Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 18. Apr. 2013 - 4 K 2093/12

ECLI:ECLI:DE:FGRLP:2013:0418.4K2093.12.0A
bei uns veröffentlicht am18.04.2013

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens haben die Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

Strittig ist, ob der formell bestandskräftig gewordene Einkommensteuerbescheid 2009 vom 6. April 2011 nach § 129 AO wegen einer offenbaren Unrichtigkeit berichtigt werden durfte.

2

Die miteinander verheirateten Kläger gaben in ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2009 (Blatt 5-45 ESt-A) u. a. an, insgesamt rund 278 € für haushaltsnahe Dienstleistungen im Sinne des § 35a Einkommensteuergesetz - EStG - ausgegeben zu haben (Blatt 5 und 19 ESt-A). Hiervon wich der Veranlagungsbeamte insoweit ab, als er die Aufwendungen für die Schornsteinfeger-Rechnung vom 3. Dezember 2008 in Höhe von 26,19 € im Hinblick auf die Erfassung im Vorjahr nicht zum Abzug zuließ, wodurch sich die anzuerkennenden haushaltsnahen Dienstleistungen auf einen Betrag in Höhe von rund 252 € minderten. Im Mantelbogen ist der korrigierte Betrag von 252 € dem handschriftlich gestrichenen Erklärungsbetrag von 278 € vorangestellt (Blatt 19 ESt-A).

3

In den Erläuterungen des Einkommensteuerbescheides 2009 vom 6. April 2011 (Blatt 46-50ESt-A) wies der Beklagte auf die Nichtanerkennung der Schornsteinfeger-Rechnung vom 3. Dezember 2008 ausdrücklich hin (Blatt 48 ESt-A). Die tarifliche Einkommensteuer ermäßigte er nach § 35a EStG aber nicht um den korrigierten Betrag von 252 €, sondern um den Betrag von 4.000 € (Blatt 47 ESt-A). Der so ergangene Einkommensteuerbescheid 2009 erwuchs in Bestandskraft.

4

Aufgrund der “Hinweismitteilung“ vom 26. April 2012 (Blatt 52/53 ESt-A) bemerkte der Beklagte, dass er die haushaltsnahe Dienstleistungen um 3.949 € zu hoch bei der Steuerermäßigung berücksichtigte.

5

Ohne vorherige Anhörung erließ er unter dem Datum vom 11. Mai 2012 - gestützt auf § 129 AO - einen geänderten Einkommensteuerbescheid für 2009 und reduzierte darin die Steuerermäßigung für haushaltsnahen Dienstleistungen auf 51 € (= 20 % von 252 €). Dadurch erhöhte sich die festzusetzende Einkommensteuer für 2009 um 3.949 € auf einen Betrag in Höhe von 23.262 € (Blatt 54 ESt-A).

6

Ihren am 16. Mai 2012 per Fax erhobenen Einspruch (Blatt 58/59 ESt-A) begründeten die Kläger damit, dass die Voraussetzungen für eine Änderung nach § 129 AO nicht vorliegen würden, da dem Beklagten - entgegen seiner Schilderung des Ablaufes im Schreiben vom 21. Mai 2012 (Blatt 60-62 ESt-A) - kein Eingabefehler oder eine ähnliche Unrichtigkeit unterlaufen seien. Im Hinblick darauf, dass die haushaltsnahen Dienstleistungen im Ausgangsbescheid im Einzelnen geprüft worden seien, müsse davon ausgegangen werden, dass die zu Grunde liegenden Rechnungen bei ihrer Eingabe im Einzelnen geprüft worden wären. Selbst wenn eine Freigabe nicht hätte manuell erfolgen müssen, handele es sich um eine nachgelagerte Rechtsentscheidung mit der Folge, dass eine spätere Änderung des Bescheides nach § 129 AO nicht möglich sei (Blatt 63/64 ESt-A).

7

Den Einspruch wies der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 29. Juni 20012 aus folgenden Gründen zurück: Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes unterlaufen seien, könnte das Finanzamt nach § 129 AO jederzeit berichtigen. Die Vorschrift des § 129 AO entspreche dem allgemeinen Rechtsgedanken, dass die nach außen hin erfolgte Willenserklärung keinen Vertrauensschutztatbestand bilde, wenn der Sinn des Ausgedrückten von dem erkennbar Gewollten abweiche. Das Vertrauen in den Fortbestand des offenbar Unrichtigen sei nicht schutzwürdig. Auf ein Verschulden bei der Verursachung der Unrichtigkeit komme es nicht an. Erforderlich sei auch nicht, dass die Unrichtigkeit für den Steuerpflichtigen ohne weiteres erkennbar sei, sondern dass sie erkennbar während der Produktion des Verwaltungsakts passiert sei und nicht in einem Rechtsirrtum bestehe. Durch die Vorschrift sollten Flüchtigkeitsfehler jeder Art, nicht jedoch Fehler in der Anwendung oder Auslegung einer Rechtsnorm berichtigt werden können. Im vorliegenden Streitfall handele es sich um eine offenbare Unrichtigkeit, die dem Bearbeiter bei der Erfassung der Eingabedaten offensichtlich infolge von Unachtsamkeit, Flüchtigkeit oder Abgelenktheit unterlaufen sei. Dass der Bearbeiter bei der fehlerhaften Erfassung keine rechtlichen Überlegungen angestellt habe, ergebe sich seinerseits bereits aus der für haushaltsnahe Dienstleistungen nahezu auszuschließenden Höhe des erfassten Betrages mit einem Wert von 278.252 €, andererseits aber auch aus den im Bescheid gegebenen Erläuterungen, woraus ersichtlich sei, dass von den geltend gemachten Aufwendungen ein Teilbetrag in Höhe von 26,19 € nicht berücksichtigungsfähig sei. In dem Steuererklärungsvordruck habe der Bearbeiter zudem die entsprechende Eintragung der Kläger (278 €) erkennbar gestrichen und handschriftlich einen Betrag von 252 € eingesetzt. Über die rechtlichen Überlegungen des Bearbeiters bestünden insoweit keine Zweifel. In der Verwaltungspraxis würden eingehende Steuererklärungen zunächst unverändert mit den eingetragenen Werten erfasst. Diese Daten seien anschließend in der EDV-Erfassungsmaske enthalten. Im Rahmen der Veranlagung würden die Daten sodann auf ihre Richtigkeit hin geprüft und gegebenenfalls angepasst. Das Überschreiben der ursprünglichen Daten erfolge mittels Doppelklick auf die entsprechende Eingabenposition und Eingabe des zutreffenden Wertes. Vorliegend habe der Bearbeiter aber offensichtlich die Eingabeposition zuvor nicht durch Doppelklick markiert, so dass bei der Eingabe des zutreffenden Wertes dieser an den bereits eingetragenen Wert angehängt worden sei. Dem Bearbeiter könnte auch kein Fehler bei der Sachaufklärung angelastet werden. Das EDV-Programm hätte im Rahmen der Erfassung der Eingabedaten für den ursprünglichen Steuerbescheid vom 6. April 2011 keine Bearbeitungshinweise ausgegeben, so dass insoweit auch eine nachträgliche nochmalige Überprüfung des Steuerbescheides unterblieben sei. Nach alledem sei festzustellen, dass die fehlerhafte Dateneingabe eindeutig und ausschließlich auf einem rein mechanischen Versehen beruht habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 29. Juni 2012 verwiesen.

8

Mit ihrer Klage halten die Kläger an ihrer Auffassung weiterhin fest, dass die Voraussetzungen für die Korrektur des ursprünglichen Steuerbescheids für 2009 nicht gegeben seien. Hierzu haben sie vorgetragen:

9

Der Beklagte habe den Änderungsbescheid ausweislich der dortigen Erläuterungen mit einem Eingabefehler im Ausgangsbescheid gerechtfertigt und dies in der Einspruchsentscheidung dahingehend konkretisiert, dass die Voraussetzungen des § 129 AO zur Korrektur offenbarer Unrichtigkeiten vorlägen. Die Vorschrift stelle als Vertrauenstatbestand zunächst auf den Empfängerhorizont des Steuerpflichtigen ab. Dann, wenn es sich um Schreibfehler, Rechenfehler oder ähnliche offenbarer Unrichtigkeiten handele, solle eine Korrektur des Vertrauensschutzinteresses möglich sein. Im vorliegenden Fall sei indes von einem bloßen Schreib- oder Rechenfehler nicht auszugehen. Die Ursache für die Eintragungen, so wie sie in der Einspruchsentscheidung dargelegt worden seien, würden bestritten. Es werde insbesondere bestritten, dass es sich um eine fehlerhafte Eintragung infolge eines fehlerhaften Doppelklicks auf die Eintragungsposition in der Bearbeitungsmaske gehandelt habe. Aus dem Steuerbescheid selbst sei nicht erkennbar, dass es an dieser Position zu Fehlern etwa gekommen wäre, nachdem die Erläuterungen im Ausgangsbescheid ausdrücklich festgestellt hätten, dass es zu Kürzungen in dieser Position gekommen sei, also davon ausgegangen werden könnte, dass die Position in ihrer Höhe überprüft und entsprechend eingesetzt worden sei.

10

Bei Eingabe – wie vorgetragen einer sechsstelligen Zahl – sei mit Sicherheit von einer Plausibilitätskontrolle des Programms auszugehen, die offensichtlich dahingehend ausgeübt worden sei, dass es sich um die richtige Eingabe gehandelt habe. Damit sei aber gerade von einer Entscheidung in der Sache auszugehen und nicht etwa lediglich um einen bloßen Eingabefehler. Es sei schlechterdings nicht denkbar, dass von Seiten der Finanzbehörde ein sechsstelliger Betrag im Bereich der haushaltsnahen Dienstleistungen eingegeben werden könnte, ohne dass das Programm diese Position auf Plausibilität überprüfe.

11

Der vom Beklagten geschilderte Hergang werde vollinhaltlich bestritten. Zu berücksichtigen sei dabei, dass der Beklagte selbst vorgetragen habe, dass die Daten in der Erfassungsmaske enthalten gewesen und im Rahmen der Veranlagung auf ihre Richtigkeit hin überprüft und angepasst worden seien. Damit liege gerade ein Anpassungsvorgang vorhandener Daten vor und damit eine Rechtsanwendung. Dies gelte umso mehr, als der Beklagte im Weiteren ausgeführt habe, dass das Programm keine Bearbeitungshinweise ausgegeben hätte und damit davon auszugehen sei, dass das Programm die Eingabe als rechtlich geprüft erkannt habe und nicht lediglich im Rahmen einer Plausibilitätskontrolle wegen der Höhe ausgeworfen bzw. einen entsprechenden Bearbeitungshinweis ausgegeben hätte. Damit scheide aber eine offenbare Unrichtigkeit im Sinne des § 129 AO infolge eines Flüchtigkeitsfehlers aus.

12

Die Kläger beantragen, den Änderungsbescheid vom 11. Mai 2012 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 29. Juni 2012 ersatzlos aufzuheben.

13

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

14

Er hat auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung Bezug genommen sowie ergänzend und vertiefend vorgetragen:

15

Der Beklagte versichere, dass die fehlerhafte Datenerfassung wie vorgetragen (durch unterlassenen Doppelklick unter der entsprechenden Kennziffer in der Datenerfassungsmaske) zu Stande gekommen sei. Auf Wunsch könnte den Klägern die entsprechende Vorgehensweise bei der Erfassung von Steuererklärungsdaten an Amtsstelle vorgeführt werden.

16

An den Ausführungen in der Einspruchsentscheidung, dass das EDV-Programm einen entsprechenden Bearbeitungshinweis nicht ausgegeben hätte, werde nicht weiter festgehalten. Der Verfasser der Einspruchsentscheidung habe in dem Festsetzungsprogramm eine erneute Probeberechnung mit dem fehlerhaften Betrag von 278.252 € durchgeführt, wobei in der Tat keinerlei Bearbeitungshinweise ausgegeben worden seien. Hierdurch sei er zu der irrigen Auffassung gelangt, dass auch ursprünglich keine entsprechenden Hinweise vorgelegen hätten. Es habe sich nunmehr jedoch herausgestellt, dass ursprünglich ein Hinweis mit folgendem Text ausgegeben worden sei: "Bitte die Aufwendungen für die Inanspruchnahme haushaltsnahe Dienstleistungen/einer Hilfe im Haushalt (Kz. 18.210) prüfen, ggfs. Rechnung und Zahlungsnachweis anfordern." In der Steuerakte sei der entsprechende Hinweis nicht enthalten, weil entsprechende Aktenausfertigungen in Papierform seit geraumer Zeit nicht mehr erstellt würden.

17

Der Bearbeiter habe jedoch offensichtlich keine Veranlassung gesehen, eine nochmalige Prüfung der Aufwendungen vorzunehmen, weil er die entsprechenden Rechnungen und Zahlungsnachweise bereits geprüft und auch die vermeintliche Anpassung des Wertes bereits vorgenommen habe. Den Vergleich mit dem im Steuerbescheid ausgewiesenen Betrag habe er deshalb offensichtlich nicht mehr vorgenommen. Dass dem Bearbeiter der Fehler nicht aufgrund rechtlicher Überlegungen unterlaufen sei, könne bereits aus der tatsächlich kaum vorstellbaren Höhe des erfassten Betrages unterstellt werden. Bei reinen Arbeitslohnkosten in Höhe von 278.252 € hätte es sich hier ansonsten um eine Investition in Millionenhöhe handeln müssen. Das rein mechanische Versehen ergebe sich auch aus der eindeutigen handschriftlichen Eintragung im Erklärungsvordruck. Der Bearbeiter habe hier die ursprüngliche Eintragung von 278 € deutlich gestrichen und handschriftlich durch die Eintragung des Wertes von 252 € ersetzt. Die Absicht des Bearbeiters, nur den Wert von 252 € erfassen zu wollen, werde hierdurch eindeutig erkennbar. Auch die Erläuterung im Steuerbescheid, dass von dem erklärten Betrag von 278,01 € ein Teilbetrag von 26,19 € nicht habe berücksichtigt werden können, mache dies deutlich. Es könne ausgeschlossen werden, dass der Bearbeiter aufgrund rechtlicher oder tatsächlicher Überlegungen zu der Auffassung gelangt sein könnte, es seien tatsächlich Handwerkerleistungen in Höhe von 278.252 € zu berücksichtigen gewesen. Zwar treffe es zu, dass der Fehler letztendlich auf eine oberflächliche Bearbeitung zurückzuführen sei. Dies schließe jedoch die Anwendung des § 129 AO nicht aus. Vielmehr spreche gerade diese oberflächliche und ungründliche Handlungsweise dagegen, dass rechtliche Überlegungen bei der Fehlereintragung einer Rolle gespielt haben könnten. Im übrigen sei der aufgetretene Fehler auch für die Kläger offenbar gewesen. Es habe sich den Klägern geradezu aufdrängen müssen, dass bei erklärten Aufwendungen in Höhe von 278 € sich keine Steuerermäßigung nach § 35a EStG in Höhe von 4.000 € hätten ergeben können. Dies gelte umso mehr vor dem Hintergrund, dass der Kläger Sozius in einer Steuerberatungs- und Rechtsanwaltspraxis sei.

18

Hierauf haben die Kläger in ihrer Replik vom 20. Februar 2013 geantwortet: In der Klageerwiderung habe der Beklagte nunmehr einräumen müssen, dass eine Plausibilitätskontrolle doch stattgefunden habe, der Bearbeiter jedoch offensichtlich keine Veranlassung für eine nochmalige Prüfung der Aufwendungen gesehen habe. Aus dieser Begründung werde indes deutlich, dass es sich gerade nicht mehr um einen bloßen Schreib- oder Rechenfehler gehandelt habe, sondern vielmehr der Sachbearbeiter aufgrund eigener Prüfung eine inhaltliche Entscheidung getroffen habe. Damit gehe sein Entscheidungshorizont indes über einen bloßen Schreib- und Rechenfehler dahingehend hinaus, dass er eine Kontrollfrage des Programms inhaltlich geprüft und verworfen habe. Dass dabei ein rechtlicher oder tatsächlicher Irrtum zu Grunde gelegen habe, führe nicht zur Anwendbarkeit des § 129 AO, sondern schlicht dazu, dass der so entstandene Fehler eben nach Bestandskraft nicht mehr korrigierbar sei. Dies ergebe sich auch nicht daraus, dass der Fehler insoweit angesichts der Werte, wie der Beklagte im letzten Absatz auf Seite 2 der Klageerwiderung es darstelle, mehr oder minder offenkundig gewesen wäre. Dies sei, wie der Beklagte bislang selbst vorgetragen habe, nicht Voraussetzung für die Anwendung des § 129 AO. Dabei spiele es auch keine Rolle, dass der aufgetretene Fehler für den Kläger offenbar gewesen sei. Der Steuerbescheid selbst weise die in Ansatz gebrachten Beträge für haushaltsnahe Dienstleistungen selbst nicht aus. Diese Position sei lediglich korrigiert im Rahmen der textlichen Hinweise angesetzt worden. Schließlich könne auch die berufliche Qualifikation des Steuerpflichtigen nicht dazu führen, dass der Anwendungsbereich des § 129 AO erweitert werden dürfte. Insgesamt sei damit festzuhalten, dass es sich nach den neuerlichen Mitteilungen des Beklagten gerade nicht um den in § 129 AO vorgesehenen Eingabefehler gehandelt habe, sondern vielmehr um eine nach Plausibilitätskontrolle bewusst getroffene Entscheidung der Nichtüberprüfung des festgestellten Sachverhaltes und Beibehalten der geprüften Werte.

19

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung verzichtet, der Beklagte im Schreiben vom 2. Januar 2013 (Blatt 27/28 PA) und die Kläger im Schreiben vom 20. Februar 2013 (Blatt 35/36 PA).

I.

Entscheidungsgründe

20

Die Klage ist unbegründet.

21

Zu Recht hat der Beklagte den formell in Bestandskraft erwachsenen Einkommensteuerbescheid vom 6. April 2011 durch den streitgegenständlichen Bescheid vom 11. Mai 2012 - gestützt auf § 129 AO - geändert.

22

1. Nach dieser Vorschrift kann die Finanzbehörde Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit berichtigen. Ähnliche offenbare Unrichtigkeiten im Sinne dieser Vorschrift müssen einem Schreib- oder Rechenfehler ähnlich sein, d. h. es muss sich um mechanische Fehler handeln. Ist hingegen die mehr als nur theoretische Möglichkeit eines Rechtsirrtums, Denkfehlers bei der Sachverhaltswürdigung oder einer unvollständigen Sachaufklärung gegeben, liegt kein mechanisches Versehen und damit keine offenbare Unrichtigkeit vor (vgl. z. B. Urteile des BFH vom 24. Juli 1984 VIII R 304/81, BStBl II 1984 Seite 785; vom 28. November 1985 IV R 178/83, BStBl II 1986 Seite 293; vom 18. August 1999 I R 93/98, BFH/NV 2000 Seite 539; vom 1. August 2012 IX R 4/12, BFH/NV 2013 Seite 1).

23

Offenbar ist eine Unrichtigkeit dann, wenn der Fehler bei Offenlegung des Sachverhalts für jeden unvoreingenommenen Dritten klar und eindeutig als offenbare Unrichtigkeit erkennbar ist (ständige Rechtsprechung; siehe etwa BFH-Urteile vom 25. Februar 1992 VII R 8/91, BStBl II 1992 Seite 713; vom 4. Juni 2008 X R 47/07, BFH/NV 2008 Seite 1801; vom 27. Mai 2009 X R 47/08, BStBl II 2009 Seite 946; in BFH/NV 2010 Seite 2004, m.w.N.). Die Möglichkeit, die Unrichtigkeit zu erkennen und zu berichtigen, muss sich gewissermaßen mechanisch ergeben (Klein/Brockmeyer-Ratschow, AO, 11. A. 2012, Rz 2 zu § 129), was der Fall ist, wenn der Fehler als solcher "auf der Hand liegt" und aus sich heraus offen zutage tritt, nicht aber, wenn er erst durch Abfrage subjektiver Einschätzungen seinerzeit Beteiligter ermittelt und damit "offenbart" wird. Etwaige entgegenstehende innere Absichten des beteiligten Verwaltungsbeamten müssen sich sonach in einer irgendwie nach außen tretenden "offenbaren" Handlungsweise "beim Erlass" des betreffenden Bescheides niederschlagen; spätere Bekundungen des Beamten können dies nur verifizieren (BFH-Urteil vom 29. Januar 2009 I R 20/02, BFH/NV 2003 Seite 1139). Die Entscheidung, ob eine offenbare Unrichtigkeit in diesem Sinne vorliegt, ist demzufolge nach den Verhältnissen des Einzelfalls, vor allem nach der Aktenlage zu treffen (vgl. z.B.: BFH-Urteile vom 15. März 1994 XI R 78/92, BFH/NV 1995 Seite 937; vom 16. Juli 2003 X R 37/99, BStBl II 2003 Seite 867; vom 11. Juli 2007 XI R 17/05, BFH/NV 2007 Seite 1810).

24

2. Gemessen an den vorstehenden Grundsätzen ist dem Veranlagungsbeamten beim Erlass des Einkommensteuerbescheides 2009 vom 6. April 2011 ein mechanischer und offenbarer Fehler unterlaufen, denn ihm ist nach Lage der Akten offensichtlich ein Eingabefehler passiert.

25

a) Dies ergibt sich zur Überzeugung des erkennenden Senats aus der in den Erläuterungen zum Einkommensteuerbescheid vom 6. April 2011 mitgeteilten Nichtanerkennung der Schornsteinfeger-Rechnung vom 3. Dezember 2008, der entsprechenden Streichung dieser Rechnung in der von den Klägern gefertigten Aufstellung der haushaltsnahen Dienstleistungen (Blatt 5 ESt-A), der handschriftlichen Eintragung des korrigierten Betrages in Höhe von 252 € in der Zeile 76 des Mantelbogens und aus der Streichung des erklärten Betrages von 278 € in der Zeile 76 des Mantelbogens (Blatt 19 ESt-A). Hierdurch hat der Veranlagungsbeamte hinreichend deutlich erkennen lassen, dass von den geltend gemachten Dienstleistungen in Höhe von rund 278 € - seiner Rechtsansicht nach - lediglich der Restbetrag von rund 252 € als Betrag für die Ermäßigung der tariflichen Einkommensteuer verbleibt. Soweit im Einkommensteuerbescheid vom 6. April 2011 in Abweichung zu der offen zu Tage getretenen Rechtsansicht des Veranlagungsbeamten dennoch ein Steuerermäßigungsbetrag in Höhe von 4.000 € berücksichtigt wurde, kann dies nur bedeuten, dass der tatsächlich gewährte Steuerermäßigungsbetrag in Höhe von 4.000 € aufgrund eines Fehlers bei der Eingabe zu Stande gekommen sein muss.

26

b) Ein möglicher Rechtsanwendungsfehler scheidet bei solch einer Aktenlage aus. Es kann nämlich nicht ernsthaft angenommen werden, dass ein Finanzbeamter, der nach Aktenlage lediglich einen Betrag in Höhe von 252 € als Bemessungsgrundlage für die haushaltsnahe Dienstleistungen anerkennen will, einem Rechtsanwendungsfehler dergestalt erlegen wäre, dass er als Bemessungsgrundlage für die haushaltsnahe Dienstleistungen einen - nicht erklärten - Betrag an haushaltsnahen Dienstleistungen in Höhe von mindestens 20.000 € für richtig gehalten hätte, der die tatsächlich gewährte Steuerermäßigung von 4.000 € nur hätte rechtfertigen können.

27

c) Ein möglicher Rechtsanwendungsfehler kann auch nicht darin gesehen werden, dass es, wie der Beklagte im Klageverfahren eingeräumt hat, einen Programm gestützten Prüfhinweis gab.

28

Programmgestützte Prüfhinweise sind vom Veranlagungsbeamten aufgrund von behördeninternen Dienstanweisungen zu beachten. Solche Dienstanweisungen stellen keine Rechtsnorm dar; sie sind lediglich verwaltungsinterne Rechtsanwendungsvorschriften (FG Baden-Württemberg vom 8. Februar 2000 14 V 29/99, Juris) und dienen als Arbeitshilfen dazu, den Bearbeiter in die Lage zu versetzen, dem Computersystem mitzuteilen, wie es die Berechnung durchzuführen hat (FG Düsseldorf vom 13. Dezember 2005 17 K 1493/02 F, EFG 2006 Seite 465).

29

Geht der Bearbeiter der automatisch ergehenden Hinweismitteilung aus Versehen nicht nach, wird dadurch eine Berichtigung nach § 129 AO nicht ausgeschlossen. Denn das Übersehen einer Hinweismitteilung ist eine Nachlässigkeit, die zu einer späteren Berichtigung des Einkommensteuerbescheids berechtigt (vgl. z.B.: BFH-Urteil vom 18. April 1986 VI R 4/83, BStBl II 1986 Seite 541). Dies gilt aber nur dann, wenn die Überprüfung in dem Punkt nicht zu einer neuen Willensbildung des zuständigen Beamten im Rahmen dieses Tatsachenbereichs oder Rechtsbereichs führt (BFH-Urteil vom 4. November 1992 XI R 40/91, BFH/NV 1993 Seite 509; BFH-Urteil vom 10. Juli 2007 XI R 17/05, BFH/NV 2007 Seite 1810); dass dieser Ausnahmefall gegeben ist, schließt der erkennende Senat nach Lage der Akten jedoch aus.

30

Anhaltspunkte für eine Überprüfung der Eingabe der haushaltsnahen Dienstleistungen durch den Veranlagungsbeamten und einer fehlerbehafteten Willensbildung durch ihn sind nicht vorhanden. Das Gegenteil ist vielmehr der Fall. Hätte der Veranlagungsbeamte die vom Prüfhinweis angeregte Plausibilitätskontrolle tatsächlich durchgeführt, wäre ihm mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aufgefallen, dass die Eingabe zu den haushaltsnahen Dienstleistungen nicht stimmen kann. Es liegt außerhalb des Vorstellbaren, dass ein umfassend geschulter Finanzbeamter nach Auswertung des Prüfhinweises den Willen aufgrund einer fehlerhaften Rechtsansicht entwickelt haben soll, einen Betrag von mindestens 20.000 € als haushaltsnahe Dienstleistungen steuermindernd zu akzeptieren, obwohl nur ein Betrag in Höhe von 278 € erklärt wurde. Da der Sachverhalt zu den haushaltsnahen Dienstleistungen nach Aktenlage feststand, wird die im Hinblick auf die erklärten haushaltsnahen Dienstleistungen gewährte Steuerermäßigung von 4.000 € nur erklärlich, wenn man davon ausgeht, dass der Veranlagungsbeamten die durch den Prüfhinweis angeregte inhaltliche Kontrolle der haushaltsnahen Dienstleistungen pflichtwidrig unterließ. Das pflichtwidrige Unterlassen einer durch Prüfhinweis angeregten Plausibilitätsprüfung bedeutet aber nicht, dass der Veranlagungsbeamte die fehlerhafte Gewährung der haushaltsnahen Dienstleistungen auch rechtlich gebilligt hätte. Vielmehr ist in einer derartigen Bearbeitung bloß ein besonders nachlässiges Verhalten des Veranlagungsbeamten zu sehen, welches aber nicht die Annahme rechtfertigt, der Veranlagungsbeamte wäre einem die Berichtigung nach § 129 AO ausschließenden Rechtsirrtum erlegen.

II.

31

1. Die Kostenentscheidung basiert auf § 135 Abs. 1 FGO.

32

2. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 115 Abs. 2 FGO), liegen nicht vor.

33

3. Die Entscheidung ergeht gemäß § 90 Abs. 2 FGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.

Urteilsbesprechung zu Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 18. Apr. 2013 - 4 K 2093/12

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(1) Für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse, bei denen es sich um eine geringfügige Beschäftigung im Sinne des § 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch handelt, ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, auf Antrag um 20 Prozent, höchstens 510 Euro, der Aufwendungen des Steuerpflichtigen.

(2)1Für andere als in Absatz 1 aufgeführte haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse oder für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen, die nicht Dienstleistungen nach Absatz 3 sind, ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, auf Antrag um 20 Prozent, höchstens 4 000 Euro, der Aufwendungen des Steuerpflichtigen.2Die Steuerermäßigung kann auch in Anspruch genommen werden für die Inanspruchnahme von Pflege- und Betreuungsleistungen sowie für Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen wegen der Unterbringung in einem Heim oder zur dauernden Pflege erwachsen, soweit darin Kosten für Dienstleistungen enthalten sind, die mit denen einer Hilfe im Haushalt vergleichbar sind.

(3)1Für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, auf Antrag um 20 Prozent der Aufwendungen des Steuerpflichtigen, höchstens jedoch um 1 200 Euro.2Dies gilt nicht für öffentlich geförderte Maßnahmen, für die zinsverbilligte Darlehen oder steuerfreie Zuschüsse in Anspruch genommen werden.

(4)1Die Steuerermäßigung nach den Absätzen 1 bis 3 kann nur in Anspruch genommen werden, wenn das Beschäftigungsverhältnis, die Dienstleistung oder die Handwerkerleistung in einem in der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum liegenden Haushalt des Steuerpflichtigen oder – bei Pflege- und Betreuungsleistungen – der gepflegten oder betreuten Person ausgeübt oder erbracht wird.2In den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 zweiter Halbsatz ist Voraussetzung, dass das Heim oder der Ort der dauernden Pflege in der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum liegt.

(5)1Die Steuerermäßigungen nach den Absätzen 1 bis 3 können nur in Anspruch genommen werden, soweit die Aufwendungen nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten darstellen und soweit sie nicht als Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt worden sind; für Aufwendungen, die dem Grunde nach unter § 10 Absatz 1 Nummer 5 fallen, ist eine Inanspruchnahme ebenfalls ausgeschlossen.2Der Abzug von der tariflichen Einkommensteuer nach den Absätzen 2 und 3 gilt nur für Arbeitskosten.3Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen nach Absatz 2 oder für Handwerkerleistungen nach Absatz 3 ist, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist.4Leben zwei Alleinstehende in einem Haushalt zusammen, können sie die Höchstbeträge nach den Absätzen 1 bis 3 insgesamt jeweils nur einmal in Anspruch nehmen.

Die Finanzbehörde kann Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit berichtigen. Bei berechtigtem Interesse des Beteiligten ist zu berichtigen. Wird zu einem schriftlich ergangenen Verwaltungsakt die Berichtigung begehrt, ist die Finanzbehörde berechtigt, die Vorlage des Schriftstücks zu verlangen, das berichtigt werden soll.

(1) Für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse, bei denen es sich um eine geringfügige Beschäftigung im Sinne des § 8a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch handelt, ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, auf Antrag um 20 Prozent, höchstens 510 Euro, der Aufwendungen des Steuerpflichtigen.

(2)1Für andere als in Absatz 1 aufgeführte haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse oder für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen, die nicht Dienstleistungen nach Absatz 3 sind, ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, auf Antrag um 20 Prozent, höchstens 4 000 Euro, der Aufwendungen des Steuerpflichtigen.2Die Steuerermäßigung kann auch in Anspruch genommen werden für die Inanspruchnahme von Pflege- und Betreuungsleistungen sowie für Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen wegen der Unterbringung in einem Heim oder zur dauernden Pflege erwachsen, soweit darin Kosten für Dienstleistungen enthalten sind, die mit denen einer Hilfe im Haushalt vergleichbar sind.

(3)1Für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, auf Antrag um 20 Prozent der Aufwendungen des Steuerpflichtigen, höchstens jedoch um 1 200 Euro.2Dies gilt nicht für öffentlich geförderte Maßnahmen, für die zinsverbilligte Darlehen oder steuerfreie Zuschüsse in Anspruch genommen werden.

(4)1Die Steuerermäßigung nach den Absätzen 1 bis 3 kann nur in Anspruch genommen werden, wenn das Beschäftigungsverhältnis, die Dienstleistung oder die Handwerkerleistung in einem in der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum liegenden Haushalt des Steuerpflichtigen oder – bei Pflege- und Betreuungsleistungen – der gepflegten oder betreuten Person ausgeübt oder erbracht wird.2In den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 zweiter Halbsatz ist Voraussetzung, dass das Heim oder der Ort der dauernden Pflege in der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum liegt.

(5)1Die Steuerermäßigungen nach den Absätzen 1 bis 3 können nur in Anspruch genommen werden, soweit die Aufwendungen nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten darstellen und soweit sie nicht als Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt worden sind; für Aufwendungen, die dem Grunde nach unter § 10 Absatz 1 Nummer 5 fallen, ist eine Inanspruchnahme ebenfalls ausgeschlossen.2Der Abzug von der tariflichen Einkommensteuer nach den Absätzen 2 und 3 gilt nur für Arbeitskosten.3Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen nach Absatz 2 oder für Handwerkerleistungen nach Absatz 3 ist, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist.4Leben zwei Alleinstehende in einem Haushalt zusammen, können sie die Höchstbeträge nach den Absätzen 1 bis 3 insgesamt jeweils nur einmal in Anspruch nehmen.

Die Finanzbehörde kann Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit berichtigen. Bei berechtigtem Interesse des Beteiligten ist zu berichtigen. Wird zu einem schriftlich ergangenen Verwaltungsakt die Berichtigung begehrt, ist die Finanzbehörde berechtigt, die Vorlage des Schriftstücks zu verlangen, das berichtigt werden soll.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine aus zwei Miteigentümerinnen bestehende Grundstücksgemeinschaft, begehrt die Änderung eines Feststellungsbescheides nach § 129 der Abgabenordnung (AO) wegen offenbarer Unrichtigkeit.

2

Die Klägerin erzielt Einkünfte aus der Vermietung von 12 Wohnungen und einem Laden. In ihrer von einer Steuerberatungsgesellschaft erstellten Feststellungserklärung für das Streitjahr (2004) waren in der beigefügten Anlage V folgende Beträge angegeben:

Zeile  3

Mieteinnahmen für Wohnungen (ohne Umlagen)

67.633 €

Zeile 11

sonstige Einnahmen

   102 €

Zeile 12

Summe der Einnahmen

67.735 €

Zeile 13

Summe der Werbungskosten

10.503 €

Zeile 14

Überschuss

57.232 €

3

In die Zeile 7 (Umlagen, verrechnet mit Erstattungen --z.B. Wassergeld, Flur- und Kellerbeleuchtung, Müllabfuhr, Zentralheizung usw.--) der Anlage V wurde kein Betrag eingetragen. Auf der Rückseite der Anlage V waren für die Werbungskosten in den Zeilen 49 (Grundsteuer, Straßenreinigung, Müllabfuhr), 50 (Wasserversorgung, Entwässerung, Hausbeleuchtung), 51 (Heizung, Warmwasser), 52 (Schornsteinreinigung, Hausversicherungen), 53 (Hauswart, Treppenreinigung, Fahrstuhl) keine Beträge eingetragen.

4

Der Feststellungserklärung beigefügt war die Jahresabrechnung 1. Januar 2004 bis 31. Dezember 2004 der Verwaltungsgesellschaft für das Mietwohngrundstück. Auf Bl. 1 S. 1 dieser Abrechnung waren die Mieteinnahmen mit 67.633,26 €, auf Bl. 1 S. 2 war der Gesamtbetrag der umlagefähigen Kosten mit 18.933,49 € angegeben. Im Januar 2006 wurden die Einkünfte für das Streitjahr erklärungsgemäß festgestellt.

5

Mit Schreiben vom Dezember 2009 beantragte die Klägerin die Berichtigung (u.a.) des Bescheids für 2004 gemäß § 129 AO. Bei der Ermittlung der Einkünfte seien zwar die Mieteinnahmen aus der Abrechnung der Verwaltungsgesellschaft, nicht aber die umlagefähigen Kosten in die Steuererklärungen übernommen worden. Aus der Abrechnung sei die Unrichtigkeit sofort erkennbar, sie sei geradezu augenfällig. Es seien zusätzliche Werbungskosten für 2004 in Höhe von 18.082 € zu berücksichtigen. In einer Anlage zu diesem Schreiben "Zusammenstellung der erklärten Einkünfte lt. V + V, und der tatsächlichen" ist die Ermittlung des Betrages dargelegt:

lt. Steuererklärung

lt. Antrag netto

zu viel Einkommen in der Grundstücksgemeinschaft

        

67.735 €

49.551 €

                 

        

102 € 

                 

- 10.503 €

- 10.503 €

                 

57.232 €

39.150 €

18.082 €

        
6

Mit Schreiben vom 23. Februar 2010 übersandte die Klägerin dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) überdies eine Aufstellung der Zusammensetzung der Mieten für das Streitjahr. Mit Bescheid vom 9. März 2010 lehnte das FA die Änderung der Steuerbescheide 2004 bis 2007 ab.

7

Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, eine Berichtigung nach § 129 AO komme nicht in Betracht. Der Feststellungsbescheid vom Januar 2006 sei unrichtig, da bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung die von der Klägerin von den Mietern vereinnahmten Umlagen berücksichtigt, nicht aber die entsprechenden gezahlten umlagefähigen Kosten abgezogen worden seien.

8

Die Unrichtigkeit beruhe auf einem Fehler der Klägerin, den sich das FA zu Eigen gemacht habe. Jedoch sei die Unrichtigkeit der Steuererklärung der Klägerin für den zuständigen Sachbearbeiter des FA nicht ohne weitere Prüfung zu erkennen gewesen.

9

Der Sachbearbeiter des FA sei auf Grund des Fehlens von Angaben zu den Umlagen und den umlagefähigen Kosten in den Zeilen 7 sowie 49 bis 53 der Anlage V offensichtlich davon ausgegangen, dass die Klägerin ihre Einkünfte im Sinne der Anwendung einer "Nettomethode" erklärt habe, d.h. unter Nichtberücksichtigung der vereinnahmten Umlagen sowohl auf der Seite der Einnahmen als auch der entsprechenden Aufwendungen bei den Werbungskosten.

10

Es könne dahinstehen, ob der Sachbearbeiter durch eine umfassende Überprüfung der Verwalterabrechnung hätte feststellen können und müssen, dass die Angaben der Klägerin in ihrer Steuererklärung unzutreffend gewesen seien. In jedem Fall wären dafür Berechnungen von nicht geringem Umfang erforderlich gewesen. Dies zeige sich bereits daran, dass die Klägerin selbst im Verfahren unterschiedliche Beträge für die abzuziehenden Werbungskosten angegeben habe. Zudem sei auch die von der Klägerin im Schriftsatz vom 25. Juli 2011 vorgenommene Angabe der Mieteinnahmen ohne Umlagen mit 49.551 € unzutreffend. Denn es handele sich um die Addition der von der Verwalterin für die einzelnen Mieter ermittelten Sollbeträge der Einzelmieten. Die von der Verwalterin ermittelten Sollbeträge stimmten jedoch nicht mit den tatsächlichen Einnahmen überein, wie die Gegenüberstellung der Summe der Sollbeträge von Miete und Umlagen für alle Mieter von 64.847,37 € und der Summe der Eingänge von 67.633,26 € zeige. Selbst wenn weitere Ermittlungen durch den Sachbearbeiter angezeigt gewesen sein sollten, folgt daraus keine offenbare Unrichtigkeit i.S. von § 129 AO. Denn eine unterlassene Sachverhaltsermittlung sei kein mechanisches Versehen i.S. von § 129 AO.

11

Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der diese die Verletzung materiellen Rechts (§ 129 AO) rügt. Das FG verkenne, dass die Unrichtigkeit in der Erklärung der Klägerin, die das FA sich zu Eigen gemacht habe, eine "ähnliche offenbare" Unrichtigkeit i.S. des § 129 Satz 1 AO sei. Der zuständige Sachbearbeiter habe nämlich die Unrichtigkeit ohne weitere Prüfung erkennen können. Bereits aus der sehr übersichtlichen Vor- und Rückseite des Bl. 1 der der Steuererklärung beigefügten Jahresabrechnung 2004 des Hausverwalters sei ohne Weiteres zu entnehmen, dass die in Zeile 3 der Anlage V aufgeführten 67.633,26 € die Umlagen enthielten und der hier maßgebliche Überschuss nicht, wie in Zeile 14 der Anlage V aufgeführt, 57.232 € betragen konnte, sondern wie aus dem Betrag von 39.004,24 € auf Bl. 1 der Verwalterabrechnung ersichtlich, deutlich niedriger sein müsste.

12

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des FG Bremen vom 7. Dezember 2011 aufzuheben und das FA unter Aufhebung des Feststellungsbescheids vom 9. März 2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3. Mai 2011 zu verpflichten, den Bescheid vom 23. Januar 2006 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung um 17.800 € niedriger, mithin auf 39.432 € festgesetzt werden.

13

Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

14

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise eine offenbare Unrichtigkeit des streitbefangenen Feststellungsbescheids abgelehnt.

15

1. Nach § 129 AO können Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes unterlaufen sind, jederzeit berichtigt werden. Offenbare Unrichtigkeiten in diesem Sinne sind mechanische Versehen wie beispielsweise Eingabe- oder Übertragungsfehler. Dagegen schließen Fehler bei der Auslegung oder Nichtanwendung einer Rechtsnorm, eine unrichtige Tatsachenwürdigung oder die unzutreffende Annahme eines in Wirklichkeit nicht vorliegenden Sachverhalts die Annahme einer offenbaren Unrichtigkeit aus. § 129 AO ist ferner nicht anwendbar, wenn auch nur die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass die Nichtbeachtung einer feststehenden Tatsache in einer fehlerhaften Tatsachenwürdigung oder einem sonstigen sachverhaltsbezogenen Denk- oder Überlegungsfehler begründet ist oder auf mangelnder Sachverhaltsaufklärung beruht (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 14. Juni 2007 IX R 2/07, BFH/NV 2007, 2056). Da die Unrichtigkeit nicht aus dem Bescheid selbst erkennbar sein muss, ist § 129 AO auch dann anwendbar, wenn das FA offenbar fehlerhafte Angaben des Steuerpflichtigen als eigene übernimmt. Ob ein mechanisches Versehen oder ein die Berichtigung nach § 129 AO ausschließender Tatsachen- oder Rechtsirrtum vorliegt, ist jeweils nach den Verhältnissen des Einzelfalls vom FG als Tatsacheninstanz zu beurteilen (vgl. BFH-Urteil vom 27. Mai 2009 X R 47/08, BFHE 226, 8, BStBl II 2009, 946).

16

2. Das Urteil des FG entspricht diesen Grundsätzen.

17

Im Streitfall liegt zwar eine Unrichtigkeit in Gestalt der Nichtberücksichtigung der von der Klägerin verauslagten, nicht als Werbungskosten geltend gemachten umlagefähigen Kosten vor.

18

In revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise hat das FG aber angenommen, die Möglichkeit eines Rechtsirrtums sei nicht ausgeschlossen, weil der zuständige Sachbearbeiter die Unrichtigkeit nicht ohne weitere Prüfung erkennen konnte (vgl. BFH-Urteil in BFHE 226, 8, BStBl II 2009, 946). Denn die streitbefangene Anlage V war in einer Weise ausgefüllt, die die Wahl der sog. "Nettomethode" nahelegte. Dass dies nicht der Fall sein sollte, hätte der Sachbearbeiter nur unter Heranziehung weiterer Berechnungen ermitteln können, d.h. nicht ohne neue Willensbildung.

Die Finanzbehörde kann Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit berichtigen. Bei berechtigtem Interesse des Beteiligten ist zu berichtigen. Wird zu einem schriftlich ergangenen Verwaltungsakt die Berichtigung begehrt, ist die Finanzbehörde berechtigt, die Vorlage des Schriftstücks zu verlangen, das berichtigt werden soll.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.