Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 30. Apr. 2012 - 5 K 1934/11

ECLI:ECLI:DE:FGRLP:2012:0430.5K1934.11.0A
bei uns veröffentlicht am30.04.2012

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob Aufwendungen für die Errichtung eines Zauns als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen sind.

2

Die Kläger sind zusammen veranlagte Eheleute, die beide Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielen. Bei ihrem am 15. August 2002 geborenen Sohn M. besteht eine frühkindliche Autismuserkrankung (sog. Kanner-Syndrom). Die Krankheit äußert sich bei dem Kind unter anderem so, dass es eine starke Weglauftendenz hat.

3

Im Jahr 2009 errichteten die Kläger um einen Teil ihres Grundstücks als Weglaufschutz ein Stück grünen Maschendrahtzaun mit einem abschließbaren Tor für 350,- €, den der Beklagte im Rahmen der Veranlagung für das Jahr 2009 als außergewöhnliche Belastungen anerkannte. Im Jahr 2010 ersetzten sie den auf der Grundstückseite zu den Nachbarn gelegenen Maschendrahtzaun durch einen höheren blickdichten Holzlattenzaun.

4

In der am 30. März 2011 für das Streitjahr 2010 eingereichten Einkommensteuererklärung machten die Kläger im Rahmen außergewöhnlicher Belastungen unter anderem die Kosten für die Errichtung des Holzzauns in Höhe von 756,- € als Weglaufschutz für ihren Sohn geltend. Im Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 24. Mai 2011 berücksichtigte der Beklagte nach Abzug der zumutbaren Eigenbelastung außergewöhnliche Belastungen in Höhe von 897,- €. Die Kosten für den Zaunbau erkannte er nicht an.

5

Der dagegen am 27. Mai 2011 eingelegte Einspruch, mit dem die Kläger unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung der Kinder- und Jugendarztpraxis Dr. L. vortrugen, die Umzäunung sei wegen der Autismuserkrankung ihres Sohnes notwendig, um eine Selbstgefährdung des Kindes zu verhindern, wurde mit Einspruchsentscheidung vom 14. Juli 2011 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, eine Zaunanlage stelle keinen außergewöhnlichen Aufwand dar, da die Umzäunung eines Grundstücks üblich sei und Aufwendungen insoweit einer Vielzahl von Grundstücksbesitzern entstünden. Es handele sich auch nicht um mittelbare oder unmittelbare Krankheitskosten, da die Aufwendungen nicht zum Zwecke der Heilung einer Krankheit oder mit dem Ziel getätigt worden seien, eine solche erträglicher zu machen. Auch sei durch die Umzäunung ein Gegenwert geschaffen worden, der lediglich zu einer Vermögensumschichtung geführt habe. Wegen der Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung verwiesen (BM. 47 ff. Hilfsakte).

6

Mit der dagegen am 25. Juli 2011 erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor, der Beklagte verkenne die für den Streitfall maßgebliche aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung, insbesondere die Auswirkungen der Urteile des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 24. Februar 2011 (VI R 16/10) und vom 22. Oktober 2009 (VI R 7/09). Danach komme es entscheidend auf den konkreten Einzelfall an und regelmäßig nicht auf einen etwaigen Gegenwert. In der Einspruchsentscheidung betrachte der Beklagte jedoch nicht ihren konkreten Fall, sondern beschränke sich auf allgemeine und pauschale Sätze. Er berücksichtige weder die nachgewiesene krankheitsbedingte Selbstgefährdung ihres Kindes, noch seine Autismuserkrankung und die damit zusammenhängende Weglauftendenz und verkenne somit, wozu die Umzäunung eigentlich diene. Das vorgelegte ärztliche Attest belege, dass sie dazu diene, die Selbstgefährdung ihres Kindes zu verhindern. Damit diene sie auch dazu, die Krankheit ihres Kindes erträglicher zu machen. Auch dies verkenne der Beklagte und behaupte in der Einspruchsentscheidung das Gegenteil.

7

Die Kosten für die Errichtung des Zauns seien "außergewöhnlich" im Sinne von § 33 Einkommensteuergesetz (EStG). Der 180 cm hohe Holzlattenzaun habe im Streitjahr errichtet werden müssen, weil M. gewachsen gewesen sei und die neuen Nachbarn einen Schäferhund gehabt hätten; durch den alten Maschendrahtzaun habe M.s Hand hindurch gepasst, sodass - neben der Gefahr des Weglaufens - von einer zusätzlichen Gefahr für ihn auszugehen gewesen sei. Es handele sich somit nicht um einen Zaun, der in der Region den angeblich üblichen Gepflogenheiten entspreche, wie der Beklagte annehme. Ein geschlossener Weglaufzaun - wie im Streitfall - liege außerhalb des Üblichen. Schon deshalb handele es sich - im Sinne der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 24. Februar 2011 - VI R 16/10) - um Mehraufwendungen für einen behindertengerechten Zaun, die eine außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 33 EStG darstellten. Für die Mehrzahl der Eigenheimbesitzer seien Aufwendungen für einen Gartenzaun das Ergebnis einer freien Entscheidung. In ihrem konkreten Fall läge dies anders; sie hätten den Zaun nur wegen der Krankheit ihres Kindes errichten müssen. Der Zaun sei - ähnlich einem Treppenlift oder einer Rollstuhlrampe - ein Hilfsmittel, um die Krankheit ihres Kindes erträglicher zu machen; die Kosten seien ihnen deshalb zwangsläufig entstanden. Im Rahmen einer wertenden Betrachtung ergebe sich, dass sie, verglichen mit anderen Steuerpflichtigen, die nicht von der Krankheit eines weglaufgefährdeten Kindes betroffen seien, durch die Kosten für den streitgegenständlichen Zaun "größer" und damit "außergewöhnlich" im Sinne von § 33 EStG belastet seien.

8

Auf einen vom Beklagten behaupteten wirtschaftlichen Gegenwert komme es vorliegend nicht an. Der behinderungsbedingte Mehraufwand für ihr Kind stehe so stark unter dem Gebot der sich aus der Situation ergebenden Zwangsläufigkeit, dass die Erlangung eines etwaigen Gegenwerts in Anbetracht der Gesamtumstände in den Hintergrund trete. Dies ergebe sich bei Anwendung der vorstehend genannten aktuellen Rechtsprechung auf ihren konkreten Fall. Danach sei der BFH schon in den Jahren 2009/2010 von der "Gegenwertlehre" abgekehrt; der Beklagte habe dies schlicht nicht beachtet. Unabhängig davon sei aber auch nicht ersichtlich, worin der vom Beklagten behauptete Gegenwert liegen könnte; denn einmal verbaut sei der Zaun wertlos.

9

Die Kläger beantragen, unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 14. Juli 2011 den Einkommensteuerbescheid vom 24. Mai 2011 dahin gehend zu ändern, dass ein weiterer Betrag in Höhe von 756,- € als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG berücksichtigt wird.

10

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

11

Zur Begründung verweist er auf die Einspruchsentscheidung vom 14. Juli 2011. Ergänzend führt er aus, die Aufwendungen seien nicht "außergewöhnlich" im Sinne von § 33 EStG. Die Kläger hätten einen normalen Holzgartenzaun errichtet; der Zaun sei auch nicht mit besonderen Eigenschaften versehen, die das Merkmal eines behinderungsbedingten Mehraufwands erfüllen würden. Der Zaun könne sicherlich den Anspruch der behinderungsbedingten Weglaufsperre erfüllen; er entspreche jedoch einer üblichen Baumarktqualität und werde in gleicher Form tausendfach in der heimischen Region als Grundstücksschutz eingesetzt. Es entspreche in Deutschland und insbesondere in der hier in Rede stehenden Region der üblichen Gepflogenheit, das eigene Grundstück durch einen Zaun zu schützen und in seine Grenzen kenntlich zu machen. In diesem Rahmen stellten sowohl ein Drahtflechtzaun, als auch ein Holzzaun oder eine gewachsene Grundstücksbegrenzung einen normalen baulichen Zustand dar. Es entspreche auch allgemeiner Lebenserfahrung, dass ein Gartenzaun von Zeit zu Zeit erneuert werden müsse.

12

Der Bundesfinanzhof (BFH) habe in den Urteilen vom 22. Oktober 2009 (VI R 7/09) und vom 24. Februar 2011 (VI R 16/10) die sog. Gegenwerttheorie zwar teilweise aufgegeben; das Gericht habe aber ausdrücklich an der Tatbestandsvoraussetzung des § 33 EStG "größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen …" festgehalten. Diese Voraussetzung könne bei Aufwendungen für einen normalen Holzzaun in Höhe von 756,- € nicht als erfüllt angesehen werden. Aufwendungen an einem Eigenheimgrundstück unter 1.000,- € seien in der heutigen Zeit als Normalität anzusehen.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten und die von den Klägern vorgelegten Lichtbilder der streitgegenständlichen Zaunanlage verwiesen.

Entscheidungsgründe

14

Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte hat die Aufwendungen der Kläger für die Errichtung des Zauns im Ergebnis zu Recht nicht als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG berücksichtigt.

1.

15

Gemäß § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung) erwachsen. Zwangsläufig erwachsen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen dann, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG). Ziel des § 33 EStG ist es, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen. Aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen sind dagegen die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind (vgl. BFH-Urteil vom 11. November 2010 - VI R 17/09, BFH/NV 2011, 503 unter Bezugnahme auf BFH-Urteil vom 29. September 1989 - III R 129/86, BStBl II 1990, 418).

2.

16

a) Aufwendungen für die Errichtung eines Gartenzauns können nicht in diesem Sinne als außergewöhnlich angesehen werden. Ein Gartenzaun zur Begrenzung des Grundstücks gehört zu den üblichen baulichen Außenanlagen eines Eigenheims. Die Kosten für seine Errichtung rechnen deshalb zu den üblichen Kosten der Lebensführung, die grundsätzlich jedem Steuerpflichtigen erwachsen.

17

Daran ändert der Umstand nichts, dass es sich bei dem von den Klägern im Streitjahr errichteten Zaun um einen 180 cm hohen geschlossenen Holzlattenzaun handelt. Der Senat vermag nicht der Auffassung der Kläger zu folgen, diese besondere Bauform entspreche nicht den üblichen Gepflogenheiten. Wie sich der Senat anhand der von den Klägern vorgelegten Lichtbilder überzeugen konnte, handelt es sich bei der streitgegenständlichen Grundstücksbegrenzung um einen dekorativ gestalteten, traditionellen Holzlattenzaun, der als Teilstück auf der Grundstücksseite zu den Nachbarn hin die Privatsphäre des Gartens gewährleistet und gegenüber der unmittelbar dahinter liegenden Bebauung Sichtschutz bietet.

18

Die streitgegenständlichen Aufwendungen stellen nicht schon deshalb eine außergewöhnliche Belastung im Sinne von § 33 Abs. 1 EStG dar, weil sie - wie die Kläger unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung behaupten - infolge der krankheitsbedingten Weglauftendenz ihres Sohnes notwendig wurden bzw. um ihren Sohn vor dem Hund des Nachbarn zu schützen. Dies mag für die Beurteilung der Zwangsläufigkeit der Aufwendungen von Bedeutung sein, ändert aber nichts daran, dass den Klägern durch die Errichtung des Zaunes keine größeren Aufwendungen entstanden sind als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen (vgl. z.B. Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. März 2011 - 2 K 1855/10 abgedruckt in juris - Juristisches Informationssystem - unter Bezugnahme auf BFH - Urteil vom 21. August 1974 - VI R 237/71, BStBl II 1974, 745 für die Anschaffung eines kontraststarken Fernsehgerätes infolge einer Sehkrafteinschränkung des Steuerpflichtigen).

19

b) Darüber hinaus vermag der Senat aber auch nicht zu erkennen, dass die Aufwendungen den Klägern zwangsläufig im Sinne der Vorschrift entstanden sind. Denn es ist schon nicht ersichtlich, dass mit dem im Streitjahr errichteten Holzzaun - der sich nur auf einen kleinen Teil des Grundstücks erstreckt - der Weglauftendenz des Kindes tatsächlich wirksam begegnet werden könnte. Soweit der Teil der Zaunanlage außerdem Schutz vor dem Hund des Nachbarn bieten soll, sieht der Senat nicht ausschließlich die Behinderung bzw. die Krankheit des Kindes als maßgeblichen Beweggrund für seine Errichtung an. Denn in dieser Funktion schützt der Zaun vor einer von außen kommenden und von der Behinderung unabhängigen Gefahr. Insoweit handelt es sich - anders als bei einer Rollstuhlrampe oder einem Treppenlift wegen einer Gehbehinderung des Steuerpflichtigen - nicht um einen behinderungsbedingten Einsatz eines Hilfsmittels. Damit stellen die streitgegenständlichen Aufwendungen, soweit sie auch dem Schutz des Kindes dienen können, allenfalls mittelbare Folgekosten der Erkrankung des Kindes dar, die nicht abzugsfähig sind. Auch stehen die Aufwendungen damit nicht - wie die Kläger meinen -  so stark unter dem Gebot der sich aus der Situation ergebenden Zwangsläufigkeit, dass die Erlangung eines etwaigen Gegenwerts in den Hintergrund tritt. Letztlich kann der Senat allerdings diese Frage offen lassen.

20

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§ 115 Abs. 2 FGO).

Urteilsbesprechung zu Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 30. Apr. 2012 - 5 K 1934/11

Urteilsbesprechungen zu Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 30. Apr. 2012 - 5 K 1934/11

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Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Einkommensteuergesetz - EStG | § 33 Außergewöhnliche Belastungen


(1) Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so
Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 30. Apr. 2012 - 5 K 1934/11 zitiert 4 §§.

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(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

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Diese Entscheidung wird zitiert Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Tatbestand 1 Streitig ist, ob Aufwendungen für die Anschaffung eines kontraststarken Fernsehgerätes als..

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Tatbestand 1 I. Streitig ist, ob die anteiligen Kosten für den behindertengerechten Umbau einer kurz zuvor erworbenen Immobilie als außergewöhnliche Belastung zu berücks

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Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob die anteiligen Kosten für den behindertengerechten Umbau einer kurz zuvor erworbenen Immobilie als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sind.

2

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind zusammen veranlagte Eheleute. Sie haben drei Kinder. Die 1989 geborene C, die leibliche Tochter der Klägerin und Stieftochter des Klägers, ist schwerbehindert (Grad der Behinderung 100 %). Die Kläger erwarben durch notariellen Kaufvertrag vom 19. Dezember 2005 ein 1.295 qm großes bebautes Grundstück zu einem Kaufpreis von 30.000 €. Das Gebäude (Baujahr ca. 1900) wurde nach Erwerb für 193.800 € modernisiert. Es wurden u.a. folgende Baumaßnahmen durchgeführt:       

-

Erneuerung der elektrischen Versorgung

-

Erneuerung der Wasserleitungen

-

Austausch der Fenster und Türen

-

Erneuerung des Fußbodens

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Einbau einer Fußbodenheizung

-

Einbau zwei neuer Badezimmer mit bodengleichen Duschen

-

neues Dach

-

Isolierung der Außenmauern

3

Die Tochter nutzt eine abgetrennte Wohnfläche (Anbau) von 79 qm mit Schlafzimmer, Wohnzimmer, Arbeitszimmer, Bad und Küchenzeile. Mit sozialmedizinischem Gutachten vom 30. August 2006 bestätigte der Medizinische Dienst der Krankenversicherung, dass die Neuinstallation einer bodengleichen Dusche und die Schaffung eines barrierefreien Umfelds die Selbständigkeit der Tochter weiter fördern und den Pflegeaufwand reduzieren würde. Die Krankenkasse bezuschusste den Einbau eines solchen Badezimmers mit 2.557 €. In der Einkommensteuererklärung des Streitjahres 2006 machten die Kläger außergewöhnliche Belastungen in Höhe von 29.580 € geltend, die zu 29.390 € auf die Umbaukosten für den von der Tochter genutzten Wohnraum entfielen. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erkannte im Einkommensteuerbescheid 2006 vom 4. Oktober 2007 diese Aufwendungen nicht an. In der Einkommensteuererklärung des Streitjahres 2007 erklärten die Kläger außergewöhnliche Belastungen in Höhe von 4.225 €; davon entfallen 2.355 € auf den der schwerbehinderten Tochter C überlassenen Wohnraum (anteilige Schuldzinsen und anteilige laufende Hauskosten). Diesen Betrag erkannte das FA im Einkommensteuerbescheid 2007 vom 22. September 2008 ebenfalls nicht an.

4

Gegen die Einkommensteuerbescheide für 2006 und 2007 legten die Kläger Einsprüche ein. Zugleich machten sie für 2006 weitere Kosten für den Wohnbereich der C (2.234 € anteilige laufende Kosten und Aufwendungen für eine Ausgangstür) geltend. Im Rahmen des Einspruchsverfahrens führte das FA am 12. November 2008 eine Ortsbesichtigung durch. Zu dem Zeitpunkt lebte die Großmutter mit im Wohnbereich der C. Mit Einspruchsentscheidungen vom 29. Januar 2009 wies das FA die Einsprüche als unbegründet zurück. Die daraufhin erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen.

5

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

6

Die Kläger beantragen,

das Urteil des FG Düsseldorf vom 3. Februar 2010  7 K 814/09 E aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 vom 4. Oktober 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung für das Jahr 2006 vom 29. Januar 2009 dahingehend zu ändern, dass weitere 29.390 € als außergewöhnliche Belastungen i.S. von § 33 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) anerkannt werden sowie den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007 vom 22. September 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung für das Jahr 2007 --ebenfalls-- vom 29. Januar 2009 insoweit zu ändern, dass weitere 2.355 € als außergewöhnliche Belastungen i.S. von § 33 Abs. 1 EStG berücksichtigt werden.

7

Das FA beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

II. 1. Die Revision der Kläger ist begründet; das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung). Das FG hat die Aufwendungen der Kläger für die behinderungsbedingten Umbaumaßnahmen zu Unrecht vom Abzug als außergewöhnliche Belastungen ausgeschlossen.

9

a) Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer in bestimmtem Umfang ermäßigt (§ 33 Abs. 1 EStG).

10

aa) Mehraufwendungen für einen behindertengerechten Um- oder Neubau eines Hauses oder einer Wohnung können als außergewöhnliche Belastungen i.S. des § 33 Abs. 1 EStG abziehbar sein, denn es sind größere Aufwendungen, als sie der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie gleichen Familienstandes erwachsen. Diese Aufwendungen sind weder durch den Grund- oder Kinderfreibetrag (§ 32a Abs. 1 EStG, § 32 Abs. 6 EStG) noch durch den Behinderten- und Pflege-Pauschbetrag abgegolten. Grund- und Kinderfreibetrag decken den gewöhnlichen Wohnbedarf des gesunden und nicht behinderten Steuerpflichtigen und seiner Angehörigen ab. Der Behinderten-Pauschbetrag nach § 33b Abs. 1 bis 3 EStG gilt nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nur laufende und typische Mehraufwendungen des Behinderten ab, so dass "zusätzliche Krankheitskosten" nicht von der Abgeltungswirkung des Pauschbetrags erfasst werden. Dies gilt erst recht für den Pauschbetrag nach § 33b Abs. 6 EStG, der nur die durch die Pflege einer Person veranlassten Aufwendungen erfasst (Senatsurteil vom 22. Oktober 2009 VI R 7/09, BFHE 226, 536, BStBl II 2010, 280, m.w.N.).

11

bb) Die Mehraufwendungen für die behindertengerechte Gestaltung des Wohnumfelds der C sind den Klägern im Streitfall auch zwangsläufig erwachsen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG). Aufwendungen infolge Körperbehinderung waren ebenso wie Krankheitskosten von jeher ein Anwendungsfall der Zwangsläufigkeit aus tatsächlichen Gründen (Senatsurteil in BFHE 226, 536, BStBl II 2010, 280, m.w.N.). Dies gilt insbesondere auch für behinderungsbedingte Mehrkosten eines Um- oder Neubaus. Denn eine schwerwiegende Behinderung des Steuerpflichtigen oder eines Angehörigen begründet eine tatsächliche Zwangslage, die eine behindertengerechte Gestaltung des Wohnumfelds unausweichlich macht.

12

Zwar ist der Steuerpflichtige grundsätzlich in seiner Entscheidung frei, ob er sich zur Befriedigung seiner Wohnbedürfnisse ein Haus bauen will oder stattdessen beispielsweise zur Miete wohnt. Das gilt selbst dann, wenn ein Steuerpflichtiger oder ein in seinem Haushalt lebender Angehöriger infolge einer Krankheit oder eines Unfalls in seiner bisherigen Wohnung bzw. in seinem bisherigen Haus nicht wohnen bleiben kann. Entschließt sich der Steuerpflichtige in einem solchen Fall zum Um- oder Neubau einer eigenen Immobilie, hängt die konkrete Gestaltung des neuen Hauses zunächst von seinem Geschmack, seinen Lebensgewohnheiten, den ihm für den Bau zur Verfügung stehenden Mitteln und anderen selbstbestimmten Vorentscheidungen ab (BFH-Urteil vom 10. Oktober 1996 III R 209/94, BFHE 182, 333, BStBl II 1997, 491). Dieser Befund steht jedoch nur der Steuererheblichkeit von Baukosten entgegen, die keinen Bezug zu Krankheit oder Behinderung aufweisen und deshalb auch einem gesunden Steuerpflichtigen entstanden wären. Diese Entschließungsfreiheit des Steuerpflichtigen steht der Zwangsläufigkeit behinderungsbedingter Mehraufwendungen indes nicht entgegen. Denn die Notwendigkeit einer behindertengerechten Ausgestaltung des Wohnumfelds und damit die Zwangsläufigkeit der darauf entfallenden Mehrkosten aus tatsächlichen Gründen beruht nicht auf der frei gewählten Wohnsituation des Steuerpflichtigen, sondern auf seiner Krankheit oder Behinderung.

13

b) Entgegen der Auffassung der Vorinstanz und des FA wird der Abzug dieser zwangsläufigen Aufwendungen vorliegend auch nicht durch einen Gegenwert gehindert. Dabei kann der Senat erneut dahinstehen lassen, ob er der im Schrifttum geäußerten Fundamentalkritik an der sog. Gegenwertlehre folgen könnte (vgl. Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach, § 33 EStG Rz 37, m.w.N.; s. auch Arndt, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 33 Rz B 34 ff.). Denn behinderungsbedingter Mehraufwand steht stets so stark unter dem Gebot der sich aus der Situation ergebenden Zwangsläufigkeit, dass die Erlangung eines etwaigen Gegenwerts in Anbetracht der Gesamtumstände in den Hintergrund tritt (Senatsurteil vom 27. November 1959 VI 62/59, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Einkommensteuergesetz, § 33, Rechtsspruch 109). Es ist insbesondere nicht erforderlich, dass die Behinderung auf einem nicht vorhersehbaren Ereignis beruht und deshalb ein schnelles Handeln des Steuerpflichtigen oder seiner Angehörigen geboten ist. Auch die Frage nach zumutbaren Handlungsalternativen stellt sich in solchen Fällen nicht. Denn abzugsfähig sind nur Mehraufwendungen, die durch die Behinderung des Steuerpflichtigen veranlasst und zur behindertengerechten Umgestaltung seines individuellen Wohnumfelds erforderlich sind. Deshalb ist nach Auffassung des erkennenden Senats unerheblich, ob die der Krankheit oder Behinderung geschuldeten Mehrkosten im Rahmen eines Neubaus, der Modernisierung eines Altbaus oder des Umbaus eines bereits selbstgenutzten Eigenheims oder einer Mietwohnung entstehen.

14

Behinderungsbedingte, notwendige Umbaumaßnahmen begründen keinen über den individuellen Nutzungsvorteil hinausgehenden Gegenwert, sondern eine aus tatsächlichen Gründen zwangsläufige Mehrbelastung des Steuerpflichtigen. Auch ist ein Gegenwert, der allein auf der möglichen Nutzung der Umbauten durch nichtbehinderte Familienangehörige beruhen soll, kein realer Gegenwert und mithin ungeeignet, ein Abzugsverbot für zwangsläufig erwachsene und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen mindernde Aufwendungen zu begründen (Senatsurteil in BFHE 226, 536, BStBl II 2010, 280). Aus diesem Grunde bedarf es auch keiner Feststellungen zu der von den Klägern aufgeworfenen Frage, ob die behinderungsbedingten Umbaumaßnahmen den Wert des Grundstücks gemindert haben.

15

c) Der Senat folgt damit nicht der im BFH-Urteil in BFHE 182, 333, BStBl II 1997, 491 vertretenen Auffassung, wonach für die Beurteilung der Frage, ob der Steuerpflichtige durch den behinderungsbedingten Mehraufwand zwangsläufig "belastet" ist oder er einen Gegenwert erhält, grundsätzlich nur das Haus als solches und als ganzes, nicht aber die einzelnen im Zusammenhang mit seiner Krankheit oder Behinderung stehenden Maßnahmen in den Blick zu nehmen sind. Denn der erkennende Senat teilt nicht die Auffassung, dass eine solche Betrachtungsweise mit kaum lösbaren Schwierigkeiten im Besteuerungsverfahren verbunden wäre (vgl. BFH-Urteil in BFHE 182, 333, BStBl II 1997, 491, m.w.N.). Vielmehr kann der wegen der behinderten- oder krankheitsgerechten Gestaltung eines Hauses einem Steuerpflichtigen entstehende Mehraufwand dann als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden, wenn eine eindeutige und anhand objektiver Merkmale durchführbare Unterscheidung zwischen den steuerlich irrelevanten Motiven für die Errichtung und Gestaltung eines Hauses und den ausschließlich durch eine Krankheit oder Behinderung verursachten Aufwendungen möglich ist. Eine solche Unterscheidung ist in aller Regel unproblematisch durchzuführen, auch wenn das selbstgenutzte Wohnungseigentum grundsätzlich als einheitliches Wirtschaftsgut anzusehen und als solches steuerlich zu behandeln ist. Selbst wenn sämtliche Aufwendungen für die Herstellung des Baus im Allgemeinen in einem untrennbaren Zusammenhang stehen, lassen sich doch einzelne Gewerke und Baumaßnahmen bei einem Neu- wie beim einem Umbau daraufhin überprüfen, ob sie der Linderung einer Krankheit dienen oder den behinderungsbedingten Lebenserschwernissen des Steuerpflichtigen oder eines Angehörigen Rechnung tragen und für ihn notwendig waren. Eine solche Überprüfung ist beispielsweise im Rahmen der Bezuschussung von (baulichen) Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfelds Pflegebedürftiger nach § 40 Abs. 4 des Elften Buches Sozialgesetzbuch durch den Medizinische Dienst der Krankenversicherung ständige Übung. Damit wird der einheitliche Funktionszusammenhang eines Gebäudes nicht aufgelöst, sondern lediglich dem Umstand Rechnung getragen, dass bestimmte Baumaßnahmen durch eine Krankheit oder Behinderung veranlasst sind.

16

2. Die Vorentscheidung beruht auf einer anderen Rechtsauffassung und ist daher aufzuheben. Der Senat kann jedoch nicht durcherkennen, da die Sache nicht spruchreif ist. Von seinem Standpunkt aus zu Recht hat das FG keine Feststellungen dazu getroffen, in welchem Umfang die geltend gemachten Aufwendungen durch die Behinderung der C veranlasst waren. Dies wird das FG im zweiten Rechtsgang zu prüfen haben. Es hat dabei zu berücksichtigen, dass nicht die gesamten Aufwendungen der Kläger für den von C genutzten Wohnraum, sondern nur die auf der behindertengerechten Ausgestaltung des Objekts beruhenden Mehrkosten sowie die darauf entfallenden Schuldzinsen als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 EStG abzugsfähig sind. Sofern dies für das Gericht nicht offenkundig ist, hat das FG zu der Frage, welche baulichen Maßnahmen durch die Behinderung der C veranlasst sind, und zur Quantifizierung der darauf entfallenden Kosten ein Sachverständigengutachten einzuholen. Darüber hinaus weist der Senat darauf hin, dass nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG außergewöhnliche Belastungen nur insoweit abziehbar sind, als sie einen angemessenen Betrag nicht überschreiten, und sich die Kläger im Rahmen der Vorteilsanrechnung die von der Pflegekasse geleisteten Zuschüsse auf die behinderungsbedingten Mehrkosten anrechnen lassen müssen.

(1) Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung (Absatz 3) übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird.

(2)1Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen.2Aufwendungen, die zu den Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben gehören, bleiben dabei außer Betracht; das gilt für Aufwendungen im Sinne des § 10 Absatz 1 Nummer 7 und 9 nur insoweit, als sie als Sonderausgaben abgezogen werden können.3Aufwendungen, die durch Diätverpflegung entstehen, können nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.4Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) sind vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.

(2a)1Abweichend von Absatz 1 wird für Aufwendungen für durch eine Behinderung veranlasste Fahrten nur eine Pauschale gewährt (behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale).2Die Pauschale erhalten:

1.
Menschen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 80 oder mit einem Grad der Behinderung von mindestens 70 und dem Merkzeichen „G“,
2.
Menschen mit dem Merkzeichen „aG“, mit dem Merkzeichen „Bl“, mit dem Merkzeichen „TBl“ oder mit dem Merkzeichen „H“.
3Bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen nach Satz 2 Nummer 1 beträgt die Pauschale 900 Euro.4Bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen nach Satz 2 Nummer 2 beträgt die Pauschale 4 500 Euro.5In diesem Fall kann die Pauschale nach Satz 3 nicht zusätzlich in Anspruch genommen werden.6Über die Fahrtkostenpauschale nach Satz 1 hinaus sind keine weiteren behinderungsbedingten Fahrtkosten als außergewöhnliche Belastung nach Absatz 1 berücksichtigungsfähig.7Die Pauschale ist bei der Ermittlung des Teils der Aufwendungen im Sinne des Absatzes 1, der die zumutbare Belastung übersteigt, einzubeziehen.8Sie kann auch gewährt werden, wenn ein Behinderten-Pauschbetrag nach § 33b Absatz 5 übertragen wurde.9§ 33b Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(3)1Die zumutbare Belastung beträgt

bei einem Gesamtbetrag
der Einkünfte
bis
15 340
EUR
über
15 340
EUR
bis
51 130
EUR
über
51 130
EUR
1.bei Steuerpflichtigen, die keine Kinder haben und bei denen die Einkommensteuer
a) nach § 32a Absatz 1,567
b) nach § 32a Absatz 5
oder 6 (Splitting-Verfahren)
zu berechnen ist;

4

5

6
2.bei Steuerpflichtigen mit
a) einem Kind oder zwei
Kindern,

2

3

4
b) drei oder mehr Kindern112
Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte.

2Als Kinder des Steuerpflichtigen zählen die, für die er Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Absatz 6 oder auf Kindergeld hat.

(4) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Einzelheiten des Nachweises von Aufwendungen nach Absatz 1 und der Anspruchsvoraussetzungen nach Absatz 2a zu bestimmen.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob die anteiligen Kosten für den behindertengerechten Umbau einer kurz zuvor erworbenen Immobilie als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sind.

2

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind zusammen veranlagte Eheleute. Sie haben drei Kinder. Die 1989 geborene C, die leibliche Tochter der Klägerin und Stieftochter des Klägers, ist schwerbehindert (Grad der Behinderung 100 %). Die Kläger erwarben durch notariellen Kaufvertrag vom 19. Dezember 2005 ein 1.295 qm großes bebautes Grundstück zu einem Kaufpreis von 30.000 €. Das Gebäude (Baujahr ca. 1900) wurde nach Erwerb für 193.800 € modernisiert. Es wurden u.a. folgende Baumaßnahmen durchgeführt:       

-

Erneuerung der elektrischen Versorgung

-

Erneuerung der Wasserleitungen

-

Austausch der Fenster und Türen

-

Erneuerung des Fußbodens

-

Einbau einer Fußbodenheizung

-

Einbau zwei neuer Badezimmer mit bodengleichen Duschen

-

neues Dach

-

Isolierung der Außenmauern

3

Die Tochter nutzt eine abgetrennte Wohnfläche (Anbau) von 79 qm mit Schlafzimmer, Wohnzimmer, Arbeitszimmer, Bad und Küchenzeile. Mit sozialmedizinischem Gutachten vom 30. August 2006 bestätigte der Medizinische Dienst der Krankenversicherung, dass die Neuinstallation einer bodengleichen Dusche und die Schaffung eines barrierefreien Umfelds die Selbständigkeit der Tochter weiter fördern und den Pflegeaufwand reduzieren würde. Die Krankenkasse bezuschusste den Einbau eines solchen Badezimmers mit 2.557 €. In der Einkommensteuererklärung des Streitjahres 2006 machten die Kläger außergewöhnliche Belastungen in Höhe von 29.580 € geltend, die zu 29.390 € auf die Umbaukosten für den von der Tochter genutzten Wohnraum entfielen. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erkannte im Einkommensteuerbescheid 2006 vom 4. Oktober 2007 diese Aufwendungen nicht an. In der Einkommensteuererklärung des Streitjahres 2007 erklärten die Kläger außergewöhnliche Belastungen in Höhe von 4.225 €; davon entfallen 2.355 € auf den der schwerbehinderten Tochter C überlassenen Wohnraum (anteilige Schuldzinsen und anteilige laufende Hauskosten). Diesen Betrag erkannte das FA im Einkommensteuerbescheid 2007 vom 22. September 2008 ebenfalls nicht an.

4

Gegen die Einkommensteuerbescheide für 2006 und 2007 legten die Kläger Einsprüche ein. Zugleich machten sie für 2006 weitere Kosten für den Wohnbereich der C (2.234 € anteilige laufende Kosten und Aufwendungen für eine Ausgangstür) geltend. Im Rahmen des Einspruchsverfahrens führte das FA am 12. November 2008 eine Ortsbesichtigung durch. Zu dem Zeitpunkt lebte die Großmutter mit im Wohnbereich der C. Mit Einspruchsentscheidungen vom 29. Januar 2009 wies das FA die Einsprüche als unbegründet zurück. Die daraufhin erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen.

5

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

6

Die Kläger beantragen,

das Urteil des FG Düsseldorf vom 3. Februar 2010  7 K 814/09 E aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2006 vom 4. Oktober 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung für das Jahr 2006 vom 29. Januar 2009 dahingehend zu ändern, dass weitere 29.390 € als außergewöhnliche Belastungen i.S. von § 33 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) anerkannt werden sowie den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007 vom 22. September 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung für das Jahr 2007 --ebenfalls-- vom 29. Januar 2009 insoweit zu ändern, dass weitere 2.355 € als außergewöhnliche Belastungen i.S. von § 33 Abs. 1 EStG berücksichtigt werden.

7

Das FA beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

II. 1. Die Revision der Kläger ist begründet; das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung). Das FG hat die Aufwendungen der Kläger für die behinderungsbedingten Umbaumaßnahmen zu Unrecht vom Abzug als außergewöhnliche Belastungen ausgeschlossen.

9

a) Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer in bestimmtem Umfang ermäßigt (§ 33 Abs. 1 EStG).

10

aa) Mehraufwendungen für einen behindertengerechten Um- oder Neubau eines Hauses oder einer Wohnung können als außergewöhnliche Belastungen i.S. des § 33 Abs. 1 EStG abziehbar sein, denn es sind größere Aufwendungen, als sie der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie gleichen Familienstandes erwachsen. Diese Aufwendungen sind weder durch den Grund- oder Kinderfreibetrag (§ 32a Abs. 1 EStG, § 32 Abs. 6 EStG) noch durch den Behinderten- und Pflege-Pauschbetrag abgegolten. Grund- und Kinderfreibetrag decken den gewöhnlichen Wohnbedarf des gesunden und nicht behinderten Steuerpflichtigen und seiner Angehörigen ab. Der Behinderten-Pauschbetrag nach § 33b Abs. 1 bis 3 EStG gilt nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nur laufende und typische Mehraufwendungen des Behinderten ab, so dass "zusätzliche Krankheitskosten" nicht von der Abgeltungswirkung des Pauschbetrags erfasst werden. Dies gilt erst recht für den Pauschbetrag nach § 33b Abs. 6 EStG, der nur die durch die Pflege einer Person veranlassten Aufwendungen erfasst (Senatsurteil vom 22. Oktober 2009 VI R 7/09, BFHE 226, 536, BStBl II 2010, 280, m.w.N.).

11

bb) Die Mehraufwendungen für die behindertengerechte Gestaltung des Wohnumfelds der C sind den Klägern im Streitfall auch zwangsläufig erwachsen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG). Aufwendungen infolge Körperbehinderung waren ebenso wie Krankheitskosten von jeher ein Anwendungsfall der Zwangsläufigkeit aus tatsächlichen Gründen (Senatsurteil in BFHE 226, 536, BStBl II 2010, 280, m.w.N.). Dies gilt insbesondere auch für behinderungsbedingte Mehrkosten eines Um- oder Neubaus. Denn eine schwerwiegende Behinderung des Steuerpflichtigen oder eines Angehörigen begründet eine tatsächliche Zwangslage, die eine behindertengerechte Gestaltung des Wohnumfelds unausweichlich macht.

12

Zwar ist der Steuerpflichtige grundsätzlich in seiner Entscheidung frei, ob er sich zur Befriedigung seiner Wohnbedürfnisse ein Haus bauen will oder stattdessen beispielsweise zur Miete wohnt. Das gilt selbst dann, wenn ein Steuerpflichtiger oder ein in seinem Haushalt lebender Angehöriger infolge einer Krankheit oder eines Unfalls in seiner bisherigen Wohnung bzw. in seinem bisherigen Haus nicht wohnen bleiben kann. Entschließt sich der Steuerpflichtige in einem solchen Fall zum Um- oder Neubau einer eigenen Immobilie, hängt die konkrete Gestaltung des neuen Hauses zunächst von seinem Geschmack, seinen Lebensgewohnheiten, den ihm für den Bau zur Verfügung stehenden Mitteln und anderen selbstbestimmten Vorentscheidungen ab (BFH-Urteil vom 10. Oktober 1996 III R 209/94, BFHE 182, 333, BStBl II 1997, 491). Dieser Befund steht jedoch nur der Steuererheblichkeit von Baukosten entgegen, die keinen Bezug zu Krankheit oder Behinderung aufweisen und deshalb auch einem gesunden Steuerpflichtigen entstanden wären. Diese Entschließungsfreiheit des Steuerpflichtigen steht der Zwangsläufigkeit behinderungsbedingter Mehraufwendungen indes nicht entgegen. Denn die Notwendigkeit einer behindertengerechten Ausgestaltung des Wohnumfelds und damit die Zwangsläufigkeit der darauf entfallenden Mehrkosten aus tatsächlichen Gründen beruht nicht auf der frei gewählten Wohnsituation des Steuerpflichtigen, sondern auf seiner Krankheit oder Behinderung.

13

b) Entgegen der Auffassung der Vorinstanz und des FA wird der Abzug dieser zwangsläufigen Aufwendungen vorliegend auch nicht durch einen Gegenwert gehindert. Dabei kann der Senat erneut dahinstehen lassen, ob er der im Schrifttum geäußerten Fundamentalkritik an der sog. Gegenwertlehre folgen könnte (vgl. Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach, § 33 EStG Rz 37, m.w.N.; s. auch Arndt, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 33 Rz B 34 ff.). Denn behinderungsbedingter Mehraufwand steht stets so stark unter dem Gebot der sich aus der Situation ergebenden Zwangsläufigkeit, dass die Erlangung eines etwaigen Gegenwerts in Anbetracht der Gesamtumstände in den Hintergrund tritt (Senatsurteil vom 27. November 1959 VI 62/59, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Einkommensteuergesetz, § 33, Rechtsspruch 109). Es ist insbesondere nicht erforderlich, dass die Behinderung auf einem nicht vorhersehbaren Ereignis beruht und deshalb ein schnelles Handeln des Steuerpflichtigen oder seiner Angehörigen geboten ist. Auch die Frage nach zumutbaren Handlungsalternativen stellt sich in solchen Fällen nicht. Denn abzugsfähig sind nur Mehraufwendungen, die durch die Behinderung des Steuerpflichtigen veranlasst und zur behindertengerechten Umgestaltung seines individuellen Wohnumfelds erforderlich sind. Deshalb ist nach Auffassung des erkennenden Senats unerheblich, ob die der Krankheit oder Behinderung geschuldeten Mehrkosten im Rahmen eines Neubaus, der Modernisierung eines Altbaus oder des Umbaus eines bereits selbstgenutzten Eigenheims oder einer Mietwohnung entstehen.

14

Behinderungsbedingte, notwendige Umbaumaßnahmen begründen keinen über den individuellen Nutzungsvorteil hinausgehenden Gegenwert, sondern eine aus tatsächlichen Gründen zwangsläufige Mehrbelastung des Steuerpflichtigen. Auch ist ein Gegenwert, der allein auf der möglichen Nutzung der Umbauten durch nichtbehinderte Familienangehörige beruhen soll, kein realer Gegenwert und mithin ungeeignet, ein Abzugsverbot für zwangsläufig erwachsene und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen mindernde Aufwendungen zu begründen (Senatsurteil in BFHE 226, 536, BStBl II 2010, 280). Aus diesem Grunde bedarf es auch keiner Feststellungen zu der von den Klägern aufgeworfenen Frage, ob die behinderungsbedingten Umbaumaßnahmen den Wert des Grundstücks gemindert haben.

15

c) Der Senat folgt damit nicht der im BFH-Urteil in BFHE 182, 333, BStBl II 1997, 491 vertretenen Auffassung, wonach für die Beurteilung der Frage, ob der Steuerpflichtige durch den behinderungsbedingten Mehraufwand zwangsläufig "belastet" ist oder er einen Gegenwert erhält, grundsätzlich nur das Haus als solches und als ganzes, nicht aber die einzelnen im Zusammenhang mit seiner Krankheit oder Behinderung stehenden Maßnahmen in den Blick zu nehmen sind. Denn der erkennende Senat teilt nicht die Auffassung, dass eine solche Betrachtungsweise mit kaum lösbaren Schwierigkeiten im Besteuerungsverfahren verbunden wäre (vgl. BFH-Urteil in BFHE 182, 333, BStBl II 1997, 491, m.w.N.). Vielmehr kann der wegen der behinderten- oder krankheitsgerechten Gestaltung eines Hauses einem Steuerpflichtigen entstehende Mehraufwand dann als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden, wenn eine eindeutige und anhand objektiver Merkmale durchführbare Unterscheidung zwischen den steuerlich irrelevanten Motiven für die Errichtung und Gestaltung eines Hauses und den ausschließlich durch eine Krankheit oder Behinderung verursachten Aufwendungen möglich ist. Eine solche Unterscheidung ist in aller Regel unproblematisch durchzuführen, auch wenn das selbstgenutzte Wohnungseigentum grundsätzlich als einheitliches Wirtschaftsgut anzusehen und als solches steuerlich zu behandeln ist. Selbst wenn sämtliche Aufwendungen für die Herstellung des Baus im Allgemeinen in einem untrennbaren Zusammenhang stehen, lassen sich doch einzelne Gewerke und Baumaßnahmen bei einem Neu- wie beim einem Umbau daraufhin überprüfen, ob sie der Linderung einer Krankheit dienen oder den behinderungsbedingten Lebenserschwernissen des Steuerpflichtigen oder eines Angehörigen Rechnung tragen und für ihn notwendig waren. Eine solche Überprüfung ist beispielsweise im Rahmen der Bezuschussung von (baulichen) Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfelds Pflegebedürftiger nach § 40 Abs. 4 des Elften Buches Sozialgesetzbuch durch den Medizinische Dienst der Krankenversicherung ständige Übung. Damit wird der einheitliche Funktionszusammenhang eines Gebäudes nicht aufgelöst, sondern lediglich dem Umstand Rechnung getragen, dass bestimmte Baumaßnahmen durch eine Krankheit oder Behinderung veranlasst sind.

16

2. Die Vorentscheidung beruht auf einer anderen Rechtsauffassung und ist daher aufzuheben. Der Senat kann jedoch nicht durcherkennen, da die Sache nicht spruchreif ist. Von seinem Standpunkt aus zu Recht hat das FG keine Feststellungen dazu getroffen, in welchem Umfang die geltend gemachten Aufwendungen durch die Behinderung der C veranlasst waren. Dies wird das FG im zweiten Rechtsgang zu prüfen haben. Es hat dabei zu berücksichtigen, dass nicht die gesamten Aufwendungen der Kläger für den von C genutzten Wohnraum, sondern nur die auf der behindertengerechten Ausgestaltung des Objekts beruhenden Mehrkosten sowie die darauf entfallenden Schuldzinsen als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 EStG abzugsfähig sind. Sofern dies für das Gericht nicht offenkundig ist, hat das FG zu der Frage, welche baulichen Maßnahmen durch die Behinderung der C veranlasst sind, und zur Quantifizierung der darauf entfallenden Kosten ein Sachverständigengutachten einzuholen. Darüber hinaus weist der Senat darauf hin, dass nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG außergewöhnliche Belastungen nur insoweit abziehbar sind, als sie einen angemessenen Betrag nicht überschreiten, und sich die Kläger im Rahmen der Vorteilsanrechnung die von der Pflegekasse geleisteten Zuschüsse auf die behinderungsbedingten Mehrkosten anrechnen lassen müssen.

(1) Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung (Absatz 3) übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird.

(2)1Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen.2Aufwendungen, die zu den Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben gehören, bleiben dabei außer Betracht; das gilt für Aufwendungen im Sinne des § 10 Absatz 1 Nummer 7 und 9 nur insoweit, als sie als Sonderausgaben abgezogen werden können.3Aufwendungen, die durch Diätverpflegung entstehen, können nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.4Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) sind vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.

(2a)1Abweichend von Absatz 1 wird für Aufwendungen für durch eine Behinderung veranlasste Fahrten nur eine Pauschale gewährt (behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale).2Die Pauschale erhalten:

1.
Menschen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 80 oder mit einem Grad der Behinderung von mindestens 70 und dem Merkzeichen „G“,
2.
Menschen mit dem Merkzeichen „aG“, mit dem Merkzeichen „Bl“, mit dem Merkzeichen „TBl“ oder mit dem Merkzeichen „H“.
3Bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen nach Satz 2 Nummer 1 beträgt die Pauschale 900 Euro.4Bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen nach Satz 2 Nummer 2 beträgt die Pauschale 4 500 Euro.5In diesem Fall kann die Pauschale nach Satz 3 nicht zusätzlich in Anspruch genommen werden.6Über die Fahrtkostenpauschale nach Satz 1 hinaus sind keine weiteren behinderungsbedingten Fahrtkosten als außergewöhnliche Belastung nach Absatz 1 berücksichtigungsfähig.7Die Pauschale ist bei der Ermittlung des Teils der Aufwendungen im Sinne des Absatzes 1, der die zumutbare Belastung übersteigt, einzubeziehen.8Sie kann auch gewährt werden, wenn ein Behinderten-Pauschbetrag nach § 33b Absatz 5 übertragen wurde.9§ 33b Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.

(3)1Die zumutbare Belastung beträgt

bei einem Gesamtbetrag
der Einkünfte
bis
15 340
EUR
über
15 340
EUR
bis
51 130
EUR
über
51 130
EUR
1.bei Steuerpflichtigen, die keine Kinder haben und bei denen die Einkommensteuer
a) nach § 32a Absatz 1,567
b) nach § 32a Absatz 5
oder 6 (Splitting-Verfahren)
zu berechnen ist;

4

5

6
2.bei Steuerpflichtigen mit
a) einem Kind oder zwei
Kindern,

2

3

4
b) drei oder mehr Kindern112
Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte.

2Als Kinder des Steuerpflichtigen zählen die, für die er Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Absatz 6 oder auf Kindergeld hat.

(4) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Einzelheiten des Nachweises von Aufwendungen nach Absatz 1 und der Anspruchsvoraussetzungen nach Absatz 2a zu bestimmen.

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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob Aufwendungen für die Anschaffung eines kontraststarken Fernsehgerätes als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sind.

2

Der Kläger wurde mit seiner Ehefrau im Streitjahr 2009 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Beide Eheleute erzielten Renteneinkünfte, der Kläger erzielte außerdem Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

3

Mit ihrer am 16. Februar 2010 beim beklagten Finanzamt eingereichten Einkommensteuererklärung für 2009 machten die Eheleute u.a. „nichterstattete Krankheitskosten“ i.H. von 3.937,00 € als außergewöhnliche Belastungen geltend. Der Betrag setzte sich zusammen aus Fahrtkosten i.H. von 448,00 € sowie Krankheitskosten i.H. von 3.489,00 €, von denen ein Teilbetrag i.H. von 653,31 € auf die Anschaffung eines Fernsehgerätes entfiel. Der Einkommensteuererklärung beigefügt war eine Erläuterung des Klägers, wonach seine Ehefrau an einer Macula-Degeneration des rechten Auges leide. Die Sehkraft des linken Auges sei ebenfalls stark eingeschränkt. Durch die Sehkrafteinschränkung sei Fernsehen nur mit einem kontraststarken Fernseher möglich. Die Neuanschaffung eines entsprechenden Fernsehgerätes sei daher unumgänglich gewesen (Bl. 15 d. ESt-Akte).

4

Im Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 25. März 2010 berücksichtigte der Beklagte die geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen nur i.H. von 3.284,00 € d.h. ohne den für die Anschaffung des Fernsehers aufgewendeten Betrag. Den nach § 33 EStG abziehbaren Betrag errechnete er aufgrund einer zumutbaren Belastung i.H. von 1.436,00 € (5% des Gesamtbetrags der Einkünfte i.H. von 28.724,00 €) mit 1.848,00 €.

5

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 28. März 2010 – beim Beklagten am 29. März 2010 eingegangen – Einspruch ein, zu dessen Begründung er im Wesentlichen nochmals ausführte, seine Ehefrau leide an einer Macula-Degeneration des rechten Auges, welche mit zunehmendem Alter zwangsläufig zur Erblindung führe, und zudem an einer sehr starken Sehkrafteinschränkung des linken Auges. Die Neuanschaffung eines kontraststarken Fernsehgerätes sei daher unumgänglich gewesen.

6

Mit Einkommensteuerbescheid vom 28. Mai 2010 änderte der Beklagte die Steuerfestsetzung wegen eines hier nicht streitbefangenen Punktes. Im Übrigen wies er den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 01. Juni 2010 als unbegründet zurück, wobei er vor allem darauf verwies, der Kläger habe den Nachweis der Zwangsläufigkeit nicht durch ein vor dem Kauf erstelltes amtsärztliches Attest geführt. Außerdem liege keine wirtschaftliche Belastung i.S. von § 33 Abs. 1 EStG vor, wenn durch die Aufwendungen – wie im Streitfall – ein Gegenwert geschaffen worden sei.

7

Hiergegen hat der Kläger am 02. Juli 2010 Klage erhoben, zu deren Begründung er im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren wiederholt und ergänzend vorträgt, der Nachweis der Zwangsläufigkeit der für die Anschaffung des Fernsehgerätes entstandenen Aufwendungen durch ein amtsärztliches Attest sei nicht erforderlich, da es sich nicht um ein direktes medizinisches Hilfsmittel handele. Die Anschaffung eines kontraststarken Fernsehers sei aufgrund der Augenerkrankung seiner Ehefrau unumgänglich gewesen. Die Zwangsläufigkeit stehe also außer Frage. Im Übrigen sei er auch erst nach der Anschaffung von einem Finanzbeamten auf die Notwendigkeit eines amtsärztlichen Attestes aufmerksam gemacht worden. Gegebenenfalls sei zu prüfen, ob ein nachträgliches amts- oder vertrauensärztliches Attest sinnvoll wäre.

8

Die Gegenwerttheorie dürfe keine Anwendung finden, da der Fernseher im Prinzip nur für seine Ehefrau notwendig und nur aufgrund ihrer Erkrankung angeschafft worden sei. Da aber auch er selbst von dem Kauf einen untergeordneten Nutzen habe, sei zu prüfen, inwieweit eine prozentuale Aufteilung der Kosten infrage komme. Der Hinweis auf die Rechtsprechung des BFH greife nicht, da nicht erstmals ein Fernseher, sondern ein neues, höherwertiges Gerät zwingend notwendig gewesen sei.

9

Der Klagebegründung beigefügt war ein Augenfachärztlicher Befund des Dr. med. P. vom 18. Juni 2010 (vgl. Bl. 5 – 11 d. PA), wonach die Ehefrau des Klägers an einer „Feuchten altersabhängigen Makula-Degeneration“ leide und die Sehschärfe rechts 0,4 und links 0,2 betrage. Lt. einer weiteren Augenfachärztlichen Bescheinigung des Dr. med. P. vom 04. November 2010 (vgl. Bl. 24 d. PA) beträgt das Sehvermögen der Ehefrau des Klägers auf dem rechten Auge 0,3 und auf dem linken Auge 0,16. Frau M. habe dadurch eine Visusminderung von ca. 80%. Wegen der Einzelheiten wird auf den Augenfachärztlichen Befund vom 18. Juni 2010 sowie die Augenfachärztliche Bescheinigung vom 04. November 2010 verwiesen.

10

Der Kläger beantragt sinngemäß und schriftsätzlich, den geänderten Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 28. Mai 2010 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 01. Juni 2010 dahingehend zu ändern, dass ein weiterer Betrag i.H. von 653,00 € als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG berücksichtigt wird.

11

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

12

Er verweist auf die Einspruchsentscheidung vom 01. Juni 2010 und trägt ergänzend vor, bei Hilfsmitteln im weiteren Sinne, die – wie z.B. ein kontraststarkes Fernsehgerät – teilweise auch von gesunden Steuerpflichtigen aus Gründen der Vorsorge oder zur Steigerung des Lebensstandards gekauft würden, könne auf einen Nachweis der Zwangsläufigkeit der Anschaffung durch die Vorlage eines qualifizierten Attests nicht verzichtet werden. Die Notwendigkeit der Anschaffung solcher Hilfsmittel, die nicht ausschließlich von Kranken angeschafft würden, sei durch die Vorlage eines vor dem Kauf erstellten amts- oder vertrauensärztlichen Attests nachzuweisen. Der vom Kläger eingereichte Augenfachärztliche Befund des Dr. med. P. stelle kein solches amts- oder vertrauensärztliches Attest dar, zudem werde dort zur Notwendigkeit der Anschaffung eines entsprechenden Fernsehers keine Aussage getroffen.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten und die vorgelegten Steuerakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

14

Die Klage, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung  entscheiden konnte (§ 90 Abs. 2 FGO), ist unbegründet. Der Beklagte hat die Aufwendungen des Klägers für die Anschaffung des Fernsehgerätes zu Recht nicht als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG berücksichtigt.

15

1. Gemäß § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung) erwachsen. Zwangsläufig erwachsen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen dann, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG). Ziel des § 33 EStG ist es, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen. Aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen sind dagegen die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind (vgl. BFH, Urteil vom 11. November 2010, VI R 17/09, BFH/NV 2011, 503 unter Bezugnahme auf BFH, Urteil vom 29. September 1989, III R 129/86, BStBl II 1990, 418).

16

2. Aufwendungen für die Anschaffung eines Fernsehgeräts können nicht i.d. Sinne als außergewöhnlich angesehen werden. Ein Fernsehgerät gehört zu den typischen Einrichtungsgegenständen eines modernen Haushalts. Die Kosten für seine Anschaffung rechnen deshalb zu den üblichen Kosten der Lebensführung, die grundsätzlich jedem Steuerpflichtigen erwachsen.

17

Daran ändert der Umstand nichts, dass es sich bei dem im Streitfall erworbenen Fernseher um ein besonders kontraststarkes Modell handeln soll. Denn wie dem Senat aus eigener Anschauung bekannt ist, stellen besonders kontraststarke Fernseher keine eigene Kategorie von Fernsehgeräten dar. Vielmehr ist die Kontraststärke ein gängiges Qualitätsmerkmal eines Fernsehgerätes.

18

Eine außergewöhnliche Belastung i.S. von § 33 Abs. 1 EStG stellen die streitgegenständlichen Aufwendungen auch nicht deshalb dar, weil sie – wie der Kläger behauptet – infolge der Sehkrafteinschränkung seiner Ehefrau notwendig wurden. Dies mag für die Beurteilung der Zwangsläufigkeit der Aufwendungen von Bedeutung sein, ändert aber nichts daran, dass dem Kläger durch die Anschaffung des Fernsehgerätes keine größere Aufwendungen entstanden sind als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen (vgl. z.B. auch BFH, Urteil vom 21. August 1974, VI R 237/71, BStBl II 1974, 745 zu mit Rücksicht auf eine krankheitsbedingte Behinderung der Ehefrau des Steuerpflichtigen übernommenen Aufwendungen für die Anschaffung, Installation und den Betrieb einer Geschirrspülmaschine).

19

3. Der Beklagte hat die geltend gemachten Aufwendungen außerdem zu Recht deshalb nicht berücksichtigt, weil der Kläger für seine Aufwendungen einen Gegenwert erlangt hat.

20

Von einer Belastung i.S. von § 33 EStG kann nicht gesprochen werden, wenn Teile des Einkommens für die Anschaffung solcher Gegenstände verwendet werden, die von bleibendem oder zumindest länger andauerndem Wert und Nutzen sind und demnach einen in einer gewissen Marktfähigkeit zum Ausdruck kommenden Verkehrswert besitzen (vgl. BFH, Urteil vom 29. November 1991, III R 74/87, BStBl II 1992, 290). Dies gilt auch für Gegenstände, die unmittelbar der Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen, wenn sie nicht auf die speziellen Bedürfnisse des Steuerpflichtigen zugeschnitten sind, sondern auch für andere Personen von Wert sein können (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 04. März 1983, VI R 189/79, BStBl II 1983, 378).

21

So liegen die Dinge hier. Bei dem angeschafften Fernseher handelt es sich – anders als z.B. bei einer Brille oder einer Prothese – um einen typischen Gegenstand der Lebensführung, der grundsätzlich für jeden Steuerpflichtigen von Nutzen sein kann und dementsprechend marktgängig ist.

22

Soweit der BFH von der Anwendung der sog. Gegenwertlehre beim Verlust von Gegenständen des lebensnotwendigen Bedarfs infolge eines unabwendbaren Ereignisses (z.B. Brand) oder einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des Wohnens unter dem Gesichtspunkt des verlorenen Aufwands abgesehen und eine Belastung i.S. von § 33 Abs. 1 EStG angenommen hat, soweit Werte endgültig abgeflossen sind (vgl. BFH, Urteil vom 23. Mai 2002, III R 52/99, BStBl II 2002, 592), liegen die Voraussetzungen im Streitfall nicht vor. Denn die Sehkrafteinschränkung der Ehefrau des Klägers stellt kein unabwendbares Ereignis i.d. Sinne dar. Im Übrigen hat der Kläger nichts dazu vorgetragen, inwieweit ihm durch den Austausch seines alten Fernsehgerätes ein Vermögensverlust entstanden sein könnte.

23

Die streitgegenständlichen Aufwendungen stehen auch – anders als z.B. Aufwendungen für den Bau einer Rollstuhlrampe in einem Einfamilienhaus wegen einer Gehbehinderung des Steuerpflichtigen – nicht so stark unter dem Gebot der sich aus der Situation ergebenden Zwangsläufigkeit, dass die Erlangung eines etwaigen Gegenwertes in Anbetracht der Gesamtumstände in den Hintergrund tritt (vgl. hierzu BFH, Urteil vom 22. Oktober 2009, VI R 7/09, BStBl II 2010, 304). Vielmehr liegt es auch unter den im Streitfall gegebenen Umständen noch in der Entscheidungsfreiheit des Steuerpflichtigen, sich ein (neues) Fernsehgerät anzuschaffen oder von dieser – nicht existenznotwendigen - Anschaffung abzusehen.

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4. Ob das beklagte Finanzamt als Nachweis der medizinischen Indikation der Anschaffung des Fernsehgeräts zu Recht die Vorlage eines vor dem Kauf erstellten amts- oder vertrauensärztlichen Attests verlangt hat – im Hinblick auf die geänderte Rechtsprechung des VI. Senats des BFH (vgl. BFH, Urteil vom 11. November 2010, VI R 17/09, BFH/NV 2011, 503) könnten hieran Zweifel bestehen – bedarf keiner näheren Prüfung. Denn die Klage konnte schon aus den unter Ziff. 2 und 3 dargelegten Gründen keinen Erfolg haben.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.