Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 27. Nov. 2014 - 5 Sa 15/14

bei uns veröffentlicht am27.11.2014

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rostock vom 21.01.2014 – Aktenzeichen 1 Ca 1201/13 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um Zahlung von Entgelt für den Juni 2013 und hierbei um die Berechtigung zum Abzug einer Vertragsstrafe.

2

Der Kläger war vom 04.02.2013 bis zum 27.07.2013 (Eigenkündigung des Klägers) bei der Beklagten als Kraftfahrer im Nah- und Fernverkehr bei einer monatlichen Bruttovergütung von € 1.910,00 beschäftigt. Der Arbeitsvertrag vom 03.02.2013 (vgl. Blatt 10 ff d. A.) enthält u. a. folgende Regelung:

3

"…

4

§ 14 Vertragsstrafe, Alkohol- und Drogenkonsum

1.

5

Die Arbeit ist ohne vorausgegangenen Alkoholgenuss aufzunehmen. Während der Arbeitszeit ist AN jeder Alkohol- und Drogengenuss untersagt.

2.

6

Bei Verstoß gegen das Verbot, während der Arbeitszeit Alkohol und/oder Drogen zu konsumieren, ist der AN verpflichtet, an AG eine Vertragsstrafe in Höhe eines Bruttogehaltes, somit in Höhe von

7

brutto 1 910,00 €

8

zu bezahlen.

9

…"

10

Am 24.05.2013 kam es nachts auf der Raststätte F. zu einer tätlichen Auseinandersetzung zwischen dem Kläger und einem anderen LKW-Fahrer. Zum Zeitpunkt des Vorfalls hatte der Kläger seine gesetzliche Ruhezeit von 11 Stunden begonnen. Der Kläger erlitt bei der Auseinandersetzung eine tiefe Platzwunde, die er im Klinikum F. behandeln ließ. Die Polizei ermittelte jedenfalls noch während des erstinstanzlichen Verfahrens gegen den Kläger wegen gefährlicher Körperverletzung, Sachbeschädigung und Bedrohung. Der aktuelle Stand hierzu ist nicht vorgetragen worden.

11

Die Beklagte mahnte den Kläger mit Schreiben vom 05.06.2013 wegen des obigen Vorfalls ab (vgl. Blatt 26 f d. A.). Er habe u. a. gegen § 14 Ziffer 1 des Arbeitsvertrages verstoßen und somit eine Vertragsstrafe nach § 14 Ziffer 2 des Arbeitsvertrages verwirkt. Die Beklagte behielt sich vor, die Vertragsstrafe mit dem pfändungsfreien Teilbetrag des Gehalts zu verrechnen.

12

Die Beklagte zahlte auf das Nettoentgelt für den Monat Juni 2013, das sich auf € 1.498,38 belief, einen Betrag von € 523,38 netto an den Kläger aus und behielt den Rest in Höhe von € 975,00 als Vertragsstrafe ein. (Ein Einbehalt in gleicher Höhe – in der Summe somit 1950,00 € - erfolgte auch im Juli 2013, was hier jedoch nicht Streitgegenstand ist.)

13

Nachdem der Kläger die Beklagte erfolglos mit Schreiben vom 04.07.13 zur Zahlung aufgefordert hatte, erhob er – eingehend beim Arbeitsgericht Rostock am 30.07.13 –Zahlungsklage bezüglich des Abzuges für den Juni 2013.

14

Mit Urteil vom 21.01.2014 hat das Arbeitsgericht die Beklagte wie beantragt zur Zahlung von 975,00 € verurteilt. Wegen der Einzelheiten des Urteiles wird auf Blatt 79 ff d. A. verwiesen. Das Urteil ist der Beklagten am 27.01.2014 zugestellt worden.

15

Am 31.01.2014 hat die Beklagte hiergegen Berufung eingelegt und diese innerhalb der vom Gericht verlängerten Begründungsfrist begründet.

16

Die Beklagte verfolgt in der Berufungsinstanz ihren Klagabweisungsantrag insoweit weiter, wie die Beklagte zur Zahlung von mehr als 20,- € netto verurteilt wurde.

17

Wie schon erstinstanzlich behauptet die Beklagte, der Kläger sei Alkoholiker. Er habe in alkoholisiertem Zustand einen anderen Fahrer mit einer Eisenstange grundlos angegriffen. Sie ergänzt in der Berufung, er hätte kurz darauf die Fahrt fortsetzen müssen. Somit sei die vertraglich vereinbarte Vertragsstrafe ausgelöst worden. Deshalb könne auch dahinstehen, dass das Arbeitsgericht in seinem Urteil davon ausging, dass die Beklagte nicht vorgetragen hatte, dass der Kläger während der Arbeitszeit Alkohol getrunken hatte.

18

Auf Vorgenanntes komme es jedoch auch nicht an. Obwohl der Vorfall eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt hätte und die Beklagte eigentlich eine solche vorgesehen hatte, habe der Kläger gebeten, hiervon Abstand zu nehmen, so dass die Parteien am 22.06.2013 auf dem Gelände eines Kunden überein gekommen seien, dass nur eine Abmahnung ausgesprochen werde und die verwirkte Vertragsstrafe in zwei gleichen Raten von den Vergütungen für die Monate Juni und Juli 2013 unabhängig von Pfändungsfreibeträgen abzuziehen sei. Der Kläger habe ausdrücklich bestätigt, die Vertragsstrafe von € 1.950,00 anzuerkennen und alkoholisiert gewesen zu sein. Im Rahmen der Berufung korrigierte die Beklagte ihren Vortrag dahingehend, dass eine Strafe von 1.910,00 € vereinbart worden sei, so dass im Juni nur 955,00 € einzubehalten seien und somit 20,00 nachzuzahlen seien. Die Beklagte verweist darauf, dass das Arbeitsgericht dem Beweisantritt zu dieser Vereinbarung am 22.06.2013 nicht nachgekommen ist. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts sei der Kläger auch berechtigt gewesen, über seine Gehaltsansprüche zu verfügen. Denn zu diesem Zeitpunkt habe die Beklagte auf eine „unzweifelhaft“ wirksame fristlose Kündigung verzichtet. Der Kläger habe als Gegenleistung somit den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses erhalten.

19

Die Beklagte beantragt:

20

Das Urteil des Arbeitsgerichts Rostock vom 21.01.14 Aktenzeichen 1 Ca 1201/13 abzuändern und die Klage abzuweisen, soweit die Beklagte verurteilt wurde, an den Kläger mehr als 20,00 € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszins seit dem 02.08.2013 zu zahlen.

21

Der Kläger beantragt:

22

Die Berufung zurückzuweisen.

23

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Er ist weiter der Ansicht, dass die Beklagte nicht berechtigt sei, eine Vertragsstrafe vom Lohn abzuziehen. Die im Arbeitsvertrag festgelegten Voraussetzungen für die Zahlung einer Vertragsstrafe seien nicht erfüllt. Er hatte während der Arbeitszeit keinen Alkohol getrunken. Ebenso wenig sei er bei dem Vorfall am 24.05.2013 alkoholisiert gewesen. Die Beklagte hätte hierzu hinreichende Indizien vortragen müssen. Da sich der Vorfall außerhalb der Arbeitszeit abgespielt hatte, hätte der Kläger sogar trinken dürfen. Selbst wenn die Strafe verwirkt sei, hätten die Pfändungsfreigrenzen beachtet werden müssen. Auch habe es keine Einigung zwischen den Parteien über den Abzug einer Vertragsstrafe gegeben. Der Kläger habe nichts bestätigt und nichts anerkannt. Auch hier stelle die Beklagte keine konkrete Gesprächssituation dar.

24

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle verwiesen.

Entscheidungsgründe

25

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

26

Das angegriffene Urteil des Arbeitsgerichts war im Ergebnis und auch in den Gründen aufrecht zu erhalten.

27

Das Arbeitsgericht begründete seine Entscheidung wie folgt:

28

„Die Klage ist zulässig und begründet.

29

Der Kläger hat nach § 611 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Zahlung der restlichen Vergütung für den Monat Juni 2013 in Höhe von € 975,- netto. Der Zinsanspruch folgt aus § 291 Satz 1, § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.

30

Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet (§ 611 Abs. 1 BGB). Die vereinbarte Vergütung beträgt € 1.910,- brutto, woraus sich ein Nettobetrag von € 1.498,38 ergibt. Abzüglich des bereits gezahlten Betrages von € 523,38 beläuft sich die offene Forderung auf € 975,- netto.

31

Der Anspruch ist nicht durch Aufrechnung erloschen.

32

Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teiles aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann (§ 387 BGB). Die Aufrechnung bewirkt, dass die Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind (§ 389 BGB).

33

Die Beklagte hat weder aus der arbeitsvertraglichen Vertragsstrafenregelung noch aus anderen Rechtsgründen eine Forderung gegen den Kläger.

34

Eine Vertragsstrafe ist nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Arbeitsvertrages zu zahlen, wenn der Arbeitnehmer gegen das Verbot, während der Arbeitszeit Alkohol und/oder Drogen zu konsumieren, verstößt. Die Beklagte hat jedoch nicht vorgetragen, dass der Kläger während der Arbeitszeit Alkohol getrunken hat.

35

Der Kläger hat die Vertragsstrafe nicht unabhängig von den arbeitsvertraglichen Voraussetzungen anerkannt (deklaratorisches Schuldanerkenntnis).

36

Ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis ist eine rechtsgeschäftliche Willenserklärung, die den Sinn und Zweck, eine schon bestehende Schuld zu bestätigen und das Schuldverhältnis insgesamt oder in einzelnen Punkten dem Streit oder der Ungewissheit der Parteien zu entziehen (BAG, Urteil vom 22.07.2010 - 8 AZR 144/09 - NJW 2011, 630). Willenserklärung ist jedes Verhalten, das darauf gerichtet ist, Rechte zu begründen, zu ändern oder aufzuheben (BGH, Urteil vom 17.10.2000 - X ZR 97/99 - NJW 2001, 289; Palandt/Ellenberger, BGB, 73. Aufl. 2014, Einf v § 116, Rn. 1). Maßgeblich ist, wie sich das Verhalten aus der Sicht des Erklärungsempfängers bei verständiger Betrachtung darstellt.

37

Ob der Kläger am 22.06.2013 eine rechtsverbindliche Erklärung über eine im Streit befindliche Schuld abgegeben hat, lässt sich aus dem Sachvortrag der Beklagten nicht herleiten. Es ist nicht dargelegt, wie sich der Kläger wörtlich geäußert hat und welche Äußerungen seitens der Beklagten dem vorausgegangen sind. Ohne eine Einbeziehung des konkreten Gesprächsverlaufs lässt sich nicht auf einen entsprechenden Rechtsbindungswillen schließen. Der Anlass und der Inhalt eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses erschließt sich nur bei Betrachtung des ihm zu Grunde liegenden Streites, an den es anknüpft. Eine Kündigung stand am 22.06.2013 jedenfalls nicht mehr im Raum, nachdem die Beklagte den Kläger bereits am 05.06.2013 abgemahnt hatte. Im Übrigen deckt sich der beklagtenseitig genannte Betrag von € 1.950,- (= 2 x € 975,-) nicht mit der arbeitsvertraglichen Vertragsstrafe in Höhe von € 1.910,-.

38

Die Beklagte kann ihre Forderung ebenso wenig auf ein konstitutives Schuldanerkenntnis des Klägers stützen. Zur Gültigkeit eines Vertrages, durch den das Bestehen eines Schuldverhältnisses anerkannt wird, ist schriftliche Erteilung der Anerkennungserklärung erforderlich (§ 781 Satz 1 BGB). Eine schriftliche Erklärung des Klägers liegt nicht vor.

39

Darüber hinaus scheitert die Aufrechnung hinsichtlich eines Teilbetrages zusätzlich an § 394 Satz 1 BGB. Diese Vorschrift schließt die Aufrechnung gegen eine unpfändbare Forderung aus. Sie hat den Zweck, dem Arbeitnehmer das zu seinem Lebensunterhalt nötige Minimum zu erhalten. Unter § 394 BGB fallen auch Aufrechnungsvereinbarungen, soweit sie vor Fälligkeit der aufzurechnenden Gegenforderung geschlossen werden (BAG, Urteil vom 17.02.2009 - 9 AZR 676/07 - MDR 2009, 891).“

40

Das Berufungsgericht schließt sich diesen Ausführungen des Arbeitsgerichts ausdrücklich an und macht sie sich auch in der Berufungsinstanz zu Eigen.

41

Ergänzend sei aufgrund der Ausführungen im Berufungsverfahren kurz auf folgende Umstände hingewiesen.

42

Ein Anspruch der Beklagten auf eine Vertragsstrafe unmittelbar aus § 14 des Arbeitsvertrages ist schon nach dem eigenen Vortrag der Beklagten nicht erkennbar.

43

Es ist offensichtlich sehr wohl von Bedeutung, dass arbeitgeberseitig nicht vorgetragen wurde, dass der Kläger während der Arbeitszeit Alkohol konsumiert hatte. Nur das „Konsumieren“ „während der Arbeitszeit“ ist nach § 14 Abs. 2 des Arbeitsvertrages mit einer Strafe belegt.

44

Daher ist es auch nicht von Bedeutung, wenn die Beklagte erstmalig in der Berufungsinstanz meint, es könne dahinstehen, ob der Kläger während der Arbeitszeit getrunken habe, da er kurz nach dem Vorfall seine Fahrt hätte fortsetzen müssen. Dieser nun vorgebrachte Umstand ist nach der eigenen Klausel der Beklagten nicht unter Strafe gestellt. Zwar spricht § 14 Abs. 1 des Arbeitsvertrages zwei Vorschriften/Verbote aus: die Arbeit ist ohne vorausgegangenen Alkoholgenuss aufzunehmen und während der Arbeitszeit ist Alkoholgenuss nicht gestattet. § 14 Abs. 2 des Arbeitsvertrages stellt hiervon jedoch nur den Konsum während der Arbeitszeit unter Strafe. Daher ist es für die Strafe unerheblich, wenn die Beklagte behauptet, der Kläger habe kurz nach dem Vorfall seine Fahrt fortsetzen müssen. Abgesehen davon wäre der Vortrag der Beklagten hierzu zu unsubstantiiert. Der Kläger befand sich gemäß seines schon erstinstanzlichen Vortrages zu Beginn seiner Ruhezeit von 11 Stunden. Was versteht die Beklagte nun darunter, dass „kurz“ danach die Fahrt hätte fortgesetzt werden sollen? Soll dem Kläger jeglicher Alkoholgenuss in seiner Freizeit untersagt sein? Oder will die Beklagte behaupten, der Kläger sei so stark alkoholisiert gewesen, dass er bis zum Arbeitszeitbeginn nicht mehr fahrtüchtig gewesen wäre? Dann wäre es jedoch offensichtlich von Bedeutung gewesen, dass die Beklagte konkret vorträgt, in welchem Alkoholisierungszustand der Kläger sich befand und woraus dies abgeleitet werden soll. Letzteres ist auch bereits vom Kläger angesprochen worden.

45

Soweit die Beklagte meint, sie habe substantiiert zu Zeit, Ort und Umständen vorgetragen, wonach sich die Parteien auf die Zahlung einer Vertragsstrafe geeinigt hätten, hat bereits das Arbeitsgericht dargelegt, dass gerade nicht vorgetragen wurde, welche Äußerungen der Kläger und auch die Beklagte getätigt haben sollen, um hieraus auf einen Rechtsbindungswillen zu schließen. Genau auf diesen Vorhalt im Urteil ist die Beklagte in der Berufung nicht eingegangen. Es genügt nicht, einen Ort und einen Tag zu benennen, um dann schlicht streitig zu behaupten, dass hier eine bestimmte Vereinbarung zum Bestehen einer Schuld und zu Zahlungsmodalitäten erzielt worden sei. Es bleibt aus dem Vortrag der Beklagten für das Gericht wie auch für den Kläger völlig offen, aus welchen objektiven Umständen die Beklagte die Rechtsmeinung ableiten möchte, es sei eine gewisse Vereinbarung getroffen worden. Hierzu hätte ein gewisser Gesprächsverlauf dargestellt werden müssen, aus dem das Gericht rechtlich wertend den Schluss hätte ziehen können, dass zwei übereinstimmende Willenserklärungen vorliegen. Gerade da hier schon nach dem eigenen Vortrag der Beklagten noch nicht einmal der Tatbestand der Vertragsstrafe (§ 14 Abs. 2 des Arbeitsvertrages) ausgefüllt ist, wäre genau zu hinterfragen, aus welchen Äußerungen abgeleitet werden soll, der Kläger habe ohne Not die Zahlung einer nicht verwirkten Strafe anerkannt. Erschwerend kam hier hinzu, dass schon etwa 2 Wochen vorher wegen des Vorfalls eine Abmahnung ausgesprochen worden war. Eine Kündigung war somit gar nicht mehr möglich. Warum sollte der Kläger zur Vermeidung einer nicht möglichen Kündigung eine offenbar unberechtigte Strafe akzeptiert haben?

46

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

47

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 27. Nov. 2014 - 5 Sa 15/14

Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 27. Nov. 2014 - 5 Sa 15/14

Referenzen - Gesetze

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag


(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 291 Prozesszinsen


Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Ab
Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 27. Nov. 2014 - 5 Sa 15/14 zitiert 9 §§.

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 387 Voraussetzungen


Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 389 Wirkung der Aufrechnung


Die Aufrechnung bewirkt, dass die Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 781 Schuldanerkenntnis


Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den das Bestehen eines Schuldverhältnisses anerkannt wird (Schuldanerkenntnis), ist schriftliche Erteilung der Anerkennungserklärung erforderlich. Die Erteilung der Anerkennungserklärung in elektronischer Form ist

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 394 Keine Aufrechnung gegen unpfändbare Forderung


Soweit eine Forderung der Pfändung nicht unterworfen ist, findet die Aufrechnung gegen die Forderung nicht statt. Gegen die aus Kranken-, Hilfs- oder Sterbekassen, insbesondere aus Knappschaftskassen und Kassen der Knappschaftsvereine, zu beziehenden

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bei uns veröffentlicht am 22.07.2010

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 18. Dezember 2008 - 3 Sa 88/08 - wird zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann.

Die Aufrechnung bewirkt, dass die Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 18. Dezember 2008 - 3 Sa 88/08 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision und die Kosten der Nebenintervention zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus einem notariellen Schuldanerkenntnis und die Herausgabe dieser Urkunde.

2

Im Anschluss an eine bei der Beklagten erfolgreich absolvierte Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann war der Kläger vom 4. Juli 2002 bis 24. Juli 2006 in deren Großmarkt in H als Verkäufer im Getränkemarkt beschäftigt. Zu seinen Aufgaben gehörte es, Leergut anzunehmen und die Kasse zu bedienen.

3

Für Mai und Juni 2006 überprüfte die Beklagte die Leergutlisten und stellte Differenzen zwischen Pfandgeldauszahlungen und dem tatsächlich vorhandenen Leergut fest. Von einer Detektei ließ sie eine für den Kläger nicht erkennbare Videokamera oberhalb seines Kassenarbeitsplatzes installieren, die die Arbeitstage vom 22. bis 24. Juni 2006 aufzeichnete. Die Detektei wertete anschließend den Mitschnitt aus; danach ergab sich für die erkennbaren Unterschlagungsvorgänge an den drei Tagen eine Schädigung iHv. 1.120,00 Euro.

4

Am 24. Juli 2006 wurde der damals 22 Jahre alte Kläger mit dem Vorwurf zahlreicher Unterschlagungen konfrontiert. Der Marktleiter, die Bezirksleiterin und der Revisor hielten dem Kläger in Anwesenheit der Betriebsratsvorsitzenden vor, er habe Leergut gebucht und die entsprechenden Pfandbeträge an sich ausgezahlt, obwohl es tatsächlich zu keinen Leergutrückgaben gekommen sei. Der Kläger fertigte dann eine eigenhändige Erklärung, mit der er zugab, seit ca. vier Jahren auf diese Art und Weise an seinem Arbeitsplatz Geld genommen zu haben. Anfangs seien es 10,00 Euro pro Tag gewesen, nachdem dies nicht aufgefallen sei, habe er immer mehr Geld entwendet, tageweise bis zu 500,00 bis 600,00 Euro. Innerhalb von vier Jahren habe er so einen Gesamtschaden von mind. 110.000,00 Euro verursacht. Das Geld sei weg. Dies habe er freiwillig und ohne Drohung zugegeben und aufgeschrieben. Er sei bereit, den Schaden zu ersetzen.

5

Anschließend wartete der Kläger eine Dreiviertelstunde im Beisein der Betriebsratsvorsitzenden, während die Vertreter der Beklagten im Nebenzimmer mit einer anderen Arbeitnehmerin ein Gespräch über ähnliche Vorwürfe führten. Ohne die Betriebsratsvorsitzende fuhren anschließend der Kläger, seine ebenfalls angeschuldigte Kollegin und die Gesprächsteilnehmer der Beklagten aus dem etwa 50 km südöstlich gelegenen H nach M zu einem Notar. Dort wurde ein „Schuldanerkenntnis“ beurkundet und vom Kläger unterzeichnet, mit dem er anerkannte, vorsätzliche unerlaubte Handlungen begangen zu haben und nach § 823 Abs. 2 BGB der Beklagten zu Schadensersatz iHv. 113.750,00 Euro zuzüglich Zinsen verpflichtet zu sein. Beginnend mit dem 1. September 2006 verpflichtete sich der Kläger zu einer monatlichen Ratenzahlung iHv. 200,00 Euro. Er unterwarf sich wegen der Zahlungsverpflichtung einschließlich der Zinsen der sofortigen Zwangsvollstreckung.

6

Aufgrund dieses notariellen Schuldanerkenntnisses zahlte die Nebenintervenientin, bei der die Beklagte eine Vertrauensschadensversicherung abgeschlossen hatte, eine Versicherungsleistung iHv. 113.750,00 Euro. Der Kläger zahlte von September bis Dezember 2006 - unter später zurückgenommenem Vorbehalt - monatliche Raten in vereinbarter Höhe, insgesamt also 800,00 Euro. Die Parteien sind sich darüber einig, dass in dieser Höhe eine Zwangsvollstreckung unzulässig ist.

7

Unter dem 29. Dezember 2006 ließ der Kläger seine zum notariellen Schuldanerkenntnis führende Willenserklärung wegen Täuschung und Drohung anfechten und berief sich darauf, das Schuldanerkenntnis sei wegen Sittenwidrigkeit nichtig. Die Anfechtung wiederholte er mit der am 1. Februar 2007 bei Gericht eingegangenen Vollstreckungsabwehrklage. Der Kläger verkündete der Streithelferin unter dem 8. Oktober 2007 den Streit, die nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten ist. Am 18. Februar 2008 trat die Streithelferin die auf sie nach § 67 VVG übergegangene Forderung an die Beklagte ab.

8

Der Kläger hat behauptet, die Beklagte habe ihm im Gespräch am 24. Juli 2007 sein Mobiltelefon abgenommen und mit der Erstattung einer Strafanzeige und einer empfindlichen Freiheitsstrafe gedroht, falls er das Schuldanerkenntnis nicht unterzeichne. Seine Geständnisse und Erklärungen seien ihm von der Beklagten vorgegeben worden. Ihm sei keine Überlegungsfrist in Ruhe eingeräumt worden. Er hat mit Nichtwissen bestritten, dass die Videoaufzeichnung eine Vielzahl von einzelnen Unterschlagungen über eine Gesamtsumme von 1.120,00 Euro zeige. Darüber hinaus hat er bestritten, dass die Überprüfung der Leergutlisten die von der Beklagten behaupteten Fehlbeträge ergebe und die Höhe des Schadens in Frage gestellt. Er hat die Auffassung vertreten, das Schuldanerkenntnis sei vor diesem Hintergrund sittenwidrig und wirksam angefochten. Die Drohung mit der Freiheitsstrafe stelle eine unzutreffende rechtliche Wertung dar. Insgesamt sei er jung und unerfahren, perplex und überfordert gewesen. Die durchgeführte Videoüberwachung sei unzulässig gewesen, insbesondere wegen § 6b BDSG. Für deren Kosten hafte er nicht. Die im notariellen Schuldanerkenntnis genannte Summe sei unangemessen hoch, dies auch deshalb, weil es der Beklagten darum gegangen sei, die entsprechende Versicherungssumme zu erhalten.

9

Der Kläger hat beantragt,

        

1.    

die Zwangsvollstreckung aus dem am 24. Juli 2006 vor dem Notar Dr. K, M, abgegebenen Schuldanerkenntnis (Urkunden-Nr.: 2077 A/2006) für unzulässig zu erklären,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, die ihr erteilte vollstreckbare Ausfertigung der Urkunde an ihn herauszugeben.

10

Die Beklagte hat Abweisung der Klage beantragt und, nach Abtretung der Forderung durch die Streithelferin an sie, die materielle Rechtmäßigkeit des Schuldanerkenntnisses verteidigt. Sie hat behauptet, dass im Zeitpunkt des Gesprächs mit dem Kläger die Langzeitauswertungen für Mai und Juni 2006 vorgelegen hätten, die allein für diese beiden Monate unter seiner Kassenbediennummer einen Fehlbetrag von weit über 10.000,00 Euro ergeben hätten. Bis 19. Juli 2006 sei eine weitere Differenz in Höhe von nahezu 3.500,00 Euro festzustellen gewesen.

11

Die Streithelferin hat die Abweisung der Klage beantragt und darauf verwiesen, die Angriffe des Klägers auf das deklaratorische Schuldanerkenntnis stützten sich ausschließlich auf Überrumpelungsumstände und die angeblich willkürliche Höhe des Rückzahlungsbetrages. Die Unterschlagungshandlungen an sich habe der Kläger jedoch nicht bestritten.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, weil die Beklagte in der ersten Instanz nicht Inhaberin der Forderung war. Das Landesarbeitsgericht hat nach Beweisaufnahme das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision will der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erreichen.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg. Ohne Rechtsfehler hat das Landesarbeitsgericht entschieden, dass die Klage unbegründet ist.

14

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Nach Rückabtretung durch die Streithelferin sei die Beklagte materiellrechtlich wieder Inhaberin der titulierten Forderung, die Zwangsvollstreckung somit nicht mehr unzulässig. Das notarielle deklaratorische Schuldanerkenntnis sei wirksam. Dass die Beklagte bei einem Streit um die Höhe der Forderung den Schaden allenfalls zu einem geringen Teil hätte beweisen können, führe ebenso wenig zur Sittenwidrigkeit wie der Umstand, dass der Kläger - wenn überhaupt - die Schuld allenfalls unter großen Mühen zurückzahlen könne. Auch aus den Gesamtumständen bei Vertragsschluss ergäbe sich keine Sittenwidrigkeit. Das Schuldanerkenntnis gebe die Einschätzung der Sach- und Rechtslage durch die Parteien im Zeitpunkt seiner Abgabe wieder. Die Beklagte habe weder eine Geschäftsunerfahrenheit des Klägers unzulässig ausgenutzt noch ihm jede Überlegungsfrist genommen. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass der Kläger am 24. Juli 2006 weder im Großmarkt, noch auf der Fahrt zum Notar oder in dessen Kanzlei in eine seelische Zwangslage versetzt worden sei. Der Kläger habe die Möglichkeit zu telefonischem Kontakt nach außen gehabt; weder sei ihm mit einer hohen Freiheitsstrafe gedroht noch bei Niederschrift des Geständnisses die Hand geführt worden. Die Beklagte habe nicht verlangt, das Schuldanerkenntnis „müsse“ unterschrieben werden, der Notar habe einen gegenteiligen Hinweis gegeben. Nach diesem Ergebnis der Beweisaufnahme scheide auch eine Anfechtung nach § 123 BGB aus. Die Beklagte berufe sich auch nicht rechtsmissbräuchlich auf das Schuldanerkenntnis, obwohl sie das Fehlverhalten des Klägers durch fehlende Kontrollen begünstigt habe.

15

B. Das Berufungsurteil hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

16

I. Zu Recht ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, nach Rückabtretung der titulierten Forderung von der Streithelferin an die Beklagte im Februar 2008 sei die Begründung des Arbeitsgerichts für die klagestattgebende Entscheidung hinfällig geworden. Im Zeitpunkt des erstinstanzlichen Urteils war die Beklagte zwar Vollstreckungsgläubigerin, wegen des gesetzlichen Forderungsübergangs nach § 67 VVG jedoch nicht Inhaberin der titulierten Forderung. Nach Rückabtretung kann die Zwangsvollstreckung durch die Beklagte nicht mehr mit der Begründung des Arbeitsgerichts als unzulässig angesehen werden.

17

II. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht auch erkannt, dass das notarielle Schuldanerkenntnis des Klägers vom 24. Juli 2006 als deklaratorisches Schuldanerkenntnis wirksam ist.

18

1. Welchen Inhalt die notarielle Vereinbarung hat, ist grundsätzlich eine Frage tatrichterlicher Feststellung und Auslegung, weil es um den Inhalt einer individuellen, atypischen Erklärung geht. Sie ist vom Revisionsgericht nur eingeschränkt darauf überprüfbar, ob die Rechtsvorschriften für die Auslegung von Willenserklärungen und Verträgen, §§ 133, 157 BGB, richtig angewandt wurden, ob das Wesen des deklaratorischen Schuldanerkenntnisses verkannt oder Denkgesetze und Erfahrungssätze verletzt wurden. Der Auslegungsstoff, der sich nach dem Vorbringen der Parteien gemäß dem Tatbestand des Berufungsurteils ergibt, muss vom Berufungsgericht ausreichend beachtet worden sein (BAG 10. Oktober 2002 - 8 AZR 8/02 - BAGE 103, 71, 78 = AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 169 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 158; 15. Dezember 1999 - 10 AZR 881/98 - zu II 1 der Gründe).

19

2. Nach diesem Maßstab ist die Auslegung des Landesarbeitsgerichts nicht zu beanstanden, es liege weder ein Vergleich iSv. § 779 BGB vor, weil es kein gegenseitiges Nachgeben in Bezug auf Bestehen und Höhe einer von der Beklagten erhobenen Forderung gegeben habe, noch sei ein konstitutives Schuldanerkenntnis oder -versprechen nach §§ 780, 781 BGB abgegeben worden, weil der Schuldgrund der vorsätzlichen unerlaubten Handlung in der notariellen Urkunde ausdrücklich erwähnt wurde. Da bei einem deklaratorischen Schuldanerkenntnis, anders als beim Vergleich, die Unsicherheit der Parteien über das Bestehen und den Inhalt eines Schuldverhältnisses nicht durch gegenseitiges, sondern durch einseitiges Nachgeben des Schuldners beseitigt wird, hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei erkannt, dass vorliegend die Parteien ihre materiellrechtlichen Beziehungen durch einen derartigen einseitigen Feststellungsvertrag regeln wollten (Staudinger/Marburger [1997] § 781 Rn. 8 mwN; BAG 15. März 2005 - 9 AZR 502/03 - BAGE 114, 97 = AP BGB § 781 Nr. 7 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 2).

20

3. Da das deklaratorische Schuldanerkenntnis eine schon bestehende Schuld lediglich bestätigen soll und sein Zweck darin besteht, das Schuldverhältnis insgesamt oder in einzelnen Punkten dem Streit oder der Ungewissheit der Parteien zu entziehen, ist der Kläger mit den Einwendungen ausgeschlossen, die er bei Abgabe des notariellen Schuldanerkenntnisses am 24. Juli 2006 kannte oder mit denen er zumindest rechnete. Dazu gehören nicht nur Einreden, sondern auch echte rechtshindernde oder -vernichtende Einwendungen und das Fehlen anspruchsbegründender Tatsachen (Staudinger/Marburger § 781 Rn. 11 mwN; Palandt/Sprau 69. Aufl. § 781 Rn. 4; BAG 22. Oktober 1998 - 8 AZR 457/97 - zu I 4 c der Gründe, AP BGB § 781 Nr. 5 = EzA BGB § 781 Nr. 5).

21

a) Da der Kläger wusste, dass in der gegebenen Situation gerade das Bestehen und die Höhe des zu ersetzenden Schadens klärungsbedürftig waren, ist er mit dem Einwand ausgeschlossen, die Schuld bestehe nicht oder nicht in dieser Höhe, was das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat.

22

b) Zu Recht haben sich daher die Berufungsrichter mit der Frage des Inhalts und der Zulässigkeit des Beweises durch eine verdeckte Videoaufzeichnung nicht befasst.

23

aa) Entgegen der Auffassung der Revision ist darin kein absoluter Revisionsgrund nach § 547 Nr. 6 ZPO zu sehen. Es kann dahinstehen, ob insoweit überhaupt eine zulässige Verfahrensrüge vorliegt, denn jedenfalls wäre sie unbegründet.

24

Zwar fehlt es an einer Begründung der Entscheidung iSv. § 547 Nr. 6 ZPO auch dann, wenn das Urteil auf einen Klageantrag, Anspruch, selbständigen Angriff oder ein Verteidigungsmittel iSd. § 146 ZPO nicht eingeht(Musielak/Ball ZPO 7. Aufl. § 547 Rn. 15; BGH 21. Dezember 1962 - I ZB 27/62 - BGHZ 39, 333, 337; Zöller/Heßler ZPO 28. Aufl. § 547 Rn. 8; GMP/Müller-Glöge 7. Aufl. § 73 Rn. 49). Mit der Begründung des Berufungsurteils werden jedoch keine selbständigen Angriffs- und Verteidigungsmittel des Klägers übergangen. Sein Vortrag, dass die Videoüberwachung unzulässig gewesen sei, stellt nur ein Argument im Zusammenhang mit einem Angriffs- oder Verteidigungsmittel dar, nämlich der geltend gemachten Unwirksamkeit des notariellen Schuldanerkenntnisses.

25

bb) Soweit die Rüge des Klägers dahin auszulegen ist, dass er eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör iSd. § 72 Abs. 2 Nr. 3 ArbGG geltend machen will, liegt auch diese nicht vor. Die vorliegende Begründung lässt vielmehr erkennen, dass aufgrund der tatsächlichen Feststellungen und der zutreffenden rechtlichen Erwägungen des Berufungsgerichts die Frage der Zulässigkeit der Videoüberwachung für die Frage der klageweise geltend gemachten Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus dem abgegebenen notariellen Schuldanerkenntnis unerheblich war. Daher haben die Berufungsrichter auf das vom Kläger erklärte Schuldanerkenntnis abgestellt und sich mit der Frage der Beweisbarkeit der in der notariellen Urkunde fixierten Schadenshöhe durch die Beklagte nicht befasst. Denn gerade die Schadenshöhe war bei Abgabe der Erklärung des Klägers klärungsbedürftig, was dieser auch wusste. Das Landesarbeitsgericht ist weder von einem für den Überwachungszeitraum „bewiesenen“ Schaden iHv. 1.120,00 Euro noch davon ausgegangen, dass die Beklagte unabhängig vom Geständnis und Schuldanerkenntnis des Klägers am 24. Juli 2006 den ihr entstandenen Schaden in voller Höhe hätte beweisen können.

26

III. Dagegen ist der Kläger grundsätzlich nicht mit Einwendungen gegen das notarielle Schuldanerkenntnis selbst ausgeschlossen, insbesondere mit den Einwänden, das Schuldanerkenntnis sei wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig oder aufgrund wirksamer Anfechtung nach § 123 Abs. 1, § 142 Abs. 1 BGB unwirksam. Dies hat das Berufungsgericht aber rechtsfehlerfrei verneint.

27

1. Abgesehen davon, dass nicht die Beklagte als Partei des Arbeitsvertrages, sondern der beurkundende Notar als von ihr unabhängiger Dritter die Einzelheiten des Schuldanerkenntnisses formuliert hat, sind dem Sachverhalt keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass dabei vorformulierte Vertragsbedingungen zur Anwendung gekommen sind. Eine Überprüfung nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§§ 305 ff. BGB) kommt daher nicht in Betracht.

28

2. Das Schuldanerkenntnis ist nicht entsprechend § 779 BGB wegen eines beiderseitigen Irrtums über einen als feststehend zugrunde gelegten Sachverhalt, der der Wirklichkeit nicht entsprach, unwirksam. Zwar ist § 779 BGB wegen seines vergleichsähnlichen Charakters auch auf das deklaratorische Schuldanerkenntnis entsprechend anwendbar(Staudinger/Marburger § 781 Rn. 18 mwN; BAG 15. Dezember 1999 - 10 AZR 881/98 - zu II 3 a der Gründe; 11. September 1984 - 3 AZR 184/82 - zu III der Gründe, AP BGB § 138 Nr. 37 = EzA BGB § 138 Nr. 17). Vorliegend haben aber die Parteien nicht gemeinsam über einen als feststehend zugrunde gelegten streitausschließenden Umstand geirrt. Vielmehr macht der Kläger geltend, er sei über Grund und Höhe des von ihm verursachten Schadens im Unklaren gelassen oder getäuscht worden. Das war zwischen den Parteien vor Abgabe des Schuldanerkenntnisses aber gerade streitig und wurde deswegen zu seinem Gegenstand gemacht.

29

3. Das notarielle Schuldanerkenntnis ist nicht sittenwidrig nach § 138 Abs. 1 BGB. Ob ein Verstoß gegen die guten Sitten vorliegt, ist eine der Nachprüfung im Wege der Revision unterliegende Rechtsfrage (BGH 30. Oktober 1990 - IX ZR 9/90 - zu II 3 der Gründe mwN, NJW 1991, 353).

30

a) Nach § 138 Abs. 1 BGB ist ein Rechtsgeschäft nichtig, wenn es nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren ist(Palandt/Ellenberger § 138 Rn. 7, 8; PWW/Ahrens 5. Aufl. § 138 Rn. 25, 28; BGH 10. Oktober 1997 - V ZR 74/96 - zu II der Gründe mwN, NJW-RR 1998, 590 f.). Dabei sind nicht nur der objektive Inhalt des Geschäfts, sondern auch die Umstände, die zu seiner Vornahme geführt haben, und die von den Parteien verfolgten Absichten und Beweggründe zu berücksichtigen(BGH 10. Oktober 1997 - V ZR 74/96 - aaO). Bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit ist auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts abzustellen und nicht auf den Eintritt der Rechtswirkungen (Palandt/Ellenberger § 138 Rn. 9; PWW/Ahrens § 138 Rn. 36; BGH 5. Oktober 2001 - V ZR 237/00 - zu II 2 c der Gründe, NJW 2002, 429 f.). In subjektiver Hinsicht genügt es, wenn der Handelnde die Tatsachen kennt, aus denen sich die Sittenwidrigkeit ergibt, bzw. sich der Kenntnis bewusst verschließt oder entzieht (teilweise wird lediglich ein objektiver Pflichtenverstoß gefordert zB Staudinger/Sack [2003] § 138 Rn. 62 f.; MünchKommBGB/Armbrüster 5. Aufl. § 138 Rn. 129 ff.), dagegen ist ein Bewusstsein der Sittenwidrigkeit und eine Schädigungsabsicht nicht erforderlich (Palandt/Ellenberger § 138 Rn. 8; PWW/Ahrens § 138 Rn. 34; BGH 19. Januar 2001 - V ZR 437/99 - zu II 1 b der Gründe, BGHZ 146, 298). Bei einer Verpflichtung, die die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Schuldners weit übersteigt, kommt Sittenwidrigkeit in Betracht, wenn zusätzliche, dem Gläubiger zurechenbare Umstände zu einem unerträglichen Ungleichgewicht der Vertragsparteien führen. Solche Belastungen können sich insbesondere daraus ergeben, dass der Gläubiger die Geschäftsunerfahrenheit oder eine seelische Zwangslage des Schuldners ausnutzt oder ihn auf andere Weise in seiner Entscheidungsfreiheit unzulässig beeinträchtigt(BAG 22. Oktober 1998 - 8 AZR 457/97 - zu I 4 e der Gründe, AP BGB § 781 Nr. 5 = EzA BGB § 781 Nr. 5 unter Hinweis auf BGH 16. Januar 1997 - IX ZR 250/95 - zu II 3 der Gründe mwN, NJW 1997, 1980).

31

b) Der Beweggrund der Beklagten, den Kläger zur Abgabe eines notariellen Schuldanerkenntnisses zu veranlassen, war nicht sittenwidrig. Der Kläger hatte davor zugegeben, über Jahre hinweg Geld aus der Kasse entwendet und dies mittels fingierter Pfandbons verdeckt zu haben. Er hat dies in Form eines schriftlichen Geständnisses niedergelegt, wozu das Landesarbeitsgericht festgestellt hat, dass ihm dabei nicht in einer Weise die Hand geführt worden wäre, sodass er sich dem nicht hätte entziehen können. Sein Handeln und seine Vorgehensweise hat der Kläger nachfolgend auch nicht in Abrede gestellt; nur die Höhe des von ihm anerkannten Schadens hat er bestritten, nicht aber, der Beklagten überhaupt zum Schadensersatz verpflichtet zu sein. Entgegen der mit der Revision vertretenen Ansicht verstößt es auch nicht gegen die guten Sitten, von einem Schädiger über das schriftliche Geständnis hinaus die Abgabe eines notariellen Schuldanerkenntnisses zu verlangen, wenn dies aus versicherungsrechtlichen Gründen erforderlich sein sollte. Da es keinen allgemeinen Erfahrungssatz gibt, dass bei derartigen Festlegungen die Schadenssumme stets überhöht dargestellt und eine Täuschung des Versicherers zumindest billigend in Kauf genommen wird, ist das Landesarbeitsgericht auf diesen Vorhalt des Klägers zu Recht nicht näher eingegangen.

32

c) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht die Sittenwidrigkeit des Schuldanerkenntnisses auch nicht deswegen bejaht, weil ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung bestanden hätte. Ein solches kann nicht daraus abgeleitet werden, dass die Beklagte den Schaden allenfalls zu einem geringen Teil hätte beweisen können. Insoweit verkennt die Revision, dass maßgebend für die Annahme eines auffälligen Missverhältnisses nicht das Verhältnis zwischen wahrer Ausgangslage im Sinne einer tatsächlichen Beweisbarkeit und den übernommenen Leistungen ist, sondern die Einschätzung der Sach- und Rechtslage durch die Parteien bei Abschluss der Vereinbarung (BAG 11. September 1984 - 3 AZR 184/82 - zu IV 1 der Gründe, AP BGB § 138 Nr. 37 = EzA BGB § 138 Nr. 17; BGH 5. Oktober 2001 - V ZR 237/00 - zu II 2 c der Gründe, NJW 2002, 429, 431). Zu Recht hat daher das Landesarbeitsgericht auch in diesem Zusammenhang nicht auf die „Beweisbarkeit“ oder den „Videobeweis“ abgestellt, sondern darauf, wie die Parteien zunächst beim Geständnis des Klägers und nachfolgend bei seinem notariellen Schuldanerkenntnis auf eine Schadenshöhe von 110.000,00 Euro zuzüglich Detekteikosten gekommen sind. Die Schlussfolgerung, die Gesamtsumme von ca. 110.000,00 Euro basiere auf einer gut begründbaren Annahme und sei gerade nicht aus der Luft gegriffen, kann die Revision nicht mit der Argumentation erfolgreich angreifen, dies führe zu einem so gut wie nicht vorstellbaren Schadensbetrag pro Arbeitstag. Umgelegt auf 220 Arbeitstage pro Jahr ergibt sich eine tägliche Schadenshöhe von 125,00 Euro. Dies erscheint nicht sittenwidrig überhöht, nachdem der Kläger zuvor angegeben hatte, zunächst mit 10,00 Euro täglich begonnen und dann seine Entnahmen immer weiter gesteigert zu haben, bis es an „Spitzentagen“ zu 500,00 bis 600,00 Euro gekommen sei. In einem Schadensersatzprozess hätte bei der gegebenen Sachlage die Schadensschätzung durch ein Gericht nach § 287 ZPO rechtsfehlerfrei auch höher ausfallen können. Die Sittenwidrigkeit lässt sich daher aus der Höhe des anerkannten Schadens nicht ableiten.

33

d) Das notarielle Schuldanerkenntnis ist auch nicht deshalb sittenwidrig, weil der Kläger sich damit zur Zahlung eines Betrages nebst Zinsen verpflichtet hat, den er bei gleichbleibenden Einkommensverhältnissen erst nach Jahrzehnten oder überhaupt nicht vollständig zurückzahlen kann. Es verstößt grundsätzlich nicht gegen die guten Sitten, sich in eigener Verantwortung auch zu Leistungen zu verpflichten, die nur unter besonders günstigen Bedingungen erbracht werden können (BGH 16. Januar 1997 - IX ZR 250/95 - zu II 3 der Gründe mwN, NJW 1997, 1980). Mit der eingeräumten monatlichen Ratenzahlung iHv. 200,00 Euro, die die jährliche Verzinsung auf dem Kapitalmarkt nicht abdeckt und die Vollstreckungsmöglichkeit der Beklagten beschränkt, ist eine wirtschaftliche Knebelung des Klägers ebenfalls nicht erfolgt. Im Übrigen geht es um Ansprüche aus eigenen unerlaubten Handlungen des Klägers und nicht etwa um eine Mithaftungsübernahme oder Bürgschaftserklärung, bei der die Beklagte in sittlich anstößiger Weise die emotionale Verbundenheit des Klägers mit einem Hauptschuldner ausgenutzt hätte, um eine übermäßig finanziell belastende Personalsicherheit zu erlangen (vgl. dazu BGH 16. Juni 2009 - XI ZR 539/07 - Rn. 18 mwN, NJW 2009, 2671).

34

e) Die Beklagte hat zur Abgabe des notariellen Schuldanerkenntnisses kein unerträgliches Übergewicht dadurch hergestellt, dass sie dem Kläger jede Überlegungsfrist genommen hätte. Abgesehen davon, dass keine oder nur eine kurze Überlegungsfrist allenfalls die Anfechtbarkeit des Rechtsgeschäfts wegen Drohung nach sich zieht (BAG 15. März 2005 - 9 AZR 502/03 - zu II 3 a der Gründe mwN, BAGE 114, 97 = AP BGB § 781 Nr. 7 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 2), hat die Beklagte dem Kläger bereits nach dessen Bekunden nicht jegliche Überlegungsfrist genommen, wie das Berufungsgericht festgestellt hat. Zwischen dem Gespräch und der Fahrt nach M wartete der Kläger eine Dreiviertelstunde, ohne dass Vertreter der Beklagten zugegen waren. Etwa ebenso lang dürfte dann die Fahrt zum Notar gedauert haben, dessen vom Kläger selbst wiedergegebener Hinweis, er müsse das Schuldanerkenntnis nicht unterschreiben, auch die Gelegenheit darstellte, zwischenzeitlich angestellte Überlegungen und nach dem Gespräch aufgetauchte Bedenken zu äußern.

35

f) Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht auch angenommen, dass die Beklagte keine „Geschäftsunerfahrenheit“ des Klägers ausnutzte, um zum Schuldanerkenntnis zu gelangen. Dass der Kläger als ausgebildeter Einzelhandelskaufmann mit vierjähriger Berufserfahrung und im Alter von 22 Jahren überblicken konnte, was er zugegeben hatte und wozu er sich verpflichtete, durfte die Beklagte ohne Verstoß gegen die guten Sitten annehmen.

36

g) Selbst nach dem Vorbringen des Klägers ist nicht auf eine Zwangslage bei Abgabe des notariellen Schuldanerkenntnisses zu schließen, die die Beklagte sittenwidrig ausgenutzt hätte.

37

Der Kläger hat nicht vorgetragen, auf der Fahrt zum oder beim Notar seien Drohungen ausgesprochen oder Druck aufgebaut worden. Seinem Vorbringen ist auch nicht zu entnehmen, dass schon eine im Büro des Großmarkts aufgebaute unerträgliche „Drohkulisse“ bis unmittelbar vor Abschluss des notariellen Schuldanerkenntnisses fortwirkte. Zudem hat das Landesarbeitsgericht hinsichtlich der Situation im Großmarkt festgestellt, dass von einer Zwangslage des Klägers nicht ausgegangen werden kann. Die Revision hat das Verfahren, das zu dieser Feststellung geführt hat, nicht mit einer zulässigen und begründeten Verfahrensrüge angegriffen, womit diese Feststellungen für das Revisionsgericht bindend sind (§ 559 Abs. 2 ZPO). Mit den Feststellungen des Berufungsgerichts geht im Übrigen auch die Revision nunmehr davon aus, dass dem Kläger nicht mit einer „Freiheitsstrafe“, sondern mit einer Strafanzeige gedroht worden ist. Dadurch geriet der Kläger in keine anstößige Zwangslage, weil jeder verständige Arbeitgeber in der damaligen Situation die Erstattung einer Anzeige in Erwägung gezogen hätte. Denn der Kläger hatte nicht in Abrede gestellt, Pfandbeträge unberechtigterweise an sich selbst ausbezahlt zu haben und die Beteiligten stimmten auch überein, dass ein Problem deutlich jenseits des Bereichs eines Bagatelldelikts zu bereinigen war.

38

IV. Zutreffend hat es das Berufungsgericht nicht als rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB) angesehen, wenn sich die Beklagte auf das Anerkenntnis beruft. Selbst wenn sie das Fehlverhalten des Klägers durch fehlende Kontrollen erleichtert haben sollte, stellt dies keinen Rechtsverstoß im Zusammenhang mit der Abgabe des notariellen Schuldanerkenntnisses dar. Wiederum gilt, dass vorliegend nicht in einem Schadensersatzprozess die Frage eines Mitverschuldens des Geschädigten zu beurteilen war, sondern ob die Beklagte wegen einer titulierten Schadensersatzforderung vollstrecken darf.

39

V. Schließlich hat das Landesarbeitsgericht die Anfechtung seiner zum notariellen Schuldanerkenntnis führenden Willenserklärung des Klägers ohne Rechtsfehler für unwirksam befunden. Schon nach seinem eigenen Vorbringen steht dem Kläger ein Anfechtungsgrund nicht zur Seite. Unmittelbar vor Unterzeichnung des Schuldanerkenntnisses beim Notar ist dem Kläger nicht gedroht worden. Die Drohung mit einer Strafanzeige im Großmarkt war, selbst wenn sie bis zum Notar „fortgewirkt“ haben sollte, nicht widerrechtlich. Die Drohung mit einer Strafanzeige ist dann rechtmäßig, wenn sie nur dazu dient, den Täter zur Wiedergutmachung des Schadens zu veranlassen (MünchKommBGB/Kramer § 123 Rn. 43). Da der Kläger nicht in Abrede gestellt hatte, unberechtigterweise Pfandbeträge in erheblicher Höhe an sich selbst ausbezahlt zu haben, lagen ausreichend Anhaltspunkte dafür vor, dass er die Beklagte geschädigt hatte; die Erstattung einer Strafanzeige erschien daher als adäquates Mittel zur Aufklärung des Sachverhaltes. Eine solche Drohung ist nicht widerrechtlich, da das Mittel, also das angedrohte Verhalten und der Zweck, dh. das erreichte Schuldanerkenntnis nicht, auch nicht in der Verknüpfung, widerrechtlich sind (Palandt/Ellenberger § 123 Rn. 19; BAG 10. Oktober 2002 - 8 AZR 8/02 - zu II 3 b bb der Gründe mwN, BAGE 103, 71 = AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 169 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 158). Ein Gläubiger darf vermeintliche Schadensersatzansprüche unabhängig davon geltend machen, ob er sie beweisen kann. Der erstrebte Zweck, nämlich die Sicherung dieser Ansprüche durch Schuldanerkenntnis ist - für sich betrachtet - noch nicht rechtswidrig, solange der Gläubiger jedenfalls vom Bestehen der Schuld ausgehen darf (BAG 10. Oktober 2002 - 8 AZR 8/02 - aaO).

40

Der Kläger ist auch nicht arglistig getäuscht worden. Seiner Behauptung, ihm sei gesagt worden, es gebe „Beweise für einen angeblich entwendeten Geldbetrag in Höhe von insgesamt 110.000,00 Euro“ ist das Berufungsgericht zu Recht schon deswegen nicht weiter nachgegangen, da der Kläger für diese Behauptung beweisfällig geblieben ist.

41

VI. Nachdem die Beklagte das notarielle Schuldanerkenntnis zu Recht erhalten hat, die Urkunde weder nach ihrem Inhalt nichtig noch in ihrer Wirkung beschränkt ist, sind Herausgabeansprüche aus §§ 321 oder 812 Abs. 1 BGB nicht ersichtlich.

42

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Die ehrenamtliche Richterin Morsch
ist wegen Ablauf der Amtszeit an
der Unterschriftsleistung verhindert.
Hauck    

        

    N. Schuster    

                 

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 97/99 Verkündet am:
17. Oktober 2000
Fritz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGB §§ 651 g, 174 S. 1
Die Anmeldung von Ersatzansprüchen nach dem Reisevertragsrecht der
§§ 651 a ff BGB durch einen Vertreter des geschädigten Reisenden ist unwirksam
, wenn der Anmeldung nicht die Originalvollmachtsurkunde beigelegt ist
und der Reiseveranstalter aus diesem Grund die Anmeldung der Ansprüche
unverzüglich zurückweist. Die Vorlage einer beglaubigten Kopie der Vollmachtsurkunde
genügt in diesem Zusammenhang nicht.
BGH, Urteil vom 17. Oktober 2000 - X ZR 97/99 - OLG Düsseldorf
LG Düsseldorf
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Oktober 2000 durch den Vorsitzenden Richter
Rogge, die Richter Dr. Jestaedt, Dr. Melullis, Scharen und Keukenschrijver

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das am 29. April 1999 verkündete Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung der Kosten für eine Ersatzunterkunft in der Türkei in Anspruch.
Über ein Reisebüro buchte der Kläger bei der Beklagten für sich und sechs weitere Personen eine sogenannte "F.-Reise" in die Türkei. Die Reiseleistungen umfaßten unter anderem die Unterbringung in einem VierSterne -Hotel mit Halbpension an der Südägäis, sowie den Hin- und Rückflug.
Nachdem der Kläger und seine Mitreisenden zum vorgesehenen Termin in dem gebuchten Hotel T. in K. eingetroffen waren, stellte sich
heraus, daß dort aufgrund einer Überbuchung Zimmer nicht zur Verfügung standen. Daraufhin wurden der Kläger und seine Mitreisenden mit ihrem Einverständnis gegen Zusage der Kostenübernahme für eine Nacht in einem anderen Hotel am gleichen Ort untergebracht. Den am folgenden Tag vom örtlichen Reiseleiter verlangten Umzug in das ursprünglich vorgesehene Hotel lehnte der Kläger ab, da dieses Hotel nach seinen Informationen weiterhin überbucht war. Ob diese Information zutraf, ist zwischen den Parteien umstritten.
Der Kläger blieb in der Folge mit seinen Mitreisenden in dem Ersatzhotel ; hierfür wendete er nach seiner Darstellung insgesamt 3.400,-- DM auf, für die er von der Beklagten Ersatz verlangt.
Nach seiner Rückkehr am 20. August 1997 machte der Kläger durch Schreiben seiner Rechtsanwälte vom 17. September 1997 verschiedene Mängel der Reise geltend und forderte die Beklagte auf, Minderungs- und Schadensersatzansprüche dem Grunde nach anzuerkennen. Dem Schreiben lag eine beglaubigte Kopie einer Vollmacht des Klägers für die Rechtsanwälte bei. Mit Schreiben vom gleichen Tag wies die Beklagte die Ansprüche unter Hinweis auf das Fehlen einer Originalvollmacht zurück. Diese ging der Beklagten mit einem weiteren Schreiben der Rechtsanwälte des Klägers vom 23. September 1997 in der Folge zu.
Nachdem die Beklagte an der Ablehnung der von dem Kläger geltend gemachten Ansprüche festhielt, hat dieser die vorliegende Klage erhoben. In diesem Verfahren hat sich die Beklagte damit verteidigt, daß die Ausschlußfrist des § 651 g Abs. 1 BGB versäumt sei.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung blieb ohne Erfolg. Mit seiner zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Zahlungsanspruch in Höhe von 3.400,-- DM weiter. Die Beklagte bittet um Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


Die zulässige Revision bleibt in der Sache ohne Erfolg.
I. Das Berufungsgericht läßt dahinstehen, ob die von dem Kläger und seinen Mitreisenden gebuchten Zimmer zur Verfügung standen und weiter, ob, falls das nicht der Fall war, der Kläger wegen der für die Ersatzunterkünfte aufgewendeten Kosten insgesamt, also auch soweit es seine Mitreisenden betrifft, Ersatzansprüche geltend machen kann. Unbegründet sei die Klage bereits deshalb, weil derartige Ansprüche an der Nichteinhaltung der Monatsfrist des § 651 g Abs. 1 BGB scheiterten. Innerhalb dieser Frist liege eine wirksame Anmeldung der Ansprüche nicht vor. Von ihrer Anmeldung bereits während des Urlaubs gegenüber der örtlichen Reiseleitung oder dem vermittelnden Reisebüro könne nach der eigenen unzulänglichen und mit der Berufung nicht ausdrücklich aufrechterhaltenen Sachdarstellung des Klägers nicht ausgegangen werden.
Das Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 17. September 1997 habe die Frist des § 651 g Abs. 1 BGB nicht wahren können, da ihm eine Originalvollmacht nicht beigelegen habe und die Forderung deswegen durch die Beklagte zurückgewiesen worden sei. Das führe nach dem Rechtsgedanken des
§ 174 BGB zur Unwirksamkeit dieser Anmeldung. Der damit bestehende Mangel sei durch das weitere Schreiben vom 23. September 1997, mit dem die Originalvollmacht überreicht worden sei, nicht mehr rechtzeitig geheilt worden; dieses Schreiben sei der Beklagten schon nach seinem Absendedatum erst nach Ablauf der Monatsfrist zugegangen.
Die Regelung des § 174 BGB sei auf die vorliegenden Erklärungen entsprechend anzuwenden. Zwar stelle die Anmeldung von Ersatzansprüchen im Reisevertragsrecht keine Willenserklärung dar, da sie nicht auf die Herbeiführung einer insbesondere vom Willen abhängigen Rechtsfolge gerichtet sei. Die Wahrung der Gewährleistungsansprüche trete vielmehr unabhängig vom Willen des Anmelden kraft Gesetzes ein. Das schließe die Annahme einer Willenserklärung im eigentlichen Sinne aus; vielmehr liege nur eine dieser vergleichbare geschäftsähnliche Handlung vor. Bei dieser bestehe jedoch eine der Willenserklärung vergleichbare Interessenlage, die zur entsprechenden Anwendung des § 174 BGB führen müsse. Die Regelung in § 651 g Abs. 1 BGB diene dem Schutz des Reiseveranstalters, der möglichst schnell nach Beendigung der Reise darüber Klarheit haben solle, ob aus Reisemängeln Gewährleistungsansprüche abgeleitet und geltend gemacht werden und er sich unter Umständen auf eine gerichtliche Auseinandersetzung einstellen müsse. Zur Wahrung seiner eigenen Interessen solle er möglichst frühzeitig in die Lage versetzt werden, den Sachverhalt vor Ort durch Rückfragen bei der Reiseleitung bzw. den Leistungsträgern zu klären und etwaige Beweise für Regreßansprüche gegen die Leistungsträger zu sichern. Da die dazu erforderlichen Ermittlungen , Rückfragen, Sicherungsmaßnahmen und Anmeldungen von Regreß mit einem nicht unerheblichen Aufwand verbunden sein könnten, insbesondere wenn die Reise wie hier ferne Länder betroffen habe, bestehe ein
schützenswertes und erhebliches Interesse des Reiseveranstalters daran, diese Tätigkeit nicht unnötig in Gang zu setzen. Das begründe ein ebenso schützenswertes Interesse daran, innerhalb der Frist des § 651 g Abs. 1 BGB abschließend Klarheit darüber zu gewinnen, ob derartige Ansprüche geltend gemacht würden oder nicht. Trete insoweit ein Vertreter auf, bedürfe es einer endgültigen Kenntnis von dessen Befugnis zur Geltendmachung der angemeldeten Ansprüche. Dem trage der Rechtsgedanke des § 174 BGB dadurch Rechnung, daß er dem Erklärungsempfänger die Zurückweisung der Willenserklärung ermögliche, wenn dieser die Originalvollmacht nicht beigefügt sei. Angesichts der im wesentlichen übereinstimmenden Interessenlage müsse das gleiche auch für die hier vorliegende geschäftsähnliche Handlung gelten.
Der mit der Nichteinhaltung der gesetzlichen Frist verbundenen Rechtsfolge könne der Kläger auch nicht mit dem Hinweis auf ein mangelndes Verschulden begegnen. Seine anwaltlichen Vertreter hätten erkennen können und müssen, daß die Frage, ob es der Vorlage der Originalvollmacht bedurfte, zumindest in Rechtsprechung und Lehre umstritten war, und sich deshalb für den für den Kläger sichersten Weg entscheiden müssen. Daß sie dies nicht getan hätten, gereiche ihnen zum Verschulden; dieses Verschulden müsse sich der Kläger nach § 278 BGB zurechnen lassen.
II. Gegen diese Würdigung wendet sich die Revision ohne Erfolg.
1. a) Eine - mündliche - Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegenüber der örtlichen Reiseleitung oder dem vermittelnden Reisebüro schon vor dem Schreiben der anwaltlichen Vertreter des Klägers vom 17. September 1997 hat das Berufungsgericht zu Recht als nicht hinreichend dargelegt ange-
sehen. Unbeschadet der Frage, ob der Kläger sein entsprechendes erstinstanzliches Vorbringen überhaupt in der Berufungsinstanz aufrechterhalten hat, genügte dies auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen nicht. Voraussetzung einer wirksamen Anmeldung der Ansprüche im Sinne des § 651 g BGB ist, daß der Reisende eindeutig und vorbehaltlos mitteilt, daß er nach Rückkehr von der Reise Ansprüche aus bestimmten Mängeln gegen den Reiseveranstalter einklagen werde (BGHZ 102, 80, 84, 86; vgl. auch Tonner, Der Reisevertrag, 3. Aufl., § 651 g Rdn. 9). Behauptet hatte der Kläger lediglich, telefonisch beim Reisebüro die mangelhafte Reise geltend gemacht zu haben. Dem ist nicht mit der erforderlichen Sicherheit zu entnehmen, daß er bei dieser Gelegenheit bereits Ansprüche angemeldet hat; sein Vorbringen kann ohne weiteres auch dahin verstanden werden, daß er lediglich eine - den gesetzlichen Anforderungen der Geltendmachung von Ansprüchen nicht genügende - Rüge von Mängeln mit dem Ziel erhoben hat, deren Beseitigung oder eine andere Abhilfe zu erreichen (vgl. § 651 c Abs. 2, 651 d Abs. 2 BGB).

b) Dem Berufungsgericht ist weiter darin beizupflichten, daß der Anmeldung von Ersatzansprüchen im Schreiben der anwaltlichen Vertreter des Klägers vom 17. September 1997 nach dessen Zurückweisung durch die Beklagte die Wirksamkeit fehlt, weil ihm das Original der vom dem Kläger erteilten Vollmacht nicht beigelegen und die Beklagte unverzüglich diesen Mangel gerügt und das Verlangen der Vertreter des Klägers aus diesem Grunde zurückgewiesen hat (§ 174 Satz 1 BGB).
aa) Allerdings ist, was das Berufungsgericht nicht verkannt hat, die Vorschrift des § 174 BGB auf die hier vorliegende Aufforderung zur Leistung von Ersatz nicht unmittelbar anzuwenden. Nach Wortlaut und systematischer Stel-
lung betrifft sie allein rechtsgeschäftliche Willenserklärungen, zu denen das hier in Rede stehende Verlangen nicht gehört.
Die Willenserklärung im Sinne der Vorschriften des Allgemeinen Teils des Bürgerlichen Gesetzbuches ist die Ä ußerung eines Willens, der unmittelbar auf die Herbeiführung einer Rechtswirkung gerichtet ist; sie bringt einen Rechtsfolgewillen zum Ausdruck, das heißt einen Willen, der auf die Begründung , inhaltliche Ä nderung oder Beendigung eines privaten Rechtsverhältnisses abzielt (vgl. statt aller Palandt/Heinrichs, BGB, 59. Aufl., Einführung vor § 116 BOB Rdn. 1; s. a. Medicus, Allgem. Teil des BGB, 7. Aufl., Rdn. 195, 175 jeweils m.w.N.). Diesen Anforderungen genügt die Anmeldung schon deshalb nicht, da sie, worauf das Berufungsgericht zutreffend hingewiesen hat, nicht darauf gerichtet ist, beim Empfänger deshalb Rechtsfolgen auszulösen, weil diese vom Erklärenden gewollt sind. Die Anmeldung der Ansprüche nach § 651 g Abs. 1 BGB zielt nicht in dem Sinne final auf einen Rechtserfolg, daß die Erhaltung der Gewährleistungsansprüche des Reisenden als Ergebnis der Willenserklärung des Erklärenden eintritt. Er behält diese Rechte vielmehr auch dann, wenn er die Rechtsfolgen seiner Erklärung nicht in Betracht zieht, sondern sein Wille lediglich darauf gerichtet ist, dem Reiseveranstalter anzuzeigen , daß er wegen der Mängel der Reise gegen ihn vorzugehen gedenkt. Der Erhalt dieser Ansprüche ist daher lediglich das Ergebnis der Erklärungen des Reisenden; nicht aber notwendig das gewollte finale Ergebnis seines Handelns. Das schließt ihre Einordnung als Willenserklärung im Sinne des Allgemeinen Teils des Bürgerlichen Gesetzbuches aus (so auch Isermann, MDR 1995, 224, 225 mit eingehender Darstellung des Meinungsstandes).
bb) Wie das Berufungsgericht weiter zutreffend entschieden hat, stellt die Anmeldung der Ansprüche jedoch eine geschäftsähnliche Handlung dar, auf die § 174 BGB entsprechend anzuwenden ist.
Geschäftsähnliche Handlungen, die nach ihrer rechtlichen Struktur im wesentlichen den gleichen Regeln wie Willenserklärungen unterliegen, sind in erster Linie Aufforderungen und Mitteilungen, die auf Ansprüche oder Rechtsverhältnisse Bezug nehmen und vielfach im Bewußtsein der dadurch ausgelösten Rechtsfolgen ausgesprochen werden, jedoch nicht unmittelbar auf den Eintritt dieser Rechtsfolgen gerichtet sind oder gerichtet sein müssen (vgl. Larenz, Allgem. Teil des deutschen Bürgerlichen Rechts, 7. Aufl., § 26 S. 512; s. a. Medicus, aaO, Rdn. 197). Eine solche Natur hat auch die Anmeldung der Ansprüche im Sinne des § 651 g BGB. Mit dieser erhält sich der Reisende bei rechtzeitiger Abgabe der entsprechenden Erklärung seine Gewährleistungsansprüche ; unterbleibt die Erklärung innerhalb der Frist, wird er mit seinen Ansprüchen ausgeschlossen. Daraus, daß die Gewährleistungsansprüche nicht erst durch die Geltendmachung der Mängel, sondern bereits mit deren Vorliegen entstehen (vgl. dazu OLG Karlsruhe NJW-RR 1991, 54; Führich, Reiserecht , 3. Aufl., § 12 Rdn. 370) folgt nicht, daß die Anmeldung keinerlei Rechtsfolge auslöst und sie schon deshalb als geschäftsähnliche Handlung ausscheidet (so aber OLG Karlsruhe, aaO). Zu entnehmen ist dem vielmehr nur, daß die Anmeldung der Ansprüche selbst keine unmittelbar rechtsbegründende Wirkung entfaltet; Zweck und Wirkung beschränken sich darauf, dem Reisenden die anderweitig begründeten Gewährleistungsrechte zu erhalten (vgl. LG Kleve NJW-RR 1995, 316, 317). Insoweit ähnelt sie der handelsrechtlichen Mängelrüge nach § 377 HGB, durch die ebenfalls keine neuen Rechte geschaffen werden, sich der Käufer aber die Rechte wegen der mangelhaften
Lieferung wahren kann. Damit geht sie über die bloße Mitteilung von Tatsachen , der ein Teil des Schrifttums den geschäftsähnlichen Charakter abspricht (vgl. Soergel/Eckert, BGB, 12. Aufl., § 651 g Rdn. 7; Führich, aaO, § 12 Rdn. 370), hinaus. Ä hnlich wie die Mängelrüge beschränkt sie sich nicht auf die Mitteilung des Vorhandenseins von Mängeln, sondern bildet auch aus der Sicht des Erklärenden eine Voraussetzung für die Durchsetzung auf diesen Mängeln beruhender weitergebender Ansprüche und ist als solche notwendig, um die dem Betroffenen vom Gesetz zugebilligten Ansprüche zu erhalten. Diese rechtserhaltende Wirkung der fristgerechten Anmeldung ist eine kraft Gesetzes eintretende Rechtsfolge, die charakteristisch für das Vorliegen einer geschäftsähnlichen Handlung ist.
cc) Ob der Reiseveranstalter die in einem Schreiben eines Vertreters des Reisenden enthaltene Anmeldung von Ansprüchen nach § 651 g Abs. 1 BGB entsprechend § 174 Satz 1 BGB zurückweisen darf, wenn dem Schreiben eine Originalvollmacht nicht beigefügt wurde, ist allerdings umstritten. Teilweise wird in Literatur und Rechtsprechung die Auffassung vertreten, daß die Vorschrift für die Anmeldung von Ansprüchen gemäß § 651 g BGB nicht gilt (OLG Karlsruhe NJW-RR 1991, 54; LG Hamburg NJW-RR 1997, 502; Schramm in MünchKomm. zum BGB, 3. Aufl., § 174 BGB Rdn. 2 a; Tonner in MünchKomm. zum BGB, aaO, § 651 g BGB Rdn. 6; Soergel/Leptien, BGB, 13. Aufl., § 174 Rdn. 7; Soergel/Eckert, BGB, 12. Aufl., § 651 g BGB Rdn. 7; Führich, Reiserecht , 3. Aufl., § 12 Rdn. 370; Seyderhelm, Reiserecht, § 651 g BGB Rdn. 30; Isermann, MDR 1995, 224; Tempel, RRa 1998, 19, 29; Teichmann, JZ 1993, 990, 991). Nach der Gegenmeinung ist § 174 Satz 1 BGB direkt oder doch zumindest analog auf die Anmeldung von Ansprüchen wegen Reisemängeln nach
§ 651 g Abs. 1 BGB anzuwenden (LG Kleve RRa 1999, 162, 163; dasselbe NJW-RR 1995, 316, 317; LG Düsseldorf NJW-RR 1992, 443; Palandt/ Heinrichs, aa0, § 174 BGB Rdn. 1; Palandt/Sprau, aaO, § 651 g BGB Rdn. 2; Staudinger/Schilken, BGB, 13. Bearb., § 174 BGB Rdn. 2; Bidinger/Müller, Reisevertragsrecht , 2. Aufl., § 651 g BGB Anm. 8).
Der zuletzt genannten Ansicht ist zu folgen. Bei der Frage, in welchem Umfang die für Willenserklärungen geltenden Vorschriften auf geschäftsähnliche Handlungen anzuwenden sind, ist jeweils den spezifischen Eigenarten und der Interessenlage bei der in Frage stehenden Handlung Rechnung zu tragen (vgl. Palandt/Heinrichs, aa0, vor § 104 BGB Rdn. 7; Medicus, aa0, Rdn. 198). Geschäftsähnliche Handlungen in Form von Willensäußerungen, zu denen auch die Anmeldung von Ansprüchen nach § 651 g Abs. 1 BGB gehört, stehen den Willenserklärungen insofern nahe, als auch sie gewöhnlich im Bewußtsein der eintretenden Rechtsfolgen und oft sogar in der Absicht, sie hervorzurufen, vorgenommen werden. Wegen dieser Ä hnlichkeit gelten die allgemeinen Vorschriften über Willenserklärungen für sie grundsätzlich zumindest in entsprechender Anwendung (vgl. dazu BGHZ 7, 352, 357; BGH, Urt. v. 25.11.1982 - III ZR 92/81, NJW 1983, 1542; BGHZ 106, 163, 166). Für die Anmeldung von Ansprüchen nach § 651 g Abs. 1 BGB gilt insoweit nichts anderes.
Die rechtzeitige Anmeldung von Gewährleistungsansprüchen bezweckt, dem Reiseveranstalter Schwierigkeiten bei der Überprüfung der Ordnungsgemäßheit seiner Leistung und bei der Durchsetzung von Regreßansprüchen gegen Leistungsträger soweit wie möglich zu ersparen. Insoweit schränkt sie die an sich im Interesse des Verbrauchers geschaffenen und damit dem Verbraucherschutz dienenden Regelungen der §§ 651 a ff. BGB zugunsten des Reise-
veranstalters ein. Dieser soll so früh wie möglich von Beanstandungen der Reisenden in Kenntnis gesetzt werden, damit er die Berechtigung der gerügten Mängel überprüfen und Regreßansprüche absichern kann (BGHZ 102, 80, 86). Damit trägt das Gesetz auch dem Gedanken Rechnung, daß - worauf beide Parteien zu Recht hingewiesen haben - die Veranstaltung von Reisen für den Veranstalter ein Massengeschäft bildet, bei dessen Abwicklung sich auch deshalb , weil die eigentliche Leistung in der Regel von Dritten erbracht wird, schnell Veränderungen ergeben können, die eine nachträgliche Aufklärung des Sachverhalts durch den Veranstalter erschweren können. Ob und in welchem Umfang Beanstandungen eines Reisenden berechtigt sind, wird sich häufig nur innerhalb einer vergleichsweise kurzen Zeitspanne überprüfen lassen. Andererseits ist, auch und gerade weil es sich hier um ein Massengeschäft handelt, die Überprüfung solcher Beanstandungen des einzelnen Reisenden, mit einem nicht unerheblichen Aufwand verbunden, der einen beträchtlichen sich auf die Preise auswirkenden Kostenfaktor darstellen kann. Deshalb besteht auf der Seite des Reiseveranstalters ein anzuerkennendes und schützenswertes Interesse daran, diese Tätigkeiten nicht vergeblich in Gang zu setzen. Auch das gebietet es, daß zu einem möglichst frühen Zeitpunkt endgültig feststeht, ob und in welchem Umfang wirksam Ansprüche gegen den Veranstalter geltend gemacht werden. Auch mit Blick auf diese Interessenlage ist die Geltendmachung von Ansprüchen in § 651 g BGB grundsätzlich an eine kurze Frist gebunden , nach deren Ablauf sie nur noch dann in Betracht kommt, wenn der Reisende ohne sein Verschulden an der rechtzeitigen Anmeldung seiner Ansprüche gehindert war. Die hinter dieser Regelung stehende Zielsetzung schließt es aus, den Veranstalter über einen längeren Zeitraum darüber im Ungewissen zu lassen, ob eine wirksame Anmeldung von Ansprüchen vorliegt oder nicht. Das verlangt nicht nur eine kurzfristige abschließende Klärung über
die Anmeldung der Ansprüche als solche; zu diesem Zeitpunkt muß vielmehr auch endgültig und gesichert feststehen, ob die Anmeldung dieser Ansprüche mit Wirkung für und gegen den Reisenden stattgefunden hat. Das setzt eine abschließende Klärung der Vollmachtslage voraus, deren Sicherung die Regelung in § 174 BGB dient.
Ebenso wie im unmittelbaren Anwendungsbereich der Vorschrift wird dem mit dieser Vorschrift bezweckten Schutz des Erklärungsgegners auch im Zusammenhang der §§ 651 a ff. BGB nur genügt, wenn die Vollmachtsurkunde in Urschrift vorgelegt wird. Einer beglaubigten Abschrift ist allenfalls zu entnehmen , daß die Vollmacht einmal erteilt war, hingegen nicht, daß sie bei Geltendmachung der Ansprüche noch bestanden hat und nicht etwa durch Zurückforderung der Vollmachtsurkunde entzogen wurde. Diese Ungewißheit entfällt nur, wenn die Urschrift der Vollmachtsurkunde vorgelegt wird (vgl. BGH, Urt. v. 4.2.1981 - VIII ZR 313/79, NJW 1981, 1210; s. a. Soergel/Leptien, aaO, § 174 BGB Rdn. 2; Schramm in MünchKomm. zum BGB, aaO, § 174 BGB Rdn. 3). Das gilt in besonderem Maße zunächst dann, wenn die Ansprüche von einem Mitreisenden oder einem Familienmitglied angemeldet werden. Hier kann der Reiseveranstalter ohne Vorlage der Originalvollmacht nicht mit der gebotenen Sicherheit bestimmen, ob diese tatsächlich erteilt wurde und ob die Vertretungsbefugnis etwa infolge einer Rückforderung der Urkunde erloschen ist. Eine unbillige Belastung des Ersatzansprüche anmeldenden Reisenden oder seines Vertreters liegt darin nicht; die Übersendung der Originalvollmacht stellt keine größere Belastung dar als die einer beglaubigten Abschrift der Vollmachtsurkunde. Für die einem anwaltlichen Vertreter erteilte Vollmacht gilt insoweit nichts anderes. Im Hinblick auf § 174 BGB unterscheidet das Gesetz nicht danach, wem die Vollmacht jeweils erteilt wurde.

Mit Blick auf den Zweck der Ausschlußregelung, dem Veranstalter frühzeitig abschließende Klarheit über die geltend gemachten Ansprüche zu verschaffen , kann der Revision auch nicht darin gefolgt werden, daß es im Rahmen des § 651 g Abs. 1 BGB ausreichen müsse, wenn der Reiseveranstalter mit hoher Gewißheit davon ausgehen könne, daß der den Anspruch geltend machende Rechtsanwalt von dem Reisenden tatsächlich bevollmächtigt sei, während im originären Anwendungsbereich des § 174 BGB eine absolute Sicherheit erforderlich sei. Für eine solche Differenzierung bietet das Gesetz keine Grundlage.
Der Anwendung des § 174 BGB im Geltungsbereich des § 651 g BGB kann die Revision nicht mit Erfolg entgegenhalten, daß damit ein vollständiger Verlust des materiellen Rechts verbunden sein könne, während die Vorschrift in ihrem unmittelbaren Geltungsbereich nur von der Unwirksamkeit einer Erklärung ausgehe und deren Wiederholung nicht ausschließe. Auch dann ist ein vollständiger Rechtsverlust nicht ausgeschlossen, wenn die Erklärung der Wahrung einer Ausschlußfrist dient und vor deren Ablauf eine Wiederholung nicht möglich ist. Zudem ist die Anwendbarkeit des § 174 BGB für den vergleichbaren Fall der Mängelrüge nach den §§ 377 ff. BGB anerkannt. Auch insoweit handelt es sich um eine geschäftsähnliche Handlung, und die Unwirksamkeit einer Mängelrüge hat regelmäßig einen Verlust der Gewährleistungsansprüche zur Folge, wenn sie - was wegen der Kürze der Frist nur in Ausnahmefällen möglich sein wird - nicht mehr wirksam nachgeholt werden kann. Ebensowenig steht schließlich der verbraucherschützende Charakter der Regelungen des Reisevertragsrechtes der Anwendung des § 174 BGB entgegen. Dieser ist mit der Regelung des § 651 g BGB im Interesse des Reiseveran-
stalters zu dessen Gunsten durchbrochen worden; in diesem Bereich läßt sich daher aus dem Grundgedanken des Gesetzes zugunsten eines den Verbraucher begünstigenden Verständnisses der Regelung ein durchschlagender Gesichtspunkt nicht herleiten.

c) Soweit das Berufungsgericht ein mangelndes Verschulden (§ 651 g Abs. 1 Satz 2 BGB) für nicht hinreichend dargelegt hält, wird dies von der Revision nicht angegriffen. Rechtsfehler treten insoweit auch nicht hervor.

d) Das Berufungsgericht ist demgemäß zu Recht davon ausgegangen, daß die Anmeldung der Ansprüche wegen der behaupteten Mängel der Reise im Schreiben vom 17. September 1997 nach der Zurückweisung dieses Schreibens durch die Beklagte entsprechend § 174 Satz 1 BGB unwirksam ist. Die Beklagte hat dieses Schreiben am gleichen Tage und damit unverzüglich im Sinne des Gesetzes zurückgewiesen. Die erneute Anmeldung dieser Ansprüche im Schreiben vom 23. September 1997, dem eine Originalvollmacht beilag, ist nicht mehr rechtzeitig innerhalb der Monatsfrist des § 651 g Abs. 1 Satz 1 BGB erfolgt, da die Reise am 20. August 1997 abgeschlossen war, war die Frist vor diesem Tage abgelaufen.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Rogge Jestaedt Melullis
Scharen Keukenschrijver

Zur Gültigkeit eines Vertrags, durch den das Bestehen eines Schuldverhältnisses anerkannt wird (Schuldanerkenntnis), ist schriftliche Erteilung der Anerkennungserklärung erforderlich. Die Erteilung der Anerkennungserklärung in elektronischer Form ist ausgeschlossen. Ist für die Begründung des Schuldverhältnisses, dessen Bestehen anerkannt wird, eine andere Form vorgeschrieben, so bedarf der Anerkennungsvertrag dieser Form.

Soweit eine Forderung der Pfändung nicht unterworfen ist, findet die Aufrechnung gegen die Forderung nicht statt. Gegen die aus Kranken-, Hilfs- oder Sterbekassen, insbesondere aus Knappschaftskassen und Kassen der Knappschaftsvereine, zu beziehenden Hebungen können jedoch geschuldete Beiträge aufgerechnet werden.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.