sie dem Angeklagten am zweiten Hauptverhandlungstag keine Übersetzung der Anklageschrift in einer für ihn verständlichen Sprache (Roma) überlassen, sondern ihn auf die mündliche Übersetzung der Anklageschrift verwiesen und zudem einen Antrag, ihm eine in die Sprache Roma übersetzte Anklageschrift auszuhändigen sowie das Verfahren bis zur Übergabe der übersetzten Anklage auszusetzen, unter Hinweis auf eine mehrere Stunden dauernde Unterbrechung zurückgewiesen habe, ist jedenfalls unbegründet.
4
Allerdings hatte der Angeklagte nach Art. 6 Abs. 3 Buchst. a) MRK das Recht, innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihm verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen ihn erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden. Dieses Recht beinhaltet für den der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtigen Beschuldigten grundsätzlich die Übersendung einer Übersetzung der Anklageschrift in einer für ihn verständlichen Sprache; dies hat in aller Regel schon vor der Hauptverhandlung zu geschehen. Auch die Überlassung der in die serbische Sprache übersetzten Anklageschrift war deshalb - ungeachtet des Umstands, dass der Angeklagte diese Sprache ebenfalls nicht beherrschte - grundsätzlich zu spät. Die mündliche Übersetzung genügt nur in Ausnahmefällen, namentlich dann, wenn der Verfahrensgegenstand tatsächlich und rechtlich einfach zu überschauen ist (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Aufl., Art. 6 MRK Rn. 18 mwN). Durch Gesetz zur Stärkung der Verfahrensrechte von Beschuldigten im Strafverfahren vom 2. Juli 2013 (BGBl. I, S. 1938) ist zudem zur Umsetzung der Richtlinie 2010/64/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Oktober 2010 über das Recht auf Dolmet- scherleistungen und Übersetzungen in Strafverfahren § 187 GVG geändert worden. Die in Art. 3 der Richtlinie enthaltene inhaltliche Konkretisierung des Anspruches eines der Sprache des Strafverfahrens nicht mächtigen Beschuldigten auf schriftliche Übersetzung aller für seine Verteidigung und zur Gewährleistung eines fairen Verfahrens wesentlichen Unterlagen findet danach nunmehr in § 187 Abs. 2 Satz 1 GVG dahin ihren Niederschlag, dass in der Regel die schriftliche Übersetzung von freiheitsentziehenden Anordnungen sowie von Anklageschriften, Strafbefehlen und nicht rechtskräftigen Urteilen für die Ausübung der strafprozessualen Rechte des Beschuldigten erforderlich ist. An die Stelle der schriftlichen Übersetzung kann nach § 187 Abs. 2 Satz 4 GVG zwar eine mündliche Übersetzung oder eine mündliche Zusammenfassung treten, wenn dadurch die strafprozessualen Rechte des Beschuldigten gewahrt werden , was nach § 187 Abs. 2 Satz 5 GVG regelmäßig der Fall sein soll, wenn der Beschuldigte einen Verteidiger hat (kritisch zu dieser Regelung Eisenberg, JR 2013, 442, 445). Insoweit hatte der Gesetzgeber indes vor allem die Übersetzung von Urteilen im Blick; die Verpflichtung zur schriftlichen Urteilsübersetzung sollte in der Regel dann nicht greifen, wenn eine effektive Verteidigung des nicht ausreichend sprachkundigen Angeklagten dadurch ausreichend gewährleistet wird, dass der von Gesetzes wegen für die Revisionsbegründung verantwortliche Rechtsanwalt das schriftliche Urteil kennt (BT-Drucks. 17/12578, S. 12 mwN). Geht es um die Übersetzung der Anklageschrift, ist die Verfahrenslage aber eine andere, weil durch die Mitteilung der Anklageschrift gerade die durch Art. 6 Abs. 3 Buchst. a) MRK gewährleistete Information des Beschuldigten über den Tatvorwurf "in allen Einzelheiten" bewirkt werden soll. Auch die Erklärungsrechte des § 201 Abs. 1 Satz 1 StPO werden möglicherweise beschnitten, wenn der Angeschuldigte über den Anklagevorwurf nicht umfassend und zeitnah unterrichtet wird.
5
Es kann im Ergebnis indes offen bleiben, ob das Vorgehen des Vorsitzenden der Strafkammer gemessen an diesen Maßstäben rechtsfehlerfrei war. Denn der Senat kann jedenfalls ausschließen, dass das Urteil, das nach 23 weiteren Hauptverhandlungstagen ergangen ist, in denen zu den Tatvorwürfen umfassend Beweis erhoben, der Sachverhalt somit umfassend aufgeklärt worden ist und der Angeklagte die ihm zur Last gelegten Taten am letzten Hauptverhandlungstag auf Drängen seiner Verteidigung gestanden hat, auf einem etwaigen Informationsdefizit am zweiten Hauptverhandlungstag beruht, das durch die Ablehnung der Anträge der Verteidigung aufgetreten sein könnte.
6
b) Die Rüge der Verletzung des § 338 Nr. 3 StPO durch die rechtsfehlerhafte Verwerfung eines Befangenheitsantrages als unzulässig ist ebenfalls unbegründet.
7
Der Beanstandung liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde: Nachdem die Strafkammer mit einem in der Hauptverhandlung verkündeten Beschluss das Verfahren gegen einen früheren Mitangeklagten entgegen dem Widerspruch der Verteidigung des Angeklagten am 14. Hauptverhandlungstag abgetrennt hatte, lehnte dieser "die Mitglieder der Kammer" wegen Besorgnis der Befangenheit ab und begründete dies damit, dass "die gesamte Kammer" den Beschluss nach Kammerberatung gefällt habe, durch den sie den früheren Mitangeklagten zu einem Zeugen gegen den Angeklagten gemacht habe. Die Strafkammer verwarf das Gesuch durch die abgelehnten Richter als unzulässig , weil die Ablehnung eines Kollegialorgans als Ganzes unzulässig sei.
8
Dieses Vorgehen begegnet zwar rechtlichen Bedenken, weil die Begründung des Gesuchs, die zur Auslegung des Begehrens des Angeklagten heranzuziehen ist, hier ergibt, dass sich der Angeklagte nicht gegen ein Kollegialorgan als Ganzes, sondern gegen alle Richter eines solchen Organs wandte, die an einem bestimmten Beschluss mitgewirkt hatten. Ein solcher Befangenheitsantrag ist grundsätzlich zulässig (BGH, Urteil vom 16. Dezember 1969 - 5 StR 468/69, BGHSt 23, 200, 202; aA Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 24 Rn. 3).
9
Dies gefährdet den Bestand des Urteils jedoch nicht, denn das Landgericht hätte das Gesuch jedenfalls deshalb nach § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO als unzulässig verwerfen müssen, weil dessen Begründung aus zwingenden rechtlichen Gründen zur Rechtfertigung eines Ablehnungsgesuchs völlig ungeeignet war; ein solcher Fall steht dem gänzlichen Fehlen einer Begründung nach § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO gleich (BGH, Beschluss vom 25. April 2006 - 3 StR 429/05, NStZ 2006, 644, 645 mwN). Bei der Prüfung, ob die für eine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit gegebene Begründung in dem genannten Sinne völlig ungeeignet ist, muss allerdings Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG in den Blick genommen werden, weil von der richterlichen Beurteilung des Ablehnungsgesuchs als zulässig oder unzulässig die Zusammensetzung der Richterbank abhängt: Während im Regelfall des Verfahrens nach § 27 StPO der abgelehnte Richter nicht mitwirkt (§ 27 Abs. 1 aE StPO), scheidet er im Falle der Zurückweisung als unzulässig nicht aus (§ 26a Abs. 2 Satz 1 StPO). Die Vorschrift des § 26a StPO ist deshalb eng auszulegen (BVerfG, Beschluss vom 2. Juni 2005 - 2 BvR 625/01 und 2 BvR 638/01, NJW 2005, 3410). Eine Begründung ist danach u.a. dann nicht völlig ungeeignet, wenn der abgelehnte Richter zur Prüfung des Ablehnungsgesuchs sein eigenes Verhalten beurteilen und somit eine Entscheidung in eigener Sache treffen muss (BGH aaO).
10
So verhielt es sich hier indes nicht. Der Angeklagte begründete das Ablehnungsgesuch damit, dass die abgelehnten Richter an einer vorangegangenen Entscheidung, dem Abtrennungsbeschluss, mitgewirkt hatten. Ein Ablehnungsgesuch ,das lediglich damit begründet wird, der Richter sei an einer Vor- oder Zwischenentscheidung beteiligt gewesen, ist jedoch auch eingedenk des strengen Prüfungsmaßstabs nach § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO als unzulässig zu verwerfen. Da die Beteiligung an solchen Entscheidungen im selben und in anderen damit zusammenhängenden Verfahren von der Strafprozessordnung ausdrücklich vorgesehen ist, kann sie als solche aus normativen Gründen die Besorgnis der Befangenheit nicht begründen. Ein allein darauf gestütztes Ablehnungsgesuch ist aus zwingenden rechtlichen Gründen völlig ungeeignet, ein Ablehnungsgesuch zu rechtfertigen (BGH, Urteil vom 29. Juni 2005 - 5 StR 485/05, BGHR StPO § 26a Unzulässigkeit 14 mwN; BVerfG, Beschluss vom 20. März 2007 - 2 BvR 1730/06, juris Rn. 50). Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn besondere Umstände hinzutreten, die über die Befassung mit einer Vor- oder Zwischenentscheidung als solche hinausgehen, etwa bei damit verbundenen unnötigen und sachlich nicht gerechtfertigten Äußerungen des Richters über den Angeklagten (vgl. BGH aaO; BVerfG aaO, Rn. 52).
11
Solche Besonderheiten im Verhalten der abgelehnten Richter sind von dem Ablehnungsgesuch nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich. Dass dem ehemaligen Mitangeklagten nach der Abtrennung in dem Verfahren gegen den verbleibenden Angeklagten formal eine Zeugenstellung zukam, war die zwingende Folge der Abtrennung und vermag damit für sich genommen eine Befangenheit nicht zu begründen. Außer der pauschalen Wertung, die Abtrennung sei "willkürlich" erfolgt, werden konkrete Umstände, die eine solche Wertung oder auch nur das Beruhen der Abtrennung auf sachfremden Erwägungen begründen könnten, nicht dargelegt. Im Übrigen wird in dem Ablehnungsgesuch umfänglich das Einlassungsverhalten des ehemaligen Mitangeklagten wiedergegeben und es werden Mutmaßungen dazu angestellt, wie die Strafkammer damit in dem weiteren Verfahren umgehen und welchen - "abgespeckten" - Maßstab sie für eine Glaubwürdigkeitsprüfung anlegen werde; tat- sächliche Verhaltensweisen der Kammermitglieder und der Schöffen, die diese Mutmaßungen belegen könnten oder aus anderen Gründen ein für den Angeklagten nachteiliges Vorgehen der abgelehnten Richter nahe legen oder nur möglich erscheinen lassen könnten, teilt das Ablehnungsgesuch nicht mit. Damit blieb als Ablehnungsgrund allein die Mitwirkung an der Abtrennungsentscheidung , die indes aus zwingenden rechtlichen Gründen die Ablehnung nicht rechtfertigen kann; es lag mithin eine völlig ungeeignete Begründung des Ablehnungsgesuchs vor.
12
Nach alledem war das Ablehnungsgesuch gemäß § 26a Abs. 1 Nr. 2 StPO als unzulässig zu verwerfen; der Senat konnte im Revisionsverfahren den Verwerfungsgrund innerhalb des § 26a Abs. 1 StPO austauschen (BGH, Beschluss vom 25. April 2006 - 3 StR 429/05, NStZ 2006, 644, 646; MeyerGoßner /Schmitt, aaO, § 26a Rn. 11 mwN).
13
2. Die umfassende Überprüfung des Urteils auf die allgemein erhobene Sachrüge hat zum Schuldspruch und zum Strafausspruch keinen Rechtsfehler zu Ungunsten des Angeklagten ergeben. Die Anordnung des Verfalls kann indes keinen Bestand haben, weil das Landgericht offenbar den Anteil des Angeklagten an der Tatbeute vom 12. Oktober 2012 für verfallen erklären wollte und dabei nicht bedacht hat, dass der Verfallsanordnung zwingend Rückforderungsansprüche der Geschädigten im Sinne von § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen.
14
Aufgrund des geringfügigen Teilerfolgs erscheint es nicht unbillig, den Beschwerdeführer mit den gesamten Kosten seines Rechtsmittels zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
Becker Schäfer Mayer
Gericke Spaniol

(1) Für Wehrdisziplinarsachen und Wehrbeschwerdesachen werden beim Bundesverwaltungsgericht Wehrdienstsenate gebildet. Für die Gerichtsverfassung gelten die §§ 4 und 11 Abs. 2 bis 5 der Verwaltungsgerichtsordnung, soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt.

(2) Bei den Wehrdienstsenaten können nur Richter mitwirken, die vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hierfür bestimmt sind. Die Bestimmung wird bei der Übertragung des Richteramtes beim Bundesverwaltungsgericht getroffen. Sie kann auf Vorschlag oder mit Zustimmung des Präsidiums des Bundesverwaltungsgerichts auch später ergehen oder aufgehoben werden. Durch Beschluss des Präsidiums können Richter anderer Senate auch zu zeitweiligen Mitgliedern eines Wehrdienstsenats bestellt werden, wenn dieser infolge Verhinderung seiner Mitglieder oder regelmäßigen Vertreter beschlussunfähig ist.

(3) Die Wehrdienstsenate entscheiden in der Besetzung von drei Richtern und zwei ehrenamtlichen Richtern, bei Beschlüssen außerhalb der Hauptverhandlung in der Besetzung von drei Richtern. § 75 Abs. 2 und 3 ist anzuwenden.

(4) Die ehrenamtlichen Richter werden vor Aufteilung der benannten Soldaten oder früheren Soldaten auf die Truppendienstkammern von einem Richter eines Wehrdienstsenats aus den Soldaten oder früheren Soldaten ausgelost, die den Truppendienstgerichten als ehrenamtliche Richter benannt sind. Soldaten, die aufgrund der Wehrpflicht Wehrdienst leisten, werden für die Zeit ihres Grundwehrdienstes zum ehrenamtlichen Richter berufen, andere Soldaten oder frühere Soldaten für zwei Jahre. § 74 Abs. 3 Satz 2 und 3, Abs. 4 bis 8 sowie die §§ 77 bis 79 gelten sinngemäß.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja

a) Zur Frage der Befangenheit bei Fehlern im Zusammenhang mit der Anordnung
und Durchführung der Begutachtung der Schuldfähigkeit.

b) Zur Verhältnismäßigkeit bei der vorbereitenden Unterbringung in einem
psychiatrischen Krankenhaus zur Erstellung eines Gutachtens über eine
Persönlichkeitsstörung.
BGH, Beschl. vom 10. September 2002 - 1 StR 169/02 - LG Mannheim -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 169/02
vom
10. September 2002
in der Strafsache
gegen
wegen bandenmäßigen Betruges u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. September 2002 beschlossen
:
Auf die Revision des Angeklagten S. wird das Urteil des
Landgerichts Mannheim vom 18. Dezember 2001, soweit es ihn
betrifft, im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweitigen Ver-
handlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels
, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts
zurückverwiesen.

Gründe:


I.

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in 145 Fällen, wegen bandenmäßigen Betruges in weiteren 97 Fällen sowie wegen Kapitalanlagebetruges in Tateinheit mit versuchtem bandenmäßigen Betrug zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt. Die auf den Strafausspruch beschränkte Revision des Angeklagten hat mit der Rüge einer Verletzung der Vorschriften über die Ablehnung (§ 24 Abs. 1 und 2, § 338 Nr. 3 StPO) Erfolg. Auf die weitere Verfahrensrüge und die Sachrüge kommt es daher nicht an.
1. Das Rechtsmittel ist nach dem eindeutigen Wortlaut des gestellten Antrags und nach dem erkennbaren Willen des Angeklagten auf den Strafaus- spruch beschränkt. Der Wirksamkeit dieser Beschränkung steht nicht entgegen, daß mit der formellen Rüge beanstandet wird, an dem angefochtenen Urteil hätten mit den drei Berufsrichtern Me. , Dr. F. und T. Richter mitgewirkt, die vom Angeklagten S. wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt gewesen seien und bezüglich derer das Ablehnungsgesuch zu Unrecht verworfen worden sei (§ 338 Nr. 3 StPO). Die Revision kann, solange sie dadurch nicht widersprüchlich wird, auch dann auf den Strafausspruch beschränkt werden, wenn, wie in den Fällen einer Rüge nach § 338 Nr. 1 bis 7 StPO, ein Verfahrensfehler beanstandet wird, der auch den Schuldspruch berührt und ohne eine Beschränkung des Rechtsmittels das Urteil insgesamt zu Fall brächte (vgl. BGH NJW 1995, 1910; Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 45. Aufl. § 344 Rdn. 7; Kuckein in KK StPO 4. Aufl. § 338 Rdn. 6, § 344 Rdn. 6; Sarstedt/Hamm, Die Revision in Strafsachen, 6. Aufl., Rdn. 157 m.w.Nachw.). 2. Die Verteidiger des Angeklagten lehnten zu Beginn des ersten Hauptverhandlungstages die drei Berufsrichter wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Das Landgericht wies nach Einholung dienstlicher Erklärungen das Ablehnungsgesuch als unbegründet zurück.
Dem Ablehnungsgesuch liegt folgender Verfahrensablauf zugrunde: Der Angeklagte befand sich seit dem 5. Februar 2000 in Untersuchungshaft. Am 26. September 2000 beauftragte die Staatsanwaltschaft Prof. Dr. Sch. aus G. mit einem psychiatrischen und psychologischen Schuldfähigkeitsgutachten (§§ 20, 21 StGB). Gemäß Beschluß des Landgerichts Mannheim vom 2. Mai 2001 wurde der Gutachtenauftrag dahin erweitert,
ob infolge seines Zustandes weitere erhebliche rechtswidrige, insbesondere gleichartige Taten zu erwarten seien und deshalb seine Unterbringung in ei- nem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB oder wegen eines Hanges zur Begehung gleichartiger Betrugstaten eine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung (§ 66 Abs. 2 i.V.m. § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB) erforderlich sei. Der Sachverständige erstattete sein schriftliches Gutachten am 25. Juni 2001; er vermochte das Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen für eine mögliche Anwendung des § 21 StGB nicht auszuschließen. Mit Beschluß vom 9. Juli 2001 ordnete die Strafkammer ein weiteres psychiatrisches Gutachten an und bestellte Prof. Dr. Gl. aus Ma. zum weiteren Gutachter. Zur Begründung führte die Kammer aus, sie halte eine zusätzliche Begutachtung "unter Anwendung ausschließlich medizinisch-psychiatrischer Maßstäbe für erforderlich". Der Gutachter Prof. Dr. Sch. sei zu seinem Ergebnis unter Unterstellung eines ausschließlich auf den Angaben des Angeklagten beruhenden und lediglich zu dessen Gunsten bewerteten Ergebnisses einer vorweggenommenen Beweisaufnahme gelangt. Die Verteidigung erhob gegen den Beschluß Gegenvorstellung. Sie habe zum Zeitpunkt des Beschlusses weder Kenntnis vom Ergebnis der Begutachtung durch Prof. Dr. Sch. noch von dem Umstand gehabt, daß das Gutachten der Staatsanwaltschaft und dem Gericht überhaupt vorgelegen habe. Sie regte an, Prof. Dr. Sch. zur Klarstellung über das Ergebnis des Gutachtens aufzufordern.
Am 31. Juli 2001 lehnte der Angeklagte ein Gespräch mit Prof. Dr. Gl. ab. Am 2. August 2001 erstellte dieser daraufhin ein auf die schriftlichen Unterlagen gestütztes psychiatrisches Gutachten. Er schlug darin eine mehrwöchige Unterbringung des Angeklagten zur Beobachtung in einem psychiatrischen Krankenhaus vor. Dort könne u.a. das Verhalten des Ange-
klagten, sein Umgang mit Menschen und Dingen außerhalb der Untersuchungssituation , seine Selbstdarstellung solchen Menschen gegenüber, deren Urteil er entweder nicht "zu befürchten" habe oder deren Urteil er für belanglos halte, beobachtet werden. Während eines mehrwöchigen Aufenthalts in einem psychiatrischen Krankenhaus sei Sorge für eine sorgfältige Dokumentation des Verhaltens sowohl im Stationsalltag als auch im Gespräch mit Fachvertretern zu tragen. Die so entstehenden Berichte des ärztlichen und nichtärztlichen Personals könnten einen erheblichen Informationsgewinn bedeuten.
Am 6. August 2001 beantragte die Verteidigung, vor einer Entscheidung über die vorgeschlagene Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus das psychiatrische Gutachten des Prof. Dr. Gl. vom 2. August 2001 dem Sachverständigen Prof. Dr. Sch. zuzuleiten und eine Stellungnahme einzuholen. Dieser werde bestätigen, daß eine aktive Mitwirkung des Angeklagten zur Begutachtung unabdingbar sei. Mit Beschluß vom 8. August 2001 ordnete das Landgericht an, daß der Angeklagte in das Zentrum für Psychiatrie W. zu verbringen und dort zu beobachten sei. Im Rahmen einer mündlichen Haftprüfung am gleichen Tag wurde dem Angeklagten der Beschluß der Strafkammer zur Unterbringung gemäß § 81 StPO verkündet. Es wurde erörtert , daß der Beschluß nicht vollzogen würde, wenn der Angeklagte einer Verlegung in das Vollzugskrankenhaus H. und dort einer Untersuchung durch Prof. Dr. Gl. zustimme. Dieses lehnte der Angeklagte nach Rücksprache mit seinem Verteidiger erneut ab, da er nach der langen Untersuchungshaft nicht in der Lage sei, eine weitere Begutachtung durchzustehen.
Gegen den Beschluß vom 8. August 2001 legte der Verteidiger des Angeklagten sofortige Beschwerde mit der Begründung ein, die von Prof.
Dr. Gl. beschriebene Beobachtung trage ansatzweise experimentelle Züge und habe mit der von § 81 StPO gemeinten Beobachtung in einem psychiatrischen Krankenhaus wenig gemein.
Durch Beschluß vom 28. August 2001 ordnete der 3. Strafsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe an, die Beobachtung des Angeklagten sei nicht im Zentrum für Psychiatrie in W. , sondern in der Krankenabteilung der Justizvollzugsanstalt St. durchzuführen. Am 30. August 2001 wurde der Angeklagte in die Justizvollzugsanstalt St. verlegt und nach einem Gespräch mit der Anstaltsärztin am 31. August 2001 auf Empfehlung von Prof. Dr. Gl. in einer Gemeinschaftszelle (Drei-Mann-Zelle) untergebracht. In einem Schreiben vom 7. September 2001 erläuterte der Gutachter dem Landgericht Mannheim nochmals, was er sich an zusätzlichen Erkenntnissen aus der Beobachtung des ärztlichen, des nichtärztlichen Personals und der Mitgefangenen erwarte.
Auf die Verfassungsbeschwerde des Angeklagten erließ die Dritte Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts mit Beschluß vom 10. September 2001 eine einstweilige Anordnung, mit der die weitere Vollziehung der Beobachtung einstweilen außer Kraft gesetzt wurde. Mit Beschluß vom 9. Oktober 2001 stellte das Bundesverfassungsgericht fest, der Beschluß des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 28. August 2001 verletze den Angeklagten in seinen Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (Beschluß der Dritten Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Oktober 2001 - 2 BvR 1523/01 - in NStZ 2002,

98).


II.


Das Ablehnungsgesuch gegen die drei Berufsrichter ist zu Unrecht verworfen worden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes rechtfertigen die Mitwirkung des Richters an Zwischenentscheidungen in dem anhängigen Verfahren und die dabei geäußerten Rechtsmeinungen in der Regel nicht die Annahme der Befangenheit (vgl. nur BGHSt 15, 40, 46; NStZ 1985, 492 [Pf/M]). Selbst Verfahrensverstöße, die auf einem Irrtum oder auf einer unrichtigen oder sogar unhaltbaren Rechtsansicht beruhen, stellen grundsätzlich keinen Ablehnungsgrund dar. Dies folgt aus dem Grundsatz, daß sachliche und rechtliche Fehler für sich nicht geeignet sind, die Besorgnis der Befangenheit eines Richters zu begründen. Allerdings gilt dieser Maßstab dann nicht, wenn dessen Entscheidungen abwegig sind oder sogar den Anschein der Willkür erwecken. Auch kann sich die Befangenheit daraus ergeben, daß das Verhalten des Richters vor der Hauptverhandlung besorgen läßt, er werde nicht mehr unvoreingenommen an die Sache herangehen, indem er etwa deutlich zum Ausdruck bringt, er sei bereits vorher von der (vollen) Schuld des Angeklagten endgültig überzeugt (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 45. Aufl. § 24 Rdn. 14, 15; Pfeiffer in KK 4. Aufl. § 24 Rdn. 6 jeweils m.w.Nachw.).
Nach diesem Maßstab konnte der Angeklagte aus seiner Sicht die Besorgnis haben, die Strafkammer habe mit dem Beschluß über die weitere Begutachtung (1), dem dafür gewählten Verfahren (2) und ihrem Verhalten bei der Durchführung der Beobachtung (3) allein das Ziel verfolgt, das ihm scheinbar günstige Ergebnis des Erstgutachtens einer möglicherweise eingeschränkten Schuldfähigkeit zu widerlegen.

1. Nach § 73 StPO steht es zwar im Ermessen des Richters, ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen. Jedoch ist die sich aus dem Beschluß vom 9. Juli 2001 ergebende Bewertung des Erstgutachtens schlechthin nicht vertretbar.
a) Der Sachverständige Prof. Dr. Sch. hat den Angeklagten an sechs Tagen in der Justizvollzugsanstalt M. "eingehend" psychiatrisch exploriert und ein testpsychologisches Zusatzgutachten erstatten lassen. Er ist zu dem vorläufigen Ergebnis gelangt, beim Angeklagten liege aus medizinischer Sicht die Diagnose einer charaktergebundenen "Persönlichkeitsstörung im Sinne einer (tiefen) Selbstwertunsicherheit, sozialen Akzeptanzängsten mit Überkompensation in Richtung Erfolgs-, Geltungs- und Darstellungsstrebigkeit, teilweise ausufernd in Megalomanie und pseudologischen Verhaltensweisen im Sinne von ICD 10 F 60.8." vor (Gutachten S. 90). Er hat indes im Abschnitt VI. des Gutachtens ausdrücklich ausgeführt, es bleibe die forensisch relevante Frage offen, ob die Persönlichkeitsabweichungen nach ihrem Gewicht und ihren verhaltensbestimmenden Auswirkungen (überhaupt schon) die Schwelle einer schweren anderen seelischen Abartigkeit im Sinne von § 20 StGB erreicht hätten. Dafür sei maßgeblich, ob sich die Bedingungen, die der Angeklagte aus seiner subjektiven Sicht als "Leichtmachen der Betrugshandlungen durch die Banken" empfunden habe ("Die Banken haben mir das Geld förmlich nachgetragen" ) im Sinne eines "zwanghaften Weitermachen-Müssens" zumindest in einem späten Stadium der Betrugshandlungen als zutreffend erweisen sollten. Nur in diesem Fall seien die Störungen als "schwer" anzusehen. Nur dann könne sich für das Gericht die Rechtsfrage stellen, ob die Steuerungsfähigkeit "bei der Tat" erheblich eingeschränkt gewesen sein könnte. Diese mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vereinbare Prüfungsreihenfolge (vgl.
nur BGH NStZ 1999, 630 m.w.Nachw.) hat der Gutachter im schriftlichen Gutachten mehrfach unter den "Hauptverhandlungsvorbehalt" gestellt (S. 105, 108, 109, 110). Er hat zum Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen der Rechtsfrage sogar ausdrücklich seine Zweifel geäußert (Gutachten S. 105). Zu der Frage, ob die Maßregel einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) in Betracht komme, hat Prof. Dr. Sch. auch dargelegt , daß es aus seiner Sicht allenfalls darum gehe, daß die Voraussetzungen des § 21 StGB nicht ausgeschlossen werden könnten, so daß bereits aus diesem Grund die Anwendung des § 63 StGB entfalle. Allerdings sei die Anwendung einer Maßregel nach § 63 StGB erneut zu erörtern, wenn sich in der Hauptverhandlung herausstelle, daß die Schuldfähigkeitseinschränkungen auch in positiver Form zu bejahen seien (Gutachten S. 110). Eine abschließende Stellungnahme hat der Sachverständige dagegen zu der Frage einer möglichen Sicherungsverwahrung nach § 66 Abs. 2 i.V.m. § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB abgegeben. Er hat ausgeführt, den beim Angeklagten diagnostizierten Persönlichkeitsstörungen sei nicht das prägende Gewicht beizumessen, daß seine Gesamtpersönlichkeit ihn zum "Hangtäter" qualifiziere.

b) Obwohl bei zutreffender Bewertung des vorläufigen schriftlichen Gutachtens eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit bei den Betrugstaten nach § 21 StGB eher fern lag, wird auch aus den Umständen nachvollziehbar , unter denen der Beschluß vom 9. Juli 2001 zustande gekommen ist, daß beim Angeklagten die Besorgnis entstehen konnte, den Richtern sei es mit dem Beschluß allein darum gegangen, das für den Angeklagten scheinbar günstige Ergebnis des Erstgutachtens zu widerlegen. Allein um die Frage, ob dieser Anschein aus der Sicht eines verständigen Angeklagten ausreicht, die Befan-
genheit der Richter festzustellen, geht es bei der Entscheidung über das Vorliegen des absoluten Revisionsgrundes des § 338 Nr. 3 StPO.
Die Revision trägt vor, die Verteidigung habe beim Erlaß des Beschlusses vom 9. Juli 2001 weder Kenntnis vom Ergebnis der Begutachtung durch Prof. Dr. Sch. noch von dem Umstand gehabt, daß das Gutachten des Sachverständigen vom 25. Juni 2001 der Staatsanwaltschaft und dem Gericht überhaupt schon vorgelegen habe. Etwas anderes ergibt sich zudem aus der dienstlichen Erklärung des Vorsitzenden Richters Me. vom 25. September 2001 nicht. Sie geht auf die gewählte Verfahrensweise nicht ein. Vielmehr wird ausgeführt, Anlaß für die Einholung eines Zweitgutachtens sei gewesen, daß der weitere Gutachter zur Frage der Diagnose der "Megalomanie" habe Stellung nehmen sollen, "insbesondere weil die Megalomanie medizinisch in dem Bereich der Psychosen anzusiedeln ist, Prof. Dr. Sch. jedoch die Bereiche der krankhaften seelischen Störung, der tiefgreifenden Bewußtseinsstörung und des Schwachsinns ausdrücklich ausgeschlossen hat". Auch diese Ausführungen zum Erstgutachten sind schlechthin unvertretbar. Zu keinem Zeitpunkt bestanden Zweifel über die Einordnung der Persönlichkeitsstörung "teilweise ausufernd in Megalomanie" in ein anderes als das vierte Merkmal des § 20 StGB.
Schließlich haben die Richter die Verteidigung vor der Bestellung des weiteren Gutachters auch nicht an der Auswahl beteiligt. Entscheidet sich der Richter nach der Einholung eines Gutachtens zur Schuldfähigkeit, wie hier kurz vor Beginn der Hauptverhandlung zur Erhebung eines weiteren Gutachtens, ist er, schon um den Anspruch auf rechtliches Gehör zu gewährleisten, nach § 73 Abs. 1 StPO (vgl. BGHSt 44, 26, 31 und Nr. 70 Abs. 1 RiStBV) verpflichtet, die Verteidigung an der Auswahl des beizuziehenden Gutachters zu beteiligen.

2. Hinzu kommt, daß die abgelehnten Richter trotz der nachvollziehbaren Erklärung des Angeklagten, er sei nach der langen Untersuchungshaft weder physisch noch psychisch in der Lage, noch einmal an einer Exploration durch einen anderen Gutachter teilzunehmen, im Beschluß vom 8. August 2001 angeordnet haben "daß der Angeklagte in das Zentrum für Psychiatrie W. gebracht und dort - für die Dauer von sechs Wochen - beobachtet wird." Die zur Vorbereitung des Gutachtens über den psychischen Zustand angeordnete Unterbringung zur Beobachtung in einem öffentlichen psychiatrischen Krankenhaus nach § 81 StPO darf nur angeordnet werden, wenn sie unerläßlich ist und alle anderen (ambulanten) Mittel ausgeschöpft sind, um zu einer Beurteilung der Schuldfähigkeit des Beschuldigten zu kommen. Dies folgt aus dem verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (vgl. BVerfG, Zweite Kammer des Zweiten Senats, Beschl. vom 7. März 1995 - 2 BvR 1509/94 - in StV 1995, 617; OLG Düsseldorf StV 1993, 571; Kleinknecht/Meyer-Goßner StPO 45. Aufl. § 81 Rdn. 8; Eb. Schmidt, Lehrkommentar zur StPO, Band II, 1957, § 81, Rdn. 5). Die Anforderungen an die Darlegungen zur Unerläßlichkeit sind grundsätzlich dann höher, wenn bereits eine Exploration durchgeführt worden ist. Zwar darf generell nicht von einer Untersuchung eines Beschuldigten allein deshalb Abstand genommen werden, weil dieser seine Mitwirkung verweigert. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn bei verweigerter Untersuchung ihre zwangsweise Vornahme kein verwertbares Ergebnis erbringen kann (vgl. BGH StV 1994, S. 231 f.). Zu allem verhält sich der Beschluß der Kammer nicht. 3. Zur Beurteilung des Anscheins der Befangenheit aus Sicht des Angeklagten ist schließlich das Verhalten der Richter bei der Umsetzung des von Prof. Dr. Gl. vorgeschlagenen Konzepts zur Beobachtung des Angeklagten von Bedeutung.

Nachdem der Angeklagte erklärt hatte, an der zweiten Exploration nicht mitzuwirken, und das Oberlandesgericht Karlsruhe in seinem Beschluß vom 28. August 2001 ausgeführt hatte, eine wörtliche Erfassung von Aussagen des Beschwerdeführers im Rahmen der Beobachtung sei nur dann zulässig, wenn ihre Freiwilligkeit außer Frage stehe oder der Beschwerdeführer vor einer Befragung auf die beabsichtigte Dokumentation ausdrücklich hingewiesen werde, reduzierte sich das Konzept von Prof. Dr. Gl. auf die schlichte Beobachtung des Verhaltens des Angeklagten. Obwohl mit einem Einverständnis des Angeklagten weder der Gutachter noch die Strafkammer rechnen konnten, ließen es die Richter zu, daß der Angeklagte auf Empfehlung des Gutachters am 30. August 2001 auf der Krankenstation der Justizvollzugsanstalt St. in einer Drei-Mann-Zelle untergebracht wurde. Sie nahmen auch hin, daß ihnen Prof. Dr. Gl. im Schreiben vom 7. September 2001 mitteilte, er habe gegenüber der ärztlichen Leiterin angeordnet,
"sowohl das ärztliche als auch das nichtärztliche Personal dazu anzuhalten, die eigenen Wahrnehmungen im Umgang mit Herrn S. ebenso wie diejenigen schriftlich festzuhalten, die ihnen von Mitgefangenen berichtet werden. Eine gegebenenfalls megalomane Geltungs- und Darstellungsstrebigkeit verwirklicht sich - auch - im Beziehungsverhalten , in verbalen Bekundungen ebenso wie im mimischen und gestischen Verhalten. Die Selbstdarstellung des Herrn S. den Mitgefangenen, dem ärztlichen und nichtärztlichen Personal gegenüber kann ebenso von Bedeutung sein wie die von ihm im Gespräch bevorzugte Thematik. Sollte sich Herr S. jeder Kommunikation verweigern, so kann eine solche Verweigerung gleichfalls eine verwertbare Information darstellen. Sie wäre als ein Indiz für die Fähigkeit des Herrn S. zu registrieren , die angenommene megalomane Geltungs- und
Darstellungsstrebigkeit in Abhängigkeit von situativen Bedingungen der Wahrnehmung zu entziehen."

a) Es ist nicht nachvollziehbar, wie aufgrund dieses Konzeptes der Zweck der Unterbringung überhaupt noch erreicht werden konnte. Dafür ist auch maßgeblich, daß Prof. Dr. Gl. dem ärztlichen und dem nichtärztlichen Personal sowie sogar den Mitgefangenen auf der Krankenstation ohne nähere Vorgaben die Sammlung und Dokumentation von Äußerungen, Verhalten und Reaktionen überlassen wollte. Diese verfügten weder über Erkenntnisse noch über Erfahrungen zu den Lebensverhältnissen, in denen der Angeklagte bisher gelebt hatte und in dem es zu den außergewöhnlich umfangreichen Betrugstaten gekommen war. Nach den Feststellungen beging der Angeklagte seine Taten in einem Umfeld, das durch Reichtum, Umgang mit Prominenten und Anerkennung als erfolgreicher Geschäftsmann geprägt war. Er war deshalb im Umgang mit der Geschäftswelt im allgemeinen und mit den Banken und Leasinggesellschaften im besonderen vertraut. Bei dieser Sachlage erscheint schlechthin undenkbar, daß die auf einer Station - sei es eines psychiatrischen Krankenhauses, sei es in der Krankenabteilung einer Justizvollzugsanstalt - gesammelten Informationen über sein dortiges Verhalten geeignet waren, ohne Kenntnis seines bisherigen Lebens und der Entwicklung zu strafbarem Handeln Rückschlüsse auf sein kriminelles Handeln zu ziehen. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der von Prof. Dr. Sch. in seinem Gutachten offen gebliebenen Fragen, ob bei den Betrugstaten gegenüber den Banken und Leasingfirmen beim Angeklagten die inneren Hemmbarrieren herabgesetzt waren. Es ist auszuschließen, daß Informationen, die auf diesem Wege über das Verhalten des Angeklagten gewonnen werden, geeignet sein können, als Grundlage für eine wissenschaftlich begründete Aussage in einem fachpsychiatrischen Gutachten zu dienen.


b) Diese nach dem Konzept von Prof. Dr. Gl. durchgeführte Beob- achtung ohne Mitwirkung des Angeklagten war vor allem rechtlich unzulässig. Mit der angestrebten Totalbeobachtung sollten Erkenntnisse über die Persönlichkeit des Angeklagten erbracht werden, die er von sich aus nicht preisgeben wollte, von denen aber erhofft wurde, daß er sie unter der Einflußnahme Dritter offenbarte. Diese Maßnahme läuft auf die Umgehung des verfassungsrechtlich garantierten Schweigerechts des Angeklagten und einen Verstoß gegen § 136a StPO hinaus. Verfassungsrechtlich steht einer solchen Totalbeobachtung das Persönlichkeitsrecht des Angeklagten entgegen. Dieser würde dadurch zum bloßen Objekt staatlicher Wahrheitsfindung gemacht, daß sein Verhalten nicht mehr als Ausdruck seiner Individualität, sondern nur noch als wissenschaftliche Erkenntnisquelle verwertet würde (vgl. BVerfG (Kammer), NStZ 2002, 98).
Trotz Kenntnis dieser Umstände unterbanden die Richter die auch durch nichtärztliches Personal und sogar durch Mitgefangene der Gemeinschaftszelle durchgeführte Beobachtung nicht. Weder unternahm der stellvertretende Vorsitzende etwas, als er am 31. August 2001 zuerst von der Verlegung des Beschwerdeführers in eine Drei-Mann-Zelle zum Zwecke seiner "Beobachtung" auch durch Zellengenossen Kenntnis erhielt, noch beendete die Strafkammer die Beobachtung des Angeklagten, bis das Bundesverfassungsgericht mit Beschluß vom 10. September 2001 die weitere Vollziehung der Beobachtung aussetzte. Daß die Beobachtung des Angeklagten durch Mitgefangene einer Drei-Mann-Zelle auf der Krankenstation einer Justizvollzugsanstalt letztlich durch die Entscheidung des Oberlandesgerichts zustande kam, entlastet die Richter
nicht. Aus der Sicht des Angeklagten ist für den Anschein der Befangenheit maßgeblich, daß diese Form der Beobachtung bereits in dem von den Richtern veranlaßten und gebilligten Untersuchungskonzept des Gutachters erkennbar angelegt war.
Schäfer Wahl Boetticher
Kolz Hebenstreit

(1) Zur Ergänzung der Vorschriften dieses Gesetzes über das gerichtliche Disziplinarverfahren sind die Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes, insbesondere über Sitzungspolizei, Gerichtssprache, Beratung und Abstimmung, und die Vorschriften der Strafprozessordnung sowie § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung anzuwenden, soweit nicht die Eigenart des gerichtlichen Disziplinarverfahrens entgegensteht. An die Stelle der in diesen Gesetzen genannten Fristen von einer Woche tritt jeweils eine Frist von zwei Wochen. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Bundesgerichtshofs die Wehrdienstsenate beim Bundesverwaltungsgericht treten und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt; auf das Verfahren des Wehrdisziplinaranwalts vor Vorlage der Anschuldigungsschrift beim Truppendienstgericht sind sie jedoch nicht anzuwenden.

(2) Die Wehrdienstgerichte entscheiden mit einfacher Stimmenmehrheit.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.