Landesarbeitsgericht Köln Urteil, 09. Okt. 2014 - 7 Sa 371/14
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 12.03.2014 in Sachen 2 Ca 1439/13 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
1
T a t b e s t a n d
2Die Parteien streiten um Forderungen des Klägers auf Zahlung einer Sozialplanabfindung und einer Sonderprämie.
3Der am 1965 geborene, einem Kind unterhaltsverpflichtete Kläger ist Beamter bei der D T AG. In seinem Beamtenverhältnis war der Kläger in der Vergangenheit gemäß § 13 Sonderurlaubsverordnung für eine Angestelltentätigkeit im Konzern beurlaubt worden. Aufgrund eines zum 01.01.2008 stattfindenden Betriebsübergangs im Sinne des § 613 a BGB übte der Kläger diese Angestelltentätigkeit zuletzt bei der Beklagten aus und verdiente dabei 4.179,17 € brutto monatlich. Zuvor war er als Angestellter bei der V GmbH & Co KG (V ) beschäftigt gewesen.
4Die Beklagte beschäftigte zuletzt ca. 950 Arbeitnehmer an 16 verschiedenen Standorten in ganz Deutschland. Hierunter waren nach eigenen Angaben ca. 190 beurlaubte Beamte. Zum 31.12.2013 legte die Beklagte ihren Betrieb still und sprach ihrer Belegschaft betriebsbedingte Kündigungen aus, so auch dem Kläger am 06.05.2013 zum 31.12.2013. Der Kläger erhob gegen die Kündigung keine Kündigungsschutzklage. Zum 01.01.2014 wechselte er nahtlos zurück in sein Beamtenverhältnis bei der D T AG. In den ersten vier Monaten nach seiner Rückkehr erzielte er dort nach eigenen Angaben im Vergleich zum letzten Einkommen bei der Beklagten einen Minderverdienst. Seit dem 01.05.2014 hat er (mindestens) wieder sein altes Einkommensniveau erreicht. Allerdings wird der in W ansässige Kläger jetzt nicht mehr, wie bei der Beklagten, in Dü eingesetzt, sondern in B .
5Im Hinblick auf die vollständige Betriebsschließung schlossen die Beklagte und ihr Betriebsrat unter dem 29.04.2013 einen Interessenausgleich (Bl. 5 ff. d. A.), einen Sozialplan (Bl. 8 ff. d. A.) und eine Betriebsvereinbarung Sonderprämie (Bl. 18 ff. d. A.).
6Absatz 3 der Präambel des Sozialplans lautet wie folgt:
7„Das zur Verfügung stehende Sozialplanvolumen ist knapp bemessen und reicht nicht annähernd für den Ausgleich der wirtschaftlichen Nachteile aller Mitarbeiter aus. Vor diesem Hintergrund haben die Betriebsparteien das ihnen zustehende Ermessen so ausgeübt, dass die aus ihrer Sicht gravierendsten wirtschaftlichen Nachteile gemildert werden, die im Hinblick auf die auf die Zukunft gerichtete Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion des Sozialplans in erster Linie durch Arbeitslosigkeit entstehen. Sie verkennen dabei nicht, dass auch beurlaubten Beamten bei Rückkehr zur D T AG Nachteile entstehen können, z. B. durch ein geringeres Entgelt oder einen Ortswechsel. Beurlaubte Beamte erleiden jedoch typischerweise wesentlich geringere wirtschaftliche Nachteile als diejenigen ohne Beamtenstatus, da sie normalerweise weder von Arbeitslosigkeit bedroht sind noch ihr Rückkehranspruch zur D T AG bzw. ihr erworbener Besitzstand bestritten wird.“
8In Ziffer 1.2 des Sozialplans ist bestimmt, dass dieser Sozialplan unter anderem nicht für beurlaubte Beamte gilt.
9Die Präambel der am gleichen Tage abgeschlossenen freiwilligen „Betriebsvereinbarung Sonderprämie“ lautet wie folgt:
10„Der gesamt Betrieb der N wird stillgelegt. Über diese Maßnahme existiert ein Interessenausgleich sowie ein Sozialplan. Dabei liegt es im vorrangigen Interesse der Betriebsparteien, die Arbeitslosigkeit der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (zukünftig gemeinsam: „Mitarbeiter“) zu vermeiden und ihnen neue berufliche Perspektiven zu eröffnen, weshalb der Wechsel in eine Transfergesellschaft besonders incentiviert werden soll. Soweit Mitarbeiter trotz des Angebots den Wechsel in eine Transfergesellschaft ablehnen oder kein Angebot auf einen Wechsel in die Transfergesellschaft erhalten, obwohl sie durch betriebsbedingte Kündigung von Arbeitslosigkeit bedroht sind und dem Geltungsbereich des Sozialplans unterfallen (weil sie sich z. B. in Elternzeit befinden), soll honoriert werden, wenn sie das Bedürfnis der N nach Planungssicherheit dennoch berücksichtigen, in dem sie keine Klage gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses erheben oder innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist einen Abwicklungsvertrag mit N schließen. Außerdem soll honoriert werden, wenn die Mitarbeiter alle überlassenen Arbeitsmittel vor Austritt bei N nachweisbar anN zurückgeben. Vor diesem Hintergrund vereinbaren die Parteien folgendes:
111. Geltungsbereich
12Diese Betriebsvereinbarung findet Anwendung auf diejenigen Mitarbeiter der N , die
13- dem Geltungsbereich des Sozialplans vom 29.04.2013 unterfallen;
14…
15- einen dreiseitigen Vertrag mit NSN S innerhalb der Angebotsfrist abschließen und keine Klage gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses erheben
16oder
17das Angebot auf Abschluss eines dreiseitigen Vertrages ablehnen (bzw. trotz Bedrohung durch Arbeitslosigkeit durch eine arbeitgeberseitige Kündigung kein Angebot erhalten) und entweder(1) keine Klage gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses erheben oder (2) innerhalb von drei Wochen nach Zugang der arbeitgeberseitigen Kündigung einen Abwicklungsvertrag schließen, wobei kein Anspruch auf Abschluss eines Abwicklungsvertrages besteht.
182. Anspruch auf Sonderprämie
192.1 Mitarbeiter, die unter den Geltungsbereich dieser Betriebsvereinbarung gemäß Ziff. 1. fallen, haben Anspruch auf eine Sonderprämie von € 4.346,00 brutto.
20…
212.3 Der Anspruch auf Sonderprämie entfällt (auflösende Bedingung), wenn der Mitarbeiter die ihm überlassenen Arbeitsmittel vor seinem Austritt bei N nicht nachweisbar an N zurückgibt. Der Bruttobetrag einer bereits ausgezahlten Sonderprämie ist in diesem Fall zurückzuzahlen.“
22Als beurlaubter Beamter erhielt der Kläger weder eine Sozialplanabfindung noch die Sonderprämie. Beides macht er mit der der vorliegenden, am 17.06.2013 beim Arbeitsgericht Bonn erhobenen Klage geltend.
23Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Herausnahme der beurlaubten Beamten aus dem Kreise der Anspruchsberechtigten auf eine Sozialplanabfindung verstoße gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Auch beurlaubte Beamte erlitten durch die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses Nachteile, wie z. B. aufgrund Minderverdienstes in der Anschlussbeschäftigung oder einer Versetzung an einen anderen, weiter entfernten Arbeitsort.
24Der Kläger hat geltend gemacht, eine Ungleichbehandlung der beurlaubten Beamten sei insbesondere deshalb gegeben, weil es auch unter den Angestellten, die nicht beurlaubte Beamte gewesen seien, eine ca. 90 Personen umfassende Kerngruppe gegeben habe, die ebenfalls über einen Rückkehranspruch zur D T verfügte und daher vergleichbar wie die beurlaubten Beamten gegen Arbeitslosigkeit abgesichert gewesen sei. Spätestens seit dem Jahre 2011 sei dieser Personenkreis auch persönlich identifizierbar gewesen mit einer Fehlerquote von allenfalls 5 %. Dies alles sei den Betriebspartnern bei den Sozialplanverhandlungen auch bekannt gewesen.
25Weiter hat der Kläger die Meinung vertreten, auch dass den beurlaubten Beamten die Sonderprämie versagt worden sei, beruhe auf einer rechtswidrigen Ungleichbehandlung. Zweck der BV Sonderprämie sei es im Anschluss an die Entscheidung des BAG vom 31.05.2005, 1 AZR 254/04, offensichtlich gewesen, den Beschäftigten einen Anreiz zu verschaffen, keine Kündigungsschutzklage zu erheben und so der Beklagten Planungssicherheit zu gewähren. Die beurlaubten Beamten seien durch die betriebsbedingten Kündigungen jedoch formell genauso beschwert wie die übrigen Beschäftigten und hätten durch die Kündigungen ebenfalls Nachteile erlitten. Ein sachlicher Grund, sie von der Prämie auszuschließen, bestehe daher nicht. Auch er, der Kläger habe die Prämienvoraussetzungen erfüllt, nämlich keine Kündigungsschutzklage erhoben und auch – insoweit unstreitig – das ihm zur Verfügung gestellte Arbeitsmaterial ordnungsgemäß zurückzugeben.
26Der Kläger hat beantragt,
271.) an ihn zu zahlen:
28a) eine Sozialplanabfindung in Höhe von 49.363,93 € brutto;
29b) eine Sonderzahlung in Höhe von 4.346,00 € brutto;
30c) Zinsen aus a) und b) seit dem 31.12.2013;
312.) hilfsweise:
32festzustellen, dass die Herausnahme des Klägers als bei der T beurlaubtem Beamten aus dem Sozialplan vom 29.04.2013 rechtswidrig ist und dem Kläger Leistungen aus den genannten Betriebsvereinbarungen zustehe, um die Nachteile, die aus dem Verlust des Arbeitsplatzes entstehen, auszugleichen, zumindest aber abzumildern.
33Die Beklagte hat beantragt,
34die Klage abzuweisen.
35Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, eine Differenzierung im Sozialplan zwischen den beurlaubten Beamten und den anderen Beschäftigten sei sachlich gerechtfertigt; denn die Beamten hätten ein gesetzlich verbrieftes und von der T AG nie in Zweifel gezogenes Recht, in den aktiven Beamtenstatus zurückzukehren und nahtlos beschäftigt und vergütet zu werden, so dass ihnen anders als den übrigen Angestellten eine Zeit der Arbeitslosigkeit nicht gedroht habe.
36Innerhalb der Gruppe der übrigen Angestellten gebe es, so die Beklagte, auch keine identifizierbare Gruppe mit einem gesicherten Rückkehranspruch zur D T AG. Ihr, der Beklagten, sei trotz umfangreicher Recherchen nicht bekannt geworden, welche Arbeitnehmer ein Rückkehrrecht hätten und welche nicht. Zudem sei bekannt gewesen, dass die T AG bei Nichtbeamten Rückkehrrechte zunächst grundsätzlich nicht anerkannt habe und hierüber zahlreiche und langwierige Arbeitsgerichtsprozesse mit ungewissem Ausgang und unterschiedlichen Ergebnissen geführt worden seien.
37Nach Auffassung der Beklagten sei auch die Differenzierung bei der Sonderprämie nicht zu beanstanden. Die Betriebspartner hätten die Sonderprämie grundsätzlich nur von Arbeitslosigkeit bedrohten Mitarbeitern zukommen lassen wollen. Im Vordergrund habe daher auch gestanden, einen Anreiz für den Wechsel in die Transfergesellschaft zu bieten. Auch seien die Betriebspartner zulässigerweise davon ausgegangen, dass es bei den nicht von Arbeitslosigkeit bedrohten beurlaubten Beamten regelmäßig keines Anreizes bedürfe, sie von der Erhebung einer Kündigungsschutzklage abzuhalten, um dadurch mehr Planungssicherheit zu gewinnen.
38Schließlich hat die Beklagte ausgeführt, wenn auch den beurlaubten Beamten Sozialplanansprüche und eine Sonderprämie zugebilligt würden, würde der Dotierungsrahmen des Sozialplans und der BV Sonderprämie derart gesprengt, dass sie, die Beklagte, voraussichtlich werde Insolvenz anmelden müssen.
39Die 2. Kammer des Arbeitsgerichts Bonn hat mit Urteil vom 12.03.2014 die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.
40Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde dem Kläger am 02.04.2014 zugestellt. Er hat hiergegen am 28.04.2014 Berufung eingelegt und diese am 14.05.2014 begründet.
41Die Berufungsbegründung wurde der Beklagten am 19.05.2014 zugestellt. Die Beklagte hat innerhalb der Berufungserwiderungsfrist, nämlich mit am 16.06.2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz, hilfsweise, für den Fall des Unterliegens, Widerklage erhoben.
42Der Kläger wiederholt und vertieft seine bereits erstinstanzlich vorgebrachten Argumente. Er konzentriert sich dabei darauf, dass eine Ungleichbehandlung zwischen der Gruppe der beurlaubten Beamten einerseits und der Gruppe der übrigen Arbeitsnehmer mit einem sicheren Rückkehranspruch zur D T andererseits zu verzeichnen gewesen sei. Zur ca. 90 Köpfe umfassenden Gruppe mit sicherem Rückkehranspruch hätten diejenigen Angestellten gezählt, die aus der Vi oder VC zur V gewechselt seien und einen Arbeitsvertrag mit der V , aber keinen Aufhebungsvertrag mit der D T unterzeichnet gehabt hätten. Die D T AG habe diesen Angestellten keinen einzigen materiellrechtlich erheblichen Einwand gegen ihren Rückkehranspruch entgegensetzen können. Bezeichnenderweise hätten die entsprechenden, um den Rückkehranspruch geführten Prozesse dieses Personenkreises regelmäßig mit einem Anerkenntnis geendet. Daneben habe es zwar auch eine Vielzahl weiterer Prozesse um Rückkehransprüche anderer Angestellter gegeben, sei es aufgrund individueller Besonderheiten im bisherigen Werdegang der Mitarbeiter, sei es aber auch durch sogenannte ‚Trittbrettfahrer‘. Diese anderen Prozesse seien in der Tat unterschiedlich ausgegangen. Gleichwohl sei den Betriebspartnern aber bewusst gewesen, dass es unter den Nichtbeamten eine Kerngruppe in der Größenordnung von ca. 90 Angestellten gegeben habe, die über einen sicheren Rückkehranspruch verfügten und die auch mit einer Fehlerquote von allenfalls 5 % personalisierbar gewesen seien.
43Der Kläger und Berufungskläger bleibt auch dabei, dass hinsichtlich des Anspruchs auf eine Sonderprämie nach Maßgabe der gleichnamigen BV vom 29.04.2013 eine Differenzierung zwischen beurlaubten Beamten und Nichtbeamten sachlich nicht begründbar sei.
44Der Kläger und Berufungskläger beantragt nunmehr,
45die Entscheidung des Arbeitsgerichts Bonn vom 12.03.2014, 2 Ca 1439/13, abzuändern und
461. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zu zahlen:
47a) eine Sozialplanabfindung in Höhe von 49.363,93 € brutto;
48b) eine Sonderzahlung in Höhe von 4.346,00 € brutto;
49c) Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB aus a) und b) seit dem 31.12.2013;
502. hilfsweise
51festzustellen, dass die Herausnahme des Klägers als bei der T beurlaubtem Beamten aus dem Sozialplan vom 29.04.2013 sowie aus der Betriebsvereinbarung Sonderprämie vom 29.04.2013 rechtswidrig ist und dem Kläger Leistungen aus den genannten Betriebsvereinbarungen zustehen, um die Nachteile, die aus dem Verlust des Arbeitsplatzes entstehen, auszugleichen, zumindest aber abzumildern.
52Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt,
53die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 12.03.2014, 2 Ca 1439/13, zurückzuweisen.
54Hilfsweise, für den Fall des Unterliegens, beantragt die Berufungsbeklagte:
551.) Es wird festgestellt, dass der Sozialplan vom 29.04.2013 nichtig ist.
562.) Es wird festgestellt, dass die Betriebsvereinbarung Sonderprämie vom 29.04.2013 nichtig ist.
57Auch die Beklagte und Berufungsbeklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Verteidigungsvorbringen. Die Beklagte und Berufungsbeklagte bestreitet weiterhin, dass die Betriebsparteien im Zeitpunkt der Sozialplanverhandlungen Kenntnis über einen bestimmten, namentlich personalisierbaren Personenkreis unter den nichtbeamteten Angestellten gehabt hätten, der über einen sicheren, unanzweifelbaren Rückkehranspruch zur T AG verfügt hätte, oder gar, dass eine entsprechende Liste mit Namen existiert habe. In Wirklichkeit habe sich trotz umfangreicher Recherchen nicht rechtssicher ermitteln lassen, welche Arbeitsverhältnisse bei der DT AG im Rahmen des Konzernumbaus ordnungsgemäß beendet worden waren und welche nicht, welche aufgrund von Betriebsübergängen bzw. Verschmelzungen/Umwandlungen kraft Gesetzes auf V bzw. ihre Vorgängergesellschaften übergegangen waren und welche Arbeitsverhältnisse mit der DT AG möglicherweise als ruhende Arbeitsverhältnisse fortbestanden. Dies entziehe sich bis heute ihrer Kenntnis. Da die Betriebsparteien weder Arbeitnehmer mit ruhenden Arbeitsverhältnissen identifizieren, noch sicher hätten vorhersagen können, welche Mitarbeiter einen Rückkehranspruch mit Erfolg gegen die DT AG geltend machen könnten, seien sie davon ausgegangen, dass für Mitarbeiter mit möglichem Rückkehrrecht jedenfalls ein aufwändiger Rechtsstreit mit ungewissem Ausgang erforderlich werden würde. Während der Prozessdauer wäre der Mitarbeiter aber ebenso gestellt wie ein arbeitsloser Mitarbeiter und hätte zusätzlich einen Prozess gegen die DT AG zu führen. Deshalb seien die Betriebsparteien typisierend und pauschalisierend davon ausgegangen, dass alle Arbeitnehmer bis auf die beurlaubten Beamten gleichermaßen von Arbeitslosigkeit bedroht seien.
58Auch zum Anspruch auf eine etwaige Sonderprämie wiederholt die Beklagte und Berufungsbeklagte ihre erstinstanzlichen Argumente.
59Sie macht weiterhin geltend, dass eine Aufnahme der beurlaubten Beamten in den Anwendungsbereich der BV Sonderprämie zu einer unzulässigen Erhöhung des Dotierungsrahmens im Umfang von ca. 25 % führen würde. Beim Sozialplanvolumen betrüge die Steigerung ebenfalls über 20 %. Sie, die Beklagte, könne diesen Betrag nicht aufbringen. Die von der Muttergesellschaft zur Verfügung gestellten Sozialplanmittel seien vollständig verbraucht. Insofern müsse sie bei Ausweitung des Sozialplanvolumens Insolvenz anmelden.
60Ergänzend wird auf den vollständigen Inhalt der Berufungsbegründung des Klägers, der Berufungserwiderung der Beklagten sowie der weiteren Schriftsätze des Klägers vom 10.09.2014 und der Beklagten vom 29.09.2014 sowie nochmals des Klägers vom 01.10.2014 Bezug genommen.
61E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
62I. Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 2 b) ArbGG statthaft. Sie wurde auch innerhalb der in § 66 Abs. 1 vorgeschriebenen Fristen eingelegt und begründet.
63Die Zulässigkeit der von der Beklagten in Form einer Hilfswiderklage erhobenen Anschlussberufung kann dahingestellt bleiben, da diese wegen der Unbegründetheit der Berufung des Klägers nicht zur Entscheidung angefallen ist.
64II. Die Berufung des Klägers kann in der Sache keinen Erfolg habe. Das Arbeitsgericht Bonn hat die Klage auf Zahlung einer Sozialplanabfindung aus dem Sozialplan vom 29.4.2013 sowie einer Sonderprämie auf der Grundlage der BV Sonderprämie vom gleichen Tage zutreffend und mit tragfähiger Begründung zurückgewiesen. An die zutreffenden Ausführungen der arbeitsgerichtlichen Entscheidungsgründe anknüpfend gilt aus der Sicht der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht zusammenfassend und ergänzend das Folgende:
651. Nach dem Wortlaut des Sozialplans vom 29.04.2013 hat der Kläger keinen Anspruch auf eine Sozialplanabfindung. Der Kläger stand stets und steht immer noch in einem Beamtenverhältnis bei der D T AG. Um die Angestelltentätigkeit bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin aufnehmen zu können, wurde er nach § 13 Sonderurlaubsverordnung beurlaubt. Beurlaubte Beamte haben die Betriebsparteien im Sozialplan gemäß Ziffer 1.2 des Sozialplans vom 29.04.2013 von der Geltung des Sozialplans ausgenommen.
662. Die Herausnahme der beurlaubten Beamten vom Geltungsbereich des Sozialplans verstieß auch nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG. Es kann daher dahingestellt bleiben, welche Rechtsfolgen ein Verstoß gegen diesen Gleichbehandlungsgrundsatz hätte haben können.
67a. Wie das Arbeitsgericht in seinem Urteil vom 12.03.2014 zutreffend ausführt, zielt der betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG darauf ab, die Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Sachverhalten sicherzustellen und eine gleichheitswidrige Gruppenbildung auszuschließen. Maßgeblich für das Vorliegen eines die Bildung unterschiedlicher Gruppen rechtfertigenden Sachgrundes ist vor allem der mit der Regelung verfolgte Zweck (BAG vom 07.06.2011, 1 AZR 34/10; BAG vom 14.12.2010, 1 AZR 279/09; BAG vom 18.05.2010, 1 AZR 187/09).
68b. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung haben Sozialpläne eine zukunftsbezogene Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion. Die in ihnen vorgesehenen Leistungen sollen gemäß § 112 Abs. 1 S. 2 BetrVG die künftigen Nachteile ausgleichen oder abmildern, die dem Arbeitnehmer durch die Betriebsänderung entstehen können (BAG vom 07.06.2011, 1 AZR 34/10; BAG vom 18.05.2010, 1 AZR 187/09). Hiervon ausgehend sind, wie das Arbeitsgericht zutreffend feststellt, nicht alle Arbeitnehmer, die ihren Arbeitsplatz aufgrund einer betriebsbedingten Kündigung verloren haben, schon deshalb in einer vergleichbaren Situation. Für die Vergleichbarkeit kommt es vielmehr darauf an, ob sich der Kläger und die vom Sozialplan begünstigten Arbeitnehmer in Bezug auf ihre durch die Betriebsstilllegung verursachten wirtschaftlichen Nachteile in einer vergleichbaren Situation befinden (vgl. BAG vom 07.06.2011, 1 AZR 34/10). Keinesfalls sollen die Sozialplanleistungen ein zusätzliches Entgelt für in der Vergangenheit erbrachte Dienste darstellen (BAG vom 26.05.2009, 1 AZR 198/08).
69c. Wie das Arbeitsgericht weiter zutreffend ausführt, eröffnet die zukunftsbezogene Ausgleichsfunktion von Sozialplänen den Betriebspartnern Beurteilungs- und Gestaltungsspielräume (BAG vom 11.11.2008, 1 AZR 475/07; BAG vom 06.11.2007, 1 AZR 960/09). Der Beurteilungsspielraum bezieht sich dabei in tatsächlicher Hinsicht darauf, welche wirtschaftlichen Nachteile den Arbeitnehmern durch die Betriebsänderung voraussichtlich entstehen werden. Der Gestaltungsspielraum betrifft die Frage, in welcher Weise die mutmaßlich entstehenden Nachteile ausgeglichen oder abgemildert werden sollen.
70d. Welche wirtschaftlichen Folgen eine Betriebsänderung für die einzelnen Arbeitnehmer mit sich bringen wird, lässt sich regelmäßig nicht in allen Einzelheiten sicher vorhersagen, sondern kann nur Gegenstand einer Prognose sein. Zutreffend führt das Arbeitsgericht aus, dass bei der Beendigung von Arbeitsverhältnissen die Chancen der einzelnen Arbeitnehmer, überhaupt oder in absehbarer Zeit einen zumutbaren oder gleichwertigen neuen Arbeitsplatz zu finden, von einer Vielzahl subjektiver und objektiver Umstände abhängt. Deshalb erscheint es unumgänglich, den Betriebsparteien bei der Einschätzung der wirtschaftlichen Nachteile einen erheblichen Beurteilungsspielraum einzuräumen, auch deshalb, weil Sozialpläne in der Regel schon vor der Betriebsänderung abgeschlossen werden. Der den Betriebsparteien zuzubilligende Beurteilungsspielraum erlaubt und erfordert eine generalisierende und typisierende Betrachtungsweise (BAG vom 11.11.2008,1 AZR 475/07; BAG vom 24.08.2004, 1 ABR 23/03).
71e. Bei der Einschätzung, welche wirtschaftlichen Nachteile den Arbeitnehmern durch eine Betriebsänderung entstehen können, handelt es sich um einen auf Tatsachen bezogenen Erkenntnisvorgang, bei dem der betriebsverfassungsrechtlich vorgegebene Gleichbehandlungsgrundsatz naturgemäß keine Rolle spielen kann. Maßgeblich kann dabei nur sein, ob die Einschätzung, von der die Betriebsparteien ausgegangen sind, aus objektiver Sicht sachlich nachvollziehbar ist.
72f. Der Gestaltungsspielraum der Betriebsparteien betrifft hingegen die Frage, welche Art von prognostizierten Nachteilen die Betriebsparteien im Sozialplan ausgleichen bzw. abmildern wollen und können.
73aa. Ausweislich der Präambel (dort Absatz 3) zum Sozialplan vom 29.04.2013 haben sich die Betriebspartner vorliegend darauf konzentrieren wollen, diejenigen „gravierendsten wirtschaftlichen Nachteile“ zu mildern, die „in erster Linie durch Arbeitslosigkeit entstehen“. Da Arbeitslosigkeit die gravierendste wirtschaftliche Folge darstellt, die einem Arbeitnehmer durch eine Betriebsänderung entstehen kann, ist diese Grundentscheidung nach Auffassung des Berufungsgerichts in keiner Weise zu beanstanden, zumal nach der in der Präambel des Sozialplans wiedergegebenen Einschätzung der Betriebsparteien das zur Verfügung stehende Sozialplanvolumen nur knapp bemessen war und „nicht annähernd für den Ausgleich der wirtschaftlichen Nachteile aller Mitarbeiter“ ausreichte.
74bb. Es kann somit zugunsten des Klägers ohne weiteres unterstellt werden, dass die auf der Betriebsschließung der Beklagten beruhende betriebsbedingte Kündigung zum 31.12.2013 auch für ihn mit wirtschaftlichen Nachteilen verbunden war. Diese bestanden nach eigenem Bekunden in einer Einkommensreduzierung innerhalb der ersten vier Monate nach dem Ausscheiden bei der Beklagten, insbesondere aber darin, dass der neue Arbeitsplatz erheblich weiter vom Wohnsitz des Klägers entfernt liegt als der letzte Arbeitsplatz bei der Beklagten. Derartige Nachteile, die nicht mit einer durch die Betriebsänderung drohenden Arbeitslosigkeit zusammenhängen, sondern durch die Eigenart des dem Arbeitnehmer zur Verfügung gestellten Anschlussarbeitsplatzes bedingt sind, werden durch den Sozialplan vom 29.04.2013 in zulässigerweise generell nicht erfasst, auch nicht bei anderen Arbeitnehmern.
75g. Der Nachteil der Arbeitslosigkeit, auf dessen Abmilderung sich der Sozialplan zulässigerweise konzentrieren wollte, drohte dem Kläger als beurlaubtem Beamten jedoch zu keinem Zeitpunkt. Weder nach objektiver Rechtslage noch nach subjektiver Einschätzung musste der Kläger zu irgendeinem Zeitpunkt befürchten, aufgrund der in der Betriebsschließung der Beklagten zum 31.12.2013 bestehenden Betriebsänderung arbeitslos zu werden und demgemäß ohne Vergütungsanspruch dazustehen.
76h. Hierin unterschied sich die Situation des Klägers schon nach dessen eigenen Darlegungen von derjenigen von mehr als 88 % der nichtbeamteten Kollegen des Klägers bei der Beklagten.
773. Ein Verstoß der Betriebspartner gegen den betriebsverfassungs- rechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz ist entgegen der Ansicht des Klägers aber auch nicht darin zu erblicken, dass ebenso wie die beurlaubten Beamten nicht auch diejenigen Angestellten vom Geltungsbereich des Sozialplanes ausgenommen wurden, die gegenüber der T AG einen sogenannten Rückkehranspruch für sich in Anspruch nehmen konnten. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Betriebspartner bei ihrer Prognose der möglichen Folgen der Betriebsänderung diese Gruppen im Hinblick auf die drohende Gefahr einer Arbeitslosigkeit unterschiedlich eingeschätzt haben.
78a. Abzustellen für die Beurteilung ist auf den Zeitpunkt des Zustandekommens des Sozialplans im April 2013. Schon deshalb erscheint es unerheblich, wenn der Kläger nunmehr anführt, dass mittlerweile ca. 90 ehemals bei der Beklagten angestellte Nichtbeamte ihren ‚Rückkehrprozess‘ gegen die D T AG durch Anerkenntnisurteil oder in ähnlicher Weise gewonnen hätten.
79b. Der Kläger behauptet zwar, bereits spätestens 2011 sei eine Liste mit ca. 90 Namen von Mitarbeitern kursiert, von denen anzunehmen gewesen sei, dass sie ein Rückkehrrecht zur T AG mit Sicherheit erfolgreich würden geltend machen können. Der Kläger hat eine solche Liste, deren Existenz die Beklagte bestreitet, allerdings niemals vorgelegt und in der Berufungsbegründung zu ihrer inhaltlichen Konkretisierung lediglich vorgetragen, dass bei all denjenigen Angestellten der Beklagten von einem sicheren Rückkehranspruch zur T auszugehen gewesen sei, die aus der Vi oder der Firma VC zur Firma V gewechselt seien und zwar einen Arbeitsvertrag mit V , der Rechtsvorgängerin der Beklagten, unterschrieben hätten, aber keinen Aufhebungsvertrag mit der T . Diese Argumentation überzeugt schon deshalb nicht, weil auch solche Mitarbeiter, die unter die von dem Kläger jetzt genannten Kriterien fielen, z. B. mit dem Einwand der Verwirkung eines Rückkehranspruchs hätten rechnen müssen, dessen Berechtigung von den Umständen des Einzelfalls abhängig sein konnte.
80c. Letztlich geht aber bereits aus dem eigenen Vortrag des Klägers ein markanter Unterschied in der Lage der beurlaubten Beamten einerseits und der Mitarbeiter mit Rückkehranspruch zur T andererseits hervor, der auch geeignet erscheint, den Betriebspartnern bei der Aufstellung des Sozialplans als Differenzierungskriterium zu dienen: Die beurlaubten Beamten konnten gesetzlich verbrieft jederzeit in ihren Beamtenstatus zurückkehren. Dieser Rechtsanspruch war in der Tat unangreifbar und ist von der T auch niemals in Abrede gestellt worden. Im Gegenteil: Die Beklagte hat dokumentiert, dass die T es seinerzeit den in Frage kommenden Beamten unter anderem gerade damit schmackhaft gemacht hatte, sich für eine Angestelltentätigkeit beurlauben zu lassen, dass sie diese mit Nachdruck darauf hinwies, dass ihnen ja ihr Beamtenstatus erhalten bliebe und sie diesen jederzeit – z. B. auch nach einer Eigenkündigung des aufzunehmenden Angestelltenverhältnisses – wieder reaktivieren könnten.
81d. Im Gegensatz dazu stellt bei den nichtbeamteten Angestellten, die ein wirkliches oder vermeintliches Rückkehrrecht geltend zu machen gedachten, dieses Rückkehrrecht aus der Sicht der T einen ‚irregulären‘ Tatbestand dar, der insbesondere darauf beruhte, dass entweder versäumt worden war, einen Aufhebungsvertrag abzuschließen oder versäumt worden war, auf die ausdrückliche Weigerung des Mitarbeiters, einen Aufhebungsvertrag abzuschließen, in geeigneter Weise zu reagieren. Dies erklärt das Verhalten der T AG, sich - diametral anders als bei den beurlaubten Beamten -jedenfalls zunächst grundsätzlich gegen jedes von den nichtbeamteten Angestellten geltend gemachte Rückkehrrecht zu wehren. Bezeichnenderweise mussten auch diejenigen Angestellten, deren Rückkehrrecht der Kläger als völlig sicher bezeichnete, dieses Recht erst gerichtlich durchsetzen. Anders ist das Zustandekommen von Anerkenntnisurteilen u. ä. nicht zu erklären. Auch diese nach Darstellung des Klägers vermeintlich „sicheren“ Rückkehrer mussten somit erst die Kosten und Mühen eines Gerichtsprozesses auf sich nehmen und konnten keineswegs sicher sein, unmittelbar nach Beendigung ihres Angestelltenverhältnisses zur Beklagten nahtlos weiterbeschäftigt und weitervergütet zu werden.
82e. Unstreitig war der Kreis derjenigen nichtbeamteten Mitarbeiter, die gegenüber der T ein Rückkehrrecht geltend gemacht haben, jedoch um ein Vielfaches höher als die vom Kläger angesprochene „Kerngruppe“ von ca. 90 Personen. Aufs Ganze gerechnet hat die Geltendmachung von Rückkehrrechten nichtbeamteter Angestellter somit keineswegs ein eindeutiges Ergebnis gehabt.
83f. Bei alledem kommt noch hinzu, dass sich die T AG nach dem Vortrag der Beklagten bei dem Versuch, das Bestehen etwaiger Rückkehrrechte aufzuklären, der Beklagten gegenüber keineswegs kooperativ verhalten hat.
84g. Alle diese Umstände konnten die Betriebspartner bei Abschluss des Sozialplans im April 2013 ohnehin nur in Form einer Zukunftsprognose einzuschätzen versuchen. Die Betriebspartner durften somit ohne Verletzung des betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes zum einen in Anbetracht der ihnen nur begrenzt zur Verfügung gestellten finanziellen Ausstattung die durch den Sozialplan abzumildernden Nachteile auf das Risiko der Arbeitslosigkeit begrenzen und zum anderen objektiv nachvollziehbar die Prognose aufstellen, dass nur der klar definierte Kreis der beurlaubten Beamten definitiv keine Arbeitslosigkeit und keine Anschlusszeit ohne Vergütung zu befürchten hatte und auch nicht vor die Notwendigkeit gestellt sein würde, um diese Rechte vor Gericht kämpfen zu müssen.
85h. Die Herausnahme der beurlaubten Beamten aus dem Geltungsbereich des Sozialplans vom 29.04.2013 war somit rechtmäßig (ebenso: LAG Hamm vom 06.06.2014, 18 Sa 1700/13, 18 Sa 336/14, 18 Sa 335/14, 18 Sa 1686/13, 18 Sa 1527/13, 18 Sa 408/14; LAG Düsseldorf vom 02.07.2014, 4 Sa 321/14; LAG Nürnberg vom 13.08.2014, 2 Sa 256/14).
864. Ebenso hat das Arbeitsgericht Bonn richtig entschieden, dass dem Kläger auch kein Anspruch auf eine Sonderprämie nach der BV Sonderprämie vom 29.04.2013 zusteht.
87a. Die Verabschiedung einer Betriebsvereinbarung, in denen im Zusammenhang mit einer Betriebsänderung im Sinne von § 112 BetrVG den Arbeitnehmern eine Sonderprämie versprochen wird, die unter anderem dem Zweck dient, dem Arbeitgeber bei der Durchführung der Betriebsänderung „Planungssicherheit zu verschaffen“, und daher insbesondere solchen Arbeitnehmern zugutekommen soll, die davon absehen, gegen die zu erwartende betriebsbedingte Kündigung Kündigungsschutzklage zu erheben, ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zulässig (BAG vom 31.05.2005, 1 AZR 254/04, NZA 2005, 997 ff.).
88b. Nach dem Wortlaut der Betriebsvereinbarung fällt der Kläger unstreitig nicht unter den Kreis derer, die die Betriebspartner begünstigen wollten.
89aa. Vom Geltungsbereich der BV Sonderprämie sind nämlich nur diejenigen Mitarbeiter erfasst, die unter den Geltungsbereich des Sozialplans vom 29.04.2013 fallen, was bei dem Kläger, wie soeben ausgeführt, nicht der Fall ist.
90bb. Ebenso wenig erfüllt der Kläger auch die unter Ziffer 1 dritter Spiegelstrich der BV Sonderprämie genannten Kriterien. Weder hat der Kläger nämlich entsprechend dem ersten Unterabsatz des dritten Spiegelstrichs einen dreiseitigen Vertrag abgeschlossen, noch ist er, wie im zweiten Unterabsatz mittelbar zur Voraussetzung erhoben wird (LAG Nürnberg vom 13.08.2014, 2 Sa 256/14)., „von Arbeitslosigkeit bedroht“ gewesen
91c. Die Herausnahme des Kreises der beurlaubten Beamten aus dem Geltungsbereich der BV Sonderprämie verstößt ebenfalls nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz (ebenso: LAG Hamm a.a.O.; LAG Nürnberg a.a.O.; a.A.: LAG Düsseldorf a.a.O.).
92Ausweislich ihrer Präambel verfolgt die BV Sonderprämie drei Zielrichtungen:
93aa. An erster Stelle ist genannt, dass die Prämie den Mitarbeitern einen Anreiz bieten soll, in die angebotene Transfergesellschaft zu wechseln. Diese Zielrichtung spielt für einen beurlaubten Beamten wie den Kläger keine Rolle; denn bei diesem Personenkreis war ohnehin nicht zu erwarten und nicht vorgesehen, dass er in die Transfergesellschaft wechselt.
94bb. Die zweite Zielrichtung der BV Sonderprämie bestand darin, den von der Betriebsänderung Betroffenen einen zusätzlichen Anreiz zu gewähren, gegen die im Zuge der Betriebsänderung zu erwartende betriebsbedingte Kündigung keine Kündigungsschutzklage zu erheben und der Beklagten insoweit größere Planungssicherheit zu verschaffen.
95aaa. Zwar hat auch der Kläger gegen die ihn treffende Kündigung vom 06.05.2013 keine Kündigungsschutzklage erhoben, was ihm wie allen anderen Mitarbeitern, die die Voraussetzungen des § 1 KSchG erfüllen, offengestanden hätte. Auch ist dem Kläger einzuräumen, dass auch beurlaubte Beamte durch die betriebsbedingte Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Beklagten gewisse Nachteile erleiden konnten und erlitten haben.
96bbb. Auch hier ist jedoch nach Auffassung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden, dass die Betriebspartner den Sinn, für die Beklagte die Planungssicherheit zu erhöhen, nur bei solchen von der Betriebsänderung betroffenen Mitarbeitern gesehen haben, die dadurch von Arbeitslosigkeit bedroht waren (ausdrücklich ebenso: LAG Hamm a.a.O.). Zu bedenken ist, dass aufgrund der Schließung des kompletten Betriebes der Beklagten eine Kündigungsschutzklage jedenfalls in materiellrechtlicher Hinsicht ohnehin nur eine eingeschränkte Aussicht auf Erfolg zu bieten scheinen konnte. Die Einschätzung, dass gerade in einer solchen Situation die von realer Arbeitslosigkeit bedrohten Mitarbeiter sehr viel eher geneigt sein könnten, zum ‚letzten Strohhalm‘ einer Kündigungsschutzklage zu greifen als andere, die eben nicht von Arbeitslosigkeit bedroht waren, erscheint objektiv naheliegend.
97cc. Der dritte Zweck der BV Sonderprämie bestand schließlich darin, die vollständige und pünktliche Rückgabe der Arbeitsmittel durch die ausscheidenden Mitarbeiter abzusichern. Hierbei handelt es sich aber nur ein Ausschlusskriterium, welches nicht gleichrangig neben den beiden vorgenannten Zwecken der BV Sonderprämie steht (ausdrücklich ebenso: LAG Hamm a.a.O.). Mit anderen Worten: Nach dem Sinn und Zweck der BV soll nicht derjenige belohnt werden, der die ihm überlassenen Arbeitsmittel zurückgibt, sondern derjenige, der die Grundvoraussetzungen für die Aufnahme in den Geltungsbereich der BV erfüllt, soll von der Prämie gleichwohl ausgeschlossen werden, wenn er seine Arbeitsmittel nicht vollständig und pünktlich zurückgibt. Auch mit der Begründung, er habe seine Arbeitsmittel ordnungsgemäß zurückgegeben, kann der Kläger somit nicht einen Anspruch auf die Sonderprämie herleiten (LAG Hamm a.a.O.).
98d. Schließlich teilt das Berufungsgericht auch die vom LAG Nürnberg geäußerten Bedenken, dass dem Antrag des Klägers auf Zahlung der Sonderprämie in Höhe von 4.346,00 € brutto auch deshalb nicht stattgegeben werden kann, weil die nachträgliche Aufnahme des Kreises der beurlaubten Beamten in den Geltungsbereich dieser BV zu einer unzumutbaren Ausweitung von deren Dotierungsrahmen führen würde (LAG Nürnberg a.a.O. Seite 32 ff.).
99aa. Der Kläger reklamiert für sich den Anspruch auf Zahlung der Sonderprämie nicht aus irgendwelchen bei ihm vorhandenen individuellen Besonderheiten heraus, sondern in seiner Eigenschaft als Mitglied der Gruppe der beurlaubten Beamten. Wäre der Argumentation des Klägers zu dem Anspruch auf Zahlung der Sonderprämie zu folgen, müsste der Anspruch auf Zahlung der Prämie auch allen anderen beurlaubten Beamten, die bei der Beklagten als Angestellte tätig waren, zugesprochen werden.
100bb. Selbst wenn man die Anzahl der beurlaubten Beamten unter den von der Betriebsänderung Betroffenen nur mit 180 Personen ansetzt, würde sich damit der notwendige Dotierungsrahmen der BV Sonderprämie um mehr als 23 % erhöhen.
101cc. Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Rechtsprechung bisher nicht abschließend definiert, wo nach seiner Auffassung die Zumutbarkeitsgrenze liegt (vgl. BAG vom 21.10.2003, 1 AZR 407/02; BAG vom 13.02.2002, 5 AZR 713/00; LAG Nürnberg a.a.O.). Anders als das LAG Nürnberg neigt das Berufungsgericht zu der Auffassung, dass die Zumutbarkeitsgrenze bei einer freiwilligen, nicht erzwingbaren Betriebsvereinbarung, wie sie die BV Sonderprämie darstellt, eher niedriger anzusetzen ist als bei einer durch Einigungsstelle erzwingbaren Leistung. Das Berufungsgericht teilt aber die Auffassung des LAG Nürnberg insoweit, als die Zumutbarkeitsgrenze bei 23 % des bisherigen Dotierungsrahmens überschritten sein dürfte.
102e. Der letztgenannte Gesichtspunkt bedarf allerdings hier keiner abschließenden Beurteilung, da ein Rechtsanspruch des Klägers auf Zahlung der Sonderprämie nach Auffassung des Berufungsgerichts ohnehin nicht in Betracht kommt.
1035. Auch der vom Kläger gestellte Hilfsantrag kann keinen Erfolg haben; denn die Herausnahme des Kreises der beurlaubten Beamten aus dem Geltungsbereich des Sozialplans vom 29.04.2013 und der BV Sonderprämie gleichen Datums war, wie oben begründet, nicht rechtswidrig.
1046. Da die Beklagte im vorliegenden Berufungsrechtsstreit somit obsiegt, ist die von ihr für den Fall des Unterliegens im Wege der Anschlussberufung gestellte Widerklage nicht zur Entscheidung angefallen. Es bedarf daher keiner näheren Auseinandersetzung mit Zulässigkeit und/oder Begründetheit dieser Widerklage.
105III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
106Gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 (teilweise Divergenz zur Entscheidung des LAG Düsseldorf vom 02.07.2014, 4 Sa 321/14) war die Revision für den unterlegenen Kläger zuzulassen.
107RECHTSMITTELBELEHRUNG
108Gegen dieses Urteil kann vonder klagenden Partei
109R E V I S I O N
110eingelegt werden.
111Für die beklagte Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
112Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
113Bundesarbeitsgericht
114Hugo-Preuß-Platz 1
11599084 Erfurt
116Fax: 0361-2636 2000
117eingelegt werden.
118Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
119Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
120- 121
1. Rechtsanwälte,
- 122
2. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
- 123
3. Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
125Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
126Bezüglich der Möglichkeit elektronischer Einlegung der Revision wird auf die Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesarbeitsgericht vom 09.03.2006 (BGBl. I Seite 519) verwiesen.
127* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Köln Urteil, 09. Okt. 2014 - 7 Sa 371/14
Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Köln Urteil, 09. Okt. 2014 - 7 Sa 371/14
Referenzen - Gesetze
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Landesarbeitsgericht Köln Urteil, 09. Okt. 2014 - 7 Sa 371/14 zitiert oder wird zitiert von 10 Urteil(en).
Bis zu zwei Jahre Sonderurlaub unter Wegfall der Besoldung sind zu gewähren, wenn eine Beamtin oder ein Beamter
- 1.
ein freiwilliges soziales Jahr nach § 3 oder § 6 des Jugendfreiwilligendienstegesetzes, - 2.
ein freiwilliges ökologisches Jahr nach § 4 oder § 6 des Jugendfreiwilligendienstegesetzes oder - 3.
einen Bundesfreiwilligendienst nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz
(1) Arbeitgeber und Betriebsrat haben darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden, insbesondere, dass jede Benachteiligung von Personen aus Gründen ihrer Rasse oder wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihrer Abstammung oder sonstigen Herkunft, ihrer Nationalität, ihrer Religion oder Weltanschauung, ihrer Behinderung, ihres Alters, ihrer politischen oder gewerkschaftlichen Betätigung oder Einstellung oder wegen ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität unterbleibt.
(2) Arbeitgeber und Betriebsrat haben die freie Entfaltung der Persönlichkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern. Sie haben die Selbständigkeit und Eigeninitiative der Arbeitnehmer und Arbeitsgruppen zu fördern.
Tenor
-
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 21. Dezember 2009 - 16 Sa 577/09 - wird zurückgewiesen.
-
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten über die Zahlung einer Sozialplanabfindung.
- 2
-
Der 1951 geborene und mit einem Grad von 50 behinderte Kläger war seit 1989 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen in D als Schichtelektriker beschäftigt. Er bezog zuletzt ein Bruttomonatsgehalt in Höhe von 2.231,85 Euro zuzüglich einer Prämie und Schichtzuschlägen. Auf das Arbeitsverhältnis fand der Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer der Papierindustrie der Bundesrepublik Deutschland Anwendung.
- 3
-
Der Kläger war aufgrund eines Wegeunfalls seit Dezember 2001 ununterbrochen arbeitsunfähig erkrankt. Seit dem 1. April 2003 bezog er eine zunächst bis zum 30. Juni 2007 befristete gesetzliche Rente wegen voller Erwerbsminderung, die im Juni 2007 bis zum 30. Juni 2009 verlängert wurde. Seit dem 1. Juli 2009 ist der Rentenbezug unbefristet.
- 4
-
Die Rechtsvorgängerin der Beklagten legte den Betrieb in D aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses vom Oktober 2006 zum 31. Dezember 2007 vollständig still. Zuvor hatte sie mit dem bei ihr gebildeten Betriebsrat am 13. März 2007 einen Interessenausgleich und einen Sozialplan vereinbart. Nach Nr. 1.1 dieses Sozialplans sind alle Arbeitnehmer anspruchsberechtigt, die am 4. Oktober 2006 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis standen und deren Arbeitsverhältnis durch eine arbeitgeberseitige betriebsbedingte Kündigung, eine Eigenkündigung oder durch Aufhebungsvertrag endet. Leistungen aus diesem Sozialplan erhalten auch Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis ruht. Als Beispiele hierfür sind Elternzeit, Mutterschutz, Wehr- und Zivildienst genannt. Die Höhe der Abfindung richtet sich grundsätzlich nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit und dem Lebensalter. Die Geburtsjahrgänge 1951 und 1952 erhalten 67 % und die Geburtsjahrgänge 1950 und älter 70 % des letzten Nettoentgelts multipliziert mit der Anzahl der Monate vom Austritt bis zum Ende des Monats, in dem der Beschäftigte das 63. Lebensjahr vollendet. Der so ermittelte Nettobetrag ist entsprechend den gesetzlichen Vorschriften auf eine einmalige Bruttoabfindung hochzurechnen und wird mit der letzten Abrechnung zur Auszahlung gebracht.
- 5
-
Nach Abschluss des Interessenausgleichs und Sozialplans beendete die Rechtsvorgängerin der Beklagten die Arbeitsverhältnisse der insgesamt 358 Arbeitnehmer durch betriebsbedingte Kündigungen oder auf andere Weise. Davon ausgenommen waren zunächst nur der Kläger und drei weitere Arbeitnehmer, die zum damaligen Zeitpunkt ebenfalls eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung bezogen.
-
Am 10. Oktober 2007 schlossen die Betriebsparteien eine „Betriebsvereinbarung zur Ergänzung des Sozialplanes“ vom 13. März 2007 (BV-Ergänzung). Darin ist bestimmt:
-
„Präambel
…
Die Betriebsparteien sind bei Abschluss des Sozialplanes übereinstimmend davon ausgegangen, dass Mitarbeiter, die aufgrund des Bezuges befristeter voller Erwerbsminderungsrente zum Stichtag 04.10.2006 nicht mehr beschäftigt sind und deren Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit nicht absehbar ist, Leistungen aus dem Sozialplan nicht erhalten sollen.
Vorsorglich und zur Vermeidung von Streitfällen setzen die Betriebspartner diesen Willen mit der nachfolgenden Ergänzung zum Sozialplan nochmals um:
§ 1 - Ergänzung der Ausschlussgründe zur Anspruchsberechtigung
Ziff. 1.2 des Sozialplanes vom 13.03.2007 wird wie folgt ergänzt:
Nicht anspruchsberechtigt sind des Weiteren Arbeitnehmer, die am 04.10.2006 unter Bezug einer befristeten vollen Erwerbsminderungsrente nicht beschäftigt sind und
-
die nach Ablauf der befristeten Erwerbsminderungsrente berechtigt sind, die gesetzliche Regelaltersrente - auch vorgezogen unter Hinnahme von Abschlägen - zu beanspruchen;
-
deren Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit unbefristet geleistet werden oder unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann (§ 102 Abs. 2 Satz 5 SGB VI);
-
bei denen aus anderen Gründen damit zu rechnen ist, dass die mit der Erwerbsminderung einhergehende Arbeitsunfähigkeit auf Dauer fortbesteht oder zumindest in absehbarer Zeit nicht behoben werden kann und damit einen Grund zur personenbedingten, da krankheitsbedingten, Kündigung gem. § 1 Abs. 2 KSchG vorliegt. Die Betriebsparteien gehen davon aus, dass dies bei einer die Rente wegen voller Erwerbsminderung begleitenden Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Jahren oder einer entsprechenden Bewilligung von voller Erwerbsminderungsrente für mehr als drei Jahre gegeben sind.
§ 2 - Besonderer Härtefonds
Zum Ausgleich besonderer sozialer Härten stellt S einen Härtefonds in Höhe von 40.000,-- € für die in § 1 benannten Mitarbeiter zur Verfügung. Mit diesem Härtefonds sollen zusätzliche soziale Härten der ausscheidenden Mitarbeiter abgemildert werden. …“
- 7
-
Mit Schreiben vom 10. Dezember 2007 kündigte die Beklagte „aufgrund der Betriebsschließung“ das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 31. Juli 2008. Der Kläger hat hiergegen keine Kündigungsschutzklage erhoben. Aus dem „Besonderen Härtefonds“ erhielt er eine Abfindung von 10.000,00 Euro.
- 8
-
Der Kläger hat geltend gemacht, er habe einen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung aus dem Sozialplan vom 13. März 2007. Der in der BV-Ergänzung vereinbarte Anspruchsausschluss sei unwirksam. Er benachteilige behinderte Menschen und verletze den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, da er nicht für alle ruhenden Arbeitsverhältnisse gelte.
-
Der Kläger hat beantragt,
-
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 222.700,60 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 1. August 2008 zu zahlen.
- 10
-
Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags ausgeführt, es sei von Anfang an übereinstimmender Wille der Betriebsparteien gewesen, Arbeitnehmer, die aufgrund des Bezugs einer vollen Erwerbsminderungsrente zum Stichtag nicht beschäftigt worden seien und bei denen die Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit nicht absehbar gewesen sei, von den Sozialplanleistungen auszuschließen. Dies sei in der BV-Ergänzung nur bestätigt worden. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen einer Behinderung liege nicht vor, weil die BV-Ergänzung nicht an eine Behinderung als Differenzierungskriterium anknüpfe, sondern an den Bezug einer vollen Erwerbsminderungsrente.
-
Das Arbeitsgericht hat der zunächst auf die Zahlung einer Sozialplanabfindung in Höhe von 133.463,44 Euro brutto gerichteten und nachfolgend auf 222.700,60 Euro brutto erhöhten Klage in Höhe von 123.463,44 Euro brutto stattgegeben und sie im Übrigen wegen Verfalls der Ansprüche und der von der Beklagten in Höhe von 10.000,00 Euro erklärten Aufrechnung abgewiesen. Dagegen haben beide Parteien im Umfang ihres Unterliegens Berufung eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren in voller Höhe weiter.
Entscheidungsgründe
- 12
-
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
- 13
-
I. Die Ansprüche des Klägers auf Zahlung einer Sozialplanabfindung richten sich nach dem Sozialplan vom 13. März 2007 idF der BV-Ergänzung vom 10. Oktober 2007.
- 14
-
1. Die Betriebsparteien haben den Sozialplan vom 13. März 2007 durch die BV-Ergänzung vom 10. Oktober 2007 geändert und mit deren § 1 den in Nr. 1.2 des Sozialplans vom 13. März 2007 näher bestimmten Kreis der nicht anspruchsberechtigten Beschäftigten erweitert. Diese Regelung ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht lediglich deklaratorisch, sondern konstitutiv, weil die dort geregelten „Ausschlussgründe zur Anspruchsberechtigung“ in dem Sozialplan vom 13. März 2007 nicht enthalten waren.
- 15
-
2. Die Änderung des Sozialplans vom 13. März 2007 durch die BV-Ergänzung verstößt nicht gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes.
- 16
-
a) Die Betriebsparteien können die Regelungen einer Betriebsvereinbarung jederzeit für die Zukunft abändern. Die neue Betriebsvereinbarung kann dabei auch Bestimmungen enthalten, die für die Arbeitnehmer ungünstiger sind. Im Verhältnis zweier gleichrangiger Normen gilt nicht das Günstigkeitsprinzip, sondern die Zeitkollisionsregel. Danach geht die jüngere Norm der älteren vor. Eine spätere Betriebsvereinbarung kann allerdings bereits entstandene Ansprüche der Arbeitnehmer grundsätzlich nicht schmälern. Vielmehr ist die Möglichkeit einer Rückwirkung normativer Regelungen durch das Vertrauensschutz- und das Verhältnismäßigkeitsprinzip beschränkt (BAG 2. Oktober 2007 - 1 AZR 815/06 - Rn. 19, EzA BetrVG 2001 § 77 Nr. 20).
- 17
-
b) Die BV-Ergänzung greift nicht in bereits entstandene Rechte des Klägers ein. Die Änderung des Sozialplans vom 13. März 2007 erfolgte zu einem Zeitpunkt, zu dem der Kläger noch keinen Anspruch auf Sozialplanleistungen erworben hatte. Ohne anderslautende Bestimmung entstehen derartige Ansprüche erst mit dem rechtlichen Ende des Arbeitsverhältnisses (BAG 2. Oktober 2007 - 1 AZR 815/06 - Rn. 21, EzA BetrVG 2001 § 77 Nr. 20). Nachdem die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers erst am 10. Dezember 2007 zum 31. Juli 2008 und damit nach Abschluss der BV-Ergänzung vom 10. Oktober 2007 gekündigt hat, kann offenbleiben, ob der Sozialplan den Zeitpunkt der Anspruchsentstehung bereits auf den Ausspruch der Kündigung vorverlagert hat. Im Zeitpunkt der Vereinbarung der BV-Ergänzung hatte der Kläger unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt eine Rechtsposition inne, die ein schutzwürdiges Vertrauen in die Unabänderbarkeit der Regelungen vom 13. März 2007 hätte begründen können.
- 18
-
3. Der Kläger ist entgegen der Auffassung der Beklagten - vorbehaltlich der Bestimmungen in § 1 BV-Ergänzung - nach Nr. 1.1 des Sozialplans an sich anspruchsberechtigt. Er stand am 4. Oktober 2006 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis, das durch betriebsbedingte Kündigung der Beklagten vom 10. Dezember 2007 beendet wurde. Die Beklagte hat in dem Kündigungsschreiben als Grund für die Kündigung ausdrücklich die Betriebsschließung angegeben. Ob daneben auch ein personenbedingter Kündigungsgrund bestand, ist unerheblich, weil die Beklagte keine derartige Kündigung erklärt hat.
- 19
-
II. Der Kläger hat nach § 1 3. Spiegelstrich Satz 2 BV-Ergänzung keinen Anspruch auf Sozialplanleistungen. Er war an dem maßgeblichen Stichtag, dem 4. Oktober 2006, mehr als drei Jahre, nämlich seit Dezember 2001 arbeitsunfähig und bezog seit dem 1. April 2003 und damit seit mehr als drei Jahren volle Erwerbsminderungsrente. Nach dieser Bestimmung war deshalb damit zu rechnen, dass die mit der Erwerbsminderung einhergehende Arbeitsunfähigkeit auf Dauer fortbesteht oder zumindest in absehbarer Zeit nicht behoben werden würde. Dieser Anspruchsausschluss ist wirksam.
- 20
-
1. Sozialpläne unterliegen, wie andere Betriebsvereinbarungen, der gerichtlichen Rechtmäßigkeitskontrolle. Sie sind daraufhin zu überprüfen, ob sie mit höherrangigem Recht, wie insbesondere dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 75 Abs. 1 BetrVG), vereinbar sind. Danach haben Arbeitgeber und Betriebsrat darüber zu wachen, dass jede Benachteiligung von Personen aus den in dieser Vorschrift genannten Gründen unterbleibt. § 75 Abs. 1 BetrVG enthält nicht nur ein Überwachungsgebot, sondern verbietet zugleich Vereinbarungen, durch die Arbeitnehmer aufgrund der dort aufgeführten Merkmale benachteiligt werden. Der Gesetzgeber hat darin die in § 1 AGG geregelten Benachteiligungsverbote übernommen(BAG 12. April 2011 - 1 AZR 764/09 - Rn. 10 f.). Dazu gehört auch das Verbot der Benachteiligung wegen einer Behinderung.
- 21
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2. Der in § 75 Abs. 1 BetrVG enthaltene Begriff der Benachteiligung und die Zulässigkeit einer unterschiedlichen Behandlung richten sich nach den Vorschriften des AGG(BT-Drucks. 16/1780 S. 56). Eine unmittelbare Benachteiligung liegt dabei gemäß § 3 Abs. 1 AGG vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Benachteiligungsgrundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Dagegen handelt es sich nach § 3 Abs. 2 AGG um eine mittelbare Benachteiligung, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.
- 22
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3. § 1 3. Spiegelstrich BV-Ergänzung führt zu einer unmittelbaren Ungleichbehandlung iSd. § 3 Abs. 1 AGG.
- 23
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a) Eine unmittelbare Ungleichbehandlung liegt nicht nur vor, wenn die weniger günstige Behandlung ausdrücklich wegen eines in § 1 AGG aufgeführten Grundes erfolgt. Von § 3 Abs. 1 AGG wird vielmehr auch eine sog. verdeckte unmittelbare Ungleichbehandlung erfasst, bei der die Differenzierung zwar nicht ausdrücklich wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt, sondern an ein in dieser Vorschrift nicht enthaltenes Merkmal anknüpft, das jedoch in einem untrennbaren Zusammenhang mit einem in dieser Vorschrift genannten Grund steht(BT-Drucks. 16/1780 S. 32; dazu auch BVerfG 28. April 2011 - 1 BvR 1409/10 - Rn. 54, ZTR 2011, 434).
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b) Dementsprechend führt § 1 3. Spiegelstrich BV-Ergänzung zu einer unmittelbaren Ungleichbehandlung iSd. § 3 Abs. 1 AGG. Die zum Ausschluss von Sozialplanleistungen führenden Gründe stehen in einem untrennbaren Zusammenhang mit der nach § 1 AGG verbotenen Differenzierung wegen einer Behinderung.
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(1) Nach der Gesetzesbegründung zu § 1 AGG sind entsprechend der in § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX enthaltenen Begriffsbestimmung Menschen behindert, wenn ihre körperlichen Funktionen, geistigen Fähigkeiten oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist(BT-Drucks. 16/1780 S. 31). Das steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, nach der eine Behinderung iSd. Richtlinie 2000/78/EG eine wahrscheinlich längere Zeit andauernde Einschränkung ist, die insbesondere auf physische, geistige oder psychische Beeinträchtigungen zurückzuführen ist und die ein Hindernis für die Teilhabe des Betreffenden am Berufsleben bildet (11. Juli 2006 - C-13/05 - [Chacon Navas] Rn. 43 ff., Slg. 2006, I-6467).
- 26
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Gem. § 1 3. Spiegelstrich BV-Ergänzung sind nicht anspruchsberechtigt Arbeitnehmer, die am 4. Oktober 2006 unter Bezug einer befristeten vollen Erwerbsminderungsrente nicht beschäftigt waren und bei denen aus anderen Gründen damit zu rechnen ist, dass die mit der Erwerbsminderung einhergehende Arbeitsunfähigkeit auf Dauer fortbesteht oder zumindest in absehbarer Zeit nicht behoben werden kann und damit einen Grund zur personenbedingten, da krankheitsbedingten Kündigung gem. § 1 Abs. 2 KSchG vorliegt. Die Betriebsparteien sind dabei davon ausgegangen, dass diese Anforderungen bei einer die Rente wegen voller Erwerbsminderung begleitenden Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Jahren oder einer entsprechenden Bewilligung von voller Erwerbsminderungsrente für mehr als drei Jahre erfüllt sind. Soweit in § 1 3. Spiegelstrich BV-Ergänzung auf den Bezug einer Rente wegen voller Erwerbsminderung abgestellt wird, müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI erfüllt sein. Danach sind Versicherte voll erwerbsgemindert, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
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(2) Die Gegenüberstellung der Merkmale des Begriffs der Behinderung und der tatbestandlichen Anforderungen des § 1 3. Spiegelstrich BV-Ergänzung macht deutlich, dass diese in einem untrennbaren Zusammenhang mit der nach § 1 AGG verbotenen Differenzierung wegen einer Behinderung stehen. Ein Arbeitnehmer, der den Tatbestand des § 1 3. Spiegelstrich BV-Ergänzung erfüllt, ist in der Teilhabe am Berufsleben längere Zeit eingeschränkt. Daher hat die Regelung eine unmittelbare Ungleichbehandlung des Klägers wegen einer Behinderung zur Folge.
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4. Diese Ungleichbehandlung stellt jedoch keine unmittelbare Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 1 AGG dar, denn der Kläger wird durch den Ausschlusstatbestand in § 1 3. Spiegelstrich BV-Ergänzung nicht gegenüber Personen in einer „vergleichbaren Situation“ benachteiligt.
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a) Eine unmittelbare Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG setzt voraus, dass eine Person eine weniger günstige Behandlung, als eine andere Person in vergleichbarer Situation erfährt. Der deutsche Gesetzgeber hat insoweit die Bestimmung des Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG, die ebenfalls eine vergleichbare Situation voraussetzt, unverändert umgesetzt. Auch der Gerichtshof der Europäischen Union geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass eine unmittelbare Benachteiligung nur dann vorliegt, wenn sich die betroffenen Personen in einer vergleichbaren Lage befinden (vgl. 10. Mai 2011 - C-147/08 - [Römer] Rn. 41, ZTR 2011, 437; 18. November 2010 - C-356/09 - [Kleist] Rn. 32 ff., EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 76/207 Nr. 8; 1. April 2008 - C-267/06 - [Maruko] Rn. 72 f., Slg. 2008, I-1757; 9. Dezember 2004 - C-19/02 - [Hlozek] Rn. 44 ff., Slg. 2004, I-11491 zu Art. 141 EG sowie 1. März 2011 - C-236/09 - [Test-Achats] Rn. 28 f. zu Art. 5 der Richtlinie 2004/113/EG). Die Situationen müssen nicht identisch, sondern nur vergleichbar sein. Dies ist nicht allgemein und abstrakt, sondern spezifisch und konkret von den nationalen Gerichten im Einzelfall anhand des Zwecks und der Voraussetzungen für die Gewährung der fraglichen Leistungen festzustellen (EuGH 10. Mai 2011 - C-147/08 - [Römer] Rn. 52; 1. April 2008 - C-267/06 - [Maruko] Rn. 73, aaO). Danach ist unionsrechtlich geklärt, dass ein letztentscheidungsbefugtes nationales Gericht unter Zugrundelegung des vom Gerichtshof entwickelten Vergleichsmaßstabs selbst zu prüfen hat, ob sich der Betroffene in einer vergleichbaren Situation mit anderen befindet. Die Durchführung eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 Abs. 3 AEUV war deshalb nicht geboten.
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b) Nach diesen Grundsätzen besteht zwischen dem Kläger und den nach dem Sozialplan anspruchsberechtigten Arbeitnehmern keine vergleichbare Situation.
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aa) Sozialpläne haben nach der ständigen Rechtsprechung des Senats eine zukunftsbezogene Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion. Die in ihnen vorgesehenen Leistungen sollen gem. § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG die künftigen Nachteile ausgleichen oder abmildern, die den Arbeitnehmern durch die Betriebsänderung entstehen können(18. Mai 2010 - 1 AZR 187/09 - Rn. 22 mwN, AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 209 = EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 38). Die Sozialplanleistungen stellen kein zusätzliches Entgelt für die in der Vergangenheit erbrachten Dienste dar (BAG 26. Mai 2009 - 1 AZR 198/08 - Rn. 23, BAGE 131, 61).
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bb) Hiervon ausgehend sind entgegen der Auffassung der Revision nicht alle Arbeitnehmer, die ihren Arbeitsplatz aufgrund einer betriebsbedingten Kündigung verloren haben, bereits aus diesem Grund in einer „vergleichbaren Situation“ iSd. § 3 Abs. 1 AGG. Die Vergleichbarkeit bestimmt sich vielmehr nach der zukunftsbezogenen Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion des Sozialplans. Dementsprechend kommt es darauf an, ob sich der Kläger und die vom Sozialplan begünstigten Arbeitnehmer in Bezug auf ihre durch die Betriebsstilllegung verursachten wirtschaftlichen Nachteile in einer vergleichbaren Situation befinden.
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cc) Danach besteht zwischen dem Kläger und den anspruchsberechtigten Arbeitnehmern keine vergleichbare Situation. Während diese infolge der Betriebsschließung und dem damit verbundenen Verlust der Arbeitsplätze ihren Arbeitsverdienst verloren haben, erhielt der Kläger bereits vor der Betriebsschließung kein Arbeitsentgelt mehr, sondern eine Erwerbsminderungsrente. Hieran hat sich durch die Betriebsstilllegung nichts geändert. Der Kläger verkennt, dass die Sozialplanabfindung keine Belohnung für die Dienste in der Vergangenheit ist, sondern eine zukunftsgerichtete Hilfe, die dazu dient, künftige Nachteile auszugleichen oder zu mildern, die als Folge einer Betriebsänderung entstehen. Entgegen der Auffassung der Revision kommt es für die Vergleichbarkeit der Situationen nicht darauf an, ob ein Arbeitnehmer nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses möglicherweise einen Anspruch auf Auszahlung einer Kapitallebensversicherung hat und hierdurch finanziell abgesichert ist. Diese auf privaten Dispositionen des Einzelnen beruhende wirtschaftliche Absicherung steht in keinem Zusammenhang mit dem Verlust des Arbeitsplatzes infolge einer Betriebsänderung und der damit einhergehenden Verdiensteinbuße. Den nach dem Sozialplan anspruchsberechtigten Arbeitnehmern entstehen deshalb auch dann wirtschaftliche Nachteile, wenn sie Leistungen aus einer privaten Kapitallebensversicherung beziehen können. Derartige Nachteile treten beim Kläger nicht ein.
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III. § 1 3. Spiegelstrich BV-Ergänzung verstößt nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG, soweit nach dem Sozialplan auch Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis ruht, wie beispielsweise während der Elternzeit, dem Mutterschutz oder dem Wehr- und Zivildienst, anspruchsberechtigt sind.
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1. Der auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zurückzuführende betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz zielt darauf ab, eine Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Sachverhalten sicherzustellen und eine gleichheitswidrige Gruppenbildung auszuschließen. Maßgeblich für das Vorliegen eines die Bildung unterschiedlicher Gruppen rechtfertigenden Sachgrundes ist vor allem der mit der Regelung verfolgte Zweck (BAG 14. Dezember 2010 - 1 AZR 279/09 - Rn. 15, NZA-RR 2011, 182).
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2. Danach ist die von den Betriebsparteien vorgenommene Gruppenbildung nicht zu beanstanden. Die Betriebsparteien durften in Bezug auf die Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis ruht, davon ausgehen, dass sie nach Beendigung des Ruhenstatbestands in den Betrieb zurückkehren und dort wieder arbeiten und entlohnt werden. Dieser Personenkreis hat damit infolge der Betriebsänderung einen wirtschaftlichen Nachteil erlitten. Dagegen konnten die Betriebsparteien davon ausgehen, dass die von § 1 3. Spiegelstrich BV-Ergänzung erfassten Personen nicht wieder arbeiten werden und damit auch kein Erwerbseinkommen erzielen können. Folglich fehlt es bei diesem Personenkreis an einem ausgleichsfähigen wirtschaftlichen Nachteil.
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Linck
Koch
Spelge
Für den aus dem Amt
ausgeschiedenen ehrenamtlichen
Richter Dr. Münzer
LinckN. Schuster
Tenor
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1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 29. Januar 2009 - 6 Sa 828/08 - wird zurückgewiesen.
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2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
- 1
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Die Parteien streiten über eine Sozialplanabfindung.
- 2
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Der Kläger war bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern seit 1986 im Vertrieb beschäftigt. Zuletzt bezog er eine Bruttomonatsvergütung in Höhe von durchschnittlich 6.045,00 Euro.
- 3
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Zum Jahreswechsel 2005/2006 übernahm der T Konzern die Gesellschaften der G Beteiligungs-GmbH und ihrer Tochtergesellschaften mit dem Ziel, diese in den T Konzern zu integrieren. In einer Rahmenvereinbarung vom 4. Dezember 2006 verständigten sich die T AG sowie die zu ihrem Konzern gehörenden Gesellschaften mit dem Konzernbetriebsrat darauf, im Hinblick auf die beabsichtigten Restrukturierungen Verhandlungen über den Abschluss von (Teil-)Interessenausgleichen bzgl. der einzelnen Maßnahmen durchzuführen. Die T AG verpflichtete sich, die Umstrukturierungsmaßnahmen nicht vor Abschluss der jeweiligen Interessenausgleiche zu beginnen. Nach Abschluss dieser Rahmenvereinbarung kündigte der Kläger am 2. Februar 2007 sein Arbeitsverhältnis zum 31. März 2007.
-
Die T AG und der bei ihr gebildete Konzernbetriebsrat schlossen am 12. Juni 2007 einen Sozialplan (SP), der auch im Betrieb der Beklagten galt. Darin ist bestimmt:
-
„§ 1
Gegenständlicher Geltungsbereich
Dieser Sozialplan gilt für alle Betriebe von Unternehmen des T Konzerns in Deutschland, soweit die in diesen Betrieben bestehenden Betriebsräte diesen Sozialplan innerhalb von sechs Wochen nach seiner Unterzeichnung durch den Konzernbetriebsrat gegenüber dem Arbeitsdirektor der T AG für ihren jeweiligen Betrieb durch Unterzeichnung einer wortlautidentischen Fassung als Sozialplan im Sinne des § 112 BetrVG nachvollziehen. In betriebsratslosen Betrieben gilt dieser Sozialplan ohne weiteres.
§ 2
Sachlicher und rechtlicher Geltungsbereich
1.
Dieser Sozialplan gilt für alle Änderungen der Betriebsorganisation und sonstige vom Arbeitgeber veranlasste, mit der Integration zusammenhängende Maßnahmen, insbesondere für betriebsbedingte Kündigungen und Versetzungen, unabhängig davon, ob der Umfang der einzelnen Maßnahme die Schwelle zu einer Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG überschreitet.
2.
In zeitlicher Hinsicht gilt dieser Sozialplan für alle mit der Integration zusammenhängenden Maßnahmen, die bis zum Ablauf des 31.12.2010 erfolgen; dafür ist im Falle von Kündigungen auf deren Ausspruch und nicht auf den Ablauf der Kündigungsfrist abzustellen. Integrationsbedingte Maßnahmen in diesem Sinne sind auch Arbeitsplatzwechsel innerhalb des T Konzerns, die vor Abschluss dieses Sozialplans, aber nach arbeitgeberseitiger Eröffnung der jeweiligen Angebotsphase von betroffenen Arbeitnehmern vorgenommen worden sind. Gleiches gilt für Arbeitsplatzwechsel innerhalb des T Konzerns vor Abschluss dieses Sozialplans, die schriftlich oder mündlich unter Bezug auf die Bestimmungen des noch abzuschließenden Sozialplans vereinbart wurden.
§ 3
Persönlicher Geltungsbereich
1.
Dieser Sozialplan gilt für alle Arbeitnehmer des T Konzerns im Sinne des § 5 Abs. 1 BetrVG mit Ausnahme leitender Angestellter im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG.
2.
Die zum Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile im Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorgesehenen Leistungen gelten nicht für Arbeitnehmer,
...
e)
deren Arbeitsverhältnis aufgrund einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers beendet wird, sofern sie nicht durch den Arbeitgeber veranlasst ist. Dies ist nur der Fall, wenn der Arbeitnehmer nach Ausspruch einer Kündigung mit Beendigungswirkung durch den Arbeitgeber mit Wirkung zu einem früheren Zeitpunkt kündigt, in dem der Arbeitgeber für den betreffenden Arbeitnehmer im Rahmen seines bisherigen Arbeitsverhältnisses und am bisherigen Standort (politische Gemeinde) keinen Beschäftigungsbedarf mehr hat; …
…“
- 5
-
Am 12./13. März 2008 vereinbarte die Beklagte mit dem Konzernbetriebsrat einen Teil-Interessenausgleich zur Neuordnung des Kompositbereichs, in dem der Kläger beschäftigt war.
- 6
-
Der Kläger hat geltend gemacht, der Wegfall seiner Beschäftigungsmöglichkeit in K habe bereits im Spätsommer 2006 festgestanden. Dies habe ihm sein Vorgesetzter B und ein Mitglied der Geschäftsleitung vor der Kündigung mitgeteilt. Seinem Abfindungsanspruch stehe nicht entgegen, dass er vor einer Kündigung durch die Beklagte das Arbeitsverhältnis gekündigt habe. Er sei von der Beklagten zur Eigenkündigung veranlasst worden.
-
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
-
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 120.900,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26. Januar 2008 zu zahlen.
- 8
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Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags ausgeführt, dem Kläger sei zu keiner Zeit mitgeteilt worden, dass für ihn nach Durchführung der Betriebsänderung keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr bestehe. Die Betriebsänderung sei für die Eigenkündigung des Klägers nicht ursächlich gewesen.
-
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.
Entscheidungsgründe
- 10
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Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die von ihm begehrte Abfindung.
- 11
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I. Der Kläger fällt nicht in den in §§ 2 und 3 SP geregelten Geltungsbereich des Sozialplans. Das ergibt die Auslegung des Sozialplans.
- 12
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1. Gem. § 3 Abs. 1 SP gilt der Sozialplan für alle Arbeitnehmer des T Konzerns. Das sind nur diejenigen, die zum Zeitpunkt des Abschlusses des Sozialplans in einem Arbeitsverhältnis zu einem Unternehmen des T Konzerns standen. Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gehört der Betreffende diesem Personenkreis nicht mehr an. Dieses sich aus dem Wortlaut des § 3 Abs. 1 SP ergebende Verständnis zum Geltungsbereich des Sozialplans wird durch den Regelungszusammenhang bestätigt. § 2 Abs. 2 SP liegt zugrunde, dass der Sozialplan grundsätzlich nur für mit der Betriebsänderung im Zusammenhang stehende Maßnahmen anwendbar ist, die nach seinem Inkrafttreten bis zum 31. Dezember 2010 erfolgen. Lediglich bei den in dieser Bestimmung aufgeführten Arbeitsplatzwechseln innerhalb des T Konzerns findet der Sozialplan auch dann Anwendung, wenn diese personellen Maßnahmen vor seinem Inkrafttreten vorgenommen wurden. Auch in diesen Fällen haben die Arbeitsverhältnisse jedoch fortbestanden, die Betroffenen sind Arbeitnehmer eines konzernangehörigen Unternehmens geblieben. In Bezug auf Eigenkündigungen bestimmt der Sozialplan in § 3 Abs. 2 Buchst. e) des Weiteren, dass er nicht für Arbeitnehmer gilt, deren Arbeitsverhältnis aufgrund einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers beendet wird. Auch diese Regelung setzt ersichtlich voraus, dass zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Sozialplans ein Arbeitsverhältnis bestand.
- 13
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2. Der Kläger ist aufgrund seiner Eigenkündigung vom 2. Februar 2007 zum 31. März 2007 und damit vor Inkrafttreten des Sozialplans aus dem Unternehmen der Beklagten ausgeschieden. Der zwischen der T AG und dem Konzernbetriebsrat vereinbarte Sozialplan trat nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts am 12. Juni 2007 in Kraft. Im Anschluss daran wurde er zu einem vom Landesarbeitsgericht nicht näher festgestellten Zeitpunkt in dem Betrieb der Beklagten nach Maßgabe von § 1 SP in Kraft gesetzt. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger nicht mehr bei der Beklagten beschäftigt.
- 14
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II. Der vom Kläger verfolgte Abfindungsanspruch ergibt sich auch nicht aus dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG.
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1. Der auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zurückzuführende betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz zielt darauf ab, eine Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Sachverhalten sicherzustellen und eine gleichheitswidrige Gruppenbildung auszuschließen. Maßgeblich für das Vorliegen eines die Bildung unterschiedlicher Gruppen rechtfertigenden Sachgrundes ist vor allem der mit der Regelung verfolgte Zweck (BAG 18. Mai 2010 - 1 AZR 187/09 - Rn. 15, EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 38).
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-
2. Daran gemessen ist es nicht zu beanstanden, dass die Betriebsparteien grundsätzlich nur die Arbeitnehmer in den Geltungsbereich des Sozialplans einbezogen haben, die zum Zeitpunkt seines Inkrafttretens in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten standen.
- 17
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a) Die Betriebsparteien mussten den zeitlichen Geltungsbereich des Sozialplans bereits deshalb nicht weiter vorverlegen, weil das genaue Ausmaß der Betriebsänderung vor Abschluss des Sozialplans noch nicht im Einzelnen feststand. Es gab bis dahin nur die Rahmenvereinbarung vom 4. Dezember 2006, in der das Verfahren der Beteiligung des Betriebsrats bei der geplanten Neuordnung des T Konzerns in groben Zügen festgelegt wurde. Der für den früheren Beschäftigungsbetrieb des Klägers maßgebliche Interessenausgleich wurde erst im März 2008 abgeschlossen.
-
b) Bei der gebotenen typisierenden Betrachtung durften die Betriebsparteien davon ausgehen, dass Arbeitnehmern, die ihr Arbeitsverhältnis vor Abschluss des Sozialplans selbst gekündigt haben, durch die geplante Betriebsänderung keine oder sehr viel geringere wirtschaftliche Nachteile drohen als den anderen Arbeitnehmern (vgl. BAG 19. Februar 2008 - 1 AZR 1004/06 - Rn. 26, BAGE 125, 366). Es ist daher nicht sachwidrig, dass sie bereits ausgeschiedene frühere Beschäftigte, die auf eigene Veranlassung ihr Arbeitsverhältnis beendet haben, nicht in den Geltungsbereich des Sozialplans einbezogen haben. Diese Personengruppe unterscheidet sich auch von den in § 2 Abs. 2 SP in den Sozialplan einbezogenen Arbeitnehmern, die vor dessen Abschluss auf Veranlassung des Arbeitgebers im Zusammenhang mit der geplanten Neuordnung des Konzerns einen Arbeitsplatzwechsel innerhalb des Konzerns vereinbart haben. Diese standen auch zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Sozialplans noch in einem Arbeitsverhältnis zu einem konzernangehörigen Unternehmen.
-
Schmidt
Koch
Linck
Klebe
Hann
Tenor
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1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 11. Februar 2009 - 11 Sa 598/08 - wird zurückgewiesen.
-
2. Die Klägerin trägt die Kosten der Revision.
Tatbestand
- 1
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Die Parteien streiten über eine Sozialplanabfindung.
- 2
-
Die Klägerin war seit dem 1. Januar 1980 bei der A Versicherungs-AG in der Poststelle beschäftigt. Ihr Verdienst betrug bei einer Arbeitszeit von 60 % der regelmäßigen Arbeitszeit ab April 2005 rund 1.600,00 Euro. Zusätzlich erhielt sie bis März 2007 eine monatliche Ausgleichszahlung in Höhe von 50 % der Differenz zu der zuvor bezogenen Vergütung als Vollzeitbeschäftigte.
- 3
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Ab 2006 wurde das deutsche Versicherungsgeschäft der A unter dem Dach der beklagten A Deutschland AG(ADAG) neu organisiert. Im Zuge dieser Umstrukturierung sollten bis Ende 2008 insgesamt 5.700 Stellen wegfallen. Hiervon waren auch die Mitarbeiter der A Versicherungs-AG betroffen. Die durch die Betriebsänderungen entstehenden wirtschaftlichen Nachteile für die Mitarbeiter sollten durch den von den betroffenen Unternehmen mit den bei ihnen bestehenden Gesamtbetriebsräten vereinbarten „Sozialplan zur Neuordnung des deutschen Versicherungsgeschäfts der A unter dem Dach der A Deutschland AG“ (SP-Neuordnung) vom 28. April 2006 ausgeglichen werden. Dieser Sozialplan galt auch für die Beklagte und die A Versicherungs-AG. Zur Berechnung der Grundabfindung für Vollzeitbeschäftigte des Innendienstes wurde in dem Sozialplan ein Mindestbruttomonatsverdienst in Höhe von 3.000,00 Euro zugrunde gelegt. Für Teilzeitbeschäftigte bestimmte sich die Höhe des Mindestbruttomonatsverdienstes grundsätzlich anteilig nach der jeweiligen Vertragsarbeitszeit. Eine vorangegangene Vollzeitbeschäftigung war allerdings zu berücksichtigen, wenn die individuelle Arbeitszeitverkürzung aus betriebsbedingten Gründen in den letzten zwei Jahren vor Inkrafttreten des Sozialplans vereinbart wurde, was der Fall sein sollte, wenn der Arbeitnehmer eine Ausgleichszahlung zur bestehenden Gehaltsdifferenz erhielt.
- 4
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Zeitgleich mit dem Abschluss des Sozialplans schlossen dieselben Parteien am 28. April 2006 die „Gesamtbetriebsvereinbarung zur Neuordnung des deutschen Versicherungsgeschäfts der A unter dem Dach der A Deutschland AG - Sozialverträgliche Umsetzung der Neuordnung -“(GBV-Neuordnung). Nach deren Präambel sollte mit der Bereitstellung zusätzlicher finanzieller Mittel der Personalabbau durch einvernehmliche Beendigung von Arbeitsverhältnissen beschleunigt werden. Arbeitnehmer, die ihr Arbeitsverhältnis durch Aufhebungsvertrag beendeten, erhielten neben der Sozialplanabfindung eine nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit gestaffelte zusätzliche Abfindung.
- 5
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Am 31. Januar 2007 verzichteten die Beklagte sowie die unter ihrem Dach zusammengefassten Unternehmen in einer mit den bei ihnen bestehenden Gesamtbetriebsräten geschlossenen „Vereinbarung zum besonderen Kündigungsschutz im Rahmen der Neuordnung des deutschen Versicherungsgeschäfts der A unter dem Dach der A Deutschland AG“(Vereinbarung besonderer Kündigungsschutz) auf betriebsbedingte Kündigungen bis Ende des Jahres 2009.
- 6
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Die Klägerin vereinbarte am 20. März 2007 mit der A Versicherungs-AG einen Aufhebungsvertrag, wodurch das Arbeitsverhältnis zum 30. September 2008 gegen Zahlung einer Abfindung nach dem SP-Neuordnung in Höhe von 109.875,00 Euro brutto beendet wurde. Am 1. Juni 2007 ging ihr Arbeitsverhältnis im Wege eines Betriebsübergangs auf die Beklagte über.
- 7
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Am 11. Juli 2007 schloss die Beklagte mit dem bei ihr gebildeten Gesamtbetriebsrat eine „Gesamtbetriebsvereinbarung über die Bereitstellung von ergänzenden finanziellen Mitteln zur Unterstützung der personalwirtschaftlichen Ziele der Neuordnung des deutschen Versicherungsgeschäfts unter dem Dach der A Deutschland AG“(GBV-Sonderfonds). Diese sollte nach ihrer Präambel besonderen sozialen Härten bei bestimmten Mitarbeitern Rechnung tragen und gewährleisten, dass das arbeitgeberseitige Abbauziel von 5.700 Stellen zeitgerecht sozialverträglich durch einvernehmliche Maßnahmen erreicht wird. Hierzu wurde für einzelne Mitarbeitergruppen, ua. für die Beschäftigten aus dem Post-/Scan- und Verteilbereich, ein Sonderfonds aufgelegt. Diese Mitarbeiter sollten zeitnah ein Angebot zur einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten, in dem bei der Berechnung der Sozialplanabfindung nach dem SP-Neuordnung und der Berechnung der zusätzlichen Abfindung nach der GBV-Neuordnung ein Mindestbruttoverdienst von 5.000,00 Euro zugrunde zu legen war. Nach Nr. 4 GBV-Sonderfonds waren allerdings nur diejenigen Arbeitnehmer anspruchsberechtigt, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Vereinbarung, dh. am 11. Juli 2007, noch keine Vereinbarung zur Aufhebung ihres Arbeitsverhältnisses unterzeichnet hatten.
- 8
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Mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses zahlte die Beklagte die vereinbarte Abfindung in Höhe von 109.875,00 Euro brutto. Diese hält die Klägerin nicht für ausreichend. Sie hat die Auffassung vertreten, bei der Berechnung der Abfindung sei entsprechend der GBV-Sonderfonds ein Bruttomonatseinkommen in Höhe von 5.000,00 Euro je Beschäftigungsjahr zugrunde zu legen. Hieraus ergebe sich ein Abfindungsanspruch in Höhe von insgesamt 183.125,00 Euro, jedenfalls aber von 174.206,81 Euro bei einer durchschnittlichen Beschäftigungsquote von 0,9513 bezogen auf die gesamte Dauer der Betriebszugehörigkeit. Die Beschränkung des Geltungsbereichs dieser Gesamtbetriebsvereinbarung auf Mitarbeiter, die im Zeitpunkt ihres Inkrafttretens noch keinen Aufhebungsvertrag unterzeichnet hatten, verstoße gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz und sei damit unwirksam.
-
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an sie 73.250,00 Euro brutto, hilfsweise 64.331,81 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 1. Oktober 2008 zu bezahlen.
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Die Beklagte hat zur Begründung ihres Abweisungsantrags geltend gemacht, mit der GBV-Sonderfonds habe ein besonderer zusätzlicher Anreiz zum Abschluss von Aufhebungsverträgen geschaffen werden sollen. Wegen des vereinbarten Verzichts auf betriebsbedingte Kündigungen sei der angestrebte Personalabbau von 5.700 Stellen nicht anders erreichbar gewesen.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
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Die gemäß § 551 Abs. 3 Nr. 2 ZPO ordnungsgemäß begründete und damit zulässige Revision hat in der Sache keinen Erfolg.
- 13
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I. Die Klägerin hat keinen Anspruch aus der GBV-Sonderfonds auf Zahlung einer weiteren Abfindung. Eine solche Leistung steht nach Nr. 4 GBV-Sonderfonds nur Mitarbeitern zu, die am 11. Juli 2007 noch keine Vereinbarung zur Aufhebung ihres Arbeitsverhältnisses unterschrieben haben. Von diesem persönlichen Geltungsbereich wird die Klägerin nicht erfasst. Sie hat ihren Aufhebungsvertrag am 20. März 2007 unterzeichnet.
- 14
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II. Die Stichtagsregelung in Nr. 4 GBV-Sonderfonds ist wirksam. Sie verstößt nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG.
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1. Die Betriebsparteien haben beim Abschluss von Betriebsvereinbarungen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG zu beachten, dem wiederum der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zugrunde liegt. Er zielt darauf ab, eine Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Sachverhalten sicherzustellen und eine gleichheitswidrige Gruppenbildung auszuschließen. Maßgeblich für das Vorliegen eines die Bildung unterschiedlicher Gruppen rechtfertigenden Sachgrundes ist vor allem der mit der Regelung verfolgte Zweck(BAG 19. Februar 2008 - 1 AZR 1004/06 - Rn. 25 mwN, BAGE 125, 366).
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Erfolgt die Gruppenbildung durch eine Stichtagsregelung, muss auch diese mit dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar sein. Dabei kommt den Betriebsparteien sowohl bei der Gruppenbildung als auch bei der Bestimmung des darauf bezogenen Stichtags ein erheblicher Ermessensspielraum zu. Die durch eine Stichtagsregelung verursachten Härten müssen hingenommen werden, wenn sich unter Berücksichtigung des Regelungszwecks die Wahl des Stichtags am gegebenen Sachverhalt orientiert und somit sachlich vertretbar ist(vgl. BAG 22. März 2005 - 1 AZR 49/04 - zu 3 a der Gründe, BAGE 114, 179).
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2. In der GBV-Sonderfonds haben die Betriebsparteien mehrere Gruppenbildungen vorgenommen. Nach deren Nr. 1 Abs. 2 erstreckt sich der persönliche Geltungsbereich nur auf diejenigen Arbeitnehmer, die von der Neuordnung der Post-/Scan- und Verteilfunktionen innerhalb der ADAG betroffen waren, sowie auf Mitarbeiter von Support- bzw. ehemaliger Organisationseinheiten in Dienstleistungsgebieten. Damit waren Mitarbeiter anderer Bereiche, die ebenfalls von der Neuordnung des deutschen Versicherungsgeschäfts der ADAG erfasst waren, von den Begünstigungen der GBV-Sonderfonds ausgenommen. Darüber hinaus erfolgt eine Gruppenbildung nach den Bruttoverdiensten der Arbeitnehmer. Die GBV-Sonderfonds begünstigt gemäß deren Nr. 1 Abs. 4 ausschließlich diejenigen Arbeitnehmer, deren Verdienst bei Vollzeitbeschäftigung den der Abfindungsberechnung zugrunde zu legenden Bruttomonatsverdienst von 5.000,00 Euro nicht erreicht. Arbeitnehmer mit einem höheren Einkommen erlangen durch die GBV-Sonderfonds keinen finanziellen Vorteil. Schließlich haben die Betriebsparteien in Nr. 4 GBV-Sonderfonds eine stichtagsbezogene Gruppenbildung vorgesehen, indem sie deren Leistungen auf diejenigen begünstigten Arbeitnehmer beschränkten, die bis zum 11. Juli 2007 noch keine Vereinbarung zur Aufhebung ihres Arbeitsverhältnisses geschlossen hatten. Damit sind Arbeitnehmer unterer Lohngruppen aus den in Nr. 1 Abs. 2 GBV-Sonderfonds genannten Bereichen, die zu einem früheren Zeitpunkt aus Anlass der erfolgten Umstrukturierung einen Aufhebungsvertrag vereinbart hatten, von den Leistungen der GBV-Sonderfonds ausgenommen. Das beanstandet die Klägerin.
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3. Die durch die Stichtagsregelung in Nr. 4 GBV-Sonderfonds bewirkte Ungleichbehandlung ist nach dem mit ihr verfolgten einheitlichen Zweck sachlich gerechtfertigt und damit mit § 75 Abs. 1 BetrVG vereinbar.
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a) Die GBV-Sonderfonds bezweckt, durch finanzielle Anreize für bestimmte Beschäftigtengruppen die Bereitschaft zum Abschluss von Aufhebungsverträgen zu fördern. Das folgt aus ihrer Präambel. Danach soll die GBV-Sonderfonds gewährleisten, dass das arbeitgeberseitige Ziel eines Personalabbaus von 5.700 Arbeitskapazitäten ohne betriebsbedingte Kündigungen erreicht werden kann. Soweit es in der Präambel weiter heißt, die Vereinbarung sei geschlossen worden, um den besonderen sozialen Härten bestimmter Mitarbeitergruppen im Rahmen der Neuordnung des Versicherungsgeschäfts Rechnung tragen zu können, ergibt sich daraus kein weitergehender Zweck. Die mit den Leistungen der GBV-Sonderfonds angestrebte Förderung einvernehmlicher Vertragsbeendigungen beruht auf der Einschätzung der Betriebsparteien, bei Mitarbeitern der unteren Entgeltgruppen mit typischerweise schlechten beruflichen Perspektiven könne die Bereitschaft zum Abschluss von Aufhebungsverträgen nur durch eine Aufstockung der finanziellen Anreize gesteigert werden. Dazu haben die Betriebsparteien für die Berechnung der Abfindung ein Mindestbruttoentgelt von 5.000,00 Euro zugrunde gelegt. Davon profitieren allein Arbeitnehmer der unteren Entgeltgruppen, deren Bruttomonatsentgelt diese Grenze typischerweise nicht erreicht.
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b) Die Schaffung besonderer Anreize zur einvernehmlichen Beendigung von Arbeitsverhältnissen war aus Sicht der Betriebsparteien geboten, nachdem bis Ende Juni 2007 erst 4.060 Stellen von den in Aussicht genommenen 5.700 Arbeitskapazitäten abgebaut waren und der Beklagten der Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen wegen des mit den Gesamtbetriebsräten der betroffenen Unternehmen vereinbarten Kündigungsverzichts bis Ende 2009 verwehrt war. Diese Einschätzung sowie die Annahme der Betriebsparteien, Arbeitnehmer der unteren Entgeltgruppen mit typischerweise negativen beruflichen Perspektiven seien nur durch einen zusätzlichen finanziellen Anreiz zum Abschluss von Aufhebungsverträgen zu motivieren, hält sich innerhalb ihrer Typisierungsbefugnis und Einschätzungsprärogative. Soweit die Revision beanstandet, der zu erfolgende Stellenabbau sei innerhalb der verbleibenden Zeit auch ohne weitere Anreize möglich gewesen, weil die Beklagte die Einigungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft habe, setzt sie lediglich ihre Beurteilung der Verhältnisse an Stelle der Einschätzung der Betriebsparteien. Zudem übersieht sie, dass aufgrund des vereinbarten Kündigungsverzichts für die betroffenen Arbeitnehmer bis Ende 2009 keine Veranlassung bestand, auf ein Aufhebungsangebot der Beklagten einzugehen. Letztlich beanstandet die Klägerin auch nicht die auf dieser Einschätzung beruhende und sie begünstigende Gruppenbildung, sondern allein die darauf bezogene Stichtagsregelung.
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c) Entsprechend diesem Regelungszweck ist die Stichtagsregelung der Nr. 4 der GBV-Sonderfonds wirksam. Die GBV-Sonderfonds ist eine freiwillige Betriebsvereinbarung iSd. § 88 BetrVG und kein Sozialplan iSd. § 112 Abs. 1 BetrVG.
- 22
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aa) Sozialpläne haben nach der ständigen Rechtsprechung des Senats eine zukunftsbezogene Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion. Die in ihnen vorgesehenen Leistungen sollen gemäß § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG die künftigen Nachteile ausgleichen oder abmildern, die den Arbeitnehmern durch die Betriebsänderung entstehen können. Ein Sozialplan dient nicht dazu, die individualrechtlichen Risiken des Arbeitgebers bei der Durchführung der Betriebsänderung zu reduzieren oder zu beseitigen (BAG 31. Mai 2005 - 1 AZR 254/04 - zu II 2 der Gründe, BAGE 115, 68). Derartige Ziele kann der Arbeitgeber allerdings gemeinsam mit dem Betriebsrat in einer freiwilligen Betriebsvereinbarung nach § 88 BetrVG verfolgen. Eine solche Betriebsvereinbarung unterliegt nicht den für Sozialpläne aus § 112 Abs. 1 BetrVG folgenden Regelungsbeschränkungen (vgl. BAG 19. Februar 2008 - 1 AZR 1004/06 - Rn. 31, BAGE 125, 366). In ihr können die Betriebsparteien auch Regelungen treffen, die dazu dienen, das arbeitgeberseitige Interesse an einem zügigen Personalabbau durch einvernehmliche Beendigungsvereinbarungen mit den Arbeitnehmern zu verwirklichen, wenn daneben in einem Sozialplan nach § 112 Abs. 1 BetrVG ein angemessener Ausgleich der den Arbeitnehmern durch die Betriebsänderung entstehenden wirtschaftlichen Nachteile vereinbart worden ist.
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bb) Die GBV-Sonderfonds bezweckt - wie dargelegt - nicht den Ausgleich oder die Milderung der durch den geplanten Personalabbau entstehenden wirtschaftlichen Nachteile, sondern die Förderung der Bereitschaft von Arbeitnehmern, durch den Abschluss von Aufhebungsverträgen einvernehmlich ihre Arbeitsverhältnisse zu beenden. Die durch die Betriebsänderungen den betroffenen Arbeitnehmern entstandenen Nachteile sind durch den SP-Neuordnung ausgeglichen worden. Unerheblich ist, dass der Anreiz zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags dadurch geschaffen worden ist, dass ein Element der Abfindungsformel des Sozialplans geändert wurde und sich so für den von der GBV-Sonderfonds erfassten Personenkreis ein höherer Abfindungsbetrag ergibt. Die Betriebsparteien sind im Rahmen freiwilliger Vereinbarungen nach § 88 BetrVG frei, wie sie den Anreiz zum Abschluss von Aufhebungsverträgen ausgestalten.
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cc) Durch die GBV-Sonderfonds haben die Betriebsparteien nicht die Regelungsziele des § 112 Abs. 1 BetrVG umgangen. Dem SP-Neuordnung sind nicht Mittel für eine angemessene Dotierung vorenthalten worden, um damit anschließend den Sonderfonds der GBV-Sonderfonds auszustatten. Zwar heißt es in der GBV-Sonderfonds, der Sonderfonds werde aus Sozialplanmitteln aufgelegt. Daraus ergibt sich jedoch nicht ohne Weiteres, dass die Beklagte von vornherein den Dotierungsrahmen des SP-Neuordnung beschränkt und sich eine Aufstockung vorbehalten hat. Dagegen spricht maßgeblich, dass der SP-Neuordnung überaus angemessene Abfindungsregelungen enthält. So beläuft sich die der Klägerin ausgezahlte Abfindung auf rund 68 Monatsgehälter bei einer Betriebszugehörigkeit von 28,75 Jahren. Bereits dies spricht gegen die Annahme, die Beklagte habe den SP-Neuordnung nicht ausreichend dotiert, um spätere Anreizregelungen zu finanzieren. Die Klägerin hat auch nicht behauptet und es ist auch im Übrigen nicht ersichtlich, dass das von der Beklagten ursprünglich verfolgte Personalkonzept nicht verwirklicht werden konnte und der beabsichtigte Stellenabbau von vornherein nur durch höhere Abfindungen hätte erreicht werden können. Auch wenn die in der GBV-Sonderfonds vereinbarten höheren Abfindungen ein beträchtliches finanzielles Volumen haben, ergeben sich allein daraus keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte dem Sozialplan Mittel vorenthalten hat.
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dd) In Anbetracht der zulässigen Anreizfunktion der GBV-Sonderfonds ist es mit § 75 Abs. 1 BetrVG vereinbar, den Stichtag für den Erhalt einer finanziellen Vergünstigung auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Gesamtbetriebsvereinbarung festzulegen und damit diejenigen Arbeitnehmer auszuschließen, die bis zu diesem Zeitpunkt bereits einen Aufhebungsvertrag geschlossen hatten und hierfür keines weiteren Anreizes mehr bedurften.
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4. Der von der Klägerin gestellte „Hilfsantrag“ fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an. Er stellt keinen eigenen Streitgegenstand dar, ihm liegt vielmehr lediglich eine andere Berechnung für die von der Klägerin mit ihrem Hauptantrag erfolglos geltend gemachte weitere Abfindungszahlung zugrunde.
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Schmidt
Koch
Linck
Federlin
Platow
Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 112 Interessenausgleich über die Betriebsänderung, Sozialplan
(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt für eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan). Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. § 77 Abs. 3 ist auf den Sozialplan nicht anzuwenden.
(2) Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen, der Vorstand kann die Aufgabe auf andere Bedienstete der Bundesagentur für Arbeit übertragen. Erfolgt kein Vermittlungsersuchen oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Auf Ersuchen des Vorsitzenden der Einigungsstelle nimmt ein Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit oder ein vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit benannter Bediensteter der Bundesagentur für Arbeit an der Verhandlung teil.
(3) Unternehmer und Betriebsrat sollen der Einigungsstelle Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten über den Interessenausgleich und den Sozialplan machen. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, so ist sie schriftlich niederzulegen und von den Parteien und vom Vorsitzenden zu unterschreiben.
(4) Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.
(5) Die Einigungsstelle hat bei ihrer Entscheidung nach Absatz 4 sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Dabei hat die Einigungsstelle sich im Rahmen billigen Ermessens insbesondere von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:
- 1.
Sie soll beim Ausgleich oder bei der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, insbesondere durch Einkommensminderung, Wegfall von Sonderleistungen oder Verlust von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, Umzugskosten oder erhöhte Fahrtkosten, Leistungen vorsehen, die in der Regel den Gegebenheiten des Einzelfalles Rechnung tragen. - 2.
Sie hat die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Sie soll Arbeitnehmer von Leistungen ausschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen; die mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort begründet für sich allein nicht die Unzumutbarkeit. - 2a.
Sie soll insbesondere die im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen. - 3.
Sie hat bei der Bemessung des Gesamtbetrages der Sozialplanleistungen darauf zu achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden.
Tenor
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1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 21. Dezember 2009 - 16 Sa 577/09 - wird zurückgewiesen.
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2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Zahlung einer Sozialplanabfindung.
- 2
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Der 1951 geborene und mit einem Grad von 50 behinderte Kläger war seit 1989 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen in D als Schichtelektriker beschäftigt. Er bezog zuletzt ein Bruttomonatsgehalt in Höhe von 2.231,85 Euro zuzüglich einer Prämie und Schichtzuschlägen. Auf das Arbeitsverhältnis fand der Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer der Papierindustrie der Bundesrepublik Deutschland Anwendung.
- 3
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Der Kläger war aufgrund eines Wegeunfalls seit Dezember 2001 ununterbrochen arbeitsunfähig erkrankt. Seit dem 1. April 2003 bezog er eine zunächst bis zum 30. Juni 2007 befristete gesetzliche Rente wegen voller Erwerbsminderung, die im Juni 2007 bis zum 30. Juni 2009 verlängert wurde. Seit dem 1. Juli 2009 ist der Rentenbezug unbefristet.
- 4
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Die Rechtsvorgängerin der Beklagten legte den Betrieb in D aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses vom Oktober 2006 zum 31. Dezember 2007 vollständig still. Zuvor hatte sie mit dem bei ihr gebildeten Betriebsrat am 13. März 2007 einen Interessenausgleich und einen Sozialplan vereinbart. Nach Nr. 1.1 dieses Sozialplans sind alle Arbeitnehmer anspruchsberechtigt, die am 4. Oktober 2006 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis standen und deren Arbeitsverhältnis durch eine arbeitgeberseitige betriebsbedingte Kündigung, eine Eigenkündigung oder durch Aufhebungsvertrag endet. Leistungen aus diesem Sozialplan erhalten auch Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis ruht. Als Beispiele hierfür sind Elternzeit, Mutterschutz, Wehr- und Zivildienst genannt. Die Höhe der Abfindung richtet sich grundsätzlich nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit und dem Lebensalter. Die Geburtsjahrgänge 1951 und 1952 erhalten 67 % und die Geburtsjahrgänge 1950 und älter 70 % des letzten Nettoentgelts multipliziert mit der Anzahl der Monate vom Austritt bis zum Ende des Monats, in dem der Beschäftigte das 63. Lebensjahr vollendet. Der so ermittelte Nettobetrag ist entsprechend den gesetzlichen Vorschriften auf eine einmalige Bruttoabfindung hochzurechnen und wird mit der letzten Abrechnung zur Auszahlung gebracht.
- 5
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Nach Abschluss des Interessenausgleichs und Sozialplans beendete die Rechtsvorgängerin der Beklagten die Arbeitsverhältnisse der insgesamt 358 Arbeitnehmer durch betriebsbedingte Kündigungen oder auf andere Weise. Davon ausgenommen waren zunächst nur der Kläger und drei weitere Arbeitnehmer, die zum damaligen Zeitpunkt ebenfalls eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung bezogen.
-
Am 10. Oktober 2007 schlossen die Betriebsparteien eine „Betriebsvereinbarung zur Ergänzung des Sozialplanes“ vom 13. März 2007 (BV-Ergänzung). Darin ist bestimmt:
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„Präambel
…
Die Betriebsparteien sind bei Abschluss des Sozialplanes übereinstimmend davon ausgegangen, dass Mitarbeiter, die aufgrund des Bezuges befristeter voller Erwerbsminderungsrente zum Stichtag 04.10.2006 nicht mehr beschäftigt sind und deren Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit nicht absehbar ist, Leistungen aus dem Sozialplan nicht erhalten sollen.
Vorsorglich und zur Vermeidung von Streitfällen setzen die Betriebspartner diesen Willen mit der nachfolgenden Ergänzung zum Sozialplan nochmals um:
§ 1 - Ergänzung der Ausschlussgründe zur Anspruchsberechtigung
Ziff. 1.2 des Sozialplanes vom 13.03.2007 wird wie folgt ergänzt:
Nicht anspruchsberechtigt sind des Weiteren Arbeitnehmer, die am 04.10.2006 unter Bezug einer befristeten vollen Erwerbsminderungsrente nicht beschäftigt sind und
-
die nach Ablauf der befristeten Erwerbsminderungsrente berechtigt sind, die gesetzliche Regelaltersrente - auch vorgezogen unter Hinnahme von Abschlägen - zu beanspruchen;
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deren Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit unbefristet geleistet werden oder unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann (§ 102 Abs. 2 Satz 5 SGB VI);
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bei denen aus anderen Gründen damit zu rechnen ist, dass die mit der Erwerbsminderung einhergehende Arbeitsunfähigkeit auf Dauer fortbesteht oder zumindest in absehbarer Zeit nicht behoben werden kann und damit einen Grund zur personenbedingten, da krankheitsbedingten, Kündigung gem. § 1 Abs. 2 KSchG vorliegt. Die Betriebsparteien gehen davon aus, dass dies bei einer die Rente wegen voller Erwerbsminderung begleitenden Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Jahren oder einer entsprechenden Bewilligung von voller Erwerbsminderungsrente für mehr als drei Jahre gegeben sind.
§ 2 - Besonderer Härtefonds
Zum Ausgleich besonderer sozialer Härten stellt S einen Härtefonds in Höhe von 40.000,-- € für die in § 1 benannten Mitarbeiter zur Verfügung. Mit diesem Härtefonds sollen zusätzliche soziale Härten der ausscheidenden Mitarbeiter abgemildert werden. …“
- 7
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Mit Schreiben vom 10. Dezember 2007 kündigte die Beklagte „aufgrund der Betriebsschließung“ das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 31. Juli 2008. Der Kläger hat hiergegen keine Kündigungsschutzklage erhoben. Aus dem „Besonderen Härtefonds“ erhielt er eine Abfindung von 10.000,00 Euro.
- 8
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Der Kläger hat geltend gemacht, er habe einen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung aus dem Sozialplan vom 13. März 2007. Der in der BV-Ergänzung vereinbarte Anspruchsausschluss sei unwirksam. Er benachteilige behinderte Menschen und verletze den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, da er nicht für alle ruhenden Arbeitsverhältnisse gelte.
-
Der Kläger hat beantragt,
-
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 222.700,60 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 1. August 2008 zu zahlen.
- 10
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Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags ausgeführt, es sei von Anfang an übereinstimmender Wille der Betriebsparteien gewesen, Arbeitnehmer, die aufgrund des Bezugs einer vollen Erwerbsminderungsrente zum Stichtag nicht beschäftigt worden seien und bei denen die Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit nicht absehbar gewesen sei, von den Sozialplanleistungen auszuschließen. Dies sei in der BV-Ergänzung nur bestätigt worden. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen einer Behinderung liege nicht vor, weil die BV-Ergänzung nicht an eine Behinderung als Differenzierungskriterium anknüpfe, sondern an den Bezug einer vollen Erwerbsminderungsrente.
-
Das Arbeitsgericht hat der zunächst auf die Zahlung einer Sozialplanabfindung in Höhe von 133.463,44 Euro brutto gerichteten und nachfolgend auf 222.700,60 Euro brutto erhöhten Klage in Höhe von 123.463,44 Euro brutto stattgegeben und sie im Übrigen wegen Verfalls der Ansprüche und der von der Beklagten in Höhe von 10.000,00 Euro erklärten Aufrechnung abgewiesen. Dagegen haben beide Parteien im Umfang ihres Unterliegens Berufung eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren in voller Höhe weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
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I. Die Ansprüche des Klägers auf Zahlung einer Sozialplanabfindung richten sich nach dem Sozialplan vom 13. März 2007 idF der BV-Ergänzung vom 10. Oktober 2007.
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1. Die Betriebsparteien haben den Sozialplan vom 13. März 2007 durch die BV-Ergänzung vom 10. Oktober 2007 geändert und mit deren § 1 den in Nr. 1.2 des Sozialplans vom 13. März 2007 näher bestimmten Kreis der nicht anspruchsberechtigten Beschäftigten erweitert. Diese Regelung ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht lediglich deklaratorisch, sondern konstitutiv, weil die dort geregelten „Ausschlussgründe zur Anspruchsberechtigung“ in dem Sozialplan vom 13. März 2007 nicht enthalten waren.
- 15
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2. Die Änderung des Sozialplans vom 13. März 2007 durch die BV-Ergänzung verstößt nicht gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes.
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a) Die Betriebsparteien können die Regelungen einer Betriebsvereinbarung jederzeit für die Zukunft abändern. Die neue Betriebsvereinbarung kann dabei auch Bestimmungen enthalten, die für die Arbeitnehmer ungünstiger sind. Im Verhältnis zweier gleichrangiger Normen gilt nicht das Günstigkeitsprinzip, sondern die Zeitkollisionsregel. Danach geht die jüngere Norm der älteren vor. Eine spätere Betriebsvereinbarung kann allerdings bereits entstandene Ansprüche der Arbeitnehmer grundsätzlich nicht schmälern. Vielmehr ist die Möglichkeit einer Rückwirkung normativer Regelungen durch das Vertrauensschutz- und das Verhältnismäßigkeitsprinzip beschränkt (BAG 2. Oktober 2007 - 1 AZR 815/06 - Rn. 19, EzA BetrVG 2001 § 77 Nr. 20).
- 17
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b) Die BV-Ergänzung greift nicht in bereits entstandene Rechte des Klägers ein. Die Änderung des Sozialplans vom 13. März 2007 erfolgte zu einem Zeitpunkt, zu dem der Kläger noch keinen Anspruch auf Sozialplanleistungen erworben hatte. Ohne anderslautende Bestimmung entstehen derartige Ansprüche erst mit dem rechtlichen Ende des Arbeitsverhältnisses (BAG 2. Oktober 2007 - 1 AZR 815/06 - Rn. 21, EzA BetrVG 2001 § 77 Nr. 20). Nachdem die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers erst am 10. Dezember 2007 zum 31. Juli 2008 und damit nach Abschluss der BV-Ergänzung vom 10. Oktober 2007 gekündigt hat, kann offenbleiben, ob der Sozialplan den Zeitpunkt der Anspruchsentstehung bereits auf den Ausspruch der Kündigung vorverlagert hat. Im Zeitpunkt der Vereinbarung der BV-Ergänzung hatte der Kläger unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt eine Rechtsposition inne, die ein schutzwürdiges Vertrauen in die Unabänderbarkeit der Regelungen vom 13. März 2007 hätte begründen können.
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3. Der Kläger ist entgegen der Auffassung der Beklagten - vorbehaltlich der Bestimmungen in § 1 BV-Ergänzung - nach Nr. 1.1 des Sozialplans an sich anspruchsberechtigt. Er stand am 4. Oktober 2006 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis, das durch betriebsbedingte Kündigung der Beklagten vom 10. Dezember 2007 beendet wurde. Die Beklagte hat in dem Kündigungsschreiben als Grund für die Kündigung ausdrücklich die Betriebsschließung angegeben. Ob daneben auch ein personenbedingter Kündigungsgrund bestand, ist unerheblich, weil die Beklagte keine derartige Kündigung erklärt hat.
- 19
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II. Der Kläger hat nach § 1 3. Spiegelstrich Satz 2 BV-Ergänzung keinen Anspruch auf Sozialplanleistungen. Er war an dem maßgeblichen Stichtag, dem 4. Oktober 2006, mehr als drei Jahre, nämlich seit Dezember 2001 arbeitsunfähig und bezog seit dem 1. April 2003 und damit seit mehr als drei Jahren volle Erwerbsminderungsrente. Nach dieser Bestimmung war deshalb damit zu rechnen, dass die mit der Erwerbsminderung einhergehende Arbeitsunfähigkeit auf Dauer fortbesteht oder zumindest in absehbarer Zeit nicht behoben werden würde. Dieser Anspruchsausschluss ist wirksam.
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1. Sozialpläne unterliegen, wie andere Betriebsvereinbarungen, der gerichtlichen Rechtmäßigkeitskontrolle. Sie sind daraufhin zu überprüfen, ob sie mit höherrangigem Recht, wie insbesondere dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 75 Abs. 1 BetrVG), vereinbar sind. Danach haben Arbeitgeber und Betriebsrat darüber zu wachen, dass jede Benachteiligung von Personen aus den in dieser Vorschrift genannten Gründen unterbleibt. § 75 Abs. 1 BetrVG enthält nicht nur ein Überwachungsgebot, sondern verbietet zugleich Vereinbarungen, durch die Arbeitnehmer aufgrund der dort aufgeführten Merkmale benachteiligt werden. Der Gesetzgeber hat darin die in § 1 AGG geregelten Benachteiligungsverbote übernommen(BAG 12. April 2011 - 1 AZR 764/09 - Rn. 10 f.). Dazu gehört auch das Verbot der Benachteiligung wegen einer Behinderung.
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2. Der in § 75 Abs. 1 BetrVG enthaltene Begriff der Benachteiligung und die Zulässigkeit einer unterschiedlichen Behandlung richten sich nach den Vorschriften des AGG(BT-Drucks. 16/1780 S. 56). Eine unmittelbare Benachteiligung liegt dabei gemäß § 3 Abs. 1 AGG vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Benachteiligungsgrundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Dagegen handelt es sich nach § 3 Abs. 2 AGG um eine mittelbare Benachteiligung, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.
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3. § 1 3. Spiegelstrich BV-Ergänzung führt zu einer unmittelbaren Ungleichbehandlung iSd. § 3 Abs. 1 AGG.
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a) Eine unmittelbare Ungleichbehandlung liegt nicht nur vor, wenn die weniger günstige Behandlung ausdrücklich wegen eines in § 1 AGG aufgeführten Grundes erfolgt. Von § 3 Abs. 1 AGG wird vielmehr auch eine sog. verdeckte unmittelbare Ungleichbehandlung erfasst, bei der die Differenzierung zwar nicht ausdrücklich wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt, sondern an ein in dieser Vorschrift nicht enthaltenes Merkmal anknüpft, das jedoch in einem untrennbaren Zusammenhang mit einem in dieser Vorschrift genannten Grund steht(BT-Drucks. 16/1780 S. 32; dazu auch BVerfG 28. April 2011 - 1 BvR 1409/10 - Rn. 54, ZTR 2011, 434).
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b) Dementsprechend führt § 1 3. Spiegelstrich BV-Ergänzung zu einer unmittelbaren Ungleichbehandlung iSd. § 3 Abs. 1 AGG. Die zum Ausschluss von Sozialplanleistungen führenden Gründe stehen in einem untrennbaren Zusammenhang mit der nach § 1 AGG verbotenen Differenzierung wegen einer Behinderung.
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(1) Nach der Gesetzesbegründung zu § 1 AGG sind entsprechend der in § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX enthaltenen Begriffsbestimmung Menschen behindert, wenn ihre körperlichen Funktionen, geistigen Fähigkeiten oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist(BT-Drucks. 16/1780 S. 31). Das steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, nach der eine Behinderung iSd. Richtlinie 2000/78/EG eine wahrscheinlich längere Zeit andauernde Einschränkung ist, die insbesondere auf physische, geistige oder psychische Beeinträchtigungen zurückzuführen ist und die ein Hindernis für die Teilhabe des Betreffenden am Berufsleben bildet (11. Juli 2006 - C-13/05 - [Chacon Navas] Rn. 43 ff., Slg. 2006, I-6467).
- 26
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Gem. § 1 3. Spiegelstrich BV-Ergänzung sind nicht anspruchsberechtigt Arbeitnehmer, die am 4. Oktober 2006 unter Bezug einer befristeten vollen Erwerbsminderungsrente nicht beschäftigt waren und bei denen aus anderen Gründen damit zu rechnen ist, dass die mit der Erwerbsminderung einhergehende Arbeitsunfähigkeit auf Dauer fortbesteht oder zumindest in absehbarer Zeit nicht behoben werden kann und damit einen Grund zur personenbedingten, da krankheitsbedingten Kündigung gem. § 1 Abs. 2 KSchG vorliegt. Die Betriebsparteien sind dabei davon ausgegangen, dass diese Anforderungen bei einer die Rente wegen voller Erwerbsminderung begleitenden Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Jahren oder einer entsprechenden Bewilligung von voller Erwerbsminderungsrente für mehr als drei Jahre erfüllt sind. Soweit in § 1 3. Spiegelstrich BV-Ergänzung auf den Bezug einer Rente wegen voller Erwerbsminderung abgestellt wird, müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI erfüllt sein. Danach sind Versicherte voll erwerbsgemindert, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
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(2) Die Gegenüberstellung der Merkmale des Begriffs der Behinderung und der tatbestandlichen Anforderungen des § 1 3. Spiegelstrich BV-Ergänzung macht deutlich, dass diese in einem untrennbaren Zusammenhang mit der nach § 1 AGG verbotenen Differenzierung wegen einer Behinderung stehen. Ein Arbeitnehmer, der den Tatbestand des § 1 3. Spiegelstrich BV-Ergänzung erfüllt, ist in der Teilhabe am Berufsleben längere Zeit eingeschränkt. Daher hat die Regelung eine unmittelbare Ungleichbehandlung des Klägers wegen einer Behinderung zur Folge.
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4. Diese Ungleichbehandlung stellt jedoch keine unmittelbare Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 1 AGG dar, denn der Kläger wird durch den Ausschlusstatbestand in § 1 3. Spiegelstrich BV-Ergänzung nicht gegenüber Personen in einer „vergleichbaren Situation“ benachteiligt.
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a) Eine unmittelbare Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG setzt voraus, dass eine Person eine weniger günstige Behandlung, als eine andere Person in vergleichbarer Situation erfährt. Der deutsche Gesetzgeber hat insoweit die Bestimmung des Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG, die ebenfalls eine vergleichbare Situation voraussetzt, unverändert umgesetzt. Auch der Gerichtshof der Europäischen Union geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass eine unmittelbare Benachteiligung nur dann vorliegt, wenn sich die betroffenen Personen in einer vergleichbaren Lage befinden (vgl. 10. Mai 2011 - C-147/08 - [Römer] Rn. 41, ZTR 2011, 437; 18. November 2010 - C-356/09 - [Kleist] Rn. 32 ff., EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 76/207 Nr. 8; 1. April 2008 - C-267/06 - [Maruko] Rn. 72 f., Slg. 2008, I-1757; 9. Dezember 2004 - C-19/02 - [Hlozek] Rn. 44 ff., Slg. 2004, I-11491 zu Art. 141 EG sowie 1. März 2011 - C-236/09 - [Test-Achats] Rn. 28 f. zu Art. 5 der Richtlinie 2004/113/EG). Die Situationen müssen nicht identisch, sondern nur vergleichbar sein. Dies ist nicht allgemein und abstrakt, sondern spezifisch und konkret von den nationalen Gerichten im Einzelfall anhand des Zwecks und der Voraussetzungen für die Gewährung der fraglichen Leistungen festzustellen (EuGH 10. Mai 2011 - C-147/08 - [Römer] Rn. 52; 1. April 2008 - C-267/06 - [Maruko] Rn. 73, aaO). Danach ist unionsrechtlich geklärt, dass ein letztentscheidungsbefugtes nationales Gericht unter Zugrundelegung des vom Gerichtshof entwickelten Vergleichsmaßstabs selbst zu prüfen hat, ob sich der Betroffene in einer vergleichbaren Situation mit anderen befindet. Die Durchführung eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 Abs. 3 AEUV war deshalb nicht geboten.
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b) Nach diesen Grundsätzen besteht zwischen dem Kläger und den nach dem Sozialplan anspruchsberechtigten Arbeitnehmern keine vergleichbare Situation.
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aa) Sozialpläne haben nach der ständigen Rechtsprechung des Senats eine zukunftsbezogene Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion. Die in ihnen vorgesehenen Leistungen sollen gem. § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG die künftigen Nachteile ausgleichen oder abmildern, die den Arbeitnehmern durch die Betriebsänderung entstehen können(18. Mai 2010 - 1 AZR 187/09 - Rn. 22 mwN, AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 209 = EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 38). Die Sozialplanleistungen stellen kein zusätzliches Entgelt für die in der Vergangenheit erbrachten Dienste dar (BAG 26. Mai 2009 - 1 AZR 198/08 - Rn. 23, BAGE 131, 61).
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bb) Hiervon ausgehend sind entgegen der Auffassung der Revision nicht alle Arbeitnehmer, die ihren Arbeitsplatz aufgrund einer betriebsbedingten Kündigung verloren haben, bereits aus diesem Grund in einer „vergleichbaren Situation“ iSd. § 3 Abs. 1 AGG. Die Vergleichbarkeit bestimmt sich vielmehr nach der zukunftsbezogenen Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion des Sozialplans. Dementsprechend kommt es darauf an, ob sich der Kläger und die vom Sozialplan begünstigten Arbeitnehmer in Bezug auf ihre durch die Betriebsstilllegung verursachten wirtschaftlichen Nachteile in einer vergleichbaren Situation befinden.
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cc) Danach besteht zwischen dem Kläger und den anspruchsberechtigten Arbeitnehmern keine vergleichbare Situation. Während diese infolge der Betriebsschließung und dem damit verbundenen Verlust der Arbeitsplätze ihren Arbeitsverdienst verloren haben, erhielt der Kläger bereits vor der Betriebsschließung kein Arbeitsentgelt mehr, sondern eine Erwerbsminderungsrente. Hieran hat sich durch die Betriebsstilllegung nichts geändert. Der Kläger verkennt, dass die Sozialplanabfindung keine Belohnung für die Dienste in der Vergangenheit ist, sondern eine zukunftsgerichtete Hilfe, die dazu dient, künftige Nachteile auszugleichen oder zu mildern, die als Folge einer Betriebsänderung entstehen. Entgegen der Auffassung der Revision kommt es für die Vergleichbarkeit der Situationen nicht darauf an, ob ein Arbeitnehmer nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses möglicherweise einen Anspruch auf Auszahlung einer Kapitallebensversicherung hat und hierdurch finanziell abgesichert ist. Diese auf privaten Dispositionen des Einzelnen beruhende wirtschaftliche Absicherung steht in keinem Zusammenhang mit dem Verlust des Arbeitsplatzes infolge einer Betriebsänderung und der damit einhergehenden Verdiensteinbuße. Den nach dem Sozialplan anspruchsberechtigten Arbeitnehmern entstehen deshalb auch dann wirtschaftliche Nachteile, wenn sie Leistungen aus einer privaten Kapitallebensversicherung beziehen können. Derartige Nachteile treten beim Kläger nicht ein.
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III. § 1 3. Spiegelstrich BV-Ergänzung verstößt nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG, soweit nach dem Sozialplan auch Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis ruht, wie beispielsweise während der Elternzeit, dem Mutterschutz oder dem Wehr- und Zivildienst, anspruchsberechtigt sind.
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1. Der auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zurückzuführende betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz zielt darauf ab, eine Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Sachverhalten sicherzustellen und eine gleichheitswidrige Gruppenbildung auszuschließen. Maßgeblich für das Vorliegen eines die Bildung unterschiedlicher Gruppen rechtfertigenden Sachgrundes ist vor allem der mit der Regelung verfolgte Zweck (BAG 14. Dezember 2010 - 1 AZR 279/09 - Rn. 15, NZA-RR 2011, 182).
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2. Danach ist die von den Betriebsparteien vorgenommene Gruppenbildung nicht zu beanstanden. Die Betriebsparteien durften in Bezug auf die Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis ruht, davon ausgehen, dass sie nach Beendigung des Ruhenstatbestands in den Betrieb zurückkehren und dort wieder arbeiten und entlohnt werden. Dieser Personenkreis hat damit infolge der Betriebsänderung einen wirtschaftlichen Nachteil erlitten. Dagegen konnten die Betriebsparteien davon ausgehen, dass die von § 1 3. Spiegelstrich BV-Ergänzung erfassten Personen nicht wieder arbeiten werden und damit auch kein Erwerbseinkommen erzielen können. Folglich fehlt es bei diesem Personenkreis an einem ausgleichsfähigen wirtschaftlichen Nachteil.
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Linck
Koch
Spelge
Für den aus dem Amt
ausgeschiedenen ehrenamtlichen
Richter Dr. Münzer
LinckN. Schuster
Tenor
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1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 11. Februar 2009 - 11 Sa 598/08 - wird zurückgewiesen.
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2. Die Klägerin trägt die Kosten der Revision.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über eine Sozialplanabfindung.
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Die Klägerin war seit dem 1. Januar 1980 bei der A Versicherungs-AG in der Poststelle beschäftigt. Ihr Verdienst betrug bei einer Arbeitszeit von 60 % der regelmäßigen Arbeitszeit ab April 2005 rund 1.600,00 Euro. Zusätzlich erhielt sie bis März 2007 eine monatliche Ausgleichszahlung in Höhe von 50 % der Differenz zu der zuvor bezogenen Vergütung als Vollzeitbeschäftigte.
- 3
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Ab 2006 wurde das deutsche Versicherungsgeschäft der A unter dem Dach der beklagten A Deutschland AG(ADAG) neu organisiert. Im Zuge dieser Umstrukturierung sollten bis Ende 2008 insgesamt 5.700 Stellen wegfallen. Hiervon waren auch die Mitarbeiter der A Versicherungs-AG betroffen. Die durch die Betriebsänderungen entstehenden wirtschaftlichen Nachteile für die Mitarbeiter sollten durch den von den betroffenen Unternehmen mit den bei ihnen bestehenden Gesamtbetriebsräten vereinbarten „Sozialplan zur Neuordnung des deutschen Versicherungsgeschäfts der A unter dem Dach der A Deutschland AG“ (SP-Neuordnung) vom 28. April 2006 ausgeglichen werden. Dieser Sozialplan galt auch für die Beklagte und die A Versicherungs-AG. Zur Berechnung der Grundabfindung für Vollzeitbeschäftigte des Innendienstes wurde in dem Sozialplan ein Mindestbruttomonatsverdienst in Höhe von 3.000,00 Euro zugrunde gelegt. Für Teilzeitbeschäftigte bestimmte sich die Höhe des Mindestbruttomonatsverdienstes grundsätzlich anteilig nach der jeweiligen Vertragsarbeitszeit. Eine vorangegangene Vollzeitbeschäftigung war allerdings zu berücksichtigen, wenn die individuelle Arbeitszeitverkürzung aus betriebsbedingten Gründen in den letzten zwei Jahren vor Inkrafttreten des Sozialplans vereinbart wurde, was der Fall sein sollte, wenn der Arbeitnehmer eine Ausgleichszahlung zur bestehenden Gehaltsdifferenz erhielt.
- 4
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Zeitgleich mit dem Abschluss des Sozialplans schlossen dieselben Parteien am 28. April 2006 die „Gesamtbetriebsvereinbarung zur Neuordnung des deutschen Versicherungsgeschäfts der A unter dem Dach der A Deutschland AG - Sozialverträgliche Umsetzung der Neuordnung -“(GBV-Neuordnung). Nach deren Präambel sollte mit der Bereitstellung zusätzlicher finanzieller Mittel der Personalabbau durch einvernehmliche Beendigung von Arbeitsverhältnissen beschleunigt werden. Arbeitnehmer, die ihr Arbeitsverhältnis durch Aufhebungsvertrag beendeten, erhielten neben der Sozialplanabfindung eine nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit gestaffelte zusätzliche Abfindung.
- 5
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Am 31. Januar 2007 verzichteten die Beklagte sowie die unter ihrem Dach zusammengefassten Unternehmen in einer mit den bei ihnen bestehenden Gesamtbetriebsräten geschlossenen „Vereinbarung zum besonderen Kündigungsschutz im Rahmen der Neuordnung des deutschen Versicherungsgeschäfts der A unter dem Dach der A Deutschland AG“(Vereinbarung besonderer Kündigungsschutz) auf betriebsbedingte Kündigungen bis Ende des Jahres 2009.
- 6
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Die Klägerin vereinbarte am 20. März 2007 mit der A Versicherungs-AG einen Aufhebungsvertrag, wodurch das Arbeitsverhältnis zum 30. September 2008 gegen Zahlung einer Abfindung nach dem SP-Neuordnung in Höhe von 109.875,00 Euro brutto beendet wurde. Am 1. Juni 2007 ging ihr Arbeitsverhältnis im Wege eines Betriebsübergangs auf die Beklagte über.
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Am 11. Juli 2007 schloss die Beklagte mit dem bei ihr gebildeten Gesamtbetriebsrat eine „Gesamtbetriebsvereinbarung über die Bereitstellung von ergänzenden finanziellen Mitteln zur Unterstützung der personalwirtschaftlichen Ziele der Neuordnung des deutschen Versicherungsgeschäfts unter dem Dach der A Deutschland AG“(GBV-Sonderfonds). Diese sollte nach ihrer Präambel besonderen sozialen Härten bei bestimmten Mitarbeitern Rechnung tragen und gewährleisten, dass das arbeitgeberseitige Abbauziel von 5.700 Stellen zeitgerecht sozialverträglich durch einvernehmliche Maßnahmen erreicht wird. Hierzu wurde für einzelne Mitarbeitergruppen, ua. für die Beschäftigten aus dem Post-/Scan- und Verteilbereich, ein Sonderfonds aufgelegt. Diese Mitarbeiter sollten zeitnah ein Angebot zur einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten, in dem bei der Berechnung der Sozialplanabfindung nach dem SP-Neuordnung und der Berechnung der zusätzlichen Abfindung nach der GBV-Neuordnung ein Mindestbruttoverdienst von 5.000,00 Euro zugrunde zu legen war. Nach Nr. 4 GBV-Sonderfonds waren allerdings nur diejenigen Arbeitnehmer anspruchsberechtigt, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Vereinbarung, dh. am 11. Juli 2007, noch keine Vereinbarung zur Aufhebung ihres Arbeitsverhältnisses unterzeichnet hatten.
- 8
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Mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses zahlte die Beklagte die vereinbarte Abfindung in Höhe von 109.875,00 Euro brutto. Diese hält die Klägerin nicht für ausreichend. Sie hat die Auffassung vertreten, bei der Berechnung der Abfindung sei entsprechend der GBV-Sonderfonds ein Bruttomonatseinkommen in Höhe von 5.000,00 Euro je Beschäftigungsjahr zugrunde zu legen. Hieraus ergebe sich ein Abfindungsanspruch in Höhe von insgesamt 183.125,00 Euro, jedenfalls aber von 174.206,81 Euro bei einer durchschnittlichen Beschäftigungsquote von 0,9513 bezogen auf die gesamte Dauer der Betriebszugehörigkeit. Die Beschränkung des Geltungsbereichs dieser Gesamtbetriebsvereinbarung auf Mitarbeiter, die im Zeitpunkt ihres Inkrafttretens noch keinen Aufhebungsvertrag unterzeichnet hatten, verstoße gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz und sei damit unwirksam.
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Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an sie 73.250,00 Euro brutto, hilfsweise 64.331,81 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 1. Oktober 2008 zu bezahlen.
- 10
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Die Beklagte hat zur Begründung ihres Abweisungsantrags geltend gemacht, mit der GBV-Sonderfonds habe ein besonderer zusätzlicher Anreiz zum Abschluss von Aufhebungsverträgen geschaffen werden sollen. Wegen des vereinbarten Verzichts auf betriebsbedingte Kündigungen sei der angestrebte Personalabbau von 5.700 Stellen nicht anders erreichbar gewesen.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
- 12
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Die gemäß § 551 Abs. 3 Nr. 2 ZPO ordnungsgemäß begründete und damit zulässige Revision hat in der Sache keinen Erfolg.
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I. Die Klägerin hat keinen Anspruch aus der GBV-Sonderfonds auf Zahlung einer weiteren Abfindung. Eine solche Leistung steht nach Nr. 4 GBV-Sonderfonds nur Mitarbeitern zu, die am 11. Juli 2007 noch keine Vereinbarung zur Aufhebung ihres Arbeitsverhältnisses unterschrieben haben. Von diesem persönlichen Geltungsbereich wird die Klägerin nicht erfasst. Sie hat ihren Aufhebungsvertrag am 20. März 2007 unterzeichnet.
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II. Die Stichtagsregelung in Nr. 4 GBV-Sonderfonds ist wirksam. Sie verstößt nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG.
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1. Die Betriebsparteien haben beim Abschluss von Betriebsvereinbarungen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG zu beachten, dem wiederum der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zugrunde liegt. Er zielt darauf ab, eine Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Sachverhalten sicherzustellen und eine gleichheitswidrige Gruppenbildung auszuschließen. Maßgeblich für das Vorliegen eines die Bildung unterschiedlicher Gruppen rechtfertigenden Sachgrundes ist vor allem der mit der Regelung verfolgte Zweck(BAG 19. Februar 2008 - 1 AZR 1004/06 - Rn. 25 mwN, BAGE 125, 366).
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Erfolgt die Gruppenbildung durch eine Stichtagsregelung, muss auch diese mit dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar sein. Dabei kommt den Betriebsparteien sowohl bei der Gruppenbildung als auch bei der Bestimmung des darauf bezogenen Stichtags ein erheblicher Ermessensspielraum zu. Die durch eine Stichtagsregelung verursachten Härten müssen hingenommen werden, wenn sich unter Berücksichtigung des Regelungszwecks die Wahl des Stichtags am gegebenen Sachverhalt orientiert und somit sachlich vertretbar ist(vgl. BAG 22. März 2005 - 1 AZR 49/04 - zu 3 a der Gründe, BAGE 114, 179).
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2. In der GBV-Sonderfonds haben die Betriebsparteien mehrere Gruppenbildungen vorgenommen. Nach deren Nr. 1 Abs. 2 erstreckt sich der persönliche Geltungsbereich nur auf diejenigen Arbeitnehmer, die von der Neuordnung der Post-/Scan- und Verteilfunktionen innerhalb der ADAG betroffen waren, sowie auf Mitarbeiter von Support- bzw. ehemaliger Organisationseinheiten in Dienstleistungsgebieten. Damit waren Mitarbeiter anderer Bereiche, die ebenfalls von der Neuordnung des deutschen Versicherungsgeschäfts der ADAG erfasst waren, von den Begünstigungen der GBV-Sonderfonds ausgenommen. Darüber hinaus erfolgt eine Gruppenbildung nach den Bruttoverdiensten der Arbeitnehmer. Die GBV-Sonderfonds begünstigt gemäß deren Nr. 1 Abs. 4 ausschließlich diejenigen Arbeitnehmer, deren Verdienst bei Vollzeitbeschäftigung den der Abfindungsberechnung zugrunde zu legenden Bruttomonatsverdienst von 5.000,00 Euro nicht erreicht. Arbeitnehmer mit einem höheren Einkommen erlangen durch die GBV-Sonderfonds keinen finanziellen Vorteil. Schließlich haben die Betriebsparteien in Nr. 4 GBV-Sonderfonds eine stichtagsbezogene Gruppenbildung vorgesehen, indem sie deren Leistungen auf diejenigen begünstigten Arbeitnehmer beschränkten, die bis zum 11. Juli 2007 noch keine Vereinbarung zur Aufhebung ihres Arbeitsverhältnisses geschlossen hatten. Damit sind Arbeitnehmer unterer Lohngruppen aus den in Nr. 1 Abs. 2 GBV-Sonderfonds genannten Bereichen, die zu einem früheren Zeitpunkt aus Anlass der erfolgten Umstrukturierung einen Aufhebungsvertrag vereinbart hatten, von den Leistungen der GBV-Sonderfonds ausgenommen. Das beanstandet die Klägerin.
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3. Die durch die Stichtagsregelung in Nr. 4 GBV-Sonderfonds bewirkte Ungleichbehandlung ist nach dem mit ihr verfolgten einheitlichen Zweck sachlich gerechtfertigt und damit mit § 75 Abs. 1 BetrVG vereinbar.
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a) Die GBV-Sonderfonds bezweckt, durch finanzielle Anreize für bestimmte Beschäftigtengruppen die Bereitschaft zum Abschluss von Aufhebungsverträgen zu fördern. Das folgt aus ihrer Präambel. Danach soll die GBV-Sonderfonds gewährleisten, dass das arbeitgeberseitige Ziel eines Personalabbaus von 5.700 Arbeitskapazitäten ohne betriebsbedingte Kündigungen erreicht werden kann. Soweit es in der Präambel weiter heißt, die Vereinbarung sei geschlossen worden, um den besonderen sozialen Härten bestimmter Mitarbeitergruppen im Rahmen der Neuordnung des Versicherungsgeschäfts Rechnung tragen zu können, ergibt sich daraus kein weitergehender Zweck. Die mit den Leistungen der GBV-Sonderfonds angestrebte Förderung einvernehmlicher Vertragsbeendigungen beruht auf der Einschätzung der Betriebsparteien, bei Mitarbeitern der unteren Entgeltgruppen mit typischerweise schlechten beruflichen Perspektiven könne die Bereitschaft zum Abschluss von Aufhebungsverträgen nur durch eine Aufstockung der finanziellen Anreize gesteigert werden. Dazu haben die Betriebsparteien für die Berechnung der Abfindung ein Mindestbruttoentgelt von 5.000,00 Euro zugrunde gelegt. Davon profitieren allein Arbeitnehmer der unteren Entgeltgruppen, deren Bruttomonatsentgelt diese Grenze typischerweise nicht erreicht.
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b) Die Schaffung besonderer Anreize zur einvernehmlichen Beendigung von Arbeitsverhältnissen war aus Sicht der Betriebsparteien geboten, nachdem bis Ende Juni 2007 erst 4.060 Stellen von den in Aussicht genommenen 5.700 Arbeitskapazitäten abgebaut waren und der Beklagten der Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen wegen des mit den Gesamtbetriebsräten der betroffenen Unternehmen vereinbarten Kündigungsverzichts bis Ende 2009 verwehrt war. Diese Einschätzung sowie die Annahme der Betriebsparteien, Arbeitnehmer der unteren Entgeltgruppen mit typischerweise negativen beruflichen Perspektiven seien nur durch einen zusätzlichen finanziellen Anreiz zum Abschluss von Aufhebungsverträgen zu motivieren, hält sich innerhalb ihrer Typisierungsbefugnis und Einschätzungsprärogative. Soweit die Revision beanstandet, der zu erfolgende Stellenabbau sei innerhalb der verbleibenden Zeit auch ohne weitere Anreize möglich gewesen, weil die Beklagte die Einigungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft habe, setzt sie lediglich ihre Beurteilung der Verhältnisse an Stelle der Einschätzung der Betriebsparteien. Zudem übersieht sie, dass aufgrund des vereinbarten Kündigungsverzichts für die betroffenen Arbeitnehmer bis Ende 2009 keine Veranlassung bestand, auf ein Aufhebungsangebot der Beklagten einzugehen. Letztlich beanstandet die Klägerin auch nicht die auf dieser Einschätzung beruhende und sie begünstigende Gruppenbildung, sondern allein die darauf bezogene Stichtagsregelung.
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c) Entsprechend diesem Regelungszweck ist die Stichtagsregelung der Nr. 4 der GBV-Sonderfonds wirksam. Die GBV-Sonderfonds ist eine freiwillige Betriebsvereinbarung iSd. § 88 BetrVG und kein Sozialplan iSd. § 112 Abs. 1 BetrVG.
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aa) Sozialpläne haben nach der ständigen Rechtsprechung des Senats eine zukunftsbezogene Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion. Die in ihnen vorgesehenen Leistungen sollen gemäß § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG die künftigen Nachteile ausgleichen oder abmildern, die den Arbeitnehmern durch die Betriebsänderung entstehen können. Ein Sozialplan dient nicht dazu, die individualrechtlichen Risiken des Arbeitgebers bei der Durchführung der Betriebsänderung zu reduzieren oder zu beseitigen (BAG 31. Mai 2005 - 1 AZR 254/04 - zu II 2 der Gründe, BAGE 115, 68). Derartige Ziele kann der Arbeitgeber allerdings gemeinsam mit dem Betriebsrat in einer freiwilligen Betriebsvereinbarung nach § 88 BetrVG verfolgen. Eine solche Betriebsvereinbarung unterliegt nicht den für Sozialpläne aus § 112 Abs. 1 BetrVG folgenden Regelungsbeschränkungen (vgl. BAG 19. Februar 2008 - 1 AZR 1004/06 - Rn. 31, BAGE 125, 366). In ihr können die Betriebsparteien auch Regelungen treffen, die dazu dienen, das arbeitgeberseitige Interesse an einem zügigen Personalabbau durch einvernehmliche Beendigungsvereinbarungen mit den Arbeitnehmern zu verwirklichen, wenn daneben in einem Sozialplan nach § 112 Abs. 1 BetrVG ein angemessener Ausgleich der den Arbeitnehmern durch die Betriebsänderung entstehenden wirtschaftlichen Nachteile vereinbart worden ist.
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bb) Die GBV-Sonderfonds bezweckt - wie dargelegt - nicht den Ausgleich oder die Milderung der durch den geplanten Personalabbau entstehenden wirtschaftlichen Nachteile, sondern die Förderung der Bereitschaft von Arbeitnehmern, durch den Abschluss von Aufhebungsverträgen einvernehmlich ihre Arbeitsverhältnisse zu beenden. Die durch die Betriebsänderungen den betroffenen Arbeitnehmern entstandenen Nachteile sind durch den SP-Neuordnung ausgeglichen worden. Unerheblich ist, dass der Anreiz zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags dadurch geschaffen worden ist, dass ein Element der Abfindungsformel des Sozialplans geändert wurde und sich so für den von der GBV-Sonderfonds erfassten Personenkreis ein höherer Abfindungsbetrag ergibt. Die Betriebsparteien sind im Rahmen freiwilliger Vereinbarungen nach § 88 BetrVG frei, wie sie den Anreiz zum Abschluss von Aufhebungsverträgen ausgestalten.
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cc) Durch die GBV-Sonderfonds haben die Betriebsparteien nicht die Regelungsziele des § 112 Abs. 1 BetrVG umgangen. Dem SP-Neuordnung sind nicht Mittel für eine angemessene Dotierung vorenthalten worden, um damit anschließend den Sonderfonds der GBV-Sonderfonds auszustatten. Zwar heißt es in der GBV-Sonderfonds, der Sonderfonds werde aus Sozialplanmitteln aufgelegt. Daraus ergibt sich jedoch nicht ohne Weiteres, dass die Beklagte von vornherein den Dotierungsrahmen des SP-Neuordnung beschränkt und sich eine Aufstockung vorbehalten hat. Dagegen spricht maßgeblich, dass der SP-Neuordnung überaus angemessene Abfindungsregelungen enthält. So beläuft sich die der Klägerin ausgezahlte Abfindung auf rund 68 Monatsgehälter bei einer Betriebszugehörigkeit von 28,75 Jahren. Bereits dies spricht gegen die Annahme, die Beklagte habe den SP-Neuordnung nicht ausreichend dotiert, um spätere Anreizregelungen zu finanzieren. Die Klägerin hat auch nicht behauptet und es ist auch im Übrigen nicht ersichtlich, dass das von der Beklagten ursprünglich verfolgte Personalkonzept nicht verwirklicht werden konnte und der beabsichtigte Stellenabbau von vornherein nur durch höhere Abfindungen hätte erreicht werden können. Auch wenn die in der GBV-Sonderfonds vereinbarten höheren Abfindungen ein beträchtliches finanzielles Volumen haben, ergeben sich allein daraus keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte dem Sozialplan Mittel vorenthalten hat.
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dd) In Anbetracht der zulässigen Anreizfunktion der GBV-Sonderfonds ist es mit § 75 Abs. 1 BetrVG vereinbar, den Stichtag für den Erhalt einer finanziellen Vergünstigung auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Gesamtbetriebsvereinbarung festzulegen und damit diejenigen Arbeitnehmer auszuschließen, die bis zu diesem Zeitpunkt bereits einen Aufhebungsvertrag geschlossen hatten und hierfür keines weiteren Anreizes mehr bedurften.
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4. Der von der Klägerin gestellte „Hilfsantrag“ fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an. Er stellt keinen eigenen Streitgegenstand dar, ihm liegt vielmehr lediglich eine andere Berechnung für die von der Klägerin mit ihrem Hauptantrag erfolglos geltend gemachte weitere Abfindungszahlung zugrunde.
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Schmidt
Koch
Linck
Federlin
Platow
Tenor
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1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 21. Dezember 2009 - 16 Sa 577/09 - wird zurückgewiesen.
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2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Zahlung einer Sozialplanabfindung.
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Der 1951 geborene und mit einem Grad von 50 behinderte Kläger war seit 1989 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen in D als Schichtelektriker beschäftigt. Er bezog zuletzt ein Bruttomonatsgehalt in Höhe von 2.231,85 Euro zuzüglich einer Prämie und Schichtzuschlägen. Auf das Arbeitsverhältnis fand der Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer der Papierindustrie der Bundesrepublik Deutschland Anwendung.
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Der Kläger war aufgrund eines Wegeunfalls seit Dezember 2001 ununterbrochen arbeitsunfähig erkrankt. Seit dem 1. April 2003 bezog er eine zunächst bis zum 30. Juni 2007 befristete gesetzliche Rente wegen voller Erwerbsminderung, die im Juni 2007 bis zum 30. Juni 2009 verlängert wurde. Seit dem 1. Juli 2009 ist der Rentenbezug unbefristet.
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Die Rechtsvorgängerin der Beklagten legte den Betrieb in D aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses vom Oktober 2006 zum 31. Dezember 2007 vollständig still. Zuvor hatte sie mit dem bei ihr gebildeten Betriebsrat am 13. März 2007 einen Interessenausgleich und einen Sozialplan vereinbart. Nach Nr. 1.1 dieses Sozialplans sind alle Arbeitnehmer anspruchsberechtigt, die am 4. Oktober 2006 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis standen und deren Arbeitsverhältnis durch eine arbeitgeberseitige betriebsbedingte Kündigung, eine Eigenkündigung oder durch Aufhebungsvertrag endet. Leistungen aus diesem Sozialplan erhalten auch Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis ruht. Als Beispiele hierfür sind Elternzeit, Mutterschutz, Wehr- und Zivildienst genannt. Die Höhe der Abfindung richtet sich grundsätzlich nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit und dem Lebensalter. Die Geburtsjahrgänge 1951 und 1952 erhalten 67 % und die Geburtsjahrgänge 1950 und älter 70 % des letzten Nettoentgelts multipliziert mit der Anzahl der Monate vom Austritt bis zum Ende des Monats, in dem der Beschäftigte das 63. Lebensjahr vollendet. Der so ermittelte Nettobetrag ist entsprechend den gesetzlichen Vorschriften auf eine einmalige Bruttoabfindung hochzurechnen und wird mit der letzten Abrechnung zur Auszahlung gebracht.
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Nach Abschluss des Interessenausgleichs und Sozialplans beendete die Rechtsvorgängerin der Beklagten die Arbeitsverhältnisse der insgesamt 358 Arbeitnehmer durch betriebsbedingte Kündigungen oder auf andere Weise. Davon ausgenommen waren zunächst nur der Kläger und drei weitere Arbeitnehmer, die zum damaligen Zeitpunkt ebenfalls eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung bezogen.
-
Am 10. Oktober 2007 schlossen die Betriebsparteien eine „Betriebsvereinbarung zur Ergänzung des Sozialplanes“ vom 13. März 2007 (BV-Ergänzung). Darin ist bestimmt:
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„Präambel
…
Die Betriebsparteien sind bei Abschluss des Sozialplanes übereinstimmend davon ausgegangen, dass Mitarbeiter, die aufgrund des Bezuges befristeter voller Erwerbsminderungsrente zum Stichtag 04.10.2006 nicht mehr beschäftigt sind und deren Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit nicht absehbar ist, Leistungen aus dem Sozialplan nicht erhalten sollen.
Vorsorglich und zur Vermeidung von Streitfällen setzen die Betriebspartner diesen Willen mit der nachfolgenden Ergänzung zum Sozialplan nochmals um:
§ 1 - Ergänzung der Ausschlussgründe zur Anspruchsberechtigung
Ziff. 1.2 des Sozialplanes vom 13.03.2007 wird wie folgt ergänzt:
Nicht anspruchsberechtigt sind des Weiteren Arbeitnehmer, die am 04.10.2006 unter Bezug einer befristeten vollen Erwerbsminderungsrente nicht beschäftigt sind und
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die nach Ablauf der befristeten Erwerbsminderungsrente berechtigt sind, die gesetzliche Regelaltersrente - auch vorgezogen unter Hinnahme von Abschlägen - zu beanspruchen;
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deren Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit unbefristet geleistet werden oder unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann (§ 102 Abs. 2 Satz 5 SGB VI);
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bei denen aus anderen Gründen damit zu rechnen ist, dass die mit der Erwerbsminderung einhergehende Arbeitsunfähigkeit auf Dauer fortbesteht oder zumindest in absehbarer Zeit nicht behoben werden kann und damit einen Grund zur personenbedingten, da krankheitsbedingten, Kündigung gem. § 1 Abs. 2 KSchG vorliegt. Die Betriebsparteien gehen davon aus, dass dies bei einer die Rente wegen voller Erwerbsminderung begleitenden Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Jahren oder einer entsprechenden Bewilligung von voller Erwerbsminderungsrente für mehr als drei Jahre gegeben sind.
§ 2 - Besonderer Härtefonds
Zum Ausgleich besonderer sozialer Härten stellt S einen Härtefonds in Höhe von 40.000,-- € für die in § 1 benannten Mitarbeiter zur Verfügung. Mit diesem Härtefonds sollen zusätzliche soziale Härten der ausscheidenden Mitarbeiter abgemildert werden. …“
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Mit Schreiben vom 10. Dezember 2007 kündigte die Beklagte „aufgrund der Betriebsschließung“ das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 31. Juli 2008. Der Kläger hat hiergegen keine Kündigungsschutzklage erhoben. Aus dem „Besonderen Härtefonds“ erhielt er eine Abfindung von 10.000,00 Euro.
- 8
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Der Kläger hat geltend gemacht, er habe einen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung aus dem Sozialplan vom 13. März 2007. Der in der BV-Ergänzung vereinbarte Anspruchsausschluss sei unwirksam. Er benachteilige behinderte Menschen und verletze den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, da er nicht für alle ruhenden Arbeitsverhältnisse gelte.
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Der Kläger hat beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an ihn 222.700,60 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 1. August 2008 zu zahlen.
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Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags ausgeführt, es sei von Anfang an übereinstimmender Wille der Betriebsparteien gewesen, Arbeitnehmer, die aufgrund des Bezugs einer vollen Erwerbsminderungsrente zum Stichtag nicht beschäftigt worden seien und bei denen die Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit nicht absehbar gewesen sei, von den Sozialplanleistungen auszuschließen. Dies sei in der BV-Ergänzung nur bestätigt worden. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen einer Behinderung liege nicht vor, weil die BV-Ergänzung nicht an eine Behinderung als Differenzierungskriterium anknüpfe, sondern an den Bezug einer vollen Erwerbsminderungsrente.
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Das Arbeitsgericht hat der zunächst auf die Zahlung einer Sozialplanabfindung in Höhe von 133.463,44 Euro brutto gerichteten und nachfolgend auf 222.700,60 Euro brutto erhöhten Klage in Höhe von 123.463,44 Euro brutto stattgegeben und sie im Übrigen wegen Verfalls der Ansprüche und der von der Beklagten in Höhe von 10.000,00 Euro erklärten Aufrechnung abgewiesen. Dagegen haben beide Parteien im Umfang ihres Unterliegens Berufung eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren in voller Höhe weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
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I. Die Ansprüche des Klägers auf Zahlung einer Sozialplanabfindung richten sich nach dem Sozialplan vom 13. März 2007 idF der BV-Ergänzung vom 10. Oktober 2007.
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1. Die Betriebsparteien haben den Sozialplan vom 13. März 2007 durch die BV-Ergänzung vom 10. Oktober 2007 geändert und mit deren § 1 den in Nr. 1.2 des Sozialplans vom 13. März 2007 näher bestimmten Kreis der nicht anspruchsberechtigten Beschäftigten erweitert. Diese Regelung ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht lediglich deklaratorisch, sondern konstitutiv, weil die dort geregelten „Ausschlussgründe zur Anspruchsberechtigung“ in dem Sozialplan vom 13. März 2007 nicht enthalten waren.
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2. Die Änderung des Sozialplans vom 13. März 2007 durch die BV-Ergänzung verstößt nicht gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes.
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a) Die Betriebsparteien können die Regelungen einer Betriebsvereinbarung jederzeit für die Zukunft abändern. Die neue Betriebsvereinbarung kann dabei auch Bestimmungen enthalten, die für die Arbeitnehmer ungünstiger sind. Im Verhältnis zweier gleichrangiger Normen gilt nicht das Günstigkeitsprinzip, sondern die Zeitkollisionsregel. Danach geht die jüngere Norm der älteren vor. Eine spätere Betriebsvereinbarung kann allerdings bereits entstandene Ansprüche der Arbeitnehmer grundsätzlich nicht schmälern. Vielmehr ist die Möglichkeit einer Rückwirkung normativer Regelungen durch das Vertrauensschutz- und das Verhältnismäßigkeitsprinzip beschränkt (BAG 2. Oktober 2007 - 1 AZR 815/06 - Rn. 19, EzA BetrVG 2001 § 77 Nr. 20).
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b) Die BV-Ergänzung greift nicht in bereits entstandene Rechte des Klägers ein. Die Änderung des Sozialplans vom 13. März 2007 erfolgte zu einem Zeitpunkt, zu dem der Kläger noch keinen Anspruch auf Sozialplanleistungen erworben hatte. Ohne anderslautende Bestimmung entstehen derartige Ansprüche erst mit dem rechtlichen Ende des Arbeitsverhältnisses (BAG 2. Oktober 2007 - 1 AZR 815/06 - Rn. 21, EzA BetrVG 2001 § 77 Nr. 20). Nachdem die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers erst am 10. Dezember 2007 zum 31. Juli 2008 und damit nach Abschluss der BV-Ergänzung vom 10. Oktober 2007 gekündigt hat, kann offenbleiben, ob der Sozialplan den Zeitpunkt der Anspruchsentstehung bereits auf den Ausspruch der Kündigung vorverlagert hat. Im Zeitpunkt der Vereinbarung der BV-Ergänzung hatte der Kläger unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt eine Rechtsposition inne, die ein schutzwürdiges Vertrauen in die Unabänderbarkeit der Regelungen vom 13. März 2007 hätte begründen können.
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3. Der Kläger ist entgegen der Auffassung der Beklagten - vorbehaltlich der Bestimmungen in § 1 BV-Ergänzung - nach Nr. 1.1 des Sozialplans an sich anspruchsberechtigt. Er stand am 4. Oktober 2006 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis, das durch betriebsbedingte Kündigung der Beklagten vom 10. Dezember 2007 beendet wurde. Die Beklagte hat in dem Kündigungsschreiben als Grund für die Kündigung ausdrücklich die Betriebsschließung angegeben. Ob daneben auch ein personenbedingter Kündigungsgrund bestand, ist unerheblich, weil die Beklagte keine derartige Kündigung erklärt hat.
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II. Der Kläger hat nach § 1 3. Spiegelstrich Satz 2 BV-Ergänzung keinen Anspruch auf Sozialplanleistungen. Er war an dem maßgeblichen Stichtag, dem 4. Oktober 2006, mehr als drei Jahre, nämlich seit Dezember 2001 arbeitsunfähig und bezog seit dem 1. April 2003 und damit seit mehr als drei Jahren volle Erwerbsminderungsrente. Nach dieser Bestimmung war deshalb damit zu rechnen, dass die mit der Erwerbsminderung einhergehende Arbeitsunfähigkeit auf Dauer fortbesteht oder zumindest in absehbarer Zeit nicht behoben werden würde. Dieser Anspruchsausschluss ist wirksam.
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1. Sozialpläne unterliegen, wie andere Betriebsvereinbarungen, der gerichtlichen Rechtmäßigkeitskontrolle. Sie sind daraufhin zu überprüfen, ob sie mit höherrangigem Recht, wie insbesondere dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 75 Abs. 1 BetrVG), vereinbar sind. Danach haben Arbeitgeber und Betriebsrat darüber zu wachen, dass jede Benachteiligung von Personen aus den in dieser Vorschrift genannten Gründen unterbleibt. § 75 Abs. 1 BetrVG enthält nicht nur ein Überwachungsgebot, sondern verbietet zugleich Vereinbarungen, durch die Arbeitnehmer aufgrund der dort aufgeführten Merkmale benachteiligt werden. Der Gesetzgeber hat darin die in § 1 AGG geregelten Benachteiligungsverbote übernommen(BAG 12. April 2011 - 1 AZR 764/09 - Rn. 10 f.). Dazu gehört auch das Verbot der Benachteiligung wegen einer Behinderung.
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2. Der in § 75 Abs. 1 BetrVG enthaltene Begriff der Benachteiligung und die Zulässigkeit einer unterschiedlichen Behandlung richten sich nach den Vorschriften des AGG(BT-Drucks. 16/1780 S. 56). Eine unmittelbare Benachteiligung liegt dabei gemäß § 3 Abs. 1 AGG vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Benachteiligungsgrundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Dagegen handelt es sich nach § 3 Abs. 2 AGG um eine mittelbare Benachteiligung, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.
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3. § 1 3. Spiegelstrich BV-Ergänzung führt zu einer unmittelbaren Ungleichbehandlung iSd. § 3 Abs. 1 AGG.
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a) Eine unmittelbare Ungleichbehandlung liegt nicht nur vor, wenn die weniger günstige Behandlung ausdrücklich wegen eines in § 1 AGG aufgeführten Grundes erfolgt. Von § 3 Abs. 1 AGG wird vielmehr auch eine sog. verdeckte unmittelbare Ungleichbehandlung erfasst, bei der die Differenzierung zwar nicht ausdrücklich wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt, sondern an ein in dieser Vorschrift nicht enthaltenes Merkmal anknüpft, das jedoch in einem untrennbaren Zusammenhang mit einem in dieser Vorschrift genannten Grund steht(BT-Drucks. 16/1780 S. 32; dazu auch BVerfG 28. April 2011 - 1 BvR 1409/10 - Rn. 54, ZTR 2011, 434).
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b) Dementsprechend führt § 1 3. Spiegelstrich BV-Ergänzung zu einer unmittelbaren Ungleichbehandlung iSd. § 3 Abs. 1 AGG. Die zum Ausschluss von Sozialplanleistungen führenden Gründe stehen in einem untrennbaren Zusammenhang mit der nach § 1 AGG verbotenen Differenzierung wegen einer Behinderung.
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(1) Nach der Gesetzesbegründung zu § 1 AGG sind entsprechend der in § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX enthaltenen Begriffsbestimmung Menschen behindert, wenn ihre körperlichen Funktionen, geistigen Fähigkeiten oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist(BT-Drucks. 16/1780 S. 31). Das steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, nach der eine Behinderung iSd. Richtlinie 2000/78/EG eine wahrscheinlich längere Zeit andauernde Einschränkung ist, die insbesondere auf physische, geistige oder psychische Beeinträchtigungen zurückzuführen ist und die ein Hindernis für die Teilhabe des Betreffenden am Berufsleben bildet (11. Juli 2006 - C-13/05 - [Chacon Navas] Rn. 43 ff., Slg. 2006, I-6467).
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Gem. § 1 3. Spiegelstrich BV-Ergänzung sind nicht anspruchsberechtigt Arbeitnehmer, die am 4. Oktober 2006 unter Bezug einer befristeten vollen Erwerbsminderungsrente nicht beschäftigt waren und bei denen aus anderen Gründen damit zu rechnen ist, dass die mit der Erwerbsminderung einhergehende Arbeitsunfähigkeit auf Dauer fortbesteht oder zumindest in absehbarer Zeit nicht behoben werden kann und damit einen Grund zur personenbedingten, da krankheitsbedingten Kündigung gem. § 1 Abs. 2 KSchG vorliegt. Die Betriebsparteien sind dabei davon ausgegangen, dass diese Anforderungen bei einer die Rente wegen voller Erwerbsminderung begleitenden Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Jahren oder einer entsprechenden Bewilligung von voller Erwerbsminderungsrente für mehr als drei Jahre erfüllt sind. Soweit in § 1 3. Spiegelstrich BV-Ergänzung auf den Bezug einer Rente wegen voller Erwerbsminderung abgestellt wird, müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI erfüllt sein. Danach sind Versicherte voll erwerbsgemindert, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
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(2) Die Gegenüberstellung der Merkmale des Begriffs der Behinderung und der tatbestandlichen Anforderungen des § 1 3. Spiegelstrich BV-Ergänzung macht deutlich, dass diese in einem untrennbaren Zusammenhang mit der nach § 1 AGG verbotenen Differenzierung wegen einer Behinderung stehen. Ein Arbeitnehmer, der den Tatbestand des § 1 3. Spiegelstrich BV-Ergänzung erfüllt, ist in der Teilhabe am Berufsleben längere Zeit eingeschränkt. Daher hat die Regelung eine unmittelbare Ungleichbehandlung des Klägers wegen einer Behinderung zur Folge.
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4. Diese Ungleichbehandlung stellt jedoch keine unmittelbare Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 1 AGG dar, denn der Kläger wird durch den Ausschlusstatbestand in § 1 3. Spiegelstrich BV-Ergänzung nicht gegenüber Personen in einer „vergleichbaren Situation“ benachteiligt.
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a) Eine unmittelbare Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG setzt voraus, dass eine Person eine weniger günstige Behandlung, als eine andere Person in vergleichbarer Situation erfährt. Der deutsche Gesetzgeber hat insoweit die Bestimmung des Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG, die ebenfalls eine vergleichbare Situation voraussetzt, unverändert umgesetzt. Auch der Gerichtshof der Europäischen Union geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass eine unmittelbare Benachteiligung nur dann vorliegt, wenn sich die betroffenen Personen in einer vergleichbaren Lage befinden (vgl. 10. Mai 2011 - C-147/08 - [Römer] Rn. 41, ZTR 2011, 437; 18. November 2010 - C-356/09 - [Kleist] Rn. 32 ff., EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 76/207 Nr. 8; 1. April 2008 - C-267/06 - [Maruko] Rn. 72 f., Slg. 2008, I-1757; 9. Dezember 2004 - C-19/02 - [Hlozek] Rn. 44 ff., Slg. 2004, I-11491 zu Art. 141 EG sowie 1. März 2011 - C-236/09 - [Test-Achats] Rn. 28 f. zu Art. 5 der Richtlinie 2004/113/EG). Die Situationen müssen nicht identisch, sondern nur vergleichbar sein. Dies ist nicht allgemein und abstrakt, sondern spezifisch und konkret von den nationalen Gerichten im Einzelfall anhand des Zwecks und der Voraussetzungen für die Gewährung der fraglichen Leistungen festzustellen (EuGH 10. Mai 2011 - C-147/08 - [Römer] Rn. 52; 1. April 2008 - C-267/06 - [Maruko] Rn. 73, aaO). Danach ist unionsrechtlich geklärt, dass ein letztentscheidungsbefugtes nationales Gericht unter Zugrundelegung des vom Gerichtshof entwickelten Vergleichsmaßstabs selbst zu prüfen hat, ob sich der Betroffene in einer vergleichbaren Situation mit anderen befindet. Die Durchführung eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 Abs. 3 AEUV war deshalb nicht geboten.
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b) Nach diesen Grundsätzen besteht zwischen dem Kläger und den nach dem Sozialplan anspruchsberechtigten Arbeitnehmern keine vergleichbare Situation.
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aa) Sozialpläne haben nach der ständigen Rechtsprechung des Senats eine zukunftsbezogene Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion. Die in ihnen vorgesehenen Leistungen sollen gem. § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG die künftigen Nachteile ausgleichen oder abmildern, die den Arbeitnehmern durch die Betriebsänderung entstehen können(18. Mai 2010 - 1 AZR 187/09 - Rn. 22 mwN, AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 209 = EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 38). Die Sozialplanleistungen stellen kein zusätzliches Entgelt für die in der Vergangenheit erbrachten Dienste dar (BAG 26. Mai 2009 - 1 AZR 198/08 - Rn. 23, BAGE 131, 61).
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bb) Hiervon ausgehend sind entgegen der Auffassung der Revision nicht alle Arbeitnehmer, die ihren Arbeitsplatz aufgrund einer betriebsbedingten Kündigung verloren haben, bereits aus diesem Grund in einer „vergleichbaren Situation“ iSd. § 3 Abs. 1 AGG. Die Vergleichbarkeit bestimmt sich vielmehr nach der zukunftsbezogenen Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion des Sozialplans. Dementsprechend kommt es darauf an, ob sich der Kläger und die vom Sozialplan begünstigten Arbeitnehmer in Bezug auf ihre durch die Betriebsstilllegung verursachten wirtschaftlichen Nachteile in einer vergleichbaren Situation befinden.
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cc) Danach besteht zwischen dem Kläger und den anspruchsberechtigten Arbeitnehmern keine vergleichbare Situation. Während diese infolge der Betriebsschließung und dem damit verbundenen Verlust der Arbeitsplätze ihren Arbeitsverdienst verloren haben, erhielt der Kläger bereits vor der Betriebsschließung kein Arbeitsentgelt mehr, sondern eine Erwerbsminderungsrente. Hieran hat sich durch die Betriebsstilllegung nichts geändert. Der Kläger verkennt, dass die Sozialplanabfindung keine Belohnung für die Dienste in der Vergangenheit ist, sondern eine zukunftsgerichtete Hilfe, die dazu dient, künftige Nachteile auszugleichen oder zu mildern, die als Folge einer Betriebsänderung entstehen. Entgegen der Auffassung der Revision kommt es für die Vergleichbarkeit der Situationen nicht darauf an, ob ein Arbeitnehmer nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses möglicherweise einen Anspruch auf Auszahlung einer Kapitallebensversicherung hat und hierdurch finanziell abgesichert ist. Diese auf privaten Dispositionen des Einzelnen beruhende wirtschaftliche Absicherung steht in keinem Zusammenhang mit dem Verlust des Arbeitsplatzes infolge einer Betriebsänderung und der damit einhergehenden Verdiensteinbuße. Den nach dem Sozialplan anspruchsberechtigten Arbeitnehmern entstehen deshalb auch dann wirtschaftliche Nachteile, wenn sie Leistungen aus einer privaten Kapitallebensversicherung beziehen können. Derartige Nachteile treten beim Kläger nicht ein.
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III. § 1 3. Spiegelstrich BV-Ergänzung verstößt nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG, soweit nach dem Sozialplan auch Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis ruht, wie beispielsweise während der Elternzeit, dem Mutterschutz oder dem Wehr- und Zivildienst, anspruchsberechtigt sind.
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1. Der auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zurückzuführende betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz zielt darauf ab, eine Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Sachverhalten sicherzustellen und eine gleichheitswidrige Gruppenbildung auszuschließen. Maßgeblich für das Vorliegen eines die Bildung unterschiedlicher Gruppen rechtfertigenden Sachgrundes ist vor allem der mit der Regelung verfolgte Zweck (BAG 14. Dezember 2010 - 1 AZR 279/09 - Rn. 15, NZA-RR 2011, 182).
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2. Danach ist die von den Betriebsparteien vorgenommene Gruppenbildung nicht zu beanstanden. Die Betriebsparteien durften in Bezug auf die Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis ruht, davon ausgehen, dass sie nach Beendigung des Ruhenstatbestands in den Betrieb zurückkehren und dort wieder arbeiten und entlohnt werden. Dieser Personenkreis hat damit infolge der Betriebsänderung einen wirtschaftlichen Nachteil erlitten. Dagegen konnten die Betriebsparteien davon ausgehen, dass die von § 1 3. Spiegelstrich BV-Ergänzung erfassten Personen nicht wieder arbeiten werden und damit auch kein Erwerbseinkommen erzielen können. Folglich fehlt es bei diesem Personenkreis an einem ausgleichsfähigen wirtschaftlichen Nachteil.
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Linck
Koch
Spelge
Für den aus dem Amt
ausgeschiedenen ehrenamtlichen
Richter Dr. Münzer
LinckN. Schuster
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 15.10.2013 - 3 Ca 1913/13 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten über Zahlungsansprüche im Zusammenhang mit der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses.
3Der am 16.08.1963 geborene Kläger ist verheiratet und ein Kind zum Unterhalt verpflichtet. Seit dem 01.07.1985 war er im Dienste der Bundesrepublik Deutschland als Beamter bei der Deutschen B tätig. Mit der Privatisierung der Deutschen B nimmt E AG die Dienstherreneigenschaft aufgrund des Gesetzes zum Personalrecht der Beschäftigten der früheren Deutschen B wahr. E AG beurlaubte den Kläger nach § 13 Abs. 1 der Sonderurlaubsverordnung unter Wegfall der Besoldung für eine Tätigkeit bei der W GmbH. Zum 01.01.2008 erwarb die Beklagte den Geschäftsbetrieb der W GmbH. Sämtliche bei der W GmbH bestehende Arbeitsverhältnisse, darunter auch das Arbeitsverhältnis des Klägers, gingen auf die Beklagte über. Die Beklagte erbrachte mit zuletzt rund 950 Mitarbeitern, darunter rund 190 beurlaubte Beamte der E2 AG, an 16 Standorten in Deutschland Dienstleistungen auf dem Telekommunikationssektor. Der Kläger bezog zuletzt ein monatliches Entgelt von 3.290,61 € brutto.
4In den Jahren 2010 bis 2012 erstritten einige Arbeitnehmer der Beklagten, die nicht zu den beurlaubten Beamten gehörten, rechtskräftig obsiegende Urteile gegen E AG, wonach die Arbeitsverhältnisse mit der E2 AG mangels rechtswirksamer Beendigung fortbestanden haben. Später ergingen entsprechende Anerkenntnisurteile zugunsten weiterer Arbeitnehmer.
5Am 05.12.2012 wurden die Beschäftigten der Beklagten im Rahmen einer Betriebsversammlung über eine beabsichtigte Schließung des Geschäftsbetriebs der Beklagten informiert.
6Am 29.04.2013 schlossen die Beklagte und der Betriebsrat einen Interessenausgleich zur Betriebsschließung und einen Sozialplan ab. Der Sozialplan lautet auszugsweise:
7„Präambel
8(1) Infolge der Betriebsstilllegung, die im Interessenausgleich vom 29.04.2013 beschrieben ist, entsteht die Notwendigkeit, die wirtschaftlichen und sozialen Nachteile auszugleichen bzw. abzumildern, die den Mitarbeitern entstehen.
9(2) Die Betriebsparteien möchten durch diesen Sozialplan insbesondere die Bedingungen dafür schaffen, dass die von Arbeitslosigkeit bedrohten Mitarbeiter der NSN S bei ihrer notwendigen beruflichen Neuorientierung unterstützt werden. Zu diesem Zweck soll den Mitarbeitern nach Maßgabe dieses Sozialplans neben der Zahlung von Abfindungen auch der Abschluss von Transferarbeitsverhältnissen angeboten werden.
10(3) Das zur Verfügung stehende Sozialplanvolumen ist knapp bemessen und reicht nicht annähernd für den Ausgleich der wirtschaftlichen Nachteile aller Mitarbeiter aus. Vor diesem Hintergrund haben die Betriebsparteien das ihnen zustehende Ermessen so ausgeübt, dass die aus ihrer Sicht gravierendsten wirtschaftlichen Nachteile gemildert werden, die im Hinblick auf die zukunftsgerichtete Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion des Sozialplans in erster Linie durch Arbeitslosigkeit entstehen. Sie verkennen dabei nicht, dass auch beurlaubten Beamten bei Rückkehr zur E2 AG Nachteile entstehen können, z. B. durch ein geringeres Entgelt oder einen Ortswechsel. Beurlaubte Beamte erleiden jedoch typischerweise wesentlich geringere wirtschaftliche Nachteile als diejenigen ohne Beamtenstatus, da sie normalerweise weder von Arbeitslosigkeit bedroht sind noch ihr Rückkehranspruch zur E2 AG bzw. ihr erworbener Besitzstand bestritten wird.
11- 1.12
Geltungsbereich
1.1 Dieser Sozialplan gilt für alle Mitarbeiter der NSN S an allen Standorten in der Bundesrepublik Deutschland, soweit sie von personellen Maßnahmen infolge der Betriebsstilllegung gemäß des Interessenausgleichs betroffen sind oder betroffen sein werden.
141.2 Dieser Sozialplan gilt nicht für
15[…]- …- beurlaubte Beamte.
16- …“
17Außerdem schlossen die Beklagte und der Betriebsrat am 29.04.2013 eine „Betriebsvereinbarung Sonderprämie“ ab. In dieser Betriebsvereinbarung ist u. a. Folgendes geregelt:
18„Präambel
19Der gesamte Betrieb der NSN S wird stillgelegt. Über diese Maßnahme existiert ein Interessenausgleich sowie ein Sozialplan. Dabei liegt es im vorrangigen Interesse der Betriebsparteien, die Arbeitslosigkeit der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (zukünftig gemeinsam: „Mitarbeiter“) zu vermeiden und ihnen neue berufliche Perspektiven zu eröffnen, weshalb der Wechsel in eine Transfergesellschaft besonders incentiviert werden soll. Soweit Mitarbeiter trotz des Angebots den Wechsel in eine Transfergesellschaft ablehnen oder kein Angebot auf einen Wechsel in die Transfergesellschaft erhalten, obwohl sie durch betriebsbedingte Kündigung von Arbeitslosigkeit bedroht sind und dem Geltungsbereich des Sozialplans unterfallen (weil sie sich z. B. in Elternzeit befinden), soll honoriert werden, wenn sie das Bedürfnis der NSN S nach Planungssicherheit dennoch berücksichtigen, indem sie keine Klage gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses erhoben oder innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist einen Abwicklungsvertrag mit NSN S schließen. Außerdem soll honoriert werden, wenn die Mitarbeiter alle überlassenen Arbeitsmittel vor Austritt bei der NSN S nachweisbar an NSN S zurückgeben. Vor diesem Hintergrund vereinbaren die Parteien Folgendes:
20- 21
1. GeltungsbereichDiese Betriebsvereinbarung findet Anwendung auf diejenigen Mitarbeiter der NSN S, die- dem Geltungsbereich des Sozialplans vom 29.04.2013 unterfallen;- nicht vom Erhalt einer Abfindung gem. Ziff. 3 des Sozialplans vom 29.04.13 ausgeschlossen sind;- einen dreiseitigen Vertrag mit NSN S innerhalb der Angebotsfrist abschlie- ßen und keine Klage gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses erhe- benoderdas Angebot auf Abschluss eines dreiseitigen Vertrages ablehnen (bzw. trotz Bedrohung durch Arbeitslosigkeit durch eine arbeitgeberseitige Kündigung kein Angebot erhalten) und entweder (1) keine Klage gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses erhoben oder (2) innerhalb von drei Wochen nach Zugang der arbeitgeberseitigen Kündigung einen Abwicklungsvertrag schließen, wobei kein Anspruch auf Abschluss eines Abwicklungsvertrages besteht.
- 2.22
Anspruch auf Sonderprämie
2.1 Mitarbeiter, die unter den Geltungsbereich dieser Betriebsvereinbarung gemäß Ziff. 1 fallen, haben Anspruch auf eine Sonderprämie von EUR 4.346,00 brutto.
24[…]“
25Mit Schreiben vom 06.05.2013 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 31.12.2013 wegen Schließung des Geschäftsbetriebes. Der Kläger erhob gegen diese Kündigung keine Kündigungsschutzklage. Er gab die ihm überlassenen Arbeitsmittel beanstandungsfrei zurück.
26Mit seiner Klage hat der Kläger gegen die Beklagte die Zahlung einer Sozialplanabfindung nach dem Sozialplan vom 29.04.2013 sowie Ansprüche nach der „Betriebsvereinbarung Sonderprämie“ geltend gemacht.
27Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der vollständige Ausschluss von beurlaubten Beamten aus dem Geltungsbereich des Sozialplans sei nicht gerechtfertigt. Bereits in der Präambel des Sozialplans hätten die Betriebsparteien anerkannt, dass auch beurlaubte Beamte bei einer Rückkehr zur E2 AG dem Risiko wirtschaftlicher Nachteile ausgesetzt seien. Die beurlaubten Beamten müssten nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, das mit der Beklagten bestanden habe, eine Entgeltminderung hinnehmen; das gezahlte höhere Entgelt beruhe auf der beruflichen Weiterqualifizierung, die die Beamten bei der Beklagten erfuhren und die sie nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht adäquat einsetzen könnten. Die vorgeblich typischerweise wesentlich geringeren wirtschaftlichen Nachteile könnten allenfalls als Begründung für eine Reduzierung des Anspruchs, nicht aber für dessen ersatzlosen Wegfall angeführt werden. Darüber hinaus hat der Kläger vorgetragen, die Beklagte beschäftigte ehemalige Tarifangestellte der E2 AG, die entweder ein ausdrückliches Rückkehrrecht zur E2 AG hätten oder deren Arbeitsverhältnis zur E2 AG mangels einer ausdrücklichen Aufhebung fortbestehe, woraus auch für diese Beschäftigten ein Rückkehrrecht abgeleitet werden könne. Obwohl diese Arbeitnehmer wie die beurlaubten Beamten ebenfalls ein gesichertes und vor allem unbefristetes Beschäftigungsverhältnis zukünftig zur E2 AG haben würden, seien sie im Gegensatz zu den beurlaubten Beamten nicht von den Leistungen des Sozialplans ausgenommen worden. Diese Ungleichbehandlung lasse sich allein durch den Beamtenstatus nicht rechtfertigen. Die Gruppe jener Arbeitnehmer, denen ein „Rückkehrrecht“ zur E2 AG zustehe, sei auch für die Beklagte identifizierbar gewesen. Bereits vor dem Übergang des Betriebes der W GmbH auf die Beklagte habe E AG versucht, durch den Abschluss dreiseitiger Verträge etwaige bestehende Arbeitsverhältnisse endgültig auf die W GmbH zu übertragen. Durch einen Blick in die jeweilige Personalakte sei feststellbar gewesen, ob ein unterschriebener dreiseitiger Vertrag vorliege. Des Weiteren habe es bereits seit Anfang 2012 bei der Beklagten eine Excel-Tabelle gegeben, in der die Arbeitnehmer gelistet worden seien, die keinen dreiseitigen Vertrag abgeschlossen hätten. Unabhängig davon habe die Geschäftsführung der Beklagten schon seit 2009 gewusst, dass Rückkehransprüche von Beschäftigten der E2 AG bestünden. Seit dieser Zeit habe der Betriebsrat die Thematik in fast allen Betriebsversammlungen bei Anwesenheit der Geschäftsführung angesprochen und die Arbeitnehmer der Beklagten aufgefordert, ihre Ansprüche gegenüber der Telekom geltend zu machen.
28Der Kläger hat zudem die Ansicht vertreten, es stelle eine ungerechtfertigte Benachteiligung dar, die beurlaubten Beamten auch von der „Betriebsvereinbarung Sonderprämie“ auszuschließen. Die Betriebsparteien hätten ausweislich der Präambel dieser Betriebsvereinbarung Rechtssicherheit für die Beklagte schaffen wollen, indem diejenigen durch die Sonderprämie belohnt werden, die keine Kündigungsschutzklage erheben. Diese Rechtssicherheit erhalte die Beklagte auch bei beurlaubten Beamten, die auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichteten.
29Der Kläger hat beantragt,
30- 31
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn am 31.12.2013 62.306,18 € brutto zu zahlen;
- 33
2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine Sonderzahlung in Höhe von 4.346 € brutto zu zahlen;
- 35
3. hilfsweise festzustellen, dass seine Herausnahme als bei der Telekom beurlaubtem Beamten aus dem Sozialplan vom 29.04.2013 sowie aus der Betriebsvereinbarung Sonderprämie vom 29.04.2013 rechtswidrig ist und ihm Leistungen aus den genannten Betriebsvereinbarungen zustehen, um die Nachteile, die aus dem Verlust des Arbeitsplatzes entstehen, auszugleichen, zumindest aber abzumildern.
Die Beklagte hat beantragt,
37die Klage abzuweisen.
38Sie hat die Auffassung vertreten, der Ausschluss der beurlaubten Beamten aus dem Geltungsbereich des Sozialplans sei gerechtfertigt. Die bei ihr beschäftigten beurlaubten Beamten seien nach wie vor Beamte der E2 AG, die nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses nahtlos zur E2 AG zurückkehren könnten. Das Dienstverhältnis lebe wieder auf, die Beamten erhielten unter Berücksichtigung ihres Wohnortes einen freien E-Platz und erhielten die ihnen zustehende Besoldung. Die Beurlaubung habe keinen Einfluss auf den Stand des Beamtenverhältnisses und den auch während der Beschäftigung bei ihr weiter erworbenen Besitzstand des Beamten. Lediglich Art und Ort der Tätigkeit, die der Beamte nach seiner Rückkehr bei der E2 AG ausüben werde, sei bei seiner Rückkehr nicht von vornherein klar. Angesichts ihrer finanziellen Situation und der von der Muttergesellschaft zur Verfügung gestellten eingeschränkten Mittel für einen Sozialplan hätten die Betriebsparteien eine Abwägung treffen müssen, welche Nachteile sie ausgleichen könnten und welche nicht. Sie hätten dabei die bei dem beurlaubten Beamten verbleibenden Nachteile hinsichtlich Vergütung, Art und Dauer der Tätigkeit im Vergleich zu den wirtschaftlichen Nachteilen der anderen Arbeitnehmer als deutlich geringer eingeschätzt. Die sichere Aussicht der beurlaubten Beamten auf einen nahtlosen Anschlussarbeitsplatz bei der E2 AG unter Wahrung ihres gesamten Besitzstandes als Beamter rechtfertige trotz verbleibender Nachteile aus ihrer Sicht die Herausnahme der Beamten aus dem Sozialplan. Bei den Mitarbeitern ohne Beamtenstatus, die mit einer durchschnittlichen Betriebszugehörigkeit von 26 Jahren und einem durchschnittlichen Lebensalter von 50 Jahren von Arbeitslosigkeit bedroht seien, hätten die Betriebsparteien gefürchtet, dass diese aufgrund des reinen „T-Lebenslaufes“ und ihres Lebensalters nur schwer und nur nach einer langen Überbrückungszeit ein Anschlussbeschäftigungsverhältnis zu wesentlich schlechteren Konditionen erhalten würden. Arbeitnehmern, die keine beurlaubten Beamten seien, stünde kein Rückkehranspruch zur E2 AG zu. Wiedereinstellungszusagen der E2 AG habe es nicht gegeben. Der Beklagten sei lediglich bekannt, dass vier Arbeitnehmer sich ihre Beschäftigung bei der E2 AG nach ihrem Ausscheiden bei in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten erstritten hätten. Für die Betriebsparteien sei nicht erkennbar gewesen, welche Arbeitnehmer eine sichere Anschlussbeschäftigung bei der E2 erhalten würden. Eine Abgrenzung dieser Arbeitnehmergruppe sei nicht möglich gewesen. Die Betriebsparteien seien typisierend und pauschalierend davon ausgegangen, dass alle Arbeitnehmer bis auf die beurlaubten Beamten gleichermaßen von Arbeitslosigkeit bedroht seien. Es habe lediglich die Chance für einzelne Arbeitnehmer bestanden, die eigene Situation zu verbessern, indem sie z. B. aufgrund eigener Bemühungen unmittelbar eine Anschlussbeschäftigung finden oder erfolgreich Rechtsansprüche gegen frühere Arbeitgeber geltend machen. Aufgrund ihrer Erfahrungen mit der E2 AG sei die Beklagte davon ausgegangen, dass E AG freiwillig keine Mitarbeiter einstellen würde, sondern jeden Einzelfall gerichtlich überprüfen lassen würde.
39Die Beklagte ist zudem der Ansicht gewesen, dem Kläger stehe kein Anspruch auf Zahlung einer Sonderprämie zu. Durch die Betriebsvereinbarung Sonderprämie hätten die Betriebsparteien besonders honorieren wollen, wenn die von Arbeitslosigkeit betroffenen Mitarbeiter das Interesse der Beklagten an Rechtsfrieden respektierten und auf Kündigungsschutzklagen verzichteten. Bei beurlaubten Beamten seien die Betriebsparteien davon ausgegangen, dass an der Erhebung einer Kündigungsschutzklage aufgrund der gesicherten Rückkehrmöglichkeit zur E2 AG kaum Interesse bestünde und deshalb ein Verzicht auf Erhebung der Kündigungsschutzklage keine besondere Honorierung verdiene.
40Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und angenommen, weder der Ausschluss der beurlaubten Beamten aus dem Geltungsbereich des Sozialplans noch aus dem „Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung Sonderzahlung“ verstoße gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Im Übrigen wird - auch zur Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes - auf das arbeitsgerichtliche Urteil Bezug genommen.
41Der Kläger hat gegen das Urteil rechtzeitig Berufung eingelegt und die Berufung form- und fristgerecht begründet.
42Der Kläger ist der Auffassung, er werde, wenn man ihm die Sozialplanabfindung versage, ungerechtfertigterweise benachteiligt. Er werde gegenüber den Arbeitnehmern, die die Rückkehr zur E2 AG beanspruchen könnten und denen ein Anspruch auf Zahlung einer Sozialplanabfindung zustehe, unter Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz schlechter gestellt. Es gebe eine Gruppe von 75 Arbeitnehmern, denen ein solcher Rückkehranspruch zustehe. Diese Gruppe besitze die besten Aussichten, in einem gerichtlichen Verfahren den Rückkehranspruch durchzusetzen, da es an einem Beendigungstatbestand, der dem Schriftformerfordernis des § 623 BGB entspreche, für das mit der E2 AG begründete Arbeitsverhältnis fehle. Es habe eine historische Phase gegeben, in der E AG keine dreiseitigen Verträge mit den ausgeschiedenen Arbeitnehmern abgeschlossen habe. Ernst zu nehmende Bedenken gegen einen Rückkehranspruch dieser Gruppe von Mitarbeiter seien nicht erkennbar gewesen. Die Ansprüche seien nicht verwirkt. Soweit in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung eine Verwirkung des Beschäftigungsanspruchs bei freiwilliger Aufgabe des Beschäftigungsverhältnisses zur Beklagten angenommen worden sei, sei das mit dem hier vorliegenden vollständigen Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit nicht vergleichbar. Es sei nicht vorhersehbar gewesen und schikanös, dass E diese Arbeitnehmergruppe in Prozesse treibe. Die Gruppe dieser 75 Arbeitnehmer weiche von der Liste, die im Jahr 2011 erstellt worden sei, nicht ab. Es gebe lediglich einige Arbeitnehmer, die seinerzeit die Erinnerung getrogen habe, und die nunmehr ebenfalls einen Rückkehranspruch geltend machten. Vertreter der E2 AG hätten die Personalakten bei der Beklagten eingesehen, danach sei bei einer Gruppe von 75 der 90 klagenden Arbeitnehmer der Sachverhalt sofort klar gewesen. E AG habe den Anspruch bei 75 Arbeitnehmern anerkannt; bei den Mitgliedern dieser Vergleichsgruppe seien die arbeitsgerichtlichen Verfahren durch Anerkenntnisurteil beendet worden. Die namentliche Identifizierbarkeit dieser Arbeitnehmer sei im Zusammenhang mit den Sozialplanverhandlungen unwichtig gewesen; maßgeblich sei vielmehr, dass es eine zahlenmäßig nicht unerhebliche Gruppe von Arbeitnehmern gegeben habe, die ebenso wenig wie die Beamten von einem existenzbedrohenden Verlust ihres Arbeitsplatzes betroffen gewesen seien. Der Betriebsrat habe sich seinerzeit per E-Mail an alle Beschäftigten der Beklagten gewandt, um die Arbeitnehmer, denen ein Rückkehranspruch zur E2 AG zustehe, zu ermitteln. Aufgrund der Rückmeldung der betroffenen Arbeitnehmer sei eine Liste von rund 90 Mitarbeitern erstellt worden, die auch heute noch Bestand habe. Die Beklagte habe im Jahr 2010, spätestens aber Anfang 2011 von der Existenz dieser Arbeitnehmergruppe gewusst.
43Der Kläger meint, ihm stehe ein Anspruch auf Zahlung der Sonderprämie nach Maßgabe der Betriebsvereinbarung vom 29.04.2013 zu. Nach der Betriebsvereinbarung Sonderprämie stehe allen Arbeitnehmern die dort vorgesehene Zahlung zu, die keine Kündigungsschutzklage erhoben hätten. Soweit als Zusatzbedingung für die Zahlung vorgesehen sei, dass eine Bedrohung von Arbeitslosigkeit gegeben sein müsse, liege in dieser Beschränkung eine Umgehung des Grundsatzes, wonach Sozialplanleistungen nicht vom Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage abhängig gemacht werden dürften. Zweck der Betriebsvereinbarung sei es, alle Verhaltensweisen zu belohnen, die verhinderten, dass die Beklagte sich Kündigungsschutzklagen ausgesetzt sehe. Dieser Leistungszweck erfasse auch Arbeitnehmer, die beurlaubte Beamte seien. Der Kläger hätte als beurlaubter Beamter ebenso wie andere betroffene Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage erheben können. Bei den beurlaubten Beamten und bei sonstigen Arbeitnehmern sei gleichermaßen die Erfolgsaussicht einer Kündigungsschutzklage letztlich durch die vollständige Betriebsstilllegung limitiert. Die Einbeziehung der Beamten führe auch nicht zu einer unzumutbaren Erhöhung des Gesamtvolumens der Betriebsvereinbarung Sonderprämie. Das Volumen des Sozialplans und der Betriebsvereinbarung Sonderzahlung müssten insgesamt bewertet werden, da beide Betriebsvereinbarungen die Kosten abbildeten, die dem Arbeitgeber infolge der Betriebsänderung entstünden.
44Der Kläger beantragt,
45das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 15.10.2013 - 3 Ca 1913/13 - abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin zu zahlen:
46- 47
1. eine Sozialplanabfindung in Höhe von 62.306,18 € (brutto);
- 49
2. eine Sonderzahlung in Höhe von 4.346,00 € (brutto);
- 51
3. Zinsen aus den Beträgen zu 1. und 2. in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 31.12.2013.
Die Beklagte beantragt,
53die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 15.10.2013 - 3 Ca 1913/13 - zurückzuweisen;
54hilfsweise für den Fall des Unterliegens:
55festzustellen, dass der Sozialplan vom 29.04.2013 nichtig ist,
56festzustellen, dass die Betriebsvereinbarung Sonderprämie vom 29.04.2013 nichtig ist,
57die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils des Landesarbeitsgerichts Hamm gemäß §§ 62 Abs. 1 Satz 2, 64 Abs. 7 ArbGG auszusetzen.
58Die Beklagte vertritt die Auffassung, es sei gerechtfertigt gewesen, den beurlaubten Beamten keine Sozialplanabfindung zukommen zu lassen. Im Gegensatz zum Kläger, der als beurlaubter Beamter unproblematisch zur E2 AG habe zurückkehren können, hätten alle Arbeitnehmer, die sich darauf beriefen, das zuvor bestehende Arbeitsverhältnis zur E2 AG sei nicht rechtswirksam beendet worden, einen Rechtsstreit mit ungewissem Ausgang führen müssen. Für die Betriebsparteien sei nicht erkennbar gewesen, welche Arbeitnehmer eine Weiterbeschäftigung bei der E2 AG würden durchsetzen können. Zwar seien ca. 150 Mitarbeiter herausgefiltert worden, bei denen sich ein Aufhebungsvertrag mit der E2 AG oder ein dreiseitiger Vertrag nicht in der Personalakte befunden habe. Daraus sei jedoch nicht zu schlussfolgern, dass das Arbeitsverhältnis, das zwischen diesen Mitarbeitern und der E2 AG bestanden habe, nicht ordnungsgemäß beendet worden sei. Der Aufhebungsvertrag bzw. der dreiseitige Vertrag hätte sich auch bei der E2 AG befinden können. Bei vielen Mitarbeitern sei ein Übergang des Arbeitsverhältnisses infolge eines Betriebsübergangs vollzogen worden. Das Fehlen eines Aufhebungsvertrages oder dreiseitigen Vertrages in den Personalakten jener Mitarbeiter besage nichts darüber, ob möglicherweise ein ruhendes Arbeitsverhältnis zur E2 AG bestehe. Nachdem über 500 Arbeitnehmer Ansprüche geltend gemacht hätten, habe die Beklagte etwa 200 Personalakten gesichtet; 80 Fälle seien als „aussichtsreich“ im Hinblick auf eine mögliche Rückkehr zur E2 AG eingestuft worden. Eine Entscheidung über die Weiterbeschäftigung jener Mitarbeiter habe E AG allerdings erst für den 30.09.2013 angekündigt. - Die Beklagte meint, der Sozialplan könne keinen Bestand haben, falls auch die beurlaubten Beamten Ansprüche auf Abfindungszahlung geltend machen könnten. Hierzu trägt die Beklagte vor, dies führe zu einer Ausdehnung des Sozialplanvolumens in Höhe von 20 % über den ursprünglichen Dotierungsrahmen hinaus. Die Beklagte habe zum Zeitpunkt des Abschlusses des Sozialplans etwa 190 beurlaubte Beamte der E2 AG beschäftigt. 121 beurlaubte Beamte hätten ihre vermeintlichen Ansprüche auf Zahlung einer Sozialplanabfindung außergerichtlich oder gerichtlich geltend gemacht. Bei Ausweitung des Sozialplanvolumens müsse die Beklagte Insolvenz anmelden.
59Die Beklagte ist der Ansicht, dem Kläger stünden keine Ansprüche aus der Betriebsvereinbarung Sonderprämie zu. Vorrangiger Regelungszweck der Betriebsvereinbarung Sonderprämie sei gewesen, möglichst viele Mitarbeiter zum Wechsel in die Transfergesellschaft zu bewegen und sie so zumindest vorübergehend vor der Arbeitslosigkeit zu bewahren und ihnen neue berufliche Perspektiven zu eröffnen. Der erste Entwurf der Betriebsvereinbarung Sonderprämie habe deshalb lediglich vorgesehen, die Sonderprämie an Mitarbeiter zu zahlen, die einen dreiseitigen Vertrag zum Übertritt in die Transfergesellschaft angenommen hatten. Da beurlaubte Beamte nicht von Arbeitslosigkeit bedroht gewesen seien, hätten sie kein Angebot auf einen Wechsel in die Transfergesellschaft erhalten können. Denn Bedingung für ein solches Angebot sei gewesen, dass die Voraussetzungen für den Bezug von Transferkurzarbeitergeld gemäß § 111 SGB III vorlagen, was bei den beurlaubten Beamte gewesen seien, nicht der Fall gewesen sei. Nach der Regelungsabsicht der Betriebsparteien habe an die zu erwartende Arbeitslosigkeit der Arbeitnehmer angeknüpft werden sollen; die Arbeitnehmergruppe habe besonders belohnt werden sollen, die trotz Bedrohung mit Arbeitslosigkeit das Interesse der Beklagten an Rechtsfrieden respektierten und keine Kündigungsschutzklage erheben würde. Die Betriebsparteien seien davon ausgegangen, dass beurlaubte Beamte wegen der gesicherten Rückkehrmöglichkeit zur E2 AG nicht in gleicher Weise eines finanziellen Anreizes bedurften. Im Hinblick auf die Frage, mit welcher Wahrscheinlichkeit die beurlaubten Beamten Kündigungsschutzklagen erheben würden, habe ein Beurteilungsspielraum und eine Einschätzungsprärogative der Betriebsparteien bestanden. - Zwischen den Parteien blieb unstreitig, dass mindestens 110 beurlaubte Beamte mittlerweile Zahlungsansprüche aus der Betriebsvereinbarung Sonderprämie gegen die Beklagte geltend machten. Nach Auffassung der Beklagten käme es zu einer unzulässigen Erhöhung des Dotierungsrahmens der Betriebsvereinbarung Sonderprämie vom 29.04.2013, wenn beurlaubte Beamte in den Anwendungsbereich dieser Betriebsvereinbarung aufgenommen würden; dies führe zur Nichtigkeit der Betriebsvereinbarung. Der Dotierungsrahmen der Betriebsvereinbarung Sonderprämie betrage für 760 Mitarbeiter, die keine beurlaubten Beamten seien, ca. 3,3 Millionen Euro. Der Dotierungsrahmen würde sich bei Einbeziehung der beurlaubten Beamten um ca. 25% erhöhen.
60Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die beiderseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
61Entscheidungsgründe
62I.
63Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.
641. Das Arbeitsgericht hat die Klage mit dem Antrag zu 1) zu Recht abgewiesen. Der Kläger kann von der Beklagten nicht die Zahlung einer Sozialplanabfindung verlangen.
65a) Ein Zahlungsanspruch für den Kläger ergibt sich nicht aus dem Sozialplan vom 29.04.2013.
66Der Kläger gehört nicht zum Kreis der anspruchsberechtigten Arbeitnehmer. Nach Ziffer 1.2 des Sozialplans gilt dieser nicht für beurlaubte Beamte.
67b) Die Regelung unter Ziffer 1.2 des Sozialplans, die beurlaubte Beamte von Abfindungsansprüchen ausschließt, ist wirksam. Sie verstößt nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG.
68aa) Die Betriebsparteien haben beim Abschluss von Betriebsvereinbarungen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG zu beachten (BAG, Urteil v. 17.06.2014 - 3 AZR 491/12, Beschluss v. 10.12.2013 - 1 ABR 40/12).
69(1) § 75 Abs. 1 BetrVG zielt darauf ab, eine Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Sachverhalten sicher zu stellen und eine gleichheitswidrige Gruppenbildung auszuschließen. Maßgeblich für das Vorliegen eines die Bildung unterschiedlicher Gruppen rechtfertigenden Sachgrundes ist vor allem der Zweck, der mit der Regelung verfolgt wird (BAG, Urteil v. 18.05.2010 - 1 AZR 187/09, Urteil v. 19.02.2008 - 1 AZR 1004/06).
70(2) Im Hinblick auf Sozialpläne gilt insoweit Folgendes:
71(a) Sozialpläne haben nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine zukunftsbezogene Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion. Die in ihnen vorgesehenen Leistungen sollen gem. § 112 Abs. 1 S. 2 BetrVG die künftigen Nachteile ausgleichen oder abmildern, die dem Arbeitnehmer durch die Betriebsänderung entstehen können, die Sozialplanleistungen stellen kein zusätzliches Entgelt für die in der Vergangenheit erbrachten Dienste dar (BAG, Urteil v. 26.03.2013 - 1 AZR 813/11, Urteil v. 07.06.2011 - 1 AZR 34/10, Urteil v. 18.05.2010 - 1 AZR 187/09, Urteil v. 26.05.2009 - 1 AZR 198/08).
72(b) Die zukunftsbezogene Ausgleichsfunktion von Sozialplänen eröffnet den Betriebsparteien Beurteilungs- und Gestaltungsspielräume (BAG, Urteil vom 26.03.2013 - 1 AZR 813/11, Urteil vom 07.06.2011 - 1 AZR 34/10, Urteil vom 11.11.2008 - 1 AZR 475/07, Urteil vom 06.11.2007 - 1 AZR 960/06).
73Ein Beurteilungsspielraum besteht hinsichtlich der den Arbeitnehmer durch die Betriebsänderung voraussichtlich entstehenden wirtschaftlichen Nachteile. Ein Gestaltungsspielraum besteht beim Ausgleich oder der Abmilderung der von ihnen prognostizierten Nachteile.
74Der Beurteilungsspielraum betrifft die tatsächliche Einschätzung der mit der Betriebsänderung für die Arbeitnehmer verbundenen wirtschaftlichen Folgen. Da Sozialpläne nach der Konzeption des Betriebsverfassungsgesetzes schon vor der Betriebsänderung geschlossen werden sollen, ist es unumgänglich, den Betriebsparteien bei der Einschätzung der wirtschaftlichen Nachteile einen erheblichen Beurteilungsspielraum einzuräumen. Dieser gestattet eine pauschalisierende und typisierende Betrachtung (BAG, Urteil v. 26.03.2013 - 1 AZR 813/11, Urteil v. 07.06.2011 - 1 AZR 34/10, Urteil v. 11.11.2008 - 1 AZR 475/07, Beschluss v. 24.08.2004 – 1 ABR 23/03). Für die Ermittlung der Nachteile ist der Zeitpunkt zugrunde zu legen, zu dem der Sozialplan abgeschlossen werden soll (BAG, Beschluss v. 24.08.2004 - 1 ABR 23/03, Beschluss v. 23.04.1985 - 1 ABR 3/81
75bb) Nach diesen Grundsätzen lässt sich nicht feststellen, dass der Kläger im Hinblick auf die Gewährung von Sozialplanleistungen gegenüber anderen Arbeitnehmern grundlos benachteiligt wurde oder im Sozialplan eine sachlich nicht gerechtfertigte Gruppenbildung erfolgte.
76(1) Soweit der Sozialplan Arbeitnehmern nur dann Ansprüche auf Zahlung einer Abfindung zubilligt, wenn es sich nicht um beurlaubte Beamte handelt, liegt keine unzulässige Ungleichbehandlung vor.
77Vergleicht man beide Gruppen, so ist festzustellen, dass die Nachteile, die den beurlaubten Beamten infolge der Betriebsstilllegung entstehen, jedenfalls geringer sind, als die Nachteile, die den anderen Arbeitnehmern entstehen. Während bei den beurlaubten Beamten das Beamtenverhältnis wieder auflebt, aus dem sie Einnahmen erzielen können, sind die anderen Arbeitnehmer bei typisierender Betrachtung von Arbeitslosigkeit bedroht. Das rechtfertigt es, die Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion der Abfindung nur den Arbeitnehmern zukommen zu lassen, bei denen es sich nicht um beurlaubte Beamte handelt.
78Dem kann der Kläger nicht entgegenhalten, dass er, wenn er infolge der Betriebsstilllegung nicht mehr weiter zur Beklagten abgeordnet wird, ebenfalls Nachteile hinzunehmen hat. Die vom Kläger angeführten Nachteile sind bei typisierender Betrachtung weitaus geringer als die Nachteile, die anderen Arbeitnehmern drohen, die infolge der Betriebsstilllegung entlassen wurden und danach arbeitslos sind.
79(2) Auch eine sachlich nicht begründete Ungleichbehandlung zwischen beurlaubten Beamten und Arbeitnehmern, die - nach der Diktion des Klägers - einen „Rückkehranspruch“ zur E2 AG haben, liegt nicht vor.
80Zwar differenziert der Sozialplan nicht zwischen denjenigen, die als ehemalige Arbeitnehmer der E2 AG einen Beschäftigungs- oder Wiedereinstellungsanspruch gegen jenes Unternehmen geltend machen können, und anderen Arbeitnehmern, denen derartige Ansprüche nicht zustehen. Beide Arbeitnehmergruppen erhalten - anders als die beurlaubten Beamte - unterschiedslos eine Sozialplanabfindung. Das ist jedoch im Ergebnis nicht zu beanstanden.
81Dabei kann offen bleiben, ob die Gruppe der „Arbeitnehmer mit Rückkehranspruch“ bei Abschluss des Sozialplans hinreichend identifizierbar war (was zwischen den Parteien streitig ist), und ob die fehlende Abgrenzbarkeit dieser Arbeitnehmergruppe Ansprüche des Klägers unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung zu Fall bringen würde. Die Ungleichbehandlung ist jedenfalls sachlich gerechtfertigt.
82Bei typisierender Betrachtung ist davon auszugehen, dass auch die Arbeitnehmer „mit Rückkehranspruch“ größere Nachteile durch die infolge der Betriebsstilllegung ausgesprochene Kündigung erleiden als die Arbeitnehmer, bei denen es sich um beurlaubte Beamte handelt. Den Beamten steht nach Beendigung der Abordnung und des Arbeitsverhältnisses zur Beklagten unproblematisch ein Anspruch auf weitere Beschäftigung und Vergütungszahlung gegen E AG zu, da das ruhende Beamtenverhältnis wieder auflebt. Die Durchsetzung dieser Ansprüche begegnet weder rechtlichen noch tatsächlichen Problemen. E AG weigert sich nicht, diese Ansprüche zu erfüllen. Dass beurlaubte Beamte ihr „Rückkehrecht“ gegenüber der E2 AG gerichtlich durchsetzen mussten, hat keine Partei vorgetragen.
83Demgegenüber sind etwaige Ansprüche von Arbeitnehmern, die keine beurlaubten Beamten sind und E AG auf Beschäftigung oder Wiedereinstellung in Anspruch nehmen wollen, erheblichen rechtlichen und faktischen Schwierigkeiten ausgesetzt.
84Es ist nicht ersichtlich, dass es Arbeitnehmer gibt, die einen vertraglichen Anspruch auf Beschäftigung oder Wiedereinstellung gegen E AG (oder gegen sonstige Arbeitgeber) aufgrund einer ausdrücklichen Vereinbarung haben. Dies haben die Parteien weder vorgetragen noch bestehen andere Anhaltspunkte für den Abschluss derartiger Vereinbarungen. Ein „Rückkehrrecht“ von Arbeitnehmern ließe sich gegenüber der E2 AG nur daraus herleiten, dass das zuvor zwischen diesen Arbeitnehmern und der E2 AG bestehende Arbeitsverhältnis nicht wirksam beendet wurde, weil es entweder an einem Beendigungstatbestand im Sinne des § 623 BGB fehlt oder weil die Arbeitsverhältnisse jener Arbeitnehmer im Wege des Betriebsübergangs von der E2 AG auf andere Arbeitgeber übergingen und ein Widerspruch gegen diesen Betriebsübergang aufgrund einer fehlerhaften Belehrung nach § 613 a Abs. 5 BGB noch möglich ist.
85Insoweit war aber bei Abschluss des Sozialplanes davon auszugehen, dass zur Durchsetzung von Beschäftigungsansprüchen gegen E AG die Erhebung einer Klage erforderlich sein wird. Freiwillig hatte E AG bis zu diesem Zeitpunkt keinen Arbeitnehmer der Beklagten weiterbeschäftigt. Vielmehr mussten die Arbeitnehmer Prozesse gegen E AG führen. Ihre Rückkehransprüche waren dadurch im Vergleich zu den beurlaubten Beamten faktisch erheblich erschwert. Während der Prozessdauer stehen die klagenden Arbeitnehmer ebenso wie andere entlassene Arbeitnehmer, die sich keines „Rückkehrrechts“ berühmen: Sie sind nämlich, falls sie nicht eine Anschlussbeschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber finden, arbeitslos.
86Unbehelflich ist in diesem Zusammenhang der Vorwurf des Klägers, E AG verhalte sich schikanös, wenn sie die Arbeitnehmer, die zur E2 AG zurückkehren möchten und keine beurlaubten Beamten sind, zur Klageerhebung und zur Führung eines arbeitsgerichtlichen Prozesses veranlasst. Der Kläger macht den Anspruch auf Zahlung einer Abfindung nicht gegen E AG, sondern gegen die Beklagte geltend. Es liegen aber keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beklagte das (Prozess-) Verhalten der E2 AG steuert, verursacht hat oder sich sonst zurechnen lassen müsste. Im Übrigen ist es nicht als schikanös zu bewerten, wenn E AG vermeintliche Beschäftigungsansprüche von Arbeitnehmern, die langjährig für dritte Unternehmen tätig waren, gerichtlich überprüfen lässt. Selbst dann, wenn es an einem formwirksamen Beendigungstatbestand für das zuvor bestehende Arbeitsverhältnis zur E2 AG im Sinne des § 623 BGB fehlt oder die Belehrung über einen erfolgten Betriebsübergang fehlerhaft war, kann der Anspruch, den die klagenden Arbeitnehmer erheben, dem Verwirkungseinwand ausgesetzt sein. Das Recht, sich auf die Formnichtigkeit eines Rechtsgeschäfts gemäß §§ 623, 125 BGB zu berufen, unterliegt auch dann der Verwirkung, wenn der Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses im Streit steht (vgl. BAG, Urteil v. 16.09.2004 - 2 AZR 659/03, Urteil v. 28.05.1998 - 2 AZR 615/97, Urteil v. 04.12.1997 - 2 AZR 799/96; Preis/Gotthardt, NZA 200, 348, 352 ff.; Henssen, DB 2006, 613, 614 ff.). Dies gilt auch im Hinblick auf das Recht, einem Betriebsübergang zu widersprechen (vgl. BAG, Urteil v. 22.06.2011 - 8 AZR 752/09, Urteil v. 24.02.2011 - 8 AZR 699/09, Urteil v. 11.11.2010 - 8 AZR185/09). Vor dem Hintergrund, dass der Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte bereits im Januar 2008 erfolgte, ist es jedenfalls nicht fernliegend zu problematisieren, ob etwaige Ansprüche auf Beschäftigung gegenüber der E2 AG verwirkt sind.
872. Dem Kläger stehen auch keine Ansprüche auf Zahlung einer Sonderprämie nach Maßgabe der Betriebsvereinbarung Sonderprämie vom 29.04.2013 zu.
88a) Der Kläger hat keinen Anspruch aus der „Betriebsvereinbarung Sonderprämie“ vom 29.04.2013.
89Nach Ziff. 1 der „Betriebsvereinbarung Sonderprämie“ ist der Anwendungsbereich der Betriebsvereinbarung beschränkt auf diejenigen Mitarbeiter, die dem Geltungsbereich des Sozialplans vom 29.04.2013 unterfallen. Nach Ziff. 1.2 des Sozialplanes vom 29.04.2013 gilt der Sozialplan jedoch nicht für beurlaubte Beamte.
90b) Die Regelung unter Ziff. 1 der Betriebsvereinbarung Sonderprämie vom 29.04.2013, die beurlaubten Beamten Ansprüche auf Zahlung der Sonderprämie versagt, ist wirksam. Sie verstößt nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG.
91aa) Die Betriebsparteien haben beim Abschluss von Betriebsvereinbarungen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten (s.o. unter I 1 b aa der Entscheidungsgründe).
92Dies gilt auch, wenn in Betriebsvereinbarungen freiwillige Leistungen vorgesehen werden (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 6.09.2009 - 9 Sa 170/09, Urteil v. 24.08.2012 - 9 Sa 167/12; LAG Hamburg, Urteil v. 16.01.2003 - 1 Sa 27/02), insbesondere Zahlungen bei einvernehmlichen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis (BAG, Urteil v. 18.09.2001 - 3 AZR 656/00, Urteil v. 31.05.2005 - 1 AZR 254/04, Urteil vom 18.05.2010 - 1 AZR 187/09). Die Sonderprämie nach Maßgabe der Betriebsvereinbarung vom 29.04.2013 stellt eine solche freiwillige Leistung dar. Bei der Betriebsvereinbarung handelt es sich nicht um eine Sozialplanregelung, die die wirtschaftlichen Nachteile der Betriebsstilllegung ausgleichen soll. Vielmehr bezweckt die Betriebsvereinbarung Sonderprämie - unabhängig von wirtschaftlichen Nachteilen, die einzelne Arbeitnehmer erlitten haben - denjenigen eine Sonderzahlung zukommen zu lassen, die keine Kündigungsschutzklage erheben und die ihnen überlassenen Arbeitsmittel zurückgeben.
93bb) Die Ungleichbehandlung zwischen den Arbeitnehmern, die beurlaubte Beamte sind und keine Ansprüche aus der Betriebsvereinbarung Sonderprämie haben, und anderen Arbeitnehmern, denen derartige Ansprüche zustehen, ist sachlich gerechtfertigt und daher mit § 75 Abs. 1 BetrVG vereinbar.
94(1) Für die Frage, ob eine ungerechtfertigte Benachteiligung einzelner Arbeitnehmer oder Arbeitnehmergruppen vorliegt, wenn diese von freiwilligen Leistungen ausgeschlossen werden, ist der verfolgte Leistungszweck maßgeblich.
95Arbeitnehmer werden nicht sachfremd benachteiligt, wenn nach dem Zweck der Leistung Gründe vorliegen, die es unter Berücksichtigung aller Umstände rechtfertigen, ihnen die Leistungen vorzuenthalten, die anderen Arbeitnehmern gewährt werden (BAG, Urteil v. 19.03.2003 - 10 AZR 365/02, Urteil v. 12.10.2011 - 10 AZR 510/10). Die Zweckbestimmung einer Sonderzahlung ergibt sich vorrangig aus ihren tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen (BAG, Urteil v. 12.10.2011 - 10 AZR 510/10). Sowohl bei der Ausgestaltung von Sozialplänen als auch bei freiwilligen Zusatzleistungen besteht ein von den Gerichten zu respektierender Beurteilungsspielraum der Betriebsparteien: Sie sind bei der Bestimmung des Leistungszwecks sind Arbeitgeber und Betriebsrat frei und können die Voraussetzungen der freiwilligen Leistung so bestimmen, dass diese zum gewünschten und mit der Leistung verfolgten Erfolg führen (BAG, Urteil v. 18.09.2001 - 3 AZR 656/00, Urteil v. 18.05.2010 - 1 AZR 187/09; LAG Hamburg, Urteil v. 16.01.2003 - 1 Sa 27/02). Die Möglichkeit, nach § 77 BetrVG freiwillige Betriebsvereinbarungen abzuschließen, setzt die Anerkennung eines solchen Regelungsspielraums der Betriebsparteien voraus. Eine Differenzierung zwischen Arbeitnehmergruppen ist erst dann sachfremd, wenn es für sie keine billigenswerten Gründe gibt. Billigenswert sind Gründe, die auf vernünftigen, einleuchtenden Erwägungen beruhen und gegen keine verfassungsrechtlichen oder sonstigen übergeordneten Wertentscheidungen verstoßen; ob die zweckmäßigste und gerechteste Lösung gewählt wurde, ist nicht zu überprüfen (BAG, Urteil v. 18.09.2001 - 3 AZR 656/00).
96(2) Die „Betriebsvereinbarung Sonderprämie“ vom 29.04.2013 verfolgt, wie sich insbesondere aus ihrer Präambel ergibt, drei unterschiedliche Zwecke.
97Regelungszweck ist zunächst, einen Anreiz für Arbeitnehmer zum Wechsel in eine Transfergesellschaft zu schaffen Satz 3 der Präambel). Der zweite Regelungszweck besteht darin, diejenigen Arbeitnehmer zu begünstigen, die ein Angebot auf Wechsel in eine Transfergesellschaft ablehnen oder kein Angebot auf Wechsel in eine Transfergesellschaft erhalten, obgleich sie durch betriebsbedingte Kündigung von Arbeitslosigkeit bedroht sind, sofern sie keine Klage erheben oder einen Abwicklungsvertrag mit der Beklagten schließen; insoweit wird das Interesse der Beklagten berücksichtigt, individualrechtliche Risiken durch eine Kündigungsschutzklage zu vermeiden, (Satz 4 der Präambel). Dritter Regelungszweck ist es, zu gewährleisten, dass die entlassenen Mitarbeiter ihre Arbeitsmittel an die Beklagte zurückgeben (Satz 5 der Präambel).
98(3) Diese Regelungszwecke kommen bei Arbeitnehmern, die beurlaubte Beamte sind, überwiegend nicht zum Tragen.
99Die beabsichtigte Incentivierung des Übertritts in eine Transfergesellschaft, um Arbeitslosigkeit zu vermeiden, scheidet bei beurlaubten Beamten aus. Sie sind nicht vor Arbeitslosigkeit bedroht, da das Beamtenverhältnis wieder auflebt. Daher fehlt es bei beurlaubten Beamten auch an den persönlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Transferkurzarbeitergeld gemäß § 111 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB III.
100Der zweite Regelungszweck (Berücksichtigung der Planungssicherheit der Beklagten und Vermeidung individualrechtlicher Risiken bei Erhebung von Kündigungsschutzklagen) greift bei beurlaubten Beamten ebenfalls nicht ein. Zwar können auch beurlaubte Beamte sich durch die Erhebung einer Kündigungsschutzklage gegen die beabsichtigte Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zur Wehr setzen. Nach Satz 4 der Präambel der Betriebsvereinbarung Sonderprämie ist der Leistungszweck insoweit allerdings beschränkt: Nur solche Arbeitnehmer sollen durch die Gewährung der Sonderprämie honoriert werden, die infolge der betriebsbedingte Kündigung von Arbeitslosigkeit bedroht sind. Die Betriebsparteien wollten erkennbar nur denjenigen Arbeitnehmern eine Vergünstigung in Gestalt der Sonderprämie zukommen lassen, die bei Nichterhebung der Kündigungsschutzklage oder beim Abschluss eines Abwicklungsvertrages auch das wirtschaftliche Risiko der Arbeitslosigkeit in Kauf nehmen müssten. Dieses Risiko haben beurlaubte Beamte nicht zu tragen.
101Lediglich der dritte Teilzweck der Sonderprämie, die Rückgabe überlassener Arbeitsmittel sicherzustellen, spricht auch bei beurlaubten Beamten für die Gewährung dieser Leistung.
102(4) Da zugunsten des Klägers nur ein Teilzweck der Leistungsgewährung nach der Betriebsvereinbarung Sonderprämie zum Tragen kommt, ist es bei Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt, ihm als beurlaubten Beamten die Sonderprämie vorzuenthalten.
103(a) Der erfüllte Teilzweck (Sicherung der Rückgabe der Arbeitsmittel) ist ein Zweck, der nicht entscheidend für die Gewährung der Prämie an beurlaubte Beamte spricht.
104Es handelt sich lediglich um einen nachrangigen Zweck. Das ergibt sich daraus, dass dieser Zweck in der Präambel als letzter Leistungszweck genannt ist. Dass es sich bei dem Leistungszweck, die Rückgabe der Arbeitsmittel zu sichern, um einen nachrangigen Zweck handelt, folgt auch daraus, dass die Sicherung dieses Leistungszwecks nicht als Anspruchsvoraussetzung, sondern als auflösende Bedingung ausgestaltet ist (Ziffer 2.3 der Betriebsvereinbarung Sonderprämie).
105(b) Der Hauptzweck der Prämie, einen Anreiz zum Wechsel in eine Transfergesellschaft zu schaffen, greift demgegenüber bei beurlaubten Beamten gerade nicht ein.
106Nach dem Wortlaut der Präambel ist der Leistungszweck, den Wechsel in eine Transfergesellschaft zu belohnen, um den betroffenen Mitarbeitern neue berufliche Perspektiven zu eröffnen, der vorrangige Hauptzweck der Leistung. Dieser Zweck wird daher auch an erster Stelle genannt. Da Beamte nicht von Arbeitslosigkeit bedroht sind und kein Transferkurzarbeitergeld erhalten, ist dieser vorrangige Leistungszweck nicht erfüllt.
107(c) Soweit der weitere Teilzweck der Sonderprämie sich darauf beschränkt, nicht allgemein den Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage zu belohnen, sondern nur dann, wenn der verzichtende Arbeitnehmer von Arbeitslosigkeit bedroht wird (was bei beurlaubten Beamten nicht der Fall ist), begegnet dies keinen Bedenken.
108(aa) Die Entscheidung, Beamte durch diese einschränkende Voraussetzung aus dem Kreise der Arbeitnehmer auszuschließen, denen ein Anspruch auf die Sonderprämie zusteht, beruht jedenfalls auf vernünftigen und einleuchtenden Erwägungen.
109(aaa) Die Einschränkung korrespondiert mit dem Hauptzweck der Leistung, einen Anreiz zum Wechsel in die Transfergesellschaft zu schaffen.
110(bbb) Es ist auch nicht zu beanstanden, wenn die Betriebsparteien davon ausgingen, dass das Bedürfnis nach Planungssicherheit im Hinblick auf einen etwaigen Kündigungsschutzprozess bei beurlaubten Beamten geringer ist.
111Da zugunsten der beurlaubten Beamten das ruhende Beamtenverhältnis auflebt, sobald das Arbeitsverhältnis zur Beklagten beendet ist, durften die Betriebsparteien annehmen, dass die Wahrscheinlichkeit, der betroffene Mitarbeiter werde Kündigungsschutzklage erheben, bei beurlaubten Beamten geringer ist als bei Arbeitnehmern. Arbeitnehmer, die keine beurlaubten Beamten sind, haben bei Erhebung der Kündigungsschutzklage mehr zu gewinnen und bei einem Verzicht auf die Kündigungsschutzklage mehr zu verlieren als beurlaubte Beamte. Der Arbeitnehmer hätte bei Erfolg der Kündigungsschutzklage seinen Arbeitsplatz und damit die Möglichkeit der Weiterbeschäftigung und Entgeltzahlung zurückgewonnen. Diese Möglichkeit steht den Beamten ohnehin in Gestalt des wiederauflebenden Beamtenverhältnisses zu. Falls Arbeitnehmer, die keine beurlaubten Beamten sind, auf eine Kündigungsschutzklage verzichten und durch eigene Anstrengungen keine Anschlussbeschäftigung finden, müssen sie damit rechnen, gegebenenfalls für längere Zeit arbeitslos zu sein. Dieses Risiko haben die beurlaubten Beamten nicht zu tragen. Die Einschätzung der Betriebsparteien, Kündigungsschutzklagen seien bei beurlaubten Beamten unwahrscheinlicher, hat sich auch bestätigt. Tatsächlich hat die Mehrheit der Beamten (nämlich mindestens 110 von 190 beurlaubten Beamten) keine Kündigungsschutzklage erhoben, sondern Ansprüche auf Zahlung der Prämie nach der Betriebsvereinbarung vom 29.04.2013 geltend gemacht.
112(ccc) Es kommt hinzu, dass die Beklagte dann, wenn ein beurlaubter Beamter Kündigungsschutzklage erhebt, ein geringeres Risiko bei der Durchführung des Prozesses hat. Der klagende beurlaubte Beamte müsste sich nach § 615 Satz 2 BGB die beamtenmäßige Besoldung, die er nach Ablauf der Kündigungsfrist während des Kündigungsschutzprozesses erhält, anrechnen lassen, so dass das Annahmeverzugsrisiko der Beklagten gemindert ist.
113(bb) Der Kläger kann hiergegen nicht einwenden, die Bedrohung von Arbeitslosigkeit als einschränkender Leistungszweck stelle eine Umgehung des Grundsatzes dar, wonach Sozialplanleistungen nicht vom Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage abhängig gemacht werden dürfen.
114(aaa) Dem Kläger ist zwar darin Recht zu geben, dass eine Sozialplanregelung, die die Zahlung von Abfindungen vom Verzicht auf die Kündigungsschutzklage abhängig macht, unwirksam ist (BAG, Urteil v. 31.05.2005 - 1 AZR 254/04).
115Der Kläger kann sich aber schon deshalb nicht auf eine Umgehung dieses Grundsatzes berufen, weil er gar nicht zum Kreis der Arbeitnehmer zählt, denen Ansprüche aus dem Sozialplan zustehen. Die Beschränkung des persönlichen Geltungsbereichs des Sozialplans ist insoweit zulässig (s. o. unter I 1 b der Entscheidungsgründe).
116(bbb) Jedenfalls haben die Betriebsparteien den Regelungsspielraum, der ihnen bei der Ausgestaltung freiwilliger, über den Sozialplan hinausgehender Leistungen zusteht, im Streitfall nicht überschritten.
117Den Betriebsparteien steht im Hinblick auf Betriebsvereinbarungen, die finanzielle Anreize für die Arbeitnehmer zum Abschluss von Aufhebungsverträgen enthalten, eine Typisierungsbefugnis und Einschätzungsprärogative zu (BAG, Urteil v. 18.09.2001 - 3 AZR 656/00, Urteil v. 18.05.2010 - 1 AZR 187/09). Die Betriebsvereinbarung Sonderprämie stellt keine Sozialplanregelung dar, vielmehr handelt es sich um eine Betriebsvereinbarung über eine freiwillige Leistung, die finanzielle Anreize für die Arbeitnehmer schafft, Aufhebungsverträge abzuschließen und dadurch individualrechtliche Risiken des Arbeitgebers bei der Durchführung von Betriebsänderungen zu reduzieren. Dieser Leistungszweck ist zulässig, sofern ein gemäß § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG abzuschließender Sozialplan auskömmlich dotiert ist und ihm durch die Zahlung von „Turboprämien“ für den Abschluss freiwilliger Aufhebungsvereinbarungen keine Mittel entzogen werden (BAG, Urteil v. 31.05.2005 - 1 AZR 254/04, Urteil v. 18.05.2010 - 1 AZR 187/09). Dafür liegen keine Anhaltspunkte vor.
118Die wirtschaftlichen Nachteile, die den durch die geplante Betriebsstilllegung betroffenen Arbeitnehmern entstehen können, werden durch den Sozialplan vom 29.04.2013 ausgeglichen. Der Sozialplan ist auskömmlich dotiert. Er enthält unter Ziffer 2 Regelungen zum Übertritt in eine Transfergesellschaft sowie unter Ziffer 3 eine angemessene Abfindungsregelung. Im Übrigen stellt die Sonderprämie nur einen Bruchteil der Abfindungszahlung dar, die den Arbeitnehmern, legt man eine durchschnittliche Betriebszugehörigkeit von 26 Jahren zugrunde, aus dem Sozialplan zustehen.
119(5) Das Berufungsgericht hat auch in Erwägung gezogen, ob die beurlaubten Beamten durch die Versagung von Ansprüchen auf Zahlung einer Sonderprämie gegenüber den Arbeitnehmern ungerechtfertigt benachteiligt werden, denen gegenüber der E2 AG ein „Rückkehrrecht“ zusteht. Im Ergebnis ist das zu verneinen.
120Die Arbeitnehmer, die sich darauf berufen könnten, ihr vormals zur E2 AG bestehendes Arbeitsverhältnis sei nicht rechtswirksam beendet worden, erfüllen alle drei Teilzwecke der Betriebsvereinbarung Sonderprämie. Dies gilt für den Anreiz, in eine Transfergesellschaft zu wechseln, ebenso wie für die beabsichtigte Sicherung der Rückgabe von Arbeitsmitteln. Aber auch der Teilzweck „Schaffung von Rechtssicherheit durch Verzicht auf die Kündigungsschutzklage trotz Bedrohung durch Arbeitslosigkeit“ kommt bei jenen Arbeitnehmern zum Tragen. Sie sind nämlich in der Tat von Arbeitslosigkeit bedroht, weil E AG ein Rückkehrrecht nicht anerkennt und die Arbeitnehmer, die sich eines solchen Rechts berühmen, daher den Rechtsweg beschreiten müssen. Während sie den Rechtsstreit gegen E AG führen, stehen sie ebenso wie andere Arbeitnehmer, die keine beurlaubten Beamten sind und denen kein „Rückkehrrecht“ zur E2 AG zusteht; insbesondere müssen die ihr „Rückkehrrecht“ einklagenden Arbeitnehmer mit einer längeren Arbeitslosigkeit rechnen. Aus diesem Grund ist bei jenen Arbeitnehmern die Wahrscheinlichkeit, dass sie eine Kündigungsschutzklage gegen die Beklagte erheben, größer als bei den beurlaubten Beamten.
121II.
122Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Der Kläger hat die Kosten der erfolglos eingelegten Berufung zu tragen.
123Die Revision ist gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ArbGG zugelassen worden. Die Frage, inwieweit beurlaubte Beamte bei der Gewährung von Sozialplanabfindungen mit anderen Arbeitnehmern gleich zu behandeln sind, hat grundsätzliche Bedeutung. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf ist bei der Beurteilung der Frage, ob den beurlaubten Beamten ein Anspruch auf Zahlung der Sonderprämie nach der Betriebsvereinbarung vom 29.04.2013 zusteht, zu einem anderen Ergebnis gelangt (LAG Düsseldorf, Urteil vom 02.07.2014 - 4 Sa 321/14) als das erkennende Gericht.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 04.02.2014 - 3 Ca 2194/13 - unter Zurückweisung der Berufung des Klägers dahin abgeändert, dass die Klage vollen Umfangs abgewiesen wird.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten über Zahlungsansprüche im Zusammenhang mit der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses.
3Der am 06.03.1962 geborene Kläger ist verheiratet und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet. Seit dem 01.07.1985 war er im Dienste der Bundesrepublik Deutschland als Beamter bei der Deutschen Bundespost tätig. Mit der Privatisierung der Deutschen B nimmt E AG die Dienstherreneigenschaft aufgrund des Gesetzes zum Personalrecht der Beschäftigten der früheren Deutschen B wahr. E AG beurlaubte den Kläger nach § 13 Abs. 1 der Sonderurlaubsverordnung unter Wegfall der Besoldung für eine Tätigkeit bei der W GmbH. Zum 01.01.2008 erwarb die Beklagte den Geschäftsbetrieb der W GmbH. Sämtliche bei der W GmbH bestehende Arbeitsverhältnisse, darunter auch das Arbeitsverhältnis des Klägers, gingen auf die Beklagte über. Die Beklagte erbrachte mit zuletzt rund 950 Mitarbeitern, darunter rund 190 beurlaubte Beamte der E2 AG, an 16 Standorten in Deutschland Dienstleistungen auf dem Telekommunikationssektor. Der Kläger bezog zuletzt ein monatliches Entgelt von 3.923,83 € brutto.
4In den Jahren 2010 bis 2012 erstritten einige Arbeitnehmer der Beklagten, die nicht zu den beurlaubten Beamten gehörten, rechtskräftig obsiegende Urteile gegen E AG, wonach die Arbeitsverhältnisse mit der E2 AG mangels rechtswirksamer Beendigung fortbestanden haben. Später ergingen entsprechende Anerkenntnisurteile zugunsten weiterer Arbeitnehmer.
5Am 05.12.2012 wurden die Beschäftigten der Beklagten im Rahmen einer Betriebsversammlung über eine beabsichtigte Schließung des Geschäftsbetriebs der Beklagten informiert.
6Am 29.04.2013 schlossen die Beklagte und der Betriebsrat einen Interessenausgleich zur Betriebsschließung und einen Sozialplan ab. Der Sozialplan lautet auszugsweise:
7„Präambel
8(1) Infolge der Betriebsstilllegung, die im Interessenausgleich vom 29.04.2013 beschrieben ist, entsteht die Notwendigkeit, die wirtschaftlichen und sozialen Nachteile auszugleichen bzw. abzumildern, die den Mitarbeitern entstehen.
9(2) Die Betriebsparteien möchten durch diesen Sozialplan insbesondere die Bedingungen dafür schaffen, dass die von Arbeitslosigkeit bedrohten Mitarbeiter der NSN S bei ihrer notwendigen beruflichen Neuorientierung unterstützt werden. Zu diesem Zweck soll den Mitarbeitern nach Maßgabe dieses Sozialplans neben der Zahlung von Abfindungen auch der Abschluss von Transferarbeitsverhältnissen angeboten werden.
10(3) Das zur Verfügung stehende Sozialplanvolumen ist knapp bemessen und reicht nicht annähernd für den Ausgleich der wirtschaftlichen Nachteile aller Mitarbeiter aus. Vor diesem Hintergrund haben die Betriebsparteien das ihnen zustehende Ermessen so ausgeübt, dass die aus ihrer Sicht gravierendsten wirtschaftlichen Nachteile gemildert werden, die im Hinblick auf die zukunftsgerichtete Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion des Sozialplans in erster Linie durch Arbeitslosigkeit entstehen. Sie verkennen dabei nicht, dass auch beurlaubten Beamten bei Rückkehr zur E2 AG Nachteile entstehen können, z. B. durch ein geringeres Entgelt oder einen Ortswechsel. Beurlaubte Beamte erleiden jedoch typischerweise wesentlich geringere wirtschaftliche Nachteile als diejenigen ohne Beamtenstatus, da sie normalerweise weder von Arbeitslosigkeit bedroht sind noch ihr Rückkehranspruch zur E2 AG bzw. ihr erworbener Besitzstand bestritten wird.
11- 1.12
Geltungsbereich
1.1 Dieser Sozialplan gilt für alle Mitarbeiter der NSN S an allen Standorten in der Bundesrepublik Deutschland, soweit sie von personellen Maßnahmen infolge der Betriebsstilllegung gemäß des Interessenausgleichs betroffen sind oder betroffen sein werden.
141.2 Dieser Sozialplan gilt nicht für
15[…]- …- beurlaubte Beamte.
16- …“
17Außerdem schlossen die Beklagte und der Betriebsrat am 29.04.2013 eine „Betriebsvereinbarung Sonderprämie“ ab. In dieser Betriebsvereinbarung ist u. a. Folgendes geregelt:
18„Präambel
19Der gesamte Betrieb der NSN S wird stillgelegt. Über diese Maßnahme existiert ein Interessenausgleich sowie ein Sozialplan. Dabei liegt es im vorrangigen Interesse der Betriebsparteien, die Arbeitslosigkeit der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (zukünftig gemeinsam: „Mitarbeiter“) zu vermeiden und ihnen neue berufliche Perspektiven zu eröffnen, weshalb der Wechsel in eine Transfergesellschaft besonders incentiviert werden soll. Soweit Mitarbeiter trotz des Angebots den Wechsel in eine Transfergesellschaft ablehnen oder kein Angebot auf einen Wechsel in die Transfergesellschaft erhalten, obwohl sie durch betriebsbedingte Kündigung von Arbeitslosigkeit bedroht sind und dem Geltungsbereich des Sozialplans unterfallen (weil sie sich z. B. in Elternzeit befinden), soll honoriert werden, wenn sie das Bedürfnis der NSN S nach Planungssicherheit dennoch berücksichtigen, indem sie keine Klage gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses erhoben oder innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist einen Abwicklungsvertrag mit NSN S schließen. Außerdem soll honoriert werden, wenn die Mitarbeiter alle überlassenen Arbeitsmittel vor Austritt bei der NSN S nachweisbar an NSN S zurückgeben. Vor diesem Hintergrund vereinbaren die Parteien Folgendes:
20- 21
1. GeltungsbereichDiese Betriebsvereinbarung findet Anwendung auf diejenigen Mitarbeiter der NSN S, die- dem Geltungsbereich des Sozialplans vom 29.04.2013 unterfallen;- nicht vom Erhalt einer Abfindung gem. Ziff. 3 des Sozialplans vom 29.04.13 ausgeschlossen sind;- einen dreiseitigen Vertrag mit NSN S innerhalb der Angebotsfrist abschlie- ßen und keine Klage gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses erhe- benoderdas Angebot auf Abschluss eines dreiseitigen Vertrages ablehnen (bzw. trotz Bedrohung durch Arbeitslosigkeit durch eine arbeitgeberseitige Kündigung kein Angebot erhalten) und entweder (1) keine Klage gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses erhoben oder (2) innerhalb von drei Wochen nach Zugang der arbeitgeberseitigen Kündigung einen Abwicklungsvertrag schließen, wobei kein Anspruch auf Abschluss eines Abwicklungsvertrages besteht.
- 2.22
Anspruch auf Sonderprämie
2.1 Mitarbeiter, die unter den Geltungsbereich dieser Betriebsvereinbarung gemäß Ziff. 1 fallen, haben Anspruch auf eine Sonderprämie von EUR 4.346,00 brutto.
24[…]“
25Mit Schreiben vom 06.05.2013 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 31.12.2013 wegen Schließung des Geschäftsbetriebes. Der Kläger erhob gegen diese Kündigung keine Kündigungsschutzklage. Er gab die ihm überlassenen Arbeitsmittel beanstandungsfrei zurück.
26Mit seiner Klage hat der Kläger gegen die Beklagte die Zahlung einer Sozialplanabfindung nach dem Sozialplan vom 29.04.2013 sowie Ansprüche nach der „Betriebsvereinbarung Sonderprämie“ geltend gemacht.
27Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der vollständige Ausschluss von beurlaubten Beamten aus dem Geltungsbereich des Sozialplans sei nicht gerechtfertigt. Bereits in der Präambel des Sozialplans hätten die Betriebsparteien anerkannt, dass auch beurlaubte Beamte bei einer Rückkehr zur E2 AG dem Risiko wirtschaftlicher Nachteile ausgesetzt seien. Die beurlaubten Beamten müssten nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, das mit der Beklagten bestanden habe, eine Entgeltminderung hinnehmen; das gezahlte höhere Entgelt beruhe auf der beruflichen Weiterqualifizierung, die die Beamten bei der Beklagten erfuhren und die sie nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht adäquat einsetzen könnten. Die vorgeblich typischerweise wesentlich geringeren wirtschaftlichen Nachteile könnten allenfalls als Begründung für eine Reduzierung des Anspruchs, nicht aber für dessen ersatzlosen Wegfall angeführt werden. Darüber hinaus hat der Kläger vorgetragen, die Beklagte beschäftigte ehemalige Tarifangestellte der E2 AG, die entweder ein ausdrückliches Rückkehrrecht zur E2 AG hätten oder deren Arbeitsverhältnis zur E2 AG mangels einer ausdrücklichen Aufhebung fortbestehe, woraus auch für diese Beschäftigten ein Rückkehrrecht abgeleitet werden könne. Obwohl diese Arbeitnehmer wie die beurlaubten Beamten ebenfalls ein gesichertes und vor allem unbefristetes Beschäftigungsverhältnis zukünftig zur E2 AG haben würden, seien sie im Gegensatz zu den beurlaubten Beamten nicht von den Leistungen des Sozialplans ausgenommen worden. Diese Ungleichbehandlung lasse sich allein durch den Beamtenstatus nicht rechtfertigen. Die Gruppe jener Arbeitnehmer, denen ein „Rückkehrrecht“ zur E2 AG zustehe, sei auch für die Beklagte identifizierbar gewesen. Bereits vor dem Übergang des Betriebes der W GmbH auf die Beklagte habe E AG versucht, durch den Abschluss dreiseitiger Verträge etwaige bestehende Arbeitsverhältnisse endgültig auf die W GmbH zu übertragen. Durch einen Blick in die jeweilige Personalakte sei feststellbar gewesen, ob ein unterschriebener dreiseitiger Vertrag vorliege. Des Weiteren habe es bereits seit Anfang 2012 bei der Beklagten eine Excel-Tabelle gegeben, in der die Arbeitnehmer gelistet worden seien, die keinen dreiseitigen Vertrag abgeschlossen hätten. Unabhängig davon habe die Geschäftsführung der Beklagten schon seit 2009 gewusst, dass Rückkehransprüche von Beschäftigten der E2 AG bestünden. Seit dieser Zeit habe der Betriebsrat die Thematik in fast allen Betriebsversammlungen bei Anwesenheit der Geschäftsführung angesprochen und die Arbeitnehmer der Beklagten aufgefordert, ihre Ansprüche gegenüber der T geltend zu machen.
28Der Kläger hat zudem die Ansicht vertreten, es stelle eine ungerechtfertigte Benachteiligung dar, die beurlaubten Beamten auch von der „Betriebsvereinbarung Sonderprämie“ auszuschließen. Die Betriebsparteien hätten ausweislich der Präambel dieser Betriebsvereinbarung Rechtssicherheit für die Beklagte schaffen wollen, indem diejenigen durch die Sonderprämie belohnt werden, die keine Kündigungsschutzklage erheben. Diese Rechtssicherheit erhalte die Beklagte auch bei beurlaubten Beamten, die auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichteten.
29Der Kläger hat beantragt,
30- 31
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine Sozialplanabfindung in Höhe von 58.443,14 € brutto sowie eine Sonderzahlung in Höhe von 4.346 € brutto zu zahlen;
- 33
2. hilfsweise festzustellen, dass seine Herausnahme als bei der T beurlaubtem Beamten aus dem Sozialplan vom 29.04.2013 sowie aus der Betriebsvereinbarung Sonderprämie vom 29.04.2013 rechtswidrig ist und ihm Leistungen aus den genannten Betriebsvereinbarungen zustehen, um die Nachteile, die aus dem Verlust des Arbeitsplatzes entstehen, auszugleichen, zumindest aber abzumildern.
Die Beklagte hat beantragt,
35die Klage abzuweisen,
36hilfsweise, für den Fall des Unterliegens, die vorläufige Vollstreckbarkeit des arbeitsgerichtlichen Urteils gemäß § 62 Abs. 1 Satz 2 ArbGG auszusetzen.
37Sie hat die Auffassung vertreten, der Ausschluss der beurlaubten Beamten aus dem Geltungsbereich des Sozialplans sei gerechtfertigt. Die bei ihr beschäftigten beurlaubten Beamten seien nach wie vor Beamte der E2 AG, die nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses nahtlos zur E2 AG zurückkehren könnten. Das Dienstverhältnis lebe wieder auf, die Beamten erhielten unter Berücksichtigung ihres Wohnortes einen freien Dauerarbeitsplatz und erhielten die ihnen zustehende Besoldung. Die Beurlaubung habe keinen Einfluss auf den Stand des Beamtenverhältnisses und den auch während der Beschäftigung bei ihr weiter erworbenen Besitzstand des Beamten. Lediglich Art und Ort der Tätigkeit, die der Beamte nach seiner Rückkehr bei der E2 AG ausüben werde, sei bei seiner Rückkehr nicht von vornherein klar. Angesichts ihrer finanziellen Situation und der von der Muttergesellschaft zur Verfügung gestellten eingeschränkten Mittel für einen Sozialplan hätten die Betriebsparteien eine Abwägung treffen müssen, welche Nachteile sie ausgleichen könnten und welche nicht. Sie hätten dabei die bei dem beurlaubten Beamten verbleibenden Nachteile hinsichtlich Vergütung, Art und Dauer der Tätigkeit im Vergleich zu den wirtschaftlichen Nachteilen der anderen Arbeitnehmer als deutlich geringer eingeschätzt. Die sichere Aussicht der beurlaubten Beamten auf einen nahtlosen Anschlussarbeitsplatz bei der E2 AG unter Wahrung ihres gesamten Besitzstandes als Beamter rechtfertige trotz verbleibender Nachteile aus ihrer Sicht die Herausnahme der Beamten aus dem Sozialplan. Bei den Mitarbeitern ohne Beamtenstatus, die mit einer durchschnittlichen Betriebszugehörigkeit von 26 Jahren und einem durchschnittlichen Lebensalter von 50 Jahren von Arbeitslosigkeit bedroht seien, hätten die Betriebsparteien gefürchtet, dass diese aufgrund des reinen „T-Lebenslaufes“ und ihres Lebensalters nur schwer und nur nach einer langen Überbrückungszeit ein Anschlussbeschäftigungsverhältnis zu wesentlich schlechteren Konditionen erhalten würden. Arbeitnehmern, die keine beurlaubten Beamten seien, stünde kein Rückkehranspruch zur E2 AG zu. Wiedereinstellungszusagen der E2 AG habe es nicht gegeben. Der Beklagten sei lediglich bekannt, dass vier Arbeitnehmer sich ihre Beschäftigung bei der E2 AG nach ihrem Ausscheiden bei in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten erstritten hätten. Für die Betriebsparteien sei nicht erkennbar gewesen, welche Arbeitnehmer eine sichere Anschlussbeschäftigung bei der E2 erhalten würden. Eine Abgrenzung dieser Arbeitnehmergruppe sei nicht möglich gewesen. Die Betriebsparteien seien typisierend und pauschalierend davon ausgegangen, dass alle Arbeitnehmer bis auf die beurlaubten Beamten gleichermaßen von Arbeitslosigkeit bedroht seien. Es habe lediglich die Chance für einzelne Arbeitnehmer bestanden, die eigene Situation zu verbessern, indem sie z. B. aufgrund eigener Bemühungen unmittelbar eine Anschlussbeschäftigung finden oder erfolgreich Rechtsansprüche gegen frühere Arbeitgeber geltend machen. Aufgrund ihrer Erfahrungen mit der E2 AG sei die Beklagte davon ausgegangen, dass E AG freiwillig keine Mitarbeiter einstellen würde, sondern jeden Einzelfall gerichtlich überprüfen lassen würde.
38Die Beklagte ist zudem der Ansicht gewesen, dem Kläger stehe kein Anspruch auf Zahlung einer Sonderprämie zu. Durch die Betriebsvereinbarung Sonderprämie hätten die Betriebsparteien besonders honorieren wollen, wenn die von Arbeitslosigkeit betroffenen Mitarbeiter das Interesse der Beklagten an Rechtsfrieden respektierten und auf Kündigungsschutzklagen verzichteten. Bei beurlaubten Beamten seien die Betriebsparteien davon ausgegangen, dass an der Erhebung einer Kündigungsschutzklage aufgrund der gesicherten Rückkehrmöglichkeit zur E2 AG kaum Interesse bestünde und deshalb ein Verzicht auf Erhebung der Kündigungsschutzklage keine besondere Honorierung verdiene.
39Das Arbeitsgericht hat die Klage, soweit sie auf Zahlung der Sozialplanabfindung gerichtet war, abgewiesen und angenommen, der Ausschluss der beurlaubten Beamten aus dem Geltungsbereich des Sozialplans verstoße nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Das Arbeitsgericht hat der Klage im Hinblick auf die Zahlung der Sonderprämie stattgegeben; der betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz sei verletzt worden, indem die beurlaubten Beamten aus dem Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung Sonderprämie herausgenommen worden seien. Im Übrigen wird - auch zur Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes - auf das arbeitsgerichtliche Urteil Bezug genommen.
40Beide Parteien haben gegen das Urteil rechtzeitig Berufung eingelegt und die Berufung form- und fristgerecht begründet.
41Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung dagegen, dass das Arbeitsgericht die auf Zahlung der Sozialplanabfindung gerichtete Klage abgewiesen hat. Die Beklagte begehrt mit ihrer Berufung die Abänderung des erstinstanzlichen Urteils, soweit das Arbeitsgericht dem Kläger einen Anspruch auf Zahlung der Sonderprämie zugesprochen hat.
42Der Kläger ist der Auffassung, er werde, wenn man ihm die Sozialplanabfindung versage, ungerechtfertigterweise benachteiligt. Hierzu trägt der Kläger vor, auch er als beurlaubter Beamter habe infolge der Betriebsstilllegung und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses konkrete Nachteile hinzunehmen. Er habe einen nicht unerheblichen Entgeltverlust zu verkraften. Der Kläger sei in die Besoldungsgruppe A 8 eingruppiert, und erhalte gegenüber dem Gehalt bei der Beklagten monatlich etwa 450 Euro weniger. Überdies sei sein neuer Arbeitsort 92 Kilometer von seinem Wohnort entfernt, sodass für ihn zusätzlicher Zeit- und Kostenaufwand entstehe. Der Kläger meint, er werde gegenüber den Arbeitnehmern, die die Rückkehr zur E2 AG beanspruchen könnten und denen ein Anspruch auf Zahlung einer Sozialplanabfindung zustehe, unter Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz schlechter gestellt. Es gebe eine Gruppe von 75 Arbeitnehmern, denen ein solcher Rückkehranspruch zustehe. Diese Gruppe besitze die besten Aussichten, in einem gerichtlichen Verfahren den Rückkehranspruch durchzusetzen, da es an einem Beendigungstatbestand, der dem Schriftformerfordernis des § 623 BGB entspreche, für das mit der E2 AG begründete Arbeitsverhältnis fehle. Es habe eine historische Phase gegeben, in der E AG keine dreiseitigen Verträge mit den ausgeschiedenen Arbeitnehmern abgeschlossen habe. Ernst zu nehmende Bedenken gegen einen Rückkehranspruch dieser Gruppe von Mitarbeiter seien nicht erkennbar gewesen. Die Ansprüche seien nicht verwirkt. Soweit in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung eine Verwirkung des Beschäftigungsanspruchs bei freiwilliger Aufgabe des Beschäftigungsverhältnisses zur Beklagten angenommen worden sei, sei das mit dem hier vorliegenden vollständigen Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit nicht vergleichbar. Es sei nicht vorhersehbar gewesen und schikanös, dass E diese Arbeitnehmergruppe in Prozesse treibe. Die Gruppe dieser 75 Arbeitnehmer weiche von der Liste, die im Jahr 2011 erstellt worden sei, nicht ab. Es gebe lediglich einige Arbeitnehmer, die seinerzeit die Erinnerung getrogen habe, und die nunmehr ebenfalls einen Rückkehranspruch geltend machten. Vertreter der E2 AG hätten die Personalakten bei der Beklagten eingesehen, danach sei bei einer Gruppe von 75 der 90 klagenden Arbeitnehmer der Sachverhalt sofort klar gewesen. E AG habe den Anspruch bei 75 Arbeitnehmern anerkannt; bei den Mitgliedern dieser Vergleichsgruppe seien die arbeitsgerichtlichen Verfahren durch Anerkenntnisurteil beendet worden. Die namentliche Identifizierbarkeit dieser Arbeitnehmer sei im Zusammenhang mit den Sozialplanverhandlungen unwichtig gewesen; maßgeblich sei vielmehr, dass es eine zahlenmäßig nicht unerhebliche Gruppe von Arbeitnehmern gegeben habe, die ebenso wenig wie die Beamten von einem existenzbedrohenden Verlust ihres Arbeitsplatzes betroffen gewesen seien. Der Betriebsrat habe sich seinerzeit per E-Mail an alle Beschäftigten der Beklagten gewandt, um die Arbeitnehmer, denen ein Rückkehranspruch zur E2 AG zustehe, zu ermitteln. Aufgrund der Rückmeldung der betroffenen Arbeitnehmer sei eine Liste von rund 90 Mitarbeitern erstellt worden, die auch heute noch Bestand habe. Die Beklagte habe im Jahr 2010, spätestens aber Anfang 2011 von der Existenz dieser Arbeitnehmergruppe gewusst.
43Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil, soweit das Arbeitsgericht dem Feststellungsantrag stattgegeben hat. Er meint, ihm stehe ein Anspruch auf Zahlung der Sonderprämie nach Maßgabe der Betriebsvereinbarung vom 29.04.2013 zu. Nach der Betriebsvereinbarung Sonderprämie stehe allen Arbeitnehmern die dort vorgesehene Zahlung zu, die keine Kündigungsschutzklage erhoben hätten. Soweit als Zusatzbedingung für die Zahlung vorgesehen sei, dass eine Bedrohung von Arbeitslosigkeit gegeben sein müsse, liege in dieser Beschränkung eine Umgehung des Grundsatzes, wonach Sozialplanleistungen nicht vom Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage abhängig gemacht werden dürften. Zweck der Betriebsvereinbarung sei es, alle Verhaltensweisen zu belohnen, die verhinderten, dass die Beklagte sich Kündigungsschutzklagen ausgesetzt sehe. Dieser Leistungszweck erfasse auch Arbeitnehmer, die beurlaubte Beamte seien. Der Kläger hätte als beurlaubter Beamter ebenso wie andere betroffene Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage erheben können. Bei den beurlaubten Beamten und bei sonstigen Arbeitnehmern sei gleichermaßen die Erfolgsaussicht einer Kündigungsschutzklage letztlich durch die vollständige Betriebsstilllegung limitiert. Die Einbeziehung der Beamten führe auch nicht zu einer unzumutbaren Erhöhung des Gesamtvolumens der Betriebsvereinbarung Sonderprämie. Das Volumen des Sozialplans und der Betriebsvereinbarung Sonderzahlung müssten insgesamt bewertet werden, da beide Betriebsvereinbarungen die Kosten abbildeten, die dem Arbeitgeber infolge der Betriebsänderung entstünden.
44Der Kläger beantragt,
45das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 04.02.2014 - 3 Ca 2194/13 - abzuändern und den Tenor insgesamt wie folgt zu fassen:
46- 47
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu zahlen
a) eine Sozialplanabfindung in Höhe von 58.443,14 € (brutto);
49b) eine Sonderzahlung in Höhe von 4.346,00 € (brutto);
50c) Zinsen aus den Beträgen zu 1. und 2. in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 31.12.2013;
51hilfsweise zu 1.
52- 53
2. festzustellen, dass seine Herausnahme als bei der Telekom beurlaubtem Beamten aus dem Sozialplan vom 29.04.2013 sowie aus der Betriebsvereinbarung Sonderprämie vom 29.04.2013 rechtswidrig ist und ihm Leistungen aus den genannten Betriebsvereinbarungen zustehen, um die Nachteile, die aus dem Verlust des Arbeitsplatzes entstehen, auszugleichen, zumindest aber abzumildern.
Die Beklagte beantragt,
55das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 04.02.2014 - 3 Ca 2194/13 - abzuändern, soweit es der Klage stattgegeben hat, und die Klage insgesamt abzuweisen;
56hilfsweise für den Fall des Unterliegens:
57festzustellen, dass der Sozialplan vom 29.04.2013 nichtig ist,
58festzustellen, dass die Betriebsvereinbarung Sonderprämie vom 29.04.2013 nichtig ist,
59die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils des Landesarbeitsgerichts Hamm gemäß §§ 62 Abs. 1 Satz 2, 64 Abs. 7 ArbGG auszusetzen.
60Beide Parteien beantragen jeweils, die Berufung der Gegenseite zurückzuweisen.
61Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil als zutreffend, soweit das Arbeitsgericht die Klage auf Zahlung einer Sozialplanabfindung abgewiesen hat. Die Beklagte vertritt die Auffassung, es sei gerechtfertigt gewesen, den beurlaubten Beamten keine Sozialplanabfindung zukommen zu lassen. Im Gegensatz zum Kläger, der als beurlaubter Beamter unproblematisch zur E2 AG habe zurückkehren können, hätten alle Arbeitnehmer, die sich darauf beriefen, das zuvor bestehende Arbeitsverhältnis zur E2 AG sei nicht rechtswirksam beendet worden, einen Rechtsstreit mit ungewissem Ausgang führen müssen. Für die Betriebsparteien sei nicht erkennbar gewesen, welche Arbeitnehmer eine Weiterbeschäftigung bei der E2 AG würden durchsetzen können. Zwar seien ca. 150 Mitarbeiter herausgefiltert worden, bei denen sich ein Aufhebungsvertrag mit der E2 AG oder ein dreiseitiger Vertrag nicht in der Personalakte befunden habe. Daraus sei jedoch nicht zu schlussfolgern, dass das Arbeitsverhältnis, das zwischen diesen Mitarbeitern und der E2 AG bestanden habe, nicht ordnungsgemäß beendet worden sei. Der Aufhebungsvertrag bzw. der dreiseitige Vertrag hätte sich auch bei der E2 AG befinden können. Bei vielen Mitarbeitern sei ein Übergang des Arbeitsverhältnisses infolge eines Betriebsübergangs vollzogen worden. Das Fehlen eines Aufhebungsvertrages oder dreiseitigen Vertrages in den Personalakten jener Mitarbeiter besage nichts darüber, ob möglicherweise ein ruhendes Arbeitsverhältnis zur E2 AG bestehe. Nachdem über 500 Arbeitnehmer Ansprüche geltend gemacht hätten, habe die Beklagte etwa 200 Personalakten gesichtet; 80 Fälle seien als „aussichtsreich“ im Hinblick auf eine mögliche Rückkehr zur E2 AG eingestuft worden. Eine Entscheidung über die Weiterbeschäftigung jener Mitarbeiter habe E AG allerdings erst für den 30.09.2013 angekündigt. - Die Beklagte meint, der Sozialplan könne keinen Bestand haben, falls auch die beurlaubten Beamten Ansprüche auf Abfindungszahlung geltend machen könnten. Hierzu trägt die Beklagte vor, dies führe zu einer Ausdehnung des Sozialplanvolumens in Höhe von 20 % über den ursprünglichen Dotierungsrahmen hinaus. Die Beklagte habe zum Zeitpunkt des Abschlusses des Sozialplans etwa 190 beurlaubte Beamte der E2 AG beschäftigt. 121 beurlaubte Beamte hätten ihre vermeintlichen Ansprüche auf Zahlung einer Sozialplanabfindung außergerichtlich oder gerichtlich geltend gemacht. Bei Ausweitung des Sozialplanvolumens müsse die Beklagte Insolvenz anmelden.
62Die Beklagte ist der Ansicht, dem Kläger stünden keine Ansprüche aus der Betriebsvereinbarung Sonderprämie zu. Vorrangiger Regelungszweck der Betriebsvereinbarung Sonderprämie sei gewesen, möglichst viele Mitarbeiter zum Wechsel in die Transfergesellschaft zu bewegen und sie so zumindest vorübergehend vor der Arbeitslosigkeit zu bewahren und ihnen neue berufliche Perspektiven zu eröffnen. Der erste Entwurf der Betriebsvereinbarung Sonderprämie habe deshalb lediglich vorgesehen, die Sonderprämie an Mitarbeiter zu zahlen, die einen dreiseitigen Vertrag zum Übertritt in die Transfergesellschaft angenommen hatten. Da beurlaubte Beamte nicht von Arbeitslosigkeit bedroht gewesen seien, hätten sie kein Angebot auf einen Wechsel in die Transfergesellschaft erhalten können. Denn Bedingung für ein solches Angebot sei gewesen, dass die Voraussetzungen für den Bezug von Transferkurzarbeitergeld gemäß § 111 SGB III vorlagen, was bei den beurlaubten Beamte gewesen seien, nicht der Fall gewesen sei. Nach der Regelungsabsicht der Betriebsparteien habe an die zu erwartende Arbeitslosigkeit der Arbeitnehmer angeknüpft werden sollen; die Arbeitnehmergruppe habe besonders belohnt werden sollen, die trotz Bedrohung mit Arbeitslosigkeit das Interesse der Beklagten an Rechtsfrieden respektierten und keine Kündigungsschutzklage erheben würde. Die Betriebsparteien seien davon ausgegangen, dass beurlaubte Beamte wegen der gesicherten Rückkehrmöglichkeit zur E2 AG nicht in gleicher Weise eines finanziellen Anreizes bedurften. Im Hinblick auf die Frage, mit welcher Wahrscheinlichkeit die beurlaubten Beamten Kündigungsschutzklagen erheben würden, habe ein Beurteilungsspielraum und eine Einschätzungsprärogative der Betriebsparteien bestanden. - Zwischen den Parteien blieb unstreitig, dass mindestens 110 beurlaubte Beamte mittlerweile Zahlungsansprüche aus der Betriebsvereinbarung Sonderprämie gegen die Beklagte geltend machten. Nach Auffassung der Beklagten käme es zu einer unzulässigen Erhöhung des Dotierungsrahmens der Betriebsvereinbarung Sonderprämie vom 29.04.2013, wenn beurlaubte Beamte in den Anwendungsbereich dieser Betriebsvereinbarung aufgenommen würden; dies führe zur Nichtigkeit der Betriebsvereinbarung. Der Dotierungsrahmen der Betriebsvereinbarung Sonderprämie betrage für 760 Mitarbeiter, die keine beurlaubten Beamten seien, ca. 3,3 Millionen Euro. Der Dotierungsrahmen würde sich bei Einbeziehung der beurlaubten Beamten um ca. 25% erhöhen.
63Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die beiderseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
64Entscheidungsgründe
65I.
66Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.
67Das Arbeitsgericht hat die Klage mit dem Antrag zu 1) zu Recht abgewiesen. Der Kläger kann von der Beklagten nicht die Zahlung einer Sozialplanabfindung verlangen.
681. Ein Zahlungsanspruch für den Kläger ergibt sich nicht aus dem Sozialplan vom 29.04.2013.
69Der Kläger gehört nicht zum Kreis der anspruchsberechtigten Arbeitnehmer. Nach Ziffer 1.2 des Sozialplans gilt dieser nicht für beurlaubte Beamte.
702. Die Regelung unter Ziffer 1.2 des Sozialplans, die beurlaubte Beamte von Abfindungsansprüchen ausschließt, ist wirksam. Sie verstößt nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG.
71a) Die Betriebsparteien haben beim Abschluss von Betriebsvereinbarungen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG zu beachten (BAG, Urteil v. 17.06.2014 - 3 AZR 491/12, Beschluss v. 10.12.2013 - 1 ABR 40/12).
72aa) § 75 Abs. 1 BetrVG zielt darauf ab, eine Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Sachverhalten sicher zu stellen und eine gleichheitswidrige Gruppenbildung auszuschließen. Maßgeblich für das Vorliegen eines die Bildung unterschiedlicher Gruppen rechtfertigenden Sachgrundes ist vor allem der Zweck, der mit der Regelung verfolgt wird (BAG, Urteil v. 18.05.2010 - 1 AZR 187/09, Urteil v. 19.02.2008 - 1 AZR 1004/06).
73bb) Im Hinblick auf Sozialpläne gilt insoweit Folgendes:
74(1) Sozialpläne haben nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine zukunftsbezogene Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion. Die in ihnen vorgesehenen Leistungen sollen gem. § 112 Abs. 1 S. 2 BetrVG die künftigen Nachteile ausgleichen oder abmildern, die dem Arbeitnehmer durch die Betriebsänderung entstehen können, die Sozialplanleistungen stellen kein zusätzliches Entgelt für die in der Vergangenheit erbrachten Dienste dar (BAG, Urteil v. 26.03.2013 - 1 AZR 813/11, Urteil v. 07.06.2011 - 1 AZR 34/10, Urteil v. 18.05.2010 - 1 AZR 187/09, Urteil v. 26.05.2009 - 1 AZR 198/08).
75(2) Die zukunftsbezogene Ausgleichsfunktion von Sozialplänen eröffnet den Betriebsparteien Beurteilungs- und Gestaltungsspielräume (BAG, Urteil vom 26.03.2013 - 1 AZR 813/11, Urteil vom 07.06.2011 - 1 AZR 34/10, Urteil vom 11.11.2008 - 1 AZR 475/07, Urteil vom 06.11.2007 - 1 AZR 960/06).
76Ein Beurteilungsspielraum besteht hinsichtlich der den Arbeitnehmer durch die Betriebsänderung voraussichtlich entstehenden wirtschaftlichen Nachteile. Ein Gestaltungsspielraum besteht beim Ausgleich oder der Abmilderung der von ihnen prognostizierten Nachteile.
77Der Beurteilungsspielraum betrifft die tatsächliche Einschätzung der mit der Betriebsänderung für die Arbeitnehmer verbundenen wirtschaftlichen Folgen. Da Sozialpläne nach der Konzeption des Betriebsverfassungsgesetzes schon vor der Betriebsänderung geschlossen werden sollen, ist es unumgänglich, den Betriebsparteien bei der Einschätzung der wirtschaftlichen Nachteile einen erheblichen Beurteilungsspielraum einzuräumen. Dieser gestattet eine pauschalisierende und typisierende Betrachtung (BAG, Urteil v. 26.03.2013 - 1 AZR 813/11, Urteil v. 07.06.2011 - 1 AZR 34/10, Urteil v. 11.11.2008 - 1 AZR 475/07, Beschluss v. 24.08.2004 – 1 ABR 23/03). Für die Ermittlung der Nachteile ist der Zeitpunkt zugrunde zu legen, zu dem der Sozialplan abgeschlossen werden soll (BAG, Beschluss v. 24.08.2004 - 1 ABR 23/03, Beschluss v. 23.04.1985 - 1 ABR 3/81
78b) Nach diesen Grundsätzen lässt sich nicht feststellen, dass der Kläger im Hinblick auf die Gewährung von Sozialplanleistungen gegenüber anderen Arbeitnehmern grundlos benachteiligt wurde oder im Sozialplan eine sachlich nicht gerechtfertigte Gruppenbildung erfolgte.
79aa) Soweit der Sozialplan Arbeitnehmern nur dann Ansprüche auf Zahlung einer Abfindung zubilligt, wenn es sich nicht um beurlaubte Beamte handelt, liegt keine unzulässige Ungleichbehandlung vor.
80Vergleicht man beide Gruppen, so ist festzustellen, dass die Nachteile, die den beurlaubten Beamten infolge der Betriebsstilllegung entstehen, jedenfalls geringer sind, als die Nachteile, die den anderen Arbeitnehmern entstehen. Während bei den beurlaubten Beamten das Beamtenverhältnis wieder auflebt, aus dem sie Einnahmen erzielen können, sind die anderen Arbeitnehmer bei typisierender Betrachtung von Arbeitslosigkeit bedroht. Das rechtfertigt es, die Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion der Abfindung nur den Arbeitnehmern zukommen zu lassen, bei denen es sich nicht um beurlaubte Beamte handelt.
81Dem kann der Kläger nicht entgegenhalten, dass er, wenn er infolge der Betriebsstilllegung nicht mehr weiter zur Beklagten abgeordnet wird, ebenfalls Nachteile hinzunehmen hat. Die vom Kläger angeführten Nachteile sind bei typisierender Betrachtung weitaus geringer als die Nachteile, die anderen Arbeitnehmern drohen, die infolge der Betriebsstilllegung entlassen wurden und danach arbeitslos sind.
82bb) Auch eine sachlich nicht begründete Ungleichbehandlung zwischen beurlaubten Beamten und Arbeitnehmern, die - nach der Diktion des Klägers - einen „Rückkehranspruch“ zur E2 AG haben, liegt nicht vor.
83Zwar differenziert der Sozialplan nicht zwischen denjenigen, die als ehemalige Arbeitnehmer der E2 AG einen Beschäftigungs- oder Wiedereinstellungsanspruch gegen jenes Unternehmen geltend machen können, und anderen Arbeitnehmern, denen derartige Ansprüche nicht zustehen. Beide Arbeitnehmergruppen erhalten - anders als die beurlaubten Beamte - unterschiedslos eine Sozialplanabfindung. Das ist jedoch im Ergebnis nicht zu beanstanden.
84Dabei kann offen bleiben, ob die Gruppe der „Arbeitnehmer mit Rückkehranspruch“ bei Abschluss des Sozialplans hinreichend identifizierbar war (was zwischen den Parteien streitig ist), und ob die fehlende Abgrenzbarkeit dieser Arbeitnehmergruppe Ansprüche des Klägers unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung zu Fall bringen würde. Die Ungleichbehandlung ist jedenfalls sachlich gerechtfertigt.
85Bei typisierender Betrachtung ist davon auszugehen, dass auch die Arbeitnehmer „mit Rückkehranspruch“ größere Nachteile durch die infolge der Betriebsstilllegung ausgesprochene Kündigung erleiden als die Arbeitnehmer, bei denen es sich um beurlaubte Beamte handelt. Den Beamten steht nach Beendigung der Abordnung und des Arbeitsverhältnisses zur Beklagten unproblematisch ein Anspruch auf weitere Beschäftigung und Vergütungszahlung gegen E AG zu, da das ruhende Beamtenverhältnis wieder auflebt. Die Durchsetzung dieser Ansprüche begegnet weder rechtlichen noch tatsächlichen Problemen. E AG weigert sich nicht, diese Ansprüche zu erfüllen. Dass beurlaubte Beamte ihr „Rückkehrecht“ gegenüber der E2 AG gerichtlich durchsetzen mussten, hat keine Partei vorgetragen.
86Demgegenüber sind etwaige Ansprüche von Arbeitnehmern, die keine beurlaubten Beamten sind und E AG auf Beschäftigung oder Wiedereinstellung in Anspruch nehmen wollen, erheblichen rechtlichen und faktischen Schwierigkeiten ausgesetzt.
87Es ist nicht ersichtlich, dass es Arbeitnehmer gibt, die einen vertraglichen Anspruch auf Beschäftigung oder Wiedereinstellung gegen E AG (oder gegen sonstige Arbeitgeber) aufgrund einer ausdrücklichen Vereinbarung haben. Dies haben die Parteien weder vorgetragen noch bestehen andere Anhaltspunkte für den Abschluss derartiger Vereinbarungen. Ein „Rückkehrrecht“ von Arbeitnehmern ließe sich gegenüber der E2 AG nur daraus herleiten, dass das zuvor zwischen diesen Arbeitnehmern und der E2 AG bestehende Arbeitsverhältnis nicht wirksam beendet wurde, weil es entweder an einem Beendigungstatbestand im Sinne des § 623 BGB fehlt oder weil die Arbeitsverhältnisse jener Arbeitnehmer im Wege des Betriebsübergangs von der E2 AG auf andere Arbeitgeber übergingen und ein Widerspruch gegen diesen Betriebsübergang aufgrund einer fehlerhaften Belehrung nach § 613 a Abs. 5 BGB noch möglich ist.
88Insoweit war aber bei Abschluss des Sozialplanes davon auszugehen, dass zur Durchsetzung von Beschäftigungsansprüchen gegen E AG die Erhebung einer Klage erforderlich sein wird. Freiwillig hatte E AG bis zu diesem Zeitpunkt keinen Arbeitnehmer der Beklagten weiterbeschäftigt. Vielmehr mussten die Arbeitnehmer Prozesse gegen E AG führen. Ihre Rückkehransprüche waren dadurch im Vergleich zu den beurlaubten Beamten faktisch erheblich erschwert. Während der Prozessdauer stehen die klagenden Arbeitnehmer ebenso wie andere entlassene Arbeitnehmer, die sich keines „Rückkehrrechts“ berühmen: Sie sind nämlich, falls sie nicht eine Anschlussbeschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber finden, arbeitslos.
89Unbehelflich ist in diesem Zusammenhang der Vorwurf des Klägers, E AG verhalte sich schikanös, wenn sie die Arbeitnehmer, die zur E2 AG zurückkehren möchten und keine beurlaubten Beamten sind, zur Klageerhebung und zur Führung eines arbeitsgerichtlichen Prozesses veranlasst. Der Kläger macht den Anspruch auf Zahlung einer Abfindung nicht gegen E AG, sondern gegen die Beklagte geltend. Es liegen aber keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beklagte das (Prozess-) Verhalten der E2 AG steuert, verursacht hat oder sich sonst zurechnen lassen müsste. Im Übrigen ist es nicht als schikanös zu bewerten, wenn E AG vermeintliche Beschäftigungsansprüche von Arbeitnehmern, die langjährig für dritte Unternehmen tätig waren, gerichtlich überprüfen lässt. Selbst dann, wenn es an einem formwirksamen Beendigungstatbestand für das zuvor bestehende Arbeitsverhältnis zur E2 AG im Sinne des § 623 BGB fehlt oder die Belehrung über einen erfolgten Betriebsübergang fehlerhaft war, kann der Anspruch, den die klagenden Arbeitnehmer erheben, dem Verwirkungseinwand ausgesetzt sein. Das Recht, sich auf die Formnichtigkeit eines Rechtsgeschäfts gemäß §§ 623, 125 BGB zu berufen, unterliegt auch dann der Verwirkung, wenn der Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses im Streit steht (vgl. BAG, Urteil v. 16.09.2004 - 2 AZR 659/03, Urteil v. 28.05.1998 - 2 AZR 615/97, Urteil v. 04.12.1997 - 2 AZR 799/96; Preis/Gotthardt, NZA 200, 348, 352 ff.; Henssen, DB 2006, 613, 614 ff.). Dies gilt auch im Hinblick auf das Recht, einem Betriebsübergang zu widersprechen (vgl. BAG, Urteil v. 22.06.2011 - 8 AZR 752/09, Urteil v. 24.02.2011 - 8 AZR 699/09, Urteil v. 11.11.2010 - 8 AZR185/09). Vor dem Hintergrund, dass der Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte bereits im Januar 2008 erfolgte, ist es jedenfalls nicht fernliegend zu problematisieren, ob etwaige Ansprüche auf Beschäftigung gegenüber der E2 AG verwirkt sind.
90II.
91Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg.
92Dem Kläger stehen keine Ansprüche auf Zahlung einer Sonderprämie nach Maßgabe der Betriebsvereinbarung Sonderprämie vom 29.04.2013 zu.
931. Der Kläger hat keinen Anspruch aus der „Betriebsvereinbarung Sonderprämie“ vom 29.04.2013.
94Nach Ziff. 1 der „Betriebsvereinbarung Sonderprämie“ ist der Anwendungsbereich der Betriebsvereinbarung beschränkt auf diejenigen Mitarbeiter, die dem Geltungsbereich des Sozialplans vom 29.04.2013 unterfallen. Nach Ziff. 1.2 des Sozialplanes vom 29.04.2013 gilt der Sozialplan jedoch nicht für beurlaubte Beamte.
952. Die Regelung unter Ziff. 1 der Betriebsvereinbarung Sonderprämie vom 29.04.2013, die beurlaubten Beamten Ansprüche auf Zahlung der Sonderprämie versagt, ist wirksam. Sie verstößt nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG.
96a) Die Betriebsparteien haben beim Abschluss von Betriebsvereinbarungen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten (s.o. unter I 2 a aa der Entscheidungsgründe).
97Dies gilt auch, wenn in Betriebsvereinbarungen freiwillige Leistungen vorgesehen werden (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 6.09.2009 - 9 Sa 170/09, Urteil v. 24.08.2012 - 9 Sa 167/12; LAG Hamburg, Urteil v. 16.01.2003 - 1 Sa 27/02), insbesondere Zahlungen bei einvernehmlichen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis (BAG, Urteil v. 18.09.2001 - 3 AZR 656/00, Urteil v. 31.05.2005 - 1 AZR 254/04, Urteil vom 18.05.2010 - 1 AZR 187/09). Die Sonderprämie nach Maßgabe der Betriebsvereinbarung vom 29.04.2013 stellt eine solche freiwillige Leistung dar. Bei der Betriebsvereinbarung handelt es sich nicht um eine Sozialplanregelung, die die wirtschaftlichen Nachteile der Betriebsstilllegung ausgleichen soll. Vielmehr bezweckt die Betriebsvereinbarung Sonderprämie - unabhängig von wirtschaftlichen Nachteilen, die einzelne Arbeitnehmer erlitten haben - denjenigen eine Sonderzahlung zukommen zu lassen, die keine Kündigungsschutzklage erheben und die ihnen überlassenen Arbeitsmittel zurückgeben.
98b) Die Ungleichbehandlung zwischen den Arbeitnehmern, die beurlaubte Beamte sind und keine Ansprüche aus der Betriebsvereinbarung Sonderprämie haben, und anderen Arbeitnehmern, denen derartige Ansprüche zustehen, ist sachlich gerechtfertigt und daher mit § 75 Abs. 1 BetrVG vereinbar.
99aa) Für die Frage, ob eine ungerechtfertigte Benachteiligung einzelner Arbeitnehmer oder Arbeitnehmergruppen vorliegt, wenn diese von freiwilligen Leistungen ausgeschlossen werden, ist der verfolgte Leistungszweck maßgeblich.
100Arbeitnehmer werden nicht sachfremd benachteiligt, wenn nach dem Zweck der Leistung Gründe vorliegen, die es unter Berücksichtigung aller Umstände rechtfertigen, ihnen die Leistungen vorzuenthalten, die anderen Arbeitnehmern gewährt werden (BAG, Urteil v. 19.03.2003 - 10 AZR 365/02, Urteil v. 12.10.2011 - 10 AZR 510/10). Die Zweckbestimmung einer Sonderzahlung ergibt sich vorrangig aus ihren tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen (BAG, Urteil v. 12.10.2011 - 10 AZR 510/10). Sowohl bei der Ausgestaltung von Sozialplänen als auch bei freiwilligen Zusatzleistungen besteht ein von den Gerichten zu respektierender Beurteilungsspielraum der Betriebsparteien: Sie sind bei der Bestimmung des Leistungszwecks sind Arbeitgeber und Betriebsrat frei und können die Voraussetzungen der freiwilligen Leistung so bestimmen, dass diese zum gewünschten und mit der Leistung verfolgten Erfolg führen (BAG, Urteil v. 18.09.2001 - 3 AZR 656/00, Urteil v. 18.05.2010 - 1 AZR 187/09; LAG Hamburg, Urteil v. 16.01.2003 - 1 Sa 27/02). Die Möglichkeit, nach § 77 BetrVG freiwillige Betriebsvereinbarungen abzuschließen, setzt die Anerkennung eines solchen Regelungsspielraums der Betriebsparteien voraus. Eine Differenzierung zwischen Arbeitnehmergruppen ist erst dann sachfremd, wenn es für sie keine billigenswerten Gründe gibt. Billigenswert sind Gründe, die auf vernünftigen, einleuchtenden Erwägungen beruhen und gegen keine verfassungsrechtlichen oder sonstigen übergeordneten Wertentscheidungen verstoßen; ob die zweckmäßigste und gerechteste Lösung gewählt wurde, ist nicht zu überprüfen (BAG, Urteil v. 18.09.2001 - 3 AZR 656/00).
101bb) Die „Betriebsvereinbarung Sonderprämie“ vom 29.04.2013 verfolgt, wie sich insbesondere aus ihrer Präambel ergibt, drei unterschiedliche Zwecke.
102Regelungszweck ist zunächst, einen Anreiz für Arbeitnehmer zum Wechsel in eine Transfergesellschaft zu schaffen Satz 3 der Präambel). Der zweite Regelungszweck besteht darin, diejenigen Arbeitnehmer zu begünstigen, die ein Angebot auf Wechsel in eine Transfergesellschaft ablehnen oder kein Angebot auf Wechsel in eine Transfergesellschaft erhalten, obgleich sie durch betriebsbedingte Kündigung von Arbeitslosigkeit bedroht sind, sofern sie keine Klage erheben oder einen Abwicklungsvertrag mit der Beklagten schließen; insoweit wird das Interesse der Beklagten berücksichtigt, individualrechtliche Risiken durch eine Kündigungsschutzklage zu vermeiden, (Satz 4 der Präambel). Dritter Regelungszweck ist es, zu gewährleisten, dass die entlassenen Mitarbeiter ihre Arbeitsmittel an die Beklagte zurückgeben (Satz 5 der Präambel).
103cc) Diese Regelungszwecke kommen bei Arbeitnehmern, die beurlaubte Beamte sind, überwiegend nicht zum Tragen.
104Die beabsichtigte Incentivierung des Übertritts in eine Transfergesellschaft, um Arbeitslosigkeit zu vermeiden, scheidet bei beurlaubten Beamten aus. Sie sind nicht vor Arbeitslosigkeit bedroht, da das Beamtenverhältnis wieder auflebt. Daher fehlt es bei beurlaubten Beamten auch an den persönlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Transferkurzarbeitergeld gemäß § 111 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB III.
105Der zweite Regelungszweck (Berücksichtigung der Planungssicherheit der Beklagten und Vermeidung individualrechtlicher Risiken bei Erhebung von Kündigungsschutzklagen) greift bei beurlaubten Beamten ebenfalls nicht ein. Zwar können auch beurlaubte Beamte sich durch die Erhebung einer Kündigungsschutzklage gegen die beabsichtigte Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zur Wehr setzen. Nach Satz 4 der Präambel der Betriebsvereinbarung Sonderprämie ist der Leistungszweck insoweit allerdings beschränkt: Nur solche Arbeitnehmer sollen durch die Gewährung der Sonderprämie honoriert werden, die infolge der betriebsbedingte Kündigung von Arbeitslosigkeit bedroht sind. Die Betriebsparteien wollten erkennbar nur denjenigen Arbeitnehmern eine Vergünstigung in Gestalt der Sonderprämie zukommen lassen, die bei Nichterhebung der Kündigungsschutzklage oder beim Abschluss eines Abwicklungsvertrages auch das wirtschaftliche Risiko der Arbeitslosigkeit in Kauf nehmen müssten. Dieses Risiko haben beurlaubte Beamte nicht zu tragen.
106Lediglich der dritte Teilzweck der Sonderprämie, die Rückgabe überlassener Arbeitsmittel sicherzustellen, spricht auch bei beurlaubten Beamten für die Gewährung dieser Leistung.
107dd) Da zugunsten des Klägers nur ein Teilzweck der Leistungsgewährung nach der Betriebsvereinbarung Sonderprämie zum Tragen kommt, ist es bei Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt, ihm als beurlaubten Beamten die Sonderprämie vorzuenthalten.
108(1) Der erfüllte Teilzweck (Sicherung der Rückgabe der Arbeitsmittel) ist ein Zweck, der nicht entscheidend für die Gewährung der Prämie an beurlaubte Beamte spricht.
109Es handelt sich lediglich um einen nachrangigen Zweck. Das ergibt sich daraus, dass dieser Zweck in der Präambel als letzter Leistungszweck genannt ist. Dass es sich bei dem Leistungszweck, die Rückgabe der Arbeitsmittel zu sichern, um einen nachrangigen Zweck handelt, folgt auch daraus, dass die Sicherung dieses Leistungszwecks nicht als Anspruchsvoraussetzung, sondern als auflösende Bedingung ausgestaltet ist (Ziffer 2.3 der Betriebsvereinbarung Sonderprämie).
110(2) Der Hauptzweck der Prämie, einen Anreiz zum Wechsel in eine Transfergesellschaft zu schaffen, greift demgegenüber bei beurlaubten Beamten gerade nicht ein.
111Nach dem Wortlaut der Präambel ist der Leistungszweck, den Wechsel in eine Transfergesellschaft zu belohnen, um den betroffenen Mitarbeitern neue berufliche Perspektiven zu eröffnen, der vorrangige Hauptzweck der Leistung. Dieser Zweck wird daher auch an erster Stelle genannt. Da Beamte nicht von Arbeitslosigkeit bedroht sind und kein Transferkurzarbeitergeld erhalten, ist dieser vorrangige Leistungszweck nicht erfüllt.
112(3) Soweit der weitere Teilzweck der Sonderprämie sich darauf beschränkt, nicht allgemein den Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage zu belohnen, sondern nur dann, wenn der verzichtende Arbeitnehmer von Arbeitslosigkeit bedroht wird (was bei beurlaubten Beamten nicht der Fall ist), begegnet dies keinen Bedenken.
113(a) Die Entscheidung, Beamte durch diese einschränkende Voraussetzung aus dem Kreise der Arbeitnehmer auszuschließen, denen ein Anspruch auf die Sonderprämie zusteht, beruht jedenfalls auf vernünftigen und einleuchtenden Erwägungen.
114(aa) Die Einschränkung korrespondiert mit dem Hauptzweck der Leistung, einen Anreiz zum Wechsel in die Transfergesellschaft zu schaffen.
115(bb) Es ist auch nicht zu beanstanden, wenn die Betriebsparteien davon ausgingen, dass das Bedürfnis nach Planungssicherheit im Hinblick auf einen etwaigen Kündigungsschutzprozess bei beurlaubten Beamten geringer ist.
116Da zugunsten der beurlaubten Beamten das ruhende Beamtenverhältnis auflebt, sobald das Arbeitsverhältnis zur Beklagten beendet ist, durften die Betriebsparteien annehmen, dass die Wahrscheinlichkeit, der betroffene Mitarbeiter werde Kündigungsschutzklage erheben, bei beurlaubten Beamten geringer ist als bei Arbeitnehmern. Arbeitnehmer, die keine beurlaubten Beamten sind, haben bei Erhebung der Kündigungsschutzklage mehr zu gewinnen und bei einem Verzicht auf die Kündigungsschutzklage mehr zu verlieren als beurlaubte Beamte. Der Arbeitnehmer hätte bei Erfolg der Kündigungsschutzklage seinen Arbeitsplatz und damit die Möglichkeit der Weiterbeschäftigung und Entgeltzahlung zurückgewonnen. Diese Möglichkeit steht den Beamten ohnehin in Gestalt des wiederauflebenden Beamtenverhältnisses zu. Falls Arbeitnehmer, die keine beurlaubten Beamten sind, auf eine Kündigungsschutzklage verzichten und durch eigene Anstrengungen keine Anschlussbeschäftigung finden, müssen sie damit rechnen, gegebenenfalls für längere Zeit arbeitslos zu sein. Dieses Risiko haben die beurlaubten Beamten nicht zu tragen. Die Einschätzung der Betriebsparteien, Kündigungsschutzklagen seien bei beurlaubten Beamten unwahrscheinlicher, hat sich auch bestätigt. Tatsächlich hat die Mehrheit der Beamten (nämlich mindestens 110 von 190 beurlaubten Beamten) keine Kündigungsschutzklage erhoben, sondern Ansprüche auf Zahlung der Prämie nach der Betriebsvereinbarung vom 29.04.2013 geltend gemacht.
117(cc) Es kommt hinzu, dass die Beklagte dann, wenn ein beurlaubter Beamter Kündigungsschutzklage erhebt, ein geringeres Risiko bei der Durchführung des Prozesses hat. Der klagende beurlaubte Beamte müsste sich nach § 615 Satz 2 BGB die beamtenmäßige Besoldung, die er nach Ablauf der Kündigungsfrist während des Kündigungsschutzprozesses erhält, anrechnen lassen, so dass das Annahmeverzugsrisiko der Beklagten gemindert ist.
118(b) Der Kläger kann hiergegen nicht einwenden, die Bedrohung von Arbeitslosigkeit als einschränkender Leistungszweck stelle eine Umgehung des Grundsatzes dar, wonach Sozialplanleistungen nicht vom Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage abhängig gemacht werden dürfen.
119(aa) Dem Kläger ist zwar darin Recht zu geben, dass eine Sozialplanregelung, die die Zahlung von Abfindungen vom Verzicht auf die Kündigungsschutzklage abhängig macht, unwirksam ist (BAG, Urteil v. 31.05.2005 - 1 AZR 254/04).
120Der Kläger kann sich aber schon deshalb nicht auf eine Umgehung dieses Grundsatzes berufen, weil er gar nicht zum Kreis der Arbeitnehmer zählt, denen Ansprüche aus dem Sozialplan zustehen. Die Beschränkung des persönlichen Geltungsbereichs des Sozialplans ist insoweit zulässig (s. o. unter I 2 b der Entscheidungsgründe).
121(bb) Jedenfalls haben die Betriebsparteien den Regelungsspielraum, der ihnen bei der Ausgestaltung freiwilliger, über den Sozialplan hinausgehender Leistungen zusteht, im Streitfall nicht überschritten.
122Den Betriebsparteien steht im Hinblick auf Betriebsvereinbarungen, die finanzielle Anreize für die Arbeitnehmer zum Abschluss von Aufhebungsverträgen enthalten, eine Typisierungsbefugnis und Einschätzungsprärogative zu (BAG, Urteil v. 18.09.2001 - 3 AZR 656/00, Urteil v. 18.05.2010 - 1 AZR 187/09). Die Betriebsvereinbarung Sonderprämie stellt keine Sozialplanregelung dar, vielmehr handelt es sich um eine Betriebsvereinbarung über eine freiwillige Leistung, die finanzielle Anreize für die Arbeitnehmer schafft, Aufhebungsverträge abzuschließen und dadurch individualrechtliche Risiken des Arbeitgebers bei der Durchführung von Betriebsänderungen zu reduzieren. Dieser Leistungszweck ist zulässig, sofern ein gemäß § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG abzuschließender Sozialplan auskömmlich dotiert ist und ihm durch die Zahlung von „Turboprämien“ für den Abschluss freiwilliger Aufhebungsvereinbarungen keine Mittel entzogen werden (BAG, Urteil v. 31.05.2005 - 1 AZR 254/04, Urteil v. 18.05.2010 - 1 AZR 187/09). Dafür liegen keine Anhaltspunkte vor.
123Die wirtschaftlichen Nachteile, die den durch die geplante Betriebsstilllegung betroffenen Arbeitnehmern entstehen können, werden durch den Sozialplan vom 29.04.2013 ausgeglichen. Der Sozialplan ist auskömmlich dotiert. Er enthält unter Ziffer 2 Regelungen zum Übertritt in eine Transfergesellschaft sowie unter Ziffer 3 eine angemessene Abfindungsregelung. Im Übrigen stellt die Sonderprämie nur einen Bruchteil der Abfindungszahlung dar, die den Arbeitnehmern, legt man eine durchschnittliche Betriebszugehörigkeit von 26 Jahren zugrunde, aus dem Sozialplan zustehen.
124ee) Das Berufungsgericht hat auch in Erwägung gezogen, ob die beurlaubten Beamten durch die Versagung von Ansprüchen auf Zahlung einer Sonderprämie gegenüber den Arbeitnehmern ungerechtfertigt benachteiligt werden, denen gegenüber der E2 AG ein „Rückkehrrecht“ zusteht. Im Ergebnis ist das zu verneinen.
125Die Arbeitnehmer, die sich darauf berufen könnten, ihr vormals zur E2 AG bestehendes Arbeitsverhältnis sei nicht rechtswirksam beendet worden, erfüllen alle drei Teilzwecke der Betriebsvereinbarung Sonderprämie. Dies gilt für den Anreiz, in eine Transfergesellschaft zu wechseln, ebenso wie für die beabsichtigte Sicherung der Rückgabe von Arbeitsmitteln. Aber auch der Teilzweck „Schaffung von Rechtssicherheit durch Verzicht auf die Kündigungsschutzklage trotz Bedrohung durch Arbeitslosigkeit“ kommt bei jenen Arbeitnehmern zum Tragen. Sie sind nämlich in der Tat von Arbeitslosigkeit bedroht, weil E AG ein Rückkehrrecht nicht anerkennt und die Arbeitnehmer, die sich eines solchen Rechts berühmen, daher den Rechtsweg beschreiten müssen. Während sie den Rechtsstreit gegen E AG führen, stehen sie ebenso wie andere Arbeitnehmer, die keine beurlaubten Beamten sind und denen kein „Rückkehrrecht“ zur E2 AG zusteht; insbesondere müssen die ihr „Rückkehrrecht“ einklagenden Arbeitnehmer mit einer längeren Arbeitslosigkeit rechnen. Aus diesem Grund ist bei jenen Arbeitnehmern die Wahrscheinlichkeit, dass sie eine Kündigungsschutzklage gegen die Beklagte erheben, größer als bei den beurlaubten Beamten.
126III.
127Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO.
128Die Revision ist gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ArbGG zugelassen worden. Die Frage, inwieweit beurlaubte Beamte bei der Gewährung von Sozialplanabfindungen mit anderen Arbeitnehmern gleich zu behandeln sind, hat grundsätzliche Bedeutung. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf ist bei der Beurteilung der Frage, ob den beurlaubten Beamten ein Anspruch auf Zahlung der Sonderprämie nach der Betriebsvereinbarung vom 29.04.2013 zusteht, zu einem anderen Ergebnis gelangt (LAG Düsseldorf, Urteil vom 02.07.2014 - 4 Sa 321/14) als das erkennende Gericht.
129RECHTSMITTELBELEHRUNG
130Gegen dieses Urteil kann vonder klagenden Partei
131R E V I S I O N
132eingelegt werden.
133Für die beklagte Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
134Die Revision mussinnerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
135Bundesarbeitsgericht
136Hugo-Preuß-Platz 1
13799084 Erfurt
138eingelegt werden.
139Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
140Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
141- 142
1. Rechtsanwälte,
- 143
2. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
- 144
3. Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
146Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
147Bezüglich der Möglichkeit elektronischer Einlegung der Revision wird auf die Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesarbeitsgericht vom 09.03.2006 (BGBl. I Seite 519) verwiesen.
148* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 04.02.2014 - 3 Ca 2134/13 - unter Zurückweisung der Berufung des Klägers dahin abgeändert, dass die Klage vollen Umfangs abgewiesen wird.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten über Zahlungsansprüche im Zusammenhang mit der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses.
3Der am 04.03.1965 geborene Kläger ist ledig. Seit dem 01.08.1982 war er im Dienste der Bundesrepublik Deutschland als Beamter bei der Deutschen B tätig. Mit der Privatisierung der Deutschen B nimmt E AG die Dienstherreneigenschaft aufgrund des Gesetzes zum Personalrecht der Beschäftigten der früheren Deutschen B wahr. E AG beurlaubte den Kläger nach § 13 Abs. 1 der Sonderurlaubsverordnung unter Wegfall der Besoldung für eine Tätigkeit bei der W GmbH. Zum 01.01.2008 erwarb die Beklagte den Geschäftsbetrieb der W GmbH. Sämtliche bei der W GmbH bestehende Arbeitsverhältnisse, darunter auch das Arbeitsverhältnis des Klägers, gingen auf die Beklagte über. Die Beklagte erbrachte mit zuletzt rund 950 Mitarbeitern, darunter rund 190 beurlaubte Beamte der E2 AG, an 16 Standorten in Deutschland Dienstleistungen auf dem Telekommunikationssektor. Der Kläger bezog zuletzt ein monatliches Entgelt von 2.010,58 € brutto.
4In den Jahren 2010 bis 2012 erstritten einige Arbeitnehmer der Beklagten, die nicht zu den beurlaubten Beamten gehörten, rechtskräftig obsiegende Urteile gegen E AG, wonach die Arbeitsverhältnisse mit der E2 AG mangels rechtswirksamer Beendigung fortbestanden haben. Später ergingen entsprechende Anerkenntnisurteile zugunsten weiterer Arbeitnehmer.
5Am 05.12.2012 wurden die Beschäftigten der Beklagten im Rahmen einer Betriebsversammlung über eine beabsichtigte Schließung des Geschäftsbetriebs der Beklagten informiert. Unter dem 29.04.2013 schlossen die Beklagte und der Betriebsrat einen Interessenausgleich zur Betriebsschließung und einen Sozialplan ab. Der Sozialplan lautet auszugsweise:
6„Präambel
7(1) Infolge der Betriebsstilllegung, die im Interessenausgleich vom 29.04.2013 beschrieben ist, entsteht die Notwendigkeit, die wirtschaftlichen und sozialen Nachteile auszugleichen bzw. abzumildern, die den Mitarbeitern entstehen.
8(2) Die Betriebsparteien möchten durch diesen Sozialplan insbesondere die Bedingungen dafür schaffen, dass die von Arbeitslosigkeit bedrohten Mitarbeiter der NSN S bei ihrer notwendigen beruflichen Neuorientierung unterstützt werden. Zu diesem Zweck soll den Mitarbeitern nach Maßgabe dieses Sozialplans neben der Zahlung von Abfindungen auch der Abschluss von Transferarbeitsverhältnissen angeboten werden.
9(3) Das zur Verfügung stehende Sozialplanvolumen ist knapp bemessen und reicht nicht annähernd für den Ausgleich der wirtschaftlichen Nachteile aller Mitarbeiter aus. Vor diesem Hintergrund haben die Betriebsparteien das ihnen zustehende Ermessen so ausgeübt, dass die aus ihrer Sicht gravierendsten wirtschaftlichen Nachteile gemildert werden, die im Hinblick auf die zukunftsgerichtete Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion des Sozialplans in erster Linie durch Arbeitslosigkeit entstehen. Sie verkennen dabei nicht, dass auch beurlaubten Beamten bei Rückkehr zur E2 AG Nachteile entstehen können, z. B. durch ein geringeres Entgelt oder einen Ortswechsel. Beurlaubte Beamte erleiden jedoch typischerweise wesentlich geringere wirtschaftliche Nachteile als diejenigen ohne Beamtenstatus, da sie normalerweise weder von Arbeitslosigkeit bedroht sind noch ihr Rückkehranspruch zur E2 AG bzw. ihr erworbener Besitzstand bestritten wird.
10- 1.11
Geltungsbereich
1.1 Dieser Sozialplan gilt für alle Mitarbeiter der NSN S an allen Standorten in der Bundesrepublik Deutschland, soweit sie von personellen Maßnahmen infolge der Betriebsstilllegung gemäß des Interessenausgleichs betroffen sind oder betroffen sein werden.
131.2 Dieser Sozialplan gilt nicht für
14[…]- …- beurlaubte Beamte.
15- …“
16Außerdem schlossen die Beklagte und der Betriebsrat am 29.04.2013 eine „Betriebsvereinbarung Sonderprämie“ ab. In dieser Betriebsvereinbarung ist u. a. Folgendes geregelt:
17„Präambel
18Der gesamte Betrieb der NSN S wird stillgelegt. Über diese Maßnahme existiert ein Interessenausgleich sowie ein Sozialplan. Dabei liegt es im vorrangigen Interesse der Betriebsparteien, die Arbeitslosigkeit der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (zukünftig gemeinsam: „Mitarbeiter“) zu vermeiden und ihnen neue berufliche Perspektiven zu eröffnen, weshalb der Wechsel in eine Transfergesellschaft besonders incentiviert werden soll. Soweit Mitarbeiter trotz des Angebots den Wechsel in eine Transfergesellschaft ablehnen oder kein Angebot auf einen Wechsel in die Transfergesellschaft erhalten, obwohl sie durch betriebsbedingte Kündigung von Arbeitslosigkeit bedroht sind und dem Geltungsbereich des Sozialplans unterfallen (weil sie sich z. B. in Elternzeit befinden), soll honoriert werden, wenn sie das Bedürfnis der NSN S nach Planungssicherheit dennoch berücksichtigen, indem sie keine Klage gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses erhoben oder innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist einen Abwicklungsvertrag mit NSN S schließen. Außerdem soll honoriert werden, wenn die Mitarbeiter alle überlassenen Arbeitsmittel vor Austritt bei der NSN S nachweisbar an NSN S zurückgeben. Vor diesem Hintergrund vereinbaren die Parteien Folgendes:
19- 20
1. GeltungsbereichDiese Betriebsvereinbarung findet Anwendung auf diejenigen Mitarbeiter der NSN S, die- dem Geltungsbereich des Sozialplans vom 29.04.2013 unterfallen;- nicht vom Erhalt einer Abfindung gem. Ziff. 3 des Sozialplans vom 29.04.13 ausgeschlossen sind;- einen dreiseitigen Vertrag mit NSN S innerhalb der Angebotsfrist abschlie- ßen und keine Klage gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses erhe- benoderdas Angebot auf Abschluss eines dreiseitigen Vertrages ablehnen (bzw. trotz Bedrohung durch Arbeitslosigkeit durch eine arbeitgeberseitige Kündigung kein Angebot erhalten) und entweder (1) keine Klage gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses erhoben oder (2) innerhalb von drei Wochen nach Zugang der arbeitgeberseitigen Kündigung einen Abwicklungsvertrag schließen, wobei kein Anspruch auf Abschluss eines Abwicklungsvertrages besteht.
- 2.21
Anspruch auf Sonderprämie
2.1 Mitarbeiter, die unter den Geltungsbereich dieser Betriebsvereinbarung gemäß Ziff. 1 fallen, haben Anspruch auf eine Sonderprämie von EUR 4.346,00 brutto.
23[…]“
24Mit Schreiben vom 06.05.2013 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 31.12.2013 wegen Schließung des Geschäftsbetriebes. Der Kläger erhob gegen diese Kündigung keine Kündigungsschutzklage. Er gab die ihm überlassenen Arbeitsmittel beanstandungsfrei zurück.
25Mit seiner Klage hat der Kläger gegen die Beklagte die Zahlung einer Sozialplanabfindung nach dem Sozialplan vom 29.04.2013 sowie Ansprüche nach der „Betriebsvereinbarung Sonderprämie“ geltend gemacht.
26Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der vollständige Ausschluss von beurlaubten Beamten aus dem Geltungsbereich des Sozialplans sei nicht gerechtfertigt. Bereits in der Präambel des Sozialplans hätten die Betriebsparteien anerkannt, dass auch beurlaubte Beamte bei einer Rückkehr zur E2 AG dem Risiko wirtschaftlicher Nachteile ausgesetzt seien. Die beurlaubten Beamten müssten nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, das mit der Beklagten bestanden habe, eine Entgeltminderung hinnehmen; das gezahlte höhere Entgelt beruhe auf der beruflichen Weiterqualifizierung, die die Beamten bei der Beklagten erfuhren und die sie nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht adäquat einsetzen könnten. Die vorgeblich typischerweise wesentlich geringeren wirtschaftlichen Nachteile könnten allenfalls als Begründung für eine Reduzierung des Anspruchs, nicht aber für dessen ersatzlosen Wegfall angeführt werden. Darüber hinaus hat der Kläger vorgetragen, die Beklagte beschäftigte ehemalige Tarifangestellte der E2 AG, die entweder ein ausdrückliches Rückkehrrecht zur E2 AG hätten oder deren Arbeitsverhältnis zur E2 AG mangels einer ausdrücklichen Aufhebung fortbestehe, woraus auch für diese Beschäftigten ein Rückkehrrecht abgeleitet werden könne. Obwohl diese Arbeitnehmer wie die beurlaubten Beamten ebenfalls ein gesichertes und vor allem unbefristetes Beschäftigungsverhältnis zukünftig zur E2 AG haben würden, seien sie im Gegensatz zu den beurlaubten Beamten nicht von den Leistungen des Sozialplans ausgenommen worden. Diese Ungleichbehandlung lasse sich allein durch den Beamtenstatus nicht rechtfertigen. Die Gruppe jener Arbeitnehmer, denen ein „Rückkehrrecht“ zur E2 AG zustehe, sei auch für die Beklagte identifizierbar gewesen. Bereits vor dem Übergang des Betriebes der W GmbH auf die Beklagte habe E AG versucht, durch den Abschluss dreiseitiger Verträge etwaige bestehende Arbeitsverhältnisse endgültig auf die W GmbH zu übertragen. Durch einen Blick in die jeweilige Personalakte sei feststellbar gewesen, ob ein unterschriebener dreiseitiger Vertrag vorliege. Des Weiteren habe es bereits seit Anfang 2012 bei der Beklagten eine Excel-Tabelle gegeben, in der die Arbeitnehmer gelistet worden seien, die keinen dreiseitigen Vertrag abgeschlossen hätten. Unabhängig davon habe die Geschäftsführung der Beklagten schon seit 2009 gewusst, dass Rückkehransprüche von Beschäftigten der E2 AG bestünden. Seit dieser Zeit habe der Betriebsrat die Thematik in fast allen Betriebsversammlungen bei Anwesenheit der Geschäftsführung angesprochen und die Arbeitnehmer der Beklagten aufgefordert, ihre Ansprüche gegenüber der T geltend zu machen.
27Der Kläger hat zudem die Ansicht vertreten, es stelle eine ungerechtfertigte Benachteiligung dar, die beurlaubten Beamten auch von der „Betriebsvereinbarung Sonderprämie“ auszuschließen. Die Betriebsparteien hätten ausweislich der Präambel dieser Betriebsvereinbarung Rechtssicherheit für die Beklagte schaffen wollen, indem diejenigen durch die Sonderprämie belohnt werden, die keine Kündigungsschutzklage erheben. Diese Rechtssicherheit erhalte die Beklagte auch bei beurlaubten Beamten, die auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichteten.
28Der Kläger hat beantragt,
29- 30
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine Sozialplanabfindung in Höhe von 30.912,67 € brutto sowie eine Sonderzahlung in Höhe von 4.346 € brutto zu zahlen;
- 32
2. hilfsweise festzustellen, dass seine Herausnahme als bei der T beurlaubtem Beamten aus dem Sozialplan vom 29.04.2013 sowie aus der Betriebsvereinbarung Sonderprämie vom 29.04.2013 rechtswidrig ist und ihm Leistungen aus den genannten Betriebsvereinbarungen zustehen, um die Nachteile, die aus dem Verlust des Arbeitsplatzes entstehen, auszugleichen, zumindest aber abzumildern.
Die Beklagte hat beantragt,
34die Klage abzuweisen,
35hilfsweise, für den Fall des Unterliegens, die vorläufige Vollstreckbarkeit des arbeitsgerichtlichen Urteils gemäß § 62 Abs. 1 Satz 2 ArbGG auszusetzen.
36Sie hat die Auffassung vertreten, der Ausschluss der beurlaubten Beamten aus dem Geltungsbereich des Sozialplans sei gerechtfertigt. Die bei ihr beschäftigten beurlaubten Beamten seien nach wie vor Beamte der E2 AG, die nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses nahtlos zur E2 AG zurückkehren könnten. Das Dienstverhältnis lebe wieder auf, die Beamten erhielten unter Berücksichtigung ihres Wohnortes einen freien Dauerarbeitsplatz und erhielten die ihnen zustehende Besoldung. Die Beurlaubung habe keinen Einfluss auf den Stand des Beamtenverhältnisses und den auch während der Beschäftigung bei ihr weiter erworbenen Besitzstand des Beamten. Lediglich Art und Ort der Tätigkeit, die der Beamte nach seiner Rückkehr bei der E2 AG ausüben werde, sei bei seiner Rückkehr nicht von vornherein klar. Angesichts ihrer finanziellen Situation und der von der Muttergesellschaft zur Verfügung gestellten eingeschränkten Mittel für einen Sozialplan hätten die Betriebsparteien eine Abwägung treffen müssen, welche Nachteile sie ausgleichen könnten und welche nicht. Sie hätten dabei die bei dem beurlaubten Beamten verbleibenden Nachteile hinsichtlich Vergütung, Art und Dauer der Tätigkeit im Vergleich zu den wirtschaftlichen Nachteilen der anderen Arbeitnehmer als deutlich geringer eingeschätzt. Die sichere Aussicht der beurlaubten Beamten auf einen nahtlosen B-Platz bei der E2 AG unter Wahrung ihres gesamten Besitzstandes als Beamter rechtfertige trotz verbleibender Nachteile aus ihrer Sicht die Herausnahme der Beamten aus dem Sozialplan. Bei den Mitarbeitern ohne Beamtenstatus, die mit einer durchschnittlichen Betriebszugehörigkeit von 26 Jahren und einem durchschnittlichen Lebensalter von 50 Jahren von Arbeitslosigkeit bedroht seien, hätten die Betriebsparteien gefürchtet, dass diese aufgrund des reinen „T-Lebenslaufes“ und ihres Lebensalters nur schwer und nur nach einer langen Überbrückungszeit ein Anschlussbeschäftigungsverhältnis zu wesentlich schlechteren Konditionen erhalten würden. Arbeitnehmern, die keine beurlaubten Beamten seien, stünde kein Rückkehranspruch zur E2 AG zu. Wiedereinstellungszusagen der E2 AG habe es nicht gegeben. Der Beklagten sei lediglich bekannt, dass vier Arbeitnehmer sich ihre Beschäftigung bei der E2 AG nach ihrem Ausscheiden bei in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten erstritten hätten. Für die Betriebsparteien sei nicht erkennbar gewesen, welche Arbeitnehmer eine sichere Anschlussbeschäftigung bei der E2 erhalten würden. Eine Abgrenzung dieser Arbeitnehmergruppe sei nicht möglich gewesen. Die Betriebsparteien seien typisierend und pauschalierend davon ausgegangen, dass alle Arbeitnehmer bis auf die beurlaubten Beamten gleichermaßen von Arbeitslosigkeit bedroht seien. Es habe lediglich die Chance für einzelne Arbeitnehmer bestanden, die eigene Situation zu verbessern, indem sie z. B. aufgrund eigener Bemühungen unmittelbar eine Anschlussbeschäftigung finden oder erfolgreich Rechtsansprüche gegen frühere Arbeitgeber geltend machen. Aufgrund ihrer Erfahrungen mit der E2 AG sei die Beklagte davon ausgegangen, dass E AG freiwillig keine Mitarbeiter einstellen würde, sondern jeden Einzelfall gerichtlich überprüfen lassen würde.
37Die Beklagte ist zudem der Ansicht gewesen, dem Kläger stehe kein Anspruch auf Zahlung einer Sonderprämie zu. Durch die Betriebsvereinbarung Sonderprämie hätten die Betriebsparteien besonders honorieren wollen, wenn die von Arbeitslosigkeit betroffenen Mitarbeiter das Interesse der Beklagten an Rechtsfrieden respektierten und auf Kündigungsschutzklagen verzichteten. Bei beurlaubten Beamten seien die Betriebsparteien davon ausgegangen, dass an der Erhebung einer Kündigungsschutzklage aufgrund der gesicherten Rückkehrmöglichkeit zur E2 AG kaum Interesse bestünde und deshalb ein Verzicht auf Erhebung der Kündigungsschutzklage keine besondere Honorierung verdiene.
38Das Arbeitsgericht hat die Klage, soweit sie auf Zahlung der Sozialplanabfindung gerichtet war, abgewiesen und angenommen, der Ausschluss der beurlaubten Beamten aus dem Geltungsbereich des Sozialplans verstoße nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Das Arbeitsgericht hat der Klage im Hinblick auf die Zahlung der Sonderprämie stattgegeben; der betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz sei verletzt worden, indem die beurlaubten Beamten aus dem Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung Sonderprämie herausgenommen worden seien. Im Übrigen wird - auch zur Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes - auf das arbeitsgerichtliche Urteil Bezug genommen.
39Beide Parteien haben gegen das Urteil rechtzeitig Berufung eingelegt und die Berufung form- und fristgerecht begründet.
40Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung dagegen, dass das Arbeitsgericht die auf Zahlung der Sozialplanabfindung gerichtete Klage abgewiesen hat. Die Beklagte begehrt mit ihrer Berufung die Abänderung des erstinstanzlichen Urteils, soweit das Arbeitsgericht dem Kläger einen Anspruch auf Zahlung der Sonderprämie zugesprochen hat.
41Der Kläger ist der Auffassung, er werde, wenn man ihm die Sozialplanabfindung versage, ungerechtfertigterweise benachteiligt. Hierzu trägt der Kläger vor, auch er als beurlaubter Beamter habe infolge der Betriebsstilllegung und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses konkrete Nachteile hinzunehmen. Er habe einen nicht unerheblichen Entgeltverlust zu verkraften. Er befürchte, eine Beförderung bei der T werde verhindert oder gebremst, da die bei der Beklagten erlangten Qualifikationen nicht nachgewiesen seien oder nicht anerkannt würden. Der Kläger meint, er werde gegenüber den Arbeitnehmern, die die Rückkehr zur E2 AG beanspruchen könnten und denen ein Anspruch auf Zahlung einer Sozialplanabfindung zustehe, unter Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz schlechter gestellt. Es gebe eine Gruppe von 75 Arbeitnehmern, denen ein solcher Rückkehranspruch zustehe. Diese Gruppe besitze die besten Aussichten, in einem gerichtlichen Verfahren den Rückkehranspruch durchzusetzen, da es an einem Beendigungstatbestand, der dem Schriftformerfordernis des § 623 BGB entspreche, für das mit der E2 AG begründete Arbeitsverhältnis fehle. Es habe eine historische Phase gegeben, in der E AG keine dreiseitigen Verträge mit den ausgeschiedenen Arbeitnehmern abgeschlossen habe. Ernst zu nehmende Bedenken gegen einen Rückkehranspruch dieser Gruppe von Mitarbeiter seien nicht erkennbar gewesen. Die Ansprüche seien nicht verwirkt. Soweit in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung eine Verwirkung des Beschäftigungsanspruchs bei freiwilliger Aufgabe des Beschäftigungsverhältnisses zur Beklagten angenommen worden sei, sei das mit dem hier vorliegenden vollständigen Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit nicht vergleichbar. Es sei nicht vorhersehbar gewesen und schikanös, dass E diese Arbeitnehmergruppe in Prozesse treibe. Die Gruppe dieser 75 Arbeitnehmer weiche von der Liste, die im Jahr 2011 erstellt worden sei, nicht ab. Es gebe lediglich einige Arbeitnehmer, die seinerzeit die Erinnerung getrogen habe, und die nunmehr ebenfalls einen Rückkehranspruch geltend machten. Vertreter der E2 AG hätten die Personalakten bei der Beklagten eingesehen, danach sei bei einer Gruppe von 75 der 90 klagenden Arbeitnehmer der Sachverhalt sofort klar gewesen. E AG habe den Anspruch bei 75 Arbeitnehmern anerkannt; bei den Mitgliedern dieser Vergleichsgruppe seien die arbeitsgerichtlichen Verfahren durch Anerkenntnisurteil beendet worden. Die namentliche Identifizierbarkeit dieser Arbeitnehmer sei im Zusammenhang mit den Sozialplanverhandlungen unwichtig gewesen; maßgeblich sei vielmehr, dass es eine zahlenmäßig nicht unerhebliche Gruppe von Arbeitnehmern gegeben habe, die ebenso wenig wie die Beamten von einem existenzbedrohenden Verlust ihres Arbeitsplatzes betroffen gewesen seien. Der Betriebsrat habe sich seinerzeit per E-Mail an alle Beschäftigten der Beklagten gewandt, um die Arbeitnehmer, denen ein Rückkehranspruch zur E2 AG zustehe, zu ermitteln. Aufgrund der Rückmeldung der betroffenen Arbeitnehmer sei eine Liste von rund 90 Mitarbeitern erstellt worden, die auch heute noch Bestand habe. Die Beklagte habe im Jahr 2010, spätestens aber Anfang 2011 von der Existenz dieser Arbeitnehmergruppe gewusst.
42Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil, soweit das Arbeitsgericht dem Feststellungsantrag stattgegeben hat. Er meint, ihm stehe ein Anspruch auf Zahlung der Sonderprämie nach Maßgabe der Betriebsvereinbarung vom 29.04.2013 zu. Nach der Betriebsvereinbarung Sonderprämie stehe allen Arbeitnehmern die dort vorgesehene Zahlung zu, die keine Kündigungsschutzklage erhoben hätten. Soweit als Zusatzbedingung für die Zahlung vorgesehen sei, dass eine Bedrohung von Arbeitslosigkeit gegeben sein müsse, liege in dieser Beschränkung eine Umgehung des Grundsatzes, wonach Sozialplanleistungen nicht vom Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage abhängig gemacht werden dürften. Zweck der Betriebsvereinbarung sei es, alle Verhaltensweisen zu belohnen, die verhinderten, dass die Beklagte sich Kündigungsschutzklagen ausgesetzt sehe. Dieser Leistungszweck erfasse auch Arbeitnehmer, die beurlaubte Beamte seien. Der Kläger hätte als beurlaubter Beamter ebenso wie andere betroffene Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage erheben können. Bei den beurlaubten Beamten und bei sonstigen Arbeitnehmern sei gleichermaßen die Erfolgsaussicht einer Kündigungsschutzklage letztlich durch die vollständige Betriebsstilllegung limitiert. Die Einbeziehung der Beamten führe auch nicht zu einer unzumutbaren Erhöhung des Gesamtvolumens der Betriebsvereinbarung Sonderprämie. Das Volumen des Sozialplans und der Betriebsvereinbarung Sonderzahlung müssten insgesamt bewertet werden, da beide Betriebsvereinbarungen die Kosten abbildeten, die dem Arbeitgeber infolge der Betriebsänderung entstünden.
43Der Kläger beantragt,
44das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 04.02.2014 - 3 Ca 2134/13 - abzuändern und den Tenor insgesamt wie folgt zu fassen:
45- 46
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu zahlen
a) eine Sozialplanabfindung in Höhe von 30.912,67 € (brutto);
48b) eine Sonderzahlung in Höhe von 4.346,00 € (brutto);
49- 50
2. Zinsen aus den Beträgen zu 1. a) und b) in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 31.12.2013;
- 52
3. hilfsweise festzustellen, dass seine Herausnahme als bei der T beurlaubtem Beamten aus dem Sozialplan vom 29.04.2013 sowie aus der Betriebsvereinbarung Sonderprämie vom 29.04.2013 rechtswidrig ist und ihm Leistungen aus den genannten Betriebsvereinbarungen zustehen, um die Nachteile, die aus dem Verlust des Arbeitsplatzes entstehen, auszugleichen, zumindest aber abzumildern.
Die Beklagte beantragt,
54das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 04.02.2014 - 3 Ca 2134/13 - abzuändern, soweit es der Klage stattgegeben hat, und die Klage insgesamt abzuweisen;
55hilfsweise für den Fall des Unterliegens:
56festzustellen, dass der Sozialplan vom 29.04.2013 nichtig ist,
57festzustellen, dass die Betriebsvereinbarung Sonderprämie vom 29.04.2013 nichtig ist,
58die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils des Landesarbeitsgerichts Hamm gemäß §§ 62 Abs. 1 Satz 2, 64 Abs. 7 ArbGG auszusetzen.
59Beide Parteien beantragen jeweils, die Berufung der Gegenseite zurückzuweisen.
60Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil als zutreffend, soweit das Arbeitsgericht die Klage auf Zahlung einer Sozialplanabfindung abgewiesen hat. Die Beklagte vertritt die Auffassung, es sei gerechtfertigt gewesen, den beurlaubten Beamten keine Sozialplanabfindung zukommen zu lassen. Im Gegensatz zum Kläger, der als beurlaubter Beamter unproblematisch zur E2 AG habe zurückkehren können, hätten alle Arbeitnehmer, die sich darauf beriefen, das zuvor bestehende Arbeitsverhältnis zur E2 AG sei nicht rechtswirksam beendet worden, einen Rechtsstreit mit ungewissem Ausgang führen müssen. Für die Betriebsparteien sei nicht erkennbar gewesen, welche Arbeitnehmer eine Weiterbeschäftigung bei der E2 AG würden durchsetzen können. Zwar seien ca. 150 Mitarbeiter herausgefiltert worden, bei denen sich ein Aufhebungsvertrag mit der E2 AG oder ein dreiseitiger Vertrag nicht in der Personalakte befunden habe. Daraus sei jedoch nicht zu schlussfolgern, dass das Arbeitsverhältnis, das zwischen diesen Mitarbeitern und der E2 AG bestanden habe, nicht ordnungsgemäß beendet worden sei. Der Aufhebungsvertrag bzw. der dreiseitige Vertrag hätte sich auch bei der E2 AG befinden können. Bei vielen Mitarbeitern sei ein Übergang des Arbeitsverhältnisses infolge eines Betriebsübergangs vollzogen worden. Das Fehlen eines Aufhebungsvertrages oder dreiseitigen Vertrages in den Personalakten jener Mitarbeiter besage nichts darüber, ob möglicherweise ein ruhendes Arbeitsverhältnis zur E2 AG bestehe. Nachdem über 500 Arbeitnehmer Ansprüche geltend gemacht hätten, habe die Beklagte etwa 200 Personalakten gesichtet; 80 Fälle seien als „aussichtsreich“ im Hinblick auf eine mögliche Rückkehr zur E2 AG eingestuft worden. Eine Entscheidung über die Weiterbeschäftigung jener Mitarbeiter habe E AG allerdings erst für den 30.09.2013 angekündigt. - Die Beklagte meint, der Sozialplan könne keinen Bestand haben, falls auch die beurlaubten Beamten Ansprüche auf Abfindungszahlung geltend machen könnten. Hierzu trägt die Beklagte vor, dies führe zu einer Ausdehnung des Sozialplanvolumens in Höhe von 20 % über den ursprünglichen Dotierungsrahmen hinaus. Die Beklagte habe zum Zeitpunkt des Abschlusses des Sozialplans etwa 190 beurlaubte Beamte der E2 AG beschäftigt. 121 beurlaubte Beamte hätten ihre vermeintlichen Ansprüche auf Zahlung einer Sozialplanabfindung außergerichtlich oder gerichtlich geltend gemacht. Bei Ausweitung des Sozialplanvolumens müsse die Beklagte Insolvenz anmelden.
61Die Beklagte ist der Ansicht, dem Kläger stünden keine Ansprüche aus der Betriebsvereinbarung Sonderprämie zu. Vorrangiger Regelungszweck der Betriebsvereinbarung Sonderprämie sei gewesen, möglichst viele Mitarbeiter zum Wechsel in die Transfergesellschaft zu bewegen und sie so zumindest vorübergehend vor der Arbeitslosigkeit zu bewahren und ihnen neue berufliche Perspektiven zu eröffnen. Der erste Entwurf der Betriebsvereinbarung Sonderprämie habe deshalb lediglich vorgesehen, die Sonderprämie an Mitarbeiter zu zahlen, die einen dreiseitigen Vertrag zum Übertritt in die Transfergesellschaft angenommen hatten. Da beurlaubte Beamte nicht von Arbeitslosigkeit bedroht gewesen seien, hätten sie kein Angebot auf einen Wechsel in die Transfergesellschaft erhalten können. Denn Bedingung für ein solches Angebot sei gewesen, dass die Voraussetzungen für den Bezug von Transferkurzarbeitergeld gemäß § 111 SGB III vorlagen, was bei den beurlaubten Beamte gewesen seien, nicht der Fall gewesen sei. Nach der Regelungsabsicht der Betriebsparteien habe an die zu erwartende Arbeitslosigkeit der Arbeitnehmer angeknüpft werden sollen; die Arbeitnehmergruppe habe besonders belohnt werden sollen, die trotz Bedrohung mit Arbeitslosigkeit das Interesse der Beklagten an Rechtsfrieden respektierten und keine Kündigungsschutzklage erheben würde. Die Betriebsparteien seien davon ausgegangen, dass beurlaubte Beamte wegen der gesicherten Rückkehrmöglichkeit zur E2 AG nicht in gleicher Weise eines finanziellen Anreizes bedurften. Im Hinblick auf die Frage, mit welcher Wahrscheinlichkeit die beurlaubten Beamten Kündigungsschutzklagen erheben würden, habe ein Beurteilungsspielraum und eine Einschätzungsprärogative der Betriebsparteien bestanden. - Zwischen den Parteien blieb unstreitig, dass mindestens 110 beurlaubte Beamte mittlerweile Zahlungsansprüche aus der Betriebsvereinbarung Sonderprämie gegen die Beklagte geltend machten. Nach Auffassung der Beklagten käme es zu einer unzulässigen Erhöhung des Dotierungsrahmens der Betriebsvereinbarung Sonderprämie vom 29.04.2013, wenn beurlaubte Beamte in den Anwendungsbereich dieser Betriebsvereinbarung aufgenommen würden; dies führe zur Nichtigkeit der Betriebsvereinbarung. Der Dotierungsrahmen der Betriebsvereinbarung Sonderprämie betrage für 760 Mitarbeiter, die keine beurlaubten Beamten seien, ca. 3,3 Millionen Euro. Der Dotierungsrahmen würde sich bei Einbeziehung der beurlaubten Beamten um ca. 25% erhöhen.
62Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die beiderseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
63Entscheidungsgründe
64I.
65Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.
66Das Arbeitsgericht hat die Klage mit dem Antrag zu 1) zu Recht abgewiesen. Der Kläger kann von der Beklagten nicht die Zahlung einer Sozialplanabfindung verlangen.
671. Ein Zahlungsanspruch für den Kläger ergibt sich nicht aus dem Sozialplan vom 29.04.2013.
68Der Kläger gehört nicht zum Kreis der anspruchsberechtigten Arbeitnehmer. Nach Ziffer 1.2 des Sozialplans gilt dieser nicht für beurlaubte Beamte.
692. Die Regelung unter Ziffer 1.2 des Sozialplans, die beurlaubte Beamte von Abfindungsansprüchen ausschließt, ist wirksam. Sie verstößt nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG.
70a) Die Betriebsparteien haben beim Abschluss von Betriebsvereinbarungen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG zu beachten (BAG, Urteil v. 17.06.2014 - 3 AZR 491/12, Beschluss v. 10.12.2013 - 1 ABR 40/12).
71aa) § 75 Abs. 1 BetrVG zielt darauf ab, eine Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Sachverhalten sicher zu stellen und eine gleichheitswidrige Gruppenbildung auszuschließen. Maßgeblich für das Vorliegen eines die Bildung unterschiedlicher Gruppen rechtfertigenden Sachgrundes ist vor allem der Zweck, der mit der Regelung verfolgt wird (BAG, Urteil v. 18.05.2010 - 1 AZR 187/09, Urteil v. 19.02.2008 - 1 AZR 1004/06).
72bb) Im Hinblick auf Sozialpläne gilt insoweit Folgendes:
73(1) Sozialpläne haben nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine zukunftsbezogene Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion. Die in ihnen vorgesehenen Leistungen sollen gem. § 112 Abs. 1 S. 2 BetrVG die künftigen Nachteile ausgleichen oder abmildern, die dem Arbeitnehmer durch die Betriebsänderung entstehen können, die Sozialplanleistungen stellen kein zusätzliches Entgelt für die in der Vergangenheit erbrachten Dienste dar (BAG, Urteil v. 26.03.2013 - 1 AZR 813/11, Urteil v. 07.06.2011 - 1 AZR 34/10, Urteil v. 18.05.2010 - 1 AZR 187/09, Urteil v. 26.05.2009 - 1 AZR 198/08).
74(2) Die zukunftsbezogene Ausgleichsfunktion von Sozialplänen eröffnet den Betriebsparteien Beurteilungs- und Gestaltungsspielräume (BAG, Urteil vom 26.03.2013 - 1 AZR 813/11, Urteil vom 07.06.2011 - 1 AZR 34/10, Urteil vom 11.11.2008 - 1 AZR 475/07, Urteil vom 06.11.2007 - 1 AZR 960/06).
75Ein Beurteilungsspielraum besteht hinsichtlich der den Arbeitnehmer durch die Betriebsänderung voraussichtlich entstehenden wirtschaftlichen Nachteile. Ein Gestaltungsspielraum besteht beim Ausgleich oder der Abmilderung der von ihnen prognostizierten Nachteile.
76Der Beurteilungsspielraum betrifft die tatsächliche Einschätzung der mit der Betriebsänderung für die Arbeitnehmer verbundenen wirtschaftlichen Folgen. Da Sozialpläne nach der Konzeption des Betriebsverfassungsgesetzes schon vor der Betriebsänderung geschlossen werden sollen, ist es unumgänglich, den Betriebsparteien bei der Einschätzung der wirtschaftlichen Nachteile einen erheblichen Beurteilungsspielraum einzuräumen. Dieser gestattet eine pauschalisierende und typisierende Betrachtung (BAG, Urteil v. 26.03.2013 - 1 AZR 813/11, Urteil v. 07.06.2011 - 1 AZR 34/10, Urteil v. 11.11.2008 - 1 AZR 475/07, Beschluss v. 24.08.2004 – 1 ABR 23/03). Für die Ermittlung der Nachteile ist der Zeitpunkt zugrunde zu legen, zu dem der Sozialplan abgeschlossen werden soll (BAG, Beschluss v. 24.08.2004 - 1 ABR 23/03, Beschluss v. 23.04.1985 - 1 ABR 3/81
77b) Nach diesen Grundsätzen lässt sich nicht feststellen, dass der Kläger im Hinblick auf die Gewährung von Sozialplanleistungen gegenüber anderen Arbeitnehmern grundlos benachteiligt wurde oder im Sozialplan eine sachlich nicht gerechtfertigte Gruppenbildung erfolgte.
78aa) Soweit der Sozialplan Arbeitnehmern nur dann Ansprüche auf Zahlung einer Abfindung zubilligt, wenn es sich nicht um beurlaubte Beamte handelt, liegt keine unzulässige Ungleichbehandlung vor.
79Vergleicht man beide Gruppen, so ist festzustellen, dass die Nachteile, die den beurlaubten Beamten infolge der Betriebsstilllegung entstehen, jedenfalls geringer sind, als die Nachteile, die den anderen Arbeitnehmern entstehen. Während bei den beurlaubten Beamten das Beamtenverhältnis wieder auflebt, aus dem sie Einnahmen erzielen können, sind die anderen Arbeitnehmer bei typisierender Betrachtung von Arbeitslosigkeit bedroht. Das rechtfertigt es, die Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion der Abfindung nur den Arbeitnehmern zukommen zu lassen, bei denen es sich nicht um beurlaubte Beamte handelt.
80Dem kann der Kläger nicht entgegenhalten, dass er, wenn er infolge der Betriebsstilllegung nicht mehr weiter zur Beklagten abgeordnet wird, ebenfalls Nachteile hinzunehmen hat. Die vom Kläger angeführten Nachteile sind bei typisierender Betrachtung weitaus geringer als die Nachteile, die anderen Arbeitnehmern drohen, die infolge der Betriebsstilllegung entlassen wurden und danach arbeitslos sind.
81bb) Auch eine sachlich nicht begründete Ungleichbehandlung zwischen beurlaubten Beamten und Arbeitnehmern, die - nach der Diktion des Klägers - einen „Rückkehranspruch“ zur E2 AG haben, liegt nicht vor.
82Zwar differenziert der Sozialplan nicht zwischen denjenigen, die als ehemalige Arbeitnehmer der E2 AG einen Beschäftigungs- oder Wiedereinstellungsanspruch gegen jenes Unternehmen geltend machen können, und anderen Arbeitnehmern, denen derartige Ansprüche nicht zustehen. Beide Arbeitnehmergruppen erhalten - anders als die beurlaubten Beamte - unterschiedslos eine Sozialplanabfindung. Das ist jedoch im Ergebnis nicht zu beanstanden.
83Dabei kann offen bleiben, ob die Gruppe der „Arbeitnehmer mit Rückkehranspruch“ bei Abschluss des Sozialplans hinreichend identifizierbar war (was zwischen den Parteien streitig ist), und ob die fehlende Abgrenzbarkeit dieser Arbeitnehmergruppe Ansprüche des Klägers unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung zu Fall bringen würde. Die Ungleichbehandlung ist jedenfalls sachlich gerechtfertigt.
84Bei typisierender Betrachtung ist davon auszugehen, dass auch die Arbeitnehmer „mit Rückkehranspruch“ größere Nachteile durch die infolge der Betriebsstilllegung ausgesprochene Kündigung erleiden als die Arbeitnehmer, bei denen es sich um beurlaubte Beamte handelt. Den Beamten steht nach Beendigung der Abordnung und des Arbeitsverhältnisses zur Beklagten unproblematisch ein Anspruch auf weitere Beschäftigung und Vergütungszahlung gegen E AG zu, da das ruhende Beamtenverhältnis wieder auflebt. Die Durchsetzung dieser Ansprüche begegnet weder rechtlichen noch tatsächlichen Problemen. E AG weigert sich nicht, diese Ansprüche zu erfüllen. Dass beurlaubte Beamte ihr „Rückkehrecht“ gegenüber der E2 AG gerichtlich durchsetzen mussten, hat keine Partei vorgetragen.
85Demgegenüber sind etwaige Ansprüche von Arbeitnehmern, die keine beurlaubten Beamten sind und E AG auf Beschäftigung oder Wiedereinstellung in Anspruch nehmen wollen, erheblichen rechtlichen und faktischen Schwierigkeiten ausgesetzt.
86Es ist nicht ersichtlich, dass es Arbeitnehmer gibt, die einen vertraglichen Anspruch auf Beschäftigung oder Wiedereinstellung gegen E AG (oder gegen sonstige Arbeitgeber) aufgrund einer ausdrücklichen Vereinbarung haben. Dies haben die Parteien weder vorgetragen noch bestehen andere Anhaltspunkte für den Abschluss derartiger Vereinbarungen. Ein „Rückkehrrecht“ von Arbeitnehmern ließe sich gegenüber der E2 AG nur daraus herleiten, dass das zuvor zwischen diesen Arbeitnehmern und der E2 AG bestehende Arbeitsverhältnis nicht wirksam beendet wurde, weil es entweder an einem Beendigungstatbestand im Sinne des § 623 BGB fehlt oder weil die Arbeitsverhältnisse jener Arbeitnehmer im Wege des Betriebsübergangs von der E2 AG auf andere Arbeitgeber übergingen und ein Widerspruch gegen diesen Betriebsübergang aufgrund einer fehlerhaften Belehrung nach § 613 a Abs. 5 BGB noch möglich ist.
87Insoweit war aber bei Abschluss des Sozialplanes davon auszugehen, dass zur Durchsetzung von Beschäftigungsansprüchen gegen E AG die Erhebung einer Klage erforderlich sein wird. Freiwillig hatte E AG bis zu diesem Zeitpunkt keinen Arbeitnehmer der Beklagten weiterbeschäftigt. Vielmehr mussten die Arbeitnehmer Prozesse gegen E AG führen. Ihre Rückkehransprüche waren dadurch im Vergleich zu den beurlaubten Beamten faktisch erheblich erschwert. Während der Prozessdauer stehen die klagenden Arbeitnehmer ebenso wie andere entlassene Arbeitnehmer, die sich keines „Rückkehrrechts“ berühmen: Sie sind nämlich, falls sie nicht eine Anschlussbeschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber finden, arbeitslos.
88Unbehelflich ist in diesem Zusammenhang der Vorwurf des Klägers, E AG verhalte sich schikanös, wenn sie die Arbeitnehmer, die zur E2 AG zurückkehren möchten und keine beurlaubten Beamten sind, zur Klageerhebung und zur Führung eines arbeitsgerichtlichen Prozesses veranlasst. Der Kläger macht den Anspruch auf Zahlung einer Abfindung nicht gegen E AG, sondern gegen die Beklagte geltend. Es liegen aber keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beklagte das (Prozess-) Verhalten der E2 AG steuert, verursacht hat oder sich sonst zurechnen lassen müsste. Im Übrigen ist es nicht als schikanös zu bewerten, wenn E AG vermeintliche Beschäftigungsansprüche von Arbeitnehmern, die langjährig für dritte Unternehmen tätig waren, gerichtlich überprüfen lässt. Selbst dann, wenn es an einem formwirksamen Beendigungstatbestand für das zuvor bestehende Arbeitsverhältnis zur E2 AG im Sinne des § 623 BGB fehlt oder die Belehrung über einen erfolgten Betriebsübergang fehlerhaft war, kann der Anspruch, den die klagenden Arbeitnehmer erheben, dem Verwirkungseinwand ausgesetzt sein. Das Recht, sich auf die Formnichtigkeit eines Rechtsgeschäfts gemäß §§ 623, 125 BGB zu berufen, unterliegt auch dann der Verwirkung, wenn der Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses im Streit steht (vgl. BAG, Urteil v. 16.09.2004 - 2 AZR 659/03, Urteil v. 28.05.1998 - 2 AZR 615/97, Urteil v. 04.12.1997 - 2 AZR 799/96; Preis/Gotthardt, NZA 200, 348, 352 ff.; Henssen, DB 2006, 613, 614 ff.). Dies gilt auch im Hinblick auf das Recht, einem Betriebsübergang zu widersprechen (vgl. BAG, Urteil v. 22.06.2011 - 8 AZR 752/09, Urteil v. 24.02.2011 - 8 AZR 699/09, Urteil v. 11.11.2010 - 8 AZR185/09). Vor dem Hintergrund, dass der Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte bereits im Januar 2008 erfolgte, ist es jedenfalls nicht fernliegend zu problematisieren, ob etwaige Ansprüche auf Beschäftigung gegenüber der E2 AG verwirkt sind.
89II.
90Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg.
91Dem Kläger stehen keine Ansprüche auf Zahlung einer Sonderprämie nach Maßgabe der Betriebsvereinbarung Sonderprämie vom 29.04.2013 zu.
921. Der Kläger hat keinen Anspruch aus der „Betriebsvereinbarung Sonderprämie“ vom 29.04.2013.
93Nach Ziff. 1 der „Betriebsvereinbarung Sonderprämie“ ist der Anwendungsbereich der Betriebsvereinbarung beschränkt auf diejenigen Mitarbeiter, die dem Geltungsbereich des Sozialplans vom 29.04.2013 unterfallen. Nach Ziff. 1.2 des Sozialplanes vom 29.04.2013 gilt der Sozialplan jedoch nicht für beurlaubte Beamte.
942. Die Regelung unter Ziff. 1 der Betriebsvereinbarung Sonderprämie vom 29.04.2013, die beurlaubten Beamten Ansprüche auf Zahlung der Sonderprämie versagt, ist wirksam. Sie verstößt nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG.
95a) Die Betriebsparteien haben beim Abschluss von Betriebsvereinbarungen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten (s.o. unter I 2 a aa der Entscheidungsgründe).
96Dies gilt auch, wenn in Betriebsvereinbarungen freiwillige Leistungen vorgesehen werden (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 6.09.2009 - 9 Sa 170/09, Urteil v. 24.08.2012 - 9 Sa 167/12; LAG Hamburg, Urteil v. 16.01.2003 - 1 Sa 27/02), insbesondere Zahlungen bei einvernehmlichen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis (BAG, Urteil v. 18.09.2001 - 3 AZR 656/00, Urteil v. 31.05.2005 - 1 AZR 254/04, Urteil vom 18.05.2010 - 1 AZR 187/09). Die Sonderprämie nach Maßgabe der Betriebsvereinbarung vom 29.04.2013 stellt eine solche freiwillige Leistung dar. Bei der Betriebsvereinbarung handelt es sich nicht um eine Sozialplanregelung, die die wirtschaftlichen Nachteile der Betriebsstilllegung ausgleichen soll. Vielmehr bezweckt die Betriebsvereinbarung Sonderprämie - unabhängig von wirtschaftlichen Nachteilen, die einzelne Arbeitnehmer erlitten haben - denjenigen eine Sonderzahlung zukommen zu lassen, die keine Kündigungsschutzklage erheben und die ihnen überlassenen Arbeitsmittel zurückgeben.
97b) Die Ungleichbehandlung zwischen den Arbeitnehmern, die beurlaubte Beamte sind und keine Ansprüche aus der Betriebsvereinbarung Sonderprämie haben, und anderen Arbeitnehmern, denen derartige Ansprüche zustehen, ist sachlich gerechtfertigt und daher mit § 75 Abs. 1 BetrVG vereinbar.
98aa) Für die Frage, ob eine ungerechtfertigte Benachteiligung einzelner Arbeitnehmer oder Arbeitnehmergruppen vorliegt, wenn diese von freiwilligen Leistungen ausgeschlossen werden, ist der verfolgte Leistungszweck maßgeblich.
99Arbeitnehmer werden nicht sachfremd benachteiligt, wenn nach dem Zweck der Leistung Gründe vorliegen, die es unter Berücksichtigung aller Umstände rechtfertigen, ihnen die Leistungen vorzuenthalten, die anderen Arbeitnehmern gewährt werden (BAG, Urteil v. 19.03.2003 - 10 AZR 365/02, Urteil v. 12.10.2011 - 10 AZR 510/10). Die Zweckbestimmung einer Sonderzahlung ergibt sich vorrangig aus ihren tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen (BAG, Urteil v. 12.10.2011 - 10 AZR 510/10). Sowohl bei der Ausgestaltung von Sozialplänen als auch bei freiwilligen Zusatzleistungen besteht ein von den Gerichten zu respektierender Beurteilungsspielraum der Betriebsparteien: Sie sind bei der Bestimmung des Leistungszwecks sind Arbeitgeber und Betriebsrat frei und können die Voraussetzungen der freiwilligen Leistung so bestimmen, dass diese zum gewünschten und mit der Leistung verfolgten Erfolg führen (BAG, Urteil v. 18.09.2001 - 3 AZR 656/00, Urteil v. 18.05.2010 - 1 AZR 187/09; LAG Hamburg, Urteil v. 16.01.2003 - 1 Sa 27/02). Die Möglichkeit, nach § 77 BetrVG freiwillige Betriebsvereinbarungen abzuschließen, setzt die Anerkennung eines solchen Regelungsspielraums der Betriebsparteien voraus. Eine Differenzierung zwischen Arbeitnehmergruppen ist erst dann sachfremd, wenn es für sie keine billigenswerten Gründe gibt. Billigenswert sind Gründe, die auf vernünftigen, einleuchtenden Erwägungen beruhen und gegen keine verfassungsrechtlichen oder sonstigen übergeordneten Wertentscheidungen verstoßen; ob die zweckmäßigste und gerechteste Lösung gewählt wurde, ist nicht zu überprüfen (BAG, Urteil v. 18.09.2001 - 3 AZR 656/00).
100bb) Die „Betriebsvereinbarung Sonderprämie“ vom 29.04.2013 verfolgt, wie sich insbesondere aus ihrer Präambel ergibt, drei unterschiedliche Zwecke.
101Regelungszweck ist zunächst, einen Anreiz für Arbeitnehmer zum Wechsel in eine Transfergesellschaft zu schaffen Satz 3 der Präambel). Der zweite Regelungszweck besteht darin, diejenigen Arbeitnehmer zu begünstigen, die ein Angebot auf Wechsel in eine Transfergesellschaft ablehnen oder kein Angebot auf Wechsel in eine Transfergesellschaft erhalten, obgleich sie durch betriebsbedingte Kündigung von Arbeitslosigkeit bedroht sind, sofern sie keine Klage erheben oder einen Abwicklungsvertrag mit der Beklagten schließen; insoweit wird das Interesse der Beklagten berücksichtigt, individualrechtliche Risiken durch eine Kündigungsschutzklage zu vermeiden, (Satz 4 der Präambel). Dritter Regelungszweck ist es, zu gewährleisten, dass die entlassenen Mitarbeiter ihre Arbeitsmittel an die Beklagte zurückgeben (Satz 5 der Präambel).
102cc) Diese Regelungszwecke kommen bei Arbeitnehmern, die beurlaubte Beamte sind, überwiegend nicht zum Tragen.
103Die beabsichtigte Incentivierung des Übertritts in eine Transfergesellschaft, um Arbeitslosigkeit zu vermeiden, scheidet bei beurlaubten Beamten aus. Sie sind nicht vor Arbeitslosigkeit bedroht, da das Beamtenverhältnis wieder auflebt. Daher fehlt es bei beurlaubten Beamten auch an den persönlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Transferkurzarbeitergeld gemäß § 111 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB III.
104Der zweite Regelungszweck (Berücksichtigung der Planungssicherheit der Beklagten und Vermeidung individualrechtlicher Risiken bei Erhebung von Kündigungsschutzklagen) greift bei beurlaubten Beamten ebenfalls nicht ein. Zwar können auch beurlaubte Beamte sich durch die Erhebung einer Kündigungsschutzklage gegen die beabsichtigte Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zur Wehr setzen. Nach Satz 4 der Präambel der Betriebsvereinbarung Sonderprämie ist der Leistungszweck insoweit allerdings beschränkt: Nur solche Arbeitnehmer sollen durch die Gewährung der Sonderprämie honoriert werden, die infolge der betriebsbedingte Kündigung von Arbeitslosigkeit bedroht sind. Die Betriebsparteien wollten erkennbar nur denjenigen Arbeitnehmern eine Vergünstigung in Gestalt der Sonderprämie zukommen lassen, die bei Nichterhebung der Kündigungsschutzklage oder beim Abschluss eines Abwicklungsvertrages auch das wirtschaftliche Risiko der Arbeitslosigkeit in Kauf nehmen müssten. Dieses Risiko haben beurlaubte Beamte nicht zu tragen.
105Lediglich der dritte Teilzweck der Sonderprämie, die Rückgabe überlassener Arbeitsmittel sicherzustellen, spricht auch bei beurlaubten Beamten für die Gewährung dieser Leistung.
106dd) Da zugunsten des Klägers nur ein Teilzweck der Leistungsgewährung nach der Betriebsvereinbarung Sonderprämie zum Tragen kommt, ist es bei Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt, ihm als beurlaubten Beamten die Sonderprämie vorzuenthalten.
107(1) Der erfüllte Teilzweck (Sicherung der Rückgabe der Arbeitsmittel) ist ein Zweck, der nicht entscheidend für die Gewährung der Prämie an beurlaubte Beamte spricht.
108Es handelt sich lediglich um einen nachrangigen Zweck. Das ergibt sich daraus, dass dieser Zweck in der Präambel als letzter Leistungszweck genannt ist. Dass es sich bei dem Leistungszweck, die Rückgabe der Arbeitsmittel zu sichern, um einen nachrangigen Zweck handelt, folgt auch daraus, dass die Sicherung dieses Leistungszwecks nicht als Anspruchsvoraussetzung, sondern als auflösende Bedingung ausgestaltet ist (Ziffer 2.3 der Betriebsvereinbarung Sonderprämie).
109(2) Der Hauptzweck der Prämie, einen Anreiz zum Wechsel in eine Transfergesellschaft zu schaffen, greift demgegenüber bei beurlaubten Beamten gerade nicht ein.
110Nach dem Wortlaut der Präambel ist der Leistungszweck, den Wechsel in eine Transfergesellschaft zu belohnen, um den betroffenen Mitarbeitern neue berufliche Perspektiven zu eröffnen, der vorrangige Hauptzweck der Leistung. Dieser Zweck wird daher auch an erster Stelle genannt. Da Beamte nicht von Arbeitslosigkeit bedroht sind und kein Transferkurzarbeitergeld erhalten, ist dieser vorrangige Leistungszweck nicht erfüllt.
111(3) Soweit der weitere Teilzweck der Sonderprämie sich darauf beschränkt, nicht allgemein den Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage zu belohnen, sondern nur dann, wenn der verzichtende Arbeitnehmer von Arbeitslosigkeit bedroht wird (was bei beurlaubten Beamten nicht der Fall ist), begegnet dies keinen Bedenken.
112(a) Die Entscheidung, Beamte durch diese einschränkende Voraussetzung aus dem Kreise der Arbeitnehmer auszuschließen, denen ein Anspruch auf die Sonderprämie zusteht, beruht jedenfalls auf vernünftigen und einleuchtenden Erwägungen.
113(aa) Die Einschränkung korrespondiert mit dem Hauptzweck der Leistung, einen Anreiz zum Wechsel in die Transfergesellschaft zu schaffen.
114(bb) Es ist auch nicht zu beanstanden, wenn die Betriebsparteien davon ausgingen, dass das Bedürfnis nach Planungssicherheit im Hinblick auf einen etwaigen Kündigungsschutzprozess bei beurlaubten Beamten geringer ist.
115Da zugunsten der beurlaubten Beamten das ruhende Beamtenverhältnis auflebt, sobald das Arbeitsverhältnis zur Beklagten beendet ist, durften die Betriebsparteien annehmen, dass die Wahrscheinlichkeit, der betroffene Mitarbeiter werde Kündigungsschutzklage erheben, bei beurlaubten Beamten geringer ist als bei Arbeitnehmern. Arbeitnehmer, die keine beurlaubten Beamten sind, haben bei Erhebung der Kündigungsschutzklage mehr zu gewinnen und bei einem Verzicht auf die Kündigungsschutzklage mehr zu verlieren als beurlaubte Beamte. Der Arbeitnehmer hätte bei Erfolg der Kündigungsschutzklage seinen Arbeitsplatz und damit die Möglichkeit der Weiterbeschäftigung und Entgeltzahlung zurückgewonnen. Diese Möglichkeit steht den Beamten ohnehin in Gestalt des wiederauflebenden Beamtenverhältnisses zu. Falls Arbeitnehmer, die keine beurlaubten Beamten sind, auf eine Kündigungsschutzklage verzichten und durch eigene Anstrengungen keine Anschlussbeschäftigung finden, müssen sie damit rechnen, gegebenenfalls für längere Zeit arbeitslos zu sein. Dieses Risiko haben die beurlaubten Beamten nicht zu tragen. Die Einschätzung der Betriebsparteien, Kündigungsschutzklagen seien bei beurlaubten Beamten unwahrscheinlicher, hat sich auch bestätigt. Tatsächlich hat die Mehrheit der Beamten (nämlich mindestens 110 von 190 beurlaubten Beamten) keine Kündigungsschutzklage erhoben, sondern Ansprüche auf Zahlung der Prämie nach der Betriebsvereinbarung vom 29.04.2013 geltend gemacht.
116(cc) Es kommt hinzu, dass die Beklagte dann, wenn ein beurlaubter Beamter Kündigungsschutzklage erhebt, ein geringeres Risiko bei der Durchführung des Prozesses hat. Der klagende beurlaubte Beamte müsste sich nach § 615 Satz 2 BGB die beamtenmäßige Besoldung, die er nach Ablauf der Kündigungsfrist während des Kündigungsschutzprozesses erhält, anrechnen lassen, so dass das Annahmeverzugsrisiko der Beklagten gemindert ist.
117(b) Der Kläger kann hiergegen nicht einwenden, die Bedrohung von Arbeitslosigkeit als einschränkender Leistungszweck stelle eine Umgehung des Grundsatzes dar, wonach Sozialplanleistungen nicht vom Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage abhängig gemacht werden dürfen.
118(aa) Dem Kläger ist zwar darin Recht zu geben, dass eine Sozialplanregelung, die die Zahlung von Abfindungen vom Verzicht auf die Kündigungsschutzklage abhängig macht, unwirksam ist (BAG, Urteil v. 31.05.2005 - 1 AZR 254/04).
119Der Kläger kann sich aber schon deshalb nicht auf eine Umgehung dieses Grundsatzes berufen, weil er gar nicht zum Kreis der Arbeitnehmer zählt, denen Ansprüche aus dem Sozialplan zustehen. Die Beschränkung des persönlichen Geltungsbereichs des Sozialplans ist insoweit zulässig (s. o. unter I 2 b der Entscheidungsgründe).
120(bb) Jedenfalls haben die Betriebsparteien den Regelungsspielraum, der ihnen bei der Ausgestaltung freiwilliger, über den Sozialplan hinausgehender Leistungen zusteht, im Streitfall nicht überschritten.
121Den Betriebsparteien steht im Hinblick auf Betriebsvereinbarungen, die finanzielle Anreize für die Arbeitnehmer zum Abschluss von Aufhebungsverträgen enthalten, eine Typisierungsbefugnis und Einschätzungsprärogative zu (BAG, Urteil v. 18.09.2001 - 3 AZR 656/00, Urteil v. 18.05.2010 - 1 AZR 187/09). Die Betriebsvereinbarung Sonderprämie stellt keine Sozialplanregelung dar, vielmehr handelt es sich um eine Betriebsvereinbarung über eine freiwillige Leistung, die finanzielle Anreize für die Arbeitnehmer schafft, Aufhebungsverträge abzuschließen und dadurch individualrechtliche Risiken des Arbeitgebers bei der Durchführung von Betriebsänderungen zu reduzieren. Dieser Leistungszweck ist zulässig, sofern ein gemäß § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG abzuschließender Sozialplan auskömmlich dotiert ist und ihm durch die Zahlung von „Turboprämien“ für den Abschluss freiwilliger Aufhebungsvereinbarungen keine Mittel entzogen werden (BAG, Urteil v. 31.05.2005 - 1 AZR 254/04, Urteil v. 18.05.2010 - 1 AZR 187/09). Dafür liegen keine Anhaltspunkte vor.
122Die wirtschaftlichen Nachteile, die den durch die geplante Betriebsstilllegung betroffenen Arbeitnehmern entstehen können, werden durch den Sozialplan vom 29.04.2013 ausgeglichen. Der Sozialplan ist auskömmlich dotiert. Er enthält unter Ziffer 2 Regelungen zum Übertritt in eine Transfergesellschaft sowie unter Ziffer 3 eine angemessene Abfindungsregelung. Im Übrigen stellt die Sonderprämie nur einen Bruchteil der Abfindungszahlung dar, die den Arbeitnehmern, legt man eine durchschnittliche Betriebszugehörigkeit von 26 Jahren zugrunde, aus dem Sozialplan zustehen.
123ee) Das Berufungsgericht hat auch in Erwägung gezogen, ob die beurlaubten Beamten durch die Versagung von Ansprüchen auf Zahlung einer Sonderprämie gegenüber den Arbeitnehmern ungerechtfertigt benachteiligt werden, denen gegenüber der E2 AG ein „Rückkehrrecht“ zusteht. Im Ergebnis ist das zu verneinen.
124Die Arbeitnehmer, die sich darauf berufen könnten, ihr vormals zur E2 AG bestehendes Arbeitsverhältnis sei nicht rechtswirksam beendet worden, erfüllen alle drei Teilzwecke der Betriebsvereinbarung Sonderprämie. Dies gilt für den Anreiz, in eine Transfergesellschaft zu wechseln, ebenso wie für die beabsichtigte Sicherung der Rückgabe von Arbeitsmitteln. Aber auch der Teilzweck „Schaffung von Rechtssicherheit durch Verzicht auf die Kündigungsschutzklage trotz Bedrohung durch Arbeitslosigkeit“ kommt bei jenen Arbeitnehmern zum Tragen. Sie sind nämlich in der Tat von Arbeitslosigkeit bedroht, weil E AG ein Rückkehrrecht nicht anerkennt und die Arbeitnehmer, die sich eines solchen Rechts berühmen, daher den Rechtsweg beschreiten müssen. Während sie den Rechtsstreit gegen E AG führen, stehen sie ebenso wie andere Arbeitnehmer, die keine beurlaubten Beamten sind und denen kein „Rückkehrrecht“ zur E2 AG zusteht; insbesondere müssen die ihr „Rückkehrrecht“ einklagenden Arbeitnehmer mit einer längeren Arbeitslosigkeit rechnen. Aus diesem Grund ist bei jenen Arbeitnehmern die Wahrscheinlichkeit, dass sie eine Kündigungsschutzklage gegen die Beklagte erheben, größer als bei den beurlaubten Beamten.
125III.
126Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO.
127Die Revision ist gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ArbGG zugelassen worden. Die Frage, inwieweit beurlaubte Beamte bei der Gewährung von Sozialplanabfindungen mit anderen Arbeitnehmern gleich zu behandeln sind, hat grundsätzliche Bedeutung. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf ist bei der Beurteilung der Frage, ob den beurlaubten Beamten ein Anspruch auf Zahlung der Sonderprämie nach der Betriebsvereinbarung vom 29.04.2013 zusteht, zu einem anderen Ergebnis gelangt (LAG Düsseldorf, Urteil vom 02.07.2014 - 4 Sa 321/14) als das erkennende Gericht.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 15.10.2013 - 3 Ca 1433/13 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen, soweit die Berufung der Klägerin, die sich gegen die Abweisung des Zahlungsantrags durch das Arbeitsgericht richtet, zurückgewiesen wurde.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung, die die Beklagte auf betriebliche Gründe stützen will, sowie über den Anspruch der Klägerin auf Zahlung einer Abfindung aus einem Sozialplan.
3Die am 04.08.1960 geborene Klägerin ist ledig und einem Kind zum Unterhalt verpflichtet. Seit dem 01.12.1979 war sie im Dienste der Bundesrepublik Deutschland als Beamtin bei der Deutschen B tätig. Mit der Privatisierung der Deutschen B nimmt E AG die Dienstherreneigenschaft aufgrund des Gesetzes zum Personalrecht der Beschäftigten der früheren Deutschen B wahr. E AG beurlaubte die Klägerin nach § 13 Abs. 1 der Sonderurlaubsverordnung unter Wegfall der Besoldung für eine Tätigkeit bei der W GmbH. Zum 01.01.2008 erwarb die Beklagte den Geschäftsbetrieb der W GmbH. Sämtliche bei der W GmbH bestehende Arbeitsverhältnisse, darunter auch das Arbeitsverhältnis der Klägerin, gingen auf die Beklagte über. Die Beklagte erbrachte mit zuletzt rund 950 Mitarbeitern, darunter rund 190 beurlaubte Beamte der E2 AG, an 16 Standorten in Deutschland Dienstleistungen auf dem Telekommunikationssektor.
4Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Manteltarifvertrag für die W GmbH Anwendung. Die Klägerin bezog zuletzt ein monatliches Entgelt von 2.103,40 € brutto.
5In den Jahren 2010 bis 2012 erstritten einige Arbeitnehmer der Beklagten, die nicht zu den beurlaubten Beamten gehörten, rechtskräftig obsiegende Urteile gegen E AG, wonach die Arbeitsverhältnisse zu dieser mangels rechtswirksamer Beendigung fortbestanden haben. Später ergingen entsprechende Anerkenntnisurteile zugunsten weiterer Arbeitnehmer.
6Am 05.12.2012 wurden die Beschäftigten der Beklagten im Rahmen einer Betriebsversammlung über eine beabsichtigte Schließung des Geschäftsbetriebs der Beklagten informiert. Die Gesellschafter der Beklagten trafen am 18.12.2012 u. a. den Beschluss, der Einstellung des Geschäftsbetriebes der Gesellschaft zuzustimmen. Das operative Geschäft der Beklagten sollte zum 30.06.2013, die Abrechnung bis zum 31.07.2013 und die verbleibenden Restarbeiten bis zum 30.09.2013 beendet werden.
7Am 29.04.2013 schlossen sodann die Beklagte und der Betriebsrat einen Interessenausgleich zur Betriebsschließung ab. Der Interessenausgleich lautet auszugsweise:
8„6. Beteiligungsrechte des Betriebsrates
96.1. Der Betriebsrat und NSN S sind sich darüber einig, dass durch diesen Interessenausgleich die Beteiligungsrechte des Betriebsrates gemäß §§ 111, 112 BetrVG zur Betriebsstilllegung abschließend wahrgenommen sind und das Verfahren beendet ist.
106.2. NSN S hat den Betriebsrat im Rahmen der Interessenausgleichsverhandlungen eingehend über die Gründe für die geplanten Entlassungen, die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden Mitarbeiter, die Zahl und Berufsgruppen der in der Regel beschäftigten Mitarbeiter, den Zeitraum, in dem Entlassungen vorgenommen werden sollen, die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenen Mitarbeiter und die für die Berechnung etwaiger Abfindungen vorgesehenen Kriterien informiert, und zwar sowohl für jeden Standort gesondert als auch für den unternehmenseinheitlichen Betrieb insgesamt. Die Parteien haben insbesondere die Möglichkeit beraten, Entlassungen zu vermeiden oder einzuschränken oder ihre Folgen zu mildern; das Ergebnis dieser Beratungen ist in diesem Interessenausgleich enthalten. Damit ist auch die Beteiligung des Betriebsrats nach § 17 Abs. 2 KSchG abgeschlossen. NSN S wird diesen Interessenausgleich der zuständigen Agentur für Arbeit zuleiten. Er gilt zugleich als Stellungnahme des Betriebsrats zu der beabsichtigten Massenentlassungsanzeige nach § 17 Abs. 3 KSchG.
116.3 NSN S hat den Betriebsrat im Rahmen der Verhandlungen dieses Interessenausgleichs über den Wegfall sämtlicher Arbeitsplätze durch die Betriebsstilllegung umfassend informiert. Gleichzeitig wurden etwaige Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten diskutiert und übereinstimmend festgestellt, dass solche wegen der Betriebsstilllegung nicht bestehen. Hinsichtlich der Sozialauswahl wurde festgestellt, dass eine solche nicht zu treffen ist, da sämtliche Mitarbeiter wegen der Betriebsstilllegung gleichzeitig entlassen werden. Sämtliche Informationen hat NSN S dem Betriebsrat auch mit der Bitte zugeleitet, sie als Einleitung der Betriebsratsanhörung nach § 102 BetrVG anzusehen und den Kündigungen zuzustimmen. Der Betriebsrat hat über diese Kündigungen beraten und abschließend beschlossen, keine weitere Stellungnahme abzugeben. Mit Unterschrift unter den Interessenausgleich ist deshalb das Verfahren nach § 102 BetrVG abgeschlossen.“
12Unter dem 29.04.2013 schlossen die Beklagte und der Betriebsrat einen Sozialplan zur Betriebsschließung. In diesem Sozialplan heißt es u. a.:
13„Präambel
14(1) Infolge der Betriebsstilllegung, die im Interessenausgleich vom 29.04.2013 beschrieben ist, entsteht die Notwendigkeit, die wirtschaftlichen und sozialen Nachteile auszugleichen bzw. abzumildern, die den Mitarbeitern entstehen.
15(2) Die Betriebsparteien möchten durch diesen Sozialplan insbesondere die Bedingungen dafür schaffen, dass die von Arbeitslosigkeit bedrohten Mitarbeiter der NSN S bei ihrer notwendigen beruflichen Neuorientierung unterstützt werden. Zu diesem Zweck soll den Mitarbeitern nach Maßgabe dieses Sozialplans neben der Zahlung von Abfindungen auch der Abschluss von Transferarbeitsverhältnissen angeboten werden.
16(3) Das zur Verfügung stehende Sozialplanvolumen ist knapp bemessen und reicht nicht annähernd für den Ausgleich der wirtschaftlichen Nachteile aller Mitarbeiter aus. Vor diesem Hintergrund haben die Betriebsparteien das ihnen zustehende Ermessen so ausgeübt, dass die aus ihrer Sicht gravierendsten wirtschaftlichen Nachteile gemildert werden, die im Hinblick auf die zukunftsgerichtete Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion des Sozialplans in erster Linie durch Arbeitslosigkeit entstehen. Sie verkennen dabei nicht, dass auch beurlaubten Beamten bei Rückkehr zur E2 AG Nachteile entstehen können, z. B. durch ein geringeres Entgelt oder einen Ortswechsel. Beurlaubte Beamte erleiden jedoch typischerweise wesentlich geringere wirtschaftliche Nachteile als diejenigen ohne Beamtenstatus, da sie normalerweise weder von Arbeitslosigkeit bedroht sind noch ihr Rückkehranspruch zur E2 AG bzw. ihr erworbener Besitzstand bestritten wird.
17- 1.18
Geltungsbereich
1.1 Dieser Sozialplan gilt für alle Mitarbeiter der NSN S an allen Standorten in der Bundesrepublik Deutschland, soweit sie von personellen Maßnahmen infolge der Betriebsstilllegung gemäß des Interessenausgleichs betroffen sind oder betroffen sein werden.
201.2 Dieser Sozialplan gilt nicht für
21[…]- …- beurlaubte Beamte.
22- …“
23Ebenfalls unter dem 29.04.2013 versandte die Beklagte an die Bundesagentur für Arbeit eine Massenentlassungsanzeige nebst Anlagen. Die Bundesagentur für Arbeit bestätigte der Beklagten den Eingang der Massenentlassungsanzeige am 03.05.2013 bei der Bundesagentur für Arbeit Recklinghausen.
24Am 30.04.2013 wurden die Mitarbeiter der Beklagten über den Interessenausgleich und Sozialplan unterrichtet. Am gleichen Tag informierte die Beklagte durch eine Pressemitteilung die Öffentlichkeit über die geplante Betriebsschließung
25Mit Schreiben vom 06.05.2013, das der Klägerin am 08.05.2013 zuging, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich mit sozialer Auslauffrist zum 31.12.2013, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin. Mit einem weiteren Schreiben ohne Datum kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Klägerin nochmals außerordentlich mit sozialer Auslauffrist zum 28.02.2014.
26Mit ihrer am 29.05.2013 bei Gericht eingegangenen, später erweiterten Klage hat sich die Klägerin gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewandt, ihre tatsächliche Weiterbeschäftigung begehrt und hilfsweise Ansprüche auf Zahlung einer Sozialplanabfindung geltend gemacht.
27Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Kündigungen seien unwirksam. Sie hat das Vorliegen eines Kündigungsgrundes, die ordnungsgemäße Beteiligung des Betriebsrats sowie die ordnungsgemäße Durchführung des Massenentlassungsverfahrens bestritten. - Hilfsweise hat die Klägerin eine Abfindung nach dem Sozialplan vom 29.04.2013 begehrt. Insofern hat sie die Ansicht vertreten, der vollständige Ausschluss von beurlaubten Beamten aus dem Geltungsbereich des Sozialplans sei nicht gerechtfertigt. Bereits in der Präambel des Sozialplans hätten die Betriebsparteien anerkannt, dass auch beurlaubte Beamte bei einer Rückkehr zur E2 AG dem Risiko wirtschaftlicher Nachteile ausgesetzt seien. Die vorgeblich typischerweise wesentlich geringeren wirtschaftlichen Nachteile könnten allenfalls als Begründung für eine Reduzierung des Anspruchs, nicht aber für dessen ersatzlosen Wegfall angeführt werden. Darüber hinaus hat die Klägerin vorgetragen, die Beklagte beschäftigte ehemalige Tarifangestellte der E2 AG, die entweder ein ausdrückliches Rückkehrrecht zur E2 AG hätten oder deren Arbeitsverhältnis zur E2 AG mangels einer ausdrücklichen Aufhebung fortbestehe, woraus auch für diese Beschäftigten ein Rückkehrrecht abgeleitet werden könne. Obwohl diese Arbeitnehmer wie die beurlaubten Beamten ebenfalls ein gesichertes und vor allem unbefristetes Beschäftigungsverhältnis zukünftig zur E2 AG haben würden, seien sie im Gegensatz zu den beurlaubten Beamten nicht von den Leistungen des Sozialplans ausgenommen worden. Diese Ungleichbehandlung lasse sich allein durch den Beamtenstatus nicht rechtfertigen. Die Gruppe jener Arbeitnehmer, denen ein „Rückkehrrecht“ zur E2 AG zustehe, sei auch für die Beklagte identifizierbar gewesen. Bereits vor dem Übergang des Betriebes der W GmbH auf die Beklagte habe E AG versucht, durch den Abschluss dreiseitiger Verträge etwaige bestehende Arbeitsverhältnisse endgültig auf die W GmbH zu übertragen. Durch einen Blick in die jeweilige Personalakte sei feststellbar gewesen, ob ein unterschriebener dreiseitiger Vertrag vorliege. Des Weiteren habe es bereits seit Anfang 2012 bei der Beklagten eine Excel-Tabelle gegeben, in der die Arbeitnehmer gelistet worden seien, die keinen dreiseitigen Vertrag abgeschlossen hätten. Unabhängig davon habe die Geschäftsführung der Beklagten schon seit 2009 gewusst, dass Rückkehransprüche von Beschäftigten der E2 AG bestünden. Seit dieser Zeit habe der Betriebsrat die Thematik in fast allen Betriebsversammlungen bei Anwesenheit der Geschäftsführung angesprochen und die Arbeitnehmer der Beklagten aufgefordert, ihre Ansprüche gegenüber der T geltend zu machen.
28Die Klägerin hat beantragt,
29- 30
1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist vom 06.05.2013 zum 31.12.2013 nicht beendet worden ist und auch nicht durch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche und fristgerechte Kündigung vom 06.05.2013 zum 31.12.2013 nicht beendet worden ist,
- 32
2. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch nicht durch die außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist zum 28.02.2014 und auch nicht durch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung zum 28.02.2014 beendet worden ist,
- 34
3. die Beklagte zu verurteilen, sie für den Fall des Obsiegens mit den Feststellungsanträgen zu 1. und/oder 2. zu unveränderten Bedingungen bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Rechtsstreit weiter zu beschäftigen,
- 36
4. hilfsweise: die Beklagte zu verurteilen, an sie am 31.12.2013 47.987,50 € brutto zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
38die Klage abzuweisen.
39Sie hat die Ansicht vertreten, die Kündigung sei infolge der Betriebsstilllegung durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt. Der Betriebsrat sei vor Ausspruch der Kündigung ordnungsgemäß beteiligt worden. Die Beklagte hat hierzu vorgetragen, der im Betrieb gewählte Betriebsrat sei mit Schreiben vom 22.04.2013 zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist u. a. des Arbeitsverhältnisses der Klägerin angehört worden. Am 22.04.2013 sei dem Betriebsratsvorsitzenden zudem das ausgefüllte Formular einer Massenentlassungsanzeige nebst Anlagen übergeben worden. Dabei habe die Rechtsanwältin der Beklagten klargestellt, dass im Rahmen der geführten Verhandlungen damit nicht nur das Verfahren nach § 11 BetrVG, sondern auch das Konsultationsverfahren nach § 17 KSchG durchgeführt werden sollte. Sie habe dabei auf den Vorentwurf des Interessenausgleichs verwiesen. Der Interessenausgleich vom 29.04.2013 sei Massenentlassungsanzeige beigefügt gewesen, die gegenüber der B am 29.04.2013 erstattet worden sei; dies habe die A per E-Mail vom 20.09.2013 auf Nachfrage der Beklagten nochmals bestätigt. - Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, der Ausschluss der beurlaubten Beamten aus dem Geltungsbereich des Sozialplans sei gerechtfertigt. Die bei ihr beschäftigten beurlaubten Beamten seien nach wie vor Beamte der E2 AG, die nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses nahtlos zur E2 AG zurückkehren könnten. Das Dienstverhältnis lebe wieder auf, die Beamten erhielten unter Berücksichtigung ihres Wohnortes einen freien Dauerarbeitsplatz und erhielten die ihnen zustehende Besoldung. Die Beurlaubung habe keinen Einfluss auf den Stand des Beamtenverhältnisses und den auch während der Beschäftigung bei ihr weiter erworbenen Besitzstand des Beamten. Lediglich Art und Ort der Tätigkeit, die der Beamte nach seiner Rückkehr bei der E2 AG ausüben werde, sei bei seiner Rückkehr nicht von vornherein klar. Angesichts ihrer finanziellen Situation und der von der Muttergesellschaft zur Verfügung gestellten eingeschränkten Mittel für einen Sozialplan hätten die Betriebsparteien eine Abwägung treffen müssen, welche Nachteile sie ausgleichen könnten und welche nicht. Sie hätten dabei die bei dem beurlaubten Beamten verbleibenden Nachteile hinsichtlich Vergütung, Art und Dauer der Tätigkeit im Vergleich zu den wirtschaftlichen Nachteilen der anderen Arbeitnehmer als deutlich geringer eingeschätzt. Die sichere Aussicht der beurlaubten Beamten auf einen nahtlosen Anschlussarbeitsplatz bei der E2 AG unter Wahrung ihres gesamten Besitzstandes als Beamter rechtfertige trotz verbleibender Nachteile aus ihrer Sicht die Herausnahme der Beamten aus dem Sozialplan. Bei den Mitarbeitern ohne Beamtenstatus, die mit einer durchschnittlichen Betriebszugehörigkeit von 26 Jahren und einem durchschnittlichen Lebensalter von 50 Jahren von Arbeitslosigkeit bedroht seien, hätten die Betriebsparteien gefürchtet, dass diese aufgrund des reinen „-Lebenslaufes“ und ihres Lebensalters nur schwer und nur nach einer langen Überbrückungszeit ein Anschlussbeschäftigungsverhältnis zu wesentlich schlechteren Konditionen erhalten würden. Arbeitnehmern, die keine beurlaubten Beamten seien, stünde kein Rückkehranspruch zur E2 AG zu. Wiedereinstellungszusagen der E2 AG habe es nicht gegeben. Der Beklagten sei lediglich bekannt, dass vier Arbeitnehmer sich ihre Beschäftigung bei der E2 AG nach ihrem Ausscheiden bei in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten erstritten hätten. Für die Betriebsparteien sei nicht erkennbar gewesen, welche Arbeitnehmer eine sichere Anschlussbeschäftigung bei der E2 erhalten würden. Eine Abgrenzung dieser Arbeitnehmergruppe sei nicht möglich gewesen. Die Betriebsparteien seien typisierend und pauschalierend davon ausgegangen, dass alle Arbeitnehmer bis auf die beurlaubten Beamten gleichermaßen von Arbeitslosigkeit bedroht seien. Es habe lediglich die Chance für einzelne Arbeitnehmer bestanden, die eigene Situation zu verbessern, indem sie z. B. aufgrund eigener Bemühungen unmittelbar eine Anschlussbeschäftigung finden oder erfolgreich Rechtsansprüche gegen frühere Arbeitgeber geltend machen. Aufgrund ihrer Erfahrungen mit der E2 AG sei die Beklagte davon ausgegangen, dass E AG freiwillig keine Mitarbeiter einstellen würde, sondern jeden Einzelfall gerichtlich überprüfen lassen würde.
40Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat angenommen, die außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist vom 06.05.2013 sei rechtswirksam. Die Klägerin könne die begehrte Abfindungszahlung nach Maßgabe des Sozialplans vom 29.04.2013 nicht verlangen, da sie als beurlaubte Beamtin nicht in den Geltungsbereich des Sozialplans falle. Der Ausschluss der beurlaubten Beamten aus dem Geltungsbereich des Sozialplans verstoße nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Im Übrigen wird - auch zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes erster Instanz - auf das arbeitsgerichtliche Urteil Bezug genommen.
41Die Klägerin hat gegen das Urteil des Arbeitsgerichts rechtzeitig Berufung eingelegt und die Berufung auch form- und fristgerecht begründet.
42Die Klägerin meint, die Kündigung vom 06.05.2013 sei unwirksam. Der Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß angehört worden. Die Beklagte habe im Rechtsstreit nicht Fotokopien von Unterlagen, die sich über die tatsächliche Anhörung des Betriebsrats verhielten, vorgelegt, sondern teilweise geschwärzte Unterlagen. Daher könne die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats gerichtlich nicht festgestellt werden. Es sei nicht zulässig, das Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG vor dem Abschluss der Verhandlungen über einen Interessenausgleich durchzuführen. Die Beklagte habe die Voraussetzungen einer wirksamen Massenentlassungsanzeige nicht hinreichend vorgetragen. Der Beklagten obliege insoweit die Darlegungslast, nachdem die Klägerin den Tatsachenvortrag, den die Beklagte hierzu gehalten habe, zulässigerweise mit Nichtwissen bestritten habe.
43Die Klägerin ist der Auffassung, sie werde, wenn man ihr die Sozialplanabfindung versage, ungerechtfertigterweise benachteiligt. Hierzu trägt die Klägerin vor, auch sie als beurlaubte Beamtin habe infolge der Betriebsstilllegung und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses konkrete Nachteile hinzunehmen. Sie habe einen nicht unerheblichen Entgeltverlust zu verkraften. Während der Zeit, die sie bei der Beklagten gearbeitet habe, habe sie ein Entgelt nach dem Bundesbeamtentarif A 8 mit 34 Stunden bei vollen Bezügen in Höhe von 2.953,66 Euro brutto erhalten. Nunmehr werde sie zwar ebenfalls nach der Besoldungsgruppe A 8 bezahlt, müsse aber zwischen 38 und 41 Stunden je Woche arbeiten; ihr Gehalt betrage lediglich 2.803,46 Euro. Die Klägerin meint, sie werde gegenüber den Arbeitnehmern, die die Rückkehr zur E2 AG beanspruchen könnten und denen ein Anspruch auf Zahlung einer Sozialplanabfindung zustehe, unter Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz schlechter gestellt. Es gebe eine Gruppe von 75 Arbeitnehmern, denen ein solcher Rückkehranspruch zustehe. Diese Gruppe besitze die besten Aussichten, in einem gerichtlichen Verfahren den Rückkehranspruch durchzusetzen, da es an einem Beendigungstatbestand, der dem Schriftformerfordernis des § 623 BGB entspreche, für das mit der E2 AG begründete Arbeitsverhältnis fehle. Es habe eine historische Phase gegeben, in der E AG keine dreiseitigen Verträge mit den ausgeschiedenen Arbeitnehmern abgeschlossen habe. Ernst zu nehmende Bedenken gegen einen Rückkehranspruch dieser Gruppe von Mitarbeiter seien nicht erkennbar gewesen. Die Ansprüche seien nicht verwirkt. Soweit in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung eine Verwirkung des Beschäftigungsanspruchs bei freiwilliger Aufgabe des Beschäftigungsverhältnisses zur Beklagten angenommen worden sei, sei das mit dem hier vorliegenden vollständigen Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit nicht vergleichbar. Es sei nicht vorhersehbar gewesen und schikanös, dass E diese Arbeitnehmergruppe in Prozesse treibe. Die Gruppe dieser 75 Arbeitnehmer weiche von der Liste, die im Jahr 2011 erstellt worden sei, nicht ab. Es gebe lediglich einige Arbeitnehmer, die seinerzeit die Erinnerung getrogen habe, und die nunmehr ebenfalls einen Rückkehranspruch geltend machten. Vertreter der E2 AG hätten die Personalakten bei der Beklagten eingesehen, danach sei bei einer Gruppe von 75 der 90 klagenden Arbeitnehmer der Sachverhalt sofort klar gewesen. E AG habe den Anspruch bei 75 Arbeitnehmern anerkannt; bei den Mitgliedern dieser Vergleichsgruppe seien die arbeitsgerichtlichen Verfahren durch Anerkenntnisurteil beendet worden. Die namentliche Identifizierbarkeit dieser Arbeitnehmer sei im Zusammenhang mit den Sozialplanverhandlungen unwichtig gewesen; maßgeblich sei vielmehr, dass es eine zahlenmäßig nicht unerhebliche Gruppe von Arbeitnehmern gegeben habe, die ebenso wenig wie die Beamten von einem existenzbedrohenden Verlust ihres Arbeitsplatzes betroffen gewesen seien. Der Betriebsrat habe sich seinerzeit per E-Mail an alle Beschäftigten der Beklagten gewandt, um die Arbeitnehmer, denen ein Rückkehranspruch zur E2 AG zustehe, zu ermitteln. Aufgrund der Rückmeldung der betroffenen Arbeitnehmer sei eine Liste von rund 90 Mitarbeitern erstellt worden, die auch heute noch Bestand habe. Die Beklagte habe im Jahr 2010, spätestens aber Anfang 2011 von der Existenz dieser Arbeitnehmergruppe gewusst.
44Die Klägerin beantragt,
45das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 15.10.2013 - 3 Ca 1433/13 - abzuändern und
46- 47
1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist vom 06.05.2013 zum 31.12.2013 nicht beendet worden ist und auch nicht durch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche und fristgerechte Kündigung vom 06.05.2013 zum 31.12.2013 beendet worden ist;
- 49
2. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch nicht durch die außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist zum 28.02.2014 und auch nicht durch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung zum 28.02.2014 beendet worden ist;
- 51
3. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin für den Fall des Obsiegens mit den Feststellungsanträgen zu 1. und/oder 2. zu unveränderten Bedingungen bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Rechtsstreit weiter zu beschäftigen;
- 53
4. hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 47.987,50 € zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
55die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 15.10.2013 - 3 Ca 1433/13 - zurückzuweisen;
56hilfsweise für den Fall des Unterliegens:
57festzustellen, dass der Sozialplan vom 29.04.2013 nichtig ist,
58die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils des Landesarbeitsgerichts Hamm gemäß §§ 62 Abs. 1 Satz 2, 64 Abs. 7 ArbGG auszusetzen.
59Die Beklagte meint, die Kündigung vom 06.05.2013 sei rechtswirksam. Die Anhörung des Betriebsrats sei ordnungsgemäß erfolgt. Es sei unschädlich, die Betriebsratsanhörung vor Abschluss der Interessenausgleichsverhandlungen durchzuführen. Die Verfahren nach § 111 BetrVG und § 102 BetrVG seien rechtlich zu trennen. Die Klägerin könne auch nicht einwenden, dass eine ordnungsgemäße Massenentlassungsanzeige nicht erfolgt sei; ausweislich des Urteils seien die insoweit maßgebenden Tatsachen unstreitig.
60Die Beklagte vertritt die Auffassung, es sei gerechtfertigt gewesen, den beurlaubten Beamten keine Sozialplanabfindung zukommen zu lassen. Im Gegensatz zur Klägerin, die als beurlaubte Beamtin unproblematisch zur E2 AG habe zurückkehren können, hätten alle Arbeitnehmer, die sich darauf beriefen, das zuvor bestehende Arbeitsverhältnis zur E2 AG sei nicht rechtswirksam beendet worden, einen Rechtsstreit mit ungewissem Ausgang führen müssen. Für die Betriebsparteien sei nicht erkennbar gewesen, welche Arbeitnehmer eine Weiterbeschäftigung bei der E2 AG würden durchsetzen können. Zwar seien ca. 150 Mitarbeiter herausgefiltert worden, bei denen sich ein Aufhebungsvertrag mit der E2 AG oder ein dreiseitiger Vertrag nicht in der Personalakte befunden habe. Daraus sei jedoch nicht zu schlussfolgern, dass das Arbeitsverhältnis, das zwischen diesen Mitarbeitern und der E2 AG bestanden habe, nicht ordnungsgemäß beendet worden sei. Der Aufhebungsvertrag bzw. der dreiseitige Vertrag hätte sich auch bei der E2 AG befinden können. Bei vielen Mitarbeitern sei ein Übergang des Arbeitsverhältnisses infolge eines Betriebsübergangs vollzogen worden. Das Fehlen eines Aufhebungsvertrages oder dreiseitigen Vertrages in den Personalakten jener Mitarbeiter besage nichts darüber, ob möglicherweise ein ruhendes Arbeitsverhältnis zur E2 AG bestehe. Nachdem über 500 Arbeitnehmer Ansprüche geltend gemacht hätten, habe die Beklagte etwa 200 Personalakten gesichtet; 80 Fälle seien als „aussichtsreich“ im Hinblick auf eine mögliche Rückkehr zur E2 AG eingestuft worden. Eine Entscheidung über die Weiterbeschäftigung jener Mitarbeiter habe E AG allerdings erst für den 30.09.2013 angekündigt.
61Die Beklagte meint, der Sozialplan könne keinen Bestand haben, falls auch die beurlaubten Beamten Ansprüche auf Abfindungszahlung geltend machen könnten. Hierzu trägt die Beklagte vor, dies führe zu einer Ausdehnung des Sozialplanvolumens in Höhe von 20 % über den ursprünglichen Dotierungsrahmen hinaus. Die Beklagte habe zum Zeitpunkt des Abschlusses des Sozialplans etwa 190 beurlaubte Beamte der E2 AG beschäftigt. 121 beurlaubte Beamte hätten ihre vermeintlichen Ansprüche auf Zahlung einer Sozialplanabfindung außergerichtlich oder gerichtlich geltend gemacht. Bei Ausweitung des Sozialplanvolumens müsse die Beklagte Insolvenz anmelden.
62Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die beiderseitigen zweitinstanzlichen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
63Entscheidungsgründe
64I.
65Die zulässige Berufung ist unbegründet.
66Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
671. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien wurde durch die Kündigung der Beklagten vom 06.05.2013 mit Ablauf des 31.12.2013 beendet. Die Kündigung ist als außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist rechtswirksam.
68a) Für die außerordentliche Kündigung besteht ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB.
69aa) Die außerordentliche Kündigung ist durch betriebliche Gründe gerechtfertigt.
70Zwar kommt eine außerordentliche Kündigung aus betrieblichen Gründen im Regelfall nicht in Frage. Im Streitfall ist die Klägerin jedoch aufgrund ihres Alters und ihrer Betriebszugehörigkeit nach § 25 des Manteltarifvertrages der W GmbH ordentlich unkündbar. Ist die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung ausgeschlossen, so kommt der Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung, die auf betriebliche Gründe gestützt wird, in Betracht, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer andernfalls trotz Wegfalls der Beschäftigungsmöglichkeit noch für erhebliche Zeiträume vergüten müsste, ohne dass dem eine entsprechende Arbeitsleistung gegenüberstünde (BAG, Urteil v. 22.11.2012 - 2 AZR 673/11 m.w.N.). Diese Voraussetzung ist, wie das Arbeitsgericht richtig unter Heranziehung der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts erkannt hat, im Streitfall erfüllt. Die Beklagte hat ihren Geschäftsbetrieb unstreitig zum 30.09.2013 vollständig eingestellt. Eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin besteht nicht.
71bb) Unschädlich ist es, dass die Beklagte die Kündigung bereits zu einem Zeitpunkt aussprach, zu dem der Betrieb noch fortgesetzt wurde.
72Insoweit gilt Folgendes (BAG, Urteil v. 13.02.2008 - 2 AZR 543/06 m.w.N.): Der betriebliche Kündigungsgrund (der Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit) muss zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs vorliegen, denn dieser Zeitpunkt ist zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Kündigung maßgeblich. Wegen der Zukunftsbezogenheit der Kündigung und aus Gründen der Praktikabilität reicht aber eine beabsichtigte Betriebsstilllegung ausnahmsweise als Kündigungsgrund aus, wenn die Entwicklungen, die für den künftigen Wegfall der Beschäftigung des Arbeitnehmers maßgeblich sind, bereits zum Kündigungszeitpunkt feststehen, insbesondere wenn die unternehmerische Organisationsentscheidung bereits getroffen war und sie sich zum Ablauf der Kündigungsfrist realisiert. Anderenfalls wäre eine betriebsbedingte Kündigung erst dann möglich, wenn der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers nicht mehr zur Verfügung stünde und der Arbeitnehmer für den Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr beschäftigt werden könnte. Erforderlich ist, dass im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung die auf Tatsachen gestützte, vernünftige betriebswirtschaftliche Prognose gerechtfertigt ist, dass zum Kündigungstermin mit einiger Sicherheit der Eintritt des die Entlassung erforderlich machenden betrieblichen Grundes vorliegen wird. Dabei muss die der entsprechenden Prognose zugrundeliegende Entscheidung bereits zum Kündigungszeitpunkt endgültig getroffen worden sein und die Schließung des Betriebs aus Sicht der Arbeitsvertragsparteien zum Kündigungszeitpunkt bereits feststehen und greifbare Formen angenommen haben.
73Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Die Gesellschafter der Beklagten trafen im Dezember 2012 den Beschluss, der Einstellung des Geschäftsbetriebes zuzustimmen. Bei Zugang der Kündigung war zu prognostizieren, dass die unternehmerische Entscheidung zur Betriebsstilllegung jedenfalls mit Ablauf der sozialen Auslauffrist umgesetzt sein würde. Die Entscheidung hatte bereits greifbare Formen angenommen, als die Kündigung der Klägerin zuging. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Beklagte die Mitarbeiter in einer Betriebsversammlung über die Betriebsstilllegung informiert und die Öffentlichkeit unterrichtet. Außerdem war der Interessenausgleich und Sozialplan vom 29.04.2013 bereits abgeschlossen worden.
74cc) Eine Sozialauswahl zwischen den zu kündigenden Arbeitnehmern musste nicht stattfinden, da die Beklagte alle Arbeitnehmer entlassen hatte.
75b) Die Kündigung ist nicht nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam.
76Die Beklagte beteiligt den Betriebsrat ordnungsgemäß vor Ausspruch der Kündigung.
77aa) Eine ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrates setzt voraus, dass der Arbeitgeber dem Betriebsrat die Gründe für die beabsichtigte Kündigung mitteilt (§ 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG) und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gibt (§ 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG).
78An die Mitteilungspflicht im Anhörungsverfahren sind allerdings nicht dieselben Anforderungen zu stellen wie an die Darlegungen des Arbeitgebers im Prozess. Es gilt der Grundsatz der „subjektiven Determinierung“. Der Betriebsrat ist immer dann ordnungsgemäß angehört worden, wenn ihn der Arbeitgeber die aus seiner Sicht tragenden Umstände unterbreitet hat. Der für die Kündigung maßgebende Sachverhalt muss so genau und umfassend beschrieben werden, dass der Betriebsrat ohne zusätzliche eigene Nachforschungen in der Lage ist, selbst die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe zu prüfen und sich ein Bild zu machen (BAG, Urteil v. 22.04.2010 - 2 AZR 991/08, Urteil v. 05.11.2009 - 2 AZR 676/08). Dabei muss der Arbeitgeber seinen Wissensstand richtig an den Betriebsrat weitergeben. Eine aus Sicht des Arbeitgebers bewusst unrichtige oder unvollständige und damit irreführende Darstellung ist keine ordnungsgemäße Anhörung (BAG, Urteil v. 05.11.2009 - 2 AZR 676/08Urteil v. 31.01.1996 - 2 AZR 181/95;). Der Arbeitgeber muss darüber hinaus den Betriebsrat vor jeder Kündigung anhören (§ 102 Abs. 1 Satz 1 BetrVG). Der Betriebsrat muss im Falle einer außerordentlichen Kündigung Gelegenheit haben, innerhalb einer Frist von drei Tagen zur Kündigung Stellung zu nehmen (§ 102 Abs. 2 Satz 3 BetrVG); bei einer ordentlichen Kündigung beträgt die Frist eine Woche (§ 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG). Spricht der Arbeitgeber die Kündigung vor Ablauf dieser Frist aus, so ist die Kündigung unwirksam. Äußert der Betriebsrat sich vor Ablauf dieser Frist abschließend zur Kündigung, darf der Arbeitgeber die Kündigung aussprechen.
79Hinsichtlich der Darlegungslast für die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrates gilt Folgendes (BAG, Urteil vom 16.03.2000 – 2 AZR 75/99; Urteil vom 23.06.2005 – 2 AZR 193/04): Im Prozess hat der Arbeitnehmer zunächst vorzutragen, dass ein Betriebsrat besteht und deshalb nach § 102 BetrVG vor Ausspruch einer Kündigung dessen Anhörung erforderlich war. Auf einen entsprechenden Sachvortrag des Arbeitnehmers hin obliegt es dem Arbeitgeber, darzulegen, dass der Betriebsrat ordnungsgemäß angehört worden ist. Auf einen entsprechenden Prozessvortrag des Arbeitgebers hin darf sich der Arbeitnehmer dann nicht mehr darauf beschränken, die ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung pauschal mit Nichtwissen zu bestreiten. Er hat sich vielmehr nach § 138 Abs. 1 und 3 ZPO vollständig über den vom Arbeitgeber vorgetragenen Sachverhalt zu erklären und im Einzelnen zu bezeichnen, ob er rügen will, der Betriebsrat sei entgegen der Behauptung des Arbeitgebers überhaupt nicht angehört worden, oder in welchen einzelnen Punkten er die tatsächlichen Erklärungen des Arbeitgebers über die Betriebsratsanhörung für falsch oder die dem Betriebsrat mitgeteilten Tatsachen für unvollständig hält. Dies erfordert gegebenenfalls einen ergänzenden Sachvortrag des Arbeitgebers und ermöglicht eine Beweiserhebung durch das Gericht über die tatsächlich streitigen Tatsachen.
80bb) Nach diesen Grundsätzen ist das Arbeitsgericht zu Recht von einer ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung ausgegangen.
81Die Beklagte informierte den Betriebsrat mit dem Schreiben vom 22.04.2013 ordnungsgemäß über die Kündigungsgründe. Sie unterrichtete ihn über die beabsichtigte Stilllegung des Betriebs und die Entlassung aller Arbeitnehmer. Das Schreiben ging dem Betriebsrat am 22.04.2013 zu. Dies ergibt sich aus der Empfangsbestätigung, die der Betriebsrat am gleichen Tage unterschrieb. In der Empfangsbestätigung erklärte der Betriebsratsvorsitzende auch, die Anlage zum Informationsschreiben (Liste der zu kündigenden Arbeitnehmer) erhalten zu haben.
82Dies hat die Beklagte im Rechtsstreit vorgebracht, ohne dass die Klägerin dem konkret entgegengetreten ist. Die Klägerin hat nicht näher vorgetragen, inwiefern sie die Anhörung des Betriebsrats noch rügen will. Soweit sie einwendet, die Beklagte habe nur eine teilweise geschwärzte Liste der Mitarbeiter als Anlage B 24 zu den Gerichtsakten gereicht (die Anlage weist nur den Namen und die Sozialdaten der Klägerin aus), stellt dies die Ordnungsgemäßheit der Betriebsratsanhörung nicht infrage. Für die Entscheidung im Streitfall kommt es, wie die Beklagte zutreffend ausführt, nur darauf an, ob der Betriebsrat im Hinblick auf die Kündigung der Klägerin ordnungsgemäß angehört wurde. Inwieweit der Betriebsrat (auch) zur Kündigung anderer Mitarbeiter (ordnungsgemäß) angehört worden ist, spielt für die Entscheidung des Rechtsstreits keine Rolle.
83Die Beklagte wahrte auch die einwöchige Stellungnahmefrist des Betriebsrats nach § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG. Diese Frist ist maßgeblich, wenn gegenüber ordentlich unkündbaren Arbeitnehmern aus betrieblichen Gründen eine außerordentliche Kündigung ausgesprochen wird (LAG Hamm, Urteil v. 27.06.2014 - 18 Sa 67/14). Ausweislich der Empfangsbestätigung ging das Anhörungsschreiben der Beklagten dem Betriebsrat am 22.04.2013 zu. Die Kündigung wurde erst am 06.05.2013 ausgesprochen.
84cc) Entgegen der Auffassung der Klägerin spielt es keine Rolle, dass die Anhörung des Betriebsrats mit dem Schreiben vom 22.04.2013 zu einem Zeitpunkt erfolgte, in dem der Interessenausgleich über die beabsichtigte Betriebsänderung noch nicht abgeschlossen war.
85(1) Richtig ist, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat nicht ordnungsgemäß nach § 102 Abs. 1 BetrVG anhört, wenn er ihn zu einem Zeitpunkt über beabsichtigte Kündigungen unterrichtet, in dem er seine Kündigungsabsicht noch gar nicht verwirklichen will oder kann und die Kündigungsüberlegungen noch unter dem Vorbehalt der weiteren Entwicklungen stehen (BAG, Urteil v. 03.04.1987 - 7 AZR 66/86, Urteil v. 27.11.2003 - 2 AZR 654/02).
86Eine solche Anhörung entspricht nicht dem Zweck des § 102 Abs. 1 BetrVG, der darin besteht, dem Betriebsrat Gelegenheit zu geben, auf den Kündigungsentschluss des Arbeitgebers Einfluss zu nehmen. Eine Einflussnahme ist nur möglich, wenn der Arbeitgeber die (endgültig) für ihn maßgebenden Umstände mitteilt, die die Kündigung tragen sollen.
87Im Streitfall informierte die Beklagte den Betriebsrat allerdings nicht lediglich über unverbindliche Planungen. Ihre Überlegungen standen nicht unter dem Vorbehalt der weiteren Entwicklung. Die Beklagte war, als sie den Betriebsrat mit Schreiben vom 22.04.2013 unterrichtete, bereits fest zur Kündigung entschlossen. Sie hatte den Entschluss zur Betriebsstilllegung bereits gegenüber der Mitarbeiterschaft und der Öffentlichkeit verlautbart.
88(2) Demgegenüber gibt es keinen Rechtssatz des Inhalts, dass der Arbeitgeber eine ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 BetrVG nicht vor dem Abschluss der Interessenausgleichsverhandlungen nach §§ 111, 112 BetrVG vornehmen darf, wenn die Umstände, die die Kündigung bedingen, zugleich als Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG beteiligungspflichtig sind.
89Das gilt jedenfalls dann, wenn der Arbeitgeber im Rahmen der Betriebsratsanhörung nach § 102 Abs. 1 BetrVG deutlich macht, dass er unabhängig vom Ausgang der Interessenausgleichsverhandlungen zur Kündigung entschlossen ist. Der feste Entschluss der Beklagten, die Betriebsstilllegung durchzuführen, ergibt sich aus dem Anhörungsschreiben vom 22.04.2013. Die Beklagte führt dort aus, dass sie den Betrieb an allen Standorten zum 31.07.2013 stillzulegen beabsichtigt, und zwar unabhängig davon, welches Ergebnis die - ausweislich des Anhörungsschreibens vom 22.04.2013 zu diesem Zeitpunkt noch andauernden - Verhandlungen über den Interessenausgleich haben werden.
90Dass ein Arbeitgeber, der, ohne den Abschluss eines Interessenausgleichs im Vorfeld einer Betriebsänderung hinreichend versucht zu haben, durch den Ausspruch von Kündigungen die Beteiligungsrechte des Betriebsrats nach §§ 111, 112 BetrVG verletzt, weshalb dem Betriebsrat insoweit ein Unterlassungsanspruch zustehen kann (dazu jüngst LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19.06.2014 - 7 TaBVGa 1219/14), besagt nichts anderes. Zum einen liegt eine Verletzung der Beteiligungsrechte des Betriebsrats nach §§ 111, 112 BetrVG noch nicht darin, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat zu beabsichtigten Kündigungen nach § 102 Abs. 1 BetrVG anhört, sondern erst darin, dass der Arbeitgeber Kündigungen ausspricht und insoweit die Betriebsänderung faktisch vollzieht. Zum anderen ist das Anhörungsverfahren nach § 102 Abs. 1 BetrVG vom Beteiligungsverfahren nach §§ 111, 112 BetrVG zu trennen. Die Verfahren sind in unterschiedlichen Vorschriften und in unterschiedlichen Abschnitten des Betriebsverfassungsgesetzes geregelt. Sie verfolgen unterschiedliche Zwecke. Eine Verletzung der betriebsverfassungsrechtlichen Vorgaben zieht im Rahmen des Anhörungsverfahrens nach § 102 Abs. 1 BetrVG andere Konsequenzen nach sich als bei dem Beteiligungsverfahren nach §§ 111, 112 BetrVG. Während eine Kündigung, die unter Missachtung des Anhörungsverfahrens nach § 102 Abs. 1 BetrVG ausgesprochen wird, unwirksam ist (§ 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG), führt eine Verletzung des Beteiligungsverfahrens nach §§ 111, 112 BetrVG nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung, sondern nur dazu, dass der Arbeitgeber einen Nachteilsausgleich zahlen muss (§ 113 BetrVG).
91c) Die Kündigung ist auch nicht nach den §§ 17 KSchG, 134 BGB unwirksam. Die Beklagte beachtete die gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich der Durchführung von Massenentlassungen.
92aa) Die Kündigung ist nicht rechtsunwirksam gemäß §§ 134, 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG wegen fehlerhafter Durchführung des Konsultationsverfahrens.
93(1) Verletzt der Arbeitgeber seine Konsultationspflichten gegenüber dem Betriebsrat nach § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG im Vorfeld einer Massenentlassung, führt dies zur Unwirksamkeit der Kündigung. § 17 KSchG ist ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB (BAG, Urteil v. 21.03.2013 - 2 AZR 60/12, Urteil v. 22.11.2012 - 2 AZR 371/11).
94(2) Die Beklagte führte mit dem Betriebsrat ein ordnungsgemäßes Konsultationsverfahren im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG durch.
95(a) Die Beklagte, die alle 950 Arbeitnehmer, die an den 16 Standorten beschäftigt waren, zu entlassen plante, war verpflichtet, das Konsultationsverfahren durchzuführen. Sie beabsichtigte gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KSchG anzeigepflichtige Entlassungen durchzuführen.
96Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG muss der Arbeitgeber, der anzeigepflichtige Massenentlassungen durchführen will, dem Betriebsrat rechtzeitig die zweckdienlichen Auskünfte erteilen und ihn schriftlich insbesondere unterrichten über die Gründe für die geplanten Entlassungen, die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden und der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer, den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen, die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer sowie die für die Berechnung etwaiger Abfindungen vorgesehenen Kriterien.
97(b) Diese Verpflichtungen erfüllte die Beklagte.
98(aa) Die Beklagte hat hierzu im Einzelnen dargelegt, dass dem Betriebsratsvorsitzenden am 22.04.2013 das ausgefüllte Formular der Bundesagentur für Arbeit für Massenentlassungsanzeigen, das sämtliche Informationen enthält, die der Arbeitgeber dem Betriebsrat gemäß § 17 Abs. 2 KSchG mitteilen muss, ausgehändigt wurde. Die Beklagte hat ferner vorgetragen, dass die Rechtsanwältin, die die Beklagte im Rahmen der Verhandlungen über den Interessenausgleich und Sozialplan vertrat, am 22.04.2013 klarstellte, dass im Rahmen der Verhandlungen nicht nur das Verfahren nach §§ 111 ff. BetrVG, sondern auch das Konsultationsverfahren nach § 17 Abs. 2 KSchG durchgeführt werden sollte. Nach den Verhandlungen, die dem Vorbringen der Beklagten zufolge über die Betriebsschließung stattfanden, wurde ein Interessenausgleich abgeschlossen, der unter Ziffer 6.2 den Abschluss des Konsultationsverfahrens bestätigt. Eine solche Verbindung des Interessenausgleichsverfahrens mit der Erfüllung der Unterrichtungspflicht nach § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG ist zulässig (BAG, Urteil v. 20.09.2012 - 6 AZR 155/11).
99(bb) Das soeben dargestellte Vorbringen der Beklagten zur Durchführung des Konsultationsverfahrens ist bei der Entscheidung des folgenden Rechtsstreits zugrunde zu legen. Das Vorbringen muss gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig gelten.
100Nach § 138 Abs. 2 u. 3 ZPO hat sich jede Partei über die vom Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, sofern nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht. Hieraus folgt, dass sich jede Partei zur Feststellung der Beweisbedürftigkeit einer Behauptung auf einen detaillierten Vortrag der Gegenseite im Rahmen des ihr Möglichen substantiiert einzulassen hat (BGH, Urteil v. 11.06.1985 - VI ZR 265/83). Die Anforderungen an die Substantiierungslast des Bestreitenden hängen grundsätzlich davon ab, wie substantiiert der darlegungspflichtige Gegner vorgetragen hat. Ob und inwieweit die nicht darlegungsbelastete Partei ihren Sachvortrag substantiieren muss, lässt sich nur aus dem Wechselspiel von Vortrag und Gegenvortrag bestimmen (BAG, Urteil v. 20.11.2003 - 8 AZR 580/02).
101Hinsichtlich der ordnungsgemäßen Durchführung des Konsultationsverfahrens im Sinne des § 17 Abs. 2 KSchG ergibt sich aus diesen allgemeinen Grundsätzen eine abgestufte Darlegungslast (BAG, Urteil v. 21.03.2012 - 6 AZR 601/10, Urteil v. 13.12.2012 - 6 AZR 5/12). Steht die Anzeigepflicht einer Massenentlassung fest, trifft die Darlegungs- und Beweislast für die ordnungsgemäße Durchführung des Verfahrens nach § 17 KSchG den Arbeitgeber, weil die ordnungsgemäße Durchführung dieses Verfahrens Wirksamkeitsvoraussetzung für die Kündigung ist. Hat der Arbeitgeber substantiiert dargelegt, dass und mit welchem Inhalt er das Konsultationsverfahren nach § 17 Abs. 2 KSchG durchgeführt und Massenentlassungsanzeige erstattet hat, darf sich der Arbeitnehmer nicht darauf beschränken, die ordnungsgemäße Durchführung des Massenentlassungsverfahrens pauschal zu bestreiten. Er muss sich vielmehr vollständig über den vom Arbeitgeber vorgetragenen Sachverhalt erklären und im Einzelnen darlegen, welche Fehler des Verfahrens er rügen will. Er muss deutlich machen, welche Angaben er für zutreffend erachtet und welche nicht.
102Nach dem substantiierten Vorbringen der Beklagten hat die Klägerin nicht mehr konkret dargelegt, inwieweit sie das Vorbringen an einzelnen Punkten konkret bestreiten will. Sie hat erstinstanzlich im Schriftsatz vom 15.09.2013 die ordnungsgemäße Durchführung des Massenentlassungsverfahrens bestritten und die Beklagte zur Erfüllung ihrer Darlegungspflicht aufgefordert. Nach dem die Beklagte mit dem Schriftsatz vom 01.10.2013 die soeben geschilderten Angaben gemacht hat, hat sich die Klägerin nicht mehr konkret geäußert. Auch in der Berufungsbegründung hat die Klägerin nur die Auffassung vertreten, die Beklagte habe die Voraussetzungen einer wirksamen Massenentlassungsanzeige nicht dargelegt und die Klägerin habe den erfolgten Tatsachenvortrag zulässigerweise mit Nichtwissen bestritten. Konkret eingelassen zum Vorbringen der Beklagten hat sich die Klägerin auch zweitinstanzlich nicht.
103bb) Die Kündigung ist nicht gemäß § 134 BGB i. V. m. § 17 Abs. 3 Satz 4 KSchG unwirksam.
104(1) Nach § 17 Abs. 3 Satz 4 KSchG muss der Arbeitgeber im Rahmen einer Massenentlassungsanzeige die dort vorgesehenen Angaben machen. Es entspricht der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass Fehler im Rahmen der sogenannten Muss-Angaben zur Unwirksamkeit der Massenentlassungsanzeige (BAG, Urteil v. 28.06.2012 - 6 AZR 780/10 m.w.N.) und damit auch zur Unwirksamkeit der Kündigung (BAG, Urteil v. 22.11.2012 - 2 AZR 371/11) führen.
105(2) Im Streitfall erstattete die Beklagte bei der Bundesagentur für Arbeit eine ordnungsgemäße Anzeige über die geplanten Massenentlassungen unter dem 29.04.2013. Die Anzeige enthält die notwendigen Angaben nach § 17 Abs. 3 Satz 4 KSchG. Die Stellungnahme des Betriebsrats zur Massenentlassungsanzeige ist in Ziffer 6.2 des Interessenausgleichs vom 29.04.2013 enthalten. Der Interessenausgleich war der Massenentlassungsanzeige beigefügt, wie sich aus der bestätigenden E-Mail der Bundesagentur für Arbeit vom 20.09.2013 ergibt.
106Die Beklagte hat all dies vorgetragen, ohne dass die Klägerin dem näher entgegengetreten wäre. Das Vorbringen der Beklagten zur Massenentlassungsanzeige muss deshalb gemäß § 138 Abs. 3 ZPO zwischen den Parteien als unstreitig gelten. Insoweit wird Bezug genommen auf die vorstehenden Ausführungen zum Konsultationsverfahren unter I 1 c aa (2) (b) (bb) der Entscheidungsgründe.
107d) Sonstige Unwirksamkeitsgründe für die Kündigung sind nicht ersichtlich. Die Beklagte hat für die außerordentliche Kündigung die zutreffende soziale Auslauffrist gewählt. Sie entspricht der Frist für die ordentliche Kündigung der Klägerin.
1082. Auch die Kündigungsschutzklage der Klägerin, die sich gegen die weitere Kündigung der Beklagten zum 28.02.2014 richtet, ist unbegründet.
109Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch jene Kündigung nicht zum 28.02.2014 beendet wurde. Diese Feststellung lässt sich jedoch nicht treffen. Zum 28.02.2014 bestand das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht mehr. Es wurde durch die wirksame Kündigung der Beklagten vom 06.05.2013 mit Ablauf des 31.12.2013 beendet.
1103. Einer Entscheidung über den Weiterbeschäftigungsantrag bedarf es nicht, da die Klägerin diesen Antrag nur hilfsweise für den Fall des Obsiegens mit den Kündigungsschutzanträgen gestellt hat.
1114. Die Klägerin kann von der Beklagten nicht die Zahlung einer Sozialplanabfindung verlangen.
112a) Ein Zahlungsanspruch für die Klägerin ergibt sich nicht aus dem Sozialplan vom 29.04.2013.
113Die Klägerin gehört nicht zum Kreis der anspruchsberechtigten Arbeitnehmer. Nach Ziffer 1.2 des Sozialplans gilt dieser nicht für beurlaubte Beamte.
114b) Die Regelung unter Ziffer 1.2 des Sozialplans, die beurlaubte Beamte von Abfindungsansprüchen ausschließt, ist wirksam. Sie verstößt nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG.
115aa) Die Betriebsparteien haben beim Abschluss von Betriebsvereinbarungen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG zu beachten (BAG, Urteil v. 17.06.2014 - 3 AZR 491/12, Beschluss v. 10.12.2013 - 1 ABR 40/12).
116(1) § 75 Abs. 1 BetrVG zielt darauf ab, eine Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Sachverhalten sicher zu stellen und eine gleichheitswidrige Gruppenbildung auszuschließen. Maßgeblich für das Vorliegen eines die Bildung unterschiedlicher Gruppen rechtfertigenden Sachgrundes ist vor allem der Zweck, der mit der Regelung verfolgt wird (BAG, Urteil v. 18.05.2010 - 1 AZR 187/09, Urteil v. 19.02.2008 - 1 AZR 1004/06).
117(2) Im Hinblick auf Sozialpläne gilt insoweit Folgendes:
118(a) Sozialpläne haben nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine zukunftsbezogene Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion. Die in ihnen vorgesehenen Leistungen sollen gem. § 112 Abs. 1 S. 2 BetrVG die künftigen Nachteile ausgleichen oder abmildern, die dem Arbeitnehmer durch die Betriebsänderung entstehen können, die Sozialplanleistungen stellen kein zusätzliches Entgelt für die in der Vergangenheit erbrachten Dienste dar (BAG, Urteil v. 26.03.2013 - 1 AZR 813/11, Urteil v. 07.06.2011 - 1 AZR 34/10, Urteil v. 18.05.2010 - 1 AZR 187/09, Urteil v. 26.05.2009 - 1 AZR 198/08).
119(b) Die zukunftsbezogene Ausgleichsfunktion von Sozialplänen eröffnet den Betriebsparteien Beurteilungs- und Gestaltungsspielräume (BAG, Urteil vom 26.03.2013 - 1 AZR 813/11, Urteil vom 07.06.2011 - 1 AZR 34/10, Urteil vom 11.11.2008 - 1 AZR 475/07, Urteil vom 06.11.2007 - 1 AZR 960/06).
120Ein Beurteilungsspielraum besteht hinsichtlich der den Arbeitnehmer durch die Betriebsänderung voraussichtlich entstehenden wirtschaftlichen Nachteile. Ein Gestaltungsspielraum besteht beim Ausgleich oder der Abmilderung der von ihnen prognostizierten Nachteile.
121Der Beurteilungsspielraum betrifft die tatsächliche Einschätzung der mit der Betriebsänderung für die Arbeitnehmer verbundenen wirtschaftlichen Folgen. Da Sozialpläne nach der Konzeption des Betriebsverfassungsgesetzes schon vor der Betriebsänderung geschlossen werden sollen, ist es unumgänglich, den Betriebsparteien bei der Einschätzung der wirtschaftlichen Nachteile einen erheblichen Beurteilungsspielraum einzuräumen. Dieser gestattet eine pauschalisierende und typisierende Betrachtung (BAG, Urteil v. 26.03.2013 - 1 AZR 813/11, Urteil v. 07.06.2011 - 1 AZR 34/10, Urteil v. 11.11.2008 - 1 AZR 475/07, Beschluss v. 24.08.2004 – 1 ABR 23/03). Für die Ermittlung der Nachteile ist der Zeitpunkt zugrunde zu legen, zu dem der Sozialplan abgeschlossen werden soll (BAG, Beschluss v. 24.08.2004 - 1 ABR 23/03, Beschluss v. 23.04.1985 - 1 ABR 3/81
122bb) Nach diesen Grundsätzen lässt sich nicht feststellen, dass die Klägerin im Hinblick auf die Gewährung von Sozialplanleistungen gegenüber anderen Arbeitnehmern grundlos benachteiligt wurde oder im Sozialplan eine sachlich nicht gerechtfertigte Gruppenbildung erfolgte.
123(1) Soweit der Sozialplan Arbeitnehmern nur dann Ansprüche auf Zahlung einer Abfindung zubilligt, wenn es sich nicht um beurlaubte Beamte handelt, liegt keine unzulässige Ungleichbehandlung vor.
124Vergleicht man beide Gruppen, so ist festzustellen, dass die Nachteile, die den beurlaubten Beamten infolge der Betriebsstilllegung entstehen, jedenfalls geringer sind, als die Nachteile, die den anderen Arbeitnehmern entstehen. Während bei den beurlaubten Beamten das Beamtenverhältnis wieder auflebt, aus dem sie Einnahmen erzielen können, sind die anderen Arbeitnehmer bei typisierender Betrachtung von Arbeitslosigkeit bedroht. Das rechtfertigt es, die Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion der Abfindung nur den Arbeitnehmern zukommen zu lassen, bei denen es sich nicht um beurlaubte Beamte handelt.
125Dem kann die Klägerin nicht entgegenhalten, dass sie, wenn sie infolge der Betriebsstilllegung nicht mehr weiter zur Beklagten abgeordnet wird, ebenfalls Nachteile hinzunehmen hat. Die von der Klägerin angeführten Nachteile sind bei typisierender Betrachtung weitaus geringer als die Nachteile, die anderen Arbeitnehmern drohen, die infolge der Betriebsstilllegung entlassen wurden und danach arbeitslos sind. Soweit die Klägerin geltend macht, sie übe nach Beendigung der Abordnung eine weniger qualifizierte Tätigkeit aus und könne zusätzlich erworbene Kenntnisse und Fähigkeiten nicht mehr einsetzen, so handelt es sich dabei um immaterielle Nachteile, die zu kompensieren nicht Zweck der Sozialplanabfindung ist.
126(2) Auch eine sachlich nicht begründete Ungleichbehandlung zwischen beurlaubten Beamten und Arbeitnehmern, die - nach der Diktion der Klägerin - einen „Rückkehranspruch“ zur E2 AG haben, liegt nicht vor.
127Zwar differenziert der Sozialplan nicht zwischen denjenigen, die als ehemalige Arbeitnehmer der E2 AG einen Beschäftigungs- oder Wiedereinstellungsanspruch gegen jenes Unternehmen geltend machen können, und anderen Arbeitnehmern, denen derartige Ansprüche nicht zustehen. Beide Arbeitnehmergruppen erhalten - anders als die beurlaubten Beamte - unterschiedslos eine Sozialplanabfindung. Das ist jedoch im Ergebnis nicht zu beanstanden.
128Dabei kann offen bleiben, ob die Gruppe der „Arbeitnehmer mit Rückkehranspruch“ bei Abschluss des Sozialplans hinreichend identifizierbar war (was zwischen den Parteien streitig ist), und ob die fehlende Abgrenzbarkeit dieser Arbeitnehmergruppe Ansprüche der Klägerin unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung zu Fall bringen würde. Die Ungleichbehandlung ist jedenfalls sachlich gerechtfertigt.
129Bei typisierender Betrachtung ist davon auszugehen, dass auch die Arbeitnehmer „mit Rückkehranspruch“ größere Nachteile durch die infolge der Betriebsstilllegung ausgesprochene Kündigung erleiden als die Arbeitnehmer, bei denen es sich um beurlaubte Beamte handelt. Den Beamten steht nach Beendigung der Abordnung und des Arbeitsverhältnisses zur Beklagten unproblematisch ein Anspruch auf weitere Beschäftigung und Vergütungszahlung gegen E AG zu, da das ruhende Beamtenverhältnis wieder auflebt. Die Durchsetzung dieser Ansprüche begegnet weder rechtlichen noch tatsächlichen Problemen. E AG weigert sich nicht, diese Ansprüche zu erfüllen. Dass beurlaubte Beamte ihr „Rückkehrecht“ gegenüber der E2 AG gerichtlich durchsetzen mussten, hat keine Partei vorgetragen.
130Demgegenüber sind etwaige Ansprüche von Arbeitnehmern, die keine beurlaubten Beamten sind und E AG auf Beschäftigung oder Wiedereinstellung in Anspruch nehmen wollen, erheblichen rechtlichen und faktischen Schwierigkeiten ausgesetzt.
131Es ist nicht ersichtlich, dass es Arbeitnehmer gibt, die einen vertraglichen Anspruch auf Beschäftigung oder Wiedereinstellung gegen E AG (oder gegen sonstige Arbeitgeber) aufgrund einer ausdrücklichen Vereinbarung haben. Dies haben die Parteien weder vorgetragen noch bestehen andere Anhaltspunkte für den Abschluss derartiger Vereinbarungen. Ein „Rückkehrrecht“ von Arbeitnehmern ließe sich gegenüber der E2 AG nur daraus herleiten, dass das zuvor zwischen diesen Arbeitnehmern und der E2 AG bestehende Arbeitsverhältnis nicht wirksam beendet wurde, weil es entweder an einem Beendigungstatbestand im Sinne des § 623 BGB fehlt oder weil die Arbeitsverhältnisse jener Arbeitnehmer im Wege des Betriebsübergangs von der E2 AG auf andere Arbeitgeber übergingen und ein Widerspruch gegen diesen Betriebsübergang aufgrund einer fehlerhaften Belehrung nach § 613 a Abs. 5 BGB noch möglich ist.
132Insoweit war aber bei Abschluss des Sozialplanes davon auszugehen, dass zur Durchsetzung von Beschäftigungsansprüchen gegen E AG die Erhebung einer Klage erforderlich sein wird. Freiwillig hatte E AG bis zu diesem Zeitpunkt keinen Arbeitnehmer der Beklagten weiterbeschäftigt. Vielmehr mussten die Arbeitnehmer Prozesse gegen E AG führen. Ihre Rückkehransprüche waren dadurch im Vergleich zu den beurlaubten Beamten faktisch erheblich erschwert. Während der Prozessdauer stehen die klagenden Arbeitnehmer ebenso wie andere entlassene Arbeitnehmer, die sich keines „Rückkehrrechts“ berühmen: Sie sind nämlich, falls sie nicht eine Anschlussbeschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber finden, arbeitslos.
133Unbehelflich ist in diesem Zusammenhang der Vorwurf der Klägerin, E AG verhalte sich schikanös, wenn sie die Arbeitnehmer, die zur E2 AG zurückkehren möchten und keine beurlaubten Beamten sind, zur Klageerhebung und zur Führung eines arbeitsgerichtlichen Prozesses veranlasst. Die Klägerin macht den Anspruch auf Zahlung einer Abfindung nicht gegen E AG, sondern gegen die Beklagte geltend. Es liegen aber keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beklagte das (Prozess-) Verhalten der E2 AG steuert, verursacht hat oder sich sonst zurechnen lassen müsste. Im Übrigen ist es nicht als schikanös zu bewerten, wenn E AG vermeintliche Beschäftigungsansprüche von Arbeitnehmern, die langjährig für dritte Unternehmen tätig waren, gerichtlich überprüfen lässt. Selbst dann, wenn es an einem formwirksamen Beendigungstatbestand für das zuvor bestehende Arbeitsverhältnis zur E2 AG im Sinne des § 623 BGB fehlt oder die Belehrung über einen erfolgten Betriebsübergang fehlerhaft war, kann der Anspruch, den die klagenden Arbeitnehmer erheben, dem Verwirkungseinwand ausgesetzt sein. Das Recht, sich auf die Formnichtigkeit eines Rechtsgeschäfts gemäß §§ 623, 125 BGB zu berufen, unterliegt auch dann der Verwirkung, wenn der Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses im Streit steht (vgl. BAG, Urteil v. 16.09.2004 - 2 AZR 659/03, Urteil v. 28.05.1998 - 2 AZR 615/97, Urteil v. 04.12.1997 - 2 AZR 799/96; Preis/Gotthardt, NZA 200, 348, 352 ff.; Henssen, DB 2006, 613, 614 ff.). Dies gilt auch im Hinblick auf das Recht, einem Betriebsübergang zu widersprechen (vgl. BAG, Urteil v. 22.06.2011 - 8 AZR 752/09, Urteil v. 24.02.2011 - 8 AZR 699/09, Urteil v. 11.11.2010 - 8 AZR185/09). Vor dem Hintergrund, dass der Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte bereits im Januar 2008 erfolgte, ist es jedenfalls nicht fernliegend zu problematisieren, ob etwaige Ansprüche auf Beschäftigung gegenüber der E2 AG verwirkt sind.
134II.
135Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Klägerin muss die Kosten der erfolglos eingelegten Berufung tragen.
136III.
137Die Revision ist gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen worden. Die Frage, inwieweit beurlaubte Beamte bei der Gewährung von Sozialplanabfindungen mit anderen Arbeitnehmern gleich zu behandeln sind, hat grundsätzliche Bedeutung.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 16.10.2013 - 5 Ca 2135/13 - unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin dahin abgeändert, dass die Klage vollen Umfangs abgewiesen wird.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Parteien streiten über Zahlungsansprüche im Zusammenhang mit der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses.
3Die am 03.07.1962 geborene Klägerin ist ledig und einem Kind zum Unterhalt verpflichtet. Seit dem 01.09.1979 war sie im Dienste der Bundesrepublik Deutschland als Beamtin bei der X tätig. Mit der Privatisierung der X nimmt E AG die Dienstherreneigenschaft aufgrund des Gesetzes zum Personalrecht der Beschäftigten der früheren X wahr. E AG beurlaubte die Klägerin nach § 13 Abs. 1 der Sonderurlaubsverordnung unter Wegfall der Besoldung für eine Tätigkeit bei der W GmbH. Zum 01.01.2008 erwarb die Beklagte den Geschäftsbetrieb der W GmbH. Sämtliche bei der W GmbH bestehende Arbeitsverhältnisse, darunter auch das Arbeitsverhältnis der Klägerin, gingen auf die Beklagte über. Die Beklagte erbrachte mit zuletzt rund 950 Mitarbeitern, darunter rund 190 beurlaubte Beamte der E2 AG, an 16 Standorten in Deutschland Dienstleistungen auf dem Telekommunikationssektor. Die Klägerin bezog zuletzt ein monatliches Entgelt von 2.804,48 € brutto.
4In den Jahren 2010 bis 2012 erstritten einige Arbeitnehmer der Beklagten, die nicht zu den beurlaubten Beamten gehörten, rechtskräftig obsiegende Urteile gegen E AG, wonach die Arbeitsverhältnisse mit der E2 AG mangels rechtswirksamer Beendigung fortbestanden haben. Später ergingen entsprechende Anerkenntnisurteile zugunsten weiterer Arbeitnehmer.
5Am 05.12.2012 wurden die Beschäftigten der Beklagten im Rahmen einer Betriebsversammlung über eine beabsichtigte Schließung des Geschäftsbetriebs der Beklagten informiert. Am 29.04.2013 schlossen die Beklagte und der Betriebsrat einen Interessenausgleich zur Betriebsschließung und einen Sozialplan ab. Der Sozialplan lautet auszugsweise:
6„Präambel
7(1) Infolge der Betriebsstilllegung, die im Interessenausgleich vom 29.04.2013 beschrieben ist, entsteht die Notwendigkeit, die wirtschaftlichen und sozialen Nachteile auszugleichen bzw. abzumildern, die den Mitarbeitern entstehen.
8(2) Die Betriebsparteien möchten durch diesen Sozialplan insbesondere die Bedingungen dafür schaffen, dass die von Arbeitslosigkeit bedrohten Mitarbeiter der NSN S bei ihrer notwendigen beruflichen Neuorientierung unterstützt werden. Zu diesem Zweck soll den Mitarbeitern nach Maßgabe dieses Sozialplans neben der Zahlung von Abfindungen auch der Abschluss von Transferarbeitsverhältnissen angeboten werden.
9(3) Das zur Verfügung stehende Sozialplanvolumen ist knapp bemessen und reicht nicht annähernd für den Ausgleich der wirtschaftlichen Nachteile aller Mitarbeiter aus. Vor diesem Hintergrund haben die Betriebsparteien das ihnen zustehende Ermessen so ausgeübt, dass die aus ihrer Sicht gravierendsten wirtschaftlichen Nachteile gemildert werden, die im Hinblick auf die zukunftsgerichtete Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion des Sozialplans in erster Linie durch Arbeitslosigkeit entstehen. Sie verkennen dabei nicht, dass auch beurlaubten Beamten bei Rückkehr zur E2 AG Nachteile entstehen können, z. B. durch ein geringeres Entgelt oder einen Ortswechsel. Beurlaubte Beamte erleiden jedoch typischerweise wesentlich geringere wirtschaftliche Nachteile als diejenigen ohne Beamtenstatus, da sie normalerweise weder von Arbeitslosigkeit bedroht sind noch ihr Rückkehranspruch zur E2 AG bzw. ihr erworbener Besitzstand bestritten wird.
10- 1.11
Geltungsbereich
1.1 Dieser Sozialplan gilt für alle Mitarbeiter der NSN S an allen Standorten in der Bundesrepublik Deutschland, soweit sie von personellen Maßnahmen infolge der Betriebsstilllegung gemäß des Interessenausgleichs betroffen sind oder betroffen sein werden.
131.2 Dieser Sozialplan gilt nicht für
14[…]- …- beurlaubte Beamte.
15- …“
16Außerdem schlossen die Beklagte und der Betriebsrat am 29.04.2013 eine „Betriebsvereinbarung Sonderprämie“ ab. In dieser Betriebsvereinbarung ist u. a. Folgendes geregelt:
17„Präambel
18Der gesamte Betrieb der NSN S wird stillgelegt. Über diese Maßnahme existiert ein Interessenausgleich sowie ein Sozialplan. Dabei liegt es im vorrangigen Interesse der Betriebsparteien, die Arbeitslosigkeit der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (zukünftig gemeinsam: „Mitarbeiter“) zu vermeiden und ihnen neue berufliche Perspektiven zu eröffnen, weshalb der Wechsel in eine Transfergesellschaft besonders incentiviert werden soll. Soweit Mitarbeiter trotz des Angebots den Wechsel in eine Transfergesellschaft ablehnen oder kein Angebot auf einen Wechsel in die Transfergesellschaft erhalten, obwohl sie durch betriebsbedingte Kündigung von Arbeitslosigkeit bedroht sind und dem Geltungsbereich des Sozialplans unterfallen (weil sie sich z. B. in Elternzeit befinden), soll honoriert werden, wenn sie das Bedürfnis der NSN S nach Planungssicherheit dennoch berücksichtigen, indem sie keine Klage gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses erhoben oder innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist einen Abwicklungsvertrag mit NSN S schließen. Außerdem soll honoriert werden, wenn die Mitarbeiter alle überlassenen Arbeitsmittel vor Austritt bei der NSN S nachweisbar an NSN S zurückgeben. Vor diesem Hintergrund vereinbaren die Parteien Folgendes:
19- 20
1. GeltungsbereichDiese Betriebsvereinbarung findet Anwendung auf diejenigen Mitarbeiter der NSN S, die- dem Geltungsbereich des Sozialplans vom 29.04.2013 unterfallen;- nicht vom Erhalt einer Abfindung gem. Ziff. 3 des Sozialplans vom 29.04.13 ausgeschlossen sind;- einen dreiseitigen Vertrag mit NSN S innerhalb der Angebotsfrist abschlie- ßen und keine Klage gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses erhe- benoderdas Angebot auf Abschluss eines dreiseitigen Vertrages ablehnen (bzw. trotz Bedrohung durch Arbeitslosigkeit durch eine arbeitgeberseitige Kündigung kein Angebot erhalten) und entweder (1) keine Klage gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses erhoben oder (2) innerhalb von drei Wochen nach Zugang der arbeitgeberseitigen Kündigung einen Abwicklungsvertrag schließen, wobei kein Anspruch auf Abschluss eines Abwicklungsvertrages besteht.
- 2.21
Anspruch auf Sonderprämie
2.1 Mitarbeiter, die unter den Geltungsbereich dieser Betriebsvereinbarung gemäß Ziff. 1 fallen, haben Anspruch auf eine Sonderprämie von EUR 4.346,00 brutto.
23[…]“
24Mit Schreiben vom 06.05.2013 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zum 31.12.2013 wegen Schließung des Geschäftsbetriebes. Die Klägerin erhob gegen diese Kündigung keine Kündigungsschutzklage. Sie gab die ihr überlassenen Arbeitsmittel beanstandungsfrei zurück.
25Mit ihrer Klage hat die Klägerin gegen die Beklagte die Zahlung einer Sozialplanabfindung nach dem Sozialplan vom 29.04.2013 sowie Ansprüche nach der „Betriebsvereinbarung Sonderprämie“ geltend gemacht.
26Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, der vollständige Ausschluss von beurlaubten Beamten aus dem Geltungsbereich des Sozialplans sei nicht gerechtfertigt. Bereits in der Präambel des Sozialplans hätten die Betriebsparteien anerkannt, dass auch beurlaubte Beamte bei einer Rückkehr zur E2 AG dem Risiko wirtschaftlicher Nachteile ausgesetzt seien. Die beurlaubten Beamten müssten nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, das mit der Beklagten bestanden habe, eine Entgeltminderung hinnehmen; das gezahlte höhere Entgelt beruhe auf der beruflichen Weiterqualifizierung, die die Beamten bei der Beklagten erfuhren und die sie nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht adäquat einsetzen könnten. Die vorgeblich typischerweise wesentlich geringeren wirtschaftlichen Nachteile könnten allenfalls als Begründung für eine Reduzierung des Anspruchs, nicht aber für dessen ersatzlosen Wegfall angeführt werden. Darüber hinaus hat die Klägerin vorgetragen, die Beklagte beschäftigte ehemalige Tarifangestellte der E2 AG, die entweder ein ausdrückliches Rückkehrrecht zur E2 AG hätten oder deren Arbeitsverhältnis zur E2 AG mangels einer ausdrücklichen Aufhebung fortbestehe, woraus auch für diese Beschäftigten ein Rückkehrrecht abgeleitet werden könne. Obwohl diese Arbeitnehmer wie die beurlaubten Beamten ebenfalls ein gesichertes und vor allem unbefristetes Beschäftigungsverhältnis zukünftig zur E2 AG haben würden, seien sie im Gegensatz zu den beurlaubten Beamten nicht von den Leistungen des Sozialplans ausgenommen worden. Diese Ungleichbehandlung lasse sich allein durch den Beamtenstatus nicht rechtfertigen. Die Gruppe jener Arbeitnehmer, denen ein „Rückkehrrecht“ zur E2 AG zustehe, sei auch für die Beklagte identifizierbar gewesen. Bereits vor dem Übergang des Betriebes der W GmbH auf die Beklagte habe E AG versucht, durch den Abschluss dreiseitiger Verträge etwaige bestehende Arbeitsverhältnisse endgültig auf die W GmbH zu übertragen. Durch einen Blick in die jeweilige Personalakte sei feststellbar gewesen, ob ein unterschriebener dreiseitiger Vertrag vorliege. Des Weiteren habe es bereits seit Anfang 2012 bei der Beklagten eine Excel-Tabelle gegeben, in der die Arbeitnehmer gelistet worden seien, die keinen dreiseitigen Vertrag abgeschlossen hätten. Unabhängig davon habe die Geschäftsführung der Beklagten schon seit 2009 gewusst, dass Rückkehransprüche von Beschäftigten der E2 AG bestünden. Seit dieser Zeit habe der Betriebsrat die Thematik in fast allen Betriebsversammlungen bei Anwesenheit der Geschäftsführung angesprochen und die Arbeitnehmer der Beklagten aufgefordert, ihre Ansprüche gegenüber der E geltend zu machen.
27Die Klägerin hat zudem die Ansicht vertreten, es stelle eine ungerechtfertigte Benachteiligung dar, die beurlaubten Beamten auch von der „Betriebsvereinbarung Sonderprämie“ auszuschließen. Die Betriebsparteien hätten ausweislich der Präambel dieser Betriebsvereinbarung Rechtssicherheit für die Beklagte schaffen wollen, indem diejenigen durch die Sonderprämie belohnt werden, die keine Kündigungsschutzklage erheben. Diese Rechtssicherheit erhalte die Beklagte auch bei beurlaubten Beamten, die auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichteten.
28Die Klägerin hat beantragt,
29- 30
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31.12.2013 einen Betrag in Höhe von 47.208,75 € brutto zu zahlen;
- 32
2. festzustellen, dass ihr Ansprüche nach Ziff. 2 der Betriebsvereinbarung Sonderprämie vom 29.04.2013 gegen die Beklagte zustehen.
Die Beklagte hat beantragt,
34die Klage abzuweisen.
35Sie hat die Auffassung vertreten, der Ausschluss der beurlaubten Beamten aus dem Geltungsbereich des Sozialplans sei gerechtfertigt. Die bei ihr beschäftigten beurlaubten Beamten seien nach wie vor Beamte der E2 AG, die nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses nahtlos zur E2 AG zurückkehren könnten. Das Dienstverhältnis lebe wieder auf, die Beamten erhielten unter Berücksichtigung ihres Wohnortes einen freien Dauerarbeitsplatz und erhielten die ihnen zustehende Besoldung. Die Beurlaubung habe keinen Einfluss auf den Stand des Beamtenverhältnisses und den auch während der Beschäftigung bei ihr weiter erworbenen Besitzstand des Beamten. Lediglich Art und Ort der Tätigkeit, die der Beamte nach seiner Rückkehr bei der E2 AG ausüben werde, sei bei seiner Rückkehr nicht von vornherein klar. Angesichts ihrer finanziellen Situation und der von der Muttergesellschaft zur Verfügung gestellten eingeschränkten Mittel für einen Sozialplan hätten die Betriebsparteien eine Abwägung treffen müssen, welche Nachteile sie ausgleichen könnten und welche nicht. Sie hätten dabei die bei dem beurlaubten Beamten verbleibenden Nachteile hinsichtlich Vergütung, Art und Dauer der Tätigkeit im Vergleich zu den wirtschaftlichen Nachteilen der anderen Arbeitnehmer als deutlich geringer eingeschätzt. Die sichere Aussicht der beurlaubten Beamten auf einen nahtlosen Anschlussarbeitsplatz bei der E2 AG unter Wahrung ihres gesamten Besitzstandes als Beamter rechtfertige trotz verbleibender Nachteile aus ihrer Sicht die Herausnahme der Beamten aus dem Sozialplan. Bei den Mitarbeitern ohne Beamtenstatus, die mit einer durchschnittlichen Betriebszugehörigkeit von 26 Jahren und einem durchschnittlichen Lebensalter von 50 Jahren von Arbeitslosigkeit bedroht seien, hätten die Betriebsparteien gefürchtet, dass diese aufgrund des reinen „E-Lebenslaufes“ und ihres Lebensalters nur schwer und nur nach einer langen Überbrückungszeit ein Anschlussbeschäftigungsverhältnis zu wesentlich schlechteren Konditionen erhalten würden. Arbeitnehmern, die keine beurlaubten Beamten seien, stünde kein Rückkehranspruch zur E2 AG zu. Wiedereinstellungszusagen der E2 AG habe es nicht gegeben. Der Beklagten sei lediglich bekannt, dass vier Arbeitnehmer sich ihre Beschäftigung bei der E2 AG nach ihrem Ausscheiden bei in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten erstritten hätten. Für die Betriebsparteien sei nicht erkennbar gewesen, welche Arbeitnehmer eine sichere Anschlussbeschäftigung bei der E2 erhalten würden. Eine Abgrenzung dieser Arbeitnehmergruppe sei nicht möglich gewesen. Die Betriebsparteien seien typisierend und pauschalierend davon ausgegangen, dass alle Arbeitnehmer bis auf die beurlaubten Beamten gleichermaßen von Arbeitslosigkeit bedroht seien. Es habe lediglich die Chance für einzelne Arbeitnehmer bestanden, die eigene Situation zu verbessern, indem sie z. B. aufgrund eigener Bemühungen unmittelbar eine Anschlussbeschäftigung finden oder erfolgreich Rechtsansprüche gegen frühere Arbeitgeber geltend machen. Aufgrund ihrer Erfahrungen mit der E2 AG sei die Beklagte davon ausgegangen, dass E AG freiwillig keine Mitarbeiter einstellen würde, sondern jeden Einzelfall gerichtlich überprüfen lassen würde.
36Die Beklagte ist zudem der Ansicht gewesen, der Klägerin stehe kein Anspruch auf Zahlung einer Sonderprämie zu. Durch die Betriebsvereinbarung Sonderprämie hätten die Betriebsparteien besonders honorieren wollen, wenn die von Arbeitslosigkeit betroffenen Mitarbeiter das Interesse der Beklagten an Rechtsfrieden respektierten und auf Kündigungsschutzklagen verzichteten. Bei beurlaubten Beamten seien die Betriebsparteien davon ausgegangen, dass an der Erhebung einer Kündigungsschutzklage aufgrund der gesicherten Rückkehrmöglichkeit zur E2 AG kaum Interesse bestünde und deshalb ein Verzicht auf Erhebung der Kündigungsschutzklage keine besondere Honorierung verdiene.
37Das Arbeitsgericht hat die Klage, soweit sie auf Zahlung der Sozialplanabfindung gerichtet war, abgewiesen und angenommen, der Ausschluss der beurlaubten Beamten aus dem Geltungsbereich des Sozialplans verstoße nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, soweit sie auf die Feststellung gerichtet war, dass der Klägerin Ansprüche nach der Betriebsvereinbarung Sonderprämie gegen die Beklagte zustehen; der betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz sei verletzt worden, indem die beurlaubten Beamten aus dem Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung Sonderprämie herausgenommen worden seien. Im Übrigen wird - auch zur Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes - auf das arbeitsgerichtliche Urteil Bezug genommen.
38Beide Parteien haben gegen das Urteil rechtzeitig Berufung eingelegt und die Berufung form- und fristgerecht begründet.
39Die Klägerin wendet sich mit ihrer Berufung dagegen, dass das Arbeitsgericht die auf Zahlung der Sozialplanabfindung gerichtete Klage abgewiesen hat. Die Beklagte begehrt mit ihrer Berufung die Abänderung des erstinstanzlichen Urteils, soweit das Arbeitsgericht festgestellt hat, der Klägerin stünden Ansprüche aus der Betriebsvereinbarung Sonderprämie zu.
40Die Klägerin ist der Auffassung, sie werde, wenn man ihr die Sozialplanabfindung versage, ungerechtfertigterweise benachteiligt. Sie werde gegenüber den Arbeitnehmern, die die Rückkehr zur E2 AG beanspruchen könnten und denen ein Anspruch auf Zahlung einer Sozialplanabfindung zustehe, unter Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz schlechter gestellt. Es gebe eine Gruppe von 75 Arbeitnehmern, denen ein solcher Rückkehranspruch zustehe. Diese Gruppe besitze die besten Aussichten, in einem gerichtlichen Verfahren den Rückkehranspruch durchzusetzen, da es an einem Beendigungstatbestand, der dem Schriftformerfordernis des § 623 BGB entspreche, für das mit der E2 AG begründete Arbeitsverhältnis fehle. Es habe eine historische Phase gegeben, in der E AG keine dreiseitigen Verträge mit den ausgeschiedenen Arbeitnehmern abgeschlossen habe. Ernst zu nehmende Bedenken gegen einen Rückkehranspruch dieser Gruppe von Mitarbeiter seien nicht erkennbar gewesen. Die Ansprüche seien nicht verwirkt. Soweit in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung eine Verwirkung des Beschäftigungsanspruchs bei freiwilliger Aufgabe des Beschäftigungsverhältnisses zur Beklagten angenommen worden sei, sei das mit dem hier vorliegenden vollständigen Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit nicht vergleichbar. Es sei nicht vorhersehbar gewesen und schikanös, dass E diese Arbeitnehmergruppe in Prozesse treibe. Die Gruppe dieser 75 Arbeitnehmer weiche von der Liste, die im Jahr 2011 erstellt worden sei, nicht ab. Es gebe lediglich einige Arbeitnehmer, die seinerzeit die Erinnerung getrogen habe, und die nunmehr ebenfalls einen Rückkehranspruch geltend machten. Vertreter der E2 AG hätten die Personalakten bei der Beklagten eingesehen, danach sei bei einer Gruppe von 75 der 90 klagenden Arbeitnehmer der Sachverhalt sofort klar gewesen. E AG habe den Anspruch bei 75 Arbeitnehmern anerkannt; bei den Mitgliedern dieser Vergleichsgruppe seien die arbeitsgerichtlichen Verfahren durch Anerkenntnisurteil beendet worden. Die namentliche Identifizierbarkeit dieser Arbeitnehmer sei im Zusammenhang mit den Sozialplanverhandlungen unwichtig gewesen; maßgeblich sei vielmehr, dass es eine zahlenmäßig nicht unerhebliche Gruppe von Arbeitnehmern gegeben habe, die ebenso wenig wie die Beamten von einem existenzbedrohenden Verlust ihres Arbeitsplatzes betroffen gewesen seien. Der Betriebsrat habe sich seinerzeit per E-Mail an alle Beschäftigten der Beklagten gewandt, um die Arbeitnehmer, denen ein Rückkehranspruch zur E2 AG zustehe, zu ermitteln. Aufgrund der Rückmeldung der betroffenen Arbeitnehmer sei eine Liste von rund 90 Mitarbeitern erstellt worden, die auch heute noch Bestand habe. Die Beklagte habe im Jahr 2010, spätestens aber Anfang 2011 von der Existenz dieser Arbeitnehmergruppe gewusst.
41Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil, soweit das Arbeitsgericht dem Feststellungsantrag stattgegeben hat. Sie meint, ihr stehe ein Anspruch auf Zahlung der Sonderprämie nach Maßgabe der Betriebsvereinbarung vom 29.04.2013 zu. Nach der Betriebsvereinbarung Sonderprämie stehe allen Arbeitnehmern die dort vorgesehene Zahlung zu, die keine Kündigungsschutzklage erhoben hätten. Soweit als Zusatzbedingung für die Zahlung vorgesehen sei, dass eine Bedrohung von Arbeitslosigkeit gegeben sein müsse, liege in dieser Beschränkung eine Umgehung des Grundsatzes, wonach Sozialplanleistungen nicht vom Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage abhängig gemacht werden dürften. Zweck der Betriebsvereinbarung sei es, alle Verhaltensweisen zu belohnen, die verhinderten, dass die Beklagte sich Kündigungsschutzklagen ausgesetzt sehe. Dieser Leistungszweck erfasse auch Arbeitnehmer, die beurlaubte Beamte seien. Die Klägerin hätte als beurlaubte Beamtin ebenso wie andere betroffene Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage erheben können. Bei den beurlaubten Beamten und bei sonstigen Arbeitnehmern sei gleichermaßen die Erfolgsaussicht einer Kündigungsschutzklage letztlich durch die vollständige Betriebsstilllegung limitiert. Die Einbeziehung der Beamten führe auch nicht zu einer unzumutbaren Erhöhung des Gesamtvolumens der Betriebsvereinbarung Sonderprämie. Das Volumen des Sozialplans und der Betriebsvereinbarung Sonderzahlung müssten insgesamt bewertet werden, da beide Betriebsvereinbarungen die Kosten abbildeten, die dem Arbeitgeber infolge der Betriebsänderung entstünden.
42Die Klägerin beantragt,
43das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 16.10.2013 - 5 Ca 2135/13 - abzuändern und den Tenor insgesamt wie folgt zu fassen:
44Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu zahlen:
45- 46
1. Eine Sozialplanabfindung in Höhe von 47.208,75 € (brutto);
- 48
2. eine Sonderzahlung in Höhe von 4.346,00 € (brutto);
- 50
3. Zinsen aus den Beträgen zu 1. und 2. in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 31.12.2013.
Die Beklagte beantragt,
52das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 16.10.2013 - 5 Ca 2135/13 - abzuändern, soweit es der Klage stattgegeben hat, und die Klage insgesamt abzuweisen;
53hilfsweise für den Fall des Unterliegens:
54festzustellen, dass der Sozialplan vom 29.04.2013 nichtig ist,
55festzustellen, dass die Betriebsvereinbarung Sonderprämie vom 29.04.2013 nichtig ist,
56die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils des Landesarbeitsgerichts Hamm gemäß §§ 62 Abs. 1 Satz 2, 64 Abs. 7 ArbGG auszusetzen.
57Beide Parteien beantragen jeweils, die Berufung der Gegenseite zurückzuweisen.
58Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil als zutreffend, soweit das Arbeitsgericht die Klage auf Zahlung einer Sozialplanabfindung abgewiesen hat. Die Beklagte vertritt die Auffassung, es sei gerechtfertigt gewesen, den beurlaubten Beamten keine Sozialplanabfindung zukommen zu lassen. Im Gegensatz zur Klägerin, die als beurlaubte Beamtin unproblematisch zur E2 AG habe zurückkehren können, hätten alle Arbeitnehmer, die sich darauf beriefen, das zuvor bestehende Arbeitsverhältnis zur E2 AG sei nicht rechtswirksam beendet worden, einen Rechtsstreit mit ungewissem Ausgang führen müssen. Für die Betriebsparteien sei nicht erkennbar gewesen, welche Arbeitnehmer eine Weiterbeschäftigung bei der E2 AG würden durchsetzen können. Zwar seien ca. 150 Mitarbeiter herausgefiltert worden, bei denen sich ein Aufhebungsvertrag mit der E2 AG oder ein dreiseitiger Vertrag nicht in der Personalakte befunden habe. Daraus sei jedoch nicht zu schlussfolgern, dass das Arbeitsverhältnis, das zwischen diesen Mitarbeitern und der E2 AG bestanden habe, nicht ordnungsgemäß beendet worden sei. Der Aufhebungsvertrag bzw. der dreiseitige Vertrag hätte sich auch bei der E2 AG befinden können. Bei vielen Mitarbeitern sei ein Übergang des Arbeitsverhältnisses infolge eines Betriebsübergangs vollzogen worden. Das Fehlen eines Aufhebungsvertrages oder dreiseitigen Vertrages in den Personalakten jener Mitarbeiter besage nichts darüber, ob möglicherweise ein ruhendes Arbeitsverhältnis zur E2 AG bestehe. Nachdem über 500 Arbeitnehmer Ansprüche geltend gemacht hätten, habe die Beklagte etwa 200 Personalakten gesichtet; 80 Fälle seien als „aussichtsreich“ im Hinblick auf eine mögliche Rückkehr zur E2 AG eingestuft worden. Eine Entscheidung über die Weiterbeschäftigung jener Mitarbeiter habe E AG allerdings erst für den 30.09.2013 angekündigt. - Die Beklagte meint, der Sozialplan könne keinen Bestand haben, falls auch die beurlaubten Beamten Ansprüche auf Abfindungszahlung geltend machen könnten. Hierzu trägt die Beklagte vor, dies führe zu einer Ausdehnung des Sozialplanvolumens in Höhe von 20 % über den ursprünglichen Dotierungsrahmen hinaus. Die Beklagte habe zum Zeitpunkt des Abschlusses des Sozialplans etwa 190 beurlaubte Beamte der E2 AG beschäftigt. 121 beurlaubte Beamte hätten ihre vermeintlichen Ansprüche auf Zahlung einer Sozialplanabfindung außergerichtlich oder gerichtlich geltend gemacht. Bei Ausweitung des Sozialplanvolumens müsse die Beklagte Insolvenz anmelden.
59Die Beklagte ist der Ansicht, der Klägerin stünden keine Ansprüche aus der Betriebsvereinbarung Sonderprämie zu. Vorrangiger Regelungszweck der Betriebsvereinbarung Sonderprämie sei gewesen, möglichst viele Mitarbeiter zum Wechsel in die Transfergesellschaft zu bewegen und sie so zumindest vorübergehend vor der Arbeitslosigkeit zu bewahren und ihnen neue berufliche Perspektiven zu eröffnen. Der erste Entwurf der Betriebsvereinbarung Sonderprämie habe deshalb lediglich vorgesehen, die Sonderprämie an Mitarbeiter zu zahlen, die einen dreiseitigen Vertrag zum Übertritt in die Transfergesellschaft angenommen hatten. Da beurlaubte Beamte nicht von Arbeitslosigkeit bedroht gewesen seien, hätten sie kein Angebot auf einen Wechsel in die Transfergesellschaft erhalten können. Denn Bedingung für ein solches Angebot sei gewesen, dass die Voraussetzungen für den Bezug von Transferkurzarbeitergeld gemäß § 111 SGB III vorlagen, was bei den beurlaubten Beamte gewesen seien, nicht der Fall gewesen sei. Nach der Regelungsabsicht der Betriebsparteien habe an die zu erwartende Arbeitslosigkeit der Arbeitnehmer angeknüpft werden sollen; die Arbeitnehmergruppe habe besonders belohnt werden sollen, die trotz Bedrohung mit Arbeitslosigkeit das Interesse der Beklagten an Rechtsfrieden respektierten und keine Kündigungsschutzklage erheben würde. Die Betriebsparteien seien davon ausgegangen, dass beurlaubte Beamte wegen der gesicherten Rückkehrmöglichkeit zur E2 AG nicht in gleicher Weise eines finanziellen Anreizes bedurften. Im Hinblick auf die Frage, mit welcher Wahrscheinlichkeit die beurlaubten Beamten Kündigungsschutzklagen erheben würden, habe ein Beurteilungsspielraum und eine Einschätzungsprärogative der Betriebsparteien bestanden. - Zwischen den Parteien blieb unstreitig, dass mindestens 110 beurlaubte Beamte mittlerweile Zahlungsansprüche aus der Betriebsvereinbarung Sonderprämie gegen die Beklagte geltend machten. Nach Auffassung der Beklagten käme es zu einer unzulässigen Erhöhung des Dotierungsrahmens der Betriebsvereinbarung Sonderprämie vom 29.04.2013, wenn beurlaubte Beamte in den Anwendungsbereich dieser Betriebsvereinbarung aufgenommen würden; dies führe zur Nichtigkeit der Betriebsvereinbarung. Der Dotierungsrahmen der Betriebsvereinbarung Sonderprämie betrage für 760 Mitarbeiter, die keine beurlaubten Beamten seien, ca. 3,3 Millionen Euro. Der Dotierungsrahmen würde sich bei Einbeziehung der beurlaubten Beamten um ca. 25% erhöhen.
60Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die beiderseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
61Entscheidungsgründe
62I.
63Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.
64Das Arbeitsgericht hat die Klage mit dem Antrag zu 1) zu Recht abgewiesen. Die Klägerin kann von der Beklagten nicht die Zahlung einer Sozialplanabfindung verlangen.
651. Ein Zahlungsanspruch für die Klägerin ergibt sich nicht aus dem Sozialplan vom 29.04.2013.
66Die Klägerin gehört nicht zum Kreis der anspruchsberechtigten Arbeitnehmer. Nach Ziffer 1.2 des Sozialplans gilt dieser nicht für beurlaubte Beamte.
672. Die Regelung unter Ziffer 1.2 des Sozialplans, die beurlaubte Beamte von Abfindungsansprüchen ausschließt, ist wirksam. Sie verstößt nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG.
68a) Die Betriebsparteien haben beim Abschluss von Betriebsvereinbarungen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG zu beachten (BAG, Urteil v. 17.06.2014 - 3 AZR 491/12, Beschluss v. 10.12.2013 - 1 ABR 40/12).
69aa) § 75 Abs. 1 BetrVG zielt darauf ab, eine Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Sachverhalten sicher zu stellen und eine gleichheitswidrige Gruppenbildung auszuschließen. Maßgeblich für das Vorliegen eines die Bildung unterschiedlicher Gruppen rechtfertigenden Sachgrundes ist vor allem der Zweck, der mit der Regelung verfolgt wird (BAG, Urteil v. 18.05.2010 - 1 AZR 187/09, Urteil v. 19.02.2008 - 1 AZR 1004/06).
70bb) Im Hinblick auf Sozialpläne gilt insoweit Folgendes:
71(1) Sozialpläne haben nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine zukunftsbezogene Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion. Die in ihnen vorgesehenen Leistungen sollen gem. § 112 Abs. 1 S. 2 BetrVG die künftigen Nachteile ausgleichen oder abmildern, die dem Arbeitnehmer durch die Betriebsänderung entstehen können, die Sozialplanleistungen stellen kein zusätzliches Entgelt für die in der Vergangenheit erbrachten Dienste dar (BAG, Urteil v. 26.03.2013 - 1 AZR 813/11, Urteil v. 07.06.2011 - 1 AZR 34/10, Urteil v. 18.05.2010 - 1 AZR 187/09, Urteil v. 26.05.2009 - 1 AZR 198/08).
72(2) Die zukunftsbezogene Ausgleichsfunktion von Sozialplänen eröffnet den Betriebsparteien Beurteilungs- und Gestaltungsspielräume (BAG, Urteil vom 26.03.2013 - 1 AZR 813/11, Urteil vom 07.06.2011 - 1 AZR 34/10, Urteil vom 11.11.2008 - 1 AZR 475/07, Urteil vom 06.11.2007 - 1 AZR 960/06).
73Ein Beurteilungsspielraum besteht hinsichtlich der den Arbeitnehmer durch die Betriebsänderung voraussichtlich entstehenden wirtschaftlichen Nachteile. Ein Gestaltungsspielraum besteht beim Ausgleich oder der Abmilderung der von ihnen prognostizierten Nachteile.
74Der Beurteilungsspielraum betrifft die tatsächliche Einschätzung der mit der Betriebsänderung für die Arbeitnehmer verbundenen wirtschaftlichen Folgen. Da Sozialpläne nach der Konzeption des Betriebsverfassungsgesetzes schon vor der Betriebsänderung geschlossen werden sollen, ist es unumgänglich, den Betriebsparteien bei der Einschätzung der wirtschaftlichen Nachteile einen erheblichen Beurteilungsspielraum einzuräumen. Dieser gestattet eine pauschalisierende und typisierende Betrachtung (BAG, Urteil v. 26.03.2013 - 1 AZR 813/11, Urteil v. 07.06.2011 - 1 AZR 34/10, Urteil v. 11.11.2008 - 1 AZR 475/07, Beschluss v. 24.08.2004 – 1 ABR 23/03). Für die Ermittlung der Nachteile ist der Zeitpunkt zugrunde zu legen, zu dem der Sozialplan abgeschlossen werden soll (BAG, Beschluss v. 24.08.2004 - 1 ABR 23/03, Beschluss v. 23.04.1985 - 1 ABR 3/81
75b) Nach diesen Grundsätzen lässt sich nicht feststellen, dass die Klägerin im Hinblick auf die Gewährung von Sozialplanleistungen gegenüber anderen Arbeitnehmern grundlos benachteiligt wurde oder im Sozialplan eine sachlich nicht gerechtfertigte Gruppenbildung erfolgte.
76aa) Soweit der Sozialplan Arbeitnehmern nur dann Ansprüche auf Zahlung einer Abfindung zubilligt, wenn es sich nicht um beurlaubte Beamte handelt, liegt keine unzulässige Ungleichbehandlung vor.
77Vergleicht man beide Gruppen, so ist festzustellen, dass die Nachteile, die den beurlaubten Beamten infolge der Betriebsstilllegung entstehen, jedenfalls geringer sind, als die Nachteile, die den anderen Arbeitnehmern entstehen. Während bei den beurlaubten Beamten das Beamtenverhältnis wieder auflebt, aus dem sie Einnahmen erzielen können, sind die anderen Arbeitnehmer bei typisierender Betrachtung von Arbeitslosigkeit bedroht. Das rechtfertigt es, die Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion der Abfindung nur den Arbeitnehmern zukommen zu lassen, bei denen es sich nicht um beurlaubte Beamte handelt.
78Dem kann die Klägerin nicht entgegenhalten, dass sie, wenn sie infolge der Betriebsstilllegung nicht mehr weiter zur Beklagten abgeordnet wird, ebenfalls Nachteile hinzunehmen hat. Die von der Klägerin angeführten Nachteile sind bei typisierender Betrachtung weitaus geringer als die Nachteile, die anderen Arbeitnehmern drohen, die infolge der Betriebsstilllegung entlassen wurden und danach arbeitslos sind. Soweit die Klägerin geltend macht, sie übe nach Beendigung der Abordnung eine weniger qualifizierte Tätigkeit aus und könne zusätzlich erworbene Kenntnisse und Fähigkeiten nicht mehr einsetzen, so handelt es sich dabei um immaterielle Nachteile, die zu kompensieren nicht Zweck der Sozialplanabfindung ist.
79bb) Auch eine sachlich nicht begründete Ungleichbehandlung zwischen beurlaubten Beamten und Arbeitnehmern, die - nach der Diktion der Klägerin - einen „Rückkehranspruch“ zur E2 AG haben, liegt nicht vor.
80Zwar differenziert der Sozialplan nicht zwischen denjenigen, die als ehemalige Arbeitnehmer der E2 AG einen Beschäftigungs- oder Wiedereinstellungsanspruch gegen jenes Unternehmen geltend machen können, und anderen Arbeitnehmern, denen derartige Ansprüche nicht zustehen. Beide Arbeitnehmergruppen erhalten - anders als die beurlaubten Beamte - unterschiedslos eine Sozialplanabfindung. Das ist jedoch im Ergebnis nicht zu beanstanden.
81Dabei kann offen bleiben, ob die Gruppe der „Arbeitnehmer mit Rückkehranspruch“ bei Abschluss des Sozialplans hinreichend identifizierbar war (was zwischen den Parteien streitig ist), und ob die fehlende Abgrenzbarkeit dieser Arbeitnehmergruppe Ansprüche der Klägerin unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung zu Fall bringen würde. Die Ungleichbehandlung ist jedenfalls sachlich gerechtfertigt.
82Bei typisierender Betrachtung ist davon auszugehen, dass auch die Arbeitnehmer „mit Rückkehranspruch“ größere Nachteile durch die infolge der Betriebsstilllegung ausgesprochene Kündigung erleiden als die Arbeitnehmer, bei denen es sich um beurlaubte Beamte handelt. Den Beamten steht nach Beendigung der Abordnung und des Arbeitsverhältnisses zur Beklagten unproblematisch ein Anspruch auf weitere Beschäftigung und Vergütungszahlung gegen E AG zu, da das ruhende Beamtenverhältnis wieder auflebt. Die Durchsetzung dieser Ansprüche begegnet weder rechtlichen noch tatsächlichen Problemen. E AG weigert sich nicht, diese Ansprüche zu erfüllen. Dass beurlaubte Beamte ihr „Rückkehrecht“ gegenüber der E2 AG gerichtlich durchsetzen mussten, hat keine Partei vorgetragen.
83Demgegenüber sind etwaige Ansprüche von Arbeitnehmern, die keine beurlaubten Beamten sind und E AG auf Beschäftigung oder Wiedereinstellung in Anspruch nehmen wollen, erheblichen rechtlichen und faktischen Schwierigkeiten ausgesetzt.
84Es ist nicht ersichtlich, dass es Arbeitnehmer gibt, die einen vertraglichen Anspruch auf Beschäftigung oder Wiedereinstellung gegen E AG (oder gegen sonstige Arbeitgeber) aufgrund einer ausdrücklichen Vereinbarung haben. Dies haben die Parteien weder vorgetragen noch bestehen andere Anhaltspunkte für den Abschluss derartiger Vereinbarungen. Ein „Rückkehrrecht“ von Arbeitnehmern ließe sich gegenüber der E2 AG nur daraus herleiten, dass das zuvor zwischen diesen Arbeitnehmern und der E2 AG bestehende Arbeitsverhältnis nicht wirksam beendet wurde, weil es entweder an einem Beendigungstatbestand im Sinne des § 623 BGB fehlt oder weil die Arbeitsverhältnisse jener Arbeitnehmer im Wege des Betriebsübergangs von der E2 AG auf andere Arbeitgeber übergingen und ein Widerspruch gegen diesen Betriebsübergang aufgrund einer fehlerhaften Belehrung nach § 613 a Abs. 5 BGB noch möglich ist.
85Insoweit war aber bei Abschluss des Sozialplanes davon auszugehen, dass zur Durchsetzung von Beschäftigungsansprüchen gegen E AG die Erhebung einer Klage erforderlich sein wird. Freiwillig hatte E AG bis zu diesem Zeitpunkt keinen Arbeitnehmer der Beklagten weiterbeschäftigt. Vielmehr mussten die Arbeitnehmer Prozesse gegen E AG führen. Ihre Rückkehransprüche waren dadurch im Vergleich zu den beurlaubten Beamten faktisch erheblich erschwert. Während der Prozessdauer stehen die klagenden Arbeitnehmer ebenso wie andere entlassene Arbeitnehmer, die sich keines „Rückkehrrechts“ berühmen: Sie sind nämlich, falls sie nicht eine Anschlussbeschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber finden, arbeitslos.
86Unbehelflich ist in diesem Zusammenhang der Vorwurf der Klägerin, E AG verhalte sich schikanös, wenn sie die Arbeitnehmer, die zur E2 AG zurückkehren möchten und keine beurlaubten Beamten sind, zur Klageerhebung und zur Führung eines arbeitsgerichtlichen Prozesses veranlasst. Die Klägerin macht den Anspruch auf Zahlung einer Abfindung nicht gegen E AG, sondern gegen die Beklagte geltend. Es liegen aber keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beklagte das (Prozess-) Verhalten der E2 AG steuert, verursacht hat oder sich sonst zurechnen lassen müsste. Im Übrigen ist es nicht als schikanös zu bewerten, wenn E AG vermeintliche Beschäftigungsansprüche von Arbeitnehmern, die langjährig für dritte Unternehmen tätig waren, gerichtlich überprüfen lässt. Selbst dann, wenn es an einem formwirksamen Beendigungstatbestand für das zuvor bestehende Arbeitsverhältnis zur E2 AG im Sinne des § 623 BGB fehlt oder die Belehrung über einen erfolgten Betriebsübergang fehlerhaft war, kann der Anspruch, den die klagenden Arbeitnehmer erheben, dem Verwirkungseinwand ausgesetzt sein. Das Recht, sich auf die Formnichtigkeit eines Rechtsgeschäfts gemäß §§ 623, 125 BGB zu berufen, unterliegt auch dann der Verwirkung, wenn der Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses im Streit steht (vgl. BAG, Urteil v. 16.09.2004 - 2 AZR 659/03, Urteil v. 28.05.1998 - 2 AZR 615/97, Urteil v. 04.12.1997 - 2 AZR 799/96; Preis/Gotthardt, NZA 200, 348, 352 ff.; Henssen, DB 2006, 613, 614 ff.). Dies gilt auch im Hinblick auf das Recht, einem Betriebsübergang zu widersprechen (vgl. BAG, Urteil v. 22.06.2011 - 8 AZR 752/09, Urteil v. 24.02.2011 - 8 AZR 699/09, Urteil v. 11.11.2010 - 8 AZR185/09). Vor dem Hintergrund, dass der Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die Beklagte bereits im Januar 2008 erfolgte, ist es jedenfalls nicht fernliegend zu problematisieren, ob etwaige Ansprüche auf Beschäftigung gegenüber der E2 AG verwirkt sind.
87II.
88Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg.
89Der Klägerin stehen keine Ansprüche auf Zahlung einer Sonderprämie nach Maßgabe der Betriebsvereinbarung Sonderprämie vom 29.04.2013 zu.
901. Die Klägerin hat keinen Anspruch aus der „Betriebsvereinbarung Sonderprämie“ vom 29.04.2013.
91Nach Ziff. 1 der „Betriebsvereinbarung Sonderprämie“ ist der Anwendungsbereich der Betriebsvereinbarung beschränkt auf diejenigen Mitarbeiter, die dem Geltungsbereich des Sozialplans vom 29.04.2013 unterfallen. Nach Ziff. 1.2 des Sozialplanes vom 29.04.2013 gilt der Sozialplan jedoch nicht für beurlaubte Beamte.
922. Die Regelung unter Ziff. 1 der Betriebsvereinbarung Sonderprämie vom 29.04.2013, die beurlaubten Beamten Ansprüche auf Zahlung der Sonderprämie versagt, ist wirksam. Sie verstößt nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG.
93a) Die Betriebsparteien haben beim Abschluss von Betriebsvereinbarungen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten (s.o. unter I 2 a aa der Entscheidungsgründe).
94Dies gilt auch, wenn in Betriebsvereinbarungen freiwillige Leistungen vorgesehen werden (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 6.09.2009 - 9 Sa 170/09, Urteil v. 24.08.2012 - 9 Sa 167/12; LAG Hamburg, Urteil v. 16.01.2003 - 1 Sa 27/02), insbesondere Zahlungen bei einvernehmlichen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis (BAG, Urteil v. 18.09.2001 - 3 AZR 656/00, Urteil v. 31.05.2005 - 1 AZR 254/04, Urteil vom 18.05.2010 - 1 AZR 187/09). Die Sonderprämie nach Maßgabe der Betriebsvereinbarung vom 29.04.2013 stellt eine solche freiwillige Leistung dar. Bei der Betriebsvereinbarung handelt es sich nicht um eine Sozialplanregelung, die die wirtschaftlichen Nachteile der Betriebsstilllegung ausgleichen soll. Vielmehr bezweckt die Betriebsvereinbarung Sonderprämie - unabhängig von wirtschaftlichen Nachteilen, die einzelne Arbeitnehmer erlitten haben - denjenigen eine Sonderzahlung zukommen zu lassen, die keine Kündigungsschutzklage erheben und die ihnen überlassenen Arbeitsmittel zurückgeben.
95b) Die Ungleichbehandlung zwischen den Arbeitnehmern, die beurlaubte Beamte sind und keine Ansprüche aus der Betriebsvereinbarung Sonderprämie haben, und anderen Arbeitnehmern, denen derartige Ansprüche zustehen, ist sachlich gerechtfertigt und daher mit § 75 Abs. 1 BetrVG vereinbar.
96aa) Für die Frage, ob eine ungerechtfertigte Benachteiligung einzelner Arbeitnehmer oder Arbeitnehmergruppen vorliegt, wenn diese von freiwilligen Leistungen ausgeschlossen werden, ist der verfolgte Leistungszweck maßgeblich.
97Arbeitnehmer werden nicht sachfremd benachteiligt, wenn nach dem Zweck der Leistung Gründe vorliegen, die es unter Berücksichtigung aller Umstände rechtfertigen, ihnen die Leistungen vorzuenthalten, die anderen Arbeitnehmern gewährt werden (BAG, Urteil v. 19.03.2003 - 10 AZR 365/02, Urteil v. 12.10.2011 - 10 AZR 510/10). Die Zweckbestimmung einer Sonderzahlung ergibt sich vorrangig aus ihren tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen (BAG, Urteil v. 12.10.2011 - 10 AZR 510/10). Sowohl bei der Ausgestaltung von Sozialplänen als auch bei freiwilligen Zusatzleistungen besteht ein von den Gerichten zu respektierender Beurteilungsspielraum der Betriebsparteien: Sie sind bei der Bestimmung des Leistungszwecks sind Arbeitgeber und Betriebsrat frei und können die Voraussetzungen der freiwilligen Leistung so bestimmen, dass diese zum gewünschten und mit der Leistung verfolgten Erfolg führen (BAG, Urteil v. 18.09.2001 - 3 AZR 656/00, Urteil v. 18.05.2010 - 1 AZR 187/09; LAG Hamburg, Urteil v. 16.01.2003 - 1 Sa 27/02). Die Möglichkeit, nach § 77 BetrVG freiwillige Betriebsvereinbarungen abzuschließen, setzt die Anerkennung eines solchen Regelungsspielraums der Betriebsparteien voraus. Eine Differenzierung zwischen Arbeitnehmergruppen ist erst dann sachfremd, wenn es für sie keine billigenswerten Gründe gibt. Billigenswert sind Gründe, die auf vernünftigen, einleuchtenden Erwägungen beruhen und gegen keine verfassungsrechtlichen oder sonstigen übergeordneten Wertentscheidungen verstoßen; ob die zweckmäßigste und gerechteste Lösung gewählt wurde, ist nicht zu überprüfen (BAG, Urteil v. 18.09.2001 - 3 AZR 656/00).
98bb) Die „Betriebsvereinbarung Sonderprämie“ vom 29.04.2013 verfolgt, wie sich insbesondere aus ihrer Präambel ergibt, drei unterschiedliche Zwecke.
99Regelungszweck ist zunächst, einen Anreiz für Arbeitnehmer zum Wechsel in eine Transfergesellschaft zu schaffen Satz 3 der Präambel). Der zweite Regelungszweck besteht darin, diejenigen Arbeitnehmer zu begünstigen, die ein Angebot auf Wechsel in eine Transfergesellschaft ablehnen oder kein Angebot auf Wechsel in eine Transfergesellschaft erhalten, obgleich sie durch betriebsbedingte Kündigung von Arbeitslosigkeit bedroht sind, sofern sie keine Klage erheben oder einen Abwicklungsvertrag mit der Beklagten schließen; insoweit wird das Interesse der Beklagten berücksichtigt, individualrechtliche Risiken durch eine Kündigungsschutzklage zu vermeiden, (Satz 4 der Präambel). Dritter Regelungszweck ist es, zu gewährleisten, dass die entlassenen Mitarbeiter ihre Arbeitsmittel an die Beklagte zurückgeben (Satz 5 der Präambel).
100cc) Diese Regelungszwecke kommen bei Arbeitnehmern, die beurlaubte Beamte sind, überwiegend nicht zum Tragen.
101Die beabsichtigte Incentivierung des Übertritts in eine Transfergesellschaft, um Arbeitslosigkeit zu vermeiden, scheidet bei beurlaubten Beamten aus. Sie sind nicht vor Arbeitslosigkeit bedroht, da das Beamtenverhältnis wieder auflebt. Daher fehlt es bei beurlaubten Beamten auch an den persönlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Transferkurzarbeitergeld gemäß § 111 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB III.
102Der zweite Regelungszweck (Berücksichtigung der Planungssicherheit der Beklagten und Vermeidung individualrechtlicher Risiken bei Erhebung von Kündigungsschutzklagen) greift bei beurlaubten Beamten ebenfalls nicht ein. Zwar können auch beurlaubte Beamte sich durch die Erhebung einer Kündigungsschutzklage gegen die beabsichtigte Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zur Wehr setzen. Nach Satz 4 der Präambel der Betriebsvereinbarung Sonderprämie ist der Leistungszweck insoweit allerdings beschränkt: Nur solche Arbeitnehmer sollen durch die Gewährung der Sonderprämie honoriert werden, die infolge der betriebsbedingte Kündigung von Arbeitslosigkeit bedroht sind. Die Betriebsparteien wollten erkennbar nur denjenigen Arbeitnehmern eine Vergünstigung in Gestalt der Sonderprämie zukommen lassen, die bei Nichterhebung der Kündigungsschutzklage oder beim Abschluss eines Abwicklungsvertrages auch das wirtschaftliche Risiko der Arbeitslosigkeit in Kauf nehmen müssten. Dieses Risiko haben beurlaubte Beamte nicht zu tragen.
103Lediglich der dritte Teilzweck der Sonderprämie, die Rückgabe überlassener Arbeitsmittel sicherzustellen, spricht auch bei beurlaubten Beamten für die Gewährung dieser Leistung.
104dd) Da zugunsten der Klägerin nur ein Teilzweck der Leistungsgewährung nach der Betriebsvereinbarung Sonderprämie zum Tragen kommt, ist es bei Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt, ihr als beurlaubte Beamtin die Sonderprämie vorzuenthalten.
105(1) Der erfüllte Teilzweck (Sicherung der Rückgabe der Arbeitsmittel) ist ein Zweck, der nicht entscheidend für die Gewährung der Prämie an beurlaubte Beamte spricht.
106Es handelt sich lediglich um einen nachrangigen Zweck. Das ergibt sich daraus, dass dieser Zweck in der Präambel als letzter Leistungszweck genannt ist. Dass es sich bei dem Leistungszweck, die Rückgabe der Arbeitsmittel zu sichern, um einen nachrangigen Zweck handelt, folgt auch daraus, dass die Sicherung dieses Leistungszwecks nicht als Anspruchsvoraussetzung, sondern als auflösende Bedingung ausgestaltet ist (Ziffer 2.3 der Betriebsvereinbarung Sonderprämie).
107(2) Der Hauptzweck der Prämie, einen Anreiz zum Wechsel in eine Transfergesellschaft zu schaffen, greift demgegenüber bei beurlaubten Beamten gerade nicht ein.
108Nach dem Wortlaut der Präambel ist der Leistungszweck, den Wechsel in eine Transfergesellschaft zu belohnen, um den betroffenen Mitarbeitern neue berufliche Perspektiven zu eröffnen, der vorrangige Hauptzweck der Leistung. Dieser Zweck wird daher auch an erster Stelle genannt. Da Beamte nicht von Arbeitslosigkeit bedroht sind und kein Transferkurzarbeitergeld erhalten, ist dieser vorrangige Leistungszweck nicht erfüllt.
109(3) Soweit der weitere Teilzweck der Sonderprämie sich darauf beschränkt, nicht allgemein den Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage zu belohnen, sondern nur dann, wenn der verzichtende Arbeitnehmer von Arbeitslosigkeit bedroht wird (was bei beurlaubten Beamten nicht der Fall ist), begegnet dies keinen Bedenken.
110(a) Die Entscheidung, Beamte durch diese einschränkende Voraussetzung aus dem Kreise der Arbeitnehmer auszuschließen, denen ein Anspruch auf die Sonderprämie zusteht, beruht jedenfalls auf vernünftigen und einleuchtenden Erwägungen.
111(aa) Die Einschränkung korrespondiert mit dem Hauptzweck der Leistung, einen Anreiz zum Wechsel in die Transfergesellschaft zu schaffen.
112(bb) Es ist auch nicht zu beanstanden, wenn die Betriebsparteien davon ausgingen, dass das Bedürfnis nach Planungssicherheit im Hinblick auf einen etwaigen Kündigungsschutzprozess bei beurlaubten Beamten geringer ist.
113Da zugunsten der beurlaubten Beamten das ruhende Beamtenverhältnis auflebt, sobald das Arbeitsverhältnis zur Beklagten beendet ist, durften die Betriebsparteien annehmen, dass die Wahrscheinlichkeit, der betroffene Mitarbeiter werde Kündigungsschutzklage erheben, bei beurlaubten Beamten geringer ist als bei Arbeitnehmern. Arbeitnehmer, die keine beurlaubten Beamten sind, haben bei Erhebung der Kündigungsschutzklage mehr zu gewinnen und bei einem Verzicht auf die Kündigungsschutzklage mehr zu verlieren als beurlaubte Beamte. Der Arbeitnehmer hätte bei Erfolg der Kündigungsschutzklage seinen Arbeitsplatz und damit die Möglichkeit der Weiterbeschäftigung und Entgeltzahlung zurückgewonnen. Diese Möglichkeit steht den Beamten ohnehin in Gestalt des wiederauflebenden Beamtenverhältnisses zu. Falls Arbeitnehmer, die keine beurlaubten Beamten sind, auf eine Kündigungsschutzklage verzichten und durch eigene Anstrengungen keine Anschlussbeschäftigung finden, müssen sie damit rechnen, gegebenenfalls für längere Zeit arbeitslos zu sein. Dieses Risiko haben die beurlaubten Beamten nicht zu tragen. Die Einschätzung der Betriebsparteien, Kündigungsschutzklagen seien bei beurlaubten Beamten unwahrscheinlicher, hat sich auch bestätigt. Tatsächlich hat die Mehrheit der Beamten (nämlich mindestens 110 von 190 beurlaubten Beamten) keine Kündigungsschutzklage erhoben, sondern Ansprüche auf Zahlung der Prämie nach der Betriebsvereinbarung vom 29.04.2013 geltend gemacht.
114(cc) Es kommt hinzu, dass die Beklagte dann, wenn ein beurlaubter Beamter Kündigungsschutzklage erhebt, ein geringeres Risiko bei der Durchführung des Prozesses hat. Der klagende beurlaubte Beamte müsste sich nach § 615 Satz 2 BGB die beamtenmäßige Besoldung, die er nach Ablauf der Kündigungsfrist während des Kündigungsschutzprozesses erhält, anrechnen lassen, so dass das Annahmeverzugsrisiko der Beklagten gemindert ist.
115(b) Die Klägerin kann hiergegen nicht einwenden, die Bedrohung von Arbeitslosigkeit als einschränkender Leistungszweck stelle eine Umgehung des Grundsatzes dar, wonach Sozialplanleistungen nicht vom Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage abhängig gemacht werden dürfen.
116(aa) Der Klägerin ist zwar darin Recht zu geben, dass eine Sozialplanregelung, die die Zahlung von Abfindungen vom Verzicht auf die Kündigungsschutzklage abhängig macht, unwirksam ist (BAG, Urteil v. 31.05.2005 - 1 AZR 254/04).
117Die Klägerin kann sich aber schon deshalb nicht auf eine Umgehung dieses Grundsatzes berufen, weil sie gar nicht zum Kreis der Arbeitnehmer zählt, denen Ansprüche aus dem Sozialplan zustehen. Die Beschränkung des persönlichen Geltungsbereichs des Sozialplans ist insoweit zulässig (s. o. unter I 2 b der Entscheidungsgründe).
118(bb) Jedenfalls haben die Betriebsparteien den Regelungsspielraum, der ihnen bei der Ausgestaltung freiwilliger, über den Sozialplan hinausgehender Leistungen zusteht, im Streitfall nicht überschritten.
119Den Betriebsparteien steht im Hinblick auf Betriebsvereinbarungen, die finanzielle Anreize für die Arbeitnehmer zum Abschluss von Aufhebungsverträgen enthalten, eine Typisierungsbefugnis und Einschätzungsprärogative zu (BAG, Urteil v. 18.09.2001 - 3 AZR 656/00, Urteil v. 18.05.2010 - 1 AZR 187/09). Die Betriebsvereinbarung Sonderprämie stellt keine Sozialplanregelung dar, vielmehr handelt es sich um eine Betriebsvereinbarung über eine freiwillige Leistung, die finanzielle Anreize für die Arbeitnehmer schafft, Aufhebungsverträge abzuschließen und dadurch individualrechtliche Risiken des Arbeitgebers bei der Durchführung von Betriebsänderungen zu reduzieren. Dieser Leistungszweck ist zulässig, sofern ein gemäß § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG abzuschließender Sozialplan auskömmlich dotiert ist und ihm durch die Zahlung von „Turboprämien“ für den Abschluss freiwilliger Aufhebungsvereinbarungen keine Mittel entzogen werden (BAG, Urteil v. 31.05.2005 - 1 AZR 254/04, Urteil v. 18.05.2010 - 1 AZR 187/09). Dafür liegen keine Anhaltspunkte vor.
120Die wirtschaftlichen Nachteile, die den durch die geplante Betriebsstilllegung betroffenen Arbeitnehmern entstehen können, werden durch den Sozialplan vom 29.04.2013 ausgeglichen. Der Sozialplan ist auskömmlich dotiert. Er enthält unter Ziffer 2 Regelungen zum Übertritt in eine Transfergesellschaft sowie unter Ziffer 3 eine angemessene Abfindungsregelung. Im Übrigen stellt die Sonderprämie nur einen Bruchteil der Abfindungszahlung dar, die den Arbeitnehmern, legt man eine durchschnittliche Betriebszugehörigkeit von 26 Jahren zugrunde, aus dem Sozialplan zustehen.
121ee) Das Berufungsgericht hat auch in Erwägung gezogen, ob die beurlaubten Beamten durch die Versagung von Ansprüchen auf Zahlung einer Sonderprämie gegenüber den Arbeitnehmern ungerechtfertigt benachteiligt werden, denen gegenüber der E2 AG ein „Rückkehrrecht“ zusteht. Im Ergebnis ist das zu verneinen.
122Die Arbeitnehmer, die sich darauf berufen könnten, ihr vormals zur E2 AG bestehendes Arbeitsverhältnis sei nicht rechtswirksam beendet worden, erfüllen alle drei Teilzwecke der Betriebsvereinbarung Sonderprämie. Dies gilt für den Anreiz, in eine Transfergesellschaft zu wechseln, ebenso wie für die beabsichtigte Sicherung der Rückgabe von Arbeitsmitteln. Aber auch der Teilzweck „Schaffung von Rechtssicherheit durch Verzicht auf die Kündigungsschutzklage trotz Bedrohung durch Arbeitslosigkeit“ kommt bei jenen Arbeitnehmern zum Tragen. Sie sind nämlich in der Tat von Arbeitslosigkeit bedroht, weil E AG ein Rückkehrrecht nicht anerkennt und die Arbeitnehmer, die sich eines solchen Rechts berühmen, daher den Rechtsweg beschreiten müssen. Während sie den Rechtsstreit gegen E AG führen, stehen sie ebenso wie andere Arbeitnehmer, die keine beurlaubten Beamten sind und denen kein „Rückkehrrecht“ zur E2 AG zusteht; insbesondere müssen die ihr „Rückkehrrecht“ einklagenden Arbeitnehmer mit einer längeren Arbeitslosigkeit rechnen. Aus diesem Grund ist bei jenen Arbeitnehmern die Wahrscheinlichkeit, dass sie eine Kündigungsschutzklage gegen die Beklagte erheben, größer als bei den beurlaubten Beamten.
123III.
124Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO.
125Die Revision ist gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ArbGG zugelassen worden. Die Frage, inwieweit beurlaubte Beamte bei der Gewährung von Sozialplanabfindungen mit anderen Arbeitnehmern gleich zu behandeln sind, hat grundsätzliche Bedeutung. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf ist bei der Beurteilung der Frage, ob den beurlaubten Beamten ein Anspruch auf Zahlung der Sonderprämie nach der Betriebsvereinbarung vom 29.04.2013 zusteht, zu einem anderen Ergebnis gelangt (LAG Düsseldorf, Urteil vom 02.07.2014 - 4 Sa 321/14) als das erkennende Gericht.
Tenor
Die Berufungen der Parteien werden unter Einschluss der Hilfs-
widerklagen und der Vollstreckungsschutzanträge der Beklagten zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen zu 95 % der Kläger und zu 5 % die Beklagte.
Die Revision wird zugelassen.
1
T A T B E S T A N D :
2Die Parteien streiten um die Zahlung einer Sozialplanabfindung und einer Sonderprämie.
3Der Kläger ist beurlaubter Beamter der Deutschen Telekom AG (DT AG). Er war unter Anrechnung der jeweiligen Betriebszugehörigkeit in verschiedenen Gesellschaften dieses Konzerns als Arbeitnehmer tätig, zuletzt bei der W. Technical Services GmbH (W.). Diese beschäftigte neben beurlaubten Beamten auch sonstige Arbeitnehmer aus konzernangehörigen Telekom-Gesellschaften. Die Personalakten ihrer Mitarbeiter wurden bei W. neu angelegt.
4Zum 01.01.2008 übernahm die neu gegründete Beklagte den Geschäftsbetrieb der W.. Zuletzt beschäftigte sie an 19 Standorten ca. 950 Arbeitnehmer mit einer durchschnittlichen Betriebszugehörigkeit von 26 Jahren, darunter 190 beurlaubte Beamte.
5In den Jahren 2010 bis 2012 erstritten einige Arbeitnehmer der Beklagten, die nicht zu den beurlaubten Beamten gehörten, rechtskräftig obsiegende Urteile gegen die DT AG, wonach die Arbeitsverhältnisse zu dieser mangels rechtswirksamer Beendigung fortbestanden haben. Später ergingen entsprechende Anerkenntnisurteile zugunsten weiterer Arbeitnehmer.
6Ende 2012 entschloss sich die Beklagte, ihren Betrieb stillzulegen, und eröffnete dies ihrer Belegschaft auf einer Betriebsversammlung am 05.12.2012. Der bei der Beklagten bestehende Betriebsrat empfahl den Mitarbeitern zu prüfen, ob ihr Arbeitsverhältnis zur DT AG noch bestehe. Auf mehrere Anfragen der Geschäftsleitung der Beklagten lehnte die DT AG Zusagen für eine freiwillige Weiterbeschäftigung von Mitarbeitern der Beklagte ab.
7Unter dem 29.04.2013 unterzeichneten die Beklagte und der Betriebsrat einen Sozialplan zu der geplanten Betriebsschließung. Dieser lautet auszugsweise wie folgt:
8"Präambel
9…
10(2) Die Betriebsparteien möchten durch diesen Sozialplan insbesondere die Bedingungen dafür schaffen, dass die von Arbeitslosigkeit bedrohten Mitarbeiter der O. S bei ihrer notwendigen beruflichen Neuorientierung unterstützt werden. Zu diesem Zweck soll den Mitarbeitern nach Maßgabe dieses Sozialplans neben der Zahlung von Abfindungen auch der Abschluss von Transferarbeitsverhältnissen angeboten werden.
11(3) Das zur Verfügung stehende Sozialplanvolumen ist knapp bemessen und reicht nicht annähernd für den Ausgleich der wirtschaftlichen Nachteile aller Mitarbeiter aus. Vor diesem Hintergrund haben die Betriebsparteien das ihnen zustehende Ermessen so ausgeübt, dass die aus ihrer Sicht gravierendsten wirtschaftlichen Nachteile gemildert werden, die im Hinblick auf die zukunftsgerichtete Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion des Sozialplanes in erster Linie durch Arbeitslosigkeit entstehen. Sie verkennen dabei nicht, dass auch beurlaubten Beamten bei Rückkehr zur Deutschen Telekom AG Nachteile entstehen können z. B. durch ein geringeres Entgelt oder einen Ortswechsel. Beurlaubte Beamte erleiden jedoch typischerweise wesentlich geringere wirtschaftliche Nachteile als diejenigen ohne Beamtenstatus, da sie normalerweise weder von Arbeitslosigkeit bedroht sind noch ihr Rückkehranspruch zur Deutschen Telekom AG bzw. ihr erworbener Besitzstand bestritten wird.
121. Geltungsbereich
13…
141.2Dieser Sozialplan gilt nicht für
15…
16?Beurlaubte Beamte
17…
183. Abfindung
193.1Höhe der Abfindung
20…
213.5Ausschluss der Anspruchsberechtigung
22Ein Anspruch auf Abfindung besteht nicht, wenn der Mitarbeiter unmittelbar bei Ausscheiden bei O. S oder im unmittelbaren Anschluss an die TG ein Arbeitsverhältnis mit O. T. Networks GmbH & Co. KG (O.) einem Tochterunternehmen der O. oder einem von O. beherrschten Unternehmen aufnimmt, bei dem seine Dienstzeiten bei O. S angerechnet werden. Der Mitarbeiter ist verpflichtet, die Aufnahme eines derartigen Arbeitsverhältnisses umgehend O. S zu melden.
233.6Rückzahlungsverpflichtung
24Begründet der Mitarbeiter innerhalb eines Zeitraums von 3 Jahren nach Ausscheiden bei O. S oder nach Ausscheiden aus der Transfergesellschaft ein Arbeitsverhältnis mit O., einem Tochterunternehmen der O. oder einem von O. beherrschten Unternehmen, bei dem seine bisherigen Dienstzeiten bei O. S angerechnet werden, besteht eine Rückzahlungsverpflichtung durch den Mitarbeiter für den zu 3 Jahren fehlenden Zeitraum in Höhe von 1/36 der Brutto-Abfindungszahlung je Monat an O. S bzw. die TG (je nachdem, wer die Abfindung an ihn ausbezahlt hat). Der Mitarbeiter ist verpflichtet, die Aufnahme eines derartigen Arbeitsverhältnisses umgehend O. S zu melden.
25…".
26Ebenfalls unter dem 29.04.2013 schlossen die Beklagte und der Betriebsrat eine "Betriebsvereinbarung Sonderprämie" (BV Sonderprämie). Diese lautet auszugsweise wie folgt:
27"Präambel
28Der gesamte Betrieb der O. S wird stillgelegt. Über diese Maßnahme existiert ein Interessenausgleich sowie ein Sozialplan. Dabei liegt es im vorrangingen Interesse der Betriebsparteien, die Arbeitslosigkeit der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (zukünftig gemeinsam: "Mitarbeiter") zu vermeiden und neue berufliche Perspektiven zu eröffnen, weshalb der Wechsel in eine Transfergesellschaft besonders incentiviert werden soll. Soweit Mitarbeiter trotz des Angebots den Wechsel in eine Transfergesellschaft ablehnen oder kein Angebot auf einen Wechsel in die Transfergesellschaft erhalten, obwohl sie durch betriebsbedingte Kündigung von Arbeitslosigkeit bedroht sind und dem Geltungsbereich des Sozialplans unterfallen (weil sie sich z. B. in Elternzeit befinden), soll honoriert werden, wenn sie das Bedürfnis der O. S nach Planungssicherheit dennoch berücksichtigen, in dem sie keine Klage gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses erheben oder innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist einen Abwicklungsvertrag mit O. S schließen. Außerdem soll honoriert werden, wenn die Mitarbeiter alle überlassenen Arbeitsmittel vor Austritt bei O. S nachweisbar an O. S zurückgeben. Vor diesem Hintergrund vereinbaren die Parteien folgendes:
291. Geltungsbereich
30Diese Betriebsvereinbarung findet Anwendung auf diejenigen Mitarbeiter der O. S, die
31?den Geltungsbereich des Sozialplans vom 29.4.2013 unterfallen,
32?nicht vom Erhalt einer Abfindung gemäß Ziffer 3 des Sozialplans vom 29.4.2013 ausgeschlossen sind,
33?einen dreiseitigen Vertrag mit O. S innerhalb der Angebotsfrist abschließen und keine Klage gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses erheben
34oder
35das Angebot auf Abschluss eines dreiseitigen Vertrages ablehnen (bzw. trotz Androhung durch Arbeitslosigkeit durch eine arbeitgeberseitigen Kündigung kein Angebot erhalten) und entweder (1) keine Klage gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses erheben oder (2) innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der arbeitgeberseitigen Kündigung einen Abwicklungsvertrag schließen, wobei kein Anspruch auf Abschluss eines Abwicklungsvertrages besteht.
362. Anspruch auf Sonderprämie
372.1Mitarbeiter, die unter den Geltungsbereich dieser Betriebsvereinbarung gemäß Ziff. 1 fallen, haben Anspruch auf eine Sonderprämie von EUR 4.346,00 brutto.
382.2Die Sonderprämie entsteht mit Abschluss des dreiseitigen Vertrages/Abwicklungsvertrages bzw. mit Ablauf der dreiwöchigen Klagefrist nach Zugang der Kündigung (je nachdem, welcher Zeitpunkt früher eintritt) und ist vor Fälligkeit vererbbar.
39…
402.3Der Anspruch auf Sonderprämie entfällt (auflösende Bedingung), wenn der Mitarbeiter die ihm überlassenen Arbeitsmittel vor seinem Austritt bei O. S nicht nachweisbar ans O. S zurückgibt. Der Bruttobetrag einer bereits ausgezahlten Sonderprämie ist in diesem Fall zurückzuzahlen.
41…."
42Mit Schreiben vom 29.05.2013 kündigte die Beklagte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis außerordentlich mit sozialer Auslauffrist zum 31.12.2013, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin aus betriebsbedingten Gründen. Eine Kündigungsschutzklage erhob der Kläger nicht. Seine Arbeitsmittel gab er an die Beklagte zurück. Eine Abfindung oder Sonderprämie zahlte die Beklagte an ihn als beurlaubten Beamten nicht.
43In der Folgezeit meldete eine große Anzahl von Mitarbeitern der Beklagten Rückkehrrechte zur DT AG an. Nach Sichtung der Personalakten bei der W. in Zusammenarbeit mit der Gewerkschaft ver.di sowie in Anwesenheit u. a. des Personalleiters der Beklagten am 09.09.2013 verblieben ca. 80 und damit ein Bruchteil dieser Fälle, die als aussichtsreich eingestuft wurden.
44Mit seiner am 16.07.2013 beim Arbeitsgericht Bonn eingegangenen und von dort an das Arbeitsgericht Düsseldorf verwiesenen Klage hat der Kläger zuletzt von der Beklagten Zahlung einer Sozialplanabfindung in rechnerisch unstreitiger Höhe von 85.982,41 € sowie der Sonderprämie i.H.v. 4.346,00 € jeweils nebst Zinsen begehrt.
45Er hat den vollständigen Ausschluss der beurlaubten Beamten aus dem Anwendungsbereich des Sozialplans schon deshalb für unwirksam gehalten, weil auch die Beamten trotz ihres Rückkehrrechts zur DT AG Nachteile in Form von Entgeltminderungen oder Ortsveränderungen hinzunehmen hätten. Insbesondere würden sie aber im Verhältnis zu den vom Sozialplan nicht ausgeschlossenen Arbeitnehmern ungerechtfertigt benachteiligt, die ebenfalls ein - gerichtlich durchgesetztes - Recht zur Rückkehr zur DT AG hätten. Er hat behauptet, bereits während den Sozialplanverhandlungen sei ein solches Rückkehrrecht in Betriebsversammlungen erörtert worden. Dass es Arbeitnehmer mit einem Rückkehranspruch gäbe, sei auch der Beklagten bekannt gewesen. Im Rahmen der Sozialplanverhandlungen habe den Betriebsparteien eine Liste der Arbeitnehmer vorgelegen, auf der die Arbeitnehmer mit einem Rückkehrrecht aufgeführt gewesen seien. Die Liste stimme bis auf eine Fehlerquote von weniger als 5% mit derjenigen überein, die später als Ergebnis der Erörterungen zwischen der Deutsche Telekom AG und der Gewerkschaft ver.di erstellt worden sei. Die Deutsche Telekom AG sei in keinem dieser Fälle mit ihrer Rechtsauffassung, die Arbeitsverhältnisse seien beendet, vor Gericht durchgedrungen.
46Der Ausschluss von der Sonderprämie sei ebenfalls nicht gerechtfertigt. Auch die beurlaubten Beamten hätten ein Interesse daran gehabt, gegen die ausgesprochene Kündigung gerichtlich vorzugehen. Da im Falle einer Betriebsstilllegung das Prozessrisiko in einem Kündigungsschutzverfahren ohnehin gering sei, habe die Sonderprämie nur den Zweck, ein lästiges Verfahren zu vermeiden. Dies betreffe ebenso die beurlaubten Beamten.
47Demgegenüber hat die Beklagte bestritten, dass es mit Ausnahme der beurlaubten Beamten Arbeitnehmer mit einem gesicherten Rückkehranspruch zur DT AG gebe. Jedenfalls sei für die Betriebsparteien bei Abschluss des Sozialplans nicht erkennbar gewesen, welche Arbeitnehmer außer den beurlaubten Beamten dort eine sichere Anschlussbeschäftigung unter Wahrung ihres Besitzstandes erhalten würden. Sie ist der Auffassung, dass die Betriebsparteien davon hätten ausgehen können, dass alle Arbeitnehmer bis auf die beurlaubten Beamten gleichermaßen von Arbeitslosigkeit bedroht gewesen seien. Für die Mitarbeiter mit einem möglichen Rückkehrrecht zur DT AG wäre jedenfalls ein langer Rechtsstreit mit ungewissem Ausgang erforderlich gewesen. Die wirtschaftlichen Verluste der beurlaubten Beamten, die durch ihren Status abgesichert seien und keine Arbeitslosigkeit fürchten müssten, hätten demgegenüber als geringfügig angesehen werden können. Im Übrigen müsse sie voraussichtlich Insolvenz anmelden, wenn die Zwangsvollstreckung wegen weiterer Sozialabfindungsansprüche der beurlaubten Beamten gegen sie betrieben würde.
48Mit der Sonderprämie habe honoriert werden sollen, dass von Arbeitslosigkeit betroffene Mitarbeiter entweder in die Transfergesellschaft wechseln oder gleichwohl keine Klage gegen sie erheben würden. Bei den beurlaubten Beamten mit ihrer gesicherten Rückkehrmöglichkeit zur DT AG habe man das Interesse an der Erhebung einer Kündigungsschutzklage ohnehin für gering erachtet und eine Honorierung nicht für erforderlich gehalten.
49Die Beklagte hat ferner gemeint, im Falle eines Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz seien Sozialplan wie auch Betriebsvereinbarung Sonderprämie nichtig. Denn wenn alle beurlaubten Beamten in den Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung Sonderprämie einbezogen werden würden, würde dies zu einer Ausweitung des Dotierungsrahmens der Betriebsvereinbarung Sonderprämie um 25 % (Erhöhung des Volumens von ca. 3,3 Millionen € für die 760 Arbeitnehmer um 825.000,00 € für die beurlaubten Beamten) führen. Dadurch würde die Freiheit des Arbeitgebers in der Bestimmung des Dotierungsrahmens freiwilliger Leistungen besonders nachhaltig verletzt.
50Mit Urteil vom 25.02.2014, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Beklagte
51verurteilt, an die Klägerin 4.346,00 € brutto nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.01.2014 zu zahlen.
52Die weitergehende Klage hat es abgewiesen. Ein Anspruch auf Sozialplanabfindung bestehe für beurlaubte Beamte nicht. Die Betriebsparteien hätten sowohl einen Gestaltungsspielraum in der Frage, welche Art von Nachteilen sie als ausgleichs- oder abmilderungswürdig erachten, als auch einen Beurteilungsspielraum, welche Nachteile den einzelnen Gruppen von Arbeitnehmern voraussichtlich überhaupt entstünden. Dieser Beurteilungsspielraum sei eingehalten worden, da bis zum Abschluss des Sozialplans keine Gewissheit bestanden habe, ob und welche der nicht beamteten Arbeitnehmer von der DT AG zu welchen Bedingungen übernommen würden. Während die DT AG das gesetzlich geregelte Rückkehrrecht der beurlaubten Beamten nicht in Zweifel gezogen habe, habe sie ein Rückkehrrecht von nichtbeamteten Arbeitnehmern bis zum Abschluss des Sozialplans zu keinem Zeitpunkt anerkannt. Die Betroffenen hätten ihre Rechte ausnahmslos einklagen müssen. Die Betriebsparteien hätten in dieser Lage keine eigene Einschätzung der Rechtslage nach der jeweils unterschiedlichen, erst zu ermittelnden Tatsachenlage in einem fremden, noch zu führenden Rechtsstreit vornehmen müssen. Der Leistungsausschluss der Beamten mit unbestrittenem Rückkehrrecht sei auch gegenüber diesen Arbeitnehmern mit ihrer bloßen Chance auf Rückkehr bei der gebotenen typisierenden Betrachtung gerechtfertigt.
53Demgegenüber hätten die beurlaubten Beamten Anspruch auf Zahlung der Sonderprämie. Ihr Ausschluss beruhe insoweit nicht auf einer sachlichen Differenzierung. Hinsichtlich der mit der BV Sonderprämie bezweckten Vermeidung von Kündigungsschutzprozessen und Förderung der rechtzeitigen Rückgabe von Arbeitsmitteln (Ziff. 2.3 der BV) bestehe zwischen den beurlaubten Beamten und den übrigen Arbeitnehmern kein sachlicher Unterscheidungsgrund. Dem Antrag der Beklagten auf Ausschluss der vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils sei nicht zu entsprechen gewesen. Die Beklagte habe hinsichtlich des titulierten Anspruchs auf Sonderprämie einen nicht zu ersetzenden Nachteil aus einer etwaigen vorläufigen Vollstreckung nicht behauptet.
54Gegen das Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Auf die Feststellungen über Zustellung des Urteils sowie Eingang und Begründung der Berufungen im Sitzungsprotokoll vom 02.07.2014 wird Bezug genommen.
55Der Kläger macht weiter geltend, der Sozialplan hätte nicht zwischen der Gruppe der beurlaubten Beamten und derjenigen der nicht beurlaubten Beamten mit Rückkehranspruch unterscheiden dürfen. Bei der gebotenen objektiven Betrachtung hätte kein Unterschied bestanden, alle ca. 80 betroffenen Arbeitnehmer hätten ihren Rückkehranspruch inzwischen gerichtlich durchgesetzt, zumeist durch Anerkenntnisurteil, und seien ebenso wie die Beamten zur DT AG zurückgekehrt. Die zur Beurteilung der Rechtslage maßgeblichen Tatsachen hätten bei Abschluss des Sozialplans bereits festgestanden. Für den Feststellungsantrag bestehe ein Interesse, da er - weiter als der Zahlungsantrag - auch andere Leistungen als die bezifferte Abfindung erfasse.
56Der Kläger beantragt,
57die Entscheidung des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 25.02.2014 - 2 Ca 6899/13 - abzuändern und den Tenor insgesamt wie folgt zu fassen:
58Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu zahlen
591.eine Sozialplanabfindung in Höhe von 85.982,41 € (brutto);
602.eine Sonderzahlung in Höhe von 4.346,00 € (brutto);
613.Zinsen aus den Beträgen zu 1. und 2. in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 31.12.2013;
624.hilfsweise festzustellen, dass seine Herausnahme als bei der Telekom beurlaubtem Beamten aus dem Sozialplan vom 29.04.2013 sowie aus der Betriebsvereinbarung Sonderprämie vom 29.04.2013 rechtswidrig ist und ihm Leistungen aus den genannten Betriebsvereinbarungen zustehen um Nachteile, die aus dem Verlust des Arbeitsplatzes entstehen, auszugleichen, zumindest aber abzumildern.
63Die Beklagte beantragt,
64das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 25.02.2014 - 2 Ca 6899/13 - abzuändern, soweit es der Klage stattgegeben hat, und die Klage insgesamt abzuweisen.
65Hilfsweise für den Fall des Unterliegens beantragt sie, festzustellen, dass
66der Sozialplan vom 29.04.2013 nichtig ist;
67die Betriebsvereinbarung Sonderprämie vom 29.04.2013 nichtig ist.
68Ferner beantragt sie, die vorläufige Vollstreckbarkeit des arbeitsgerichtlichen Urteils gemäß § 62 Abs. 1 Satz 3 und des Urteils des Landesarbeitsgerichts gemäß §§ 62 Abs. 1 Satz 2, 64 Abs. 7 ArbGG einzustellen bzw. auszusetzen.
69Im Übrigen beantragen beide Parteien wechselseitig, die gegnerische Berufung zurückzuweisen.
70Die Beklagte bringt vor, das Arbeitsgericht habe den Regelungszweck der Sonderprämie verkannt. Vorrangiger Zweck sei eine Motivation der Arbeitnehmer zum Wechsel in die Transfergesellschaft gewesen. Dies betreffe von vorn herein nur von Arbeitslosigkeit bedrohte Mitarbeiter, nicht also beurlaubte Beamte. Diese sachverhaltsbezogene Unterscheidung sei sachlich gerechtfertigt. Auch eine lediglich personenbezogene Unterscheidung hielte sich im Rahmen der Einschätzungsprärogative der Betriebsparteien. Diese hätten das Interesse der beurlaubten Beamten an der Erhebung von Kündigungsschutzklagen für geringer eingeschätzt als dasjenige der von Arbeitslosigkeit bedrohten Arbeitnehmer und ein Bedürfnis für einen finanziellen Anreiz zur Vermeidung von Klagen der beurlaubten Beamten nicht gesehen. Sollte dies nicht tragfähig sein, wäre die BV Sonderprämie, ebenso der Sozialplan, jedenfalls nichtig, da das vereinbarte Finanzvolumen angesichts zusätzlicher 128 geltend gemachter Ansprüche beurlaubter Beamter deutlich überschritten würde.
71Wegen des weiteren Berufungsvorbringens der Parteien wird auf ihre in zweiter Instanz gewechselten Schriftsätze nebst beigefügten Anlagen sowie ihre Protokollerklärungen verwiesen.
72E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :
73Die zulässigen Berufungen der Parteien sind unbegründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht einen Anspruch der beurlaubten Beamten auf Sozialplanabfindung verneint. Für ihren Ausschluss von dieser Leistung bestehen sachlich rechtfertigende Gründe; damit fiel der hilfsweise widerklagend gestellte Feststellungsantrag der Beklagten insoweit nicht zur Entscheidung an (dazu I). Ebenfalls zu Recht hat das Arbeitsgericht solche sachlichen Gründe für den Ausschluss der beurlaubten Beamten von der Leistung einer Sonderprämie verneint. Die Betriebsvereinbarung ist auch nicht wegen einer Sprengung des vorgesehenen Dotierungsrahmens unwirksam. Der Anspruch auf die Prämie nebst zweitinstanzlich begehrten Zinsen besteht ab dem 01.01.2014. Der hilfsweise widerklagend von der Beklagten gestellte Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit der Betriebsvereinbarung ist damit ohne weiteres unbegründet (dazu II). Die vorläufige Vollstreckbarkeit der erst - und zweitinstanzlichen Urteile war nicht einzustellen bzw. auszusetzen (dazu III).
74I.
75Der Kläger hat gegen die Beklagte weder Anspruch auf Zahlung einer Abfindung in der rechnerisch unstreitigen Höhe von 85.982,41 € brutto noch Anspruch auf eine andere Leistung aus dem Sozialplan. Die vollständige Herausnahme der beurlaubten Beamten aus dem Geltungsbereich des Sozialplans ist wirksam (dazu 1). Der klägerische Hilfsantrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Ausschlusses und weiterer Leistungspflicht ist damit jedenfalls unbegründet (dazu 2).
761.Dem Kläger als beurlaubtem Beamten stehen aus dem Sozialplan keine Ansprüche zu. Beurlaubte Beamte sind gemäß Ziff. 1.2 vom Geltungsbereich des Sozialplans ausdrücklich ausgenommen. Dies verstößt nicht gegen den in § 75 Abs. 1 BetrVG niedergelegten betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
77a. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts haben die Betriebsparteien bei der Aufstellung eines Sozialplans einen weiten Ermessenspielraum, in welchem Maße und auf welche Weise sie die Nachteile einer Betriebsänderung für die betroffenen Arbeitnehmer ausgleichen oder mildern wollen. Sie haben aber bei Sozialplänen - wie auch sonst bei Betriebsvereinbarungen - unter Beachtung der Zweckbestimmung eines Sozialplans den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zu beachten.
78Der auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zurückzuführende Gleichbehandlungsgrundsatz aus § 75 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zielt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (zuletzt BAG 14.05.2013 - 1 AZR 43/12, AP Nr. 58 zu § 75 BetrVG 1972, Rn. 18), der sich die erkennende Kammer anschließt, darauf ab, eine Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Sachverhalten sicherzustellen und eine gleichheitswidrige Gruppenbildung auszuschließen. Eine Gruppenbildung kann auch dadurch erfolgen, dass für eine Arbeitnehmergruppe eine Regelung getroffen wird und für eine andere unterbleibt (BAG 22.03.2005 - 1 AZR 49/04 - zu 3 a der Gründe, BAGE 114, 179). Sind für verschiedene Arbeitnehmergruppen unterschiedliche Rechtsfolgen - insbesondere unterschiedliche Leistungen - vorgesehen, verlangt der Gleichheitssatz, dass diese Differenzierung sachlich gerechtfertigt ist. Maßgeblich hierfür ist vor allem der mit der Regelung verfolgte Zweck (BAG 18.05.2010 - 1 AZR 187/09, AP Nr. 209 zu § 112 BetrVG 1972, Rn. 15). Dabei ist bei einer personenbezogenen Ungleichbehandlung der Gleichheitssatz bereits dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (BAG 22.03.2005 - 1 AZR 49/04 - zu 3 a der Gründe, aaO). Diese Grundsätze gelten gleichermaßen, wenn eine Ungleichbehandlung von Sachverhalten mittelbar eine Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirkt (vgl. BVerfG 30.07.2008 - 1 BvR 3262/07 ua. - Rn. 150, BVerfGE 121, 317). In beiden Fällen unterliegt der Normgeber daher bei einer Ungleichbehandlung von Personengruppen regelmäßig einer strengen Bindung (BVerfG, a.a.O.).
79Hinsichtlich der Gruppenbildung verfügen die Betriebspartner eines Sozialplans dabei über eine Typisierungsbefugnis und eine Einschätzungsprärogative (vgl. etwa BAG 18.05.2010 - 1 AZR 187/09, AP Nr. 209 zu § 112 BetrVG 1972, Rn. 20).
80b.Diesen Anforderungen genügt die Regelung in Ziffer 1.2 des Sozialplans vom 29.04.2013. Sozialpläne haben nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine zukunftsbezogene Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion. Die in ihnen vorgesehenen Leistungen sollen gemäß § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG die künftigen Nachteile ausgleichen oder abmildern, die den Arbeitnehmern durch die Betriebsänderung entstehen können (vgl. etwa BAG 18.05.2010 - 1 AZR 187/09, a.a.O.).
81aa.Gemessen an diesem Zweck der Sozialplanleistungen ist es zunächst unschädlich, dass beurlaubte Beamte von Leistungen des Sozialplans ausgeschlossen wurden, obwohl auch sie aufgrund der Betriebsänderung unstreitig gewisse Nachteile wie etwa durch - in Einzelfällen erhebliche - Verdiensteinbußen oder Ortsveränderungen erleiden konnten.
82Die Sozialpartner sind nicht gehalten, in einem Sozialplan jeden derartigen Nachteil auszugleichen oder zu mildern. Sie besitzen einen weiten Ermessensspielraum bei der Entscheidung darüber, ob und in welchem Umfang sie die Nachteile einer Betriebsänderung für die betroffenen Arbeitnehmer ausgleichen wollen. Sie können im Rahmen ihres Ermessens von einem Nachteilsausgleich gänzlich absehen und nach der Vermeidbarkeit der Nachteile unterscheiden und sind nicht gehalten, alle denkbaren Nachteile zu entschädigen (BAG 24.08.2004 - 1 ABR 23/03, BAGE 111, 335 m.w.N.). Insbesondere angesichts beschränkter Mittel, wie sie auch hier gegeben sind (vgl. Abs. (3) Satz 1 der Päambel des Sozialplans), steht es ihnen im Rahmen ihres Gestaltungsspielraums daher frei, Nachteile erst ab einer gewissen Erheblichkeitsschwelle auszugleichen oder zu mildern. Die Nachteile, welche beurlaubte Beamte aufgrund der Betriebsänderung voraussichtlich erleiden würden, stellten sich bei typisierender und pauschalierender Betrachtung grundsätzlich deutlich geringfügiger dar als bei den von Arbeitslosigkeit bedrohten Arbeitnehmern. Die Betriebspartner waren auch nicht gehalten, den Beamten entsprechend geringfügigere Leistungen zukommen zu lassen. Sie durften die Beamten vielmehr angesichts einerseits der typischerweise eher geringfügigen zu erwartenden Nachteile für sie und andererseits der Begrenztheit der zur Verfügung stehenden Mittel vollständig von Sozialplanleistungen ausschließen und diese gänzlich den von Arbeitslosigkeit bedrohten Arbeitnehmern vorbehalten. Das gilt hier jedenfalls deshalb, weil die typischerweise von den Auswirkungen der Betriebsänderung zu erwartenden Nachteile für die beamteten Arbeitnehmer erheblich geringfügiger waren. Darauf haben die Betriebsparteien in Absatz (3) der Präambel zum Sozialplan zutreffend hingewiesen.
83bb.Der Ausschluss der beurlaubten Beamten vom Geltungsbereich des Sozialplans verletzt den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsanspruch weiterhin nicht deshalb, weil der Sozialplan gleichzeitig solche - nicht beamteten - Arbeitnehmer mit Leistungen bedachte, die möglicherweise einen Rückkehranspruch gegenüber der DT AG würden durchsetzen können.
84Der wesentliche und entscheidende Unterschied zwischen diesen Arbeitnehmern und beurlaubten Beamten liegt darin, dass letztere einen gesetzlich geregelten Rückkehranspruch unter Beibehaltung ihres rechtlichen Besitzstandes aus dem Beamtenverhältnis besaßen, der von der DT AG zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt wurde, während erstere auf eine klageweise Durchsetzung ihrer etwaigen Ansprüche angewiesen waren. Die DT AG hat bis zum Abschluss des Sozialplans die Rückkehransprüche dieser - nach Anzahl und Personen noch unbestimmten - Gruppe von Arbeitnehmern nicht bestätigt. Die Arbeitnehmer blieben auf den Klageweg verwiesen. In dieser Lage waren die Sozialplangeber nicht gehalten, nach Ermittlung der jeweiligen unterschiedlichen Tatsachenlage anhand der von W. angelegten Personalakten Arbeitnehmer mit Erfolgsaussichten zu identifizieren, die jeweiligen Aussichten etwaiger Rechtsstreite mit der DT AG abzuschätzen und auf dieser Grundlage die Betroffenen sodann von Sozialplanleistungen auszuschließen. Auf solche Weise zur Klage genötigte Arbeitnehmer hätten sich vielmehr ihrerseits gegen ihren Ausschluss wehren können, da er ihnen die Last und das Risiko eines Rechtsstreits aufgebürdet hätte, dessen Erfolgsaussichten für sie letztlich nur schwer einschätzbar gewesen wären.
85Von einer weitergehenden Begründung wird unter Bezugnahme auf das Urteil des Arbeitsgerichts abgesehen.
862. Der hilfsweise widerklagend von der Beklagten gestellte Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit des Sozialplans fiel der Kammer nicht zur Entscheidung an, da die Beklagte insoweit mit ihrem Hauptantrag obsiegt hat.
87II.
88Der Kläger hat dagegen Anspruch auf Zahlung von 4.346,00 € brutto gegen die Beklagte aus Ziffer 2.1 der BV Sonderprämie i. V. m. § 75 Abs. 1 Satz 1 BetrVG. Diese gewährt eine grundsätzlich zulässige Prämie für einen Klageverzicht (dazu 1). Der Ausschluss der beamteten Arbeitnehmer von der Sonderzahlung gemäß Ziff. 1 Punkt 1 BV Sonderprämie i.V.m. Ziff. 1.2 Sozialplan verstößt gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsanspruch aus § 75 Abs. 1 Satz 1 BetrVG und ist deshalb - bei Fortgeltung der Betriebsvereinbarung im Übrigen - nicht anzuwenden (dazu 2). Der Anspruch auf die Sonderprämie ist zu verzinsen (dazu 3). Der hilfsweise widerklagend von der Beklagten gestellte Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit der Betriebsvereinbarung ist damit ohne weiteres unbegründet (dazu 4).
891.Die Regelung einer Sonderprämie als Anreiz für eine streitlose Beendigung der Arbeitsverhältnisse in Ziff. 2.1 der BV Sonderprämie ist außerhalb eines Sozialplans gemäß § 88 BetrVG zulässig (BAG 31.05.2005 - 1 AZR 254/04, AP Nr. 175 zu § 112 BetrVG 1972). Das gilt jedenfalls, soweit - wie hier - die Prämie der Höhe nach deutlich hinter der Sozialplanabfindung zurückbleibt und deshalb eine Umgehung des Verbots, Sozialplanleistungen von einem Klageverzicht abhängig zu machen, ausscheidet (BAG 31.05.2005, a.a.O.).
902.Ziff. 1 BV Sonderprämie nimmt beurlaubte Beamte vom Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung aus. Von den kumulativ zu erbringenden Voraussetzungen dieser Bestimmung erfüllt die Klägerin lediglich die im zweiten und dritten Punkt aufgeführten; sie unterfällt aber nicht, wie im ersten Punkt gefordert, dem Geltungsbereich des Sozialplans. Der dort in Ziff. 1.2 geregelte Ausschluss beurlaubter Beamter stellt sich jedoch innerhalb der BV Sonderprämie bezogen auf deren Regelungszweck als Verstoß gegen § 75 Abs. 1 Satz 1 BetrVG dar und ist damit unwirksam (dazu a). Der Ausschlusstatbestand ist deshalb - bei Fortgeltung der Betriebsvereinbarung im Übrigen - nicht anzuwenden (dazu b).
91a.Der Ausschluss beurlaubter Beamter aus dem Geltungsbereich der BV Sonderprämie verstößt gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Gemessen am Zweck der Sonderprämie (dazu aa) besteht kein Unterschied zwischen Beamten und sonstigen Arbeitnehmern von solcher Art und solchem Gewicht, dass er die ungleiche Behandlung, also den Ausschluss der Beamten von dieser Leistung, rechtfertigen könnte (vgl. zu den Anforderungen oben unter Ziff. I.1.a). Dies gilt auch unter Berücksichtigung der den Betriebspartnern zukommenden Einschätzungsprärogative (dazu bb).
92aa.Zweck der Sonderprämie ist gemäß der Präambel zur Betriebsvereinbarung in erster Linie, im Interesse der Beklagten an "Planungssicherheit" einen Anreiz zur Unterlassung von Kündigungsschutzklagen zu setzen ("incentivieren"). Daneben soll sie die Arbeitnehmer zu rechtzeitiger Rückgabe der überlassenen Arbeitsmittel veranlassen.
93Der Zweck der Prämie wird in Satz 3 der Präambel zur BV Sonderprämie ausdrücklich mit dem Bedürfnis der Beklagten an "Planungssicherheit" beschrieben, wobei es nicht auf einen Wechsel in die Transfergesellschaft ankommt, solange nur eine Kündigungsschutzklage unterbleibt. Der nach dem ersten Entwurf der Sonderprämie vom 16.04.2013 (Anlage B 14) noch primär verfolgte Zweck, die Mitarbeiter auch in ihrem eigenem Interesse zum Übertritt in die Transfergesellschaft zu motivieren, wurde in der Endfassung in Satz 2 der Präambel zwar noch als "vorrangig" bezeichnet, faktisch aber vollständig aufgegeben. Denn gemäß Ziff. 1, 3. Punkt, 2. Variante der Endfassung BV Sonderprämie erhält die Prämie gerade auch ein Mitarbeiter, der das Angebot auf Abschluss eines dreiseitigen Vertrags zum Übertritt in die Transfergesellschaft ablehnt, sofern er nur eine Kündigungsschutzklage unterlässt oder einen Abwicklungsvertrag mit der Beklagten schließt. Dadurch entfällt die dem Wortlaut nach noch vorrangig verfolgte Anreizwirkung für einen Wechsel in die Transfergesellschaft insgesamt. Als "gemeinsamer Nenner" und damit alleiniger Zweck (neben dem Anreiz zur rechtzeitigen Rückgabe von Arbeitsmitteln) verbleibt die Setzung eines Anreizes zur streitlosen Beendigung der Arbeitsverhältnisse. Insbesondere ist die Leistung gerade nicht als Ausgleich oder Milderung der aus der Betriebsschließung folgenden Nachteile gedacht; als solche wäre die Koppelung an einen Klageverzicht, wie oben dargelegt, unwirksam (BAG 31.05.2005 - 1 AZR 254/04, AP Nr. 175 zu § 112 BetrVG 1972).
94bb.Gemessen an diesen Zwecken besteht kein Unterschied zwischen den Gruppen der Beamten und der sonstigen Arbeitnehmer von solcher Art und solchem Gewicht, der die ungleiche Behandlung, also den Ausschluss der Beamten von dieser Leistung, rechtfertigen könnte.
95Die Beklagte macht geltend, die Normgeber der BV Sonderprämie hätten das Interesse der beurlaubten Beamten an der Erhebung von Kündigungsschutzklagen für geringer eingeschätzt als dasjenige der von Arbeitslosigkeit bedrohten Arbeitnehmer und ein Bedürfnis für einen finanziellen Anreiz zur Vermeidung von Klagen der beurlaubten Beamten nicht gesehen. Dieser Grund rechtfertigt die Ungleichbehandlung bei der Zahlung der Sonderprämie nach Auffassung der Kammer nicht. Dabei kann dahinstehen, ob die Ungleichbehandlung unmittelbar an die Person (beurlaubte Beamte) anknüpft, wie es über Ziff. 1, 2. Punkt BV Sonderprämie i.V.m. Ziff. 1.2 Sozialplan der Fall ist, oder ob sie nur mittelbar an die Person anknüpft, wie es über das Kriterium "von Arbeitslosigkeit bedroht" in Satz 3 der Präambel, allerdings sprachlich nicht zweifelsfrei, der Fall sein könnte. In beiden Fällen gelten dieselben Maßstäbe für Art und Gewicht des Unterscheidungsgrundes, die der hier gebotenen strengen Bindung an den Gleichbehandlungsgrundsatz Rechnung tragen sollen (vgl. BAG 14.05.2013 - 1 AZR 43/12, AP Nr. 58 zu § 75 BetrVG 1972, BVerfG 30.07.2008 - 1 BvR 3262/07 ua. - Rn. 150, BVerfGE 121, 317).
96(a)Die Kammer konnte zunächst nicht feststellen, dass der von der Beklagten angeführte Differenzierungsgrund für die Betriebsparteien bei Abschluss der BV Sonderprämie tatsächlich maßgeblich gewesen ist. Es erscheint ebenso denkbar, dass sie die Regelung ohne Problematisierung als bloßen Annex zum Sozialplan verstanden und sich über den Ausschluss der Beamten in Bezug auf den speziellen Leistungszweck der Sonderprämie keine gesonderten Gedanken mehr gemacht haben. In der Betriebsvereinbarung selber hat der Grund keinen Niederschlag gefunden. In der letzten mündlichen Verhandlung vor der Kammer hat die Beklagte zudem auf Befragen des Gerichts keine näheren Erkenntnisse über die Klagefreudigkeit der jeweiligen Unterscheidungsgruppen anführen können. Eine bloße Übernahme des Geltungsbereichs des Sozialplans für die BV Sonderprämie ohne Neujustierung des Geltungsbereichs im Hinblick auf den besonderen Zweck der Sonderprämie verbietet sich schon deshalb, weil diese gerade kein Annex oder Bestandteil des Sozialplans ist und sein darf.
97(b)Ungeachtet dessen rechtfertigt die Unterscheidung den Ausschluss der beurlaubten Beamten von der Sonderprämie in keinem Fall.
98Der oben (unter II.2.a) festgestellte Hauptzweck der Prämie, einen Anreiz für eine streitlose Beendigung der Arbeitsverhältnisse zu setzen, lässt eine Differenzierung nach der zu erwartenden Wahrscheinlichkeit einer Klageerhebung durch die betroffenen Personen zwar grundsätzlich als möglich erscheinen. Der gezielte Einsatz der Klageverzichtsprämie dort, wo am ehesten mit Klagen zu rechnen ist, erscheint jedenfalls nicht unsachgemäß. Um hier eine Gruppe von Arbeitnehmern von der Leistung vollständig auszuschließen, ist aber angesichts der in Bezug auf das Klagerecht vollkommen gleichen Lage aller Betroffenen, ob beamtet oder nicht, eine ausreichend tragfähige tatsächliche Grundlage für die Einschätzung erforderlich, dass bei einer der Gruppen signifikant häufiger mit Klagen zu rechnen ist. Daran fehlt es. Das gilt selbst dann, wenn - was nicht feststeht - die Parteien bei Abschluss der Betriebsvereinbarung unter Berücksichtigung der ihnen zustehenden Einschätzungsprärogative eine entsprechende Einschätzung getroffen haben sollten.
99Die Klagebereitschaft bestimmt sich zunächst und in erster Linie danach, welchen Nutzen ein Kläger aus einem Rechtsstreit ziehen kann und welches Risiko er dabei eingeht. Wie auch alle übrigen Beschäftigten konnten die beurlaubten Beamten die Rechtmäßigkeit der ihnen gegenüber ausgesprochenen Kündigungen durch die Arbeitsgerichte überprüfen lassen und damit den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses zur Beklagten durchzusetzen versuchen. Dafür bestand durchaus Anlass, da die Kündigungen auch für sie Nachteile in Form von Verlust des konkreten Arbeitsplatzes, Verdiensteinbußen und Ortsveränderungen bringen konnten, wie im 3. Absatz der Präambel des Sozialplans ausdrücklich anerkannt wurde. Sie haben dies demgemäß - unstreitig - in einer Reihe von Fällen getan. Dabei waren die Erfolgsaussichten solcher Klagen - abgesehen von individuellen Besonderheiten wie etwa Sonderkündigungsschutz, die in beiden Gruppe auftreten können - mit denen von nicht beamteten Arbeitnehmern identisch.
100Die Einschätzung, ein von Arbeitslosigkeit bedrohter Arbeitnehmer sei eher bereit, das Risiko einer Kündigungsschutzklage auf sich zu nehmen als ein beurlaubter Beamter mit Rückkehrrecht zur DT AG, erscheint damit in tatsächlicher Hinsicht nicht tragfähig. Selbst wenn man aber annähme, dass bei gänzlich ungewissen Erfolgsaussichten ein Betroffener mit beamtenrechtlicher Absicherung das Prozessrisiko tendenziell eher scheute als ein von Arbeitslosigkeit bedrohter Arbeitnehmer, läge darin allenfalls ein nur marginaler gradueller Unterschied, der den Ausschluss von der Prämienleistung nicht rechtfertigte. Selbst dieser Unterschied besteht aber tatsächlich nicht. Für eine solche Annahme fehlt zum einen jede empirische Grundlage. Die Beklagte selber konnte in der letzten mündlichen Verhandlung zu entsprechenden Erkenntnissen keine Angaben machen. Zum anderen bliebe dabei insbesondere die Anreizwirkung zur Unterlassung einer Klageerhebung unberücksichtigt, die von den Sozialplanleistungen gerade für die nicht beamteten Arbeitnehmer ausgeht. Dies gilt insbesondere angesichts des hohen durchschnittlichen Lebensalters der Betroffenen. Für Arbeitnehmer, die nur noch einen relativ kurzen Zeitraum bis zum Rentenalter vor sich haben, kann sich die Sozialplanabfindung als willkommener Ausklang ihres Berufslebens darstellen. Eine Kündigungsschutzklage ließe im Obsiegensfall die Abfindung entfallen, was durchaus die Klagebereitschaft hemmen kann. Im Unterliegensfall hätten die Betroffenen zudem neben den Prozesskosten in Kauf zu nehmen, dass die eigentlich mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällige Sozialplanabfindung erst mit rechtskräftigem Abschluss des Prozesses und damit unter Umständen erheblich später zur Auszahlung gelangt (vgl. Ziff. 3.3 Abs. 2 und 3 Sozialplan).
101Ein Grund, die ebenfalls mit der Betriebsvereinbarung bezweckte Sicherstellung der rechtzeitigen Rückgabe der Arbeitsmittel bei den beurlaubten Beamten anders zu behandeln als bei den übrigen Arbeitnehmern, ist schließlich ebenfalls nicht ersichtlich. Insoweit hat die Beklagte keine Gesichtspunkte vorgetragen, die eine Differenzierung rechtfertigen könnten.
102Bei diesem Bild erscheint die vage und nicht verifizierte Annahme, ein von Arbeitslosigkeit bedrohter Betroffener sei in signifikant höherem Maße zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage bereit als ein beurlaubter Beamter, nicht tragfähig. Damit fehlt es an einem Unterscheidungskriterium von solcher Art und solchem Gewicht, dass es den Ausschluss der letztgenannten Personengruppe mit identischem Klagerecht von der Klageverzichtsprämie rechtfertigen könnte. Dies gilt auch unter Berücksichtigung eines den Normgebern zukommenden Beurteilungsspielraums.
103b.Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts führt ein gegen § 75 Abs. 1 BetrVG verstoßender Ausschluss eines Arbeitnehmers aus dem Geltungsbereich einer begünstigenden Regelung grundsätzlich dazu, dass dieser die ihm durch die gleichheitswidrige Gruppenbildung vorenthaltene Leistung beanspruchen kann. Dies beruht darauf, dass der gleichheitswidrige Ausschlusstatbestand nicht angewandt wird und so die Gleichstellung mit den übrigen Arbeitnehmern erreicht wird (vgl. BAG 19.02.2008 - 1 AZR 1004/06 - Rn. 41 f., BAGE 125, 366; BAG 14.05.2013 - 1 AZR 43/12, AP Nr. 58 zu § 75 BetrVG 1972).
104Die danach gebotene Nichtanwendung des Ausschlusses der beurlaubten Beamten von der Sonderprämie führt nicht zu Nichtigkeit der Betriebsvereinbarung insgesamt. Diese bildet auch ohne den Ausschluss eine sinnvolle Regelung unter Wahrung ihrer Zwecksetzung. Die Betriebsvereinbarung ist auch nicht etwa deshalb nichtig, weil durch die Einbeziehung der beurlaubten Beamten in ihren Geltungsbereich das vorgesehene Finanzvolumen erheblich (möglicherweise um 25 %) überschritten würde.
105Allerdings kann nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Angemessenheit der finanziellen Gesamtausstattung eines Sozialplans mit Hilfe der Inhaltskontrolle im Individualprozess nicht überprüft werden (BAG 17.02.1981 - 1 AZR 290/78, AP Nr. 11 zu BetrVG 1972 § 112; BAG 12.11.2002 - 1 ABR 58/02, AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 159, zu IV der Gründe). Dies schließt aber die Korrektur einer einzelnen Bestimmung des Sozialplans, die Arbeitnehmer unter Verstoß gegen Recht und Billigkeit benachteiligt, nicht aus. Nach der Rechtsprechung des Senats ist dabei die mit einer derartigen Korrektur mittelbar verbundene Ausdehnung des vereinbarten Finanzvolumens hinzunehmen, solange nur einzelne Arbeitnehmer benachteiligt werden und die Mehrbelastung des Arbeitgebers durch die Korrektur im Verhältnis zum Gesamtvolumen des Sozialplans nicht "ins Gewicht fällt" (BAG 26.06.1990 - 1 AZR 263/88, AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 56, zu IV der Gründe; BAG 12.11.2002 - 1 AZR 58/02, AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 159, zu IV der Gründe). Entscheidend ist dabei nicht die Zahl der betroffenen Arbeitnehmer, sondern allein das Verhältnis der finanziellen Mehrbelastung zum Gesamtvolumen. Für die Frage, ob die Mehrbelastung ins Gewicht fällt oder ob sie für den Arbeitgeber noch hinnehmbar ist, kommt es nicht darauf an, auf wie viele Arbeitnehmer die Mehrbelastung entfällt (BAG 21.10.2003 - 1 AZR 407/02, BAGE 108, 147).
106Ob diese Rechtsprechung auch auf die BV Sonderprämie zu übertragen ist, erscheint fraglich. Sie stellt maßgeblich auf die Angemessenheit des vereinbarten finanziellen Gesamtrahmens eines Sozialplans ab. Bei einem Sozialplan einigen sich die Betriebspartner regelmäßig über ein finanzielles Gesamtvolumen (vgl. etwa BAG 17.02.1981 - 1 AZR 290/78, AP Nr. 11 zu BetrVG 1972 § 112, Rn. 42). Bei der BV Sonderprämie handelt es sich nicht um einen Sozialplan. Auch wurde ein Gesamtvolumen, soweit ersichtlich, nicht vereinbart. Die ausgelobte Prämie dient vielmehr der Planungssicherheit und damit nicht zuletzt auch der Kostenersparnis auf Arbeitgeberseite durch Vermeidung von Rechtsstreiten. Der Belastung der Beklagten durch eine Ausweitung des Kreises der einbezogenen Arbeitnehmer stehen daher die streitlose Beendigung der jeweiligen Arbeitsverhältnisse und eine entsprechende Kostenentlastung als "erkaufte" Gegenleistung gegenüber. Zudem erscheint eine Korrektur des Verstoßes gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsanspruch unter Wahrung eines etwaigen "Gesamtvolumens" nicht möglich. Den von der Regelung erfassten Arbeitnehmern könnte schon aus Vertrauensschutzgesichtspunkten durch eine Neuregelung der Betriebsvereinbarung unter Einbeziehung der beurlaubten Beamten die dafür ausgelobte Prämie nicht mehr entzogen oder gekürzt werden, nachdem sie bereits endgültig auf die Klage verzichtet haben. Damit wäre auch bei einer Neuverhandlung der Betriebsvereinbarung eine Ausweitung des Maximalvolumens unvermeidlich.
107Die Frage kann offen bleiben. Denn die BV Sonderprämie ist bereits deshalb nicht wegen Überschreitung eines möglicherweise vorgesehenen Finanzvolumens unwirksam, weil die Beklagte eine solche Überschreitung nicht dargelegt hat. Insofern ist zu berücksichtigen, dass es zu einer Ausweitung des maximal denkbaren Volumens der Betriebsvereinbarung Sonderprämie von ca. 3,3 Millionen € (760 nicht beamtete Arbeitnehmer x 4.346,00 €) nur kommen könnte, wenn tatsächlich alle von der Stilllegung betroffenen 760 Arbeitnehmer die Voraussetzungen der Betriebsvereinbarung Sonderprämie erfüllt haben. Vorstellbar ist aber auch, dass von den von der Beklagten offenbar einkalkulierten 760 Arbeitnehmern nicht alle die Voraussetzungen der Betriebsvereinbarung Sonderprämie erfüllt haben, beispielsweise weil sie Kündigungsschutzklage erhoben oder nicht alle überlassenen Arbeitsmittel vor Austritt bei der Beklagten an diese zurückgegeben haben. Daher führt die Auszahlung einer Sonderprämie an die beurlaubten Beamten nicht zwangsläufig zu einer Erhöhung des Volumens der BV Sonderprämie überhaupt, erst recht nicht zwangsläufig zu einer Erhöhung ihres Volumens um 25 % (so zutreffend ArbG Düsseldorf 25.02.2014 - 2 Ca 6899/13).
1083.Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 2 Nr. 2, 288 BGB. Da die Fälligkeit mit Wirkung zum 31.12.2013 eintrat, waren die Zinsen erst ab dem ersten auf die Fälligkeit folgenden Tag, mithin ab dem 01.01.2014, geschuldet.
1094.Die auch in zweiter Instanz gemäß § 533 ZPO i.V.m. § 64 Abs. 6 ArbGG zulässige Hilfswiderklage der Beklagten auf Feststellung der Nichtigkeit der BV Sonderprämie ist im Hinblick auf die Ausführungen oben unter II. 1 bis 3 ohne weiteres unbegründet.
110III.
111Die vorläufige Vollstreckbarkeit des zweitinstanzlichen Urteils war nicht nach § 62 Abs. 1 Satz 2 ArbGG auszuschließen. Es hat keinen vollstreckungsfähigen Inhalt. Abgesehen davon hat die Beklagte auch in zweiter Instanz weder behauptet noch glaubhaft gemacht, dass die Vollstreckung der titulierten Sonderprämie zu einer Insolvenz oder einem sonstigen nicht zu ersetzenden Nachteil führen würde. Aus dem gleichen Grund war auch der Antrag auf Einstellung der vorläufigen Vollstreckbarkeit des arbeitsgerichtlichen Urteils gemäß § 62 Abs. 1 Satz 3 ArbGG abzuweisen.
112IV.
113Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG i. V. m. § 97 Abs. 1 i.V.m. § 92 Abs. 1 ZPO. Danach waren die Kosten des jeweils erfolglosen Rechtsmittels den Parteien gemäß der sich aus ihren Rechtsmittelanträgen ergebenden Quote aufzuerlegen.
114Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG für beide Parteien zuzulassen.
115R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G :
116Gegen dieses Urteil kann von beiden Parteien
117R E V I S I O N
118eingelegt werden.
119Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
120Bundesarbeitsgericht
121Hugo-Preuß-Platz 1
12299084 Erfurt
123Fax: 0361-2636 2000
124eingelegt werden.
125Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
126Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
1271.Rechtsanwälte,
1282.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
1293.Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
130In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
131Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
132Bezüglich der Möglichkeit elektronischer Einlegung der Revision wird auf die Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesarbeitsgericht vom 09.03.2006 (BGBl. I Seite 519) verwiesen.
133* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
134gez.: Queckegez.: Schmischkegez.: Baumeister
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zahlung einer Sozialplanabfindung und einer Sonderprämie wegen Ungleichbehandlung.
Der am 21.08.1954 geborene Kläger war seit 01.10.1979 zu einem Bruttomonatseinkommen von zuletzt 3.467,11 € bei der Beklagten bzw. ihren Rechtsvorgängerinnen, der D. AG bzw. der V. GmbH & Co. KG (V.), beschäftigt. Der Kläger ist Bundesbeamter, der für seine Tätigkeit bei der Beklagten von der D. AG beurlaubt wurde. In ihrem unternehmenseinheitlichen bundesweiten Betrieb mit 16 Niederlassungen beschäftigte die Beklagte zuletzt ca. 950 Mitarbeiter, darunter nach Angaben der Beklagten ca. 190 von der D. AG beurlaubte Beamte. Nachdem die Beklagte die Stilllegung des gesamten Betriebs bis spätestens 31.12.2013 beschlossen hatte, sprach sie mit Schreiben vom 06.05.2013 gegenüber dem Kläger eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung mit sozialer Auslauffrist zum 31.12.2013 aus. Auch alle anderen Mitarbeiter erhielten Kündigungen. Zuvor hatte die Beklagte mit dem Betriebsrat am 29.04.2013 einen Interessenausgleich, einen Sozialplan und eine Betriebsvereinbarung Sonderprämie (künftig BV-Sonderprämie) geschlossen.
Der Sozialplan zur Betriebsschließung enthält u. a. folgende Regelungen:
„Präambel
(3) Die Betriebsparteien verkennen dabei nicht, dass auch beurlaubten Beamten bei Rückkehr zur D. AG Nachteile entstehen können, z. B. durch ein geringeres Entgelt oder einen Ortswechsel. Beurlaubte Beamte erleiden jedoch typischerweise wesentlich geringere wirtschaftliche Nachteile als diejenigen ohne Beamtenstatus, da sie normalerweise weder von Arbeitslosigkeit bedroht sind noch ihr Rückkehranspruch zur D. AG bzw. ihr erworbener Besitzstand bestritten wird.
1. Geltungsbereich
…
1.2 Dieser Sozialplan gilt nicht für …
• beurlaubte Beamte.
11. Schlussbestimmungen
…
Sollten einzelne Bestimmungen dieses Sozialplans unwirksam sein oder werden, bleiben die übrigen Bestimmungen in Kraft. Die Betriebspartner verpflichten sich, in einem solchen Fall anstelle der unwirksamen Bestimmung eine Regelung zu treffen, die dem mit der unwirksamen Bestimmung verfolgten Zweck möglichst nahekommt. Entsprechendes gilt im Falle einer von den Betriebspartnern nicht bedachten Lücke oder falls eine der vorstehenden Regelungen undurchführbar sein oder werden sollte.“
Die BV-Sonderprämie vom 29.04.2013lautet unter anderem:
„Präambel
… Dabei liegt es im vorrangigen Interesse der Betriebsparteien, die Arbeitslosigkeit der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (zukünftig gemeinsam: „Mitarbeiter“) zu vermeiden und ihnen neue berufliche Perspektiven zu eröffnen, weshalb der Wechsel in eine Transfergesellschaft besonders incentiviert werden soll. Soweit Mitarbeiter trotz des Angebots den Wechsel in eine Transfergesellschaft ablehnen oder kein Angebot auf einen Wechsel in die Transfergesellschaft erhalten, obwohl sie durch betriebsbedingte Kündigung von Arbeitslosigkeit bedroht sind und dem Geltungsbereich des Sozialplans unterfallen (.), soll honoriert werden, wenn sie das Bedürfnis der N… nach Planungssicherheit dennoch berücksichtigen, indem sie keine Klage gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses erheben oder innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist einen Abwicklungsvertrag mit N… schließen. .
1. Geltungsbereich
Diese Betriebsvereinbarung findet Anwendung auf diejenigen Mitarbeiter der N., die
- dem Geltungsbereich des Sozialplans vom 29.04.2013 unterfallen;
- nicht vom Erhalt einer Abfindung gem. Ziff. 3 des Sozialplans vom 29.04.13 ausgeschlossen sind;
- einen dreiseitigen Vertrag mit N… innerhalb der Angebotsfrist abschließen und keine Klage gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses erheben
oder
das Angebot auf Abschluss eines dreiseitigen Vertrages ablehnen (bzw. trotz Bedrohung durch Arbeitslosigkeit durch eine arbeitgeberseitige Kündigung kein Angebot erhalten) und entweder (1) keine Klage gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses erhoben oder (2) innerhalb von drei Wochen nach Zugang der arbeitgeberseitigen Kündigung einen Abwicklungsvertrag schließen, wobei kein Anspruch auf Abschluss eines Abwicklungsvertrages besteht.
…“
Somit erhalten die beurlaubten Beamten keine Sonderprämie in Höhe von 4.346,00 € brutto (Blatt 7 ff. der Akten).
Mit Schreiben vom 25.07.2013 machte der Kläger gegenüber der Beklagten Ansprüche auf Sozialplanabfindung und Sonderprämie geltend und erhob mit Schriftsatz vom 19.08.2013, eingegangen beim Arbeitsgericht Nürnberg am 21.08.2013, Klage in Höherechnerisch jeweils unstreitiger 63.860,56 € brutto Sozialplanabfindung und 4.346,00 € brutto Sonderprämie.
Der Kläger vertritt die Ansicht, die Herausnahme von beurlaubten Beamten aus dem Geltungsbereich des Sozialplans und der Betriebsvereinbarung verstoße gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß § 75 BetrVG und den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz. Ein Beamter dürfe nicht unterschiedlich behandelt werden wie andere Arbeitnehmer. In seinem Verhältnis zur Beklagten sei er auch lediglich Angestellter wie alle anderen. Auch beurlaubten Beamten könnten aufgrund Betriebsänderung Nachteile entstehen, die auszugleichen oder zumindest abzumildern Aufgabe des Sozialplans sei.
Bei der Beklagten gebe es mehr als 100 Angestellte, die ohne einen Beamtenstatus ein vertragliches Rückkehrrecht zu der D… AG und einen tariflichen Sonderkündigungsschutz wegen Betriebszugehörigkeit und Lebensalter hätten, aber dennoch nicht vom Sozialplan ausgeschlossen seien.
Es bestehe auch ein Anspruch auf die Sonderprämie. Diese solle die Beklagte vor Kündigungsschutzprozessen schützen. Auch der Kläger könne eine Kündigungsschutzklage erheben. Die beurlaubten Beamten hätten ebenfalls durch eventuelle Entgelteinbußen wirtschaftliche Nachteile zu befürchten, so dass sie auch ein wirtschaftliches Interesse an der Erhebung einer Kündigungsschutzklage haben könnten.
Die Beklagte meint, die beurlaubten Beamten seien zu Recht aus dem Geltungsbereich des Sozialplans und der Betriebsvereinbarung Sonderprämie herausgenommen worden. Diese könnten nahtlos und unbestritten im Anschluss an das Ende ihres Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zur D. AG unter Wahrung ihres vollen Besitzstandes zurückkehren. Insofern würden beurlaubte Beamte typischerweise wesentlich geringere wirtschaftliche Nachteile erleiden als diejenigen, die kein Beamtenverhältnis hätten und von Arbeitslosigkeit bedroht würden. Bei den Mitarbeitern ohne Beamtenstatus, die mit einer durchschnittlichen Betriebszugehörigkeit von 26 Jahren und einem durchschnittlichen Lebensalter von 50 Jahren von Arbeitslosigkeit bedroht waren, hätten die Betriebsparteien befürchtet, dass sie aufgrund des reinen T.-Lebenslaufes nur sehr schwer und nach einer langen Überbrückungszeit eine Anschlussbeschäftigung zu wesentlich schlechteren Konditionen erhalten würden.
Ähnliches gelte für die Betriebsvereinbarung Sonderprämie. Bei beurlaubten Beamten sei man davon ausgegangen, dass an der Erhebung der Kündigungsschutzklage aufgrund der gesicherten Rückkehrmöglichkeit zur D. AG kaum Interesse bestehe und deshalb ein Verzicht auf Erhebung der Kündigungsschutzklage keine besondere Honorierung verdiene.
Ein gesicherter und unbestrittener Rückkehranspruch sonstiger Arbeitnehmer der Beklagten zur D. AG sei den Betriebsparteien bei Abschluss des Sozialplans nicht erkennbar gewesen. Die Einbeziehung der Beamten würde im Übrigen zu einer nicht mehr hinnehmbaren Belastung für die Beklagte führen, so dass in diesem Fall sowohl der Sozialplan als auch die BV-Sonderprämie nichtig seien.
Wegen des weiteren erstinstanzlichen Vortrags der Parteien sowie der Antragstellung wird auf den Tatbestand im Urteil des Arbeitsgerichts Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Endurteil vom 20.02.2014 abgewiesen.
Die Klage sei schon deshalb unbegründet, weil dann, wenn die Regelungen in Ziffer 1.2.8. Spiegelstrich des Sozialplans und in Ziffer 1.1. der BV-Sonderprämie hinsichtlich der Herausnahme der Beamten aus dem Geltungsbereich nichtig wären, dies zur Gesamtnichtigkeit der Regelungen führen würde. Denn dadurch würde das Volumen des Sozialplans von 37,4 Mio. € um geschätzte 8,3 Mio. € für 190 beurlaubte Beamte erhöht werden, also um über 20%. Das Volumen der BV-Sonderprämie würde sich um deutlich mehr als 20% erhöhen. Eine mit der Korrektur einer einzelnen Bestimmung eines Sozialplans (bzw. einer Betriebsvereinbarung) mittelbar verbundene Ausdehnung des vorgesehenen Finanzvolumens habe der Arbeitgeber regelmäßig aber nur hinzunehmen, solange die Mehrbelastung durch die Korrektur im Verhältnis zum Gesamtvolumen nicht „ins Gewicht fällt“ (BAG 19.02.2008 - 1 AZR 1004/06; BAG 21.10.2003 - 1 AZR 407/02
Gegen dieses den Klägervertretern am 14.03.2014 zugestellte Urteil legten diese im Namen des Klägers mit beim Landesarbeitsgericht per Telefax am 08.04.2014 eingegangenem Schriftsatz Berufung ein und begründeten diese mit beim Landesarbeitsgericht am 05.06.2014 eingegangenem Schriftsatz innerhalb der bis 16.06.2014 verlängerten Berufungsbegründungsfrist.
Der Kläger hält an seiner erstinstanzlich geäußerten Rechtsauffassung fest.
Im Zusammenhang mit der Entscheidung über die Sonderprämie gemäß der BV-Sonderprämie rügt der Kläger, dass das Arbeitsgericht nicht zwischen der Grundabfindung und den sonstigen Positionen unterschieden habe. Die Sonderprämie habe für die Arbeitnehmer gezahlt werden sollen, die keine Kündigungsschutzklage erheben. Die Beklagte habe damit Planungssicherheit herstellen wollen. Ein Beamter habe ebenso eine Kündigungsschutzklage erheben können wie ein Arbeitnehmer. Dies sei im Übrigen auch tatsächlich geschehen. Ausreichend sei, dass die theoretische Möglichkeit zur Klageerhebung bestanden habe. Auch ein beurlaubter Beamter, der eine Kündigungsschutzklage erhoben habe, habe genauso für Rechtsunsicherheit sorgen können wie ein Arbeitnehmer. Die Sonderprämie hätte dem Kläger also in jedem Fall zugesprochen werden müssen.
Hinsichtlich der Sozialplanansprüche (Grundabfindung und Lebensaltersbonus) habe das Arbeitsgericht zunächst in unzulässiger Weise die kollektivrechtliche mit der individualrechtlichen Ebene vermischt. Der Kläger mache keinen Anspruch aus dem Sozialplan geltend. Er klage auf Gleichbehandlung aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz. Auf die Wirksamkeit des Sozialplans komme es im Verhältnis Kläger und Beklagte nicht an. Es werde bestritten, dass die Beklagte 190 Beamte zum Zeitpunkt des Abschlusses des Sozialplans beschäftigt habe, dass das Gesamtvolumen des Sozialplans um über 20% erhöht werden würde bzw. Zusatzkosten von ca. 8,5 Millionen € verursacht haben würde. Es sei eine reine Mutmaßung, dass alle (angeblich vorhandenen) 190 Beamten Ansprüche geltend machen würden. Insofern seien auch die tariflichen Ausschlussfristen zu beachten. Danach müssten die Ansprüche schriftlich, innerhalb von 6 Monaten und anschließend nach Ablehnung 2 Monate danach gerichtlich geltend gemacht werden.
Die Beklagte habe die Möglichkeit gehabt, sich für den Fall der Unwirksamkeit einzelner Klauseln oder der Gefahr der Nichtigkeit des Sozialplans abzusichern. Es hätten Regelungen getroffen werden können für die Fälle, bei denen die Grenzen des Sozialplanvolumens ungewollt überschritten würden. Beispielsweise hätte eine anteilige Herabsetzung der Ansprüche vorgesehen werden können. Selbst wenn man der Argumentation des Arbeitsgerichtes folgen würde, dass ein Anspruch des Klägers und einer (vollkommen unbestimmten) Anzahl von Kollegen die Nichtigkeit des Sozialplans zur Folge hätte, könne dies nicht bedeuten, dass dem Kläger deswegen von vornherein kein Anspruch zugesprochen werde. Eine eventuelle Nichtigkeit des Sozialplans habe keine Auswirkungen auf den Anspruch als solchen. Es sei nicht zutreffend, dass für die Beklagte letztlich keine feste identifizierbare Gruppe der Mitarbeiter mit Rückkehrrecht zur D. AG erkennbar gewesen sei. Ausweislich der von der Beklagten dem Betriebsrat vorgelegten Liste (Blatt 163-186 der Akten) hätten 150 Arbeitnehmer ein Rückkehrrecht zur D. AG gehabt. Es sei der Beklagten daher bewusst gewesen, dass es eine zahlenmäßig nicht unerhebliche Gruppe von Arbeitnehmern gegeben habe, die ein Rückkehrrecht zur D. AG gehabt haben und damit genauso schutzwürdig gewesen seien wie die beurlaubten Beamten. Es liege somit eine Ungleichbehandlung vor, da die Beklagte sämtlichen Arbeitnehmern einen Abfindungsanspruch zugesprochen und ausbezahlt habe, d. h. auch denjenigen, die unstreitig über den 01.01.2014 hinaus ein Arbeitsverhältnis bei der D. AG haben und dort auch weiter arbeiten. Diese Arbeitnehmer genössen aber aufgrund ihrer langen Betriebszugehörigkeit dort tarifliche Unkündbarkeit.
Der Kläger erleide bereits während seines Einsatzes bei der Beklagten und insbesondere nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Nachteile. Er müsse nunmehr täglich nach N. oder F. pendeln, was aber mit erheblichen Fahrtkosten und Fahrzeiten verbunden sei.
Selbst wenn man davon ausginge, dass das Finanzvolumen des Sozialplans durch die Einbeziehung der Beamten zu einer nicht mehr hinnehmbaren Erhöhung und damit zur Gesamtnichtigkeit des Sozialplanes führe, habe der betroffene Arbeitnehmer einen Anspruch auf Anpassung des Sozialplanvolumens nach oben hin, zumindest darauf, dass die Betriebsparteien neu über die Verteilungsgrundsätze verhandelten. Für diesen Fall würden die Hilfsanträge gestellt. Auf die Nichtigkeit könne sich die Beklagte jedoch nicht berufen, da sie sich insoweit widersprüchlich und treuwidrig im Sinne von § 242 BGB verhalten habe. Trotz der Kenntnis der Benachteiligung der Beamten und der zwischenzeitlich laufenden Gerichtsverfahren habe die Beklagte die erst am 31.12.2013 fälligen Sozialplanabfindungen an die Arbeitnehmer ausgezahlt, also auch an die Arbeitnehmer, die zwischenzeitlich bei der D. AG weiter arbeiten. Sie habe weder den Sozialplanbetrag hinterlegt noch habe sie Verhandlungen mit dem Betriebsrat aufgenommen.
Der Kläger beantragt daher im Berufungsverfahren:
1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Nürnberg
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 68.206,56 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2014 zu zahlen.
Hilfsweise:
Die Beklagte wird verurteilt, das Sozialplanvolumen um den hier streitgegenständlichen Betrag in Hohe 68.206,56 € zu erhöhen.
Äußerst hilfsweise:
Die Beklagte wird verurteilt, den Betriebsrat aufzufordern, über die Anpassung des Sozialplans zu verhandeln.
Die Beklagte beantragt:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Nürnberg
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Hilfsweise
3. Es wird festgestellt, dass der Sozialplan vom 29.04.2013 nichtig ist.
4. Es wird festgestellt, dass die Betriebsvereinbarung Sonderprämie vom 29.04.2013 nichtig ist.
5. Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils des Landesarbeitsgerichts Nürnberg wird gem. §§ 62 Abs. 1 Satz 2, 64 Abs. 7 ArbGG ausgesetzt.
6. Die Revision wird zugelassen.
Die Beklagte verteidigt das Ersturteil unter weitestgehender Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlichen Vortrages.
Die Beklagte habe zuletzt an 16 Standorten ca. 950 Arbeitnehmer mit einer durchschnittlichen Betriebszugehörigkeit von ca. 26 Jahren und einem durchschnittlichen Lebensalter von ca. 50 Jahren beschäftigt. Sie habe ihren Geschäftsbetrieb zum 01.01.2008 von der ... Services GmbH (VTS) übernommen, weshalb sich die Belegschaft der Beklagten aus ehemaligen Mitarbeitern der Deutschen ... AG und deren Tochtergesellschaften zusammengesetzt habe. Ca. 190 Mitarbeiter der Beklagten seien beurlaubte Beamte, wie der Kläger, gewesen. Dies habe er selbst in 1. Instanz seinen Ausführungen zugrunde gelegt (vgl. Schriftsatz vom 03.12.2013, Seite 3). Außerdem habe es bei der Beklagten ehemalige Arbeitnehmer der Deutschen ... AG gegeben, deren Arbeitsverhältnisse mit der Deutschen ... AG nicht ordnungsgemäß, insbesondere nicht durch Aufhebungsvertrag, beendet worden seien, bevor sie in die VTS gewechselt seien (sogenannte Arbeitnehmer mit „Rückkehrrecht“ oder „Sonderrückkehrrecht“).
Beurlaubte Beamte seien aus dem Geltungsbereich des Sozialplans herausgenommen worden, weil sie nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses bei der Beklagten nahtlos zur Deutschen ... AG zurückkehren hätten können und deshalb nicht von Arbeitslosigkeit bedroht gewesen sein. Einen „Rückkehranspruch“ sonstiger Arbeitnehmer gebe es entgegen der Behauptung des Klägers nicht. Für die Betriebsparteien sei jedenfalls bei Abschluss des Sozialplans nicht erkennbar gewesen, welche Arbeitnehmer außer den beurlaubten Beamten eine sichere Anschlussbeschäftigung bei der Deutschen ... AG unter Wahrung ihres Besitzstandes erhalten würden. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Sozialplans habe die Beklagte lediglich gewusst, dass 4 ihrer Arbeitnehmer sich ihre Beschäftigung bei der Deutschen ... AG in arbeitsgerichtlichen Streitigkeiten über 2 Instanzen erstritten hätten und es insgesamt 4 rechtskräftige Urteile des LAG Schleswig-Holstein sowie des LAG Hamburg in diesem Zusammenhang gegeben habe. Diese Urteile hätten festgestellt, dass die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer zur Deutschen ... AG bei Übertritt in die VTS nicht ordnungsgemäß beendet worden seien, sondern als ruhende Arbeitsverhältnisse fortbestanden hätten.
Nach intensiven Recherchen seien ca. 150 Mitarbeiter herausgefiltert worden, bei denen möglicherweise eine Vergleichbarkeit zu den von den Landesarbeitsgerichten entschiedenen Fällen vorgelegen habe. In der Mitarbeiterliste (Excel-Tabelle) sei sodann eine Spalte mit „Special right: yes/no“ eingefügt worden, wobei „yes“ lediglich bedeutet habe, dass der Personaldienstleister in der Personalakte keinen Aufhebungsvertrag oder dreiseitigen Vertrag hatte finden können. Dies habe jedoch nicht bedeutet, dass es keinen Aufhebungsvertrag gegeben habe. So habe sich der Aufhebungsvertrag/dreiseitige Vertrag auch noch bei der Deutschen ... AG befinden können. Die Personalakten seien von der VTS ab dem Jahr 2000 neu angelegt worden. Außerdem seien viele Mitarbeiter über diverse Betriebsübergänge zur Beklagten gelangt. Auch in diesen Personalakten habe sich deshalb kein Aufhebungsvertrag/dreiseitiger Vertrag gefunden, ohne dass dies Aufschluss darüber gegeben hätte, ob möglicherweise ein ruhendes Arbeitsverhältnis zur Deutschen ... AG bestanden habe oder nicht.
Im Übrigen habe es keinen gesicherten Rückkehranspruch von Arbeitnehmern zur Deutschen ... AG gegeben. Die Deutsche ... AG habe nicht automatisch einen Rückkehranspruch eines Mitarbeiters wegen eines ruhenden Arbeitsverhältnisses anerkannt und diesen nahtlos nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses bei der Beklagten unter Wahrung seines Besitzstandes weiter beschäftigt. Die Arbeitnehmer hätten sich häufig erst über lange Rechtsstreitigkeiten bei der Deutschen ... AG einklagen müssen. Außerdem habe das LAG Schleswig-Holstein in seiner Entscheidung vom 05.01.2010 - 3 Sa 110/10 festgehalten, dass aus einem ruhenden Arbeitsverhältnis nicht notwendig ein Beschäftigungsanspruch des Mitarbeiters gegen die Deutsche ... AG erwachsen müsse. Ein Beschäftigungsbegehren würde nach Auffassung des LAG zum Beispiel dann gegen § 242 BGB verstoßen, wenn ein Aufhebungsvertrag abgeschlossen würde und dabei die Abfindung die gesamte Betriebszugehörigkeit mit erfassen und ausgleichen würde. Diese Sichtweise habe das Arbeitsgericht Mannheim mit Urteil vom 14.03.2013 (14 Ca 383/12) - also unmittelbar vor Abschluss des Sozialplans - noch einmal bestätigt.
Aufgrund dieser tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten habe sich der ehemalige Geschäftsführer der Beklagten deshalb ab Mitte Dezember 2012 mehrfach an die Deutsche ... AG gewandt um zu klären, inwieweit der Konzern bei Vorliegen bestimmter Sachverhalte Arbeitnehmer freiwillig und gesichert wieder einstellen würde. Die Aussage von Herrn Dr. St. für die Deutsche ... AG sei in diesem Zusammenhang eindeutig gewesen: Die Deutsche ... AG würde zum jetzigen Zeitpunkt keinerlei Zusagen hinsichtlich der freiwilligen Wiedereinstellung von Mitarbeitern der Beklagten machen.
Die Betriebsparteien seien daher bei Abschluss des Sozialplans davon ausgegangen, dass jedenfalls ein langer Rechtsstreit mit ungewissem Ausgang für Mitarbeiter mit möglichem „Rückkehrrecht“ erforderlich werden würde, um mögliche Ansprüche gegen die Deutsche ... AG durchzusetzen. Deshalb seien die Betriebsparteien typisierend und pauschalierend davon ausgegangen, dass alle Arbeitnehmer bis auf die beurlaubten Beamten gleichermaßen von Arbeitslosigkeit bedroht gewesen seien. Die wirtschaftlichen Verluste der beurlaubten Beamten seien im Vergleich dazu von den Betriebsparteien als geringfügig angesehen worden.
Dass es außer den beurlaubten Beamten keine Mitarbeiter bei der Beklagten gegeben habe, die ein gesichertes „Rückkehrrecht“ zur Deutschen ... AG hatten, hätten auch die Vorgänge nach Abschluss des Sozialplans gezeigt: Viele Klägervertreter hätten im Gütetermin mitgeteilt, dass ihre Mandanten parallel zur Klage gegenüber der Beklagten auch die Deutsche ... AG auf Wiedereinstellung verklagt hätten (vgl. Blatt 141 der Akten). Die Gewerkschaft ver.di habe seit Abschluss der Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen erheblichen Druck auf die Deutsche ... AG ausgeübt, um das Thema „Rückkehrrecht“ voranzutreiben (vgl. Blatt 142 der Akten). Auf Aufforderung des Betriebsrats und von ver.di hätten mittlerweile insgesamt ca. 500 Mitarbeiter der Beklagten angebliche „Rückkehrrechte“ zur Deutschen ... AG angemeldet. Davon seien 300 Mitarbeiter „aussortiert“ worden, ohne dass die Beklagte sagen könnte, warum. Am Montag, den 09.09.2013, habe es einen Ortstermin bei V. gegeben, an dem der zuständige Gewerkschaftssekretär, eine Rechtsanwältin, Vertreter von V., der Personalleiter der Beklagten und Vertreter der Deutschen ... AG teilgenommen hätten. Diese hätten die noch ca. 200 Personalakten gesichtet und ca. 80 Akten grob als „aussichtsreich“ ermittelt. Klar und den Arbeitnehmervertretern von der Deutschen ... AG zugestanden sei zu diesem Zeitpunkt nur gewesen, dass die Deutsche ... AG von ihrer ursprünglichen Auffassung abgewichen sei, dass sich alle Mitarbeiter der Beklagten bei ihr einklagen müssen. Eine Entscheidung darüber, wie die Deutsche ... AG allerdings mit den als aussichtsreich eingestuften Personalakten umgehen würde, sei zunächst noch nicht getroffen worden, sondern für später (30.09.2013) angekündigt worden. Etwa im November 2013 habe die Beklagte gehört, dass die Deutsche ... AG angeblich bei Mitarbeitern eine Beschäftigung in Aussicht gestellt habe und Rechtsstreitigkeiten durch Anerkenntnisse beendet worden seien. Um welche Mitarbeiter es sich dabei gehandelt habe, zu welchen Konditionen diese von der Deutschen ... AG eingestellt worden seien und ob es sich dabei um die Anerkennung von „Rückkehrrechten“ gehandelt habe, habe die Beklagte damals nicht gewusst. Im Übrigen gehe aus dem vom Kläger vorgelegten Schreiben von ver.di vom 08.10.2013 (Blatt 80 der Akten) lediglich hervor, dass 99 Arbeitnehmer, zu allerdings wohl schlechteren Konditionen, von der Deutschen ... AG weiter beschäftigt werden sollten. Die in dem Schreiben genannte Zahl von 99 Mitarbeitern sei nicht mit der vom Kläger in der Berufungsbegründung genannten Zahl von 150 Mitarbeitern identisch. Auch hieraus ergebe sich, dass zu keiner Zeit feststellbar gewesen sei, ob Arbeitnehmer der Beklagten ein „Rückkehrrecht“ zur Deutschen ... AG haben. Dies verdeutliche einmal mehr, dass keinesfalls ein „Rückkehrrecht“ einer bestimmten Zahl von Mitarbeitern bestanden habe. Mit Nichtwissen werde bestritten, dass die Deutsche ... AG die genannten 99 Mitarbeiter „freiwillig“ und unter Wahrung ihres Besitzstandes eingestellt habe.
Mitte Februar 2014 habe die Beklagte erfahren, dass die Deutsche ... AG zwar bei manchen Mitarbeitern den Bestand des Arbeitsverhältnisses durch Anerkenntnisurteil oder arbeitsgerichtlichen Vergleich unstreitig gestellt habe. Trotzdem habe sie die Arbeitnehmer offensichtlich weder beschäftigt noch vergütet, sondern sich auf den Standpunkt gestellt, dass allein der Bestand des Arbeitsverhältnisses noch nicht zu einem Beschäftigungsanspruch führe. Einer der betroffenen Mitarbeiter habe deshalb einen Anwalt eingeschaltet, der den Beschäftigungs- und Vergütungsanspruch gerichtlich gegen die Deutsche ... AG durchsetzen soll (Blatt 311 der Akten). Auch der Kläger spreche in seinem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 03.12.2013 auf Seite 3 davon, dass Arbeitnehmer „die Wirksamkeit des dreiseitigen Vertrages und des Betriebsübergangs vom 01.01.2008 gerichtlich überprüfen“ ließen.
Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Sozialplanes habe die Beklagte ca. 190 beurlaubte Beamte der Deutschen ... AG beschäftigt. Sowohl in der Betriebsversammlung am 07.05.2013 in Kassel als auch im Anschluss daran habe eine Vielzahl von Beamten bereits angekündigt, die angeblichen Ansprüche auf Sozialplanabfindung notfalls gerichtlich geltend machen zu wollen. Seit dem erstinstanzlichen Schriftsatz der Beklagten vom 31.01.2014 hätten 13 weitere beurlaubte Beamte, d. h. insgesamt 132 beurlaubte Beamte außergerichtlich oder gerichtlich angebliche Ansprüche auf Sozialplanabfindung bzw. Sonderprämie geltend gemacht. 128 Beamte hiervon hätten ihre angeblichen Ansprüche auf insgesamt ca. 5,7 Mio. € beziffert, 4 Beamte hätten bisher noch keine Höhe angegeben. Wegen der Einzelheiten werde auf die aktualisierte Aufstellung (Blatt 312 der Akten) verwiesen. Würde die Beklagte vor diesem Hintergrund verurteilt werden, den beurlaubten Beamten die Sozialplanabfindung zu bezahlen, würde das Sozialplanvolumen für die Abfindungen von insgesamt 37,4 Mio. € extrem ausgeweitet: Lege man durchschnittlich eine Abfindung von 44.531,25 € pro Beamten zugrunde (5,7 Mio. ÷ 128), würde dies Zusatzkosten in Höhe von ca. 8,4 Mio. € (44.531,25€ × 190 Beamte) bzw. über 20% des ursprünglichen Sozialplanvolumens bedeuten.
Weiterhin müsse bestritten werden, dass der Kläger Nachteile durch die Kündigung erlitten habe.
Auch eine Zahlung in Höhe der Sonderprämie stehe dem Kläger nicht zu.
Zweck der BV-Sonderprämie sei in erster Linie die besondere Inzentivierung des Wechsels von Mitarbeitern in die Transfergesellschaft gewesen, um die Arbeitslosigkeit der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu vermeiden und ihnen neue berufliche Perspektiven zu eröffnen. Der 1. Entwurf der BV-Sonderprämie habe deshalb auch lediglich vorgesehen, die Sonderprämie an Mitarbeiter zu zahlen, die einen dreiseitigen Vertrag zum Übertritt in die Transfergesellschaft angenommen hatten. Ausgehend von diesem wichtigsten Ziel habe die BV-Sonderprämie nur von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitnehmer begünstigen wollen, wenn sie entweder in die Transfergesellschaft wechselten oder - soweit dieses wichtigste Ziele nicht umsetzbar gewesen sei und die Betriebsparteien deshalb mit eine Kündigungsschutzklage hätten rechnen müssen - solche von Arbeitslosigkeit bedrohten Mitarbeiter zumindest dafür belohnen wollen, wenn sie trotz Ablehnung des dreiseitigen Vertrages keine Kündigungsschutzklage erhoben. Da beurlaubte Beamte wie der Kläger nicht von Arbeitslosigkeit bedroht gewesen seien, hätten sie kein Angebot auf einen Wechsel in die Transfergesellschaft erhalten. Bei Beamten habe Arbeitslosigkeit von vorneherein nicht vermieden werden müssen. Damit hätten beurlaubte Beamte aber auch nicht in die 2. Gruppe von Mitarbeitern fallen können. Denn bei dieser Gruppe habe die Erwartung der Betriebsparteien ebenfalls an die zu erwartende Arbeitslosigkeit angeknüpft. Es habe die Gruppe besonders belohnt werden sollen, die trotz Bedrohung mit Arbeitslosigkeit das Interesse der Beklagten an Rechtsfrieden respektiert und keine Kündigungsschutzklage erhebt. Bei beurlaubten Beamten seien die Betriebsparteien dagegen davon ausgegangen, dass an der Erhebung der Kündigungsschutzklage aufgrund der gesicherten Rückkehrmöglichkeit zur Deutschen ... AG kaum Interesse bestehe und deshalb ein Verzicht auf Erhebung der Klage keine besondere Honorierung verdiene.
Den von der Beklagten mitbestimmungsfrei zur Verfügung gestellten Dotierungsrahmen hätten die Betriebsparteien so aufgeteilt, dass alle Arbeitnehmer (außer den beurlaubten Beamten) eine Prämie in Höhe von 4.346,- € brutto halten sollten. Bei ca. 760 Mitarbeitern (ca. 950 Arbeitnehmer abzüglich ca. 190 beurlaubte Beamte) belaufe sich der Dotierungsrahmen somit auf ca. 3,3 Mio. €. Bei Einbeziehung der 190 beurlaubten Beamten würde sich der Dotierungsrahmen um ca. 825.000,- € erhöhen, d. h. das Volumen für die BV-Sonderprämie würde sich um ca. 25% erhöhen. Mittlerweile hätten auch bereits ca. 128 beurlaubte Beamte Zahlungsansprüche geltend gemacht, davon fast alle im Rahmen eines Rechtsstreits. Mittlerweile hat jeder Arbeitnehmer bei seinem Ausscheiden grundsätzlich die Prämie erhalten bis auf 33 Arbeitnehmer, die Kündigungsschutzklage erhoben hätten. Mit diesen habe man aber gerichtliche Vergleiche über einen zusätzlich zur Sozialplanabfindung zu zahlenden Betrag von mindestens 3.300,- € brutto geschlossen.
Mit Schriftsatz vom 11.08.2014 bestritt der Kläger weiterhin, dass ca. 190 Mitarbeiter der Beklagten beurlaubte Beamte gewesen seien. Er bestritt, dass die Beklagte keine Kenntnis darüber gehabt habe, welche Mitarbeiter der Beklagten das Arbeitsverhältnis der Deutschen ... AG nicht ordnungsgemäß beendet hätten. Es sei falsch, dass für die Betriebsparteien bei Abschluss des Sozialplans nicht erkennbar gewesen sei, welche Arbeitnehmer eine sichere Anschlussbeschäftigung bei der Deutschen ... AG unter Wahrung ihres Besitzstandes gehabt hätten. Bereits vor und zum Zeitpunkt der Sozialplanverhandlungen habe festgestanden, dass es 150 Mitarbeiter gebe, die ein Rückkehrrecht gehabt hätten und trotzdem die Sozialplanabfindung bekommen sollten. Es komme daher nicht darauf an, ob letztlich von den 150 Mitarbeitern mit Rückkehrrecht auch 150 zurückgekehrt seien oder letztendlich nur 100. Die Entwicklungen nach Abschluss des Sozialplanes seien unerheblich. Es werde bestritten, dass 132 beurlaubte Beamte außergerichtlich oder gerichtlich Ansprüche auf Sozialplanabfindung bzw. Sonderprämie geltend gemacht hätten. Die Beklagte habe nicht nach den tariflichen Ausschlussfristen differenziert, wonach innerhalb von 6 Monaten die Ansprüche schriftlich und nach Ablehnung innerhalb von 2 weiteren Monaten gerichtlich geltend gemacht werden müssten. Es werde bestritten, dass für 5,7 Mio. € Ansprüche beziffert worden seien bzw. dass dies auch innerhalb der Fristen erfolgt sei. Es werde bestritten, dass das Sozialplanvolumen in einer Höhe von insgesamt 37,4 Millionen extrem ausgeweitet werden würde und dass durchschnittlich eine Abfindung von 44.531,25 € geltend gemacht worden sei. Es werde bestritten, dass sich der Dotierungsrahmen bei der Sonderprämie auf 3,3 Mio € belaufen würde und dass sich der Dotierungsrahmen bei ca. 190 beurlaubten Beamten um ca. 825.000,- € erhöhen würde.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 13.08.2014 bezifferte der Kläger seine finanziellen Nachteile wegen entweder erhöhter Fahrtkosten nach Nürnberg oder Frankfurt (früherer Arbeitsort Würzburg) über mehrere Jahre gesehenauf etwa 90.000,- €. Ein Betrag in etwa ähnlicher Höhe ergebe sich bei einer nunmehr angedachten Frühpensionierung.
Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 04.06.2014 (Blatt 242-249 der Akten), vom 17.07.2014 (Blatt 316 der Akten), vom 24.07.2014 (Blatt 324-330 der Akten), vom 08.08.2014 (Blatt 333,334 der Akten) und vom 11.08.2014 (Blatt 342-246 der Akten), sowie auf die Schriftsätze der Beklagten vom 26.06.2014 (Blatt 286-314 der Akten) und vom 08.08.2014 (Blatt 336 der Akten) verwiesen.
Gründe
Die Berufung des Klägers war zurückzuweisen. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Betriebsparteien durften im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums die von der Deutschen ... AG beurlaubten Beamten sowohl von den Sozialplanleistungen als auch vom Geltungsbereich der BV-Sonderprämie ausschließen. Auch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes würde nicht zu einem Zahlungsanspruch des Klägers aus dem Sozialplan führen.
A. Die Berufung des Klägers ist zulässig. Die Berufung ist statthaft, § 64 Abs. 1, 2 b ArbGG, und auch in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO. Dies gilt letztlich auch hinsichtlich der Begründung der Berufung bezüglich der Ansprüche wegen der BV-Sonderprämie.
I.
Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Erforderlich ist eine hinreichende Darstellung der Gründe, aus denen sich die Rechtsfehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung ergeben soll. Die zivilprozessuale Regelung soll gewährleisten, dass der Rechtsstreit für die Berufungsinstanz durch eine Zusammenfassung und Beschränkung des Rechtsstoffs ausreichend vorbereitet wird. Deshalb hat der Berufungsführer die Beurteilung des Streitfalles durch den Erstrichter zu überprüfen und darauf hinzuweisen, in welchen Punkten und mit welchem Grund er das angefochtene Urteil für unrichtig hält (st.Rspr., vgl. z. B. BAG 28.05.2009 - 2 AZR 223/08). Hat das Erstgericht die Klageabweisung auf mehrere, voneinander unabhängige, selbstständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss die Berufungsbegründung das Urteil in allen diesen Punkten angreifen. Es ist deshalb für jede der mehreren, rechtlich selbstständig tragenden Erwägungen darzulegen, warum sie nach Auffassung des Beschwerdeführers die Entscheidung nicht rechtfertigt. Andernfalls ist das Rechtsmittel unzulässig (vgl. BAG a. a. O. m. w. N.).
II.
Das Erstgericht hat seine klageabweisende Entscheidung tragend damit begründet, dass die Nichtigkeit der Regelungen in Ziffer 1.2 8. Spiegelstrich des Sozialplans und in Ziffer 1. 1. Spiegelstrich der BV Sonderprämie hinsichtlich der Herausnahme der Beamten aus dem Geltungsbereich wegen der Erhöhung des Sozialplanvolumens von über 20% und der Erhöhung des finanziellen Gesamtvolumens der BV-Sonderprämie um deutlich mehr als 20% zur Gesamtnichtigkeit der Regelungen führen würde. Die Ausführungen des Arbeitsgerichts zum betriebsverfassungsrechtlichen und zum allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz sind vom Arbeitsgericht hingegen ausdrücklich als nicht tragend („Deshalb kann es dahinstehen“) bezeichnet worden.
III.
Mit seinen Ausführungen hat der Kläger die erstinstanzliche Entscheidung ausreichend i. S. v. § 520 Abs. 3 ZPO angegriffen und sich mit den tragenden Gründen des arbeitsgerichtlichen Urteils auseinandergesetzt. Dies gilt zunächst hinsichtlich der Ansprüche wegen Zahlungen in Höhe der Sozialplanleistungen. Insoweit hat der Kläger in der Berufungsbegründung ausdrücklich bestritten, dass es bei Einbeziehung der Beamten zu einer Erhöhung des Sozialplanvolumens von über 20% und Zusatzkosten von ca. 8,5 Mio. € käme. Hinsichtlich der BV-Sonderprämie hat der Kläger allerdings nicht ausdrücklich zur Erhöhung des Volumens um über 20% vorgetragen, sondern ausschließlich mit Verstößen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz argumentiert (III. 1. der Berufungsbegründung). Da allerdings ein Verständnis des Urteils des Arbeitsgerichts dahingehend nicht völlig ausgeschlossen werden kann, dass es nicht explizit von der jeweiligen Gesamtnichtigkeit des Sozialplans und der BV-Sonderprämie ausgegangen ist, sondern -quasi in einer Zusammenschau - von der Gesamtnichtigkeit beider Vereinbarungen, genügt nach Auffassung der erkennenden Berufungskammer das Bestreiten der Erhöhung des Sozialplanvolumens, um die Berufung auch hinsichtlich des Zahlungsanspruchs Sonderprämie gerade noch als zulässig zu erachten.
B. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Betriebsparteien durften die bei der Beklagten tätigen beurlaubten Beamten sowohl von den Sozialplanleistungen als auch von den Leistungen der BV-Sonderprämie ohne Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz ausschließen. Darüber hinaus würde eine Korrektur, die mittelbar zur Einbeziehung der beurlaubten Beamten führen würde, jedenfalls die Nichtigkeit des Sozialplans zur Folge haben.
I.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung eines hinsichtlich der Berechnung unstreitigen Betrages von 63.860,56 € aus dem Sozialplan. Die Herausnahme der bei der Beklagten beschäftigten von der Deutschen ... AG beurlaubten Beamten aus dem Geltungsbereich des Sozialplans ist wirksam.
1. Der Kläger fällt als beurlaubter Beamter nicht in den in Ziff. 1 des Sozialplans geregelten Geltungsbereich des Sozialplans. Nach Ziff. 1.1 des Sozialplans gilt dieser für alle Mitarbeiter der Beklagten an allen Standorten in der Bundesrepublik Deutschland, soweit sie von den personalen Maßnahmen infolge der Betriebsstilllegung gemäß des Interessenausgleichs vom 29.04.2013 betroffen sind oder betroffen sein werden. Gleichzeitig sind jedoch nach Ziff. 1.2 des Sozialplans sogenannte beurlaubte Beamte von dem Geltungsbereich ausdrücklich ausgenommen.
2. Unstreitig ist der Kläger von den personellen Maßnahmen infolge der Betriebsstilllegung betroffen. Ebenso unstreitig ist der Kläger jedoch Beamter der Bundesrepublik Deutschland, der für die Beschäftigung bei der Beklagten nach § 13 Abs. 1 SUrlV beurlaubt war.
3. Die Herausnahme der beurlaubten Beamten aus dem Geltungsbereich des Sozialplans ist wirksam. Sie verstößt weder gegen den allgemeinen arbeitsrechtlichen noch gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
a. Der Kläger kann sich nicht auf den allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz als Anspruchsgrundlage stützen.
aa. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verwehrt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dem Arbeitgeber, einzelne Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern ohne sachlichen Grund von allgemein begünstigenden Regelungen auszunehmen und schlechter zu stellen. Er verbietet sowohl die sachfremde Differenzierung zwischen Arbeitnehmern einer bestimmten Ordnung als auch eine sachfremde Gruppenbildung. Allerdings greift der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz wegen seines Schutzcharakters gegenüber der Gestaltungsmacht des Arbeitgebers nur dort ein, wo diese durch eigenes gestaltendes Verhalten ein eigenes Regelwerk bzw. eine eigene Ordnung schafft, nicht hingegen bei bloßem - auch vermeintlichen - Normenvollzug (st.Rspr., z. B. BAG 06.07.2011 - 4 AZR 569/09, Rn. 23; 23.10.2012 - 4 AZR 48/11, Rn. 14; 16.05.2013
bb. Nach § 112 Abs. 1 Satz 3 BetrVG hat der Sozialplan die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. Er gilt also unmittelbar und zwingend (§ 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG) und muss vom Arbeitgeber nach § 77 Abs. 1 BetrVG durchgeführt werden. Mit der Durchführung des Sozialplans hat die Beklagte daher nur eine Norm vollzogen.
Anders wäre dies nur, wenn dem Arbeitgeber im Auszahlungszeitpunkt positiv bekannt gewesen wäre, dass der Sozialplan - etwa wegen der Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes - unwirksam gewesen wäre. In einem solchen Fall hätte er die Leistung in Kenntnis der Unwirksamkeit und deshalb aufgrund eigener Entscheidung erbracht. Hierfür fehlen jedoch jegliche Ansatzpunkte. Die Parteien vertreten lediglich unterschiedliche Rechtsauffassungen.
b. Der Anspruch des Klägers ergibt sich auch nicht aus dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG.
aa. Das an die Betriebsparteien gerichtete Gebot des § 75 Abs. 1 S. 1 BetrVG, die Grundsätze von Recht und Billigkeit zu beachten, beinhaltet auch das Verbot einer sachfremden Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderer Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage. Eine unterschiedliche Behandlung ist sachfremd, wenn es keine billigenswerten Gründe gibt. Dieser betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gilt auch für Sozialpläne (BAG, Urteil vom 22.07.2003 - 1 AZR 575/02). Maßgeblich für das Vorliegen eines die Bildung unterschiedlicher Gruppen rechtfertigenden Sachgrundes ist vor allem der mit der Regelung verfolgte Zweck (BAG 07.06.2011 - 1 AZR 34/10; 14.12.2010 - 1 AZR 279/09; 18.05.2010
Sozialpläne haben nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine zukunftsbezogene Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion. Die in ihnen vorgesehenen Leistungen sollen gem. § 112 Abs. 1 S. 2 BetrVG die künftigen Nachteile ausgleichen oder abmildern, die dem Arbeitnehmer durch die Betriebsänderung entstehen können (BAG 07.06.2011 - 1 AZR 34/10 - a. a. O., 18.05.2010 - 1 AZR 187/09
Die zukunftsbezogene Ausgleichsfunktion von Sozialplänen eröffnet den Betriebsparteien Beurteilungs- und Gestaltungsspielräume (BAG 11.11.2008 - 1 AZR 475/07; 06.11.2007 - 1 AZR 960/06
Der Beurteilungsspielraum betrifft die tatsächliche Einschätzung der mit der Betriebsänderung für die Arbeitnehmer verbundenen wirtschaftlichen Folgen. Diese lassen sich regelmäßig nicht in allen Einzelheiten sicher vorhersagen, sondern können nur Gegenstand einer Prognose sein. Bei der Beendigung von Arbeitsverhältnissen hängen die Chancen der einzelnen Arbeitnehmer, überhaupt oder in absehbarer Zeit einen gleichwertigen neuen Arbeitsplatz zu finden, von einer Vielzahl subjektiver und objektiver Umstände ab und lassen sich nicht qualifizieren. Da Sozialpläne in der Regel schon vor der Betriebsänderung geschlossen werden sollen, ist es unumgänglich, den Betriebsparteien bei der Einschätzung der wirtschaftlichen Nachteile einen erheblichen Beurteilungsspielraum einzuräumen. Dieser gestattet eine pauschalisierende und typisierende Betrachtung (BAG 11.11.2008 - 1 AZR 475/07; 24.08.2004 - 1 ABR 23/03
bb. Gemessen an diesen Grundsätzen verstößt die Herausnahme der beurlaubten Beamten aus dem Geltungsbereich des Sozialplans vom 29.04.2013 nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Bei der gebotenen typisierten Betrachtung durften die Betriebsparteien davon ausgehen, dass Arbeitnehmer, die zeitgleich in einem ruhenden Beamtenverhältnis zur Bundesrepublik Deutschland stehen, durch die geplante Betriebsstilllegung keine oder sehr viel geringere wirtschaftliche Nachteile drohen als anderen Arbeitnehmern, die von Arbeitslosigkeit bedroht sind. Bei den sogenannten beurlaubten Beamten lebt das Beamtenverhältnis unmittelbar mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Beklagten wieder auf. Die wirtschaftliche Zukunft der beurlaubten Beamten ist durch das Beamtenverhältnis sichergestellt. Es ist daher nicht sachwidrig, beurlaubte Beamte aus dem Geltungsbereich des Sozialplans herauszunehmen (ArbG Herne
Eine sachwidrige Ungleichbehandlung des Klägers liegt auch nicht im Verhältnis zu den Beschäftigten der Beklagten vor, die neben ihrem Arbeitsverhältnis zur Beklagten zum Zeitpunkt des Abschlusses des Sozialplans noch in einem ruhenden Arbeitsverhältnis zur Deutschen ... AG standen. Auch insoweit fehlt es bei einer zukunftsbezogenen Betrachtungsweise an einer Vergleichbarkeit. Beurlaubte Beamte haben ein nach der Sonderurlaubsverordnung und dem Postpersonalrechtsgesetz klar geregeltes, von der Deutschen ... AG niemals in Zweifel gezogenes Rückkehrrecht in ihr Beamtenverhältnis.
Demgegenüber ist bei den übrigen Angestellten der Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses zur Deutschen ... AG von individuellen und im Einzelfall unterschiedlichen Voraussetzungen abhängig. So durfte kein wirksamer dreiseitiger Vertrag zwischen den Angestellten, der Deutschen ... AG und der Rechtsvorgängerin der Beklagten zustande gekommen sein, so dass überhaupt noch ein Arbeitsverhältnis mit der Deutschen ... AG bestehen konnte. Weiterhin konnte der Geltendmachung eines Rückkehrrechts zurDeutschen ... AG noch der Einwand der Verwirkung oder des Rechtsmissbrauchs entgegenstehen, wie gerade auch die von der Beklagten zitierte Rechtsprechung (LAG Schleswig-Holstein
Von einem gesicherten „beamtenähnlichen“ Rückkehrrecht konnte daher auch für die 150 Arbeitnehmer, die in der dem Betriebsrat übergebenen Liste mit „specialright“ gekennzeichnet wurden (Blatt 163 ff der Akten) nicht ausgegangen werden.Dies gilt selbst dann, wenn man wie der Kläger davon ausginge, dass „specialright“ ein mit der ... AG bestehendes ruhendes Arbeitsverhältnis bedeuten sollte. Dass die Deutsche ... AG im späteren Verlauf nach ausführlichen Verhandlungen mit ver.di ca. 100 Arbeitnehmer wieder beschäftigt hat, ist, wie der Kläger selbst ausführt, nicht von rechtlicher Relevanz. Dass solche Verhandlungen überhaupt geführt werden mussten, verdeutlicht aber die Haltung der Deutschen ... AG noch zum Zeitpunkt des Abschlusses des Sozialplans.
Vor diesem Hintergrund haben die Betriebsparteien bei Abschluss des Sozialplans ihren Beurteilungsspielraum nicht überschritten, wenn sie Angestellte mit einem möglichen arbeitsvertraglichen Rückkehrrecht zur Deutschen ... AG nicht von dem Sozialplan ausgenommen haben oder umgekehrt die beurlaubten Beamten nicht mit aufgenommen haben (ebenso ArbG Herne
4. Zu Recht hat das Arbeitsgericht den Anspruch des Klägers deshalb verneint, da eine Unwirksamkeit des Ausschlusses der Beamten von den Sozialplanansprüchen jedenfalls zur Gesamtnichtigkeit des Sozialplans führen würde.
a. Allerdings würde die bloße Teilnichtigkeit der Regelung in Ziffer 1.2 8.Spiegelstrich des Sozialplans für sich genommen nicht zur Gesamtnichtigkeit des Sozialplans führen.
aa. Die nach ihrem Rechtsgedanken grundsätzlich auch auf Betriebsvereinbarungen und Sozialpläne anwendbare Bestimmung des § 139 BGB hat im Falle der Teilnichtigkeit einzelner Regelungen eines Sozialplans dessen Gesamtnichtigkeit nur dann zur Folge, wenn der verbleibende Teil ohne den unwirksamen Teil keine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung mehr darstellt. Das folgt aus dem Normencharakter einer Betriebsvereinbarung. Er gebietet es ebenso wie bei Tarifverträgen und Gesetzen, die durch sie geschaffene Ordnung im Interesse der Kontinuität und Rechtsbeständigkeit soweit aufrechtzuerhalten, wie sie auch ohne den unwirksamen Teil ihre Ordnungsfunktion noch entfalten kann (BAG 19.02.20081 AZR 1004/06; 24.08.2004 - 1 ABR 23/03
bb. Hier würde der Sozialplan auch bei Unwirksamkeit der Bestimmung in Ziffer 1.2 8. Spiegelstrich eine in sich geschlossene und sinnvolle Regelung darstellen. Dadurch werden die übrigen Regelungen des Sozialplans weder sinnlos noch unpraktikabel.
b. Eine Unwirksamkeit der Bestimmung in Ziffer 1.2 8. Spiegelstrich und die damit verbundene Korrektur des Sozialplans würde jedoch zu einer unzulässigen Erhöhung des Gesamtvolumens des Sozialplans führen.
aa. Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG kann die Angemessenheit der finanziellen Gesamtausstattung eines Sozialplans mit Hilfe der Inhaltskontrolle im Individualprozess zwar nicht überprüft werden (BAG 21.10.2003 - 1 AZR 407/02 - Rn. 21 m. w. N.). Dies schließt aber die Korrektur einer einzelnen Bestimmung des Sozialplans, die Arbeitnehmer unter Verstoß gegen Recht und Billigkeit benachteiligt, nicht aus. Dabei ist die mit einer derartigen Korrektur mittelbar verbundene Ausdehnung des vereinbarten Finanzvolumens hinzunehmen, solange nur einzelne Arbeitnehmer benachteiligt werden und die Mehrbelastung des Arbeitgebers durch die Korrektur im Verhältnis zum Gesamtvolumen des Sozialplans nicht „ins Gewicht fällt“ (BAG a. a. O). Letztlich entscheidend ist nicht die Zahl der betroffenen Arbeitnehmer, sondern allein das Verhältnis der finanziellen Mehrbelastung zum Gesamtvolumen. Für die Frage, ob die Mehrbelastung ins Gewicht fällt oder ob sie für den Arbeitgeber noch hinnehmbar ist, kommt es nicht darauf an, auf wie viele Arbeitnehmer die Mehrbelastung entfällt. Bei der Beurteilung ist nicht nur der vom Kläger eingeklagte Betrag, sondern auch die Erhöhung der Abfindungen der anderen unter die Bestimmung in Ziffer 1.2 8. Spiegelstrich des Sozialplans fallenden Beschäftigten, also aller beurlaubter Beamter, zu berücksichtigen (BAG a. a. O., Rn. 22). Dabei wurde vom BAG eine Erhöhung des Gesamtvolumens von lediglich 1,7% als hinnehmbar angesehen (BAG a. a. O.), ohne jedoch eine Höchstgrenze zu definieren.
bb. Im vorliegenden Fall wären die die Grenzen, innerhalb derer eine Erhöhung der finanziellen Gesamtausstattung noch hinzunehmen wäre, deutlich überschritten.
(1) Unbestritten beschäftigte die Beklagte einschließlich der beurlaubten Beamten zuletzt ca. 950 Arbeitnehmer mit einem Durchschnittsalter von ca. 50 Jahren. Das Volumen des Sozialplans, also ohne die beurlaubten Beamten betrug 37,5 Mio. €. Die Beklagte behauptet in der Berufungsbegründung, dass sich das Volumen des Sozialplans bei Berücksichtigung der ca. 190 bei ihr beschäftigten beurlaubten Beamten um weitere 8,4Mio € erhöhen würde. Die Beklagte ist dabei von den ihr gegenüber bis zur Fertigung der Berufungserwiderung am 26.06.2014 beziffert geltend gemachten Ansprüchen von 128 Beamten in Höhe von 5,7 Mio. € ausgegangen, hat den Durchschnittsbetrag pro Beamten errechnet (44.531,25 €) und mit 190 multipliziert (Seite 13 der Berufungserwiderung, Blatt 298 der Akten). Dabei hat die Beklagte eine detaillierte Liste vorgelegt, aus der sich die geltend gemachten Ansprüche ergeben (Blatt 321 der Akten).Bereits erstinstanzlich hatte die Beklagte die Zahl der Beamten, die bis dahin bezifferte Ansprüche geltend gemacht hatten, mit 108 angegeben, und eine Summe von insgesamt 4,75 Mio. € (Blatt 159 der Akten).
Dabei ist die Beklagte von Anfang an von einer Zahl von 190 Beamten ausgegangen. Der Kläger ist erstinstanzlich von 180 Beamten ausgegangen. Das Bestreiten des Klägers in der Berufungsinstanz, dass es sich um 190 Beamte handelte, kann daher nur so verstanden werden, dass er zwar die Zahl 190 bestreitet, aber jedenfalls 180 betroffene Beamte zugesteht.
Soweit der Kläger darüber hinaus mit Schriftsatz vom 11.08.2014 bestreitet, dass 132 Beamte gerichtlich bzw. außergerichtlich Sozialplanansprüche bzw. die Sonderprämie geltend gemacht hätten, dass 5,7 Mio. € Ansprüche beziffert worden seien, dass durchschnittlich 44.531,25 € als Abfindung geltend gemacht worden seien und es sich hierbei um 20% des ursprünglichen Sozialplanvolumens handele, bezieht sich dies offensichtlich auf die von der Beklagten in der Berufungsbegründung aktualisierten Zahlen hinsichtlich der von den Beamten geltend gemachten Ansprüche. Hinsichtlich der vom Arbeitsgericht festgestellten und seiner Begründung zugrunde gelegten Zahlen erhebt der Kläger jedoch keine zulässigen Rügen, warum die Tatsachenfeststellung des Arbeitsgerichts unrichtig gewesen sein sollte. Das Arbeitsgericht ist von einer durchschnittlichen Abfindung von 43.434,34 € ausgegangen.
Das Berufungsgericht geht für die Schätzung der Erhöhung des Sozialplanvolumens daher zugunsten des Klägers von 180 betroffenen Beamten und einer durchschnittlichen Abfindung von 43.434,34 € aus. Dies ergibt einen Erhöhungsbetrag von ca. 7,8 Mio. € und somit eine Erhöhung um gut 20%.
(2) Unabhängig davon, ob man bei der Ermittlung der Erhöhung des Sozialplanvolumens überhaupt - wie vom Kläger behauptet - auf die Einhaltung tariflicher Ausschlussfristen abstellen kann, so wären jedenfalls all die Ansprüche der Kollegen des Klägers, die die Beklagte in ihren Listen nennt (Anlagen B9 und B12, Blatt 159 und 312 der Akten), nicht verfallen. Denn die Ausschlussfrist zur außergerichtlichen Geltendmachung betrug nach Vortrag des Klägers sechs Monate ab Fälligkeit. Der Sozialplananspruch ist mit Ende des Arbeitsverhältnisses, also am 31.12.2013 fällig geworden. Die Ausschlussfrist endete somit frühestens am 30.06.2014. Selbst wenn man nur die Ansprüche aus der erstinstanzlich vorgelegten Liste der 119 Beamten mit 4,75 Mio. € zugrunde legen würde, ergäbe sich eine Erhöhung des Sozialplanvolumens um 12,7%.
(3) Das Berufungsgericht ist der Auffassung, dass jedenfalls eine Mehrbelastung von 12,7% schon deutlich ins Gewicht fällt und daher zur Gesamtnichtigkeit des Sozialplans führen würde. Dies gilt natürlich erst recht bei einer Mehrbelastung von über 20%.
II.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Zahlung in Höhe der Sonderprämie von 4.376 €. Die Herausnahme der von der Deutschen ... AG beurlaubten Beamten aus dem Geltungsbereich der BV-Sonderprämie ist wirksam.
1. Ein Anspruch des Klägers auf Zahlung der Sonderprämie ergibt sich nicht aus der BV-Sonderprämie selbst. Zwar war der Kläger Arbeitnehmer der Beklagten, hat gegen die Kündigung vom 06.05.2013 keine Kündigungsschutzklage erhoben und unbestritten die Arbeitsmittel vollständig zurückgegeben. Allerdings nimmt die Regelung in Ziffer 1 1. Spiegelstrich die Beamten über die Verweisung auf Ziffer 3 des Sozialplans vom Geltungsbereich der BV-Sonderprämie aus.
2. Die Herausnahme der Beamten aus dem Geltungsbereich der BV-Sonderprämie ist wirksam. Sie verstößt weder gegen den allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz noch gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
a. Der Kläger kann sich vorliegend nicht auf den allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz berufen. Die Durchführung der BV-Sonderprämie ist bloßer Normvollzug (§ 77 Abs. 1 und 4 BetrVG). Es gelten hier die Ausführungen zum Vollzug des Sozialplan entsprechend (siehe oben A.I.2.a.).
b. Die Herausnahme der Beamten aus dem Kreis der Begünstigten verstößt auch nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
aa. Die Betriebsparteien haben bei Betriebsvereinbarungen, in denen sie die Verteilung von Leistungen regeln, gemäß § 75 Abs. 1 S. 1 BetrVG die Grundsätze von Recht und Billigkeit zu beachten. Dazu gehört insbesondere der betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz, dem wiederum der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zugrunde liegt. Dieser ist Ausdruck des Gerechtigkeitsgedanken im Grundgesetz und fundamentales Rechtsprinzip (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.05.1988 - 1 BvL 22/85 - NJW 1988, 3258). Er zielt darauf ab, eine Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Sachverhalten sicherzustellen und eine gleichheitswidrige Regelung auszuschließen (vgl. BAG 27.05.2004 - 6 AZR 129/03). Er kommt insbesondere zur Anwendung, wenn die Betriebsparteien bei einer Regelung unterschiedliche Gruppen bilden. Eine Gruppenbildung kann nicht nur dadurch erfolgen, dass für vermeintliche Arbeitnehmergruppen unterschiedliche Rechtsfolgen vorgesehen werden oder eine bestimmte Gruppe von einer Regelung ausdrücklich ausgenommen wird. Vielmehr werden unterschiedliche Gruppen auch dann gebildet, wenn eine Regelung nur für eine Arbeitnehmergruppe getroffen wird und für eine andere unterbleibt (BAG 22.03.2005 - 1 AZR 49/04).
Sind für verschiedene Arbeitnehmergruppen unterschiedliche Rechtsfolgen - insbesondere unterschiedliche Leistungen - vorgesehen, verlangt der Gleichheitssatz, dass diese Unterschiedlichkeit sachlich gerechtfertigt ist. Dabei verstößt eine sachverhaltsbezogene Ungleichbehandlung erst dann gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, wenn sie willkürlich ist, weil sich ein vernünftiger Grund für die Differenzierung nicht finden lässt. Dagegen ist bei einer personenbezogenen Ungleichbehandlung der Gleichheitssatz bereits dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen kein Unterschied von solcher Art und solchem Gewicht besteht, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (BAG 22.03.2005 - 1 AZR 49/04; 27.05.2004 - 6 AZR 129/03
Maßgeblich für das Vorliegen eines hinreichenden Sachgrunds ist vor allem der mit der Regelung verfolgte Zweck (BAG 07.06.2011 - 1 AZR 34/10; 19.03.2002 - 2 AZR 229/01
bb. In Anwendung dieser Grundsätze ist die Herausnahme der Beamten aus dem Anwendungsbereich der BV-Sonderprämie nicht sachwidrig.
(1) Mit der BV-Sonderprämie verfolgten die Betriebsparteien vorrangig die Interessen der Beklagten. Ausweislich der Präambel der Betriebsvereinbarung sollte durch die dort aufgeführten Leistungen honoriert werden, dass Arbeitnehmer das Bedürfnis der Beklagten nach Planungssicherheit berücksichtigen, indem sie keine Klagen gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses erheben oder innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist einen Abwicklungsvertrag mit der Beklagten abschließen. Zudem sollte honoriert werden, wenn die Mitarbeiter alle überlassenen Arbeitsmittel vor Austritt bei der Beklagten nachweisbar an diese zurückgeben. Diese Regelungszwecke sind mithin nicht auf die Interessen der Beschäftigten, sondern auf die Interessen der Beklagten ausgerichtet. Die Rücksichtnahme auf die Interessen der Beklagten soll durch die Sonderprämie honoriert werden (vgl. ArbG Herne a. a. O.).
(2) Allerdings ist auch gemessen an diesem Regelungszweck die Differenzierung zwischen beurlaubten Beamten und anderen Arbeitnehmern - auch soweit sie in einem ruhenden Arbeitsverhältnis zur Deutschen ... AG standen - sachlich gerechtfertigt (a.A. ArbG Herne a. a. O.).
(a) Dem Kläger ist zuzugestehen, dass auch die beurlaubten Beamten zur Beklagten ebenso in einem Arbeitsverhältnis standen wie alle anderen Arbeitnehmer und daher rechtlich nicht gehindert waren, Kündigungsschutzklage zu erheben. Ebenso hätten sie wie alle anderen Arbeitnehmer auch Arbeitsmittel zurückhalten können. Auch hatten die Betriebsparteien selbst in der Präambel des Sozialplans vom 29.04.2013 festgehalten, dass auch den Beamten durch die Kündigung wirtschaftliche Nachteile drohten und sie somit durchaus auch ein wirtschaftliches Interesse an einer Klageerhebung haben konnten. Der Kläger hat die ihn treffenden Nachteile durch die drohende Versetzung von Würzburg weg nach Nürnberg oder Frankfurt bzw. durch den drohenden vorzeitigen Ruhestand über die Jahre gesehen auf an die 90.000,- € beziffert.
(b) Gleichwohl hielt es sich im Beurteilungsspielraum der Betriebsparteien, dass sie das Interesse der beurlaubten Beamten an einer Kündigungsschutzklage grundsätzlich geringer bewerteten als das der übrigen Arbeitnehmer. Die beurlaubten Beamten waren (und sind) überhaupt nicht von Arbeitslosigkeit bedroht. Die Deutsche ... AG bestritt nie, dass sie die beurlaubten Beamten nach Ende des Arbeitsverhältnisses beschäftigen wird und ihrer Entgeltzahlungspflicht nachkommen wird. Wegen dieser fehlenden Rechtsunsicherheit durften die Betriebsparteien davon ausgehen, dass beurlaubte Beamte regelmäßig keine Kündigungsschutzklage erheben würden und ein solcher „Verzicht“ dann auch nicht noch zusätzlich honoriert werden brauchte. Im Gegensatz dazu waren alle anderen Arbeitnehmer von Arbeitslosigkeit bedroht. Dies galt auch für diejenigen, deren Arbeitsverhältnis mangels früherem Beendigungstatbestand mit der Deutschen ... AG ruhte. Denn jedenfalls zum Zeitpunkt des Abschlusses der BV-Sonderprämie mussten die Betriebsparteien davon ausgehen, dass sich diese Arbeitnehmer ihr „Rückkehrrecht“ zur Deutschen ... AG erst gerichtlich erstreiten mussten mit durchaus ungewissem Ausgang nicht nur hinsichtlich der Beschäftigung selbst, sondern auch der damit verbundenen Konditionen. Wegen der damit einhergehenden Rechtsunsicherheit durften die Betriebsparteien von einer deutlich höheren Motivation zur Erhebung von Kündigungsschutzklagen ausgehen, als bei den beurlaubten Beamten. Deshalb durften die Betriebsparteien das Interesse an der Planungssicherheit für die übrigen Arbeitnehmerganz anders bewerten und mit einer zusätzlichen Zahlung honorieren, ohne die Beamten mit einzubeziehen.
3. Selbst wenn die Regelung in Ziffer 1,2.Spiegelstrich BV-Sonderprämie hinsichtlich der Herausnahme der Beamten unwirksam wäre, hätten die beurlaubten Beamten die Voraussetzungen der BV-Sonderprämie nicht erfüllt. Denn sie waren (und sind) nicht von Arbeitslosigkeit im Sinne der BV-Sonderprämie bedroht.
Nach dem Klammerzusatz in Ziffer 1, 3.Spiegelstrich, 2. Absatz. B.V-Sonderprämie ist Voraussetzung für die Zahlung der Prämie für diejenigen, die ohne Angebot eines dreiseitigen Vertrages eine Kündigung erhalten, dass sie „von Arbeitslosigkeit bedroht“ sind. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass die Betriebsparteien diesen Begriff auch im Rahmen der BV-Sonderprämie im Sinne der gesetzlichen Definitionenverstanden haben. Der Begriff der Arbeitslosigkeit ist in § 138 SGB III definiert. Nach § 138 Abs. 1 Nr. 1 SGB III setzt der Begriff der Arbeitslosigkeit nicht voraus, dass der Arbeitnehmer keinen Arbeitsvertrag hat. Entscheidend ist vielmehr, dass er nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht. Da das Leistungsrecht des SGB III an die tatsächlichen Verhältnisse anknüpft, schließt eine Erwerbstätigkeit Beschäftigungslosigkeit nur dann aus, wenn sie - in einem gewissen zeitlichen Mindestumfang - tatsächlich ausgeübt wird (Beschäftigungsverhältnis im leistungsrechtlichen Sinn, vgl. z. B. BSG
Danach waren die beurlaubten Beamten nicht von Arbeitslosigkeit bedroht, die übrigen Arbeitnehmer jedoch schon, auch diejenigen mit ruhendem Arbeitsvertrag zur Deutschen ... AG, solange diese nicht für die Betriebsparteien erkennbarbereit war, die Arbeitnehmer tatsächlich wieder zu beschäftigen. Dies war jedenfalls bei Abschluss der BV-Sonderprämie nicht der Fall. Dass die Frage der Bedrohung mit Arbeitslosigkeit für die Betriebsparteien insgesamt eine zentrale Rolle spielte, ist auch im Übrigen Text der BV-Sonderprämie niedergelegt. Nach Satz 3 der Präambel liegt es „im vorrangigen Interesse der Betriebsparteien, die Arbeitslosigkeit“ der Mitarbeiter zu vermeiden und deshalb den Wechsel in die Transfergesellschaft zu incentivieren. Nach Satz 4 sollen auch die honoriert werden, die kein Angebot zum Wechsel in die Transfergesellschaft erhalten, obwohl sie „durch die betriebsbedingte Kündigung von Arbeitslosigkeit bedroht“ sind.
Soweit der Kläger damit argumentiert, dass die Angestellten mit Rückkehrrecht zur Deutschen ... AG so wie die Beamten auch nicht von Arbeitslosigkeit bedroht gewesen seien, liegt es näher, die BV-Sonderprämie so zu interpretieren, dass auch diese keinen Anspruch auf die Sonderprämie hatten.
4. Ein Anspruch des Klägers entfiele auch deshalb, da - wie das Arbeitsgericht zu Recht meint - eine Unwirksamkeit des Ausschlusses der Beamten von der BV-Sonderprämie zur Gesamtnichtigkeit der BV-Sonderprämie führen würde.
a. Allerdings würde die bloße Teilnichtigkeit der Regelung in Ziffer 1.2.Spiegelstrich der BV-Sonderprämie bezüglich der Herausnahme der Beamten für sich genommen nicht zur Gesamtnichtigkeit der Betriebsvereinbarung führen. Denn auch die übrigen Regelungen würden eine in sich geschlossene, sinnvolle und praktikable Regelung darstellen (BAG 19.02.2008 1 AZR 1004/06; 24.08.2004 - 1 ABR 23/03
b. Abzustellen ist nach Ansicht der Berufungskammer dabei ausschließlich auf den Dotierungsrahmen der BV-Sonderprämie. Ein Zusammenrechnen mit dem Dotierungsrahmen des Sozialplans ist unzulässig.
Die BV-Sonderprämie ist eine freiwillige Betriebsvereinbarung nach § 88 BetrVG, die unabhängig vom Sozialplan den eigenen Zweck der Planungssicherheit für die Beklagte verfolgt. Die Betriebsparteien durften darin den Anspruch auf die weitere Sonderprämie vom Verzicht des Arbeitnehmers auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage abhängig machen. Dies ist zulässig (BAG 31.05.2005 - 1 AZR 254/04) und wird von den Parteien auch nicht in Zweifel gezogen. Dass hierdurch das Verbot, die Sozialplanleistungen von einem entsprechenden Verzicht abhängig zu machen, umgangen würde, ist nicht ersichtlich.
Aus dieser strikten von den Betriebsparteien durchgeführten Trennung von Sozialplan und BV-Sonderprämie mit ihrer unterschiedlichen Zwecksetzung (Sozialplan: Milderung von Nachteilen der Arbeitnehmer; BV-Sonderprämie: Planungssicherheit für den Arbeitgeber)folgt auch, dass die zur Verfügung stehenden jeweiligen Dotierungsrahmen nicht zusammen betrachtet werden dürfen.
c. Im vorliegenden Fall ist von einer Steigerung des möglichen Dotierungsrahmens von 787.680,- € auszugehen (180 Beamte × 4.376,- € Sonderprämie). Das wäre bei einem möglichen bisherigen Dotierungsrahmen von 3,37 Mio. (770 übrige Arbeitnehmer × 4.376,- €) eine Steigerung um gut 23%. Eine solche Steigerung wäre für die Beklagte nicht mehr hinnehmbar und würde nach Auffassung des Berufungsgerichts zu einer Gesamtnichtigkeit der BV-Sonderprämie führen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 21.10.2003 - 1 AZR 407/02 - Rn. 21 m. w. N.) ist bei Sozialplänen die mit einer Korrektur der Sozialplanregelungen mittelbar verbundene Ausdehnung des vereinbarten Finanzvolumens hinzunehmen, solange nur einzelne Arbeitnehmer benachteiligt werden und die Mehrbelastung des Arbeitgebers durch die Korrektur im Verhältnis zum Gesamtvolumen des Sozialplans nicht „ins Gewicht fällt“ (BAG a. a. O). Dabei wurde vom BAG eine Erhöhung des Gesamtvolumens von lediglich 1,7% als hinnehmbar angesehen (BAG a. a. O.), ohne jedoch eine Höchstgrenze zu definieren (näher s. B I 4 b der Urteilsgründe).
Das BAG hat diese Argumentation auch für freiwillige Lohnerhöhungen von AT-Angestellten für anwendbar gehalten (BAG 13.02.2002 - 5 AZR 713/00, Rn. 17).
Sie ist nach Ansicht des Berufungsgerichts grundsätzlich auch auf den Abschluss der BV-Sonderprämie übertragbar. Dabei dürfte allerdings die Grenze, ab der die Erweiterung des anspruchsbegünstigten Personenkreises zu einer nicht mehr hinnehmbaren Mehrbelastung des Arbeitgebers führt, höher anzusetzen als bei Sozialplänen. Denn der Dotierungsrahmen bei Sozialplänen ist letztlich über die Einigungsstelle erzwingbar. Die finanzielle Leistungsfähigkeit des Arbeitgebers dürfte hier eher „ausgereizt“ sein als bei freiwilligen Betriebsvereinbarungen, wo der Dotierungsrahmen nicht der Mitbestimmung unterliegt. Ebenso kann der Arbeitgeber bei einer freiwilligen Leistung einseitig den Leistungszweck bestimmen. Zweck der BV-Sonderprämie ist in erster Linie Planungssicherheit aber auch Kostenersparnis für den Arbeitgeber durch Vermeidung von Prozessen. Dieser Zweck wird für jede einzelne unterlassene Kündigungsschutzklage erreicht.
Andererseits haben die Betriebsparteien ausgehend vom vom beherrschenden Unternehmen zur Verfügung gestellten Gesamtbudget für jeden Einzelfall die Planungssicherheit und die Kostenersparnis für die nicht beamteten Mitarbeiter mit 4.376,- € bewertet. Die Einbeziehung der nicht einkalkulierten Beamten würde daher - gerade weil insoweit mit Klagen kaum zu rechnen war - zu einer deutlichen Ausweitung des Gesamtbudgets führen. Die dafür notwendigen finanziellen Mittel hätte die Beklagte jedoch nicht selbst aufbringen können, sondern müssten nach dem insoweit nicht bestrittenen Vortrag der Beklagten erst von der der Konzernmutter, bzw. dem beherrschenden Unternehmen zur Verfügung gestellt werden. Eine Erhöhung des Gesamtbudgets um über 23% übersteigt die hinnehmbare Grenze.
III.
Über die vom Kläger in der Berufungsinstanz im Wege der Klageerweiterung gestellten Hilfsanträge war nicht zu entscheiden. Die Hilfsanträge wurden nur für den Fall gestellt, dass das Gericht die Herausnahme der beurlaubten Beamten aus Sozialplan und BV-Sonderprämie als unwirksam betrachtet und gleichwohl einen Anspruch des Klägers verneint. Das Gericht hat die Herausnahme der Beamten aus dem Geltungsbereich des Sozialplans und der BV-Sonderprämie jedoch als zulässig und rechtswirksam erachtet.
Auch der im Wege der Anschlussberufung von der Beklagten gestellte Hilfsantrag fiel nicht zur Entscheidung an. Im Übrigen wäre der Antrag mangels Feststellungsinteresse bereits unzulässig. Denn wenn der Klage stattgegeben worden wäre, wäre inzident festgestellt worden, dass Sozialplan und BV-Sonderprämie eben nicht nichtig wären. Eine gesonderte Feststellung des Gegenteils wäre ausgeschlossen. Außerdem hätte auch ein Feststellungsurteil nur Wirkung zwischen den Parteien entfaltet.
Auch der hilfsweise Antrag auf Aussetzung der vorläufigen Vollstreckung fiel nicht zur Entscheidung an, da das vorliegende Urteil keinen gegen die Beklagte vollstreckbaren Inhalt hat.
C.
I.
Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.
II.
Die Revision war nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Gegen die Beklagte führen nach deren Mitteilung bundesweit über 130 Beamte gleichgelagerte Verfahren vor den Arbeitsgerichten und Landesarbeitsgerichten.
Hinsichtlich des Zahlungsanspruchs bezüglich der BV-Sonderprämie war die Revision auch nach § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG zuzulassen, da das Gericht zwar in Übereinstimmung mit dem LAG Hamm (Urteile vom 06.06.2014 - 18 Sa 1700/13 u. a.), aber in Abweichung vom LAG Düsseldorf (Urteile vom 02.07.2014 - 4 Sa 382/14 u. a.) den Anspruch auf Zahlung in Höhe der Sonderprämie verneint hat.
Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 112 Interessenausgleich über die Betriebsänderung, Sozialplan
(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt für eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan). Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. § 77 Abs. 3 ist auf den Sozialplan nicht anzuwenden.
(2) Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen, der Vorstand kann die Aufgabe auf andere Bedienstete der Bundesagentur für Arbeit übertragen. Erfolgt kein Vermittlungsersuchen oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Auf Ersuchen des Vorsitzenden der Einigungsstelle nimmt ein Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit oder ein vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit benannter Bediensteter der Bundesagentur für Arbeit an der Verhandlung teil.
(3) Unternehmer und Betriebsrat sollen der Einigungsstelle Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten über den Interessenausgleich und den Sozialplan machen. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, so ist sie schriftlich niederzulegen und von den Parteien und vom Vorsitzenden zu unterschreiben.
(4) Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.
(5) Die Einigungsstelle hat bei ihrer Entscheidung nach Absatz 4 sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Dabei hat die Einigungsstelle sich im Rahmen billigen Ermessens insbesondere von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:
- 1.
Sie soll beim Ausgleich oder bei der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, insbesondere durch Einkommensminderung, Wegfall von Sonderleistungen oder Verlust von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, Umzugskosten oder erhöhte Fahrtkosten, Leistungen vorsehen, die in der Regel den Gegebenheiten des Einzelfalles Rechnung tragen. - 2.
Sie hat die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Sie soll Arbeitnehmer von Leistungen ausschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen; die mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort begründet für sich allein nicht die Unzumutbarkeit. - 2a.
Sie soll insbesondere die im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen. - 3.
Sie hat bei der Bemessung des Gesamtbetrages der Sozialplanleistungen darauf zu achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zahlung einer Sozialplanabfindung und einer Sonderprämie wegen Ungleichbehandlung.
Der am 21.08.1954 geborene Kläger war seit 01.10.1979 zu einem Bruttomonatseinkommen von zuletzt 3.467,11 € bei der Beklagten bzw. ihren Rechtsvorgängerinnen, der D. AG bzw. der V. GmbH & Co. KG (V.), beschäftigt. Der Kläger ist Bundesbeamter, der für seine Tätigkeit bei der Beklagten von der D. AG beurlaubt wurde. In ihrem unternehmenseinheitlichen bundesweiten Betrieb mit 16 Niederlassungen beschäftigte die Beklagte zuletzt ca. 950 Mitarbeiter, darunter nach Angaben der Beklagten ca. 190 von der D. AG beurlaubte Beamte. Nachdem die Beklagte die Stilllegung des gesamten Betriebs bis spätestens 31.12.2013 beschlossen hatte, sprach sie mit Schreiben vom 06.05.2013 gegenüber dem Kläger eine außerordentliche betriebsbedingte Kündigung mit sozialer Auslauffrist zum 31.12.2013 aus. Auch alle anderen Mitarbeiter erhielten Kündigungen. Zuvor hatte die Beklagte mit dem Betriebsrat am 29.04.2013 einen Interessenausgleich, einen Sozialplan und eine Betriebsvereinbarung Sonderprämie (künftig BV-Sonderprämie) geschlossen.
Der Sozialplan zur Betriebsschließung enthält u. a. folgende Regelungen:
„Präambel
(3) Die Betriebsparteien verkennen dabei nicht, dass auch beurlaubten Beamten bei Rückkehr zur D. AG Nachteile entstehen können, z. B. durch ein geringeres Entgelt oder einen Ortswechsel. Beurlaubte Beamte erleiden jedoch typischerweise wesentlich geringere wirtschaftliche Nachteile als diejenigen ohne Beamtenstatus, da sie normalerweise weder von Arbeitslosigkeit bedroht sind noch ihr Rückkehranspruch zur D. AG bzw. ihr erworbener Besitzstand bestritten wird.
1. Geltungsbereich
…
1.2 Dieser Sozialplan gilt nicht für …
• beurlaubte Beamte.
11. Schlussbestimmungen
…
Sollten einzelne Bestimmungen dieses Sozialplans unwirksam sein oder werden, bleiben die übrigen Bestimmungen in Kraft. Die Betriebspartner verpflichten sich, in einem solchen Fall anstelle der unwirksamen Bestimmung eine Regelung zu treffen, die dem mit der unwirksamen Bestimmung verfolgten Zweck möglichst nahekommt. Entsprechendes gilt im Falle einer von den Betriebspartnern nicht bedachten Lücke oder falls eine der vorstehenden Regelungen undurchführbar sein oder werden sollte.“
Die BV-Sonderprämie vom 29.04.2013lautet unter anderem:
„Präambel
… Dabei liegt es im vorrangigen Interesse der Betriebsparteien, die Arbeitslosigkeit der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (zukünftig gemeinsam: „Mitarbeiter“) zu vermeiden und ihnen neue berufliche Perspektiven zu eröffnen, weshalb der Wechsel in eine Transfergesellschaft besonders incentiviert werden soll. Soweit Mitarbeiter trotz des Angebots den Wechsel in eine Transfergesellschaft ablehnen oder kein Angebot auf einen Wechsel in die Transfergesellschaft erhalten, obwohl sie durch betriebsbedingte Kündigung von Arbeitslosigkeit bedroht sind und dem Geltungsbereich des Sozialplans unterfallen (.), soll honoriert werden, wenn sie das Bedürfnis der N… nach Planungssicherheit dennoch berücksichtigen, indem sie keine Klage gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses erheben oder innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist einen Abwicklungsvertrag mit N… schließen. .
1. Geltungsbereich
Diese Betriebsvereinbarung findet Anwendung auf diejenigen Mitarbeiter der N., die
- dem Geltungsbereich des Sozialplans vom 29.04.2013 unterfallen;
- nicht vom Erhalt einer Abfindung gem. Ziff. 3 des Sozialplans vom 29.04.13 ausgeschlossen sind;
- einen dreiseitigen Vertrag mit N… innerhalb der Angebotsfrist abschließen und keine Klage gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses erheben
oder
das Angebot auf Abschluss eines dreiseitigen Vertrages ablehnen (bzw. trotz Bedrohung durch Arbeitslosigkeit durch eine arbeitgeberseitige Kündigung kein Angebot erhalten) und entweder (1) keine Klage gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses erhoben oder (2) innerhalb von drei Wochen nach Zugang der arbeitgeberseitigen Kündigung einen Abwicklungsvertrag schließen, wobei kein Anspruch auf Abschluss eines Abwicklungsvertrages besteht.
…“
Somit erhalten die beurlaubten Beamten keine Sonderprämie in Höhe von 4.346,00 € brutto (Blatt 7 ff. der Akten).
Mit Schreiben vom 25.07.2013 machte der Kläger gegenüber der Beklagten Ansprüche auf Sozialplanabfindung und Sonderprämie geltend und erhob mit Schriftsatz vom 19.08.2013, eingegangen beim Arbeitsgericht Nürnberg am 21.08.2013, Klage in Höherechnerisch jeweils unstreitiger 63.860,56 € brutto Sozialplanabfindung und 4.346,00 € brutto Sonderprämie.
Der Kläger vertritt die Ansicht, die Herausnahme von beurlaubten Beamten aus dem Geltungsbereich des Sozialplans und der Betriebsvereinbarung verstoße gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß § 75 BetrVG und den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz. Ein Beamter dürfe nicht unterschiedlich behandelt werden wie andere Arbeitnehmer. In seinem Verhältnis zur Beklagten sei er auch lediglich Angestellter wie alle anderen. Auch beurlaubten Beamten könnten aufgrund Betriebsänderung Nachteile entstehen, die auszugleichen oder zumindest abzumildern Aufgabe des Sozialplans sei.
Bei der Beklagten gebe es mehr als 100 Angestellte, die ohne einen Beamtenstatus ein vertragliches Rückkehrrecht zu der D… AG und einen tariflichen Sonderkündigungsschutz wegen Betriebszugehörigkeit und Lebensalter hätten, aber dennoch nicht vom Sozialplan ausgeschlossen seien.
Es bestehe auch ein Anspruch auf die Sonderprämie. Diese solle die Beklagte vor Kündigungsschutzprozessen schützen. Auch der Kläger könne eine Kündigungsschutzklage erheben. Die beurlaubten Beamten hätten ebenfalls durch eventuelle Entgelteinbußen wirtschaftliche Nachteile zu befürchten, so dass sie auch ein wirtschaftliches Interesse an der Erhebung einer Kündigungsschutzklage haben könnten.
Die Beklagte meint, die beurlaubten Beamten seien zu Recht aus dem Geltungsbereich des Sozialplans und der Betriebsvereinbarung Sonderprämie herausgenommen worden. Diese könnten nahtlos und unbestritten im Anschluss an das Ende ihres Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zur D. AG unter Wahrung ihres vollen Besitzstandes zurückkehren. Insofern würden beurlaubte Beamte typischerweise wesentlich geringere wirtschaftliche Nachteile erleiden als diejenigen, die kein Beamtenverhältnis hätten und von Arbeitslosigkeit bedroht würden. Bei den Mitarbeitern ohne Beamtenstatus, die mit einer durchschnittlichen Betriebszugehörigkeit von 26 Jahren und einem durchschnittlichen Lebensalter von 50 Jahren von Arbeitslosigkeit bedroht waren, hätten die Betriebsparteien befürchtet, dass sie aufgrund des reinen T.-Lebenslaufes nur sehr schwer und nach einer langen Überbrückungszeit eine Anschlussbeschäftigung zu wesentlich schlechteren Konditionen erhalten würden.
Ähnliches gelte für die Betriebsvereinbarung Sonderprämie. Bei beurlaubten Beamten sei man davon ausgegangen, dass an der Erhebung der Kündigungsschutzklage aufgrund der gesicherten Rückkehrmöglichkeit zur D. AG kaum Interesse bestehe und deshalb ein Verzicht auf Erhebung der Kündigungsschutzklage keine besondere Honorierung verdiene.
Ein gesicherter und unbestrittener Rückkehranspruch sonstiger Arbeitnehmer der Beklagten zur D. AG sei den Betriebsparteien bei Abschluss des Sozialplans nicht erkennbar gewesen. Die Einbeziehung der Beamten würde im Übrigen zu einer nicht mehr hinnehmbaren Belastung für die Beklagte führen, so dass in diesem Fall sowohl der Sozialplan als auch die BV-Sonderprämie nichtig seien.
Wegen des weiteren erstinstanzlichen Vortrags der Parteien sowie der Antragstellung wird auf den Tatbestand im Urteil des Arbeitsgerichts Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Endurteil vom 20.02.2014 abgewiesen.
Die Klage sei schon deshalb unbegründet, weil dann, wenn die Regelungen in Ziffer 1.2.8. Spiegelstrich des Sozialplans und in Ziffer 1.1. der BV-Sonderprämie hinsichtlich der Herausnahme der Beamten aus dem Geltungsbereich nichtig wären, dies zur Gesamtnichtigkeit der Regelungen führen würde. Denn dadurch würde das Volumen des Sozialplans von 37,4 Mio. € um geschätzte 8,3 Mio. € für 190 beurlaubte Beamte erhöht werden, also um über 20%. Das Volumen der BV-Sonderprämie würde sich um deutlich mehr als 20% erhöhen. Eine mit der Korrektur einer einzelnen Bestimmung eines Sozialplans (bzw. einer Betriebsvereinbarung) mittelbar verbundene Ausdehnung des vorgesehenen Finanzvolumens habe der Arbeitgeber regelmäßig aber nur hinzunehmen, solange die Mehrbelastung durch die Korrektur im Verhältnis zum Gesamtvolumen nicht „ins Gewicht fällt“ (BAG 19.02.2008 - 1 AZR 1004/06; BAG 21.10.2003 - 1 AZR 407/02
Gegen dieses den Klägervertretern am 14.03.2014 zugestellte Urteil legten diese im Namen des Klägers mit beim Landesarbeitsgericht per Telefax am 08.04.2014 eingegangenem Schriftsatz Berufung ein und begründeten diese mit beim Landesarbeitsgericht am 05.06.2014 eingegangenem Schriftsatz innerhalb der bis 16.06.2014 verlängerten Berufungsbegründungsfrist.
Der Kläger hält an seiner erstinstanzlich geäußerten Rechtsauffassung fest.
Im Zusammenhang mit der Entscheidung über die Sonderprämie gemäß der BV-Sonderprämie rügt der Kläger, dass das Arbeitsgericht nicht zwischen der Grundabfindung und den sonstigen Positionen unterschieden habe. Die Sonderprämie habe für die Arbeitnehmer gezahlt werden sollen, die keine Kündigungsschutzklage erheben. Die Beklagte habe damit Planungssicherheit herstellen wollen. Ein Beamter habe ebenso eine Kündigungsschutzklage erheben können wie ein Arbeitnehmer. Dies sei im Übrigen auch tatsächlich geschehen. Ausreichend sei, dass die theoretische Möglichkeit zur Klageerhebung bestanden habe. Auch ein beurlaubter Beamter, der eine Kündigungsschutzklage erhoben habe, habe genauso für Rechtsunsicherheit sorgen können wie ein Arbeitnehmer. Die Sonderprämie hätte dem Kläger also in jedem Fall zugesprochen werden müssen.
Hinsichtlich der Sozialplanansprüche (Grundabfindung und Lebensaltersbonus) habe das Arbeitsgericht zunächst in unzulässiger Weise die kollektivrechtliche mit der individualrechtlichen Ebene vermischt. Der Kläger mache keinen Anspruch aus dem Sozialplan geltend. Er klage auf Gleichbehandlung aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz. Auf die Wirksamkeit des Sozialplans komme es im Verhältnis Kläger und Beklagte nicht an. Es werde bestritten, dass die Beklagte 190 Beamte zum Zeitpunkt des Abschlusses des Sozialplans beschäftigt habe, dass das Gesamtvolumen des Sozialplans um über 20% erhöht werden würde bzw. Zusatzkosten von ca. 8,5 Millionen € verursacht haben würde. Es sei eine reine Mutmaßung, dass alle (angeblich vorhandenen) 190 Beamten Ansprüche geltend machen würden. Insofern seien auch die tariflichen Ausschlussfristen zu beachten. Danach müssten die Ansprüche schriftlich, innerhalb von 6 Monaten und anschließend nach Ablehnung 2 Monate danach gerichtlich geltend gemacht werden.
Die Beklagte habe die Möglichkeit gehabt, sich für den Fall der Unwirksamkeit einzelner Klauseln oder der Gefahr der Nichtigkeit des Sozialplans abzusichern. Es hätten Regelungen getroffen werden können für die Fälle, bei denen die Grenzen des Sozialplanvolumens ungewollt überschritten würden. Beispielsweise hätte eine anteilige Herabsetzung der Ansprüche vorgesehen werden können. Selbst wenn man der Argumentation des Arbeitsgerichtes folgen würde, dass ein Anspruch des Klägers und einer (vollkommen unbestimmten) Anzahl von Kollegen die Nichtigkeit des Sozialplans zur Folge hätte, könne dies nicht bedeuten, dass dem Kläger deswegen von vornherein kein Anspruch zugesprochen werde. Eine eventuelle Nichtigkeit des Sozialplans habe keine Auswirkungen auf den Anspruch als solchen. Es sei nicht zutreffend, dass für die Beklagte letztlich keine feste identifizierbare Gruppe der Mitarbeiter mit Rückkehrrecht zur D. AG erkennbar gewesen sei. Ausweislich der von der Beklagten dem Betriebsrat vorgelegten Liste (Blatt 163-186 der Akten) hätten 150 Arbeitnehmer ein Rückkehrrecht zur D. AG gehabt. Es sei der Beklagten daher bewusst gewesen, dass es eine zahlenmäßig nicht unerhebliche Gruppe von Arbeitnehmern gegeben habe, die ein Rückkehrrecht zur D. AG gehabt haben und damit genauso schutzwürdig gewesen seien wie die beurlaubten Beamten. Es liege somit eine Ungleichbehandlung vor, da die Beklagte sämtlichen Arbeitnehmern einen Abfindungsanspruch zugesprochen und ausbezahlt habe, d. h. auch denjenigen, die unstreitig über den 01.01.2014 hinaus ein Arbeitsverhältnis bei der D. AG haben und dort auch weiter arbeiten. Diese Arbeitnehmer genössen aber aufgrund ihrer langen Betriebszugehörigkeit dort tarifliche Unkündbarkeit.
Der Kläger erleide bereits während seines Einsatzes bei der Beklagten und insbesondere nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Nachteile. Er müsse nunmehr täglich nach N. oder F. pendeln, was aber mit erheblichen Fahrtkosten und Fahrzeiten verbunden sei.
Selbst wenn man davon ausginge, dass das Finanzvolumen des Sozialplans durch die Einbeziehung der Beamten zu einer nicht mehr hinnehmbaren Erhöhung und damit zur Gesamtnichtigkeit des Sozialplanes führe, habe der betroffene Arbeitnehmer einen Anspruch auf Anpassung des Sozialplanvolumens nach oben hin, zumindest darauf, dass die Betriebsparteien neu über die Verteilungsgrundsätze verhandelten. Für diesen Fall würden die Hilfsanträge gestellt. Auf die Nichtigkeit könne sich die Beklagte jedoch nicht berufen, da sie sich insoweit widersprüchlich und treuwidrig im Sinne von § 242 BGB verhalten habe. Trotz der Kenntnis der Benachteiligung der Beamten und der zwischenzeitlich laufenden Gerichtsverfahren habe die Beklagte die erst am 31.12.2013 fälligen Sozialplanabfindungen an die Arbeitnehmer ausgezahlt, also auch an die Arbeitnehmer, die zwischenzeitlich bei der D. AG weiter arbeiten. Sie habe weder den Sozialplanbetrag hinterlegt noch habe sie Verhandlungen mit dem Betriebsrat aufgenommen.
Der Kläger beantragt daher im Berufungsverfahren:
1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Nürnberg
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 68.206,56 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2014 zu zahlen.
Hilfsweise:
Die Beklagte wird verurteilt, das Sozialplanvolumen um den hier streitgegenständlichen Betrag in Hohe 68.206,56 € zu erhöhen.
Äußerst hilfsweise:
Die Beklagte wird verurteilt, den Betriebsrat aufzufordern, über die Anpassung des Sozialplans zu verhandeln.
Die Beklagte beantragt:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Nürnberg
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Hilfsweise
3. Es wird festgestellt, dass der Sozialplan vom 29.04.2013 nichtig ist.
4. Es wird festgestellt, dass die Betriebsvereinbarung Sonderprämie vom 29.04.2013 nichtig ist.
5. Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils des Landesarbeitsgerichts Nürnberg wird gem. §§ 62 Abs. 1 Satz 2, 64 Abs. 7 ArbGG ausgesetzt.
6. Die Revision wird zugelassen.
Die Beklagte verteidigt das Ersturteil unter weitestgehender Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlichen Vortrages.
Die Beklagte habe zuletzt an 16 Standorten ca. 950 Arbeitnehmer mit einer durchschnittlichen Betriebszugehörigkeit von ca. 26 Jahren und einem durchschnittlichen Lebensalter von ca. 50 Jahren beschäftigt. Sie habe ihren Geschäftsbetrieb zum 01.01.2008 von der ... Services GmbH (VTS) übernommen, weshalb sich die Belegschaft der Beklagten aus ehemaligen Mitarbeitern der Deutschen ... AG und deren Tochtergesellschaften zusammengesetzt habe. Ca. 190 Mitarbeiter der Beklagten seien beurlaubte Beamte, wie der Kläger, gewesen. Dies habe er selbst in 1. Instanz seinen Ausführungen zugrunde gelegt (vgl. Schriftsatz vom 03.12.2013, Seite 3). Außerdem habe es bei der Beklagten ehemalige Arbeitnehmer der Deutschen ... AG gegeben, deren Arbeitsverhältnisse mit der Deutschen ... AG nicht ordnungsgemäß, insbesondere nicht durch Aufhebungsvertrag, beendet worden seien, bevor sie in die VTS gewechselt seien (sogenannte Arbeitnehmer mit „Rückkehrrecht“ oder „Sonderrückkehrrecht“).
Beurlaubte Beamte seien aus dem Geltungsbereich des Sozialplans herausgenommen worden, weil sie nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses bei der Beklagten nahtlos zur Deutschen ... AG zurückkehren hätten können und deshalb nicht von Arbeitslosigkeit bedroht gewesen sein. Einen „Rückkehranspruch“ sonstiger Arbeitnehmer gebe es entgegen der Behauptung des Klägers nicht. Für die Betriebsparteien sei jedenfalls bei Abschluss des Sozialplans nicht erkennbar gewesen, welche Arbeitnehmer außer den beurlaubten Beamten eine sichere Anschlussbeschäftigung bei der Deutschen ... AG unter Wahrung ihres Besitzstandes erhalten würden. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Sozialplans habe die Beklagte lediglich gewusst, dass 4 ihrer Arbeitnehmer sich ihre Beschäftigung bei der Deutschen ... AG in arbeitsgerichtlichen Streitigkeiten über 2 Instanzen erstritten hätten und es insgesamt 4 rechtskräftige Urteile des LAG Schleswig-Holstein sowie des LAG Hamburg in diesem Zusammenhang gegeben habe. Diese Urteile hätten festgestellt, dass die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer zur Deutschen ... AG bei Übertritt in die VTS nicht ordnungsgemäß beendet worden seien, sondern als ruhende Arbeitsverhältnisse fortbestanden hätten.
Nach intensiven Recherchen seien ca. 150 Mitarbeiter herausgefiltert worden, bei denen möglicherweise eine Vergleichbarkeit zu den von den Landesarbeitsgerichten entschiedenen Fällen vorgelegen habe. In der Mitarbeiterliste (Excel-Tabelle) sei sodann eine Spalte mit „Special right: yes/no“ eingefügt worden, wobei „yes“ lediglich bedeutet habe, dass der Personaldienstleister in der Personalakte keinen Aufhebungsvertrag oder dreiseitigen Vertrag hatte finden können. Dies habe jedoch nicht bedeutet, dass es keinen Aufhebungsvertrag gegeben habe. So habe sich der Aufhebungsvertrag/dreiseitige Vertrag auch noch bei der Deutschen ... AG befinden können. Die Personalakten seien von der VTS ab dem Jahr 2000 neu angelegt worden. Außerdem seien viele Mitarbeiter über diverse Betriebsübergänge zur Beklagten gelangt. Auch in diesen Personalakten habe sich deshalb kein Aufhebungsvertrag/dreiseitiger Vertrag gefunden, ohne dass dies Aufschluss darüber gegeben hätte, ob möglicherweise ein ruhendes Arbeitsverhältnis zur Deutschen ... AG bestanden habe oder nicht.
Im Übrigen habe es keinen gesicherten Rückkehranspruch von Arbeitnehmern zur Deutschen ... AG gegeben. Die Deutsche ... AG habe nicht automatisch einen Rückkehranspruch eines Mitarbeiters wegen eines ruhenden Arbeitsverhältnisses anerkannt und diesen nahtlos nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses bei der Beklagten unter Wahrung seines Besitzstandes weiter beschäftigt. Die Arbeitnehmer hätten sich häufig erst über lange Rechtsstreitigkeiten bei der Deutschen ... AG einklagen müssen. Außerdem habe das LAG Schleswig-Holstein in seiner Entscheidung vom 05.01.2010 - 3 Sa 110/10 festgehalten, dass aus einem ruhenden Arbeitsverhältnis nicht notwendig ein Beschäftigungsanspruch des Mitarbeiters gegen die Deutsche ... AG erwachsen müsse. Ein Beschäftigungsbegehren würde nach Auffassung des LAG zum Beispiel dann gegen § 242 BGB verstoßen, wenn ein Aufhebungsvertrag abgeschlossen würde und dabei die Abfindung die gesamte Betriebszugehörigkeit mit erfassen und ausgleichen würde. Diese Sichtweise habe das Arbeitsgericht Mannheim mit Urteil vom 14.03.2013 (14 Ca 383/12) - also unmittelbar vor Abschluss des Sozialplans - noch einmal bestätigt.
Aufgrund dieser tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten habe sich der ehemalige Geschäftsführer der Beklagten deshalb ab Mitte Dezember 2012 mehrfach an die Deutsche ... AG gewandt um zu klären, inwieweit der Konzern bei Vorliegen bestimmter Sachverhalte Arbeitnehmer freiwillig und gesichert wieder einstellen würde. Die Aussage von Herrn Dr. St. für die Deutsche ... AG sei in diesem Zusammenhang eindeutig gewesen: Die Deutsche ... AG würde zum jetzigen Zeitpunkt keinerlei Zusagen hinsichtlich der freiwilligen Wiedereinstellung von Mitarbeitern der Beklagten machen.
Die Betriebsparteien seien daher bei Abschluss des Sozialplans davon ausgegangen, dass jedenfalls ein langer Rechtsstreit mit ungewissem Ausgang für Mitarbeiter mit möglichem „Rückkehrrecht“ erforderlich werden würde, um mögliche Ansprüche gegen die Deutsche ... AG durchzusetzen. Deshalb seien die Betriebsparteien typisierend und pauschalierend davon ausgegangen, dass alle Arbeitnehmer bis auf die beurlaubten Beamten gleichermaßen von Arbeitslosigkeit bedroht gewesen seien. Die wirtschaftlichen Verluste der beurlaubten Beamten seien im Vergleich dazu von den Betriebsparteien als geringfügig angesehen worden.
Dass es außer den beurlaubten Beamten keine Mitarbeiter bei der Beklagten gegeben habe, die ein gesichertes „Rückkehrrecht“ zur Deutschen ... AG hatten, hätten auch die Vorgänge nach Abschluss des Sozialplans gezeigt: Viele Klägervertreter hätten im Gütetermin mitgeteilt, dass ihre Mandanten parallel zur Klage gegenüber der Beklagten auch die Deutsche ... AG auf Wiedereinstellung verklagt hätten (vgl. Blatt 141 der Akten). Die Gewerkschaft ver.di habe seit Abschluss der Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen erheblichen Druck auf die Deutsche ... AG ausgeübt, um das Thema „Rückkehrrecht“ voranzutreiben (vgl. Blatt 142 der Akten). Auf Aufforderung des Betriebsrats und von ver.di hätten mittlerweile insgesamt ca. 500 Mitarbeiter der Beklagten angebliche „Rückkehrrechte“ zur Deutschen ... AG angemeldet. Davon seien 300 Mitarbeiter „aussortiert“ worden, ohne dass die Beklagte sagen könnte, warum. Am Montag, den 09.09.2013, habe es einen Ortstermin bei V. gegeben, an dem der zuständige Gewerkschaftssekretär, eine Rechtsanwältin, Vertreter von V., der Personalleiter der Beklagten und Vertreter der Deutschen ... AG teilgenommen hätten. Diese hätten die noch ca. 200 Personalakten gesichtet und ca. 80 Akten grob als „aussichtsreich“ ermittelt. Klar und den Arbeitnehmervertretern von der Deutschen ... AG zugestanden sei zu diesem Zeitpunkt nur gewesen, dass die Deutsche ... AG von ihrer ursprünglichen Auffassung abgewichen sei, dass sich alle Mitarbeiter der Beklagten bei ihr einklagen müssen. Eine Entscheidung darüber, wie die Deutsche ... AG allerdings mit den als aussichtsreich eingestuften Personalakten umgehen würde, sei zunächst noch nicht getroffen worden, sondern für später (30.09.2013) angekündigt worden. Etwa im November 2013 habe die Beklagte gehört, dass die Deutsche ... AG angeblich bei Mitarbeitern eine Beschäftigung in Aussicht gestellt habe und Rechtsstreitigkeiten durch Anerkenntnisse beendet worden seien. Um welche Mitarbeiter es sich dabei gehandelt habe, zu welchen Konditionen diese von der Deutschen ... AG eingestellt worden seien und ob es sich dabei um die Anerkennung von „Rückkehrrechten“ gehandelt habe, habe die Beklagte damals nicht gewusst. Im Übrigen gehe aus dem vom Kläger vorgelegten Schreiben von ver.di vom 08.10.2013 (Blatt 80 der Akten) lediglich hervor, dass 99 Arbeitnehmer, zu allerdings wohl schlechteren Konditionen, von der Deutschen ... AG weiter beschäftigt werden sollten. Die in dem Schreiben genannte Zahl von 99 Mitarbeitern sei nicht mit der vom Kläger in der Berufungsbegründung genannten Zahl von 150 Mitarbeitern identisch. Auch hieraus ergebe sich, dass zu keiner Zeit feststellbar gewesen sei, ob Arbeitnehmer der Beklagten ein „Rückkehrrecht“ zur Deutschen ... AG haben. Dies verdeutliche einmal mehr, dass keinesfalls ein „Rückkehrrecht“ einer bestimmten Zahl von Mitarbeitern bestanden habe. Mit Nichtwissen werde bestritten, dass die Deutsche ... AG die genannten 99 Mitarbeiter „freiwillig“ und unter Wahrung ihres Besitzstandes eingestellt habe.
Mitte Februar 2014 habe die Beklagte erfahren, dass die Deutsche ... AG zwar bei manchen Mitarbeitern den Bestand des Arbeitsverhältnisses durch Anerkenntnisurteil oder arbeitsgerichtlichen Vergleich unstreitig gestellt habe. Trotzdem habe sie die Arbeitnehmer offensichtlich weder beschäftigt noch vergütet, sondern sich auf den Standpunkt gestellt, dass allein der Bestand des Arbeitsverhältnisses noch nicht zu einem Beschäftigungsanspruch führe. Einer der betroffenen Mitarbeiter habe deshalb einen Anwalt eingeschaltet, der den Beschäftigungs- und Vergütungsanspruch gerichtlich gegen die Deutsche ... AG durchsetzen soll (Blatt 311 der Akten). Auch der Kläger spreche in seinem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 03.12.2013 auf Seite 3 davon, dass Arbeitnehmer „die Wirksamkeit des dreiseitigen Vertrages und des Betriebsübergangs vom 01.01.2008 gerichtlich überprüfen“ ließen.
Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Sozialplanes habe die Beklagte ca. 190 beurlaubte Beamte der Deutschen ... AG beschäftigt. Sowohl in der Betriebsversammlung am 07.05.2013 in Kassel als auch im Anschluss daran habe eine Vielzahl von Beamten bereits angekündigt, die angeblichen Ansprüche auf Sozialplanabfindung notfalls gerichtlich geltend machen zu wollen. Seit dem erstinstanzlichen Schriftsatz der Beklagten vom 31.01.2014 hätten 13 weitere beurlaubte Beamte, d. h. insgesamt 132 beurlaubte Beamte außergerichtlich oder gerichtlich angebliche Ansprüche auf Sozialplanabfindung bzw. Sonderprämie geltend gemacht. 128 Beamte hiervon hätten ihre angeblichen Ansprüche auf insgesamt ca. 5,7 Mio. € beziffert, 4 Beamte hätten bisher noch keine Höhe angegeben. Wegen der Einzelheiten werde auf die aktualisierte Aufstellung (Blatt 312 der Akten) verwiesen. Würde die Beklagte vor diesem Hintergrund verurteilt werden, den beurlaubten Beamten die Sozialplanabfindung zu bezahlen, würde das Sozialplanvolumen für die Abfindungen von insgesamt 37,4 Mio. € extrem ausgeweitet: Lege man durchschnittlich eine Abfindung von 44.531,25 € pro Beamten zugrunde (5,7 Mio. ÷ 128), würde dies Zusatzkosten in Höhe von ca. 8,4 Mio. € (44.531,25€ × 190 Beamte) bzw. über 20% des ursprünglichen Sozialplanvolumens bedeuten.
Weiterhin müsse bestritten werden, dass der Kläger Nachteile durch die Kündigung erlitten habe.
Auch eine Zahlung in Höhe der Sonderprämie stehe dem Kläger nicht zu.
Zweck der BV-Sonderprämie sei in erster Linie die besondere Inzentivierung des Wechsels von Mitarbeitern in die Transfergesellschaft gewesen, um die Arbeitslosigkeit der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu vermeiden und ihnen neue berufliche Perspektiven zu eröffnen. Der 1. Entwurf der BV-Sonderprämie habe deshalb auch lediglich vorgesehen, die Sonderprämie an Mitarbeiter zu zahlen, die einen dreiseitigen Vertrag zum Übertritt in die Transfergesellschaft angenommen hatten. Ausgehend von diesem wichtigsten Ziel habe die BV-Sonderprämie nur von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitnehmer begünstigen wollen, wenn sie entweder in die Transfergesellschaft wechselten oder - soweit dieses wichtigste Ziele nicht umsetzbar gewesen sei und die Betriebsparteien deshalb mit eine Kündigungsschutzklage hätten rechnen müssen - solche von Arbeitslosigkeit bedrohten Mitarbeiter zumindest dafür belohnen wollen, wenn sie trotz Ablehnung des dreiseitigen Vertrages keine Kündigungsschutzklage erhoben. Da beurlaubte Beamte wie der Kläger nicht von Arbeitslosigkeit bedroht gewesen seien, hätten sie kein Angebot auf einen Wechsel in die Transfergesellschaft erhalten. Bei Beamten habe Arbeitslosigkeit von vorneherein nicht vermieden werden müssen. Damit hätten beurlaubte Beamte aber auch nicht in die 2. Gruppe von Mitarbeitern fallen können. Denn bei dieser Gruppe habe die Erwartung der Betriebsparteien ebenfalls an die zu erwartende Arbeitslosigkeit angeknüpft. Es habe die Gruppe besonders belohnt werden sollen, die trotz Bedrohung mit Arbeitslosigkeit das Interesse der Beklagten an Rechtsfrieden respektiert und keine Kündigungsschutzklage erhebt. Bei beurlaubten Beamten seien die Betriebsparteien dagegen davon ausgegangen, dass an der Erhebung der Kündigungsschutzklage aufgrund der gesicherten Rückkehrmöglichkeit zur Deutschen ... AG kaum Interesse bestehe und deshalb ein Verzicht auf Erhebung der Klage keine besondere Honorierung verdiene.
Den von der Beklagten mitbestimmungsfrei zur Verfügung gestellten Dotierungsrahmen hätten die Betriebsparteien so aufgeteilt, dass alle Arbeitnehmer (außer den beurlaubten Beamten) eine Prämie in Höhe von 4.346,- € brutto halten sollten. Bei ca. 760 Mitarbeitern (ca. 950 Arbeitnehmer abzüglich ca. 190 beurlaubte Beamte) belaufe sich der Dotierungsrahmen somit auf ca. 3,3 Mio. €. Bei Einbeziehung der 190 beurlaubten Beamten würde sich der Dotierungsrahmen um ca. 825.000,- € erhöhen, d. h. das Volumen für die BV-Sonderprämie würde sich um ca. 25% erhöhen. Mittlerweile hätten auch bereits ca. 128 beurlaubte Beamte Zahlungsansprüche geltend gemacht, davon fast alle im Rahmen eines Rechtsstreits. Mittlerweile hat jeder Arbeitnehmer bei seinem Ausscheiden grundsätzlich die Prämie erhalten bis auf 33 Arbeitnehmer, die Kündigungsschutzklage erhoben hätten. Mit diesen habe man aber gerichtliche Vergleiche über einen zusätzlich zur Sozialplanabfindung zu zahlenden Betrag von mindestens 3.300,- € brutto geschlossen.
Mit Schriftsatz vom 11.08.2014 bestritt der Kläger weiterhin, dass ca. 190 Mitarbeiter der Beklagten beurlaubte Beamte gewesen seien. Er bestritt, dass die Beklagte keine Kenntnis darüber gehabt habe, welche Mitarbeiter der Beklagten das Arbeitsverhältnis der Deutschen ... AG nicht ordnungsgemäß beendet hätten. Es sei falsch, dass für die Betriebsparteien bei Abschluss des Sozialplans nicht erkennbar gewesen sei, welche Arbeitnehmer eine sichere Anschlussbeschäftigung bei der Deutschen ... AG unter Wahrung ihres Besitzstandes gehabt hätten. Bereits vor und zum Zeitpunkt der Sozialplanverhandlungen habe festgestanden, dass es 150 Mitarbeiter gebe, die ein Rückkehrrecht gehabt hätten und trotzdem die Sozialplanabfindung bekommen sollten. Es komme daher nicht darauf an, ob letztlich von den 150 Mitarbeitern mit Rückkehrrecht auch 150 zurückgekehrt seien oder letztendlich nur 100. Die Entwicklungen nach Abschluss des Sozialplanes seien unerheblich. Es werde bestritten, dass 132 beurlaubte Beamte außergerichtlich oder gerichtlich Ansprüche auf Sozialplanabfindung bzw. Sonderprämie geltend gemacht hätten. Die Beklagte habe nicht nach den tariflichen Ausschlussfristen differenziert, wonach innerhalb von 6 Monaten die Ansprüche schriftlich und nach Ablehnung innerhalb von 2 weiteren Monaten gerichtlich geltend gemacht werden müssten. Es werde bestritten, dass für 5,7 Mio. € Ansprüche beziffert worden seien bzw. dass dies auch innerhalb der Fristen erfolgt sei. Es werde bestritten, dass das Sozialplanvolumen in einer Höhe von insgesamt 37,4 Millionen extrem ausgeweitet werden würde und dass durchschnittlich eine Abfindung von 44.531,25 € geltend gemacht worden sei. Es werde bestritten, dass sich der Dotierungsrahmen bei der Sonderprämie auf 3,3 Mio € belaufen würde und dass sich der Dotierungsrahmen bei ca. 190 beurlaubten Beamten um ca. 825.000,- € erhöhen würde.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 13.08.2014 bezifferte der Kläger seine finanziellen Nachteile wegen entweder erhöhter Fahrtkosten nach Nürnberg oder Frankfurt (früherer Arbeitsort Würzburg) über mehrere Jahre gesehenauf etwa 90.000,- €. Ein Betrag in etwa ähnlicher Höhe ergebe sich bei einer nunmehr angedachten Frühpensionierung.
Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 04.06.2014 (Blatt 242-249 der Akten), vom 17.07.2014 (Blatt 316 der Akten), vom 24.07.2014 (Blatt 324-330 der Akten), vom 08.08.2014 (Blatt 333,334 der Akten) und vom 11.08.2014 (Blatt 342-246 der Akten), sowie auf die Schriftsätze der Beklagten vom 26.06.2014 (Blatt 286-314 der Akten) und vom 08.08.2014 (Blatt 336 der Akten) verwiesen.
Gründe
Die Berufung des Klägers war zurückzuweisen. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Betriebsparteien durften im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums die von der Deutschen ... AG beurlaubten Beamten sowohl von den Sozialplanleistungen als auch vom Geltungsbereich der BV-Sonderprämie ausschließen. Auch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes würde nicht zu einem Zahlungsanspruch des Klägers aus dem Sozialplan führen.
A. Die Berufung des Klägers ist zulässig. Die Berufung ist statthaft, § 64 Abs. 1, 2 b ArbGG, und auch in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO. Dies gilt letztlich auch hinsichtlich der Begründung der Berufung bezüglich der Ansprüche wegen der BV-Sonderprämie.
I.
Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Erforderlich ist eine hinreichende Darstellung der Gründe, aus denen sich die Rechtsfehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung ergeben soll. Die zivilprozessuale Regelung soll gewährleisten, dass der Rechtsstreit für die Berufungsinstanz durch eine Zusammenfassung und Beschränkung des Rechtsstoffs ausreichend vorbereitet wird. Deshalb hat der Berufungsführer die Beurteilung des Streitfalles durch den Erstrichter zu überprüfen und darauf hinzuweisen, in welchen Punkten und mit welchem Grund er das angefochtene Urteil für unrichtig hält (st.Rspr., vgl. z. B. BAG 28.05.2009 - 2 AZR 223/08). Hat das Erstgericht die Klageabweisung auf mehrere, voneinander unabhängige, selbstständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss die Berufungsbegründung das Urteil in allen diesen Punkten angreifen. Es ist deshalb für jede der mehreren, rechtlich selbstständig tragenden Erwägungen darzulegen, warum sie nach Auffassung des Beschwerdeführers die Entscheidung nicht rechtfertigt. Andernfalls ist das Rechtsmittel unzulässig (vgl. BAG a. a. O. m. w. N.).
II.
Das Erstgericht hat seine klageabweisende Entscheidung tragend damit begründet, dass die Nichtigkeit der Regelungen in Ziffer 1.2 8. Spiegelstrich des Sozialplans und in Ziffer 1. 1. Spiegelstrich der BV Sonderprämie hinsichtlich der Herausnahme der Beamten aus dem Geltungsbereich wegen der Erhöhung des Sozialplanvolumens von über 20% und der Erhöhung des finanziellen Gesamtvolumens der BV-Sonderprämie um deutlich mehr als 20% zur Gesamtnichtigkeit der Regelungen führen würde. Die Ausführungen des Arbeitsgerichts zum betriebsverfassungsrechtlichen und zum allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz sind vom Arbeitsgericht hingegen ausdrücklich als nicht tragend („Deshalb kann es dahinstehen“) bezeichnet worden.
III.
Mit seinen Ausführungen hat der Kläger die erstinstanzliche Entscheidung ausreichend i. S. v. § 520 Abs. 3 ZPO angegriffen und sich mit den tragenden Gründen des arbeitsgerichtlichen Urteils auseinandergesetzt. Dies gilt zunächst hinsichtlich der Ansprüche wegen Zahlungen in Höhe der Sozialplanleistungen. Insoweit hat der Kläger in der Berufungsbegründung ausdrücklich bestritten, dass es bei Einbeziehung der Beamten zu einer Erhöhung des Sozialplanvolumens von über 20% und Zusatzkosten von ca. 8,5 Mio. € käme. Hinsichtlich der BV-Sonderprämie hat der Kläger allerdings nicht ausdrücklich zur Erhöhung des Volumens um über 20% vorgetragen, sondern ausschließlich mit Verstößen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz argumentiert (III. 1. der Berufungsbegründung). Da allerdings ein Verständnis des Urteils des Arbeitsgerichts dahingehend nicht völlig ausgeschlossen werden kann, dass es nicht explizit von der jeweiligen Gesamtnichtigkeit des Sozialplans und der BV-Sonderprämie ausgegangen ist, sondern -quasi in einer Zusammenschau - von der Gesamtnichtigkeit beider Vereinbarungen, genügt nach Auffassung der erkennenden Berufungskammer das Bestreiten der Erhöhung des Sozialplanvolumens, um die Berufung auch hinsichtlich des Zahlungsanspruchs Sonderprämie gerade noch als zulässig zu erachten.
B. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Betriebsparteien durften die bei der Beklagten tätigen beurlaubten Beamten sowohl von den Sozialplanleistungen als auch von den Leistungen der BV-Sonderprämie ohne Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz ausschließen. Darüber hinaus würde eine Korrektur, die mittelbar zur Einbeziehung der beurlaubten Beamten führen würde, jedenfalls die Nichtigkeit des Sozialplans zur Folge haben.
I.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung eines hinsichtlich der Berechnung unstreitigen Betrages von 63.860,56 € aus dem Sozialplan. Die Herausnahme der bei der Beklagten beschäftigten von der Deutschen ... AG beurlaubten Beamten aus dem Geltungsbereich des Sozialplans ist wirksam.
1. Der Kläger fällt als beurlaubter Beamter nicht in den in Ziff. 1 des Sozialplans geregelten Geltungsbereich des Sozialplans. Nach Ziff. 1.1 des Sozialplans gilt dieser für alle Mitarbeiter der Beklagten an allen Standorten in der Bundesrepublik Deutschland, soweit sie von den personalen Maßnahmen infolge der Betriebsstilllegung gemäß des Interessenausgleichs vom 29.04.2013 betroffen sind oder betroffen sein werden. Gleichzeitig sind jedoch nach Ziff. 1.2 des Sozialplans sogenannte beurlaubte Beamte von dem Geltungsbereich ausdrücklich ausgenommen.
2. Unstreitig ist der Kläger von den personellen Maßnahmen infolge der Betriebsstilllegung betroffen. Ebenso unstreitig ist der Kläger jedoch Beamter der Bundesrepublik Deutschland, der für die Beschäftigung bei der Beklagten nach § 13 Abs. 1 SUrlV beurlaubt war.
3. Die Herausnahme der beurlaubten Beamten aus dem Geltungsbereich des Sozialplans ist wirksam. Sie verstößt weder gegen den allgemeinen arbeitsrechtlichen noch gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
a. Der Kläger kann sich nicht auf den allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz als Anspruchsgrundlage stützen.
aa. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verwehrt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dem Arbeitgeber, einzelne Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern ohne sachlichen Grund von allgemein begünstigenden Regelungen auszunehmen und schlechter zu stellen. Er verbietet sowohl die sachfremde Differenzierung zwischen Arbeitnehmern einer bestimmten Ordnung als auch eine sachfremde Gruppenbildung. Allerdings greift der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz wegen seines Schutzcharakters gegenüber der Gestaltungsmacht des Arbeitgebers nur dort ein, wo diese durch eigenes gestaltendes Verhalten ein eigenes Regelwerk bzw. eine eigene Ordnung schafft, nicht hingegen bei bloßem - auch vermeintlichen - Normenvollzug (st.Rspr., z. B. BAG 06.07.2011 - 4 AZR 569/09, Rn. 23; 23.10.2012 - 4 AZR 48/11, Rn. 14; 16.05.2013
bb. Nach § 112 Abs. 1 Satz 3 BetrVG hat der Sozialplan die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. Er gilt also unmittelbar und zwingend (§ 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG) und muss vom Arbeitgeber nach § 77 Abs. 1 BetrVG durchgeführt werden. Mit der Durchführung des Sozialplans hat die Beklagte daher nur eine Norm vollzogen.
Anders wäre dies nur, wenn dem Arbeitgeber im Auszahlungszeitpunkt positiv bekannt gewesen wäre, dass der Sozialplan - etwa wegen der Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes - unwirksam gewesen wäre. In einem solchen Fall hätte er die Leistung in Kenntnis der Unwirksamkeit und deshalb aufgrund eigener Entscheidung erbracht. Hierfür fehlen jedoch jegliche Ansatzpunkte. Die Parteien vertreten lediglich unterschiedliche Rechtsauffassungen.
b. Der Anspruch des Klägers ergibt sich auch nicht aus dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG.
aa. Das an die Betriebsparteien gerichtete Gebot des § 75 Abs. 1 S. 1 BetrVG, die Grundsätze von Recht und Billigkeit zu beachten, beinhaltet auch das Verbot einer sachfremden Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderer Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage. Eine unterschiedliche Behandlung ist sachfremd, wenn es keine billigenswerten Gründe gibt. Dieser betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gilt auch für Sozialpläne (BAG, Urteil vom 22.07.2003 - 1 AZR 575/02). Maßgeblich für das Vorliegen eines die Bildung unterschiedlicher Gruppen rechtfertigenden Sachgrundes ist vor allem der mit der Regelung verfolgte Zweck (BAG 07.06.2011 - 1 AZR 34/10; 14.12.2010 - 1 AZR 279/09; 18.05.2010
Sozialpläne haben nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine zukunftsbezogene Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion. Die in ihnen vorgesehenen Leistungen sollen gem. § 112 Abs. 1 S. 2 BetrVG die künftigen Nachteile ausgleichen oder abmildern, die dem Arbeitnehmer durch die Betriebsänderung entstehen können (BAG 07.06.2011 - 1 AZR 34/10 - a. a. O., 18.05.2010 - 1 AZR 187/09
Die zukunftsbezogene Ausgleichsfunktion von Sozialplänen eröffnet den Betriebsparteien Beurteilungs- und Gestaltungsspielräume (BAG 11.11.2008 - 1 AZR 475/07; 06.11.2007 - 1 AZR 960/06
Der Beurteilungsspielraum betrifft die tatsächliche Einschätzung der mit der Betriebsänderung für die Arbeitnehmer verbundenen wirtschaftlichen Folgen. Diese lassen sich regelmäßig nicht in allen Einzelheiten sicher vorhersagen, sondern können nur Gegenstand einer Prognose sein. Bei der Beendigung von Arbeitsverhältnissen hängen die Chancen der einzelnen Arbeitnehmer, überhaupt oder in absehbarer Zeit einen gleichwertigen neuen Arbeitsplatz zu finden, von einer Vielzahl subjektiver und objektiver Umstände ab und lassen sich nicht qualifizieren. Da Sozialpläne in der Regel schon vor der Betriebsänderung geschlossen werden sollen, ist es unumgänglich, den Betriebsparteien bei der Einschätzung der wirtschaftlichen Nachteile einen erheblichen Beurteilungsspielraum einzuräumen. Dieser gestattet eine pauschalisierende und typisierende Betrachtung (BAG 11.11.2008 - 1 AZR 475/07; 24.08.2004 - 1 ABR 23/03
bb. Gemessen an diesen Grundsätzen verstößt die Herausnahme der beurlaubten Beamten aus dem Geltungsbereich des Sozialplans vom 29.04.2013 nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Bei der gebotenen typisierten Betrachtung durften die Betriebsparteien davon ausgehen, dass Arbeitnehmer, die zeitgleich in einem ruhenden Beamtenverhältnis zur Bundesrepublik Deutschland stehen, durch die geplante Betriebsstilllegung keine oder sehr viel geringere wirtschaftliche Nachteile drohen als anderen Arbeitnehmern, die von Arbeitslosigkeit bedroht sind. Bei den sogenannten beurlaubten Beamten lebt das Beamtenverhältnis unmittelbar mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Beklagten wieder auf. Die wirtschaftliche Zukunft der beurlaubten Beamten ist durch das Beamtenverhältnis sichergestellt. Es ist daher nicht sachwidrig, beurlaubte Beamte aus dem Geltungsbereich des Sozialplans herauszunehmen (ArbG Herne
Eine sachwidrige Ungleichbehandlung des Klägers liegt auch nicht im Verhältnis zu den Beschäftigten der Beklagten vor, die neben ihrem Arbeitsverhältnis zur Beklagten zum Zeitpunkt des Abschlusses des Sozialplans noch in einem ruhenden Arbeitsverhältnis zur Deutschen ... AG standen. Auch insoweit fehlt es bei einer zukunftsbezogenen Betrachtungsweise an einer Vergleichbarkeit. Beurlaubte Beamte haben ein nach der Sonderurlaubsverordnung und dem Postpersonalrechtsgesetz klar geregeltes, von der Deutschen ... AG niemals in Zweifel gezogenes Rückkehrrecht in ihr Beamtenverhältnis.
Demgegenüber ist bei den übrigen Angestellten der Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses zur Deutschen ... AG von individuellen und im Einzelfall unterschiedlichen Voraussetzungen abhängig. So durfte kein wirksamer dreiseitiger Vertrag zwischen den Angestellten, der Deutschen ... AG und der Rechtsvorgängerin der Beklagten zustande gekommen sein, so dass überhaupt noch ein Arbeitsverhältnis mit der Deutschen ... AG bestehen konnte. Weiterhin konnte der Geltendmachung eines Rückkehrrechts zurDeutschen ... AG noch der Einwand der Verwirkung oder des Rechtsmissbrauchs entgegenstehen, wie gerade auch die von der Beklagten zitierte Rechtsprechung (LAG Schleswig-Holstein
Von einem gesicherten „beamtenähnlichen“ Rückkehrrecht konnte daher auch für die 150 Arbeitnehmer, die in der dem Betriebsrat übergebenen Liste mit „specialright“ gekennzeichnet wurden (Blatt 163 ff der Akten) nicht ausgegangen werden.Dies gilt selbst dann, wenn man wie der Kläger davon ausginge, dass „specialright“ ein mit der ... AG bestehendes ruhendes Arbeitsverhältnis bedeuten sollte. Dass die Deutsche ... AG im späteren Verlauf nach ausführlichen Verhandlungen mit ver.di ca. 100 Arbeitnehmer wieder beschäftigt hat, ist, wie der Kläger selbst ausführt, nicht von rechtlicher Relevanz. Dass solche Verhandlungen überhaupt geführt werden mussten, verdeutlicht aber die Haltung der Deutschen ... AG noch zum Zeitpunkt des Abschlusses des Sozialplans.
Vor diesem Hintergrund haben die Betriebsparteien bei Abschluss des Sozialplans ihren Beurteilungsspielraum nicht überschritten, wenn sie Angestellte mit einem möglichen arbeitsvertraglichen Rückkehrrecht zur Deutschen ... AG nicht von dem Sozialplan ausgenommen haben oder umgekehrt die beurlaubten Beamten nicht mit aufgenommen haben (ebenso ArbG Herne
4. Zu Recht hat das Arbeitsgericht den Anspruch des Klägers deshalb verneint, da eine Unwirksamkeit des Ausschlusses der Beamten von den Sozialplanansprüchen jedenfalls zur Gesamtnichtigkeit des Sozialplans führen würde.
a. Allerdings würde die bloße Teilnichtigkeit der Regelung in Ziffer 1.2 8.Spiegelstrich des Sozialplans für sich genommen nicht zur Gesamtnichtigkeit des Sozialplans führen.
aa. Die nach ihrem Rechtsgedanken grundsätzlich auch auf Betriebsvereinbarungen und Sozialpläne anwendbare Bestimmung des § 139 BGB hat im Falle der Teilnichtigkeit einzelner Regelungen eines Sozialplans dessen Gesamtnichtigkeit nur dann zur Folge, wenn der verbleibende Teil ohne den unwirksamen Teil keine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung mehr darstellt. Das folgt aus dem Normencharakter einer Betriebsvereinbarung. Er gebietet es ebenso wie bei Tarifverträgen und Gesetzen, die durch sie geschaffene Ordnung im Interesse der Kontinuität und Rechtsbeständigkeit soweit aufrechtzuerhalten, wie sie auch ohne den unwirksamen Teil ihre Ordnungsfunktion noch entfalten kann (BAG 19.02.20081 AZR 1004/06; 24.08.2004 - 1 ABR 23/03
bb. Hier würde der Sozialplan auch bei Unwirksamkeit der Bestimmung in Ziffer 1.2 8. Spiegelstrich eine in sich geschlossene und sinnvolle Regelung darstellen. Dadurch werden die übrigen Regelungen des Sozialplans weder sinnlos noch unpraktikabel.
b. Eine Unwirksamkeit der Bestimmung in Ziffer 1.2 8. Spiegelstrich und die damit verbundene Korrektur des Sozialplans würde jedoch zu einer unzulässigen Erhöhung des Gesamtvolumens des Sozialplans führen.
aa. Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG kann die Angemessenheit der finanziellen Gesamtausstattung eines Sozialplans mit Hilfe der Inhaltskontrolle im Individualprozess zwar nicht überprüft werden (BAG 21.10.2003 - 1 AZR 407/02 - Rn. 21 m. w. N.). Dies schließt aber die Korrektur einer einzelnen Bestimmung des Sozialplans, die Arbeitnehmer unter Verstoß gegen Recht und Billigkeit benachteiligt, nicht aus. Dabei ist die mit einer derartigen Korrektur mittelbar verbundene Ausdehnung des vereinbarten Finanzvolumens hinzunehmen, solange nur einzelne Arbeitnehmer benachteiligt werden und die Mehrbelastung des Arbeitgebers durch die Korrektur im Verhältnis zum Gesamtvolumen des Sozialplans nicht „ins Gewicht fällt“ (BAG a. a. O). Letztlich entscheidend ist nicht die Zahl der betroffenen Arbeitnehmer, sondern allein das Verhältnis der finanziellen Mehrbelastung zum Gesamtvolumen. Für die Frage, ob die Mehrbelastung ins Gewicht fällt oder ob sie für den Arbeitgeber noch hinnehmbar ist, kommt es nicht darauf an, auf wie viele Arbeitnehmer die Mehrbelastung entfällt. Bei der Beurteilung ist nicht nur der vom Kläger eingeklagte Betrag, sondern auch die Erhöhung der Abfindungen der anderen unter die Bestimmung in Ziffer 1.2 8. Spiegelstrich des Sozialplans fallenden Beschäftigten, also aller beurlaubter Beamter, zu berücksichtigen (BAG a. a. O., Rn. 22). Dabei wurde vom BAG eine Erhöhung des Gesamtvolumens von lediglich 1,7% als hinnehmbar angesehen (BAG a. a. O.), ohne jedoch eine Höchstgrenze zu definieren.
bb. Im vorliegenden Fall wären die die Grenzen, innerhalb derer eine Erhöhung der finanziellen Gesamtausstattung noch hinzunehmen wäre, deutlich überschritten.
(1) Unbestritten beschäftigte die Beklagte einschließlich der beurlaubten Beamten zuletzt ca. 950 Arbeitnehmer mit einem Durchschnittsalter von ca. 50 Jahren. Das Volumen des Sozialplans, also ohne die beurlaubten Beamten betrug 37,5 Mio. €. Die Beklagte behauptet in der Berufungsbegründung, dass sich das Volumen des Sozialplans bei Berücksichtigung der ca. 190 bei ihr beschäftigten beurlaubten Beamten um weitere 8,4Mio € erhöhen würde. Die Beklagte ist dabei von den ihr gegenüber bis zur Fertigung der Berufungserwiderung am 26.06.2014 beziffert geltend gemachten Ansprüchen von 128 Beamten in Höhe von 5,7 Mio. € ausgegangen, hat den Durchschnittsbetrag pro Beamten errechnet (44.531,25 €) und mit 190 multipliziert (Seite 13 der Berufungserwiderung, Blatt 298 der Akten). Dabei hat die Beklagte eine detaillierte Liste vorgelegt, aus der sich die geltend gemachten Ansprüche ergeben (Blatt 321 der Akten).Bereits erstinstanzlich hatte die Beklagte die Zahl der Beamten, die bis dahin bezifferte Ansprüche geltend gemacht hatten, mit 108 angegeben, und eine Summe von insgesamt 4,75 Mio. € (Blatt 159 der Akten).
Dabei ist die Beklagte von Anfang an von einer Zahl von 190 Beamten ausgegangen. Der Kläger ist erstinstanzlich von 180 Beamten ausgegangen. Das Bestreiten des Klägers in der Berufungsinstanz, dass es sich um 190 Beamte handelte, kann daher nur so verstanden werden, dass er zwar die Zahl 190 bestreitet, aber jedenfalls 180 betroffene Beamte zugesteht.
Soweit der Kläger darüber hinaus mit Schriftsatz vom 11.08.2014 bestreitet, dass 132 Beamte gerichtlich bzw. außergerichtlich Sozialplanansprüche bzw. die Sonderprämie geltend gemacht hätten, dass 5,7 Mio. € Ansprüche beziffert worden seien, dass durchschnittlich 44.531,25 € als Abfindung geltend gemacht worden seien und es sich hierbei um 20% des ursprünglichen Sozialplanvolumens handele, bezieht sich dies offensichtlich auf die von der Beklagten in der Berufungsbegründung aktualisierten Zahlen hinsichtlich der von den Beamten geltend gemachten Ansprüche. Hinsichtlich der vom Arbeitsgericht festgestellten und seiner Begründung zugrunde gelegten Zahlen erhebt der Kläger jedoch keine zulässigen Rügen, warum die Tatsachenfeststellung des Arbeitsgerichts unrichtig gewesen sein sollte. Das Arbeitsgericht ist von einer durchschnittlichen Abfindung von 43.434,34 € ausgegangen.
Das Berufungsgericht geht für die Schätzung der Erhöhung des Sozialplanvolumens daher zugunsten des Klägers von 180 betroffenen Beamten und einer durchschnittlichen Abfindung von 43.434,34 € aus. Dies ergibt einen Erhöhungsbetrag von ca. 7,8 Mio. € und somit eine Erhöhung um gut 20%.
(2) Unabhängig davon, ob man bei der Ermittlung der Erhöhung des Sozialplanvolumens überhaupt - wie vom Kläger behauptet - auf die Einhaltung tariflicher Ausschlussfristen abstellen kann, so wären jedenfalls all die Ansprüche der Kollegen des Klägers, die die Beklagte in ihren Listen nennt (Anlagen B9 und B12, Blatt 159 und 312 der Akten), nicht verfallen. Denn die Ausschlussfrist zur außergerichtlichen Geltendmachung betrug nach Vortrag des Klägers sechs Monate ab Fälligkeit. Der Sozialplananspruch ist mit Ende des Arbeitsverhältnisses, also am 31.12.2013 fällig geworden. Die Ausschlussfrist endete somit frühestens am 30.06.2014. Selbst wenn man nur die Ansprüche aus der erstinstanzlich vorgelegten Liste der 119 Beamten mit 4,75 Mio. € zugrunde legen würde, ergäbe sich eine Erhöhung des Sozialplanvolumens um 12,7%.
(3) Das Berufungsgericht ist der Auffassung, dass jedenfalls eine Mehrbelastung von 12,7% schon deutlich ins Gewicht fällt und daher zur Gesamtnichtigkeit des Sozialplans führen würde. Dies gilt natürlich erst recht bei einer Mehrbelastung von über 20%.
II.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Zahlung in Höhe der Sonderprämie von 4.376 €. Die Herausnahme der von der Deutschen ... AG beurlaubten Beamten aus dem Geltungsbereich der BV-Sonderprämie ist wirksam.
1. Ein Anspruch des Klägers auf Zahlung der Sonderprämie ergibt sich nicht aus der BV-Sonderprämie selbst. Zwar war der Kläger Arbeitnehmer der Beklagten, hat gegen die Kündigung vom 06.05.2013 keine Kündigungsschutzklage erhoben und unbestritten die Arbeitsmittel vollständig zurückgegeben. Allerdings nimmt die Regelung in Ziffer 1 1. Spiegelstrich die Beamten über die Verweisung auf Ziffer 3 des Sozialplans vom Geltungsbereich der BV-Sonderprämie aus.
2. Die Herausnahme der Beamten aus dem Geltungsbereich der BV-Sonderprämie ist wirksam. Sie verstößt weder gegen den allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz noch gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
a. Der Kläger kann sich vorliegend nicht auf den allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz berufen. Die Durchführung der BV-Sonderprämie ist bloßer Normvollzug (§ 77 Abs. 1 und 4 BetrVG). Es gelten hier die Ausführungen zum Vollzug des Sozialplan entsprechend (siehe oben A.I.2.a.).
b. Die Herausnahme der Beamten aus dem Kreis der Begünstigten verstößt auch nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
aa. Die Betriebsparteien haben bei Betriebsvereinbarungen, in denen sie die Verteilung von Leistungen regeln, gemäß § 75 Abs. 1 S. 1 BetrVG die Grundsätze von Recht und Billigkeit zu beachten. Dazu gehört insbesondere der betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz, dem wiederum der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zugrunde liegt. Dieser ist Ausdruck des Gerechtigkeitsgedanken im Grundgesetz und fundamentales Rechtsprinzip (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.05.1988 - 1 BvL 22/85 - NJW 1988, 3258). Er zielt darauf ab, eine Gleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Sachverhalten sicherzustellen und eine gleichheitswidrige Regelung auszuschließen (vgl. BAG 27.05.2004 - 6 AZR 129/03). Er kommt insbesondere zur Anwendung, wenn die Betriebsparteien bei einer Regelung unterschiedliche Gruppen bilden. Eine Gruppenbildung kann nicht nur dadurch erfolgen, dass für vermeintliche Arbeitnehmergruppen unterschiedliche Rechtsfolgen vorgesehen werden oder eine bestimmte Gruppe von einer Regelung ausdrücklich ausgenommen wird. Vielmehr werden unterschiedliche Gruppen auch dann gebildet, wenn eine Regelung nur für eine Arbeitnehmergruppe getroffen wird und für eine andere unterbleibt (BAG 22.03.2005 - 1 AZR 49/04).
Sind für verschiedene Arbeitnehmergruppen unterschiedliche Rechtsfolgen - insbesondere unterschiedliche Leistungen - vorgesehen, verlangt der Gleichheitssatz, dass diese Unterschiedlichkeit sachlich gerechtfertigt ist. Dabei verstößt eine sachverhaltsbezogene Ungleichbehandlung erst dann gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, wenn sie willkürlich ist, weil sich ein vernünftiger Grund für die Differenzierung nicht finden lässt. Dagegen ist bei einer personenbezogenen Ungleichbehandlung der Gleichheitssatz bereits dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen kein Unterschied von solcher Art und solchem Gewicht besteht, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (BAG 22.03.2005 - 1 AZR 49/04; 27.05.2004 - 6 AZR 129/03
Maßgeblich für das Vorliegen eines hinreichenden Sachgrunds ist vor allem der mit der Regelung verfolgte Zweck (BAG 07.06.2011 - 1 AZR 34/10; 19.03.2002 - 2 AZR 229/01
bb. In Anwendung dieser Grundsätze ist die Herausnahme der Beamten aus dem Anwendungsbereich der BV-Sonderprämie nicht sachwidrig.
(1) Mit der BV-Sonderprämie verfolgten die Betriebsparteien vorrangig die Interessen der Beklagten. Ausweislich der Präambel der Betriebsvereinbarung sollte durch die dort aufgeführten Leistungen honoriert werden, dass Arbeitnehmer das Bedürfnis der Beklagten nach Planungssicherheit berücksichtigen, indem sie keine Klagen gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses erheben oder innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist einen Abwicklungsvertrag mit der Beklagten abschließen. Zudem sollte honoriert werden, wenn die Mitarbeiter alle überlassenen Arbeitsmittel vor Austritt bei der Beklagten nachweisbar an diese zurückgeben. Diese Regelungszwecke sind mithin nicht auf die Interessen der Beschäftigten, sondern auf die Interessen der Beklagten ausgerichtet. Die Rücksichtnahme auf die Interessen der Beklagten soll durch die Sonderprämie honoriert werden (vgl. ArbG Herne a. a. O.).
(2) Allerdings ist auch gemessen an diesem Regelungszweck die Differenzierung zwischen beurlaubten Beamten und anderen Arbeitnehmern - auch soweit sie in einem ruhenden Arbeitsverhältnis zur Deutschen ... AG standen - sachlich gerechtfertigt (a.A. ArbG Herne a. a. O.).
(a) Dem Kläger ist zuzugestehen, dass auch die beurlaubten Beamten zur Beklagten ebenso in einem Arbeitsverhältnis standen wie alle anderen Arbeitnehmer und daher rechtlich nicht gehindert waren, Kündigungsschutzklage zu erheben. Ebenso hätten sie wie alle anderen Arbeitnehmer auch Arbeitsmittel zurückhalten können. Auch hatten die Betriebsparteien selbst in der Präambel des Sozialplans vom 29.04.2013 festgehalten, dass auch den Beamten durch die Kündigung wirtschaftliche Nachteile drohten und sie somit durchaus auch ein wirtschaftliches Interesse an einer Klageerhebung haben konnten. Der Kläger hat die ihn treffenden Nachteile durch die drohende Versetzung von Würzburg weg nach Nürnberg oder Frankfurt bzw. durch den drohenden vorzeitigen Ruhestand über die Jahre gesehen auf an die 90.000,- € beziffert.
(b) Gleichwohl hielt es sich im Beurteilungsspielraum der Betriebsparteien, dass sie das Interesse der beurlaubten Beamten an einer Kündigungsschutzklage grundsätzlich geringer bewerteten als das der übrigen Arbeitnehmer. Die beurlaubten Beamten waren (und sind) überhaupt nicht von Arbeitslosigkeit bedroht. Die Deutsche ... AG bestritt nie, dass sie die beurlaubten Beamten nach Ende des Arbeitsverhältnisses beschäftigen wird und ihrer Entgeltzahlungspflicht nachkommen wird. Wegen dieser fehlenden Rechtsunsicherheit durften die Betriebsparteien davon ausgehen, dass beurlaubte Beamte regelmäßig keine Kündigungsschutzklage erheben würden und ein solcher „Verzicht“ dann auch nicht noch zusätzlich honoriert werden brauchte. Im Gegensatz dazu waren alle anderen Arbeitnehmer von Arbeitslosigkeit bedroht. Dies galt auch für diejenigen, deren Arbeitsverhältnis mangels früherem Beendigungstatbestand mit der Deutschen ... AG ruhte. Denn jedenfalls zum Zeitpunkt des Abschlusses der BV-Sonderprämie mussten die Betriebsparteien davon ausgehen, dass sich diese Arbeitnehmer ihr „Rückkehrrecht“ zur Deutschen ... AG erst gerichtlich erstreiten mussten mit durchaus ungewissem Ausgang nicht nur hinsichtlich der Beschäftigung selbst, sondern auch der damit verbundenen Konditionen. Wegen der damit einhergehenden Rechtsunsicherheit durften die Betriebsparteien von einer deutlich höheren Motivation zur Erhebung von Kündigungsschutzklagen ausgehen, als bei den beurlaubten Beamten. Deshalb durften die Betriebsparteien das Interesse an der Planungssicherheit für die übrigen Arbeitnehmerganz anders bewerten und mit einer zusätzlichen Zahlung honorieren, ohne die Beamten mit einzubeziehen.
3. Selbst wenn die Regelung in Ziffer 1,2.Spiegelstrich BV-Sonderprämie hinsichtlich der Herausnahme der Beamten unwirksam wäre, hätten die beurlaubten Beamten die Voraussetzungen der BV-Sonderprämie nicht erfüllt. Denn sie waren (und sind) nicht von Arbeitslosigkeit im Sinne der BV-Sonderprämie bedroht.
Nach dem Klammerzusatz in Ziffer 1, 3.Spiegelstrich, 2. Absatz. B.V-Sonderprämie ist Voraussetzung für die Zahlung der Prämie für diejenigen, die ohne Angebot eines dreiseitigen Vertrages eine Kündigung erhalten, dass sie „von Arbeitslosigkeit bedroht“ sind. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass die Betriebsparteien diesen Begriff auch im Rahmen der BV-Sonderprämie im Sinne der gesetzlichen Definitionenverstanden haben. Der Begriff der Arbeitslosigkeit ist in § 138 SGB III definiert. Nach § 138 Abs. 1 Nr. 1 SGB III setzt der Begriff der Arbeitslosigkeit nicht voraus, dass der Arbeitnehmer keinen Arbeitsvertrag hat. Entscheidend ist vielmehr, dass er nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht. Da das Leistungsrecht des SGB III an die tatsächlichen Verhältnisse anknüpft, schließt eine Erwerbstätigkeit Beschäftigungslosigkeit nur dann aus, wenn sie - in einem gewissen zeitlichen Mindestumfang - tatsächlich ausgeübt wird (Beschäftigungsverhältnis im leistungsrechtlichen Sinn, vgl. z. B. BSG
Danach waren die beurlaubten Beamten nicht von Arbeitslosigkeit bedroht, die übrigen Arbeitnehmer jedoch schon, auch diejenigen mit ruhendem Arbeitsvertrag zur Deutschen ... AG, solange diese nicht für die Betriebsparteien erkennbarbereit war, die Arbeitnehmer tatsächlich wieder zu beschäftigen. Dies war jedenfalls bei Abschluss der BV-Sonderprämie nicht der Fall. Dass die Frage der Bedrohung mit Arbeitslosigkeit für die Betriebsparteien insgesamt eine zentrale Rolle spielte, ist auch im Übrigen Text der BV-Sonderprämie niedergelegt. Nach Satz 3 der Präambel liegt es „im vorrangigen Interesse der Betriebsparteien, die Arbeitslosigkeit“ der Mitarbeiter zu vermeiden und deshalb den Wechsel in die Transfergesellschaft zu incentivieren. Nach Satz 4 sollen auch die honoriert werden, die kein Angebot zum Wechsel in die Transfergesellschaft erhalten, obwohl sie „durch die betriebsbedingte Kündigung von Arbeitslosigkeit bedroht“ sind.
Soweit der Kläger damit argumentiert, dass die Angestellten mit Rückkehrrecht zur Deutschen ... AG so wie die Beamten auch nicht von Arbeitslosigkeit bedroht gewesen seien, liegt es näher, die BV-Sonderprämie so zu interpretieren, dass auch diese keinen Anspruch auf die Sonderprämie hatten.
4. Ein Anspruch des Klägers entfiele auch deshalb, da - wie das Arbeitsgericht zu Recht meint - eine Unwirksamkeit des Ausschlusses der Beamten von der BV-Sonderprämie zur Gesamtnichtigkeit der BV-Sonderprämie führen würde.
a. Allerdings würde die bloße Teilnichtigkeit der Regelung in Ziffer 1.2.Spiegelstrich der BV-Sonderprämie bezüglich der Herausnahme der Beamten für sich genommen nicht zur Gesamtnichtigkeit der Betriebsvereinbarung führen. Denn auch die übrigen Regelungen würden eine in sich geschlossene, sinnvolle und praktikable Regelung darstellen (BAG 19.02.2008 1 AZR 1004/06; 24.08.2004 - 1 ABR 23/03
b. Abzustellen ist nach Ansicht der Berufungskammer dabei ausschließlich auf den Dotierungsrahmen der BV-Sonderprämie. Ein Zusammenrechnen mit dem Dotierungsrahmen des Sozialplans ist unzulässig.
Die BV-Sonderprämie ist eine freiwillige Betriebsvereinbarung nach § 88 BetrVG, die unabhängig vom Sozialplan den eigenen Zweck der Planungssicherheit für die Beklagte verfolgt. Die Betriebsparteien durften darin den Anspruch auf die weitere Sonderprämie vom Verzicht des Arbeitnehmers auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage abhängig machen. Dies ist zulässig (BAG 31.05.2005 - 1 AZR 254/04) und wird von den Parteien auch nicht in Zweifel gezogen. Dass hierdurch das Verbot, die Sozialplanleistungen von einem entsprechenden Verzicht abhängig zu machen, umgangen würde, ist nicht ersichtlich.
Aus dieser strikten von den Betriebsparteien durchgeführten Trennung von Sozialplan und BV-Sonderprämie mit ihrer unterschiedlichen Zwecksetzung (Sozialplan: Milderung von Nachteilen der Arbeitnehmer; BV-Sonderprämie: Planungssicherheit für den Arbeitgeber)folgt auch, dass die zur Verfügung stehenden jeweiligen Dotierungsrahmen nicht zusammen betrachtet werden dürfen.
c. Im vorliegenden Fall ist von einer Steigerung des möglichen Dotierungsrahmens von 787.680,- € auszugehen (180 Beamte × 4.376,- € Sonderprämie). Das wäre bei einem möglichen bisherigen Dotierungsrahmen von 3,37 Mio. (770 übrige Arbeitnehmer × 4.376,- €) eine Steigerung um gut 23%. Eine solche Steigerung wäre für die Beklagte nicht mehr hinnehmbar und würde nach Auffassung des Berufungsgerichts zu einer Gesamtnichtigkeit der BV-Sonderprämie führen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 21.10.2003 - 1 AZR 407/02 - Rn. 21 m. w. N.) ist bei Sozialplänen die mit einer Korrektur der Sozialplanregelungen mittelbar verbundene Ausdehnung des vereinbarten Finanzvolumens hinzunehmen, solange nur einzelne Arbeitnehmer benachteiligt werden und die Mehrbelastung des Arbeitgebers durch die Korrektur im Verhältnis zum Gesamtvolumen des Sozialplans nicht „ins Gewicht fällt“ (BAG a. a. O). Dabei wurde vom BAG eine Erhöhung des Gesamtvolumens von lediglich 1,7% als hinnehmbar angesehen (BAG a. a. O.), ohne jedoch eine Höchstgrenze zu definieren (näher s. B I 4 b der Urteilsgründe).
Das BAG hat diese Argumentation auch für freiwillige Lohnerhöhungen von AT-Angestellten für anwendbar gehalten (BAG 13.02.2002 - 5 AZR 713/00, Rn. 17).
Sie ist nach Ansicht des Berufungsgerichts grundsätzlich auch auf den Abschluss der BV-Sonderprämie übertragbar. Dabei dürfte allerdings die Grenze, ab der die Erweiterung des anspruchsbegünstigten Personenkreises zu einer nicht mehr hinnehmbaren Mehrbelastung des Arbeitgebers führt, höher anzusetzen als bei Sozialplänen. Denn der Dotierungsrahmen bei Sozialplänen ist letztlich über die Einigungsstelle erzwingbar. Die finanzielle Leistungsfähigkeit des Arbeitgebers dürfte hier eher „ausgereizt“ sein als bei freiwilligen Betriebsvereinbarungen, wo der Dotierungsrahmen nicht der Mitbestimmung unterliegt. Ebenso kann der Arbeitgeber bei einer freiwilligen Leistung einseitig den Leistungszweck bestimmen. Zweck der BV-Sonderprämie ist in erster Linie Planungssicherheit aber auch Kostenersparnis für den Arbeitgeber durch Vermeidung von Prozessen. Dieser Zweck wird für jede einzelne unterlassene Kündigungsschutzklage erreicht.
Andererseits haben die Betriebsparteien ausgehend vom vom beherrschenden Unternehmen zur Verfügung gestellten Gesamtbudget für jeden Einzelfall die Planungssicherheit und die Kostenersparnis für die nicht beamteten Mitarbeiter mit 4.376,- € bewertet. Die Einbeziehung der nicht einkalkulierten Beamten würde daher - gerade weil insoweit mit Klagen kaum zu rechnen war - zu einer deutlichen Ausweitung des Gesamtbudgets führen. Die dafür notwendigen finanziellen Mittel hätte die Beklagte jedoch nicht selbst aufbringen können, sondern müssten nach dem insoweit nicht bestrittenen Vortrag der Beklagten erst von der der Konzernmutter, bzw. dem beherrschenden Unternehmen zur Verfügung gestellt werden. Eine Erhöhung des Gesamtbudgets um über 23% übersteigt die hinnehmbare Grenze.
III.
Über die vom Kläger in der Berufungsinstanz im Wege der Klageerweiterung gestellten Hilfsanträge war nicht zu entscheiden. Die Hilfsanträge wurden nur für den Fall gestellt, dass das Gericht die Herausnahme der beurlaubten Beamten aus Sozialplan und BV-Sonderprämie als unwirksam betrachtet und gleichwohl einen Anspruch des Klägers verneint. Das Gericht hat die Herausnahme der Beamten aus dem Geltungsbereich des Sozialplans und der BV-Sonderprämie jedoch als zulässig und rechtswirksam erachtet.
Auch der im Wege der Anschlussberufung von der Beklagten gestellte Hilfsantrag fiel nicht zur Entscheidung an. Im Übrigen wäre der Antrag mangels Feststellungsinteresse bereits unzulässig. Denn wenn der Klage stattgegeben worden wäre, wäre inzident festgestellt worden, dass Sozialplan und BV-Sonderprämie eben nicht nichtig wären. Eine gesonderte Feststellung des Gegenteils wäre ausgeschlossen. Außerdem hätte auch ein Feststellungsurteil nur Wirkung zwischen den Parteien entfaltet.
Auch der hilfsweise Antrag auf Aussetzung der vorläufigen Vollstreckung fiel nicht zur Entscheidung an, da das vorliegende Urteil keinen gegen die Beklagte vollstreckbaren Inhalt hat.
C.
I.
Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.
II.
Die Revision war nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Gegen die Beklagte führen nach deren Mitteilung bundesweit über 130 Beamte gleichgelagerte Verfahren vor den Arbeitsgerichten und Landesarbeitsgerichten.
Hinsichtlich des Zahlungsanspruchs bezüglich der BV-Sonderprämie war die Revision auch nach § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG zuzulassen, da das Gericht zwar in Übereinstimmung mit dem LAG Hamm (Urteile vom 06.06.2014 - 18 Sa 1700/13 u. a.), aber in Abweichung vom LAG Düsseldorf (Urteile vom 02.07.2014 - 4 Sa 382/14 u. a.) den Anspruch auf Zahlung in Höhe der Sonderprämie verneint hat.
(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.
(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn
- 1.
in Betrieben des privaten Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat, - 2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts - a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt, - b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.
(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.
(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)