Landesarbeitsgericht Nürnberg Urteil, 12. Okt. 2018 - 8 Sa 176/18

bei uns veröffentlicht am12.10.2018
vorgehend
Arbeitsgericht Bamberg, 2 Ca 732/17, 04.04.2018

Gericht

Landesarbeitsgericht Nürnberg

Tenor

1. Die Berufungen des Klägers und der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Bamberg vom 04.04.2018 - Az. 2 Ca 732/17, werden zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger eine unverfallbare Anwartschaft auf tarifvertraglich geregelte Leistungen der betrieblichen Altersversorgung erworben hat. Hilfsweise begehrt der Kläger die Feststellung, dass die Beklagte auf Grund einer fehlerhaften Auskunft verpflichtet ist, den Kläger so zu stellen, als habe er eine unverfallbare Anwartschaft erworben.

Der am ... 1969 geborene Kläger befand sich ab dem 01.01.1994 in einem Ausbildungsverhältnis und anschließend ab dem 01.06.1995 in einem Arbeitsverhältnis als Versicherungsvertreter bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der A. Lebensversicherung AG. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten teilte dem Kläger mit Schreiben vom 09.11.1993 (Anlage K 2, Bl. 15 - 17 der Akte) im Hinblick auf das Ausbildungsverhältnis unter der Überschrift „Vergütung“ u.a. mit, dass die betrieblichen und tariflichen Leistungen gewährt würden.

Bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten fand seinerzeit der zwischen der Tarifgemeinschaft A. Unternehmensgruppe und der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen Düsseldorf geschlossene „Tarifvertrag über die betriebliche Versorgungsordnung - 01.04.85 -“ (Anlage K 5, Bl. 21 ff. der Akte; im folgenden VO 85) Anwendung. Die VO 85 enthält u.a. folgende Regelungen:

㤠1 Geltungsbereich

1. Diese Versorgungszusage gilt für die Arbeitnehmer der A. Unternehmensgruppe; ausgeschlossen sind die leitenden Angestellten sowie Arbeitnehmer, die nebenberuflich, aushilfsweise, zeitlich befristet oder zur Ausbildung tätig sind. …

§ 2 Voraussetzungen und Leistungsarten

1. Gewährt werden

- Altersrenten (Ziffer 4)

- Invaliditätsrenten (Ziffer 5)

- Witwen- oder Witwerrenten (Ziffer 6)

- Abfindung bei Wiederheirat (§ 7 Ziffer 3.3)

- Waisenrenten (Ziffer 6) …

4. Altersversorgung

Der Versorgungsfall für die Zahlung der Altersrente tritt spätestens mit dem vollendeten 65. Lebensjahr ein. …

§ 3 Anrechnungsfähige Dienstzeit

1. Als anrechnungsfähige Dienstzeit zählt die in der A. Unternehmensgruppe zurückgelegte, durch Arbeitsvertrag anerkannte Dienstzeit in einem unbefristeten Anstellungsverhältnis, frühestens vom vollendeten 18. Lebensjahr an. Die anrechnungsfähige Dienstzeit endet mit Eintritt des Versorgungsfalles. Es sind höchstens 30 Dienstjahre anrechnungsfähig.

2. …

3. Ab einer 10jährigen anrechnungsfähigen Dienstzeit wird der Arbeitnehmer, der das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, im Invaliditätsfall so gestellt, als hätte er bis zur Vollendung seines 55. Lebensjahr bei der A. gearbeitet.

Zeiten der Berufsausbildung in der Unternehmensgruppe werden für die geforderte 10jährige Wartezeit ab Vollendung des 18. Lebensjahres berücksichtigt. …

§ 5 Höhe der Renten

1. Altersrente

1.1. …

8. Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Eintritt des Versorgungsfalles

8.1. Scheidet der Arbeitnehmer aus den Diensten der A.

Unternehmensgruppe vor Eintritt des Versorgungsfalles aus, so wird seine Rentenanwartschaft gemäß den gesetzlichen Bestimmungen geregelt.

8.2. Ein unverfallbarer Versorgungsanspruch darf nicht abgefunden werden.

8.3. Sind die Voraussetzungen für eine unverfallbare betriebliche Altersversorgung erfüllt, so erhält der Arbeitnehmer eine Mitteilung darüber, daß eine unverfallbare Anwartschaft besteht und in welcher Höhe er Altersrente beanspruchen kann. …“

Im Januar 2004 erhielt der Kläger ein unter der Bezeichnung „Personal/Betriebliches Versorgungswerk“ unterzeichnetes Schreiben der Rechtsvorgängerin der Beklagten mit der Überschrift „Auskünfte über Ihre betrieblichen Rentenanwartschaften (Stand 2003)“ (vgl. Anlage K 6, Bl. 80/81 der Akte). In diesem Schreiben heißt es u.a., dass die betriebliche Altersversorgung des Klägers in der VO 85 geregelt ist und dass die Rente nach Eintritt des Versorgungsfalls nach Vollendung des 65. Lebensjahres 2.057,49 € monatlich beträgt. Eine Mitteilung über die Höhe des unverfallbaren Rentenanspruchs ist in dem unter der Datumsangabe Januar 2004 verfassten Auskunftsschreiben nicht enthalten.

Im Januar 2005 erhielt der Kläger ein unter der Bezeichnung „Personal/Betriebliches Versorgungswerk“ unterzeichnetes Schreiben der Rechtsvorgängerin der Beklagten mit der Überschrift „Auskünfte über Ihre betrieblichen Rentenanwartschaften (Stand 2004)“ (vgl. Anlage K 1, Bl. 14 der Akte). Es lautet auszugsweise wie folgt:

„Sehr geehrter Herr B.,

mit diesem Brief erhalten Sie eine Information über Ihre betriebliche Versorgung.

Das Unternehmen wird Ihnen nach Eintritt des Versorgungsfalles gemäß Tarifvertrag über die betriebliche Versorgungsordnung vom 01.04.85 (VO 85) Versorgungsleistungen zahlen. Bitte beachten Sie, dass zum Bezug der betrieblichen Versorgungsleistungen alle Leistungsvoraussetzungen erfüllt sein müssen; insbesondere muss der gesetzliche Rentenversicherungsträger eine Vollrente bewilligt haben und das Arbeitsverhältnis mit dem Unternehmen muss aus diesem Grunde beendet worden sein.

Die Rente beträgt nach Eintritt des Versorgungsfalles brutto:

bei voller Erwerbsminderung 681,70 EURO mtl.

nach Vollendung des 65. Lbj. 2.045,11 EURO mtl.

Die Betriebsrente darf gemäß § 5 der VO 85 zusammen mit der ungeminderten Rente der gesetzlichen Rentenversicherung höchstens 70% des durchschnittlichen monatlichen Bruttoeinkommens der letzten 12 Monate (einschl. Sonderzahlungen) betragen. Ob es in Ihrem Fall zu einer Limitierung der Betriebsrente kommen würde, kann erst nach Vorlage des Rentenbescheides des gesetzlichen Rentenversicherungsträgers geprüft werden.

Beachten Sie bitte, dass bei einer Alterspensionierung vor dem 65. Lbj. (z. B. bei einer Pensionierung nach einer Altersteilzeit) die Rente abweichen kann.

Die Hinterbliebenenrente würde 60% der Rente betragen, die im Falle der vollen Erwerbsminderung gezahlt worden wäre.

Die Höhe des unverfallbaren Rentenanspruches, welcher nach einem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Unternehmen zum 65. Lebensjahr fällig werden würde, beträgt:

nach Vollendung des 65. Lbj. 555,45 EURO mtl.

… Bei der Berechnung Ihrer Rentenanwartschaft wurden die heute bekannten Daten berücksichtigt. Außerdem haben wir eine durchgehende Beschäftigung bis zum Versorgungsfall und eine unveränderte wöchentlichen Arbeitszeit vorausgesetzt. Minderungen in der gesetzlichen Rentenversicherung, wie z. B. aufgrund von Rentenabschlägen wegen der vorzeitigen Inanspruchnahme der Rente, werden durch die betriebliche Versorgung nicht ausgeglichen.

Auch wenn wir Ihnen mit dieser Rentenauskunft nach keinen endgültigen Rentenbetrag nennen können, so glauben wir doch, dass Sie hierdurch einen guten Überblick über Ihre zu erwartende Versorgungsleistung erhalten. …“

Mit Schreiben vom 17.03.2005 erklärte der Kläger die Eigenkündigung des mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten bestehenden Arbeitsverhältnisses zum 31.03.2005.

Auf Anfrage des Klägers teilte die Beklagte mit Schreiben vom 22.05.2013 (Anlage K 4, Bl. 20 der Akte) mit, dass er keine unverfallbaren Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung erworben habe, da die Zusage auf die betriebliche Altersversorgung zum Zeitpunkt seines Ausscheidens noch keine zehn Jahre bestanden habe.

Der Kläger vertrat erstinstanzlich die Ansicht, dass er im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis mit der Rechtvorgängerin der Beklagten eine unverfallbare Anwartschaft auf die in der VO 85 geregelten Leistungen der betrieblichen Altersversorgung erworben habe. Die hierfür nach § 1 b Abs. 1 BetrAVG i. V. m. § 30 f Abs. 1 BetrAVG erforderlichen Voraussetzungen lägen vor. Insbesondere habe die Versorgungszusage am 31.03.2005 auch bereits mehr als zehn Jahre bestanden, da das Ausbildungsverhältnis bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten bereits am 01.01.1994 begonnen habe und sich das Arbeitsverhältnis unmittelbar ab dem 01.06.1995 angeschlossen habe. Zutreffend sei zwar, dass sich die Versorgungszusage gemäß § 1 Ziffer 1 VO 85 im Ausbildungsverhältnis mangels Eröffnung des persönlichen Anwendungsbereichs nicht direkt aus der VO selbst ergebe. Dies folge jedoch auf Grund der Individualvereinbarung auf Seite 2 im Ausbildungsvertrag vom 09.11.1993. Dort sei unter „Vergütung“ vereinbart worden, dass dem Kläger die tariflichen Leistungen und damit auch die Leistungen aus der VO 85 gewährt würden.

Sofern dem Kläger im Zeitpunkt seines Ausscheidens noch keine unverfallbare Anwartschaft auf die in der VO 85 geregelten Leistungen in der betrieblichen Altersversorgung erworben haben sollte, sei die Beklagte verpflichtet, ihn so zu stellen, als habe er eine solche unverfallbare Anwartschaft erworben. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten habe dem Kläger im Januar 2005 die Auskunft erteilt, dass die Höhe des unverfallbaren Rentenanspruchs 555,45 € monatlich betrage. Der Kläger habe sein Arbeitsverhältnis im März 2005 gekündigt, um im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit im Sinne des § 84 Abs. 1 HGB mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten zusammen zu arbeiten. Im März 2005 habe deshalb ein Treffen des Klägers mit seinem damaligen Vorgesetzten, Herrn E., stattgefunden, in dem der Wechsel des Klägers vom Arbeitsverhältnis in die Selbstständigkeit besprochen worden sei. Im Rahmen dieses Gesprächs sei auch die Betriebsrente thematisiert worden. Herr E. habe dem Kläger nochmals ausdrücklich zugesichert, dass die Auskunft aus Januar 2005 zutreffend sei und der Kläger die Voraussetzung für eine entsprechende unverfallbare Anwartschaft bereits erfüllt habe. Hintergrund sei gewesen, dass dem Kläger kein festes Datum vorgegeben worden sei, bis zu dem er in die Selbstständigkeit hätte wechseln können. Hätte der Kläger gewusst, dass er bei einem Ausscheiden zum 31.03.2005 noch keine unverfallbare Anwartschaft in Höhe von 555,45 € monatlich erworben habe, hätte er mit der Kündigung noch bis Juni 2005 gewartet, um die Voraussetzung für die unverfallbare Anwartschaft zu erfüllen. Es sei selbstverständlich, dass eine zusätzliche monatliche Altersrente von mindestens 555,45 € Grund sei, mit einer Eigenkündigung noch kurze Zeit zu warten, insbesondere dann, wenn die Zusammenarbeit mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten im Ergebnis nicht aufgegeben, sondern lediglich umgestellt würde.

Der Kläger beantragte erstinstanzlich zuletzt:

1. Es wird festgestellt, dass der Kläger gegenüber der Beklagten eine unverfallbare Anwartschaft auf die in der Versorgungsordnung vom 01.04.1985 vorgesehenen Leistungen der betrieblichen Altersversorgung unter Berücksichtigung einer anrechnungsfähigen Dienstzeit vom 01.01.1994 bis 31.03.2005 erworben hat.

2. Hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte im Wege des Schadensersatzes verpflichtet ist, den Kläger so zu stellen, als habe er eine solche unverfallbare Anwartschaft erworben.

Die Beklagte beantragte erstinstanzlich,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte vertrat erstinstanzlich die Ansicht, dass der Kläger keine unverfallbare Anwartschaft auf Betriebsrentenleistungen erworben habe. Zum Zeitpunkt seines Ausscheidens am 31.03.2005 habe die Versorgungszusage entgegen § 1 b Abs. 1 BetrAVG i. V. m. § 30 f Abs. 1 BetrAVG noch keine zehn Jahre bestanden. Da Ausbildungsverhältnisse aus dem persönlichen Anwendungsbereich der VO 85 ausdrücklich ausgenommen worden seien, habe die Versorgungszusage erst ab Beginn des Arbeitsverhältnisses am 01.06.1995 bestanden. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten habe dem Kläger unter dem Punkt „Vergütung“ seines Ausbildungsvertrags auch nichts Anderes zugesagt. Soweit ausgeführt sei, dass die betrieblichen und tariflichen Leistungen gewährt würden, dann bedeute dies selbsterklärend, dass hierfür das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen Grundvoraussetzungen wäre.

Die Beklagte sei auch nicht verpflichtet, den Kläger wegen des Schadensersatzes so zu stellen, als habe er eine unverfallbare Anwartschaft erworben. Bei der Auskunft der Rechtsvorgängerin der Beklagten aus Januar 2005 handele es sich nicht um ein abstraktes oder deklaratorisches Schuldanerkenntnis, sondern um eine unverbindliche Auskunft, die grundsätzlich zum Jahreswechsel in standardisierter Form an die Arbeitnehmer gesandt würden. Es handele sich um eine bloße Information. Hinzu komme, dass bei der Abfassung dieses standardisierten Schreibens im Januar 2005 nicht absehbar gewesen sei, dass die klagende Partei das Arbeitsverhältnis etwaig zum April beenden würde. Der Kläger habe die Beklagte zu diesem Zeitpunkt auch nicht um eine Auskunft ersucht, sondern vielmehr habe diese die Auskunft autonom als Serviceleistung erbracht. Die Auskunft sei im Übrigen auch nicht falsch. Im Auskunftsschreiben sei klar und verständlich ausgedrückt, dass das Unternehmen nach Eintritt des Versorgungsfalls gemäß VO 85 Versorgungsleistungen zahlen wird. Darüber hinaus werde ausdrücklich darum gebeten, zu beachten, dass zum Bezug der betrieblichen Versorgungsleistungen alle Leistungsvoraussetzungen erfüllt sein müssten. Beide Formulierungen würden unmissverständlicher Weise darauf hinweisen, dass noch weitere Bedingungen erfüllt sein müssten und dieses Schreiben keine bestehenden Ansprüche festsetze. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Mitteilung zur Höhe der unverfallbaren Anwartschaft ganz bewusst im Konjunktiv formuliert worden sei. Dies würde dem Leser wiederum darauf stoßen lassen, dass noch weitere Bedingungen erfüllt sein müssten, bevor ein solcher Anspruch hätte entstehen können. Bei dem Schreiben vom Januar 2005 handele es sich auch um keine Mitteilung im Sinne von § 5 Ziffer 8.3 VO 85. Von einer solchen Mitteilung gehe eine größere Verbindlichkeit einher als bei einer Auskunft. Darüber hinaus erfordere die Mitteilung nach § 5 Ziffer 8.3 VO 85 eine Formulierung im Indikativ, also, dass tatsächlich eine unverfallbare Anwartschaft bestehe. Mit vorliegender Auskunft habe in keinem Fall eine förmliche Mitteilung gemacht werden sollen, dass eine unverfallbare Anwartschaft bestehe, was für den Kläger auch erkennbar gewesen sei. Hinzukomme, dass der Arbeitgeber nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht verpflichtet sei, den Arbeitnehmer darauf hinzuweisen, dass er die Unverfallbarkeitsfristen des § 1 b BetrAVG noch nicht erfüllt habe. Im Übrigen könne der Kläger im Rahmen eines Schadenersatzanspruchs lediglich den Ersatz der sogenannten negativen Interessen ersetzt verlangen. Der Arbeitgeber müsste nur Schadenersatz leisten, wenn der Arbeitnehmer falsche Dispositionen wegen mangelhafter oder falscher Informationen getroffen hätte. Ansprüche könnten folglich nur bestehen, sofern der Versorgungsberechtigte im Vertrauen auf die Richtigkeit des Leistungsbescheids Vermögensdispositionen getroffen oder zu treffen unterlassen habe, die er auch für die Zukunft nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen bzw. nachholen könne. Ein etwaiger Schaden müsse vorliegend schließlich im Lichte des rentenrechtlich noch sehr jungen Alters der klagenden Partei bei seinem Ausscheiden (nämlich 39 Jahre und 9 Monate) betrachtet werden. Etwaiger Schadensersatzanspruch sei daher nach § 254 BGB zu mindern.

Das Arbeitsgericht Bamberg hat mit Endurteil vom 04.04.2018 nach Abweisung des Hauptantrages als unbegründet, dem Hilfsantrag stattgegeben. Der Kläger habe gemäß § 1 b Abs. 1 BetrAVG i. V. m. § 30 f Abs. 1 BetrAVG keine unverfallbare Anwartschaft auf die in der VO 85 vorgesehenen Leistung in der betrieblichen Altersversorgung erworben, weil die Versorgungszusage zum Zeitpunkt seines Ausscheidens noch keine zehn Jahre bestanden habe. Es liege auch keine davon abweichende vertragliche Zusage bzw. ein darauf gerichtetes Schuldanerkenntnis vor. Die Beklagte sei aber aufgrund der im Januar 2005 fehlerhaft erteilten Auskunft gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 i. V. m. § 249 ff. BGB verpflichtet, den Kläger so zu stellen, als habe er eine unverfallbare Anwartschaft auf diese Leistungen erworben.

Der Kläger sei mit Ablauf des 31.03.2005 nach Vollendung seines 35. Lebensjahres bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten ausgeschieden. Zu diesem Zeitpunkt habe die Versorgungszusage der VO 85 aber noch keine 10 Jahre bestanden. Die zu Beginn des Ausbildungsverhältnisses des Klägers geltende VO 85 habe ausdrücklich Auszubildende vom persönlichen Geltungsbereich ausgenommen. Falle der Arbeitnehmer erst nachträglich unter den Geltungsbereich eines Versorgungstarifvertrages sei die Zusage erst erteilt, sobald der Arbeitnehmer die Tatbestandsvoraussetzungen der Regelung erfülle. Dies sei im Fall des Klägers erst mit Beginn seines Arbeitsverhältnisses am 01.06.1995 der Fall. Die Versorgungszusage habe daher im Zeitpunkt seines Ausscheidens lediglich 9 Jahre und 10 Monate bestanden. Der Nichtberücksichtigung der Ausbildungszeit stünde weder § 17 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 BetrAVG noch § 3 Nr. 3 Satz 2 VO 85 entgegen. § 17 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 BetrAVG regele zwar die Gleichstellung von Berufsausbildungsverhältnissen mit Arbeitsverhältnissen, was insbesondere auch für die gesetzlichen Unverfallbarkeitsfristen gelte. Voraussetzung sei aber, dass dem Auszubildenden eine Versorgungszusage erteilt worden sei, was vorliegend nicht der Fall sei. § 3 Nr. 3 Satz 2 VO 85, der die Berücksichtigung der Ausbildungszeiten bei der 10-jährigen Wartezeit im Zusammenhang mit der Invalidenversorgung regele, erweitere nicht den persönlichen Geltungsbereich der tariflichen Versorgungszusage, sondern setze voraus, dass dieser eröffnet sei.

Eine davon zu Gunsten des Klägers abweichende vertragliche Zusage läge nicht vor. Aus dem Hinweis im Schreiben der Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 09.11.1993, dass neben der Vergütung in Höhe von DM 2.435,- die betrieblichen und tariflichen Leistungen gewährt würden, folge nicht, dass diese unabhängig vom Vorliegen der tarifvertraglichen Voraussetzungen gewährt werden sollten. Anhaltspunkte dafür, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit dieser Formulierung eine übertarifliche Verpflichtung begründen wollte, seien nicht ersichtlich. Das Auskunftsschreiben aus dem Januar 2005 stelle weder ein abstraktes noch ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis dar, sondern eine sog. Wissenserklärung.

Die Rechtsvorgängerin der Beklagten habe im Januar 2005 dem Kläger hinsichtlich eines unverfallbaren Rentenanspruchs jedoch eine unrichtige Auskunft erteilt. Aufgrund dieser Auskunft habe der Kläger im Zeitpunkt seiner Eigenkündigung im März 2005 davon ausgehen dürfen, dass er bereits eine unverfallbare Anwartschaft auf die in der VO 85 geregelten Leistungen der betrieblichen Altersversorgung erworben habe. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger das Arbeitsverhältnis ohne fehlerhafte Auskunft nicht bereits zum Ablauf des 31.03.2005, sondern erst zum Ablauf der gesetzlichen Unverfallbarkeitsfrist gekündigt hätte. Die Beklagte sei daher gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 i. V. m. § 249 ff. BGB verpflichtet, den Kläger so zu stellen, als habe er eine unverfallbare Anwartschaft auf die in der VO 85 geregelten Leistungen der betrieblichen Altersversorgung erworben.

Erteilt ein Arbeitgeber Auskünfte an Arbeitnehmer, müssen diese richtig, eindeutig und vollständig sein. Dies gelte unabhängig davon, ob der Arbeitgeber zur Auskunftserteilung verpflichtet gewesen sei oder nicht. Die von der Rechtsvorgängerin der Beklagten im Januar 2005 erteilte Auskunft erwecke den unzutreffenden Eindruck, dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt bereits eine unverfallbare Anwartschaft auf die in der VO 85 vorgesehenen Versorgungsleistungen erworben habe. Aus der Auskunft aus dem Januar 2005 ergebe sich ausdrücklich und durch Fettdruck optisch hervorgehoben, dass „Stand 2004“ die Höhe des unverfallbaren Rentenanspruchs nach Vollendung des 65. Lebensjahres € 555,45 monatlich betrage. Damit sei der unzutreffende Eindruck erweckt worden, dass der Kläger im Januar 2005 bereits eine unverfallbare Anwartschaft erworben habe, die nach einem vorzeitigen Ausscheiden mit Vollendung des 65. Lebensjahres fällig werde und die „Stand 2004“ € 555,45 monatlich betrage. Was die Unverfallbarkeit der Rentenanwartschaft anbelange, enthalte die Auskunft keine Vorbehalte und Einschränkungen. Insbesondere habe sie nicht zu erkennen gegeben, dass die Unverfallbarkeit noch von einem weiteren Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über das Jahr 2004 hinaus abhänge. Im Gegenteil werde hinsichtlich der Fälligkeit nur auf ein vorzeitiges Ausscheiden (und nicht auf ein erforderliches weiteres Verbleiben) und das Erreichen des 65. Lebensjahres abgestellt. Hinzu komme, dass eine entsprechende Mitteilung über die Höhe des „unverfallbaren Rentenanspruchs“ in dem Auskunftsschreiben aus Januar 2004 noch nicht enthalten war. Der Kläger habe daher davon ausgehen dürfen, dass er nunmehr einen „unverfallbaren Rentenanspruch“ erworben habe, der durch eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr „verfallen“ könne. Ein anderer Grund für die erstmalige Mitteilung der Höhe des „unverfallbaren Rentenanspruchs“ im Auskunftsschreiben Januar 2005 sei nicht ersichtlich. Insbesondere sei nicht ersichtlich, dass diese darauf beruhen solle, dass der Kläger im Laufe des Jahres 2005 erstmals eine unverfallbare Anwartschaft erwerben könnte. Die Auskunft gebe ausdrücklich den „Stand 2004“ wieder und beziehe sich damit auf das vergangene Jahr 2004 und nicht auf den weiteren Verlauf des Jahres 2005. Abweichendes ergäbe sich auch nicht aus dem übrigen Text des Auskunftsschreibens. Soweit darauf hingewiesen werde, „dass zum Bezug der betrieblichen Versorgungsleistungen alle Leistungsvoraussetzungen erfüllt sein müssen“, betreffe das die Leistungsvoraussetzungen der VO 85 und „insbesondere“ die Rente nach Eintritt des Versorgungsfalls. Im Übrigen müsse auch bei einer unverfallbaren Anwartschaft - mit Ausnahme des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses bis zum Eintritt des Versorgungsfalles - die in der Versorgungszusage geregelten Leistungsvoraussetzungen bei Eintritt des Versorgungsfalls erfüllt bzw. im Zeitpunkt des Ausscheidens bis dahin noch erfüllbar sein. Soweit es darin heiße, dass der Rentenanspruch „nach einem vorzeitigem Ausscheiden aus dem Unternehmen zum 65. Lebensjahr fällig werden würde“, stelle dies keinen Hinweis darauf dar, dass eine unverfallbare Betriebsrentenanwartschaft noch nicht erworben worden sei. Dadurch werde vielmehr zum Ausdruck gebracht, dass der „unverfallbare Rentenanspruch“ der Anspruch sei, der dem Kläger zustehe, wenn das Arbeitsverhältnis nicht bis zum Eintritt des Versorgungsfalles fortbestünde, sondern „vorzeitig“ ende. Aus der Auskunft ergäbe sich damit, dass der Rentenanspruch bei einem vorzeitigen Ausscheiden des Klägers nicht „verfällt“, sondern „unverfallbar“ sei und zum „Stand 2004“ € 555,45 betrage. Dass der die Fälligkeit des Anspruchs betreffende Relativsatz im Konjunktiv formuliert sei, bringe nicht zum Ausdruck, dass die Unverfallbarkeit des Anspruchs noch unsicher bzw. von weiteren Bedingungen abhängig sei. Dadurch sei lediglich zum Ausdruck gebracht, dass der „Rentenanspruch“ im Falle eines (im Zeitpunkt der Auskunft nicht feststehenden) vorzeitigen Ausscheidens bestünde und - wie die reguläre Vollrente auch - das Erreichen des 65. Lebensjahres voraussetze. Die sonstigen Vorbehalte würden die im Zeitpunkt der Auskunft ebenfalls nicht abschließend feststehende Rentenhöhe und nicht den möglichen „Verfall“ im Falle eines vorzeitigen Ausscheidens betreffen.

Die Beklagte entlaste nicht, dass es sich dem Auskunftsschreiben um eine standardisierte Serviceleistung handelte, die turnusmäßig an die Arbeitnehmer versendet werde. Auch in derartigen Schreiben enthaltene Auskünfte dürfen nicht unzutreffend sein. Im Übrigen sei das Schreiben insoweit individualisiert, als es die persönliche Anrede mit dem Namen des Klägers und Angaben zur Höhe seiner Rentenansprüche enthalte. Außerdem enthalte es erstmals eine Angabe zur Höhe des „unverfallbaren Rentenanspruchs“. Insoweit richte sich die Auskunft also nicht an sämtliche Arbeitnehmer gleichermaßen, sondern berücksichtige den Kläger betreffende Besonderheiten. Die Beklagte entlaste auch nicht, dass im Zeitpunkt der Auskunft nicht absehbar gewesen sei, dass der Kläger im März 2005 ausscheiden werde. Die Auskunft dürfe unabhängig davon, ob mit einem Ausscheiden des Mitarbeiters zu rechnen sei, keine unzutreffenden Angaben zur unverfallbaren Betriebsrentenanwartschaft enthalten. Das gelte umso mehr, als die Auskunft darüber, ob und in welcher Höhe eine unverfallbare Rentenanwartschaft erworben worden sei, gerade und vor allem für Mitarbeiter Bedeutung habe, die ein vorzeitiges Ausscheiden in Betracht ziehen würden. Selbst wenn der Vorgesetzte des Klägers, Herr E., nicht ausdrücklich die Richtigkeit dieser Auskunft bestätigt hätte, würde dies nichts an der Unrichtigkeit der Auskunft ändern. Vielmehr hätte Herr E. als Erfüllungsgehilfe der Rechtsvorgängerin der Beklagten bei Gesprächen über ein Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis und eine künftige Zusammenarbeit auf selbständiger Basis darauf hinweise müssen, dass der Kläger noch keine unverfallbare Anwartschaft erworben habe, da mit der im Januar 2005 erteilten fehlerhaften Auskunft eine „Gefahrenquelle“ durch die Arbeitgeberin geschaffen worden sei. Die Beklagte sei aufgrund der fehlerhaften Auskunft im Wege des Schadenersatzes verpflichtet, den Kläger so zu stellen, als habe er eine unverfallbare Anwartschaft auf die Betriebsrentenleistungen der VO 85 erworben. Es sei anerkannt, dass der Arbeitgeber, der fehlerhafte Auskünfte über Versorgungsansprüche erteile, für daraus entstandene Schäden hafte. Der Arbeitgeber sei gemäß §§ 249 ff BGB verpflichtet, den Zustand herzustellen, der bestünde, wenn er keine falsche, sondern eine richtige Auskunft erteilt hätte. Es käme vorliegend daher darauf an, was passiert wäre, wenn die Rechtsvorgängerin der Beklagten im Auskunftsschreiben aus dem Januar 2005 nicht den unzutreffenden Eindruck erweckt hätte, dass der Kläger bereits eine unverfallbare Anwartschaft erworben habe. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger in diesem Fall das Arbeitsverhältnis nicht bereits zum 31.03.2005 gekündigt hätte, sondern erst zum Ablauf der gesetzlichen Unverfallbarkeitsfrist, d.h. zum Ablauf des 31.05.2005. In diesem Fall wäre der Kläger mit einer unverfallbare Anwartschaft auf die Betriebsrentenleistungen der VO 85 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden, so dass die Beklagte verpflichtet sei, ihn so zu stellen. Die Beklagte selbst habe auch keine Anhaltspunkte vorgebracht, die dafür sprechen würden, dass der Kläger gleichwohl zum 31.03.2005 gekündigt hätte.

Die Beklagte könne nicht einwenden, dass der Schadensersatzanspruch des Klägers nur auf das negative Interesse gerichtet sein könne. Zwar treffe zu, dass der Arbeitnehmer bei fehlerhaften Auskünften regelmäßig nicht das Erfüllungs-, sondern das negative Interesse (sog. Vertrauensschaden) ersetzt verlangen könne. Dies hat in den Fällen, in denen der Arbeitnehmer fehlerhaft über die Höhe der Betriebsrente bzw. der unverfallbaren Anwartschaft informiert worden sei, zur Folge, dass er als Schadensersatz nicht die Betriebsrente in der falsch mitgeteilten Höhe beanspruchen könne, sondern festzustellen sei, welche Versorgung der Arbeitnehmer bei richtiger Auskunft nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Vorkehrungen durch Abschluss einer zusätzlichen privaten Versorgung erhalten hätte, wobei ersparte Versicherungsbeiträge schadensmindernd anzurechnen seien. Vorliegend ginge es jedoch nicht darum, dass der Kläger im Hinblick auf die ihm fehlerhaft mitgeteilte Höhe der unverfallbaren Anwartschaft eine zusätzliche Eigenversorgung unterlassen habe. Es ginge darum, dass der Kläger aufgrund der Auskunft zu einem Zeitpunkt gekündigt habe, zu dem seine Betriebsrentenanwartschaft entgegen der Auskunft noch nicht unverfallbar gewesen sei. Die im Vertrauen auf die Richtigkeit der Auskunft unterlassene Disposition des Klägers, die zu Versorgungseinbußen führte, sei nicht der Abschluss einer zusätzlichen Versorgung, für die von ihm Versicherungsbeiträge zu entrichten gewesen wären. Vielmehr hätte der Kläger bei richtiger Information erst zum Ablauf der gesetzlichen Unverfallbarkeitsfrist gekündigt. Die im Vertrauen auf die Richtigkeit der Auskunft vom Kläger vorgenommene Disposition sei die „verfrühte“ Kündigung gewesen, der daraus resultierende Schaden bestünde darin, dass er keine unverfallbare Anwartschaft auf die Betriebsrentenleistungen der VO 85 erworben habe.

Ein den Umfang der Schadenersatzpflicht einschränkendes Mitverschulden des Klägers gemäß § 254 BGB liege nicht vor. Aus den dem Kläger zugänglichen gesetzlichen Regelungen der §§ 1 b Abs. 1 und 30 f Abs. 1 BetrAVG i. V. m. der tarifvertraglichen Bestimmung des § 1 Nr.1 VO 85 ergäbe zwar, dass die Ausbildungszeit bei der erforderlichen 10-jährigen Zusagedauer nicht zu berücksichtigen sei. Diese Rechtsfolge erschließe sich aber nicht unmittelbar aus dem Gesetz bzw. der VO 85, sondern erst aus einer Gesamtbetrachtung der verschiedenen, nicht zusammenhängend und in unterschiedlichen Rechtsquellen geregelten Vorschriften. Hinzu komme, dass § 17 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 BetrAVG ausdrücklich die Gleichstellung von Berufsausbildungsverhältnissen mit Arbeitsverhältnissen regele, ohne ausdrücklich klarzustellen, dass dies im Hinblick auf die Unverfallbarkeitsfristen nur dann gelte, wenn dem Auszubildenden eine Versorgungszusage erteilt worden sei. Vor diesem Hintergrund hätte der Kläger keine Veranlassung gehabt, die Richtigkeit der Auskunft, die noch dazu von der Abteilung „Personal/Betriebliches Versorgungswerk“, also offenbar von einer mit dem betrieblichen Versorgungswerk befassten Fachabteilung erteilt wurde, in Zweifel zu ziehen. Der Kläger hätte eine unverfallbare Anwartschaft mit Ablauf der Unverfallbarkeitsfrist erworben, ohne hierfür Beiträge zahlen zu müssen. Er sei daher auch nicht verpflichtet gewesen, auf eigene Kosten Versorgungsverträge abzuschließen, um den von der Beklagten gegebenenfalls zu ersetzenden Versorgungsschaden zu beschränken.

Das Urteil des Arbeitsgerichts Bamberg vom 04.04.2018 ist dem Kläger am 08.05.2018 und der Beklagten am 09.05.2018 zugestellt worden. Die Berufungsschrift der Beklagten ist beim Landesarbeitsgericht Nürnberg am 16.05.2018, die Berufungsbegründungsschrift am 09.07.2018 eingegangen. Die Berufungsschrift des Klägers ist beim Landesarbeitsgericht Nürnberg am 07.06.2018 eingegangen, die Berufungsbegründungsschrift innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 08.08.2018.

Die Beklagte vertritt die Ansicht, dass das Arbeitsgericht Bamberg der Klage zu Unrecht teilweise stattgegeben habe. Die Klage sei insgesamt unbegründet. Zwar habe das Arbeitsgericht Bamberg zu Recht festgestellt, dass keine betriebliche Rentenanwartschaft der klagenden Partei bestünde, da der Kläger bei Ausscheiden zum 31.03.2005 zwar 35 Jahre alt gewesen sei, die Zusage aber noch keine 10 Jahre Bestand gehabt hätte. Die Versorgungsordnung sei diesbezüglich eindeutig, dass vorher bestehende Ausbildungsverhältnisse nicht zu berücksichtigen seien. Die einschlägige Zusagedauer sei somit vom Kläger nicht voll erreicht worden. Ebenfalls habe das Arbeitsgericht Bamberg zutreffenderweise eine zugunsten des Klägers abweichende vertragliche Zusage verneint. Aus dem Hinweis auf die Gewährung tariflicher Leistungen im Schreiben vom 09.11.1993 folge nicht, dass diese unabhängig vom Vorliegen ihrer tarifvertraglichen Voraussetzungen gewährt werden sollen. Anhaltspunkte dafür, dass mit dieser Formulierung eine übertarifliche Verpflichtung begründet werden sollte, seien nicht ersichtlich. Zutreffenderweise stelle das Arbeitsgericht Bamberg auch fest, dass es sich bei der Auskunft aus dem Januar 2005 nicht um ein abstraktes oder deklaratorisches Schuldanerkenntnis handelte. Der Primäranspruch auf eine betriebliche Versorgungsleistung scheitere demnach, völlig unabhängig von der Beklagten, an den gesetzlichen Voraussetzungen. Das Arbeitsgericht Bamberg habe dem Kläger jedoch genau diesen Primäranspruch über den Schadenersatzanspruch des Hilfsantrages zugesprochen. Dabei habe das Arbeitsgericht zunächst die Frage, ob durch das Auskunftsschreiben eine Pflichtverletzung im Sinne der §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB begangen worden sei, zu Unrecht bejaht und darüber hinaus die Art und Höhe des Schadens rechtsfehlerhaft bestimmt.

Die insoweit beweisbelastete Klagepartei sei bereits ihrer Darlegungslast bezüglich einer Pflichtverletzung der Beklagten nicht ausreichend nachgekommen. Die Beklagte habe durch das Auskunftsschreiben keine Nebenpflicht verletzt. Das Auskunftsschreiben habe ein Standardauskunftsschreiben dargestellt, zu dem der Arbeitgeber nicht verpflichtet gewesen sei. Der Kläger habe aus einer Position der Stärke heraus die vollständige autonome Entscheidung getroffen, von sich aus zu kündigen.

In dem Auskunftsschreiben sei klar und verständlich ausgedrückt, dass das Unternehmen nach Eintritt des Versorgungsfalles gemäß Tarifvertrag über die betriebliche Versorgungsordnung vom 01.04.1985 Versorgungsleistungen zahlen werde. Darüber hinaus sei ausdrücklich darum gebeten worden, zu beachten, dass zum Bezug der betrieblichen Versorgungsleistungen alle Leistungsvoraussetzungen erfüllt sein müssten. Beide Formulierungen wiesen unmissverständlich darauf hin, dass noch weitere Bedingungen hätten erfüllt sein müssen und dieses Schreiben keine bestehenden Ansprüche festsetze. Die Auskunftsschreiben werden turnusmäßig an die Arbeitnehmer versandt, was den informatorischen Charakter nochmals grundsätzlich unterstreiche. In keinem Fall sollte mit dieser Auskunft eine förmliche Mitteilung gemacht werden, dass eine unverfallbare Anwartschaft bestehe. Dass im Januar 2005 erstmals die unverfallbare Anwartschaft in dem Auskunftsschreiben erwähnt worden sei, sei folgerichtig, denn im Jahr 2005 hätten die Voraussetzungen für die unverfallbare Anwartschaft erfüllt werden können. In dem jahresturnusmäßigen Auskunftsschreiben sei ausdrücklich erwähnt, dass ein Anspruch auf eine Versorgungsleistung nur dann bestünde, wenn am Ende alle Anspruchsvoraussetzungen erfüllt seien. Aus der Formulierung „unverfallbaren Anwartschaft“ könne entgegen der Bewertung des Arbeitsgerichts nicht geschlossen werden, dass bereits ein unverfallbarer Anspruch bestünde. Bewusst sei der Konjunktiv verwendet worden, welcher den jeweiligen Adressaten darauf stoßen lasse, dass noch weitere Bedingungen erfüllt sein müssten, bevor ein solcher Anspruch hätte entstehen können. Darüber hinaus sei von einem vorzeitigen Ausscheiden die Rede, der unbestimmte Artikel untermauere nochmals, dass hiermit keinesfalls ein bereits konkreter Zeitpunkt ausgedrückt werde. Nach diesem Sinn und Zweck des Auskunftsschreibens hätte die klagende Partei folglich auf Grundlage dieses Auskunftsschreibens die Gelegenheit gehabt, sich mit der Beklagten über ihre zu erwartende Betriebsrente auszutauschen. Der Kläger habe hingegen durch seine autonome Kündigung zum 31.03.2005 Fakten dahingehend geschaffen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt werden konnten. Bei der Bewertung der Auskunftspflichtverletzung seien die Begleitumstände zwingend zu berücksichtigen. Als Grundsatz gelte, dass jeder Vertragspartner selbst für die Wahrnehmung seiner Interessen zu sorgen hätte. Erforderlich sei eine Abwägung der Interessen des Arbeitgebers und des versorgungsberechtigten Arbeitnehmers, wobei alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen seien. Nach ständiger Rechtsprechung sei der Arbeitgeber zunächst nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer über die knappe Nichterfüllung der Unverfallbarkeitsfristen des § 1 b BetrAVG aufzuklären. Den Arbeitgeber treffe grundsätzlich bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages keine Mitwirkungs- noch Informationspflicht. Nur wenn der Arbeitnehmer deutlich erkennbar vor Abschluss eines Aufhebungsvertrages auf die Sicherung einer Altersversorgungsanwartschaft Wert legte, und diese Wertung einem selbständigen Verein obliege, müsse der Arbeitgeber den Arbeitnehmer wegen damit zusammenhängenden Fragen dorthin verweisen. Unterlasse der Arbeitgeber dies in zurechenbarer Weise und erwecke zugleich die Vorstellung, es bestünde eine unverfallbare Anwartschaft, so sei er verpflichtet, den aus dem Verfall der Anwartschaft erwachsenden Schaden zu ersetzen. Für einen gesteigerten Informationsbedarf des Arbeitnehmers sei somit die Kenntnis des Arbeitgebers Voraussetzung, dass der Arbeitnehmer besonderen Wert auf die unverfallbare Anwartschaft lege und dies relevant für sein Handeln sei. Bei Ausfertigung des Informationsschreibens im Januar 2005 habe die Beklagte jedoch nichts vor einem etwaigen Ausscheiden des Klägers gewusst.

Nehme man eine Pflichtverletzung an, so habe das Arbeitsgericht Bamberg die Art und Höhe des Schadens rechtsfehlerhaft bestimmt. Das Arbeitsgericht Bamberg habe verkannt, dass es vorliegend um Schadenersatz neben der Leistung ginge, bei welchem grundsätzlich gerade nicht das Erfüllungsinteresse geschützt sei, sondern das Vertrauensinteresse. Das Erfüllungsinteresse scheitere vorliegend aufgrund einer gesetzlichen Stichtagsregelung, welche aufgrund der eigenverantwortlichen Kündigung der klagenden Partei nicht mehr erreicht werden könne und nicht aufgrund einer Pflichtverletzung der Beklagten. Dieses Erfüllungsinteresse dürfe aus diesem Grund keinesfalls im Rahmen der Bestimmung des kausalen und zurechenbaren Schadens Berücksichtigung finden. Die vorliegend im Raum stehende Auskunftspflichtverletzung sei lediglich ein vorgelagertes Ereignis. Sie könne ausschließlich schadensrechtliche „Weiche“ für den hypothetischen Kausalverlauf sein, der als geschütztes Interesse das Vertrauensinteresse berücksichtige. Aufgrund des Schutzzweckes sei ausgeschlossen, die klagende Partei einfach so zu stellen, als habe sie nicht gekündigt und eine unverfallbare Anwartschaft erworben. Hypothetisch sei anknüpfend an die Eigenkündigung und die dadurch nicht bestehende unverfallbare Anwartschaft zu fragen, ob und welche Dispositionen die klagende Partei getroffen hätte, wenn sie gewusst hätte, dass ihre Eigenkündigung zum Verlust der unverfallbaren Anwartschaft geführt hätte. Ansprüche könnten folglich nur bestehen, sofern der Versorgungsberechtigte im Vertrauen auf die Richtigkeit des Auskunftsschreibens Vermögensdispositionen getroffen oder zu treffen unterlassen habe, die er auch für die Zukunft nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen bzw. nachholen könne. Nehme man nun also eine Pflichtverletzung im Sinne einer Auskunftspflichtverletzung an, durch die das Vertrauen erweckt worden sein könnte, dass bereits eine gewisse Altersversorgung bestünde, so käme eben ein Schaden in Betracht, der sich aus der Gewinnchance/Zinsen der damals abgeschlossenen privaten Altersvorsorge ergeben hätte, denn ein verletztes Vertrauen auf die unverfallbare Anwartschaft selbst sei eben nicht der Beklagten anzulasten, sondern vielmehr vom Gesetz vorgesehene Folge, wenn die Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Zur Vermögensdisposition hat der Kläger jedoch nicht in ausreichender Weise vorgetragen.

Die Beklagte beantragt daher:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bamberg vom 04. April 2018, Az.: 2 Ca 732/17, abgeändert und die Klage abgewiesen.

2. Die Berufung der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Der Kläger beantragt,

  • 1.Unter Abänderung des am 04.04.2018 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Bamberg, Az.: 2 Ca 732/17 wird festgestellt, dass der Kläger gegenüber der Beklagten eine unverfallbare Anwartschaft auf die in der Versorgungsordnung vom 01.04.1985 vorgesehenen Leistungen der betrieblichen Altersversorgung unter Berücksichtigung einer anrechnungsfähigen Dienstzeit vom 01.01.1994 bis 31.03.2005 erworben hat.

  • 2.Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

  • 3.Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Der Kläger vertritt die Ansicht, dass das Arbeitsgericht rechtsirrig und fehlerhaft davon ausgegangen sei, dass eine Versorgungszusage zum 31.05.2005 noch nicht 10 Jahre bestanden hätte. Im Ausbildungsvertrag vom 09.11.1993 sei unter der Überschrift „Vergütung“ ausdrücklich die Gewährung der betrieblichen und tariflichen Leistungen vereinbart worden. Dabei habe es sich nicht lediglich um einen Hinweis auf die Gewährung der tariflichen Leistungen gehandelt. Tatsächlich habe es sich um eine vertragliche Vereinbarung und somit letztlich um eine vertragliche Zusage der tariflichen Leistungen gehandelt. Die Gewährung der tariflichen Leistungen, somit auch die Versorgungszusage, die laut Tarifvertrag für Auszubildende nicht gelte, hätte überhaupt nur dann Sinn gemacht, wenn die Versorgungszusage entgegen des Geltungsbereichs des Tarifvertrages auch dem Auszubildenden erteilt hätte werden sollen. Sofern der Ausbildungsvertrag tarifliche Leistungen für Auszubildende gewähre, der Tarifvertrag tarifliche Leistungen für Auszubildende hingegen nicht, hätte das Arbeitsgericht prüfen müssen, welche Regelung für den Kläger günstiger sei. Diese Prüfung sei vom Arbeitsgericht fehlerhaft nicht vorgenommen worden. Hätte das Arbeitsgericht geprüft, welche Regelung für den Kläger günstiger sei, wäre das Arbeitsgericht zu dem Ergebnis gekommen, dass die Regelungen im Ausbildungsvertrag günstiger und damit vorrangig wirksam seien und aufgrund dessen eine Versorgungszusage bereits zum 01.01.2004 erteilt worden sei. Das Arbeitsgericht sei auch unzutreffend davon ausgegangen, dass keine Anhaltspunkte dafür bestünden, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten mit dieser Formulierung eine übertarifliche Verpflichtung begründen wollte. Entsprechende Anhaltspunkte würden sich vielmehr bereits aus den beiden vorgelegten Auskunftsschreiben der Beklagten ergeben. Bezeichnenderweise habe die Rechtsvorgängerin der Beklagten dem Kläger mit Auskunftsschreiben aus Januar 2005 betreffend den „Stand 2004“ einen unverfallbaren Rentenanspruch bei vorzeitigem Ausscheiden bestätigt. Das Bestehen der unverfallbaren Anwartschaft sei deshalb auch von dem Vorgesetzten des Klägers auf dessen Nachfrage hin bestätigt worden. Lediglich die Beklagte will Jahrzehnte später nicht mehr an der Vereinbarung der Rechtsvorgängerin festhalten.

Die Berufung der Beklagten sei in jedem Fall zurückzuweisen, da, selbst wenn man wie das Arbeitsgericht davon ausginge, dass der Hauptantrag unbegründet sei, jedenfalls der Hilfsantrag begründet sei. Bei der Auskunft aus dem Januar 2005 habe es sich nicht um ein reines Informationsschreiben gehandelt. Soweit die Beklagte bemängele, die Auskunft sei nicht verlangt worden, so sei dies unerheblich. Die Beklagte möge zwar ohne entsprechende Aufforderung nicht zur Auskunft verpflichtet gewesen sein, wenn die Beklagte aber dennoch Auskunft erteile, so müsse diese selbstverständlich richtig sein. Die Beklagte habe ihre Rücksichtnahme- und Fürsorgepflicht verletzt, wenn sie Arbeitnehmern vermeintlich unrichtige Auskünfte erteile, die, weil Arbeitnehmer auf diese vertrauen, diesen Arbeitnehmern finanziellen Schaden zufügen. Wer Auskunft über Ansprüche im Falle eines vorzeitigen Ausscheidens erteile, müsse auch mit einem vorzeitigen Ausscheiden rechnen. Es habe sich auch nicht um ein standardmäßiges Auskunftsschreiben gehandelt, vielmehr sei dieses Schreiben aktualisiert und bearbeitet. Zweck des Schreibens aus Januar 2005 könne nur gewesen sein, dem Kläger Auskunft über den Stand seiner Ansprüche bzw. Anwartschaften zu der Betriebsrente zu erteilen. Der damalige Vorgesetzte des Klägers, Herr E., habe in einem Gespräch im März 2005 zugesichert, dass die Auskunft aus Januar 2005 zutreffend sei und der Kläger die Voraussetzungen für eine entsprechende unverfallbare Anwartschaft bereits erfüllt habe. Das Bestreiten der Beklagten, der Kläger hätte mit seiner Kündigung nicht noch einige Monate zugewartet, wenn ihm mitgeteilt worden wäre, dass die Versorgungszusage erst am 01.06.2005 10 Jahre Bestand hätte, sei vollkommen lebensfremd. Dies insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass die Zusammenarbeit zwischen dem Kläger und der Rechtsvorgängerin der Beklagten auch nach der Kündigung, lediglich seitens des Klägers nicht mehr als Arbeitnehmer, sondern als selbständiger Versicherungsvertreter, fortgesetzt worden sei.

Zutreffend habe das Arbeitsgericht Bamberg die Auffassung vertreten, die Arbeitgeberseite habe eine Pflichtverletzung im Sinne der §§ 280 Abs. 1 i. V. m. 241 Abs. 2 BGB begangen. Der Arbeitgeber habe vorliegend eine unrichtige Auskunft erteilt. Am Ergebnis änderten weder die Frage, ob ein „Standardauskunftsschreiben“ oder ein „Auskunftsschreiben“ vorliege, noch die Begleitumstände, in die das Auskunftsschreiben nach Auffassung der Beklagten eingeordnet werden solle, etwas an dem Anspruch des Klägers zumindest auf Schadensersatz. Unzutreffend sei auch, dass der Kläger ohne weitere Kommunikation mit der Beklagten gekündigt hätte. Zum einen sei sowohl die Kündigung als auch die weitere Zusammenarbeit nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten abgesprochen gewesen, auch wenn hierfür von beiden Seiten kein genauer Zeitpunkt vorgegeben worden sei. Zum anderen habe der Kläger sogar vor der Kündigung noch das Gespräch mit seinem Vorgesetzten, dem Bezirksdirektor E., gesucht. Entgegen der Ansicht der Beklagten sei in dem Auskunftsschreiben weder klar und verständlich ausgedrückt worden, dass das Unternehmen nach Eintritt des Versorgungsfalles gemäß VO 85 Versorgungsleistungen zahlen werde noch darüber hinaus ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass zum Bezug der betrieblichen Versorgungsleistungen alle Leistungsvoraussetzungen erfüllt sein müssten. Die von der Beklagten zitierten Formulierungen aus dem oberen Teil des Auskunftsschreibens haben sich offensichtlich nur auf die Höhe der Rente bezogen. Die Leistungsvoraussetzungen haben sich ausdrücklich auf den Bezug der betrieblichen Versorgungsleistungen bezogen. Als Beispiel für die Leistungsvoraussetzungen seien deshalb auch die Bewilligung der Vollrente durch den gesetzlichen Rentenversicherungsträger und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus diesem Grund genannt worden. Beide Formulierungen haben sich offensichtlich nicht auf den „unverfallbaren Rentenanspruch“ bezogen, welcher nach einem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Unternehmen zum 65. Lebensjahr fällig werden würde. Dies werde bereits dadurch belegt, dass Bewilligung der Vollrente durch den gesetzlichen Rentenversicherungsträger und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus diesem Grund keine Voraussetzungen für das Entstehen einer unverfallbaren Anwartschaft bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Unternehmen seien. Ins Leere ginge auch die Argumentation der Beklagten, es sei folgerichtig, dass im Januar 2005 erstmals die unverfallbare Anwartschaft in dem Auskunftsschreiben erwähnt worden sei, da im Jahr 2005 die Voraussetzungen für eine unverfallbare Anwartschaft hätten erfüllt werden können. Die Beklagte verkenne hierbei, dass das Auskunftsschreiben aus Januar 2005 ausdrücklich den Stand 2004 wiedergegeben haben. Ebenfalls versucht die Beklagte unzutreffend darzulegen, dass aus der Formulierung betreffend die unverfallbare Anwartschaft im Auskunftsschreiben aus Januar 2005 nicht hervorginge, dass bereits ein unverfallbarer Anspruch bestanden habe, da im Auskunftsschreiben der Konjunktiv verwendet worden sei. Der Konjunktiv „würde“ sei nämlich offensichtlich nur deshalb verwendet, da zum Zeitpunkt des Auskunftsschreibens die dort genannte Bedingung, das vorzeitige Ausscheiden aus dem Unternehmen, noch nicht erfüllt gewesen sei. Hinsichtlich der Höhe des unverfallbaren Rentenanspruchs sei nämlich bezeichnenderweise der Indikativ „beträgt“ verwendet worden. Unzutreffend sei daher die lebensfremde Auffassung der Beklagten, der Adressat und Leser würde beim Lesen dieser Formulierung davon ausgehen müssen, dass die Bedingungen aus der VO 85 erfüllt sein müssten und nicht lediglich, dass die dort ausdrücklich und einzig genannte Bedingung, nämlich das vorzeitige Ausscheiden aus dem Unternehmen, erfüllt sein müsse. Der Kläger sei zum Zeitpunkt des Auskunftsschreibens noch kein ausgeschiedener Arbeitnehmer gewesen. Sinn und Zweck des Auskunftsschreibens sei es deshalb auch nicht gewesen, sich über die zu erwartende Betriebsrente auszutauschen. Vorliegend ginge es nicht darum, dass ein Arbeitgeber über Fristen oder Pflichten nicht aufgeklärt habe, somit eine bloße Untätigkeit des Arbeitgebers, sondern, dass ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer aktiv unrichtige Auskunft erteilt habe, auf die der Arbeitnehmer, nach nochmaliger Nachfrage bei seinem Vorgesetzten, vertraut habe. Lediglich im Rahmen der Prüfung, ob eine Hinweispflicht für den Arbeitgeber zur Vermeidung von Rechtsnachteilen des Arbeitnehmers bestünde, seien nach der Rechtsprechung des BAG die besonderen Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen und eine Interessenabwägung vorzunehmen. Vorliegend habe der Arbeitgeber jedoch eine falsche Auskunft erteilt, so dass es auf besondere Umstände des Einzelfalles und eine Interessenabwägung nicht ankäme.

Das Arbeitsgericht habe in seiner Entscheidung auch berücksichtigt, dass nicht das Erfüllungsinteresse, sondern das Vertrauensinteresse bei fehlerhaft erteilter Auskunft geschützt sei. Gemäß § 249 BGB sei der Kläger so zu stellen, wie er bei ordnungsgemäßer Auskunftserteilung gestanden hätte. In diesem Fall hätte der Kläger nicht vorzeitig, sondern erst nach Ablauf der gesetzlichen Unverfallbarkeitsfrist gekündigt und die unverfallbare Anwartschaft wäre zugunsten des Klägers entstanden. Die Beklagte habe im Rahmen der Haftung für den Vertrauensschaden denjenigen Schaden zu ersetzen, der dem Kläger dadurch entstanden sei, dass er auf die Richtigkeit der Auskunft vertraut habe. Der Kläger habe vorliegend zum Zeitpunkt der Kündigung aufgrund der Auskunft geglaubt, es bestünde bereits eine unverfallbare Anwartschaft und habe deshalb bereits zum 31.03.2005 gekündigt, statt noch den Ablauf der gesetzlichen Unverfallbarkeitsfrist abzuwarten. Die falsche Auskunft der Arbeitgeber sei somit ursächlich für die vorzeitige Kündigung. Der sogenannte Vertrauensschaden entspreche daher vorliegend ohnehin dem Erfüllungsinteresse, so dass die Ausführungen der Beklagten zur Differenzierung zwischen negativem Interesse und Erfüllungsinteresse nicht entscheidungserheblich seien. Der zum Ersatz verpflichtende Umstand sei vorliegend die falsche Auskunft der Beklagten und nicht das Nichterreichen des Ablaufs der gesetzlichen Unverfallbarkeitsfrist als Stichtag. Relevant sei insoweit alleine, dass die Pflichtverletzung der Arbeitgeberin ursächlich gewesen sei für die Kündigung des Klägers vor Ablauf der gesetzlichen Unverfallbarkeitsfrist. Abzustellen sei auch nicht erst darauf, welche Disposition der Kläger getroffen hätte, wenn er gewusst hätte, dass die Eigenkündigung bereits zum Verlust der unverfallbaren Anwartschaft geführt hätte, sondern, welche Disposition der Kläger im Vertrauen auf die Richtigkeit der von der Arbeitgeberin erteilten Auskunft getroffen hätte. Der Kläger habe im Vertrauen auf die Richtigkeit der erteilten Auskunft zu früh gekündigt. Der daraus resultierende Schaden bestünde darin, dass der Kläger keine unverfallbare Anwartschaft auf die Betriebsrentenleistungen der VO 85 erworben habe. Der Schaden bestünde eben gerade nicht nur in der Gewinnchance/Zinsen einer damals abgeschlossenen privaten Altersvorsorge. Die Beklagte verkenne, dass selbst wenn man, wie die Beklagte lediglich vom Ersatz des Vertrauensschadens ausginge, dieser durchaus die Höhe des Erfüllungsinteresses erreichen könne.

Die Beklagte erwiderte hierauf, dass bei einer tarifvertraglichen Bezugnahmeklausel in einen Arbeitsvertrag selbstverständlich nur die Regelungen des Tarifvertrages mit der Konsequenz Anwendung fänden, dass auch dessen Bedingungen erfüllt sein müssten, um subjektive Rechte aus ihm ableiten zu können. Eine solche Klausel habe auch einen eigenen Sinn und Zweck, da ansonsten ein Tarifvertrag bei fehlender Organisation des Arbeitnehmers oder fehlender Allgemeinverbindlichkeitserklärung keine Anwendung finden würde. Da die Voraussetzungen des in Bezug genommen Tarifvertrages eben nicht vorgelegen haben, seien auch die Ausführungen bezüglich des Günstigkeitsprinzips nicht nachvollziehbar. Aus dem Hinweis auf die Gewährung der tariflichen Leistungen folge somit nicht, dass diese unabhängig vom Vorliegen ihrer tarifvertraglichen Voraussetzungen gewährt werden sollten. Nach Sinn und Zweck des Auskunftsschreibens hätte der Kläger auf Grundlage dieses Auskunftsschreibens die Gelegenheit gehabt, sich mit der Beklagten über ihre zu erwartende Betriebsrente auszutauschen. Ohne diese Gelegenheit wahrzunehmen habe der Kläger hingegen durch seine autonome Kündigung zum 31.03.2005 Fakten dahingehend geschaffen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine unverfallbare Anwartschaft nicht mehr erfüllt hätten werden können. Eine Eigenkündigung auszusprechen habe stets weitreichende Rechtsfolgen. So müsse im Vorfeld einer solchen einseitigen Willenserklärung selbständig eine sorgfältige Überprüfung der Gegebenheiten durchgeführt werden. Das vorschnelle Handeln mit der Eigenkündigung müsse sich der Kläger auch im Rahmen der Prüfung einer Pflichtverletzung für einen Schadenersatzanspruch entgegenhalten lassen. Es müsse bestritten werden, dass der Kläger sich mit seinem Vorgesetzten, Herrn E., vor Ausspruch der Eigenkündigung ausgetauscht habe und dieser das Vorliegen einer unverfallbaren Anwartschaft bestätigt habe. Eine solche bestätigende Aussage des Herrn E. könne jedoch, auch nicht in Kombination mit dem Auskunftsschreiben, eine Pflichtverletzung der Arbeitgeberin begründen. Eine entsprechende betriebsrentenrechtliche Aussage des Herrn E. hätte sich die Beklagte nicht zurechnen zu lassen. Es sei tatsächlich nicht nachvollziehbar, warum sich der Kläger nicht an die bei der Beklagten existierenden und aus dem Auskunftsschreiben hervorgehenden Experten gewandt habe, bevor er eine solch weitreichende autonome Entscheidung der Eigenkündigung getroffen habe. Diese Umstände ließen sogar eher darauf schließen, dass eine unverfallbare Anwartschaft nie Entscheidungskriterium im Entscheidungsprozess der klagenden Partei gewesen sei. Herr E. sei in diesen Kontext auch nicht Erfüllungsgehilfe der Beklagten gewesen. Bei der Auskunft über eine betriebliche Altersvorsorge handele es sich nicht um eine Thematik, welche zur Funktion eines normalen Vorgesetzten gehöre. Es bestünde kein ausreichender innerer sachlicher Zusammenhang zwischen der Funktion als Vorgesetzter und der Betriebsrentenauskunft. Diese hochkomplexe Thematik sei kein Teil der Weisungsbefugnis und der Personalverantwortung von Vorgesetzten. Die seitens des Klägers vorgetragene Auskunft des Herrn E. sei folglich der Beklagten nicht gemäß § 278 BGB zuzurechnen.

Hierauf erwiderte der Kläger, dass gerade aufgrund der Klausel in der Versorgungsordnung, die Auszubildende grundsätzlich aus dem Geltungsbereich der Versorgungsordnung herausnimmt, die streitgegenständliche Vereinbarung im Ausbildungsvertrag erforderlich gewesen sei. Wären Auszubildende bereits nach § 1 VO 85 vom Geltungsbereich der Versorgungsordnung erfasst worden, wäre die streitgegenständliche Vereinbarung im Ausbildungsvertrag nicht erforderlich gewesen. Eine Bezugnahme in einem Ausbildungsvertrag auf betriebliche bzw. tarifliche Leistungen, die für Auszubildende nicht gelten sollen, würde keinen Sinn machen. Die Regelung könne daher sinnvollerweise nur dahingehend verstanden werden, dass die Versorgungsordnung entgegen des Wortlautes ihres § 1 auch im Ausbildungsverhältnis des Klägers gelten sollte. Das Auskunftsschreiben hätte auch nicht alleine dazu gedient, Meinungsverschiedenheiten über Berechnungsgrundlagen aufzudecken und den ausgeschiedenen Arbeitnehmern Gelegenheit zu geben, derartige Streitigkeiten noch vor Eintritt des Versorgungsfalles durch eine Klage auf Feststellung des Inhalts und der Höhe der Versorgungsanwartschaft zu bereinigen. Zum Zeitpunkt des Auskunftsschreibens habe es zwischen den Parteien überhaupt keine Meinungsverschiedenheiten über Berechnungsgrundlagen gegeben. Der Kläger habe auch bei seiner Eigenkündigung nicht vorschnell gehandelt. Im Rahmen der Kündigung habe der Kläger alle relevanten Themen, so auch die betriebliche Altersversorgung, mit seinem Vorgesetzten besprochen. Weder der Vorgesetzte des Klägers im Rahmen dieses Gesprächs im März 2005 noch die Rechtsvorgängerin der Beklagten hätten im Zeitraum zwischen Auskunftsschreiben und Eigenkündigung des Klägers die unzutreffende Auskunft berichtigt. Bei dem Vorgesetzten des Klägers habe es sich auch um einen Erfüllungsgehilfen im Sinne des § 278 BGB gehandelt. Sofern die Beklagte nicht damit einverstanden gewesen sei, dass sich Vorgesetzte mit derartigen Themen befassen, möge dies die Beklagte im Rahmen ihrer Betriebsorganisation klären. Der Kläger habe auch keinerlei Anlass gehabt, die Richtigkeit der Auskunft der Fachabteilung in Zweifel zu ziehen. Er konnte auf die Richtigkeit der Auskunft der entsprechenden Fachabteilung vertrauen. Eine weitere Nachfrage bei der Abteilung Personal/Betriebliches Versorgungswerk sei nicht erforderlich gewesen. Lebensfremd sei, dass eine unverfallbare Anwartschaft nie Entscheidungskriterium im Entscheidungsprozess des Klägers gewesen sei.

In der mündlichen Verhandlung musste der Kläger auf Frage des Gerichtes einräumen, dass bei Abschluss des Ausbildungsvertrages explizit von einer Pensionszusage auch für dieses Ausbildungsverhältnis nicht gesprochen worden sei.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

A.

Die Berufungen beider Parteien sind zulässig. Sie sind form- und fristgerecht eingelegt und auch begründet worden (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 ArbGG i. V m. §§ 519, 520 ZPO).

B.

Die Berufungen haben in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Das Erstgericht hat völlig zu Recht dem Hilfsantrag stattgegeben. Es kann insoweit vollumfänglich auf die äußerst sorgfältigen, überaus umfassenden und rechtlich völlig zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des Erstgerichts verwiesen werden. Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen, das jedoch überwiegend die bereits erstinstanzlich vorgebrachten Argumente aufgreift, sieht sich das Berufungsgericht noch zu folgenden ergänzenden Ausführungen veranlasst.

I.

Die Berufung des Klägers gegen die Abweisung des Hauptantrags ist unbegründet, da ihm ein Anspruch aus dem Tarifvertrag VO 85 nicht zusteht. Er erfüllt bei seinem Ausscheiden zum 31.03.2005 nicht die für den Erwerb einer unverfallbaren Anwartschaft erforderliche Voraussetzung einer 10-jährigen Pensionszusage bzw. einer 12-jährigen Betriebszugehörigkeit.

a) Der vom Arbeitgeber formulierte Ausbildungsvertrag aus dem Jahr 1993 unterfällt nicht dem Regime der Auslegung nach Maßgabe der §§ 305 ff. BGB. Nach den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen der §§ 133, 157 BGB ist nach Ermittlung von Wortsinn und unter Einbeziehung der dem objektiven Erklärungsempfänger bekannten und jedenfalls erkennbaren wesentlichen Begleitumständen, bezogen auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, wie etwa Entstehungsgeschichte des Vertrages, Parteigebräuche etc. und unter Berücksichtigung von Treu und Glauben maßgeblich vor allem auf Zweck und Interessenlage des auslegungsbedürftigen Rechtsgeschäfts abzustellen.

Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichtes handelt es sich bei der vertraglichen Formulierung unter „Vergütung“, dass die „betrieblichen und tariflichen Leistungen gewährt werden“ um eine allgemeine Bezugnahmeklausel. Der Kläger soll grundsätzlich - unabhängig von einer Mitgliedschaft bei der tarifschließenden Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen - vergütungsrechtlich so gestellt werden, wie die an diese Tarifverträge gebundenen Arbeitnehmer. Die bei der Beklagten geltenden Tarifverträge finden somit unabhängig von einer Gewerkschaftsmitgliedschaft auf den Kläger Anwendung. Der Kläger kann die tariflich gewährten Leistungen neben seiner Festvergütung beanspruchen, sofern er die Anspruchsvoraussetzungen hierfür erfüllt. In Betracht kämen insoweit z.B. Leistungen, die Vergütungscharakter besitzen wie vermögenswirksame Leistungen, Urlaubsgeld oder Weihnachtsgeld, sofern diese Tarifverträge eine Leistung auch während des Ausbildungsverhältnisses vorsehen. Es handelt sich somit offensichtlich um tarifliche Leistungen, die zusätzlich zum Festgehalt monatlich oder jährlich als Synallagma für die erbrachte Arbeit gewährt werden. Leistungen aus einer Pensionszusage werden nicht als Vergütung für die geleistete Arbeit gewährt, sondern im Versorgungsfall aus Anlass der Tätigkeit für einen Arbeitgeber für geleistete Betriebstreue, die über eine längere Zeit erbracht werden muss. Das Ruhegeld steht nicht in unmittelbarer Beziehung zur eigentlichen Arbeitsleistung (BAG, Beschluss v. 12.06.1975, 3 ABR 13/74, in juris recherchiert).

Aus dieser Formulierung kann somit keinesfalls entnommen werden, dass eine übertarifliche Verpflichtung begründet werden sollte, insbesondere dass dem Kläger eine Pensionszusage im Sinne des Tarifvertrages VO 85 auch während der Ausbildungszeit erteilt werden sollte. Der Kläger musste auf Frage des Berufungsgerichtes auch vielmehr einräumen, dass über eine Pensionszusage gerade nicht gesprochen wurde.

Die Auskunft aus dem Jahr 2005, die rechtsfehlerhaft von einer unverfallbaren Anwartschaft bereits im Januar 2005 ausging, kann nicht zur Auslegung der vertraglichen Regelung im Sinne des Klägers herangezogen werden. Bezogen auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass von der Beklagten eine Pensionszusage auch für das Ausbildungsverhältnis erteilt werden sollte.

b) Zu Recht hat das Erstgericht das Auskunftsschreiben auch nicht als konstitutives Schuldanerkenntnis angesehen. Ein selbständiger Verpflichtungswille zur Begründung einer vom zugrundeliegenden Rechtsverhältnis unabhängigen selbständigen Verpflichtung ist aus diesem Schreiben in keinster Weise zu entnehmen. Ebenso wenig liegt ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis vor. Ein solches Schuldanerkenntnis setzt voraus, dass die Vertragsparteien das Schuldverhältnis ganz oder teilweise dem Streit oder der Ungewissheit der Parteien entziehen wollen und sich dahingehend einigten (BAG, Urteil v. 22.07.2010, 8 AZR 144/09, in juris recherchiert). Es bestand jedoch zum Zeitpunkt der Auskunft im Januar 2005 gerade insoweit kein Streit oder eine Ungewissheit zwischen den Parteien, die mit diesem Schreiben geklärt werden sollte. Vielmehr war die Frage der betrieblichen Altersversorgung bis zu diesem Auskunftsschreiben kein Thema zwischen den Parteien.

Der vom Kläger gegen das Erstgericht erhobene Vorwurf, dass dieses unterlassen hätte, zu überprüfen, welche Regelungen für den Kläger günstiger wären, kann nicht nachvollzogen werden. Das Günstigkeitsprinzip des § 4 Abs. 3 TVG ist vorliegend in keinster Weise betroffen. Vielmehr liegt gerade eine im Verhältnis zum Tarifvertrag für den Kläger günstigere vertragliche Vereinbarung nicht vor.

II.

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Erstgericht hat zutreffend entschieden, dass dem Kläger aufgrund der falschen Auskunft im Schreiben vom Januar 2005 ein Schadenersatzanspruch zusteht und zwar dergestalt, dass er so zu stellen ist, als ob er das Arbeitsverhältnis nicht vorzeitig vor Ablauf der erforderlichen 10-jährigen Dauer der Pensionszusage beendet hätte.

1. Zu Recht weist das Erstgericht darauf hin, dass eine unrichtige Auskunft eine Pflichtverletzung darstellt, die gemäß § 280 Abs. 1 BGB zu einem Schadenersatzanspruch führen kann (BAG, Urteil v. 12.11.1984, 3 AZR 255/84, in juris recherchiert) und zwar unabhängig davon, ob der Arbeitgeber zu der Auskunft verpflichtet gewesen wäre. Auch wenn der Arbeitgeber freiwillig und ohne Aufforderung des Arbeitnehmers eine Auskunft erteilt, so hat diese vollständig und zutreffend zu sein (BAG, Urteil v. 03.07.1990, 3 AZR 382/89, in jurs recherchiert). Entgegen der Ansicht des Klägers liegt jedoch keine Mitteilung nach Nummer 8.3 der VO 85 vor. Diese Mitteilungspflicht über eine unverfallbare Anwartschaft setzt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Zeitpunkt der Mitteilung voraus.

Das Erstgericht geht zu Recht davon aus, dass der Kläger nach dem Inhalt des Auskunftsschreibens davon ausgehen konnte, dass ihm bereits im Januar 2005 eine unverfallbare Anwartschaft auf Betriebsrente zustand. Weitere Schritte des Klägers, diese Auskunft zu hinterfragen und sich noch einmal bei der Beklagten insoweit zu versichern, waren auch nach Auffassung des LAG nicht erforderlich.

a) Es liegt - entgegen der Ansicht der Beklagten - gerade nicht der Fall vor, dass dem Kläger vorgeworfen werden müsste, sich vor der Eigenkündigung über die rechtlichen Folgen dieses Schrittes keine Klarheit verschafft zu haben bzw. dass der Vorwurf im Raum stünde, dass die Beklagte den Kläger auf die knappe Nichterfüllung der Unverfallbarkeitsfristen hätte hinweisen müssen. Eine derartige Hinweispflicht besteht - wie die Beklagte zu Recht hinweist - nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht (BAG, Urteil v. 15.10.2013, 3 AZR 10/12, in juris recherchiert).

Das Auskunftsschreiben der Beklagten gab in keinster Weise Anlass dazu, die Auskunft nicht als vollständig, richtig und damit verbindlich anzusehen. Das Schreiben enthält keinerlei Hinweise darauf, dass es sich lediglich um ein Diskussionspapier handele bzw. dieses nur den Sinn und Zweck hätte, Meinungsverschiedenheiten über Berechnungsgrundlagen frühzeitig aufzudecken. Es handelt sich nach dem eindeutigen Wortlaut um eine Auskunft über die betriebliche Rentenanwartschaft.

b) Wie das Erstgericht völlig zutreffend ausführt, entlastet der Einwand, es handele sich bei dem Auskunftsschreiben um eine standardisierte Serviceleistung, die turnusmäßig an die Arbeitnehmer versandt werde, die Beklagte nicht. Insoweit liegt auch nach Auffassung des LAG bereits ein reines standardisiertes Schreiben gerade nicht vor. Das Schreiben ist vielmehr sehr wohl individualisiert, als es sich an den Kläger persönlich richtet und konkrete Angaben zur Höhe dessen unverfallbarer Anwartschaft enthält und somit allein den Kläger betreffende Besonderheiten berücksichtigt. Es liegt darin gerade keine allgemeine Auskunft über die bei der Beklagten geltenden Regularien hinsichtlich möglicher Rentenansprüche.

Darüber hinaus ist auf die Unterschiede im Auskunftsschreiben vom Januar 2004 und dem Auskunftsschreiben vom Januar 2005 hinzuweisen. Im ersten Schreiben ist von einer unverfallbaren Anwartschaft nicht die Rede, das heißt, aus den beiden Auskunftsschreiben ist ersichtlich, dass Veränderungen der konkret beim Kläger gegebenen Umstände berücksichtigt wurden. Auch wenn für die Beklagte gegebenenfalls zum Zeitpunkt der Auskunftserteilung nicht ersichtlich gewesen war, dass der Kläger geplant hatte, sein Anstellungsverhältnis zu beenden und somit davon ausgegangen ist, dass die Voraussetzungen für die Unverfallbarkeit der Anwartschaft tatsächlich im Laufe des Jahres 2005 eintreten werden, ändert dies nichts an der Tatsache, dass die Auskunft über die unverfallbare Anwartschaft zu ihrer Richtigkeit voraussetzt, dass das Arbeitsverhältnis jedenfalls bis 31.05.2005 bestehen muss. Vielmehr wird dagegen ausdrücklich auf den Stand 2004 hingewiesen und darauf, dass für die Berechnung der Rentenanwartschaft die heute (Januar 2005) bekannten Daten berücksichtigt wurden. Im Januar 2005 konnte aber gerade nicht davon ausgegangen werden, dass das Arbeitsverhältnis jedenfalls noch bis 31.05.2005 bestehen werde.

Der Kläger hat auch nicht völlig autonom die Entscheidung getroffen, von sich aus zu kündigen. Vielmehr erfolgte die Eigenkündigung des Klägers jedenfalls nach Absprache mit dem Bezirksdirektor E., dass nämlich zukünftig eine weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger auf selbständiger Basis vorgesehen war. Herr E. hat insoweit ohne Zweifel als direkter Vorgesetzter und Bezirksdirektor im Rahmen dieser Sondierungsgespräche als Erfüllungsgehilfe der Arbeitgeberin gehandelt. Die Möglichkeit einer zukünftigen Tätigkeit nunmehr als selbständiger Versicherungsvertreter für die Arbeitgeberseite war von Herrn E. bestätigt worden. Dies war Grundlage für die Entscheidung des Klägers zur Eigenkündigung.

Darüber hinaus müssen auch Auskünfte in standardisierten Schreiben an die Arbeitnehmer vollständig und richtig sein.

c) Entgegen der Ansicht der Beklagten konnte der Kläger mit dem Auskunftsschreiben sehr wohl davon ausgehen, dass er jedenfalls zum Zeitpunkt Januar 2005 bereits eine unverfallbare Anwartschaft erworben hatte. Wie das Erstgericht völlig zutreffend darstellt, ergibt sich aus dem Hinweis, dass das Unternehmen nach Eintritt des Versorgungsfalles gemäß Tarifvertrag über die betriebliche Versorgungsordnung vom 01.04.1985 Versorgungsleistungen zahlen werde und der Bitte zu beachten, „dass zum Bezug der betrieblichen Versorgungsleistungen alle Leistungsvoraussetzungen erfüllt sein müssen“, nichts Abweichendes.

Diese Einschränkungen betreffen gerade den Bezug betrieblicher Versorgungsleistungen und weisen insbesondere auf die Voraussetzung der Bewilligung einer Vollrente durch den gesetzlichen Rentenversicherungsträger hin. Nach allgemeinen Hinweisen zur Rente nach Eintritt des Versorgungsfalles erfolgt in einem eigenen Absatz und durch Fettdruck optisch hervorgehoben der Hinweis, dass die Höhe des unverfallbaren Rentenanspruchs, welcher nach einem Ausscheiden aus dem Unternehmen zum 65. Lebensjahr fällig werden würde, nach Vollendung des 65. Lebensjahres 555,45 € beträgt.

Hinsichtlich der Unverfallbarkeit der Rentenanwartschaft wurden keine Vorbehalte oder Einschränkungen gemacht. Lediglich hinsichtlich der Fälligkeit wird auf das Erreichen des 65. Lebensjahres abgestellt. Der Konjunktiv „fällig werden würde“ bezieht sich somit eindeutig allein auf das - nicht unbedingt sichere - Erreichen des 65. Lebensjahres. Es ist allein von einem vorzeitigen Ausscheiden die Rede. Dass dieses Ausscheiden aber nicht vor dem 01.06.2005 erfolgen dürfe, um die unverfallbare Anwartschaft zu erwerben, ist nicht ersichtlich. Vielmehr ergibt sich aus dem Schreiben, dass „Stand 2004“ bzw. unter Zugrundelegung der heute (Januar 2005) bekannten Daten die Rentenanwartschaft berechnet wurde und diese 555,45 € beträgt. Dass im Laufe des Jahres 2005 noch der Eintritt einer weiteren Bedingung für die unverfallbare Anwartschaft Voraussetzung ist, ergibt sich nicht. Insoweit ist für die Höhe der unverfallbaren Rentenanwartschaft gerade nicht der Konjunktiv benützt. Damit ist offensichtlich mit „einem vorherigen Ausscheiden“ ein Ausscheiden vor dem 65. Lebensjahr gemeint, wobei eine weitere Einschränkung hinsichtlich des frühest möglichen Zeitpunktes des Ausscheidens gerade nicht erfolgt ist. Objektiv ist diese Auskunft somit so zu lesen, dass bei einem Ausscheiden im Zeitraum Januar 2005 bis zum Erreichen des 65. Lebensjahres eine unverfallbare Anwartschaft begründet wird.

Aus der Auskunft ergibt sich somit auch nach Auffassung des Berufungsgerichts, dass der Rentenanspruch bei einem vorzeitigen Ausscheiden nicht verfällt, sondern unverfallbar ist und zum Stand 2005 555,45 € beträgt. Die sonstigen Vorbehalte betreffen - wie das Erstgericht zutreffend hinweist - nicht den möglichen Verfall, sondern die nicht abschließend feststehende Rentenhöhe.

2. Bei einer unrichtigen Auskunft hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Schaden zu ersetzen, der ihm daraus erwächst, dass er auf die unrichtige Auskunft vertraut hat. Erweckt der Arbeitgeber in zurechenbarer Weise beim Arbeitnehmer die Vorstellung, es bestünde eine unverfallbare Anwartschaft, ist er somit verpflichtet, den aus dem Verfall der Anwartschaft erwachsenen Schaden zu ersetzen (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 14.01.1992, 10 Sa 531/91, in juris recherchiert).

Zwar ist - wie die Beklagte zu Recht darauf hinweist - bei einem Schadenersatz wegen fehlerhafter Auskunft grundsätzlich der Vertrauensschaden und nicht das Erfüllungsinteresse zu ersetzen. Der Arbeitnehmer ist aber so zu stellen, wie er stehen würde, wenn der Arbeitgeber ihn von vornherein richtig über das Bestehen bzw. Nichtbestehen einer unverfallbaren Anwartschaft informiert hätte. Nach §§ 249 i.V.m. 252 BGB ist allein zu beurteilen, was der Arbeitnehmer getan hätte, wenn ihm eine richtige Auskunft erteilt worden wäre. Dies ist gemäß § 287 ZPO vom Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung zu beurteilen.

Vorliegend steht nach freier Überzeugung des Gerichtes fest, dass der Kläger, der aufgrund der falschen Auskunft durch eine um zwei Monate verfrühte Eigenkündigung tatsächlich eine unverfallbare Anwartschaft nicht erworben hatte, bei richtiger Auskunft erst zwei Monate später gekündigt hätte.

Dies ergibt sich aus den Besonderheiten des vorliegenden Falles eindeutig. Es ging gerade nicht darum, dass der Kläger gegebenenfalls eine erheblich höher dotierte Stelle bei einem anderen Arbeitgeber annehmen wollte und diese Stelle nur zu einem bestimmten Zeitpunkt, nämlich vor dem 31.05.2005, hätte angetreten werden müssen. Vielmehr liefen Gespräche zwischen dem Kläger und insbesondere seinem Vorgesetzten, dem Bezirksdirektor Herrn E., über eine Änderung der seiner Tätigkeit zugrundeliegenden vertraglichen Gestaltung. Anstatt weiterhin im Rahmen eines Anstellungsverhältnisses weiterbeschäftigt zu werden, war abgesprochen, dass der Kläger zukünftig mit der Arbeitgeberin als selbständiger Versicherungsvertreter weiter zusammenarbeiten solle. Dieses Angebot war auch nicht befristet; es hätte keinen Unterschied gemacht, ob der Kläger erst zwei Monate später das Anstellungsverhältnis gekündigt und damit erst ab 01.06.2005 anstatt ab 01.04.2005 als selbständiger Versicherungsvertreter den Weg in die Selbständigkeit beschritten hätte.

Die fehlerhafte Auskunft ist somit allein kausal für die verfrühte Kündigung. Bei richtiger Auskunft hätte der Kläger zwei Monate später gekündigt und die Stichtagsregelung des BetrAVG erfüllt. Die fehlerhafte Auskunft ist somit conditio sine qua non für das Nichterreichen der notwendigen 10-Jährigen Dauer der Pensionszusage. Der Kläger hätte bei richtiger Auskunft die Disposition getroffen, erst zwei Monate später zu kündigen und damit die unverfallbare Anwartschaft erworben.

Der zu ersetzende Vertrauensschaden kann in bestimmten Fällen dem Erfüllungsinteresse entsprechen. Der Vertrauensschaden kann ausnahmsweise mit dem Erfüllungsschaden übereinstimmen (Brandenburgisches OLG, Urteil v. 27.05.2010, 5 U 97/09, in juris recherchiert). Diesen Ausnahmefall hat das Erstgericht vorliegend zutreffend angenommen. Der Kläger ist somit so zu stellen, als hätte er erst zwei Monate später gekündigt und damit die unverfallbare Anwartschaft erworben.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.

D.

Für die Zulassung der Revision besteht kein gesetzlich begründeter Anlass.

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Nürnberg Urteil, 12. Okt. 2018 - 8 Sa 176/18

Urteilsbesprechungen zu Landesarbeitsgericht Nürnberg Urteil, 12. Okt. 2018 - 8 Sa 176/18

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg
Landesarbeitsgericht Nürnberg Urteil, 12. Okt. 2018 - 8 Sa 176/18 zitiert 17 §§.

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 287 Schadensermittlung; Höhe der Forderung


(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit e

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 249 Art und Umfang des Schadensersatzes


(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. (2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadenser

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

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(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem

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Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwen

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(1) Handelsvertreter ist, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer (Unternehmer) Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Selbständig ist, wer im wesentlichen frei seine Tätig

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Landesarbeitsgericht Nürnberg Urteil, 12. Okt. 2018 - 8 Sa 176/18 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Landesarbeitsgericht Nürnberg Urteil, 12. Okt. 2018 - 8 Sa 176/18 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 22. Juli 2010 - 8 AZR 144/09

bei uns veröffentlicht am 22.07.2010

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 18. Dezember 2008 - 3 Sa 88/08 - wird zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Handelsvertreter ist, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer (Unternehmer) Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Selbständig ist, wer im wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann.

(2) Wer, ohne selbständig im Sinne des Absatzes 1 zu sein, ständig damit betraut ist, für einen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen, gilt als Angestellter.

(3) Der Unternehmer kann auch ein Handelsvertreter sein.

(4) Die Vorschriften dieses Abschnittes finden auch Anwendung, wenn das Unternehmen des Handelsvertreters nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert.

(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.

(2) Dies gilt auch dann, wenn sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, dass er unterlassen hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen musste, oder dass er unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des § 278 findet entsprechende Anwendung.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 18. Dezember 2008 - 3 Sa 88/08 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision und die Kosten der Nebenintervention zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus einem notariellen Schuldanerkenntnis und die Herausgabe dieser Urkunde.

2

Im Anschluss an eine bei der Beklagten erfolgreich absolvierte Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann war der Kläger vom 4. Juli 2002 bis 24. Juli 2006 in deren Großmarkt in H als Verkäufer im Getränkemarkt beschäftigt. Zu seinen Aufgaben gehörte es, Leergut anzunehmen und die Kasse zu bedienen.

3

Für Mai und Juni 2006 überprüfte die Beklagte die Leergutlisten und stellte Differenzen zwischen Pfandgeldauszahlungen und dem tatsächlich vorhandenen Leergut fest. Von einer Detektei ließ sie eine für den Kläger nicht erkennbare Videokamera oberhalb seines Kassenarbeitsplatzes installieren, die die Arbeitstage vom 22. bis 24. Juni 2006 aufzeichnete. Die Detektei wertete anschließend den Mitschnitt aus; danach ergab sich für die erkennbaren Unterschlagungsvorgänge an den drei Tagen eine Schädigung iHv. 1.120,00 Euro.

4

Am 24. Juli 2006 wurde der damals 22 Jahre alte Kläger mit dem Vorwurf zahlreicher Unterschlagungen konfrontiert. Der Marktleiter, die Bezirksleiterin und der Revisor hielten dem Kläger in Anwesenheit der Betriebsratsvorsitzenden vor, er habe Leergut gebucht und die entsprechenden Pfandbeträge an sich ausgezahlt, obwohl es tatsächlich zu keinen Leergutrückgaben gekommen sei. Der Kläger fertigte dann eine eigenhändige Erklärung, mit der er zugab, seit ca. vier Jahren auf diese Art und Weise an seinem Arbeitsplatz Geld genommen zu haben. Anfangs seien es 10,00 Euro pro Tag gewesen, nachdem dies nicht aufgefallen sei, habe er immer mehr Geld entwendet, tageweise bis zu 500,00 bis 600,00 Euro. Innerhalb von vier Jahren habe er so einen Gesamtschaden von mind. 110.000,00 Euro verursacht. Das Geld sei weg. Dies habe er freiwillig und ohne Drohung zugegeben und aufgeschrieben. Er sei bereit, den Schaden zu ersetzen.

5

Anschließend wartete der Kläger eine Dreiviertelstunde im Beisein der Betriebsratsvorsitzenden, während die Vertreter der Beklagten im Nebenzimmer mit einer anderen Arbeitnehmerin ein Gespräch über ähnliche Vorwürfe führten. Ohne die Betriebsratsvorsitzende fuhren anschließend der Kläger, seine ebenfalls angeschuldigte Kollegin und die Gesprächsteilnehmer der Beklagten aus dem etwa 50 km südöstlich gelegenen H nach M zu einem Notar. Dort wurde ein „Schuldanerkenntnis“ beurkundet und vom Kläger unterzeichnet, mit dem er anerkannte, vorsätzliche unerlaubte Handlungen begangen zu haben und nach § 823 Abs. 2 BGB der Beklagten zu Schadensersatz iHv. 113.750,00 Euro zuzüglich Zinsen verpflichtet zu sein. Beginnend mit dem 1. September 2006 verpflichtete sich der Kläger zu einer monatlichen Ratenzahlung iHv. 200,00 Euro. Er unterwarf sich wegen der Zahlungsverpflichtung einschließlich der Zinsen der sofortigen Zwangsvollstreckung.

6

Aufgrund dieses notariellen Schuldanerkenntnisses zahlte die Nebenintervenientin, bei der die Beklagte eine Vertrauensschadensversicherung abgeschlossen hatte, eine Versicherungsleistung iHv. 113.750,00 Euro. Der Kläger zahlte von September bis Dezember 2006 - unter später zurückgenommenem Vorbehalt - monatliche Raten in vereinbarter Höhe, insgesamt also 800,00 Euro. Die Parteien sind sich darüber einig, dass in dieser Höhe eine Zwangsvollstreckung unzulässig ist.

7

Unter dem 29. Dezember 2006 ließ der Kläger seine zum notariellen Schuldanerkenntnis führende Willenserklärung wegen Täuschung und Drohung anfechten und berief sich darauf, das Schuldanerkenntnis sei wegen Sittenwidrigkeit nichtig. Die Anfechtung wiederholte er mit der am 1. Februar 2007 bei Gericht eingegangenen Vollstreckungsabwehrklage. Der Kläger verkündete der Streithelferin unter dem 8. Oktober 2007 den Streit, die nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten ist. Am 18. Februar 2008 trat die Streithelferin die auf sie nach § 67 VVG übergegangene Forderung an die Beklagte ab.

8

Der Kläger hat behauptet, die Beklagte habe ihm im Gespräch am 24. Juli 2007 sein Mobiltelefon abgenommen und mit der Erstattung einer Strafanzeige und einer empfindlichen Freiheitsstrafe gedroht, falls er das Schuldanerkenntnis nicht unterzeichne. Seine Geständnisse und Erklärungen seien ihm von der Beklagten vorgegeben worden. Ihm sei keine Überlegungsfrist in Ruhe eingeräumt worden. Er hat mit Nichtwissen bestritten, dass die Videoaufzeichnung eine Vielzahl von einzelnen Unterschlagungen über eine Gesamtsumme von 1.120,00 Euro zeige. Darüber hinaus hat er bestritten, dass die Überprüfung der Leergutlisten die von der Beklagten behaupteten Fehlbeträge ergebe und die Höhe des Schadens in Frage gestellt. Er hat die Auffassung vertreten, das Schuldanerkenntnis sei vor diesem Hintergrund sittenwidrig und wirksam angefochten. Die Drohung mit der Freiheitsstrafe stelle eine unzutreffende rechtliche Wertung dar. Insgesamt sei er jung und unerfahren, perplex und überfordert gewesen. Die durchgeführte Videoüberwachung sei unzulässig gewesen, insbesondere wegen § 6b BDSG. Für deren Kosten hafte er nicht. Die im notariellen Schuldanerkenntnis genannte Summe sei unangemessen hoch, dies auch deshalb, weil es der Beklagten darum gegangen sei, die entsprechende Versicherungssumme zu erhalten.

9

Der Kläger hat beantragt,

        

1.    

die Zwangsvollstreckung aus dem am 24. Juli 2006 vor dem Notar Dr. K, M, abgegebenen Schuldanerkenntnis (Urkunden-Nr.: 2077 A/2006) für unzulässig zu erklären,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, die ihr erteilte vollstreckbare Ausfertigung der Urkunde an ihn herauszugeben.

10

Die Beklagte hat Abweisung der Klage beantragt und, nach Abtretung der Forderung durch die Streithelferin an sie, die materielle Rechtmäßigkeit des Schuldanerkenntnisses verteidigt. Sie hat behauptet, dass im Zeitpunkt des Gesprächs mit dem Kläger die Langzeitauswertungen für Mai und Juni 2006 vorgelegen hätten, die allein für diese beiden Monate unter seiner Kassenbediennummer einen Fehlbetrag von weit über 10.000,00 Euro ergeben hätten. Bis 19. Juli 2006 sei eine weitere Differenz in Höhe von nahezu 3.500,00 Euro festzustellen gewesen.

11

Die Streithelferin hat die Abweisung der Klage beantragt und darauf verwiesen, die Angriffe des Klägers auf das deklaratorische Schuldanerkenntnis stützten sich ausschließlich auf Überrumpelungsumstände und die angeblich willkürliche Höhe des Rückzahlungsbetrages. Die Unterschlagungshandlungen an sich habe der Kläger jedoch nicht bestritten.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, weil die Beklagte in der ersten Instanz nicht Inhaberin der Forderung war. Das Landesarbeitsgericht hat nach Beweisaufnahme das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision will der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erreichen.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg. Ohne Rechtsfehler hat das Landesarbeitsgericht entschieden, dass die Klage unbegründet ist.

14

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Nach Rückabtretung durch die Streithelferin sei die Beklagte materiellrechtlich wieder Inhaberin der titulierten Forderung, die Zwangsvollstreckung somit nicht mehr unzulässig. Das notarielle deklaratorische Schuldanerkenntnis sei wirksam. Dass die Beklagte bei einem Streit um die Höhe der Forderung den Schaden allenfalls zu einem geringen Teil hätte beweisen können, führe ebenso wenig zur Sittenwidrigkeit wie der Umstand, dass der Kläger - wenn überhaupt - die Schuld allenfalls unter großen Mühen zurückzahlen könne. Auch aus den Gesamtumständen bei Vertragsschluss ergäbe sich keine Sittenwidrigkeit. Das Schuldanerkenntnis gebe die Einschätzung der Sach- und Rechtslage durch die Parteien im Zeitpunkt seiner Abgabe wieder. Die Beklagte habe weder eine Geschäftsunerfahrenheit des Klägers unzulässig ausgenutzt noch ihm jede Überlegungsfrist genommen. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass der Kläger am 24. Juli 2006 weder im Großmarkt, noch auf der Fahrt zum Notar oder in dessen Kanzlei in eine seelische Zwangslage versetzt worden sei. Der Kläger habe die Möglichkeit zu telefonischem Kontakt nach außen gehabt; weder sei ihm mit einer hohen Freiheitsstrafe gedroht noch bei Niederschrift des Geständnisses die Hand geführt worden. Die Beklagte habe nicht verlangt, das Schuldanerkenntnis „müsse“ unterschrieben werden, der Notar habe einen gegenteiligen Hinweis gegeben. Nach diesem Ergebnis der Beweisaufnahme scheide auch eine Anfechtung nach § 123 BGB aus. Die Beklagte berufe sich auch nicht rechtsmissbräuchlich auf das Schuldanerkenntnis, obwohl sie das Fehlverhalten des Klägers durch fehlende Kontrollen begünstigt habe.

15

B. Das Berufungsurteil hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

16

I. Zu Recht ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, nach Rückabtretung der titulierten Forderung von der Streithelferin an die Beklagte im Februar 2008 sei die Begründung des Arbeitsgerichts für die klagestattgebende Entscheidung hinfällig geworden. Im Zeitpunkt des erstinstanzlichen Urteils war die Beklagte zwar Vollstreckungsgläubigerin, wegen des gesetzlichen Forderungsübergangs nach § 67 VVG jedoch nicht Inhaberin der titulierten Forderung. Nach Rückabtretung kann die Zwangsvollstreckung durch die Beklagte nicht mehr mit der Begründung des Arbeitsgerichts als unzulässig angesehen werden.

17

II. Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht auch erkannt, dass das notarielle Schuldanerkenntnis des Klägers vom 24. Juli 2006 als deklaratorisches Schuldanerkenntnis wirksam ist.

18

1. Welchen Inhalt die notarielle Vereinbarung hat, ist grundsätzlich eine Frage tatrichterlicher Feststellung und Auslegung, weil es um den Inhalt einer individuellen, atypischen Erklärung geht. Sie ist vom Revisionsgericht nur eingeschränkt darauf überprüfbar, ob die Rechtsvorschriften für die Auslegung von Willenserklärungen und Verträgen, §§ 133, 157 BGB, richtig angewandt wurden, ob das Wesen des deklaratorischen Schuldanerkenntnisses verkannt oder Denkgesetze und Erfahrungssätze verletzt wurden. Der Auslegungsstoff, der sich nach dem Vorbringen der Parteien gemäß dem Tatbestand des Berufungsurteils ergibt, muss vom Berufungsgericht ausreichend beachtet worden sein (BAG 10. Oktober 2002 - 8 AZR 8/02 - BAGE 103, 71, 78 = AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 169 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 158; 15. Dezember 1999 - 10 AZR 881/98 - zu II 1 der Gründe).

19

2. Nach diesem Maßstab ist die Auslegung des Landesarbeitsgerichts nicht zu beanstanden, es liege weder ein Vergleich iSv. § 779 BGB vor, weil es kein gegenseitiges Nachgeben in Bezug auf Bestehen und Höhe einer von der Beklagten erhobenen Forderung gegeben habe, noch sei ein konstitutives Schuldanerkenntnis oder -versprechen nach §§ 780, 781 BGB abgegeben worden, weil der Schuldgrund der vorsätzlichen unerlaubten Handlung in der notariellen Urkunde ausdrücklich erwähnt wurde. Da bei einem deklaratorischen Schuldanerkenntnis, anders als beim Vergleich, die Unsicherheit der Parteien über das Bestehen und den Inhalt eines Schuldverhältnisses nicht durch gegenseitiges, sondern durch einseitiges Nachgeben des Schuldners beseitigt wird, hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei erkannt, dass vorliegend die Parteien ihre materiellrechtlichen Beziehungen durch einen derartigen einseitigen Feststellungsvertrag regeln wollten (Staudinger/Marburger [1997] § 781 Rn. 8 mwN; BAG 15. März 2005 - 9 AZR 502/03 - BAGE 114, 97 = AP BGB § 781 Nr. 7 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 2).

20

3. Da das deklaratorische Schuldanerkenntnis eine schon bestehende Schuld lediglich bestätigen soll und sein Zweck darin besteht, das Schuldverhältnis insgesamt oder in einzelnen Punkten dem Streit oder der Ungewissheit der Parteien zu entziehen, ist der Kläger mit den Einwendungen ausgeschlossen, die er bei Abgabe des notariellen Schuldanerkenntnisses am 24. Juli 2006 kannte oder mit denen er zumindest rechnete. Dazu gehören nicht nur Einreden, sondern auch echte rechtshindernde oder -vernichtende Einwendungen und das Fehlen anspruchsbegründender Tatsachen (Staudinger/Marburger § 781 Rn. 11 mwN; Palandt/Sprau 69. Aufl. § 781 Rn. 4; BAG 22. Oktober 1998 - 8 AZR 457/97 - zu I 4 c der Gründe, AP BGB § 781 Nr. 5 = EzA BGB § 781 Nr. 5).

21

a) Da der Kläger wusste, dass in der gegebenen Situation gerade das Bestehen und die Höhe des zu ersetzenden Schadens klärungsbedürftig waren, ist er mit dem Einwand ausgeschlossen, die Schuld bestehe nicht oder nicht in dieser Höhe, was das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat.

22

b) Zu Recht haben sich daher die Berufungsrichter mit der Frage des Inhalts und der Zulässigkeit des Beweises durch eine verdeckte Videoaufzeichnung nicht befasst.

23

aa) Entgegen der Auffassung der Revision ist darin kein absoluter Revisionsgrund nach § 547 Nr. 6 ZPO zu sehen. Es kann dahinstehen, ob insoweit überhaupt eine zulässige Verfahrensrüge vorliegt, denn jedenfalls wäre sie unbegründet.

24

Zwar fehlt es an einer Begründung der Entscheidung iSv. § 547 Nr. 6 ZPO auch dann, wenn das Urteil auf einen Klageantrag, Anspruch, selbständigen Angriff oder ein Verteidigungsmittel iSd. § 146 ZPO nicht eingeht(Musielak/Ball ZPO 7. Aufl. § 547 Rn. 15; BGH 21. Dezember 1962 - I ZB 27/62 - BGHZ 39, 333, 337; Zöller/Heßler ZPO 28. Aufl. § 547 Rn. 8; GMP/Müller-Glöge 7. Aufl. § 73 Rn. 49). Mit der Begründung des Berufungsurteils werden jedoch keine selbständigen Angriffs- und Verteidigungsmittel des Klägers übergangen. Sein Vortrag, dass die Videoüberwachung unzulässig gewesen sei, stellt nur ein Argument im Zusammenhang mit einem Angriffs- oder Verteidigungsmittel dar, nämlich der geltend gemachten Unwirksamkeit des notariellen Schuldanerkenntnisses.

25

bb) Soweit die Rüge des Klägers dahin auszulegen ist, dass er eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör iSd. § 72 Abs. 2 Nr. 3 ArbGG geltend machen will, liegt auch diese nicht vor. Die vorliegende Begründung lässt vielmehr erkennen, dass aufgrund der tatsächlichen Feststellungen und der zutreffenden rechtlichen Erwägungen des Berufungsgerichts die Frage der Zulässigkeit der Videoüberwachung für die Frage der klageweise geltend gemachten Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus dem abgegebenen notariellen Schuldanerkenntnis unerheblich war. Daher haben die Berufungsrichter auf das vom Kläger erklärte Schuldanerkenntnis abgestellt und sich mit der Frage der Beweisbarkeit der in der notariellen Urkunde fixierten Schadenshöhe durch die Beklagte nicht befasst. Denn gerade die Schadenshöhe war bei Abgabe der Erklärung des Klägers klärungsbedürftig, was dieser auch wusste. Das Landesarbeitsgericht ist weder von einem für den Überwachungszeitraum „bewiesenen“ Schaden iHv. 1.120,00 Euro noch davon ausgegangen, dass die Beklagte unabhängig vom Geständnis und Schuldanerkenntnis des Klägers am 24. Juli 2006 den ihr entstandenen Schaden in voller Höhe hätte beweisen können.

26

III. Dagegen ist der Kläger grundsätzlich nicht mit Einwendungen gegen das notarielle Schuldanerkenntnis selbst ausgeschlossen, insbesondere mit den Einwänden, das Schuldanerkenntnis sei wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig oder aufgrund wirksamer Anfechtung nach § 123 Abs. 1, § 142 Abs. 1 BGB unwirksam. Dies hat das Berufungsgericht aber rechtsfehlerfrei verneint.

27

1. Abgesehen davon, dass nicht die Beklagte als Partei des Arbeitsvertrages, sondern der beurkundende Notar als von ihr unabhängiger Dritter die Einzelheiten des Schuldanerkenntnisses formuliert hat, sind dem Sachverhalt keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass dabei vorformulierte Vertragsbedingungen zur Anwendung gekommen sind. Eine Überprüfung nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§§ 305 ff. BGB) kommt daher nicht in Betracht.

28

2. Das Schuldanerkenntnis ist nicht entsprechend § 779 BGB wegen eines beiderseitigen Irrtums über einen als feststehend zugrunde gelegten Sachverhalt, der der Wirklichkeit nicht entsprach, unwirksam. Zwar ist § 779 BGB wegen seines vergleichsähnlichen Charakters auch auf das deklaratorische Schuldanerkenntnis entsprechend anwendbar(Staudinger/Marburger § 781 Rn. 18 mwN; BAG 15. Dezember 1999 - 10 AZR 881/98 - zu II 3 a der Gründe; 11. September 1984 - 3 AZR 184/82 - zu III der Gründe, AP BGB § 138 Nr. 37 = EzA BGB § 138 Nr. 17). Vorliegend haben aber die Parteien nicht gemeinsam über einen als feststehend zugrunde gelegten streitausschließenden Umstand geirrt. Vielmehr macht der Kläger geltend, er sei über Grund und Höhe des von ihm verursachten Schadens im Unklaren gelassen oder getäuscht worden. Das war zwischen den Parteien vor Abgabe des Schuldanerkenntnisses aber gerade streitig und wurde deswegen zu seinem Gegenstand gemacht.

29

3. Das notarielle Schuldanerkenntnis ist nicht sittenwidrig nach § 138 Abs. 1 BGB. Ob ein Verstoß gegen die guten Sitten vorliegt, ist eine der Nachprüfung im Wege der Revision unterliegende Rechtsfrage (BGH 30. Oktober 1990 - IX ZR 9/90 - zu II 3 der Gründe mwN, NJW 1991, 353).

30

a) Nach § 138 Abs. 1 BGB ist ein Rechtsgeschäft nichtig, wenn es nach seinem aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren ist(Palandt/Ellenberger § 138 Rn. 7, 8; PWW/Ahrens 5. Aufl. § 138 Rn. 25, 28; BGH 10. Oktober 1997 - V ZR 74/96 - zu II der Gründe mwN, NJW-RR 1998, 590 f.). Dabei sind nicht nur der objektive Inhalt des Geschäfts, sondern auch die Umstände, die zu seiner Vornahme geführt haben, und die von den Parteien verfolgten Absichten und Beweggründe zu berücksichtigen(BGH 10. Oktober 1997 - V ZR 74/96 - aaO). Bei der Beurteilung der Sittenwidrigkeit ist auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts abzustellen und nicht auf den Eintritt der Rechtswirkungen (Palandt/Ellenberger § 138 Rn. 9; PWW/Ahrens § 138 Rn. 36; BGH 5. Oktober 2001 - V ZR 237/00 - zu II 2 c der Gründe, NJW 2002, 429 f.). In subjektiver Hinsicht genügt es, wenn der Handelnde die Tatsachen kennt, aus denen sich die Sittenwidrigkeit ergibt, bzw. sich der Kenntnis bewusst verschließt oder entzieht (teilweise wird lediglich ein objektiver Pflichtenverstoß gefordert zB Staudinger/Sack [2003] § 138 Rn. 62 f.; MünchKommBGB/Armbrüster 5. Aufl. § 138 Rn. 129 ff.), dagegen ist ein Bewusstsein der Sittenwidrigkeit und eine Schädigungsabsicht nicht erforderlich (Palandt/Ellenberger § 138 Rn. 8; PWW/Ahrens § 138 Rn. 34; BGH 19. Januar 2001 - V ZR 437/99 - zu II 1 b der Gründe, BGHZ 146, 298). Bei einer Verpflichtung, die die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Schuldners weit übersteigt, kommt Sittenwidrigkeit in Betracht, wenn zusätzliche, dem Gläubiger zurechenbare Umstände zu einem unerträglichen Ungleichgewicht der Vertragsparteien führen. Solche Belastungen können sich insbesondere daraus ergeben, dass der Gläubiger die Geschäftsunerfahrenheit oder eine seelische Zwangslage des Schuldners ausnutzt oder ihn auf andere Weise in seiner Entscheidungsfreiheit unzulässig beeinträchtigt(BAG 22. Oktober 1998 - 8 AZR 457/97 - zu I 4 e der Gründe, AP BGB § 781 Nr. 5 = EzA BGB § 781 Nr. 5 unter Hinweis auf BGH 16. Januar 1997 - IX ZR 250/95 - zu II 3 der Gründe mwN, NJW 1997, 1980).

31

b) Der Beweggrund der Beklagten, den Kläger zur Abgabe eines notariellen Schuldanerkenntnisses zu veranlassen, war nicht sittenwidrig. Der Kläger hatte davor zugegeben, über Jahre hinweg Geld aus der Kasse entwendet und dies mittels fingierter Pfandbons verdeckt zu haben. Er hat dies in Form eines schriftlichen Geständnisses niedergelegt, wozu das Landesarbeitsgericht festgestellt hat, dass ihm dabei nicht in einer Weise die Hand geführt worden wäre, sodass er sich dem nicht hätte entziehen können. Sein Handeln und seine Vorgehensweise hat der Kläger nachfolgend auch nicht in Abrede gestellt; nur die Höhe des von ihm anerkannten Schadens hat er bestritten, nicht aber, der Beklagten überhaupt zum Schadensersatz verpflichtet zu sein. Entgegen der mit der Revision vertretenen Ansicht verstößt es auch nicht gegen die guten Sitten, von einem Schädiger über das schriftliche Geständnis hinaus die Abgabe eines notariellen Schuldanerkenntnisses zu verlangen, wenn dies aus versicherungsrechtlichen Gründen erforderlich sein sollte. Da es keinen allgemeinen Erfahrungssatz gibt, dass bei derartigen Festlegungen die Schadenssumme stets überhöht dargestellt und eine Täuschung des Versicherers zumindest billigend in Kauf genommen wird, ist das Landesarbeitsgericht auf diesen Vorhalt des Klägers zu Recht nicht näher eingegangen.

32

c) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht die Sittenwidrigkeit des Schuldanerkenntnisses auch nicht deswegen bejaht, weil ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung bestanden hätte. Ein solches kann nicht daraus abgeleitet werden, dass die Beklagte den Schaden allenfalls zu einem geringen Teil hätte beweisen können. Insoweit verkennt die Revision, dass maßgebend für die Annahme eines auffälligen Missverhältnisses nicht das Verhältnis zwischen wahrer Ausgangslage im Sinne einer tatsächlichen Beweisbarkeit und den übernommenen Leistungen ist, sondern die Einschätzung der Sach- und Rechtslage durch die Parteien bei Abschluss der Vereinbarung (BAG 11. September 1984 - 3 AZR 184/82 - zu IV 1 der Gründe, AP BGB § 138 Nr. 37 = EzA BGB § 138 Nr. 17; BGH 5. Oktober 2001 - V ZR 237/00 - zu II 2 c der Gründe, NJW 2002, 429, 431). Zu Recht hat daher das Landesarbeitsgericht auch in diesem Zusammenhang nicht auf die „Beweisbarkeit“ oder den „Videobeweis“ abgestellt, sondern darauf, wie die Parteien zunächst beim Geständnis des Klägers und nachfolgend bei seinem notariellen Schuldanerkenntnis auf eine Schadenshöhe von 110.000,00 Euro zuzüglich Detekteikosten gekommen sind. Die Schlussfolgerung, die Gesamtsumme von ca. 110.000,00 Euro basiere auf einer gut begründbaren Annahme und sei gerade nicht aus der Luft gegriffen, kann die Revision nicht mit der Argumentation erfolgreich angreifen, dies führe zu einem so gut wie nicht vorstellbaren Schadensbetrag pro Arbeitstag. Umgelegt auf 220 Arbeitstage pro Jahr ergibt sich eine tägliche Schadenshöhe von 125,00 Euro. Dies erscheint nicht sittenwidrig überhöht, nachdem der Kläger zuvor angegeben hatte, zunächst mit 10,00 Euro täglich begonnen und dann seine Entnahmen immer weiter gesteigert zu haben, bis es an „Spitzentagen“ zu 500,00 bis 600,00 Euro gekommen sei. In einem Schadensersatzprozess hätte bei der gegebenen Sachlage die Schadensschätzung durch ein Gericht nach § 287 ZPO rechtsfehlerfrei auch höher ausfallen können. Die Sittenwidrigkeit lässt sich daher aus der Höhe des anerkannten Schadens nicht ableiten.

33

d) Das notarielle Schuldanerkenntnis ist auch nicht deshalb sittenwidrig, weil der Kläger sich damit zur Zahlung eines Betrages nebst Zinsen verpflichtet hat, den er bei gleichbleibenden Einkommensverhältnissen erst nach Jahrzehnten oder überhaupt nicht vollständig zurückzahlen kann. Es verstößt grundsätzlich nicht gegen die guten Sitten, sich in eigener Verantwortung auch zu Leistungen zu verpflichten, die nur unter besonders günstigen Bedingungen erbracht werden können (BGH 16. Januar 1997 - IX ZR 250/95 - zu II 3 der Gründe mwN, NJW 1997, 1980). Mit der eingeräumten monatlichen Ratenzahlung iHv. 200,00 Euro, die die jährliche Verzinsung auf dem Kapitalmarkt nicht abdeckt und die Vollstreckungsmöglichkeit der Beklagten beschränkt, ist eine wirtschaftliche Knebelung des Klägers ebenfalls nicht erfolgt. Im Übrigen geht es um Ansprüche aus eigenen unerlaubten Handlungen des Klägers und nicht etwa um eine Mithaftungsübernahme oder Bürgschaftserklärung, bei der die Beklagte in sittlich anstößiger Weise die emotionale Verbundenheit des Klägers mit einem Hauptschuldner ausgenutzt hätte, um eine übermäßig finanziell belastende Personalsicherheit zu erlangen (vgl. dazu BGH 16. Juni 2009 - XI ZR 539/07 - Rn. 18 mwN, NJW 2009, 2671).

34

e) Die Beklagte hat zur Abgabe des notariellen Schuldanerkenntnisses kein unerträgliches Übergewicht dadurch hergestellt, dass sie dem Kläger jede Überlegungsfrist genommen hätte. Abgesehen davon, dass keine oder nur eine kurze Überlegungsfrist allenfalls die Anfechtbarkeit des Rechtsgeschäfts wegen Drohung nach sich zieht (BAG 15. März 2005 - 9 AZR 502/03 - zu II 3 a der Gründe mwN, BAGE 114, 97 = AP BGB § 781 Nr. 7 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 2), hat die Beklagte dem Kläger bereits nach dessen Bekunden nicht jegliche Überlegungsfrist genommen, wie das Berufungsgericht festgestellt hat. Zwischen dem Gespräch und der Fahrt nach M wartete der Kläger eine Dreiviertelstunde, ohne dass Vertreter der Beklagten zugegen waren. Etwa ebenso lang dürfte dann die Fahrt zum Notar gedauert haben, dessen vom Kläger selbst wiedergegebener Hinweis, er müsse das Schuldanerkenntnis nicht unterschreiben, auch die Gelegenheit darstellte, zwischenzeitlich angestellte Überlegungen und nach dem Gespräch aufgetauchte Bedenken zu äußern.

35

f) Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht auch angenommen, dass die Beklagte keine „Geschäftsunerfahrenheit“ des Klägers ausnutzte, um zum Schuldanerkenntnis zu gelangen. Dass der Kläger als ausgebildeter Einzelhandelskaufmann mit vierjähriger Berufserfahrung und im Alter von 22 Jahren überblicken konnte, was er zugegeben hatte und wozu er sich verpflichtete, durfte die Beklagte ohne Verstoß gegen die guten Sitten annehmen.

36

g) Selbst nach dem Vorbringen des Klägers ist nicht auf eine Zwangslage bei Abgabe des notariellen Schuldanerkenntnisses zu schließen, die die Beklagte sittenwidrig ausgenutzt hätte.

37

Der Kläger hat nicht vorgetragen, auf der Fahrt zum oder beim Notar seien Drohungen ausgesprochen oder Druck aufgebaut worden. Seinem Vorbringen ist auch nicht zu entnehmen, dass schon eine im Büro des Großmarkts aufgebaute unerträgliche „Drohkulisse“ bis unmittelbar vor Abschluss des notariellen Schuldanerkenntnisses fortwirkte. Zudem hat das Landesarbeitsgericht hinsichtlich der Situation im Großmarkt festgestellt, dass von einer Zwangslage des Klägers nicht ausgegangen werden kann. Die Revision hat das Verfahren, das zu dieser Feststellung geführt hat, nicht mit einer zulässigen und begründeten Verfahrensrüge angegriffen, womit diese Feststellungen für das Revisionsgericht bindend sind (§ 559 Abs. 2 ZPO). Mit den Feststellungen des Berufungsgerichts geht im Übrigen auch die Revision nunmehr davon aus, dass dem Kläger nicht mit einer „Freiheitsstrafe“, sondern mit einer Strafanzeige gedroht worden ist. Dadurch geriet der Kläger in keine anstößige Zwangslage, weil jeder verständige Arbeitgeber in der damaligen Situation die Erstattung einer Anzeige in Erwägung gezogen hätte. Denn der Kläger hatte nicht in Abrede gestellt, Pfandbeträge unberechtigterweise an sich selbst ausbezahlt zu haben und die Beteiligten stimmten auch überein, dass ein Problem deutlich jenseits des Bereichs eines Bagatelldelikts zu bereinigen war.

38

IV. Zutreffend hat es das Berufungsgericht nicht als rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB) angesehen, wenn sich die Beklagte auf das Anerkenntnis beruft. Selbst wenn sie das Fehlverhalten des Klägers durch fehlende Kontrollen erleichtert haben sollte, stellt dies keinen Rechtsverstoß im Zusammenhang mit der Abgabe des notariellen Schuldanerkenntnisses dar. Wiederum gilt, dass vorliegend nicht in einem Schadensersatzprozess die Frage eines Mitverschuldens des Geschädigten zu beurteilen war, sondern ob die Beklagte wegen einer titulierten Schadensersatzforderung vollstrecken darf.

39

V. Schließlich hat das Landesarbeitsgericht die Anfechtung seiner zum notariellen Schuldanerkenntnis führenden Willenserklärung des Klägers ohne Rechtsfehler für unwirksam befunden. Schon nach seinem eigenen Vorbringen steht dem Kläger ein Anfechtungsgrund nicht zur Seite. Unmittelbar vor Unterzeichnung des Schuldanerkenntnisses beim Notar ist dem Kläger nicht gedroht worden. Die Drohung mit einer Strafanzeige im Großmarkt war, selbst wenn sie bis zum Notar „fortgewirkt“ haben sollte, nicht widerrechtlich. Die Drohung mit einer Strafanzeige ist dann rechtmäßig, wenn sie nur dazu dient, den Täter zur Wiedergutmachung des Schadens zu veranlassen (MünchKommBGB/Kramer § 123 Rn. 43). Da der Kläger nicht in Abrede gestellt hatte, unberechtigterweise Pfandbeträge in erheblicher Höhe an sich selbst ausbezahlt zu haben, lagen ausreichend Anhaltspunkte dafür vor, dass er die Beklagte geschädigt hatte; die Erstattung einer Strafanzeige erschien daher als adäquates Mittel zur Aufklärung des Sachverhaltes. Eine solche Drohung ist nicht widerrechtlich, da das Mittel, also das angedrohte Verhalten und der Zweck, dh. das erreichte Schuldanerkenntnis nicht, auch nicht in der Verknüpfung, widerrechtlich sind (Palandt/Ellenberger § 123 Rn. 19; BAG 10. Oktober 2002 - 8 AZR 8/02 - zu II 3 b bb der Gründe mwN, BAGE 103, 71 = AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 169 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 158). Ein Gläubiger darf vermeintliche Schadensersatzansprüche unabhängig davon geltend machen, ob er sie beweisen kann. Der erstrebte Zweck, nämlich die Sicherung dieser Ansprüche durch Schuldanerkenntnis ist - für sich betrachtet - noch nicht rechtswidrig, solange der Gläubiger jedenfalls vom Bestehen der Schuld ausgehen darf (BAG 10. Oktober 2002 - 8 AZR 8/02 - aaO).

40

Der Kläger ist auch nicht arglistig getäuscht worden. Seiner Behauptung, ihm sei gesagt worden, es gebe „Beweise für einen angeblich entwendeten Geldbetrag in Höhe von insgesamt 110.000,00 Euro“ ist das Berufungsgericht zu Recht schon deswegen nicht weiter nachgegangen, da der Kläger für diese Behauptung beweisfällig geblieben ist.

41

VI. Nachdem die Beklagte das notarielle Schuldanerkenntnis zu Recht erhalten hat, die Urkunde weder nach ihrem Inhalt nichtig noch in ihrer Wirkung beschränkt ist, sind Herausgabeansprüche aus §§ 321 oder 812 Abs. 1 BGB nicht ersichtlich.

42

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Die ehrenamtliche Richterin Morsch
ist wegen Ablauf der Amtszeit an
der Unterschriftsleistung verhindert.
Hauck    

        

    N. Schuster    

                 

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.