Finanzgericht Münster Urteil, 24. Nov. 2015 - 12 K 3933/12 F
Tenor
Die Feststellungsbescheide vom 13.02.2012 und 23.02.2012 für die Jahre 2005 bis 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.12.2012 werden der Gestalt geändert, dass die Feststellung des nicht ausgleichsfähigen Verlustes nach § 15 b Abs. 4 EStG aufgehoben wird.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Die Revision wird zugelassen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
1
G r ü n d e :
2I.
3Streitig ist, ob in den Streitjahren 2005 bis 2007 Verluste der Klägerin als Verluste nach § 15 b Einkommensteuergesetz (EStG) als verrechenbare Verluste im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell festzustellen sind.
4Bei der Klägerin handelt es sich um einen geschlossen Anlagefonds, der unter der Firma T-GmbH & Co. KG mit Sitz in O von der T-AG am 28.10.2005 aufgelegt wurde. Gegenstand des Unternehmens war die Errichtung und der Betrieb von Biogasanlagen an verschiedenen, langfristig gepachteten Standorten in Deutschland. Als Komplementärin fungierte zunächst die Firma T-GmbH ebenfalls mit Sitz in O.
5Um Kommanditisten zu akquirieren, legte die Klägerin einen 142-seitigen Emissionsprospekt auf, in dem sie Interessenten Fondbeteiligungen anbot. Die potenziellen Anleger sollten sich an einem unternehmerisch tätigen Anlagefonds auf dem Gebiet der Bioenergie mit dem Ziel der Erzeugung von Biogas als Kommanditisten beteiligen. Bei einem überschaubaren Anlagebetrag ab 5.000 EUR konnte die Beteiligung sowohl unmittelbar als auch mittelbar über einen Treuhänder erfolgen. Den Anlegern wurde die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung nach Ablauf von zehn Jahren eingeräumt. Die Gesellschaft sollte bis zum 31.12.2026 laufen. Eine Verlängerung war nicht vorgesehen.
6Nach Insolvenz der T Firmengruppe im Jahr 2009 erfolgte eine Umfirmierung der Klägerin in G-GmbH & Co. KG unter gleichzeitiger Sitzverlegung nach P. Geschäftsführende Komplementärin ohne Kapitalbeteiligung ist seither die G-Verwaltungs-GmbH. Wegen des Inhalts des Emissionsprospektes im Einzelnen insbesondere auf die Prognoseberechnung der Gesellschaft wird auf die bei den Akten befindliche Ausfertigung des Prospektes vollinhaltlich Bezug genommen.
7In den Jahren 2005 und 2006 hatten sich insgesamt mehr als 350 Kommanditisten an der Gesellschaft beteiligt. Bis zur Schließung des Fonds am 30.04.2006 betrug das gezeichnete Eigenkapital X EUR.
8Das beklagte Finanzamt stellte zunächst die erwirtschafteten Verluste der Jahre 2005 bis 2007 in Feststellungsbescheiden für diese Jahre einheitlich und gesondert fest.
9In der Zeit von Juli bis Dezember 2011 fand bei der Klägerin eine Betriebsprüfung statt. Im Anschluss an diese Betriebsprüfung vertrat der Beklagte die Auffassung, bei den der Höhe nach unstreitigen Verlusten von X EUR (2005), X EUR (2006) sowie von X EUR (2007) handele es sich um Verluste im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell im Sinne des § 15 b EStG, die nur mit zukünftigen Einkünften verrechnet werden könnten.
10Die Änderungsbescheide datieren vom 13.02.2012 und 23.02.2012.
11Die Klägerin legte gegen die Änderungsbescheide mit Schreiben vom 13.03.2012 Einspruch ein. Zur Begründung führt sie zusammengefasst aus, in den mehr als 140 Seiten des Verkaufsprospektes werde an keiner Stelle mit der Möglichkeit von steuerlichen Vorteilen geworben. Das Prospekt werbe vielmehr mit dem Einsatz von regenerativen Energien, die bereits ab dem zweiten Betriebsjahr zu positiven Ausschüttungen führen sollten. Nach dem BMF-Schreiben vom 17.07.2007, Bundessteuerblatt I 2007, Seite 542, seien darüber hinaus Anlaufverluste von Existenz- und Firmengründern nicht in den Anwendungsbereich des § 15 b EStG einzubeziehen. Bei den im Prospekt ausgewiesenen Verlusten im ersten Betriebsjahr handele es sich um typische Anlaufverluste.
12Der Beklagte wies den Einspruch der Klägerin mit Einspruchsentscheidung vom 17.10.2012 als unbegründet zurück. Zur Begründung verweist das Finanzamt darauf, dass in der Prognoseberechnung u. a. ein Vergleich der wirtschaftlichen Ergebnisse vor und nach Einführung des geplanten § 15 b EStG enthalten sei. Unter Berücksichtigung der dort dargelegten steuerlichen Wirkung einer Beteiligung werde letztlich auch mit steuerlichen Vorteilen geworben. Entscheidungserheblich sei aber bei alledem, dass die prognostizierten Verluste die 10 %-Grenze des § 15 b Abs. 3 EStG deutlich überstiegen. Aufgrund des gezeichneten Kapitals betrage die Verlustprognose vorliegend 42,14 %. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Einspruchsentscheidung verwiesen.
13Mit der am 14.11.2012 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren.
14Über das Vermögen der Klägerin ist mit Beschluss des Amtsgerichts N ( Aktenzeichen) vom 00.00.0000 das Insolvenzverfahren eröffnet worden.
15Die Klägerin beantragt,
16die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen sowie des verrechenbaren Verlustes nach § 15 b Abs. 4 EStG für die Jahre 2005 bis 2007 vom 13.02.2012 und 23.02.2012 jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.10.2012 dergestalt zu ändern, dass die der Höhe nach unstreitigen Verluste nicht als solche aus § 15 b Abs. 4 EStG, sondern als sofort ausgleichsfähige Verluste festgestellt werden,
17hilfsweise, die Revision zuzulassen.
18Der Beklagte beantragt,
19die Klage abzuweisen,
20hilfsweise, die Revision zuzulassen.
21Die Klage ist in vollem Umfang begründet.
22Die Klägerin wendet sich mit der vorliegenden Klage gegen die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Jahre 2005 bis 2007 vom 13.02. und 23.02.2012, mit denen der Beklagte die der Höhe nach unstreitigen laufenden Verluste der Klägerin als solche aus § 15 b Abs. 4 EStG festgestellt hat. Die vorgenannten Feststellungsbescheide beinhalten insoweit jeweils zwei selbständige Verwaltungsakte, von denen die Klägerin lediglich die Feststellung als verrechenbare Verluste nach § 15 b Abs. 4 EStG angreift.
23II.
24Das Klageverfahren ist durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin nicht gemäß § 155 Finanzgerichtordnung (FGO) i. V. m. § 240 Zivilprozessordnung (ZPO) unterbrochen worden. Die Insolvenz einer Personengesellschaft lässt das Gewinnfeststellungsverfahren unberührt, da dessen (steuerrechtliche) Folgen nur die Gesellschafter persönlich und nicht den nach Insolvenzrecht abzuwickelnden Vermögensbereich der Personengesellschaft betreffen (vgl. BFH Urteil vom 20.05.2010 IV R 74/07, BFHE 229, 71, Bundessteuerblatt II 2010, 1104 m. w. N.).
25Des Weiteren ist im Streitfall eine Beiladung des Insolvenzverwalters nicht geboten. Nach § 60 Abs. 3 FGO sind zwar alle Beteiligten notwendig beizuladen, die im Sinne des § 48 FGO klagebefugt sind. Aus § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO folgt, dass die KG gesetzliche Prozessstandschafterin der Gesellschafter und damit immer klagebefugt ist, weshalb sie grundsätzlich beizuladen ist (Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 21. Mai 1992 IV R 47/90, BFHE 168, 217, Bundessteuerblatt II 1992, 865). Zwar verliert der Insolvenzschuldner durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen seine materiellen Befugnisse (§ 80 Abs. 1 der Insolvenzordnung -InsO-), womit grundsätzlich die Prozessführungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter übergeht. Dies gilt aber nicht, soweit sich der Prozess gegen einen Feststellungsbescheid richtet, der ausschließlich den Gesellschafter und nicht die Personengesellschaft selbst betrifft, denn insoweit kann das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen nicht berührt werden. Die Rechtsposition des organschaftlichen Geschäftsführers bleibt insoweit trotz der Insolvenz der Gesellschaft formell unangetastet. Die Personengesellschaft wird für das Feststellungsverfahren als insolvenzfreie Angelegenheit (BFH, a. a. O.) weiterhin durch die zur Vertretung berufenen Geschäftsführer vertreten. Der Insolvenzverwalter ist insoweit nicht zum Verfahren beizuladen (vgl. Gräber/Lebedag, Finanzgerichtsordnung 7. Auflage, § 60 Rz. 154; BFH Urteil vom 30.08.2012, IV R 44/10, BFH/NV 2013, 376-381).
26Der Senat entscheidet in der Sache auch ohne Beiladung der ebenfalls in Insolvenz befindlichen Komplementär - GmbH (vgl. FG Münster, Urteil vom 22.11.2013, 5 K 3828/10 F, EFG 2014, 262-264). Insoweit liegen die Voraussetzungen einer notwendigen Beiladung nach § 60 Abs. 3 i. V. m. § 48 Abs.1 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (-FGO-) ebenfalls nicht vor. Ausweislich der vorliegenden Feststellungserklärungen erhält die GmbH für ihre Tätigkeit und Haftung eine feststehende jährliche Vergütung. Darüber hinaus ist sie am Gewinn und Verlust der Gesellschaft nicht beteiligt, so dass für sie die Feststellung eines Verlustes nicht in Betracht kommt.
27Die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15 b Abs. 4 EStG auf den 31.12.2005 und 31.12.2006 vom 13.02.2012 sowie auf den 31.12.2007 vom 23.02.2012 jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.10.2012 sind rechtswidrig und verletzen die Gesellschafter der Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
28Der Beklagte hat die auf die Kommanditisten entfallenden Verluste rechtsfehlerhaft als nicht ausgleichsfähigen Verlust i. S. v. § 15 b EStG festgestellt. Die angefochtenen Feststellungsbescheide jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung waren daher insoweit aufzuheben.
29Nach § 15 b Abs. 1 Satz 1 EStG dürfen Verluste in Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10 d EStG abgezogen werden. Die Verluste mindern jedoch nach § 15 b Abs. 1 Satz 2 EStG die Einkünfte, die der Steuerpflichtige in den folgenden Wirtschaftsjahren aus derselben Einkunftsquelle erzielt. Der nach § 15 b Abs. 1 EStG nicht ausgleichsfähige Verlust ist jährlich gesondert festzustellen (§ 15 b Abs. 4 Satz 1 EStG). Die Feststellung ist, wenn es sich bei dem Steuerstundungsmodell um eine Gesellschaft oder Gemeinschaft i. S. d. § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) der Abgabenordnung (AO) handelt, von dem Finanzamt zu treffen, das für die gesonderte und einheitliche Feststellung der einkommensteuerpflichtigen und körperschaftsteuerpflichtigen Einkünfte aus dem Steuerstundungsmodell zuständig ist (§ 15 b Abs. 4 Satz 4 EStG); die gesonderte Feststellung nach § 15 b Abs. 4 Satz 1 EStG kann dabei mit der gesonderten und einheitlichen Feststellung der entsprechenden Einkünfte aus dem Steuerstundungsmodell verbunden werden (§ 15 b Abs. 4 Satz 5 EStG).
30§ 15 b EStG ist durch das Gesetz zur Beschränkung der Verlustverrechnung im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen vom 22. Dezember 2005 (Bundesgesetzblatt I 2005, 3683, Bundessteuerblatt I 2006, 80) in das Gesetz gelangt und sollte die Attraktivität sogenannter Steuerstundungsmodelle durch eine Verlustverrechnungs-beschränkung mindern, indem die entsprechenden Verluste nur noch mit späteren positiven Einkünften aus derselben Einkunftsquelle verrechnet werden dürfen (vgl. Gesetzesbegründung, allgemeiner Teil, Bundestagsdrucksache 16/107, Seite 4). Bei den angesprochenen Steuerstundungsmodellen handelt es sich nach den Vorstellungen des Gesetzgebers um geschlossene Fonds in Form von Personengesellschaften, die ihren Anlegern in der Anfangsphase hohe Verluste zuweisen. Dabei gehe es vielfach um betriebswirtschaftlich wenig sinnvolle Investitionen, die ohne die damit verbundenen steuerlichen Vorteile nicht getätigt würden. In vielen Fällen würden die von den Anbietern vorhergesagten Gewinne, die zur Begründung der notwendigen Einkunftserzielungs-absicht erforderlich seien, nicht annähernd erreicht, so dass die Investitionen bei Außerachtlassung steuerlicher Effekte nur zu Verlusten führten. Ein Lösungsansatz gegen derartige Gestaltungen sei deshalb die Einführung einer Verlustverrechnungsbeschränkung (vgl. Gesetzesbegründung, besonderer Teil, Bundestagsdrucksache 16/107, Seite 6). Die angesprochene Zielsetzung verfolge zwar bereits die Vorgängervorschrift des § 2 b EStG alte Fassung, sie habe aber nicht den erhofften Erfolg gebracht, weil die Steuerstundungsmodelle den dortigen gesetzlichen Vorgaben angepasst worden wären (vgl. Hallerbach in Herrmann/Heuer/Raupach – HHR –, § 15 b EStG Rz. 5).
31Was unter einem Steuerstundungsmodell zu verstehen ist, hat der Gesetzgeber in § 15 b Abs. 2 EStG geregelt. Ein Steuerstundungsmodell i. S. d. § 15 b Abs. 1 EStG liegt danach vor, wenn aufgrund einer modellhaften Gestaltung steuerliche Vorteile in Form negativer Einkünfte erzielt werden sollen (§ 15 b Abs. 2 Satz 1 EStG). Dies ist der Fall, wenn dem Steuerpflichtigen aufgrund eines vorgefertigten Konzepts die Möglichkeit geboten werden soll, zumindest in der Anfangsphase der Investition Verluste mit übrigen Einkünften zu verrechnen (§ 15 b Abs. 2 Satz 2 EStG). Dabei ist es ohne Belang, auf welchen Vorschriften die negativen Einkünfte beruhen (§ 15 b Abs. 2 Satz 3 EStG). Ob in der Sache ein Steuerstundungsmodell gegeben ist, ist im Wege einer wertenden Gesamtbetrachtung der entsprechenden Einzelfallumstände zu ermitteln (vgl. Urteil des Hessischen FG vom 15. November 2012, 11 K 3175/09, EFG 2013, 503; FG Münster, Urteil vom 22. November 2013, 5 K 3828/10 F, EFG 2014, 262 ff.; BFH, Urteil vom 06.02.2014, IV R 59/10, BFHE 244, 385, Bundessteuerblatt II 2014, 465; FG Münster, Urteil vom 18.06.2015, 12 K 689/12 F, EFG 2015, 1696-1705; HHR/Hallerbach, § 15 b EStG Rz. 32).
32Für die Annahme einer modellhaften Gestaltung i. S. d. § 15 b Abs. 2 Satz 1 EStG ist nach dessen Satz 2 zunächst ein „vorgefertigtes Konzept“ erforderlich. Da weder das Gesetz noch seine Begründung diesen Passus definieren, ist sein Bedeutungsgehalt durch Auslegung zu ermitteln. Ein vorgefertigtes Konzept wird regelmäßig, wenn auch nicht zwingend, mittels eines Anlegerprospekts oder aber in ähnlicher Form (etwa durch Katalog, sonstige Verkaufsunterlagen oder Beratungsbögen etc.) vertrieben (Gesetzesbegründung, besonderer Teil, Bundestagsdrucksache 16/107, Seite 6 ff.). Es wendet sich an nicht näher bestimmte Interessenten oder ist zumindest zur wiederholten Verwendung bestimmt. Dabei ist das Bewerben und Vermarkten eines derartigen Konzepts allerdings kein ausschlaggebendes Kriterium.
33Dass der bei den Akten befindliche Verkaufsprospekt der Fa. T- AG ein derartiges Konzept beinhaltet, ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
34Bei Beteiligung an einer Gesellschaft oder Gemeinschaft kann es als Indiz für das Vorliegen eines Steuerstundungsmodells gesehen werden, dass der Anleger vorrangig eine kapitalmäßige Beteiligung ohne Interesse an einem Einfluss auf die Geschäftsführung anstrebt (vgl. Gesetzesbegründung, besonderer Teil, Bundestagsdrucksache 16/107, Seite 7). Das heißt allerdings nicht, dass bei geschlossenen Fonds in der Rechtsform einer Personengesellschaft, regelmäßig ein Steuerstundungsmodell anzunehmen wäre, auch wenn die Gesellschafter in ihrer gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit die Möglichkeit haben, auf die Vertragsgestaltung Einfluss zu nehmen. Fällt allerdings der Einfluss des Gesellschafters auf die Vertragsgestaltung und Geschäftsführung nicht ins Gewicht oder ist er nur rein formal, so liegt regelmäßig ein Steuerstundungsmodell vor (vgl. Schmidt/Seger, EStG 34. Auflage, § 15 b Rz. 10).
35Nach dem Wortlaut des § 15 b Abs. 2 Satz 1 EStG ist es zur Annahme eines Steuerstundungsmodells weiterhin erforderlich, dass aufgrund der modellhaften Gestaltung steuerliche Vorteile in Form negativer Einkünfte erzielt werden sollen. Ausweislich des Satzes 2 der Vorschrift ist das der Fall, wenn dem Steuerpflichtigen aufgrund des vorgefertigten Konzepts die Möglichkeit geboten werden soll, zumindest in der Anfangsphase der Investition Verluste mit übrigen Einkünften zu verrechnen.
36Nach dem Wortlaut des § 15 b Abs. 2 Satz 1 EStG reicht es insoweit nicht, wenn die modellhafte Gestaltung auf irgendwie geartete steuerliche Vorteile ausgerichtet ist, vielmehr muss sie darauf gerichtet sein, die Erzielung negativer Einkünfte zu ermöglichen, ohne dass dies im Vordergrund stehen müsste. Dazu zählen die negativen Einkünfte des Einkommensteuerrechts ebenso wie sonstige negative Ergebnisse, die in die Gewinnermittlung einfließen. Maßgeblich sind insoweit – wie sich aus dem Passus „erzielt werden sollen“ ergibt – nicht die tatsächlich erzielten, sondern die sich aus dem Konzept ergebenden negativen Einkünfte (Blümich/Heuermann, § 15 b EStG Rz. 15).
37§ 15 b Abs. 2 Sätze 1 und 2 EStG setzen nicht voraus, dass der Steuerpflichtige das vorgefertigte Konzept selbst kennt oder dieses überhaupt Auslöser seiner Investitionsentscheidung gewesen ist. Maßgeblich ist nach dem Wortlaut des § 15 b Abs. 2 EStG vielmehr die Perspektive des Anbieters, wonach es darauf ankommt, ob dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit der Verlustverrechnung „geboten“ werden soll. Dazu muss der Initiator das vorgefertigte Konzept auf die Erzielung negativer Einkünfte ausrichten, so dass der wirtschaftliche Erfolg des Konzeptes auf entsprechenden Steuervorteilen aufbaut.
38Die Vorschrift des § 15 b EStG, die durch das Gesetz zur Beschränkung der Verlustverrechnung im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen vom 22.12.2005 (Bundesgesetzblatt I 2005, 3683, Bundessteuerblatt I 2006, 80) eingeführt worden ist, findet demgegenüber auf Anlaufverluste von Existenz- und Firmengründern grundsätzlich keine Anwendung (Begründung des Gesetzesentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD, Bundestagsdrucksache 16/107 vom 29.11.2005, Seite 6; BMF-Schreiben vom 17.07.2007, Bundessteuerblatt I 2007, 542 Tz. 1; Seeger in Schmidt, EStG 34. Auflage 2015, § 15 b RNr. 2). Der Gesetzgeber wollte mit seiner Regelung lediglich Steuerstundungsmodellen die Anerkennung versagen, die ein extrem hohes Verlustverrechnungspotenzial in der Anfangsphase einer Investition generieren (Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 17.07.2012 1 K 2343/08, EFG 2013, 510; FG Münster, Urteil vom 22.11.2013, 5 K 3828/10 F, EFG 2014, 262-264).
39Überträgt man diese Grundsätze auf den Streitfall, liegt ein Steuerstundungsmodell i. S. v. § 15 b EStG vorliegend nicht vor.
40Dies ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts bereits daraus, dass im vorliegenden Fall das zu beurteilende Konstrukt nach dem Verkaufsprospekt der Fa. T-AG ausgerichtet ist auf die Werbung von (Klein-)Anlegern, die beabsichtigen, nachhaltig, zukunftsorientiert und lukrativ in die Erzeugung von Bioenergie zu investieren. Vorgesehen war dabei die Errichtung von insgesamt zunächst neun Biogasanlagen im norddeutschen Raum. Dieses Konzept stellt bereits dem Grunde nach eine betriebswirtschaftlich sinnvolle Investiton dar, die in der Bundesrepublik Deutschland durch entsprechende Förderung auf der Einnahmeseite seit Jahren politisch unterstützt und gefördert wird. Eine Verlustverrechnungsbeschränkung i. S. v. § 15 b EStG hat der Gesetzgeber aber bei der Einführung dieser Vorschrift nach den Motiven in der Gesetzesbegründung regelmäßig nur für betriebswirtschaftlich wenig sinnvolle Investitionen vorgesehen.
41Entsprechend der prospekmäßigen Konzeption, nämlich der Errichtung von insgesamt bis zu neun Biogasanlagen, lässt sich aus dem o. a. Verkaufsprospekt auch keine modellhafte Gestaltung gerichtet auf die Erzielung steuerlicher Vorteile vornehmlich durch negative Einkünfte der Anleger in der Anfangsphase des Konzeptes herleiten.
42Der insgesamt 141 Seiten starke Verkaufsprospekt stellt auf nur sieben Seiten (S. X - X) die geltende steuerliche Rechtslage bezogen auf die konkrete Investition in Bioenergie in der vorliegenden Rechtsform dar, und weist dabei lediglich in der Ergebnisprognose für das Jahr der Erstinbetriebnahme der Biogasanlagen (S. X) ein negatives steuerliches Ergebnis in Höhe von rund X EURO aus. Dieses negative Prognoseergebnis ist im Wesentlichen bestimmt durch die Inanspruchnahme der degressiven AfA sowie von Sonderabschreibungen in diesem Jahr. Allein aus der Inanspruchnahme der AfA ergibt sich nach Auffassung des Senates jedoch keine modellhafte Gestaltung im Hinblick auf die Erzielung negativer Einkünfte i. S. v. § 15 b EStG. Negative Einkünfte bedingt durch die Inanspruchnahme degressiver AfA oder Sonderabschreibungen sind vielmehr bei im Übrigen betriebswirtschaftlich sinnvollen Investitionen typische Anlaufverluste, die nach dem Willen des Gesetzgebers (vgl. BMF-Schreiben vom 17.07.2007, a. a. O.) gerade nicht in den Regelungsbereich des neu geschaffenen § 15 b EStG fallen sollten.
43Eine derartige Ausweitung des Anwendungsbereichs des § 15 b EStG würde vielmehr dazu führen, dass eine Investition von Klein- und Kleinstanlegern im Bereich der regenerativen Energie im Ergebnis steuerlich anders zu behandeln wäre, als die Investition eines Großinvestors, der finanziell in der Lage ist, alleine in eine oder mehrere Biogasanlagen zu investieren. Als Einzelinvestor stünde für ihn außer Frage, dass er negative Ergebnisse im Jahr der Inbetriebnahme einer derartigen Investition beruhend auf Inanspruchnahme der degressiven AfA oder von Sonderabschreibungen ohne weiteres unbeanstandet in Ansatz bringen könnte.
44Ein derartiges Ergebnis ist nicht Ziel der Einführung von § 15 b EStG.
45Nach alledem sind die Feststellungen nach § 15 b EStG in den streitbefangenen Feststellungsbescheiden aufzuheben.
46Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.
47Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
48Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.
Urteilsbesprechung zu Finanzgericht Münster Urteil, 24. Nov. 2015 - 12 K 3933/12 F
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Finanzgericht Münster Urteil, 24. Nov. 2015 - 12 K 3933/12 F zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).
Im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei wird das Verfahren, wenn es die Insolvenzmasse betrifft, unterbrochen, bis es nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen oder das Insolvenzverfahren beendet wird. Entsprechendes gilt, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht.
Tatbestand
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I. Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob aufgrund des steuerlich zum 30. Juni 1996 vollzogenen Formwechsels der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) von einer Kapitalgesellschaft (X-GmbH) in eine Personengesellschaft (X-KG) ein Übernahmeverlust mit der Folge der Wertaufstockung gemäß § 4 Abs. 6 und Abs. 5 i.V.m. § 14 des Umwandlungssteuergesetzes in der für die Streitjahre (1996 und 1997) geltenden Fassung (UmwStG 1996) anzuerkennen ist oder ob dem --wie vom Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt --FA--) vertreten-- die Regelung des § 42 der Abgabenordnung (AO) entgegensteht.
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1. Dem Formwechsel gingen verschiedene Umwandlungsschritte voraus:
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a) An der X-GmbH waren neben den im Inland unbeschränkt steuerpflichtigen A., B., C. und D. der in der Schweiz ansässige E. mit Anteilen von 10 % (D.), 15 % (C.) und 25 % (A., B., E.) beteiligt. Die X-GmbH hielt einerseits einen 100 %-igen Anteil an der Y-GmbH, andererseits war sie --neben der Y-GmbH-- Mitunternehmerin der Y-KG (im Folgenden auch: KG alt). Zum 8. Dezember 1994 brachte sie ihren Mitunternehmeranteil gegen Gewährung weiterer Anteilsrechte in die Y-GmbH ein, so dass die Y-KG aufgrund Anteilsvereinigung vollbeendet wurde und ihr Vermögen auf die Y-GmbH überging.
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b) Mit Vertrag vom 22. Dezember 1995 veräußerten die Gesellschafter der X-GmbH ihre Beteiligungen zu 99 % an die Z-GmbH (später: Z Holding GmbH; ab 10. April 2006: Z-AG; im Folgenden: Holding) sowie zu 1 % an die T-GmbH, an der ausschließlich die Holding beteiligt war. Der Kaufpreisanspruch (12 Mio. DM) wurde lt. Feststellung des Finanzgerichts (FG) im Umfang von 93,3 % (also in Höhe von rund 11,2 Mio. DM) in eine Kapitalrücklage bei der Holding eingelegt. Die Beteiligungsverhältnisse an der Holding entsprachen denjenigen an der X-GmbH.
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c) Mit Beschlüssen vom 5. Juli 1996 wurde zum einen die Y-GmbH auf ihre Muttergesellschaft (X-GmbH) zum 31. Dezember 1995 verschmolzen; zum anderen wurde die X-GmbH zum 30. Juni 1996 in die Klägerin (X-KG) formwechselnd umgewandelt.
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d) Im Streitjahr 1997 erwarb die R. --entsprechend einer bereits im Jahre 1995 abgegebenen Erklärung-- einen 44,38 %-igen Anteil an der Holding, deren Eigenkapital sich nach den Feststellungen des FG um 12 Mio. DM erhöht hatte.
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2. Im Anschluss an eine Betriebsprüfung erkannte das FA mit den nach § 164 AO geänderten Gewinnfeststellungsbescheiden für 1996 und 1997 vom 16. Mai 2001 die Aufstockungen nach § 4 Abs. 6 UmwStG 1996 aufgrund des erklärten Übernahmeverlusts sowie die hieraus resultierenden Abschreibungen auf den aktivierten Firmenwert wegen Gestaltungsmissbrauchs (§ 42 AO) nicht mehr an. Demgemäß wurden --jeweils ohne Ausweis der anrechenbaren Körperschaftsteuer (vgl. §§ 4 Abs. 4, 10 Abs. 1 UmwStG 1996)-- der Gewinn des Jahres 1996 auf 236.735,35 DM (davon T-GmbH: 7.857,74 DM, Holding: 228.877,61 DM) sowie derjenige des Jahres 1997 auf 505.047,26 DM (davon T-GmbH: 6.890,52 DM; Holding: 498.156,74 DM) festgestellt.
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3. Die Einsprüche blieben ohne Erfolg, da --so das FA-- für die Zwischenschaltung der Holding kein wirtschaftlich anzuerkennender Zweck vorliege; aufgrund der gewählten Gestaltung --steuerneutraler Anteilsverkauf an die Holding (keine wesentliche Beteiligung i.S. von § 17 des Einkommensteuergesetzes 1996 --EStG 1996--)-- sei durch den Formwechsel für die X-KG (Klägerin) lediglich Abschreibungsvolumen geschaffen worden. Unschlüssig sei insbesondere der Vortrag der Klägerin, dass sich die R. nicht unmittelbar an der X-GmbH (X-KG), sondern nur an der zwischengeschalteten Holding habe beteiligen wollen. Hinzu komme, dass nach dem Formwechsel Beteiligungsstrukturen --nämlich die Existenz einer nachgeordneten Personengesellschaft (X-KG)-- erreicht worden seien, die den ursprünglichen Verhältnissen (bis zum 8. Dezember 1994 gegenüber der X-GmbH nachgeordnete KG alt, s. oben zu 1.a) entsprochen hätten.
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4. Zur Begründung der hiergegen erhobenen Klage machte die X-KG im Wesentlichen geltend, dass ein Gestaltungsmissbrauch schon deshalb ausscheide, weil im vorliegenden Fall allein die gesetzlich vorgesehenen Regelungen des UmwStG angewandt worden seien. Ein Gesamtplan habe nicht vorgelegen, da die "Anwachsung" der KG alt auf die Y-GmbH im Jahre 1994 durch das Drängen der Sparkasse ... veranlasst gewesen sei (Verbesserung der Kreditsicherung durch Zusammenführung der Verbindlichkeiten der X-GmbH mit den Aktiva der KG alt). Davon unabhängig habe die R. im Jahre 1995 eine Beteiligung in Aussicht gestellt und hierbei sowohl auf der Gründung einer "leeren" Holding-Gesellschaft als auch auf der Umwandlung der X-GmbH in eine Personengesellschaft (GmbH & Co. KG) bestanden. Zu berücksichtigen sei auch, dass durch die gewählte Gestaltung das handelsbilanzielle Eigenkapital verstärkt und eine Publizitätspflicht der Klägerin zum damaligen Zeitpunkt vermieden worden sei.
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5. Während des Klageverfahrens wurde die Gewinnfeststellung 1996 vom 16. Mai 2001 mit weiterem Bescheid vom 22. Dezember 2004 dahin ergänzt, dass gegenüber den im Zeitpunkt des Formwechsels unbeschränkt steuerpflichtigen Anteilseignern der Holding (A., B., C. und D.) Einkünfte aus Kapitalvermögen einschließlich anrechenbarer Körperschaftsteuer gemäß den §§ 7, 10 Abs. 1 UmwStG 1996 in Höhe von insgesamt 418.794 DM festgestellt wurden (davon: für A. und B. jeweils 139.598 DM, für C. 83.759 DM sowie für D. 55.839 DM). Darüber hinaus wurden mit dem Bescheid vom 22. Dezember 2004 die durch den Änderungsbescheid 1996 vom 16. Mai 2001 gegenüber den Gesellschaftern der X-KG (Holding, T-GmbH) getroffenen Feststellungen wiederholt (gewerblicher Gewinn in Höhe von 236.735,35 DM; davon --jeweils ohne Körperschaftsteueranrechnung-- T-GmbH: 7.857,74 DM, Holding: 228.877,61 DM; s. oben zu 2.). Der Bescheid vom 22. Dezember 2004 ist von der Klägerin sowie von A., B. und C. angefochten worden. Das FA hat antragsgemäß das Ruhen der Einspruchsverfahren bis zur Entscheidung über die anhängige Klage (betreffend den Änderungsbescheid vom 16. Mai 2001) angeordnet.
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6. Im Verlauf des Klageverfahrens wurde zwischen den Beteiligten Einvernehmen darüber erzielt, dass im Falle der steuerrechtlichen Anerkennung des Umwandlungsverlustes und unter Berücksichtigung des auf den vormaligen Anteil des E. (25 %) an der X-GmbH entfallenden Sperrbetrags nach § 50c EStG 1996 (i.V.m. § 4 Abs. 5 UmwStG 1996; rund 2,987 Mio. DM) sich für das Streitjahr 1996 gewerbliche Einkünfte in Höhe von 6.547 DM (davon T-GmbH: 6.551 DM, Holding: - 4 DM) und für das Streitjahr 1997 in Höhe von 49.473 DM (davon T-GmbH: 2.335 DM, Holding: 47.138 DM) ergäben sowie zudem für das Streitjahr 1996 ein Körperschaftsteuerguthaben in Höhe von 513.779 DM (davon T-GmbH: 5.138 DM, Holding: 508.641,21 DM) festzustellen wäre. Dem hierauf gerichteten Klageantrag hat die Vorinstanz entsprochen. Zur Begründung hat das FG darauf verwiesen, dass der Gesetzgeber mit dem UmwStG umfangreiche Umwandlungsmöglichkeiten eröffnet und zugleich mit den §§ 5 Abs. 3 Satz 2, 4 Abs. 5 UmwStG 1996 i.V.m. § 50c EStG spezielle Missbrauchstatbestände geschaffen habe, die als spezialgesetzliche Anordnungen eine weiter gehende Prüfung nach § 42 AO ausschlössen. Im Streitfall, dem eine bereits im Jahr 1996 vollzogene formwechselnde Umwandlung zugrunde liege, sei unstreitig die Regelung des § 50c Abs. 1 EStG 1996 (i.V.m. § 4 Abs. 5 UmwStG 1996) mit der Folge eines Sperrbetrags in Höhe von rund 2,987 Mio. DM zu beachten, nicht hingegen die erst mit dem Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. Oktober 1997 (BGBl I 1997, 2590) eingefügte tatbestandliche Erweiterung des § 50c Abs. 11 EStG (1997), nach dem auch bei Erwerb einer nicht wesentlichen Beteiligung von einem zur Anrechnung von Körperschaftsteuer berechtigten Steuerpflichtigen sich das Übernahmeergebnis gemäß § 4 Abs. 5 UmwStG 1997 erhöhe. Eine Minderung des Übernahmeverlusts ergebe sich auch nicht aus § 5 Abs. 3 Sätze 2 und 3 UmwStG 1996, da die Anschaffungskosten der Holding für den Erwerb der Anteile an der X-GmbH (12 Mio. DM) dem Buchwert entsprächen (zu weiteren Einzelheiten vgl. Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 722).
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7. Mit der vom FG zugelassenen Revision macht das FA im Wesentlichen geltend, dass im Streitfall die Voraussetzungen eines Gestaltungsmissbrauchs gemäß § 42 AO vorlägen und deren Rechtsfolgen --entgegen der Einschätzung der Vorinstanz-- nicht durch die Regelungen des UmwStG verdrängt würden.
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8. Über das Vermögen der X-KG (Klägerin) wurde nach Einlegung der Revision das Insolvenzverfahren eröffnet. Nach Mitteilung des Insolvenzverwalters ist ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Komplementärin (T-GmbH) nicht anhängig.
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9. In der nach Erlass eines Gerichtsbescheids durchgeführten mündlichen Verhandlung haben sowohl das FA als auch die Klägerin beantragt, das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.
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Zu den Einzelheiten des Vortrags der Beteiligten wird auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 20. Mai 2010 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist begründet. Das Urteil der Vorinstanz ist aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
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1. Das Revisionsverfahren ist durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin nicht gemäß § 155 FGO i.V.m. § 240 der Zivilprozessordnung unterbrochen worden. Die Insolvenz einer Personengesellschaft lässt das Gewinnfeststellungsverfahren unberührt, da dessen (steuerrechtliche) Folgen nur die Gesellschafter persönlich und nicht den nach Insolvenzrecht abzuwickelnden Vermögensbereich der Personengesellschaft betreffen (vgl. Senatsurteil vom 11. Oktober 2007 IV R 52/04, BFHE 219, 129, BStBl II 2009, 705, m.w.N.). Die Vollmacht der Prozessbevollmächtigten der Klägerin besteht auch nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens fort.
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2. Das FG hat nicht berücksichtigt, dass im anhängigen Verfahren über die steuerrechtliche Anerkennung eines Übernahmeverlusts gemäß § 4 Abs. 5 und Abs. 6 UmwStG 1996 und damit über eine Frage zu entscheiden ist, die i.S. von § 48 Abs. 1 Nr. 5 FGO die Gesellschafter der Klägerin (X-KG) persönlich angeht. Demgemäß waren sowohl die T-GmbH als auch die Holding gemäß § 60 Abs. 3 FGO notwendig zum finanzgerichtlichen Verfahren beizuladen (vgl. Senatsurteil vom 24. April 2008 IV R 69/05, BFH/NV 2008, 1550). Gleiches gilt mit Rücksicht auf die zwischen den Beteiligten gleichfalls umstrittene Frage der Feststellung eines Körperschaftsteuerguthabens (§§ 4 Abs. 5, 10 Abs. 1 UmwStG 1996).
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Die notwendige Beiladung gehört zur Grundordnung des Verfahrens, auf sie kann deshalb nicht verzichtet werden. Zwar kann dieser Verfahrensfehler nach § 123 Abs. 1 Satz 2 FGO durch eine Beiladung im Revisionsverfahren geheilt werden. Der Senat übt jedoch das ihm insoweit zustehende Ermessen dahin aus, dass er von einer Beiladung absieht, da die Sache aus den nachfolgend dargelegten verfahrensrechtlichen Erwägungen an das FG zurückzuverweisen ist. Das FG wird deshalb die T-GmbH sowie die Holding im zweiten Rechtsgang beizuladen haben.
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3. Die Vorinstanz hat nicht nur die Reichweite des § 68 FGO verkannt. Sie hat vor allem außer Acht gelassen, dass sie aufgrund des Erlasses des Bescheids vom 22. Dezember 2004 (betreffend 1996) verpflichtet war, das anhängige Klageverfahren betreffend die Feststellungsbescheide 1996 und 1997 vom 16. Mai 2001 auszusetzen.
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a) Der Bescheid vom 22. Dezember 2004 enthielt als kombinierter Verwaltungsakt neben den sog. wiederholenden Verfügungen betreffend die Gewinnanteile der T-GmbH sowie der Holding als Mitunternehmerinnen der Klägerin (Regelungsbereich 1) die auf § 179 Abs. 3 AO gestützten ergänzenden Feststellungen, mit denen gegenüber A., B., C. und D. Einkünfte aus Kapitalvermögen einschließlich des jeweiligen Körperschaftsteuerguthabens ausgewiesen wurden (Regelungsbereich 2).
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b) Das FG, dessen Urteilsspruch sich (auch) bezüglich des Streitjahres 1996 darauf beschränkte, den nach der Betriebsprüfung zunächst ergangenen Feststellungsbescheid 1996 vom 16. Mai 2001 (in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. Januar 2003) zu ändern, hat nicht berücksichtigt, dass der Regelungsbereich 1 des Bescheids vom 22. Dezember 2004 gemäß § 68 FGO (n.F.) zum Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens geworden ist. Zwar sind Ergänzungsbescheide (§ 179 Abs. 3 AO) sowie Änderungsbescheide, die gegenüber nicht am (bisherigen) Klageverfahren beteiligten Personen ergehen, mangels Identität der Regelungen von § 68 FGO ausgenommen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 23. April 2008 II R 1/07, BFH/NV 2008, 1456; Senatsbeschluss vom 25. Februar 1999 IV R 36/98, BFH/NV 1999, 1117; Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 68 Rz 30, 75). Nach ständiger Rechtsprechung erfasst der Anwendungsbereich des § 68 FGO jedoch mit Rücksicht auf den Zweck der Vorschrift, die verhindern will, dass der Kläger durch einen einseitigen Akt der Finanzbehörde aus dem Klageverfahren gedrängt wird (vgl. Schallmoser in Hübschmann/ Hepp/Spitaler --HHSp--, § 68 FGO Rz 7, m.w.N.), auch sog. wiederholende Verfügungen, mit denen lediglich auf einen bereits bestehenden Verwaltungsakt verwiesen wird (BFH-Urteil vom 20. November 1973 VII R 33/71, BFHE 111, 13, BStBl II 1974, 113; Gräber/von Groll, a.a.O., § 68 Rz 66, Vor § 40 Rz 33, m.w.N.). Darüber hinaus ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass ein geänderter Feststellungsbescheid auch im Hinblick auf die das gerichtliche Verfahren betreffenden Einzelfeststellungen (und damit partiell) zum Gegenstand des Klageverfahrens wird, wenn er zugleich wegen weiterer Regelungen, über die das Gericht nach dem Klageantrag nicht zu entscheiden hat, beispielsweise von den zum finanzgerichtlichen Verfahren Beigeladenen im Rahmen des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens angefochten wird (vgl. BFH-Urteil vom 7. Dezember 1999 VIII R 26/94, BFHE 191, 1, BStBl II 2000, 300).
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Demnach unterstehen auch im Streitfall die wiederholenden Verfügungen (betreffend die Gewinnanteile der Mitunternehmer; Regelungsbereich 1; s. oben zu II.3.a) des Bescheids vom 22. Dezember 2004 den Rechtsfolgen des § 68 FGO. Unerheblich ist insoweit, dass sie --wie nachstehend erläutert (s. zu II.3.c)-- materiell-rechtlich in einem untrennbaren Zusammenhang zu dem gegenüber A., B., C. und D. ergangenen Ergänzungsbescheid (betreffend die Feststellung von Kapitaleinkünften; Regelungsbereich 2) stehen. Die sachliche Verknüpfung beider Regelungsbereiche schließt die Geltung des § 68 FGO (betreffend Regelungsbereich 1) nicht aus; sie hat vielmehr zur Folge, dass das anhängige Verfahren bis zum Abschluss des Einspruchsverfahrens betreffend Regelungsbereich 2 (Ergänzungsbescheid) entsprechend § 74 FGO auszusetzen ist und erst dann mit Wirkung gegenüber sämtlichen Verfahrensbeteiligten fortgeführt werden kann.
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c) Das Verfahren der gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung (§§ 179 Abs. 2 Satz 2, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO) zielt --neben Aspekten der Verfahrensökonomie-- vornehmlich darauf, einander materiell-rechtlich widersprechende Entscheidungen über die nämlichen Besteuerungsgrundlagen --sei es, dass einzelne Besteuerungsgrundlagen gegenüber mehreren Steuerpflichtigen, sei es, dass sie gegenüber den Steuerpflichtigen unterschiedlich festgestellt werden-- zu vermeiden (Söhn in HHSp, § 179 AO Rz 52, § 180 Rz 153, jeweils mit umfangreichen Nachweisen). Dementsprechend ist das Klageverfahren analog § 74 FGO auch auszusetzen, wenn während der Anhängigkeit des finanzgerichtlichen Rechtsstreits über die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung ein geänderter Feststellungsbescheid ergeht und ein Beigeladener gegen diesen (Änderungs-)Bescheid Einspruch einlegt; dies gilt selbst dann, wenn der Änderungsbescheid zwar (auch) einen anderen Regelungsgegenstand --und damit auch einen anderen Streitgegenstand-- betrifft, dessen außergerichtliche oder gerichtliche Überprüfung jedoch Auswirkungen auf das anhängige Klageverfahren haben kann (BFH-Urteil in BFHE 191, 1 , BStBl II 2000, 300; Gräber/ Koch, a.a.O., § 74 Rz 13).
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aa) Hiernach ist auch in der vorliegend zu beurteilenden Verfahrenssituation ungeachtet dessen die Aussetzung des Klageverfahrens geboten, dass die in Frage stehenden Bescheide (Gewinnfeststellung in der Fassung der wiederholenden Verfügung; Ergänzungsbescheid) unterschiedliche Regelungen treffen und die Adressaten des Ergänzungsbescheids (A., B., C. und D.) nicht am finanzgerichtlichen Verfahren beteiligt waren. Angesichts des dargelegten Zwecks des Gewinnfeststellungsverfahrens muss insoweit ausschlaggebend sein, dass den Regelungen sowohl des Gewinnfeststellungsbescheids 1996 als auch des mit Einsprüchen der Klägerin sowie von A., B. und C. angefochtenen Ergänzungsbescheids die Auffassung des FA zugrunde liegt, dass ein Übernahmeverlust gemäß § 4 Abs. 5 und Abs. 6 UmwStG 1996 wegen Gestaltungsmissbrauchs nicht anzuerkennen sei, und über diese sowohl im Klage- als auch in den Einspruchsverfahren umstrittene Rechtsfrage nur gegenüber allen Beteiligten --d.h. den Mitunternehmern der X-KG und den Adressaten des Ergänzungsbescheids-- einheitlich entschieden werden kann. Letzteres ist nach Abschluss der --unter Beteiligung (Hinzuziehung) des D. sowie der Mitunternehmerinnen der Klägerin (T-GmbH, Holding) durchzuführenden-- Einspruchsverfahren betreffend den Ergänzungsbescheid und nach Aufhebung der Verfahrensaussetzung durch das FG entweder --sofern gegen eine den Ergänzungsbescheid bestätigende Einspruchsentscheidung Klage erhoben wird-- im Wege der Klagenverbindung (§ 73 Abs. 2 FGO) oder --anderenfalls-- dadurch sicherzustellen, dass die Adressaten dieses Bescheids zum anhängigen Verfahren beigeladen werden (§ 60 Abs. 3 FGO) mit der weiteren Folge, dass sie der Bindungswirkung des § 110 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 57 Nr. 3 FGO unterstehen. Hierdurch wird insbesondere ausgeschlossen, dass --so die Rechtsauffassung der Vorinstanz-- die Bestände des verwendbaren Eigenkapitals der X-GmbH sowie das Körperschaftsteuerguthaben Eingang in die Ermittlung der Übernahmeergebnisse der an der Klägerin als Mitunternehmer Beteiligten (T-GmbH, Holding) finden und zugleich --so der bisher durch die Entscheidung des FG nicht berührte Ergänzungsbescheid-- gegenüber A., B., C. und D. als Kapitaleinkünfte festgestellt werden.
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bb) Der Aussetzung des Klageverfahrens steht nicht entgegen, dass im Schrifttum die Auffassung vertreten wird, dass die Einkünfte nach § 7 UmwStG 1996 --im Gegensatz zum Übernahmeergebnis nach § 4 UmwStG 1996 (vgl. BFH-Beschluss vom 27. August 2008 I R 33/05, BFHE 222, 537, BStBl II 2010, 63; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 25. März 1998 IV B 7 -S 1978- 21/98, BStBl I 1998, 268 Tz. 04.15)-- nicht Gegenstand der gesonderten und einheitlichen Feststellung betreffend die übernehmende Personengesellschaft seien (Dötsch/Patt/Pung/Jost, Umwandlungsteuerrecht, 5. Aufl., § 4 Rz 43, § 7 Rz 13). Abgesehen davon, dass der BFH --soweit ersichtlich-- hierzu noch nicht Stellung genommen hat, kann auch diese Frage nur im Rahmen der Rechtsbehelfsverfahren gegen den Ergänzungsbescheid entschieden werden (vgl. Söhn in HHSp, § 179 AO Rz 353, § 180 AO Rz 158). Bestimmend für die Verfahrensaussetzung ist deshalb nicht, ob ein Ergänzungsbescheid ergehen durfte; maßgeblich ist allein, dass er ergangen ist und --wie ausgeführt-- eine Streitfrage (hier: steuerrechtliche Anerkennung des Übernahmeverlusts) betrifft, die zugleich Gegenstand des mit der Klage angefochtenen (ergänzten) Feststellungsbescheids ist.
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cc) Obgleich der Ergänzungsbescheid lediglich für das Streitjahr 1996 ergangen ist, ist die Verfahrensaussetzung analog § 74 FGO auch für das zweite Streitjahr (1997) auszusprechen. Der Umstand, dass die Bindungswirkung eines Feststellungsbescheids (hier: Gewinnfeststellung 1996) nicht das Folgejahr (hier: Gewinnfeststellung 1997) erfasst (vgl. BFH-Urteil vom 14. Mai 2002 VIII R 8/01, BFHE 199, 198, BStBl II 2002, 532), steht dem nicht entgegen. Im Rahmen der nach § 74 FGO erforderlichen Ermessensentscheidung ist nicht nur zu berücksichtigen, dass die Steuerbilanz (hier: Ergänzungsbilanzen) des Streitjahres 1997 über den Grundsatz des formellen Bilanzenzusammenhangs mit derjenigen des Streitjahres 1996 verknüpft ist; hinzu kommt vor allem, dass --wie erläutert-- beide Gewinnfeststellungen ausschließlich wegen des Streits über die nämliche Rechtsfrage angefochten worden sind. Demgemäß erachtet es der Senat für sachgerecht, den durch die Klägerin herbeigeführten Verbund der Klagebegehren (§ 43 FGO; hier: kumulative Klagenhäufung betreffend die Gewinnfeststellungen 1996 und 1997) auch im Rahmen der Aussetzungsentscheidung (§ 74 FGO analog) zu wahren.
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4. Das Urteil des FG ist somit aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuverweisen. Wenngleich es dem Senat verwehrt ist, zu den materiellen Fragen des Streitfalls mit Bindungswirkung für den zweiten Rechtsgang Stellung zu nehmen, erachtet er es im Interesse eines möglichst raschen Abschlusses des gerichtlichen Verfahrens für angezeigt, auf folgende Gesichtspunkte hinzuweisen:
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a) Nach Ansicht des Senats gibt der Streitfall keine Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen, ob --wie von der Vorinstanz angenommen-- die Bestimmungen des UmwStG die allgemeine Missbrauchsvorschrift des § 42 AO verdrängen. Abgesehen davon, dass die vom FA als missbräuchlich erachtete Zwischenschaltung der Holding nicht auf einer offenen Sacheinlage (§ 20 UmwStG 1996) beruhte und damit nicht vom Regelungsbereich des UmwStG 1996 erfasst wurde, sind nach dem bisherigen Sachstand die allgemeinen Tatbestandsvoraussetzungen des § 42 AO nicht erfüllt. Demgemäß erübrigt es sich auch unter diesem Blickwinkel, auf die Frage des Konkurrenzverhältnisses zu den Anweisungen des UmwStG (1996) einzugehen.
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b) Zu berücksichtigen ist insoweit, dass nach ständiger Rechtsprechung steuerrechtliche Folgen, die im Zusammenhang mit einer auf Dauer angelegten Unternehmensumstrukturierung --wie beispielsweise der dauerhaften (d.h. nicht nur "geschäftsvorfallbezogenen") Zwischenschaltung von Kapitalgesellschaften mit der Folge mehrstöckiger Beteiligungen-- stehen, selbst dann keinen Missbrauch i.S. von § 42 AO begründen, wenn die Umstrukturierung auf der Übertragung nicht wesentlicher Beteiligungen beruht (z.B. BFH-Urteile vom 23. Oktober 1996 I R 55/95, BFHE 181, 490, BStBl II 1998, 90; vom 15. Oktober 1998 III R 75/97, BFHE 187, 245, BStBl II 1999, 119; vom 25. Februar 2004 I R 42/02, BFHE 206, 5, BStBl II 2005, 14, zu B.I.3.d; BMF-Schreiben vom 3. Februar 1998 IV B 7 -S 2810- 4/98, BStBl I 1998, 207). Hiernach ist auch vorliegend die Annahme eines Gestaltungsmissbrauchs durch die "Zwischenschaltung" der bis heute bestehenden Holding ebenso wie durch den --gleichfalls auf Dauer angelegten-- Formwechsel der Klägerin in eine Personengesellschaft ausgeschlossen. Gleiches gilt mit Rücksicht auf die Erwägung der Einspruchsentscheidung, nach der die im Jahre 1996 geschaffene Konzernstruktur derjenigen bis zum 8. Dezember 1994 entspreche (X-KG und KG alt als jeweils nachgeordnete Unternehmen). Folgt man dem --im finanzgerichtlichen Verfahren vom FA nicht bestrittenen-- Vortrag der Klägerin, nach dem die Anteile an der Y-KG im Jahre 1994 auf Drängen der Sparkasse ... in die Y-GmbH eingelegt worden sind (verbesserte Kreditsicherung) und die Sacheinlage in keinem sachlichen Zusammenhang mit den in der Zeit von Dezember 1995 bis Juli 1996 durchgeführten Umstrukturierungsschritten (Anteilsübertragung an die Holding i.V.m. der Beteiligung weiterer Gesellschafter sowie der Börsennotierung der Holding) stand, so muss bereits aus diesem Grund ein Missbrauch ausscheiden. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass sich --wiederum dauerhaft-- die neu geschaffene Beteiligungsstruktur von der Ursprungssituation nicht nur im Hinblick auf die Vermögenszusammensetzung, sondern auch dadurch unterscheidet, dass bis zum 8. Dezember 1994 die KG alt der X-GmbH nachgeordnet war, ab 30. Juni 1996 hingegen die X-GmbH selbst in eine Personengesellschaft umgewandelt wurde.
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c) Gleichwohl wird der Klage nicht in vollem Umfang zu entsprechen sein. Die Vorinstanz hat zwar zutreffend erkannt, dass für Zwecke der Ermittlung des Übernahmegewinns oder -verlusts (§ 4 Abs. 4 UmwStG 1996) nach der Fiktion des § 5 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 14 UmwStG 1996 die Anteile an der übertragenden Körperschaft (hier: X-GmbH), die zum inländischen Betriebsvermögen der Gesellschafter (hier: T-GmbH und Holding) der übernehmenden Personengesellschaft (hier: X-KG) gehörten, am steuerlichen Übertragungsstichtag zum Buchwert in das Betriebsvermögen der Personengesellschaft (hier: X-KG) als überführt gelten. Das FG hat jedoch nicht hinreichend gewürdigt, dass gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1996 der Ermittlung des Übernahmeergebnisses dann die gegenüber dem Anteilsbuchwert niedrigeren Anschaffungskosten zugrunde zu legen sind, wenn die Anteile innerhalb der letzten fünf Jahre vor diesem Stichtag in ein inländisches Betriebsvermögen eines Gesellschafters der übernehmenden Personengesellschaft eingelegt worden sind.
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aa) Letztere Bestimmung will verhindern, dass das Übernahmeergebnis durch die Einlage nicht wesentlicher Beteiligungen i.S. von § 17 EStG (1996), die nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 Halbsätze 1 und 2 EStG (1996) nicht mit den Anschaffungskosten der Anteilsinhaber, sondern mit dem Teilwert anzusetzen sind, durch eine Umwandlung der Kapitalgesellschaft innerhalb von 5 Jahren nach Einlage gemindert wird (vgl. auch BTDrucks 13/3084, S. 25). Sie ist entsprechend diesem Zweck auch bei Einlage nicht wesentlicher Beteiligungen in das Vermögen einer Kapitalgesellschaft anwendbar (vgl. --einschließlich der Einlage von Anteilen nach § 50c EStG-- Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 5 UmwStG 1995 Rz 512, 97; Dötsch/Patt/ Pung/Jost, a.a.O., § 5 Rz 58, 67, § 4 Rz 64). Demnach ist bei einem solchen Sachverhalt --und damit auch im Streitfall-- zu prüfen, ob die Anschaffungskosten der Einlegenden (hier: A., B., C., D. und E.) den zum steuerlichen Übertragungsstichtag ausgewiesenen Buchwert der Anteile im Vermögen der Holding sowie --was der Senat anhand der Feststellungen des FG nicht zu beurteilen vermag-- u.U. auch der T-GmbH unterschritten haben (hier mutmaßlich: fortgeführter Einlagewert = Teilwert; s. oben).
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bb) Soweit nach Einschätzung des FG die Anteile nicht eingelegt, sondern entsprechend der Kaufpreisabrede von der Holding (sowie u.U. auch von der T-GmbH) angeschafft worden sind mit der Folge, dass die Anschaffungskosten den Buchwerten entsprechen, vermag sich der Senat dieser Würdigung --insbesondere unter Berücksichtigung des Vortrags der Klägerin-- nicht anzuschließen. Wie auch den Ausführungen der Klägerin im Revisionsverfahren zu entnehmen, war im Zusammenhang mit der damals geplanten Börsennotierung der Holding (heute: Z-AG) beabsichtigt, deren Eigenkapitalbasis durch den Kauf der Anteile an der X-GmbH und anschließenden Verzicht auf die Kaufpreisforderung zu stärken (Schaffung "zusätzlichen handelsrechtlichen Eigenkapitals"). Hiervon ausgehend neigt der Senat dazu, die Anteilsübertragung im Umfang des Verzichts (nach den Feststellungen der Vorinstanz mithin in Höhe von 93,3 %) steuerrechtlich nicht --entsprechend ihrer zivilrechtlichen Einkleidung-- als Anteilsverkauf i.V.m. einer Einlage der (anteiligen) Kaufpreisforderungen zu werten. Vielmehr dürfte --wovon auch die Erwiderung zur Revisionsbegründung (S. 9, Fn 31) ausgeht-- die Übertragung der GmbH-Anteile nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt, d.h. mit Rücksicht darauf, dass der (anteilige) Kaufpreisverzicht von Anfang an und damit auch im Sinne der Gesamtplanrechtsprechung des BFH tragender Bestandteil der von allen Beteiligten (einschließlich der ab dem Jahre 1997 an der Holding beteiligten R.) verfolgten Konzeption zur Umstrukturierung des Unternehmensverbunds war, im Umfang des Verzichts (s. oben) als eine verdeckte Sacheinlage der Anteile an der X-GmbH in das Vermögen der Holding zu qualifizieren sein und --gleich einem durch das Gesellschaftsverhältnis veranlassten Anteilsverkauf zu einem unter dem tatsächlichen Anteilswert liegenden Preis (vgl. hierzu z.B. BFH-Urteile vom 26. Juli 1967 I 138/65, BFHE 89, 524, BStBl III 1967, 733; vom 20. Juli 2005 X R 22/02, BFHE 210, 345, BStBl II 2006, 457; Senatsurteil vom 21. September 1989 IV R 115/88, BFHE 158, 397, BStBl II 1990, 86)-- die vorstehend beschriebenen Rechtsfolgen des § 5 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1996 ausgelöst haben. Soweit die Klägerin hiergegen in der mündlichen Verhandlung eingewandt hat, dass der Verkauf der Anteile an der X-GmbH weder die Annahme eines Gestaltungsmissbrauchs noch eines Scheingeschäfts (§ 117 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) rechtfertige, vermag dies zu keiner anderen Beurteilung zu führen. Der Einwand lässt außer Acht, dass der gesetzliche Besteuerungstatbestand und damit auch die Entscheidung darüber, ob Kapitalgesellschaftsanteile entgeltlich übertragen (veräußert) oder i.S. von § 5 Abs. 3 Satz 2 UmwStG 1996 verdeckt in eine andere Kapitalgesellschaft eingelegt werden, nicht allein nach der zivilrechtlichen Qualifikation des Rechtsgeschäfts (Vorgangs), sondern nach dem von den Beteiligten wirtschaftlich gewollten Ergebnis zu beurteilen ist (ständige Rechtsprechung, Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Dezember 1991 2 BvR 72/90, BStBl II 1992, 212; BFH-Urteil vom 29. Mai 2008 IX R 97/07, BFH/NV 2009, 9; Senatsurteil vom 14. Februar 2008 IV R 61/05, BFH/NV 2008, 1460, betreffend die Abgrenzung von entgeltlicher und unentgeltlicher Grundstücksveräußerung).
(1) Das Finanzgericht kann von Amts wegen oder auf Antrag andere beiladen, deren rechtliche Interessen nach den Steuergesetzen durch die Entscheidung berührt werden, insbesondere solche, die nach den Steuergesetzen neben dem Steuerpflichtigen haften. Vor der Beiladung ist der Steuerpflichtige zu hören, wenn er am Verfahren beteiligt ist.
(2) Wird eine Abgabe für einen anderen Abgabenberechtigten verwaltet, so kann dieser nicht deshalb beigeladen werden, weil seine Interessen als Abgabenberechtigter durch die Entscheidung berührt werden.
(3) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, so sind sie beizuladen (notwendige Beiladung). Dies gilt nicht für Mitberechtigte, die nach § 48 nicht klagebefugt sind.
(4) Der Beiladungsbeschluss ist allen Beteiligten zuzustellen. Dabei sollen der Stand der Sache und der Grund der Beiladung angegeben werden.
(5) Die als Mitberechtigte Beigeladenen können aufgefordert werden, einen gemeinsamen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen.
(6) Der Beigeladene kann innerhalb der Anträge eines als Kläger oder Beklagter Beteiligten selbständig Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend machen und alle Verfahrenshandlungen wirksam vornehmen. Abweichende Sachanträge kann er nur stellen, wenn eine notwendige Beiladung vorliegt.
(1) Gegen Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen können Klage erheben:
- 1.
zur Vertretung berufene Geschäftsführer oder, wenn solche nicht vorhanden sind, der Klagebevollmächtigte im Sinne des Absatzes 2; - 2.
wenn Personen nach Nummer 1 nicht vorhanden sind, jeder Gesellschafter, Gemeinschafter oder Mitberechtigte, gegen den der Feststellungsbescheid ergangen ist oder zu ergehen hätte; - 3.
auch wenn Personen nach Nummer 1 vorhanden sind, ausgeschiedene Gesellschafter, Gemeinschafter oder Mitberechtigte, gegen die der Feststellungsbescheid ergangen ist oder zu ergehen hätte; - 4.
soweit es sich darum handelt, wer an dem festgestellten Betrag beteiligt ist und wie dieser sich auf die einzelnen Beteiligten verteilt, jeder, der durch die Feststellungen hierzu berührt wird; - 5.
soweit es sich um eine Frage handelt, die einen Beteiligten persönlich angeht, jeder, der durch die Feststellungen über die Frage berührt wird.
(2) Klagebefugt im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 ist der gemeinsame Empfangsbevollmächtigte im Sinne des § 183 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung oder des § 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung vom 19. Dezember 1986 (BGBl. I S. 2663). Haben die Feststellungsbeteiligten keinen gemeinsamen Empfangsbevollmächtigten bestellt, ist klagebefugt im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 der nach § 183 Abs. 1 Satz 2 der Abgabenordnung fingierte oder der nach § 183 Abs. 1 Satz 3 bis 5 der Abgabenordnung oder nach § 6 Abs. 1 Satz 3 bis 5 der Verordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung von der Finanzbehörde bestimmte Empfangsbevollmächtigte; dies gilt nicht für Feststellungsbeteiligte, die gegenüber der Finanzbehörde der Klagebefugnis des Empfangsbevollmächtigten widersprechen. Die Sätze 1 und 2 sind nur anwendbar, wenn die Beteiligten spätestens bei Erlass der Einspruchsentscheidung über die Klagebefugnis des Empfangsbevollmächtigten belehrt worden sind.
(1) Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über.
(2) Ein gegen den Schuldner bestehendes Veräußerungsverbot, das nur den Schutz bestimmter Personen bezweckt (§§ 135, 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), hat im Verfahren keine Wirkung. Die Vorschriften über die Wirkungen einer Pfändung oder einer Beschlagnahme im Wege der Zwangsvollstreckung bleiben unberührt.
Tatbestand
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I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) und die H-GmbH waren in den Jahren 1997 und 1998 (Streitjahre) als Kommanditisten an der X-KG (KG) beteiligt. Deren persönlich haftende Gesellschafterin ist die W-GmbH. Gesellschafter der W-GmbH waren in den Streitjahren der Kläger und die H-GmbH.
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Nach dem Gesellschaftsvertrag der KG war die W-GmbH allein geschäftsführungs- und vertretungsbefugt. Hinsichtlich des Kommanditanteils des Klägers sah der Gesellschaftsvertrag ein Übernahmerecht für die H-GmbH (Call-Option) vor. Danach war die H-GmbH in dem Fall, dass der Kläger --gleichgültig aus welchem Grund-- aus der Geschäftsführung der W-GmbH ausschiede, berechtigt, den Kapitalanteil des Klägers sowie seinen Geschäftsanteil an der W-GmbH im Ganzen zum Ende eines jeden Geschäftsjahres zu übernehmen. Die Call-Option war durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Kläger unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten auszuüben.
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Zwischen dem Kläger und der KG bestand ein Dienstvertrag, wonach dem Kläger als Geschäftsführer gemeinsam mit anderen Geschäftsführern die Leitung der W-GmbH und daneben auch die der KG oblag. Aufgrund gesundheitlicher Probleme legte der Kläger durch Vereinbarung vom 7. Juli 1997 sein Amt als Geschäftsführer der KG nieder, woraufhin der zwischen ihm und der KG bestehende Dienstvertrag einvernehmlich mit Wirkung zum 31. Dezember 1997 aufgehoben wurde.
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Die H-GmbH machte daraufhin mit Schreiben an den Kläger vom 11. September 1997 von ihrer Call-Option Gebrauch und forderte von dem Kapitalanteil des Klägers an der KG sowie von seinem Geschäftsanteil an der W-GmbH jeweils 80 % an. Aufgrund notariellen Kauf- und Übertragungsvertrags vom 26. Februar 1998 erfolgten mit Wirkung zum 31. Dezember 1997 die entsprechenden Anteilsübertragungen auf die H-GmbH.
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Mit Schreiben vom 28. September 1998 forderte die H-GmbH den restlichen Kommanditanteil des Klägers an der KG sowie dessen verbliebenen Geschäftsanteil an der W-GmbH an. Beide Übertragungen wurden durch notariellen Vertrag vom 29. Dezember 1998 mit Wirkung zum 31. Dezember 1998 vollzogen.
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1997 unterhielt die KG mindestens 24 Einzelhandelsgeschäfte in verschiedenen Städten. An drei Standorten hatte die KG Räumlichkeiten von der Z-GbR (GbR) gemietet. An der GbR war der Kläger seit 1989 mit nahezu 100 % beteiligt. Mit Vertrag vom 4. September 1997 gründeten die Gesellschafter der GbR die W-KG. Das Vermögen der GbR wurde am gleichen Tag mit Wirkung zum 1. August 1997 zu Buchwerten in das Gesamthandsvermögen der W-KG übertragen, die sämtliche Vertragsverhältnisse der GbR fortführte.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) hatte das von der GbR an die KG vermietete Grundvermögen seit 1989 als notwendiges Sonderbetriebsvermögen I des Klägers in der KG beurteilt, soweit es diesem anteilig zuzurechnen war. Das FA hatte deshalb die Gewinnanteile des Klägers hieraus im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung der KG als Sonderbetriebseinnahmen gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes in der in den Streitjahren geltenden Fassung (EStG) erfasst. Nach der Übertragung der Grundstücke der GbR auf die W-KG im Jahr 1997 sah das FA das Grundvermögen der W-KG nicht mehr als Sonderbetriebsvermögen des Klägers in der KG an, sondern ging von einer miet- bzw. pachtweisen Überlassung von Wirtschaftsgütern im Rahmen einer gewerblich geprägten Mitunternehmerschaft (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG) aus. Die Gewinnanteile des Klägers an der W-KG erfasste es im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung der W-KG.
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In den nach einer Außenprüfung ergangenen Änderungsbescheiden zur Gewinnfeststellung der KG für die Streitjahre vom 10. April 2003 qualifizierte das FA jeweils den Gewinn des Klägers aus der Anteilsveräußerung an die H-GmbH als laufenden Gewinn und versagte die Tarifvergünstigung gemäß §§ 16 Abs. 1 Nr. 2, 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG i.V.m. § 34 Abs. 1 EStG.
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Dagegen legte der Kläger Einspruch ein, mit dem er sich allein gegen die Behandlung seiner Gewinne aus den Anteilsveräußerungen als laufende Gewinne wandte. Während des Einspruchsverfahrens ergingen bezogen auf die Streitjahre zuletzt am 17. Mai 2006 im Wege der Einzelbekanntgabe an den Kläger Änderungsbescheide zur Gewinnfeststellung. Darin sowie in der Einspruchsentscheidung vom 18. Mai 2006 hielt das FA an seiner Rechtsauffassung fest.
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Während des Klageverfahrens wurde über das Vermögen der KG und später auch das der W-GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Durch Beschluss des Finanzgerichts (FG) vom 28. Januar 2009 wurde der Insolvenzverwalter der KG zum Verfahren beigeladen.
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In seinem Urteil vom 18. März 2009 schloss sich das FG der Rechtsauffassung des FA an. Es liege keine dem Zweck der §§ 16, 34 EStG entsprechende zusammengeballte Realisierung aller stillen Reserven in dem veräußerten Mitunternehmeranteil vor, da in zeitlichem und wirtschaftlichem Zusammenhang mit den Anteilsveräußerungen die Buchwerteinbringung der Grundstücke der GbR in die W-KG erfolgt sei. Die der GbR gehörenden Grundstücke seien, soweit diese im Eigentum des Klägers gestanden hätten und an die KG vermietet gewesen seien, wesentliche Betriebsgrundlage der KG und Sonderbetriebsvermögen des Klägers gewesen. Spätestens zu Beginn des Jahres 1997 habe der Kläger eine einheitliche Planung verfolgt, die Grundstücke der GbR im Familienbesitz zu erhalten und die Gesellschaftsanteile an der KG zu veräußern. Die Anforderung von 80 % des Kommanditanteils des Klägers durch die H-GmbH sei nur eine Woche nach der Einbringung der Grundstücke in die W-KG erfolgt; dies könne nur auf einer Absprache mit dem Kläger beruht haben, die bereits bei Abschluss des Aufhebungsvertrags zwischen dem Kläger und der KG hinsichtlich seiner Geschäftsführertätigkeit bestanden haben müsse. Der Kläger habe der H-GmbH erst durch Aufgabe seiner Geschäftsführertätigkeit die Möglichkeit eröffnet, von der Call-Option überhaupt Gebrauch zu machen. Auch wenn bei Anforderung von 80 % der Anteile am 11. September 1997 die Ausübung der Call-Option hinsichtlich der verbliebenen 20 % des Klägers im Jahr 1998 noch nicht festgestanden habe, müsse jedenfalls der Kaufpreis hierfür schon im Vorfeld vereinbart worden sein, denn die Deckelung des Kaufpreises für diesen Anteil auf 120 % der Summe, die die H-GmbH dem Kläger für die zum 31. Dezember 1997 übertragenen Anteile bezahlt habe, sei angesichts der wirtschaftlichen Entwicklung der KG für den Kläger nachteilig gewesen.
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Dagegen richtet sich die Revision des Klägers, mit welcher er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das FG habe gegen das Gebot der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme (§ 81 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), die Verpflichtung zur Erforschung des Sachverhalts (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) sowie gegen die Regeln über die Verteilung der Feststellungslast verstoßen. Weiterhin sei ihm --dem Kläger-- rechtliches Gehör versagt worden (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--, §§ 96 Abs. 2, 119 Nr. 3 FGO). Materiell habe das FG zu Unrecht die Gesamtplanrechtsprechung auf den Streitfall angewandt. Bei den Grundstücken der GbR habe es sich nicht um wesentliche Betriebsgrundlagen der KG gehandelt, die anteilig als Sonderbetriebsvermögen des Klägers anzusehen seien. Vielmehr habe die KG von der GbR nur Teilflächen für lediglich drei ihrer Standorte angemietet und auch auf Seiten der GbR habe die Vermietung der Objekte an die KG keinen besonders großen Umfang gehabt. Bei der GbR handele es sich um einen Gewerbebetrieb sui generis. Die Anteilsveräußerungen gingen auf die Ausübung der Call-Option durch die H-GmbH zurück, worauf der Kläger keinen Einfluss gehabt habe. Für die Annahme eines Gesamtplans und die Verklammerung verschiedener Teilakte zu einem einheitlichen Veräußerungsplan sei aber Voraussetzung, dass der Steuerpflichtige im Wege einer eigenständigen Willensbildung alle Teilakte eines mehraktigen Geschehensablaufs planmäßig steuere. Die Besteuerung könne nicht von der Willensbildung einer dritten Person abhängen. Auch der zeitliche Zusammenhang sei zu verneinen, wenn --wie im Streitfall-- zwischen der Buchwerteinbringung und der Veräußerung der Anteile mehr als fünf Monate lägen.
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Der Kläger beantragt,
das FG-Urteil aufzuheben und die geänderten Gewinnfeststellungsbescheide für 1997 und 1998 vom 17. Mai 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. Mai 2006 dahin zu ändern, dass im Gewinnfeststellungsbescheid für 1997 der Gewinn des Klägers aus der Teilanteilsveräußerung in Höhe von 3.675.156 DM und im Gewinnfeststellungsbescheid für 1998 der Gewinn des Klägers aus der Anteilsveräußerung in Höhe von 2.308.944 DM als nach Maßgabe der §§ 16 Abs. 1 Nr. 2, 34 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 34 Abs. 1 EStG tarifbegünstigter Veräußerungsgewinn festgestellt wird.
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Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
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Der Kläger habe in der mündlichen Verhandlung keine Beweisanträge gestellt und die mangelnde Sachaufklärung nicht gerügt. Die Grundstücke der GbR seien Sonderbetriebsvermögen des Klägers im Rahmen der KG. Das FG habe im Rahmen der allein ihm obliegenden Tatsachen- und Beweiswürdigung das Vorliegen eines Gesamtplans beim Kläger bejaht, der auch die Ausübung der Call-Option durch die H-GmbH umfasst habe. Im Revisionsverfahren könne nur noch überprüft werden, ob die Tatsachen- und Beweiswürdigung des FG den Denkgesetzen entspreche. Für den zeitlichen Zusammenhang reichten nach der Rechtsprechung Zeiträume von mehr als ein oder zwei Jahren aus.
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Mit Senatsbeschluss vom 27. Juni 2012 hat der Senat den Versuch unternommen, die KG zum Revisionsverfahren beizuladen. Der Beschluss konnte der KG nicht zugestellt werden.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).
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1. Der Senat ist nicht aufgrund der fehlgeschlagenen Zustellung seines Beiladungsbeschlusses vom 27. Juni 2012 an die KG daran gehindert, in der Sache zu entscheiden.
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a) Nach § 60 Abs. 3 FGO sind alle Beteiligten notwendig beizuladen, die i.S. des § 48 FGO klagebefugt sind. Aus § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO folgt, dass die KG gesetzliche Prozessstandschafterin der Gesellschafter und damit immer klagebefugt ist, weshalb sie grundsätzlich beizuladen ist (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 21. Mai 1992 IV R 47/90, BFHE 168, 217, BStBl II 1992, 865). Zwar verliert der Insolvenzschuldner durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen seine materiellen Befugnisse (§ 80 Abs. 1 der Insolvenzordnung) womit grundsätzlich die Prozessführungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter übergeht. Dies gilt aber nicht, soweit sich der Prozess gegen einen Feststellungsbescheid richtet, der ausschließlich den Gesellschafter und nicht die Personengesellschaft selbst betrifft, denn insoweit kann das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen nicht berührt werden. Die Rechtsposition des organschaftlichen Geschäftsführers bleibt insoweit trotz der Insolvenz der Gesellschaft formell unangetastet. Die Personengesellschaft wird für das Feststellungsverfahren als insolvenzfreie Angelegenheit weiterhin durch die zur Vertretung berufenen Geschäftsführer vertreten. Der Insolvenzverwalter ist insoweit nicht zum Verfahren beizuladen, eine --wie im Streitfall-- dennoch erfolgte Beiladung bleibt allerdings wirksam, solange sie nicht aufgehoben wird (vgl. Gräber/Levedag, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 60 Rz 154).
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b) Wird --wie im Streitfall-- bei einer zweigliedrigen Personengesellschaft ohne einen von den Vorgaben des § 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 des Handelsgesetzbuchs (HGB) abweichenden Gesellschaftsvertrag das Insolvenzverfahren sowohl über das Vermögen der KG als auch das ihrer geschäftsführenden GmbH eröffnet, so scheidet die geschäftsführende und allein vollhaftende GmbH aus der Personengesellschaft aus (§ 131 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 HGB, vgl. etwa Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 30. März 2007 30 U 13/06, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis 2007, 1233). Durch das Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters wird die Personengesellschaft ohne Liquidation vollbeendet (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 18. September 1980 V R 175/74, BFHE 132, 348, BStBl II 1981, 293; vom 9. Februar 2011 IV R 37/08, BFH/NV 2011, 1120; BFH-Beschluss vom 5. Januar 2010 IV R 43/07, BFH/NV 2010, 1104). Eine vollbeendete Personengesellschaft kann nicht Beteiligte eines finanzgerichtlichen Verfahrens zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte sein, denn sie ist dann nicht mehr i.S. des § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO als Prozessstandschafterin für die Gesellschafter prozessführungsbefugt. Deshalb kann sie auch nicht mehr notwendig beigeladen werden (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 22. September 2011 IV R 42/09, BFH/NV 2012, 236, m.w.N.).
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c) Die Vollbeendigung der KG im Streitfall hat zur Folge, dass grundsätzlich alle gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO klagebefugten ehemaligen Gesellschafter, die nicht selbst Klage erhoben haben, beizuladen sind, soweit sie vom Ausgang des Rechtsstreits i.S. des § 40 Abs. 2 FGO selbst betroffen sind (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 10. Februar 1988 VIII R 352/82, BFHE 152, 414, BStBl II 1988, 544; vom 25. Juni 1992 IV R 87/90, BFH/NV 1993, 457). Eine notwendige Beiladung der nicht klagenden ehemaligen Gesellschafter (Feststellungsbeteiligten) ist allerdings --wie in der Person der H-GmbH oder der insolvenzbedingt ausgeschiedenen W-GmbH-- nicht geboten, wenn sie steuerrechtlich unter keinem denkbaren Gesichtspunkt betroffen sein können (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFHE 152, 414, BStBl II 1988, 544, und in BFH/NV 2011, 1120).
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2. Das FG-Urteil ist auch nicht aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben.
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a) Soweit der Kläger eine Verletzung des Grundsatzes der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme (§ 81 Abs. 1 Satz 1 FGO) bzw. der dem FG obliegenden Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) rügt und zur Begründung darauf abhebt, dass das FG seine Überzeugung von einem wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen den Anteilsveräußerungen und Grundstücksübertragungen alleine auf das Schreiben vom 11. September 1997 und den Vertrag vom 26. Februar 1998 gestützt habe, ohne den Kläger oder die von ihm angebotenen Zeugen zu vernehmen, dringt er schon deshalb nicht durch, weil er damit im Ergebnis die Tatsachen- und Beweiswürdigung durch das FG als fehlerhaft rügt. Die Grundsätze der Tatsachen- und Beweiswürdigung gehören revisionsrechtlich aber dem materiellen Recht an und sind daher der Prüfung des BFH im Rahmen von Verfahrensrügen entzogen (BFH-Beschlüsse vom 17. Januar 1995 V B 51/94, BFH/NV 1995, 892, und vom 26. Februar 2008 XI B 169/07, BFH/NV 2008, 830). Dasselbe gilt für die Regeln über die Verteilung der Feststellungslast (BFH-Beschluss vom 28. Juli 1994 IV S 2/93, BFH/NV 1995, 118).
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b) Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 96 Abs. 2 FGO) liegt ebenfalls nicht vor. Das Recht der Beteiligten auf Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das FG ist jedoch weder verpflichtet, einen Beteiligten im Voraus darauf hinzuweisen, dass es den Sachverhalt anders beurteilt, noch muss es seine vorläufige Beweiswürdigung oder das Ergebnis einer Gesamtwürdigung zahlreicher Einzelumstände offenlegen (BFH-Beschluss vom 10. Oktober 2007 IV B 130, 131/06, BFH/NV 2008, 233, m.w.N.). Aus § 96 Abs. 2 FGO folgt auch nicht die Verpflichtung des FG, sich mit jedem Vorbringen der Beteiligten ausdrücklich in den Entscheidungsgründen zu befassen (BFH-Beschluss vom 15. Juni 1994 II B 172/93, BFH/NV 1995, 131).
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3. a) Da der Kläger mit der Klage ausschließlich die Qualifikation des Gewinns aus der Veräußerung des Teils des Mitunternehmeranteils bzw. des Mitunternehmeranteils als tarifbegünstigter Veräußerungsgewinn nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG anstelle laufenden Gewinns (zur Selbständigkeit dieser Feststellung: BFH-Urteil vom 9. Februar 2011 IV R 15/08, BFHE 233, 290, BStBl II 2011, 764, m.w.N.) begehrt hat, ist allein die Qualifikation des Gewinns Gegenstand der Klage geworden. Der Senat hat deshalb im vorliegenden Verfahren nicht darüber zu entscheiden, ob der Gewinn aus der Veräußerung im richtigen Veranlagungszeitraum erfasst worden ist. Die Zuordnung des Gewinns zu dem jeweiligen Veranlagungszeitraum ist vielmehr bestandskräftig festgestellt worden.
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b) Das FG durfte in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgehen, dass weder für den Gewinn des Klägers aus der Veräußerung eines Teils seines (ursprünglichen) KG-Anteils noch für den Gewinn aus der (Voll-)Anteilsveräußerung die Tarifbegünstigung nach Maßgabe der §§ 16 Abs. 1 Nr. 2, 34 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 34 Abs. 1 EStG zu gewähren war. Zwar lagen bezogen auf die beiden Übertragungsvorgänge ausgehend von dem Wortlaut der Regelungen jeweils die Tatbestandsvoraussetzungen der Tarifvergünstigung vor, weil zu diesen Stichtagen kein Sonderbetriebsvermögen des Klägers in der KG vorhanden war (II.3.b aa bis cc). Allerdings gebieten es Sinn und Zweck der §§ 16 Abs. 1 Nr. 2, 34 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 34 Abs. 1 EStG, die streitgegenständlichen Übertragungsvorgänge nicht isoliert zu betrachten (II.3.b dd).
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aa) Erzielt der Steuerpflichtige aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils einen Gewinn, so ist der Gewinn gemäß §§ 16 Abs. 1 Nr. 2, 34 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 34 Abs. 1 EStG mit einem ermäßigten Steuersatz zu besteuern. Im Streitjahr 1997 war auch die Veräußerung eines Teils eines Mitunternehmeranteils grundsätzlich tarifbegünstigt. Zwar ist § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG durch das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz vom 20. Dezember 2001 (BGBl I 2001, 3858) mit Wirkung für nach dem 31. Dezember 2001 erfolgte Veräußerungen in der Weise geändert worden, dass nur noch die Übertragung des "gesamten" Gesellschaftsanteils zu einem nach § 34 EStG begünstigten Veräußerungsgewinn führt. Der BFH hat jedoch mehrfach entschieden, dass für die Zeit vor In-Kraft-Treten dieses Gesetzes entsprechend der bis dahin geltenden Rechtsprechung und Verwaltungsauffassung an der Steuerbegünstigung von Gewinnen aus Teilanteilsveräußerungen festzuhalten ist (BFH-Urteile vom 16. September 2004 IV R 11/03, BFHE 207, 274, BStBl II 2004, 1068; vom 10. November 2005 IV R 7/05, BFHE 211, 312, BStBl II 2006, 176; vom 10. Juni 2008 VIII R 79/05, BFHE 222, 320, BStBl II 2008, 863). Insoweit kommt es auf den Zeitpunkt der Veräußerung und damit grundsätzlich darauf an, wann die rechtliche oder wirtschaftliche Inhaberschaft an dem Mitunternehmeranteil übergeht (vgl. BFH-Urteile vom 29. April 1993 IV R 107/92, BFHE 171, 23, BStBl II 1993, 666; vom 30. August 2007 IV R 22/06, BFH/NV 2008, 109).
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bb) Der Zweck der Tarifvergünstigung nach §§ 16, 34 EStG besteht darin, die zusammengeballte Realisierung der während vieler Jahre entstandenen stillen Reserven nicht nach dem progressiven Einkommensteuertarif zu erfassen. Die Tarifvergünstigung setzt demnach voraus, dass alle stillen Reserven der wesentlichen Grundlagen des Betriebs in einem einheitlichen Vorgang aufgelöst werden; denn eine Zusammenballung liegt nicht vor, wenn dem Veräußerer oder Aufgebenden noch stille Reserven verbleiben, die erst in einem späteren Veranlagungszeitraum aufgedeckt werden (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 18. Oktober 1999 GrS 2/98, BFHE 189, 465, BStBl II 2000, 123, m.w.N.).
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Nach ständiger Rechtsprechung des BFH umfasst der Mitunternehmeranteil i.S. von § 16 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht nur den Anteil des Mitunternehmers am Vermögen der Gesellschaft, sondern auch etwaiges Sonderbetriebsvermögen (BFH-Urteile vom 19. März 1991 VIII R 76/87, BFHE 164, 260, BStBl II 1991, 635; vom 24. August 2000 IV R 51/98, BFHE 192, 534, BStBl II 2005, 173). Die Tarifbegünstigung eines Gewinns aus der Veräußerung des Mitunternehmeranteils oder eines Teils von diesem nach §§ 16 Abs. 1 Nr. 2, 34 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 34 Abs. 1 EStG setzt daher voraus, dass auch das Sonderbetriebsvermögen des veräußernden Mitunternehmers (anteilig) mitveräußert wird, soweit es wesentliche Betriebsgrundlagen enthält (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 12. April 2000 XI R 35/99, BFHE 192, 419, BStBl II 2001, 26; in BFHE 211, 312, BStBl II 2006, 176; in BFHE 222, 320, BStBl II 2008, 863).
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cc) Betrachtet man danach jeweils isoliert die auf den 31. Dezember 1997 bzw. 1998 vollzogenen Übertragungsvorgänge, so lagen im Streitfall ausgehend von dem Wortlaut die Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 16 Abs. 1 Nr. 2, 34 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 34 Abs. 1 EStG in beiden Fällen vor, weil bezogen auf die vorgenannten Stichtage jeweils kein Sonderbetriebsvermögen des Klägers in der KG vorhanden war.
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Zwar zählte --wie nachstehend (II.3.b dd) noch näher ausgeführt-- das von der GbR an die KG zur Nutzung überlassene Grundvermögen zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen der KG; auch war insoweit von notwendigem Sonderbetriebsvermögen I des Klägers bei der KG auszugehen. Nach den das Revisionsgericht nach § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG hat jedoch die GbR ihre Grundstücke mit Wirkung zum 1. August 1997 zu Buchwerten an die W-KG übertragen. Damit konnte hinsichtlich des an die KG vermieteten Grundvermögens bereits zum Zeitpunkt der ersten streitbefangenen Übertragung (31. Dezember 1997) kein Sonderbetriebsvermögen des Klägers bei der KG mehr vorliegen. Aber auch hinsichtlich des Mitunternehmeranteils des Klägers an der W-KG kommt die Annahme von Sonderbetriebsvermögen nicht in Betracht; der erkennende Senat ist stets davon ausgegangen, dass ein Mitunternehmeranteil kein eigenständiges Wirtschaftsgut darstellt und deshalb kein Sonderbetriebsvermögen bei einer anderen Gesellschaft sein kann (z.B. BFH-Urteil vom 30. Oktober 2002 IV R 33/01, BFHE 201, 36, BStBl II 2003, 272).
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Demnach steht im Streitfall einer Anwendung der Tarifbegünstigung nicht entgegen, dass der Kläger --bei isolierter Betrachtung der Übertragungsvorgänge-- weder anlässlich der Übertragung eines Teils seines Mitunternehmeranteils noch später seines gesamten Mitunternehmeranteils in seinem Sonderbetriebsvermögen ruhende stille Reserven aufgedeckt hat.
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dd) Anders als der Kläger meint, steht allerdings im Streitfall eine an Sinn und Zweck der §§ 16 Abs. 1 Nr. 2, 34 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 34 Abs. 1 EStG orientierte Auslegung einer auf die Anteilsübertragungszeitpunkte bezogenen isolierten Betrachtung entgegen.
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(1) Bereits in seinem Urteil vom 6. September 2000 IV R 18/99 (BFHE 193, 116, BStBl II 2001, 229) hat der Senat ausgeführt, dass der Zweck der Tarifbegünstigung nach §§ 16, 34 EStG, die zusammengeballte Realisierung der während vieler Jahre entstandenen stillen Reserven nicht nach dem progressiven Einkommensteuertarif zu erfassen, es gebietet, die Tarifvergünstigung dann nicht zu gewähren, wenn aufgrund einheitlicher Planung und in engem zeitlichem Zusammenhang mit der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils wesentliche Betriebsgrundlagen der Personengesellschaft ohne Aufdeckung sämtlicher stiller Reserven aus dem Betriebsvermögen der Gesellschaft ausgeschieden sind. Denn dann sind durch die Veräußerung nicht alle in den Mitunternehmeranteilen ruhenden stillen Reserven aufgedeckt worden (vgl. auch BFH-Urteile in BFHE 192, 419, BStBl II 2001, 26; in BFHE 192, 534, BStBl II 2005, 173; vom 6. Dezember 2000 VIII R 21/00, BFHE 194, 97, BStBl II 2003, 194; in BFHE 222, 320, BStBl II 2008, 863). Deshalb ist für die Frage der Tarifbegünstigung eines Gewinns aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils ähnlich wie bei der Betriebsaufgabe eine zeitraumbezogene Betrachtung anzustellen, wenn ein "Veräußerungsplan" mehrere Teilakte umfasst (BFH-Urteil in BFHE 193, 116, BStBl II 2001, 229).
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(2) So liegt nach den den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) auch der Streitfall. Der Schluss des FG, der Kläger habe in engem zeitlichem und wirtschaftlichem Zusammenhang mit der zweistufigen Veräußerung seines KG-Anteils an die H-GmbH aufgrund einheitlicher Planung sein Sonderbetriebsvermögen, soweit es wesentliche Betriebsgrundlagen der KG enthielt, zu Buchwerten auf die W-KG übertragen, verletzt weder Denkgesetze noch Erfahrungssätze. Die Feststellung, ob ein "Gesamtplan" vorlag oder nicht, ist Sache der Tatsachen- und Beweiswürdigung durch das FG. Das Revisionsgericht kann die Feststellungen der Tatsacheninstanz nur daraufhin überprüfen, ob sie gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen. Die Schlussfolgerungen des FG haben deshalb schon dann Bestand, wenn sie zwar nicht zwingend, aber möglich sind (vgl. BFH-Urteil vom 14. September 1994 IX R 71/93, BFHE 175, 416, BStBl II 1995, 116).
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(3) Bei den von der KG angemieteten Teilflächen in den Objekten der GbR handelte es sich um wesentliche Betriebsgrundlagen der KG. Insoweit ist im Rahmen von § 16 EStG zur Beantwortung der Frage, ob eine wesentliche Betriebsgrundlage vorliegt, auf die sog. funktional-quantitative Betrachtungsweise abzustellen. Ein Betriebsgrundstück ist nur dann keine wesentliche Betriebsgrundlage, wenn es für den Betrieb keine oder nur geringe Bedeutung hat. Abgesehen davon, dass das FG insoweit --das Revisionsgericht nach § 118 Abs. 2 FGO bindend-- festgestellt hat, dass in den übertragenen Grundstücken erhebliche stille Reserven ruhten, ist eine wirtschaftliche Bedeutung eines Grundstücks bereits dann anzunehmen, wenn der Betrieb auf das Betriebsgrundstück angewiesen ist, weil er ohne ein Grundstück dieser Art nicht fortgeführt werden könnte. Dabei ist unerheblich, ob das Grundstück auch von anderen Unternehmen genutzt, ob ein vergleichbares Grundstück gemietet oder gekauft oder ob die betriebliche Tätigkeit auch auf einem anderen Grundstück weitergeführt werden könnte (BFH-Urteile vom 14. Juli 1993 X R 74-75/90, BFHE 172, 200, BStBl II 1994, 15; in BFHE 211, 312, BStBl II 2006, 176). Danach waren die von der KG angemieteten Teilflächen in den drei Objekten der GbR, in denen sich Filialen des von der KG betriebenen Einzelhandelsunternehmens befanden, sowohl wegen der in ihnen ruhenden stillen Reserven als auch aufgrund ihrer betrieblichen Funktion wesentliche Betriebsgrundlagen der KG.
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(4) Der Anteil des Klägers an den von der GbR an die KG zur Nutzung überlassenen Teilflächen gehörte vor der Übertragung auf die W-KG auch gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen des Klägers bei der KG. Notwendiges Sonderbetriebsvermögen liegt u.a. dann vor, wenn Wirtschaftsgüter einer Personengesellschaft von einem oder mehreren ihrer Gesellschafter zur Nutzung überlassen sind (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) und von dieser für eigengewerbliche Tätigkeit genutzt werden. Das gilt auch, wenn das überlassene Wirtschaftsgut im Gesamthandsvermögen einer vermögensverwaltenden GbR steht, deren Gesellschafter sämtlich oder zum Teil auch Mitunternehmer einer gewerblich tätigen Personengesellschaft sind, denn nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 der Abgabenordnung sind Wirtschaftsgüter, die mehreren zur gesamten Hand zustehen, den Beteiligten anteilig zuzurechnen, soweit eine getrennte Zurechnung für die Besteuerung erforderlich ist (BFH-Urteile vom 16. Juni 1994 IV R 48/93, BFHE 175, 109, BStBl II 1996, 82; in BFHE 211, 312, BStBl II 2006, 176; vom 26. April 2012 IV R 44/09, BFHE 237, 453, Deutsches Steuerrecht 2012, 1497). Bei der GbR handelte es sich um eine rein vermögensverwaltende Personengesellschaft, da sich ihre Tätigkeit auf die Vermietung ihrer Objekte beschränkte.
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(5) Die im Streitfall maßgeblichen Teilakte sind einerseits die Übertragung der Grundstücke von der GbR auf die W-KG am 4. September 1997 mit Wirkung zum 1. August 1997 und andererseits die Teilanteilsveräußerung am 26. Februar 1998 mit Wirkung zum 31. Dezember 1997 sowie die Anteilsveräußerung am 29. Dezember 1998 mit Wirkung zum 31. Dezember 1998. Der zeitliche Zusammenhang dieser Teilakte ergibt sich bereits daraus, dass zwischen der Buchwertübertragung der Grundstücke zum 1. August 1997 und dem Abschluss der Anteilsübertragung zum 31. Dezember 1998 nur 17 Monate lagen.
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Für die Bestimmung des Zeitraums, innerhalb dessen von einem engen zeitlichen Zusammenhang auszugehen ist, greift der Senat auf den von der Rechtsprechung für eine begünstigte Betriebsaufgabe höchstens akzeptierten zeitlichen Abstand zwischen dem ersten und letzten Aufgabeakt zurück. Mit Urteil vom 21. Oktober 1993 IV R 42/93 (BFHE 173, 285, BStBl II 1994, 385) hat der erkennende Senat diesbezüglich entschieden, dass bei einem Zeitraum von 18 Monaten zwischen Beginn und Ende der Betriebsaufgabehandlungen noch eine einheitliche Betriebsaufgabe vorliegen kann.
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(6) Nach den Feststellungen des FG ist auch von einem hinreichenden wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen den angesprochenen Teilakten auszugehen. Der Kläger kann sich insoweit nicht darauf berufen, der vom FG entsprechend gezogene Schluss verletze Denkgesetze oder Erfahrungssätze oder sei für ihn überraschend gewesen.
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(a) Das FG hat dazu (auf Seite 18 f. seines Urteils) ausgeführt, es habe spätestens zu Beginn des Jahres 1997 eine einheitliche Planung und ein geschlossenes Konzept des Klägers vorgelegen, die der GbR gehörenden Grundstücke im Familienbesitz zu erhalten und die Anteile an der KG zu veräußern. Es hat seine Annahme u.a. damit begründet, zwar habe die H-GmbH ihr Übernahmerecht durch einseitige Erklärung ausgeübt, das Übernahmeverlangen habe aber Vereinbarungen entsprochen, die der Kläger zuvor mit der H-GmbH getroffen habe. Diesen Schluss hat das FG daraus abgeleitet, dass sich die H-GmbH in ihrem Schreiben vom 11. September 1997 wörtlich auf zuvor mit dem Kläger geführte Gespräche und Vereinbarungen bezogen habe. Der Schluss des FG ist möglich und verletzt daher weder Denkgesetze noch Erfahrungssätze.
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(b) Der Kläger musste auch damit rechnen, dass das FG aufgrund der vorgenannten Feststellungen zu einem solchen Schluss gelangen könnte. Dass er es für möglich hielt, ist schon daran zu erkennen, dass er zunächst Gespräche und Vereinbarungen zwischen ihm und den für die H-GmbH handelnden Personen in Abrede gestellt und die Vernehmung dieser Personen beantragt hat.
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(c) Allerdings hat er die unterlassene Beweiserhebung durch das FG nicht bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem FG gerügt und deshalb sein Rügerecht verloren. Der fachkundig vertretene Kläger musste in der mündlichen Verhandlung vor dem FG damit rechnen, dass das Gericht seinem Beweisantrag nicht entsprechen werde, denn das FG hatte die vom Kläger angebotenen Zeugen nicht zur mündlichen Verhandlung geladen. Es war deshalb damit zu rechnen, dass das FG nach der mündlichen Verhandlung abschließend entscheiden und keine Beweiserhebung anordnen würde (vgl. BFH-Beschlüsse vom 4. Oktober 1991 VII B 98/91, BFH/NV 1992, 603; vom 7. Dezember 1999 IV B 45/99, BFH/NV 2000, 735; vom 3. September 2010 IV B 93/09, BFH/NV 2011, 52).
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(7) Ein enger zeitlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang ist im Streitfall im Übrigen auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Übertragung der Grundstücke von der GbR auf die W-KG im Jahr 1997 stattfand, während nach der Übertragung eines Bruchteils des KG-Anteils mit Wirkung zum 31. Dezember 1997 die dingliche Übertragung des dem Kläger verbliebenen KG-Anteils erst im Folgejahr am 29. Dezember 1998 mit Wirkung zum 31. Dezember 1998 erfolgte. Für die insoweit vergleichbare Frage der Tarifvergünstigung eines Betriebsaufgabegewinns hat der Senat bereits entschieden, dass ein tarifbegünstigter Betriebsaufgabegewinn auch in mehreren Veranlagungszeiträumen entstehen kann, Beginn und Ende der Betriebsaufgabehandlungen also auch in verschiedene Veranlagungszeiträume fallen können (BFH-Urteil vom 17. Oktober 1991 IV R 97/89, BFHE 166, 149, BStBl II 1992, 392).
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(8) Schließlich kann sich der Kläger auch nicht darauf berufen, dass er das Geschehen im Zusammenhang mit den beiden streitbefangenen Übertragungsvorgängen zum 31. Dezember der Jahre 1997 und 1998 nicht habe beeinflussen können. Zwar hat nicht der Kläger, sondern die H-GmbH von einer Call-Option Gebrauch gemacht. Ein erster Ursachenbeitrag wurde bereits durch die Einräumung der Call-Option im Gesellschaftsvertrag geleistet. Weiterer Anlass für die Ausübung dieser Option waren jedoch die Vereinbarung vom 7. Juli 1997 und die einvernehmliche Aufhebung des Dienstvertrags zwischen dem Kläger und der KG mit Wirkung zum 31. Dezember 1997. Dies ist dem Kläger, der insoweit rechtsgestaltend tätig geworden ist, zuzurechnen. Dabei ist nicht erkennbar, dass die gesundheitliche Lage des Klägers keine zivilrechtlichen Gestaltungsspielräume mehr eröffnet hätte.
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Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, weshalb die in Folge der Gründung der W-KG mit Vertrag vom 4. September 1997 und der Vermögensübertragung zum Buchwert von der GbR auf die W-KG mit Wirkung zum 1. August 1997 unterbliebene Aufdeckung sämtlicher stiller Reserven allein auf die Ausübung der Option durch die H-GmbH zurückzuführen wäre.
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Es kommt deshalb im Streitfall auch nicht in Betracht, von der Annahme einer einheitlichen Planung im Hinblick darauf abzusehen, dass der Kläger die Übertragung seines Mitunternehmeranteils und wesentlicher Betriebsgrundlagen der Personengesellschaft nicht in allen Teilakten selbst gestalten konnte.
Tenor
Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15b Abs. 4 EStG auf den 31.12.2006 vom 17.03.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 01.10.2010 wird aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleis-tung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klä-gerin abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Streitig ist die Frage, ob Verluste der Klägerin (Klin.) dem Verlustausgleichsverbot nach § 15b Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) unterliegen.
3Die Klin., eine GmbH & Co.KG i.L., wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 13.12.2006 / 15.12.2006 / 18.12.2006 gegründet. Gegenstand des Unternehmens war ausweislich des Gesellschaftsvertrags der Handel, die Vermietung und das Leasing von beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgütern. Gründungskommanditisten waren Herr S T und Herr K T mit einem Kommanditanteil von jeweils 80.000,00 EUR. Komplementärin war die J Geschäftsführungs GmbH (Komplementär-GmbH), die am Kapital nicht beteiligt war. Der Komplementär-GmbH oblag die Geschäftsführung der Klin. Der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedurfte es nach § 4 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages nur für Rechtshandlungen, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehen. Die GmbH erhielt für Vorlaufkosten gemäß Investitionsplan eine einmalige Zahlung in Höhe von 15.000,00 EUR und eine jährliche Tätigkeitsvergütung in Höhe von 4.000,00 EUR (§ 9 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages). Darüber hinaus war sie am Gewinn und Verlust der Klin. nicht beteiligt. Gemäß § 11 des Gesellschaftsvertrages sollte die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters zu dessen Ausscheiden führen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Gesellschaftsvertrag Bezug genommen. Der Unternehmenssitz war zunächst in I . Am 29.12.2006 erfolgte die Eintragung in das Handelsregister.
4Der Gesellschaftsgründung liegt ein „Konzeptionspapier zur Gründung einer Leasinggesellschaft“ zugrunde, das seitens der Initiatoren der Komplementär-GmbH für J Rendite Leasinggesellschaften (ab 2006 gegründete KG´s) herausgegeben worden war. Investiert werden sollte in die schrittweise Anschaffung beweglicher, unbeweglicher und immaterieller Leasinggüter. Den Schwerpunkt der Investitionsobjekte sollten Baktinettenständer, Plasma-Bildschirme und Bäckereieinrichtungen bilden. Im Konzeptionspapier wurde unter „Risiken – Investition“ ausdrücklich darauf hingewiesen, dass von einer Leasingstrategie ausgegangen werde, der ein sog. Blind-Pool-Konzept zugrunde liege. Dies bedeute, dass für nach Art, Anzahl und Kosten noch nicht bestimmte Leasinggegenstände Planungen gemacht würden. Für die Leasinggegenstände würden weder Angebote, Verträge noch potentielle Leasingnehmer vorliegen. Das Konzeptionspapier enthielt Investitions- und Finanzierungsplanungen sowie eine Ertrags- und eine Liquiditätsplanung. Eine Investition in Höhe von 320.000,00 EUR sollte in einem Zeitraum von acht Jahren (Jahre 1 bis 8 bzw. 2007 bis 2014) zu einem Gesamtüberschuss in Höhe von 71.038,00 EUR führen. Bereits ab dem Investitionsjahr (Jahr 1) sollten danach positive Jahresergebnisse erzielt werden. Die Berechnung enthielt die Ergebnisse vor Steuern. Ein anderes Konzeptionspapier für J Leasingfonds (bis einschließlich 2005 gegründete KG´s), das eine Ertragsplanung für neun Jahre (Jahre 0 bis 8 bzw. 2003 bis 2011) enthielt, berücksichtigte dagegen die Bildung einer Ansparrücklage nach § 7g EStG a.F. im Investitionsjahr (Jahr 0), was für dieses Jahr zu einem Verlust in Höhe von 135.000,00 EUR führte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beiden in den Steuerakten befindlichen Konzeptionspapiere Bezug genommen.
5Laut Jahresabschluss zum 31.12.2006 hatten die Kommanditisten auf ihre Kommanditeinlagen je 10.000,00 EUR eingezahlt. Erlöse waren nicht erzielt worden. In der Bilanz war ein Passivposten „Sonderposten mit Rücklageanteil“ gemäß § 7g Abs. 3 EStG (Ansparabschreibung) in Höhe von 90.000,00 EUR (63.000,00 EUR für Informationssysteme und 27.000,00 EUR für Baktinettenständer) gebildet worden.
6Die Klin. reichte für das Streitjahr 2006 am 06.09.2007 eine Feststellungserklärung, am 12.10.2007 eine berichtigte Feststellungserklärung und am 22.11.2007 eine weitere berichtigte Feststellungserklärung ein. In der letzten Erklärung erklärte sie einen Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von 91.114,00 EUR. Zur Ansparabschreibung war erläutert, dass die Anschaffung von Informationssystemen (voraussichtliche Anschaffungskosten: 157.500,00 EUR) und Baktinettenständern (voraussichtliche Anschaffungskosten: 67.500,00 EUR) für 2007 geplant war. Nach Zurechnung eines Gewinns in Höhe von 15.000,00 EUR für die GmbH entfielen danach auf die Kommanditisten Verlustanteile in Höhe von 53.109,38 EUR (S T ) bzw. 53.108,22 EUR (K T ).
7Anfang August 2007 schloss die Klin. mit der Q GmbH (Q-GmbH) 2 Vertragskonglomerate (Nr. 174R-001 und Nr. 174R-002), bestehend aus Lieferantenkreditvertrag, Rückkaufvereinbarung und Leasingvertrag. Vertragsgegenstand dieser beiden Sale-and-lease-back-Vorgänge waren jeweils vier elektronische Informationssysteme. Dabei wurde je Informationssystem ein Kaufpreis von netto 8.000,00 EUR zugrunde gelegt. Für die vier Informationssysteme zusammen war jeweils eine monatliche Leasingrate von netto 783,40 EUR vereinbart.
8Nachdem der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH im Mai 2008 in Untersuchungshaft genommen worden war, kündigten S T und K T als Notgeschäftsführer der Klin. die mit der Q-GmbH geschlossenen Verträge mit Schreiben vom 17.07.2008.
9Mit Gesellschafterbeschluss vom 01.08.2008 wurde die Komplementär-GmbH mit sofortiger Wirkung von der Geschäftsführung abberufen und der Kommanditist K T zum neuen Geschäftsführer mit Alleinvertretungsbefugnis bestellt.
10Über das Vermögen der Komplementär-GmbH wurde mit Beschluss des Amtsgerichts C vom 01.12.2008 das Insolvenzverfahren eröffnet. Entsprechend § 11 des Gesellschaftsvertrags schied die Komplementär-GmbH dadurch aus der Gesellschaft aus.
11Der Beklagte (Bekl.) erließ am 17.03.2009 einen Bescheid für 2006 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, den er mit einem Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15b Abs. 4 EStG auf den 31.12.2006 verband. Die Einkünfte der Klin. aus Gewerbebetrieb stellte er hierin mit ./. 1.217,59 EUR fest. Dabei versagte er die Anerkennung der von der Klin. gebildeten Ansparrücklage, da die Leasinggüter dem Leasingnehmer und nicht der Klin. zuzurechnen seien. Außerdem sei zum 31.12.2006 noch keine verbindliche Bestellung der Leasinggegenstände erfolgt, so dass die Investitionsentscheidung hinsichtlich der wesentlichen Betriebsgrundlagen nicht ausreichend konkretisiert gewesen sei. Die Einkünfte wurden in Höhe von 15.000,00 EUR der GmbH, in Höhe von ./. 8.109,38 EUR S T und in Höhe von ./. 8.108,22 EUR K T zugerechnet. In gleicher Höhe wurden für S T und K T verrechenbare Verluste nach § 15b EStG festgestellt, da aufgrund einer modellhaften Gestaltung ein Steuerstundungsmodell i. S. v. § 15 b Abs. 2 Satz 1 EStG vorliege.
12Die Klin. legte am 09.04.2009 Einspruch ein. Die Ansparabschreibung nach § 7g EStG sei zu Recht erfolgt. Die Leasinggüter seien hier dem Leasinggeber zuzurechnen. Eine Konkretisierung der Investitionsentscheidung sei dadurch erfolgt, dass in 2007 ein Teil der geplanten Investitionen durch die Gesellschaft getätigt worden sei. Weitere Investitionen seien wegen der Gesamtumstände auf „Eis gelegt“ worden.
13Die Vorschrift des § 15 b EStG sei nicht verfassungsgemäß. Zudem liege kein Steuerstundungsmodell vor. Die Gesellschaft sei nicht aus steuerlichen Gründen, sondern aus wirtschaftlichen Erwägungen gegründet worden. Es habe kein vorgefertigtes Konzept existiert. Außerdem hätten allein die Kommanditisten über die Investitionen entschieden und für die Finanzierung gesorgt. Die Möglichkeit zur Bildung einer Ansparrücklage sei auch ohne Hinweis des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH bekannt gewesen und die Entscheidung hierfür auch autark von den Kommanditisten getroffen worden. Dass hierbei Steuerstundungseffekte erzielt werden sollten, läge in der Natur der Sache.
14Mit Gesellschafterbeschluss vom 21.07.2009 wurde die Auflösung der Klin. beschlossen und K T zum Liquidator bestellt. Der Sitz der Gesellschaft wurde nach E verlegt.
15Mit der für die „J GmbH & Co. KG i.L.“ ergangenen Einspruchsentscheidung vom 01.10.2010 wies der Bekl. die Einsprüche der Klin. als unbegründet zurück und führte zur Begründung aus:
16Die Voraussetzungen für die Bildung einer gewinnmindernden Ansparrücklage seien nicht gegeben.
17Die Klin. sei aufgrund einer modellhaften Gestaltung i.S.d. § 15b Abs. 2 Satz 1 EStG errichtet worden. Es bestehe kein Zweifel, dass die Errichtung der KG objektiv auf der Basis eines von den Initiatoren vorgefertigten Konzepts erfolgt sei. Hierfür spreche die große Zahl der nach derselben oder ähnlichen Grundkonzeption aufgelegten Kommanditgesellschaften, die Ausgabe von Verkaufsprospekten und die Vermarktung im Internet sowie durch Vertriebsbeauftragte. Den Kommanditisten sollten hiernach vielfältige Leistungen zur Verfügung gestellt werden. Bei den jeweiligen Kommanditisten habe es sich ganz überwiegend um branchenfremde natürliche Personen gehandelt. Der Vortrag der Klin., dass kein vorgefertigtes Konzept vorgelegt worden sei, widerspreche der gleichzeitigen Aussage, dass zwei der drei von den Initiatoren vorgelegten Investitionsmöglichkeiten in der Anfangsphase ausgewählt worden seien. Dass den Kommanditisten die Planung und die Umsetzung der Investitionen einschließlich der Finanzierung oblegen habe, stimme nicht mit den Regelungen im Gesellschaftsvertrag über ein. Zudem hätten auch Blindpools typischerweise ein vorgefertigtes Konzept.
18Für die ab 2006 angebotenen und entsprechend begründeten Gesellschaftsverhältnisse unter der Firma „J GmbH & Co. Zahl Rendite Leasing KG“ (Rendite Leasing KG) hätten Modifikationen in den Verkaufsprospekten im Vergleich zu den bis 2005 angebotenen und entsprechend begründeten Beteiligungen an KG´s unter der Firma „J GmbH & Co. Zahl Leasingsfonds KG“ (Leasingfonds KG) stattgefunden. Seitens der Initiatoren hätten diese Modifikationen offensichtlich dem Zweck gedient, die Anwendung des seit dem 11.11.2005 geltenden § 15 b EStG zu umgehen und den beabsichtigten Steuerstundungseffekt für die Beteiligung an den Rendite Leasing KG´s zu verschleiern. Hierfür spreche zum einen die Tatsache, dass die Kommanditisten in Gesellschafterversammlungen die Investitionsentscheidungen hätten treffen wollen, obwohl dies nach den jeweiligen Gesellschaftsverträgen bei Investitionen bis zu 25.000,00 EUR gar nicht erforderlich gewesen sei. Außerdem sei in nahezu allen dem Bekl. bekannten Fällen der J KG´s jeweils im Gründungsjahr eine Ansparabschreibung gebildet worden. Dabei sei jeweils so verfahren worden, dass in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Abschluss des Gesellschaftsvertrages der erste Jahresabschluss erstellt worden sei. In aller Regel seien die Kommanditisten zum Jahresende beigetreten, so dass die Rücklage in der Bilanz auf den 31. Dezember des jeweiligen Jahres ausgewiesen worden sei. Es dränge sich der Eindruck auf, dass die Modifikationen in den Verkaufsprospekten nur erfolgt seien, um gegenüber dem Fiskus belegen zu können, dass eine vorrangig kapitalmäßige Beteiligung und damit ein Steuerstundungsmodell gerade nicht vorliege. Tatsächliche Veränderungen in der Abwicklung seien aber nicht erfolgt.
19Auf der Basis der vorliegenden modellhaften Gestaltung hätten auch steuerliche Vorteile in Form negativer Einkünfte erzielt werden sollen, da innerhalb der Anfangsphase das Verhältnis der Summe der prognostizierten Verluste zur Höhe des gezeichneten und auch aufzubringenden Kapitals 10 % übersteige. Maßgeblich seien die prognostizierten, nicht die tatsächlich erzielten Verluste. Sei die Prognose der Einkünfte jedoch (offensichtlich) unrichtig, könne diese nicht zu Grunde gelegt werden. Im Gegensatz zu der im Prospekt der Leasingfonds KG´s enthaltenen Ertragsplanung werde bei allen Rendite Leasing KG´s das Investitionsjahr 0 (und damit eine evtl. Ansparabschreibung) nicht ausgewiesen. Es sei offensichtlich, dass dieser Ausweis nur deshalb nicht mehr aufgenommen worden sei, um die Anwendung des §§ 15 b EStG zu umgehen, ohne das tatsächliche Änderungen in Bezug auf die Absicht, Verluste durch die Bildung von § 7g EStG-Rücklagen zu erzielen, eingetreten wären. Die Ansparabschreibungen müssten deshalb bei der Prognose berücksichtigt werden. Dabei sei unbeachtlich, ob die steuerrechtlichen Voraussetzungen für die Bildung der Ansparabschreibung letztlich erfüllt seien.
20Wegen der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 01.10.2010 Bezug genommen.
21Die Klin. hat hiergegen Klage erhoben. Die Klage wegen einheitlicher und gesonderter Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2006 hat sie mit Schriftsatz vom 28.10.2010 zurückgenommen. Insoweit wurde das Verfahren unter dem Aktenzeichen 5 K 4069/10 F eingestellt.
22Zur Begründung der Klage wegen Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15 b Abs. 4 EStG führt die Klin. wie folgt aus:
23Es handele sich vorliegend nicht um ein Steuerstundungsmodell im Sinne von § 15b Abs. 2 EStG. Der Bekl., bei dem insoweit die Beweislast liege, habe die Modellhaftigkeit nicht nachgewiesen. Die Beteiligung sei allein aus wirtschaftlichen, nicht aus steuerlichen Gründen eingegangen worden. Die Investition in digitale Werbung sei ihr, der Klin., als äußerst lukrativ erschienen. Soweit der Bekl. aus der von K T verfassten E-Mail vom 02.11.2007 den Schluss ziehe, dass das Erlangen von Steuervorteilen von vornherein geplant gewesen sei, sei zu berücksichtigen, dass die E-Mail rund ein Jahr nach Gründung der Gesellschaft von K T verfasst worden sei. Die Kommanditisten hätten die Geschäftsführung per Gesellschafterbeschluss Wochen/Monate zuvor aufgefordert, eine Rücklage gemäß § 7 g EStG zu bilden. Es habe kein vorgefertigtes Konzept gegeben, im Rahmen dessen mit einer Verlustzuweisung geworben worden sei. Die von J angebotenen verschiedenen Investitionsmöglichkeiten würden sich ausschließlich auf betriebswirtschaftliche Eckdaten beschränken und keine Hinweise auf die Bildung einer Ansparrücklage enthalten. Eine steuerliche Würdigung sei nicht vorgenommen worden. Dass ein anderes, offenbar älteres Konzeptpapier derselben Initiatoren für J Leasingfonds Hinweise auf die Bildung einer Ansparrücklage enthalte, lasse nicht den zweifelsfreien Schluss zu, dass diese Hinweise auf das im Streitfall gewählte Anlagemodell übertragbar seien. Dass J vertragliche Gestaltungen an ein verändertes Steuerrecht angepasst hätten, könne nicht negativ ausgelegt werden. Das Anpassen von Verträgen an eine geänderte Gesetzgebung oder Rechtsprechung durch Änderung der Fonds (bis 2005 Leasingfonds KG und ab 2006 Rendite Leasing KG´s) sei legitim. Entgegen der Ansicht des Bekl. sei es nicht schädlich, dass die Initiatoren als Reaktion auf die Einführung der gesetzlichen Regelung ein Konzept entwickelt hätten, das die Voraussetzungen für ein Steuerstundungsmodell im Sinne von § 15 b Abs. 2 EStG gerade nicht erfülle. Denn nach ständiger Rechtsprechung des BFH sei es dem Steuerpflichtigen grundsätzlich nicht verwehrt, seine rechtlichen Verhältnisse so zu gestalten, dass sich eine möglichst geringe steuerliche Belastung ergebe (z.B. BFH-Urteil vom 17. März 2010 IV R 25/08, BStBl II 2010, 633, Beschluss vom 29. November 1982 GrS 1/81, BStBl II 1983, 272). Da allein die Kommanditisten über die Art und Höhe der Investitionen und über die Bildung der Ansparrücklage entschieden hätten, sei die Rücklage nicht in die Beurteilung des Steuerstundungsmodells einzubeziehen. Es sei zudem maßlos, § 15b EStG anzuwenden, wenn gleichzeitig die Bildung der Rücklage versagt werde. Wenn die Ansparabschreibung in die Prognoserechnung mit einbezogen werde, könne die Berücksichtigung der Ansparabschreibung nicht verwehrt werden. Es könne dem Steuerbürger auch nicht zur Last gelegt werden, dass § 7 g EStG und § 15 b EStG im Ergebnis widersprüchlich seien. Die vom Bekl. festgestellten Verluste würden allein aus der Geschäftsführervergütung der GmbH resultieren. Für derartige Verluste sei § 15b EStG nicht geschaffen worden.
24Außerdem sei insbesondere der Kommanditist K T nicht nur passiv, sondern unternehmerisch tätig gewesen. So habe sich dieser Kopien der Steuererklärung für 2006 aushändigen lassen und zu den Eintragungen hierin im November 2007 E-Mail-Verkehr mit der GmbH geführt. Außerdem habe er sich laufend über den Kontostand der Klin., insbesondere über die Verwendung von Geldern und über die Bonität usw. der Q-GmbH informiert. Auf den von der Klin. hierzu vorgelegten E-Mail-Verkehr aus den Monaten September bis November 2007 wird Bezug genommen (Gerichtsakte Blatt 17-19, 22).
25Überdies bestünden erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von § 15b EStG, da die im Gesetz enthaltenen Begriffe „Einkunftsquelle“, „Steuerstundungsmodell“, „modellhafte Gestaltung“ und „vorgefertigtes Konzept“ aus der Umgangssprache stammen würden und sich nicht hinreichend genau definieren ließen.
26Die Klin. beantragt,
27den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15b Abs. 4 EStG auf den 31.12.2006 vom 17.03.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 01.10.2010 aufzuheben,
28hilfsweise für den Unterliegensfall, die Revision zuzulassen.
29Der Bekl. beantragt,
30die Klage abzuweisen,
31hilfsweise für den Unterliegensfall, die Revision zuzulassen.
32Ergänzend zu den Ausführungen in der Einspruchsentscheidung führt der Bekl. wie folgt aus:
33Ob die Erzielung von steuerlichen Vorteilen durch negative Einkünfte Gegenstand des vorgefertigten Konzepts sei, könne nicht allein nach dem Inhalt des Konzeptpapiers bzw. Prospekts beurteilt werden; maßgeblich sei vielmehr, ob nach den Gesamtumständen des Falles angenommen werden könne, dass dem Anleger durch die Beteiligung letztlich (auch) steuerliche Verluste vermittelt werden sollten. Ob dies der Fall sei, sei vorrangig eine Frage der Beweiswürdigung. Hierbei sei zunächst zu berücksichtigen, dass die Grundkonzeption des Modells der „Rendite Leasinggesellschaften“ im Wesentlichen derjenigen der früheren „J Leasingfondsgesellschaften“ entspreche. Eine Gesamtschau aller Umstände zeige, dass eine Ansparrücklage, wie sie in dem unmittelbar vorangehenden Konzeptpapier derselben Initiatoren ausgewiesen sei, auch Bestandteil des im Streitfall vorliegenden Modells gewesen sei. Die Initiatoren hätten nach Einführung des § 15 b EStG alles aus ihrer Sicht Mögliche getan, um ihr Geschäftsmodell zu retten und den Anlegern die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Ansparrücklage des § 7 g EStG zu erhalten. Auch ziele die Gründung einer Vielzahl von Gesellschaften mit derselben Komplementärin und nur einem oder wenigen Kommanditisten offensichtlich auf die Regelung des § 7 g Abs. 2 Nr. 1a EStG a.F. (Betriebsgrößenmerkmal) sowie die des § 7 g Abs. 3 S. 4 EStG a.F. (Höchstbetrag der Ansparrücklage) ab. Andere, wirtschaftliche Motive für die Gründung einer Vielzahl von Gesellschaften mit nur einem oder wenigen Kommanditisten statt der Gründung nur einer Gesellschaft einer Vielzahl von Kommanditisten seien vorliegend nicht erkennbar. Dies gelte umso mehr, als die einzelnen Kommanditgesellschaften im „Normalfall“ in ein Konkurrenzverhältnis zueinander treten würden. Die Gesamtwürdigung der Umstände ergebe, dass lediglich das Konzeptpapier, nicht aber das tatsächliche Konzept geändert worden sei. Bis auf den der neuen steuerlichen Rechtslage angepassten Prospekt habe sich in tatsächlicher Hinsicht keine Änderung ergeben, angefangen von der Investitionsstrategie über die Vermarktung und das faktische Agieren der Beteiligten bis zur tatsächlichen Geltendmachung der Ansparrücklage im Feststellungsverfahren und in der Folge im Veranlagungs- und Vorauszahlungsverfahren. Insoweit könne nicht entscheidend sein, dass das Konzeptpapier für die J -Rendite-Leasinggesellschaften in der Ertragsberechnung keine Hinweise auf die Bildung einer Ansparrücklage enthalte. Auch würden die prognostizierten Ertrags- und Liquiditätsplanungen des „alten“ als auch des „neuen“ Konzepts einen identischen (kumulierten) Jahresüberschuss bzw. eine identische (kumulierte) Liquidität ausweisen, obwohl es sich um unterschiedliche Konzepte handeln solle. Allein das „Weglassen“ der steuerlichen Hinweise (z.B. Ertragsplanung mit Nachsteuerbetrachtung) könne hier nicht die Annahme rechtfertigen, dass die Rücklagenbildung nach § 7 g EStG in der Konzeption keine Rolle mehr spiele. Vor diesem Hintergrund erschließe sich insbesondere nicht, dass das Finanzgericht in dem vorgehenden AdV-Verfahren unter dem Aktenzeichen 5 V 1142/10 F aus dem Umstand, dass nach dem (neuen) Prospekt ab dem Investitionsjahr positive Einkünfte erzielt werden sollten, herleite, dass steuerliche Vorteile nicht in Aussicht gestellt worden seien. Dies gelte umso mehr, als der Ertrags- und Liquiditätsplanung zu Grunde liegende Parameter der beiden Konzepte voneinander abweichen würde. Daraus lasse sich nur folgern, dass nicht die wirtschaftliche Rentabilität der Investitionen im Vordergrund gestanden habe, sondern vielmehr die Herbeiführung von Steuervorteilen im Sinne des §§ 15 b Abs. 2 EStG.
34Daraus, dass sich in dem Prospekt für die Rendite Leasing KG´s im Gegensatz zu dem vorherigen Prospekt für die Leasingfonds KG´s Ausführungen zur Unternehmerstellung des Kommanditisten befinden, könne nicht hergeleitet werden, dass der Kommanditist nicht lediglich eine kapitalmäßige Beteiligung anstrebe, sondern er die Geschäftsführung der Gesellschaft maßgeblich beeinflusst habe. Auch sei ohne Bedeutung, dass der Kommanditist selbst die absolute Höhe der Investitionen habe festlegen können. Gegen die Annahme einer Einflussnahme des Kommanditisten auf die Geschäftsführung spreche die Regelung in § 15 des Gesellschaftsvertrags, wonach die Komplementär-GmbH für die Aufnahme neuer Gesellschafter zuständig sei. Diese Regelung mache deutlich, dass es dem Kommanditisten auf die vorbeschriebenen Rechte, welche die Unternehmerstellung ausmachen würden, letztlich nicht ankomme, da es die Komplementär-GmbH in der Hand habe, eine größere Anzahl weiterer Kommanditisten aufzunehmen. Die Rechte und Gestaltungsspielräume des einzelnen Kommanditisten könnten dadurch letztlich so weit eingeschränkt werden, dass sich seine Stellung de facto von derjenigen eines „Kapitalgebers“ nicht mehr wesentlich unterscheide. Dass es tatsächlich nicht zur Aufnahme eines neuen Gesellschafters gekommen sei, stehe dem nicht entgegen. Denn ein Gesellschafter, der ernsthaft an der „Leitung der Gesellschaft“ interessiert gewesen sei, hätte einer solchen Regelung nicht zugestimmt.
35Nach der Gesetzesbegründung müsse das vorgefertigte Konzept zudem lediglich auf die Erzielung der steuerlichen Vorteile ausgerichtet sein, also nur die Möglichkeit zur Erzielung von negativen Einkünften bieten. Es könne also nicht darauf ankommen, ob mit Steuervorteilen in Form von negativen Einkünften geworben werde, denn die Rechtsfolge des § 15 b EStG trete auch dann ein, wenn der Steuerpflichtige selbst das Konzept nicht gekannt habe oder nicht allein mit dem Ziel der Steuerersparnis einem Fonds beigetreten sei. Das vorgefertigte Konzept müsse mithin nicht Auslöser für die Investition des Steuerpflichtigen gewesen sein. Der Anwendungsbereich des § 15 b EStG könne nicht auf diejenigen Fälle beschränkt sein, in denen die zu erzielende Steuerersparnis in den Verkaufsunterlagen ausgewiesen sei.
36Die Regelung in § 9 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages, nach der die GmbH eine Vergütung für die Erstellung eines Investitionsplans enthält, spreche ebenfalls für das Vorliegen eines Modells. Hieraus sei ersichtlich, dass sowohl ein Investitionsplan der Klin. als auch ein vorgefertigtes Konzept existiert habe, für das die Klin. – und damit wirtschaftlich die Kommanditisten – bereit gewesen seien, Vorlaufkosten i.H.v. 15.000 € zu zahlen. Dass die einzelnen Kommanditisten über die Höhe ihrer Investitionen hätten frei entschieden können, sei unerheblich. Weitere Entscheidungen über die Investitionen hätten die Kommanditisten nach den Regelungen des Gesellschaftsvertrages nicht treffen können. Mit der modellhaften Gestaltung sollten steuerliche Vorteile in Form von negativen Einkünften erzielt werden. Maßgeblich seien die prognostizierten, nicht die tatsächlich erzielten Verluste. Die Bildung der Ansparabschreibung sei unabhängig davon in die Prognose einzubeziehen, dass diese im Konzeptpapier nicht genannt sei.Anders als beim Konzeptpapier der Leasingfonds KG´s sei bei den Rendite Leasing KG´s das Investitionsjahr 0 bei der Ertragsplanung weggelassen worden. Dies sei allein deshalb erfolgt, um eine Anwendung des § 15b EStG zu umgehen. Tatsächlich sei in allen dem Bekl. bekannten Fällen eine Ansparabschreibung im Investitionsjahr gebildet worden. Auch aus dem von der Klin. vorgelegten E-Mail-Verkehr, speziell die E-Mail des K T vom 02.11.2007, gehe hervor, dass das Erlangen von Steuervorteilen von vornherein geplant gewesen sei.
37Die Vorschrift des § 15 b EStG sei auch nicht verfassungswidrig, insbesondere verstoße sie nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz. Die Tatbestandsmerkmale seien klar formuliert und der Auslegung zugänglich.
38Die Sache wurde am 22.11.2013 vor dem Senat mündlich verhandelt. Auf das Sitzungsprotokoll wird Bezug genommen.
39Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf die vom Bekl. vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
40Es wurde die Gerichtsakte 5 V 1142/10 F beigezogen.
41Entscheidungsgründe
42Die Klage ist zulässig und begründet.
43Der Senat entscheidet in der Sache ohne Beiladung der ausgeschiedenen Komplementär-GmbH. Insoweit liegen die Voraussetzungen einer notwendigen Beiladung nach § 60 Abs. 3 i.V.m. § 48 Abs. 1 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht vor. Die Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15b Abs. 4 EStG betrifft nicht die GmbH. Ihr standen laut § 9 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages der Klin. lediglich für Vorlaufkosten eine einmalige Zahlung von 15.000,00 EUR und für ihre Haftung und ihre Tätigkeit eine jährliche Vergütung in Höhe von 4.000,00 EUR (ab 2007) zu. Darüber hinaus war sie an Gewinn und Verlust der Gesellschaft nicht beteiligt, so dass für sie die Feststellung eines Verlustes nicht in Betracht kommt.
44Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15b Abs. 4 EStG auf den 31.12.2006 vom 17.03.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 01.10.2010 ist rechtswidrig und verletzt die Gesellschafter der Klin. in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Bekl. hat die auf K T und S T entfallenden Verluste zu Unrecht als nicht ausgleichsfähigen Verlust im Sinne des § 15b EStG festgestellt. Der angefochtene Bescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung war daher aufzuheben.
45Für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides über die gesonderte und einheitliche Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15b Abs. 4 EStG auf den 31.12.2006 kommt es nicht darauf an, ob die Einkünfte der Höhe nach zutreffend erfasst wurden, insbesondere ob die von der Klin. ursprünglich gebildete § 7 g EStG-Rücklage hätte anerkannt werden müssen. Denn dem Senat ist insoweit eine eigene Prüfung verwehrt. Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2006 ist durch Rücknahme der diesbezüglichen Klage bereits bestandskräftig geworden und nicht Gegenstand dieses Klageverfahrens. Weil der Gewinnfeststellungsbescheid als Grundlagenbescheid Bindungswirkung für das Verfahren zur Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15b Abs. 4 EStG entfaltet (vgl. BFH-Urteil vom 23. Februar 1999 VIII R 29/98, BFHE 188, 146, BStBl II 1999, 592 zu § 15a EStG; vgl. auch Heuermann in Blümich, EStG, 116. Auflage, § 15b Rdnr. 38), ist von den festgestellten Einkünften auszugehen (Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30. Januar 2013 3 K 1185/12, EFG 2013, 849).
46Gemäß § 15b Abs. 4 Satz 1 EStG ist der nach Abs. 1 dieser Vorschrift nicht ausgleichsfähige Verlust jährlich gesondert festzustellen. Diese Feststellung ist einheitlich durchzuführen, wenn es sich bei dem Steuerstundungsmodell um eine Gesellschaft i. S. v. § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO handelt und die Feststellung mit der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte verbunden wird (§ 15b Abs. 4 Satz 5, 2. Halbsatz EStG). Nach § 15b Abs. 1 Satz 1 EStG dürfen Verluste im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden. Ein Steuerstundungsmodell in diesem Sinne liegt gemäß § 15b Abs. 2 EStG vor, wenn auf Grund einer modellhaften Gestaltung steuerliche Vorteile in Form negativer Einkünfte erzielt werden sollen. Dies ist der Fall, wenn dem Steuerpflichtigen auf Grund eines vorgefertigten Konzepts die Möglichkeit geboten werden soll, zumindest in der Anfangsphase der Investition Verluste mit übrigen Einkünften zu verrechnen. Dabei ist es ohne Belang, auf welchen Vorschriften die negativen Einkünfte beruhen. Verluste im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell dürfen nur dann nicht ausgeglichen oder abgezogen werden, wenn innerhalb der Anfangsphase das Verhältnis der Summe der prognostizierten Verluste zur Höhe des gezeichneten und nach dem Konzept auch aufzubringenden Kapitals oder bei Einzelinvestitionen des eingesetzten Eigenkapitals 10 % übersteigt (§ 15b Abs. 3 EStG). Die Vorschrift des § 15b EStG, die durch das Gesetz zur Beschränkung der Verlustverrechnung im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen vom 22.12.2005 (BGBl I 2005, 3683, BStBl I 2006, 80) eingeführt worden ist, findet auf Anlaufverluste von Existenz- und Firmengründern zwar grundsätzlich keine Anwendung (Begründung des Gesetzesentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD, BT-Drucksache 16/107 vom 29.11.2005 S. 6; BMF-Schreiben vom 17.7.2007, BStBl I 2007, 542 Tz. 1; Seeger in Schmidt, EStG, 29. Aufl. 2010, § 15b Rn. 2). Der Gesetzgeber wollte aber Steuerstundungsmodellen die Anerkennung versagen, die ein extrem hohes Verlustverrechnungspotential in der Anfangsphase einer Investition generieren (so auch Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 17.10.2012 1 K 2343/08, EFG 2013, 510).
47Im Streitfall sprechen zwar erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass das Konzeptpapier zu J Rendite Leasinggesellschaften ein vorgefertigtes Konzept und damit eine modellhafte Gestaltung darstellt, denn nach diesem Konzeptpapier wurden von denselben Initiatoren zahlreiche gleichartige Gesellschaften gegründet und betrieben. Letztlich kann diese Frage aber offen bleiben, da nicht zur Überzeugung des Senats feststeht, dass durch dieses Konzept die Möglichkeit geboten werden sollte, negative Einkünfte zu erzielen.
48Da typische Anlaufverluste in der Existenzgründungsphase nicht unter § 15b EStG fallen, führen die gemäß § 9 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags vereinbarten Zahlungen an die Komplementär-GmbH in Form einer einmaligen Zahlung in Höhe von 15.000,00 EUR, einer jährlichen Vergütung in Höhe von 4.000,00 EUR und Auslagenersatz sowie die sonstigen, mit der Gründung der Klin. im Streitjahr im Zusammenhang stehenden Aufwendungen nicht zur Erzielung steuerlicher Vorteile i. S. v. § 15b Abs. 2 EStG. Hinzu kommt, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb bei näherer Prüfung ggf. abweichend, nämlich tatsächlich höher hätten festgestellt werden müssen, der Verlust mithin geringer hätte festgestellt werden müssen. Denn die Konzeptionsgebühr, für die die Klin. an die Komplementär-GmbH eine einmalige Zahlung in Höhe von 15.000,00 EUR zu leisten hatte, sollten Kosten wie z. B. Leasing- und Investitionsplanung, Leasinggut-Akquisition sowie Beschaffung der Eigenkapitalausstattung abdecken (so das Konzeptpapier für J Rendite Leasingfonds, Seite 11 Punkt 2). Sie betraf damit offenbar Kosten zur Herstellung einer Investitionsstruktur für noch abzuschließende Sale-and-lease-back-Geschäfte. Von dieser Investitionsstruktur hätte die Klin. über einen vorgesehenen Zeitraum von acht Jahren profitiert. Die Klin. sollte gemäß § 14 ihres Gesellschaftsvertrags nach Ablauf des 31.12.2013 aufgelöst werden. Bis dahin sollten die Sale-and-lease-back-Geschäfte abgewickelt sein. Daher wäre der Aufwand der Klin. in Höhe von 15.000,00 EUR bei näherer Prüfung ggf. als ein über die vorgesehene Laufzeit der KG abzuschreibendes immaterielles Wirtschaftsgut zu aktivieren gewesen.
49Die von der Klin. ursprünglich beantragte Bildung einer Ansparrücklage nach § 7g Abs. 3 EStG führt ebenfalls nicht dazu, dass steuerliche Vorteile in Aussicht gestellt wurden. Das Konzeptpapier für J Rendite Leasinggesellschaften, das der Gründung der Klin. zugrunde lag, enthält in der Ertragsberechnung keine Hinweise auf die Bildung einer Ansparrücklage. Im Konzeptpapier werden steuerliche Aspekte gar nicht angesprochen. Vielmehr sollten danach ab dem Investitionsjahr positive Einkünfte erzielt werden. Dass ein anderes – offenbar älteres - Konzeptpapier derselben Initiatoren für J Leasingfondsgesellschaften Hinweise auf die Bildung einer Ansparrücklage enthält, lässt nicht ohne weitere Anhaltspunkte den Schluss zu, dass diese Hinweise auf das im Streitfall gewählte Anlagemodell übertragbar sind. Entgegen der Ansicht des Bekl. ist es nicht schädlich, dass die Initiatoren als Reaktion auf die Einführung der gesetzlichen Regelung ein Konzept entwickelt haben, das die Voraussetzungen für ein Steuerstundungsmodell i. S. v. § 15b Abs. 2 EStG gerade nicht erfüllt (so auch FG Münster, Urteil vom 8. November 2010 5 K 4566/08 F, EFG 2011, 438; Beschluss vom 5. August 2010 5 V 1142/10 F, EFG 2010, 1878). Denn nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist es dem Steuerpflichtigen grundsätzlich nicht verwehrt, seine rechtlichen Verhältnisse so zu gestalten, dass sich eine möglichst geringe steuerliche Belastung ergibt (z. B. BFH-Urteil vom 17. März 2010 IV R 25/08, BFHE 228, 509, BStBl II 2010, 622; BFH-Beschluss v. 29. November 1982 GrS 1/81, BFHE 137, 433, BStBl II 1983, 272, unter C. III. der Gründe). Im Übrigen sind auf die hier ursprünglich von der Klin. gebildete Ansparabschreibung hin tatsächlich in 2007 Leasinggüter für insgesamt 64.000,00 EUR angeschafft worden.
50Weitere Anhaltspunkte dafür, dass durch das Konzept der J Rendite Leasinggesellschaften die Möglichkeit geboten werden sollte, negative Einkünfte zu erzielen, sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist nicht erklärlich, wie für ein Konzept, das mit Steuervorteilen in Form von negativen Einkünften wirbt, Anleger gefunden werden sollen, wenn im Vermarktungsprospekt steuerliche Folgen gerade nicht angesprochen werden. Hierzu hätte es weiterer Vermarktungsinstrumente bedurft, die im Streitfall nicht erkennbar sind.
51Es besteht auch kein Anscheinsbeweis dahingehend, dass bei der Gründung einer Vielzahl gleichartiger Gesellschaften mit nur einem oder wenigen Kommanditisten nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen ist, dass die Investition zur Erlangung steuerlicher Vorteile getätigt worden ist. Vielmehr ist nach den allgemeinen Regeln über die Darlegungs- und Feststellungslast zu entscheiden. Da es sich bei § 15b EStG um eine Verlustausgleichsbeschränkung und damit um eine steuererhöhende Vorschrift handelt, trägt das Finanzamt die Darlegungs- und Feststellungslast.
52Da bereits die Tatbestandsvoraussetzungen des § 15b Abs. 2 EStG nicht vorliegen, muss der Senat nicht auf die von der Klin. angesprochene Frage der Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift eingehen (so auch BFH-Beschluss vom 8. April 2009 I B 223/08, BFH/NV 2009, 1437).
53Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
54Die Revision wird wegen besonderer Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen, da das streitige Modell eine Vielzahl von Fällen betrifft und zur Auslegung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 15b EStG – insbesondere zur Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Anscheinsbeweis vorliegt - eine höchstrichterliche Klärung geboten ist. Im Übrigen erfolgt die Revisionszulassung im Hinblick auf das beim BFH anhängige Verfahren mit dem Aktenzeichen IV R 59/10.
(1) Gegen Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen können Klage erheben:
- 1.
zur Vertretung berufene Geschäftsführer oder, wenn solche nicht vorhanden sind, der Klagebevollmächtigte im Sinne des Absatzes 2; - 2.
wenn Personen nach Nummer 1 nicht vorhanden sind, jeder Gesellschafter, Gemeinschafter oder Mitberechtigte, gegen den der Feststellungsbescheid ergangen ist oder zu ergehen hätte; - 3.
auch wenn Personen nach Nummer 1 vorhanden sind, ausgeschiedene Gesellschafter, Gemeinschafter oder Mitberechtigte, gegen die der Feststellungsbescheid ergangen ist oder zu ergehen hätte; - 4.
soweit es sich darum handelt, wer an dem festgestellten Betrag beteiligt ist und wie dieser sich auf die einzelnen Beteiligten verteilt, jeder, der durch die Feststellungen hierzu berührt wird; - 5.
soweit es sich um eine Frage handelt, die einen Beteiligten persönlich angeht, jeder, der durch die Feststellungen über die Frage berührt wird.
(2) Klagebefugt im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 ist der gemeinsame Empfangsbevollmächtigte im Sinne des § 183 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung oder des § 6 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung vom 19. Dezember 1986 (BGBl. I S. 2663). Haben die Feststellungsbeteiligten keinen gemeinsamen Empfangsbevollmächtigten bestellt, ist klagebefugt im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1 der nach § 183 Abs. 1 Satz 2 der Abgabenordnung fingierte oder der nach § 183 Abs. 1 Satz 3 bis 5 der Abgabenordnung oder nach § 6 Abs. 1 Satz 3 bis 5 der Verordnung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung von der Finanzbehörde bestimmte Empfangsbevollmächtigte; dies gilt nicht für Feststellungsbeteiligte, die gegenüber der Finanzbehörde der Klagebefugnis des Empfangsbevollmächtigten widersprechen. Die Sätze 1 und 2 sind nur anwendbar, wenn die Beteiligten spätestens bei Erlass der Einspruchsentscheidung über die Klagebefugnis des Empfangsbevollmächtigten belehrt worden sind.
(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
Tenor
Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15b Abs. 4 EStG auf den 31.12.2006 vom 17.03.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 01.10.2010 wird aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleis-tung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klä-gerin abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Streitig ist die Frage, ob Verluste der Klägerin (Klin.) dem Verlustausgleichsverbot nach § 15b Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) unterliegen.
3Die Klin., eine GmbH & Co.KG i.L., wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 13.12.2006 / 15.12.2006 / 18.12.2006 gegründet. Gegenstand des Unternehmens war ausweislich des Gesellschaftsvertrags der Handel, die Vermietung und das Leasing von beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgütern. Gründungskommanditisten waren Herr S T und Herr K T mit einem Kommanditanteil von jeweils 80.000,00 EUR. Komplementärin war die J Geschäftsführungs GmbH (Komplementär-GmbH), die am Kapital nicht beteiligt war. Der Komplementär-GmbH oblag die Geschäftsführung der Klin. Der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedurfte es nach § 4 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages nur für Rechtshandlungen, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehen. Die GmbH erhielt für Vorlaufkosten gemäß Investitionsplan eine einmalige Zahlung in Höhe von 15.000,00 EUR und eine jährliche Tätigkeitsvergütung in Höhe von 4.000,00 EUR (§ 9 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages). Darüber hinaus war sie am Gewinn und Verlust der Klin. nicht beteiligt. Gemäß § 11 des Gesellschaftsvertrages sollte die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters zu dessen Ausscheiden führen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Gesellschaftsvertrag Bezug genommen. Der Unternehmenssitz war zunächst in I . Am 29.12.2006 erfolgte die Eintragung in das Handelsregister.
4Der Gesellschaftsgründung liegt ein „Konzeptionspapier zur Gründung einer Leasinggesellschaft“ zugrunde, das seitens der Initiatoren der Komplementär-GmbH für J Rendite Leasinggesellschaften (ab 2006 gegründete KG´s) herausgegeben worden war. Investiert werden sollte in die schrittweise Anschaffung beweglicher, unbeweglicher und immaterieller Leasinggüter. Den Schwerpunkt der Investitionsobjekte sollten Baktinettenständer, Plasma-Bildschirme und Bäckereieinrichtungen bilden. Im Konzeptionspapier wurde unter „Risiken – Investition“ ausdrücklich darauf hingewiesen, dass von einer Leasingstrategie ausgegangen werde, der ein sog. Blind-Pool-Konzept zugrunde liege. Dies bedeute, dass für nach Art, Anzahl und Kosten noch nicht bestimmte Leasinggegenstände Planungen gemacht würden. Für die Leasinggegenstände würden weder Angebote, Verträge noch potentielle Leasingnehmer vorliegen. Das Konzeptionspapier enthielt Investitions- und Finanzierungsplanungen sowie eine Ertrags- und eine Liquiditätsplanung. Eine Investition in Höhe von 320.000,00 EUR sollte in einem Zeitraum von acht Jahren (Jahre 1 bis 8 bzw. 2007 bis 2014) zu einem Gesamtüberschuss in Höhe von 71.038,00 EUR führen. Bereits ab dem Investitionsjahr (Jahr 1) sollten danach positive Jahresergebnisse erzielt werden. Die Berechnung enthielt die Ergebnisse vor Steuern. Ein anderes Konzeptionspapier für J Leasingfonds (bis einschließlich 2005 gegründete KG´s), das eine Ertragsplanung für neun Jahre (Jahre 0 bis 8 bzw. 2003 bis 2011) enthielt, berücksichtigte dagegen die Bildung einer Ansparrücklage nach § 7g EStG a.F. im Investitionsjahr (Jahr 0), was für dieses Jahr zu einem Verlust in Höhe von 135.000,00 EUR führte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beiden in den Steuerakten befindlichen Konzeptionspapiere Bezug genommen.
5Laut Jahresabschluss zum 31.12.2006 hatten die Kommanditisten auf ihre Kommanditeinlagen je 10.000,00 EUR eingezahlt. Erlöse waren nicht erzielt worden. In der Bilanz war ein Passivposten „Sonderposten mit Rücklageanteil“ gemäß § 7g Abs. 3 EStG (Ansparabschreibung) in Höhe von 90.000,00 EUR (63.000,00 EUR für Informationssysteme und 27.000,00 EUR für Baktinettenständer) gebildet worden.
6Die Klin. reichte für das Streitjahr 2006 am 06.09.2007 eine Feststellungserklärung, am 12.10.2007 eine berichtigte Feststellungserklärung und am 22.11.2007 eine weitere berichtigte Feststellungserklärung ein. In der letzten Erklärung erklärte sie einen Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von 91.114,00 EUR. Zur Ansparabschreibung war erläutert, dass die Anschaffung von Informationssystemen (voraussichtliche Anschaffungskosten: 157.500,00 EUR) und Baktinettenständern (voraussichtliche Anschaffungskosten: 67.500,00 EUR) für 2007 geplant war. Nach Zurechnung eines Gewinns in Höhe von 15.000,00 EUR für die GmbH entfielen danach auf die Kommanditisten Verlustanteile in Höhe von 53.109,38 EUR (S T ) bzw. 53.108,22 EUR (K T ).
7Anfang August 2007 schloss die Klin. mit der Q GmbH (Q-GmbH) 2 Vertragskonglomerate (Nr. 174R-001 und Nr. 174R-002), bestehend aus Lieferantenkreditvertrag, Rückkaufvereinbarung und Leasingvertrag. Vertragsgegenstand dieser beiden Sale-and-lease-back-Vorgänge waren jeweils vier elektronische Informationssysteme. Dabei wurde je Informationssystem ein Kaufpreis von netto 8.000,00 EUR zugrunde gelegt. Für die vier Informationssysteme zusammen war jeweils eine monatliche Leasingrate von netto 783,40 EUR vereinbart.
8Nachdem der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH im Mai 2008 in Untersuchungshaft genommen worden war, kündigten S T und K T als Notgeschäftsführer der Klin. die mit der Q-GmbH geschlossenen Verträge mit Schreiben vom 17.07.2008.
9Mit Gesellschafterbeschluss vom 01.08.2008 wurde die Komplementär-GmbH mit sofortiger Wirkung von der Geschäftsführung abberufen und der Kommanditist K T zum neuen Geschäftsführer mit Alleinvertretungsbefugnis bestellt.
10Über das Vermögen der Komplementär-GmbH wurde mit Beschluss des Amtsgerichts C vom 01.12.2008 das Insolvenzverfahren eröffnet. Entsprechend § 11 des Gesellschaftsvertrags schied die Komplementär-GmbH dadurch aus der Gesellschaft aus.
11Der Beklagte (Bekl.) erließ am 17.03.2009 einen Bescheid für 2006 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, den er mit einem Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15b Abs. 4 EStG auf den 31.12.2006 verband. Die Einkünfte der Klin. aus Gewerbebetrieb stellte er hierin mit ./. 1.217,59 EUR fest. Dabei versagte er die Anerkennung der von der Klin. gebildeten Ansparrücklage, da die Leasinggüter dem Leasingnehmer und nicht der Klin. zuzurechnen seien. Außerdem sei zum 31.12.2006 noch keine verbindliche Bestellung der Leasinggegenstände erfolgt, so dass die Investitionsentscheidung hinsichtlich der wesentlichen Betriebsgrundlagen nicht ausreichend konkretisiert gewesen sei. Die Einkünfte wurden in Höhe von 15.000,00 EUR der GmbH, in Höhe von ./. 8.109,38 EUR S T und in Höhe von ./. 8.108,22 EUR K T zugerechnet. In gleicher Höhe wurden für S T und K T verrechenbare Verluste nach § 15b EStG festgestellt, da aufgrund einer modellhaften Gestaltung ein Steuerstundungsmodell i. S. v. § 15 b Abs. 2 Satz 1 EStG vorliege.
12Die Klin. legte am 09.04.2009 Einspruch ein. Die Ansparabschreibung nach § 7g EStG sei zu Recht erfolgt. Die Leasinggüter seien hier dem Leasinggeber zuzurechnen. Eine Konkretisierung der Investitionsentscheidung sei dadurch erfolgt, dass in 2007 ein Teil der geplanten Investitionen durch die Gesellschaft getätigt worden sei. Weitere Investitionen seien wegen der Gesamtumstände auf „Eis gelegt“ worden.
13Die Vorschrift des § 15 b EStG sei nicht verfassungsgemäß. Zudem liege kein Steuerstundungsmodell vor. Die Gesellschaft sei nicht aus steuerlichen Gründen, sondern aus wirtschaftlichen Erwägungen gegründet worden. Es habe kein vorgefertigtes Konzept existiert. Außerdem hätten allein die Kommanditisten über die Investitionen entschieden und für die Finanzierung gesorgt. Die Möglichkeit zur Bildung einer Ansparrücklage sei auch ohne Hinweis des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH bekannt gewesen und die Entscheidung hierfür auch autark von den Kommanditisten getroffen worden. Dass hierbei Steuerstundungseffekte erzielt werden sollten, läge in der Natur der Sache.
14Mit Gesellschafterbeschluss vom 21.07.2009 wurde die Auflösung der Klin. beschlossen und K T zum Liquidator bestellt. Der Sitz der Gesellschaft wurde nach E verlegt.
15Mit der für die „J GmbH & Co. KG i.L.“ ergangenen Einspruchsentscheidung vom 01.10.2010 wies der Bekl. die Einsprüche der Klin. als unbegründet zurück und führte zur Begründung aus:
16Die Voraussetzungen für die Bildung einer gewinnmindernden Ansparrücklage seien nicht gegeben.
17Die Klin. sei aufgrund einer modellhaften Gestaltung i.S.d. § 15b Abs. 2 Satz 1 EStG errichtet worden. Es bestehe kein Zweifel, dass die Errichtung der KG objektiv auf der Basis eines von den Initiatoren vorgefertigten Konzepts erfolgt sei. Hierfür spreche die große Zahl der nach derselben oder ähnlichen Grundkonzeption aufgelegten Kommanditgesellschaften, die Ausgabe von Verkaufsprospekten und die Vermarktung im Internet sowie durch Vertriebsbeauftragte. Den Kommanditisten sollten hiernach vielfältige Leistungen zur Verfügung gestellt werden. Bei den jeweiligen Kommanditisten habe es sich ganz überwiegend um branchenfremde natürliche Personen gehandelt. Der Vortrag der Klin., dass kein vorgefertigtes Konzept vorgelegt worden sei, widerspreche der gleichzeitigen Aussage, dass zwei der drei von den Initiatoren vorgelegten Investitionsmöglichkeiten in der Anfangsphase ausgewählt worden seien. Dass den Kommanditisten die Planung und die Umsetzung der Investitionen einschließlich der Finanzierung oblegen habe, stimme nicht mit den Regelungen im Gesellschaftsvertrag über ein. Zudem hätten auch Blindpools typischerweise ein vorgefertigtes Konzept.
18Für die ab 2006 angebotenen und entsprechend begründeten Gesellschaftsverhältnisse unter der Firma „J GmbH & Co. Zahl Rendite Leasing KG“ (Rendite Leasing KG) hätten Modifikationen in den Verkaufsprospekten im Vergleich zu den bis 2005 angebotenen und entsprechend begründeten Beteiligungen an KG´s unter der Firma „J GmbH & Co. Zahl Leasingsfonds KG“ (Leasingfonds KG) stattgefunden. Seitens der Initiatoren hätten diese Modifikationen offensichtlich dem Zweck gedient, die Anwendung des seit dem 11.11.2005 geltenden § 15 b EStG zu umgehen und den beabsichtigten Steuerstundungseffekt für die Beteiligung an den Rendite Leasing KG´s zu verschleiern. Hierfür spreche zum einen die Tatsache, dass die Kommanditisten in Gesellschafterversammlungen die Investitionsentscheidungen hätten treffen wollen, obwohl dies nach den jeweiligen Gesellschaftsverträgen bei Investitionen bis zu 25.000,00 EUR gar nicht erforderlich gewesen sei. Außerdem sei in nahezu allen dem Bekl. bekannten Fällen der J KG´s jeweils im Gründungsjahr eine Ansparabschreibung gebildet worden. Dabei sei jeweils so verfahren worden, dass in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Abschluss des Gesellschaftsvertrages der erste Jahresabschluss erstellt worden sei. In aller Regel seien die Kommanditisten zum Jahresende beigetreten, so dass die Rücklage in der Bilanz auf den 31. Dezember des jeweiligen Jahres ausgewiesen worden sei. Es dränge sich der Eindruck auf, dass die Modifikationen in den Verkaufsprospekten nur erfolgt seien, um gegenüber dem Fiskus belegen zu können, dass eine vorrangig kapitalmäßige Beteiligung und damit ein Steuerstundungsmodell gerade nicht vorliege. Tatsächliche Veränderungen in der Abwicklung seien aber nicht erfolgt.
19Auf der Basis der vorliegenden modellhaften Gestaltung hätten auch steuerliche Vorteile in Form negativer Einkünfte erzielt werden sollen, da innerhalb der Anfangsphase das Verhältnis der Summe der prognostizierten Verluste zur Höhe des gezeichneten und auch aufzubringenden Kapitals 10 % übersteige. Maßgeblich seien die prognostizierten, nicht die tatsächlich erzielten Verluste. Sei die Prognose der Einkünfte jedoch (offensichtlich) unrichtig, könne diese nicht zu Grunde gelegt werden. Im Gegensatz zu der im Prospekt der Leasingfonds KG´s enthaltenen Ertragsplanung werde bei allen Rendite Leasing KG´s das Investitionsjahr 0 (und damit eine evtl. Ansparabschreibung) nicht ausgewiesen. Es sei offensichtlich, dass dieser Ausweis nur deshalb nicht mehr aufgenommen worden sei, um die Anwendung des §§ 15 b EStG zu umgehen, ohne das tatsächliche Änderungen in Bezug auf die Absicht, Verluste durch die Bildung von § 7g EStG-Rücklagen zu erzielen, eingetreten wären. Die Ansparabschreibungen müssten deshalb bei der Prognose berücksichtigt werden. Dabei sei unbeachtlich, ob die steuerrechtlichen Voraussetzungen für die Bildung der Ansparabschreibung letztlich erfüllt seien.
20Wegen der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 01.10.2010 Bezug genommen.
21Die Klin. hat hiergegen Klage erhoben. Die Klage wegen einheitlicher und gesonderter Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2006 hat sie mit Schriftsatz vom 28.10.2010 zurückgenommen. Insoweit wurde das Verfahren unter dem Aktenzeichen 5 K 4069/10 F eingestellt.
22Zur Begründung der Klage wegen Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15 b Abs. 4 EStG führt die Klin. wie folgt aus:
23Es handele sich vorliegend nicht um ein Steuerstundungsmodell im Sinne von § 15b Abs. 2 EStG. Der Bekl., bei dem insoweit die Beweislast liege, habe die Modellhaftigkeit nicht nachgewiesen. Die Beteiligung sei allein aus wirtschaftlichen, nicht aus steuerlichen Gründen eingegangen worden. Die Investition in digitale Werbung sei ihr, der Klin., als äußerst lukrativ erschienen. Soweit der Bekl. aus der von K T verfassten E-Mail vom 02.11.2007 den Schluss ziehe, dass das Erlangen von Steuervorteilen von vornherein geplant gewesen sei, sei zu berücksichtigen, dass die E-Mail rund ein Jahr nach Gründung der Gesellschaft von K T verfasst worden sei. Die Kommanditisten hätten die Geschäftsführung per Gesellschafterbeschluss Wochen/Monate zuvor aufgefordert, eine Rücklage gemäß § 7 g EStG zu bilden. Es habe kein vorgefertigtes Konzept gegeben, im Rahmen dessen mit einer Verlustzuweisung geworben worden sei. Die von J angebotenen verschiedenen Investitionsmöglichkeiten würden sich ausschließlich auf betriebswirtschaftliche Eckdaten beschränken und keine Hinweise auf die Bildung einer Ansparrücklage enthalten. Eine steuerliche Würdigung sei nicht vorgenommen worden. Dass ein anderes, offenbar älteres Konzeptpapier derselben Initiatoren für J Leasingfonds Hinweise auf die Bildung einer Ansparrücklage enthalte, lasse nicht den zweifelsfreien Schluss zu, dass diese Hinweise auf das im Streitfall gewählte Anlagemodell übertragbar seien. Dass J vertragliche Gestaltungen an ein verändertes Steuerrecht angepasst hätten, könne nicht negativ ausgelegt werden. Das Anpassen von Verträgen an eine geänderte Gesetzgebung oder Rechtsprechung durch Änderung der Fonds (bis 2005 Leasingfonds KG und ab 2006 Rendite Leasing KG´s) sei legitim. Entgegen der Ansicht des Bekl. sei es nicht schädlich, dass die Initiatoren als Reaktion auf die Einführung der gesetzlichen Regelung ein Konzept entwickelt hätten, das die Voraussetzungen für ein Steuerstundungsmodell im Sinne von § 15 b Abs. 2 EStG gerade nicht erfülle. Denn nach ständiger Rechtsprechung des BFH sei es dem Steuerpflichtigen grundsätzlich nicht verwehrt, seine rechtlichen Verhältnisse so zu gestalten, dass sich eine möglichst geringe steuerliche Belastung ergebe (z.B. BFH-Urteil vom 17. März 2010 IV R 25/08, BStBl II 2010, 633, Beschluss vom 29. November 1982 GrS 1/81, BStBl II 1983, 272). Da allein die Kommanditisten über die Art und Höhe der Investitionen und über die Bildung der Ansparrücklage entschieden hätten, sei die Rücklage nicht in die Beurteilung des Steuerstundungsmodells einzubeziehen. Es sei zudem maßlos, § 15b EStG anzuwenden, wenn gleichzeitig die Bildung der Rücklage versagt werde. Wenn die Ansparabschreibung in die Prognoserechnung mit einbezogen werde, könne die Berücksichtigung der Ansparabschreibung nicht verwehrt werden. Es könne dem Steuerbürger auch nicht zur Last gelegt werden, dass § 7 g EStG und § 15 b EStG im Ergebnis widersprüchlich seien. Die vom Bekl. festgestellten Verluste würden allein aus der Geschäftsführervergütung der GmbH resultieren. Für derartige Verluste sei § 15b EStG nicht geschaffen worden.
24Außerdem sei insbesondere der Kommanditist K T nicht nur passiv, sondern unternehmerisch tätig gewesen. So habe sich dieser Kopien der Steuererklärung für 2006 aushändigen lassen und zu den Eintragungen hierin im November 2007 E-Mail-Verkehr mit der GmbH geführt. Außerdem habe er sich laufend über den Kontostand der Klin., insbesondere über die Verwendung von Geldern und über die Bonität usw. der Q-GmbH informiert. Auf den von der Klin. hierzu vorgelegten E-Mail-Verkehr aus den Monaten September bis November 2007 wird Bezug genommen (Gerichtsakte Blatt 17-19, 22).
25Überdies bestünden erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von § 15b EStG, da die im Gesetz enthaltenen Begriffe „Einkunftsquelle“, „Steuerstundungsmodell“, „modellhafte Gestaltung“ und „vorgefertigtes Konzept“ aus der Umgangssprache stammen würden und sich nicht hinreichend genau definieren ließen.
26Die Klin. beantragt,
27den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15b Abs. 4 EStG auf den 31.12.2006 vom 17.03.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 01.10.2010 aufzuheben,
28hilfsweise für den Unterliegensfall, die Revision zuzulassen.
29Der Bekl. beantragt,
30die Klage abzuweisen,
31hilfsweise für den Unterliegensfall, die Revision zuzulassen.
32Ergänzend zu den Ausführungen in der Einspruchsentscheidung führt der Bekl. wie folgt aus:
33Ob die Erzielung von steuerlichen Vorteilen durch negative Einkünfte Gegenstand des vorgefertigten Konzepts sei, könne nicht allein nach dem Inhalt des Konzeptpapiers bzw. Prospekts beurteilt werden; maßgeblich sei vielmehr, ob nach den Gesamtumständen des Falles angenommen werden könne, dass dem Anleger durch die Beteiligung letztlich (auch) steuerliche Verluste vermittelt werden sollten. Ob dies der Fall sei, sei vorrangig eine Frage der Beweiswürdigung. Hierbei sei zunächst zu berücksichtigen, dass die Grundkonzeption des Modells der „Rendite Leasinggesellschaften“ im Wesentlichen derjenigen der früheren „J Leasingfondsgesellschaften“ entspreche. Eine Gesamtschau aller Umstände zeige, dass eine Ansparrücklage, wie sie in dem unmittelbar vorangehenden Konzeptpapier derselben Initiatoren ausgewiesen sei, auch Bestandteil des im Streitfall vorliegenden Modells gewesen sei. Die Initiatoren hätten nach Einführung des § 15 b EStG alles aus ihrer Sicht Mögliche getan, um ihr Geschäftsmodell zu retten und den Anlegern die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Ansparrücklage des § 7 g EStG zu erhalten. Auch ziele die Gründung einer Vielzahl von Gesellschaften mit derselben Komplementärin und nur einem oder wenigen Kommanditisten offensichtlich auf die Regelung des § 7 g Abs. 2 Nr. 1a EStG a.F. (Betriebsgrößenmerkmal) sowie die des § 7 g Abs. 3 S. 4 EStG a.F. (Höchstbetrag der Ansparrücklage) ab. Andere, wirtschaftliche Motive für die Gründung einer Vielzahl von Gesellschaften mit nur einem oder wenigen Kommanditisten statt der Gründung nur einer Gesellschaft einer Vielzahl von Kommanditisten seien vorliegend nicht erkennbar. Dies gelte umso mehr, als die einzelnen Kommanditgesellschaften im „Normalfall“ in ein Konkurrenzverhältnis zueinander treten würden. Die Gesamtwürdigung der Umstände ergebe, dass lediglich das Konzeptpapier, nicht aber das tatsächliche Konzept geändert worden sei. Bis auf den der neuen steuerlichen Rechtslage angepassten Prospekt habe sich in tatsächlicher Hinsicht keine Änderung ergeben, angefangen von der Investitionsstrategie über die Vermarktung und das faktische Agieren der Beteiligten bis zur tatsächlichen Geltendmachung der Ansparrücklage im Feststellungsverfahren und in der Folge im Veranlagungs- und Vorauszahlungsverfahren. Insoweit könne nicht entscheidend sein, dass das Konzeptpapier für die J -Rendite-Leasinggesellschaften in der Ertragsberechnung keine Hinweise auf die Bildung einer Ansparrücklage enthalte. Auch würden die prognostizierten Ertrags- und Liquiditätsplanungen des „alten“ als auch des „neuen“ Konzepts einen identischen (kumulierten) Jahresüberschuss bzw. eine identische (kumulierte) Liquidität ausweisen, obwohl es sich um unterschiedliche Konzepte handeln solle. Allein das „Weglassen“ der steuerlichen Hinweise (z.B. Ertragsplanung mit Nachsteuerbetrachtung) könne hier nicht die Annahme rechtfertigen, dass die Rücklagenbildung nach § 7 g EStG in der Konzeption keine Rolle mehr spiele. Vor diesem Hintergrund erschließe sich insbesondere nicht, dass das Finanzgericht in dem vorgehenden AdV-Verfahren unter dem Aktenzeichen 5 V 1142/10 F aus dem Umstand, dass nach dem (neuen) Prospekt ab dem Investitionsjahr positive Einkünfte erzielt werden sollten, herleite, dass steuerliche Vorteile nicht in Aussicht gestellt worden seien. Dies gelte umso mehr, als der Ertrags- und Liquiditätsplanung zu Grunde liegende Parameter der beiden Konzepte voneinander abweichen würde. Daraus lasse sich nur folgern, dass nicht die wirtschaftliche Rentabilität der Investitionen im Vordergrund gestanden habe, sondern vielmehr die Herbeiführung von Steuervorteilen im Sinne des §§ 15 b Abs. 2 EStG.
34Daraus, dass sich in dem Prospekt für die Rendite Leasing KG´s im Gegensatz zu dem vorherigen Prospekt für die Leasingfonds KG´s Ausführungen zur Unternehmerstellung des Kommanditisten befinden, könne nicht hergeleitet werden, dass der Kommanditist nicht lediglich eine kapitalmäßige Beteiligung anstrebe, sondern er die Geschäftsführung der Gesellschaft maßgeblich beeinflusst habe. Auch sei ohne Bedeutung, dass der Kommanditist selbst die absolute Höhe der Investitionen habe festlegen können. Gegen die Annahme einer Einflussnahme des Kommanditisten auf die Geschäftsführung spreche die Regelung in § 15 des Gesellschaftsvertrags, wonach die Komplementär-GmbH für die Aufnahme neuer Gesellschafter zuständig sei. Diese Regelung mache deutlich, dass es dem Kommanditisten auf die vorbeschriebenen Rechte, welche die Unternehmerstellung ausmachen würden, letztlich nicht ankomme, da es die Komplementär-GmbH in der Hand habe, eine größere Anzahl weiterer Kommanditisten aufzunehmen. Die Rechte und Gestaltungsspielräume des einzelnen Kommanditisten könnten dadurch letztlich so weit eingeschränkt werden, dass sich seine Stellung de facto von derjenigen eines „Kapitalgebers“ nicht mehr wesentlich unterscheide. Dass es tatsächlich nicht zur Aufnahme eines neuen Gesellschafters gekommen sei, stehe dem nicht entgegen. Denn ein Gesellschafter, der ernsthaft an der „Leitung der Gesellschaft“ interessiert gewesen sei, hätte einer solchen Regelung nicht zugestimmt.
35Nach der Gesetzesbegründung müsse das vorgefertigte Konzept zudem lediglich auf die Erzielung der steuerlichen Vorteile ausgerichtet sein, also nur die Möglichkeit zur Erzielung von negativen Einkünften bieten. Es könne also nicht darauf ankommen, ob mit Steuervorteilen in Form von negativen Einkünften geworben werde, denn die Rechtsfolge des § 15 b EStG trete auch dann ein, wenn der Steuerpflichtige selbst das Konzept nicht gekannt habe oder nicht allein mit dem Ziel der Steuerersparnis einem Fonds beigetreten sei. Das vorgefertigte Konzept müsse mithin nicht Auslöser für die Investition des Steuerpflichtigen gewesen sein. Der Anwendungsbereich des § 15 b EStG könne nicht auf diejenigen Fälle beschränkt sein, in denen die zu erzielende Steuerersparnis in den Verkaufsunterlagen ausgewiesen sei.
36Die Regelung in § 9 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages, nach der die GmbH eine Vergütung für die Erstellung eines Investitionsplans enthält, spreche ebenfalls für das Vorliegen eines Modells. Hieraus sei ersichtlich, dass sowohl ein Investitionsplan der Klin. als auch ein vorgefertigtes Konzept existiert habe, für das die Klin. – und damit wirtschaftlich die Kommanditisten – bereit gewesen seien, Vorlaufkosten i.H.v. 15.000 € zu zahlen. Dass die einzelnen Kommanditisten über die Höhe ihrer Investitionen hätten frei entschieden können, sei unerheblich. Weitere Entscheidungen über die Investitionen hätten die Kommanditisten nach den Regelungen des Gesellschaftsvertrages nicht treffen können. Mit der modellhaften Gestaltung sollten steuerliche Vorteile in Form von negativen Einkünften erzielt werden. Maßgeblich seien die prognostizierten, nicht die tatsächlich erzielten Verluste. Die Bildung der Ansparabschreibung sei unabhängig davon in die Prognose einzubeziehen, dass diese im Konzeptpapier nicht genannt sei.Anders als beim Konzeptpapier der Leasingfonds KG´s sei bei den Rendite Leasing KG´s das Investitionsjahr 0 bei der Ertragsplanung weggelassen worden. Dies sei allein deshalb erfolgt, um eine Anwendung des § 15b EStG zu umgehen. Tatsächlich sei in allen dem Bekl. bekannten Fällen eine Ansparabschreibung im Investitionsjahr gebildet worden. Auch aus dem von der Klin. vorgelegten E-Mail-Verkehr, speziell die E-Mail des K T vom 02.11.2007, gehe hervor, dass das Erlangen von Steuervorteilen von vornherein geplant gewesen sei.
37Die Vorschrift des § 15 b EStG sei auch nicht verfassungswidrig, insbesondere verstoße sie nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz. Die Tatbestandsmerkmale seien klar formuliert und der Auslegung zugänglich.
38Die Sache wurde am 22.11.2013 vor dem Senat mündlich verhandelt. Auf das Sitzungsprotokoll wird Bezug genommen.
39Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf die vom Bekl. vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
40Es wurde die Gerichtsakte 5 V 1142/10 F beigezogen.
41Entscheidungsgründe
42Die Klage ist zulässig und begründet.
43Der Senat entscheidet in der Sache ohne Beiladung der ausgeschiedenen Komplementär-GmbH. Insoweit liegen die Voraussetzungen einer notwendigen Beiladung nach § 60 Abs. 3 i.V.m. § 48 Abs. 1 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht vor. Die Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15b Abs. 4 EStG betrifft nicht die GmbH. Ihr standen laut § 9 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages der Klin. lediglich für Vorlaufkosten eine einmalige Zahlung von 15.000,00 EUR und für ihre Haftung und ihre Tätigkeit eine jährliche Vergütung in Höhe von 4.000,00 EUR (ab 2007) zu. Darüber hinaus war sie an Gewinn und Verlust der Gesellschaft nicht beteiligt, so dass für sie die Feststellung eines Verlustes nicht in Betracht kommt.
44Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15b Abs. 4 EStG auf den 31.12.2006 vom 17.03.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 01.10.2010 ist rechtswidrig und verletzt die Gesellschafter der Klin. in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Bekl. hat die auf K T und S T entfallenden Verluste zu Unrecht als nicht ausgleichsfähigen Verlust im Sinne des § 15b EStG festgestellt. Der angefochtene Bescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung war daher aufzuheben.
45Für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides über die gesonderte und einheitliche Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15b Abs. 4 EStG auf den 31.12.2006 kommt es nicht darauf an, ob die Einkünfte der Höhe nach zutreffend erfasst wurden, insbesondere ob die von der Klin. ursprünglich gebildete § 7 g EStG-Rücklage hätte anerkannt werden müssen. Denn dem Senat ist insoweit eine eigene Prüfung verwehrt. Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2006 ist durch Rücknahme der diesbezüglichen Klage bereits bestandskräftig geworden und nicht Gegenstand dieses Klageverfahrens. Weil der Gewinnfeststellungsbescheid als Grundlagenbescheid Bindungswirkung für das Verfahren zur Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15b Abs. 4 EStG entfaltet (vgl. BFH-Urteil vom 23. Februar 1999 VIII R 29/98, BFHE 188, 146, BStBl II 1999, 592 zu § 15a EStG; vgl. auch Heuermann in Blümich, EStG, 116. Auflage, § 15b Rdnr. 38), ist von den festgestellten Einkünften auszugehen (Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30. Januar 2013 3 K 1185/12, EFG 2013, 849).
46Gemäß § 15b Abs. 4 Satz 1 EStG ist der nach Abs. 1 dieser Vorschrift nicht ausgleichsfähige Verlust jährlich gesondert festzustellen. Diese Feststellung ist einheitlich durchzuführen, wenn es sich bei dem Steuerstundungsmodell um eine Gesellschaft i. S. v. § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO handelt und die Feststellung mit der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte verbunden wird (§ 15b Abs. 4 Satz 5, 2. Halbsatz EStG). Nach § 15b Abs. 1 Satz 1 EStG dürfen Verluste im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden. Ein Steuerstundungsmodell in diesem Sinne liegt gemäß § 15b Abs. 2 EStG vor, wenn auf Grund einer modellhaften Gestaltung steuerliche Vorteile in Form negativer Einkünfte erzielt werden sollen. Dies ist der Fall, wenn dem Steuerpflichtigen auf Grund eines vorgefertigten Konzepts die Möglichkeit geboten werden soll, zumindest in der Anfangsphase der Investition Verluste mit übrigen Einkünften zu verrechnen. Dabei ist es ohne Belang, auf welchen Vorschriften die negativen Einkünfte beruhen. Verluste im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell dürfen nur dann nicht ausgeglichen oder abgezogen werden, wenn innerhalb der Anfangsphase das Verhältnis der Summe der prognostizierten Verluste zur Höhe des gezeichneten und nach dem Konzept auch aufzubringenden Kapitals oder bei Einzelinvestitionen des eingesetzten Eigenkapitals 10 % übersteigt (§ 15b Abs. 3 EStG). Die Vorschrift des § 15b EStG, die durch das Gesetz zur Beschränkung der Verlustverrechnung im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen vom 22.12.2005 (BGBl I 2005, 3683, BStBl I 2006, 80) eingeführt worden ist, findet auf Anlaufverluste von Existenz- und Firmengründern zwar grundsätzlich keine Anwendung (Begründung des Gesetzesentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD, BT-Drucksache 16/107 vom 29.11.2005 S. 6; BMF-Schreiben vom 17.7.2007, BStBl I 2007, 542 Tz. 1; Seeger in Schmidt, EStG, 29. Aufl. 2010, § 15b Rn. 2). Der Gesetzgeber wollte aber Steuerstundungsmodellen die Anerkennung versagen, die ein extrem hohes Verlustverrechnungspotential in der Anfangsphase einer Investition generieren (so auch Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 17.10.2012 1 K 2343/08, EFG 2013, 510).
47Im Streitfall sprechen zwar erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass das Konzeptpapier zu J Rendite Leasinggesellschaften ein vorgefertigtes Konzept und damit eine modellhafte Gestaltung darstellt, denn nach diesem Konzeptpapier wurden von denselben Initiatoren zahlreiche gleichartige Gesellschaften gegründet und betrieben. Letztlich kann diese Frage aber offen bleiben, da nicht zur Überzeugung des Senats feststeht, dass durch dieses Konzept die Möglichkeit geboten werden sollte, negative Einkünfte zu erzielen.
48Da typische Anlaufverluste in der Existenzgründungsphase nicht unter § 15b EStG fallen, führen die gemäß § 9 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags vereinbarten Zahlungen an die Komplementär-GmbH in Form einer einmaligen Zahlung in Höhe von 15.000,00 EUR, einer jährlichen Vergütung in Höhe von 4.000,00 EUR und Auslagenersatz sowie die sonstigen, mit der Gründung der Klin. im Streitjahr im Zusammenhang stehenden Aufwendungen nicht zur Erzielung steuerlicher Vorteile i. S. v. § 15b Abs. 2 EStG. Hinzu kommt, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb bei näherer Prüfung ggf. abweichend, nämlich tatsächlich höher hätten festgestellt werden müssen, der Verlust mithin geringer hätte festgestellt werden müssen. Denn die Konzeptionsgebühr, für die die Klin. an die Komplementär-GmbH eine einmalige Zahlung in Höhe von 15.000,00 EUR zu leisten hatte, sollten Kosten wie z. B. Leasing- und Investitionsplanung, Leasinggut-Akquisition sowie Beschaffung der Eigenkapitalausstattung abdecken (so das Konzeptpapier für J Rendite Leasingfonds, Seite 11 Punkt 2). Sie betraf damit offenbar Kosten zur Herstellung einer Investitionsstruktur für noch abzuschließende Sale-and-lease-back-Geschäfte. Von dieser Investitionsstruktur hätte die Klin. über einen vorgesehenen Zeitraum von acht Jahren profitiert. Die Klin. sollte gemäß § 14 ihres Gesellschaftsvertrags nach Ablauf des 31.12.2013 aufgelöst werden. Bis dahin sollten die Sale-and-lease-back-Geschäfte abgewickelt sein. Daher wäre der Aufwand der Klin. in Höhe von 15.000,00 EUR bei näherer Prüfung ggf. als ein über die vorgesehene Laufzeit der KG abzuschreibendes immaterielles Wirtschaftsgut zu aktivieren gewesen.
49Die von der Klin. ursprünglich beantragte Bildung einer Ansparrücklage nach § 7g Abs. 3 EStG führt ebenfalls nicht dazu, dass steuerliche Vorteile in Aussicht gestellt wurden. Das Konzeptpapier für J Rendite Leasinggesellschaften, das der Gründung der Klin. zugrunde lag, enthält in der Ertragsberechnung keine Hinweise auf die Bildung einer Ansparrücklage. Im Konzeptpapier werden steuerliche Aspekte gar nicht angesprochen. Vielmehr sollten danach ab dem Investitionsjahr positive Einkünfte erzielt werden. Dass ein anderes – offenbar älteres - Konzeptpapier derselben Initiatoren für J Leasingfondsgesellschaften Hinweise auf die Bildung einer Ansparrücklage enthält, lässt nicht ohne weitere Anhaltspunkte den Schluss zu, dass diese Hinweise auf das im Streitfall gewählte Anlagemodell übertragbar sind. Entgegen der Ansicht des Bekl. ist es nicht schädlich, dass die Initiatoren als Reaktion auf die Einführung der gesetzlichen Regelung ein Konzept entwickelt haben, das die Voraussetzungen für ein Steuerstundungsmodell i. S. v. § 15b Abs. 2 EStG gerade nicht erfüllt (so auch FG Münster, Urteil vom 8. November 2010 5 K 4566/08 F, EFG 2011, 438; Beschluss vom 5. August 2010 5 V 1142/10 F, EFG 2010, 1878). Denn nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist es dem Steuerpflichtigen grundsätzlich nicht verwehrt, seine rechtlichen Verhältnisse so zu gestalten, dass sich eine möglichst geringe steuerliche Belastung ergibt (z. B. BFH-Urteil vom 17. März 2010 IV R 25/08, BFHE 228, 509, BStBl II 2010, 622; BFH-Beschluss v. 29. November 1982 GrS 1/81, BFHE 137, 433, BStBl II 1983, 272, unter C. III. der Gründe). Im Übrigen sind auf die hier ursprünglich von der Klin. gebildete Ansparabschreibung hin tatsächlich in 2007 Leasinggüter für insgesamt 64.000,00 EUR angeschafft worden.
50Weitere Anhaltspunkte dafür, dass durch das Konzept der J Rendite Leasinggesellschaften die Möglichkeit geboten werden sollte, negative Einkünfte zu erzielen, sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist nicht erklärlich, wie für ein Konzept, das mit Steuervorteilen in Form von negativen Einkünften wirbt, Anleger gefunden werden sollen, wenn im Vermarktungsprospekt steuerliche Folgen gerade nicht angesprochen werden. Hierzu hätte es weiterer Vermarktungsinstrumente bedurft, die im Streitfall nicht erkennbar sind.
51Es besteht auch kein Anscheinsbeweis dahingehend, dass bei der Gründung einer Vielzahl gleichartiger Gesellschaften mit nur einem oder wenigen Kommanditisten nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen ist, dass die Investition zur Erlangung steuerlicher Vorteile getätigt worden ist. Vielmehr ist nach den allgemeinen Regeln über die Darlegungs- und Feststellungslast zu entscheiden. Da es sich bei § 15b EStG um eine Verlustausgleichsbeschränkung und damit um eine steuererhöhende Vorschrift handelt, trägt das Finanzamt die Darlegungs- und Feststellungslast.
52Da bereits die Tatbestandsvoraussetzungen des § 15b Abs. 2 EStG nicht vorliegen, muss der Senat nicht auf die von der Klin. angesprochene Frage der Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift eingehen (so auch BFH-Beschluss vom 8. April 2009 I B 223/08, BFH/NV 2009, 1437).
53Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
54Die Revision wird wegen besonderer Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen, da das streitige Modell eine Vielzahl von Fällen betrifft und zur Auslegung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 15b EStG – insbesondere zur Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Anscheinsbeweis vorliegt - eine höchstrichterliche Klärung geboten ist. Im Übrigen erfolgt die Revisionszulassung im Hinblick auf das beim BFH anhängige Verfahren mit dem Aktenzeichen IV R 59/10.
Tatbestand
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I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG, die mit Gesellschaftsvertrag (GV) vom 13. November 2006 gegründet wurde. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin ist nach § 2 Abs. 1 GV der Handel, die Vermietung und das Leasing von beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgütern. Einziger Kommanditist der Klägerin ist nach § 3 Abs. 2 GV seit der Gründung der Beigeladene mit einem Kommanditanteil in Höhe von 135.000 €. Die ursprüngliche Komplementärin, die X- Geschäftsführungs-GmbH (GmbH), war demgegenüber gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 GV nicht am Kapital der Klägerin beteiligt. Ihr oblag aber nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GV die Geschäftsführung der Klägerin. Der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedurften nach § 4 Abs. 2 Satz 1 GV nur Rechtshandlungen, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehen, darunter Investitionen, die den Betrag von 25.000 € pro Wirtschaftsgut übersteigen (§ 4 Abs. 2 Satz 2 Buchst. g GV). Die GmbH erhielt nach § 9 Abs. 2 GV für Vorlaufkosten gemäß Investitionsplan eine einmalige Zahlung in Höhe von 15.000 €, eine jährliche Haftungsvergütung von 4.000 € sowie Ersatz ihrer Aufwendungen; darüber hinaus war sie am Gewinn und Verlust der Gesellschaft nicht beteiligt. Nach § 15 Abs. 1 GV war die GmbH zuständig für die Aufnahme neuer Gesellschafter.
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Der Gesellschaftsgründung lag ein "Konzeptionspapier zur Gründung einer Leasinggesellschaft" zugrunde, das seitens der Initiatoren der Komplementärin für A-Leasinggesellschaften herausgegeben worden war. Auf Grund dieses Konzeptpapiers wurden weitere Kommanditgesellschaften gegründet. Die dem Konzeptpapier zugrunde liegende Grundkonzeption des Modells "A-Leasinggesellschaften" entspricht teilweise derjenigen der "B-Leasingfondsgesellschaften", die von der GmbH zuvor mit einer Vielzahl von Anlegern begründet worden waren. Das Konzeptpapier für die im Streitfall betroffene "A-Leasinggesellschaft" enthält --wie auch der frühere Prospekt der B-Leasingfondsgesellschaften-- Investitions- und Finanzierungsplanungen sowie eine Ertragsplanung. Allerdings wird abweichend vom früheren Prospekt ein Investitionsjahr 0 nicht dargestellt und die Ertragsplanung enthält keine Nachsteuerbetrachtung für den Kommanditisten bzw. keine Erläuterungen zu etwaigen Steuerersparnissen. Der in der Ertragsplanung ausgewiesene Gesamtüberschuss sollte sich aus dem Stehenlassen jährlicher Überschüsse ergeben.
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Am 24. August 2007 reichte die Klägerin eine Feststellungserklärung für das Streitjahr (2006) und am 6. September 2007 eine berichtigte Feststellungserklärung ein. In der berichtigten Erklärung gab sie einen Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von 115.284,25 € an, wobei ein Gewinnanteil in Höhe von 20.000 € auf die GmbH und ein Verlustanteil in Höhe von 135.284,25 € auf den Beigeladenen entfallen sollte. In ihrer Gewinnermittlung hatte die Klägerin eine Ansparrücklage nach § 7g Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 114.000 € gebildet.
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Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) erließ für das Streitjahr am 3. April 2008 einen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, den er mit einem Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des verrechenbaren Verlusts nach § 15b Abs. 4 EStG auf den 31. Dezember 2006 verband. Unter Versagung der Anerkennung der Ansparrücklage stellte das FA die Einkünfte der Klägerin aus Gewerbebetrieb mit ./. 1.284,25 € fest. Die Einkünfte wurden in Höhe von 20.000 € der GmbH und in Höhe von ./. 21.284,25 € dem Beigeladenen zugerechnet. In gleicher Höhe wurde ein verrechenbarer Verlust nach § 15b EStG festgestellt, da es sich nach Auffassung des FA bei der Klägerin um ein Steuerstundungsmodell i.S. des § 15b Abs. 2 Satz 1 EStG handelte.
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Gegen beide Bescheide legte die Klägerin Einsprüche ein. Im Hinblick auf die Feststellung nach § 15b Abs. 4 EStG machte sie insoweit geltend, sie betreibe kein Steuerstundungsmodell, da der Beigeladene die Geschäftsführung maßgeblich beeinflusse, während die Funktion der GmbH im Wesentlichen auf die formelle Verwaltung begrenzt sei. Eine modellhafte Gestaltung liege nicht vor, weil keine Zusatz- und Nebenleistungen angeboten würden, die zu sofort abziehbarem Aufwand führten. Die Erzielung steuerlicher Vorteile in Form von negativen Einkünften sei nicht Gegenstand des Konzepts. Überdies sei die Vorschrift des § 15b EStG offenkundig verfassungswidrig, da sie gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) und gegen das Bestimmtheitsgebot (Art. 20 Abs. 3 GG) verstoße.
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Mit Einspruchsentscheidung vom 10. November 2008 wies das FA die Einsprüche als unbegründet zurück. Da es sich bei den von der Klägerin geplanten Geschäften um die Anschaffung von mobilen Leasinggegenständen gehandelt habe, die jeweils die Investitionssumme von 25.000 € nicht überschritten hätten, sei eine Einflussnahme des Kommanditisten auf die Geschäftsführung faktisch nicht gegeben gewesen. Vielmehr hätten Steuervorteile in Form von negativen Einkünften durch Bildung einer Ansparrücklage nach § 7g EStG erzielt werden sollen. Dies müsse sich nicht unmittelbar aus dem Konzeptionspapier ergeben; die Ertragsplanung sei unvollständig, weil das Investitionsjahr offensichtlich deshalb nicht ausgewiesen worden sei, um nicht auf den ersten Blick deutlich werden zu lassen, dass Steuervorteile durch eine Ansparrücklage erzielt werden sollten.
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Dagegen erhob die Klägerin Klage vor dem Finanzgericht (FG), wobei sie diese später insoweit zurücknahm, als sie sich gegen den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte für 2006 gerichtet hatte. Während des FG-Verfahrens wurden der Austritt der GmbH aus der Klägerin und der Eintritt der Y-Geschäftsführungs-GmbH als neue Komplementärin in das Handelsregister eingetragen.
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Mit dem angefochtenen und in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2011, 438 veröffentlichten Urteil gab das FG der Klage statt und hob den Bescheid vom 3. April 2008 über die gesonderte und einheitliche Feststellung des verrechenbaren Verlusts nach § 15b Abs. 4 EStG auf den 31. Dezember 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. November 2008 auf. Das FA habe den auf den Beigeladenen entfallenden Verlust zu Unrecht als nur verrechenbaren Verlust festgestellt, weil bereits die Tatbestandsvoraussetzungen des § 15b Abs. 2 EStG nicht vorlägen.
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Dagegen richtet sich die Revision des FA, welche dieses auf die Verletzung des § 15b EStG sowie des § 96 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) stützt.
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Das FA beantragt, das Urteil des FG Münster vom 8. November 2010 5 K 4566/08 F aufzuheben und die Klage als unbegründet abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Nach den den Senat nach § 118 Abs. 2 FGO bindenden und nicht mit zulässigen Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des FG wurde beim Vertrieb des streitbefangenen Konzepts nicht mit steuerlichen Vorteilen in Form negativer Einkünfte geworben. Deshalb durfte das FG im Rahmen seiner --mangels Verstoßes gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze nicht revisiblen-- Tatsachen- und Beweiswürdigung davon ausgehen, dass im Streitfall kein Steuerstundungsmodell i.S. des § 15b Abs. 2 EStG vorlag.
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1. Nach § 15b Abs. 1 Satz 1 EStG dürfen Verluste im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden. Die Verluste mindern jedoch nach § 15b Abs. 1 Satz 2 EStG die Einkünfte, die der Steuerpflichtige in den folgenden Wirtschaftsjahren aus derselben Einkunftsquelle erzielt. Der nach § 15b Abs. 1 EStG nicht ausgleichsfähige Verlust ist jährlich gesondert festzustellen (§ 15b Abs. 4 Satz 1 EStG). Die Feststellung ist, wenn es sich bei dem Steuerstundungsmodell um eine Gesellschaft oder Gemeinschaft i.S. des § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung handelt, von dem Finanzamt zu treffen, das für die gesonderte und einheitliche Feststellung der einkommensteuerpflichtigen und körperschaftsteuerpflichtigen Einkünfte aus dem Steuerstundungsmodell zuständig ist (§ 15b Abs. 4 Satz 4 EStG); die gesonderte Feststellung nach § 15b Abs. 4 Satz 1 EStG kann dabei mit der gesonderten und einheitlichen Feststellung der entsprechenden Einkünfte aus dem Steuerstundungsmodell verbunden werden (§ 15b Abs. 4 Satz 5 EStG).
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a) § 15b EStG ist durch das Gesetz zur Beschränkung der Verlustverrechnung im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen vom 22. Dezember 2005 (BGBl I 2005, 3683, BStBl I 2006, 80) in das Gesetz gelangt und sollte die Attraktivität sog. Steuerstundungsmodelle durch eine Verlustverrechnungsbeschränkung einschränken, indem die entsprechenden Verluste nur noch mit späteren positiven Einkünften aus derselben Einkunftsquelle verrechnet werden dürfen (vgl. Gesetzesbegründung, Allgemeiner Teil, BTDrucks 16/107, S. 4). Bei den angesprochenen Steuerstundungsmodellen handelt es sich nach den Vorstellungen des Gesetzgebers um geschlossene Fonds in Form von Personengesellschaften, die ihren Anlegern in der Anfangsphase hohe Verluste zuweisen. Dabei gehe es vielfach um betriebswirtschaftlich wenig sinnvolle Investitionen, die ohne die damit verbundenen steuerlichen Vorteile nicht getätigt würden. In vielen Fällen würden die von den Anbietern vorhergesagten Gewinne, die zur Begründung der notwendigen Einkunftserzielungsabsicht erforderlich seien, nicht annähernd erreicht, so dass die Investition bei Außerachtlassung steuerlicher Effekte nur zu Verlusten führe. Ein Lösungsansatz gegen derartige Gestaltungen sei deshalb die Einführung einer Verlustverrechnungsbeschränkung (vgl. Gesetzesbegründung, Besonderer Teil, BTDrucks 16/107, S. 6). Die angesprochene Zielsetzung verfolgte zwar bereits die Vorgängervorschrift des § 2b EStG a.F., sie brachte aber nicht den erhofften Erfolg, weil die Steuerstundungsmodelle den dortigen gesetzlichen Vorgaben angepasst worden waren (vgl. Hallerbach in Herrmann/Heuer/Raupach --HHR--, § 15b EStG Rz 5).
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b) Was unter einem Steuerstundungsmodell zu verstehen ist, hat der Gesetzgeber in § 15b Abs. 2 EStG geregelt. Ein Steuerstundungsmodell i.S. des § 15b Abs. 1 EStG liegt danach vor, wenn auf Grund einer modellhaften Gestaltung steuerliche Vorteile in Form negativer Einkünfte erzielt werden sollen (§ 15b Abs. 2 Satz 1 EStG). Dies ist der Fall, wenn dem Steuerpflichtigen auf Grund eines vorgefertigten Konzepts die Möglichkeit geboten werden soll, zumindest in der Anfangsphase der Investition Verluste mit übrigen Einkünften zu verrechnen (§ 15b Abs. 2 Satz 2 EStG). Dabei ist es ohne Belang, auf welchen Vorschriften die negativen Einkünfte beruhen (§ 15b Abs. 2 Satz 3 EStG). Ob in der Sache ein Steuerstundungsmodell gegeben ist, ist im Wege einer wertenden Gesamtbetrachtung der entsprechenden Einzelfallumstände zu ermitteln (vgl. etwa Urteil des Hessischen FG vom 15. November 2012 11 K 3175/09, EFG 2013, 503; HHR/Hallerbach, § 15b EStG Rz 32).
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aa) Für die Annahme einer modellhaften Gestaltung i.S. des § 15b Abs. 2 Satz 1 EStG ist nach dessen Satz 2 zunächst ein "vorgefertigtes Konzept" erforderlich. Da weder das Gesetz noch seine Begründung diesen Passus definieren, ist sein Bedeutungsgehalt durch Auslegung zu ermitteln.
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(1) Ein "Konzept" bezeichnet nach dem allgemeinen Sprachgebrauch einen Plan für ein bestimmtes Vorhaben als Ergebnis eines Prozesses des Erkennens und Entwickelns von Zielen und daraus abgeleiteten Strategien und Maßnahmen zur Umsetzung eines größeren strategisch zu planenden Vorhabens (Urteil des Hessischen FG vom 17. Oktober 2012 1 K 2343/08, EFG 2013, 510). Entsprechend kann als Konzept nicht jegliche Investitionsplanung, sondern nur die Erstellung einer umfassenden und regelmäßig an mehrere Interessenten gerichteten Investitionskonzeption angesehen werden. Dies folgt auch daraus, dass nur in solchen Fällen eine modellhafte Gestaltung im Sinne eines "Investitionsmusters" angenommen werden kann.
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(2) Da das Konzept "vorgefertigt" sein muss, muss es bezogen auf den Geschäftsgegenstand der Gesellschaft als auch auf ihre Konstruktion bereits vor der eigentlichen Investitionsentscheidung durch den oder die Initiatoren festgelegt worden sein (Reiß in Kirchhof, EStG, 12. Aufl., § 15b Rz 38; HHR/Hallerbach, § 15b EStG Rz 30). Ein Konzept ist danach vorgefertigt, wenn der Anwender es vorfindet und zumindest die wesentlichen Grundlagen für ein geplantes Vorhaben einsetzen kann und nicht erst selbst die Strategien und Maßnahmen zur Umsetzung seines Vorhabens entwickeln muss (Urteil des Hessischen FG in EFG 2013, 510).
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(3) Ein vorgefertigtes Konzept wird dabei typischerweise, wenn auch nicht zwingend, mittels eines Anlegerprospekts oder aber in ähnlicher Form (etwa durch Katalog, sonstige Verkaufsunterlagen oder Beratungsbögen etc.) vertrieben (Gesetzesbegründung, Besonderer Teil, BTDrucks 16/107, S. 6 f.). Es wendet sich an nicht näher bestimmte Interessenten oder ist zumindest zur wiederholten Verwendung bestimmt (offengelassen im Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 8. April 2009 I B 223/08, BFH/NV 2009, 1437). Dabei ist das Bewerben und Vermarkten eines derartigen Konzepts allerdings kein ausschlaggebendes Kriterium. Deshalb kann dem Anbieten gegenüber einem größeren Verkehrskreis mittels unterschiedlicher Medien allenfalls indizielle Bedeutung zukommen (Urteil des Hessischen FG in EFG 2013, 510).
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(4) Das Konzept muss von einer vom Steuerpflichtigen verschiedenen Person erstellt worden sein, denn nur dann kann ihm dem Wortlaut des § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG entsprechend die Möglichkeit "geboten" werden, zumindest in der Anfangsphase der Investition Verluste mit übrigen Einkünften zu verrechnen (HHR/Hallerbach, § 15b EStG Rz 30; ebenso Urteil des Hessischen FG in EFG 2013, 510). Charakteristisch ist insoweit die Passivität des Investors bei der Entwicklung der Geschäftsidee und der Vertragsgestaltung (Urteil des Hessischen FG in EFG 2013, 503; Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 30. Januar 2013 3 K 1185/12, EFG 2013, 849; Schmidt/ Seeger, EStG, 32. Aufl., § 15b Rz 8; Blümich/Heuermann, § 15b EStG Rz 13). Gibt hingegen der Anleger die einzelnen Leistungen und Zusatzleistungen sowie deren Ausgestaltung --sei es von Anfang an oder in Abwandlung des zunächst vorgefertigten Konzepts-- selbst vor und bestimmt er damit das Konzept nicht nur unwesentlich mit, so handelt es sich nicht (mehr) um ein vorgefertigtes Konzept (vgl. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 17. Juli 2007 IV B 2 -S 2241- b/07/0001, 2007/0299270, BStBl I 2007, 542 Tz 10).
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(5) Bei Beteiligung an einer Gesellschaft oder Gemeinschaft kann es als Indiz für das Vorliegen eines Steuerstundungsmodells gesehen werden, dass der Anleger vorrangig eine kapitalmäßige Beteiligung ohne Interesse an einem Einfluss auf die Geschäftsführung anstrebt (vgl. Gesetzesbegründung, Besonderer Teil, BTDrucks 16/107, S. 7). Das heißt allerdings nicht, dass bei geschlossenen Fonds in der Rechtsform einer Personengesellschaft, die ihren Anlegern in der Anfangsphase steuerliche Verluste zuweisen, regelmäßig ein Steuerstundungsmodell anzunehmen wäre, auch wenn die Gesellschafter in ihrer gesellschaftsrechtlichen Verbundenheit die Möglichkeit haben, auf die Vertragsgestaltung Einfluss zu nehmen (so aber BMF-Schreiben in BStBl I 2007, 542, Tz. 7; ähnlich für Blindpools in Tz. 10). Fällt allerdings der Einfluss des Gesellschafters auf die Vertragsgestaltung und Geschäftsführung nicht ins Gewicht oder ist er nur rein formal, so liegt regelmäßig ein Steuerstundungsmodell vor (vgl. Schmidt/Seeger, a.a.O., § 15b Rz 10; Kaeser, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 15b Rz B 29).
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(6) Anders als § 2b EStG a.F. verlangt § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG --offenbar um entsprechende Streitigkeiten zu vermeiden (vgl. HHR/Hallerbach, § 15b EStG Rz 32)-- nicht, dass das Konzept auf gleichgerichtete Leistungsbeziehungen ausgerichtet sein muss, die im Wesentlichen identisch sind (so aber BMF-Schreiben in BStBl I 2007, 542, Tz. 8). Allerdings ist eine Bündelung von Verträgen und/oder Leistungen (Haupt-, Zusatz- und Nebenleistungen) durch den Anbieter charakteristisch für den modellhaften Charakter einer Gestaltung (Gesetzesbegründung, Besonderer Teil, BTDrucks 16/107, S. 7) und indiziert das Vorliegen eines solchen (vgl. HHR/Hallerbach, § 15b EStG Rz 32). Gleichgerichtete Leistungsbeziehungen liegen dabei vor, wenn gleichartige Verträge --oftmals im Sinne eines vorformulierten Vertragswerks-- mit mehreren identischen Vertragsparteien abgeschlossen werden. Zusatz- und Nebenleistungen führen dabei dann zur Annahme der Modellhaftigkeit des Vertragswerks, wenn sie es nach dem zugrunde liegenden Konzept ermöglichen, den sofort abziehbaren Aufwand zu erhöhen (so BMF-Schreiben in BStBl I 2007, 542, Tz. 8; HHR/Hallerbach, § 15b EStG Rz 32). Dies gilt auch dann, wenn die Zusatz- und Nebenleistungen, die den Steuerstundungseffekt ermöglichen sollen, unmittelbar vom Modellinitiator angeboten werden (BMF-Schreiben in BStBl I 2007, 542, Tz. 11).
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bb) Nach dem Wortlaut des § 15b Abs. 2 Satz 1 EStG ist es zur Annahme eines Steuerstundungsmodells weiterhin erforderlich, dass auf Grund der modellhaften Gestaltung steuerliche Vorteile in Form negativer Einkünfte erzielt werden sollen. Ausweislich des Satzes 2 der Vorschrift ist das der Fall, wenn dem Steuerpflichtigen auf Grund des vorgefertigten Konzepts die Möglichkeit geboten werden soll, zumindest in der Anfangsphase der Investition Verluste mit übrigen Einkünften zu verrechnen (ungenau insoweit BMF-Schreiben in BStBl I 2007, 542, Tz. 12).
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(1) Nach dem Wortlaut des § 15b Abs. 2 Satz 1 EStG reicht es insoweit nicht, wenn die modellhafte Gestaltung auf irgendwie geartete steuerliche Vorteile ausgerichtet ist, vielmehr muss sie darauf gerichtet sein, die Erzielung negativer Einkünfte zu ermöglichen, ohne dass dies im Vordergrund stehen müsste. Dazu zählen die negativen Einkünfte des Einkommensteuerrechts ebenso wie sonstige negative Ergebnisse, die in die Gewinnermittlung einfließen (vgl. HHR/Hallerbach, § 15b EStG Rz 35). Maßgeblich sind insoweit --wie sich aus dem Passus "erzielt werden sollen" ergibt-- nicht die tatsächlich erzielten, sondern die sich aus dem Konzept ergebenden negativen Einkünfte (Blümich/Heuermann, § 15b EStG Rz 15).
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(2) § 15b Abs. 2 Sätze 1 und 2 EStG setzen nicht voraus, dass der Steuerpflichtige das vorgefertigte Konzept selbst kennt oder dieses überhaupt Auslöser seiner Investitionsentscheidung gewesen ist. Maßgeblich ist nach dem Wortlaut des § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG vielmehr die Perspektive des Anbieters, wonach es darauf ankommt, ob dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit der Verlustverrechnung "geboten" werden soll (ebenso Kaeser, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 15b Rz B 40; ähnlich HHR/ Hallerbach, § 15b EStG Rz 35). Dazu muss der Initiator das vorgefertigte Konzept auf die Erzielung negativer Einkünfte ausrichten, so dass der wirtschaftliche Erfolg des Konzepts auf entsprechenden Steuervorteilen aufbaut. Nicht erforderlich ist es allerdings, dass der Anbieter im Rahmen des Konzeptvertriebs mit den entsprechenden Steuervorteilen positiv wirbt.
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(3) Die "Anfangsphase" i.S. des § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG ist der Zeitraum, in dem nach dem zugrunde liegenden Konzept nicht nachhaltig positive Einkünfte erzielt werden (vgl. Gesetzesbegründung, Besonderer Teil, BTDrucks 16/107, S. 6). Sie ist damit im Regelfall identisch mit der Verlustphase, während der Abschluss der Investitionsphase zur Bestimmung der Anfangsphase ohne Bedeutung ist. Die Anfangsphase endet, wenn nach der Prognoserechnung des Konzepts ab einem bestimmten Veranlagungszeitraum dauerhaft und nachhaltig positive Einkünfte erzielt werden (BMF-Schreiben in BStBl I 2007, 542, Tz. 15).
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cc) Der Senat geht angesichts der vorstehenden Ausführungen davon aus, dass § 15b EStG bezogen auf das Tatbestandsmerkmal einer "modellhaften Gestaltung" hinreichend bestimmt ist. Abgesehen davon, dass dieser Begriff in § 15b Abs. 2 EStG legal definiert wird, sind die dort verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe klarer formuliert als diejenigen des § 2b EStG a.F. Vor allem aber sind sie einer Auslegung zugänglich (ebenso Urteil des FG Baden-Württemberg vom 7. Juli 2011 3 K 4368/09, EFG 2011, 1897; Urteil des Hessischen FG in EFG 2013, 510; Urteil des FG Münster vom 10. Januar 2013 5 K 4513/09 E, EFG 2013, 1014; Blümich/Heuermann, § 15b EStG Rz 1; HHR/Hallerbach, § 15b EStG Rz 10; Reiß in Kirchhof, a.a.O., § 15b Rz 17; Kaeser, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 15b Rz A 58 ff.; anderer Ansicht etwa Schmidt/ Seeger, a.a.O., § 15b Rz 3 f., m.w.N.; offengelassen im BFH-Beschluss in BFH/NV 2009, 1437).
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2. Das Urteil des FG stimmt --jedenfalls im Ergebnis-- mit den vorstehenden Rechtsgrundsätzen überein. Anders als das FA meint, hat das FG im Rahmen seiner Tatsachen- und Beweiswürdigung auch weder gegen Denkgesetze noch gegen allgemeine Erfahrungssätze verstoßen.
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a) Nach den Feststellungen des FG sah das streitbefangene Konzept keine steuerlichen Verluste vor und sollte ausschließlich wegen der erzielbaren Erlöse als Geldanlage attraktiv sein. Insoweit sah die Ertragsplanung einen Gesamtüberschuss vor; in keinem Jahr sollten Verluste entstehen. Steuervorteile wurden im Konzeptpapier nicht berücksichtigt. Das FG hat auch keine Feststellungen dazu getroffen, dass den (potentiellen) Kunden beim Konzeptvertrieb mündlich oder anhand anderer Unterlagen gleichwohl Steuervorteile in Form steuerlicher Verluste in Aussicht gestellt worden wären. Auf der Grundlage seiner Feststellungen durfte danach das FG davon ausgehen, dass in der Sache kein Steuerstundungsmodell i.S. des § 15b Abs. 2 EStG vorlag.
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b) Das vorgenannte Ergebnis beruht nicht auf einem Verstoß des FG gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze, weshalb der erkennende Senat an die Tatsachen- und Beweiswürdigung des FG gebunden ist.
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aa) Nach § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 FGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Die Vorschrift verpflichtet das FG, den Inhalt der ihm vorliegenden Akten vollständig und einwandfrei zu berücksichtigen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 14. November 2001 II B 29/00, BFH/NV 2002, 512; vom 24. Juli 2007 X B 6/07, BFH/NV 2007, 1921). Seine Sachentscheidung hat es dabei unter Einbeziehung und Gewichtung aller festgestellten tatsächlichen Verhältnisse im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu treffen. Die Beweiswürdigung des FG ist grundsätzlich nicht angreifbar und für das Revisionsgericht nach § 118 Abs. 2 FGO bindend und nur insoweit revisibel, als Verstöße gegen die Verfahrensordnung, gegen Denkgesetze oder gegen allgemeine Erfahrungssätze vorliegen (BFH-Urteile vom 19. März 1982 VI R 25/80, BFHE 135, 479, BStBl II 1982, 442; vom 17. Mai 2005 VII R 76/04, BFHE 210, 70).
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bb) Derartige Verstöße gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze liegen bezogen auf die vom FG im Streitfall vorgenommene Tatsachen- und Beweiswürdigung nicht vor.
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(1) Es gibt einerseits keinen Erfahrungssatz, wonach ein früher unter ausdrücklicher Bezugnahme auf Steuervorteile aufgelegtes Fondsmodell auch nach seiner Überarbeitung im Hinblick auf verschärfte steuerliche Abzugsbeschränkungen weiterhin der Steuerersparnis dienen soll.
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(2) Bezogen auf die Verhältnisse des Streitfalls spricht andererseits auch kein Anscheinsbeweis dafür, dass der frühere Prospekt lediglich von den Hinweisen auf Steuervorteile befreit und ansonsten beibehalten worden wäre. Davon könnte nur dann ausgegangen werden, wenn die in beiden Konzepten verwendeten Zahlenbeispiele vollständig identisch wären. Wie sich aus dem zu den Gerichtsakten gelangten und vom FG ausdrücklich in Bezug genommenen Altkonzept ergibt, wich das Zahlenmaterial --insbesondere bezogen auf den zu erzielenden Gesamterlös-- von dem neuen Prospekt ab.
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3. An die Tatsachenfeststellungen des FG ist das Revisionsgericht gebunden. Das FA hat diesbezüglich keine zulässige Verfahrensrüge erhoben.
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a) Das FA rügt ausdrücklich nur, das FG habe mit seinem Urteil gegen die Grundsätze der Beweiswürdigung (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) verstoßen. Aus den Ausführungen unter II.2.b aa folgt aber bereits, dass die Beweiswürdigung jenseits der Verletzung von Denkgesetzen und Erfahrungssätzen nicht der revisionsgerichtlichen Kontrolle unterliegt.
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b) Soweit das FA meinen sollte, das FG habe weitere Tatsachen feststellen müssen, wäre diese Rüge nicht ordnungsgemäß erhoben worden. Hierfür wäre es erforderlich gewesen, die aufzuklärenden Tatsachen und Beweismittel genau zu bezeichnen. Dazu gehört die Benennung des Beweismittels und die Darlegung, dass das angefochtene Urteil auf dem Unterbleiben der Beweisaufnahme beruhe (vgl. BFH-Urteile vom 8. November 1973 V R 130/69, BFHE 110, 493, BStBl II 1974, 219; vom 14. Januar 1981 I R 133/79, BFHE 132, 508, BStBl II 1981, 443; vom 26. Januar 1995 IV R 54/93, BFHE 177, 18, BStBl II 1995, 473). Soweit geltend gemacht werden soll, das FG habe den Sachverhalt von Amts wegen weiter aufklären müssen, wären Ausführungen dazu erforderlich, welche Beweise das FG von Amts wegen hätte erheben bzw. welche Tatsachen es hätte aufklären müssen, aus welchen Gründen sich ihm die Notwendigkeit einer Beweiserhebung auch ohne Antrag hätte aufdrängen müssen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei einer Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben hätten und inwiefern die Beweiserhebung auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (BFH-Beschlüsse vom 18. Mai 2011 X B 124/10, BFH/NV 2011, 1838; vom 22. August 2012 X B 155/11, BFH/NV 2012, 2015). Diesen Anforderungen genügt die (allenfalls konkludent erhobene) Rüge des FA nicht. Außerdem hat es, was ebenfalls erforderlich gewesen wäre (vgl. etwa BFH-Beschluss vom 8. Oktober 2003 VII B 51/03, BFH/NV 2004, 217), auch keine Ausführungen dazu gemacht, weshalb es sein auf die Verletzung der Sachaufklärungspflicht des FG gerichtetes Rügerecht nicht durch sein rügeloses Verhandeln in der mündlichen Verhandlung vor dem FG verloren haben sollte. Dies ist umso weniger verständlich, als der Berichterstatter im FG-Verfahren das FA ausdrücklich auf Zweifel an der Anwendbarkeit des § 15b EStG hingewiesen hat. Vor diesem Hintergrund hätte es spätestens nach diesem Hinweis nahegelegen, weitere Sachverhaltsaufklärung durch das FG anzuregen bzw. die dem FA bzw. der zuständigen Oberfinanzdirektion vorliegenden umfänglichen Strafakten in das FG-Verfahren einzuführen.
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4. Da nach den den Senat nach § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG und dessen nicht revisibler Tatsachen- und Beweiswürdigung die Tatbestandsvoraussetzungen des § 15b Abs. 2 EStG nicht vorliegen, war die Feststellung verrechenbarer Verluste nach § 15b Abs. 4 EStG rechtswidrig. Sie ist deshalb vom FG zu Recht aufgehoben worden. Der Senat braucht nicht dazu Stellung zu nehmen, ob die in § 15b Abs. 1 Satz 1 EStG angeordnete Rechtsfolge mit dem Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit vereinbar ist bzw. dem objektiven Nettoprinzip oder dem Folgerichtigkeitsgebot entspricht; auch darauf, ob die Norm das Übermaßverbot verletzt oder in unauflösbarem Gegensatz zu §§ 7g, 7h und 7i EStG steht, braucht er nicht einzugehen.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Streitig ist, ob negative Einkünfte aus Investmentanteilen (Zwischengewinne) im Entstehungsjahr ausgleichs- und abzugsfähig sind oder als Verluste aus einem Steuerstundungsmodell nur mit späteren positiven Einkünften aus demselben Steuerstundungsmodell ausgeglichen werden können.
3Der Kläger wird mit seiner Ehefrau zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. In 2010 verlegten die Eheleute ihren Wohnsitz von F. (Kreis J.) in die Schweiz. Nach der Wohnsitzverlegung in die Schweiz verfügte der Kläger über Grundvermögen im Zuständigkeitsbereich des beklagten Finanzamtes als wertvollstem Teil seines inländischen Vermögens.
4Der Kläger erwarb am 19. Dezember 2008 über die Y.-AG 10.950 Anteile des von der X.-Gesellschaft mbH (X. mbH) als Kapitalanlagegesellschaft im Oktober 2008 aufgelegten und verwalteten Renten-Fonds (WKN …; ISIN …) --nachfolgend „Rentenfonds“ genannt-- zu einem Kurswert von 109.450.725 EUR. Im Kurswert war ein sog. negativer Zwischengewinn in Höhe von 38.973.652,57 EUR enthalten. Am 29. Dezember 2008 erwarb der Kläger weitere 60 Anteile zum Kurswert von 601.253,40 EUR mit einem darin enthaltenen negativen Zwischengewinn von 213.834,17 EUR.
5Am 30. Dezember 2009 gab der Kläger die insgesamt 11.010 Fondsanteile zurück und erhielt dafür insgesamt 105.790.355,70 EUR; mit der Rückgabe wurde dem Kläger ein Zwischengewinn i. H. v. 594.529,28 EUR zugewiesen. Während der Besitzzeit wurden dem Kläger ausschüttungsgleiche Erträge i. H. v. 40.885.185,05 EUR zugewiesen; hierfür wurde für den Kläger Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag abgeführt.
6Der Rentenfonds war am 17. Oktober 2008 von der X. mbH als offener Publikumsfonds in Gestalt eines gemischten Sondervermögens i. S. v. §§ 83 ff Investmentgesetz (InvG) auf unbestimmte Dauer aufgelegt worden. Das Geschäftsjahr des Rentenfonds lief vom 01.10. bis zum 30.09. des Folgejahres. Der Rentenfonds wurde zunächst als ausschüttender Fonds und ab dem 30.12.2008 als thesaurierender Fonds geführt. Der Rentenfonds führte ein sog. Ertragsausgleichsverfahren durch.
7Die X. mbH erstellte für den Rentenfonds einen sog. Vereinfachten Verkaufsprospekt (Anlage K 5 zum Klägerschriftsatz vom 2. Mai 2012, Bl. 80 GA) sowie einen sog. Ausführlichen Verkaufsprospekt einschließlich Vertragsbedingungen (Anlage K 6, Bl. 80 GA).
8In den Verkaufsprospekten der X. mbH wurde als Anlageziel ein möglichst hoher Wertzuwachs angegeben (Ziff. 6 des Ausführlichen Verkaufsprospektes). Als typischer Anleger des Rentenfonds wurde ein Anleger genannt, der bereits gewisse Erfahrungen mit Finanzmärkten gewonnen hat und der für einen Anlagehorizont von mindestens fünf Jahren plant (Ziff 11 des Ausführlichen Verkaufsprospektes).
9Die Verkaufsprospekte der X. mbH enthielten weiter Angaben zur Struktur des Sondervermögens und zu den Anlagegrundsätzen. Danach sollte ein sog. „Alpha-Return“ im Vergleich zu gängigen Rentenindices u. a. durch Ausnutzung einer sog. „Zero Bond Arbitrage“ erzielt werden. Insoweit wurde weiter ausgeführt, dass Zinsforderungen (Kupons) von den erworbenen Anleihen getrennt und dann veräußert werden könnten (vgl. Ausführlicher Verkaufsprospekt, Ziff. 6).
10In den steuerlichen Hinweisen des ausführlichen Verkaufsprospekts (Ziff. 21) wurde insoweit zur „Zwischengewinnbesteuerung“ darauf hingewiesen, dass die bei Erwerb gezahlten Zwischengewinne grundsätzlich im Jahr der Zahlung einkommensteuerrechtlich als negative Einnahme abgesetzt werden können. In einem drucktechnisch (Rahmung und Fettformatierung) hervorgehobenen „Hinweis“ wurde darauf aufmerksam gemacht, dass der Rentenfonds aufgrund der verfolgten Anlagepolitik einen „vergleichsweise hohen Zwischengewinn“ ausweisen könne. Die Geltendmachung des Zwischengewinns werde von der Finanzverwaltung dann nicht anerkannt, wenn aus der Kapitalanlage kein oder ein im Verhältnis zu den erzielten Steuervorteilen nur minimaler wirtschaftlicher Vorteil entstanden sei (Verweis auf BFH-Urteil vom 27. Juli 1999 VIII R 79/98, DStR 1999, 1849 ff.). Dies sei insbesondere bei kurzen Haltefristen problematisch (vgl. Ziff. 21, „Zwischengewinnbesteuerung“, S. 41 f. des ausführlichen Verkaufsprospektes). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Hinweis Bezug genommen.
11Mit Blick auf die Einführung der sog. Abgeltungsteuer wurde in den steuerlichen Hinweisen abstrakt die Rechtslage vor und nach dem 31. Dezember 2008 skizziert. Insoweit wurde für Privatanleger u. a. darauf hingewiesen, dass die Neuregelungen zur Abgeltungsteuer ab dem 1. Januar 2009 in Kraft treten sollten. Insoweit enthielt der ausführliche Verkaufsprospekt den weiteren Hinweis, dass die vom Rentenfonds ausgeschütteten oder ausschüttungsgleichen Erträge und der Zwischengewinn sowie der Gewinn aus dem An- und Verkauf von Fondsanteilen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen zählen, die grundsätzlich einem Steuerabzug von 25 v. H. (zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer) mit Abgeltungswirkung unterliegen (S. 44 des Ausführlichen Verkaufsprospektes).
12Für Privatanleger wurde u. a. auch darauf hingewiesen, dass Gewinne aus einer Veräußerung der Investmentanteile außerhalb der einjährigen Spekulationsfrist steuerfrei seien (Veräußerungsgewinne auf Anlegerebene, S. 38 des Ausführlichen Verkaufsprospektes).
13Wegen des weiteren Inhalts wird auf die beiden Verkaufsprospekte Bezug genommen (Anlagen K 5 und 6 zum Schriftsatz des Klägers vom 2. Mai 2012, Bl. 80 ff. GA).
14Zur Einkommensteuer 2008 erklärte der Kläger mit Anlage KAP Erträge i. H. v. 34.496 EUR und negative Einkünfte aus Investmentanteilen (Zwischengewinne) i. H. v. rund ./. 39.187.487 EUR (Saldo: ./. 39.152.991 EUR).
15Mit Einkommensteuerbescheid 2008 vom 05. August 2010 des zum Zeitpunkt zuständigen Finanzamtes J. wurden die Zwischengewinne nicht als negative Einnahmen aus Kapitalvermögen berücksichtigt. Dies wurde damit begründet, dass sie in Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell stünden und insoweit nur eine Verrechnung mit den im Folgejahr 2009 aus der Beteiligung erzielten Einkünften in Betracht komme (§ 20 Abs. 2 b Satz 2 EStG a.F. i.V.m. § 15 b Abs. 1 und 3 EStG).
16Am 10. Februar 2011 erließ der Beklagte als örtlich zuständig gewordene Finanzbehörde gegenüber dem Kläger und seiner Ehefrau den angegriffenen Feststellungsbescheid, mit dem die im Kj. 2008 angefallenen Zwischengewinne in Höhe von insgesamt 39.187.487 EUR als verbleibender Verlustvortrag nach § 15 b Abs. 4 EStG für die Einkünfte aus Kapitalvermögen festgestellt wurden; auf den Bescheid wird wegen Einzelheiten Bezug genommen (Bl. 14 der Gerichtsakte (GA)).
17In dem dagegen gerichteten Einspruchsverfahren hob der Beklagte die Feststellung gegenüber der Ehefrau durch Einspruchsentscheidung vom 24. Januar 2012 auf und wies den Einspruch des Klägers als unbegründet zurück.
18Mit der dagegen gerichteten Klage wendet sich der Kläger gegen die Feststellung nach § 15b Abs. 4 i. V. m. § 20 Absatz 2b EStG 2008.
19Er ist der Ansicht, dass § 15b EStG verfassungswidrig sei, hilfsweise, dass der angefochtene Feststellungsbescheid nichtig sei sowie höchst hilfsweise, dass der Bescheid rechtswidrig sei, da die Voraussetzungen nach § 20 Absatz 2b EStG a.F. i.V.m. § 15b EStG 2008 nicht vorlägen.
20§ 20 Absatz 2b EStG a.F. i.V.m. § 15b EStG 2008 verstoße gegen das sog. objektive Nettoprinzip. Der Ausgleich von positiven und negativen Einkünften, die zeitgleich bei verschiedenen, dem § 15b EStG unterworfenen Investitionen entstünden, sei nach § 15b Abs. 1 EStG durch Bildung einer eigenen Verlustverrechnungsschedule ausgeschlossen. Insoweit werde eine Verlustnutzung endgültig ausgeschlossen, wenn sich das unternehmerische Risiko verwirkliche und keine oder nur so geringe positive Einkünfte erzielt würden, so dass die anfänglichen (nur verrechenbaren) Verluste nicht (mehr) vollständig aufgebraucht werden könnten (Verweis auf Naujok, BB 2007, 1365, 1367).
21Der vom Gesetzgeber mit der Einführung des § 15b EStG verfolgte Zweck, betriebswirtschaftlich wenig sinnvolle Investitionen zu verhindern (BTDrs. 16/107 S. 6) werde mangels Zielgenauigkeit nicht erreicht. Die Vorschrift richte sich nicht nur gegen betriebswirtschaftlich sinnlose Investitionen, sondern erfasse sämtliche modellhaften Investitionen und damit auch solche, die der Gesetzgeber als steuerlich förderungswürdig ansehe (Naujok, BB 2007, 1365, 1367).
22Insbesondere habe der Kläger als Fonds-Anleger durch Bezahlung des Zwischengewinns bei Erwerb der streitgegenständlichen Fonds-Anteile eine echte Vermögenseinbuße erlitten.
23§ 20 Abs. 2b EStG a. F. verstoße zudem gegen das Gebot der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung. Nach Ansicht der Finanzverwaltung ergäbe sich die Steuerstundung daraus, dass die in 2008 bezahlten Zwischengewinne mit dem Spitzensteuersatz abziehbar seien, während die in 2009 erzielten positiven Einkünfte dem besonderen Tarif des § 32d Absatz 1 EStG unterlägen. Die gegebene Besteuerung sei jedoch nicht Folge eines Steuerstundungsmodells, sondern der gesetzgeberischen Entscheidung für die Abgeltungsteuer.
24Zudem verstoße § 15b EStG wegen der Vielzahl der verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe gegen das Bestimmtheitsgebot. Durch den unbestimmten Gesetzeswortlaut werde der Finanzverwaltung die Möglichkeit einer willkürlichen Gesetzesanwendung im Einzelfall eröffnet.
25Der Feststellungsbescheid sei ferner wegen inhaltlicher Unbestimmtheit nichtig i. S. v. § 125 EStG. Die Voraussetzungen eines Steuerstundungsmodells seien im Feststellungsverfahren nach § 15b Abs. 4 EStG zu prüfen und das Steuerstundungsmodell müsse im Feststellungsbescheid nach § 15b Abs. 4 EStG bezeichnet und konkretisiert werden. Ein Steuerpflichtiger, der in verschiedene Steuerstundungsmodelle investiert habe, könne anderenfalls nicht erkennen, auf welche Einkunftsquelle sich die Feststellung beziehe. Dies sei im Hinblick auf die Bildung einer auf das einzelne Steuerstundungsmodell bezogenen Verlustverrechnungsschedule bedeutsam.
26Die Nichtigkeit des Feststellungsbescheids folge zudem daraus, dass der Beklagte im finanzgerichtlichen Verfahren erklärt habe, für den Fall der Aufhebung des Feststellungsbescheids nicht mehr an dem festgestellten Zwischengewinn dem Grunde und der Höhe gebunden zu sein und im Zuge einer Änderungsfestsetzung der Einkommensteuer 2008 und 2009 von keinem steuerrechtlich zu berücksichtigenden Zwischengewinn oder allenfalls von einem ganz geringen Zwischengewinn auszugehen.
27Im Übrigen sei der Feststellungsbescheid jedenfalls rechtswidrig. § 15b EStG sei auf die Kapitalanlage des Klägers nicht anwendbar.
28Nach Wortlaut und gesetzgeberischer Konzeption gelte § 15b EStG nicht für Investitionen in einen offenen Fonds. § 15b EStG sei nur auf Anlagekollektive in Gestalt geschlossener Fonds anwendbar (Blümich/Heuermann, EStG, § 15b Rz. 17, unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung in BT-Drs. 16/107, S. 4, 6).
29Auch liege keine Einzelinvestition im Sinne der Vorschrift vor; eine solche sei nur gegeben, wenn einzelne Wirtschaftsgüter oder Sachgesamtheiten erworben würden und der Verkäufer gesondert zu bezahlende Nebenleistungen übernehme (Verweis auf Schmidt/Seeger, EStG, § 15b Rz. 8;.BMF-Schreiben vom 17. Juli 2007, IV B 2 – S2241 – b/07/0001, Rz. 8, BT-Drs. 16/107, S. 7).
30Dem entspreche die Einfügung von § 8 Abs. 7 InvStG durch das Jahressteuergesetz 2010, durch den erst eine Erweiterung des Anwendungsbereichs von § 15b EStG auf Investmentanteile mit konstitutiver Wirkung erfolgt sei; der Vorschrift könne insoweit keine Rückwirkung für das Streitjahr zugesprochen werden.
31Im Übrigen seien die Tatbestandsmerkmale des § 15b EStG nicht erfüllt. Aus der auf Fonds-Ebene verfolgten Anlagestrategie des sog. Bond-Stripping in Verbindung mit dem Ertragsausgleichsverfahren und dem Steuersatzgefälle zwischen den negativen und positiven Einkünften könne nicht auf das Vorliegen eines Steuerstundungsmodells geschlossen werden.
32Der Zwischengewinn sei nach § 1 Absatz 4 InvStG das Entgelt für die dem Anleger noch nicht zugeflossenen oder als zugeflossen geltenden Einnahmen des Investmentvermögens aus sonstigen Kapitalforderungen. Der Zwischengewinn sei von einem Erwerber der Fondsanteile vorab zu bezahlen, um die Fondsanteile überhaupt erwerben zu können. Damit sei der gezahlte Zwischengewinn steuerrechtlich der Investition in einen Fondsanteil zeitlich vorgeschaltet. Der Zwischengewinn werde aus dem Fondsanteilspreis bei Ermittlung eines späteren Veräußerungsgewinns herausgerechnet.
33Der um den gezahlten Zwischengewinn reduzierte Kaufpreis des Fondsanteils repräsentiere den Umfang der Beteiligung des Anlegers an den zukünftigen Erträgen des Investmentvermögens. § 2 Absatz 1 Satz 1 InvStG ordne den Zwischengewinn beim Privatanleger den Einkünften aus Kapitalvermögen zu. Korrespondierend dazu sei der vom Erwerber des Investmentanteils gezahlte Zwischengewinn grundsätzlich beim Privatanleger als negative Einnahme aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen, da hierdurch eine Überbesteuerung beim späteren Ertragszufluss vermieden werde (BMF-Schreiben v. 18.September 2009, EStG. I 2009, 931, Tz. 21a).
34Die Ermittlung eines Zwischengewinns und die Durchführung eines Ertragsausgleichsverfahrens seien übliche Vorgänge, die tagtäglich tausendfach in der Fonds-Branche stattfänden und damit nicht geeignet seien, eine besondere Modellhaftigkeit im Sinne eines Steuerstundungsmodells zu begründen.
35Im Ergebnis laufe es im Streitfall darauf hinaus, dass die Finanzverwaltung allein aufgrund der Überschreitung der Nichtaufgriffsgrenze des § 15b Absatz 3 EStG von einem Steuerstundungsmodell ausgehe.
36Es liege kein „vorgefertigtes Konzept“ gemäß § 15b Absatz 2 Satz 2 EStG i. V. m. § 20 Abs. 2b Satz 2 EStG 2008 vor. Sowohl die negativen Einkünfte aus den vom Kläger gezahlten Zwischengewinnen im Streitjahr 2008 als auch die in 2009 erzielten Erträge aus der Rückgabe/Veräußerung der Investmentanteile hätten der tariflichen Einkommensteuer unterlegen. Abschnitt IV. des EStG sei mit dem Wort „Tarif“ überschrieben. In diesem Abschnitt finde sich die Vorschrift des § 32a EStG, die mit dem Wort „Einkommensteuertarif“ betitelt sei. Weiterhin finde sich in diesem Abschnitt auch die Vorschrift des § 32d EStG, die den Titel „Gesonderter Steuertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen“ trage. Es sei terminologisch ausgeschlossen, dass die Einkünfte aus Kapitalvermögen ab 2009 nicht einem Steuertarif und damit nicht der tariflichen Einkommensteuer unterlägen. Die Finanzverwaltung (BMF) gehe auch ansonsten davon aus, dass die Einkünfte aus Kapitalvermögen ab 2009 einem gesonderten (linearen) Tarif unterlägen, während im Übrigen der progressive Tarif gelte (vgl. Referentenentwurf zum Jahressteuergesetz 2013 vom 5. März 2012, S. 95 als Erläuterung zu einer beabsichtigten Änderung des § 2 Absatz 5 AstG).
37Auch sei dem Kläger nicht aufgrund des vorgefertigten Konzepts die Möglichkeit der Verlustverrechnung in der Anfangsphase aktiv angeboten worden. In der Präsentation der Y. vom 15. Dezember 2008 sei die Möglichkeit zur Verrechnung von Verlusten mit anderen Einkünften des Klägers nicht angepriesen worden. Allein die Information, dass es zu einem negativen Zwischengewinn auf Ebene des Einzelinvestors kommen könne, führe nicht zu einem Anpreisen bzw. Anbieten einer Verlustnutzungsmöglichkeit. Vielmehr sei hier festzuhalten, dass jenseits der Erfüllung von zivilrechtlichen Aufklärungspflichten (Verweis auf BFH-Beschluss vom 2. August 2007, IX B 92/07, BFH/NV 2007, 2270 zu § 2b EStG a. F.) nicht mit steuerlichen Vorteilen geworben worden sei.
38Da der gezahlte Zwischengewinn der Investition in einen Fondsanteil steuerrechtlich vorgeschaltet sei, könne dieser gar nicht – unabhängig von der wegen § 3 Absatz 4 InvStG bestehenden Unmöglichkeit einer Verlustzurechnung – Gegenstand von Verlusten einer Anfangsphase im Sinne des § 15b Absatz 2 Satz 2 EStG sein. Der Zwischengewinn werde unmittelbar vor Beginn des Fondsinvestments und damit auch vor Beginn einer gedachten Anfangsphase im Sinne des § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG gezahlt.
39Bei Einbeziehung des gezahlten Zwischengewinns in die Anfangsphase sei zu berücksichtigen, dass bis zu diesem Zeitpunkt bereits ein positiver Ertrag (Saldo aus gezahltem Zwischengewinn und als zugeflossen geltenden ausschüttungsgleichen Erträgen) erzielt worden sei. Wirtschaftlich betrachtet habe sich aus der Anschaffung und Rückgabe der Investmentanteile unter Berücksichtigung der abgeführten Kapitalertragsteuer ein wirtschaftlicher Überschuss i. H. v. rund 6,5 Mio EUR ergeben (vgl. Berechnung Bl. 157 GA) und in Bezug auf die laufenden ausschüttungsgleichen Erträge und Zwischengewinne per Saldo ein Überschuss i. H. v. rund 2,3 Mio EUR (vgl. Berechnung Bl. 157 GA).
40Die steuerlichen Hinweise in den Verkaufsprospekten der X. mbH zum Rentenfonds entsprächen den im Jahr der Auflage vom BVI Bundesverband Investment und Asset Management e. V. (www.bvi.de) empfohlenen Standardformulierungen im Musterprospekt.
41Die Y. als Fondsinitiator habe keine Absicht gehabt, durch den Rentenfonds Verlustzuweisungsmöglichkeiten zu schaffen. Insoweit hat sich der Kläger zuletzt auf das Zeugnis von W. L. und E. S., zu laden über die Y.-AG, G., berufen.
42Die Spitzenverbände der Kreditwirtschaft hätten --was zwischen den Beteiligten unstreitig ist-- mit Schreiben vom 16. April 2007 beim BMF angefragt, ob § 15b EStG i.V.m. § 20 Absatz 2b Satz 2 EStG a.F. überhaupt anwendbar sei, wenn ein Anleger vor Wirksamwerden der Abgeltungssteuer Anteile an einem Investmentvermögen unter Zahlung eines Zwischengewinns erwerbe, während die positiven Kapitalerträge erst nach Wirksamwerden der Abgeltungssteuer zuflössen. Das BMF habe darauf --ebenfalls unstreitig-- mit Schreiben vom 14. Mai 2007 (IV B 8 S 2252/0) festgestellt, dass § 20 Absatz 2b EStG a.F. i. V. m. § 15b EStG nicht anwendbar sei. Dem seien die OFD Magdeburg (Verfügung v. 13. Juni 2008, S 2252 – 104 St 214 V, DStR 2008, 1833; Verfügung v. 22. Dezember 2008, DStR 2009, 532) und OFD Münster (Verfügung v. 7. November 2008, S 2210 – 45 – St 22 – 31, DB 2008, 2681) gefolgt. Angesichts dieser Verlautbarungen der Verwaltung sei mindestens ein gefestigter Vertrauenstatbestand für den Kläger entstanden, der ihm nun nicht einseitig entzogen werden könne. Das Finanzamt J. sei bei Erlass des Vorauszahlungsbescheides vom 16. Januar 2009 (Anlage K8) ebenfalls noch dieser Verwaltungsauffassung gefolgt.
43Der Kläger beantragt,
44den Bescheid vom 10. Februar 2011 über die Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zum Schluss des Veranlagungszeitraums 2008 nach § 15b Abs. 4 EStG in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24. Januar 2012 aufzuheben,
45hilfsweise, im Falle des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
46Der Beklagte beantragt,
47die Klage abzuweisen,
48hilfsweise, im Falle des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
49Die Vorschrift sei verfassungsgemäß (Verweis auf Urteil des FG Baden-Württemberg vom 07.07.2011 (3 K 4368/09; EFG 2011 S. 1897, nrkr., Rev. IV R 40/11). § 15b EStG sei insbesondere hinreichend bestimmt. Der Gesetzgeber sei mit der Vorschrift des § 15b EStG einen gesetzestechnisch neuen Weg gegangen, in dem die Rechtsfolge an eine allgemeine, auf Steuerstundung bzw. Steuerersparnis gerichtete Vertragsgestaltung und eine Ertragsprognose (Verlustzusammenballung in der Anfangsphase) als Tatbestandsvoraussetzungen anknüpfe. Diese systemfremde Vorgehensweise sei als Antwort auf die unerschöpfliche Phantasie der auf Steuervermeidung gerichteten Gestaltungen zu verstehen.
50Der Feststellungsbescheid sei auch nicht nichtig. Die unzutreffende Adressierung des Feststellungsbescheides (an die Ehel. T. statt nur an den Kläger) sowie die ungenaue Bezeichnung der Einkunftsquelle seien mit der Einspruchsentscheidung vom 24.01.2012 korrigiert worden. Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens sei der Feststellungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24.01.2012.
51§ 15b EStG sei auf den Erwerb von Investmentanteilen anwendbar. Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut des § 20 Abs. 2b EStG a. F. Mit der Ergänzung des § 8 Abs. 7 InvStG durch das JStG 2010 sei lediglich klargestellt worden, dass § 15b EStG auf Verluste aus der Rückgabe, der Veräußerung oder der Entnahme von Investmentanteilen sinngemäß anzuwenden sei.
52§ 15b EStG erfasse Investitionen in sog. offene Fonds, da die Gesetzesbegründung nur „vorrangig“ und nicht „ausschließlich“ auf geschlossene Fonds abgestellt habe, wie sich zuletzt aus der Gesetzesbegründung zu § 8 Abs. 7 InvStG n. F. (BT-Drucks 17/3549) ergebe.
53Eine modellhafte Gestaltung i.S.d. § 15b Abs. 1 EStG ergebe sich insbesondere aus der Präsentation der Y. V. vom 08.09.2008, indem dort von einer hohen Nachsteuerrendite, den Vorteilen des sog. „Grandfathering" im Zuge der Abgeltungssteuer, einem Steuerstundungseffekt durch den Erwerb von Zero-Bonds sowie einer Mindesthaltedauer von 12 Monaten die Rede sei. Nach dem Gesamtbild überwiege bei dem vorliegenden Investment das Element der Steuerersparnis eindeutig dasjenige einer rentablen Vermögensanlage. Bei der Y. handele es sich um einen Berater des Rentenfonds, so dass sich die X. mbH als Kapitalanlagegesellschaft die Angaben in der Powerpointpräsentation der X. mbH zurechnen lassen müsse.
54Durch die Geltendmachung des in 2008 gezahlten Zwischengewinns als negative Einnahmen aus Kapitalvermögen ergebe sich bei einem Spitzensteuersatz von 45 v. H. eine Steuerminderung i. H. v. 17.634.369 EUR zzgl. Solidaritätszuschlag i. H. v. 969.890 EUR, insgesamt 18.604.259 EUR. Dem entspreche auch die von der Y. Bank erstellten und der Betriebsprüfung durch E-mail vom 14.04.2010 übersandte vereinfachte „Liqudititätsbetrachtung" (Sonderakte, Bl. 101).
55Bei der Art wie der Rentenfonds einen Ertragsausgleich durchgeführt habe, seien nicht tatsächlich realisierte Erträge aus Kapitalüberlassungen ausgeglichen worden, sondern es seien Erträge aus den Mittelzuflüssen bei der Ausgabe neuer Fondsanteile geschaffen worden. Per 30. September 2009 habe der Rentenfonds insgesamt 27.728 Anteile an Anleger ausgegeben gehabt. In den durch den Ertragsausgleich insgesamt erzeugten Erträgen i. H. v. 100.896.403,78 EUR seien nur tatsächlich realisierte Erträge i. H. v. 727.758,25 € enthalten gewesen (Verweis auf Sonderakte des Beklagten, Anlage 6).
56Der Rentenfonds sei als steueroptimierter Rentenfonds ausgestaltet worden (vgl. Sonderakte, Anlage 1, Bl. 5). Der Einstieg durch den Anteilserwerber habe erst nach Durchführung der Strategie des Bond-Stripping erfolgen sollen, um aufgrund des Ertragsausgleichsverfahrens bei Erwerb von Fondsanteilen einen angefallene Zwischengewinn mit übertragen zu können, was beim Anleger zu einem negativen Zwischengewinn habe führen sollen (vgl. Sonderakte, Anlage 1, Bl. 9). Deshalb sei die Anzahl der anfänglich ausgegeben Fondsanteil auf das Notwendigste begrenzt und der mit diesen 200 Anteilen erzielte Zwischengewinn i. H. v. rund 0,720 Mio. später durch das Ertragsausgleichsverfahren auf über 100.896 Mio. EUR bei über 27.000 Anteilen hochgerechnet worden.
57Die Modellhaftigkeit der Gestaltung des Fonds ergebe sich auch aus § 20 Abs. 2b Satz 2 EStG a. F. Bei der Abgeltungsteuer handele es sich entgegen der Ansicht des Klägers nicht um eine „tarifliche Einkommensteuer“ i. S. v. § 20 Abs. 2b Satz 2 EStG. Dies ergebe sich aus § 32d Abs. 6 Satz 1 EStG, wonach die nach § 20 EStG ermittelten Kapitaleinkünfte den Einkünften i.S.d. § 2 EStG auf Antrag hinzugerechnet und der „tariflichen Einkommensteuer“ unterworfen würden, sofern dies zu einer niedrigeren Steuer führe (sog. Günstigerprüfung). Dass der Rentenfonds darauf angelegt gewesen sei, den Wechsel zur Abgeltungsteuer auszunutzen zeige sich bereits daran, dass der Rentenfonds im Streitjahr 2008 wesentlich besser nachgefragt gewesen sei als in den darauf folgenden Jahren bis zu seiner Auflösung.
58Ein Vertrauenstatbestand könne aus dem BMF-Schreiben vom 16. Juli 2007 sowie der Verfügung der OFD Münster vom 07. November 2008 nicht hergeleitet werden. Die Schreiben seien nach der Verfügung der OFD Münster vom 13. Juli 2010 auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar.
59Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie der Gerichtsakten zum hiesigen Verfahren und dem beigezogenen Verfahren 12 V 1884/11 E Bezug genommen.
60Der Berichterstatter hat die Sache mit den Beteiligten am 14. April 2015 erörtert. Der Senat hat in der Sache am 18. Juni verhandelt und Herrn T1. S1. als Zeugen vernommen. Auf die Sitzungsniederschriften wird Bezug genommen.
61Entscheidungsgründe:
62Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte hat die gezahlten Zwischengewinne zu Recht als nicht ausgleichsfähige Verluste nach § 15b Abs. 4 Satz 1 EStG festgestellt. Bei dem Rentenfonds handelte es sich um ein Steuerstundungsmodell i. S. v. § 15b Abs. 2 i. V. m. § 20 Abs. 2b Satz 2 EStG.
63- 64
I. Klagegegenstand
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1. Die Klage richtet sich gegen den Feststellungsbescheid nach § 15b Abs. 4 EStG. Der Feststellungsbescheid ist Grundlagenbescheid i. S. v. § 182 AO sowohl für den Einkommensteuerbescheid desselben Veranlagungszeitraums (VZ) als auch für den § 15b Abs. 4 EStG-Bescheid des Folgejahres (vgl. FG Münster, Urteil vom 10. Januar 2013 5 K 4513/09 E, EFG 2013, 1014; Hallerbach in Hermann/Heuer/Raupach, EStG § 15b Rn 51; Reiß, in Kirchhof, § 15b EStG Rn. 57).
Der Regelungsumfang und die Bindungswirkung des Feststellungsbescheids nach § 15b Abs. 4 EStG umfassen neben der Feststellung des „nicht ausgleichsfähigen Verlustes“ i. S. v. § 15b Absatz 1 EStG dem Grunde und der Höhe nach zudem die Feststellung, dass der Verlust aus der Beteiligung des Klägers an einem Steuerstundungsmodell i. S. v. § 15b Abs. 2 EStG i. V. m. § 20 Abs. 2b EStG resultiert, d. h. die Qualifikation des Rentenfonds als Steuerstundungsmodell i. S. v. § 15b Abs. 2 i. V. m. § 20 Abs. 2b Satz 2 EStG 2008.
68§ 15b Abs. 4 Satz 1 EStG stellt durch die Bezugnahme auf § 15b Abs. 1 EStG auf „Verluste im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell“ ab. Ob es sich bei dem fraglichen Modell um ein Steuerstundungsmodell handelt, muss im Feststellungsbescheid nach § 15b Abs. 4 EStG mit Bindungswirkung geregelt werden.
69Der Einkommensteuerbescheid stellt grundsätzlich keine Besteuerungsgrundlagen mit Bindungswirkung fest; der Regelungsgehalt des Einkommensteuerbescheids, seine Bindungswirkung und formelle Bestandskraft erstrecken sich unmittelbar allein auf die festgesetzte Einkommensteuer dem Grunde und der Höhe nach. Zur Vermeidung widersprüchlicher rechtlicher Wertungen muss daher eine verbindliche Regelung im Feststellungsbescheid i. S. v. § 15b Abs. 4 EStG getroffen werden.
70Handelt es sich bei dem Modell um eine Gesellschaft/Gemeinschaft, an der der Steuerpflichtige als Mitunternehmer beteiligt ist, ist alternativ zwar denkbar, die Feststellung mit Regelungswirkung im Gewinnfeststellungsbescheid zu treffen (für diese Lösung Hallerbach, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 15b Anm. 54); gleiches gilt für den Einkommensteuerbescheid hingegen --wie ausgeführt wurde-- nicht.
71§ 15b Abs. 4 EStG ist der Regelung des § 15a Abs. 4 EStG nachgebildet. Für § 15a EStG ist durch die Rechtsprechung des BFH geklärt, dass der Bescheid über die Feststellung des verrechenbaren Verlustes i.S. des § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG Grundlagenbescheid für die einheitliche und gesonderte Feststellung der steuerpflichtigen Einkünfte gemäß §§ 179 Abs. 1 und 2, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO ist und somit Bindungswirkung hinsichtlich der Ausgleichsfähigkeit des Verlustes entfaltet (vgl. BFH-Urteil vom 22.6.2006 IV R 31/05, BStBl II 2007, 687, m.w.N.). Dabei erstreckt sich die Bindungswirkung der Feststellung des verrechenbaren Verlustes gemäß § 15a Abs. 4 Satz 1 EStG nicht nur auf die Feststellung des verrechenbaren Verlustes für das Folgejahr, sondern auch auf den Gewinn bzw. ausgleichs- und abzugsfähigen Verlust desselben Jahres. Entsprechend umfassen der Regelungsgehalt und die Bindungswirkung des Feststellungsbescheids nach § 15b Abs. 4 EStG nach Ansicht des Senats sowohl bei einem Steuerstundungsmodell in Gestalt einer --im Streitfall nicht gegebenen-- Gesellschaft/Gemeinschaft (geschlossener Fonds) als auch bei --im Streitfall vorliegenden-- Einzelinvestitionen in ein Steuerstundungsmodell die Feststellung, dass der Verlust durch eine Beteiligung an einem Steuerstundungsmodell i. S. v. § 15b Abs. 2 EStG veranlasst wurde (ebenso FG Münster, Urteil vom 10. Januar 2013 – 5 K 4513/09 E –, Rn. 67, juris; Beschluss des Senats vom 21. November 2011 Az. 12 V 1884/11 E, nv.).
72- 73
2. Die steuerrechtliche Berücksichtigung des von der X. mbH veröffentlichten Zwischengewinns dem Grunde nach und dessen Berechnung der Höhe nach unterliegt im Streitfall keiner gerichtlichen Überprüfung durch den Senat.
Damit kann und muss dahin stehen, ob der veröffentlichte Zwischengewinn steuerrechtlich berücksichtigt werden durfte und ob insoweit die Vorgaben des BMF (vgl. BMF-Schreiben vom 18. August 2009, BStBl. II. I 2009, 931 Tz. 197 sowie BMF-Schreiben vom 9. März 2010, DStR 2010, 553) zu beachten waren und ggf. zu bejahen waren. Auch kann die von der GKBP vor Erlass des Feststellungsbescheids aufgeworfene Frage, ob der Rentenfonds bei Durchführung des Bond-Stripping der Bundesanleihe zu Recht im Zusammenhang mit der Veräußerung der sog. Zinsstrips von realisierten Kapitalerträgen i. S. v. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2b Satz 1 EStG ausgegangen war oder nicht (vgl. dazu Anlage K19 Klägerschriftsatz vom 01. Juni 2015), im vorliegenden Verfahren nicht geklärt werden.
75Der Kläger begehrt mit der Klage die Überprüfung, ob der dem Grunde und der Höhe nach aus Sicht des Klägers zutreffend festgestellte Zwischengewinn aus einem Steuerstundungsmodell resultiert, was der Kläger verneint. An das Klagebegehren ist der Senat gem. § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO insoweit gebunden, als durch den Senat kein höherer negativer Zwischengewinn tenoriert werden könnte.
76Aufgrund des Verbotes der nachteiligen Abänderung der angefochtenen Verwaltungsentscheidung ("Verböserungsverbot“ oder „reformatio in peius"; vgl. dazu z.B. Gräber/ von Groll, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 96 Rz. 5, m.w.N.; vgl. BFH-Urteil vom 25. Juni 2003 X R 66/00, BFH/NV 2004, 19) ist der Senat aber auch daran gehindert, die nach § 15b Abs. 4 Satz 1 EStG zu treffende Feststellung des Verlustbetrags der Höhe nach zu reduzieren und einen niedrigeren negativen Zwischengewinn oder gar einen Verlust von Null festzustellen, da dies zu einer Verringerung des Verlustverrechnungsvolumens für das Folgejahr 2009 führen würde.
77- 78
II. Formelle Rechtmäßigkeit
Der angefochtene Bescheid ist formell rechtmäßig.
80- 81
1. Der Bescheid wurde von dem Beklagten als dem zum Zeitpunkt örtlich zuständigen Finanzamt erlassen.
Für Fälle, in denen das Steuerstundungsmodell eine Gesellschaft/Gemeinschaft ist, regelt § 15b Abs. 4 Satz 4 EStG die örtliche Zuständigkeit. Für Einzelinvestitionen in Investmentfonds enthält § 15b Abs. 4 EStG keine Regelung zur örtlichen Zuständigkeit, so dass die allgemeinen Regelungen der Abgabenordnung (AO) gelten.
83Die örtliche Zuständigkeit für die Besteuerung natürlicher Personen nach dem Einkommen richtet sich gem. § 19 Abs. 1 AO nach dem Wohnsitz und bei fehlendem Inlandswohnsitz gem. § 19 Abs. 2 Satz 1 AO nach der Belegenheit des Inlandsvermögens. Zuständig ist danach das Finanzamt, in dessen Bezirk sich das Vermögen des Steuerpflichtigen und, wenn dies für mehrere Finanzämter zutrifft, in dessen Bezirk sich der wertvollste Teil des Vermögens befindet.
84Der Wechsel der örtlichen Zuständigkeit tritt in dem Zeitpunkt ein, in dem eine der beiden Finanzbehörden von den den Wechsel begründenden Umständen erfährt (§ 26 Satz 1 AO).
85Im Streitfall führte die Wohnsitzverlegung in die Schweiz im Februar 2010 zu einem Wechsel der Zuständigkeit vom Finanzamt J. zum Beklagten, was zwischen den Beteiligten zuletzt unstreitig ist.
86Das Finanzamt J. als bisher zuständiges Wohnsitzfinanzamt erfuhr aufgrund eines Schreibens der Stadt F. vom Umzug der Eheleute T. in die Schweiz. Dem Finanzamt J. waren nach dem unbestrittenen Vortrag des Klägers im Aussetzungsverfahren betreffend den Einkommensteuerbescheid 2008 (FG Münster, Az. 12 V 1884/11 E) aus anderen vorgelaufenen Verfahren die Werte und die örtliche Belegenheit des nach Übertragungen verbliebenen inländischen Grundvermögens des Klägers bekannt. Unstreitig ist zwischen den Beteiligten, dass der wertvollste Teil des inländischen Vermögens im Bezirk des Beklagten liegt.
87- 88
2. Der Feststellungsbescheid ist auch nicht nichtig i. S. v. §§ 124 Abs. 3, 125 AO.
89- 90
a. Soweit der Feststellungsbescheid einen Bestimmtheitsmangel enthielt, da das Steuerstundungsmodell nicht näher bezeichnet wurde, wurde dieser Mangel jedenfalls mit der Einspruchsentscheidung geheilt. Im Übrigen war auch beim Feststellungsbescheid nach dem Empfängerhorizont aufgrund der Begleitumstände bereits erkennbar, dass der Renten-Fonds als Steuerstundungsmodell und die aus der Investition veranlassten negativen Zwischengewinne Gegenstand der Feststellung waren.
- 90
Ein Verwaltungsakt leidet an schweren und offenkundigen Mängeln und ist deshalb nichtig und unwirksam i. S. v. § 124 Abs. 3 i. V. m. 125 Abs. 1 AO, wenn er inhaltlich nicht so bestimmt ist, dass ihm hinreichend sicher entnommen werden kann, was von wem verlangt wird.
92Dem Kläger ist darin beizupflichten, dass der Verlustfeststellungsbescheid nach § 15b Abs. 4 EStG das Steuerstundungsmodell möglichst konkret bezeichnen muss, da die festgestellten Verluste in Folgejahren nur mit Gewinnen aus demselben Steuerstundungsmodell als Einkunftsquelle i. S. v. § 15b Abs. 1 Satz 2 EStG verrechnet werden können (vgl. Kaeser, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 15b Anm. D2 f). Dies erfordert eine möglichst konkrete Bezeichnung des Steuerstundungsmodells.
93Vorliegend hätte das Steuerstundungsmodell mit dem Zusatz „Anteile am Rentenfonds X.“ und/oder „Wertpapiere mit der ISIN …“ hinreichend konkret bezeichnet werden können, um bereits allein aus dem Inhalt des Feststellungsbescheids heraus auch für jeden Dritten erkennbar werden zu lassen, welche Einkunftsquelle gemeint ist.
94Ein Verwaltungsakt ist jedoch hinreichend bestimmt, wenn etwaige Zweifel durch Auslegung behoben werben können. Zur Auslegung können beigefügte Unterlagen und zeitlich vorhergehende Bescheide (BFH-Urteil vom 25. September 1990 IX R 84/88, BFHE 162, 4, BStBl II 1991, 120; BFH-Beschluss vom 29.Juni 1988 IV B 70/88, BFH/NV 1989, 613 m.w.N.) sowie andere Umstände herangezogen werden, die vor der Bekanntgabe des Bescheids zu Tage traten. Bei der Auslegung kommt es nicht darauf an, wie ein außenstehender Dritter die Erklärung der Behörde auffassen musste. Entscheidend ist, wie der Betroffene selbst nach den ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt der Erklärung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte (BFH-Urteile vom 25. September 1990 IX R 84/88, BFHE 162, 4, BStBl II 1991, 120; vom 30.September 1988 III R 218/84, BFH/NV 1989, 749; BFH-Beschluss vom 25.August 1981 VII B 3/81, BFHE 134, 97, BStBl II 1982, 34).
95Für den Kläger war aufgrund des der Bekanntgabe des Feststellungsbescheids vorausgegangenen Schriftverkehrs im Einspruchsverfahren sowie der Erläuterung zum Einkommensteuerbescheid 2008, in welchem auf die „negativen Einnahmen aus den Zwischengewinnen der Rentenfonds X. in Höhe von insgesamt 39.152.991 EUR einerseits sowie auf die Qualifizierung als Steuerstundungsmodell i. S. v. § 15b EStG andererseits hingewiesen worden war, hinreichend erkennbar, dass die Feststellung die bei Erwerb der Investmentanteile gezahlten „Zwischengewinne“ aus dem Rentenfonds betraf. Von Bedeutung ist insoweit auch, dass der Kläger im Jahr 2008 in kein anderes vergleichbares Investmentvermögen investiert hatte, so dass sich die Frage einer notwendigen Abgrenzbarkeit verschiedener „Steuerstundungsmodelle“ im Streitfall nicht stellt.
96- 97
b. Eine Nichtigkeit des Feststellungsbescheids ergibt sich entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht daraus, dass der Beklagte für den Fall der Aufhebung des Feststellungsbescheids eine Überprüfung des festgestellten Zwischengewinns im Rahmen einer Änderungsfestsetzung der ESt 2008 und 2009 angekündigt hat.
Nach der Generalklausel in § 125 Abs. 1 AO ist die Nichtigkeit eines Steuerbescheids von zwei allgemeinen Voraussetzungen abhängig, die kumulativ vorliegen müssen: 1) der Steuerbescheid muss mit einem Mangel behaftet sein, der sich als besonders schwerwiegender Fehler erweist und 2) der Mangel muss bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig sein (vgl. von Wedelstädt in: Beermann/Gosch, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 1. Aufl. 1995, 115. Lieferung, § 125 AO 1977, Rn. 8). Als Mängel nennt § 125 Abs. 2 AO absolute Nichtigkeitsgründe, die im Streitfall jedoch nicht gegeben sind. Insbesondere kann der vom Kläger erhobene Einwand keinen „Verstoß gegen die guten Sitten“ (§ 125 Abs. 2 Nr. 4 AO) begründen. Ein solcher müsste durch den angefochtenen Feststellungsbescheid i. S. v. § 15b Abs. 4 EStG selbst festzustellen sein. Davon geht jedoch auch der Kläger nicht aus, wenn es ihm darum geht, einen weiteren Streit über die steuerrechtliche Berücksichtigungsfähigkeit des gezahlten Zwischengewinns als negative Einkünfte aus Kapitalvermögen bei einer Aufhebung des Feststellungsbescheids nach § 15b Abs. 4 EStG zu vermeiden. Die im finanzgerichtlichen Verfahren erfolgte Ankündigung, für den Fall der Aufhebung des Feststellungsbescheids und damit der Feststellung des Zwischengewinns dem Grunde und der Höhe nach als Verlust aus einem Steuerstundungsmodell, im Rahmen des rechtlich möglichen und zulässigen eine Änderung bei der Festsetzung der Einkommensteuer 2008 und 2009 vorzunehmen, tangiert die Wirksamkeit des Feststellungsbescheid i. S. v. § 15b Abs. 4 EStG nicht. Insbesondere ergibt sich daraus nicht, dass der Beklagte die Feststellung ohne Rechtsbindungswillen gleichsam nur zum Schein getroffen hat.
99- 100
III. Materielle Rechtmäßigkeit
- 102
1. Überschusserzielungsabsicht
§ 15b EStG setzt voraus, dass aus dem Steuerstundungsmodell überhaupt steuerpflichtige Einkünfte erzielt werden (Hallerbach, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 15b Anm. 5; Heuermann, in Blümich, § 15b EStG Rn. 14; Kaeser, in Kichhof/Söhn/Mellinghoff, § 15b Anm. A 14 m. w. N.).
104Bei den Überschusseinkünften (§ 2 Abs. 1 Nrn. 4 bis 7 EStG) ist eine einkommensteuerrechtlich relevante Betätigung oder Vermögensnutzung nur dann gegeben und wird der Tatbestand der Einkunftserzielung nur dann erfüllt, wenn die Absicht besteht, auf Dauer gesehen nachhaltig Überschüsse zu erzielen (BFH-Beschluss vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, 766, unter C. IV. 3. c (2) der Entscheidungsgründe; BFH-Urteile vom 23. März 1982 VIII R 132/80, BFHE 135, 320, BStBl II 1982, 463, und vom 27. März 1996 I R 87/95, BFHE 180, 332, BStBl II 1996, 473, 474, betreffend Einkünfte aus Kapitalvermögen; vom 27. Juli 1999 – VIII R 36/98 –, BFHE 189, 408, BStBl II 1999, 769). Bei den Einkünften aus Kapitalvermögen ist jede Kapitalanlage gesondert zu beurteilen (BFH-Urteil vom 27. Juni 1989 VIII R 30/88, BFHE 157, 541, BStBl II 1989, 934, 936). Es ist nicht auf das Ergebnis der Vermögensnutzung eines oder weniger Jahre, sondern auf das positive Gesamtergebnis der voraussichtlichen Vermögensnutzung abzustellen (BFH in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, 766; in BFHE 135, 320, BStBl II 1982, 463). Die Anschaffungs- und Anschaffungsnebenkosten sowie der Veräußerungspreis und die Veräußerungskosten sind nicht zu berücksichtigen, wenn sie der nichtsteuerbaren Vermögensebene zuzuordnen sind (BFH-Urteil vom 27. Juli 1999 VIII R 36/98, BFHE 189, 408, BStBl II 1999, 769, Rn. 13).
105Danach war im Streitfall eine Überschusserzielungsabsicht zu bejahen. Der Kläger hat über die Haltezeit von über einem Jahr als Anleger, der Anteile an einem inländischen Sondervermögen i. S. v. § 2 Abs. 1 InvG gehalten hat, (unstreitig) einen Überschuss erzielt (vgl. Berechnungen des Beklagten (Bl. 130 f. GA) und des Klägers (Bl. 155 GA).
106Bei dem strittigen Rentenfonds handelt es sich um ein inländisches Sondervermögen i. S. v. §§ 2 Abs. 2, 30 f. InvG, auf welches gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 InvStG die Regelungen des InvStG Anwendung finden. Die auf Investmentanteile ausgeschütteten sowie die ausschüttungsgleichen Erträge und der Zwischengewinn sind gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 InvStG als Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu versteuern, da sie unter keine der dort genannten Ausnahmen fallen.
107Die ausschüttungsgleichen Erträge gelten mit Ablauf des Geschäftsjahres, in dem sie vereinnahmt worden sind, als dem Kläger zugeflossen, § 2 Abs. 1 Satz 2 InvStG. Der Zwischengewinn gilt als in den Einnahmen aus der Rückgabe oder Veräußerung des Investmentanteils enthalten, § 2 Abs. 1 Satz 3 InvStG.
108Der Gewinn/Verlust aus der Rückgabe der Investmentanteile nach Ablauf der einjährigen Spekulationsfrist selbst war nicht steuerbar (Vermögensebene), da es sich um vor dem 31. Dezember 2008 erworbene sog. Alt-Investmentanteile i. S. v. §§ 18 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. §§ 8 Abs. 5 Satz 1 InvStG bzw. § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG i. V. m. § 52a Abs. 10 Satz 1 EStG 2007 handelte, welche nach der Altregelung des. § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG a. F. nach Ablauf der einjährigen Sperrfrist (vorbehaltlich des Zwischengewinns) steuerfrei veräußert werden konnten (vgl. dazu u. a. Bäuml, in Berger/Steck/Lübbehüsen, InvG/InvStG, § 18 InvStG Rn. 2). Der bei Veräußerung bzw. Rückgabe der Investmentanteile vom Privatanleger vereinnahmte Zwischengewinn hingegen führt mangels Steuerbefreiung im InvStG zu einem steuerpflichtigen Kapitalertrag i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG i. V. m. § 2 Abs. 1 InvStG (vgl. Berger, in Berger/Steck/Lübbehüsen, InvG/InvStG, § 9 Rn. 36).
109Dem Kläger sind aus seinen Rentenfondanteilen über die Haltezeit in 2008 und 2009 danach insgesamt folgende steuerbare negative und positive Erträge zuzurechnen, die saldiert zu einem Überschuss i. H. v. rund 2,3 Mio EUR führen:
110bezahlter Zwischengewinn bei Erwerb 2008: ./. 39.187.486,74 EUR
111ausschüttungsgleiche Erträge 2009: + 40.885.185,05 EUR
112Zwischengewinn Rückgabe Investmentanteile 2009: + 594.529,00 EUR
113Saldo: + 2.292.227,31 EUR
114- 115
2. Anwendung der §§ 15b, 20 Abs. 2b EStG ohne Verweisung im InvStG
Das Fehlen einer Verweisung im InvStG auf §§ 15b, 20 Abs. 2b EStG für die Besteuerung des gezahlten Zwischengewinns steht deren Anwendung nicht entgegen.
117Zwar geht das InvStG, welches im Zuge des InvestmentmodernisierungsG vom 15. Dezember 2003 (BGBl I 03, 2676) eingeführt wurde, als spezielles Gesetz etwaigen abweichenden Regelungen im EStG, KStG oder GewStG grundsätzlich vor und verdrängt diese. Insoweit finden Vorschriften zur Besteuerung des Investmentanlegers nach dem EStG oder KStG grundsätzlich nur Anwendung, wenn und soweit auf diese im InvStG verwiesen wird. Da das InvStG die Besteuerung des Investmentanlegers jedoch nicht abschließend in sämtlichen Bereichen regelt, finden die Regelungen im EStG und KStG nach allgemeiner Ansicht insoweit ergänzend Anwendung (vgl. FG Baden-Württemberg, Urteil vom 22. September 2014 10 K 1693/12 unter 2 a) der Entscheidungsgründe, Jurisdokumentation; Lübbehüsen, in Berger/Steck/Lübbehüsen, InvG/InvStG, Vor §§ 1 ff. InvStG Rn. 25 ff m. w. N.; Wenzel, in Blümich, § 2 InvStG Rn. 1 m. w. N.).
118Eine Verweisung auf § 15b EStG im InvStG für die Besteuerung des gezahlten Zwischengewinns (negativer Zwischengewinn) fehlt. Lediglich für die Schlussbesteuerung wurde mit § 8 Abs. 7 InvStG durch das JStG 2010 eine Verweisung auf § 15b EStG eingeführt, welche nach der Gesetzesbegründung „klarstellenden Charakter“ haben soll. Die Verweisung kann eine entsprechende Anwendung von § 15b EStG für das Streitjahr nicht rechtfertigen. Dies bereits aufgrund des Umstandes, dass § 8 Abs. 7 InvStG nicht den Erwerb von Investmentanteilen und die in diesem Zusammenhang gezahlten negativen Zwischengewinne regelt, sondern etwaige Verluste bei der Veräußerung des Investmentanteils oder im Zusammenhang mit Teilwertabschreibungen.
119In der Literatur wird vertreten, dass eine Anwendung des § 15b EStG auf „Steuerstundungsmodelle“ in Gestalt eines Investmentfonds bis zum Inkrafttreten des § 8 Abs. 7 InvStG am 14. Dezember 2010 ausschied. Insoweit wird auf den Grundsatz verwiesen, dass die Anwendung „allgemeiner Normen des Steuerrechts“ auf Investmentfonds ohne entsprechende Ermächtigung im InvStG grundsätzlich ausscheide (so Hammer, in Blümich, § 8 InvStG Rn. 17 m. w. N. unter Verweis auf Lübbehüsen, in Berger/Steck/Lübbehüsen, InvG/InvStG, Vor §§ 1 ff. InvStG Rn. 25).
120Von einer Anwendung von § 15b i. V. m. § 20 Abs. 2b EStG geht dagegen ohne Problematisierung ein Teil der Literatur aus (so Jansen/Lübbehüsen, FR 2011, 512 unter Verweis auf Lübbehüsen, in Berger/Steck/Lübbehüsen, InvG/InvStG, § 1 Rn. 397; Brandtner/Geiser, DStR 2009, 1732 ff.; Kretzschmann, FR 2011, 62, 66 m. w. N.).
121Für eine Eröffnung des Anwendungsbereichs von § 15b i. V. m. § 20 Abs. 2b EStG 2008 ohne ausdrücklichen Verweis im InvStG spricht im Ergebnis, dass es beim negativen Zwischengewinn der Sache nach um einen Teil der Anschaffungskosten des Investmentanteils geht, der auf Fondsebene als Ertrag behandelt wird, beim Anleger jedoch einen Aufwand im Zusammenhang mit dem Erwerb darstellt, der als negative Einnahme aus Kapitalvermögen qualifiziert wird.
122Eine Anwendung des § 15b i. V. m. § 20 Abs. 2b EStG 2008 ohne Verweisung im InvStG ist insoweit dadurch gerechtfertigt, dass das InvStG die Zwischengewinnbesteuerung bei privaten Anlegern von Investmentanteilen mit §§ 1 Abs. 4, 2 Abs. 1 Satz 1 und 5 InvStG eröffnet und dass für die steuerliche Berücksichtigung etwaiger Aufwandsposten auf der Ebene des Anlegers auch im Übrigen grundsätzlich die Regelungen des EStG anzuwenden sind, ohne dass es insoweit einer ausdrücklichen Verweisung im InvStG bedürfte (ebenso FG Baden-Württemberg, Urteil vom 22. September 2014 10 K 1693/12 unter 2 a) der Entscheidungsgründe, Jurisdokumentation; dazu Lübbehüsen, in Berger/Steck/Lübbehüsen, InvG/InvStG, Vor §§ 1 ff. InvStG Rn. 31 ff, 34 m. w. N.). Ein Zwischengewinn unterliegt beim Privatanleger nach §§ 1 Abs. 4, 2 Abs. 1 Satz 1 und 5 InvStG der Besteuerung als Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG (vgl. Lübbehüsen, in Berger/Steck/Lübbehüsen, InvG/InvStG, § 2 Rn. 10 m. w. N.). Die Berücksichtigung des gezahlten Zwischengewinns als negative Einkünfte aus Kapitalvermögen ist gleichsam als Kehrseite zur Besteuerung des dem Privatanleger als ausschüttungsgleicher Ertrag zugerechneten Zwischengewinns zu sehen und soll im Ergebnis eine Überbesteuerung beim Privatanleger vermeiden (vgl. u. a. BMF-Schreiben vom 18. August 2009, BStBl. II. I 2009, 931 Tz. 21a). Durch § 2 Abs. 5 InvStG 2010 wurde insoweit „klargestellt“, dass ein negativer Zwischengewinn nur berücksichtigt wird, wenn der Investmentfonds einen Ertragsausgleich durchführt. Für die Berücksichtigung steuermindernder Abzugsposten nach dem InvStG gilt, dass das InvStG nur den Abzug von Kosten des Investmentvermögens (sog. 1. Stufe / Ebene Investmentvermögen) regelt, nicht hingegen die Berücksichtigung von Betriebsausgaben/ Werbungskosten auf der Anlagerebene (2. Stufe). Für die dem Investmentanleger selbst entstehenden Kosten/Aufwendungen (2. Stufe) gelten die allg. Grundsätze und Regelungen des EStG bzw. KStG (vgl. Lübbehüsen, in Berger/Steck/Lübbehüsen, InvG/InvStG, Vor §§ 1 ff. InvStG Rn. 34 m. w. N.).
123- 124
3. Kein entgegenstehender Vertrauensschutz aufgrund BFM-Schreiben und OFD-Verfügungen
Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass nach dem bis zum Erwerb der Investmentanteile veröffentlichten BMF-Schreiben und den OFD-Verfügungen eine Anwendung von § 15b i. V. m. § 20 Abs. 2b EStG a. F. ausgeschlossen war, soweit der Erwerb von Investmentanteilen --wie im Streitfall-- mit Eigenmitteln finanziert wurde, oder dass dem Erlass des Feststellungsbescheids insoweit der Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung entgegen stand.
126Weder das Schreiben des BMF vom 16. April 2007 (Az. IV B 8 – S 2252/0, Dok 2007/0211677) noch die OFD-Verfügungen aus 2008 (z. B. OFD Magdeburg vom 22. Dezember 2008, S 2252-104-St 214, Juris; OFD Münster vom 07. November 2008, 2008-11-07 S 2210-45-St 22-31, Juris), nach deren Wortlaut der Streitfall nicht unter §§ 15b Abs. 2 i. V. m. § 20 Abs. 2b Satz 2 EStG 2008 zu erfassen sein sollte, entfalten Bindungswirkung für die gerichtliche Überprüfung und begründen auch kein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers bzw. eine Selbstbindung der Finanzverwaltung.
127- 128
a. Verwaltungsvorschriften, zu denen auch Gesetzesanwendungsvorschriften –wie norminterpretierende BMF-Schreiben, OFD-Verfügungen oder sonstige Anordnungen– zählen, entfalten Bindungswirkung grundsätzlich nur für die nachgeordneten Behörden und Bediensteten. Sie binden grundsätzlich weder die Steuerpflichtigen noch die Gerichte und begründen insbesondere keine Rechte und Pflichten für die Steuerpflichtigen (vgl. Englisch, in Tipke/Lang, Steuerrecht, 21. Aufl. § 5 Rz. 28 ff.; Seer, in Tipke/Lang, a. a. O., § 21 Rz. 12 f., 36).
Eine von den Gerichten zu beachtende Selbstbindung der Verwaltung besteht lediglich ausnahmsweise in dem Bereich der ihr vom Gesetz eingeräumten Entscheidungsfreiheit, also im Bereich des Ermessens, der Billigkeit (z.B. bei Änderung der Rechtsprechung) und der Typisierung oder Pauschalierung (BFH-Urteile vom 16. Dezember 2014 X R 29/13, Juris; vom 26. April 1995 XI R 81/93, BFHE 178, 4, BStBl II 1995, 754, und vom 7. Dezember 2005 I R 123/04, BFH/NV 2006, 1097). Um einen solchen Fall handelt es sich bei der Frage nach der Auslegung des § 15b i. V. m. 20 Abs. 2b EStG a. F. indes nicht.
130- 131
b. Die Regelung des § 176 Abs. 2 AO, welche auch bei rechtswidrigen BMF-Schreiben oder OFD-Verfügungen einen Vertrauenstatbestand enthält, greift im Streitfall nicht. Danach darf bei der Änderung eines Steuerbescheides nicht zuungunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden, dass eine allgemeine Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung oder einer obersten Bundes- oder Landesbehörde von einem obersten Gerichtshof des Bundes als nicht mit dem geltenden Recht in Einklang stehend bezeichnet worden ist.
Im Streitfall handelt es sich nicht um einen Änderungsbescheid, sondern um einen Erstbescheid, der zu einem Zeitpunkt erging, als die für den Kläger günstigen OFD-Verfügungen durch die OFD-Verfügungen vom 13. Juli 2010 bereits überholt waren.
133- 134
c. Der Vorschrift des § 176 Abs. 2 AO liegt auch kein verallgemeinerungsfähiger Rechtsgedanke eines durch BMF-Schreiben oder OFD-Verfügungen begründeten allgemeinen Vertrauensschutzes zu Grunde.
Grundgedanke der Vorschrift ist der Vertrauensschutz des Adressaten eines Steuerbescheids (vgl. BTDrucks VI/1982, a.a.O., Abs.1 Satz 1 der Begründung; Tipke/Kruse, a.a.O., § 176 AO 1977 Tz.7; Urteil des BFH vom 7.Juni 1984 IV R 180/81, BFHE 141, 451, BStBl II 1984, 780), der auf einer dem Steuerpflichtigen günstigen allgemeinen Verwaltungsanweisung beruht. Der Steuerpflichtige soll darauf vertrauen können, dass es im Falle einer späteren Änderung dieses Bescheids ohne jede Ausnahme bei der Rechtsauslegung im Sinne der allgemeinen Verwaltungsanweisung verbleibt und dass dies selbst dann gelten soll, wenn in der Zwischenzeit ein oberstgerichtliches Urteil ergangen ist, dem eine dem Steuerpflichtigen ungünstigere Rechtsauslegung zugrunde liegt (BFH-Urteil vom 28. September 1987 VIII R 154/86, BFHE 151, 107, BStBl. II. 1988, 40). Ausweislich der Gesetzesbegründung (a.a.O.) sollen die Steuerpflichtigen "praktisch so gestellt" werden, "als sei die frühere Steuerfestsetzung unabänderlich, soweit sie auf der früheren Rechtsauffassung beruht". In derartigen Fällen hat sich ein Vertrauenstatbestand durch einen erlassenen Bescheid konkretisiert. Anknüpfungspunkt ist nicht allein ein BMF-Schreiben oder eine OFD-Verfügung, sondern der Steuerbescheid. In anderen Fällen wird in der Rechtsprechung ein Vertrauenstatbestand diskutiert, wenn sich dieser auf ein konkretes Verhalten der Steuerbehörde (Auskunft, Zusage, etc.) stützen kann, nicht hingegen, wenn Grundlage eine OFD-Verfügung oder ein BMF-Schreiben sein soll.
136- 137
4. Steuerstundungsmodell i. S. v. §§ 15b Abs. 2 i. V. m. 20 Abs. 2b Satz 2 EStG 2008
Der Beklagte hat die vom Kläger gezahlten Zwischengewinne zutreffend als Verluste im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell (§ 15b Abs. 1 i. V. m. § 20 Abs. 2b Satz 1 EStG 2008) festgestellt.
139Nach § 15b Abs. 1 Satz 1 EStG dürfen Verluste im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden. Die Verluste mindern jedoch nach § 15b Abs. 1 Satz 2 EStG die Einkünfte, die der Steuerpflichtige in den folgenden Wirtschaftsjahren aus derselben Einkunftsquelle erzielt. Der nach § 15b Abs. 1 EStG nicht ausgleichsfähige Verlust ist jährlich gesondert festzustellen (§ 15b Abs. 4 Satz 1 EStG).
140§ 15b EStG ist durch das Gesetz zur Beschränkung der Verlustverrechnung im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen vom 22. Dezember 2005 (BGBl I 2005, 3683, BStBl I 2006, 80) in das Gesetz gelangt.
141Nach der Begründung zum Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD (BT-Drs. 16/107, S. 4) sollte die Attraktivität sog. Steuerstundungsmodelle eingeschränkt werden, indem die Verluste nur noch mit späteren positiven Einkünften aus derselben Einkunftsquelle verrechnet werden dürfen (vgl. Gesetzesbegründung, Allgemeiner Teil, BTDrucks 16/107, S. 4).
142§ 15b EStG war gem. § 20 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG a. F. auf Anteile des stillen Gesellschafters am Verlust des Betriebs sinngemäß anwendbar. Seit dem JStG 2007 vom 13. Dezember 2006 (BGBl. I 2006, 2878) ist § 15b EStG aufgrund der Rechtsgrundverweisung in § 20 Abs. 2b Satz 1 EStG a. F. (jetzt § 20 Abs. 7 Satz 1 EStG) auf sämtliche Einkünfte aus Kapitalvermögen anwendbar.
143Ob in der Sache ein Steuerstundungsmodell gegeben ist, ist im Wege einer wertenden Gesamtbetrachtung der entsprechenden Einzelfallumstände zu ermitteln (BFH, Urteil vom 06. Februar 2014 – IV R 59/10 –, BFHE 244, 385, BStBl II 2014, 465, Rn. 15).
144- 145
a. Steuerstundungsmodell i. S. v. § 15b Abs. 2 EStG
Was ein „Steuerstundungsmodell“ ist, definiert das Gesetz für die Einkünfte aus Kapitalvermögen in § 15b Abs. 2 i. V. m. § 20 Abs. 2b Satz 2 EStG 2008 (§ 20 Abs. 7 Satz 2 EStG n. F.).
147Danach zeichnet sich ein Steuerstundungsmodell durch eine modellhafte Gestaltung aus, die dem Steuerpflichtigen steuerliche Vorteile durch Zuweisung negativer Einkünfte bieten soll.
148- 149
aa. Modellhafte Gestaltung
Die nach § 15b Abs. 2 Satz 1 EStG geforderte „modellhafte Gestaltung“ wird in Satz 2 weitergehend dahin definiert, dass ihre Grundlage ein „vorgefertigtes Konzept“ sein muss. Da weder das Gesetz noch die Gesetzesbegründung diesen Passus definieren, ist sein Bedeutungsgehalt durch Auslegung zu ermitteln (vgl. BFH-Urteil vom 06. Februar 2014 IV R 59/10, BFHE 244, 385, BStBl II 2014, 465).
151Nach der bisherigen Rechtsprechung setzt dies eine umfassende und regelmäßig an mehrere Interessenten gerichtete Investitionskonzeption voraus, welche vor der eigentlichen Investitionsentscheidung des Steuerpflichtigen durch den oder die Initiatoren (Konzeptersteller) festgelegt worden sein muss (vgl. BFH-Urteil vom 06. Februar 2014 IV R 59/10, BFHE 244, 385, BStBl II 2014, 465; Reiß in Kirchhof, EStG, 12. Aufl., § 15b Rz 38; HHR/Hallerbach, § 15b EStG Rz 30).
152Typisch, jedoch nicht zwingend wird ein solches vorgefertigtes Konzept durch einen Anlegerprospekt oder eine vergleichbare Form (Katalog, Verkaufsunterlagen oder Beratungsbögen) verkörpert (vgl. Gesetzesbegründung, Besonderer Teil, BTDrucks 16/107, S. 6 f.).
153Das vorgefertigte Konzept wendet sich an einen nicht näher bestimmten Interessentenkreis oder ist zumindest zur wiederholten Verwendung bestimmt (BFH-Urteil vom 06. Februar 2014 IV R 59/10, BFHE 244, 385, BStBl II 2014, 465). Dem Bewerben und Vermarkten eines derartigen Konzepts kommt keine ausschlaggebende Bedeutung zu (BFH-Urteil vom 06. Februar 2014 IV R 59/10, BFHE 244, 385, BStBl II 2014, 465).
154Erforderlich ist, dass der Konzeptersteller eine vom Steuerpflichtigen verschiedene Person ist. Dies ist daraus zu folgern, dass dem Steuerpflichtigen nach § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG die Möglichkeit „geboten“ werden soll, zumindest in der Anfangsphase der Investition Verluste mit übrigen Einkünften zu verrechnen. Insoweit kommt der Passivität des Steuerpflichtigen bei der Entwicklung des Konzeptes eine entscheidende Bedeutung zu. Nimmt der Steuerpflichtige (Anleger) entscheidenden Einfluss auf einzelne Leistungen oder Zusatzleistungen und deren Ausgestaltung --sei es von Beginn an oder unter Abänderung des zunächst vorgefertigten Konzeptes-- und bestimmt er damit das Konzept nicht nur unwesentlich mit, so handelt es sich nicht mehr um ein vorgefertigtes Konzept (BFH-Urteil vom 06. Februar 2014 IV R 59/10, BFHE 244, 385, BStBl II 2014, 465 unter Verweis auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 17. Juli 2007 IV B 2 -S 2241- b/07/0001, 2007/0299270, BStBl I 2007, 542 Tz 10).
155Nach diesen Maßstäben stellt der von der Kapitalanlagegesellschaft (X. mbH) erstellte vereinfachte und der ausführliche Verkaufsprospekt (Anlage K6 zum Klägerschriftsatz vom 2. Mai 2012) in Verbindung mit den zu Grunde liegenden Vertragsbedingungen das „vorgefertigtes Konzept“ i. S. v. § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG dar.
156Ein Kauf oder Verkauf von Anteilen an dem Rentenfonds erfolgte auf der Grundlage der Bestimmungen und Hinweise im gültigen ausführlichen und vereinfachten Verkaufsprospektes der X. mbH ergänzt durch die Allgemeinen und Besonderen Vertragsbedingungen (vgl. Innenseite des Umschlags des Ausführlichen Verkaufsprospekts, Anlage K 6 Klägerschriftsatz vom 2. Mai 2012, Bl. 80 GA).
157Im Vereinfachten und Ausführlichen Verkaufsprospekt waren die Grundzüge der Investitionskonzeption des Rentenfonds durch Angabe des Anlageziels und der Anlageinstrumente im Einzelnen abstrakt dargestellt.
158Daneben enthielt der Ausführliche Verkaufsprospekt u. a. abstrakte Angaben zur steuerlichen Behandlung eines von einem Steuerinländer gezahlten negativen Zwischengewinns vor und nach Einführung der sog. Abgeltungsteuer.
159Der Rentenfonds war als offener Publikumsfonds für eine unbestimmte Anzahl von Anlegern aufgelegt und nicht individuell für Kläger konzipiert worden. Dies hat der Zeuge S1. in seiner Aussage bestätigt und ist zwischen den Beteiligten auch unstrittig.
160Konzeptersteller i. S. v. § 15b Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 20 Abs. 2b Satz 2 EStG 2008 ist die X. mbH als die den Rentenfonds auflegende und verwaltende Kapitalanlagegesellschaft.
161Der Umstand, dass die Idee für die Auflage des Rentenfonds nach Aussage des Zeugen S1. von der Y.-AG (Ziff. 3 „Beratungsgesellschaft“ des Ausführlichen Verkaufsprospektes, dort S. 5) als sog. „Anlageberater“ entwickelt worden und an die X. mbH herangetragen worden war, führt nicht dazu, die Y.-AG als Konzeptersteller i. S. v. § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG zu qualifizieren.
162Allein die Kapitalanlagegesellschaft hat für das von ihr verwaltete Sondervermögen gem. § 42 Abs. 1 Satz 1 InvG die wesentlichen Anlegerinformationen und einen Verkaufsprospekt mit den Vertragsbedingungen zu erstellen und dem Publikum zugänglich zu machen. Der von der Kapitalanlagegesellschaft erstellte Verkaufsprospekt muss die Angaben enthalten, die erforderlich sind, damit sich die Anleger über die ihnen angebotene Anlage und insbesondere über die damit verbundenen Risiken ein begründetes Urteil bilden können. Der Verkaufsprospekt muss neben einer eindeutigen und leicht verständlichen Erläuterung des Risikoprofils des Sondervermögens u. a. Kurzangaben über die für die Anleger bedeutsamen Steuervorschriften einschließlich der Angabe, ob ausgeschüttete Erträge des Sondervermögens einem Quellensteuerabzug unterliegen, enthalten (§ 42 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 INvG).
163Die Kapitalanlagegesellschaft und nicht die Beratungsgesellschaft trifft im Außenverhältnis nach § 9 Abs. 1 Satz 1 INvG die rechtliche Verpflichtung das Sondervermögen (Rentenfonds) für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns zu verwalten. Dabei handelt sie unabhängig von der Depotbank und ausschließlich im Interesse der Anleger. Bei der Verwaltung des Fondsvermögens werden die Anlageentscheidungen von der Kapitalanlagegesellschaft getroffen. Soweit die Y.-AG nach der Zeugenaussage die Fondsmanager der X. mbH laufend beraten hat, ergibt sich auch daraus nicht, dass die Y. Deutschland damit als Konzeptersteller i. S. v. § 15b Abs. 2 EStG qualifiziert werden kann, da die Verwaltung gleichwohl im Außenverhältnis der X. mbH oblag.
164Das Investitionskonzept war mit Auflegung des Fonds am 17. Oktober 2008 auch vor der Investitionsentscheidung des Klägers im Dezember 2008 festgelegt worden.
165- 166
ab. Erwerb von Investmentanteilen als Einzelinvestition i. S. v. § 15b i. V. m. § 20 Abs. 2b Satz 1 EStG 2008
Der Erwerb von Investmentanteilen ist vom sachlichen Anwendungsbereich des § 15b i. V. m. § 20 Abs. 2b EStG a. F. im Rahmen der Fallgruppe „Einzelinvestition“ umfasst.
168§ 15b EStG findet nach der Gesetzesbegründung auf Beteiligungen an einer Gesellschaft oder Gemeinschaft sowie auf „modellhafte Anlage- und Investitionstätigkeiten einzelner Anleger“ Anwendung (vgl. Gesetzesbegründung, Besonderer Teil, BTDrucks 16/107, S. 6 f.). Im Rahmen der Auslegung des § 15b Abs. 2 EStG muss sich eine modellhafte Gestaltung einer der beiden in der Gesetzesbegründung angesprochenen Fallgruppen zuordnen lassen. Der Erwerb eines Anteils an einem Investmentvermögen, welches als offener Fonds i. S. d. InvG/InvStG strukturiert ist, kann nur unter die Fallgruppe „Einzelinvestition“ subsumiert werden, nicht dagegen als Beteiligung an einer Gesellschaft/Gemeinschaft (geschlossener Fonds) qualifiziert werden.
169- 170
ba. Unter die Fallgruppe „geschlossene Fonds“ können allein „Fonds in Form von Personengesellschaften“ erfasst werden (vgl. Gesetzesbegründung, A. Problem und Ziel, BTDrucks 16/107, S. 1; Allgemeiner Teil, S. 4). Die Gesetzesbegründung nennt beispielhaft „Medienfonds, Schiffsbeteiligungen, New Energy Fonds, Leasingfonds, Wertpapierhandelsfonds und Videogamefonds“ (BT-Drs. 16/107, S. 4). Die Beratungen im Finanzausschuss (BT-Drs 16/254, S. 5 und 6) bestätigen, dass der Gesetzgeber als Steuerstundungsmodell geschlossenen Fonds im Blick hatte, nicht dagegen offene Fonds in Gestalt eines Investmentvermögen nach dem Investmentgesetz und deren Anleger. Auch aus der Gesetzesbegründung zu § 20 Abs. 2b EStG i. d. F. des JSTG 2007 ergibt sich nicht, dass der Gesetzgeber die Beteiligung an einem offenen Fonds mit der Fallgruppe Fondsbeteiligung erfassen wollte. Erstmals im Gesetzgebungsverfahren zum Jahressteuergesetz 2010, mit dem § 8 Abs. 7 InvStG n. F. eingefügt wurde, wies der Gesetzgeber in der Begründung darauf hin (BT-Drs. 17/3549, S. 30), dass auch ein Investmentvermögen ein Steuerstundungsmodell i. S. v. § 15b EStG darstelle, wenn die in § 15b EStG genannten Voraussetzungen erfüllt seien. Mit der „Änderung“ durch Einfügung des § 8 Abs. 7 InvStG sollte nach der Begründung „gesetzlich klargestellt“ werden, dass auch Verluste, die durch Rückgabe oder Veräußerung von Investmentanteilen sowie Teilwertabschreibungen bei Investmentanteilen beim Anleger entstünden, von § 15b EStG erfasst würden. Allerdings betrifft § 8 Abs. 7 InvStG nur die Schlussbesteuerung des Investmentanteilinhabers und nicht die Besteuerung bei Erwerb des Investmentanteils.
Die Beteiligung eines Anlegers an einem Sondervermögen i. S. d. InvG/InvStG durch Erwerb eines Investmentanteils -- hier: Anteil am Renten-Fonds -- kann auch deshalb nicht der Fallgruppe „Beteiligung an einer Gesellschaft/Gemeinschaft“ zugeordnet werden, weil das Investmentvermögen im Gegensatz zur Personengesellschaft selbst Subjekt der Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer ist und daher grundsätzlich ertrag-steuerlich vom Einzelanleger getrennt zu betrachten ist (sog. Trennungsprinzip). Dagegen ist die Personen(handels)gesellschaft nicht selbst Subjekt der Einkommen-/Körperschaftsteuer, sondern deren Gesellschafter/Mitunternehmer.
172- 173
bb. Die Beteiligung an einem Investmentvermögen i. S. d. InvG/InvStG durch Erwerb eines Investmentanteils kann allenfalls unter die Fallgruppe „Einzelinvestition“ im Sinne der Gesetzesbegründung gefasst werden. § 15b EStG galt von Beginn an auch für Einzelinvestitionen. Dies ergibt sich bereits aus der Regelung der sog. Nichtaufgriffsgrenze in § 15b Abs. 3 EStG, welche den „Einzelinvestor“ nennt. Auch die Gesetzesbegründung zu § 15b EStG (BT-DRs. 16/107, S. 6) geht von modellhaften Anlage- und Investitionstätigkeiten einzelner Steuerpflichtiger außerhalb einer Gesellschaft oder Gemeinschaft aus, welche bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 15b EStG den Verlustabzugsbeschränkungen für Steuerstundungsmodelle unterliegen.
Eine Anwendung des § 15b EStG auf Einzelinvestitionen in Investmentvermögen kommt im Streitjahr 2008 aufgrund der erweiterten sinngemäßen Anwendung des § 15b EStG auf sämtliche Einkünfte aus Kapitalvermögen durch § 20 Abs. 2b EStG i. d. F. des JStG 2007 (heute: § 20 Abs. 7 EStG) in Betracht.
175Entgegen einer im Schrifttum und der vom Kläger vertretenen Ansicht setzt § 15b i. V. m. § 20 Abs. 2b EStG a. F. bei Einzelinvestitionen nicht voraus, dass dem Anleger ein Bündel von Haupt- und Nebenleistungen angeboten wird, aus deren modellhaftem Zusammenspiel sich eine Steuerstundung ergibt.
176Nach der Gesetzesbegründung ist ein Bündel aus Haupt- und Nebenleistungen lediglich ein „charakteristisches“ Indiz für eine modellhafte Gestaltung (BT-DRs. 16/107, S. 7). Die Bundesregierung -- auf welche der von den Regierungsfraktionen eingebrachte Gesetzesentwurf zurückgeht (vgl. im Einzelnen bei Naujok, BB 2007, 1365 f.) --, stellte im Finanzausschuss klar, dass nicht jede Betätigung, die verlustbehaftet sei, eine modellhafte Gestaltung i. S. v. § 15b Abs. 2 EStG darstelle und dass nicht jedes Modell konzeptionell auf eine Verlusterzielung ausgerichtet sei: „Eine modellhafte Gestaltung setze ein vorgefertigtes Konzept, Vertrieb mittels Prospekt, Bündelung von Verträgen und/oder Leistungen (Beratung, Vermittlung von Finanzierungen, Garantieleistungen), das auf die Erzielung steuerlicher Vorteile gerichtet sei, voraus“ (vgl. BT-Drs. 16/254, S. 5). Im Weiteren wurden insoweit beispielhaft folgende Fälle, die nicht in den Anwendungsbereich des § 15b EStG fallen sollten, genannt:
177- 178
„normale“ unternehmerische Tätigkeit (z. B. eines Existenzgründers) mit Anlaufverlusten;
- 179
Venture Capital und Private Equitiy Fonds (Gesellschaften, deren Zweck im Erwerb, Halten und in der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften besteht): das Fondskonzept ziele darauf ab, Beteiligungen zu erwerben und nach Erreichen der Börsenreife gewinnbringend zu veräußern; der steuerliche Vorteil für den Anleger bestehe darin, dass der Veräußerungsgewinn bei Veräußerung nach der Spekulationsfrist von einem Jahr (§ 23 EStG a. F. ) meist steuerfrei sei;
- 180
Erwerb eines Vermietungsobjektes vom Bauträger: der Erwerbsvorgang habe nur dann modellhaften Charakter, wenn der Bauträger neben dem Verkauf und ggf. der Sanierung noch weitere Leistungen gegen Entgelt erbringe (z. B. Mietgarantien, Übernahme der Finanzierung, rechtliche Beratung).
Das BMF hat zur Abgrenzung nicht erfasster „Alltagssachverhalte“ -- wie die „normale“ unternehmerische Tätigkeit oder der Erwerb einer Vermietungsimmobilie vom Bau-träger -- von Steuerstundungsmodellen i. S. v. § 15b Abs. 2 EStG beim Erwerb eines Vermietungsobjekts von einem Bauträger im Einklang mit der Gesetzesbegründung ebenfalls das Vorliegen eines Bündels von Haupt-, Zusatz- oder Nebenleistungen verlangt (vgl. BMF-Schreiben vom 17. Juli 2007, BStBl. I 2007, 542, Tz. 8).
182Ein Teil der Literatur verlangt bei den sog. Bauträgergestaltungen ebenfalls das Vorliegen eines Leistungsbündels (Heuermann, in Blümich, § 15b Rn. 19 zur Erzielung einer praktischen Konkordanz zwischen Lenkungsnormen/Fördernormen (z. B. § 7 i EStG) und § 15b EStG).
183Unter Verweis darauf wird in der Literatur teilweise auch bei Einzelinvestitionen in Investmentvermögen ein Leistungsbündel für eine Anwendung des § 15b i. V. m. § 20 Abs. 2b EStG a. F. (Abs. 7 n. F.) vorausgesetzt (vgl. Kretzmann, FR 2011, 62, 67 unter Verweis auf Heuermann; vgl. Brandtner/Geiser, DStR 2009, 1732, 1734 unter Berufung auf das Anwendungsschreiben des BMF zu § 15b EStG).
184Dagegen lehnt ein Teil der Literatur das Erfordernis eines Leistungsbündels wegen der Konturlosigkeit dieses Merkmals als Abgrenzungskriterium generell bzw. für Einzelinvestitionen in Investmentvermögen ab (vgl. Kaeser, in Kichhof/Söhn/Mellinghoff, § 15b Anm. B 10 und B15; Jansen/Lübbehüsen, FR 2011, 512, 516).
185Der Senat folgt für die Einzelinvestition in Investmentfonds im Ergebnis der letztgenannten Ansicht. Der Versuch der Abgrenzung der von § 15b EStG zu erfassenden Sachverhalte von den „normalen“ unternehmerischen Betätigungen oder von „Alltagssachverhalten“ im Rahmen der privaten Vermögensverwaltung, in denen kein Steuerstundungsmodell i. S. v. § 15b EStG vorliegen soll, anhand des Leistungsbündels überzeugt nicht. Das im Zusammenhang mit Bauträgergestaltungen angeführte Leistungsbündel dient im Ergebnis dazu, den „Alltagssachverhalt“ eines Erwerbs einer zu vermietenden Immobilie von Steuerstundungsmodellen abzugrenzen, in denen ein für den Immobilienerwerb atypisches Leistungspaket zu einer erhöhten Steuerstundung führt. Insoweit muss bei jeder Abgrenzung eine Wertung erfolgen, bis zu welchem Grad die Haupt- und Nebenleistungen als Leistungsbündel noch als typisch angesehen werden können und ab welchem Umfang sie als (atypisches) Steuerstundungsmodell angesehen werden sollen (vgl. u. a. Kaeser, in Kichhof/Söhn/Mellinghoff, § 15b EStG Anm. B 28 m. w. N.). Insoweit überzeugt es jedoch nicht, wenn in dem BMF-Schreiben per se bei einer weiteren Nebenleistung von einem Steuerstundungsmodell ausgegangen wird, ohne eine wertende Betrachtung im Einzelfall vorzunehmen. Als Beispiel kann die Übernahme der Verwaltung des vom Bauträger erworbenen Vermietungsobjektes angeführt werden, welche bei fremdvermieteten Objekten nicht untypisch ist und zu einem grundsätzlich steuerrechtlich anzuerkennenden (weiteren) Aufwand führt (vgl. Kaeser, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 15b Anm. B 29).
186Soweit in der Literatur für Einzelinvestitionen in Investmentvermögen unter Verweis auf das vorgenannte BMF-Schreiben ebenfalls generell ein Leistungsbündel gefordert wird, wird übersehen, dass das BMF dies nur für Bauträgerfälle fordert, während für die übrigen Fallgestaltungen von einem Indiz für die Modellhaftigkeit i. S. v. § 15b Abs. 2 EStG die Rede ist (vgl. BMF-Schreiben vom 17. Juli 2007, BStBl. I 2007, 542, Tz. 8 und 9).
187Auch in den nachfolgenden OFD-Verfügungen zur Anwendung von § 15b EStG auf Einzelinvestitionen in Investmentvermögen wird kein Leistungsbündel gefordert. Vielmehr ging die Finanzverwaltung zunächst davon aus, dass der Erwerb von Investmentanteilen nicht in den Anwendungsbereich des § 15b EStG i. V. m. § 20 Abs. 2b EStG fällt, wenn der Erwerb mit Eigenmitteln finanziert wurde (OFD Münster vom 7. November 2008 (Az 2008-11-07 S 2210-45-St 22-31, Juris) und gleichlautender Verfügungen der OFD Magdeburg vom 13. Juni 2008 (DStR 2008, 1833; OFD Rheinland vom 7. November 2008, EStG-Kartei NW § 20 EStG F. 3 NR. 806). Erst vor dem Hintergrund, dass in den Jahren 2007 und 2008 nach den Feststellungen der Finanzverwaltung bei Erwerb von Investmentanteilen Zwischengewinne von bis zu 50 v. H. des Kaufpreises – im Streitfall rund 36 v. H. – gezahlt und als negative Kapitaleinkünfte geltend gemacht wurden, während die steuerpflichtigen Erträge ab 2009 nur der Abgeltungsteuer (Steuersatz 25 v. H.) unterlagen, wollte die Finanzverwaltung die Erwerbe als Einzelinvestitionen von § 15b i. V. m. § 20 Abs. 2b EStG erfasst sehen, wenn der gezahlte Zwischengewinn die Nichtaufgriffsgrenze nach § 15b Abs. 3 EStG von 10 v. H. übersteigt (vgl. OFD Münster Verfügung vom 13. Juli 2010 (Az 2010-07-13 S 2210-45-St 22-31, Juris). Insoweit sah die Finanzverwaltung einen Zwischengewinn von über 10 v. H. der Gesamtanschaffungskosten des Investmentanteils als eine untypische Gestaltung an.
188Für die Auslegung ist im Ergebnis von der Gesetzesbegründung auszugehen, welche für Einzelinvestitionen kein Bündel von Haupt- und Nebenleistungen als gleichsam ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal fordert, sondern diesem Merkmal allenfalls indizielle Bedeutung zumisst (ebenso Reiß, in Kirchhof, § 15b EStG Rn. 42a; Intemann, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 20 EStG Anm. 634 „Leistungsbündel“ m. w. N.; wohl auch FG Niedersachsen, Urteil vom 26. September 2013 3 K 12341/11, EFG 2014, 131 und FG Baden-Württemberg).
189Nach diesen Maßstäben ist der Erwerb der Rentenfondsanteile durch den Kläger im Jahr 2008 von § 15b Abs. 2 i. V. m. § 20 Abs. 2b EStG unter der Fallgruppe „Einzelinvestition“ erfasst. Der Streitfall zeigt, dass bei Investmentvermögen die Möglichkeit besteht, die Höhe der Steuerstundung durch einen bei Erwerb zugewiesenen Zwischengewinn durch eine entsprechende Anlagepolitik der Höhe nach zu steuern, ohne dass insoweit eine Bündelung von Haupt- und Nebenleistungen relevant wäre. Der veröffentlichte Zwischengewinn für die beiden strittigen Erwerbsvorgänge betrug rund 36 v. H. des Kaufpreises der Investmentanteile des Klägers und geht nach der Aussage des Zeugen S1. und den entsprechenden Feststellungen der GKBP C. (vgl. Vermerk der GKBP C., graue Sonderakte) im Wesentlichen auf das kurz nach Auflage des Fonds durchgeführte Bond-Stripping der erworbenen 30-jährigen Bundesanleihe zurück. Insoweit hat der Zeuge S1. auch bestätigt, dass der steuerliche Hinweis auf S. 42 f. des Ausführlichen Verkaufsprospekts, dass der Rentenfonds „aufgrund der vorgesehenen Anlagepolitik … einen vergleichsweise hohen Zwischengewinn ausweisen“ könne, wegen des Bonds-Stripping aufgenommen wurde.
190- 191
ac. Zielrichtung des „Steuerstundungsmodells“
Eine Abgrenzung der nicht erfassten modellhaften Gestaltungen von den erfassten „Steuerstundungsmodellen“ erfolgt nach § 15b Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Satz 2 im Kern dadurch, dass ein Steuerstundungsmodell nur dann vorliegt, wenn durch das vorgefertigte Konzept die Möglichkeit geboten werden soll, zumindest in der Anfangsphase der Investition Verluste zu erzielen.
193- 194
ba. Nach der Rechtsprechung des BFH reicht es insoweit nicht, wenn die modellhafte Gestaltung auf irgendwie geartete steuerliche Vorteile ausgerichtet ist; vielmehr muss sie darauf gerichtet sein, die Erzielung negativer Einkünfte zu ermöglichen, ohne dass dies allerdings im Vordergrund stehen müsste; der wirtschaftliche Erfolg des Konzeptes muss auf entsprechenden steuerlichen Vorteilen aufbauen (BFH-Urteil vom 06. Februar 2014 IV R 59/10, BFHE 244, 385, BStBl II 2014, 465, Rn. 24).
Dem entspricht die Abgrenzung erfasster Steuerstundungsmodelle von nicht erfassten Venture Capital und Private Equity Fonds durch den Gesetzgeber, die damit begründet wird, dass Letztere „nicht primär“ auf eine Verlustzuweisung angelegt seien, sondern auf den Erwerb, das Halten und die (steuerfreie) gewinnbringende Veräußerung der Anteile. Insoweit sah der Gesetzgeber eine steuerfreie Veräußerung nach Ablauf der sog. Spekulationsfrist (§ 23 EStG) --sog. Grandfathering-- als unschädlich an. Insoweit muss eine Verlustzuweisung nach dem Konzept zwar nicht im Vordergrund stehen, sie darf aber auch nicht ein nur nachrangiges Ziel des Konzeptes sein.
196Die Entstehung des Verlustes muss Bestandteil des vorgefertigten Konzeptes, d. h. darin angelegt sein. Werden lediglich steuerlich günstige Regelungen in Anspruch genommen, ohne dass diese Teil des Konzeptes sind, liegt kein Steuerstundungsmodell vor. Werden Verluste im Konzept benannt oder dem Steuerpflichtigen in Aussicht gestellt, spricht dies für eine entsprechende Zielsetzung des Konzeptes (vgl. Hallerbach, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 15b Rn. 32).
197Nach der Rechtsprechung des BFH ist es aber grundsätzlich nicht erforderlich, dass der Anbieter im Rahmen des Konzeptvertriebs mit den entsprechenden Steuervorteilen positiv wirbt (BFH-Urteil vom 06. Februar 2014 IV R 59/10, BFHE 244, 385, BStBl II 2014, 465, Rn. 24); d. h. ein Modell kann auch dann ein Steuerstundungsmodell sein, wenn die Steuerstundung nicht besonders deutlich angepriesen und gegenüber den übrigen Anlagezielen hervorgehoben wird.
198In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass jede durch ein Steuerstundungsmodell i. S. v. § 15b Abs. 2 EStG erzielte Steuerstundung auf eine Inanspruchnahme entsprechender gesetzlicher Regelungen zurückgeht und insoweit gleichsam als im Steuergesetz bereits abstrakt angelegt charakterisiert werden muss. Insoweit aber kann einer Anwendung des § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass ein vorgefertigtes Konzept nur das im Steuergesetz angelegte Steuerstundungspotential (bestmöglich) ausnutzt.
199- 200
bb. Maßgeblich für die Zielrichtung der modellhaften Gestaltung --wie sich aus dem Passus "erzielt werden sollen" ergibt-- sind nicht die tatsächlich erzielten, sondern die nach dem Konzept geplanten negativen Einkünfte. Für die Beurteilung der Zielrichtung ist nach der Rechtsprechung des BFH nicht auf die Perspektive des Anlegers (Steuerpflichtiger), sondern allein auf die Perspektive des Modellanbieters abzustellen. Insoweit setzt § 15b Abs. 2 Sätze 1 und 2 EStG nicht voraus, dass der Steuerpflichtige das vorgefertigte Konzept selbst überhaupt kennt bzw. dass dieses überhaupt Auslöser für seine Investitionsentscheidung gewesen ist (BFH-Urteil vom 06. Februar 2014 IV R 59/10, BFHE 244, 385, BStBl II 2014, 465, Rn. 24).
- 202
bc. Nach diesen Maßstäben ist im Streitfall allein auf die Perspektive der X. mbH als Kapitalanlagegesellschaft abzustellen, die den Rentenfonds aufgelegt und verwaltet hat. Nicht relevant ist hingegen die Perspektive der den Rentenfonds „vertreibenden“ Banken. Aus etwaigen Vertriebsunterlagen von Banken lässt sich allenfalls ableiten, wie der Inhalt des Verkaufsprospektes im Geschäftsverkehr verstanden wurde.
Der Inhalt des Präsentationspapiers der Y. V., die die Rentenfondsanteile an den Kläger vertrieben hat, und die zwischen den Beteiligten zunächst strittige Frage, welche Version des Y.-Papiers dem Kläger vor Erwerb der Investmentanteile vorgelegen hat, ist danach nicht streitentscheidend.
204Nach den Gesamtumständen ist auf der Grundlage des Ausführlichen Verkaufsprospektes festzustellen, dass die X. mbH potentiellen Anlegern mit dem Rentenfonds u. a. die Möglichkeit einer vergleichsweise hohen Steuerstundung bieten wollte, die zwar nicht im Vordergrund der Anlagestrategie stand, aber jedenfalls auch keine nur nachrangige Wirkung der Anlagestrategie des Rentenfonds war.
205- 206
bd. Nach dem Verkaufsprospekt der X. mbH war Anlageziel ein möglichst hoher Wertzuwachs im Sondervermögen. Ein vergleichsweise hoher Gewinn (Alpha-Return) des Rentenfonds im Vergleich zu anderen Rentenfonds sollte durch das sog. Bonds-Stripping erzielt werden. Dies hat der Zeuge S1. in seiner Vernehmung bestätigt.
(1) Die steuerlichen Hinweise des ausführlichen Verkaufsprospektes (Stand: Oktober 2008, S. 41 f.) sprechen im Zusammenhang mit der „Zwischengewinnbesteuerung“ an, dass die „vorgesehene Anlagepolitik“ zu „vergleichsweise hohen Zwischengewinnen“ führen könne. Dieser Hinweis entsprach nach der Aussage des Zeugen S1. nicht den im Übrigen für den Verkaufsprospekt verwendeten Standardformulierungen des Branchenverbands BVI und wurde von der X. mbH als Warnhinweis für Anleger gesondert aufgenommen.
208(2) Die im Verkaufsprospekt angesprochene Anlagestrategie wurde kurz nach Auflage des Rentenfonds (17. Oktober 2008) noch im Oktober 2008 durchgeführt, indem der Rentenfonds mit den ihm zu Beginn zugeflossenen Mitteln aus der Ausgabe von 200 Anteilen am 21. Oktober 2008 eine Bundesanleihe (ISIN …) mit einer Laufzeit von 30 Jahren und einer Verzinsung von 4,25 v. H. erwarb und am 30. Oktober 2008 das sog. Bonds-Stripping durchführte, indem die Kapital- und die 30 Zinsansprüche (Laufzeiten 1 bis 30 Jahre) getrennt wurden. Danach lagen ein sog. Kapitalstrip (Mantel) und 30 Zinsstrips mit jeweils eigener Wertpapierkennummer vor. Noch vor Veräußerung der Strips ermittelte der Rentenfonds am 30. Oktober 2008 aus dem Vorgang „unrealisierte Erfolge Renten Inl. (FI)“ i. H. v. 733.124,31 EUR und unter Berücksichtigung weiterer Ertrags- und Aufwandposten einen Zwischengewinn i. H. v. 718.797,46 EUR; bei den bis dahin ausgegebenen 200 Anteilen ergab sich ein Zwischengewinn pro Anteil i. H. v. 3.593,97 EUR (vgl. Vermerk der GKBP C., Bl. 5 der Sonderakte). Bis dahin hatte der Rentenfonds als Zwischengewinne „Nullwerte“ ausgewiesen (vgl. Anlage K 3 zum Klägerschriftsatz vom 2. Mai 2012, dort Seite 2 von 6). Am 11. November 2008 veräußerte der Rentenfonds die 30 Zinsstrips und den Kapitalstrip und ermittelte für die Zinsstrips einen Veräußerungsgewinn i. H. v. 717.758,25 EUR und für den Kapitalstrip einen Veräußerungsverlust i. H. v. 683.688,75 EUR. Auf der Grundlage des Erlöses aus der Veräußerung der Zinstrips wurde per 11. November 2008 ein Zwischengewinn pro Anteil von 3.638,79 EUR ermittelt. Am 24. November 2008 wurden 101 neue Anteile ausgegeben. Ausgehend von einem Zwischengewinn pro Anteil i. H. v. 3.638,79 EUR wurde von den vereinnahmten Kaufpreisen ein Betrag von 367.517,92 EUR (3.638,79 EUR Zwischengewinn pro Anteil x 101 Anteile) als Ertrag des Rentenfonds behandelt, so dass sich die steuerpflichtigen Einnahmen auf 1.095.276,17 EUR (717.758,25 EUR + 367.517,92 EUR) bei 301 ausgegebenen Anteilen erhöhte (Zwischengewinn: 3.638,79 EUR pro Anteil). Entsprechend wurde in der Folgezeit bei weiteren Anteilsausgaben verfahren. Bei Erwerb der Investmentanteile durch den Kläger am 19. Dezember 2008 ergab sich ein Zwischengewinn i. H. v. 3.559,23 EUR pro Anteil.
209Der tatsächliche Geschehensablauf deutet darauf hin, dass das Bonds-Stripping ein elementarer Bestandteil der gesamten Anlagestrategie war, welcher einerseits zu einem besonders hohen Ertrag auf Fondsebene führte und andererseits bei sämtlichen Anlegern nach Durchführung der Strategie zu einem vergleichsweise hohen negativen Zwischengewinn.
210Der Hinweis auf die vom Rentenfonds zu erzielende „Zero Bond Arbitrage“ bei den allgemeinen Anlagezielen und die steuerlichen Hinweise zur Zwischengewinnbesteuerung im Ausführlichen Verkaufsprospekt, sprechen dafür, dass den Anlegern durch das Anlagekonzept im Rahmen einer steueroptimierten Renditegestaltung u. a. ermöglicht werden sollte, einen „vergleichsweise hohen Zwischengewinn“ als negative Einkünfte aus Kapitalvermögen abzusetzen. Insoweit wird in den Prospekten der Sache nach zutreffend darauf hingewiesen, dass gezahlte Zwischengewinne als negative Einkünfte aus Kapitalvermögen abgezogen werden können.
211(3) Soweit der Kläger unter Verweis auf den Wortlaut des § 15b Abs. 2 Satz 2 („… geboten werden soll …“) einwendet, der Konzeptersteller müsse die Absicht haben, Verlustzuweisungsmöglichkeiten zu schaffen, und dass der Zeuge S1. dies in seiner Vernehmung verneint habe, kann der Senat dem nicht folgen.
212Von einer Vernehmung der durch den Kläger als Zeugen benannten Mitarbeiter der Y. (W. L. und E. S.) musste der Senat absehen, da die etwaige Sichtweise und Zielsetzung der Y. bzw. deren Mitarbeiter für den Streitfall nicht relevant ist, da es allein auf die Sichtweise und Zielsetzung der X. mbH als Kapitalanlagegesellschaft ankommt. Insoweit konnte der unter Beweis gestellte Vortrag des Klägers hierzu, dass die Y. mit dem Rentenfonds keine Verlustzuweisungsmöglichkeiten habe schaffen wollen, als wahr unterstellt werden.
213Eine Zielsetzung der X. mbH i. S. v. § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG ergibt sich aus dem insoweit vom Zeugen S1. bestätigten und im Ausführlichen Verkaufsprospekt wiedergegebenen Konzept des thesaurierenden Rentenfonds, einen besonders hohen Ertrag durch ein Bond-Stripping zu generieren und ein Ertragsausgleichsverfahren durchzuführen, in dessen Folge der durch das Bonds-Stripping generierte Ertrag für Neuanleger zu einem entsprechend hohen Zwischengewinn bei Erwerb von Rentenfondsanteilen nach Durchführung des Bonds-Stripping führt.
214Im Kontext war die Zeugenaussage dahin zu verstehen, dass eine tatsächlich bewirkte Steuerstundung einzelner konkreter Anleger für die X. mbH keine Bedeutung hatte und damit nicht beabsichtigt war, da die X. mbH insoweit keinerlei Leistungspflichten gegenüber einzelnen Anlegern traf. Damit hat der Zeuge aber nicht die sich aus dem Konzept abstrakt ergebende Möglichkeit zum Abzug des Zwischengewinns als negative Einkünfte in 2008 mit dem vollen Steuersatz und die Besteuerung der ausschüttungsgleichen Erträge in 2009 mit dem Abgeltungssteuersatz bestritten. Diese steuerlichen Folgen waren im Konzept des Rentenfonds zwingend abstrakt angelegt und müssen damit als vom Willen der X. mbH als Konzeptersteller umfasst angesehen werden; die Steuerstundungseffekte stellten sich gleichsam als notwendige Folge der verfolgten Anlagestrategie des Bonds-Stripping verbunden mit dem durchgeführten Ertragsausgleichsverfahren dar.
215(4) Neben der Möglichkeit zum Abzug vergleichsweise hoher Zwischengewinne bot das Konzept im ersten Geschäftsjahr 2008/2009 bei Erwerb bis zum 31. Dezember 2008 die Möglichkeit aus dem Übergang vom linear-progressiven Tarif i. S. v. § 32a Satz 2 EStG, dem der gezahlte Zwischengewinn (negative Einkünfte) unterlag, zum gesonderten Steuertarif für die Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. v. § 32 d EStG i. H. v. 25 v. H. zu profitieren, dem die zum Schluss des ersten Geschäftsjahrs 2008/2009 (30. September 2009) im VZ 2009 zuzurechnenden ausschüttungsgleichen Erträge unterlagen. Damit zielte der Rentenfonds auf einen von § 20 Abs. 2b Satz 2 EStG a. F. erfassten modellhaften Einmaleffekt.
216Der ausführliche Verkaufsprospekt enthält insoweit die steuerlichen Hinweise, dass der gezahlte Zwischengewinn als negative Einkünfte aus Kapitalvermögen abgesetzt werden kann und dass die ausgeschütteten bzw. ausschüttungsgleichen Erträge sowie die dem Anleger zugewiesenen Zwischengewinne als Einkünfte aus Kapitalvermögen steuerpflichtig sind, wobei die Rechtslage bis 31. Dezember 2008 und ab 01. Januar 2009 (Abgeltungsteuer) dargestellt und auf den besonderen Steuersatz i. H. v. 25 v. H. mit Abgeltungswirkung für Kapitaleinkünfte hingewiesen wird.
217(5) Insoweit konnte ein potentieller Anleger als Adressat des Verkaufsprospektes erkennen, dass es möglich ist, einen gezahlten, nach dem Prospekt „vergleichsweise hohen Zwischengewinn“ in 2008 nach dem progressiv-linearen Steuertarif abzuziehen und einen in 2009 bezogenen Ertrag aus dem Investmentanteil der Abgeltungsteuer zu unterwerfen. Der Rentenfonds hatte als typischen Anleger eine Person mit gewissen Erfahrungen mit Finanzmärkten im Blick (vgl. Ziff. 11 „Profil des typischen Anlegers des ausführlichen Verkaufsprospektes). Insoweit ist vom Verständnishorizont eines erfahrenen --ggf. zudem fachkundig beratenen-- Anlegers auszugehen.
218Der Rentenfonds war derart steueroptimiert konzipiert, dass er im Jahr seiner Auflage insbesondere für in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige, finanzstarke Anleger interessant war, welche das sich ergebende Steuergefälle zwischen dem linear-progressiven Tarif mit einem Spitzensteuersatz von 42 v. H. bei einem zu versteuernden Einkommen (zvE) bis 250.00 EUR und 45 v. H. ab einem zvE 250.001 EUR (§ 32a Abs. 1 EStG 2008) und dem definitiven Abgeltungssteuersatz von 25 v. H. ausnutzen konnten.
219(6) Einer Anwendung des § 15b i. V. m. § 20 Abs. 2b EStG 2008 steht nicht entgegen, dass das vorgenannte Konzept nicht alleiniges und Hauptziel des Rentenfonds war, da der Fonds auf unbestimmte Dauer aufgelegt worden war und sich an Anleger mit einem Anlagehorizont von fünf Jahren richten sollte. Die Ermöglichung der Erzielung negativer Einkünfte muss gerade nicht im Vordergrund des Konzeptes stehen (BFH-Urteil vom 06. Februar 2014 IV R 59/10, BFHE 244, 385, BStBl II 2014, 465, Rn. 24).
220(7) Nach Gesetzeswortlaut und Entstehungsgeschichte des § 15b EStG ist auch keine Gewichtung des Steuervorteils beim Einzelinvestor zum steuerbaren Ertrag vorzunehmen oder festzustellen, ob der Steuervorteil konzeptbedingt überwog. Soweit der IV. Senat des BFH voraussetzt, dass „der wirtschaftliche Erfolg auf entsprechenden Steuervorteilen aufbaut“ (BFH-Urteil vom 6. Februar 2014 IV R 59/10, BFHE 244, 385, BStBl. II. 2014, 465, unter II. 1 b) bb) (2)), verlangt der BFH nicht, dass ein wirtschaftlicher Erfolg ausschließlich unter Berücksichtigung des Steuervorteils darstellbar ist; anders gewendet scheidet eine Anwendung von § 15b i. V. m. § 20 Abs. 2b EStG nicht aus, wenn sich eine wirtschaftliche Rendite auch ohne die modellhafte Steuerstundung ergibt.
221(8) Soweit eine Anwendung von § 15b i. V. m. § 20 Abs. 2b EStG a. F. von der Rechtsprechung der FG zu thesaurierenden luxemburgischen Investmentfonds (FG Niedersachsen Urteil vom 26. September 2013 3 K 12341/11, EFG 2014, 131 (Rev VIII R 46/14); FG Baden-Württemberg Urteil vom 22. September 2014 10 K 1693/12, StE 2015, 51 (Rev VIII R 57/14)) abgelehnt wurde, weichen die dortigen Sachverhalte in entscheidenden Punkten vom Streitfall ab. Insbesondere machten die Verkaufsprospekte der luxemburgigschen Fonds keine Angaben zum deutschen Steuerrecht und richteten sich nicht vornehmlich an in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige Anleger, wie der Rentenfonds. Der Zeuge S1. hat in seiner Aussage bestätigt, dass der Rentenfonds vornehmlich für Steuerinländer als Anleger aufgelegt worden war und daneben ggf. noch für Anleger aus dem deutschsprachigen Ausland.
222- 223
be. Vorliegen eines vorgefertigten Konzeptes gem. § 20 Abs. 2b Satz 2 EStG
Im Streitfall ist das Vorliegen eines vorgefertigten Konzeptes i. S. v. § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG auch gem. § 20 Abs. 2b Satz 2 EStG a. F. für Erwerbe von Rentenfondsanteile in 2008 anzunehmen, da die positiven Einkünfte aus dem thesaurierenden Rentenfonds konzeptbedingt erst in 2009 zuflossen und nicht der tariflichen Einkommensteuer, sondern der Abgeltungsteuer unterlagen.
225Der Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drs 16/2712) verhält sich zu § 20 Abs. 2b Satz 2 EStG nicht. Der Wortlaut der Regelung „tarifliche Einkommensteuer“ spricht in Zusammenschau mit den Regelungen in § 32a Satz 1 und 2 EStG („Die tarifliche Einkommensteuer …“ (S 1) … „beträgt“ (S. 2)) sowie § 32d Abs. 6 Satz 1 EStG („Auf Antrag des Steuerpflichtigen“ Anwendung der „tariflichen Einkommensteuer“ anstelle der Regelungen in § 32d Abs. 1 bis 5 zur Abgeltungsteuer auf die Einkünfte aus Kapitalvermögen) dafür, dass der Gesetzgeber unter „tariflicher Einkommensteuer“ den linear-progressiven Tarif i. S. v. § 32a Satz 2 EStG und nicht auch den gesonderten Steuertarif für die Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. v. § 32 d EStG verstanden hat. Davon geht zutreffend auch die herrschende Literatur aus (vgl. Intemann, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 20 Anm. 645 m. w. N.; von Beckerath, in Kirchhoff, § 20 EStG Rn. 179 m. w. N.; Weber-Grellet, in Schmidt, § 20 Rn. 193).
226§ 20 Abs. 2b Satz 2 EStG a. F. (entsprechend § 20 Abs. 7 Satz 2 EStG n. F.) enthält entgegen der Ansicht der OFD Münster (Schreiben vom 07. November 2008 S 2210-45-St 22-31 (Juris) unter Ziff 2.2 Absätze 2 und 3) keine Rechtsfolgenverweisung auf § 15b EStG. Vielmehr handelt es sich bei § 20 Abs. 2b Satz 1 um eine Rechtsgrundverweisung auf § 15b EStG, welche eine „sinngemäße“ Anwendung des für Einkünfte aus Gewerbebetrieb konzipierten Paragraphen auf sämtliche Einkünfte aus Kapitalvermögen anordnet. Insoweit müssen die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Steuerstundungsmodells i. S. v. § 15b Abs. 2 EStG geprüft werden. Für diese Prüfung bestimmt § 20 Abs. 2b Satz 2 EStG, dass ein „vorgefertigtes Konzept“ i. S. v. § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG vorliegt, wenn die aus dem Steuerstundungsmodell erzielten positiven Einkünfte nicht der tariflichen Einkommensteuer unterliegen (vgl. Intemann, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 20 Anm. 645; Jochum, in Kichhof/Söhn/Mellinghoff, § 20 EStG Anm. I 28 m. w. N.; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 22. September 2014 10 K 1693/12, StE 2015, 51 (Rev. VIII R 57/14)). Das vorgefertigte Konzept liegt damit vor, wenn der im Konzept angelegte steuerliche Vorteil in der Ausnutzung einer Steuersatzspreizung durch Verlagerung von Erträgen in einen VZ mit einem niedrigeren Steuersatz liegt (vgl. Jochum, in Kichhof/Söhn/Mellinghoff, § 20 EStG Anm. I 28 m. w. N.).
227Im Streitfall greift § 20 Abs. 2b Satz 2 EStG, da der bei Erwerb vor dem 1. Januar 2009 gezahlte Zwischengewinn in 2008 dem linear-progressiven Steuertarif unterlag, während die positiven ausschüttungsgleichen Erträge, welche dem Kläger als Anleger erstmals im VZ 2009 zuzurechnen waren, der Abgeltungsteuer unterlagen.
228- 229
bf. Zwischengewinne als „negative Einkünfte“ i. S. v. § 15b Abs. 2 EStG i. V. m. § 20 Abs. 2b EStG a. F.
Soweit in der Literatur vereinzelt abgelehnt wurde, gezahlte Zwischengewinne als „negative Einkünfte“ i. S. v. § 15b Abs. 2 Satz 3 EStG, die zu „Verlusten“ i. S. d. § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG führen, zu qualifizieren, steht dies in Widerspruch zu § 15b Abs. 2 Satz 3 EStG.
231Zwar ist den Vertretern dieser Ansicht und dem Kläger zuzugeben, dass gezahlte Zwischengewinne nicht dem Zweck dienen sollen, einen wirtschaftlich unangemessenen Steuervorteil zu erzielen (Brandtner/Geiser, DStR 2009, 1732, 1733). Vielmehr soll durch die Zwischengewinne der anteilige Anspruch auf die während der Haltedauer des Vorbesitzers erwirtschafteten Erträge abgegolten werden. Der gezahlte Zwischengewinn stellt als Teil des Kaufpreises auch einen echten Aufwand dar und kann nicht mit dem sich durch Sonderabschreibungsregelungen ergebenden steuerrechtlichen Aufwand gleichgesetzt werden, dem kein echter wirtschaftlicher Aufwand entspricht (so kritisch Brandtner/Geiser, DStR 2009, 1732, 1733). Gleichwohl stellen die Zwischengewinne ertragsteuerlich negative Einkünfte aus Kapitalvermögen dar und führen im Jahr der Zahlung zu einer Steuerminderung.
232Nach § 15b Abs. 2 Satz 3 EStG ist es „ohne Belang, auf welchen Vorschriften die negativen Einkünfte beruhen“. Die herrschende Literatur und Rechtsprechung gehen insoweit zutreffend davon aus, dass nicht nur die negativen Einkünfte i. S. d. EStG, sondern alle negativen Ergebnisse, die in die steuerliche Gewinnermittlung einfließen, zu berücksichtigen sind, soweit sie nach dem Konzept geplant sind (vgl. nur Hallerbach, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 15b Rn. 32 m. w. N.).
233Insoweit müssen auch gezahlte Zwischengewinne in den sachlichen Anwendungsbereich des § 15b i. V. m. § 20 Abs. 2b EStG a. F. einbezogen werden. § 15b Abs. 2 Satz 3 EStG gibt einen sehr weitgefassten Begriff der „negativen Einkünfte“ i. S. v. § 15b Abs. 2 Satz 2 vor, der eine einschränkende Auslegung insoweit ausschließt.
234- 235
ad. Anfangsphase der Investition
Einer Anwendung von § 15b i. V. m. § 20 Abs. 2b EStG a. F. steht auch nicht entgegen, dass es sich bei dem konzeptbedingten Steuerstundungseffekt aus dem Übergang zur Abgeltungsteuer um einen „Einmaleffekt“ (so FG Niedersachsen vom 26. September 2013 3 K 12341/11, EFG 2014, 131 (Rev VIII R 46/14) und FG Baden-Württemberg vom 22. September 2014 10 K 1693/12, StE 2015, 51 (Rev VIII R 57/14)) handelte, der nur bei einer Investition bis zum 31. Dezember 2008 eintrat.
237Die Anfangsphase der Investition ist ein Zeitraum, in dem nach dem zugrunde liegenden Konzept nicht nachhaltig positive Einkünfte erzielt werden (vgl. Gesetzesbegründung, Besonderer Teil, BTDrucks 16/107, S. 6; BFH-Urteil vom 06. Februar 2014 IV R 59/10, BFHE 244, 385, BStBl II 2014, 465, Rn. 24). Da es nach § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG auf die Prognose des Konzepterstellers ankommt, ist allein die planmäßige Verlustphase und nicht die tatsächliche Verlustphase maßgeblich.
238Nach dem Wortlaut des § 15b Abs. 2 Satz 2 EStG und der Gesetzesbegründung ist nicht erforderlich, dass die Verluste nach dem Konzept in einer mindestens zwei VZ umfassenden Phase entstehen. Vielmehr genügt es, wenn nach dem Konzept in einem VZ ein mit übrigen Einkünften verrechenbarer Verlust entstehen soll (dagegen FG Niedersachsen vom 26. September 2013 3 K 12341/11, EFG 2014, 131 (Rev VIII R 46/14) und FG Baden-Württemberg vom 22. September 2014 10 K 1693/12, StE 2015, 51 (Rev VIII R 57/14)). Dies muss jedenfalls im Rahmen der entsprechenden Anwendung des § 15b EStG auf Einkünfte aus Kapitalvermögen aufgrund der Rechtsgrundverweisung in § 20 Abs. 2b Satz 1 EStG a. F. (jetzt: Abs. 7 Satz 1) gelten. Anderenfalls liefe die Regelung des § 20 Abs. 2b Satz 2 EStG im Wesentlichen leer, da diese regelmäßig nur Einmaleffekte aufgrund eines vorgefertigten Konzeptes erfassen soll, die sich aus der Ausnutzung einer Steuersatzspreizung durch Übergang zu einem günstigeren Steuertarif ergeben.
239- 240
ae. Verrechnungsmöglichkeit mit „übrigen Einkünften“
Aus dem Blickwinkel des Konzepterstellers muss die Verrechnungsmöglichkeit mit „übrigen Einkünften“ außerhalb des Steuerstundungsmodells bestehen. Ob solche „übrigen Einkünfte“ tatsächlich vorhanden sind, ist nicht relevant, da dies dem Konzeptersteller regelmäßig nicht bekannt sein kann (vgl. dazu Kaeser, in Kichhof/Söhn/Mellinghoff, § 15b Anm. B 5).
242Im Streitfall hätten die von einem Privatanleger im Streitjahr 2008 erzielten positiven Einkünfte aus Kapitalvermögen oder Einkünfte einer anderen Einkunftsart mit den negativen Einkünften aus Kapitalvermögen grundsätzlich noch verrechnet werden können. Die Beschränkung auf eine Verlustverrechnung innerhalb der Einkünfte aus Kapitalvermögen durch § 20 Abs. 6 EStG n. F. griff erstmals ab dem VZ 2009.
243- 244
af. Nichtaufgriffsgrenze nach § 15b Abs. 3 EStG
Auch ist die sog. Nichtaufgriffsgrenze im Streitfall überschritten. Die gezahlten Zwischengewinne betrugen in der Summe 39.187.486 EUR bei einem Gesamtkaufpreis von 110.051.978 EUR; dies entsprach einem Anteil von rund 36 v. H.
246Nach § 15b Abs. 3 EStG darf die Summe derprognostizierten Verluste im Verhältnis zur Höhe des eingesetzten Eigenkapitals in der Anfangsphase 10 v. H. nicht übersteigen. Damit wird im Ergebnis auch bei einer Eigenkapitalfinanzierung ein Abzug von im Jahr 2008 gezahlten Zwischengewinnen als negative Einkünfte aus Kapitalvermögen nur dann zugelassen, wenn deren Höhe im Verhältnis zum Erwerbspreis das übliche Zinsniveau i. S. v. § 15b Abs. 3 EStG i. V. m. § 20 Abs. 2b Satz 1 EStG von 10 v. H. nicht übersteigt.
247Der dem Kläger zuzurechnende „Verlust“ aus dem Erwerb der Rentenfondsanteile in 2008 war aufgrund der durch die X. mbH täglich veröffentlichen Zwischengewinne pro Anteil nicht nur prognostizierbar, sondern konkret berechenbar.
248- 249
IV. § 15b EStG i. V. m. § 20 Abs. 2b EStG a. F. verfassungsgemäß
§ 15b EStG i. V. m. § 20 Abs. 2b EStG 2008 unterliegt keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken (ebenso FG Niedersachsen vom 26. September 2013 3 K 12341/11, EFG 2014, 131 (Rev. VIII R 46/14) und FG Baden-Württemberg vom 22. September 2014 10 K 1693/12, StE 2015, 51 (Rev VIII R 57/14); vgl. auch Urteil des FG Münster vom 10. Januar 2013 5 K 4513/09 E, EFG 2013, 1014).
251- 252
1. Bestimmtheitsgebot
Der BFH und die herrschende Lehre gehen von einer hinreichenden Bestimmtheit aus. Dem schließt sich der erkennende Senat an. Die verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe sind klarer formuliert als diejenigen des § 2b EStG a.F. und einer Auslegung zugänglich (ebenso Urteil des FG Baden-Württemberg vom 7. Juli 2011 3 K 4368/09, EFG 2011, 1897; Urteil des Hessischen FG in EFG 2013, 510; Urteil des FG Münster vom 10. Januar 2013 5 K 4513/09 E, EFG 2013, 1014; Blümich/Heuermann, § 15b EStG Rz 1; HHR/Hallerbach, § 15b EStG Rz 10; Reiß in Kirchhof, a.a.O., § 15b Rz 17; Kaeser, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 15b Rz A 58 ff.; anderer Ansicht etwa Schmidt/ Seeger, a.a.O., § 15b Rz 3 f., m.w.N.; offengelassen im BFH-Beschluss in BFH/NV 2009, 1437). Die Regelung ist zwar zweifelsohne auslegungsbedürftig und nicht ohne weiteres auf den „ersten Blick“ handhabbar, da mehrere unbestimmte Rechtsbegriffe verwandt werden. Allerdings führt ein vergleichsweise hoher Auslegungsaufwand nicht per se dazu, eine Vorschrift mit dem Verdikt der Verfassungswidrigkeit zu belegen (vgl. BFH-Urteil vom 06. Februar 2014 IV R 59/10, BFHE 244, 385, BStBl. II. 2014, 465; FG Baden-Württemberg Urteil vom 7. Juli 2011 3 K 4368/09, EFG 2011, 1897; Urteil des Hessischen FG in EFG 2013, 510; Urteil des FG Münster vom 10. Januar 2013 5 K 4513/09 E, EFG 2013, 1014; Blümich/Heuermann, § 15b EStG Rz 1; HHR/Hallerbach, § 15b EStG Rz 10; Reiß in Kirchhof, a.a.O., § 15b Rz 17; Kaeser, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 15b Rz A 58 ff.; anderer Ansicht etwa Schmidt/ Seeger, a.a.O., § 15b Rz 3 f., m.w.N).
254- 255
2. Objektives Nettoprinzip/Leistungsfähigkeitsprinzip
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bestehen im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG grundsätzlich keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von Verlustausgleichsbeschränkungen, soweit die Verlustverrechnung nicht versagt, sondern lediglich zeitlich gestreckt wird. Es genügt, wenn – wie im Streitfall – die Verluste überhaupt, und sei es auch in einem anderen Veranlagungszeitraum, steuerlich berücksichtigt werden (vgl. z.B. BVerfG-Beschluss vom 14.7.2006 2 BvR 375/00, BFH/NV 2007, Beilage 4, 235; vgl. auch Nachweise bei Kaeser, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 15b Anm. A 60).
257Ein verfassungsrechtlich bedenklicher definitiver Untergang von Verlusten ist in Fällen des § 15b EStG bei planmäßigem Verlauf grundsätzlich nicht zu befürchten. Wäre nach dem Beteiligungskonzept damit zu rechnen, dass in den Folgejahren keine die Verluste der Anfangsphase überkompensierenden Gewinne entstehen, fehlte die erforderliche Einkünfteerzielungsabsicht des Anlegers insgesamt und die Verluste wären allein aus diesem Grund (Liebhaberei) und nicht aufgrund § 15b EStG nicht ausgleichsfähig (vgl. dazu auch Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 7.7.2011 3 K 4368/09, EFG 2011, 1897, Gliederungspunkt II. 2. d.)
258Im Streitfall wurden die gezahlten Zwischengewinne mit den dem Kläger im VZ 2009 zugewiesenen Kapitalerträgen aus dem Rentenfonds verrechnet und wirkten sich insoweit in vollem Umfang steuermindernd aus.
259- 260
3. Gebot der Folgerichtigkeit und Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung
Soweit in der Literatur ein Widerspruch zu steuerlichen Lenkungsnormen – etwa Sonderabschreibungsregelungen – und ein Verstoß gegen das Gebot der Folgerichtigkeit und Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung (Art. 3 As. 1 GG) diskutiert wird (vgl. u. a. Kaeser, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, § 15b Anm. A 62; Naujoks, BB 2007, 1365 ff.), ist ein solcher nach Auffassung des Senats nicht gegeben.
262Ein Verstoß gegen das Gebot der Folgerichtigkeit und Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung könnte allenfalls dann vorliegen, wenn Steuerbegünstigungsvorschriften wie z.B. die §§ 7g und 7h EStG durch die gegen Steuerstundungsmodelle gerichtete Regelung des § 15b EStG faktisch gegenstandslos würden.
263Dies ist indes grundsätzlich nicht der Fall, da die --im Streitfall nicht relevanten-- §§ 7g und 7h EStG außerhalb des eng umgrenzten Bereichs der sog. Steuerstundungsmodelle auch nach Einführung des § 15b EStG uneingeschränkt Anwendung finden (FG Münster, Urteil vom 10. Januar 2013 5 K 4513/09 E, EFG 2013, 1014).
264Für die strittige Investition in den Rentenfonds konterkariert § 15b EStG auch keine Lenkungsnorm, die einen Anreiz für Investitionen in Rentenfonds geben sollte; eine derartige Lenkungsnorm existiert nicht.
265- 266
V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
- 268
VI. Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) im Hinblick auf die abweichende Rechtsprechung des FG Niedersachsen und des FG Baden-Württemberg zuzulassen.
Tenor
Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15b Abs. 4 EStG auf den 31.12.2006 vom 17.03.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 01.10.2010 wird aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleis-tung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klä-gerin abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Streitig ist die Frage, ob Verluste der Klägerin (Klin.) dem Verlustausgleichsverbot nach § 15b Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) unterliegen.
3Die Klin., eine GmbH & Co.KG i.L., wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 13.12.2006 / 15.12.2006 / 18.12.2006 gegründet. Gegenstand des Unternehmens war ausweislich des Gesellschaftsvertrags der Handel, die Vermietung und das Leasing von beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgütern. Gründungskommanditisten waren Herr S T und Herr K T mit einem Kommanditanteil von jeweils 80.000,00 EUR. Komplementärin war die J Geschäftsführungs GmbH (Komplementär-GmbH), die am Kapital nicht beteiligt war. Der Komplementär-GmbH oblag die Geschäftsführung der Klin. Der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedurfte es nach § 4 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages nur für Rechtshandlungen, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehen. Die GmbH erhielt für Vorlaufkosten gemäß Investitionsplan eine einmalige Zahlung in Höhe von 15.000,00 EUR und eine jährliche Tätigkeitsvergütung in Höhe von 4.000,00 EUR (§ 9 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages). Darüber hinaus war sie am Gewinn und Verlust der Klin. nicht beteiligt. Gemäß § 11 des Gesellschaftsvertrages sollte die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters zu dessen Ausscheiden führen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Gesellschaftsvertrag Bezug genommen. Der Unternehmenssitz war zunächst in I . Am 29.12.2006 erfolgte die Eintragung in das Handelsregister.
4Der Gesellschaftsgründung liegt ein „Konzeptionspapier zur Gründung einer Leasinggesellschaft“ zugrunde, das seitens der Initiatoren der Komplementär-GmbH für J Rendite Leasinggesellschaften (ab 2006 gegründete KG´s) herausgegeben worden war. Investiert werden sollte in die schrittweise Anschaffung beweglicher, unbeweglicher und immaterieller Leasinggüter. Den Schwerpunkt der Investitionsobjekte sollten Baktinettenständer, Plasma-Bildschirme und Bäckereieinrichtungen bilden. Im Konzeptionspapier wurde unter „Risiken – Investition“ ausdrücklich darauf hingewiesen, dass von einer Leasingstrategie ausgegangen werde, der ein sog. Blind-Pool-Konzept zugrunde liege. Dies bedeute, dass für nach Art, Anzahl und Kosten noch nicht bestimmte Leasinggegenstände Planungen gemacht würden. Für die Leasinggegenstände würden weder Angebote, Verträge noch potentielle Leasingnehmer vorliegen. Das Konzeptionspapier enthielt Investitions- und Finanzierungsplanungen sowie eine Ertrags- und eine Liquiditätsplanung. Eine Investition in Höhe von 320.000,00 EUR sollte in einem Zeitraum von acht Jahren (Jahre 1 bis 8 bzw. 2007 bis 2014) zu einem Gesamtüberschuss in Höhe von 71.038,00 EUR führen. Bereits ab dem Investitionsjahr (Jahr 1) sollten danach positive Jahresergebnisse erzielt werden. Die Berechnung enthielt die Ergebnisse vor Steuern. Ein anderes Konzeptionspapier für J Leasingfonds (bis einschließlich 2005 gegründete KG´s), das eine Ertragsplanung für neun Jahre (Jahre 0 bis 8 bzw. 2003 bis 2011) enthielt, berücksichtigte dagegen die Bildung einer Ansparrücklage nach § 7g EStG a.F. im Investitionsjahr (Jahr 0), was für dieses Jahr zu einem Verlust in Höhe von 135.000,00 EUR führte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beiden in den Steuerakten befindlichen Konzeptionspapiere Bezug genommen.
5Laut Jahresabschluss zum 31.12.2006 hatten die Kommanditisten auf ihre Kommanditeinlagen je 10.000,00 EUR eingezahlt. Erlöse waren nicht erzielt worden. In der Bilanz war ein Passivposten „Sonderposten mit Rücklageanteil“ gemäß § 7g Abs. 3 EStG (Ansparabschreibung) in Höhe von 90.000,00 EUR (63.000,00 EUR für Informationssysteme und 27.000,00 EUR für Baktinettenständer) gebildet worden.
6Die Klin. reichte für das Streitjahr 2006 am 06.09.2007 eine Feststellungserklärung, am 12.10.2007 eine berichtigte Feststellungserklärung und am 22.11.2007 eine weitere berichtigte Feststellungserklärung ein. In der letzten Erklärung erklärte sie einen Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von 91.114,00 EUR. Zur Ansparabschreibung war erläutert, dass die Anschaffung von Informationssystemen (voraussichtliche Anschaffungskosten: 157.500,00 EUR) und Baktinettenständern (voraussichtliche Anschaffungskosten: 67.500,00 EUR) für 2007 geplant war. Nach Zurechnung eines Gewinns in Höhe von 15.000,00 EUR für die GmbH entfielen danach auf die Kommanditisten Verlustanteile in Höhe von 53.109,38 EUR (S T ) bzw. 53.108,22 EUR (K T ).
7Anfang August 2007 schloss die Klin. mit der Q GmbH (Q-GmbH) 2 Vertragskonglomerate (Nr. 174R-001 und Nr. 174R-002), bestehend aus Lieferantenkreditvertrag, Rückkaufvereinbarung und Leasingvertrag. Vertragsgegenstand dieser beiden Sale-and-lease-back-Vorgänge waren jeweils vier elektronische Informationssysteme. Dabei wurde je Informationssystem ein Kaufpreis von netto 8.000,00 EUR zugrunde gelegt. Für die vier Informationssysteme zusammen war jeweils eine monatliche Leasingrate von netto 783,40 EUR vereinbart.
8Nachdem der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH im Mai 2008 in Untersuchungshaft genommen worden war, kündigten S T und K T als Notgeschäftsführer der Klin. die mit der Q-GmbH geschlossenen Verträge mit Schreiben vom 17.07.2008.
9Mit Gesellschafterbeschluss vom 01.08.2008 wurde die Komplementär-GmbH mit sofortiger Wirkung von der Geschäftsführung abberufen und der Kommanditist K T zum neuen Geschäftsführer mit Alleinvertretungsbefugnis bestellt.
10Über das Vermögen der Komplementär-GmbH wurde mit Beschluss des Amtsgerichts C vom 01.12.2008 das Insolvenzverfahren eröffnet. Entsprechend § 11 des Gesellschaftsvertrags schied die Komplementär-GmbH dadurch aus der Gesellschaft aus.
11Der Beklagte (Bekl.) erließ am 17.03.2009 einen Bescheid für 2006 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, den er mit einem Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15b Abs. 4 EStG auf den 31.12.2006 verband. Die Einkünfte der Klin. aus Gewerbebetrieb stellte er hierin mit ./. 1.217,59 EUR fest. Dabei versagte er die Anerkennung der von der Klin. gebildeten Ansparrücklage, da die Leasinggüter dem Leasingnehmer und nicht der Klin. zuzurechnen seien. Außerdem sei zum 31.12.2006 noch keine verbindliche Bestellung der Leasinggegenstände erfolgt, so dass die Investitionsentscheidung hinsichtlich der wesentlichen Betriebsgrundlagen nicht ausreichend konkretisiert gewesen sei. Die Einkünfte wurden in Höhe von 15.000,00 EUR der GmbH, in Höhe von ./. 8.109,38 EUR S T und in Höhe von ./. 8.108,22 EUR K T zugerechnet. In gleicher Höhe wurden für S T und K T verrechenbare Verluste nach § 15b EStG festgestellt, da aufgrund einer modellhaften Gestaltung ein Steuerstundungsmodell i. S. v. § 15 b Abs. 2 Satz 1 EStG vorliege.
12Die Klin. legte am 09.04.2009 Einspruch ein. Die Ansparabschreibung nach § 7g EStG sei zu Recht erfolgt. Die Leasinggüter seien hier dem Leasinggeber zuzurechnen. Eine Konkretisierung der Investitionsentscheidung sei dadurch erfolgt, dass in 2007 ein Teil der geplanten Investitionen durch die Gesellschaft getätigt worden sei. Weitere Investitionen seien wegen der Gesamtumstände auf „Eis gelegt“ worden.
13Die Vorschrift des § 15 b EStG sei nicht verfassungsgemäß. Zudem liege kein Steuerstundungsmodell vor. Die Gesellschaft sei nicht aus steuerlichen Gründen, sondern aus wirtschaftlichen Erwägungen gegründet worden. Es habe kein vorgefertigtes Konzept existiert. Außerdem hätten allein die Kommanditisten über die Investitionen entschieden und für die Finanzierung gesorgt. Die Möglichkeit zur Bildung einer Ansparrücklage sei auch ohne Hinweis des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH bekannt gewesen und die Entscheidung hierfür auch autark von den Kommanditisten getroffen worden. Dass hierbei Steuerstundungseffekte erzielt werden sollten, läge in der Natur der Sache.
14Mit Gesellschafterbeschluss vom 21.07.2009 wurde die Auflösung der Klin. beschlossen und K T zum Liquidator bestellt. Der Sitz der Gesellschaft wurde nach E verlegt.
15Mit der für die „J GmbH & Co. KG i.L.“ ergangenen Einspruchsentscheidung vom 01.10.2010 wies der Bekl. die Einsprüche der Klin. als unbegründet zurück und führte zur Begründung aus:
16Die Voraussetzungen für die Bildung einer gewinnmindernden Ansparrücklage seien nicht gegeben.
17Die Klin. sei aufgrund einer modellhaften Gestaltung i.S.d. § 15b Abs. 2 Satz 1 EStG errichtet worden. Es bestehe kein Zweifel, dass die Errichtung der KG objektiv auf der Basis eines von den Initiatoren vorgefertigten Konzepts erfolgt sei. Hierfür spreche die große Zahl der nach derselben oder ähnlichen Grundkonzeption aufgelegten Kommanditgesellschaften, die Ausgabe von Verkaufsprospekten und die Vermarktung im Internet sowie durch Vertriebsbeauftragte. Den Kommanditisten sollten hiernach vielfältige Leistungen zur Verfügung gestellt werden. Bei den jeweiligen Kommanditisten habe es sich ganz überwiegend um branchenfremde natürliche Personen gehandelt. Der Vortrag der Klin., dass kein vorgefertigtes Konzept vorgelegt worden sei, widerspreche der gleichzeitigen Aussage, dass zwei der drei von den Initiatoren vorgelegten Investitionsmöglichkeiten in der Anfangsphase ausgewählt worden seien. Dass den Kommanditisten die Planung und die Umsetzung der Investitionen einschließlich der Finanzierung oblegen habe, stimme nicht mit den Regelungen im Gesellschaftsvertrag über ein. Zudem hätten auch Blindpools typischerweise ein vorgefertigtes Konzept.
18Für die ab 2006 angebotenen und entsprechend begründeten Gesellschaftsverhältnisse unter der Firma „J GmbH & Co. Zahl Rendite Leasing KG“ (Rendite Leasing KG) hätten Modifikationen in den Verkaufsprospekten im Vergleich zu den bis 2005 angebotenen und entsprechend begründeten Beteiligungen an KG´s unter der Firma „J GmbH & Co. Zahl Leasingsfonds KG“ (Leasingfonds KG) stattgefunden. Seitens der Initiatoren hätten diese Modifikationen offensichtlich dem Zweck gedient, die Anwendung des seit dem 11.11.2005 geltenden § 15 b EStG zu umgehen und den beabsichtigten Steuerstundungseffekt für die Beteiligung an den Rendite Leasing KG´s zu verschleiern. Hierfür spreche zum einen die Tatsache, dass die Kommanditisten in Gesellschafterversammlungen die Investitionsentscheidungen hätten treffen wollen, obwohl dies nach den jeweiligen Gesellschaftsverträgen bei Investitionen bis zu 25.000,00 EUR gar nicht erforderlich gewesen sei. Außerdem sei in nahezu allen dem Bekl. bekannten Fällen der J KG´s jeweils im Gründungsjahr eine Ansparabschreibung gebildet worden. Dabei sei jeweils so verfahren worden, dass in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Abschluss des Gesellschaftsvertrages der erste Jahresabschluss erstellt worden sei. In aller Regel seien die Kommanditisten zum Jahresende beigetreten, so dass die Rücklage in der Bilanz auf den 31. Dezember des jeweiligen Jahres ausgewiesen worden sei. Es dränge sich der Eindruck auf, dass die Modifikationen in den Verkaufsprospekten nur erfolgt seien, um gegenüber dem Fiskus belegen zu können, dass eine vorrangig kapitalmäßige Beteiligung und damit ein Steuerstundungsmodell gerade nicht vorliege. Tatsächliche Veränderungen in der Abwicklung seien aber nicht erfolgt.
19Auf der Basis der vorliegenden modellhaften Gestaltung hätten auch steuerliche Vorteile in Form negativer Einkünfte erzielt werden sollen, da innerhalb der Anfangsphase das Verhältnis der Summe der prognostizierten Verluste zur Höhe des gezeichneten und auch aufzubringenden Kapitals 10 % übersteige. Maßgeblich seien die prognostizierten, nicht die tatsächlich erzielten Verluste. Sei die Prognose der Einkünfte jedoch (offensichtlich) unrichtig, könne diese nicht zu Grunde gelegt werden. Im Gegensatz zu der im Prospekt der Leasingfonds KG´s enthaltenen Ertragsplanung werde bei allen Rendite Leasing KG´s das Investitionsjahr 0 (und damit eine evtl. Ansparabschreibung) nicht ausgewiesen. Es sei offensichtlich, dass dieser Ausweis nur deshalb nicht mehr aufgenommen worden sei, um die Anwendung des §§ 15 b EStG zu umgehen, ohne das tatsächliche Änderungen in Bezug auf die Absicht, Verluste durch die Bildung von § 7g EStG-Rücklagen zu erzielen, eingetreten wären. Die Ansparabschreibungen müssten deshalb bei der Prognose berücksichtigt werden. Dabei sei unbeachtlich, ob die steuerrechtlichen Voraussetzungen für die Bildung der Ansparabschreibung letztlich erfüllt seien.
20Wegen der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 01.10.2010 Bezug genommen.
21Die Klin. hat hiergegen Klage erhoben. Die Klage wegen einheitlicher und gesonderter Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2006 hat sie mit Schriftsatz vom 28.10.2010 zurückgenommen. Insoweit wurde das Verfahren unter dem Aktenzeichen 5 K 4069/10 F eingestellt.
22Zur Begründung der Klage wegen Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15 b Abs. 4 EStG führt die Klin. wie folgt aus:
23Es handele sich vorliegend nicht um ein Steuerstundungsmodell im Sinne von § 15b Abs. 2 EStG. Der Bekl., bei dem insoweit die Beweislast liege, habe die Modellhaftigkeit nicht nachgewiesen. Die Beteiligung sei allein aus wirtschaftlichen, nicht aus steuerlichen Gründen eingegangen worden. Die Investition in digitale Werbung sei ihr, der Klin., als äußerst lukrativ erschienen. Soweit der Bekl. aus der von K T verfassten E-Mail vom 02.11.2007 den Schluss ziehe, dass das Erlangen von Steuervorteilen von vornherein geplant gewesen sei, sei zu berücksichtigen, dass die E-Mail rund ein Jahr nach Gründung der Gesellschaft von K T verfasst worden sei. Die Kommanditisten hätten die Geschäftsführung per Gesellschafterbeschluss Wochen/Monate zuvor aufgefordert, eine Rücklage gemäß § 7 g EStG zu bilden. Es habe kein vorgefertigtes Konzept gegeben, im Rahmen dessen mit einer Verlustzuweisung geworben worden sei. Die von J angebotenen verschiedenen Investitionsmöglichkeiten würden sich ausschließlich auf betriebswirtschaftliche Eckdaten beschränken und keine Hinweise auf die Bildung einer Ansparrücklage enthalten. Eine steuerliche Würdigung sei nicht vorgenommen worden. Dass ein anderes, offenbar älteres Konzeptpapier derselben Initiatoren für J Leasingfonds Hinweise auf die Bildung einer Ansparrücklage enthalte, lasse nicht den zweifelsfreien Schluss zu, dass diese Hinweise auf das im Streitfall gewählte Anlagemodell übertragbar seien. Dass J vertragliche Gestaltungen an ein verändertes Steuerrecht angepasst hätten, könne nicht negativ ausgelegt werden. Das Anpassen von Verträgen an eine geänderte Gesetzgebung oder Rechtsprechung durch Änderung der Fonds (bis 2005 Leasingfonds KG und ab 2006 Rendite Leasing KG´s) sei legitim. Entgegen der Ansicht des Bekl. sei es nicht schädlich, dass die Initiatoren als Reaktion auf die Einführung der gesetzlichen Regelung ein Konzept entwickelt hätten, das die Voraussetzungen für ein Steuerstundungsmodell im Sinne von § 15 b Abs. 2 EStG gerade nicht erfülle. Denn nach ständiger Rechtsprechung des BFH sei es dem Steuerpflichtigen grundsätzlich nicht verwehrt, seine rechtlichen Verhältnisse so zu gestalten, dass sich eine möglichst geringe steuerliche Belastung ergebe (z.B. BFH-Urteil vom 17. März 2010 IV R 25/08, BStBl II 2010, 633, Beschluss vom 29. November 1982 GrS 1/81, BStBl II 1983, 272). Da allein die Kommanditisten über die Art und Höhe der Investitionen und über die Bildung der Ansparrücklage entschieden hätten, sei die Rücklage nicht in die Beurteilung des Steuerstundungsmodells einzubeziehen. Es sei zudem maßlos, § 15b EStG anzuwenden, wenn gleichzeitig die Bildung der Rücklage versagt werde. Wenn die Ansparabschreibung in die Prognoserechnung mit einbezogen werde, könne die Berücksichtigung der Ansparabschreibung nicht verwehrt werden. Es könne dem Steuerbürger auch nicht zur Last gelegt werden, dass § 7 g EStG und § 15 b EStG im Ergebnis widersprüchlich seien. Die vom Bekl. festgestellten Verluste würden allein aus der Geschäftsführervergütung der GmbH resultieren. Für derartige Verluste sei § 15b EStG nicht geschaffen worden.
24Außerdem sei insbesondere der Kommanditist K T nicht nur passiv, sondern unternehmerisch tätig gewesen. So habe sich dieser Kopien der Steuererklärung für 2006 aushändigen lassen und zu den Eintragungen hierin im November 2007 E-Mail-Verkehr mit der GmbH geführt. Außerdem habe er sich laufend über den Kontostand der Klin., insbesondere über die Verwendung von Geldern und über die Bonität usw. der Q-GmbH informiert. Auf den von der Klin. hierzu vorgelegten E-Mail-Verkehr aus den Monaten September bis November 2007 wird Bezug genommen (Gerichtsakte Blatt 17-19, 22).
25Überdies bestünden erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von § 15b EStG, da die im Gesetz enthaltenen Begriffe „Einkunftsquelle“, „Steuerstundungsmodell“, „modellhafte Gestaltung“ und „vorgefertigtes Konzept“ aus der Umgangssprache stammen würden und sich nicht hinreichend genau definieren ließen.
26Die Klin. beantragt,
27den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15b Abs. 4 EStG auf den 31.12.2006 vom 17.03.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 01.10.2010 aufzuheben,
28hilfsweise für den Unterliegensfall, die Revision zuzulassen.
29Der Bekl. beantragt,
30die Klage abzuweisen,
31hilfsweise für den Unterliegensfall, die Revision zuzulassen.
32Ergänzend zu den Ausführungen in der Einspruchsentscheidung führt der Bekl. wie folgt aus:
33Ob die Erzielung von steuerlichen Vorteilen durch negative Einkünfte Gegenstand des vorgefertigten Konzepts sei, könne nicht allein nach dem Inhalt des Konzeptpapiers bzw. Prospekts beurteilt werden; maßgeblich sei vielmehr, ob nach den Gesamtumständen des Falles angenommen werden könne, dass dem Anleger durch die Beteiligung letztlich (auch) steuerliche Verluste vermittelt werden sollten. Ob dies der Fall sei, sei vorrangig eine Frage der Beweiswürdigung. Hierbei sei zunächst zu berücksichtigen, dass die Grundkonzeption des Modells der „Rendite Leasinggesellschaften“ im Wesentlichen derjenigen der früheren „J Leasingfondsgesellschaften“ entspreche. Eine Gesamtschau aller Umstände zeige, dass eine Ansparrücklage, wie sie in dem unmittelbar vorangehenden Konzeptpapier derselben Initiatoren ausgewiesen sei, auch Bestandteil des im Streitfall vorliegenden Modells gewesen sei. Die Initiatoren hätten nach Einführung des § 15 b EStG alles aus ihrer Sicht Mögliche getan, um ihr Geschäftsmodell zu retten und den Anlegern die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Ansparrücklage des § 7 g EStG zu erhalten. Auch ziele die Gründung einer Vielzahl von Gesellschaften mit derselben Komplementärin und nur einem oder wenigen Kommanditisten offensichtlich auf die Regelung des § 7 g Abs. 2 Nr. 1a EStG a.F. (Betriebsgrößenmerkmal) sowie die des § 7 g Abs. 3 S. 4 EStG a.F. (Höchstbetrag der Ansparrücklage) ab. Andere, wirtschaftliche Motive für die Gründung einer Vielzahl von Gesellschaften mit nur einem oder wenigen Kommanditisten statt der Gründung nur einer Gesellschaft einer Vielzahl von Kommanditisten seien vorliegend nicht erkennbar. Dies gelte umso mehr, als die einzelnen Kommanditgesellschaften im „Normalfall“ in ein Konkurrenzverhältnis zueinander treten würden. Die Gesamtwürdigung der Umstände ergebe, dass lediglich das Konzeptpapier, nicht aber das tatsächliche Konzept geändert worden sei. Bis auf den der neuen steuerlichen Rechtslage angepassten Prospekt habe sich in tatsächlicher Hinsicht keine Änderung ergeben, angefangen von der Investitionsstrategie über die Vermarktung und das faktische Agieren der Beteiligten bis zur tatsächlichen Geltendmachung der Ansparrücklage im Feststellungsverfahren und in der Folge im Veranlagungs- und Vorauszahlungsverfahren. Insoweit könne nicht entscheidend sein, dass das Konzeptpapier für die J -Rendite-Leasinggesellschaften in der Ertragsberechnung keine Hinweise auf die Bildung einer Ansparrücklage enthalte. Auch würden die prognostizierten Ertrags- und Liquiditätsplanungen des „alten“ als auch des „neuen“ Konzepts einen identischen (kumulierten) Jahresüberschuss bzw. eine identische (kumulierte) Liquidität ausweisen, obwohl es sich um unterschiedliche Konzepte handeln solle. Allein das „Weglassen“ der steuerlichen Hinweise (z.B. Ertragsplanung mit Nachsteuerbetrachtung) könne hier nicht die Annahme rechtfertigen, dass die Rücklagenbildung nach § 7 g EStG in der Konzeption keine Rolle mehr spiele. Vor diesem Hintergrund erschließe sich insbesondere nicht, dass das Finanzgericht in dem vorgehenden AdV-Verfahren unter dem Aktenzeichen 5 V 1142/10 F aus dem Umstand, dass nach dem (neuen) Prospekt ab dem Investitionsjahr positive Einkünfte erzielt werden sollten, herleite, dass steuerliche Vorteile nicht in Aussicht gestellt worden seien. Dies gelte umso mehr, als der Ertrags- und Liquiditätsplanung zu Grunde liegende Parameter der beiden Konzepte voneinander abweichen würde. Daraus lasse sich nur folgern, dass nicht die wirtschaftliche Rentabilität der Investitionen im Vordergrund gestanden habe, sondern vielmehr die Herbeiführung von Steuervorteilen im Sinne des §§ 15 b Abs. 2 EStG.
34Daraus, dass sich in dem Prospekt für die Rendite Leasing KG´s im Gegensatz zu dem vorherigen Prospekt für die Leasingfonds KG´s Ausführungen zur Unternehmerstellung des Kommanditisten befinden, könne nicht hergeleitet werden, dass der Kommanditist nicht lediglich eine kapitalmäßige Beteiligung anstrebe, sondern er die Geschäftsführung der Gesellschaft maßgeblich beeinflusst habe. Auch sei ohne Bedeutung, dass der Kommanditist selbst die absolute Höhe der Investitionen habe festlegen können. Gegen die Annahme einer Einflussnahme des Kommanditisten auf die Geschäftsführung spreche die Regelung in § 15 des Gesellschaftsvertrags, wonach die Komplementär-GmbH für die Aufnahme neuer Gesellschafter zuständig sei. Diese Regelung mache deutlich, dass es dem Kommanditisten auf die vorbeschriebenen Rechte, welche die Unternehmerstellung ausmachen würden, letztlich nicht ankomme, da es die Komplementär-GmbH in der Hand habe, eine größere Anzahl weiterer Kommanditisten aufzunehmen. Die Rechte und Gestaltungsspielräume des einzelnen Kommanditisten könnten dadurch letztlich so weit eingeschränkt werden, dass sich seine Stellung de facto von derjenigen eines „Kapitalgebers“ nicht mehr wesentlich unterscheide. Dass es tatsächlich nicht zur Aufnahme eines neuen Gesellschafters gekommen sei, stehe dem nicht entgegen. Denn ein Gesellschafter, der ernsthaft an der „Leitung der Gesellschaft“ interessiert gewesen sei, hätte einer solchen Regelung nicht zugestimmt.
35Nach der Gesetzesbegründung müsse das vorgefertigte Konzept zudem lediglich auf die Erzielung der steuerlichen Vorteile ausgerichtet sein, also nur die Möglichkeit zur Erzielung von negativen Einkünften bieten. Es könne also nicht darauf ankommen, ob mit Steuervorteilen in Form von negativen Einkünften geworben werde, denn die Rechtsfolge des § 15 b EStG trete auch dann ein, wenn der Steuerpflichtige selbst das Konzept nicht gekannt habe oder nicht allein mit dem Ziel der Steuerersparnis einem Fonds beigetreten sei. Das vorgefertigte Konzept müsse mithin nicht Auslöser für die Investition des Steuerpflichtigen gewesen sein. Der Anwendungsbereich des § 15 b EStG könne nicht auf diejenigen Fälle beschränkt sein, in denen die zu erzielende Steuerersparnis in den Verkaufsunterlagen ausgewiesen sei.
36Die Regelung in § 9 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages, nach der die GmbH eine Vergütung für die Erstellung eines Investitionsplans enthält, spreche ebenfalls für das Vorliegen eines Modells. Hieraus sei ersichtlich, dass sowohl ein Investitionsplan der Klin. als auch ein vorgefertigtes Konzept existiert habe, für das die Klin. – und damit wirtschaftlich die Kommanditisten – bereit gewesen seien, Vorlaufkosten i.H.v. 15.000 € zu zahlen. Dass die einzelnen Kommanditisten über die Höhe ihrer Investitionen hätten frei entschieden können, sei unerheblich. Weitere Entscheidungen über die Investitionen hätten die Kommanditisten nach den Regelungen des Gesellschaftsvertrages nicht treffen können. Mit der modellhaften Gestaltung sollten steuerliche Vorteile in Form von negativen Einkünften erzielt werden. Maßgeblich seien die prognostizierten, nicht die tatsächlich erzielten Verluste. Die Bildung der Ansparabschreibung sei unabhängig davon in die Prognose einzubeziehen, dass diese im Konzeptpapier nicht genannt sei.Anders als beim Konzeptpapier der Leasingfonds KG´s sei bei den Rendite Leasing KG´s das Investitionsjahr 0 bei der Ertragsplanung weggelassen worden. Dies sei allein deshalb erfolgt, um eine Anwendung des § 15b EStG zu umgehen. Tatsächlich sei in allen dem Bekl. bekannten Fällen eine Ansparabschreibung im Investitionsjahr gebildet worden. Auch aus dem von der Klin. vorgelegten E-Mail-Verkehr, speziell die E-Mail des K T vom 02.11.2007, gehe hervor, dass das Erlangen von Steuervorteilen von vornherein geplant gewesen sei.
37Die Vorschrift des § 15 b EStG sei auch nicht verfassungswidrig, insbesondere verstoße sie nicht gegen den Bestimmtheitsgrundsatz. Die Tatbestandsmerkmale seien klar formuliert und der Auslegung zugänglich.
38Die Sache wurde am 22.11.2013 vor dem Senat mündlich verhandelt. Auf das Sitzungsprotokoll wird Bezug genommen.
39Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf die vom Bekl. vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
40Es wurde die Gerichtsakte 5 V 1142/10 F beigezogen.
41Entscheidungsgründe
42Die Klage ist zulässig und begründet.
43Der Senat entscheidet in der Sache ohne Beiladung der ausgeschiedenen Komplementär-GmbH. Insoweit liegen die Voraussetzungen einer notwendigen Beiladung nach § 60 Abs. 3 i.V.m. § 48 Abs. 1 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht vor. Die Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15b Abs. 4 EStG betrifft nicht die GmbH. Ihr standen laut § 9 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages der Klin. lediglich für Vorlaufkosten eine einmalige Zahlung von 15.000,00 EUR und für ihre Haftung und ihre Tätigkeit eine jährliche Vergütung in Höhe von 4.000,00 EUR (ab 2007) zu. Darüber hinaus war sie an Gewinn und Verlust der Gesellschaft nicht beteiligt, so dass für sie die Feststellung eines Verlustes nicht in Betracht kommt.
44Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15b Abs. 4 EStG auf den 31.12.2006 vom 17.03.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 01.10.2010 ist rechtswidrig und verletzt die Gesellschafter der Klin. in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Bekl. hat die auf K T und S T entfallenden Verluste zu Unrecht als nicht ausgleichsfähigen Verlust im Sinne des § 15b EStG festgestellt. Der angefochtene Bescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung war daher aufzuheben.
45Für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides über die gesonderte und einheitliche Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15b Abs. 4 EStG auf den 31.12.2006 kommt es nicht darauf an, ob die Einkünfte der Höhe nach zutreffend erfasst wurden, insbesondere ob die von der Klin. ursprünglich gebildete § 7 g EStG-Rücklage hätte anerkannt werden müssen. Denn dem Senat ist insoweit eine eigene Prüfung verwehrt. Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2006 ist durch Rücknahme der diesbezüglichen Klage bereits bestandskräftig geworden und nicht Gegenstand dieses Klageverfahrens. Weil der Gewinnfeststellungsbescheid als Grundlagenbescheid Bindungswirkung für das Verfahren zur Feststellung des verrechenbaren Verlustes nach § 15b Abs. 4 EStG entfaltet (vgl. BFH-Urteil vom 23. Februar 1999 VIII R 29/98, BFHE 188, 146, BStBl II 1999, 592 zu § 15a EStG; vgl. auch Heuermann in Blümich, EStG, 116. Auflage, § 15b Rdnr. 38), ist von den festgestellten Einkünften auszugehen (Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30. Januar 2013 3 K 1185/12, EFG 2013, 849).
46Gemäß § 15b Abs. 4 Satz 1 EStG ist der nach Abs. 1 dieser Vorschrift nicht ausgleichsfähige Verlust jährlich gesondert festzustellen. Diese Feststellung ist einheitlich durchzuführen, wenn es sich bei dem Steuerstundungsmodell um eine Gesellschaft i. S. v. § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO handelt und die Feststellung mit der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte verbunden wird (§ 15b Abs. 4 Satz 5, 2. Halbsatz EStG). Nach § 15b Abs. 1 Satz 1 EStG dürfen Verluste im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden. Ein Steuerstundungsmodell in diesem Sinne liegt gemäß § 15b Abs. 2 EStG vor, wenn auf Grund einer modellhaften Gestaltung steuerliche Vorteile in Form negativer Einkünfte erzielt werden sollen. Dies ist der Fall, wenn dem Steuerpflichtigen auf Grund eines vorgefertigten Konzepts die Möglichkeit geboten werden soll, zumindest in der Anfangsphase der Investition Verluste mit übrigen Einkünften zu verrechnen. Dabei ist es ohne Belang, auf welchen Vorschriften die negativen Einkünfte beruhen. Verluste im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell dürfen nur dann nicht ausgeglichen oder abgezogen werden, wenn innerhalb der Anfangsphase das Verhältnis der Summe der prognostizierten Verluste zur Höhe des gezeichneten und nach dem Konzept auch aufzubringenden Kapitals oder bei Einzelinvestitionen des eingesetzten Eigenkapitals 10 % übersteigt (§ 15b Abs. 3 EStG). Die Vorschrift des § 15b EStG, die durch das Gesetz zur Beschränkung der Verlustverrechnung im Zusammenhang mit Steuerstundungsmodellen vom 22.12.2005 (BGBl I 2005, 3683, BStBl I 2006, 80) eingeführt worden ist, findet auf Anlaufverluste von Existenz- und Firmengründern zwar grundsätzlich keine Anwendung (Begründung des Gesetzesentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD, BT-Drucksache 16/107 vom 29.11.2005 S. 6; BMF-Schreiben vom 17.7.2007, BStBl I 2007, 542 Tz. 1; Seeger in Schmidt, EStG, 29. Aufl. 2010, § 15b Rn. 2). Der Gesetzgeber wollte aber Steuerstundungsmodellen die Anerkennung versagen, die ein extrem hohes Verlustverrechnungspotential in der Anfangsphase einer Investition generieren (so auch Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 17.10.2012 1 K 2343/08, EFG 2013, 510).
47Im Streitfall sprechen zwar erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass das Konzeptpapier zu J Rendite Leasinggesellschaften ein vorgefertigtes Konzept und damit eine modellhafte Gestaltung darstellt, denn nach diesem Konzeptpapier wurden von denselben Initiatoren zahlreiche gleichartige Gesellschaften gegründet und betrieben. Letztlich kann diese Frage aber offen bleiben, da nicht zur Überzeugung des Senats feststeht, dass durch dieses Konzept die Möglichkeit geboten werden sollte, negative Einkünfte zu erzielen.
48Da typische Anlaufverluste in der Existenzgründungsphase nicht unter § 15b EStG fallen, führen die gemäß § 9 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags vereinbarten Zahlungen an die Komplementär-GmbH in Form einer einmaligen Zahlung in Höhe von 15.000,00 EUR, einer jährlichen Vergütung in Höhe von 4.000,00 EUR und Auslagenersatz sowie die sonstigen, mit der Gründung der Klin. im Streitjahr im Zusammenhang stehenden Aufwendungen nicht zur Erzielung steuerlicher Vorteile i. S. v. § 15b Abs. 2 EStG. Hinzu kommt, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb bei näherer Prüfung ggf. abweichend, nämlich tatsächlich höher hätten festgestellt werden müssen, der Verlust mithin geringer hätte festgestellt werden müssen. Denn die Konzeptionsgebühr, für die die Klin. an die Komplementär-GmbH eine einmalige Zahlung in Höhe von 15.000,00 EUR zu leisten hatte, sollten Kosten wie z. B. Leasing- und Investitionsplanung, Leasinggut-Akquisition sowie Beschaffung der Eigenkapitalausstattung abdecken (so das Konzeptpapier für J Rendite Leasingfonds, Seite 11 Punkt 2). Sie betraf damit offenbar Kosten zur Herstellung einer Investitionsstruktur für noch abzuschließende Sale-and-lease-back-Geschäfte. Von dieser Investitionsstruktur hätte die Klin. über einen vorgesehenen Zeitraum von acht Jahren profitiert. Die Klin. sollte gemäß § 14 ihres Gesellschaftsvertrags nach Ablauf des 31.12.2013 aufgelöst werden. Bis dahin sollten die Sale-and-lease-back-Geschäfte abgewickelt sein. Daher wäre der Aufwand der Klin. in Höhe von 15.000,00 EUR bei näherer Prüfung ggf. als ein über die vorgesehene Laufzeit der KG abzuschreibendes immaterielles Wirtschaftsgut zu aktivieren gewesen.
49Die von der Klin. ursprünglich beantragte Bildung einer Ansparrücklage nach § 7g Abs. 3 EStG führt ebenfalls nicht dazu, dass steuerliche Vorteile in Aussicht gestellt wurden. Das Konzeptpapier für J Rendite Leasinggesellschaften, das der Gründung der Klin. zugrunde lag, enthält in der Ertragsberechnung keine Hinweise auf die Bildung einer Ansparrücklage. Im Konzeptpapier werden steuerliche Aspekte gar nicht angesprochen. Vielmehr sollten danach ab dem Investitionsjahr positive Einkünfte erzielt werden. Dass ein anderes – offenbar älteres - Konzeptpapier derselben Initiatoren für J Leasingfondsgesellschaften Hinweise auf die Bildung einer Ansparrücklage enthält, lässt nicht ohne weitere Anhaltspunkte den Schluss zu, dass diese Hinweise auf das im Streitfall gewählte Anlagemodell übertragbar sind. Entgegen der Ansicht des Bekl. ist es nicht schädlich, dass die Initiatoren als Reaktion auf die Einführung der gesetzlichen Regelung ein Konzept entwickelt haben, das die Voraussetzungen für ein Steuerstundungsmodell i. S. v. § 15b Abs. 2 EStG gerade nicht erfüllt (so auch FG Münster, Urteil vom 8. November 2010 5 K 4566/08 F, EFG 2011, 438; Beschluss vom 5. August 2010 5 V 1142/10 F, EFG 2010, 1878). Denn nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist es dem Steuerpflichtigen grundsätzlich nicht verwehrt, seine rechtlichen Verhältnisse so zu gestalten, dass sich eine möglichst geringe steuerliche Belastung ergibt (z. B. BFH-Urteil vom 17. März 2010 IV R 25/08, BFHE 228, 509, BStBl II 2010, 622; BFH-Beschluss v. 29. November 1982 GrS 1/81, BFHE 137, 433, BStBl II 1983, 272, unter C. III. der Gründe). Im Übrigen sind auf die hier ursprünglich von der Klin. gebildete Ansparabschreibung hin tatsächlich in 2007 Leasinggüter für insgesamt 64.000,00 EUR angeschafft worden.
50Weitere Anhaltspunkte dafür, dass durch das Konzept der J Rendite Leasinggesellschaften die Möglichkeit geboten werden sollte, negative Einkünfte zu erzielen, sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist nicht erklärlich, wie für ein Konzept, das mit Steuervorteilen in Form von negativen Einkünften wirbt, Anleger gefunden werden sollen, wenn im Vermarktungsprospekt steuerliche Folgen gerade nicht angesprochen werden. Hierzu hätte es weiterer Vermarktungsinstrumente bedurft, die im Streitfall nicht erkennbar sind.
51Es besteht auch kein Anscheinsbeweis dahingehend, dass bei der Gründung einer Vielzahl gleichartiger Gesellschaften mit nur einem oder wenigen Kommanditisten nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen ist, dass die Investition zur Erlangung steuerlicher Vorteile getätigt worden ist. Vielmehr ist nach den allgemeinen Regeln über die Darlegungs- und Feststellungslast zu entscheiden. Da es sich bei § 15b EStG um eine Verlustausgleichsbeschränkung und damit um eine steuererhöhende Vorschrift handelt, trägt das Finanzamt die Darlegungs- und Feststellungslast.
52Da bereits die Tatbestandsvoraussetzungen des § 15b Abs. 2 EStG nicht vorliegen, muss der Senat nicht auf die von der Klin. angesprochene Frage der Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift eingehen (so auch BFH-Beschluss vom 8. April 2009 I B 223/08, BFH/NV 2009, 1437).
53Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
54Die Revision wird wegen besonderer Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen, da das streitige Modell eine Vielzahl von Fällen betrifft und zur Auslegung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 15b EStG – insbesondere zur Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Anscheinsbeweis vorliegt - eine höchstrichterliche Klärung geboten ist. Im Übrigen erfolgt die Revisionszulassung im Hinblick auf das beim BFH anhängige Verfahren mit dem Aktenzeichen IV R 59/10.
(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.
(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder - 3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.
(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.
(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; § 150 bleibt unberührt. Vollstreckungsgericht ist das Finanzgericht.
(2) Vollstreckt wird
- 1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen, - 2.
aus einstweiligen Anordnungen, - 3.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen.
(3) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.