Landesarbeitsgericht München Urteil, 09. Dez. 2015 - 5 Sa 591/15

bei uns veröffentlicht am09.12.2015

Gericht

Landesarbeitsgericht München

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 13.05.2015 - Az. 42 Ca 6434/14 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedene Kläger einen weiteren Abfindungsanspruch aus einer im Zuge einer Betriebsänderung zusätzlich abgeschlossenen Gesamtbetriebsvereinbarung hat.

Der Kläger war aufgrund Anstellungsvertrages vom 03.09.2009 seit 01.11.2009 bei der Beklagten als Senior Director Enterprise Sales beschäftigt. Er bezog zuletzt eine monatliche Bruttovergütung in Höhe von 0,- €.

Im Zuge einer konzernweiten Umstrukturierung kam es im Jahr 2013 zu einem Personalabbau bei der Beklagten. Die Beklagte hatte dem Kläger am 25.04.2013 und 28.05.2013 jeweils einen Aufhebungsvertrag angeboten, wonach das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung mit Ablauf des 31.07.2013 enden sollte. Ein Aufhebungsvertrag kam zwischen den Parteien jedoch nicht zustande. Die Beklagte kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 24.06.2013 ordentlich zum 31.07.2013. Der Kläger erhob Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht München (Az. 27 Ca 7830/13).

Mit Datum vom 28.08.2013 schlossen die Beklagte und der bei ihr gebildete Gesamtbetriebsrat einen Interessenausgleich („S. 4.0“; Anl. K 5, Bl. 33 ff. d. A.). Ebenfalls am 28.08.2013 kam zwischen der Beklagten und dem Gesamtbetriebsrat, der insoweit auf der Grundlage von Delegationsbeschlüssen der örtlichen Betriebsräte nach § 50 Abs. 2 BetrVG handelte, ein Sozialplan zustande (Anl. K 6, Bl. 38 ff. d. A.). Schließlich schlossen die Beklagte und der Gesamtbetriebsrat ebenfalls unter dem 28.08.2013 eine „freiwillige Gesamtbetriebsvereinbarung“, die unter bestimmten Bedingungen zusätzliche Abfindungen vorsah (Anl. K 7, Bl. 41 ff. d. A.). Hier ist u. a. Folgendes geregelt:

„Präambel

Das Unternehmen hat sich im Rahmen des Personalabbaus und der weitreichenden Umstrukturierung des Unternehmens entschlossen, neben den Abfindungen aus dem Sozialplan zusätzliche Leistungen an Mitarbeiter zu zahlen, die den ihnen angebotenen Aufhebungsvertrag unterzeichnen.

1. Geltungsbereich

Diese Vereinbarung gilt für Mitarbeiter, die zum Zeitpunkt ihres In-Kraft-Tretens in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis mit dem Unternehmen stehen.

Sachlich gilt diese Vereinbarung, soweit das Unternehmen im Rahmen des Interessenausgleichs „S. 4.0“ Mitarbeitern, die vom Stellenabbau betroffen sind, den Abschluss eines Aufhebungsvertrages anbietet.

Mitarbeiter haben jedoch keinen individuellen Anspruch auf den Abschluss oder das Angebot eines Aufhebungsvertrages.

6. Entstehen und Fälligkeit des Anspruchs

Der Anspruch auf Zahlung der Abfindung entsteht mit der Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages ...

7. Schlussbestimmung

Diese Gesamtbetriebsvereinbarung tritt am Tage ihrer Unterzeichnung in Kraft. Sie endet am 31.10.2013, ohne dass es einer Kündigung bedarf.“

Aus dem Sozialplan vom 28.08.2013 ergibt sich für den Kläger rechnerisch ein Abfindungsanspruch in Höhe von 157.700,25 € brutto.

Im Kündigungsschutzverfahren wurde am 21.10.2013 nach § 278 Abs. 6 ZPO ein Vergleich festgestellt, wonach das Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher Arbeitgeberkündigung am 31.08.2013 endete und die Beklagte unter Anrechnung auf die Sozialplanabfindung zur Zahlung einer Abfindung in Höhe von 160.000,- € brutto verpflichtet ist (Anl. K 4, Bl. 30 ff. d. A.). Die Abfindungsklausel (Ziff. 3) enthält folgenden Zusatz:

„Der Kläger behält sich vor, weitergehende Ansprüche, die sich aus Sozialplänen oder anderen kollektivrechtlichen Vereinbarungen ergeben, geltend zu machen (§ 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG).“

In Ziff. 7 heißt es:

„Mit Ausnahme der hier geregelten Ansprüche sind mit Erfüllung des Vergleichs sämtliche finanziellen Ansprüche der Parteien aus dem Arbeitsverhältnis erledigt.“

Der Kläger hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, er habe einen zusätzlichen Abfindungsanspruch aus der freiwilligen Gesamtbetriebsvereinbarung vom 28.08.2013. Der persönliche Geltungsbereich sei eröffnet, da seine Kündigung aus Anlass der geplanten Umstrukturierungsmaßnahme erfolgt sei. Im gerichtlichen Vergleich vom 21.10.2013 habe die Beklagte zugestanden, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der im Interessenausgleich beschriebenen Betriebsänderung betriebsbedingt gekündigt worden sei. Im Ergebnis sei er deshalb so zu behandeln, als habe sein Arbeitsverhältnis am 28.08.2013 noch ungekündigt bestanden und wäre erst aufgrund des Interessenausgleichs gekündigt worden. Er habe auch Anspruch auf das Angebot eines Aufhebungsvertrages i. S. der freiwilligen Gesamtbetriebsvereinbarung gehabt. Außerdem dürften Sozialplanleistungen nicht von einem Klageverzicht abhängig gemacht werden. Er habe deshalb einen Anspruch auf die zusätzliche Abfindungszahlung in Höhe von 157.700,25 € brutto unter dem Gesichtspunkt des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes (zum erstinstanzlichen Vorbringen des Klägers im Einzelnen wird auf seine Schriftsätze vom 03.06.2014, Bl. 1 ff. d. A., und 01.12.2014, Bl. 88 ff. d. A., nebst Anlagen, Bezug genommen).

Der Kläger hat beantragt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 157.700,25 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.09.2013 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat argumentiert, die freiwillige Gesamtbetriebsvereinbarung komme ausweislich ihres Geltungsbereichs nur auf Mitarbeiter zur Anwendung, die zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis gestanden hätten. Der gerichtliche Vergleich vom 21.10.2013 nehme zwar Bezug auf den Sozialplan, die freiwillige Gesamtbetriebsvereinbarung sei aber gerade nicht erwähnt (zum erstinstanzlichen Vorbringen der Beklagten im Einzelnen wird auf ihren Schriftsatz vom 13.10.2014, Bl. 69 ff. d. A., nebst Anlagen, Bezug genommen).

Mit Urteil vom 13.05.2015 wies das Arbeitsgericht die Klage ab. Die Gesamtbetriebsvereinbarung vom 28.08.2013 komme auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger nicht zur Anwendung, da nach dem Geltungsbereich Voraussetzung sei, dass der Mitarbeiter zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis zur Beklagten stehe. Auch habe der Kläger keinen Aufhebungsvertrag unterzeichnet. Selbst wenn man zu seinen Gunsten unterstelle, die Gesamtbetriebsvereinbarung sei unwirksam, ergebe sich hieraus noch kein Anspruch. Ein Anspruch aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz scheitere schon daran, dass der Kläger keine Vergleichsfälle dargelegt habe. Unabhängig davon seien Ansprüche aus Gleichbehandlung durch die Regelung in Ziff. 7 des gerichtlichen Vergleichs vom 21.10.2013 ausgeschlossen, da die Parteien von der Abgeltung nur Ansprüche aus Sozialplänen und anderen kollektivrechtlichen Vereinbarungen ausgenommen hätten (zur Begründung des Arbeitsgerichts im Einzelnen wird auf das Urteil vom 13.05.2015, Bl. 115 ff. d. A., Bezug genommen).

In seiner Berufungsbegründung trägt der Kläger vor, sämtliche (namentlich genannte) Mitarbeiter, die von der Beklagten ab April 2013 angesprochen und anschließend durch Vereinbarung aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden seien, hätten die sich aus der Gesamtbetriebsvereinbarung ergebende zusätzliche Abfindung erhalten. Sein Anspruch auf eine weitere Abfindung in Höhe von 157.700,25 € brutto ergebe sich aus der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 28.08.2013 i. V. m. dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Beklagte und deren Gesamtbetriebsrat hätten mit der Gesamtbetriebsvereinbarung eine über den Sozialplan hinausgehende Abfindungsregelung aufgenommen. Die Voraussetzung des ungekündigten Arbeitsverhältnisses im Zeitpunkt des Zustandekommens der Gesamtbetriebsvereinbarung differenziere nicht danach, ob bereits gekündigte Arbeitnehmer ebenfalls von der im Interessenausgleich und Sozialplan beschriebenen Umstrukturierungsmaßnahme betroffen seien. Dem Sozialplan komme eine besondere Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion zu und deshalb könne der Anspruch auf eine Sozialplanabfindung nicht von einem individualrechtlichen Verzicht des Arbeitnehmers auf eine rechtliche Überprüfung der ihn betreffenden Kündigung abhängig gemacht werden. Es fehle an einem Sachgrund, ihn nur deshalb anders zu behandeln, weil die Kündigung nicht nach dem 28.08.2013 ausgesprochen worden sei. Sein Anspruch sei durch die Erledigtklausel nicht betroffen, da er es sich vorbehalten habe, Ansprüche aus kollektivrechtlichen Vereinbarungen geltend zu machen (zur Berufungsbegründung des Klägers im Einzelnen wird auf seine Schriftsätze vom 03.09.2015, Bl. 154 ff. d. A., und 17.11.2015, Bl. 187 ff. d. A., Bezug genommen).

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 13.05.2015, Az. 42 Ca 6434/14, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 157.700,25 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.09.2013 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen

und verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts. Bei der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 28.08.2013 handle es sich eben nicht um einen Sozialplan, sondern um ein sog. Freiwilligenprogramm. Zweck sei es nicht, die den Mitarbeitern infolge der geplanten Betriebsänderung drohenden wirtschaftlichen Nachteile auszugleichen oder zu mildern, sondern bestimmte Mitarbeiter bzw. Qualifikationen im Unternehmen zu halten, ohne in diesem Zusammenhang eine soziale Auswahl treffen zu müssen. Nicht zuletzt seien auch die Unwägbarkeiten des Kündigungsschutzrechts maßgeblicher Punkt dieses Freiwilligenprogramms, das einen Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen entbehrlich mache. Bei freiwilligen Kollektivvereinbarungen mit einer anderen Zweckrichtung als Sozialplanleistungen seien derartige Differenzierungen zulässig. Nicht nachvollziehbar sei die Aussage des Klägers, dies führe zu einem nicht gerechtfertigten Entzug zusätzlicher Sozialplanleistungen (zur Berufungserwiderung der Beklagten im Einzelnen wird auf ihre Schriftsätze vom 07.10.2015, Bl. 175 ff. d. A., und 20.11.2015, Bl. 197 ff. d. A., Bezug genommen).

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat weder aus der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 28.08.2013 noch aus dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsrundsatz einen Anspruch auf eine weitere Abfindung.

1. Der Kläger erfüllt nicht die tatbestandlichen Anspruchsvoraussetzungen nach der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 28.08.2013. Die Beklagte und der Gesamtbetriebsrat konnten diese Voraussetzungen auch wirksam vereinbaren.

a) Nach dem in Nr. 1 geregelten Geltungsbereich gilt die Gesamtbetriebsvereinbarung nur für Mitarbeiter, die zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis zur Beklagten standen. Die Gesamtbetriebsvereinbarung trat nach Ziff. 7 („Schlussbestimmung“) am Tage ihrer Unterzeichnung, also am 28.08.2013, in Kraft. Da der Kläger bereits mit Schreiben vom 24.06.2013 zum 31.07.2013 gekündigt worden war, ist diese Voraussetzung nicht gegeben.

b) Zudem sieht die Gesamtbetriebsvereinbarung als Voraussetzung für den Anspruch auf eine zusätzliche Abfindung das Angebot und den Abschluss eines Aufhebungsvertrages vor. Auch ein solcher Aufhebungsvertrag ist zwischen den Parteien nicht zustande gekommen. Der gerichtliche Vergleich stellt fest, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher Arbeitgeberkündigung vom 24.06.2013 beendet wurde.

2. Ein Anspruch des Klägers auf eine zusätzliche Abfindung aus der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 28.08.2013 folgt auch nicht aus dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 75 Abs. 1 BetrVG). Die Beklagte und der Gesamtbetriebsrat durften in einer freiwilligen Kollektivvereinbarung den Anspruch auf eine weitere Abfindung vom Abschluss eines Aufhebungsvertrages und davon abhängig machen, dass zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Gesamtbetriebsvereinbarung ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis besteht.

a) Zwar sind betriebliche Interessen, die personelle Zusammensetzung der Belegschaft im Unternehmensinteresse zu steuern, keine geeigneten Gesichtspunkte, Differenzierungen bei der Höhe von Sozialplanabfindungen zu rechtfertigen (BAG v. 09.12.2014 -1 AZR 406/13 [Rn. 21], NZA 2015, S. 557). So ist es den Betriebsparteien verwehrt, in einem Sozialplan eine Gruppenbildung vorzunehmen, die dazu dienen soll, dem Arbeitgeber eine eingearbeitete und qualifizierte Belegschaft zu erhalten. Ein solches Ziel entspricht nämlich nicht dem Zweck eines Sozialplans. Dieser dient nach § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG dem Ausgleich oder der Milderung der den Arbeitnehmern durch die Betriebsänderung entstehenden wirtschaftlichen Nachteile. Betriebliche Interessen an der Erhaltung der Belegschaft oder von Teilen derselben sind daher nicht geeignet, Differenzierungen bei der Höhe von Sozialplanabfindungen zu rechtfertigen (BAG v. 06.11.2007 - 1 AZR 960/06 [Rn. 19], NZA 2008, S. 232). Dementsprechend dürfen Sozialplanleistungen auch nicht vom Verzicht auf Erhebung einer Kündigungsschutzklage abhängig gemacht werden. Eine damit einhergehende Gruppenbildung und Ungleichbehandlung wäre nach Sinn und Zweck des Sozialplans sachlich nicht gerechtfertigt (BAG v. 09.12.2014 - 1 AZR 146/13, NZA 2015, S. 438; BAG v. 31.05.2005 - 1 AZR 254/04, NZA 2005, S. 997).

b) Aus Gleichbehandlungsgründen kann es auch unzulässig sein, in Sozialplänen zwischen betriebsbedingten Kündigungen einerseits und Eigenkündigungen oder Aufhebungsverträgen andererseits zu differenzieren, wenn diese im Rahmen der Betriebsänderung vom Arbeitgeber veranlasst wurden. Es ist im Hinblick auf den Zweck des Sozialplans mit dem Gebot der Gleichbehandlung der Belegschaftsangehörigen nach § 75 Abs. 1 BetrVG nicht vereinbar, dass die Betriebsparteien den Ausgleich der wirtschaftlichen Nachteile aus einer Betriebsänderung von der rechtsgeschäftlichen Form der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abhängig machen (BAG v. 20.05.2008 - 1 AZR 203/07 [Rn. 19], NZA-RR 2008, S. 636).

c) Auch wenn Sozialplanleistungen ausschließlich an dem gesetzlich in § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG definierten Zweck auszurichten sind, ist es den Betriebsparteien aber nicht verboten, mit einer eigenständigen freiwilligen Regelung neben dem Sozialplan auch andere finanzielle Anreize zu setzen. Jedenfalls dann, wenn die Betriebsparteien ihrer Pflicht zur Aufstellung eines Sozialplans nachgekommen sind, können sie eine kollektivrechtliche Regelung treffen, die im Interesse des Arbeitgebers Mitarbeiter motivieren soll, freiwillig, etwa durch Abschluss eines Aufhebungsvertrages, aus dem Arbeitsverhältnis auszuscheiden. Die grundsätzliche Befugnis der Betriebsparteien zu einer solchen freiwilligen Betriebsvereinbarung folgt aus § 88 BetrVG (BAG v. 31.05.2005, a. a. O. [Rn. 23 f.]; BAG v. 09.12.2014 - 1 AZR 146/13 [Rn. 39], NZA 2015, S. 438).

d) Bei der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 28.08.2013 handelt es sich um eine solche neben (vgl. Präambel der Gesamtbetriebsvereinbarung) dem ebenfalls am 28.08.2013 abgeschlossenen Sozialplan stehende freiwillige Regelung. Die Eigenständigkeit ergibt sich schon daraus, dass der Gesamtbetriebsrat bei Abschluss des Sozialplans einerseits und dem Abschluss der Gesamtbetriebsvereinbarung andererseits in unterschiedlicher Funktion tätig geworden ist. Während der Sozialplan entsprechend der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung vom Gesamtbetriebsrat kraft Auftrags aufgrund von Delegationsbeschlüssen für die örtlichen Betriebsräte verhandelt und abgeschlossen wurde (§ 50 Abs. 2 BetrVG), erfolgte der Abschluss der freiwilligen Gesamtbetriebsvereinbarung durch den Gesamtbetriebsrat in eigener originärer Kompetenz nach § 50 Abs. 1 BetrVG.

Die Eigenständigkeit ergibt sich aber vor allem aus der unterschiedlichen Zweckrichtung. Bei den aus der Gesamtbetriebsvereinbarung gezahlten Abfindungen handelt es sich um keine Sozialplanleistungen, sondern um Zahlungen mit dem Zweck, Mitarbeiter dazu zu motivieren, einen Aufhebungsvertrag zu unterschreiben. Ein solches „Freiwilligenprogramm“ dient im Rahmen einer Betriebsänderung dazu, zumindest Teile der Belegschaft unter Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen und den damit verbundenen Konflikten und Risiken abzubauen. Zudem erlaubt ein solches Programm es dem Arbeitgeber, gezielt Mitarbeiter anzusprechen, die nach den Kriterien der Sozialauswahl nicht zur Kündigung angestanden hätten und damit andere ansonsten von einer Kündigung betroffene Mitarbeiter zu halten. Solche Zwecke aufgrund freiwilliger Regelungen zu verfolgen ist zulässig.

e) Eine Unzulässigkeit ergibt sich auch nicht daraus, dass sich die freiwillige Gesamtbetriebsvereinbarung vom 28.08.2013 als Umgehung der Beschränkungen der mit einem Sozialplan verfolgbaren Zwecke darstellt. Eine solche Umgehung kann insbesondere vorliegen, wenn der Sozialplan keine angemessene Abmilderung der wirtschaftlichen Nachteile vorsieht oder wenn greifbare Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, dem „an sich“ für den Sozialplan zur Verfügung stehenden Finanzvolumen seien zum Nachteil der von der Betriebsänderung betroffenen Mitarbeiter Mittel entzogen und funktionswidrig im „Bereinigungsinteresse“ des Arbeitgebers eingesetzt worden (BAG v. 31.05.2005, a. a. O. [Rn. 32]).

Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Sozialplan vom 28.08.2013 keine angemessene Milderung der wirtschaftlichen Nachteile vorsieht oder dass dem für den Sozialplan zur Verfügung stehenden Finanzvolumen funktionswidrig Mittel entzogen wurden. Die Sozialplanformel stellt sich mit einem auf Betriebszugehörigkeit und Bruttomonatsverdienst bezogenen Faktor von 1,5 eher als überdurchschnittlich dar. Für den Kläger errechnet sich - allerdings ausgehend von einer hohen Bruttomonatsvergütung - bei rund vier Jahren Betriebszugehörigkeit eine Abfindung in Höhe von 157.700,25 €. Eine Überkompensation der wirtschaftlichen Nachteile kann im Rahmen einer Sozialplandotierung grundsätzlich nicht verlangt werden (BAG v. 22.01.2013 - 1 ABR 85/11 [Rn. 19 ff.], NZA-RR 2013, S. 409).

Vor allem hat der Kläger keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die für das Freiwilligenprogramm von der Beklagten zur Verfügung gestellten Mittel andernfalls (zumindest teilweise) zur Aufstockung des Sozialplanvolumens zur Verfügung gestanden hätten. Das Sozialplanvolumen stellt sich als ausreichend dar und mit der Gesamtbetriebsvereinbarung verfolgt die Beklagte - wie ausgeführt - eigenständige Zwecke. Dass sich die Leistungen nach der Gesamtbetriebsvereinbarung als Verdoppelung der Abfindungen darstellen, weil die Berechnungsformel übernommen wurde und dass in der Gesamtbetriebsvereinbarung eine Deckelung der Ansprüche aus beiden Vereinbarungen auf 400.000,- € vorgesehen ist, führt nicht zur Annahme, dass letztlich „ein Topf“ für diese Leistungen vorliegt. Unabhängig von der Berechnung bleibt entscheidend, dass ganz unterschiedliche Zwecke verfolgt werden. Ein solches Freiwilligenprogramm hat auch nur dann eine Erfolgschance, wenn es entsprechend attraktiv ausgestattet wird.

3. Der Kläger hat schließlich auch keinen Anspruch aus dem individualrechtlichen sog. allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

Dem Vortrag des Klägers in seiner Berufungsbegründung lässt sich schon nicht mit hinreichender Klarheit entnehmen, dass die namentlich aufgeführten Personen sowohl die volle Abfindung aus dem Sozialplan als auch die Abfindung aus der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 28.08.2013 erhalten haben. Ebenso wenig wird mangels substanziierten Vortrags deutlich, inwiefern gegenüber diesen Personen, mit denen sich die Beklagte ab April 2013 über eine Aufhebung des Arbeitsverhältnisses geeinigt hat, um eine Benachteiligung durch sachfremde Gruppenbildung oder willkürliche Schlechterstellung innerhalb einer Gruppe vorliegen soll. Die vom Kläger (ohne Angabe einer ladungsfähigen Anschrift) als Zeugen benannten ehemaligen Mitarbeiter der Beklagten zu vernehmen, würde auf einen zivilprozessual unzulässigen Ausforschungsbeweis hinauslaufen.

Letztlich kann dahinstehen, ob überhaupt ein Anspruch aus dem sog. allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz in Betracht kommt, weil sich der Kläger, wie das Arbeitsgericht zu Recht ausgeführt hat, in Ziff. 7 des Vergleichs vom 21.10.2013 mit der Beklagten darauf geeinigt hat, dass mit Ausnahme der im Vergleich geregelten Ansprüche mit Erfüllung des Vergleichs sämtliche finanziellen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erledigt sind. Hiervon erfasst werden auch Ansprüche des sog. allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes, weil der Abfindungsanspruch in Ziff. 3 gesondert geregelt ist und insofern nur weitergehende Ansprüche „aus Sozialplänen oder anderen kollektivrechtlichen Vereinbarungen“ vorbehalten wurden. Die ausdrückliche Bezugnahme auf § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG stellt klar, dass damit nur kollektivrechtlich begründete und eben keine sonstigen Ansprüche gemeint sind.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 72 a ArbGG) wird hingewiesen.

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht München Urteil, 09. Dez. 2015 - 5 Sa 591/15

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(1) Der Gesamtbetriebsrat ist zuständig für die Behandlung von Angelegenheiten, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betreffen und nicht durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden können; seine Zuständigkeit erstreckt sich insoweit auch auf Betriebe ohne Betriebsrat. Er ist den einzelnen Betriebsräten nicht übergeordnet.

(2) Der Betriebsrat kann mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder den Gesamtbetriebsrat beauftragen, eine Angelegenheit für ihn zu behandeln. Der Betriebsrat kann sich dabei die Entscheidungsbefugnis vorbehalten. § 27 Abs. 2 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(1) Das Gericht soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein.

(2) Der mündlichen Verhandlung geht zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits eine Güteverhandlung voraus, es sei denn, es hat bereits ein Einigungsversuch vor einer außergerichtlichen Gütestelle stattgefunden oder die Güteverhandlung erscheint erkennbar aussichtslos. Das Gericht hat in der Güteverhandlung den Sach- und Streitstand mit den Parteien unter freier Würdigung aller Umstände zu erörtern und, soweit erforderlich, Fragen zu stellen. Die erschienenen Parteien sollen hierzu persönlich gehört werden. § 128a Absatz 1 und 3 gilt entsprechend.

(3) Für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche soll das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet werden. § 141 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.

(4) Erscheinen beide Parteien in der Güteverhandlung nicht, ist das Ruhen des Verfahrens anzuordnen.

(5) Das Gericht kann die Parteien für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen. Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen.

(6) Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten oder einen schriftlichen oder zu Protokoll der mündlichen Verhandlung erklärten Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz oder durch Erklärung zu Protokoll der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht annehmen. Das Gericht stellt das Zustandekommen und den Inhalt eines nach Satz 1 geschlossenen Vergleichs durch Beschluss fest. § 164 gilt entsprechend.

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Arbeitgeber und Betriebsrat haben darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden, insbesondere, dass jede Benachteiligung von Personen aus Gründen ihrer Rasse oder wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihrer Abstammung oder sonstigen Herkunft, ihrer Nationalität, ihrer Religion oder Weltanschauung, ihrer Behinderung, ihres Alters, ihrer politischen oder gewerkschaftlichen Betätigung oder Einstellung oder wegen ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität unterbleibt.

(2) Arbeitgeber und Betriebsrat haben die freie Entfaltung der Persönlichkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern. Sie haben die Selbständigkeit und Eigeninitiative der Arbeitnehmer und Arbeitsgruppen zu fördern.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 7. Dezember 2012 - 12 Sa 119/12 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Zinsen auf den Betrag iHv. 800,00 Euro seit dem 5. Dezember 2011 und auf den Betrag iHv. 600,00 Euro seit dem 15. Februar 2012 zu zahlen sind.

Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Zahlung einer Treueprämie.

2

Die Beklagte vertrieb ihre Ware teilweise über einen Frischdienst. Der Kläger war bei ihr seit dem 18. September 2006 als Frischdienstverkäufer aufgrund mehrerer befristeter Arbeitsverträge beschäftigt. Der vorletzte Vertrag war bis 31. März 2011 befristet. Im Januar 2011 beschloss die Beklagte, den Frischdienst zum 31. März 2012 zu schließen. Mit Schreiben vom 22. Februar 2011 bot sie dem Kläger an, ihn „bis zum Abschluss der Reorganisation des Außendienstes weiterhin befristet bis zum 31.03.2012“ zu beschäftigen. Der Kläger nahm das Angebot an.

3

Am 18. Juli 2011 schlossen die Beklagte und der in ihrem Unternehmen bestehende Gesamtbetriebsrat eine „Vereinbarung über einen Sozialplan“ (SP 2011). Diese lautet auszugsweise:

        

Präambel

        

Die Geschäftsleitung von I hat beschlossen, die Frischdienstorganisation mit Wirkung zum 31. März 2012 zu schließen. Dieser Sozialplan dient dem Ausgleich oder der Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die auf der Stilllegung der Frischdienstorganisation beruhen.

        

Die Betriebsparteien haben sich im Zuge der Betriebsänderung auf verschiedene Module auf Basis von 240 betroffenen Mitarbeitern geeinigt. Unter Berücksichtigung der verschiedenen Module wird auf Basis von 240 Mitarbeitern eine maximale Gesamtzahllast von 10,1 Mio. EUR inklusive einer Prämie nicht überschritten werden.

        

§ 1     

        

Geltungsbereich

        

1.    

Diese Vereinbarung findet auf alle Mitarbeiter im Sinne des § 5 Abs. 1 BetrVG Anwendung, die am 1. März 2011 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis standen und von der Stilllegung der Frischdienstorganisation zum 31. März 2012 betroffen sind.

        

2.    

Keinen Anspruch aus diesem Sozialplan haben Mitarbeiter,

                 

…       

        
                 

d)    

die lediglich ein befristetes Arbeitsverhältnis haben, sofern deren Arbeitsverhältnis nicht vorzeitig auf Veranlassung der Firma I betriebsbedingt beendet wird.

                 

…       

        
        

…       

                 
        

§ 2     

        

Abfindungen bei betriebsbedingtem

        

Arbeitsplatzverlust

        

1.    

Mitarbeiter, die betriebsbedingt auf Veranlassung des Arbeitgebers ihren Arbeitsplatz verlieren, haben einen Anspruch auf eine Abfindung, die nach folgender Formel berechnet wird:

                 

Betriebszugehörigkeit x Monatsentgelt x Faktor = Abfindung

                 

…       

        

…       

        
        

6.    

Eigenkündigungen und Aufhebungsvertrag

                 

Die Betriebsparteien haben das gemeinsame Verständnis, dass der Geschäftsbetrieb in der Frischdienstorganisation möglichst bis zum 31. März 2012 uneingeschränkt aufrecht erhalten werden soll.

                 

Mitarbeiter, die eine Eigenkündigung aussprechen, durch die das Arbeitsverhältnis vor dem 01. Januar 2012 beendet wird, oder mit denen auf deren Veranlassung ein Aufhebungsvertrag mit Wirkung vor dem 01. Januar 2012 geschlossen wird, erhalten keine Abfindung oder sonstige Sozialplanleistungen nach den vorstehenden Absätzen.

                 

Mitarbeiter, die eine Eigenkündigung aussprechen, die zwischen dem 01. Januar 2012 und dem 31. Januar 2012 wirksam wird, oder mit denen auf deren Veranlassung ein Aufhebungsvertrag mit Wirkung zwischen dem 01. Januar 2012 und dem 31. Januar 2012 geschlossen wird, erhalten eine Sozialplanabfindung in Höhe von 40 % der nach Ziffer 1 zu berechnenden Abfindung.

        

…       

        
        

§ 4     

        

Treueprämie und Urlaubssperre

        

1.    

I hat ein hohes Interesse an einer Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs der Frischdienstorganisation bis zum 31. März 2012 und lobt daher eine Treueprämie für den Zeitraum vom 01. August 2011 bis zum 31. März 2012 aus, die nach folgenden Bestimmungen an die Mitarbeiter ausbezahlt wird.

        

2.    

Jeder Mitarbeiter erhält zwischen dem 01. August 2011 und dem 30. November 2011 eine Treueprämie in Höhe von brutto EUR 200,00 (in Worten: Zweihundert Euro) für jeden Monat, in dem er in einem Vollzeit-Arbeitsverhältnis mit I steht.

        

3.    

Jeder Mitarbeiter erhält zwischen dem 01. Dezember 2011 und dem 31. März 2011 eine Treueprämie in Höhe von brutto EUR 300,00 (in Worten: Dreihundert Euro) für jeden Monat, in dem er in einem Vollzeit-Arbeitsverhältnis mit I steht.

        

…       

        
        

5.    

Die Betriebsparteien sind sich darüber einig, dass im Dezember wegen des in der Branche relevanten Weihnachtsgeschäfts eine Urlaubssperre greift. Mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht genommener Urlaub wird unter Beachtung der tarifvertraglichen und gesetzlichen Bestimmungen abgegolten.

        

…       

        
        

§ 6     

        

Aufstockung der Abfindung

        

1.    

Mitarbeiter, die …, erhalten von I zusätzlich zu ihrer Abfindung nach § 2 eine weitere Abfindung nach folgender Staffel:

                 

…“    

4

Mit seiner Anfang Dezember 2011 erhobenen Klage und deren späteren Erweiterungen hat der Kläger die Zahlung der Treueprämie nach § 4 Nr. 1 bis 3 SP 2011 für die Zeit vom 1. August 2011 bis 31. März 2012 iHv. insgesamt 2.000,00 Euro geltend gemacht. Er hat gemeint, als befristet Beschäftigter werde er ungerechtfertigt benachteiligt, wenn er keine Treueprämie beanspruchen könne, obwohl er bis 31. März 2012 für die Beklagte gearbeitet habe.

5

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.000,00 Euro zuzüglich 5 % Zinspunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat angenommen, der Kläger unterfalle nicht dem Geltungsbereich des SP 2011 und könne daher auch die darin ausgelobte Treueprämie nicht verlangen. Eine Benachteiligung befristet Beschäftigter liege hierin nicht. Die Treueprämie habe die Abfindungszahlung zum Ausgleich der wirtschaftlichen Nachteile ergänzen sollen. Solche erleide der Kläger nicht, da sein Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung am 31. März 2012 geendet habe.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen; das Landesarbeitsgericht hat ihr auf die Berufung des Klägers stattgegeben. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet.

9

I. Die Revision ist zulässig, insbesondere genügt sie den Anforderungen des § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO an ihre Begründung. Entgegen der Auffassung des Klägers setzt sie sich inhaltlich hinreichend mit den Erwägungen des Landesarbeitsgerichts auseinander.

10

II. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung der Treueprämie für den Zeitraum 1. August 2011 bis 31. März 2012 iHv. 2.000,00 Euro. Der Anspruch folgt aus § 4 Nr. 2 und 3 SP 2011. Der Kläger unterfällt dem Geltungsbereich des SP 2011 nach dessen § 1 Nr. 1. Sein Anspruch scheitert nicht an dem in § 1 Nr. 2 Buchst. d) SP 2011 geregelten Anspruchsausschluss. Dieser umfasst nicht die Auslobung der Treueprämie, bei der es sich nicht um eine Sozialplanleistung zum Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile infolge eines Arbeitsplatzverlustes handelt. Dem Anspruch steht nicht entgegen, dass der die Treueprämie in seinem § 4 Nr. 1 bis 4 regelnde SP 2011 vom Gesamtbetriebsrat abgeschlossen worden ist.

11

1. Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen des § 1 Nr. 1 SP 2011. Er stand am 1. März 2011 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis. Er ist iSv. § 1 Nr. 1 SP 2011 von der Stilllegung der Frischdienstorganisation zum 31. März 2012 „betroffen“. Nach der gemäß § 559 Abs. 1 ZPO bindenden und von der Beklagten nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellung des Landesarbeitsgerichts hat der Kläger das Angebot der Beklagten angenommen, ihn „bis zum Abschluss der Reorganisation des Außendienstes weiterhin befristet bis zum 31.03.2012“ zu beschäftigen. Die Befristungsabrede nach Grund und Dauer beruht damit auf dem Umstand, dass der Frischdienst zum 31. März 2012 geschlossen wurde.

12

2. Unstreitig erfüllt der Kläger auch die tatsächlichen Voraussetzungen für den Erhalt der Treueprämie nach § 4 Nr. 2 und 3 SP 2011. Er stand bis zum 31. März 2012 in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten. Dass es sich um kein „Vollzeit-Arbeitsverhältnis“ gehandelt hätte, hat die Beklagte nicht eingewandt. Gemäß § 4 Nr. 2 SP 2011 kann er damit die Zahlung einer Treueprämie für den Zeitraum 1. August 2011 bis 30. November 2011 iHv. 800,00 Euro und gemäß § 4 Nr. 3 SP 2011 für den Zeitraum 1. Dezember 2011 bis 31. März 2012 iHv. 1.200,00 Euro - insgesamt 2.000,00 Euro - verlangen.

13

3. Der Anspruch auf Treueprämie ist nicht nach § 1 Nr. 2 Buchst. d) SP 2011 ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift haben Mitarbeiter keinen Anspruch aus dem Sozialplan, die lediglich ein befristetes Arbeitsverhältnis haben, sofern deren Arbeitsverhältnis nicht vorzeitig auf Veranlassung der Beklagten betriebsbedingt beendet wird. Der Kläger ist ein solcher Mitarbeiter. Sein Arbeitsverhältnis war befristet; es hat nicht vor Ablauf der Befristung betriebsbedingt auf Veranlassung der Beklagten geendet. Der Anspruchsausschluss des § 1 Nr. 2 Buchst. d) SP 2011 bezieht sich aber nicht auf die Auslobung der Treueprämie nach § 4 Nr. 1 bis 4 SP 2011.

14

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind Sozialpläne als Betriebsvereinbarungen eigener Art wegen ihrer normativen Wirkungen (§ 77 Abs. 4 Satz 1, § 112 Abs. 1 Satz 3 BetrVG) wie Tarifverträge auszulegen. Ausgehend vom Wortlaut und dem durch ihn vermittelten Wortsinn kommt es auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Bestimmung an. Darüber hinaus sind Sinn und Zweck der Regelung von besonderer Bedeutung. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Regelung führt (BAG 15. Oktober 2013 - 1 AZR 544/12 - Rn. 12 mwN).

15

b) Danach regelt § 1 Nr. 2 Buchst. d) SP 2011 für die dort näher benannten Mitarbeiter keinen Ausschluss des Anspruchs auf Treueprämie nach § 4 Nr. 1 bis 4 SP 2011.

16

aa) Der Wortlaut und der durch ihn vermittelte Wortsinn gebieten kein bestimmtes Verständnis. Einerseits sind die Formulierungen bei den Bestimmungen zum Geltungsbereich und zum Anspruchsausschluss im SP 2011 zwar unterschiedlich. In § 1 Nr. 1 SP 2011 ist festgelegt, auf wen „diese Vereinbarung“ Anwendung findet; in § 1 Nr. 2 Eingangssatz SP 2011 ist geregelt, wer keinen Anspruch aus „diesem Sozialplan“ hat. Das könnte darauf deuten, dass sich der Anspruchsausschluss nicht auf alle in der „Vereinbarung“ festgelegten Leistungen bezieht. Jedenfalls schließt der Wortlaut des § 1 Nr. 2 SP 2011 ein solches Verständnis nicht aus. Andererseits deutet aber die Bezeichnung des Gesamtregelwerks als Abschluss einer „Vereinbarung über einen Sozialplan“ darauf, den Begriffen „Vereinbarung“ und „Sozialplan“ inhaltlich keinen Unterschied beimessen zu müssen.

17

bb) Ein Normverständnis von § 1 Nr. 2 Buchst. d) SP 2011 dahin, dass er die Treueprämie des § 4 Nr. 1 bis 4 SP 2011 nicht erfasst, entspricht jedoch dem im Gesamtzusammenhang des SP 2011 vermittelten Regelungszweck.

18

(1) Die in § 4 SP 2011 nach Maßgabe der folgenden Nummern ausgelobte Treueprämie ist keine Sozialplanleistung, sondern eine von den Betriebsparteien zusätzlich vereinbarte (freiwillige) Leistung. Zweck von Sozialplanleistungen ist es, die durch eine Betriebsänderung entstehenden künftigen wirtschaftlichen Nachteile auszugleichen oder abzumildern (vgl. § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG). Einem solchen Nachteilsausgleich dient die Treueprämie nicht. Es ist nicht ersichtlich, welche wirtschaftlichen Nachteile von der Betriebsänderung betroffene Arbeitnehmer dadurch erleiden sollen, dass sie möglichst nicht vor dem 31. März 2012 ausscheiden. Außerdem ergibt sich aus § 4 Abs. 1 SP 2011 ausdrücklich, dass die Treueprämie den Zweck hat, den Geschäftsbetrieb der Frischdienstorganisation bis zum 31. März 2012 aufrechtzuerhalten. Mit ihr ist ein Anreiz für die von der Schließung der Frischdienstorganisation betroffenen Arbeitnehmer geregelt, das Arbeitsverhältnis möglichst nicht vor der Stilllegung des Frischdienstes zu beenden. Das dient allein dem - auch in § 2 Satz 1 SP 2011 niedergelegten - betrieblichen Interesse der Beklagten.

19

(2) Für die von der Beklagten vertretene Ansicht, die Treueprämie ergänze lediglich die Abfindungsregelungen, finden sich im SP 2011 keine Anhaltspunkte.

20

(a) Dagegen spricht der systematische Zusammenhang des SP 2011. Dieser legt nach seinem § 2 unter der Überschrift „Abfindungen bei betriebsbedingtem Arbeitsplatzverlust“ und nach seinem § 4 unter der Überschrift „Treueprämie und Urlaubssperre“ verschiedene Leistungen fest, ohne dass die Bestimmungen aufeinander Bezug nehmen. Bei anderen Bestimmungen haben die Betriebsparteien ihren Regelungswillen zur Ergänzung des Abfindungsanspruchs hingegen ausdrücklich kenntlich gemacht, vgl. § 6 SP 2011. Auch die im systematischen Regelungszusammenhang stehende Norm des § 4 Nr. 5 SP 2011 zur Urlaubssperre - von der bis zum 31. März 2012 im Arbeitsverhältnis stehende Arbeitnehmer offensichtlich unabhängig von einem Abfindungsanspruch nach dem SP 2011 betroffen sein sollten - belegt, dass in § 4 SP 2011 insgesamt keine Kompensation wirtschaftlicher Nachteile festgelegt ist. Es drängt sich auch nicht auf, dass die Betriebsparteien mit der Regelung einer sozialversicherungsbeitragspflichtigen Leistung wie der Treueprämie die in der Sozialversicherung beitragsfreie Abfindung „aufstocken“ wollten.

21

(b) Ein Verständnis der Treueprämie als Abfindungserhöhung oder -ergänzung führte außerdem nicht zu einem gesetzeskonformen Ergebnis. Betriebliche Interessen, die personelle Zusammensetzung der Belegschaft bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu sichern, sind grundsätzlich nicht geeignet, Differenzierungen bei der Höhe von Sozialplanabfindungen zu rechtfertigen (vgl. BAG 6. November 2007 - 1 AZR 960/06 - Rn. 19 mwN, BAGE 124, 335). Ihnen kann nur durch andere zusätzliche Leistungen im Rahmen freiwilliger Betriebsvereinbarungen Rechnung getragen werden (vgl. zu einer Bleibeprämie Fitting BetrVG 27. Aufl. §§ 112, 112a Rn. 169 mwN). Um eine solche freiwillige Regelung handelt es sich bei § 4 Nr. 1 bis 4 SP 2011.

22

(3) Ist die im SP 2011 geregelte Treueprämie damit keine Sozialplanleistung, bietet es sich an, sie nicht als von § 1 Nr. 2 Buchst. d) SP 2011, der einen Anspruch aus diesem „Sozialplan“ ausschließt, erfasst anzusehen.

23

cc) Dieses Verständnis von § 1 Nr. 2 Buchst. d) SP 2011 ist vor allem nach dem Grundsatz der gesetzeskonformen Auslegung auch geboten. Eine Regelung, nach der von der Betriebsänderung betroffene Arbeitnehmer nur deshalb von einer Treueprämie nach § 4 Nr. 1 bis 4 SP 2011 ausgeschlossen sind, weil sie lediglich in einem befristeten Arbeitsverhältnis stehen, das nicht vorzeitig auf Veranlassung der Beklagten betriebsbedingt beendet wird, wäre mit dem von den Betriebsparteien bei Sozialplänen ebenso wie bei - und sei es freiwilligen - Betriebsvereinbarungen zu beachtenden betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 Abs. 1 BetrVG und damit auch dem Differenzierungsverbot des § 4 Abs. 2 TzBfG unvereinbar.

24

(1) Der auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zurückzuführende betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz zielt darauf ab, eine Gleichstellung von Personen in vergleichbarer Lage sicherzustellen und eine gleichheitswidrige Gruppenbildung auszuschließen. Maßgeblicher Sachgrund für eine Gruppenbildung ist vor allem der mit der jeweiligen Regelung verfolgte Zweck (BAG 18. Mai 2010 - 1 AZR 187/09 - Rn. 15).

25

(2) Entfiele der Anspruch auf Treueprämie nach § 4 Nr. 1 bis 4 SP 2011 in den Fällen des § 1 Nr. 2 Buchst. d) SP 2011, läge eine gleichheitswidrige, sachlich nicht zu rechtfertigende Gruppenbildung vor. Es würde bei den von der Stilllegung des Frischdienstes betroffenen Arbeitnehmern unterschieden zwischen denjenigen, die in unbefristeten - oder auf Veranlassung der Beklagten betriebsbedingt vorzeitig beendeten befristeten - Arbeitsverhältnissen stehen, und denjenigen, deren befristetes Arbeitsverhältnis (spätestens) am 31. März 2012 endet. Der mit § 4 Nr. 1 bis 4 SP 2011 verfolgte Zweck rechtfertigte diese Gruppenbildung nicht. Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis aufgrund Fristablaufs am 31. März 2012 (oder zu einem früheren Zeitpunkt) endet, tragen bei Erfüllung der weiteren Voraussetzungen für die Zahlung der Treueprämie in gleicher Weise zu der allein im Interesse der Beklagten liegenden Aufrechterhaltung des Frischdienstes bei wie die anderen Arbeitnehmer. Die unterschiedliche Behandlung wäre auch nicht im Hinblick auf ein von der Beklagten angeführtes typischerweise höheres Abwanderungsrisiko bei unbefristet bzw. über den Stilllegungszeitpunkt hinaus befristet beschäftigten Arbeitnehmern wegen deren kürzeren Planungshorizontes gerechtfertigt. Für die pauschalierend-typisierte Annahme eines solchen höheren Risikos ist nichts ersichtlich. Diejenigen von der Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer, deren befristetes Arbeitsverhältnis - wie beim Kläger - am 31. März 2012 aufgrund Fristablaufs endet, sind ebenso wie unbefristet oder über den 31. März 2012 befristet Beschäftigte gehalten, sich um ein Arbeitsverhältnis bei einem anderen Arbeitgeber zu bemühen. Ob sie ein solches noch vor der Stilllegung des Frischdienstes eingehen, hängt nicht von kürzeren oder längeren Planungshorizonten ab, sondern vor allem davon, zu welchen arbeitsvertraglichen Bedingungen ihnen eine neue Beschäftigung angeboten wird. Dem Ausgleich eben jener „Attraktivität“ eines vor dem 31. März 2012 eingegangenen neuen Arbeitsverhältnisses dient die Treueprämie. Sie will „Abwanderungsbestrebungen“ bremsen und bezweckt das „Halten“ der Belegschaft bis zur Beendigung der Frischdienstorganisation. Zu dieser Belegschaft gehören auch Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis - wie beim Kläger - durch Fristablauf am 31. März 2012 endet.

26

(3) Es stellte zugleich einen Verstoß gegen § 4 Abs. 2 TzBfG dar, wenn befristet beschäftigten Arbeitnehmern iSv. § 1 Nr. 2 Buchst. d) SP 2011 Ansprüche auf Zahlung einer Treueprämie nach § 4 Nr. 1 bis 4 SP 2011 vorenthalten blieben. Bei einem solchen Verständnis von § 1 Nr. 2 Buchst. d) SP 2011 bewirkte der Anspruchsausschluss, dass ein befristet beschäftigter Arbeitnehmer wegen der Befristung schlechter behandelt würde als ein iSd. § 3 Abs. 2 TzBfG vergleichbarer unbefristet beschäftigter Arbeitnehmer. Ein sachlicher Rechtfertigungsgrund für die Ungleichbehandlung läge nicht vor. Es würden die gleichen Maßstäbe wie bei dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gelten (vgl. [zu § 4 Abs. 1 Satz 1 TzBfG] BAG 22. September 2009 - 1 AZR 316/08 - Rn. 26, BAGE 132, 132).

27

4. Entgegen der Ansicht der Revision ist der aus § 4 Nr. 2 und 3 SP 2011 folgende Anspruch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Treueprämie von dem nach § 50 BetrVG nicht zuständigen Gesamtbetriebsrat vereinbart worden ist. Die Treueprämienregelung ist nach § 88 BetrVG nur freiwillig möglich. Erzwingbar ist sie nicht. Sie beschränkt nicht die betriebsverfassungsrechtlichen Handlungsmöglichkeiten der örtlichen Betriebsräte. Sie begründet aber normative Ansprüche zugunsten von Arbeitnehmern typischerweise für den Fall, dass eine Regelung auf betrieblicher Ebene unterbleibt (vgl. zu einem vom Gesamtbetriebsrat geschlossenen vorsorglichen Sozialplan BAG 17. April 2012 - 1 AZR 119/11 - Rn. 23 mwN, BAGE 141, 101). Dass eine die freiwillige Gesamtbetriebsvereinbarung des § 4 Nr. 1 bis 4 SP 2011 verdrängende Betriebsvereinbarung über die Ausgestaltung von Treueprämien abgeschlossen worden ist, hat die Beklagte nicht behauptet.

28

III. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Prozesszinsen ist nach §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2, § 187 Abs. 1 BGB begründet, allerdings hinsichtlich der die Klage umfassenden Treueprämie für die Monate August bis November 2011 (800,00 Euro) ab 5. Dezember 2011 und hinsichtlich der die Klageerweiterung umfassenden Treueprämie für die Monate Dezember 2011 und Januar 2012 (600,00 Euro) ab 15. Februar 2012. Die Verzinsungspflicht beginnt ab dem auf den Zustellungstag folgenden Tag (vgl. BAG 23. März 2011 - 5 AZR 153/10 - Rn. 25 mwN). Bei der Treueprämie für die Monate Februar und März 2012 (600,00 Euro) folgt der Zinsanspruch aus § 291 Satz 1 Halbs. 2, § 614 Satz 2 BGB, weil insoweit die Fälligkeit erst nach Rechtshängigkeit der am 14. Februar 2012 und am 13. März 2012 zugestellten Klageerweiterungen eingetreten ist. Der Kläger meint mit „Zinspunkte“ ersichtlich „Prozentpunkte“.

        

    Schmidt    

        

    Koch    

        

    K. Schmidt    

        

        

        

    Benrath    

        

    Sibylle Spoo    

                 

(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt für eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan). Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. § 77 Abs. 3 ist auf den Sozialplan nicht anzuwenden.

(2) Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen, der Vorstand kann die Aufgabe auf andere Bedienstete der Bundesagentur für Arbeit übertragen. Erfolgt kein Vermittlungsersuchen oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Auf Ersuchen des Vorsitzenden der Einigungsstelle nimmt ein Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit oder ein vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit benannter Bediensteter der Bundesagentur für Arbeit an der Verhandlung teil.

(3) Unternehmer und Betriebsrat sollen der Einigungsstelle Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten über den Interessenausgleich und den Sozialplan machen. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, so ist sie schriftlich niederzulegen und von den Parteien und vom Vorsitzenden zu unterschreiben.

(4) Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(5) Die Einigungsstelle hat bei ihrer Entscheidung nach Absatz 4 sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Dabei hat die Einigungsstelle sich im Rahmen billigen Ermessens insbesondere von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:

1.
Sie soll beim Ausgleich oder bei der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, insbesondere durch Einkommensminderung, Wegfall von Sonderleistungen oder Verlust von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, Umzugskosten oder erhöhte Fahrtkosten, Leistungen vorsehen, die in der Regel den Gegebenheiten des Einzelfalles Rechnung tragen.
2.
Sie hat die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Sie soll Arbeitnehmer von Leistungen ausschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen; die mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort begründet für sich allein nicht die Unzumutbarkeit.
2a.
Sie soll insbesondere die im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen.
3.
Sie hat bei der Bemessung des Gesamtbetrages der Sozialplanleistungen darauf zu achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 17. Januar 2013 - 16 Sa 1889/11 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Ansprüche aus einer freiwilligen Betriebsvereinbarung.

2

Die Klägerin war vom 11. Oktober 1990 bis zum 31. Januar 2011 bei der Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerin als Sachbearbeiterin zuletzt im Vertriebsinnendienst (VID) beschäftigt. Seit 1998 war sie Mitglied des Betriebsrats. Anlässlich von Rationalisierungsentscheidungen ua. zur Schließung des VID zum 31. Oktober 2010 und einem damit verbundenen Wegfall von Arbeitsplätzen schlossen die Betriebsparteien am 9. Juni 2010 einen Interessenausgleich, einen Sozialplan und eine freiwillige Betriebsvereinbarung.

3

Der Sozialplan (SP) enthält ua. folgende Regelungen:

        

㤠3 Abfindungen

        

Wenn das Arbeitsverhältnis aus den im Interessenausgleich vom 09.06.2010 beschriebenen betriebsbedingten Gründen durch Aufhebungsvertrag oder durch arbeitgeberseitige betriebsbedingte Kündigung nach Abschluss dieses Sozialplans beendet wird, wird eine Abfindung ohne Anwendung der Höchstgrenzen gem. KSchG gezahlt.

        

…       

        

§ 9 Anspruch bei Klageerhebung

        

Erheben Beschäftigte Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung bzw. auf das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses, so ruhen die Ansprüche aus diesem Sozialplan bis zum rechtskräftigen Abschluss des Gerichtsverfahrens. Eine eventuelle gerichtlich zugesprochene Abfindung wird auf Leistungen aus dem Sozialplan angerechnet.“

4

Die freiwillige Betriebsvereinbarung (BV) bestimmt ua.:

        

„Die Betriebsparteien haben am 09.06.2010 einen Interessenausgleich und Sozialplan abgeschlossen.

        

…       

        

I.      

Durch diese freiwillige Betriebsvereinbarung sagt die Gesellschaft zur Erlangung alsbaldiger Planungssicherheit denjenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die von den im Interessenausgleich vom 09.06.2010 aufgeführten Maßnahmen betroffen sind und die unter den Geltungsbereich des Sozialplanes vom 09.06.2010 fallen, zusätzlich zu den Leistungen des Sozialplans vom 09.06.2010 nachfolgende weitere Leistungen zu:

        

1.    

Mitarbeiter/-innen, die von den im Interessenausgleich vom 09.06.2010 beschriebenen Maßnahmen mittelbar oder unmittelbar betroffen sind, haben nach Erhalt einer betriebsbedingten Kündigung Anspruch auf eine Erhöhung der Gesamtabfindung nach dem Sozialplan vom 09.06.2010, sofern sie keine Kündigungsschutzklage erheben:

        

a)    

in Höhe einer zusätzlichen Abfindung nach der folgenden Regelung:

                 

Bruttomonatsentgelt x 10 % x Beschäftigungsjahre

                 

(…)     

        

b)    

in Höhe eines zusätzlichen tariflichen Bruttomonatsentgelts gemäß der zu diesem Zeitpunkt geltenden Entgelttabelle des Entgelttarifvertrages für die Beschäftigten in der obst-, gemüse- und kartoffelverarbeitenden Industrie NRW für den Fall, dass aufgrund des Umstandes, dass der/die Mitarbeiter/-in sich zum Stichtag 1.12.2010 nicht in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befindet und damit kein Anspruch auf die tarifliche Jahressonderzuwendung für die Beschäftigten in der obst-, gemüse- und kartoffelverarbeitenden Industrie NRW gegeben ist.

        

c)    

Tariflich eingruppierte Mitarbeiter/-innen erhalten darüber hinaus eine weitere, zusätzliche Abfindung in Höhe 500,-- EUR brutto für jeden angefangenen Monat ab Zugang des Kündigungsschreibens bzw. nach Abschluss eines Aufhebungsvertrages bis zum Zeitpunkt der Abteilungsschließung bzw. falls eine Freistellung zu einem früheren Termin erfolgt, bis zu dem Freistellungszeitpunkt. Dies gilt auch für Zeiten, in denen bezahlter Urlaub genehmigt oder genommen wird, eine Arbeitsunfähigkeit welche durch einen Arbeitsunfall verursacht wurde, jedoch nicht im Falle von arbeitsunfähigkeitsbedingtem Arbeitsausfall von mehr als 3 Tagen, es sei denn, die Arbeitsunfähigkeit wird von einem Vertrauensarzt der Krankenkasse des Mitarbeiters/der Mitarbeiterin schriftlich bestätigt.

        

d)    

AT-Mitarbeiter/-innen …

        

e)    

Mitarbeiter/-innen mit einer Betriebszugehörigkeit von mehr als 5 Jahren erhalten eine zusätzliche Abfindung in Höhe von 1.000,-- EUR und Mitarbeiter/-innen mit einer Betriebszugehörigkeit von mehr als 15 Jahren erhalten eine zusätzliche Abfindung von 2.000,-- EUR. …

        

2.    

Diese Ansprüche haben auch betroffene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nach Abschluss dieser Vereinbarung eine Aufhebungsvereinbarung unterzeichnen und von den im Interessenausgleich beschriebenen Maßnahmen betroffen sind.

        

3.    

Die zusätzliche Abfindung wird aus Anlass des Verlustes des Arbeitsplatzes zusammen mit der Abfindung aus dem Sozialplan gezahlt, wobei es sich um eine Bruttoabfindung handelt.

        

…       

        
        

5.    

Im Übrigen gelten die Regelungen des Sozialplans entsprechend.

        

6.    

Die Parteien sind darüber einig, dass es sich bei vorstehenden Leistungen um freiwillige Leistungen der Gesellschaft handelt, die über die Sozialplanleistungen hinaus gewährt werden und das Volumen des Sozialplans nicht tangieren.“

5

Mit Schreiben vom 15. Juli 2010 kündigte die Rechtsvorgängerin der Beklagten das Arbeitsverhältnis der Klägerin ordentlich zum 31. Januar 2011. Zugleich bot sie der Klägerin an, es ab dem 1. Februar 2011 unter Änderung der Arbeitsbedingungen fortzusetzen. Die Klägerin nahm das Änderungsangebot mit Schreiben vom 26. Juli 2010 unter Vorbehalt an und wandte sich mit einer beim Arbeitsgericht Gelsenkirchen erhobenen Klage gegen die Änderung ihrer Arbeitsbedingungen. In dem Rechtsstreit schlossen die Klägerin und die Rechtsvorgängerin der Beklagten am 26. August 2010 einen Vergleich mit ua. folgenden Inhalt:

        

„1.     

Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen durch eine ordentliche, fristgerechte Kündigung der Beklagten vom 15.07.2010 mit Ablauf des 31.01.2011 wegen Schließung eines Betriebsteils, der der Klägerin kein adäquater Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt werden konnte, aufgelöst wird.

        

2.    

Als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes und des damit verbundenen sozialen Besitzstandes zahlt die Beklagte an die Klägerin eine Abfindung gemäß §§ 9, 10 KSchG in Höhe von 62.000,00 Euro. … Die Zahlung der Abfindung erfolgt unter Anrechnung auf die Sozialplanabfindung des Sozialplans vom 09.06.2010.“

6

Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 29. April 2011 verlangte die Klägerin unter Fristsetzung bis zum 31. Mai 2011 ohne Erfolg eine Erhöhung der Gesamtabfindung nach der BV gem. ihrer Nr. I.1. Buchst. a, b, c und e iHv. insgesamt 12.767,00 Euro.

7

Die Klägerin hat erstinstanzlich allein die Auffassung vertreten, der Ausschluss von den Leistungen der BV nach deren Nr. I.1. benachteilige sie aufgrund ihres Betriebsratsmandats, dessentwegen sie zur Vermeidung sozialversicherungsrechtlicher Nachteile zur Erhebung einer Änderungsschutzklage gezwungen gewesen sei. Außerdem sei Nr. I.1. BV gleichheitswidrig und verstoße gegen das Maßregelungsverbot. In der Berufungsinstanz hat sie zuletzt auch gemeint, sie unterfalle - anders als vom Arbeitsgericht angenommen - entweder nach Nr. I.1. oder nach Nr. I.2. der BV unmittelbar deren Geltungsbereich.

8

Die Klägerin hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 12.767,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2011 zu zahlen.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin blieb erfolglos. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsantrag weiter, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision begehrt.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die streitbefangene Zahlung. Ein solcher folgt weder unmittelbar aus der freiwilligen Betriebsvereinbarung noch aus dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz oder einem Verstoß gegen das Maßregelungsverbot. Das haben die Vorinstanzen zutreffend erkannt.

12

I. Die beschränkt eingelegte Revision der Klägerin ist zulässig.

13

1. Die Revision erfasst nicht den Lebenssachverhalt, der einer Anspruchsprüfung wegen einer zunächst vorgebrachten Benachteiligung aufgrund des Betriebsratsmandats zugrunde liegt. Die Beschränkung ergibt sich daraus, dass die Klägerin aus dem eigenständigen Klagegrund eines Verstoßes gegen § 78 Satz 2 BetrVG in der Revisionsinstanz keinen Anspruch mehr ableitet. Das hat sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich klargestellt.

14

2. Im Umfang ihrer Einlegung begegnen der Revision keine Zulässigkeitsbedenken. Insbesondere ist sie entgegen der Ansicht der Beklagten ordnungsgemäß begründet.

15

a) Nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO iVm. § 72 Abs. 5 ArbGG gehört zum notwendigen Inhalt der Revisionsbegründung die Angabe der Revisionsgründe. Bei einer Sachrüge sind nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO die Umstände zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergeben soll. Dabei muss die Revisionsbegründung den Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des revisionsrechtlichen Angriffs erkennbar sind. Das erfordert eine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung. Der Revisionsführer muss darlegen, warum er die Begründung des Berufungsgerichts für unrichtig hält (vgl. BAG 28. Mai 2014 - 7 AZR 404/12 - Rn. 13). Die bloße Wiedergabe des bisherigen Vorbringens genügt hierfür nicht (vgl. BAG 20. Juni 2013 - 8 AZR 482/12 - Rn. 20). Betrifft die angegriffene Entscheidung mehrere Streitgegenstände iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, muss für jeden eine solche Begründung gegeben werden. Fehlt sie zu einem, ist das Rechtsmittel insoweit unzulässig (vgl. BAG 27. Juli 2010 - 1 AZR 186/09 - Rn. 13).

16

b) Nach diesen Grundsätzen ist die Revision ausreichend begründet. Soweit von Bedeutung, hat die Klägerin ihre Forderung zuletzt darauf gestützt, sie erfülle die Anspruchsvoraussetzungen nach Nr. I.1. oder Nr. I.2. BV; jedenfalls aber könne sie die Leistungen nach der BV wegen eines Verstoßes gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz und das Maßregelungsverbot beanspruchen. Diese zusammentreffenden Ansprüche sind nach ihrer Tatsachengrundlage - dem von der Klägerin vorzutragenden Lebenssachverhalt - unterschiedlich ausgestaltet. Entsprechend hat das Landesarbeitsgericht über mehrere selbständige Streitgegenstände entschieden. Zu diesen legt die Revision konkret dar, aus welchen Gründen das angefochtene Urteil rechtsfehlerhaft sein soll. Zwar wiederholt die Klägerin dabei (auch) ihren Vortrag aus den Vorinstanzen zT wörtlich. Darüber hinaus setzt sie sich aber eigenständig mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts zur Abweisung eines unmittelbar aus der BV folgenden Anspruchs auseinander, indem sie ua. auf die Auslegung von Nr. I.2. BV eingeht, und wendet sich zudem ausdrücklich gegen die - knappe - Begründung des Landesarbeitsgerichts zur Vereinbarkeit der BV mit dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. In diesem Zusammenhang geht die Klägerin auch auf das Maßregelungsverbot des § 612a BGB ein. Das befasst sich mit der Abweisung der jeweils eigenständigen Klagegründe durch das Berufungsgericht in ausreichendem Maß. Von der Klägerin als Rechtsmittelführerin kann nicht mehr an Begründung verlangt werden, als vom Gericht selbst aufgewendet worden ist.

17

II. In der Sache hat die Revision keinen Erfolg.

18

1. Das folgt für den unmittelbar auf die BV gestützten Anspruch als eigenständigen Klagegrund allerdings nicht bereits daraus, dass die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts insoweit mangels einer den Anforderungen von § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 ArbGG entsprechenden Berufungsbegründung unzulässig war.

19

a) Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 ArbGG muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Die Berufungsbegründung muss deshalb auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein und sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen (vgl. BAG 18. Juli 2012 - 7 ABR 23/11 - Rn. 13). Bei verschiedenen Streitgegenständen gilt dies für jeden von ihnen gesondert (BAG 14. Dezember 2004 - 1 AZR 504/03 - zu I 1 der Gründe, BAGE 113, 121).

20

b) Diesen Anforderungen genügt die Berufungsbegründung nur teilweise. Sie wendet sich zwar gegen die klageabweisende Begründung des Arbeitsgerichts, wonach der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt sei. Mit der Begründung zur Abweisung eines unmittelbar aus der freiwilligen Betriebsvereinbarung folgenden Anspruchs setzt sie sich aber nicht auseinander.

21

c) Dies führt jedoch nicht zur teilweisen Unzulässigkeit der Berufung. Indem das Arbeitsgericht mit der Abweisung eines unmittelbar aus der freiwilligen Betriebsvereinbarung folgenden Anspruchs über den von der Klägerin in das Verfahren eingeführten Streitgegenstand hinausgegangen ist, hat es gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO verstoßen. Der Sache nach war die arbeitsgerichtliche Entscheidung über diesen Anspruch damit gegenstandslos.

22

aa) Nach § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist ein Gericht nicht befugt, abschlägig über einen Antrag zu entscheiden, den die Partei nicht gestellt hatte(vgl. BAG 28. Februar 2006 - 1 ABR 1/05 - Rn. 29, BAGE 117, 123). Ein in den Vorinstanzen erfolgter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist vom Revisionsgericht von Amts wegen zu beachten(vgl. BAG 28. Februar 2006 - 1 AZR 460/04 - Rn. 10, BAGE 117, 137).

23

bb) Das Arbeitsgericht hat mit der Abweisung eines unmittelbar aus der freiwilligen Betriebsvereinbarung folgenden Anspruchs über einen Streitgegenstand entschieden, den die Klägerin nicht zur Entscheidung gestellt hatte. Sie hatte erstinstanzlich nicht geltend gemacht, sie falle unter den Anwendungsbereich der BV. Der Verstoß gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO bewirkte, dass die Entscheidung des Arbeitsgerichts insoweit gegenstandlos war(vgl. zu dieser Rechtsfolge BAG 28. Februar 2006 - 1 ABR 1/05 - Rn. 29, BAGE 117, 123).

24

d) Allerdings hat die Klägerin ihre Klage in der Berufungsinstanz zuletzt um einen unmittelbar auf die BV gestützten Anspruch erweitert. Mit Schriftsatz vom 3. Juli 2012 hat sie vorgetragen, für den streitbefangenen Zahlungsanspruch „greife“ Nr. I.2. BV, alternativ folge der Anspruch aus Nr. I.1. BV. Das Landesarbeitsgericht hat über diesen Streitgegenstand sachlich entschieden und damit die Voraussetzungen einer Klageänderung in der Berufungsinstanz nach § 533 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG stillschweigend bejaht. Das ist in der Revisionsinstanz in entsprechender Anwendung des § 268 ZPO nicht mehr zu prüfen(vgl. BAG 19. Januar 2011 - 3 AZR 111/09 - Rn. 22).

25

2. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die von ihr begehrte Erhöhung der Abfindung nach Nr. I.1. Buchst. a, b, c und e der BV. Ein solcher folgt weder unmittelbar aus der BV noch aus dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 75 Abs. 1 BetrVG). Eine nach § 612a BGB unzulässige Maßregelung der Klägerin liegt nicht vor.

26

a) Die Klägerin erfüllt nicht die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Abfindungserhöhung nach der BV. Ihr Arbeitsverhältnis hat weder aufgrund einer betriebsbedingten Kündigung iSv. Nr. I.1. BV noch aufgrund einer Aufhebungsvereinbarung iSv. Nr. I.2. BV geendet.

27

aa) Betriebsvereinbarungen sind wegen ihres normativen Charakters wie Tarifverträge oder Gesetze auszulegen. Auszugehen ist danach vom Wortlaut der Bestimmung und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Bei unbestimmtem Wortsinn sind der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen verfolgte Zweck zu berücksichtigen, sofern und soweit sie im Text ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Regelungen sowie die von den Betriebsparteien praktizierte Handhabung der Betriebsvereinbarung. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Regelung führt (BAG 15. Oktober 2013 - 1 AZR 544/12 - Rn. 12).

28

bb) Danach genügt eine Kündigung zu Zwecken der Änderung von Arbeitsbedingungen nicht für die Entstehung eines Anspruchs auf zusätzliche Leistungen nach Nr. I.1. BV, wenn der Arbeitnehmer das Änderungsangebot annimmt.

29

(1) Bereits der Wortlaut von Nr. I.1. BV macht deutlich, unter „betriebsbedingter Kündigung“ nur eine solche einseitige Gestaltungserklärung des Arbeitgebers zu verstehen, die das Arbeitsverhältnis beendet und dessen Fortsetzung zu lediglich geänderten Arbeitsbedingungen ausschließt. Das bestätigt auch der Gesamtzusammenhang. Nach Nr. I.3. BV wird die „zusätzliche Abfindung aus Anlass des Verlustes des Arbeitsplatzes“ gezahlt. Auch verweist Nr. I.5. BV im Weiteren auf die entsprechenden Regelungen des Sozialplans, der ausweislich seines § 3 Satz 1 für die Zahlung einer Abfindung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangt und damit eine Fortsetzung zu geänderten Bedingungen nicht genügen lässt.

30

(2) Sinn und Zweck der Abfindungserhöhung stützen dieses Auslegungsergebnis. Die im Interessenausgleich und im Sozialplan vorgesehenen Maßnahmen betrafen den Abbau von Arbeitsplätzen. Mit zusätzlichen Abfindungen als Anreiz für den Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage sollte für die Arbeitgeberin Planungssicherheit über den Personalbestand geschaffen werden. Das bezieht sich vorliegend auf das Bestehen oder Nichtbestehen von Arbeitsverhältnissen.

31

(3) In der Änderungskündigung vom 15. Juli 2010 liegt damit kein „Erhalt einer betriebsbedingten Kündigung“ iSv. Nr. I.1. BV. Die Klägerin hat das Änderungsangebot der Rechtsvorgängerin der Beklagten - unter Vorbehalt - angenommen. Die Kündigungserklärung konnte das Arbeitsverhältnis dementsprechend nicht beenden, sondern allenfalls zu einer Änderung der Arbeitsbedingungen führen. Anders als die Klägerin meint, stellt auch der gerichtliche Vergleich vom 26. August 2010 keinen „Erhalt einer betriebsbedingten Kündigung“ dar. Zwar erzielten die Parteien nach Ziffer 1 des Vergleichs Einigkeit darüber, dass ihr Arbeitsverhältnis durch eine ordentliche, fristgerechte Kündigung vom 15. Juli 2010 mit Ablauf des 31. Januar 2011 wegen Schließung eines Betriebsteils aufgelöst wird. Die Anspruchsvoraussetzung von Nr. I.1. BV trat aber dadurch nicht nachträglich ein. Ziffer 1 des Vergleichs enthält vielmehr eine Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer Kündigung; er ist keine Kündigungserklärung.

32

cc) Auch die Voraussetzungen von Nr. I.2. BV liegen nicht vor. Es fehlt an einer Aufhebungsvereinbarung im Sinn dieser Bestimmung.

33

(1) Wie ihre Auslegung ergibt, erfasst Nr. I.2. BV nur solche Aufhebungsvereinbarungen, die nicht im Zusammenhang mit einer gerichtlichen Auseinandersetzung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder auch nur über die Änderung seines Inhalts im Zuge der Umsetzung der Betriebsänderung geschlossen worden sind.

34

(a) Der Wortlaut von Nr. I.2. BV knüpft an Nr. I.1. BV an. Nr. I.1. BV setzt (auch) voraus, dass der Arbeitnehmer nach Erhalt der betriebsbedingten Kündigung keine Kündigungsschutzklage erhebt. Nr. I.2. BV sieht „diese Ansprüche“ für „betroffene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nach Abschluss dieser Vereinbarung eine Aufhebungsvereinbarung unterzeichnen und von den im Interessenausgleich beschriebenen Maßnahmen betroffen sind“, vor. Das spricht dafür, in einer „Aufhebungsvereinbarung“ nach Nr. I.2. BV nur eine solche zu sehen, die ohne gerichtliche Auseinandersetzung über die Beendigung oder den Inhalt des Arbeitsverhältnisses geschlossen worden ist.

35

(b) Der Regelungszweck bestätigt dieses Normverständnis. Nach Nr. I. BV bezweckten die Betriebsparteien mit der Zusicherung zusätzlicher Leistungen die „Erlangung alsbaldiger Planungssicherheit“ im Interesse der Arbeitgeberin. Mit der Erhöhung der Gesamtabfindung nach dem Sozialplan sollte ein Anreiz dafür geschaffen werden, dass die von den Rationalisierungsmaßnahmen betroffenen Arbeitnehmer keine gerichtlichen Auseinandersetzungen über die Wirksamkeit von betriebsbedingten Kündigungen anstrengen (Nr. I.1. BV) oder freiwillig aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden (Nr. I.2. BV). Beides verschafft Klarheit über die Umsetzung der Rationalisierungsmaßnahmen. Wie sich in Nr. I.1. BV ausdrückt, dienten die zugesagten Leistungen vor allem der Vermeidung von Kündigungsschutzprozessen, die einerseits die Umsetzung der Betriebsänderung verzögern und ggf. insgesamt in Frage stellen können, und andererseits mit Aufwand an Zeit und Personal - etwa durch die gebotene Information des Prozessvertreters und die Sachbearbeitung in der Personalabteilung - einhergehen. Mag damit auch eine erst in einem Bestandsschutzprozess geschlossene Aufhebungsvereinbarung noch eine gewisse Planungssicherheit schaffen, so entsteht diese doch erst nach zusätzlichem Aufwand an Zeit, Personal und Kosten, der ohne Erhebung der Klage unterblieben wäre, und möglicherweise erst in einem Zeitpunkt, in dem die Klage die Umsetzung der Rationalisierungsmaßnahme bereits verzögert hat. Auch dies spricht dafür, als eine „Aufhebungsvereinbarung“ iSd. Nr. I.2. BV nur eine solche anzusehen, die unter dem Vorbehalt steht, dass sie keinen Zusammenhang mit einer gerichtlichen Auseinandersetzung aufweist.

36

(c) Schließlich gebietet der Gesamtzusammenhang ein Verständnis, dass eine im Zusammenhang mit einer gerichtlichen Auseinandersetzung über die Beendigung oder den Inhalt des Arbeitsverhältnisses geschlossene Aufhebungsvereinbarung die Anspruchsvoraussetzung nach Nr. I.2. BV nicht erfüllt. Die BV bezieht sich in ihrem Eingangssatz ua. auf den am selben Tag geschlossenen Sozialplan. § 3 Satz 1 SP stellt den Aufhebungsvertrag einer arbeitgeberseitigen betriebsbedingten Kündigung gleich. § 9 SP führt hinsichtlich des Ruhens von Ansprüchen aus dem Sozialplan bis zum rechtskräftigen Abschluss des Gerichtsverfahrens die Erhebung einer „Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung bzw. auf das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses“ an. Zu letzteren Klagen gehören Streitigkeiten über die Anfechtung eines Aufhebungsvertrags. Das spricht für eine Gleichstellung auch von Aufhebungsvereinbarungen iSv. Nr. I.2. BV mit betriebsbedingten Kündigungen iSv. Nr. I.1. BV. Nr. I.1. BV steht aber unter dem Vorbehalt, dass über die Rechtswirksamkeit der betriebsbedingten Kündigung keine gerichtliche Auseinandersetzung geführt wird. Nach dem eindeutigen Wortlaut von Nr. I.1. BV ist nur derjenige von der Betriebsänderung betroffene Mitarbeiter anspruchsberechtigt, der gegen die ihm gegenüber erklärte betriebsbedingte Kündigung keine Kündigungsschutzklage erhebt. Es wäre widersinnig, den Betriebsparteien zu unterstellen, sie hätten mit Nr. I.2. BV den Kreis der Anspruchsberechtigten der BV (wieder) auf diejenigen Mitarbeiter erstrecken wollen, die wegen der Erhebung einer Kündigungsschutzklage nach Nr. I.1. BV von den Ansprüchen ausdrücklich ausgenommen sind, sofern sich diese Mitarbeiter in einem Kündigungsschutzprozess auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses verständigen.

37

(2) Hiernach hat die Klägerin keine Aufhebungsvereinbarung iSd. Nr. I.2. BV geschlossen. Eine solche liegt entgegen der Ansicht der Revision auch nicht in Ziffer 1 des Vergleichs vom 26. August 2010. Die Einigung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist im Ergebnis einer gerichtlichen Auseinandersetzung über dessen Inhalt erzielt worden.

38

b) Ein Anspruch der Klägerin auf zusätzliche Leistungen gemäß Nr. I.1. Buchst. a, b, c und e BV folgt nicht aus dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 75 Abs. 1 BetrVG). Die Regelungen in Nr. I.1. und in Nr. I.2. BV, wonach Mitarbeiter, die von den im Interessenausgleich beschriebenen Maßnahmen mittelbar oder unmittelbar betroffen sind, nach Erhalt einer betriebsbedingten Kündigung Anspruch auf eine Erhöhung der Sozialplanabfindung haben, sofern sie keine Kündigungsschutzklage erheben, oder wenn sie nach Abschluss der BV eine Aufhebungsvereinbarung unterzeichnen und von den im Interessenausgleich beschriebenen Maßnahmen betroffen sind, verstoßen nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 75 Abs. 1 BetrVG).

39

aa) Leistungen in Sozialplänen iSv. § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG, die dem Ausgleich oder der Abmilderung der mit einer Betriebsänderung für die Arbeitnehmer verbundenen wirtschaftlichen Nachteile dienen, dürfen nicht vom Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage abhängig gemacht werden. Das folgt jedenfalls aus dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Macht ein Sozialplan den Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage zur Voraussetzung für den Anspruch auf die Sozialplanabfindung, erfolgt eine Gruppenbildung, welche die Anwendung des Gleichheitssatzes ermöglicht und gebietet. Die Arbeitnehmer, welche nicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichten, werden hinsichtlich der Sozialplanabfindung schlechter behandelt als diejenigen, die von der gerichtlichen Überprüfung der Wirksamkeit der Kündigung absehen. Diese Ungleichbehandlung ist nach Sinn und Zweck des Sozialplans sachlich nicht gerechtfertigt (BAG 31. Mai 2005 - 1 AZR 254/04 - zu II 1 der Gründe, BAGE 115, 68). Allerdings ist den Betriebsparteien nicht jegliche Regelung verboten, durch die im Falle einer Betriebsänderung für die Arbeitnehmer ein finanzieller Anreiz geschaffen werden soll, eine Kündigung zu akzeptieren (vgl. BAG 31. Mai 2005 - 1 AZR 254/04 - zu II 2 der Gründe, aaO) oder einen Aufhebungsvertrag zu schließen (vgl. hierzu BAG 18. Mai 2010 - 1 AZR 187/09 - Rn. 14 ff.). Jedenfalls dann, wenn die Betriebsparteien ihrer Pflicht zur Aufstellung eines Sozialplans nachgekommen sind, können sie freiwillig eine kollektivrechtliche Regelung treffen, die im Interesse des Arbeitgebers an alsbaldiger Planungssicherheit finanzielle Leistungen für den Fall vorsieht, dass der Arbeitnehmer von der Möglichkeit der Erhebung einer Kündigungsschutzklage keinen Gebrauch macht oder freiwillig aus dem Arbeitsverhältnis im Wege einer Aufhebungsvereinbarung ausscheidet. Das Verbot, Sozialplanabfindungen von einem Verzicht auf die Erhebung der Kündigungsschutzklage abhängig zu machen, darf dadurch aber nicht umgangen werden (BAG 31. Mai 2005 - 1 AZR 254/04 - zu II 2 der Gründe, aaO).

40

bb) Nach diesen Grundsätzen ist es im Streitfall nicht zu beanstanden, dass die Betriebsparteien die mit der BV zugesagten zusätzlichen Leistungen von dem Nichterheben einer Kündigungsschutzklage (Nr. I.1. BV) oder dem Unterzeichnen einer Aufhebungsvereinbarung nach Abschluss der BV (Nr. I.2. BV) abhängig gemacht haben.

41

(1) Die BV bezweckt - so verlautbart in ihrer Nr. I. - nicht den Ausgleich oder die Milderung der durch den geplanten Personalabbau entstehenden wirtschaftlichen Nachteile, sondern die Erlangung alsbaldiger Planungssicherheit. Die durch die Betriebsänderung den betroffenen Arbeitnehmern entstandenen Nachteile sind durch den Sozialplan vom 9. Juni 2010 angemessen ausgeglichen. Gegenteiliges hat die Klägerin nicht behauptet. Das in Nr. I.1. BV festgelegte Nichterheben einer Kündigungsschutzklage als Tatbestandsvoraussetzung für einen Anspruch auf die in der BV beschriebenen Zusatzleistungen dient den Interessen der Beklagten, einerseits alsbaldige Gewissheit über die Beendigung von Arbeitsverhältnissen der betroffenen Mitarbeiter zu erzielen und andererseits den mit Kündigungsschutzklagen verbundenen Aufwand und das jeweilige Prozessrisiko zu vermeiden. Die in Nr. I.2. BV bestimmte Verknüpfung der zusätzlichen Leistungen mit der Unterzeichnung einer Aufhebungsvereinbarung soll die Bereitschaft von Arbeitnehmern fördern, durch den Abschluss von Aufhebungsverträgen - außerhalb von gerichtlichen Auseinandersetzungen - einvernehmlich ihre Arbeitsverhältnisse zu beenden. Auch dies dient der Erlangung alsbaldiger Gewissheit darüber, wie viele und welche Arbeitnehmer ausscheiden. Erkennbar zu diesem Zweck war die Rechtsvorgängerin der Beklagten bereit, über ihre Verpflichtungen aus dem Sozialplan hinaus freiwillig weitere Leistungen zu erbringen.

42

(2) Dieser mit der BV verfolgte Zweck rechtfertigt die von den Betriebsparteien vorgenommene Gruppenbildung zwischen denjenigen Arbeitnehmern, die ihre Kündigung hinnehmen, und denjenigen, die sie zur gerichtlichen Überprüfung stellen. Zwar haben die Betriebsparteien die einzelnen Leistungen der BV - bis auf diejenige nach Nr. I.1. Buchst. a BV - an die Erfüllung weiterer Voraussetzungen geknüpft. Damit gehen aber lediglich weitere Gruppenbildungen einher, deren Wirksamkeit an den mit ihnen verfolgten Zwecken zu messen ist. Auf die Gruppenbildung bei der Festlegung des Geltungsbereichs hat das keinen Einfluss. Der hierin zum Ausdruck kommende Ausschluss von allen Leistungen der BV ist nicht am Zweck der jeweiligen Vergünstigung, sondern am Zweck des Ausschlusses zu messen.

43

c) Es kann dahinstehen, inwieweit ein von der Klägerin geltend gemachter Verstoß gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB und eine damit einhergehende Unwirksamkeit der BV ihr eine eigenständige Anspruchsgrundlage für die streitgegenständlichen Forderungen verschaffen könnte. Die BV beachtet das Maßregelungsverbot des § 612a BGB.

44

aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts können die Betriebsparteien in einer freiwilligen Betriebsvereinbarung den Arbeitgeber verpflichten, den Arbeitnehmern für den Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage eine Abfindung zu zahlen. Das gilt jedenfalls dann, wenn dem Arbeitnehmer nach Ausspruch der Kündigung die freie Wahl bleibt, ob er sich für die ausgelobte Abfindung oder die Durchführung eines Klageverfahrens entscheidet (BAG 31. Mai 2005 - 1 AZR 254/04 - zu II 2 der Gründe, BAGE 115, 68).

45

bb) Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt. Die BV verlangt von den Arbeitnehmern nicht, bereits vor Ausspruch einer Kündigung auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage zu verzichten. Vielmehr bleibt ihnen die freie Entscheidung darüber, entweder ihr Klagerecht zu verfolgen oder bei Erfüllung weiterer Anspruchsvoraussetzungen die zusätzlichen Leistungen zu erhalten.

        

    Schmidt    

        

    Koch    

        

    K. Schmidt    

        

        

        

    Benrath    

        

    Sibylle Spoo    

                 

(1) Arbeitgeber und Betriebsrat haben darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden, insbesondere, dass jede Benachteiligung von Personen aus Gründen ihrer Rasse oder wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihrer Abstammung oder sonstigen Herkunft, ihrer Nationalität, ihrer Religion oder Weltanschauung, ihrer Behinderung, ihres Alters, ihrer politischen oder gewerkschaftlichen Betätigung oder Einstellung oder wegen ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität unterbleibt.

(2) Arbeitgeber und Betriebsrat haben die freie Entfaltung der Persönlichkeit der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer zu schützen und zu fördern. Sie haben die Selbständigkeit und Eigeninitiative der Arbeitnehmer und Arbeitsgruppen zu fördern.

(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt für eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan). Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. § 77 Abs. 3 ist auf den Sozialplan nicht anzuwenden.

(2) Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen, der Vorstand kann die Aufgabe auf andere Bedienstete der Bundesagentur für Arbeit übertragen. Erfolgt kein Vermittlungsersuchen oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Auf Ersuchen des Vorsitzenden der Einigungsstelle nimmt ein Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit oder ein vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit benannter Bediensteter der Bundesagentur für Arbeit an der Verhandlung teil.

(3) Unternehmer und Betriebsrat sollen der Einigungsstelle Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten über den Interessenausgleich und den Sozialplan machen. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, so ist sie schriftlich niederzulegen und von den Parteien und vom Vorsitzenden zu unterschreiben.

(4) Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(5) Die Einigungsstelle hat bei ihrer Entscheidung nach Absatz 4 sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Dabei hat die Einigungsstelle sich im Rahmen billigen Ermessens insbesondere von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:

1.
Sie soll beim Ausgleich oder bei der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, insbesondere durch Einkommensminderung, Wegfall von Sonderleistungen oder Verlust von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, Umzugskosten oder erhöhte Fahrtkosten, Leistungen vorsehen, die in der Regel den Gegebenheiten des Einzelfalles Rechnung tragen.
2.
Sie hat die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Sie soll Arbeitnehmer von Leistungen ausschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen; die mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort begründet für sich allein nicht die Unzumutbarkeit.
2a.
Sie soll insbesondere die im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen.
3.
Sie hat bei der Bemessung des Gesamtbetrages der Sozialplanleistungen darauf zu achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden.

Durch Betriebsvereinbarung können insbesondere geregelt werden

1.
zusätzliche Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Gesundheitsschädigungen;
1a.
Maßnahmen des betrieblichen Umweltschutzes;
2.
die Errichtung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
3.
Maßnahmen zur Förderung der Vermögensbildung;
4.
Maßnahmen zur Integration ausländischer Arbeitnehmer sowie zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit im Betrieb;
5.
Maßnahmen zur Eingliederung schwerbehinderter Menschen.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 17. Januar 2013 - 16 Sa 1889/11 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Ansprüche aus einer freiwilligen Betriebsvereinbarung.

2

Die Klägerin war vom 11. Oktober 1990 bis zum 31. Januar 2011 bei der Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerin als Sachbearbeiterin zuletzt im Vertriebsinnendienst (VID) beschäftigt. Seit 1998 war sie Mitglied des Betriebsrats. Anlässlich von Rationalisierungsentscheidungen ua. zur Schließung des VID zum 31. Oktober 2010 und einem damit verbundenen Wegfall von Arbeitsplätzen schlossen die Betriebsparteien am 9. Juni 2010 einen Interessenausgleich, einen Sozialplan und eine freiwillige Betriebsvereinbarung.

3

Der Sozialplan (SP) enthält ua. folgende Regelungen:

        

㤠3 Abfindungen

        

Wenn das Arbeitsverhältnis aus den im Interessenausgleich vom 09.06.2010 beschriebenen betriebsbedingten Gründen durch Aufhebungsvertrag oder durch arbeitgeberseitige betriebsbedingte Kündigung nach Abschluss dieses Sozialplans beendet wird, wird eine Abfindung ohne Anwendung der Höchstgrenzen gem. KSchG gezahlt.

        

…       

        

§ 9 Anspruch bei Klageerhebung

        

Erheben Beschäftigte Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung bzw. auf das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses, so ruhen die Ansprüche aus diesem Sozialplan bis zum rechtskräftigen Abschluss des Gerichtsverfahrens. Eine eventuelle gerichtlich zugesprochene Abfindung wird auf Leistungen aus dem Sozialplan angerechnet.“

4

Die freiwillige Betriebsvereinbarung (BV) bestimmt ua.:

        

„Die Betriebsparteien haben am 09.06.2010 einen Interessenausgleich und Sozialplan abgeschlossen.

        

…       

        

I.      

Durch diese freiwillige Betriebsvereinbarung sagt die Gesellschaft zur Erlangung alsbaldiger Planungssicherheit denjenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die von den im Interessenausgleich vom 09.06.2010 aufgeführten Maßnahmen betroffen sind und die unter den Geltungsbereich des Sozialplanes vom 09.06.2010 fallen, zusätzlich zu den Leistungen des Sozialplans vom 09.06.2010 nachfolgende weitere Leistungen zu:

        

1.    

Mitarbeiter/-innen, die von den im Interessenausgleich vom 09.06.2010 beschriebenen Maßnahmen mittelbar oder unmittelbar betroffen sind, haben nach Erhalt einer betriebsbedingten Kündigung Anspruch auf eine Erhöhung der Gesamtabfindung nach dem Sozialplan vom 09.06.2010, sofern sie keine Kündigungsschutzklage erheben:

        

a)    

in Höhe einer zusätzlichen Abfindung nach der folgenden Regelung:

                 

Bruttomonatsentgelt x 10 % x Beschäftigungsjahre

                 

(…)     

        

b)    

in Höhe eines zusätzlichen tariflichen Bruttomonatsentgelts gemäß der zu diesem Zeitpunkt geltenden Entgelttabelle des Entgelttarifvertrages für die Beschäftigten in der obst-, gemüse- und kartoffelverarbeitenden Industrie NRW für den Fall, dass aufgrund des Umstandes, dass der/die Mitarbeiter/-in sich zum Stichtag 1.12.2010 nicht in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befindet und damit kein Anspruch auf die tarifliche Jahressonderzuwendung für die Beschäftigten in der obst-, gemüse- und kartoffelverarbeitenden Industrie NRW gegeben ist.

        

c)    

Tariflich eingruppierte Mitarbeiter/-innen erhalten darüber hinaus eine weitere, zusätzliche Abfindung in Höhe 500,-- EUR brutto für jeden angefangenen Monat ab Zugang des Kündigungsschreibens bzw. nach Abschluss eines Aufhebungsvertrages bis zum Zeitpunkt der Abteilungsschließung bzw. falls eine Freistellung zu einem früheren Termin erfolgt, bis zu dem Freistellungszeitpunkt. Dies gilt auch für Zeiten, in denen bezahlter Urlaub genehmigt oder genommen wird, eine Arbeitsunfähigkeit welche durch einen Arbeitsunfall verursacht wurde, jedoch nicht im Falle von arbeitsunfähigkeitsbedingtem Arbeitsausfall von mehr als 3 Tagen, es sei denn, die Arbeitsunfähigkeit wird von einem Vertrauensarzt der Krankenkasse des Mitarbeiters/der Mitarbeiterin schriftlich bestätigt.

        

d)    

AT-Mitarbeiter/-innen …

        

e)    

Mitarbeiter/-innen mit einer Betriebszugehörigkeit von mehr als 5 Jahren erhalten eine zusätzliche Abfindung in Höhe von 1.000,-- EUR und Mitarbeiter/-innen mit einer Betriebszugehörigkeit von mehr als 15 Jahren erhalten eine zusätzliche Abfindung von 2.000,-- EUR. …

        

2.    

Diese Ansprüche haben auch betroffene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nach Abschluss dieser Vereinbarung eine Aufhebungsvereinbarung unterzeichnen und von den im Interessenausgleich beschriebenen Maßnahmen betroffen sind.

        

3.    

Die zusätzliche Abfindung wird aus Anlass des Verlustes des Arbeitsplatzes zusammen mit der Abfindung aus dem Sozialplan gezahlt, wobei es sich um eine Bruttoabfindung handelt.

        

…       

        
        

5.    

Im Übrigen gelten die Regelungen des Sozialplans entsprechend.

        

6.    

Die Parteien sind darüber einig, dass es sich bei vorstehenden Leistungen um freiwillige Leistungen der Gesellschaft handelt, die über die Sozialplanleistungen hinaus gewährt werden und das Volumen des Sozialplans nicht tangieren.“

5

Mit Schreiben vom 15. Juli 2010 kündigte die Rechtsvorgängerin der Beklagten das Arbeitsverhältnis der Klägerin ordentlich zum 31. Januar 2011. Zugleich bot sie der Klägerin an, es ab dem 1. Februar 2011 unter Änderung der Arbeitsbedingungen fortzusetzen. Die Klägerin nahm das Änderungsangebot mit Schreiben vom 26. Juli 2010 unter Vorbehalt an und wandte sich mit einer beim Arbeitsgericht Gelsenkirchen erhobenen Klage gegen die Änderung ihrer Arbeitsbedingungen. In dem Rechtsstreit schlossen die Klägerin und die Rechtsvorgängerin der Beklagten am 26. August 2010 einen Vergleich mit ua. folgenden Inhalt:

        

„1.     

Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen durch eine ordentliche, fristgerechte Kündigung der Beklagten vom 15.07.2010 mit Ablauf des 31.01.2011 wegen Schließung eines Betriebsteils, der der Klägerin kein adäquater Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt werden konnte, aufgelöst wird.

        

2.    

Als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes und des damit verbundenen sozialen Besitzstandes zahlt die Beklagte an die Klägerin eine Abfindung gemäß §§ 9, 10 KSchG in Höhe von 62.000,00 Euro. … Die Zahlung der Abfindung erfolgt unter Anrechnung auf die Sozialplanabfindung des Sozialplans vom 09.06.2010.“

6

Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 29. April 2011 verlangte die Klägerin unter Fristsetzung bis zum 31. Mai 2011 ohne Erfolg eine Erhöhung der Gesamtabfindung nach der BV gem. ihrer Nr. I.1. Buchst. a, b, c und e iHv. insgesamt 12.767,00 Euro.

7

Die Klägerin hat erstinstanzlich allein die Auffassung vertreten, der Ausschluss von den Leistungen der BV nach deren Nr. I.1. benachteilige sie aufgrund ihres Betriebsratsmandats, dessentwegen sie zur Vermeidung sozialversicherungsrechtlicher Nachteile zur Erhebung einer Änderungsschutzklage gezwungen gewesen sei. Außerdem sei Nr. I.1. BV gleichheitswidrig und verstoße gegen das Maßregelungsverbot. In der Berufungsinstanz hat sie zuletzt auch gemeint, sie unterfalle - anders als vom Arbeitsgericht angenommen - entweder nach Nr. I.1. oder nach Nr. I.2. der BV unmittelbar deren Geltungsbereich.

8

Die Klägerin hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 12.767,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2011 zu zahlen.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin blieb erfolglos. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihren Zahlungsantrag weiter, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision begehrt.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die streitbefangene Zahlung. Ein solcher folgt weder unmittelbar aus der freiwilligen Betriebsvereinbarung noch aus dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz oder einem Verstoß gegen das Maßregelungsverbot. Das haben die Vorinstanzen zutreffend erkannt.

12

I. Die beschränkt eingelegte Revision der Klägerin ist zulässig.

13

1. Die Revision erfasst nicht den Lebenssachverhalt, der einer Anspruchsprüfung wegen einer zunächst vorgebrachten Benachteiligung aufgrund des Betriebsratsmandats zugrunde liegt. Die Beschränkung ergibt sich daraus, dass die Klägerin aus dem eigenständigen Klagegrund eines Verstoßes gegen § 78 Satz 2 BetrVG in der Revisionsinstanz keinen Anspruch mehr ableitet. Das hat sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich klargestellt.

14

2. Im Umfang ihrer Einlegung begegnen der Revision keine Zulässigkeitsbedenken. Insbesondere ist sie entgegen der Ansicht der Beklagten ordnungsgemäß begründet.

15

a) Nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO iVm. § 72 Abs. 5 ArbGG gehört zum notwendigen Inhalt der Revisionsbegründung die Angabe der Revisionsgründe. Bei einer Sachrüge sind nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO die Umstände zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergeben soll. Dabei muss die Revisionsbegründung den Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des revisionsrechtlichen Angriffs erkennbar sind. Das erfordert eine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung. Der Revisionsführer muss darlegen, warum er die Begründung des Berufungsgerichts für unrichtig hält (vgl. BAG 28. Mai 2014 - 7 AZR 404/12 - Rn. 13). Die bloße Wiedergabe des bisherigen Vorbringens genügt hierfür nicht (vgl. BAG 20. Juni 2013 - 8 AZR 482/12 - Rn. 20). Betrifft die angegriffene Entscheidung mehrere Streitgegenstände iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, muss für jeden eine solche Begründung gegeben werden. Fehlt sie zu einem, ist das Rechtsmittel insoweit unzulässig (vgl. BAG 27. Juli 2010 - 1 AZR 186/09 - Rn. 13).

16

b) Nach diesen Grundsätzen ist die Revision ausreichend begründet. Soweit von Bedeutung, hat die Klägerin ihre Forderung zuletzt darauf gestützt, sie erfülle die Anspruchsvoraussetzungen nach Nr. I.1. oder Nr. I.2. BV; jedenfalls aber könne sie die Leistungen nach der BV wegen eines Verstoßes gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz und das Maßregelungsverbot beanspruchen. Diese zusammentreffenden Ansprüche sind nach ihrer Tatsachengrundlage - dem von der Klägerin vorzutragenden Lebenssachverhalt - unterschiedlich ausgestaltet. Entsprechend hat das Landesarbeitsgericht über mehrere selbständige Streitgegenstände entschieden. Zu diesen legt die Revision konkret dar, aus welchen Gründen das angefochtene Urteil rechtsfehlerhaft sein soll. Zwar wiederholt die Klägerin dabei (auch) ihren Vortrag aus den Vorinstanzen zT wörtlich. Darüber hinaus setzt sie sich aber eigenständig mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts zur Abweisung eines unmittelbar aus der BV folgenden Anspruchs auseinander, indem sie ua. auf die Auslegung von Nr. I.2. BV eingeht, und wendet sich zudem ausdrücklich gegen die - knappe - Begründung des Landesarbeitsgerichts zur Vereinbarkeit der BV mit dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. In diesem Zusammenhang geht die Klägerin auch auf das Maßregelungsverbot des § 612a BGB ein. Das befasst sich mit der Abweisung der jeweils eigenständigen Klagegründe durch das Berufungsgericht in ausreichendem Maß. Von der Klägerin als Rechtsmittelführerin kann nicht mehr an Begründung verlangt werden, als vom Gericht selbst aufgewendet worden ist.

17

II. In der Sache hat die Revision keinen Erfolg.

18

1. Das folgt für den unmittelbar auf die BV gestützten Anspruch als eigenständigen Klagegrund allerdings nicht bereits daraus, dass die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts insoweit mangels einer den Anforderungen von § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 ArbGG entsprechenden Berufungsbegründung unzulässig war.

19

a) Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 ArbGG muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Die Berufungsbegründung muss deshalb auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein und sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen (vgl. BAG 18. Juli 2012 - 7 ABR 23/11 - Rn. 13). Bei verschiedenen Streitgegenständen gilt dies für jeden von ihnen gesondert (BAG 14. Dezember 2004 - 1 AZR 504/03 - zu I 1 der Gründe, BAGE 113, 121).

20

b) Diesen Anforderungen genügt die Berufungsbegründung nur teilweise. Sie wendet sich zwar gegen die klageabweisende Begründung des Arbeitsgerichts, wonach der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt sei. Mit der Begründung zur Abweisung eines unmittelbar aus der freiwilligen Betriebsvereinbarung folgenden Anspruchs setzt sie sich aber nicht auseinander.

21

c) Dies führt jedoch nicht zur teilweisen Unzulässigkeit der Berufung. Indem das Arbeitsgericht mit der Abweisung eines unmittelbar aus der freiwilligen Betriebsvereinbarung folgenden Anspruchs über den von der Klägerin in das Verfahren eingeführten Streitgegenstand hinausgegangen ist, hat es gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO verstoßen. Der Sache nach war die arbeitsgerichtliche Entscheidung über diesen Anspruch damit gegenstandslos.

22

aa) Nach § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist ein Gericht nicht befugt, abschlägig über einen Antrag zu entscheiden, den die Partei nicht gestellt hatte(vgl. BAG 28. Februar 2006 - 1 ABR 1/05 - Rn. 29, BAGE 117, 123). Ein in den Vorinstanzen erfolgter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist vom Revisionsgericht von Amts wegen zu beachten(vgl. BAG 28. Februar 2006 - 1 AZR 460/04 - Rn. 10, BAGE 117, 137).

23

bb) Das Arbeitsgericht hat mit der Abweisung eines unmittelbar aus der freiwilligen Betriebsvereinbarung folgenden Anspruchs über einen Streitgegenstand entschieden, den die Klägerin nicht zur Entscheidung gestellt hatte. Sie hatte erstinstanzlich nicht geltend gemacht, sie falle unter den Anwendungsbereich der BV. Der Verstoß gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO bewirkte, dass die Entscheidung des Arbeitsgerichts insoweit gegenstandlos war(vgl. zu dieser Rechtsfolge BAG 28. Februar 2006 - 1 ABR 1/05 - Rn. 29, BAGE 117, 123).

24

d) Allerdings hat die Klägerin ihre Klage in der Berufungsinstanz zuletzt um einen unmittelbar auf die BV gestützten Anspruch erweitert. Mit Schriftsatz vom 3. Juli 2012 hat sie vorgetragen, für den streitbefangenen Zahlungsanspruch „greife“ Nr. I.2. BV, alternativ folge der Anspruch aus Nr. I.1. BV. Das Landesarbeitsgericht hat über diesen Streitgegenstand sachlich entschieden und damit die Voraussetzungen einer Klageänderung in der Berufungsinstanz nach § 533 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG stillschweigend bejaht. Das ist in der Revisionsinstanz in entsprechender Anwendung des § 268 ZPO nicht mehr zu prüfen(vgl. BAG 19. Januar 2011 - 3 AZR 111/09 - Rn. 22).

25

2. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die von ihr begehrte Erhöhung der Abfindung nach Nr. I.1. Buchst. a, b, c und e der BV. Ein solcher folgt weder unmittelbar aus der BV noch aus dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 75 Abs. 1 BetrVG). Eine nach § 612a BGB unzulässige Maßregelung der Klägerin liegt nicht vor.

26

a) Die Klägerin erfüllt nicht die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Abfindungserhöhung nach der BV. Ihr Arbeitsverhältnis hat weder aufgrund einer betriebsbedingten Kündigung iSv. Nr. I.1. BV noch aufgrund einer Aufhebungsvereinbarung iSv. Nr. I.2. BV geendet.

27

aa) Betriebsvereinbarungen sind wegen ihres normativen Charakters wie Tarifverträge oder Gesetze auszulegen. Auszugehen ist danach vom Wortlaut der Bestimmung und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Bei unbestimmtem Wortsinn sind der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen verfolgte Zweck zu berücksichtigen, sofern und soweit sie im Text ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Regelungen sowie die von den Betriebsparteien praktizierte Handhabung der Betriebsvereinbarung. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Regelung führt (BAG 15. Oktober 2013 - 1 AZR 544/12 - Rn. 12).

28

bb) Danach genügt eine Kündigung zu Zwecken der Änderung von Arbeitsbedingungen nicht für die Entstehung eines Anspruchs auf zusätzliche Leistungen nach Nr. I.1. BV, wenn der Arbeitnehmer das Änderungsangebot annimmt.

29

(1) Bereits der Wortlaut von Nr. I.1. BV macht deutlich, unter „betriebsbedingter Kündigung“ nur eine solche einseitige Gestaltungserklärung des Arbeitgebers zu verstehen, die das Arbeitsverhältnis beendet und dessen Fortsetzung zu lediglich geänderten Arbeitsbedingungen ausschließt. Das bestätigt auch der Gesamtzusammenhang. Nach Nr. I.3. BV wird die „zusätzliche Abfindung aus Anlass des Verlustes des Arbeitsplatzes“ gezahlt. Auch verweist Nr. I.5. BV im Weiteren auf die entsprechenden Regelungen des Sozialplans, der ausweislich seines § 3 Satz 1 für die Zahlung einer Abfindung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangt und damit eine Fortsetzung zu geänderten Bedingungen nicht genügen lässt.

30

(2) Sinn und Zweck der Abfindungserhöhung stützen dieses Auslegungsergebnis. Die im Interessenausgleich und im Sozialplan vorgesehenen Maßnahmen betrafen den Abbau von Arbeitsplätzen. Mit zusätzlichen Abfindungen als Anreiz für den Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage sollte für die Arbeitgeberin Planungssicherheit über den Personalbestand geschaffen werden. Das bezieht sich vorliegend auf das Bestehen oder Nichtbestehen von Arbeitsverhältnissen.

31

(3) In der Änderungskündigung vom 15. Juli 2010 liegt damit kein „Erhalt einer betriebsbedingten Kündigung“ iSv. Nr. I.1. BV. Die Klägerin hat das Änderungsangebot der Rechtsvorgängerin der Beklagten - unter Vorbehalt - angenommen. Die Kündigungserklärung konnte das Arbeitsverhältnis dementsprechend nicht beenden, sondern allenfalls zu einer Änderung der Arbeitsbedingungen führen. Anders als die Klägerin meint, stellt auch der gerichtliche Vergleich vom 26. August 2010 keinen „Erhalt einer betriebsbedingten Kündigung“ dar. Zwar erzielten die Parteien nach Ziffer 1 des Vergleichs Einigkeit darüber, dass ihr Arbeitsverhältnis durch eine ordentliche, fristgerechte Kündigung vom 15. Juli 2010 mit Ablauf des 31. Januar 2011 wegen Schließung eines Betriebsteils aufgelöst wird. Die Anspruchsvoraussetzung von Nr. I.1. BV trat aber dadurch nicht nachträglich ein. Ziffer 1 des Vergleichs enthält vielmehr eine Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer Kündigung; er ist keine Kündigungserklärung.

32

cc) Auch die Voraussetzungen von Nr. I.2. BV liegen nicht vor. Es fehlt an einer Aufhebungsvereinbarung im Sinn dieser Bestimmung.

33

(1) Wie ihre Auslegung ergibt, erfasst Nr. I.2. BV nur solche Aufhebungsvereinbarungen, die nicht im Zusammenhang mit einer gerichtlichen Auseinandersetzung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder auch nur über die Änderung seines Inhalts im Zuge der Umsetzung der Betriebsänderung geschlossen worden sind.

34

(a) Der Wortlaut von Nr. I.2. BV knüpft an Nr. I.1. BV an. Nr. I.1. BV setzt (auch) voraus, dass der Arbeitnehmer nach Erhalt der betriebsbedingten Kündigung keine Kündigungsschutzklage erhebt. Nr. I.2. BV sieht „diese Ansprüche“ für „betroffene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nach Abschluss dieser Vereinbarung eine Aufhebungsvereinbarung unterzeichnen und von den im Interessenausgleich beschriebenen Maßnahmen betroffen sind“, vor. Das spricht dafür, in einer „Aufhebungsvereinbarung“ nach Nr. I.2. BV nur eine solche zu sehen, die ohne gerichtliche Auseinandersetzung über die Beendigung oder den Inhalt des Arbeitsverhältnisses geschlossen worden ist.

35

(b) Der Regelungszweck bestätigt dieses Normverständnis. Nach Nr. I. BV bezweckten die Betriebsparteien mit der Zusicherung zusätzlicher Leistungen die „Erlangung alsbaldiger Planungssicherheit“ im Interesse der Arbeitgeberin. Mit der Erhöhung der Gesamtabfindung nach dem Sozialplan sollte ein Anreiz dafür geschaffen werden, dass die von den Rationalisierungsmaßnahmen betroffenen Arbeitnehmer keine gerichtlichen Auseinandersetzungen über die Wirksamkeit von betriebsbedingten Kündigungen anstrengen (Nr. I.1. BV) oder freiwillig aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden (Nr. I.2. BV). Beides verschafft Klarheit über die Umsetzung der Rationalisierungsmaßnahmen. Wie sich in Nr. I.1. BV ausdrückt, dienten die zugesagten Leistungen vor allem der Vermeidung von Kündigungsschutzprozessen, die einerseits die Umsetzung der Betriebsänderung verzögern und ggf. insgesamt in Frage stellen können, und andererseits mit Aufwand an Zeit und Personal - etwa durch die gebotene Information des Prozessvertreters und die Sachbearbeitung in der Personalabteilung - einhergehen. Mag damit auch eine erst in einem Bestandsschutzprozess geschlossene Aufhebungsvereinbarung noch eine gewisse Planungssicherheit schaffen, so entsteht diese doch erst nach zusätzlichem Aufwand an Zeit, Personal und Kosten, der ohne Erhebung der Klage unterblieben wäre, und möglicherweise erst in einem Zeitpunkt, in dem die Klage die Umsetzung der Rationalisierungsmaßnahme bereits verzögert hat. Auch dies spricht dafür, als eine „Aufhebungsvereinbarung“ iSd. Nr. I.2. BV nur eine solche anzusehen, die unter dem Vorbehalt steht, dass sie keinen Zusammenhang mit einer gerichtlichen Auseinandersetzung aufweist.

36

(c) Schließlich gebietet der Gesamtzusammenhang ein Verständnis, dass eine im Zusammenhang mit einer gerichtlichen Auseinandersetzung über die Beendigung oder den Inhalt des Arbeitsverhältnisses geschlossene Aufhebungsvereinbarung die Anspruchsvoraussetzung nach Nr. I.2. BV nicht erfüllt. Die BV bezieht sich in ihrem Eingangssatz ua. auf den am selben Tag geschlossenen Sozialplan. § 3 Satz 1 SP stellt den Aufhebungsvertrag einer arbeitgeberseitigen betriebsbedingten Kündigung gleich. § 9 SP führt hinsichtlich des Ruhens von Ansprüchen aus dem Sozialplan bis zum rechtskräftigen Abschluss des Gerichtsverfahrens die Erhebung einer „Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung bzw. auf das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses“ an. Zu letzteren Klagen gehören Streitigkeiten über die Anfechtung eines Aufhebungsvertrags. Das spricht für eine Gleichstellung auch von Aufhebungsvereinbarungen iSv. Nr. I.2. BV mit betriebsbedingten Kündigungen iSv. Nr. I.1. BV. Nr. I.1. BV steht aber unter dem Vorbehalt, dass über die Rechtswirksamkeit der betriebsbedingten Kündigung keine gerichtliche Auseinandersetzung geführt wird. Nach dem eindeutigen Wortlaut von Nr. I.1. BV ist nur derjenige von der Betriebsänderung betroffene Mitarbeiter anspruchsberechtigt, der gegen die ihm gegenüber erklärte betriebsbedingte Kündigung keine Kündigungsschutzklage erhebt. Es wäre widersinnig, den Betriebsparteien zu unterstellen, sie hätten mit Nr. I.2. BV den Kreis der Anspruchsberechtigten der BV (wieder) auf diejenigen Mitarbeiter erstrecken wollen, die wegen der Erhebung einer Kündigungsschutzklage nach Nr. I.1. BV von den Ansprüchen ausdrücklich ausgenommen sind, sofern sich diese Mitarbeiter in einem Kündigungsschutzprozess auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses verständigen.

37

(2) Hiernach hat die Klägerin keine Aufhebungsvereinbarung iSd. Nr. I.2. BV geschlossen. Eine solche liegt entgegen der Ansicht der Revision auch nicht in Ziffer 1 des Vergleichs vom 26. August 2010. Die Einigung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist im Ergebnis einer gerichtlichen Auseinandersetzung über dessen Inhalt erzielt worden.

38

b) Ein Anspruch der Klägerin auf zusätzliche Leistungen gemäß Nr. I.1. Buchst. a, b, c und e BV folgt nicht aus dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 75 Abs. 1 BetrVG). Die Regelungen in Nr. I.1. und in Nr. I.2. BV, wonach Mitarbeiter, die von den im Interessenausgleich beschriebenen Maßnahmen mittelbar oder unmittelbar betroffen sind, nach Erhalt einer betriebsbedingten Kündigung Anspruch auf eine Erhöhung der Sozialplanabfindung haben, sofern sie keine Kündigungsschutzklage erheben, oder wenn sie nach Abschluss der BV eine Aufhebungsvereinbarung unterzeichnen und von den im Interessenausgleich beschriebenen Maßnahmen betroffen sind, verstoßen nicht gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 75 Abs. 1 BetrVG).

39

aa) Leistungen in Sozialplänen iSv. § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG, die dem Ausgleich oder der Abmilderung der mit einer Betriebsänderung für die Arbeitnehmer verbundenen wirtschaftlichen Nachteile dienen, dürfen nicht vom Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage abhängig gemacht werden. Das folgt jedenfalls aus dem betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Macht ein Sozialplan den Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage zur Voraussetzung für den Anspruch auf die Sozialplanabfindung, erfolgt eine Gruppenbildung, welche die Anwendung des Gleichheitssatzes ermöglicht und gebietet. Die Arbeitnehmer, welche nicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage verzichten, werden hinsichtlich der Sozialplanabfindung schlechter behandelt als diejenigen, die von der gerichtlichen Überprüfung der Wirksamkeit der Kündigung absehen. Diese Ungleichbehandlung ist nach Sinn und Zweck des Sozialplans sachlich nicht gerechtfertigt (BAG 31. Mai 2005 - 1 AZR 254/04 - zu II 1 der Gründe, BAGE 115, 68). Allerdings ist den Betriebsparteien nicht jegliche Regelung verboten, durch die im Falle einer Betriebsänderung für die Arbeitnehmer ein finanzieller Anreiz geschaffen werden soll, eine Kündigung zu akzeptieren (vgl. BAG 31. Mai 2005 - 1 AZR 254/04 - zu II 2 der Gründe, aaO) oder einen Aufhebungsvertrag zu schließen (vgl. hierzu BAG 18. Mai 2010 - 1 AZR 187/09 - Rn. 14 ff.). Jedenfalls dann, wenn die Betriebsparteien ihrer Pflicht zur Aufstellung eines Sozialplans nachgekommen sind, können sie freiwillig eine kollektivrechtliche Regelung treffen, die im Interesse des Arbeitgebers an alsbaldiger Planungssicherheit finanzielle Leistungen für den Fall vorsieht, dass der Arbeitnehmer von der Möglichkeit der Erhebung einer Kündigungsschutzklage keinen Gebrauch macht oder freiwillig aus dem Arbeitsverhältnis im Wege einer Aufhebungsvereinbarung ausscheidet. Das Verbot, Sozialplanabfindungen von einem Verzicht auf die Erhebung der Kündigungsschutzklage abhängig zu machen, darf dadurch aber nicht umgangen werden (BAG 31. Mai 2005 - 1 AZR 254/04 - zu II 2 der Gründe, aaO).

40

bb) Nach diesen Grundsätzen ist es im Streitfall nicht zu beanstanden, dass die Betriebsparteien die mit der BV zugesagten zusätzlichen Leistungen von dem Nichterheben einer Kündigungsschutzklage (Nr. I.1. BV) oder dem Unterzeichnen einer Aufhebungsvereinbarung nach Abschluss der BV (Nr. I.2. BV) abhängig gemacht haben.

41

(1) Die BV bezweckt - so verlautbart in ihrer Nr. I. - nicht den Ausgleich oder die Milderung der durch den geplanten Personalabbau entstehenden wirtschaftlichen Nachteile, sondern die Erlangung alsbaldiger Planungssicherheit. Die durch die Betriebsänderung den betroffenen Arbeitnehmern entstandenen Nachteile sind durch den Sozialplan vom 9. Juni 2010 angemessen ausgeglichen. Gegenteiliges hat die Klägerin nicht behauptet. Das in Nr. I.1. BV festgelegte Nichterheben einer Kündigungsschutzklage als Tatbestandsvoraussetzung für einen Anspruch auf die in der BV beschriebenen Zusatzleistungen dient den Interessen der Beklagten, einerseits alsbaldige Gewissheit über die Beendigung von Arbeitsverhältnissen der betroffenen Mitarbeiter zu erzielen und andererseits den mit Kündigungsschutzklagen verbundenen Aufwand und das jeweilige Prozessrisiko zu vermeiden. Die in Nr. I.2. BV bestimmte Verknüpfung der zusätzlichen Leistungen mit der Unterzeichnung einer Aufhebungsvereinbarung soll die Bereitschaft von Arbeitnehmern fördern, durch den Abschluss von Aufhebungsverträgen - außerhalb von gerichtlichen Auseinandersetzungen - einvernehmlich ihre Arbeitsverhältnisse zu beenden. Auch dies dient der Erlangung alsbaldiger Gewissheit darüber, wie viele und welche Arbeitnehmer ausscheiden. Erkennbar zu diesem Zweck war die Rechtsvorgängerin der Beklagten bereit, über ihre Verpflichtungen aus dem Sozialplan hinaus freiwillig weitere Leistungen zu erbringen.

42

(2) Dieser mit der BV verfolgte Zweck rechtfertigt die von den Betriebsparteien vorgenommene Gruppenbildung zwischen denjenigen Arbeitnehmern, die ihre Kündigung hinnehmen, und denjenigen, die sie zur gerichtlichen Überprüfung stellen. Zwar haben die Betriebsparteien die einzelnen Leistungen der BV - bis auf diejenige nach Nr. I.1. Buchst. a BV - an die Erfüllung weiterer Voraussetzungen geknüpft. Damit gehen aber lediglich weitere Gruppenbildungen einher, deren Wirksamkeit an den mit ihnen verfolgten Zwecken zu messen ist. Auf die Gruppenbildung bei der Festlegung des Geltungsbereichs hat das keinen Einfluss. Der hierin zum Ausdruck kommende Ausschluss von allen Leistungen der BV ist nicht am Zweck der jeweiligen Vergünstigung, sondern am Zweck des Ausschlusses zu messen.

43

c) Es kann dahinstehen, inwieweit ein von der Klägerin geltend gemachter Verstoß gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB und eine damit einhergehende Unwirksamkeit der BV ihr eine eigenständige Anspruchsgrundlage für die streitgegenständlichen Forderungen verschaffen könnte. Die BV beachtet das Maßregelungsverbot des § 612a BGB.

44

aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts können die Betriebsparteien in einer freiwilligen Betriebsvereinbarung den Arbeitgeber verpflichten, den Arbeitnehmern für den Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage eine Abfindung zu zahlen. Das gilt jedenfalls dann, wenn dem Arbeitnehmer nach Ausspruch der Kündigung die freie Wahl bleibt, ob er sich für die ausgelobte Abfindung oder die Durchführung eines Klageverfahrens entscheidet (BAG 31. Mai 2005 - 1 AZR 254/04 - zu II 2 der Gründe, BAGE 115, 68).

45

bb) Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt. Die BV verlangt von den Arbeitnehmern nicht, bereits vor Ausspruch einer Kündigung auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage zu verzichten. Vielmehr bleibt ihnen die freie Entscheidung darüber, entweder ihr Klagerecht zu verfolgen oder bei Erfüllung weiterer Anspruchsvoraussetzungen die zusätzlichen Leistungen zu erhalten.

        

    Schmidt    

        

    Koch    

        

    K. Schmidt    

        

        

        

    Benrath    

        

    Sibylle Spoo    

                 

(1) Der Gesamtbetriebsrat ist zuständig für die Behandlung von Angelegenheiten, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betreffen und nicht durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden können; seine Zuständigkeit erstreckt sich insoweit auch auf Betriebe ohne Betriebsrat. Er ist den einzelnen Betriebsräten nicht übergeordnet.

(2) Der Betriebsrat kann mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder den Gesamtbetriebsrat beauftragen, eine Angelegenheit für ihn zu behandeln. Der Betriebsrat kann sich dabei die Entscheidungsbefugnis vorbehalten. § 27 Abs. 2 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 18. Oktober 2011 - 11 TaBV 88/10 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die wirtschaftliche Vertretbarkeit eines durch Spruch der Einigungsstelle zustande gekommenen Sozialplans.

2

Die Arbeitgeberin ist ein Unternehmen der Automobilzulieferindustrie, das zuletzt 76 Arbeitnehmer beschäftigte. Einzige Auftraggeberin war ihre Muttergesellschaft, die J GmbH & Co. KG (KG). Bei der Arbeitgeberin besteht der zu 2. beteiligte Betriebsrat.

3

Zwischen der Arbeitgeberin als Organgesellschaft und der KG als Organträgerin besteht ein Gewinnabführungsvertrag. Dieser sieht vor, dass sich die Arbeitgeberin der Geschäftsführung der KG unterstellt und diese berechtigt ist, der Geschäftsführung der Organgesellschaft Weisungen zu erteilen. Der gesamte Gewinn der Organgesellschaft, der ohne diesen Vertrag sonst auszuweisen wäre, ist nach Abschluss des Geschäftsjahres an die Organträgerin abzuführen. Die Organträgerin hat andererseits jeden während der Vertragsdauer entstehenden Jahresfehlbetrag bei der Organgesellschaft auszugleichen, soweit dieser nicht dadurch ausgeglichen wird, dass den Gewinnrücklagen Beträge entnommen werden, die während der Vertragsdauer in sie eingestellt worden sind.

4

Im Jahr 2001 erwirtschaftete die Arbeitgeberin einen Umsatzerlös von 5,9 Mio. Euro. Das Anlagevermögen belief sich zum 31. Dezember 2001 auf insgesamt rund 645.000,00 Euro und das Umlaufvermögen auf rund 457.000,00 Euro. In der Zeit vom 1. April 2007 bis zum 30. September 2008 erwirtschaftete die Arbeitgeberin einen Umsatzerlös von rund 838.000,00 Euro. Unter Berücksichtigung der Aufwendungen und Abschreibungen ergab sich hieraus ein Jahresfehlbetrag von rund 658.000,00 Euro, den die KG ausglich.

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Aufgrund der rückläufigen Umsätze entschloss sich die Arbeitgeberin Ende des Jahres 2008, ihren einzigen Betrieb in O zu schließen. Nach dem Scheitern der Verhandlungen mit dem Betriebsrat über einen Interessenausgleich und Sozialplan beschloss die Einigungsstelle am 16. Januar 2009 einen Sozialplan mit einem Volumen von 1,046 Mio. Euro. Der Spruch der Einigungsstelle wurde der Arbeitgeberin am 27. Januar 2009 zugeleitet. Im Sommer 2009 stellte sie den Betrieb ein und veräußerte das Anlagevermögen.

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Mit ihrer am 9. Februar 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antragsschrift hat die Arbeitgeberin geltend gemacht, das Sozialplanvolumen sei wirtschaftlich unvertretbar. Sie könne diesen Betrag nicht selbst aufbringen.

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Die Arbeitgeberin hat beantragt

        

festzustellen, dass der Beschluss der Einigungsstelle über einen Sozialplan vom 16. Januar 2009, zugestellt am 27. Januar 2009, unwirksam ist.

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Der Betriebsrat hat Antragsabweisung beantragt.

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Die Vorinstanzen haben den Antrag der Arbeitgeberin abgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt sie ihren Antrag weiter.

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B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen.

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I. Der Antrag der Arbeitgeberin ist zulässig. Streiten die Betriebsparteien über die Rechtswirksamkeit eines Einigungsstellenspruchs, ist die Feststellung der Unwirksamkeit des Beschlusses zu beantragen, § 256 Abs. 1 ZPO(BAG 23. März 2010 - 1 ABR 82/08 - Rn. 11, BAGE 133, 373). Dem entspricht der Antrag der Arbeitgeberin.

12

II. Am Verfahren sind die Arbeitgeberin sowie der Betriebsrat zu beteiligen. Dieser ist gemäß § 21b BetrVG auch nach der Stilllegung des Betriebs noch im Amt, da dies zur Wahrnehmung seines Mitbestimmungsrechts nach § 112 BetrVG weiter erforderlich ist(vgl. BAG 15. März 2011 - 1 ABR 97/09 - Rn. 13, BAGE 137, 203).

13

III. Der Antrag ist unbegründet. Der Spruch der Einigungsstelle ist mit § 112 Abs. 5 Satz 1 BetrVG vereinbar. Das Sozialplanvolumen übersteigt nicht die Grenzen der wirtschaftlichen Vertretbarkeit für die Arbeitgeberin.

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1. Der Einigungsstellenspruch unterliegt der gerichtlichen Überprüfung nach § 76 Abs. 5 Satz 4 BetrVG. Die Arbeitgeberin hat den ihr am 27. Januar 2009 zugeleiteten Einigungsstellenspruch innerhalb der Zweiwochenfrist am 9. Februar 2009 beim Arbeitsgericht gerichtlich angefochten und die mangelnde wirtschaftliche Vertretbarkeit gerügt.

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2. Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle nach § 76 Abs. 5 Satz 4, § 112 Abs. 5 BetrVG ist, ob sich der Spruch der Einigungsstelle als angemessener Ausgleich der Belange des Betriebs und Unternehmens auf der einen und der betroffenen Arbeitnehmer auf der anderen Seite erweist. Maßgeblich ist allein die getroffene Regelung als solche. Eine Überschreitung der Grenzen des Ermessens muss in ihr selbst als Ergebnis des Abwägungsvorgangs liegen. Auf die von der Einigungsstelle angestellten Erwägungen kommt es nicht an. Die Frage, ob die der Einigungsstelle gezogenen Grenzen des Ermessens eingehalten sind, unterliegt der uneingeschränkten Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht. Es geht um die Wirksamkeit einer kollektiven Regelung, die von der Wahrung des der Einigungsstelle eingeräumten Gestaltungsrahmens abhängig ist. Insoweit gilt nichts anderes als für die gerichtliche Kontrolle von Betriebsvereinbarungen (BAG 15. März 2011 - 1 ABR 97/09 - Rn. 16 mwN, BAGE 137, 203).

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3. Die Einigungsstelle hat nach § 112 Abs. 5 Satz 1 BetrVG bei ihrer Entscheidung über einen Sozialplan sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Im Rahmen billigen Ermessens muss sie unter Berücksichtigung der Gegebenheiten des Einzelfalls Leistungen zum Ausgleich oder der Milderung wirtschaftlicher Nachteile vorsehen, dabei die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt berücksichtigen und bei der Bemessung des Gesamtbetrags der Sozialplanleistungen darauf achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach der Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden (§ 112 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 bis Nr. 3 BetrVG). Der Ausgleichs- und Milderungsbedarf der Arbeitnehmer bemisst sich nach den ihnen entstehenden Nachteilen. Der wirtschaftlichen Vertretbarkeit kommt dabei eine Korrekturfunktion zu. Die Einigungsstelle hat von dem von ihr vorgesehenen Ausgleich der wirtschaftlichen Nachteile abzusehen, wenn dieser den Fortbestand des Unternehmens gefährden würde. Die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung stellt damit für sie eine Grenze der Ermessensausübung dar (BAG 15. März 2011 - 1 ABR 97/09 - Rn. 18, BAGE 137, 203). Ist der für angemessen erachtete Ausgleich von Nachteilen der Arbeitnehmer für das Unternehmen wirtschaftlich nicht vertretbar, ist das Sozialplanvolumen bis zum Erreichen der Grenze der wirtschaftlichen Vertretbarkeit zu mindern. Die gebotene Rücksichtnahme auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens kann die Einigungsstelle sogar zum Unterschreiten der aus § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG folgenden Untergrenze des Sozialplans zwingen. Erweist sich auch eine noch substanzielle Milderung der mit der Betriebsänderung verbundenen Nachteile als für das Unternehmen wirtschaftlich unvertretbar, ist es nach § 112 Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 BetrVG zulässig und geboten, von einer solchen Milderung abzusehen(BAG 24. August 2004 - 1 ABR 23/03 - zu B III 2 c cc der Gründe, BAGE 111, 335).

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4. Die wirtschaftliche Vertretbarkeit iSd. § 112 Abs. 5 Satz 1 BetrVG richtet sich grundsätzlich auch dann nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des sozialplanpflichtigen Arbeitgebers, wenn das Unternehmen einem Konzern angehört. Dies zeigt der eindeutige Wortlaut von § 112 Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 BetrVG. Nur in Bezug auf Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten ist nach § 112 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BetrVG eine konzernbezogene Betrachtung vorzunehmen. Auch die Gesetzesmaterialien weisen nicht darauf hin, dass anstelle des Unternehmens auf die wirtschaftliche Lage des Konzerns abzustellen ist (BAG 15. März 2011 - 1 ABR 97/09 - Rn. 20, BAGE 137, 203).

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5. § 112 Abs. 5 BetrVG bestimmt nicht die Voraussetzungen der wirtschaftlichen Vertretbarkeit eines Sozialplans. Maßgeblich sind die Gegebenheiten des Einzelfalls. Dabei ist grundsätzlich von Bedeutung, ob und welche Einsparungen für das Unternehmen mit der Betriebsänderung verbunden sind, deren nachteilige Auswirkungen auf die Arbeitnehmer der Sozialplan kompensieren soll. Der Umstand, dass sich ein Unternehmen bereits in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindet, entbindet es nach den Wertungen des Betriebsverfassungsgesetzes nicht von der Notwendigkeit, weitere Belastungen durch einen Sozialplan auf sich zu nehmen. Sogar in der Insolvenz sind Betriebsänderungen gemäß § 123 InsO sozialplanpflichtig. Bei der Prüfung, wie sehr der Sozialplan das Unternehmen belastet und ob er möglicherweise dessen Fortbestand gefährdet, ist sowohl das Verhältnis von Aktiva und Passiva als auch die Liquiditätslage zu berücksichtigen. Führt die Erfüllung der Sozialplanverbindlichkeiten zu einer Illiquidität, zur bilanziellen Überschuldung oder zu einer nicht mehr vertretbaren Schmälerung des Eigenkapitals, ist die Grenze der wirtschaftlichen Vertretbarkeit regelmäßig überschritten (BAG 15. März 2011 - 1 ABR 97/09 - Rn. 21, BAGE 137, 203; 6. Mai 2003 - 1 ABR 11/02 - zu B II 2 e cc (3) und (4) der Gründe, BAGE 106, 95). Dies gilt auch, wenn ein Unternehmen seinen einzigen Betrieb stilllegt. Wie § 112 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 BetrVG zeigt, unterscheidet das Gesetz ausdrücklich zwischen dem Unternehmen und dem Betrieb. Bei einer vollständigen Betriebsstilllegung besteht das Unternehmen - als Rechtsträger des Betriebs - grundsätzlich fort. Allerdings darf in diesem Fall nicht außer Acht bleiben, dass nach Durchführung der Betriebsänderung keine Arbeitsplätze mehr vorhanden sind, die durch den Gesamtbetrag der Sozialplanleistungen gefährdet werden könnten.

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6. Für die gerichtliche Kontrolle der Sozialplandotierung durch die Einigungsstelle bedeutet dies, dass der Anfechtende die Überschreitung einer dieser Ermessensgrenzen dartun muss. Ficht der Arbeitgeber den Sozialplan wegen mangelnder wirtschaftlicher Vertretbarkeit an, hat er entweder darzulegen, dass dessen Regelungen zu einer Überkompensation der eingetretenen Nachteile führen und deshalb schon die Obergrenze des § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG verletzen, oder dass sie die Grenze der wirtschaftlichen Vertretbarkeit für das Unternehmen überschreiten. Sollte dies mit Blick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse allein des Arbeitgebers zu bejahen sein, liegt darin allerdings nur dann ein Ermessensfehler der Einigungsstelle, wenn nicht ein Bemessungsdurchgriff auf Konzernobergesellschaften rechtlich geboten ist (BAG 24. August 2004 - 1 ABR 23/03 - zu B III 2 c dd der Gründe, BAGE 111, 335).

20

7. Nach diesen Grundsätzen kann den Darlegungen der Arbeitgeberin nicht entnommen werden, dass die Einigungsstelle den ihr zustehenden Ermessensspielraum bei der Festsetzung des Sozialplanvolumens überschritten hat und dieses wirtschaftlich nicht vertretbar ist.

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a) Die Sozialplanregelungen führen nicht zu einer Überkompensation der den Arbeitnehmern infolge der Betriebsstilllegung entstehenden Nachteile. Die Abfindungen bemessen sich nach der Formel Betriebszugehörigkeit x Bruttomonatsverdienst x 0,6. Entsprechend dem festgestellten durchschnittlichen Bruttoverdienst von rund 1.750,00 Euro werden durch die Abfindungszahlungen die wirtschaftlichen Nachteile der Beschäftigten substanziell gemindert, jedoch nicht überkompensiert. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht den Einwand der Arbeitgeberin zurückgewiesen, die Einigungsstelle habe bei ihrer Entscheidung nicht genügend berücksichtigt, dass es sich bei den Gekündigten überwiegend um Frauen gehandelt habe, bei denen der Verlust des Arbeitsplatzes lediglich den Verlust eines Zweiteinkommens zur Folge habe. Diese Argumentation ist mit Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 GG schlechterdings unvereinbar und widerspricht dem Diskriminierungsverbot des § 3 AGG.

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b) Die Arbeitgeberin hat die mangelnde wirtschaftliche Vertretbarkeit des von der Einigungsstelle beschlossenen Sozialplans nicht schlüssig dargelegt. Der vorgelegten Gewinn- und Verlustrechnung (§ 242 Abs. 2 HGB)zum 30. September 2008 ist zwar ein Verlust in Höhe von 657.760,08 Euro für die Zeit vom 1. April 2007 bis zum 30. September 2008 zu entnehmen. Ihr hierauf bezogener Vortrag enthält jedoch keinerlei Angaben über vorhandenes Vermögen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der vorgelegten Bilanz zum Stichtag 31. Dezember 2001 zu entnehmen ist, dass sie zu diesem Zeitpunkt noch über ein Anlagevermögen in Höhe von insgesamt 645.739,41 Euro verfügt hat. Hinzu kam ein Umlaufvermögen in Höhe von 457.378,27 Euro. Was hieraus geworden ist, ist nicht dargelegt. Im zweiten Rechtszug hat die Arbeitgeberin lediglich pauschal vorgetragen, zum Zeitpunkt der Aufnahme der Einigungsstellenverhandlungen habe der Nettobilanzwert des Anlagevermögens 297.000,00 Euro betragen. Der Marktwert habe infolge fehlender Marktfähigkeit darunter gelegen; der Veräußerungserlös habe 230.000,00 Euro betragen. In der Rechtsbeschwerdebegründung hat die Arbeitgeberin neue Zahlen vorgetragen und ausgeführt, das Anlagevermögen habe in der Bilanz zum 31. März 2009 311.758,00 Euro betragen, das Eigenkapital 51.150,00 Euro. In der Anhörung vor dem Senat hat die Arbeitgeberin wiederum behauptet, sie habe durch die Veräußerung der Maschinen einen Erlös von 400.000,00 Euro erzielt. Eine Erklärung für die unterschiedlichen Zahlenangaben ist nicht erfolgt. Nähere Angaben zum Verbleib des im Jahre 2001 bilanzierten Anlage- und Umlaufvermögens sowie eine Aufschlüsselung des vorhandenen sind unterblieben. Insgesamt ist der Vortrag der Arbeitgeberin zu ihrer wirtschaftlichen Situation nicht in sich stimmig. Er erläutert nicht schlüssig, dass die Erfüllung der Sozialplanverbindlichkeiten zu einer Illiquidität, zur bilanziellen Überschuldung oder zu einer nicht mehr vertretbaren Schmälerung des Eigenkapitals führt. Die Darlegungen der Arbeitgeberin haben dem Landesarbeitsgericht auch keine Veranlassung zu einer weitergehenden Sachverhaltsaufklärung nach § 139 ZPO gegeben. Auf die in den Vorinstanzen erörterte Frage der Zulässigkeit eines Bemessungsdurchgriffs auf die Muttergesellschaft kommt es nicht entscheidungserheblich an, da bereits nicht festgestellt werden kann, dass der Sozialplan für die Arbeitgeberin selbst wirtschaftlich unvertretbar ist.

        

    Schmidt    

        

    Koch    

        

    Linck    

        

        

        

    Benrath    

        

    Sibylle Spoo    

                 

(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.

(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.

(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.

(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.

(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)