Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 18. Nov. 2014 - 7 Sa 322/14

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2014:1118.7SA322.14.0A
bei uns veröffentlicht am18.11.2014

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Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Az.: 10 Ca 3904/13 - vom 20. März 2014 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Rahmen der Insolvenzanfechtung über die Rückzahlung von Entgelt zur Insolvenzmasse.

2

Der Kläger wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Bonn vom 1. Oktober 2010 zum Insolvenzverwalter für das am gleichen Tag vor dem Amtsgericht Bonn eröffnete Insolvenzverfahren über das Vermögen der Z. GmbH (im Folgenden: Schuldnerin) - Az. 00000 - bestellt. Der erste Insolvenzantrag war am 20. August 2010 gestellt worden. Neben der Schuldnerin existiert eine Y. GmbH, deren Geschäftszweck die Finanzverwaltung und Durchführung von Schulungen und Seminaren im Bereich des Devisenhandels sowie die Verwaltung des eigenen Vermögens ist.

3

Die "Z. GmbH" und der 1984 geborene Beklagte schlossen am 23. Februar 2010 einen befristeten schriftlichen Anstellungsvertrag für die Zeit vom 1. April 2010 bis zum 31. März 2012. Der Anstellungsvertrag (Anlage K 3, Bl. 15 ff. d. A.) enthält unter anderem folgende Regelungen:

4

"'§ 1 Tätigkeit

5

1. Der Arbeitnehmer wird im Bereich Marketing eingestellt und mit allen einschlägigen Tätigkeiten beschäftigt.
2. Die Arbeitgeberin behält sich vor, dem Arbeitnehmer innerhalb der durch den Arbeitsvertrag gezogenen Grenzen auch andere seiner Vorbildung und seinen Fähigkeiten entsprechende und zumutbare Aufgaben zu übertragen und/oder ihn an einen anderen Arbeitsplatz zu versetzen.
3. (…)

6

(…)

7

§ 3 Arbeitszeit/Überstunden

8

1. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt 40 Stunden ohne die Berücksichtigung von Pausen. Die jeweiligen Arbeitszeiten werden auf Arbeitszeitkonten erfasst. Im Zusammenhang mit der Festlegung der täglichen bzw. wöchentlichen Arbeitszeit ist in besonderem Maß auf die - auch zukünftigen - Erfordernisse des Betriebes Rücksicht zu nehmen. Die Arbeitszeiteinteilung richtet sich nach den Betriebsabläufen im Betrieb der Arbeitgeberin. Die Arbeitgeberin ist berechtigt, die Lage der Arbeitszeit und der Pausen abweichend zu regeln.
2. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, seine ganze Arbeitskraft im Interesse der Arbeitgeberin einzusetzen und im Falle der Erforderlichkeit - im gesetzlich zulässigen Rahmen - auch über die betriebliche Arbeitszeit hinaus Mehrarbeit bzw. Überstunden zu erbringen. Diese Verpflichtung erstreckt sich auf Schicht-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit.
3. Die Anordnung von Überstunden bedarf einer vorherigen ausdrücklichen Anweisung durch die Geschäftsleitung oder einer durch sie hierzu ermächtigten Person.

9

(…)

10

§ 5 Vergütung

11

1. Der Arbeitnehmer erhält ein monatliches jeweils bis zum 10. eines jeden Folgemonats bargeldlos zahlbares Grundgehalt in Höhe von 9170,00 Euro brutto.
2. Mit der unter Ziff. 1) genannten Vergütung sind Über-, Mehr-, Sonn- und Feiertagsarbeit, soweit sie im Wochendurchschnitt 4 Stunden nicht überschreiten abgegolten.
3. Die, über die Regelung der Ziff. 2) hinausgehend, geleisteten Überstunden werden in Freizeit nach betrieblichen Erfordernissen abgegolten."

12

Der Beklagte gewährte der Y. mit Datum vom 23. Februar 2010 ein Nachrangdarlehen in Höhe von 100.000,00 Euro. Die Gewährung dieses Nachrangdarlehns beruhte auf den Darlehensbedingungen (Stand: August 2009) sowie auf dem dazugehörigen Beteiligungsexposé (Stand: August 2009, Anlage K 8, Bl. 55 ff. d. A.). Diese lauten auszugsweise:

"§ 1

13

'Darlehensaufnahme und Verwaltung der Darlehensgeber

14

1. Die Y. GmbH (im Folgenden auch Gesellschaft genannt) nimmt bei Anlegern (im Folgenden auch Darlehensgeber) Nachrangdarlehen mit einem Gesamtbetrag von Euro 10.000.000,- (in Worten: Euro Zehn Millionen) auf.
2. (…)

§ 2

15

Darlehensgeber, Zeitpunkt der Darlehensgewährung

16

(…)

§ 3

17

Zinsen, Fälligkeit

18

1. Die Nachrangdarlehen werden vorbehaltlich des § 5 während der Laufzeit gemäß § 4 Abs. 1 mit 10 % p. a. bezogen auf den valutierten Darlehensbetrag verzinst. Ab Laufzeitende bis zur Rückzahlung wird das Darlehen nicht verzinst.
(…)

§ 4

19

Laufzeit, Kündigung, Rückzahlung

20

1. Die Laufzeit des nachrangigen Darlehens ist unbestimmt. Eine Kündigung ist frühestens zum Ablauf der Mindestlaufzeit von zwei Kalenderjahren zulässig. Nachfolgend ist eine Kündigung jeweils zum Ablauf des folgenden Kalenderjahres zulässig. Die Mindestlaufzeit beginnt am Gewährungszeitpunkt.
2. Die Kündigungsfrist beträgt sechs Monate. Die Kündigung des Darlehensgeber hat mittels eingeschriebenen Brief gegenüber der Gesellschaft und die Kündigung der Gesellschaft durch Bekanntmachung gemäß § 6 dieser Bedingungen zu erfolgen.
3. Die Rückzahlung der wirksam gekündigten nachrangigen Darlehen erfolgt vorbehaltlich § 5 zum valutierten Darlehensbetrag, der dem Ausgabebetrag entspricht. Der Rückzahlungsanspruch ist grundsätzlich am letzten Kalendertag des Monats, in welchem der Zeitpunkt der Wirksamkeit der Kündigung fällt, zur Zahlung fällig. zwischen dem Kündigungstag und dem Fälligkeitstag werden die Nachrangdarlehen nicht verzinst.

21

(…)."

22

Die Schuldnerin erbrachte an den Beklagten folgende Zahlungen:

23

28. April 2010 

€ 5.855,31

28. Mai 2010

€ 5.855,31

2. Juli 2010

€ 5.855,31

24

Sie erfüllte die Sozialversicherungspflicht entsprechend den gesetzlichen Vorschriften.

25

Mit Schreiben vom 29. November 2012 (Anlage K 5, Bl. 32 f. d. A.) erklärte der Kläger die Anfechtung der an den Beklagten erbrachten Zahlungen und forderte den Beklagten zur Rückzahlung der gezahlten Beträge auf. Der Beklagte lehnte eine Zahlung mit Schreiben vom 17. Dezember 2012 und vom 22. August 2013 (Anlagen K 6 und K 7, Bl. 34 f. d. A.) ab.

26

Mit der am 21. Oktober 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen, dem Beklagten am 26. Oktober 2013 zugestellten Klage verfolgt der Kläger seinen Rückzahlungsanspruch weiter.

27

Der Kläger hat vorgetragen,
der Beklagte habe den vermeintlichen Arbeitsvertrag ausschließlich zum Schein aufgrund der Gewährung des Darlehens erhalten. Gemäß Absprache zwischen der Schuldnerin und dem Beklagten habe der monatliche Betrag 9,17 % der dargereichten Darlehenssumme entsprochen. Der Beklagte habe keinerlei Arbeiten für die Schuldnerin erbracht (Beweis: Zeugnis des Herrn X., polizeiliche Vernehmung des Herrn X. vom 26. Oktober 2010, Anlage K 4, Bl. 25 ff. d. A.).

28

Das Geschäftsmodell der Schuldnerin sei dergestalt aufgebaut gewesen, dass das für den beabsichtigten Devisenhandel benötigte Kapital bei Privatpersonen eingeworben worden sei. Neben dem vertraglich festgelegten Zins in Höhe von 10 % p. a. als Gegenleistung für die Gewährung des Darlehens sei den Darlehensgebern ein Beschäftigungsverhältnis zugesagt worden. Hierbei habe sich die Höhe des monatlichen Arbeitslohns nach der Höhe des gewährten Darlehens gerichtet. "Normale" Marketingmitarbeiter hätten 4 % der gewährten Darlehenssumme, Pastoren, Mitarbeiter in Missionswerken etc. - so wie der Beklagte - hätten 9,17 % der gewährten Darlehenssumme erhalten. Weiterhin hätten die Darlehensgeber monatliche Provisionen in Höhe von 1 % der Darlehenssumme für die Werbung neuer Darlehensgeber erhalten. Auf diese Weise habe erreicht werden sollen, dass ausreichend Liquidität für das Geschäftsmodell zur Verfügung stehe. Der Gewinn aus dem Devisenhandel habe die vertraglich vereinbarten Zinsen für die Darlehensgeber in Höhe von 10 % p. a., das monatliche Gehalt der Darlehensgeber, die Verluste aus dem Devisenhandel (wenn solche entstehen würden), die Kosten des Devisenhandels und die Betriebskosten der Insolvenzschuldnerin finanzieren müssen. Diese unrealistisch hohen Renditeziele hätten nicht durch den Devisenhandel, sondern nur durch Einführung weiterer Teilnehmer - zumindest für eine gewisse Zeit - erzielt werden können.

29

Der Kläger ist der Ansicht, die von dem Beklagten angegebene Arbeitsleistung in Form der Vermittlung neuer Kunden dürfte - wenn sie denn erbracht worden sei - als strafbare Werbung nach § 16 Abs. 2 UWG einzuordnen sein mit der Folge, dass das Arbeitsverhältnis nach § 134 BGB aufgrund des Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig sei und demnach die streitgegenständlichen Zahlungen unentgeltlich erfolgt seien. Für das Vorliegen einer strafbaren Werbung nach § 16 Abs. 2 UWG sei es ausreichend, dass die Kundenwerbung im geschäftlichen Verkehr vorgenommen werde. Hierzu gehöre jede dauernde Tätigkeit, die der Förderung eines beliebigen (eigenen oder fremden) Geschäftszwecks diene. Der besondere Vorteil im Sinne des § 16 Abs. 2 UWG sei die Zusage der Schuldnerin gewesen, dass der Beklagte zusätzlich zu den monatlichen Zahlungen monatliche Provisionen in Höhe von 1 % der Darlehenssumme für die Werbung neuer Darlehensgeber erhalte. Jedenfalls stelle das Vertriebssystem der Schuldnerin ein nach § 138 BGB sittenwidriges Vertriebssystem dar mit der Folge der Nichtigkeit des Arbeitsverhältnisses. Der Beklagte sei - sollte er tatsächlich eine Arbeitsleistung erbracht haben - als Multiplikator für die schneeballartige Werbung neuer Geschäftspartner für das Vertriebssystem der Schuldnerin tätig geworden.

30

§ 817 S. 2 BGB finde im Rahmen der Insolvenzanfechtung keine Anwendung. Auch im Fall einer unbewusst rechtsgrundlosen Leistung sei Unentgeltlichkeit im Sinn von § 134 InsO anzunehmen.

31

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

32

den Beklagten zu verurteilen, an ihn in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Z. GmbH 17.565,93 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Oktober 2010 zu zahlen.

33

Der Beklagte hat beantragt,

34

die Klage abzuweisen.

35

Er hat vorgetragen,
der Anstellungsvertrag sei zwischen den Parteien so gewollt gewesen und umgesetzt worden. Insbesondere habe er seine arbeitsvertraglichen Verpflichtungen weisungsgemäß erfüllt und die vereinbarte Arbeitsleistung erbracht. Zwar habe er der Schuldnerin das Nachrangdarlehen zur Verfügung gestellt, damit die Schuldnerin damit in dem von ihr betriebenen Devisenhandel habe Einnahmen er-wirtschaften können. Für diese finanzielle Unterstützung seines Arbeitgebers habe er jedoch unstreitig ein eigenes Vertragswerk mit Regelung der Rückzahlung und Verzinsung des Nachrangdarlehens abgeschlossen. Insoweit sei das Gesamt-konzept der Schuldnerin in Bezug auf die gewinnorientierte Durchführung von Devisenhandel mit der dafür notwendigen Akquisition von Kapital zu berücksichtigen. Er habe sich seinen Arbeitsplatz allerdings nicht erkauft, sondern ihn lediglich tatsächlich mitermöglicht. Die Berechnung der Höhe des angebotenen Grundgehaltes zuzüglich Bonuszahlungen habe auf dem bereits festgelegten Geschäftsmodell der Schuldnerin beruht und nicht in seinem Einfluss gestanden.

36

Den arbeitsrechtlichen Verpflichtungen als Mitarbeiter im Bereich Marketing sei er weisungsgemäß nachgekommen, indem er in den drei Monaten seines Tätigwerdens nach Schulung und Einarbeitung intensiv und erfolgreich Werbung für die Schuldnerin in seinem sozialen Umfeld gemacht habe, insbesondere versucht habe, neue Darlehensgeber für Nachrangdarlehen zu werben. Er sei außerdem Assistent des Geschäftsführers V. U. bei regelmäßigen und einzelnen Sonderaufgaben gewesen. Als regelmäßige Sonderaufgabe habe er die Außendarstellung der Schuldnerin im Bereich von zahlreichen kooperierenden Missionswerken koordiniert, da diese quasi als Werbeträger/Multiplikatoren von der Schuldnerin genutzt worden seien. Bei den damit verbundenen Ortsterminen habe er die Spendenverwertung bei diesen Missionswerken kontrolliert. Zudem sei er beauftragt gewesen, die Gründung mehrerer Stiftungen für die Schuldnerin vorzubereiten und habe hierzu umfangreiche Recherchen angestellt. Er habe weiter ab Juni 2010 die Schulung der Marketingmitarbeiter konzeptionell optimieren sollen und habe dazu ein Programm erarbeitet, das allerdings praktisch wegen der Insolvenz der Schuldnerin nicht mehr umgesetzt worden sei. Von ihm als faktischem Sonderbeauftragten für den Geschäftsführer V. U. sei erwartet worden, dass er täglich um 8.00 Uhr zur Arbeit erschienen sei und bei Bedarf sogar bis in die Abendstunden geblieben sei. Urlaub habe er sich genehmigen lassen müssen.

37

Er sei nicht von einem signifikanten prozentualen Zusammenhang zwischen Arbeitsverhältnis und Darlehenssumme ausgegangen.

38

Er ist weiter der Ansicht, das Arbeitsverhältnis stelle keine strafbare Werbung nach § 16 Abs. 2 UWG dar. Sein Arbeitsentgelt sei nicht davon abhängig gewesen, dass eine bestimmte Anzahl von Personen geworben worden sei. § 16 Abs. 2 UWG gehe zudem davon aus, dass Verbraucher für eine selbständige unternehmerische Tätigkeit geworben werden sollen. Das sei vorliegend nicht der Fall. In den Darlehensbedingungen sowie auf dem dazugehörigen Beteiligungsexposé sei der Verbraucher auf mehreren Seiten auf den möglichen Totalverlust seines Nachrangdarlehens hingewiesen worden.

39

Die Unterstellung eines Schneeballsystems würde bedeuten, dass zwangsläufig nach einiger Zeit nur noch eine große Schicht von "Verkäufern" und keine Ab-nehmer mehr vorhanden seien und somit das System zusammenbreche. Hier habe jedoch ein Emissionsvolumen von 10.000.000,- € bei einer Mindest-zeichnungssumme von 5.000,- € erreicht werden sollen. Tatsächlich seien Nachrangdarlehen in Höhe von über 6.000.000,- € begeben worden. Ein funktionierender Devisenhandel sei mit dem Betrag von 10.000.000,- € und dem Betrag von 6.000.000,- € zu führen. Außerdem sei er davon ausgegangen, eine für alle Beteiligten wirtschaftlich sinnvolle Tätigkeit zu unterstützen.

40

Er ist der Ansicht, jedweder Rückzahlungsanspruch scheitere an § 817 S. 2 BGB.

41

Das Arbeitsgericht hat die Klage durch Urteil vom 20. März 2014 abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht - zusammengefasst - ausgeführt, der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten sei eröffnet. Dem Kläger stehe kein Wertersatz aus insolvenzrechtlicher Anfechtung zu. Zwar habe der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung nach § 143 Abs. 2 S. 1 InsO die erzielte Bereicherung zurück zu gewähren, im vorliegenden Fall lägen jedoch die Voraussetzungen der Unentgeltlichkeit nicht vor. Dem anfechtenden Insolvenzverwalter obliege die Darlegungs- und Beweislast für die Vornahme einer unentgeltlichen Leistung. Soweit die Entscheidung von Umständen aus dem Bereich des Anfechtungsgegners abhänge - zum Beispiel, ob dieser eine Gegenleistung erbracht habe - treffe diesen nur eine sekundäre Darlegungslast. Vor diesem Hintergrund sei eine von dem Beklagten zurück zu gewährende Leistung auf eine Nichtschuld nicht anzunehmen. Von einem Scheingeschäft und einem zwischen dem Beklagten und der Schuldnerin nur scheinbar vereinbarten Arbeitsverhältnis sei nicht auszugehen. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ein nur dem äußeren Anschein nach bestehendes Rechtsverhältnis habe hervorgerufen werden sollen, liege bei demjenigen, der sich auf die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts berufe. Der pauschale Beweisantritt und die Benennung eines Zeugen für den Umstand, dass ein gegenleistungsfreier Lohnerhalt vorliege und auf das Bestehen eines Scheinrechtsverhältnisses hindeute, bleibe unerheblich, wenn die angebotene Einvernahme lediglich der Einholung rechtlicher Werturteile oder der bloßen Ausforschung diene. Nachdem der Beklagte im Einzelnen erklärt habe, seinen arbeitsvertraglichen Pflichten gegenüber der Schuldnerin entsprochen zu haben und vollzeitig für die Schuldnerin tätig geworden zu sein, habe dem Kläger durchaus der Nachweis trotz allem ohne Gegenleistung gewährter Zahlungen oblegen. Nehme der Kläger allerdings an dieser Stelle ohne weiteren Vortrag nur Bezug auf die protokollierte polizeiliche Vernehmung des von ihm benannten Zeugen X., könne die Vernehmung des Zeugen allenfalls noch der Ermittlung jener Tatsachen dienen, die vorzutragen dem Kläger persönlich obliege. Dies gelte erst recht mit Rücksicht auf den Inhalt der polizeilich protokollierten Aussage des Zeugen X.. Sollte der zwischen der Schuldnerin und dem Beklagten vereinbarte schriftliche Arbeitsvertrag kein geeigneter Rechtsgrund für die dem Beklagten gewährten Zahlungen gewesen sein (etwa weil der Arbeitsvertrag als Scheingeschäft zu verstehen wäre oder weil der Beklagte als Arbeitsleistung die Teilnahme an einem "Schneeballsystem" versprochen haben sollte und der Arbeitsvertrag deshalb wegen eines Verstoßes gegen höherrangiges Recht unwirksam bliebe), läge trotzdem keine Unentgeltlichkeit der Zahlungen vor. Im Fall eines als Scheingeschäft vereinbarten Arbeitsverhältnisses bliebe nach Maßgabe von § 117 Abs. 2 BGB nur die wirksame Rückzahlung des von dem Beklagten gewährten Darlehens durch die Schuldnerin als Dritte nach § 267 Abs. 1 S. 1 BGB verdeckt.

42

Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird ergänzend auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz (Bl. 100 ff. d. A.) Bezug genommen.

43

Das genannte Urteil ist dem Kläger am 28. April 2014 zugestellt worden. Der Kläger hat hiergegen mit einem am 27. Mai 2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 26. Mai 2014 Berufung eingelegt und diese am 23. Juni 2014 begründet.

44

Zur Begründung der Berufung macht der Kläger nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes sowie des Schriftsatzes vom 26. September 2014, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 121 ff. und 206 ff. d. A.) zusammengefasst geltend,
das Arbeitsgericht nehme schlicht falsch an, er sei seiner Darlegungslast hinsichtlich des Vorliegens einer unentgeltlichen Leistung nicht hinreichend nachgekommen. Es habe zunächst einmal festgestellt werden müssen, in welchem Umfang der Beklagte die von ihm behaupteten Tätigkeiten durchgeführt haben wolle. Hierzu habe der Beklagte mitnichten konkret beschrieben, was er für die Schuldnerin als Arbeitsleistung erbracht haben wolle. Es bleibe unklar, welche Tätigkeiten der Beklagte in welchem Umfang, insbesondere in zeitlicher Hinsicht konkret für die Schuldnerin ausgeübt haben wolle, was seine konkreten Aufgaben als Assistent der Geschäftsführung gewesen seien, wenn es behauptete Sonderaufgaben in Gestalt der Koordination der Außendarstellung der Schuldnerin gegeben habe. Offen bleibe auch, wie diese Koordination konkret ausgesehen habe, wo der Beklagte diese Tätigkeiten ausgeführt habe, wie die behaupteten Schulungen ausgesehen hätten und ob der Beklagte eine entsprechende Ausbildung in diesen Bereichen aufweise. Es habe nicht einmal die Möglichkeit bestanden, feststellen zu können, ob eine objektive Vergleichbarkeit zwischen den von der Schuldnerin monatlich geleisteten 9.170,- € und der von dem Beklagten behaupteten Tätigkeit in einer 40-Stunden-Woche bestanden habe. Er habe ausreichende Umstände dafür dargelegt, dass es sich bei dem Arbeitsvertrag um eine so genannte verschleierte Schenkung gehandelt habe. Die Höhe der monatlichen Schenkungen habe sich nach der Höhe des an die Y. GmbH gewährten Darlehens gerichtet. Der Beklagte habe für die streitgegenständlichen Zahlungen keinerlei Arbeitsleistung erbringen sollen. Nicht das mit der Y. GmbH eingegangene Rechtsverhältnis habe verdeckt werden sollen, sondern die verschleierte Schenkung. Der Zeuge X. sei Personalsachbearbeiter der Schuldnerin gewesen. Zudem habe er Kenntnis vom Zustandekommen der einzelnen Verträge. Insofern werde der Zeuge bestätigen können, dass der Beklagte mit Herrn U. als Geschäftsführer der Schuldnerin den Arbeitsvertrag als Scheingeschäft vereinbart habe und keinerlei Arbeitsleistungen zu erbringen hatte. Im Übrigen habe der Zeuge Kenntnis davon, wie die Scheinarbeitnehmer auch intern anhand der Personalnummer, beginnend mit der "6", kostenstellenmäßig verbucht worden seien und auch auf diese Weise von den Mitarbeitern, die tatsächlich Arbeitsleistungen hätten erbringen sollen und erbracht hätten, getrennt worden seien. Der Beklagte habe die Personalnummer 6225 aufgewiesen. Sollte von dem Gericht festgestellt werden, dass der Beklagte tatsächlich in einem ernstzunehmenden Umfang für die Schuldnerin Arbeitsleistungen in Form von Werbung weiterer Darlehensgeber erbracht habe, sei die Anwendung von § 140 BGB ausgeschlossen. Ein Ausschluss komme insbesondere in Betracht, wenn die Umdeutung dem Schutzzweck der nichtigkeitsbegründenden Norm zuwiderlaufe. Der Schutzzweck von § 16 Abs. 2 UWG sei insbesondere der Schutz geschäftlich unerfahrener Personen vor Beteiligung an Vertriebsmethoden, die bereits ihrer Anlage nach für sie ein gefährliches, schadensträchtiges Risiko zum Inhalt hätten. Unzulässig sei eine Umdeutung ferner bei sittenwidrigen Rechtsgeschäften. Schneeballsysteme seien regelmäßig sittenwidrig gemäß § 138 BGB.

45

Der Kläger beantragt,

46

unter Abänderung des am 20. März 2014 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz - 10 Ca 3904/13 - den Beklagten zu verurteilen, an ihn 17.565,93 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basissatz seit dem 1. Oktober 2010 zu zahlen.

47

Der Beklagte beantragt,

48

die Berufung zurückzuweisen.

49

Er verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe seines Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 7. Juli 2014 und der Schriftsätze vom 29. Oktober 2014 sowie vom 10. November 2014, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 147 f., 229 f. und 234 f. d. A.), als rechtlich zutreffend. Er ist der Ansicht, der Kläger werde nicht ansatzweise seiner primären Beweislast für das Vorliegen einer unentgeltlichen Leistung bzw. für das Vorliegen eines Scheingeschäfts in Bezug auf das Arbeitsverhältnis gerecht. Aufgrund seiner Auskunftsansprüche habe der Kläger die Möglichkeit zu einem konkreteren Vortrag mit ausreichendem Beweisangebot gehabt, die er jedoch nicht nutze. Auch die objektive Vergleichbarkeit von Gehaltszahlung und Arbeitsleistung sei vom Kläger im Rahmen seiner primären Beweislast zu widerlegen, wozu diesem seine Auskunftsansprüche zur Verfügung stünden. Er sei seiner arbeitsvertraglichen Verpflichtung in zeitlicher Hinsicht voll nachgekommen. Die von ihm durchgeführten Werbegespräche seien im Rahmen persönlicher Kontaktaufnahme erfolgt. Dies habe dem Direktvertriebssystem der Schuldnerin entsprochen. Erste Kontaktgespräche mit Interessenten hätten an unterschiedlichen Orten stattgefunden, längere Gespräche mit Interessenten zumeist bei den Interessenten in den Privatwohnungen. Über die Einarbeitung durch die Schuldnerin hinaus habe er keine Ausbildung im Marketingbereich. Er habe eine Ausbildung beim Finanzamt gemacht und sich wegen des christlich/sozialen Hintergrundes der Tätigkeit für die Tätigkeit bei der Schuldnerin entschieden. Allerdings sei es nicht seine Aufgabe gewesen, Verträge abzuschließen, sondern Kontakte der Interessenten zur Schuldnerin herzustellen. Dort seien die Verträge ausgehandelt und abgeschlossen worden. Daneben habe er Aufgaben als Assistent der Geschäftsführung gehabt. Dem Vortrag des Klägers, es sei von einer so genannten verschleierten Schenkung auszugehen, stehe die tatsächliche Durchführung eines Arbeitsverhältnisses unter vollständiger Ab-führung der Sozialabgaben bereits hinreichend entgegen. Der Kläger sei formell und materiell an seiner bisherigen Behauptung eines darlehensabhängigen Scheinarbeitsverhältnisses festzuhalten, das im angefochtenen Urteil zu Recht inhaltlich und als nicht bewiesen abgelehnt worden sei. Der Kläger trage widersprüchlich vor, wenn er einerseits behaupte, er - der Beklagte - habe keinerlei Arbeiten erbracht, andererseits aber vortrage, er habe sich an einem strafbaren "Schneeballsystem" beteiligt. Die von ihm empfangenen Leistungen seien unter keinem Gesichtspunkt unentgeltlich bzw. rechtsgrundlos und verstießen ins-besondere nicht gegen § 16 Abs. 2 UWG. Er sei bei seiner nachweisbaren, arbeitsvertraglich geregelten Arbeitstätigkeit unwiderlegt davon ausgegangen, eine für die Schuldnerin und alle Beteiligten wirtschaftlich sinnvolle Tätigkeit zu leisten. Für diese Arbeitsleistungen habe er die nunmehr eingeklagten Zahlungen als angemessene Vergütung zu Recht erhalten. Er sei auch nicht von einem signifikanten prozentualen Zusammenhang zwischen Arbeitsverhältnis und Darlehenssumme ausgegangen. Im Übrigen sei er bezüglich des ratierlich gezahlten Arbeitsentgeltes nicht nur zwischenzeitlich entreichert, sondern auch durch § 817 S. 2 BGB geschützt.

50

Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der Sitzung vom 18. November 2014 (Bl. 242 ff. d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

51

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie erweist sich auch sonst als zulässig.

II.

52

In der Sache hatte die Berufung des Klägers keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Diese ist unbegründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch gemäß § 143 Abs. 1 S. 1 in Verbindung mit § 134 Abs. 1 InsO auf Rückgewähr der von der Insolvenzschuldnerin an den Beklagten am 28. April 2010, 28. Mai 2010 und 2. Juli 2010 gezahlten Vergütung. Ein Rückgewähranspruch des Insolvenzverwalters nach diesen Vorschriften ist nur dann gegeben, wenn Leistungen im Sinn von § 134 Abs. 1 InsO unentgeltlich erfolgt sind, diese Zahlungen nicht früher als vier Jahre vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbracht, hierdurch die Insolvenzgläubiger im Sinn von § 129 Abs. 1 InsO benachteiligt wurden und der Insolvenzverwalter diese Zahlungen angefochten hat (§ 129 Abs. 1 InsO).

53

Bei den Zahlungen der Schuldnerin handelt es sich nicht um unentgeltliche Leistungen im Sinn von § 134 Abs. 1 InsO.

54

1. Unentgeltlich ist im Zwei-Personen-Verhältnis eine Leistung, wenn ein Vermögenswert des Verfügenden zu Gunsten einer anderen Person aufgegeben wird, ohne dass dem Verfügenden ein entsprechender Vermögenswert zufließen soll (BAG, Urteil vom 12. September 2013 - 6 AZR 913/11 - AP InsO § 134 Nr. 1 Rz. 50; BGH, Urteil vom 20. Juli 2006 - IX ZR 226/03 - NJW-RR 2006, 1555, 1556 Rz. 7). Erforderlich ist also die Einigkeit der Beteiligten darüber, dass der Empfänger für die Leistung des Schuldners keinen ausgleichenden Gegenwert erbringen soll. Entgeltlich ist dagegen eine Leistung, wenn der Schuldner für seine Leistung etwas erhält, was objektiv ein Ausgleich für seine Leistung ist oder dies jedenfalls subjektiv nach dem Willen der Beteiligten sein soll. Das ausgleichende Entgelt muss keine Gegenleistung im Sinn der §§ 320 ff. BGB sein. Vielmehr genügt jeder entsprechend werthaltige Vermögensvorteil, den der Schuldner durch die Rechtshandlung erlangt. Einseitige Vorstellungen des Schuldners über mögliche wirtschaftliche Vorteile, die nicht in rechtlicher Abhängigkeit zu seiner Zuwendung stehen, können Entgeltlichkeit jedoch nicht begründen. Der gläubigerschützende Zweck der Vorschrift verlangt eine weite Auslegung des Begriffs der Unentgeltlichkeit (BAG, Urteil vom 12. September 2013 - 6 AZR 913/11 - AP InsO § 134 Nr. 1 Rz. 50 m. w. N.).

55

Ob für die Leistung des Schuldners ein Gegenwert in dessen Vermögen geflossen ist bzw. fließen soll, bestimmt sich in erster Linie nach dem objektiven Sachverhalt. Sonst könnten die Beteiligten allein dadurch, dass sie in ihren rechtsgeschäftlichen Erklärungen einer für den Schuldner objektiv wertlosen Leistung einen subjektiven Wert beimessen, den vom Gesetz beabsichtigten Gläubigerschutz vereiteln. Erst wenn feststeht, dass dem Schuldner objektiv betrachtet ein Gegenwert für seine Zuwendung zugeflossen oder versprochen worden ist, besteht Anlass zu der Prüfung, ob die Beteiligten die erbrachte oder versprochene Gegenleistung als Entgelt angesehen haben oder mit der Leistung des Schuldners Freigiebigkeit bezweckt war (BAG, Urteil vom 12. September 2013 - 6 AZR 913/11 - AP InsO § 134 Nr. 1 Rz. 51 m. w. N.).

56

Die bewusste Erfüllung einer nicht bestehenden Forderung ist unentgeltlich, auch wenn der Leistungsempfänger irrtümlich vom Bestehen der Forderung ausgegangen ist (BGH, Urteil vom 18. Juli 2013 - IX ZR 198/10 - NZI 2013, 841, 843 Rz. 21 m. w. N.).

57

Unentgeltlich ist danach der Abschluss eines äußerlich entgeltlichen Geschäfts nur zum Schein, um die Freigiebigkeit zu verdecken. Ob ein Rechtsgeschäft wirklich gewollt oder nur zum Schein abgeschlossen wird, hängt davon ab, ob die Parteien einverständlich nur den äußeren Schein des Abschlusses eines Rechtsgeschäfts hervorrufen, dagegen die mit ihm verbundenen Rechtswirkungen nicht eintreten lassen wollen, oder ob sie ein ernstlich gemeintes Rechtsgeschäft doch für notwendig erachten.

58

Wer sich auf die Nichtigkeit eines Geschäfts nach § 117 Abs. 1 BGB beruft, trägt für den Scheincharakter des Geschäfts die Beweislast. Dies gilt auch für die Behauptung, bei einem Arbeitsvertrag habe es sich um ein Scheingeschäft gehandelt (BAG, Urteil vom 9. Februar 1995 - 2 AZR 389/94 - NZA 1996, 249, 250; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15. Februar 2013 - 6 Sa 451/11 - zitiert nach juris Rz. 49).

59

Dem entspricht, dass den anfechtenden Insolvenzverwalter die primäre Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines unentgeltlichen Geschäfts im Sinn des § 134 Abs. 1 InsO trifft (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15. Februar 2013 - 6 Sa 451/11 - zitiert nach juris Rz. 45).

60

2. Die Schuldnerin und der Beklagte haben den vorgelegten Arbeitsvertrag nicht nur zum Schein abgeschlossen. Er ist daher nicht nichtig, § 117 Abs. 1 BGB. Der Kläger ist seiner primären Darlegungs- und Beweislast nicht nachgekommen.

61

a) Die Arbeitsvertragsparteien haben den Anstellungsvertrag schriftlich abgeschlossen und in ihm die für ein Arbeitsverhältnis wesentlichen Bedingungen wie Tätigkeit, Arbeitszeit, Vergütung, Urlaub und Beendigung des Arbeitsverhältnisses geregelt. Die Schuldnerin hat das Arbeitsverhältnis auch entsprechend abgerechnet, die entsprechenden Sozialversicherungsabgaben abgeführt und die sich ergebende Nettovergütung an den Beklagten ausgezahlt. Für seine Behauptung, bei dem Arbeitsvertrag habe es sich um ein Scheingeschäft im Sinn von § 117 Abs. 1 BGB gehandelt, liegt die Darlegungs- und Beweislast beim Kläger. Gleichfalls ist der Kläger darlegungs- und beweispflichtig für den Einwand, der Arbeitsvertrag sei nicht abredegemäß durchgeführt worden, der Beklagte habe das Entgelt nur wegen der Hingabe des Darlehens bzw. als "Schenkung" erhalten und sei nicht tätig geworden. Bis zum Beweis des Gegenteils spricht der vorgelegte Anstellungsvertrag dafür, dass der Beklagte in einem Arbeitsverhältnis tätig war.

62

Allerdings dürfen an die Substantiierungslast der darlegungspflichtigen Partei keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Sie ist nicht verpflichtet, den streitigen Lebenssachverhalt in allen Einzelheiten darzustellen. Die darlegungspflichtige Partei muss keinen "Vorbeweis" führen, indem sie Anhaltspunkte - für gegebenenfalls von ihr nur vermutete - Tatsachen konkretisiert und unter Beweis stellt. Vielmehr genügt sie ihrer Darlegungslast bereits dadurch, dass sie Tat-sachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, die geltend gemachte Rechtslage als entstanden erscheinen zu lassen. Dabei muss das Gericht auf Grund dieser Darstellung beurteilen können, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der an eine Behauptung geknüpften Rechtsfolge erfüllt sind. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, welche Angaben einer Partei zumutbar und möglich sind. Hat eine Partei keinen Einblick in die Geschehensabläufe und ist ihr deshalb die Beweisführung erschwert, kann sie auch solche Umstände unter Beweis stellen, die sie nur vermutet, aber nach Lage der Dinge für wahrscheinlich hält. Nähere Einzelheiten sind vom Tatsachengericht durch entsprechende Nachfrage bei der Beweisaufnahme zu klären. Zu einem unzulässigen Ausforschungsbeweis wird ein Beweisantrag unter solchen Umständen erst dann, wenn die beweispflichtige Partei Behauptungen „aufs Geratewohl” oder „ins Blaue hinein” aufstellt, ohne wenigstens greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts aufzuzeigen (BAG, Urteil vom 12. September 2013 - 6 AZR 980/11 - AP InsO § 133 Nr. 1 Rz. 82; BGH, Urteil vom 24. Mai 2007 - III ZR 176/06 - NZA 2007, 753, 754 Rz. 15, jeweils m. w. N.).

63

Diesen Anforderungen genügt der Vortrag des Klägers im vorliegenden Fall nicht. Der Kläger stützt seine Behauptung eines Scheingeschäfts in erster Linie auf die Zeugenaussagen des Personalsachbearbeiters der Schuldnerin W. X. beim Polizeipräsidium T-Stadt am 26. Oktober 2010 sowie bei der Agentur für Arbeit T-Stadt am 11. März 2011 und die mit einer "6" beginnende Personalnummer des Beklagten.

64

Dieser Vortrag allein genügt zur Darlegung eines Scheingeschäfts zwischen der Schuldnerin und dem Beklagten des vorliegenden Rechtsstreits nicht. Aus der Aussage des Zeugen X. beim Polizeipräsidium T-Stadt und bei der Agentur für Arbeit T-Stadt, auf die der Kläger zur Ergänzung seines Vortrags schriftsätzlich Bezug genommen hat, lassen sich keine Tatsachen entnehmen, aus denen sich ergibt, dass konkret der Beklagte des vorliegenden Rechtsstreits - entgegen dem schriftlich abgefassten - Arbeitsvertrag keine Arbeitsleistung erbracht hat. Dem Vortrag des Klägers lässt sich nicht entnehmen, woher der Zeuge X. Kenntnis zu den konkreten Absprachen zwischen der Schuldnerin und dem Beklagten dieses Rechtsstreits und zu den von diesem (nicht) erbrachten Arbeitsleistungen hätte haben sollen. Auch ergibt sich aus den vom Kläger vorgelegten Vernehmungsprotokollen des Zeugen X. nicht, dass gerade der Beklagte zu dem Personenkreis zu zählen ist, welcher von der Insolvenzschuldnerin Arbeitsentgelt ohne Erbringung von Arbeitsleistungen bezogen hat. Die vorgelegten Aussagen des Zeugen X. erschöpfen sich darin, dass 95 % der Mitarbeiter keine Arbeitnehmer gewesen seien, insbesondere nicht bei den Marketingmitarbeitern. Der Zeuge X. ist damit selbst davon ausgegangen, dass es auch Mitarbeiter (5 %) gegeben hat, die tatsächlich Arbeitsleistungen erbracht haben. So hat er beispielsweise angegeben, dass er selbst zusätzlich als 400,- €-Jobber tätig gewesen sei, wofür er auch die Lohnbuchhaltung etc. bei der Y. erledigt habe. Überdies handelte es sich bei dem Beklagten gerade nicht um einen 400,- €-Jobber. Zwischen den Parteien war eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden und eine Bruttomonatsvergütung in Höhe von 9.170,- € schriftlich vereinbart. 9,17 % der Darlehenssumme monatlich erhielten nach Aussage des Zeugen X. jedoch zum einen Marketing-PR-Mitarbeiter, die auch kostenstellenmäßig gesondert geschlüsselt worden seien. Zu dieser Personengruppe hätten unter anderem Pastoren, Mitarbeiter in Missionswerken, die vom ehemaligen Geschäftsführer so genannten "Mitarbeiter Reich Gottes" gehört. Zum anderen habe eine weitere kleine Mitarbeitergruppe 9,17 % monatlich erhalten, wobei es sich um vollzeitige Marketingmitarbeiter gehandelt habe, hauptsächlich im Standort S.. Gehörte der Beklagte beispielsweise zu dieser Personengruppe LAG - auch nach der von dem Kläger allein angeführten Aussage des Zeugen X. und trotz seiner mit einer "6" beginnenden Personalnummer - im Fall des Beklagten gerade kein Scheinarbeitsverhältnis vor.

65

Der pauschale Beweisantritt unter Benennung des Zeugen X. für den Umstand, dass es sich bei dem Arbeitsvertrag um ein Scheingeschäft im Sinn von § 117 Abs. 1 BGB gehandelt habe, ist unerheblich, weil dies auf eine Zeugenvernehmung über rechtliche Werturteile oder eine Ausforschung hinausliefe. Dem Beweis zugänglich sind allein Tatsachen, das heißt konkrete, nach Zeit und Raum bestimmte, der Vergangenheit oder der Gegenwart angehörende Geschehnisse oder Zustände, die der Kläger nicht weiter ausführt (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15. Februar 2013 - 6 Sa 451/11 - zitiert nach juris Rz. 52 m. w. N.). Erst durch die Befragung des Zeugen hätte geklärt werden können, welche konkreten Kenntnisse er aufgrund seiner Tätigkeit als Personalsachbearbeiter hinsichtlich des Beklagten, dem Vertragsabschluss und der konkreten Tätigkeit des Beklagten hatte und ob Tatsachen vorliegen, aufgrund derer das Rechtsverhältnis als Scheinarbeitsverhältnis oder eine Schenkung rechtlich zu bewerten ist.

66

b) Entgegen der Ansicht des Klägers trifft den Beklagten im vorliegenden Fall keine sekundäre Darlegungslast. Zwar bedarf der Grundsatz der vollen Darlegungslast des Klägers insbesondere dann einer Einschränkung, wenn der Kläger außerhalb des maßgeblichen Geschehensablaufes steht und den Sachverhalt von sich aus nicht ermitteln kann, während dem Beklagten die erforderliche tatsächliche Aufklärung ohne weiteres möglich und auch zuzumuten ist (BGH, Urteil vom 19. Februar 2014 - I ZR 230/12 - zitiert nach juris Rz. 14; BAG, Urteil vom 21. Juni 2012 - 2 AZR 694/11 - zitiert nach juris Rz. 52; BGH, Urteil vom 23. Oktober 2007 - XI ZR 423/06 - zitiert nach juris Rz. 19). Das setzt jedoch voraus, dass die darlegungspflichtige Partei alle ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ausgeschöpft hat, um ihrer primären Darlegungslast zu genügen. Wer - als Insolvenzverwalter - ein fremdes Recht in Prozessstandschaft geltend macht, muss sich nach Möglichkeit die erforderlichen Kenntnisse vom bisherigen Forderungsinhaber und aus Unterlagen beschaffen (Thomas/Putzo-Reichold, ZPO, 35. Aufl. 2014, § 139 Rn. 20). Der Kläger hat im vorliegenden Fall insbesondere seinen Auskunftsanspruch gegenüber dem früheren Geschäftsführer der Schuldnerin V. U. gemäß § 101 Abs. 1 S. 1 in Verbindung mit §§ 97, 98 InsO, 35 Abs. 1 GmbH sowie weiteren Angestellten gemäß § 101 Abs. 2 in Verbindung mit § 97 InsO, nicht geltend gemacht und versucht gegenüber dem früheren Geschäftsführer durchzusetzen. Der frühere Geschäftsführer der Schuldnerin ist als solcher auskunftspflichtig. Der Kläger hätte neben diesem beispielsweise auch Herrn R., der für die Verwaltung zuständig war, die - nach Aussage des Zeugen X. - für die Sparte Ausbildung zuständigen Q. P., N. M. und L. K. oder die Mitarbeiter, mit denen zur Zeichnung des Darlehens ein persönliches Beratungs- bzw. Vermittlungsgespräch stattgefunden hat (im Fall des Beklagten die Mitarbeiterin I. J., vgl. Bl 2 des Zeichnungsscheins für Nachrangdarlehen, Anlage K 2, Bl. 9 f. d. A.) befragen können.

67

c) Aber selbst wenn man eine sekundäre Darlegungslast des Beklagten annehmen würde, wäre der Beklagte dieser im vorliegenden Fall nachgekommen. So hat er die ihm in seiner dreimonatigen Tätigkeit obliegenden Tätigkeiten im Einzelnen geschildert. Er habe in den drei Monaten seines Tätigwerdens nach Schulung und Einarbeitung intensiv und erfolgreich Werbung für die Schuldnerin in seinem sozialen Umfeld gemacht, insbesondere versucht, neue Darlehensgeber für Nachrangdarlehen zu werben. Er sei außerdem Assistent des Geschäftsführers V. U. bei regelmäßigen und einzelnen Sonderaufgaben gewesen. Als regelmäßige Sonderaufgabe habe er die Außendarstellung der Schuldnerin im Bereich von zahlreichen kooperierenden Missionswerken koordiniert, da diese quasi als Werbeträger/Multiplikatoren von der Schuldnerin genutzt worden seien. Bei den damit verbundenen Ortsterminen habe er die Spendenverwertung bei diesen Missionswerken kontrolliert. Zudem sei er beauftragt gewesen, die Gründung mehrerer Stiftungen für die Schuldnerin vorzubereiten und habe hierzu umfangreiche Recherchen angestellt. Er habe weiter ab Juni 2010 die Schulung der Marketingmitarbeiter konzeptionell optimieren sollen und habe dazu ein Programm erarbeitet, das allerdings praktisch wegen der Insolvenz der Schuldnerin nicht mehr umgesetzt worden sei. Von ihm als faktischem Sonderbeauftragten für den Geschäftsführer V. U. sei erwartet worden, dass er täglich um 8.00 Uhr zur Arbeit erschienen sei und bei Bedarf sogar bis in die Abendstunden geblieben sei.

68

Der Beklagte hat weiter dargelegt, seine Tätigkeit als Finanzbeamter für die Tätigkeit bei der Schuldnerin aufgegeben zu haben. Weitere Konkretisierungen oblagen dem Beklagten nicht. Insbesondere musste er nicht - über seinen Vortrag noch hinausgehend - seinen Arbeitsalltag darstellen oder jedem Arbeitstag konkrete Tätigkeiten zuordnen. Zu berücksichtigen ist insoweit, dass es zum Beleg von Vergütungsansprüchen regelmäßig ausreicht, wenn ein Arbeitnehmer darlegt, sich zur rechten Zeit am rechten Ort bereitgehalten zu haben, um die Arbeitsanweisungen seines Arbeitgebers zu befolgen - die konkret zu leistende Arbeit durch Weisungen zu bestimmen, ist dann dessen Sache (§ 106 GewO; BAG, Urteil vom 18. April 2012 - 5 AZR 248/11 - NZA 2012, 998, 999 Rz. 14). Im insolvenzrechtlichen Anfechtungszusammenhang können an die sekundäre Darlegungslast von Arbeitnehmern keine höheren Anforderungen gestellt werden. Belegt der Arbeitnehmer sein ausreichendes Angebot, ist es Sache des Anfechtenden, das Gegenteil darzulegen und zu beweisen (LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15. Februar 2013 - 6 Sa 451/11 - zitiert nach juris Rz. 56).

69

3. Das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung war auch nicht so, dass von einer teilweise unentgeltlichen Leistung auszugehen wäre.

70

a) Eine teilweise unentgeltliche Leistung unterliegt der Anfechtung nach § 134 InsO insoweit, als deren Wert den der Gegenleistung übersteigt und die Vertragsparteien den ihnen zustehenden Bewertungsspielraum überschritten haben (so genannte "gemischte Schenkung", vgl. BGH, Urteil vom 1. April 2004 - IX ZR 305/00 - NZI 2004, 376, 378 zu § 31 Nr. 1 KO). Bei der Bewertung von Arbeitsleistung besteht ein Spielraum der Arbeitsvertragsparteien, soweit diese nicht an gesetzliche oder tarifliche Vorgaben gebunden sind. Die Bewertung darf sich von den objektiven Verhältnissen nicht zu weit entfernen. Subjektive Bewertungen der Arbeitsvertragsparteien können wegen des vom Gesetzgeber bezweckten Gläubigerschutzes nur berücksichtigt werden, soweit sie eine reale Grundlage haben (BAG, Urteil vom 12. September 2013 - 6 AZR 913/11 - AP InsO § 134 Nr. 1 Rz. 60).

71

b) Es ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich, inwieweit die arbeitsvertraglich vereinbarte Vergütung des Beklagten in Höhe von 9.170,- € brutto monatlich keine reale Grundlage gehabt hätte.

72

Die Höhe eines solchen Anspruchs ist jedenfalls nicht schlüssig dargelegt. Der Kläger, der primär insgesamt bestritten hat, dass der Beklagte eine Arbeitsleistung erbracht hat, hat sich nicht mit der Frage auseinandergesetzt, welche Vergütung für die vom Beklagten behaupteten Tätigkeiten als Mitarbeiter im Marketing und als Assistent des Geschäftsführers V. U. objektiv angemessen gewesen wäre.

73

4. Der Kläger hat gegen den Beklagten auch keinen Rückgewähranspruch unter dem Gesichtspunkt einer Nichtigkeit gemäß § 134 BGB in Verbindung mit § 16 Abs. 2 UWG wegen der Teilnahme an einem "Schneeballsystem".

74

Zwar kann sich der Kläger den mit seinem Vortrag unvereinbaren Vortrag des Beklagten, er habe Tätigkeiten entsprechend dem abgeschlossenen Arbeitsvertrag entfaltet, hilfsweise zu eigen machen (vgl. BGH, Urteil vom 15. Dezember 1993 - VIII ZR 197/92 - NJW-RR 1994, 1405; vom 23. Juni 1989 - V ZR 125/88 - NJW 1989, 2756). Er verstößt damit nicht gegen die in § 138 Abs. 1 ZPO normierte Wahrheitspflicht.

75

Ein Insolvenzverwalter kann auch grundsätzlich die Auszahlung von in "Schneeballsystemen" erzielten Scheingewinnen durch den späteren Schuldner als objektiv unentgeltliche Leistung nach § 134 Abs. 1 InsO anfechten (BGH, Urteil vom 18. Juli 2013 - IX ZR 198/10 - NZI 2013, 841 Rz. 9; vom 2. April 2009 - IX ZR 221/07 - BeckRS 2009, 10598 Rz. 6 m. w. N.).

76

Der Kläger hat jedoch nicht dargelegt, dass die objektiven und subjektiven Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 UWG vorliegen. Ein strafbewehrtes Verbot im Sinn des § 134 BGB erstreckt sich auf ein Rechtsgeschäft als Ganzes grundsätzlich nur dann, wenn der Straftatbestand von beiden Vertragsparteien objektiv und subjektiv verwirklicht wird. Verstößt nur eine der Vertragsparteien gegen ein gesetzliches Verbot, so ist der Vertrag in der Regel gültig. In Ausnahmefällen kann sich die Unwirksamkeit allerdings auch aus einer einseitigen Gesetzesübertretung er-geben, falls der Zweck des Verbotsgesetzes anders nicht zu erreichen ist und die rechtsgeschäftlich getroffene Regelung nicht hingenommen werden darf (BGH, Urteil vom 16. April 1996 - XI ZR 138/95 - NJW 1996, 1812 m. w. N.). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier jedoch nicht vor.

77

Der objektive Tatbestand des § 16 Abs. 2 UWG ist (nur) dann gegeben, wenn ein Veranstalter als Täter im geschäftlichen Verkehr handelt, Verbraucher zur Abnahme von Waren und Leistungen veranlasst, der Einsatz zur Absatzförderung erfolgt und er Vorteile unter aufschiebender Bedingung verspricht (vgl. nur Bornkamm in Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl. 2014, § 16 UWG Rn. 34 ff.). Als Mittel der Werbung müssen besondere Vorteile für den Fall versprochen werden, dass das Werbe- und Vertriebssystem nach Art dieser Werbung, also in gleichartiger Weise und mit entsprechenden Methoden auf weitere Personen ausgedehnt wird. Dieses Werbe- und Vertriebssystem ("Art dieser Werbung") muss seiner Anlage nach so ausgestaltet sein, dass der Erstkunde den Zweitkunden und dieser die weiteren Abnehmer regelmäßig (aber nicht notwendig) gerade durch das In-Aussicht-Stellen der Vorteile zur Abnahme veranlasst. Dabei reicht es aus, dass das ganze System typischerweise darauf ausgerichtet ist, im Rahmen der weiteren Werbung die besonderen Vorteile als Werbemittel einzusetzen (Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Stand: Juli 2014, § 16 UWG Rz. 133). Die versprochenen Vorteile müssen zusätzliche Lockmittel sein, um die Kunden zum Eintritt in das Vertriebssystem zu bewegen. An solchen besonderen Vorteilen fehlt es insbesondere bei so genannten unechten Schneeballsystemen, bei denen im Rahmen einer Geldanlage unrealistisch hohe Renditen versprochen werden, wobei diese Renditen zunächst aus - abredewidrig verwendeten - Geldanlagen neuer Kunden bedient werden.

78

Auch wenn man der Ansicht des Klägers folgt, "besonderer Vorteil" sei im vor-liegenden Fall die Gewährung einer Provision in Höhe von 1 % der vermittelten Darlehen, lässt sich dem Vortrag des Klägers nicht entnehmen, dass die Kunden gerade durch die Gewährung dieses "besonderen Vorteils" zum Eintritt in das System veranlasst werden sollten. Zum einen bleibt offen, ob die Provisionsabrede überhaupt an weitere Kunden "weitergegeben" oder sogar als Lockmittel eingesetzt wurde. Zum anderen sollten nach den Darlehensbedingungen die Gewinne durch Devisenhandel erwirtschaftet werden und die Darlehensgeber einen festen jährlichen Zinssatz von 10 % der Darlehenssumme erhalten. Schließlich war nach dem Beteiligungsexposé der Gesamtbetrag der angebotenen Nachrangdarlehen auf 10.000.000,- € begrenzt.

79

Auch zur Erfüllung des subjektiven Tatbestandes des § 16 Abs. 2 UWG hat der Kläger nicht hinreichend vorgetragen. So hat er nicht vorgetragen, dass der Beklagte bei Abschluss des Arbeitsvertrages Kenntnis vom behaupteten rechts-widrigen Geschäftsmodell der Schuldnerin hatte, insbesondere davon, dass er besondere Vorteile erlangt, wenn er andere wiederum zum Abschluss von Darlehensverträgen veranlasst, die ihrerseits nach Art der Werbung derartige Vorteile für eine entsprechende Werbung weiterer Abnehmer erlangen sollten (so genanntes Kettenelement). Der Beklagte hatte nach seinem Vortrag lediglich die Aufgabe, Interessenten zu vermitteln. Der Abschluss von Verträgen oblag ihm nicht.

80

5. Ein Rückgewähranspruch ergibt sich ebenfalls nicht unter dem Gesichtspunkt der Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) des zugrunde liegenden Geschäfts. Der zwischen der Schuldnerin und dem Beklagten geschlossene Anstellungsvertrag ist als solcher nicht sittenwidrig. Eine Sittenwidrigkeit des Anstellungsvertrags ergibt sich insbesondere ebenfalls nicht daraus, dass der zwischen den Parteien geschlossene Darlehensvertrag sittenwidrig wäre. Die Tatsache, dass das von dem Beklagten gegebene Darlehen von der Schuldnerin erkennbar zum Zweck des Devisenhandels aufgenommen wurde, führt ohne ein Hinzutreten besonderer Umstände nicht zur Sittenwidrigkeit des Darlehensvertrags gemäß § 138 Abs. 1 BGB (vgl. BGH, Urteil vom 16. April 1991 - XI ZR 88/90 - NJW 1991, 1956, 1957; OLG Stuttgart, Urteil vom 30. August 1989 - 4 U 23/89 - zitiert nach juris (Kurztext); MünchKommBGB-K. P. Berger, 3. Aufl. 2013, § 488 Rn. 101, jeweils zum Zweck der Spekulation mit Wertpapieren). Der Beklagte wurde als Darlehensgeber auch seitens der Schuldnerin als Darlehensnehmerin deutlich auf die mit der Gewährung eines Nachrangdarlehens verbundenen Risiken hingewiesen.

III.

81

Der Kläger hat als unterlegene Partei die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).

82

Die Voraussetzungen einer Revisionszulassung nach § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht erfüllt. Insbesondere ergibt sich allein aus der Vielzahl der bundesweit anhängigen Insolvenzanfechtungen von Zahlungen der Schuldnerin an Mitarbeiter nicht eine grundsätzliche Bedeutung. Vielmehr liegt den Einzelfällen jeweils ein differenziert zu betrachtender Sachverhalt zugrunde.

Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 18. Nov. 2014 - 7 Sa 322/14

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 18. Nov. 2014 - 7 Sa 322/14 zitiert 26 §§.

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(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

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(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

Zivilprozessordnung - ZPO | § 138 Erklärungspflicht über Tatsachen; Wahrheitspflicht


(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben. (2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. (3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestrit

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 138 Sittenwidriges Rechtsgeschäft; Wucher


(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig. (2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen W

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 134 Gesetzliches Verbot


Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

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(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Tei

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(1) Der Schuldner ist verpflichtet, dem Insolvenzgericht, dem Insolvenzverwalter, dem Gläubigerausschuß und auf Anordnung des Gerichts der Gläubigerversammlung über alle das Verfahren betreffenden Verhältnisse Auskunft zu geben. Er hat auch Tatsachen

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 817 Verstoß gegen Gesetz oder gute Sitten


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(1) Wer in der Absicht, den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen, in öffentlichen Bekanntmachungen oder in Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind, durch unwahre Angaben irreführend wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer es im geschäftlichen Verkehr unternimmt, Verbraucher zur Abnahme von Waren, Dienstleistungen oder Rechten durch das Versprechen zu veranlassen, sie würden entweder vom Veranstalter selbst oder von einem Dritten besondere Vorteile erlangen, wenn sie andere zum Abschluss gleichartiger Geschäfte veranlassen, die ihrerseits nach der Art dieser Werbung derartige Vorteile für eine entsprechende Werbung weiterer Abnehmer erlangen sollen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(1) Wer in der Absicht, den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen, in öffentlichen Bekanntmachungen oder in Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind, durch unwahre Angaben irreführend wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer es im geschäftlichen Verkehr unternimmt, Verbraucher zur Abnahme von Waren, Dienstleistungen oder Rechten durch das Versprechen zu veranlassen, sie würden entweder vom Veranstalter selbst oder von einem Dritten besondere Vorteile erlangen, wenn sie andere zum Abschluss gleichartiger Geschäfte veranlassen, die ihrerseits nach der Art dieser Werbung derartige Vorteile für eine entsprechende Werbung weiterer Abnehmer erlangen sollen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

War der Zweck einer Leistung in der Art bestimmt, dass der Empfänger durch die Annahme gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen hat, so ist der Empfänger zur Herausgabe verpflichtet. Die Rückforderung ist ausgeschlossen, wenn dem Leistenden gleichfalls ein solcher Verstoß zur Last fällt, es sei denn, dass die Leistung in der Eingehung einer Verbindlichkeit bestand; das zur Erfüllung einer solchen Verbindlichkeit Geleistete kann nicht zurückgefordert werden.

(1) Anfechtbar ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden.

(2) Richtet sich die Leistung auf ein gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk geringen Werts, so ist sie nicht anfechtbar.

(1) Wer in der Absicht, den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen, in öffentlichen Bekanntmachungen oder in Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind, durch unwahre Angaben irreführend wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer es im geschäftlichen Verkehr unternimmt, Verbraucher zur Abnahme von Waren, Dienstleistungen oder Rechten durch das Versprechen zu veranlassen, sie würden entweder vom Veranstalter selbst oder von einem Dritten besondere Vorteile erlangen, wenn sie andere zum Abschluss gleichartiger Geschäfte veranlassen, die ihrerseits nach der Art dieser Werbung derartige Vorteile für eine entsprechende Werbung weiterer Abnehmer erlangen sollen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

War der Zweck einer Leistung in der Art bestimmt, dass der Empfänger durch die Annahme gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen hat, so ist der Empfänger zur Herausgabe verpflichtet. Die Rückforderung ist ausgeschlossen, wenn dem Leistenden gleichfalls ein solcher Verstoß zur Last fällt, es sei denn, dass die Leistung in der Eingehung einer Verbindlichkeit bestand; das zur Erfüllung einer solchen Verbindlichkeit Geleistete kann nicht zurückgefordert werden.

(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.

(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.

(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.

(1) Wird eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, mit dessen Einverständnis nur zum Schein abgegeben, so ist sie nichtig.

(2) Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so finden die für das verdeckte Rechtsgeschäft geltenden Vorschriften Anwendung.

(1) Hat der Schuldner nicht in Person zu leisten, so kann auch ein Dritter die Leistung bewirken. Die Einwilligung des Schuldners ist nicht erforderlich.

(2) Der Gläubiger kann die Leistung ablehnen, wenn der Schuldner widerspricht.

Entspricht ein nichtiges Rechtsgeschäft den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts, so gilt das letztere, wenn anzunehmen ist, dass dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt sein würde.

(1) Wer in der Absicht, den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen, in öffentlichen Bekanntmachungen oder in Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind, durch unwahre Angaben irreführend wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer es im geschäftlichen Verkehr unternimmt, Verbraucher zur Abnahme von Waren, Dienstleistungen oder Rechten durch das Versprechen zu veranlassen, sie würden entweder vom Veranstalter selbst oder von einem Dritten besondere Vorteile erlangen, wenn sie andere zum Abschluss gleichartiger Geschäfte veranlassen, die ihrerseits nach der Art dieser Werbung derartige Vorteile für eine entsprechende Werbung weiterer Abnehmer erlangen sollen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

(1) Wer in der Absicht, den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen, in öffentlichen Bekanntmachungen oder in Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind, durch unwahre Angaben irreführend wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer es im geschäftlichen Verkehr unternimmt, Verbraucher zur Abnahme von Waren, Dienstleistungen oder Rechten durch das Versprechen zu veranlassen, sie würden entweder vom Veranstalter selbst oder von einem Dritten besondere Vorteile erlangen, wenn sie andere zum Abschluss gleichartiger Geschäfte veranlassen, die ihrerseits nach der Art dieser Werbung derartige Vorteile für eine entsprechende Werbung weiterer Abnehmer erlangen sollen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

War der Zweck einer Leistung in der Art bestimmt, dass der Empfänger durch die Annahme gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen hat, so ist der Empfänger zur Herausgabe verpflichtet. Die Rückforderung ist ausgeschlossen, wenn dem Leistenden gleichfalls ein solcher Verstoß zur Last fällt, es sei denn, dass die Leistung in der Eingehung einer Verbindlichkeit bestand; das zur Erfüllung einer solchen Verbindlichkeit Geleistete kann nicht zurückgefordert werden.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Anfechtbar ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden.

(2) Richtet sich die Leistung auf ein gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk geringen Werts, so ist sie nicht anfechtbar.

(1) Rechtshandlungen, die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, kann der Insolvenzverwalter nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 anfechten.

(2) Eine Unterlassung steht einer Rechtshandlung gleich.

(1) Anfechtbar ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden.

(2) Richtet sich die Leistung auf ein gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk geringen Werts, so ist sie nicht anfechtbar.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 5. Oktober 2011 - 11 Sa 112/11 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den am 30. September 2009 entstandenen Anspruch auf ein Retention Payment (künftig: Halteprämie), dessen Zahlung der Beklagte als Insolvenzverwalter in dem am 23. Januar 2009 beantragten und am 1. April 2009 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der Q AG (Schuldnerin) verweigert.

2

Die Klägerin war bei der Schuldnerin als leitende Angestellte und sog. Senior Director im kaufmännischen Bereich beschäftigt. Ihr Jahreszielgehalt lag zuletzt bei 116.600,00 Euro brutto. Sie führte bis zu 25 Arbeitnehmer und war unternehmensweit Ansprechpartnerin für alle Markt- und Wettbewerbsanalysen. Zu ihren Aufgaben gehörte die Marktforschung, die Entwicklung und Pflege von Markt- und Preismodellen, die Entwicklung und Pflege von Wettbewerbsanalysen, die Erstellung von Portfoliobewertungen und die Bilanz- und Kostenanalyse der Schuldnerin im Vergleich zu Wettbewerbern.

3

Im Verlauf der Kalenderjahre 2007 und 2008 geriet die Schuldnerin in finanzielle Schwierigkeiten, die - wie auch die Suche nach Investoren und Kreditgebern - ab Januar 2008 Gegenstand überregionaler Presseberichterstattung waren. Ihre Bemühungen, einen Investor zu finden, hatten keinen Erfolg. Eine angedachte Finanzhilfe der I AG, der Muttergesellschaft der Schuldnerin, konnte nicht realisiert werden. Auch Verhandlungen mit dem Freistaat Sachsen über eine Finanzhilfe von 300 Millionen Euro, die im Sommer 2008 mit Sondierungsgesprächen begonnen hatten, scheiterten am 21./22. Januar 2009. Während dieser Gespräche hatte die vom Freistaat Sachsen beauftragte P AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (P) in einem Gutachten zur Plausibilität der mittelfristigen Geschäftsplanung der Schuldnerin in ihrem Bericht vom 4. Dezember 2008 zusammenfassend festgestellt, dass „ein Engagement des Freistaates Sachsen … möglich, aber mit hohen Risiken behaftet“ sei.

4

Ab August/September 2008 ließ die Schuldnerin von externen Beratern in Zusammenarbeit mit einer internen Arbeitsgruppe („Rocky Project Group“) wöchentliche Liquiditätsberichte erstellen.

5

Die von der Schuldnerin beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft K AG verweigerte wegen mangelnder Fortführungsprognose und Existenzbedrohung der Schuldnerin das Testat des Jahresabschlusses zum 30. September 2008. In einem Schreiben an den Vorstand der Schuldnerin vom 14. Oktober 2008 wiesen die bestellten Prüfer nach § 321 Abs. 1 Satz 3 HGB auf eine Bestandsgefährdung des Unternehmens hin. Das Geschäftsergebnis des vierten Quartals und der Jahresabschluss wurden nicht mehr veröffentlicht.

6

Mit Schreiben vom 21. Oktober 2008 sagte die Schuldnerin der Klägerin eine Halteprämie zu, die in ihrer Summe etwa einem Jahresfixgehalt der Klägerin entsprach. Das Schreiben lautet auszugsweise:

        

„Sehr geehrte Frau …,

        

wir freuen uns, dass wir Ihnen zum 30. September 2009 einen einmaligen Betrag in Höhe von

        

81.600,00 € brutto

        

zusagen können. Die Auszahlung des Betrages setzt voraus, dass Sie zu diesem Zeitpunkt Ihr Arbeitsverhältnis mit der Q AG nicht von sich aus gekündigt haben. Die Auszahlung erfolgt mit der nächsten Gehaltsabrechnung.

        

An dieser Stelle möchten wir uns für die bisher erbrachte Leistung sehr herzlich bei Ihnen bedanken!

        

Wir setzen auch in Zukunft auf Ihre Unterstützung und Ihr Engagement, um unser Ziel zu erreichen, Q dauerhaft am Markt zu etablieren.

        

…“    

7

Die Schuldnerin sagte im Oktober 2008 einer Vielzahl von anderen Mitarbeitern Halteprämien in unterschiedlicher Höhe und mit unterschiedlichen Stichtagen zu.

8

Im Mai 2009 erhielt die Klägerin ein standardisiertes Schreiben der Personalabteilung mit einer Aufstellung der zur Insolvenztabelle anzumeldenden Forderungen. Die der Klägerin zugesagte Halteprämie war dort nicht genannt. Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis unter dem 27. Mai 2009 zum 31. August 2009. Die Klägerin kündigte das Arbeitsverhältnis bis zum 30. September 2009 ihrerseits nicht.

9

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, ihr müsse die zum 30. September 2009 zugesagte Halteprämie gezahlt werden.

10

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an sie 81.600,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. November 2009 zu zahlen.

11

Der Beklagte hat zur Begründung seines Klageabweisungsantrags vorgetragen, die erfolgreiche Sanierung und Fortführung des Geschäftsbetriebs der Schuldnerin sei Geschäftsgrundlage der Halteprämie gewesen. Jedenfalls sei die Vereinbarung über die Halteprämie nach § 134 BGB bzw. § 119 InsO unwirksam, weil sie das Recht des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis außerordentlich zu kündigen, beeinträchtige und sein Kündigungsrecht nach § 113 Satz 1 InsO beschränke. Die Vereinbarung unterliege schließlich der Anfechtung nach §§ 134 und 133 Abs. 1 InsO.

12

Der Beklagte hat den Streithelfern zu 1. und 2. mit Schriftsatz vom 1. Februar 2010 den Streit verkündet. Diese sind dem Rechtsstreit auf Beklagtenseite beigetreten.

13

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die zum Stichtag des 30. September 2009 zugesagte Halteprämie zu Unrecht als Insolvenzforderung eingeordnet. Ferner hat es rechtsfehlerhaft die Anfechtbarkeit des Anspruchs nach § 134 Abs. 1 InsO bejaht. Auf der Grundlage des bisher festgestellten Sachverhalts kann der Senat nicht entscheiden, ob der Anfechtungstatbestand des § 133 Abs. 1 InsO erfüllt ist. Dazu bedarf es noch weiterer Feststellungen des Landesarbeitsgerichts. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

15

A. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht die Klage als zulässig angesehen. Die Klägerin beruft sich darauf, dass die streitbefangene Halteprämie eine Masseverbindlichkeit sei. Sollte der Anspruch demgegenüber als Insolvenzforderung zu bewerten sein, führte dies nicht zur Unzulässigkeit, sondern zur Unbegründetheit der Klage (vgl. BAG 21. Februar 2013 - 6 AZR 406/11 - Rn. 17 f.).

16

B. Die Klägerin hat den Anspruch auf die zum 30. September 2009 zugesagte Halteprämie erworben.

17

I. Sie hat - soweit ersichtlich - auf das Schreiben vom 21. Oktober 2008 nicht reagiert. Insbesondere hat sie das darin liegende Angebot, eine Halteprämie zu den dargelegten Bedingungen zu zahlen, nicht ausdrücklich angenommen. Einer solchen ausdrücklichen Annahme bedurfte es jedoch nicht. Sie hat das Angebot einer Halteprämie nicht ausdrücklich abgelehnt. Darin liegt der erforderliche unzweideutige Annahmewille. Dadurch ist eine Vereinbarung über eine solche Prämie zu den Konditionen des Schreibens vom 21. Oktober 2008 nach § 151 Satz 1 BGB zustande gekommen, weil die Zusage einer Halteprämie für die Klägerin lediglich rechtlich vorteilhaft war(vgl. BGH 22. Juli 2010 - I ZR 194/08 - Rn. 23). Die Klägerin wurde dadurch nicht in ihrer Kündigungsfreiheit beeinträchtigt. Sie behielt die volle Wahlfreiheit, ob und wann sie das Risiko einer Insolvenz mit den sich daraus ergebenden nachteiligen Entgeltfolgen und dem drohenden Verlust des Arbeitsplatzes nicht länger eingehen, sondern die Verdienstchancen bei einem Arbeitsplatzwechsel der Halteprämie vorziehen wollte. Auf die Gegenleistung für schon erbrachte Arbeit musste sie bei einer Entscheidung, das Arbeitsverhältnis durch Kündigung zu beenden, nicht verzichten (vgl. BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 28, BAGE 140, 231).

18

II. Die Vereinbarung über die Halteprämie ist wirksam.

19

1. Der Beklagte nimmt zu Unrecht an, dass die Vereinbarung gemäß § 134 BGB bzw. § 119 InsO nichtig sei, weil sie das Recht der Schuldnerin bzw. des Beklagten zur außerordentlichen Kündigung unzulässig beschränke.

20

a) Die Vereinbarung aufgrund des Vertragsangebots vom 21. Oktober 2008 ist nicht gemäß § 134 BGB nichtig. Zwar darf die Ausübung des Kündigungsrechts nicht durch die Verpflichtung zur Zahlung einer Abfindung, die auch dann zu zahlen ist, wenn der Gekündigte selbst den Kündigungsgrund schuldhaft gesetzt hat, unzumutbar erschwert werden (vgl. BAG 8. August 1963 - 5 AZR 395/62 - zu I 2 der Gründe, BAGE 14, 294; BGH 17. März 2008 - II ZR 239/06 - Rn. 16; 3. Juli 2000 - II ZR 282/98 - zu 2 der Gründe; für eine Vertragsstrafe bereits RG 15. Februar 1911 - I 387/10 - RGZ 75, 234, 238; Bötticher Anm. AP BGB § 626 Kündigungserschwerung Nr. 2). Eine nach diesen Maßstäben unzumutbare Kündigungserschwerung für die Schuldnerin oder den Beklagten enthielt die Regelung aufgrund der Zusage vom 21. Oktober 2008 jedoch nicht. Der Anspruch auf die Halteprämie setzte allein voraus, dass die Klägerin bis zu dem im Schreiben vom 21. Oktober 2008 genannten Stichtag des 30. September 2009 keine Eigenkündigung erklärt hatte. Die Halteprämie war zu zahlen, sofern die Klägerin bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Arbeitgeberkündigung betriebstreu blieb (BAG 14. November 2012 - 10 AZR 3/12 - Rn. 33). Es hing allein vom Willen der Klägerin ab, ob die Halteprämie zu zahlen war. Die Schuldnerin oder der Beklagte konnte das Entstehen des Anspruchs auf die Halteprämie durch ihr bzw. sein eigenes Verhalten nicht verhindern. Kündigte die Klägerin nicht, entstand der Anspruch auf die Halteprämie unabhängig davon, ob die Schuldnerin oder der Beklagte (außerordentlich) kündigte oder eine solche Erklärung unterließ. Ihre Entschließungsfreiheit, das Arbeitsverhältnis außerordentlich zu beenden, wurde durch die Halteprämie nicht beeinträchtigt.

21

b) Entgegen der Annahme des Beklagten ist die Vereinbarung auch nicht gemäß § 119 InsO unwirksam. Diese Bestimmung stellt sicher, dass gegenseitige Verträge in der Insolvenz nach der Systematik der §§ 103 bis 118 InsO abgewickelt werden(MünchKommInso/Huber 2. Aufl. § 119 Rn. 2; Uhlenbruck/Sinz 13. Aufl. § 119 InsO Rn. 1). Anders als insolvenzabhängige Lösungsklauseln (dazu BGH 15. November 2012 - IX ZR 169/11 - Rn. 13 ff., BGHZ 195, 348) griff die Vereinbarung aufgrund der Zusage vom 21. Oktober 2008 in die Gestaltungsrechte des Beklagten nach §§ 103 ff. InsO nicht ein. Sie beschränkte insbesondere sein Kündigungsrecht rechtlich nicht und beeinträchtigte, wie ausgeführt, seine Entschließungsfreiheit nicht, weil eine Kündigung des Beklagten den Anspruch auf die Halteprämie nicht auslöste. Für die vorliegende Konstellation sieht die Insolvenzordnung allein die Anfechtungsrechte der §§ 130 ff. InsO vor.

22

2. Auch die Kündigungsfreiheit der Klägerin wurde durch die Vereinbarung über die Halteprämie nicht unzulässig beeinträchtigt. Es kann daher dahinstehen, ob die Vereinbarung insgesamt gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam wäre, wenn sie eine unangemessene Benachteiligung der Klägerin iSv. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB enthielte, weil sie ohne eine Bindung der Klägerin bis zu dem genannten Stichtag sinnentleert wäre.

23

a) Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, ob es sich bei den im Schreiben vom 21. Oktober 2008 enthaltenen Bestimmungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt. Das ist jedoch offenkundig iSv. § 291 ZPO. Von einer Verwendungsabsicht für eine Vielzahl von Verträgen iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB ist auszugehen, wenn ein Text in mindestens drei Fällen zur Grundlage von Vertragsbedingungen gemacht wird(BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 14, BAGE 140, 231). Es ist ohne besondere Fachkunde allein anhand allgemein zugänglicher, zuverlässiger Quellen (vgl. BAG 23. August 2011 - 3 AZR 650/09 - Rn. 53, BAGE 139, 69) festzustellen, dass die Schuldnerin im Oktober 2008 vergleichbare Prämien in deutlich mehr als drei Fällen zugesagt hat. Die einschlägigen Entscheidungen, insbesondere des Landesarbeitsgerichts München, können über eine Recherche mit Hilfe allgemein gebräuchlicher Suchmaschinen oder direkt auf der Homepage des Landesarbeitsgerichts München ohne Weiteres ermittelt werden.

24

b) Sieht eine Allgemeine Geschäftsbedingung eine Bindungsklausel vor, die den Anspruch auf eine Sonderzahlung, die jedenfalls auch Vergütung bereits erbrachter Arbeitsleistung ist, daran knüpft, dass das Arbeitsverhältnis zu einem Zeitpunkt außerhalb des Bezugszeitraums, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde, fortbesteht, ist die Klausel nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Eine solche Klausel steht im Widerspruch zum Grundgedanken des § 611 Abs. 1 BGB, weil sie dem Arbeitnehmer bereits erarbeitetes Entgelt entzieht. Sie verkürzt außerdem in nicht zu rechtfertigender Weise die nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit des Arbeitnehmers, indem sie die Ausübung seines Kündigungsrechts unzulässig erschwert. Seine entgegenstehende Rechtsprechung (BAG 28. März 2007 - 10 AZR 261/06 - Rn. 18) hat der Zehnte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgegeben (BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 22, 27 f., BAGE 140, 231; im Anschluss an BAG 5. Juli 2011 - 1 AZR 94/10 - Rn. 28, 39, 43; 7. Juni 2011 - 1 AZR 807/09 - Rn. 34).

25

Entgegen einer im Schrifttum vertretenen Ansicht (Mückl ZIP 2012, 1642, 1644 zu Fn. 17) steht diese Rechtsprechung nicht im Widerspruch zu der Entscheidung des Senats vom 7. Dezember 1989 (- 6 AZR 324/88 - zu II 2 b und II 3 c der Gründe, BAGE 63, 385). Diese Entscheidung betraf eine tarifliche Sonderzahlung. Einer AGB-Kontrolle unterliegen Tarifnormen gemäß § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB nicht. Ebenso wenig sind sie einer Kontrolle unmittelbar am Maßstab von Art. 12 Abs. 1 GG zu unterziehen. Außerhalb von Verstößen gegen Art. 3 und Art. 6 GG sind Tarifnormen nur darauf zu überprüfen, ob sie gegen elementare Gerechtigkeitsanforderungen aus den Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1 GG verstoßen(BAG 28. Mai 2009 - 6 AZR 144/08 - Rn. 29 f.).

26

c) Dem Arbeitgeber ist es dagegen durch § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht verwehrt, Betriebstreue zu honorieren, so einen finanziellen Anreiz für den Verbleib im Arbeitsverhältnis zu setzen und dem Arbeitnehmer deutlich zu machen, welchen Wert für ihn dessen Verbleib im Arbeitsverhältnis und damit der Bestand des Arbeitsverhältnisses als solcher darstellt(vgl. BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 28, BAGE 140, 231; 18. Januar 2012 - 10 AZR 667/10 - Rn. 13, BAGE 140, 239; kritisch Mückl ZIP 2012, 1642, 1644, der diese Unterscheidung als gekünstelt bezeichnet).

27

d) Nach diesen Grundsätzen steht § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB der Wirksamkeit der Vereinbarung einer Halteprämie nicht entgegen. Die Klägerin sollte nach dem Verbleib im Arbeitsverhältnis für etwas mehr als elf Monate rund ein garantiertes Jahresgehalt als Halteprämie erhalten. Dies beeinträchtigte sie, wie ausgeführt, in ihrer Kündigungsfreiheit nicht. Ungeachtet ihrer Höhe war die Prämie auch kein (verkapptes) Arbeitsentgelt, sondern sollte vor dem Hintergrund der schwierigen wirtschaftlichen Situation der Schuldnerin einen Anreiz für die Klägerin schaffen, ihr Kündigungsrecht trotz der finanziellen Schwierigkeiten der Schuldnerin nicht auszuüben und betriebstreu zu bleiben, also ihre Betriebstreue honorieren. Die Halteprämie wurde für den bloßen Verbleib der Klägerin im Arbeitsverhältnis zugesagt (vgl. BAG 14. November 2012 - 10 AZR 3/12 - Rn. 32 für eine von der Schuldnerin erteilte Zusage einer Halteprämie, die sich nur in der Höhe von der vorliegenden unterschied). Der Anspruch war nicht an den ungekündigten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gebunden. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Beklagten zum 31. August 2009 hinderte das Entstehen des Anspruchs auf die Halteprämie daher nicht.

28

III. Die Klägerin kündigte das Arbeitsverhältnis bis zum 30. September 2009 ihrerseits nicht.

29

IV. Das Landesarbeitsgericht hat mit zutreffenden Erwägungen angenommen, dass die Halteprämie nicht nur für den Fall einer erfolgreichen Restrukturierung zugesagt worden ist, so dass die Insolvenzeröffnung nicht zum Wegfall der Geschäftsgrundlage iSd. § 313 Abs. 1 BGB geführt habe.

30

C. Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, ob infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin am 1. April 2009 der am 30. September 2009 entstandene Anspruch der Klägerin nicht durchsetzbar ist.

31

I. Die Revision rügt mit Erfolg, das Landesarbeitsgericht habe den zum 30. September 2009 entstandenen Anspruch auf die Halteprämie rechtsirrig als Insolvenzforderung iSv. §§ 38, 108 Abs. 3 InsO und nicht als Masseverbindlichkeit iSv. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO angesehen. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO unterfallen ua. die Ansprüche, die sich aus dem bloßen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses ergeben. Dazu gehört auch die streitbefangene Halteprämie. Ein Widerspruch zwischen der insolvenzrechtlichen Einordnung der Halteprämie als Masseverbindlichkeit und der insolvenzrechtlichen Behandlung bedingter Forderungen, insbesondere aufschiebend bedingter Abfindungsansprüche, bei denen es sich um Insolvenzforderungen handelt, besteht nicht. Der Anspruch auf die Prämie entstand im Rahmen des nach § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO weiterbestehenden Arbeitsverhältnisses als Dauerschuldverhältnis am vereinbarten Stichtag nur, wenn die Klägerin bis dahin nicht gekündigt hatte und insoweit die verlangte Betriebstreue erwiesen hatte. Damit war der Anspruch auf die Halteprämie abhängig vom Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, dh. eines auf den Austausch von Leistung und Gegenleistung gerichteten Dauerschuldverhältnisses, und stand jedenfalls in einem weiten Sinn im Synallagma. Dieses zumindest teilweise synallagmatische Verhältnis bedingt die insolvenzrechtliche Einordnung der Halteprämie als Masseverbindlichkeit iSv. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO.

32

1. Die Einordnung eines Entgeltanspruchs als Masseverbindlichkeit iSd. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO setzt voraus, dass eine Leistung mit Entgeltcharakter vorliegt. Das folgt aus dem Zweck der Vorschrift, die sicherstellt, dass der Gläubiger, der noch voll zur Masse leisten muss, auch die volle vereinbarte Gegenleistung erhält und nicht die Masse auf seine Kosten bereichert wird (BAG 14. November 2012 - 10 AZR 3/12 - Rn. 17), sowie aus dem systematischen Zusammenhang des § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO mit § 108 Abs. 3 InsO. Eine tatsächliche Arbeitsleistung ist dabei nicht zwingend erforderlich (BAG 19. Juli 2007 - 6 AZR 1087/06 - Rn. 19, BAGE 123, 269). Darüber hinaus muss der geltend gemachte Anspruch erst nach Verfahrenseröffnung entstanden sein (BAG 19. Januar 2006 - 6 AZR 529/04 - Rn. 18, BAGE 117, 1). Voraussetzung für die Anerkennung als Masseverbindlichkeit ist demnach grundsätzlich, dass der Anspruch in einem zumindest teilweise synallagmatischen Verhältnis zu der erbrachten Arbeitsleistung steht. Es muss im weitesten Sinne Entgelt „für die Zeit“ nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschuldet sein. Es genügt nicht, dass die Forderung erst nach Eröffnung des Verfahrens fällig wird, also erst „in der Zeit“ nach Verfahrenseröffnung erfüllt werden muss (BAG 21. Februar 2013 - 6 AZR 406/11 - Rn. 28 f.). Auch Leistungen, die nur vom Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Stichtag abhängen, können danach Masseverbindlichkeiten sein (vgl. BAG 27. September 2007 - 6 AZR 975/06 - Rn. 20, BAGE 124, 150).

33

2. Nach diesen Grundsätzen war die streitbefangene Halteprämie eine Masseverbindlichkeit iSd. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO. Ob Sonderleistungen, dh. Zuwendungen zum laufenden Arbeitsentgelt (MünchKommInso/Hefermehl 3. Aufl. § 55 Rn. 180), als Insolvenzforderungen oder Masseverbindlichkeiten einzuordnen sind, hängt vom Zweck der Leistungen ab (BAG 27. September 2007 - 6 AZR 975/06 - Rn. 19, BAGE 124, 150). Die Halteprämie sollte stichtagsbezogen die erwiesene Betriebstreue honorieren. Das bedingte ihre insolvenzrechtliche Einordnung als Masseverbindlichkeit.

34

a) Allerdings war die von der Klägerin begehrte Halteprämie wegen der Anknüpfung an den Bestand des Arbeitsverhältnisses bis zu einem Stichtag auflösend bedingt (vgl. für die st. Rspr. bei Gratifikationen BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 27, BAGE 140, 231). Die sofort mit der Annahme des unter dem 21. Oktober 2008 abgegebenen Angebots wirksam gewordene Zahlungsverpflichtung der Schuldnerin sollte nur entfallen, wenn die Klägerin vor den Stichtagen das Arbeitsverhältnis kündigte. Bei einer solchen Bedingung tritt die Rechtsänderung gemäß § 158 Abs. 2 BGB sofort ein(BAG 19. Januar 2006 - 6 AZR 529/04 - Rn. 26, BAGE 117, 1). Das Rechtsgeschäft zeitigt zunächst uneingeschränkte Rechtswirkungen und begründet Verpflichtungen der Parteien (vgl. BAG 6. Mai 2009 - 10 AZR 390/08 - Rn. 38).

35

aa) Ist der anspruchsbegründende Tatbestand schon vor Verfahrenseröffnung abgeschlossen, liegt eine Insolvenzforderung iSd. § 38 InsO auch dann vor, wenn sich eine Forderung des Gläubigers daraus erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ergibt(BGH 19. Januar 2012 - IX ZR 2/11 - Rn. 15, BGHZ 192, 221). Aufschiebend bedingte Forderungen sind danach auch dann Insolvenzforderungen, wenn die Bedingung erst nach Verfahrenseröffnung eintritt, weil der Rechtsgrund für sie schon vor der Eröffnung gelegt worden ist (BAG 27. April 2006 - 6 AZR 364/05 - Rn. 15, BAGE 118, 115). Das aufschiebend bedingte Rechtsgeschäft ist tatbestandlich mit seiner Vornahme vollendet. Seine Wirksamkeit tritt mit dem Bedingungsfall ipso iure ein (BGH 21. September 1994 - VIII ZR 257/93 - zu II 1 c der Gründe, BGHZ 127, 129). Eine Abfindung, die aufgrund einer Abfindungsklausel im Fall einer betriebsbedingten Kündigung des Arbeitgebers gezahlt wird, ist deshalb auch dann als Insolvenzforderung einzuordnen, wenn die Klausel vor Insolvenzeröffnung noch vom Schuldner vereinbart worden ist und der Anspruch auf eine solche Abfindung erst durch die Kündigung des Insolvenzverwalters ausgelöst wird (BAG 27. September 2007 - 6 AZR 975/06 - Rn. 21, BAGE 124, 150; 27. April 2006 - 6 AZR 364/05 - Rn. 15 f., aaO).

36

bb) Auflösend bedingte Forderungen, die schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestanden, sind Insolvenzforderungen (vgl. Uhlenbruck/Sinz 13. Aufl. § 38 InsO Rn. 33). Sie werden gemäß § 42 InsO wie unbedingte Insolvenzforderungen behandelt, solange die Bedingung nicht eingetreten ist(MünchKommInso/Ehricke 3. Aufl. § 38 Rn. 17). Bis zum Eintritt der Bedingung erhält der Gläubiger einer solchen Forderung die volle Quote (Bitter NZI 2000, 399, 400).

37

b) Bei Dauerschuldverhältnissen, die wie das Arbeitsverhältnis gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO zulasten der Masse zumindest zunächst fortbestehen, ist jedoch danach zu unterscheiden, ob der Anspruch allein aus einem vor Verfahrenseröffnung begründeten „Stammrecht“ resultiert oder ob es sich um nach der Eröffnung des Verfahrens neu entstehende (Einzel-)Forderungen handelt, deren Anspruchsvoraussetzungen daran gebunden sind, dass der Arbeitnehmer eine Leistung „für“ die Masse erbringt, und sei es auch nur - wie im vorliegenden Fall - in Form von weiter erwiesener Betriebstreue. Im ersten Fall sind die aus dem Stammrecht erwachsenden Ansprüche auch dann Insolvenzforderungen, wenn sie erst in der Zeit nach Insolvenzeröffnung fällig werden. Im letzteren Fall sind dagegen die nach Insolvenzeröffnung entstehenden Forderungen Masseverbindlichkeiten bzw. gegen den Schuldner gerichtete Neuverbindlichkeiten (Uhlenbruck/Sinz 13. Aufl. § 38 InsO Rn. 58). Das gilt auch für (einzelne) Forderungen aus dem einheitlichen Arbeitsverhältnis, die (auflösend) bedingt sind (vgl. BAG 27. April 2006 - 6 AZR 364/05 - Rn. 15, BAGE 118, 115; vgl. allgemein zur insolvenzrechtlichen Einordnung von stichtagsbezogenen Sonderzuwendungen BAG 14. November 2012 - 10 AZR 3/12 - Rn. 20).

38

c) Entgegen der Ansicht der Revision ist der Entscheidung des Senats vom 27. September 2007 (- 6 AZR 975/06 - BAGE 124, 150) keine andere Wertung zu entnehmen. Der Senat hat in dieser Entscheidung die im Rahmen eines Altersteilzeitverhältnisses vor der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu zahlenden monatlichen Raten allein deshalb als Abfindungszahlung und damit als Insolvenzforderung eingeordnet, weil dieser Anspruch kein Entgelt, sondern die Gegenleistung für die Zustimmung des Arbeitnehmers zur vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Altersteilzeitvertrag war. Mit der durch die Vereinbarung aufgrund des Angebots vom 21. Oktober 2008 zugesagten Halteprämie sollte der Klägerin, anders als der Beklagte annimmt, keine Abfindung gewährt werden. Die Zahlung war nicht für den Verlust des Arbeitsplatzes, sondern für den Verbleib im Arbeitsverhältnis zugesagt (vgl. Mückl ZIP 2012, 1642, 1646). Auch der Hinweis des Beklagten auf die Einordnung des Abfindungsanspruchs nach § 1a KSchG als Insolvenzforderung trägt nicht. Die Abfindung nach § 1a KSchG entspricht ihrem Charakter nach einer einzelvertraglich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer für die Hinnahme der Kündigung vereinbarten Abfindung(BAG 16. Dezember 2010 - 6 AZR 423/09 - Rn. 19). Eine solche Abfindung ist nicht zugesagt worden.

39

d) Nach diesen Grundsätzen stand der Umstand, dass die Halteprämie durch eine Kündigung der Klägerin auflösend bedingt war, der Einordnung der Prämie als Masseverbindlichkeit nicht entgegen.

40

aa) Die Schuldnerin schuldete die Halteprämie erst, wenn die Klägerin bis zu dem in der Vereinbarung aufgrund der Zusage vom 21. Oktober 2008 genannten Stichtag des 30. September 2009 keine Eigenkündigung erklärt hatte. Die Prämie war als Gegenleistung für die angestrebte Betriebstreue der Klägerin zugesagt. Die Zusage dieser Prämie sollte den Wert abbilden, den der bloße Bestand des Arbeitsverhältnisses für die Schuldnerin hatte (vgl. BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 28, BAGE 140, 231). Einzige Voraussetzung des Anspruchs war, dass die Klägerin das Arbeitsverhältnis bis zu dem zeitlich nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens liegenden Stichtag des 30. September 2009 nicht kündigte und in vollem Umfang die geschuldete Betriebstreue erwies. Die Klägerin hatte diese als Voraussetzung für den Anspruch auf die Halteprämie geforderte Betriebstreue im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht voll geleistet. Der Anspruch hing nicht nur vom reinen Zeitablauf ab, sondern entstand nach seiner Zwecksetzung nur dann am 30. September 2009, wenn die Klägerin bis zu diesem Stichtag und damit „für“ die Zeit nach Insolvenzeröffnung uneingeschränkt betriebstreu blieb (vgl. Lohmann Anm. NZI 2013, 359, 360; MünchKommInso/Hefermehl 3. Aufl. § 55 Rn. 182). Der Gegenwert für den erst am 30. September 2009 entstehenden Anspruch war weder bereits bei Zugang des Schreibens vom 21. Oktober 2008 noch zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. April 2009, sondern erst am Stichtag des 30. September 2009 erbracht. Der an diesem Stichtag entstehende Anspruch auf die Halteprämie war das Äquivalent für die geleistete Betriebstreue im Rahmen des nach Insolvenzeröffnung für die Masse fortgesetzten Arbeitsverhältnisses (vgl. zu diesen Abgrenzungskriterien MünchKommInso/Ehricke 3. Aufl. § 38 Rn. 19 ff.; Henckel in Jaeger InsO § 38 Rn. 158; Uhlenbruck/Sinz 13. Aufl. § 38 InsO Rn. 58).

41

bb) Die Klägerin erfüllte hinsichtlich des streitbefangenen Anspruchs die verlangte Leistung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens voll zur Masse. Als dafür geschuldete Gegenleistung erwarb sie gegen die Masse den Anspruch auf die Halteprämie. Der am Stichtag 30. September 2009 entstandene, nicht ratierlich verdiente Anspruch war deshalb insolvenzrechtlich dem Zeitraum zuzurechnen, in den der Stichtag fiel. Er war in vollem Umfang Masseverbindlichkeit iSv. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO (vgl. Lohmann Anm. NZI 2013, 359, 360; MünchKommInso/Hefermehl 3. Aufl. § 55 Rn. 180, 182; Uhlenbruck/Sinz 13. Aufl. § 55 InsO Rn. 67; Mückl ZIP 2012, 1642, 1645 f.).

42

cc) Soweit der Beklagte geltend macht, es sei den Vertragsparteien jedenfalls ganz überwiegend darauf angekommen, vor Insolvenzantragstellung liegende Arbeitsleistungen für den Insolvenzfall zu sichern, weswegen der Stichtag von der Schuldnerin so gewählt worden sei, dass er nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gelegen habe, wird dies der Vereinbarung nicht gerecht. Durch sie ist ein Anreiz für die Klägerin geschaffen worden, ihr Kündigungsrecht trotz der schwierigen finanziellen Lage der Schuldnerin nicht auszuüben und betriebstreu zu bleiben. Wenn der Beklagte anführt, mit der Stellung des Insolvenzantrags sei das Thema (gemeint sein dürfte: Sanierungsbeitrag der Klägerin) „vom Tisch“ gewesen, berücksichtigt er nicht, dass gerade auch bei der Suche nach einem Investor der Verbleib von Know-how-Trägern sinnvoll sein kann. Zudem sind diese Behauptungen ohne Tatsachensubstanz.

43

II. Ob dem Anspruch der Klägerin die Einrede der Anfechtbarkeit entgegensteht, die gemäß § 146 Abs. 2 InsO unverjährbar ist(vgl. Karsten Schmidt/Büteröwe 18. Aufl. § 146 InsO Rn. 14), kann der Senat nicht abschließend entscheiden.

44

1. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die Erhebung der Einrede nicht rechtsmissbräuchlich. Der Beklagte ist als Insolvenzverwalter gesetzlich verpflichtet, Anfechtungsrechten zugunsten der Gläubiger nachzugehen. Die Anfechtung wäre deshalb nur ausgeschlossen, wenn der Beklagte als vorläufiger Verwalter mit Zustimmungsvorbehalt durch sein Handeln einen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand gesetzt hätte und die Klägerin nach Treu und Glauben damit rechnen durfte, ein nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr entziehbares Recht erhalten zu haben (BGH 25. April 2013 - IX ZR 235/12 - Rn. 36). Das ist nicht der Fall. In der im Mai 2009 übersandten Aufstellung der zur Insolvenztabelle anzumeldenden Forderungen war der Anspruch der Klägerin auf die Halteprämie nicht aufgeführt. Sie konnte demnach keine inhaltlichen Aussagen dazu enthalten, ob diese Forderung zur Tabelle anerkannt werde, noch insbesondere zur Berechtigung der streitbefangenen Masseforderung.

45

2. Rechtshandlungen, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind, können nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 InsO vom Insolvenzverwalter angefochten werden, § 129 InsO. Anfechtbare Rechtshandlung ist hier die nach § 151 Satz 1 BGB durch Annahme des Angebots vom 21. Oktober 2008 geschlossene Vereinbarung der Halteprämie. Diese Vereinbarung verschaffte der Klägerin bereits eine gesicherte Rechtsstellung iSd. § 140 Abs. 1 InsO. Der darin zugesagte Anspruch konnte der Klägerin von der Schuldnerin nicht mehr einseitig entzogen werden. Ob die Anspruchsvoraussetzungen eintraten, hing nicht von der freien Entscheidung der Schuldnerin ab (BGH 11. Dezember 2008 - IX ZR 194/07 - Rn. 12). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung, ob Anfechtungstatbestände vorliegen, ist demnach der Zugang des Schreibens der Schuldnerin vom 21. Oktober 2008.

46

3. Die Zusage der Halteprämie benachteiligte die Insolvenzgläubiger iSd. § 129 Abs. 1 InsO. Sie verkürzte das Vermögen der Schuldnerin, indem ihre in der Insolvenz zu befriedigenden Verbindlichkeiten vermehrt wurden. Durch die Begründung einer in der später eingetretenen Insolvenz der Schuldnerin als Masseverbindlichkeit zu befriedigenden Verbindlichkeit verringerte sich die Quote der Gesamtheit der Insolvenzgläubiger und damit deren Befriedigungsmöglichkeit im Insolvenzverfahren (BGH 8. November 2012 - IX ZR 77/11 - Rn. 18). Dies führte jedenfalls zu einer für die Anfechtungstatbestände der § 134 Abs. 1 und § 133 Abs. 1 InsO ausreichenden mittelbaren objektiven Gläubigerbenachteiligung. Hypothetische Kausalverläufe, die ebenfalls zu einer Benachteiligung der Insolvenzmasse geführt hätten, sind grundsätzlich nicht berücksichtigungsfähig (BGH 25. April 2013 - IX ZR 235/12 - Rn. 40). Deshalb ist es unerheblich, ob die Klägerin ohne Halteprämie gekündigt hätte und durch teure externe Berater hätte ersetzt werden müssen.

47

4. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerhaft den Anfechtungstatbestand des § 134 Abs. 1 InsO bejaht. Danach ist eine unentgeltliche Leistung anfechtbar, wenn sie in den letzten vier Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen wurde.

48

a) Die innerhalb von vier Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom 23. Januar 2009 erteilte Zusage vom 21. Oktober 2008 ist eine Leistung iSv. § 134 Abs. 1 InsO. Der Begriff ist weit zu verstehen und umfasst alle Rechtsgeschäfte, unabhängig davon, ob sie verpflichtender oder verfügender Natur sind. Ihm unterfällt auch der Abschluss von Verträgen mit der Übernahme von Leistungspflichten durch den Schuldner (vgl. BGH 26. April 2012 - IX ZR 146/11 - Rn. 38).

49

b) Die Zusage der Halteprämie ist keine unentgeltliche Leistung iSv. § 134 Abs. 1 InsO.

50

aa) Unentgeltlich ist eine Leistung im Zwei-Personen-Verhältnis, wenn ihr nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts keine Leistung gegenübersteht, dem Leistenden also keine Gegenleistung zufließen soll, die dem aufgegebenen Vermögenswert oder der eingegangenen Verpflichtung entspricht (vgl. BGH 26. April 2012 - IX ZR 146/11 - Rn. 40; 19. November 2009 - IX ZR 9/08 - Rn. 8). Entgeltlich ist eine Leistung, wenn der Schuldner für seine Leistung etwas erhält, was objektiv ein Ausgleich für seine Leistung ist oder das jedenfalls subjektiv nach dem Willen der Beteiligten sein soll (vgl. BGH 21. Januar 1999 - IX ZR 429/97 - zu I 1 b der Gründe; 29. November 1990 - IX ZR 29/90 - zu II 2 b der Gründe, BGHZ 113, 98; Gehrlein WM Sonderbeil. Nr. 1/2009 S. 40, 46). Das ausgleichende Entgelt muss keine Gegenleistung iSd. §§ 320 ff. BGB sein. Vielmehr genügt jeder entsprechend werthaltige Vermögensvorteil, den der Schuldner durch die Rechtshandlung erlangt (vgl. MünchKommInsO/Kirchhof 2. Aufl. § 134 Rn. 17a). Einseitige Vorstellungen des Schuldners über mögliche wirtschaftliche Vorteile, die nicht in rechtlicher Abhängigkeit zu seiner Zuwendung stehen, können Entgeltlichkeit jedoch nicht begründen (vgl. Uhlenbruck/Hirte 13. Aufl. § 134 InsO Rn. 27). Der gläubigerschützende Zweck der Vorschrift verlangt eine weite Auslegung des Begriffs der Unentgeltlichkeit (vgl. BGH 26. April 2012 - IX ZR 146/11 - Rn. 37).

51

bb) Ob für die Leistung des Schuldners ein Gegenwert in dessen Vermögen geflossen ist bzw. fließen soll, bestimmt sich in erster Linie nach dem objektiven Sachverhalt (vgl. BGH 21. Januar 1999 - IX ZR 429/97  - zu I 1 b der Gründe). Sonst könnten die Beteiligten allein dadurch, dass sie in ihren rechtsgeschäftlichen Erklärungen einer für den Schuldner objektiv wertlosen Leistung einen subjektiven Wert beimessen, den vom Gesetz beabsichtigten Gläubigerschutz vereiteln. Erst wenn feststeht, dass dem Schuldner objektiv betrachtet ein Gegenwert für seine Zuwendung zugeflossen oder versprochen worden ist, besteht Anlass zu der Prüfung, ob die Beteiligten die erbrachte oder versprochene Gegenleistung als Entgelt angesehen haben oder mit der Leistung des Schuldners Freigebigkeit bezweckt war (vgl. BGH 28. Februar 1991 - IX ZR 74/90 - zu 2 b bb der Gründe, BGHZ 113, 393; Gehrlein WM Sonderbeil. Nr. 1/2009 S. 40, 48).

52

cc) Der Insolvenzschuldnerin bzw. dem Beklagten floss eine objektiv werthaltige Gegenleistung für die Zusage der Halteprämie zu.

53

(1) § 134 Abs. 1 InsO ist von dem Gedanken getragen, dass der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung weniger schutzwürdig ist als ein Gläubiger, dessen Forderung ein entgeltliches Geschäft zugrunde liegt.

54

(2) Die Klägerin erbrachte jedoch eine Gegenleistung für die Zusage der Halteprämie.

55

(a) Diese Gegenleistung ist nicht die Arbeitsleistung, die die Klägerin nach der Zusage vom 21. Oktober 2008 erbrachte. Die Arbeit wurde ausschließlich zu dem Zweck geleistet, den Arbeitsvertrag zu erfüllen.

56

(b) Der Insolvenzschuldnerin bzw. später dem Beklagten kam aber die von der Klägerin geleistete Betriebstreue zugute.

57

(aa) Die Betriebstreue ist eine objektiv werthaltige Gegenleistung für die zugesagte Halteprämie. In einer wirtschaftlichen Krisensituation kann es von entscheidender Bedeutung für die Fortentwicklung eines Unternehmens sein, wenn Führungskräfte oder sonstige Leistungsträger im Unternehmen bleiben (vgl. OLG Karlsruhe 17. September 2003 - 1 U 167/02 -). Das gilt zunächst für die Suche nach Investoren. In Verhandlungen mit potenziellen Investoren ist es ein wichtiger Faktor, wenn erfahrene und motivierte Führungskräfte vorhanden sind, auf die ein Übernehmer zurückgreifen kann. Umgekehrt schwächt es die Verhandlungsposition des in der Krise befindlichen Unternehmens, wenn die Führungskräfte das Unternehmen verlassen und dadurch gegenüber den potenziellen Investoren der Eindruck entsteht, dass sie das Unternehmen aufgegeben haben und eine Sanierung nicht mehr für wahrscheinlich halten. Kommt es zu einer Unternehmenssanierung, kann auf das Know-how der angestammten Leistungsträger zurückgegriffen werden.

58

(bb) Die Klägerin nahm finanzielle Risiken in Kauf, um der Schuldnerin bzw. dem Beklagten die Betriebstreue zu erweisen, zB die Gefahr eines insolvenzbedingten Ausfalls von Vergütungsansprüchen. Anders als eine Beschenkte nahm sie nicht lediglich eine Zuwendung entgegen, sondern beantwortete sie mit einer eigenen Leistung, der Betriebstreue in der Krise.

59

(3) Der Schuldnerin und später dem Beklagten floss durch die Betriebstreue der Klägerin eine der Halteprämie angemessene Gegenleistung zu.

60

(a) In der Frage, ob eine Gegenleistung den Wert der Leistung des Schuldners erreicht, steht den Beteiligten ein angemessener Bewertungsspielraum zu (vgl. BGH 9. November 2006 - IX ZR 285/03 - Rn. 16; 2. April 1998 - IX ZR 232/96 - zu II 2 c der Gründe). Die Bewertung darf sich von den objektiven Verhältnissen jedoch nicht zu weit entfernen. Subjektive Bewertungen der Beteiligten können wegen des vom Gesetzgeber bezweckten Gläubigerschutzes nur berücksichtigt werden, soweit sie eine reale Grundlage haben (vgl. BGH 1. April 2004 - IX ZR 305/00 - zu 3 c der Gründe; s. auch BGH 25. Juni 1992 - IX ZR 4/91 - zu II 4 der Gründe; MünchKommInsO/Kirchhof 2. Aufl. § 134 Rn. 40).

61

(b) Für die Frage, ob die Beteiligten ihren Bewertungsspielraum bereits überschritten oder noch gewahrt haben, können nicht die Grundsätze herangezogen werden, die das Bundesarbeitsgericht zu der zulässigen Bindungsdauer einer Rückzahlungsklausel in Abhängigkeit von der Gratifikationshöhe entwickelt hat. In der Krise muss ein Unternehmen einen erheblichen Zuschlag zu den der Höhe nach üblichen Gratifikationen leisten, um leitende oder herausgehobene Arbeitnehmer dazu zu bewegen, im Unternehmen zu bleiben. Der Zuschlag muss zusätzlich zum Anreiz für die Betriebstreue auch eine wirtschaftliche Kompensation für mögliche finanzielle Risiken enthalten.

62

(c) Gemessen daran überschritt es den Bewertungsspielraum der Klägerin und der Schuldnerin nicht, dass sie ein Jahresfixgehalt als Gegenwert für die etwas über elfmonatige Bindungsdauer der Klägerin ansetzten. Die Klägerin sagte damit eine der Halteprämie angemessene Gegenleistung zu (vgl. BGH 20. Oktober 1971 - VIII ZR 212/69 - zu IV 4 der Gründe, BGHZ 57, 123; OLG Karlsruhe 17. September 2003 - 1 U 167/02 -).

63

5. Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif iSv. § 563 Abs. 3 ZPO. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht - wenn auch aus seiner Sicht konsequent - offengelassen, ob die Prämienzusage nach § 133 Abs. 1 InsO anfechtbar ist. Bei der Prüfung des § 133 Abs. 1 InsO wird das Landesarbeitsgericht die Inkongruenz der der Klägerin zugesagten Halteprämie zugrunde zu legen haben. Das Berufungsgericht wird zudem feststellen müssen, ob die Schuldnerin bei Zugang der Zusage zahlungsunfähig war oder deren Zahlungsunfähigkeit drohte und die Klägerin dies wusste. Sollte das zutreffen, handelte es sich dabei um ein weiteres erhebliches Beweisanzeichen für die subjektiven Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO. Das Landesarbeitsgericht wird darüber hinaus die erforderliche abschließende Gesamtabwägung aller Umstände vorzunehmen haben. Dieses Prüfungsprogramm hat der Senat in der Sache - 6 AZR 980/11 - mit Urteil vom 12. September 2013 (Rn. 50 ff.) ausführlich begründet und nimmt darauf Bezug. Aufgrund der fehlenden Feststellungen kann der Senat nicht abschließend in der Sache entscheiden. Der Beklagte hat insbesondere unter Beweisantritt behauptet, die Klägerin habe bei Zugang der Zusage vom 21. Oktober 2008 Kenntnis von der drohenden Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin gehabt. Sie habe von diesem Umstand aufgrund der Presseberichterstattung und ihrer in E-Mails dokumentierten Gespräche mit Mitarbeitern der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft P wissen müssen. Sie sei in die Rettungsbemühungen an führender Stelle eingebunden gewesen. Dem wird das Landesarbeitsgericht nachzugehen haben.

64

D. Der Beklagte hat sich erstmals in der Revisionsinstanz ausdrücklich hilfsweise auf das Anfechtungsrecht nach § 133 Abs. 2 InsO berufen. Danach wird bei Abschluss entgeltlicher Verträge mit Nahestehenden, die zu einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung führen, unterstellt, dass der Schuldner mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz handelte und der Gläubiger dies wusste. § 133 Abs. 2 InsO führt also zu einer Beweislastumkehr(MünchKommInso/Kirchhof 2. Aufl. § 133 Rn. 45, 39). Das Landesarbeitsgericht hat zu den Voraussetzungen dieses Anfechtungstatbestands keine Feststellungen getroffen. Die Zurückverweisung der Sache gibt den Parteien Gelegenheit, zu den bisher nicht festgestellten Voraussetzungen des § 133 Abs. 2 InsO, insbesondere dem Vorliegen einer möglichen unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung unter Einbeziehung der Gegenleistung der Klägerin(dazu BGH 8. November 2012 - IX ZR 77/11 - Rn. 20 ff.) sowie eines Näheverhältnisses iSd. § 138 Abs. 2 Nr. 2 InsO aufgrund dienstvertraglicher Verbindung(dazu BGH 15. November 2012 - IX ZR 205/11 - Rn. 10 f., BGHZ 195, 358), vorzutragen. Gegebenenfalls wird das Landesarbeitsgericht unter Beachtung vorstehend dargelegter und in Bezug genommener Maßstäbe, insbesondere der vorliegenden Inkongruenz prüfen müssen, ob eine Vorsatzanfechtung in Betracht kommt, und dabei unter Umständen das Vorliegen einer (drohenden) Zahlungsunfähigkeit festzustellen haben.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Spelge    

        

        

        

    Lorenz    

        

    Wollensak    

                 

(1) Anfechtbar ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden.

(2) Richtet sich die Leistung auf ein gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk geringen Werts, so ist sie nicht anfechtbar.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 226/03 Verkündet am:
20. Juli 2006
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Vereinbart der Schuldner mit seinem Vertragspartner, dass eine Belohnung für ein
bestimmtes Verhalten zur Hälfte an dessen Ehegatten gezahlt wird, um insoweit den
Schenkungsteuerfreibetrag auszunutzen, und wird anschließend entsprechend verfahren
, so ist die Zahlung an den Ehegatten auch dann als unentgeltliche, ohne Gegenleistung
erbrachte Zuwendung anfechtbar, wenn der beabsichtigte steuerliche
Erfolg aus Rechtsgründen nicht eingetreten ist.
BGH, Urteil vom 20. Juli 2006 - IX ZR 226/03 - OLG Karlsruhe
LG Heidelberg
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. April 2006 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fischer, die Richter Raebel
, Vill, Cierniak und die Richterin Lohmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 17. September 2003 im Kostenpunkt mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2. sowie insoweit aufgehoben, als die Berufung des Klägers in Höhe eines Anspruchs auf Zahlung von 255.645,94 € nebst Zinsen gegen die Beklagte zu 1. zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger ist Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen des K. (fortan: Schuldner). Der frühere Beklagte zu 2, der Ehemann der Beklagten zu 1 (fortan: Beklagte), war alleiniger Vorstand der AG (fortan: AG). Der Schuldner und sein Geschäftspartner S.
hatten im Jahr 1996 insgesamt 94 % der Stammaktien der AG erworben. Ende 1997 planten sie den Verkauf von mindestens 85 % der von ihnen gehaltenen Aktien. Um den früheren Beklagten zu 2 zu bewegen, bis zum Verkauf im Unternehmen zu verbleiben, versprachen sie ihm einen Betrag von 4 Mio. DM, der nach dem Verkauf der Aktien schenkweise gezahlt werden sollte. Um schenkungsteuerliche Freibeträge auszuschöpfen, sollten 3 Mio. DM an den früheren Beklagten zu 2 und 1 Mio. DM an die Beklagte gezahlt werden. Am 23. April 1998 wurde ein entsprechender Vertrag notariell beurkundet.
2
Nach dem Verkauf der Aktien im Oktober 1998, am 4. November 1998, wurde der notarielle Vertrag dahingehend geändert, dass sich der Schuldner und S. je allein verpflichteten, an den früheren Beklagten zu 2 und an die Beklagte je 1 Mio. DM in zwei Raten zu zahlen. Der Schuldner zahlte die vereinbarten Raten am 11. November 1998 und am 21. April 1999 an den früheren Beklagten zu 2 und an die Beklagte.
3
Am 1. Mai 2000 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet. Mit seiner am 29. April 2002 bei Gericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Beklagten auf Rückzahlung von je 511.291,88 Euro (= 1 Mio. DM) nebst Zinsen in Anspruch genommen. Die Klage ist in beiden Instanzen erfolglos geblieben. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger den Anspruch auf Zahlung von 255.645,94 € wegen der am 21. April 1999 gezahlten 500.000 DM gegen die Beklagte weiter.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


5
Das Berufungsgericht hat die Zahlung der 500.000 DM an die Beklagte nicht für eine "unentgeltliche" Leistung des Schuldners im Sinne von § 134 Abs. 1 InsO gehalten. Zwar habe die Beklagte selbst keine Gegenleistung erbracht. Bei Zahlungsvorgängen, an denen mehrere Personen beteiligt seien, sei jedoch eine wertende Betrachtung geboten. Leistungsempfänger im Rechtssinne sei nicht zwingend derjenige, der das Geld erhalten habe. Im vorliegenden Fall sei die Zahlung als "abgekürzter Zahlungsvorgang" zu werten, mit dem einerseits eine Leistung des Schuldners an den früheren Beklagten zu 2 und andererseits dessen Leistung an die Beklagte abgewickelt worden sei. Die steuerrechtlichen Vorstellungen der Beteiligten hätten außer Betracht zu bleiben, weil sie sachlich unzutreffend gewesen seien; tatsächlich habe keine Schenkung vorgelegen.

II.


6
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
7
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu §§ 32 KO, 134 InsO ist eine Zuwendung dann als unentgeltlich anzusehen, wenn ihr nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts keine Leistung gegenüber steht, dem Leistenden also keine dem von ihm aufgegebenen Vermögenswert entsprechende Gegenleistung zufließen soll (BGHZ 113, 98, 101; 141, 96, 99 f; 162, 276, 279; BGH, Urt. v. 30. März 2006 - IX ZR 84/05, WM 2006, 1156, 1157). Diese Begriffsbestimmung erweist sich jedoch dann als zu eng, wenn eine dritte Person in den Zuwendungs- oder den Gegenleistungsvorgang eingeschaltet worden ist. In solchen Fällen kommt es nicht entscheidend darauf an, ob der Schuldner selbst einen Ausgleich für die von ihm erbrachte Leistung erhalten hat. Zu fragen ist vielmehr, ob der Empfänger seinerseits eine Gegenleistung zu erbringen hatte. Dies entspricht der in § 134 Abs. 1 InsO ebenso wie in § 32 Nr. 1 KO zum Ausdruck kommenden Wertung, dass der Empfänger der Leistung dann einen geringeren Schutz verdient, wenn er keine ausgleichende Gegenleistung zu erbringen hat (BGHZ 41, 298, 302; 141, 96, 99 f; 162, 276, 279 f; Urt. v. 30. März 2006 - IX ZR 84/05, aaO).
8
2. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts war die Beklagte unmittelbare Empfängerin der am 21. April 1999 vom Schuldner an sie gezahlten 500.000 DM.
9
a) Der Schuldner hat am 21. April 1999 einen Betrag von 500.000 DM auf ein Konto des früheren Beklagten zu 2 überwiesen. Grundlage der Überweisung war das notariell beurkundete "Schenkungsversprechen" vom 4. November 1998, in dem der Schuldner versprochen hatte, der Beklagten einen Betrag von 1.000.000 DM zu schenken, und die Beklagte das Schenkungsversprechen angenommen hatte. Der Vertragsurkunde nach sollte der Schuldner den genannten Betrag unmittelbar an die Beklagte zahlen. So ist auch verfahren worden. Das Konto, auf welches das Geld in zwei Raten von 500.000 DM gelangt ist, gehörte zwar dem früheren Beklagten zu 2. Dabei han- delte es sich jedoch nur um die Zahlstelle. Eine nachträgliche Änderung des Vertrages dahingehend, dass nun doch der Gesamtbetrag von 2.000.000 DM an den früheren Beklagten zu 2 gezahlt werden sollte, hat die Beklagte nicht behauptet.
10
b) Der Schenkungsvertrag vom 4. November 1998 ist dem eigenen Vorbringen der Beklagten nach auch nicht nur zum Schein (§ 117 BGB) geschlossen worden.
11
aa) Ob ein Rechtsgeschäft wirklich gewollt oder nur zum Schein geschlossen wird, hängt nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung davon ab, ob die Parteien einverständlich nur den äußeren Schein des Abschlusses eines Rechtsgeschäfts hervorrufen, dagegen die mit dem betreffenden Rechtsgeschäft verbundenen Rechtswirkungen nicht eintreten lassen wollen, oder ob sie ein ernstlich gemeintes Rechtsgeschäft für notwendig erachten (BGHZ 21, 378, 382; 36, 84, 87 f; 144, 331, 332; vgl. auch Staudinger/Singer, BGB (Bearb. 2004) § 117 Rn. 10; MünchKomm-BGB/Kramer, 4. Aufl. § 117 Rn. 12; Erman/Palm, BGB 11. Aufl. § 117 Rn. 12). Wollen die Parteien übereinstimmend nur den äußeren Anschein eines Rechtsgeschäfts erzeugen, dessen Rechtswirkungen aber nicht eintreten sollen, sind die von ihnen abgegebenen Erklärungen wirkungslos. Setzt der von den Parteien angestrebte Zweck dagegen die Gültigkeit des Rechtsgeschäfts voraus, spricht dies umgekehrt gegen eine bloße Simulation. Ein bei seinem Abschluss tatsächlich gewollter Vertrag wird nicht allein deshalb zum Scheingeschäft, weil der mit ihm bezweckte Erfolg in der gewählten Rechtsform nicht erreicht werden kann (RG JW 1930, 2655; BGHZ 36, 84, 87 f; Soergel/Hefermehl, BGB 13. Aufl. § 117 Rn. 4). Wählen die Parteien eine bestimmte Rechtsgestaltung lediglich aus steuerlichen Gründen, fehlt es in der Regel nicht am erforderlichen Rechtsbindungswillen, weil die steuerliche Anerkennung ein gültiges, ernstlich gewolltes Rechtsgeschäft voraussetzt. Erweist sich die gewählte Vertragsgestaltung nachträglich als zivilrechtlich nachteilig, begründet das nicht den Einwand des Scheingeschäfts. Eine bestimmte vertragliche Regelung kann nicht gleichzeitig steuerlich gewollt, zivilrechtlich aber nicht gewollt sein (BGHZ 67, 334, 338; 76, 86, 89 f; BGH, Urt. v. 17. Januar 1990 - XII ZR 1/89, WM 1990, 856, 858; v. 5. Juli 1993 - II ZR 114/92, ZIP 1993, 1158, 1159). Anderes gilt nur dann, wenn die Parteien eine Steuerhinterziehung begehen wollten; denn zur Täuschung der zuständigen Finanzbehörden reicht der äußere Anschein eines Rechtsgeschäfts aus (vgl. BGHZ 67, 334, 338; BGH, Urt. v. 5. Juli 1993 - II ZR 114/92, WM 1993, 1683, 1685; Urt. v. 17. Dezember 2002 - XI ZR 290/01, BGH-Report 2003, 453, 454).
12
bb) Grundlage aller Zahlungen des Schuldners war, dass der frühere Beklagte zu 2 seine Tätigkeit als Vorstand der AG bis zum Verkauf der Anteilsmehrheit fortsetzte. Der frühere Beklagte zu 2 wollte jedoch, dass der Schuldner zwei Raten von je 500.000 DM unmittelbar an die Beklagte zahlte, damit auch deren Schenkungsfreibetrag ausgeschöpft wurde. Der Schuldner und die Beklagte waren damit einverstanden. Nach Vorstellung aller Beteiligten sollten damit die Steuerlasten vermindert werden, die den früheren Beklagten zu 2 als alleinigen Empfänger von 2.000.000 DM gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG getroffen hätten. Beide Eheleute sollten den persönlichen Freibetrag nach § 16 ErbStG geltend machen können, nicht nur der frühere Beklagte zu 2. Dazu sollten die jeweiligen Beträge tatsächlich unmittelbar vom "Schenker" an die Beklagte gezahlt werden, nicht nur zum Schein. Eine beabsichtigte Steuerhinterziehung hat die Beklagte nicht nur nicht behauptet, sondern mit Nachdruck in Abrede gestellt. Der notariell beurkundete Schenkungsvertrag war damit von allen Beteiligten - auch vom Schuldner und von der Beklagten - inhaltlich uneingeschränkt gewollt. Dass das Ziel, Steuern zu sparen, nicht erreicht werden konnte, weil der gesamte Vorgang der Einkommensteuer unterfiel, ändert daran ebenso wenig etwas wie die anfechtungsrechtlich schwache Stellung der Beklagten in der Insolvenz des Schuldners.
13
c) Aus den gleichen Gründen lässt sich die Abwicklung des Vertrages nicht - wie das Berufungsgericht angenommen hat - in einen "abgekürzten Zahlungsvorgang" umdeuten, mit dem eine Verpflichtung des Schuldners gegenüber dem früheren Beklagten zu 2 erfüllt worden und zugleich eine Zuwendung des früheren Beklagten zu 2 an die Beklagte erfolgt ist. Nach dem notariellen Vertrag vom 4. November 1998 hatte der Schuldner insoweit allein an die Beklagte zu zahlen, nicht an den früheren Beklagten zu 2.
14
3. Die übrigen Voraussetzungen des § 134 Abs. 1 InsO sind ebenfalls erfüllt. Die Beklagte hat keinerlei Gegenleistung an den Schuldner erbracht. Die Zahlung erfolgte innerhalb der Frist von vier Jahren vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. Mai 2000. Sie hat zu einer Benachteiligung der Gesamtheit der Insolvenzgläubiger geführt. Wäre sie nicht erfolgt, stünde der Betrag von 500.000 DM der Gesamtheit der Insolvenzgläubiger zur Verfügung. Ob die zwischen dem Schuldner und seinem Geschäftspartner S. einerseits, dem früheren Beklagten zu 2 und der Beklagten andererseits getroffene "Gesamtvereinbarung" über den Verbleib des Beklagten zu 2 in der AG gegen Zahlung von insgesamt 4.000.000 DM für den Schuldner günstig war, weil so ein Wertverlust der zu verkaufenden Aktien vermieden wurde, ist in diesem Zusammenhang nicht von Bedeutung. Mehrere Rechtshandlungen des Schuldners sind auch dann anfechtungsrechtlich selbstständig zu betrachten, wenn sie gleichzeitig vorgenommen worden sind oder sich wirtschaftlich ergänzen (BGH, Urt. v. 7. Februar 2002 - IX ZR 115/99, ZIP 2002, 489, 490; Urt. v. 9. Oktober 2003 - IX ZR 28/03, ZIP 2003, 2370, 2371; Urt. v. 2. Juni 2005 - IX ZR 263/03, ZIP 2005, 1521, 1523). Der Eintritt einer Gläubigerbenachteiligung ist deshalb isoliert mit Bezug auf die konkret angefochtene Minderung des Aktivvermögens oder die Vermehrung der Passiva des Schuldners zu beurteilen. Dabei sind lediglich solche Folgen zu berücksichtigen, die an die anzufechtende Rechtshandlung selbst anknüpfen. Eine Vorteilsausgleichung findet grundsätzlich nicht statt (BGH, Urt. v. 2. Juni 2005, aaO). Der Zuwendung der jetzt noch streitigen 500.000 DM an die Beklagte stand keine den Verlust ausgleichende Gegenleistung gegenüber.

III.


15
Das angefochtene Urteil kann damit nicht bestehen bleiben. Es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO). Gemäß § 143 Abs. 2 Satz 1 InsO hat der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Die Beklagte hat in den Vorinstanzen umfangreich zum Verbleib der ihr zugewandten 500.000 DM - insbesondere zum Erwerb von Aktien und zu in der Folgezeit eingetretenen Verlusten - vorgetragen und Beweis angetreten. Mit diesem Vorbringen wird das Berufungsgericht sich nach der Zurückverweisung (§ 563 Abs. 1 ZPO) auseinanderzusetzen haben. Dabei wird auch zu prüfen sein, ob und von welchem Zeitpunkt an die Beklagte wusste oder den Umständen nach wissen musste, dass die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligte (§ 143 Abs. 2 Satz 2 InsO).
Fischer Raebel Vill
Cierniak Lohmann
Vorinstanzen:
LG Heidelberg, Entscheidung vom 12.11.2002 - 4 O 48/02 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 17.09.2003 - 1 U 166/02 -

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 5. Oktober 2011 - 11 Sa 112/11 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den am 30. September 2009 entstandenen Anspruch auf ein Retention Payment (künftig: Halteprämie), dessen Zahlung der Beklagte als Insolvenzverwalter in dem am 23. Januar 2009 beantragten und am 1. April 2009 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der Q AG (Schuldnerin) verweigert.

2

Die Klägerin war bei der Schuldnerin als leitende Angestellte und sog. Senior Director im kaufmännischen Bereich beschäftigt. Ihr Jahreszielgehalt lag zuletzt bei 116.600,00 Euro brutto. Sie führte bis zu 25 Arbeitnehmer und war unternehmensweit Ansprechpartnerin für alle Markt- und Wettbewerbsanalysen. Zu ihren Aufgaben gehörte die Marktforschung, die Entwicklung und Pflege von Markt- und Preismodellen, die Entwicklung und Pflege von Wettbewerbsanalysen, die Erstellung von Portfoliobewertungen und die Bilanz- und Kostenanalyse der Schuldnerin im Vergleich zu Wettbewerbern.

3

Im Verlauf der Kalenderjahre 2007 und 2008 geriet die Schuldnerin in finanzielle Schwierigkeiten, die - wie auch die Suche nach Investoren und Kreditgebern - ab Januar 2008 Gegenstand überregionaler Presseberichterstattung waren. Ihre Bemühungen, einen Investor zu finden, hatten keinen Erfolg. Eine angedachte Finanzhilfe der I AG, der Muttergesellschaft der Schuldnerin, konnte nicht realisiert werden. Auch Verhandlungen mit dem Freistaat Sachsen über eine Finanzhilfe von 300 Millionen Euro, die im Sommer 2008 mit Sondierungsgesprächen begonnen hatten, scheiterten am 21./22. Januar 2009. Während dieser Gespräche hatte die vom Freistaat Sachsen beauftragte P AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (P) in einem Gutachten zur Plausibilität der mittelfristigen Geschäftsplanung der Schuldnerin in ihrem Bericht vom 4. Dezember 2008 zusammenfassend festgestellt, dass „ein Engagement des Freistaates Sachsen … möglich, aber mit hohen Risiken behaftet“ sei.

4

Ab August/September 2008 ließ die Schuldnerin von externen Beratern in Zusammenarbeit mit einer internen Arbeitsgruppe („Rocky Project Group“) wöchentliche Liquiditätsberichte erstellen.

5

Die von der Schuldnerin beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft K AG verweigerte wegen mangelnder Fortführungsprognose und Existenzbedrohung der Schuldnerin das Testat des Jahresabschlusses zum 30. September 2008. In einem Schreiben an den Vorstand der Schuldnerin vom 14. Oktober 2008 wiesen die bestellten Prüfer nach § 321 Abs. 1 Satz 3 HGB auf eine Bestandsgefährdung des Unternehmens hin. Das Geschäftsergebnis des vierten Quartals und der Jahresabschluss wurden nicht mehr veröffentlicht.

6

Mit Schreiben vom 21. Oktober 2008 sagte die Schuldnerin der Klägerin eine Halteprämie zu, die in ihrer Summe etwa einem Jahresfixgehalt der Klägerin entsprach. Das Schreiben lautet auszugsweise:

        

„Sehr geehrte Frau …,

        

wir freuen uns, dass wir Ihnen zum 30. September 2009 einen einmaligen Betrag in Höhe von

        

81.600,00 € brutto

        

zusagen können. Die Auszahlung des Betrages setzt voraus, dass Sie zu diesem Zeitpunkt Ihr Arbeitsverhältnis mit der Q AG nicht von sich aus gekündigt haben. Die Auszahlung erfolgt mit der nächsten Gehaltsabrechnung.

        

An dieser Stelle möchten wir uns für die bisher erbrachte Leistung sehr herzlich bei Ihnen bedanken!

        

Wir setzen auch in Zukunft auf Ihre Unterstützung und Ihr Engagement, um unser Ziel zu erreichen, Q dauerhaft am Markt zu etablieren.

        

…“    

7

Die Schuldnerin sagte im Oktober 2008 einer Vielzahl von anderen Mitarbeitern Halteprämien in unterschiedlicher Höhe und mit unterschiedlichen Stichtagen zu.

8

Im Mai 2009 erhielt die Klägerin ein standardisiertes Schreiben der Personalabteilung mit einer Aufstellung der zur Insolvenztabelle anzumeldenden Forderungen. Die der Klägerin zugesagte Halteprämie war dort nicht genannt. Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis unter dem 27. Mai 2009 zum 31. August 2009. Die Klägerin kündigte das Arbeitsverhältnis bis zum 30. September 2009 ihrerseits nicht.

9

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, ihr müsse die zum 30. September 2009 zugesagte Halteprämie gezahlt werden.

10

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an sie 81.600,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. November 2009 zu zahlen.

11

Der Beklagte hat zur Begründung seines Klageabweisungsantrags vorgetragen, die erfolgreiche Sanierung und Fortführung des Geschäftsbetriebs der Schuldnerin sei Geschäftsgrundlage der Halteprämie gewesen. Jedenfalls sei die Vereinbarung über die Halteprämie nach § 134 BGB bzw. § 119 InsO unwirksam, weil sie das Recht des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis außerordentlich zu kündigen, beeinträchtige und sein Kündigungsrecht nach § 113 Satz 1 InsO beschränke. Die Vereinbarung unterliege schließlich der Anfechtung nach §§ 134 und 133 Abs. 1 InsO.

12

Der Beklagte hat den Streithelfern zu 1. und 2. mit Schriftsatz vom 1. Februar 2010 den Streit verkündet. Diese sind dem Rechtsstreit auf Beklagtenseite beigetreten.

13

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die zum Stichtag des 30. September 2009 zugesagte Halteprämie zu Unrecht als Insolvenzforderung eingeordnet. Ferner hat es rechtsfehlerhaft die Anfechtbarkeit des Anspruchs nach § 134 Abs. 1 InsO bejaht. Auf der Grundlage des bisher festgestellten Sachverhalts kann der Senat nicht entscheiden, ob der Anfechtungstatbestand des § 133 Abs. 1 InsO erfüllt ist. Dazu bedarf es noch weiterer Feststellungen des Landesarbeitsgerichts. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

15

A. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht die Klage als zulässig angesehen. Die Klägerin beruft sich darauf, dass die streitbefangene Halteprämie eine Masseverbindlichkeit sei. Sollte der Anspruch demgegenüber als Insolvenzforderung zu bewerten sein, führte dies nicht zur Unzulässigkeit, sondern zur Unbegründetheit der Klage (vgl. BAG 21. Februar 2013 - 6 AZR 406/11 - Rn. 17 f.).

16

B. Die Klägerin hat den Anspruch auf die zum 30. September 2009 zugesagte Halteprämie erworben.

17

I. Sie hat - soweit ersichtlich - auf das Schreiben vom 21. Oktober 2008 nicht reagiert. Insbesondere hat sie das darin liegende Angebot, eine Halteprämie zu den dargelegten Bedingungen zu zahlen, nicht ausdrücklich angenommen. Einer solchen ausdrücklichen Annahme bedurfte es jedoch nicht. Sie hat das Angebot einer Halteprämie nicht ausdrücklich abgelehnt. Darin liegt der erforderliche unzweideutige Annahmewille. Dadurch ist eine Vereinbarung über eine solche Prämie zu den Konditionen des Schreibens vom 21. Oktober 2008 nach § 151 Satz 1 BGB zustande gekommen, weil die Zusage einer Halteprämie für die Klägerin lediglich rechtlich vorteilhaft war(vgl. BGH 22. Juli 2010 - I ZR 194/08 - Rn. 23). Die Klägerin wurde dadurch nicht in ihrer Kündigungsfreiheit beeinträchtigt. Sie behielt die volle Wahlfreiheit, ob und wann sie das Risiko einer Insolvenz mit den sich daraus ergebenden nachteiligen Entgeltfolgen und dem drohenden Verlust des Arbeitsplatzes nicht länger eingehen, sondern die Verdienstchancen bei einem Arbeitsplatzwechsel der Halteprämie vorziehen wollte. Auf die Gegenleistung für schon erbrachte Arbeit musste sie bei einer Entscheidung, das Arbeitsverhältnis durch Kündigung zu beenden, nicht verzichten (vgl. BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 28, BAGE 140, 231).

18

II. Die Vereinbarung über die Halteprämie ist wirksam.

19

1. Der Beklagte nimmt zu Unrecht an, dass die Vereinbarung gemäß § 134 BGB bzw. § 119 InsO nichtig sei, weil sie das Recht der Schuldnerin bzw. des Beklagten zur außerordentlichen Kündigung unzulässig beschränke.

20

a) Die Vereinbarung aufgrund des Vertragsangebots vom 21. Oktober 2008 ist nicht gemäß § 134 BGB nichtig. Zwar darf die Ausübung des Kündigungsrechts nicht durch die Verpflichtung zur Zahlung einer Abfindung, die auch dann zu zahlen ist, wenn der Gekündigte selbst den Kündigungsgrund schuldhaft gesetzt hat, unzumutbar erschwert werden (vgl. BAG 8. August 1963 - 5 AZR 395/62 - zu I 2 der Gründe, BAGE 14, 294; BGH 17. März 2008 - II ZR 239/06 - Rn. 16; 3. Juli 2000 - II ZR 282/98 - zu 2 der Gründe; für eine Vertragsstrafe bereits RG 15. Februar 1911 - I 387/10 - RGZ 75, 234, 238; Bötticher Anm. AP BGB § 626 Kündigungserschwerung Nr. 2). Eine nach diesen Maßstäben unzumutbare Kündigungserschwerung für die Schuldnerin oder den Beklagten enthielt die Regelung aufgrund der Zusage vom 21. Oktober 2008 jedoch nicht. Der Anspruch auf die Halteprämie setzte allein voraus, dass die Klägerin bis zu dem im Schreiben vom 21. Oktober 2008 genannten Stichtag des 30. September 2009 keine Eigenkündigung erklärt hatte. Die Halteprämie war zu zahlen, sofern die Klägerin bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Arbeitgeberkündigung betriebstreu blieb (BAG 14. November 2012 - 10 AZR 3/12 - Rn. 33). Es hing allein vom Willen der Klägerin ab, ob die Halteprämie zu zahlen war. Die Schuldnerin oder der Beklagte konnte das Entstehen des Anspruchs auf die Halteprämie durch ihr bzw. sein eigenes Verhalten nicht verhindern. Kündigte die Klägerin nicht, entstand der Anspruch auf die Halteprämie unabhängig davon, ob die Schuldnerin oder der Beklagte (außerordentlich) kündigte oder eine solche Erklärung unterließ. Ihre Entschließungsfreiheit, das Arbeitsverhältnis außerordentlich zu beenden, wurde durch die Halteprämie nicht beeinträchtigt.

21

b) Entgegen der Annahme des Beklagten ist die Vereinbarung auch nicht gemäß § 119 InsO unwirksam. Diese Bestimmung stellt sicher, dass gegenseitige Verträge in der Insolvenz nach der Systematik der §§ 103 bis 118 InsO abgewickelt werden(MünchKommInso/Huber 2. Aufl. § 119 Rn. 2; Uhlenbruck/Sinz 13. Aufl. § 119 InsO Rn. 1). Anders als insolvenzabhängige Lösungsklauseln (dazu BGH 15. November 2012 - IX ZR 169/11 - Rn. 13 ff., BGHZ 195, 348) griff die Vereinbarung aufgrund der Zusage vom 21. Oktober 2008 in die Gestaltungsrechte des Beklagten nach §§ 103 ff. InsO nicht ein. Sie beschränkte insbesondere sein Kündigungsrecht rechtlich nicht und beeinträchtigte, wie ausgeführt, seine Entschließungsfreiheit nicht, weil eine Kündigung des Beklagten den Anspruch auf die Halteprämie nicht auslöste. Für die vorliegende Konstellation sieht die Insolvenzordnung allein die Anfechtungsrechte der §§ 130 ff. InsO vor.

22

2. Auch die Kündigungsfreiheit der Klägerin wurde durch die Vereinbarung über die Halteprämie nicht unzulässig beeinträchtigt. Es kann daher dahinstehen, ob die Vereinbarung insgesamt gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam wäre, wenn sie eine unangemessene Benachteiligung der Klägerin iSv. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB enthielte, weil sie ohne eine Bindung der Klägerin bis zu dem genannten Stichtag sinnentleert wäre.

23

a) Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, ob es sich bei den im Schreiben vom 21. Oktober 2008 enthaltenen Bestimmungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt. Das ist jedoch offenkundig iSv. § 291 ZPO. Von einer Verwendungsabsicht für eine Vielzahl von Verträgen iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB ist auszugehen, wenn ein Text in mindestens drei Fällen zur Grundlage von Vertragsbedingungen gemacht wird(BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 14, BAGE 140, 231). Es ist ohne besondere Fachkunde allein anhand allgemein zugänglicher, zuverlässiger Quellen (vgl. BAG 23. August 2011 - 3 AZR 650/09 - Rn. 53, BAGE 139, 69) festzustellen, dass die Schuldnerin im Oktober 2008 vergleichbare Prämien in deutlich mehr als drei Fällen zugesagt hat. Die einschlägigen Entscheidungen, insbesondere des Landesarbeitsgerichts München, können über eine Recherche mit Hilfe allgemein gebräuchlicher Suchmaschinen oder direkt auf der Homepage des Landesarbeitsgerichts München ohne Weiteres ermittelt werden.

24

b) Sieht eine Allgemeine Geschäftsbedingung eine Bindungsklausel vor, die den Anspruch auf eine Sonderzahlung, die jedenfalls auch Vergütung bereits erbrachter Arbeitsleistung ist, daran knüpft, dass das Arbeitsverhältnis zu einem Zeitpunkt außerhalb des Bezugszeitraums, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde, fortbesteht, ist die Klausel nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Eine solche Klausel steht im Widerspruch zum Grundgedanken des § 611 Abs. 1 BGB, weil sie dem Arbeitnehmer bereits erarbeitetes Entgelt entzieht. Sie verkürzt außerdem in nicht zu rechtfertigender Weise die nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit des Arbeitnehmers, indem sie die Ausübung seines Kündigungsrechts unzulässig erschwert. Seine entgegenstehende Rechtsprechung (BAG 28. März 2007 - 10 AZR 261/06 - Rn. 18) hat der Zehnte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgegeben (BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 22, 27 f., BAGE 140, 231; im Anschluss an BAG 5. Juli 2011 - 1 AZR 94/10 - Rn. 28, 39, 43; 7. Juni 2011 - 1 AZR 807/09 - Rn. 34).

25

Entgegen einer im Schrifttum vertretenen Ansicht (Mückl ZIP 2012, 1642, 1644 zu Fn. 17) steht diese Rechtsprechung nicht im Widerspruch zu der Entscheidung des Senats vom 7. Dezember 1989 (- 6 AZR 324/88 - zu II 2 b und II 3 c der Gründe, BAGE 63, 385). Diese Entscheidung betraf eine tarifliche Sonderzahlung. Einer AGB-Kontrolle unterliegen Tarifnormen gemäß § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB nicht. Ebenso wenig sind sie einer Kontrolle unmittelbar am Maßstab von Art. 12 Abs. 1 GG zu unterziehen. Außerhalb von Verstößen gegen Art. 3 und Art. 6 GG sind Tarifnormen nur darauf zu überprüfen, ob sie gegen elementare Gerechtigkeitsanforderungen aus den Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1 GG verstoßen(BAG 28. Mai 2009 - 6 AZR 144/08 - Rn. 29 f.).

26

c) Dem Arbeitgeber ist es dagegen durch § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht verwehrt, Betriebstreue zu honorieren, so einen finanziellen Anreiz für den Verbleib im Arbeitsverhältnis zu setzen und dem Arbeitnehmer deutlich zu machen, welchen Wert für ihn dessen Verbleib im Arbeitsverhältnis und damit der Bestand des Arbeitsverhältnisses als solcher darstellt(vgl. BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 28, BAGE 140, 231; 18. Januar 2012 - 10 AZR 667/10 - Rn. 13, BAGE 140, 239; kritisch Mückl ZIP 2012, 1642, 1644, der diese Unterscheidung als gekünstelt bezeichnet).

27

d) Nach diesen Grundsätzen steht § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB der Wirksamkeit der Vereinbarung einer Halteprämie nicht entgegen. Die Klägerin sollte nach dem Verbleib im Arbeitsverhältnis für etwas mehr als elf Monate rund ein garantiertes Jahresgehalt als Halteprämie erhalten. Dies beeinträchtigte sie, wie ausgeführt, in ihrer Kündigungsfreiheit nicht. Ungeachtet ihrer Höhe war die Prämie auch kein (verkapptes) Arbeitsentgelt, sondern sollte vor dem Hintergrund der schwierigen wirtschaftlichen Situation der Schuldnerin einen Anreiz für die Klägerin schaffen, ihr Kündigungsrecht trotz der finanziellen Schwierigkeiten der Schuldnerin nicht auszuüben und betriebstreu zu bleiben, also ihre Betriebstreue honorieren. Die Halteprämie wurde für den bloßen Verbleib der Klägerin im Arbeitsverhältnis zugesagt (vgl. BAG 14. November 2012 - 10 AZR 3/12 - Rn. 32 für eine von der Schuldnerin erteilte Zusage einer Halteprämie, die sich nur in der Höhe von der vorliegenden unterschied). Der Anspruch war nicht an den ungekündigten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gebunden. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Beklagten zum 31. August 2009 hinderte das Entstehen des Anspruchs auf die Halteprämie daher nicht.

28

III. Die Klägerin kündigte das Arbeitsverhältnis bis zum 30. September 2009 ihrerseits nicht.

29

IV. Das Landesarbeitsgericht hat mit zutreffenden Erwägungen angenommen, dass die Halteprämie nicht nur für den Fall einer erfolgreichen Restrukturierung zugesagt worden ist, so dass die Insolvenzeröffnung nicht zum Wegfall der Geschäftsgrundlage iSd. § 313 Abs. 1 BGB geführt habe.

30

C. Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, ob infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin am 1. April 2009 der am 30. September 2009 entstandene Anspruch der Klägerin nicht durchsetzbar ist.

31

I. Die Revision rügt mit Erfolg, das Landesarbeitsgericht habe den zum 30. September 2009 entstandenen Anspruch auf die Halteprämie rechtsirrig als Insolvenzforderung iSv. §§ 38, 108 Abs. 3 InsO und nicht als Masseverbindlichkeit iSv. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO angesehen. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO unterfallen ua. die Ansprüche, die sich aus dem bloßen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses ergeben. Dazu gehört auch die streitbefangene Halteprämie. Ein Widerspruch zwischen der insolvenzrechtlichen Einordnung der Halteprämie als Masseverbindlichkeit und der insolvenzrechtlichen Behandlung bedingter Forderungen, insbesondere aufschiebend bedingter Abfindungsansprüche, bei denen es sich um Insolvenzforderungen handelt, besteht nicht. Der Anspruch auf die Prämie entstand im Rahmen des nach § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO weiterbestehenden Arbeitsverhältnisses als Dauerschuldverhältnis am vereinbarten Stichtag nur, wenn die Klägerin bis dahin nicht gekündigt hatte und insoweit die verlangte Betriebstreue erwiesen hatte. Damit war der Anspruch auf die Halteprämie abhängig vom Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, dh. eines auf den Austausch von Leistung und Gegenleistung gerichteten Dauerschuldverhältnisses, und stand jedenfalls in einem weiten Sinn im Synallagma. Dieses zumindest teilweise synallagmatische Verhältnis bedingt die insolvenzrechtliche Einordnung der Halteprämie als Masseverbindlichkeit iSv. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO.

32

1. Die Einordnung eines Entgeltanspruchs als Masseverbindlichkeit iSd. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO setzt voraus, dass eine Leistung mit Entgeltcharakter vorliegt. Das folgt aus dem Zweck der Vorschrift, die sicherstellt, dass der Gläubiger, der noch voll zur Masse leisten muss, auch die volle vereinbarte Gegenleistung erhält und nicht die Masse auf seine Kosten bereichert wird (BAG 14. November 2012 - 10 AZR 3/12 - Rn. 17), sowie aus dem systematischen Zusammenhang des § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO mit § 108 Abs. 3 InsO. Eine tatsächliche Arbeitsleistung ist dabei nicht zwingend erforderlich (BAG 19. Juli 2007 - 6 AZR 1087/06 - Rn. 19, BAGE 123, 269). Darüber hinaus muss der geltend gemachte Anspruch erst nach Verfahrenseröffnung entstanden sein (BAG 19. Januar 2006 - 6 AZR 529/04 - Rn. 18, BAGE 117, 1). Voraussetzung für die Anerkennung als Masseverbindlichkeit ist demnach grundsätzlich, dass der Anspruch in einem zumindest teilweise synallagmatischen Verhältnis zu der erbrachten Arbeitsleistung steht. Es muss im weitesten Sinne Entgelt „für die Zeit“ nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschuldet sein. Es genügt nicht, dass die Forderung erst nach Eröffnung des Verfahrens fällig wird, also erst „in der Zeit“ nach Verfahrenseröffnung erfüllt werden muss (BAG 21. Februar 2013 - 6 AZR 406/11 - Rn. 28 f.). Auch Leistungen, die nur vom Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Stichtag abhängen, können danach Masseverbindlichkeiten sein (vgl. BAG 27. September 2007 - 6 AZR 975/06 - Rn. 20, BAGE 124, 150).

33

2. Nach diesen Grundsätzen war die streitbefangene Halteprämie eine Masseverbindlichkeit iSd. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO. Ob Sonderleistungen, dh. Zuwendungen zum laufenden Arbeitsentgelt (MünchKommInso/Hefermehl 3. Aufl. § 55 Rn. 180), als Insolvenzforderungen oder Masseverbindlichkeiten einzuordnen sind, hängt vom Zweck der Leistungen ab (BAG 27. September 2007 - 6 AZR 975/06 - Rn. 19, BAGE 124, 150). Die Halteprämie sollte stichtagsbezogen die erwiesene Betriebstreue honorieren. Das bedingte ihre insolvenzrechtliche Einordnung als Masseverbindlichkeit.

34

a) Allerdings war die von der Klägerin begehrte Halteprämie wegen der Anknüpfung an den Bestand des Arbeitsverhältnisses bis zu einem Stichtag auflösend bedingt (vgl. für die st. Rspr. bei Gratifikationen BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 27, BAGE 140, 231). Die sofort mit der Annahme des unter dem 21. Oktober 2008 abgegebenen Angebots wirksam gewordene Zahlungsverpflichtung der Schuldnerin sollte nur entfallen, wenn die Klägerin vor den Stichtagen das Arbeitsverhältnis kündigte. Bei einer solchen Bedingung tritt die Rechtsänderung gemäß § 158 Abs. 2 BGB sofort ein(BAG 19. Januar 2006 - 6 AZR 529/04 - Rn. 26, BAGE 117, 1). Das Rechtsgeschäft zeitigt zunächst uneingeschränkte Rechtswirkungen und begründet Verpflichtungen der Parteien (vgl. BAG 6. Mai 2009 - 10 AZR 390/08 - Rn. 38).

35

aa) Ist der anspruchsbegründende Tatbestand schon vor Verfahrenseröffnung abgeschlossen, liegt eine Insolvenzforderung iSd. § 38 InsO auch dann vor, wenn sich eine Forderung des Gläubigers daraus erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ergibt(BGH 19. Januar 2012 - IX ZR 2/11 - Rn. 15, BGHZ 192, 221). Aufschiebend bedingte Forderungen sind danach auch dann Insolvenzforderungen, wenn die Bedingung erst nach Verfahrenseröffnung eintritt, weil der Rechtsgrund für sie schon vor der Eröffnung gelegt worden ist (BAG 27. April 2006 - 6 AZR 364/05 - Rn. 15, BAGE 118, 115). Das aufschiebend bedingte Rechtsgeschäft ist tatbestandlich mit seiner Vornahme vollendet. Seine Wirksamkeit tritt mit dem Bedingungsfall ipso iure ein (BGH 21. September 1994 - VIII ZR 257/93 - zu II 1 c der Gründe, BGHZ 127, 129). Eine Abfindung, die aufgrund einer Abfindungsklausel im Fall einer betriebsbedingten Kündigung des Arbeitgebers gezahlt wird, ist deshalb auch dann als Insolvenzforderung einzuordnen, wenn die Klausel vor Insolvenzeröffnung noch vom Schuldner vereinbart worden ist und der Anspruch auf eine solche Abfindung erst durch die Kündigung des Insolvenzverwalters ausgelöst wird (BAG 27. September 2007 - 6 AZR 975/06 - Rn. 21, BAGE 124, 150; 27. April 2006 - 6 AZR 364/05 - Rn. 15 f., aaO).

36

bb) Auflösend bedingte Forderungen, die schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestanden, sind Insolvenzforderungen (vgl. Uhlenbruck/Sinz 13. Aufl. § 38 InsO Rn. 33). Sie werden gemäß § 42 InsO wie unbedingte Insolvenzforderungen behandelt, solange die Bedingung nicht eingetreten ist(MünchKommInso/Ehricke 3. Aufl. § 38 Rn. 17). Bis zum Eintritt der Bedingung erhält der Gläubiger einer solchen Forderung die volle Quote (Bitter NZI 2000, 399, 400).

37

b) Bei Dauerschuldverhältnissen, die wie das Arbeitsverhältnis gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO zulasten der Masse zumindest zunächst fortbestehen, ist jedoch danach zu unterscheiden, ob der Anspruch allein aus einem vor Verfahrenseröffnung begründeten „Stammrecht“ resultiert oder ob es sich um nach der Eröffnung des Verfahrens neu entstehende (Einzel-)Forderungen handelt, deren Anspruchsvoraussetzungen daran gebunden sind, dass der Arbeitnehmer eine Leistung „für“ die Masse erbringt, und sei es auch nur - wie im vorliegenden Fall - in Form von weiter erwiesener Betriebstreue. Im ersten Fall sind die aus dem Stammrecht erwachsenden Ansprüche auch dann Insolvenzforderungen, wenn sie erst in der Zeit nach Insolvenzeröffnung fällig werden. Im letzteren Fall sind dagegen die nach Insolvenzeröffnung entstehenden Forderungen Masseverbindlichkeiten bzw. gegen den Schuldner gerichtete Neuverbindlichkeiten (Uhlenbruck/Sinz 13. Aufl. § 38 InsO Rn. 58). Das gilt auch für (einzelne) Forderungen aus dem einheitlichen Arbeitsverhältnis, die (auflösend) bedingt sind (vgl. BAG 27. April 2006 - 6 AZR 364/05 - Rn. 15, BAGE 118, 115; vgl. allgemein zur insolvenzrechtlichen Einordnung von stichtagsbezogenen Sonderzuwendungen BAG 14. November 2012 - 10 AZR 3/12 - Rn. 20).

38

c) Entgegen der Ansicht der Revision ist der Entscheidung des Senats vom 27. September 2007 (- 6 AZR 975/06 - BAGE 124, 150) keine andere Wertung zu entnehmen. Der Senat hat in dieser Entscheidung die im Rahmen eines Altersteilzeitverhältnisses vor der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu zahlenden monatlichen Raten allein deshalb als Abfindungszahlung und damit als Insolvenzforderung eingeordnet, weil dieser Anspruch kein Entgelt, sondern die Gegenleistung für die Zustimmung des Arbeitnehmers zur vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Altersteilzeitvertrag war. Mit der durch die Vereinbarung aufgrund des Angebots vom 21. Oktober 2008 zugesagten Halteprämie sollte der Klägerin, anders als der Beklagte annimmt, keine Abfindung gewährt werden. Die Zahlung war nicht für den Verlust des Arbeitsplatzes, sondern für den Verbleib im Arbeitsverhältnis zugesagt (vgl. Mückl ZIP 2012, 1642, 1646). Auch der Hinweis des Beklagten auf die Einordnung des Abfindungsanspruchs nach § 1a KSchG als Insolvenzforderung trägt nicht. Die Abfindung nach § 1a KSchG entspricht ihrem Charakter nach einer einzelvertraglich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer für die Hinnahme der Kündigung vereinbarten Abfindung(BAG 16. Dezember 2010 - 6 AZR 423/09 - Rn. 19). Eine solche Abfindung ist nicht zugesagt worden.

39

d) Nach diesen Grundsätzen stand der Umstand, dass die Halteprämie durch eine Kündigung der Klägerin auflösend bedingt war, der Einordnung der Prämie als Masseverbindlichkeit nicht entgegen.

40

aa) Die Schuldnerin schuldete die Halteprämie erst, wenn die Klägerin bis zu dem in der Vereinbarung aufgrund der Zusage vom 21. Oktober 2008 genannten Stichtag des 30. September 2009 keine Eigenkündigung erklärt hatte. Die Prämie war als Gegenleistung für die angestrebte Betriebstreue der Klägerin zugesagt. Die Zusage dieser Prämie sollte den Wert abbilden, den der bloße Bestand des Arbeitsverhältnisses für die Schuldnerin hatte (vgl. BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 28, BAGE 140, 231). Einzige Voraussetzung des Anspruchs war, dass die Klägerin das Arbeitsverhältnis bis zu dem zeitlich nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens liegenden Stichtag des 30. September 2009 nicht kündigte und in vollem Umfang die geschuldete Betriebstreue erwies. Die Klägerin hatte diese als Voraussetzung für den Anspruch auf die Halteprämie geforderte Betriebstreue im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht voll geleistet. Der Anspruch hing nicht nur vom reinen Zeitablauf ab, sondern entstand nach seiner Zwecksetzung nur dann am 30. September 2009, wenn die Klägerin bis zu diesem Stichtag und damit „für“ die Zeit nach Insolvenzeröffnung uneingeschränkt betriebstreu blieb (vgl. Lohmann Anm. NZI 2013, 359, 360; MünchKommInso/Hefermehl 3. Aufl. § 55 Rn. 182). Der Gegenwert für den erst am 30. September 2009 entstehenden Anspruch war weder bereits bei Zugang des Schreibens vom 21. Oktober 2008 noch zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. April 2009, sondern erst am Stichtag des 30. September 2009 erbracht. Der an diesem Stichtag entstehende Anspruch auf die Halteprämie war das Äquivalent für die geleistete Betriebstreue im Rahmen des nach Insolvenzeröffnung für die Masse fortgesetzten Arbeitsverhältnisses (vgl. zu diesen Abgrenzungskriterien MünchKommInso/Ehricke 3. Aufl. § 38 Rn. 19 ff.; Henckel in Jaeger InsO § 38 Rn. 158; Uhlenbruck/Sinz 13. Aufl. § 38 InsO Rn. 58).

41

bb) Die Klägerin erfüllte hinsichtlich des streitbefangenen Anspruchs die verlangte Leistung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens voll zur Masse. Als dafür geschuldete Gegenleistung erwarb sie gegen die Masse den Anspruch auf die Halteprämie. Der am Stichtag 30. September 2009 entstandene, nicht ratierlich verdiente Anspruch war deshalb insolvenzrechtlich dem Zeitraum zuzurechnen, in den der Stichtag fiel. Er war in vollem Umfang Masseverbindlichkeit iSv. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO (vgl. Lohmann Anm. NZI 2013, 359, 360; MünchKommInso/Hefermehl 3. Aufl. § 55 Rn. 180, 182; Uhlenbruck/Sinz 13. Aufl. § 55 InsO Rn. 67; Mückl ZIP 2012, 1642, 1645 f.).

42

cc) Soweit der Beklagte geltend macht, es sei den Vertragsparteien jedenfalls ganz überwiegend darauf angekommen, vor Insolvenzantragstellung liegende Arbeitsleistungen für den Insolvenzfall zu sichern, weswegen der Stichtag von der Schuldnerin so gewählt worden sei, dass er nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gelegen habe, wird dies der Vereinbarung nicht gerecht. Durch sie ist ein Anreiz für die Klägerin geschaffen worden, ihr Kündigungsrecht trotz der schwierigen finanziellen Lage der Schuldnerin nicht auszuüben und betriebstreu zu bleiben. Wenn der Beklagte anführt, mit der Stellung des Insolvenzantrags sei das Thema (gemeint sein dürfte: Sanierungsbeitrag der Klägerin) „vom Tisch“ gewesen, berücksichtigt er nicht, dass gerade auch bei der Suche nach einem Investor der Verbleib von Know-how-Trägern sinnvoll sein kann. Zudem sind diese Behauptungen ohne Tatsachensubstanz.

43

II. Ob dem Anspruch der Klägerin die Einrede der Anfechtbarkeit entgegensteht, die gemäß § 146 Abs. 2 InsO unverjährbar ist(vgl. Karsten Schmidt/Büteröwe 18. Aufl. § 146 InsO Rn. 14), kann der Senat nicht abschließend entscheiden.

44

1. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die Erhebung der Einrede nicht rechtsmissbräuchlich. Der Beklagte ist als Insolvenzverwalter gesetzlich verpflichtet, Anfechtungsrechten zugunsten der Gläubiger nachzugehen. Die Anfechtung wäre deshalb nur ausgeschlossen, wenn der Beklagte als vorläufiger Verwalter mit Zustimmungsvorbehalt durch sein Handeln einen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand gesetzt hätte und die Klägerin nach Treu und Glauben damit rechnen durfte, ein nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr entziehbares Recht erhalten zu haben (BGH 25. April 2013 - IX ZR 235/12 - Rn. 36). Das ist nicht der Fall. In der im Mai 2009 übersandten Aufstellung der zur Insolvenztabelle anzumeldenden Forderungen war der Anspruch der Klägerin auf die Halteprämie nicht aufgeführt. Sie konnte demnach keine inhaltlichen Aussagen dazu enthalten, ob diese Forderung zur Tabelle anerkannt werde, noch insbesondere zur Berechtigung der streitbefangenen Masseforderung.

45

2. Rechtshandlungen, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind, können nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 InsO vom Insolvenzverwalter angefochten werden, § 129 InsO. Anfechtbare Rechtshandlung ist hier die nach § 151 Satz 1 BGB durch Annahme des Angebots vom 21. Oktober 2008 geschlossene Vereinbarung der Halteprämie. Diese Vereinbarung verschaffte der Klägerin bereits eine gesicherte Rechtsstellung iSd. § 140 Abs. 1 InsO. Der darin zugesagte Anspruch konnte der Klägerin von der Schuldnerin nicht mehr einseitig entzogen werden. Ob die Anspruchsvoraussetzungen eintraten, hing nicht von der freien Entscheidung der Schuldnerin ab (BGH 11. Dezember 2008 - IX ZR 194/07 - Rn. 12). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung, ob Anfechtungstatbestände vorliegen, ist demnach der Zugang des Schreibens der Schuldnerin vom 21. Oktober 2008.

46

3. Die Zusage der Halteprämie benachteiligte die Insolvenzgläubiger iSd. § 129 Abs. 1 InsO. Sie verkürzte das Vermögen der Schuldnerin, indem ihre in der Insolvenz zu befriedigenden Verbindlichkeiten vermehrt wurden. Durch die Begründung einer in der später eingetretenen Insolvenz der Schuldnerin als Masseverbindlichkeit zu befriedigenden Verbindlichkeit verringerte sich die Quote der Gesamtheit der Insolvenzgläubiger und damit deren Befriedigungsmöglichkeit im Insolvenzverfahren (BGH 8. November 2012 - IX ZR 77/11 - Rn. 18). Dies führte jedenfalls zu einer für die Anfechtungstatbestände der § 134 Abs. 1 und § 133 Abs. 1 InsO ausreichenden mittelbaren objektiven Gläubigerbenachteiligung. Hypothetische Kausalverläufe, die ebenfalls zu einer Benachteiligung der Insolvenzmasse geführt hätten, sind grundsätzlich nicht berücksichtigungsfähig (BGH 25. April 2013 - IX ZR 235/12 - Rn. 40). Deshalb ist es unerheblich, ob die Klägerin ohne Halteprämie gekündigt hätte und durch teure externe Berater hätte ersetzt werden müssen.

47

4. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerhaft den Anfechtungstatbestand des § 134 Abs. 1 InsO bejaht. Danach ist eine unentgeltliche Leistung anfechtbar, wenn sie in den letzten vier Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen wurde.

48

a) Die innerhalb von vier Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom 23. Januar 2009 erteilte Zusage vom 21. Oktober 2008 ist eine Leistung iSv. § 134 Abs. 1 InsO. Der Begriff ist weit zu verstehen und umfasst alle Rechtsgeschäfte, unabhängig davon, ob sie verpflichtender oder verfügender Natur sind. Ihm unterfällt auch der Abschluss von Verträgen mit der Übernahme von Leistungspflichten durch den Schuldner (vgl. BGH 26. April 2012 - IX ZR 146/11 - Rn. 38).

49

b) Die Zusage der Halteprämie ist keine unentgeltliche Leistung iSv. § 134 Abs. 1 InsO.

50

aa) Unentgeltlich ist eine Leistung im Zwei-Personen-Verhältnis, wenn ihr nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts keine Leistung gegenübersteht, dem Leistenden also keine Gegenleistung zufließen soll, die dem aufgegebenen Vermögenswert oder der eingegangenen Verpflichtung entspricht (vgl. BGH 26. April 2012 - IX ZR 146/11 - Rn. 40; 19. November 2009 - IX ZR 9/08 - Rn. 8). Entgeltlich ist eine Leistung, wenn der Schuldner für seine Leistung etwas erhält, was objektiv ein Ausgleich für seine Leistung ist oder das jedenfalls subjektiv nach dem Willen der Beteiligten sein soll (vgl. BGH 21. Januar 1999 - IX ZR 429/97 - zu I 1 b der Gründe; 29. November 1990 - IX ZR 29/90 - zu II 2 b der Gründe, BGHZ 113, 98; Gehrlein WM Sonderbeil. Nr. 1/2009 S. 40, 46). Das ausgleichende Entgelt muss keine Gegenleistung iSd. §§ 320 ff. BGB sein. Vielmehr genügt jeder entsprechend werthaltige Vermögensvorteil, den der Schuldner durch die Rechtshandlung erlangt (vgl. MünchKommInsO/Kirchhof 2. Aufl. § 134 Rn. 17a). Einseitige Vorstellungen des Schuldners über mögliche wirtschaftliche Vorteile, die nicht in rechtlicher Abhängigkeit zu seiner Zuwendung stehen, können Entgeltlichkeit jedoch nicht begründen (vgl. Uhlenbruck/Hirte 13. Aufl. § 134 InsO Rn. 27). Der gläubigerschützende Zweck der Vorschrift verlangt eine weite Auslegung des Begriffs der Unentgeltlichkeit (vgl. BGH 26. April 2012 - IX ZR 146/11 - Rn. 37).

51

bb) Ob für die Leistung des Schuldners ein Gegenwert in dessen Vermögen geflossen ist bzw. fließen soll, bestimmt sich in erster Linie nach dem objektiven Sachverhalt (vgl. BGH 21. Januar 1999 - IX ZR 429/97  - zu I 1 b der Gründe). Sonst könnten die Beteiligten allein dadurch, dass sie in ihren rechtsgeschäftlichen Erklärungen einer für den Schuldner objektiv wertlosen Leistung einen subjektiven Wert beimessen, den vom Gesetz beabsichtigten Gläubigerschutz vereiteln. Erst wenn feststeht, dass dem Schuldner objektiv betrachtet ein Gegenwert für seine Zuwendung zugeflossen oder versprochen worden ist, besteht Anlass zu der Prüfung, ob die Beteiligten die erbrachte oder versprochene Gegenleistung als Entgelt angesehen haben oder mit der Leistung des Schuldners Freigebigkeit bezweckt war (vgl. BGH 28. Februar 1991 - IX ZR 74/90 - zu 2 b bb der Gründe, BGHZ 113, 393; Gehrlein WM Sonderbeil. Nr. 1/2009 S. 40, 48).

52

cc) Der Insolvenzschuldnerin bzw. dem Beklagten floss eine objektiv werthaltige Gegenleistung für die Zusage der Halteprämie zu.

53

(1) § 134 Abs. 1 InsO ist von dem Gedanken getragen, dass der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung weniger schutzwürdig ist als ein Gläubiger, dessen Forderung ein entgeltliches Geschäft zugrunde liegt.

54

(2) Die Klägerin erbrachte jedoch eine Gegenleistung für die Zusage der Halteprämie.

55

(a) Diese Gegenleistung ist nicht die Arbeitsleistung, die die Klägerin nach der Zusage vom 21. Oktober 2008 erbrachte. Die Arbeit wurde ausschließlich zu dem Zweck geleistet, den Arbeitsvertrag zu erfüllen.

56

(b) Der Insolvenzschuldnerin bzw. später dem Beklagten kam aber die von der Klägerin geleistete Betriebstreue zugute.

57

(aa) Die Betriebstreue ist eine objektiv werthaltige Gegenleistung für die zugesagte Halteprämie. In einer wirtschaftlichen Krisensituation kann es von entscheidender Bedeutung für die Fortentwicklung eines Unternehmens sein, wenn Führungskräfte oder sonstige Leistungsträger im Unternehmen bleiben (vgl. OLG Karlsruhe 17. September 2003 - 1 U 167/02 -). Das gilt zunächst für die Suche nach Investoren. In Verhandlungen mit potenziellen Investoren ist es ein wichtiger Faktor, wenn erfahrene und motivierte Führungskräfte vorhanden sind, auf die ein Übernehmer zurückgreifen kann. Umgekehrt schwächt es die Verhandlungsposition des in der Krise befindlichen Unternehmens, wenn die Führungskräfte das Unternehmen verlassen und dadurch gegenüber den potenziellen Investoren der Eindruck entsteht, dass sie das Unternehmen aufgegeben haben und eine Sanierung nicht mehr für wahrscheinlich halten. Kommt es zu einer Unternehmenssanierung, kann auf das Know-how der angestammten Leistungsträger zurückgegriffen werden.

58

(bb) Die Klägerin nahm finanzielle Risiken in Kauf, um der Schuldnerin bzw. dem Beklagten die Betriebstreue zu erweisen, zB die Gefahr eines insolvenzbedingten Ausfalls von Vergütungsansprüchen. Anders als eine Beschenkte nahm sie nicht lediglich eine Zuwendung entgegen, sondern beantwortete sie mit einer eigenen Leistung, der Betriebstreue in der Krise.

59

(3) Der Schuldnerin und später dem Beklagten floss durch die Betriebstreue der Klägerin eine der Halteprämie angemessene Gegenleistung zu.

60

(a) In der Frage, ob eine Gegenleistung den Wert der Leistung des Schuldners erreicht, steht den Beteiligten ein angemessener Bewertungsspielraum zu (vgl. BGH 9. November 2006 - IX ZR 285/03 - Rn. 16; 2. April 1998 - IX ZR 232/96 - zu II 2 c der Gründe). Die Bewertung darf sich von den objektiven Verhältnissen jedoch nicht zu weit entfernen. Subjektive Bewertungen der Beteiligten können wegen des vom Gesetzgeber bezweckten Gläubigerschutzes nur berücksichtigt werden, soweit sie eine reale Grundlage haben (vgl. BGH 1. April 2004 - IX ZR 305/00 - zu 3 c der Gründe; s. auch BGH 25. Juni 1992 - IX ZR 4/91 - zu II 4 der Gründe; MünchKommInsO/Kirchhof 2. Aufl. § 134 Rn. 40).

61

(b) Für die Frage, ob die Beteiligten ihren Bewertungsspielraum bereits überschritten oder noch gewahrt haben, können nicht die Grundsätze herangezogen werden, die das Bundesarbeitsgericht zu der zulässigen Bindungsdauer einer Rückzahlungsklausel in Abhängigkeit von der Gratifikationshöhe entwickelt hat. In der Krise muss ein Unternehmen einen erheblichen Zuschlag zu den der Höhe nach üblichen Gratifikationen leisten, um leitende oder herausgehobene Arbeitnehmer dazu zu bewegen, im Unternehmen zu bleiben. Der Zuschlag muss zusätzlich zum Anreiz für die Betriebstreue auch eine wirtschaftliche Kompensation für mögliche finanzielle Risiken enthalten.

62

(c) Gemessen daran überschritt es den Bewertungsspielraum der Klägerin und der Schuldnerin nicht, dass sie ein Jahresfixgehalt als Gegenwert für die etwas über elfmonatige Bindungsdauer der Klägerin ansetzten. Die Klägerin sagte damit eine der Halteprämie angemessene Gegenleistung zu (vgl. BGH 20. Oktober 1971 - VIII ZR 212/69 - zu IV 4 der Gründe, BGHZ 57, 123; OLG Karlsruhe 17. September 2003 - 1 U 167/02 -).

63

5. Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif iSv. § 563 Abs. 3 ZPO. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht - wenn auch aus seiner Sicht konsequent - offengelassen, ob die Prämienzusage nach § 133 Abs. 1 InsO anfechtbar ist. Bei der Prüfung des § 133 Abs. 1 InsO wird das Landesarbeitsgericht die Inkongruenz der der Klägerin zugesagten Halteprämie zugrunde zu legen haben. Das Berufungsgericht wird zudem feststellen müssen, ob die Schuldnerin bei Zugang der Zusage zahlungsunfähig war oder deren Zahlungsunfähigkeit drohte und die Klägerin dies wusste. Sollte das zutreffen, handelte es sich dabei um ein weiteres erhebliches Beweisanzeichen für die subjektiven Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO. Das Landesarbeitsgericht wird darüber hinaus die erforderliche abschließende Gesamtabwägung aller Umstände vorzunehmen haben. Dieses Prüfungsprogramm hat der Senat in der Sache - 6 AZR 980/11 - mit Urteil vom 12. September 2013 (Rn. 50 ff.) ausführlich begründet und nimmt darauf Bezug. Aufgrund der fehlenden Feststellungen kann der Senat nicht abschließend in der Sache entscheiden. Der Beklagte hat insbesondere unter Beweisantritt behauptet, die Klägerin habe bei Zugang der Zusage vom 21. Oktober 2008 Kenntnis von der drohenden Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin gehabt. Sie habe von diesem Umstand aufgrund der Presseberichterstattung und ihrer in E-Mails dokumentierten Gespräche mit Mitarbeitern der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft P wissen müssen. Sie sei in die Rettungsbemühungen an führender Stelle eingebunden gewesen. Dem wird das Landesarbeitsgericht nachzugehen haben.

64

D. Der Beklagte hat sich erstmals in der Revisionsinstanz ausdrücklich hilfsweise auf das Anfechtungsrecht nach § 133 Abs. 2 InsO berufen. Danach wird bei Abschluss entgeltlicher Verträge mit Nahestehenden, die zu einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung führen, unterstellt, dass der Schuldner mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz handelte und der Gläubiger dies wusste. § 133 Abs. 2 InsO führt also zu einer Beweislastumkehr(MünchKommInso/Kirchhof 2. Aufl. § 133 Rn. 45, 39). Das Landesarbeitsgericht hat zu den Voraussetzungen dieses Anfechtungstatbestands keine Feststellungen getroffen. Die Zurückverweisung der Sache gibt den Parteien Gelegenheit, zu den bisher nicht festgestellten Voraussetzungen des § 133 Abs. 2 InsO, insbesondere dem Vorliegen einer möglichen unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung unter Einbeziehung der Gegenleistung der Klägerin(dazu BGH 8. November 2012 - IX ZR 77/11 - Rn. 20 ff.) sowie eines Näheverhältnisses iSd. § 138 Abs. 2 Nr. 2 InsO aufgrund dienstvertraglicher Verbindung(dazu BGH 15. November 2012 - IX ZR 205/11 - Rn. 10 f., BGHZ 195, 358), vorzutragen. Gegebenenfalls wird das Landesarbeitsgericht unter Beachtung vorstehend dargelegter und in Bezug genommener Maßstäbe, insbesondere der vorliegenden Inkongruenz prüfen müssen, ob eine Vorsatzanfechtung in Betracht kommt, und dabei unter Umständen das Vorliegen einer (drohenden) Zahlungsunfähigkeit festzustellen haben.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Spelge    

        

        

        

    Lorenz    

        

    Wollensak    

                 

(1) Anfechtbar ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden.

(2) Richtet sich die Leistung auf ein gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk geringen Werts, so ist sie nicht anfechtbar.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 5. Oktober 2011 - 11 Sa 112/11 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den am 30. September 2009 entstandenen Anspruch auf ein Retention Payment (künftig: Halteprämie), dessen Zahlung der Beklagte als Insolvenzverwalter in dem am 23. Januar 2009 beantragten und am 1. April 2009 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der Q AG (Schuldnerin) verweigert.

2

Die Klägerin war bei der Schuldnerin als leitende Angestellte und sog. Senior Director im kaufmännischen Bereich beschäftigt. Ihr Jahreszielgehalt lag zuletzt bei 116.600,00 Euro brutto. Sie führte bis zu 25 Arbeitnehmer und war unternehmensweit Ansprechpartnerin für alle Markt- und Wettbewerbsanalysen. Zu ihren Aufgaben gehörte die Marktforschung, die Entwicklung und Pflege von Markt- und Preismodellen, die Entwicklung und Pflege von Wettbewerbsanalysen, die Erstellung von Portfoliobewertungen und die Bilanz- und Kostenanalyse der Schuldnerin im Vergleich zu Wettbewerbern.

3

Im Verlauf der Kalenderjahre 2007 und 2008 geriet die Schuldnerin in finanzielle Schwierigkeiten, die - wie auch die Suche nach Investoren und Kreditgebern - ab Januar 2008 Gegenstand überregionaler Presseberichterstattung waren. Ihre Bemühungen, einen Investor zu finden, hatten keinen Erfolg. Eine angedachte Finanzhilfe der I AG, der Muttergesellschaft der Schuldnerin, konnte nicht realisiert werden. Auch Verhandlungen mit dem Freistaat Sachsen über eine Finanzhilfe von 300 Millionen Euro, die im Sommer 2008 mit Sondierungsgesprächen begonnen hatten, scheiterten am 21./22. Januar 2009. Während dieser Gespräche hatte die vom Freistaat Sachsen beauftragte P AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (P) in einem Gutachten zur Plausibilität der mittelfristigen Geschäftsplanung der Schuldnerin in ihrem Bericht vom 4. Dezember 2008 zusammenfassend festgestellt, dass „ein Engagement des Freistaates Sachsen … möglich, aber mit hohen Risiken behaftet“ sei.

4

Ab August/September 2008 ließ die Schuldnerin von externen Beratern in Zusammenarbeit mit einer internen Arbeitsgruppe („Rocky Project Group“) wöchentliche Liquiditätsberichte erstellen.

5

Die von der Schuldnerin beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft K AG verweigerte wegen mangelnder Fortführungsprognose und Existenzbedrohung der Schuldnerin das Testat des Jahresabschlusses zum 30. September 2008. In einem Schreiben an den Vorstand der Schuldnerin vom 14. Oktober 2008 wiesen die bestellten Prüfer nach § 321 Abs. 1 Satz 3 HGB auf eine Bestandsgefährdung des Unternehmens hin. Das Geschäftsergebnis des vierten Quartals und der Jahresabschluss wurden nicht mehr veröffentlicht.

6

Mit Schreiben vom 21. Oktober 2008 sagte die Schuldnerin der Klägerin eine Halteprämie zu, die in ihrer Summe etwa einem Jahresfixgehalt der Klägerin entsprach. Das Schreiben lautet auszugsweise:

        

„Sehr geehrte Frau …,

        

wir freuen uns, dass wir Ihnen zum 30. September 2009 einen einmaligen Betrag in Höhe von

        

81.600,00 € brutto

        

zusagen können. Die Auszahlung des Betrages setzt voraus, dass Sie zu diesem Zeitpunkt Ihr Arbeitsverhältnis mit der Q AG nicht von sich aus gekündigt haben. Die Auszahlung erfolgt mit der nächsten Gehaltsabrechnung.

        

An dieser Stelle möchten wir uns für die bisher erbrachte Leistung sehr herzlich bei Ihnen bedanken!

        

Wir setzen auch in Zukunft auf Ihre Unterstützung und Ihr Engagement, um unser Ziel zu erreichen, Q dauerhaft am Markt zu etablieren.

        

…“    

7

Die Schuldnerin sagte im Oktober 2008 einer Vielzahl von anderen Mitarbeitern Halteprämien in unterschiedlicher Höhe und mit unterschiedlichen Stichtagen zu.

8

Im Mai 2009 erhielt die Klägerin ein standardisiertes Schreiben der Personalabteilung mit einer Aufstellung der zur Insolvenztabelle anzumeldenden Forderungen. Die der Klägerin zugesagte Halteprämie war dort nicht genannt. Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis unter dem 27. Mai 2009 zum 31. August 2009. Die Klägerin kündigte das Arbeitsverhältnis bis zum 30. September 2009 ihrerseits nicht.

9

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, ihr müsse die zum 30. September 2009 zugesagte Halteprämie gezahlt werden.

10

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an sie 81.600,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. November 2009 zu zahlen.

11

Der Beklagte hat zur Begründung seines Klageabweisungsantrags vorgetragen, die erfolgreiche Sanierung und Fortführung des Geschäftsbetriebs der Schuldnerin sei Geschäftsgrundlage der Halteprämie gewesen. Jedenfalls sei die Vereinbarung über die Halteprämie nach § 134 BGB bzw. § 119 InsO unwirksam, weil sie das Recht des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis außerordentlich zu kündigen, beeinträchtige und sein Kündigungsrecht nach § 113 Satz 1 InsO beschränke. Die Vereinbarung unterliege schließlich der Anfechtung nach §§ 134 und 133 Abs. 1 InsO.

12

Der Beklagte hat den Streithelfern zu 1. und 2. mit Schriftsatz vom 1. Februar 2010 den Streit verkündet. Diese sind dem Rechtsstreit auf Beklagtenseite beigetreten.

13

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die zum Stichtag des 30. September 2009 zugesagte Halteprämie zu Unrecht als Insolvenzforderung eingeordnet. Ferner hat es rechtsfehlerhaft die Anfechtbarkeit des Anspruchs nach § 134 Abs. 1 InsO bejaht. Auf der Grundlage des bisher festgestellten Sachverhalts kann der Senat nicht entscheiden, ob der Anfechtungstatbestand des § 133 Abs. 1 InsO erfüllt ist. Dazu bedarf es noch weiterer Feststellungen des Landesarbeitsgerichts. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

15

A. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht die Klage als zulässig angesehen. Die Klägerin beruft sich darauf, dass die streitbefangene Halteprämie eine Masseverbindlichkeit sei. Sollte der Anspruch demgegenüber als Insolvenzforderung zu bewerten sein, führte dies nicht zur Unzulässigkeit, sondern zur Unbegründetheit der Klage (vgl. BAG 21. Februar 2013 - 6 AZR 406/11 - Rn. 17 f.).

16

B. Die Klägerin hat den Anspruch auf die zum 30. September 2009 zugesagte Halteprämie erworben.

17

I. Sie hat - soweit ersichtlich - auf das Schreiben vom 21. Oktober 2008 nicht reagiert. Insbesondere hat sie das darin liegende Angebot, eine Halteprämie zu den dargelegten Bedingungen zu zahlen, nicht ausdrücklich angenommen. Einer solchen ausdrücklichen Annahme bedurfte es jedoch nicht. Sie hat das Angebot einer Halteprämie nicht ausdrücklich abgelehnt. Darin liegt der erforderliche unzweideutige Annahmewille. Dadurch ist eine Vereinbarung über eine solche Prämie zu den Konditionen des Schreibens vom 21. Oktober 2008 nach § 151 Satz 1 BGB zustande gekommen, weil die Zusage einer Halteprämie für die Klägerin lediglich rechtlich vorteilhaft war(vgl. BGH 22. Juli 2010 - I ZR 194/08 - Rn. 23). Die Klägerin wurde dadurch nicht in ihrer Kündigungsfreiheit beeinträchtigt. Sie behielt die volle Wahlfreiheit, ob und wann sie das Risiko einer Insolvenz mit den sich daraus ergebenden nachteiligen Entgeltfolgen und dem drohenden Verlust des Arbeitsplatzes nicht länger eingehen, sondern die Verdienstchancen bei einem Arbeitsplatzwechsel der Halteprämie vorziehen wollte. Auf die Gegenleistung für schon erbrachte Arbeit musste sie bei einer Entscheidung, das Arbeitsverhältnis durch Kündigung zu beenden, nicht verzichten (vgl. BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 28, BAGE 140, 231).

18

II. Die Vereinbarung über die Halteprämie ist wirksam.

19

1. Der Beklagte nimmt zu Unrecht an, dass die Vereinbarung gemäß § 134 BGB bzw. § 119 InsO nichtig sei, weil sie das Recht der Schuldnerin bzw. des Beklagten zur außerordentlichen Kündigung unzulässig beschränke.

20

a) Die Vereinbarung aufgrund des Vertragsangebots vom 21. Oktober 2008 ist nicht gemäß § 134 BGB nichtig. Zwar darf die Ausübung des Kündigungsrechts nicht durch die Verpflichtung zur Zahlung einer Abfindung, die auch dann zu zahlen ist, wenn der Gekündigte selbst den Kündigungsgrund schuldhaft gesetzt hat, unzumutbar erschwert werden (vgl. BAG 8. August 1963 - 5 AZR 395/62 - zu I 2 der Gründe, BAGE 14, 294; BGH 17. März 2008 - II ZR 239/06 - Rn. 16; 3. Juli 2000 - II ZR 282/98 - zu 2 der Gründe; für eine Vertragsstrafe bereits RG 15. Februar 1911 - I 387/10 - RGZ 75, 234, 238; Bötticher Anm. AP BGB § 626 Kündigungserschwerung Nr. 2). Eine nach diesen Maßstäben unzumutbare Kündigungserschwerung für die Schuldnerin oder den Beklagten enthielt die Regelung aufgrund der Zusage vom 21. Oktober 2008 jedoch nicht. Der Anspruch auf die Halteprämie setzte allein voraus, dass die Klägerin bis zu dem im Schreiben vom 21. Oktober 2008 genannten Stichtag des 30. September 2009 keine Eigenkündigung erklärt hatte. Die Halteprämie war zu zahlen, sofern die Klägerin bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Arbeitgeberkündigung betriebstreu blieb (BAG 14. November 2012 - 10 AZR 3/12 - Rn. 33). Es hing allein vom Willen der Klägerin ab, ob die Halteprämie zu zahlen war. Die Schuldnerin oder der Beklagte konnte das Entstehen des Anspruchs auf die Halteprämie durch ihr bzw. sein eigenes Verhalten nicht verhindern. Kündigte die Klägerin nicht, entstand der Anspruch auf die Halteprämie unabhängig davon, ob die Schuldnerin oder der Beklagte (außerordentlich) kündigte oder eine solche Erklärung unterließ. Ihre Entschließungsfreiheit, das Arbeitsverhältnis außerordentlich zu beenden, wurde durch die Halteprämie nicht beeinträchtigt.

21

b) Entgegen der Annahme des Beklagten ist die Vereinbarung auch nicht gemäß § 119 InsO unwirksam. Diese Bestimmung stellt sicher, dass gegenseitige Verträge in der Insolvenz nach der Systematik der §§ 103 bis 118 InsO abgewickelt werden(MünchKommInso/Huber 2. Aufl. § 119 Rn. 2; Uhlenbruck/Sinz 13. Aufl. § 119 InsO Rn. 1). Anders als insolvenzabhängige Lösungsklauseln (dazu BGH 15. November 2012 - IX ZR 169/11 - Rn. 13 ff., BGHZ 195, 348) griff die Vereinbarung aufgrund der Zusage vom 21. Oktober 2008 in die Gestaltungsrechte des Beklagten nach §§ 103 ff. InsO nicht ein. Sie beschränkte insbesondere sein Kündigungsrecht rechtlich nicht und beeinträchtigte, wie ausgeführt, seine Entschließungsfreiheit nicht, weil eine Kündigung des Beklagten den Anspruch auf die Halteprämie nicht auslöste. Für die vorliegende Konstellation sieht die Insolvenzordnung allein die Anfechtungsrechte der §§ 130 ff. InsO vor.

22

2. Auch die Kündigungsfreiheit der Klägerin wurde durch die Vereinbarung über die Halteprämie nicht unzulässig beeinträchtigt. Es kann daher dahinstehen, ob die Vereinbarung insgesamt gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam wäre, wenn sie eine unangemessene Benachteiligung der Klägerin iSv. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB enthielte, weil sie ohne eine Bindung der Klägerin bis zu dem genannten Stichtag sinnentleert wäre.

23

a) Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, ob es sich bei den im Schreiben vom 21. Oktober 2008 enthaltenen Bestimmungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt. Das ist jedoch offenkundig iSv. § 291 ZPO. Von einer Verwendungsabsicht für eine Vielzahl von Verträgen iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB ist auszugehen, wenn ein Text in mindestens drei Fällen zur Grundlage von Vertragsbedingungen gemacht wird(BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 14, BAGE 140, 231). Es ist ohne besondere Fachkunde allein anhand allgemein zugänglicher, zuverlässiger Quellen (vgl. BAG 23. August 2011 - 3 AZR 650/09 - Rn. 53, BAGE 139, 69) festzustellen, dass die Schuldnerin im Oktober 2008 vergleichbare Prämien in deutlich mehr als drei Fällen zugesagt hat. Die einschlägigen Entscheidungen, insbesondere des Landesarbeitsgerichts München, können über eine Recherche mit Hilfe allgemein gebräuchlicher Suchmaschinen oder direkt auf der Homepage des Landesarbeitsgerichts München ohne Weiteres ermittelt werden.

24

b) Sieht eine Allgemeine Geschäftsbedingung eine Bindungsklausel vor, die den Anspruch auf eine Sonderzahlung, die jedenfalls auch Vergütung bereits erbrachter Arbeitsleistung ist, daran knüpft, dass das Arbeitsverhältnis zu einem Zeitpunkt außerhalb des Bezugszeitraums, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde, fortbesteht, ist die Klausel nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Eine solche Klausel steht im Widerspruch zum Grundgedanken des § 611 Abs. 1 BGB, weil sie dem Arbeitnehmer bereits erarbeitetes Entgelt entzieht. Sie verkürzt außerdem in nicht zu rechtfertigender Weise die nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit des Arbeitnehmers, indem sie die Ausübung seines Kündigungsrechts unzulässig erschwert. Seine entgegenstehende Rechtsprechung (BAG 28. März 2007 - 10 AZR 261/06 - Rn. 18) hat der Zehnte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgegeben (BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 22, 27 f., BAGE 140, 231; im Anschluss an BAG 5. Juli 2011 - 1 AZR 94/10 - Rn. 28, 39, 43; 7. Juni 2011 - 1 AZR 807/09 - Rn. 34).

25

Entgegen einer im Schrifttum vertretenen Ansicht (Mückl ZIP 2012, 1642, 1644 zu Fn. 17) steht diese Rechtsprechung nicht im Widerspruch zu der Entscheidung des Senats vom 7. Dezember 1989 (- 6 AZR 324/88 - zu II 2 b und II 3 c der Gründe, BAGE 63, 385). Diese Entscheidung betraf eine tarifliche Sonderzahlung. Einer AGB-Kontrolle unterliegen Tarifnormen gemäß § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB nicht. Ebenso wenig sind sie einer Kontrolle unmittelbar am Maßstab von Art. 12 Abs. 1 GG zu unterziehen. Außerhalb von Verstößen gegen Art. 3 und Art. 6 GG sind Tarifnormen nur darauf zu überprüfen, ob sie gegen elementare Gerechtigkeitsanforderungen aus den Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1 GG verstoßen(BAG 28. Mai 2009 - 6 AZR 144/08 - Rn. 29 f.).

26

c) Dem Arbeitgeber ist es dagegen durch § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht verwehrt, Betriebstreue zu honorieren, so einen finanziellen Anreiz für den Verbleib im Arbeitsverhältnis zu setzen und dem Arbeitnehmer deutlich zu machen, welchen Wert für ihn dessen Verbleib im Arbeitsverhältnis und damit der Bestand des Arbeitsverhältnisses als solcher darstellt(vgl. BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 28, BAGE 140, 231; 18. Januar 2012 - 10 AZR 667/10 - Rn. 13, BAGE 140, 239; kritisch Mückl ZIP 2012, 1642, 1644, der diese Unterscheidung als gekünstelt bezeichnet).

27

d) Nach diesen Grundsätzen steht § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB der Wirksamkeit der Vereinbarung einer Halteprämie nicht entgegen. Die Klägerin sollte nach dem Verbleib im Arbeitsverhältnis für etwas mehr als elf Monate rund ein garantiertes Jahresgehalt als Halteprämie erhalten. Dies beeinträchtigte sie, wie ausgeführt, in ihrer Kündigungsfreiheit nicht. Ungeachtet ihrer Höhe war die Prämie auch kein (verkapptes) Arbeitsentgelt, sondern sollte vor dem Hintergrund der schwierigen wirtschaftlichen Situation der Schuldnerin einen Anreiz für die Klägerin schaffen, ihr Kündigungsrecht trotz der finanziellen Schwierigkeiten der Schuldnerin nicht auszuüben und betriebstreu zu bleiben, also ihre Betriebstreue honorieren. Die Halteprämie wurde für den bloßen Verbleib der Klägerin im Arbeitsverhältnis zugesagt (vgl. BAG 14. November 2012 - 10 AZR 3/12 - Rn. 32 für eine von der Schuldnerin erteilte Zusage einer Halteprämie, die sich nur in der Höhe von der vorliegenden unterschied). Der Anspruch war nicht an den ungekündigten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gebunden. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Beklagten zum 31. August 2009 hinderte das Entstehen des Anspruchs auf die Halteprämie daher nicht.

28

III. Die Klägerin kündigte das Arbeitsverhältnis bis zum 30. September 2009 ihrerseits nicht.

29

IV. Das Landesarbeitsgericht hat mit zutreffenden Erwägungen angenommen, dass die Halteprämie nicht nur für den Fall einer erfolgreichen Restrukturierung zugesagt worden ist, so dass die Insolvenzeröffnung nicht zum Wegfall der Geschäftsgrundlage iSd. § 313 Abs. 1 BGB geführt habe.

30

C. Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, ob infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin am 1. April 2009 der am 30. September 2009 entstandene Anspruch der Klägerin nicht durchsetzbar ist.

31

I. Die Revision rügt mit Erfolg, das Landesarbeitsgericht habe den zum 30. September 2009 entstandenen Anspruch auf die Halteprämie rechtsirrig als Insolvenzforderung iSv. §§ 38, 108 Abs. 3 InsO und nicht als Masseverbindlichkeit iSv. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO angesehen. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO unterfallen ua. die Ansprüche, die sich aus dem bloßen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses ergeben. Dazu gehört auch die streitbefangene Halteprämie. Ein Widerspruch zwischen der insolvenzrechtlichen Einordnung der Halteprämie als Masseverbindlichkeit und der insolvenzrechtlichen Behandlung bedingter Forderungen, insbesondere aufschiebend bedingter Abfindungsansprüche, bei denen es sich um Insolvenzforderungen handelt, besteht nicht. Der Anspruch auf die Prämie entstand im Rahmen des nach § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO weiterbestehenden Arbeitsverhältnisses als Dauerschuldverhältnis am vereinbarten Stichtag nur, wenn die Klägerin bis dahin nicht gekündigt hatte und insoweit die verlangte Betriebstreue erwiesen hatte. Damit war der Anspruch auf die Halteprämie abhängig vom Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, dh. eines auf den Austausch von Leistung und Gegenleistung gerichteten Dauerschuldverhältnisses, und stand jedenfalls in einem weiten Sinn im Synallagma. Dieses zumindest teilweise synallagmatische Verhältnis bedingt die insolvenzrechtliche Einordnung der Halteprämie als Masseverbindlichkeit iSv. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO.

32

1. Die Einordnung eines Entgeltanspruchs als Masseverbindlichkeit iSd. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO setzt voraus, dass eine Leistung mit Entgeltcharakter vorliegt. Das folgt aus dem Zweck der Vorschrift, die sicherstellt, dass der Gläubiger, der noch voll zur Masse leisten muss, auch die volle vereinbarte Gegenleistung erhält und nicht die Masse auf seine Kosten bereichert wird (BAG 14. November 2012 - 10 AZR 3/12 - Rn. 17), sowie aus dem systematischen Zusammenhang des § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO mit § 108 Abs. 3 InsO. Eine tatsächliche Arbeitsleistung ist dabei nicht zwingend erforderlich (BAG 19. Juli 2007 - 6 AZR 1087/06 - Rn. 19, BAGE 123, 269). Darüber hinaus muss der geltend gemachte Anspruch erst nach Verfahrenseröffnung entstanden sein (BAG 19. Januar 2006 - 6 AZR 529/04 - Rn. 18, BAGE 117, 1). Voraussetzung für die Anerkennung als Masseverbindlichkeit ist demnach grundsätzlich, dass der Anspruch in einem zumindest teilweise synallagmatischen Verhältnis zu der erbrachten Arbeitsleistung steht. Es muss im weitesten Sinne Entgelt „für die Zeit“ nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschuldet sein. Es genügt nicht, dass die Forderung erst nach Eröffnung des Verfahrens fällig wird, also erst „in der Zeit“ nach Verfahrenseröffnung erfüllt werden muss (BAG 21. Februar 2013 - 6 AZR 406/11 - Rn. 28 f.). Auch Leistungen, die nur vom Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Stichtag abhängen, können danach Masseverbindlichkeiten sein (vgl. BAG 27. September 2007 - 6 AZR 975/06 - Rn. 20, BAGE 124, 150).

33

2. Nach diesen Grundsätzen war die streitbefangene Halteprämie eine Masseverbindlichkeit iSd. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO. Ob Sonderleistungen, dh. Zuwendungen zum laufenden Arbeitsentgelt (MünchKommInso/Hefermehl 3. Aufl. § 55 Rn. 180), als Insolvenzforderungen oder Masseverbindlichkeiten einzuordnen sind, hängt vom Zweck der Leistungen ab (BAG 27. September 2007 - 6 AZR 975/06 - Rn. 19, BAGE 124, 150). Die Halteprämie sollte stichtagsbezogen die erwiesene Betriebstreue honorieren. Das bedingte ihre insolvenzrechtliche Einordnung als Masseverbindlichkeit.

34

a) Allerdings war die von der Klägerin begehrte Halteprämie wegen der Anknüpfung an den Bestand des Arbeitsverhältnisses bis zu einem Stichtag auflösend bedingt (vgl. für die st. Rspr. bei Gratifikationen BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 27, BAGE 140, 231). Die sofort mit der Annahme des unter dem 21. Oktober 2008 abgegebenen Angebots wirksam gewordene Zahlungsverpflichtung der Schuldnerin sollte nur entfallen, wenn die Klägerin vor den Stichtagen das Arbeitsverhältnis kündigte. Bei einer solchen Bedingung tritt die Rechtsänderung gemäß § 158 Abs. 2 BGB sofort ein(BAG 19. Januar 2006 - 6 AZR 529/04 - Rn. 26, BAGE 117, 1). Das Rechtsgeschäft zeitigt zunächst uneingeschränkte Rechtswirkungen und begründet Verpflichtungen der Parteien (vgl. BAG 6. Mai 2009 - 10 AZR 390/08 - Rn. 38).

35

aa) Ist der anspruchsbegründende Tatbestand schon vor Verfahrenseröffnung abgeschlossen, liegt eine Insolvenzforderung iSd. § 38 InsO auch dann vor, wenn sich eine Forderung des Gläubigers daraus erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ergibt(BGH 19. Januar 2012 - IX ZR 2/11 - Rn. 15, BGHZ 192, 221). Aufschiebend bedingte Forderungen sind danach auch dann Insolvenzforderungen, wenn die Bedingung erst nach Verfahrenseröffnung eintritt, weil der Rechtsgrund für sie schon vor der Eröffnung gelegt worden ist (BAG 27. April 2006 - 6 AZR 364/05 - Rn. 15, BAGE 118, 115). Das aufschiebend bedingte Rechtsgeschäft ist tatbestandlich mit seiner Vornahme vollendet. Seine Wirksamkeit tritt mit dem Bedingungsfall ipso iure ein (BGH 21. September 1994 - VIII ZR 257/93 - zu II 1 c der Gründe, BGHZ 127, 129). Eine Abfindung, die aufgrund einer Abfindungsklausel im Fall einer betriebsbedingten Kündigung des Arbeitgebers gezahlt wird, ist deshalb auch dann als Insolvenzforderung einzuordnen, wenn die Klausel vor Insolvenzeröffnung noch vom Schuldner vereinbart worden ist und der Anspruch auf eine solche Abfindung erst durch die Kündigung des Insolvenzverwalters ausgelöst wird (BAG 27. September 2007 - 6 AZR 975/06 - Rn. 21, BAGE 124, 150; 27. April 2006 - 6 AZR 364/05 - Rn. 15 f., aaO).

36

bb) Auflösend bedingte Forderungen, die schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestanden, sind Insolvenzforderungen (vgl. Uhlenbruck/Sinz 13. Aufl. § 38 InsO Rn. 33). Sie werden gemäß § 42 InsO wie unbedingte Insolvenzforderungen behandelt, solange die Bedingung nicht eingetreten ist(MünchKommInso/Ehricke 3. Aufl. § 38 Rn. 17). Bis zum Eintritt der Bedingung erhält der Gläubiger einer solchen Forderung die volle Quote (Bitter NZI 2000, 399, 400).

37

b) Bei Dauerschuldverhältnissen, die wie das Arbeitsverhältnis gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO zulasten der Masse zumindest zunächst fortbestehen, ist jedoch danach zu unterscheiden, ob der Anspruch allein aus einem vor Verfahrenseröffnung begründeten „Stammrecht“ resultiert oder ob es sich um nach der Eröffnung des Verfahrens neu entstehende (Einzel-)Forderungen handelt, deren Anspruchsvoraussetzungen daran gebunden sind, dass der Arbeitnehmer eine Leistung „für“ die Masse erbringt, und sei es auch nur - wie im vorliegenden Fall - in Form von weiter erwiesener Betriebstreue. Im ersten Fall sind die aus dem Stammrecht erwachsenden Ansprüche auch dann Insolvenzforderungen, wenn sie erst in der Zeit nach Insolvenzeröffnung fällig werden. Im letzteren Fall sind dagegen die nach Insolvenzeröffnung entstehenden Forderungen Masseverbindlichkeiten bzw. gegen den Schuldner gerichtete Neuverbindlichkeiten (Uhlenbruck/Sinz 13. Aufl. § 38 InsO Rn. 58). Das gilt auch für (einzelne) Forderungen aus dem einheitlichen Arbeitsverhältnis, die (auflösend) bedingt sind (vgl. BAG 27. April 2006 - 6 AZR 364/05 - Rn. 15, BAGE 118, 115; vgl. allgemein zur insolvenzrechtlichen Einordnung von stichtagsbezogenen Sonderzuwendungen BAG 14. November 2012 - 10 AZR 3/12 - Rn. 20).

38

c) Entgegen der Ansicht der Revision ist der Entscheidung des Senats vom 27. September 2007 (- 6 AZR 975/06 - BAGE 124, 150) keine andere Wertung zu entnehmen. Der Senat hat in dieser Entscheidung die im Rahmen eines Altersteilzeitverhältnisses vor der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu zahlenden monatlichen Raten allein deshalb als Abfindungszahlung und damit als Insolvenzforderung eingeordnet, weil dieser Anspruch kein Entgelt, sondern die Gegenleistung für die Zustimmung des Arbeitnehmers zur vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Altersteilzeitvertrag war. Mit der durch die Vereinbarung aufgrund des Angebots vom 21. Oktober 2008 zugesagten Halteprämie sollte der Klägerin, anders als der Beklagte annimmt, keine Abfindung gewährt werden. Die Zahlung war nicht für den Verlust des Arbeitsplatzes, sondern für den Verbleib im Arbeitsverhältnis zugesagt (vgl. Mückl ZIP 2012, 1642, 1646). Auch der Hinweis des Beklagten auf die Einordnung des Abfindungsanspruchs nach § 1a KSchG als Insolvenzforderung trägt nicht. Die Abfindung nach § 1a KSchG entspricht ihrem Charakter nach einer einzelvertraglich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer für die Hinnahme der Kündigung vereinbarten Abfindung(BAG 16. Dezember 2010 - 6 AZR 423/09 - Rn. 19). Eine solche Abfindung ist nicht zugesagt worden.

39

d) Nach diesen Grundsätzen stand der Umstand, dass die Halteprämie durch eine Kündigung der Klägerin auflösend bedingt war, der Einordnung der Prämie als Masseverbindlichkeit nicht entgegen.

40

aa) Die Schuldnerin schuldete die Halteprämie erst, wenn die Klägerin bis zu dem in der Vereinbarung aufgrund der Zusage vom 21. Oktober 2008 genannten Stichtag des 30. September 2009 keine Eigenkündigung erklärt hatte. Die Prämie war als Gegenleistung für die angestrebte Betriebstreue der Klägerin zugesagt. Die Zusage dieser Prämie sollte den Wert abbilden, den der bloße Bestand des Arbeitsverhältnisses für die Schuldnerin hatte (vgl. BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 28, BAGE 140, 231). Einzige Voraussetzung des Anspruchs war, dass die Klägerin das Arbeitsverhältnis bis zu dem zeitlich nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens liegenden Stichtag des 30. September 2009 nicht kündigte und in vollem Umfang die geschuldete Betriebstreue erwies. Die Klägerin hatte diese als Voraussetzung für den Anspruch auf die Halteprämie geforderte Betriebstreue im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht voll geleistet. Der Anspruch hing nicht nur vom reinen Zeitablauf ab, sondern entstand nach seiner Zwecksetzung nur dann am 30. September 2009, wenn die Klägerin bis zu diesem Stichtag und damit „für“ die Zeit nach Insolvenzeröffnung uneingeschränkt betriebstreu blieb (vgl. Lohmann Anm. NZI 2013, 359, 360; MünchKommInso/Hefermehl 3. Aufl. § 55 Rn. 182). Der Gegenwert für den erst am 30. September 2009 entstehenden Anspruch war weder bereits bei Zugang des Schreibens vom 21. Oktober 2008 noch zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. April 2009, sondern erst am Stichtag des 30. September 2009 erbracht. Der an diesem Stichtag entstehende Anspruch auf die Halteprämie war das Äquivalent für die geleistete Betriebstreue im Rahmen des nach Insolvenzeröffnung für die Masse fortgesetzten Arbeitsverhältnisses (vgl. zu diesen Abgrenzungskriterien MünchKommInso/Ehricke 3. Aufl. § 38 Rn. 19 ff.; Henckel in Jaeger InsO § 38 Rn. 158; Uhlenbruck/Sinz 13. Aufl. § 38 InsO Rn. 58).

41

bb) Die Klägerin erfüllte hinsichtlich des streitbefangenen Anspruchs die verlangte Leistung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens voll zur Masse. Als dafür geschuldete Gegenleistung erwarb sie gegen die Masse den Anspruch auf die Halteprämie. Der am Stichtag 30. September 2009 entstandene, nicht ratierlich verdiente Anspruch war deshalb insolvenzrechtlich dem Zeitraum zuzurechnen, in den der Stichtag fiel. Er war in vollem Umfang Masseverbindlichkeit iSv. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO (vgl. Lohmann Anm. NZI 2013, 359, 360; MünchKommInso/Hefermehl 3. Aufl. § 55 Rn. 180, 182; Uhlenbruck/Sinz 13. Aufl. § 55 InsO Rn. 67; Mückl ZIP 2012, 1642, 1645 f.).

42

cc) Soweit der Beklagte geltend macht, es sei den Vertragsparteien jedenfalls ganz überwiegend darauf angekommen, vor Insolvenzantragstellung liegende Arbeitsleistungen für den Insolvenzfall zu sichern, weswegen der Stichtag von der Schuldnerin so gewählt worden sei, dass er nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gelegen habe, wird dies der Vereinbarung nicht gerecht. Durch sie ist ein Anreiz für die Klägerin geschaffen worden, ihr Kündigungsrecht trotz der schwierigen finanziellen Lage der Schuldnerin nicht auszuüben und betriebstreu zu bleiben. Wenn der Beklagte anführt, mit der Stellung des Insolvenzantrags sei das Thema (gemeint sein dürfte: Sanierungsbeitrag der Klägerin) „vom Tisch“ gewesen, berücksichtigt er nicht, dass gerade auch bei der Suche nach einem Investor der Verbleib von Know-how-Trägern sinnvoll sein kann. Zudem sind diese Behauptungen ohne Tatsachensubstanz.

43

II. Ob dem Anspruch der Klägerin die Einrede der Anfechtbarkeit entgegensteht, die gemäß § 146 Abs. 2 InsO unverjährbar ist(vgl. Karsten Schmidt/Büteröwe 18. Aufl. § 146 InsO Rn. 14), kann der Senat nicht abschließend entscheiden.

44

1. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die Erhebung der Einrede nicht rechtsmissbräuchlich. Der Beklagte ist als Insolvenzverwalter gesetzlich verpflichtet, Anfechtungsrechten zugunsten der Gläubiger nachzugehen. Die Anfechtung wäre deshalb nur ausgeschlossen, wenn der Beklagte als vorläufiger Verwalter mit Zustimmungsvorbehalt durch sein Handeln einen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand gesetzt hätte und die Klägerin nach Treu und Glauben damit rechnen durfte, ein nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr entziehbares Recht erhalten zu haben (BGH 25. April 2013 - IX ZR 235/12 - Rn. 36). Das ist nicht der Fall. In der im Mai 2009 übersandten Aufstellung der zur Insolvenztabelle anzumeldenden Forderungen war der Anspruch der Klägerin auf die Halteprämie nicht aufgeführt. Sie konnte demnach keine inhaltlichen Aussagen dazu enthalten, ob diese Forderung zur Tabelle anerkannt werde, noch insbesondere zur Berechtigung der streitbefangenen Masseforderung.

45

2. Rechtshandlungen, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind, können nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 InsO vom Insolvenzverwalter angefochten werden, § 129 InsO. Anfechtbare Rechtshandlung ist hier die nach § 151 Satz 1 BGB durch Annahme des Angebots vom 21. Oktober 2008 geschlossene Vereinbarung der Halteprämie. Diese Vereinbarung verschaffte der Klägerin bereits eine gesicherte Rechtsstellung iSd. § 140 Abs. 1 InsO. Der darin zugesagte Anspruch konnte der Klägerin von der Schuldnerin nicht mehr einseitig entzogen werden. Ob die Anspruchsvoraussetzungen eintraten, hing nicht von der freien Entscheidung der Schuldnerin ab (BGH 11. Dezember 2008 - IX ZR 194/07 - Rn. 12). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung, ob Anfechtungstatbestände vorliegen, ist demnach der Zugang des Schreibens der Schuldnerin vom 21. Oktober 2008.

46

3. Die Zusage der Halteprämie benachteiligte die Insolvenzgläubiger iSd. § 129 Abs. 1 InsO. Sie verkürzte das Vermögen der Schuldnerin, indem ihre in der Insolvenz zu befriedigenden Verbindlichkeiten vermehrt wurden. Durch die Begründung einer in der später eingetretenen Insolvenz der Schuldnerin als Masseverbindlichkeit zu befriedigenden Verbindlichkeit verringerte sich die Quote der Gesamtheit der Insolvenzgläubiger und damit deren Befriedigungsmöglichkeit im Insolvenzverfahren (BGH 8. November 2012 - IX ZR 77/11 - Rn. 18). Dies führte jedenfalls zu einer für die Anfechtungstatbestände der § 134 Abs. 1 und § 133 Abs. 1 InsO ausreichenden mittelbaren objektiven Gläubigerbenachteiligung. Hypothetische Kausalverläufe, die ebenfalls zu einer Benachteiligung der Insolvenzmasse geführt hätten, sind grundsätzlich nicht berücksichtigungsfähig (BGH 25. April 2013 - IX ZR 235/12 - Rn. 40). Deshalb ist es unerheblich, ob die Klägerin ohne Halteprämie gekündigt hätte und durch teure externe Berater hätte ersetzt werden müssen.

47

4. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerhaft den Anfechtungstatbestand des § 134 Abs. 1 InsO bejaht. Danach ist eine unentgeltliche Leistung anfechtbar, wenn sie in den letzten vier Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen wurde.

48

a) Die innerhalb von vier Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom 23. Januar 2009 erteilte Zusage vom 21. Oktober 2008 ist eine Leistung iSv. § 134 Abs. 1 InsO. Der Begriff ist weit zu verstehen und umfasst alle Rechtsgeschäfte, unabhängig davon, ob sie verpflichtender oder verfügender Natur sind. Ihm unterfällt auch der Abschluss von Verträgen mit der Übernahme von Leistungspflichten durch den Schuldner (vgl. BGH 26. April 2012 - IX ZR 146/11 - Rn. 38).

49

b) Die Zusage der Halteprämie ist keine unentgeltliche Leistung iSv. § 134 Abs. 1 InsO.

50

aa) Unentgeltlich ist eine Leistung im Zwei-Personen-Verhältnis, wenn ihr nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts keine Leistung gegenübersteht, dem Leistenden also keine Gegenleistung zufließen soll, die dem aufgegebenen Vermögenswert oder der eingegangenen Verpflichtung entspricht (vgl. BGH 26. April 2012 - IX ZR 146/11 - Rn. 40; 19. November 2009 - IX ZR 9/08 - Rn. 8). Entgeltlich ist eine Leistung, wenn der Schuldner für seine Leistung etwas erhält, was objektiv ein Ausgleich für seine Leistung ist oder das jedenfalls subjektiv nach dem Willen der Beteiligten sein soll (vgl. BGH 21. Januar 1999 - IX ZR 429/97 - zu I 1 b der Gründe; 29. November 1990 - IX ZR 29/90 - zu II 2 b der Gründe, BGHZ 113, 98; Gehrlein WM Sonderbeil. Nr. 1/2009 S. 40, 46). Das ausgleichende Entgelt muss keine Gegenleistung iSd. §§ 320 ff. BGB sein. Vielmehr genügt jeder entsprechend werthaltige Vermögensvorteil, den der Schuldner durch die Rechtshandlung erlangt (vgl. MünchKommInsO/Kirchhof 2. Aufl. § 134 Rn. 17a). Einseitige Vorstellungen des Schuldners über mögliche wirtschaftliche Vorteile, die nicht in rechtlicher Abhängigkeit zu seiner Zuwendung stehen, können Entgeltlichkeit jedoch nicht begründen (vgl. Uhlenbruck/Hirte 13. Aufl. § 134 InsO Rn. 27). Der gläubigerschützende Zweck der Vorschrift verlangt eine weite Auslegung des Begriffs der Unentgeltlichkeit (vgl. BGH 26. April 2012 - IX ZR 146/11 - Rn. 37).

51

bb) Ob für die Leistung des Schuldners ein Gegenwert in dessen Vermögen geflossen ist bzw. fließen soll, bestimmt sich in erster Linie nach dem objektiven Sachverhalt (vgl. BGH 21. Januar 1999 - IX ZR 429/97  - zu I 1 b der Gründe). Sonst könnten die Beteiligten allein dadurch, dass sie in ihren rechtsgeschäftlichen Erklärungen einer für den Schuldner objektiv wertlosen Leistung einen subjektiven Wert beimessen, den vom Gesetz beabsichtigten Gläubigerschutz vereiteln. Erst wenn feststeht, dass dem Schuldner objektiv betrachtet ein Gegenwert für seine Zuwendung zugeflossen oder versprochen worden ist, besteht Anlass zu der Prüfung, ob die Beteiligten die erbrachte oder versprochene Gegenleistung als Entgelt angesehen haben oder mit der Leistung des Schuldners Freigebigkeit bezweckt war (vgl. BGH 28. Februar 1991 - IX ZR 74/90 - zu 2 b bb der Gründe, BGHZ 113, 393; Gehrlein WM Sonderbeil. Nr. 1/2009 S. 40, 48).

52

cc) Der Insolvenzschuldnerin bzw. dem Beklagten floss eine objektiv werthaltige Gegenleistung für die Zusage der Halteprämie zu.

53

(1) § 134 Abs. 1 InsO ist von dem Gedanken getragen, dass der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung weniger schutzwürdig ist als ein Gläubiger, dessen Forderung ein entgeltliches Geschäft zugrunde liegt.

54

(2) Die Klägerin erbrachte jedoch eine Gegenleistung für die Zusage der Halteprämie.

55

(a) Diese Gegenleistung ist nicht die Arbeitsleistung, die die Klägerin nach der Zusage vom 21. Oktober 2008 erbrachte. Die Arbeit wurde ausschließlich zu dem Zweck geleistet, den Arbeitsvertrag zu erfüllen.

56

(b) Der Insolvenzschuldnerin bzw. später dem Beklagten kam aber die von der Klägerin geleistete Betriebstreue zugute.

57

(aa) Die Betriebstreue ist eine objektiv werthaltige Gegenleistung für die zugesagte Halteprämie. In einer wirtschaftlichen Krisensituation kann es von entscheidender Bedeutung für die Fortentwicklung eines Unternehmens sein, wenn Führungskräfte oder sonstige Leistungsträger im Unternehmen bleiben (vgl. OLG Karlsruhe 17. September 2003 - 1 U 167/02 -). Das gilt zunächst für die Suche nach Investoren. In Verhandlungen mit potenziellen Investoren ist es ein wichtiger Faktor, wenn erfahrene und motivierte Führungskräfte vorhanden sind, auf die ein Übernehmer zurückgreifen kann. Umgekehrt schwächt es die Verhandlungsposition des in der Krise befindlichen Unternehmens, wenn die Führungskräfte das Unternehmen verlassen und dadurch gegenüber den potenziellen Investoren der Eindruck entsteht, dass sie das Unternehmen aufgegeben haben und eine Sanierung nicht mehr für wahrscheinlich halten. Kommt es zu einer Unternehmenssanierung, kann auf das Know-how der angestammten Leistungsträger zurückgegriffen werden.

58

(bb) Die Klägerin nahm finanzielle Risiken in Kauf, um der Schuldnerin bzw. dem Beklagten die Betriebstreue zu erweisen, zB die Gefahr eines insolvenzbedingten Ausfalls von Vergütungsansprüchen. Anders als eine Beschenkte nahm sie nicht lediglich eine Zuwendung entgegen, sondern beantwortete sie mit einer eigenen Leistung, der Betriebstreue in der Krise.

59

(3) Der Schuldnerin und später dem Beklagten floss durch die Betriebstreue der Klägerin eine der Halteprämie angemessene Gegenleistung zu.

60

(a) In der Frage, ob eine Gegenleistung den Wert der Leistung des Schuldners erreicht, steht den Beteiligten ein angemessener Bewertungsspielraum zu (vgl. BGH 9. November 2006 - IX ZR 285/03 - Rn. 16; 2. April 1998 - IX ZR 232/96 - zu II 2 c der Gründe). Die Bewertung darf sich von den objektiven Verhältnissen jedoch nicht zu weit entfernen. Subjektive Bewertungen der Beteiligten können wegen des vom Gesetzgeber bezweckten Gläubigerschutzes nur berücksichtigt werden, soweit sie eine reale Grundlage haben (vgl. BGH 1. April 2004 - IX ZR 305/00 - zu 3 c der Gründe; s. auch BGH 25. Juni 1992 - IX ZR 4/91 - zu II 4 der Gründe; MünchKommInsO/Kirchhof 2. Aufl. § 134 Rn. 40).

61

(b) Für die Frage, ob die Beteiligten ihren Bewertungsspielraum bereits überschritten oder noch gewahrt haben, können nicht die Grundsätze herangezogen werden, die das Bundesarbeitsgericht zu der zulässigen Bindungsdauer einer Rückzahlungsklausel in Abhängigkeit von der Gratifikationshöhe entwickelt hat. In der Krise muss ein Unternehmen einen erheblichen Zuschlag zu den der Höhe nach üblichen Gratifikationen leisten, um leitende oder herausgehobene Arbeitnehmer dazu zu bewegen, im Unternehmen zu bleiben. Der Zuschlag muss zusätzlich zum Anreiz für die Betriebstreue auch eine wirtschaftliche Kompensation für mögliche finanzielle Risiken enthalten.

62

(c) Gemessen daran überschritt es den Bewertungsspielraum der Klägerin und der Schuldnerin nicht, dass sie ein Jahresfixgehalt als Gegenwert für die etwas über elfmonatige Bindungsdauer der Klägerin ansetzten. Die Klägerin sagte damit eine der Halteprämie angemessene Gegenleistung zu (vgl. BGH 20. Oktober 1971 - VIII ZR 212/69 - zu IV 4 der Gründe, BGHZ 57, 123; OLG Karlsruhe 17. September 2003 - 1 U 167/02 -).

63

5. Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif iSv. § 563 Abs. 3 ZPO. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht - wenn auch aus seiner Sicht konsequent - offengelassen, ob die Prämienzusage nach § 133 Abs. 1 InsO anfechtbar ist. Bei der Prüfung des § 133 Abs. 1 InsO wird das Landesarbeitsgericht die Inkongruenz der der Klägerin zugesagten Halteprämie zugrunde zu legen haben. Das Berufungsgericht wird zudem feststellen müssen, ob die Schuldnerin bei Zugang der Zusage zahlungsunfähig war oder deren Zahlungsunfähigkeit drohte und die Klägerin dies wusste. Sollte das zutreffen, handelte es sich dabei um ein weiteres erhebliches Beweisanzeichen für die subjektiven Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO. Das Landesarbeitsgericht wird darüber hinaus die erforderliche abschließende Gesamtabwägung aller Umstände vorzunehmen haben. Dieses Prüfungsprogramm hat der Senat in der Sache - 6 AZR 980/11 - mit Urteil vom 12. September 2013 (Rn. 50 ff.) ausführlich begründet und nimmt darauf Bezug. Aufgrund der fehlenden Feststellungen kann der Senat nicht abschließend in der Sache entscheiden. Der Beklagte hat insbesondere unter Beweisantritt behauptet, die Klägerin habe bei Zugang der Zusage vom 21. Oktober 2008 Kenntnis von der drohenden Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin gehabt. Sie habe von diesem Umstand aufgrund der Presseberichterstattung und ihrer in E-Mails dokumentierten Gespräche mit Mitarbeitern der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft P wissen müssen. Sie sei in die Rettungsbemühungen an führender Stelle eingebunden gewesen. Dem wird das Landesarbeitsgericht nachzugehen haben.

64

D. Der Beklagte hat sich erstmals in der Revisionsinstanz ausdrücklich hilfsweise auf das Anfechtungsrecht nach § 133 Abs. 2 InsO berufen. Danach wird bei Abschluss entgeltlicher Verträge mit Nahestehenden, die zu einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung führen, unterstellt, dass der Schuldner mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz handelte und der Gläubiger dies wusste. § 133 Abs. 2 InsO führt also zu einer Beweislastumkehr(MünchKommInso/Kirchhof 2. Aufl. § 133 Rn. 45, 39). Das Landesarbeitsgericht hat zu den Voraussetzungen dieses Anfechtungstatbestands keine Feststellungen getroffen. Die Zurückverweisung der Sache gibt den Parteien Gelegenheit, zu den bisher nicht festgestellten Voraussetzungen des § 133 Abs. 2 InsO, insbesondere dem Vorliegen einer möglichen unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung unter Einbeziehung der Gegenleistung der Klägerin(dazu BGH 8. November 2012 - IX ZR 77/11 - Rn. 20 ff.) sowie eines Näheverhältnisses iSd. § 138 Abs. 2 Nr. 2 InsO aufgrund dienstvertraglicher Verbindung(dazu BGH 15. November 2012 - IX ZR 205/11 - Rn. 10 f., BGHZ 195, 358), vorzutragen. Gegebenenfalls wird das Landesarbeitsgericht unter Beachtung vorstehend dargelegter und in Bezug genommener Maßstäbe, insbesondere der vorliegenden Inkongruenz prüfen müssen, ob eine Vorsatzanfechtung in Betracht kommt, und dabei unter Umständen das Vorliegen einer (drohenden) Zahlungsunfähigkeit festzustellen haben.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Spelge    

        

        

        

    Lorenz    

        

    Wollensak    

                 

(1) Anfechtbar ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden.

(2) Richtet sich die Leistung auf ein gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk geringen Werts, so ist sie nicht anfechtbar.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 198/10
Verkündet am:
18. Juli 2013
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Insolvenzverwalter kann die Auszahlung eines gesellschaftsrechtlichen Scheinauseinandersetzungsguthaben
als unentgeltliche Leistung anfechten, wenn tatsächlich
keine Erträge erwirtschaftet worden sind, sondern die Auszahlung aus einer im
Schneeballsystem gewonnenen Einlage ermöglicht wird; das gilt auch für eine Gewinnvorauszahlung.
Die bewusste Erfüllung einer nicht bestehenden Forderung ist unentgeltlich, auch
wenn der Leistungsempfänger irrtümlich vom Bestehen der Forderung ausgegangen
ist (Anschluss an BGHZ 179, 137 Rn. 6).
BGH, Urteil vom 18. Juli 2013 - IX ZR 198/10 - OLG Frankfurt in Kassel
LG Kassel
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. April 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter
Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Fischer, Grupp und die Richterin Möhring

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 14. Zivilsenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 2. November 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerin entschieden worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Anschlussrevision des Beklagten gegen das vorgenannte Urteil wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die F. Co. KG (künftig: Schuldnerin) war als Kapitalanlageunternehmen tätig. Sie warb europaweit mit ihren Anlagen und stellte hohe Gewinne in Aussicht. Die Anleger sollten ihr als Kommanditisten beitreten, wobei die vereinbarte Pflichteinlage in Höhe von 65 vom Hundert als Hafteinlage in das Handelsregister eingetragen werden sollte. Persönlich haftende Gesell- schafterin war die F AG (künftig: Komplementärin). Die Schuldnerin geriet spätestens ab 1997 in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Um diese zu vertuschen, manipulierten die beiden Vorstandsmitglieder ihrer Komplementärin die Geschäftsunterlagen ; dabei spiegelte die Schuldnerin den Anlegern werthaltige Kapitalkonten und Gewinne vor, die tatsächlich nicht erwirtschaftet wurden. Die Einlagen der neu beitretenden Gesellschafter verwendete die Schuldnerin in der Art eines "Schneeballsystems" für Auszahlungen an die Altgesellschafter.
2
Der Beklagte erbrachte im Oktober 2001 eine Einlage in die Schuldnerin in Höhe von 73.980 € und erhielt vom 27. November 2001 bis zum 22. Dezember 2004 monatliche Auszahlungen in Höhe von insgesamt 19.682,59 € und am 12. Januar 2005 nach Kündigung der Beteiligung weitere 63.000 €.
3
Am 6. Oktober 2005 stellte der von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht bestellte Abwickler gemäß § 37 Abs. 2 Kreditwesengesetz Insolvenzantrag, am 7. Oktober 2005 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und die Klägerin zur Insolvenzverwalterin bestellt. Diese focht die Auszahlungen an den Beklagten in den letzten vier Jahren vor Antragstellung nach § 134 InsO an.
4
Die Klägerin hat mit ihrer Klage vom Beklagten Zahlung von 82.682,59 € (63.000 € zuzüglich 19.682,59 €) zuzüglich Zinsen ab 7. Oktober 2005 gefordert. Das Landgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 82.682,59 € zuzüglich Zinsen ab 6. Oktober 2008 verurteilt und die Klage auf weitergehende Zinsen abgewiesen. Auf die Berufung beider Parteien hat das Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil abgeändert und den Beklagten - unter Klageabweisung im Übrigen - verurteilt, an die Klägerin 19.682,59 € zuzüglich Zinsen seit dem 7. Oktober 2005 zu zahlen. Die weitergehende Berufung des Beklagten hat es zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision möchte die Klägerin die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von weiteren 63.000 € zuzüglich Zinsen erreichen. Mit der Anschlussrevision erstrebt der Beklagte die Abweisung der Klage insgesamt.

Entscheidungsgründe:


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Die Revision der Klägerin hat Erfolg, die Anschlussrevision des Beklagten ist dagegen unbegründet.

I.


6
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Klage sei aus §§ 143, 134, 129 InsO nur in Höhe von 19.682,59 € begründet. Die Schuldnerin habe lediglich in dieser Höhe nicht erwirtschaftete Gewinne an den Beklagten ausgezahlt. Es sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass Gewinnausschüttungen, denen kein tatsächlicher Gewinn zu Grunde liege und auf die der Anleger nach dem Vertrag keinen Anspruch habe, unentgeltliche Leistungen darstellten (BGH, Urteil vom 11. Dezember 2008 - IX ZR 195/07, BGHZ 179, 137).
7
Bei der Zahlung der Schuldnerin an den Beklagten am 12. Januar 2005 in Höhe von 63.000 € handele es sich hingegen nicht um eine unentgeltliche Leistung. Die Schuldnerin habe diesen Geldbetrag vielmehr als Auseinandersetzungsguthaben gemäß § 16 Nummer 5 des Gesellschaftsvertrages infolge einer wirksamen Kündigung der Beteiligung durch den Beklagten geleistet; damit sei dessen Anspruch auf Rückzahlung der erbrachten Einlage nebst künfti- ger Gewinnerwartungen abgefunden worden. Der aus der Anfechtung von Ausschüttungen im Rahmen eines Schneeballsystems resultierende Rückgewähranspruch des Insolvenzverwalters erstrecke sich mangels Unentgeltlichkeit nicht auf Auszahlungen, mit denen nach einer Kündigung der Mitgliedschaft in der Anlegergemeinschaft vom Anleger erbrachte Einlagen zurückgewährt worden seien (BGH, Urteil vom 22. April 2010 - IX ZR 225/09, NZI 2010, 764).

II.


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Diese Ausführungen halten in Bezug auf die Revision der Klägerin rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
9
1. Allerdings kann der Insolvenzverwalter die Auszahlung von in "Schneeballsystemen" erzielten Scheingewinnen durch den späteren Insolvenzschuldner als objektiv unentgeltliche Leistung nach § 134 Abs. 1 InsO anfechten. Auszahlungen, mit denen nach einer Kündigung der Mitgliedschaft in der Anlegergemeinschaft vom Anleger erbrachte Einlagen zurückgewährt worden sind, sind dagegen als entgeltliche Leistungen nicht nach dieser Vorschrift anfechtbar (vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember 2008 - IX ZR 195/07, BGHZ 179, 137 Rn. 6; vom 2. April 2009 - IX ZR 197/07, ZInsO 2009, 1202 Rn. 6; vom 22. April 2010 - IX ZR 225/09, NZI 2010, 764 Rn. 11 ff; vom 9. Dezember 2010 - IX ZR 60/10, NJW 2011, 1732 Rn. 6; vom 29. März 2012 - IX ZR 207/10, NJW 2012, 2195 Rn. 8). Die Ausschüttungen erfolgen dabei in der Regel zunächst auf ausgewiesene Scheingewinne und erst danach auf die geleistete Einlage (BGH, Urteil vom 10. Februar 2011 - IX ZR 18/10, NZI 2011, 324 Rn. 10,12).
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2. Das Berufungsgericht hat jedoch nicht gesehen, dass die Rechtsstellung der Anleger in den vom Senat bisher entschiedenen Fällen in einem für die Frage, ob die Rückzahlung der getätigten Einlage eine unentgeltliche Leistung darstellt, wesentlichen Punkt von der Rechtsstellung des Beklagten abweicht, weil der Beklagte anders als dort eine gesellschaftliche Beteiligung an der Anlagegesellschaft erworben hatte. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung können deswegen die Voraussetzungen der Anfechtung nach § 134 Abs. 1 InsO nicht verneint werden.
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a) Der Beklagte hatte der Schuldnerin die Geldmittel nicht im Rahmen eines Geschäftsbesorgungsvertrages zur Verfügung gestellt, sondern war der Anlagegesellschaft als Gesellschafter beigetreten und hatte nach Kündigung seiner Beteiligung nur einen Anspruch auf Abfindung in Höhe des Werts seiner Beteiligung, nicht aber auf Rückerstattung seiner Einlage.
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aa) Der Beklagte ist der Schuldnerin entweder als Kommanditist oder aber - wenn es nicht zur Eintragung im Handelsregister gekommen ist - als atypischer stiller Gesellschafter beigetreten. Nach dem Gesellschaftsvertrag sollte der Beitritt der Kommanditisten unter der aufschiebenden Bedingung ihrer Eintragung in das Handelsregister erfolgen. Ab der Annahme der Beitrittserklärung durch die Komplementärin bis zu ihrer Eintragung in das Handelsregister sollten sie an der Schuldnerin als atypische stille Gesellschafter beteiligt sein; sämtliche Regelungen des Gesellschaftsvertrages sollten für diese Zeit entsprechende Anwendung finden. Dieser Gesellschaftsvertrag ist mithin Grundlage der Ansprüche des Beklagten gegen die Schuldnerin. Er ist ebenso wenig unwirksam wie der Beitritt des Beklagten, der wie alle seit dem Jahr 1997 der Schuldnerin beitretenden Gesellschafter über das zumindest seit dem Jahr 1997 betriebene "Schneeballsystem" getäuscht wurde. Denn die gegebenenfalls fehler- haft errichtete, aber jedenfalls in Vollzug gesetzte Schuldnerin ist wie der möglicherweise fehlerhafte, aber auch in Vollzug gesetzte Beitritt des Beklagten nach der Lehre der fehlerhaften Gesellschaft als wirksam zu behandeln.
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(1) Nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft wird eine Gesellschaft , deren Gründungsakt an einem Fehler leidet, die aber in Vollzug gesetzt worden ist, als wirksam behandelt. Ebenso wenig führt ein fehlerhafter, aber vollzogener Gesellschaftsbeitritt zur Unwirksamkeit des Beitritts nach allgemeinen Grundsätzen. Der Gesellschafter, der sich auf den Mangel berufen will, hat aber das Recht, sich jederzeit auf dem Wege der außerordentlichen Kündigung von seiner Beteiligung für die Zukunft zu lösen. An die Stelle des ihm nach allgemeinen Grundsätzen zustehenden Anspruchs auf Rückzahlung der geleisteten Einlage tritt - auch bei einem durch arglistige Täuschung verursachten Beitritt - ein Anspruch auf das ihm nach den Grundsätzen gesellschaftsrechtlicher Abwicklung zustehende Abfindungsguthaben. Dessen Höhe bemisst sich nach dem Wert der Beteiligung im Kündigungszeitpunkt. Denn der Anleger nimmt an den bis zu diesem Zeitpunkt eingetretenen Gewinnen und Verlusten der Gesellschaft im Verhältnis seiner Beteiligung teil, weil seiner Kündigung nach den Regeln des Gesellschaftsrechts keine Rückwirkung zukommt (BGH, Urteil vom 21. Juli 2003 - II ZR 387/02, BGHZ 156, 46, 52 f; vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juli 2010 - II ZR 160/09, ZIP 2010, 2497 Rn. 6; Konzen , FS Harm Peter Westermann, 2008, S. 1133, 1134 ff). Dies gilt sowohl für die Kommanditgesellschaft (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juli 2010, aaO) als auch für die stille Gesellschaft, unabhängig von der Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses als typische oder atypische stille Gesellschaft (BGH, Urteil vom 29. November 2004 - II ZR 6/03, ZIP 2005, 254, 255).
14
(2) Die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft kommen nur dann nicht zur Anwendung, wenn ausnahmsweise die rechtliche Anerkennung des von den Parteien gewollten und tatsächlich vorhandenen Zustands aus gewichtigen Belangen der Allgemeinheit oder bestimmter besonders schutzwürdiger Personen unvertretbar ist. So hat der Bundesgerichtshof Ausnahmen unteranderem dann anerkannt, wenn der Vertrag gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, der Zweck der Gesellschaft mit den guten Sitten unvereinbar ist oder eine besonders grobe Sittenwidrigkeit vorliegt (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 2004, aaO; vom 21. März 2005 - II ZR 310/03, NJW 2005, 1784, 1785).
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Diese Ausnahmen sind hier nicht gegeben. Gesellschaftsvertrag und Gesellschafterbeitritt waren nicht wegen des von der Schuldnerin betriebenen Schneeballsystems gemäß § 138 BGB sittenwidrig; sittenwidrig war lediglich das von ihr tatsächlich betriebene, nicht aber das mit dem gutgläubigen Beklagten und den anderen Kommanditisten und stillen Gesellschaftern vereinbarte System der Kapitalanlage (vgl. BGH, Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 140/03, ZIP 2005, 753, 756; vom 9. Dezember 2010 - IX ZR 60/10, NJW 2011, 1732 Rn. 11; vom 22. September 2011 - IX ZR 209/10, NZI 2011, 976 Rn. 12).
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bb) Mithin hat der Beklagte entweder als Kommanditist oder als atypischer stiller Gesellschafter nach § 16 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrages in Verbindung mit § 161 Abs. 2, § 105 Abs. 3 HGB, § 738 Abs. 2 BGB nach Kündigung seiner Beteiligung und Ausscheiden aus der Gesellschaft gegen die Schuldnerin einen Anspruch auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens , nicht aber einen Anspruch auf Rückerstattung der Einlage. Die erfolgte Abfindungszahlung der Schuldnerin an den Beklagten ist deswegen nur dann entgeltlich, wenn der Abfindungsanspruch in Höhe der ausgezahlten 63.000 € bestand.

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(1) Die Höhe des Abfindungsanspruchs ergibt sich aus der auf den Abfindungsstichtag zu erstellenden Abfindungsbilanz (vgl. Piehler/Schulte, Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. II, 3. Aufl., § 37 Rn. 44 f mwN; MünchKomm-BGB/Ulmer/Schäfer, 5. Aufl., § 738 Rn. 26 ff). Für seine Zusammensetzung gelten die gleichen Grundsätze wie für die Ermittlung des Auseinandersetzungsguthabens bei Auflösung der Gesellschaft. Allgemein sind einzubeziehen der Anspruch auf Rückzahlung der Einlage oder ihres Wertes, der anteilige Anspruch auf den in der Abfindungsbilanz ausgewiesenen, nach dem beim Ausscheiden geltenden Gewinnverteilungsschlüssel zwischen dem Ausgeschiedenen und den übrigen Gesellschaftern aufzuteilenden fiktiven Liquidationsüberschuss sowie die sonstigen in die Abfindungsbilanz als Rechnungsposten einzustellenden gegenseitigen Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis (MünchKomm-BGB/Ulmer/Schäfer, aaO § 738 Rn. 37). Im Gesellschaftsvertrag ist zur Höhe des Abfindungsanspruchs geregelt, dass das Auseinandersetzungsguthaben aufgrund des Jahresabschlusses auf den Bilanzstichtag , der mit dem Ausscheiden zusammenfällt, zu ermitteln ist, wobei das Auseinandersetzungsguthaben aus dem Saldo der beiden für jeden Kommanditisten und stillen Gesellschafter zu errichtenden Kapitalkonten und eines eventuellen Verlustkontos errechnet werden sollte.
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(2) Eine solche Abfindungsbilanz hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und haben die Parteien nicht vorgetragen. Deswegen lässt sich weder feststellen, ob dem Beklagten ein Abfindungsanspruch in Höhe von 63.000 € zugestanden hat, noch, ob die Abfindungszahlung unentgeltlich im Sinne von § 134 Abs. 1 InsO war. Dabei kann sich der Beklagte nicht darauf berufen, dass die Schuldnerin den Abfindungsanspruch aufgrund der von ihr erstellten (mani- pulierten) Geschäftsunterlagen wirksam festgestellt hat. Diese manipulierten Zahlen sind für die Berechnung seines Abfindungsanspruchs ohne Belang.
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Die von der Schuldnerin dem Beklagten überlassenen monatlichen Kontomitteilungen begründen keinen Anspruch des Beklagten gegen die Schuldnerin aus einem abstrakten Schuldversprechen oder Schuldanerkenntnis. Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , nach der sich die Gutschrift auf einem Girokonto als abstraktes Schuldversprechen oder Schuldanerkenntnis einer Bank gegenüber dem Kunden darstellt. Ein zwischen der Schuldnerin und dem Beklagten geschlossener Girovertrag fehlt hier. Auf andere Rechtsbeziehungen lassen sich die vorgenannten Grundsätze nicht übertragen (vgl. BGH, Urteil vom 23. November 2010 - XI ZR 26/10, BGHZ 187, 327 Rn. 18 mwN; vgl. v. Falkenhausen/Schneider, Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. II, 3. Aufl., § 22 Rn. 39 f). Aber auch mit Hilfe anderer Erwägungen lässt sich ein Anspruch des Beklagten aus einem abstrakten Schuldversprechen oder Schuldanerkenntnis der Schuldnerin nach §§ 780, 781 BGB nicht bejahen (vgl. BGH, aaO Rn. 19). Aus dem Inhalt der monatlichen Kontomitteilungen ergibt sich eindeutig, dass die Schuldnerin nicht erklären wollte, den genannten Betrag dem Beklagten auf jeden Fall auch ohne endgültige Feststellung ihrer Gewinne in der Jahresbilanz zu schulden, sondern sie den Beklagten nur über den aktuellen vorläufigen Stand seiner Gesellschafterkonten informiert hat. Sie stellen deswegen bloße Wissenserklärungen dar, mit welcher der Gesellschafter vom Stand seiner Gesellschafterkonten unterrichtet wird (vgl. BGH, aaO Rn. 20).
20
Etwas anderes gilt auch nicht für die Abrechnung des Abfindungsanspruchs durch die Schuldnerin und die Feststellung der auf den manipulierten Zahlen beruhenden Jahresabschlüsse und deren Mitteilung an den Beklagten.
Einem Jahresabschluss kann allerdings der Rechtscharakter eines Schuldanerkenntnisses beigemessen werden (BGH, Urteil vom 11. Januar 1960 - II ZR 69/59, WM 1960, 187, 188 f; vom 29. März 1996 – II ZR 263/94, BGHZ 132, 263, 266; vom 2. März 2009 - II ZR 264/07, WM 2009, 986 Rn. 15). Vortrag hierzu fehlt. Selbst wenn die Schuldnerin diesbezüglich Anerkenntnisse abgegeben oder sie sich mit dem Beklagten über seinen Abfindungsanspruch verglichen hätte, wären diese Rechtsgeschäfte nach § 134 Abs. 1 InsO anfechtbar und angefochten, wenn ein Abfindungsanspruch nicht bestanden hätte (für das Schuldanerkenntnis vgl. BGH, Urteil vom 18. März 2010 - IX ZR 57/09, NZI 2010, 439 Rn. 11; für den Vergleich vgl. BGH, Urteil vom 8. März 2012 - IX ZR 51/11, NJW 2012, 2099 Rn. 28 ff). Zwar scheidet die Annahme einer unentgeltlichen Leistung aus, wenn ein Vergleich abgeschlossen wird, um die bei verständiger Würdigung des Sachverhalts oder der Rechtslage bestehende Ungewissheit durch gegenseitiges Nachgeben zu beseitigen. Doch muss das vergleichsweise Nachgeben eines Teils dann als unentgeltliche Leistung gewertet werden, wenn der Vergleichsinhalt den Bereich verlässt, der bei objektiver Beurteilung ernstlich zweifelhaft sein kann. Findet sich ein Gläubiger ohne Ungewissheit der Sach- oder Rechtslage infolge eines Liquiditätsengpasses oder aus sonstigen Gründen bereit, vergleichsweise einen Teil seiner Forderungen aufzugeben , so ist ein solcher Vergleich in der Regel nach § 134 InsO anfechtbar, sofern seine Vorteile das Nachgeben des Gläubigers nicht aufwiegen (BGH, Urteil vom 8. März 2012, aaO Rn. 35 mwN).
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b) Sollte die Schuldnerin objektiv keinen Gegenwert für die Zahlung im Januar 2005 erhalten haben und von einer Verbindlichkeit nicht oder jedenfalls nicht annähernd in der Höhe der Auszahlung befreit worden sein, weil kein nennenswerter Abfindungsanspruch bestand, hätte der Beklagte eine - gegebenenfalls teilweise (vgl. hierzu MünchKomm-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 134 Rn. 41 ff) - unentgeltliche Leistung erhalten (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2012 - IX ZR 146/11, NZI 2012, 562 Rn. 39; vom 9. Dezember 2010 - IX ZR 60/10, NJW 2011, 1732 Rn. 10). Die Schuldnerin hätte in diesem Fall gewusst, dass sie auf eine nicht bestehende Verbindlichkeit - mithin ohne Rechtsgrund - geleistet hat. Ihr wäre bekannt gewesen, dass die Geschäftsunterlagen manipuliert waren und sie seit 1997 keine Gewinne mehr erwirtschaftete, sondern sie die Auszahlungen an die Altgesellschafter durch die Einlagen neu beitretender Gesellschafter finanzierte. Denn jedenfalls die bewusste Erfüllung einer nicht bestehenden Forderung ist unentgeltlich im Sinne von § 134 Abs. 1 InsO (Jaeger/Henckel, InsO, § 134 Rn. 13; Bork in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2012, § 134 Rn. 46; Gehrlein in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, § 134 Rn. 19; Uhlenbruck/Hirte, InsO, 13. Aufl., § 134 Rn. 24, 36). Dass der Beklagte aufgrund der Täuschungshandlung der Schuldnerin irrtümlich davon ausgegangen ist, sein Abfindungsanspruch habe in Höhe der Auszahlung bestanden, ist anfechtungsrechtlich ohne Belang (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 1990 - IX ZR 29/90, BGHZ 113, 98, 101; vom 11. Dezember 2008 - IX ZR 195/07, BGHZ 179, 137 Rn. 6).
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3. Das Urteil erweist sich insoweit auch nicht aus anderen Gründen als zutreffend.
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a) Dem Beklagten stand zum Zeitpunkt der Zahlung im Januar 2005 gegen die Schuldnerin ein Schadensersatzanspruch auf Rückerstattung seiner Einlage nicht zu, obwohl er nach den Feststellungen des Berufungsgerichts durch betrügerisches Handeln zumindest eines der Vorstandsmitglieder der Komplementärin dazu verleitet worden war, die Einlage im Jahr 2001 zu erbringen. Denn die Schuldnerin war eine Publikumsgesellschaft, weil ihr eine zahlenmäßig unbestimmte Vielzahl von Anlegern als Kommanditisten oder atypi- sche stille Gesellschafter beitreten sollten, der Gesellschaftsvertrag von der Komplementärin vorformuliert war und vom Anleger nicht verhandelt werden konnte, die Gesellschafter europaweit eingeworben wurden, sie untereinander in keiner besonderen Beziehung standen, sie auf die Entscheidung über den Beitritt weiterer Gesellschafter keinen Einfluss hatten und sie der Schuldnerin zum Zwecke der Kapitalanlage und nicht mit dem Ziel einer aktiven unternehmerischen Betätigung beigetreten sind (vgl. hierzu Gummert/Horbach, Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, aaO § 61 Rn. 2 mwN).
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aa) Sofern der Beklagte durch Eintragung in das Handelsregister der Schuldnerin als Kommanditist beigetreten war, war es ihm nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft verwehrt, gegen die in Vollzug gesetzte Schuldnerin und nach vollzogenem Beitritt im Wege des Schadensersatzes einen Anspruch auf ungeschmälerte Rückerstattung der Einlage geltend zu machen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juli 2003 - II ZR 387/02, BGHZ 156, 46, 52 f; vgl. BGH, Beschluss vom 5. Mai 2008 - II ZR 292/06, ZIP 2008, 1018 Rn. 11 ff, 20; vom 12. Juli 2010 - II ZR 160/09, ZIP 2010, 2497 Rn. 6; Konzen, FS Harm Peter Westermann, 2008, S. 1133, 1134 ff).
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Bei rein kapitalistisch organisierten Gesellschaftsbeteiligungen hat der einzelne Gesellschafter auf die Beitrittsverträge neuer Gesellschafter keinerlei Einwirkungsmöglichkeiten; demgemäß treten die Gesellschafter dem am Beitritt interessierten Dritten gegenüber nicht in Erscheinung. Der (getäuschte) Beitrittswillige bringt regelmäßig nur dem die Verhandlung führenden Vertreter der Gesellschafter, nicht aber diesen oder der Gesellschaft Vertrauen entgegen. Daher ist es gerechtfertigt, nur diesen Vertreter persönlich und nicht auch die übrigen Gesellschafter haften zu lassen. Anders lässt sich eine geordnete Auseinandersetzung der Gesellschaft nach dem Regelwerk über die fehlerhafte Gesellschaft oder den fehlerhaften Gesellschaftsbeitritt nicht durchführen (BGH, Urteil vom 21. Juli 2003, aaO Seite 51 f). Eine andere Sichtweise würde die Interessen der übrigen Gesellschafter vernachlässigen; gerade bei Publikumsgesellschaften findet sich die Erscheinung, dass die anderen Gesellschafter unter ähnlichen Bedingungen beigetreten und daher im Ausgangspunkt nicht weniger schutzwürdig sind als der sich auf die Täuschung berufende Gesellschafter. Sie müssten zusätzlich zu der Last des eigenen Beitritts die Lasten tragen, die sich aus der Rückabwicklung der Beteiligung und der Rückzahlung der vollen Einlage ergeben würden. Sie wären dem sogenannten "Windhundrennen" ausgesetzt : Die Gesellschafter, die schnell handelten, erlangten die volle Einlage zurück ; die übrigen ebenso getäuschten Anleger gingen leer aus. Dies wirkt in besonderem Maße dann nachteilig, wenn die Gesellschaft aufgrund der Erfüllung der zuerst geltend gemachten Rückzahlungsverlangen in die Insolvenz getrieben wird. Derartige rechtliche und vor allem wirtschaftliche und finanzielle Folgen sind unvereinbar mit dem gesellschaftsrechtlichen Gebot einer gleichmäßigen Behandlung aller (betroffenen) Gesellschafter (BGH, Beschluss vom 5. Mai 2008 - II ZR 292/06, ZIP 2008, 1018 Rn. 14, 20). Dies gilt umso mehr, als in dem von der Schuldnerin praktizierten Schneeballsystem die Auszahlungen an die ausscheidenden Gesellschafter durch die Einlagen der Neugesellschafter ermöglicht worden sind.
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bb) Doch auch wenn der Beklagte mangels Eintragung im Handelsregister atypischer stiller Gesellschafter der Schuldnerin war, gilt nichts anderes. Auch auf eine stille Gesellschaft finden die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft Anwendung, unabhängig von der Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses als typische oder atypische stille Gesellschaft (BGH, Urteil vom 29. November 2004 - II ZR 6/03, ZIP 2005, 254, 255).
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(1) Allerdings stehen die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft in diesem Fall einem Anspruch auf Rückgewähr der Einlage dann nicht entgegen, wenn der Vertragspartner des stillen Gesellschafters - der Inhaber des Handelsgeschäfts im Sinne des § 230 HGB - verpflichtet ist, den stillen Gesellschafter im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, als hätte er den Gesellschaftsvertrag nicht abgeschlossen und seine Einlage nicht geleistet. Demjenigen , der sich aufgrund eines Prospektmangels, einer Verletzung der Aufklärungspflicht oder aus sonstigen Gründen schadensersatzpflichtig gemacht hat, darf es nicht zugutekommen, dass er gleichzeitig auch an dem mit dem geschädigten Anleger geschlossenen Gesellschaftsvertrag beteiligt ist. Dies hat der Bundesgerichtshof jedenfalls für die zweigliedrige stille Gesellschaft entschieden ; die Frage, ob dies auch für die mehrgliedrige stille Gesellschaft gelten soll, hat er ausdrücklich offen gelassen (BGH, Urteil vom 29. November 2004 - II ZR 6/03, ZIP 2005, 254, 256; vgl. zur mehrgliedrigen stillen Gesellschaft OLG München, ZIP 2013, 414, 415 f, die zugelassene Revision ist beim BGH anhängig unter dem Aktenzeichen II ZR 383/12; OLG Dresden, Urteil vom 30. Januar 2013 - 13 U 1683/12, nv, die zugelassene Revision beim BGH anhängig unter dem Aktenzeichen II ZR 102/13).
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Denn bei der (zweigliedrigen) stillen Gesellschaft tritt der Anleger nicht einer bestehenden Publikumsgesellschaft bei, sondern bildet mit seinem Vertragspartner die stille Gesellschaft. Dabei beschränken sich seine Rechtsbeziehungen ausschließlich auf den als Inhaber des Handelsgewerbes im Sinne von § 230 HGB auftretenden Vertragspartner, mit dem allein der stille Gesellschaftsvertrag zustande kommt; dieser schuldet ihm bei einer Beendigung der stillen Gesellschaft das Auseinandersetzungsguthaben. Zugleich haftet er ihm nach den Grundsätzen der Prospekthaftung und des Verschuldens bei Vertragsschluss , jeweils in Verbindung mit § 31 BGB und gegebenenfalls § 278 BGB, auf Schadensersatz. Anders als bei einer Publikumsgesellschaft richten sich der Auseinandersetzungs- und der Schadensersatzanspruch gegen dieselbe Person. Dann aber kann der Schadensersatzanspruch nicht nach den Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft beschränkt sein. Auch der Schutz der Gläubiger gebietet eine solche Beschränkung nicht, schon weil es bei der stillen Gesellschaft an einem durch Kapitalaufbringungs- und Kapitalerhaltungsvorschriften geschützten Gesellschaftsvermögen fehlt (BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 354/02, ZIP 2004, 1706, 1707 f).
29
(2) Doch müssen sich im vorliegenden Fall die atypischen stillen Gesellschafter - so auch gegebenenfalls der Beklagte - infolge der gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung, wonach auf sie bis zu ihrer Eintragung als Kommanditisten im Handelsregister sämtliche Regelungen des Gesellschaftsvertrages entsprechend Anwendung finden, auch insoweit wie Kommanditisten behandeln lassen. Die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft finden auf sie ohne jede Einschränkung Anwendung. Diese rechtliche Gleichbehandlung von Kommanditisten und stillen Gesellschaftern infolge der vertraglichen Gleichstellungsvereinbarung findet ihre Rechtfertigung in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu treuhandvermittelten Beteiligungen an Publikumsgesellschaften. Danach sind die Grundsätze, die im Innenverhältnis der Gesellschaft und der Gesellschafter gelten, auch auf den nur mittelbar, etwa über einen Treuhänder, Beteiligten anzuwenden, wenn diesem im Innenverhältnis die einem unmittelbaren Gesellschafter vergleichbare Stellung eingeräumt worden ist (vgl. Urteil vom 23. April 2012 - II ZR 211/09, ZIP 2012, 1231 Rn. 10; vom 24. Juli 2012 - II ZR 297/11, ZIP 2012, 1706 Rn. 32 ff zVb in BGHZ 194, 180; vom 18. September 2012 - II ZR 201/10, ZIP 2012, 2291 Rn. 11; vom 5. Februar 2013 - II ZR 134/11, ZIP 2013, 570 Rn. 11; vom 5. Februar 2013 - II ZR 136/11, ZIP 2013, 619 Rn. 14 ff).

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b) Ebenso wenig kann der Beklagte gegen einen etwaigen Rückgewähranspruch mit einem Schadensersatzanspruch, wenn ein solcher gegen die Schuldnerin bestand, aufrechnen. Denn eine solche Aufrechnung mit vorinsolvenzlichen Schadensersatzansprüchen gegen den insolvenzrechtlichen Rückgewähranspruch ist ausgeschlossen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember 2008 - IX ZR 195/07, BGHZ 179, 137 Rn. 7 ff; vom 22. April 2010 - IX ZR 163/09, NJW 2010, 2125 Rn. 11). Der Anfechtungsanspruch ist im Sinne von § 96 Abs. 1 Nr. 1, § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO erst als Folge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und somit nach dieser entstanden (MünchKomm-InsO/ Kirchhof, aaO § 143 Rn. 11).
31
c) Die Geltendmachung des Rückgewähranspruchs aus § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO verstößt auch nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB). Nur in Extremfällen hindert § 242 BGB die Durchsetzung dieses Anspruchs (BGH, Urteil vom 11. Dezember 2008, aaO Rn. 21; MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO § 134 Rn. 45). Im Streitfall ist ein solcher Ausnahmefall nicht gegeben. Der Schutz des Beklagten als einer der getäuschten Anleger gebietet es nicht, den Grundsatz der Gleichbehandlung der Gläubiger zurücktreten zu lassen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember 2008, aaO).

III.

32
Die Ausführungen im angefochtenen Urteil sind in Bezug auf die Anschlussrevision im Ergebnis richtig, soweit das Oberlandesgericht die Berufung des Beklagten zurückgewiesen und das landgerichtliche Urteil wegen des Zinsbeginns zu Gunsten der Klägerin abgeändert hat.
33
1. Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Rückgewähr der in der Zeit von November 2001 bis Dezember 2004 erfolgten Zahlungen in Höhe von insgesamt 19.682,59 € aus § 143 Abs. 1 Satz 1, § 134 Abs. 1 InsO zu. Bei diesen Zahlungen der Schuldnerin, die innerhalb der vier Jahre vor Stellung des Insolvenzantrags erfolgt sind, handelt es sich um unentgeltliche Leistungen. Denn die Schuldnerin hat nicht bestehende Forderungen des Beklagten erfüllt; dieser hatte keinen Anspruch auf die ihm gewährten Ausschüttungen, wie die Schuldnerin wusste.
34
a) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht entschieden, dass der Beklagte der Schuldnerin die auf dem Kapitalkonto II verbuchten 35 vom Hundert der geleisteten Einzahlung nicht als Darlehen gewährt hat und deswegen die monatlichen Auszahlungen keine Darlehensrückzahlungen darstellen. Der Beklagte leitet die Darlehensgewährung allein aus dem Gesellschaftsvertrag und der ersten Kontomitteilung ab. Folgerichtig hat das Berufungsgericht den Gesellschaftsvertrag dahin ausgelegt, dass der Beklagte der Schuldnerin kein Darlehen gewährt, sondern lediglich die im Gesellschaftsvertrag vereinbarte Pflichteinlage geleistet hat.
35
Der Gesellschaftsvertrag unterscheidet zwischen der Pflichteinlage, zu deren Erbringung sich der Kommanditist im Gesellschaftsvertrag im Innenverhältnis der Gesellschafter verpflichtet, und der Hafteinlage (Haftsumme), mit der ein Kommanditist nach § 161 Abs. 1, § 172 Abs. 1 und 2 HGB gegenüber den Gesellschaftsgläubigern im Außenverhältnis haftet. Die Erbringung der Pflichteinlage dient in voller Höhe der Erfüllung der gesellschaftsvertraglichen Pflichten im Innenverhältnis, in Höhe der Hafteinlage zusätzlich der Befreiung von der persönlichen Haftung im Außenverhältnis (v. Falkenhausen/Schneider, aaO § 17 Rn. 6 f; Weipert in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 167 Rn. 6). Die Haftsumme des Kommanditisten sollte auf dem Kapitalkonto I, die über die Haftsumme hinausgehende Pflichteinlage (35 vom Hundert) sowie die entnahmefähigen Gewinnanteile, sonstige Entnahmen, Zinsen und der sonstige Zahlungsverkehr zwischen der Schuldnerin und den Gesellschaftern sollten auf dem Kapitalkonto II gebucht werden. Danach sollte auf diesem nicht allein eine rein schuldrechtliche Forderung des Beklagten gegen die Schuldnerin ausgewiesen werden, sondern jedenfalls in Höhe von 35 vom Hundert der Pflichteinlage ein Teil der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung.
36
Die Gesellschafter können vereinbaren, dass als Gesellschafterbeitrag ein Darlehen gewährt wird (v. Falkenhausen/Schneider, aaO § 17 Rn. 17 ff). Eine solche Vereinbarung findet sich im Gesellschaftsvertrag nicht. Nur in der monatlichen Kontoübersicht wird das Kapitalkonto II als "Darlehen" bezeichnet. Diese Bezeichnung des Kapitalkontos II alleine bewirkt keine rechtliche Umqualifizierung der Pflichteinlage in ein Darlehen. Vielmehr hätte es hierfür einer gesellschaftsvertraglichen Regelung bedurft. Solches hat der Beklagte jedoch nicht vorgetragen.
37
b) Im Ergebnis zutreffend ist auch die Wertung des Berufungsgerichts, dass der Beklagte nicht aufgrund seiner Stellung als Gesellschafter einen Anspruch auf die monatlichen Ausschüttungen hatte. Bei diesen handelte es sich entweder um die Auszahlung von Scheingewinnen oder aber um monatliche Vorauszahlungen auf künftige Gewinne. In beiden Fällen hatte der Beklagte auf die Zahlungen keinen Anspruch.
38
aa) Einen Anspruch auf Zahlung von tatsächlich nicht erwirtschafteten Gewinnen hatte der Beklagte nicht.
39
(1) Nach § 169 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 HGB hat ein Kommanditist nur Anspruch auf Auszahlung des ihm zukommenden, tatsächlich erwirtschafteten Gewinns. Hat er Gewinnausschüttungen bezogen, die ihm nicht zustanden, liegt ein "Scheingewinnbezug" ohne Rechtsgrund vor. Die Gesellschaft hat dann (außerhalb der Insolvenz) einen bereicherungsrechtlichen Rückzahlungsanspruch ; anders als im Falle von § 172 Abs. 5 HGB für die Außenhaftung führt die Gutgläubigkeit nicht zur Enthaftung des Kommanditisten im Innenverhältnis (Weipert, aaO § 169 Rn. 16; v. Falkenhausen/Schneider, aaO § 24 Rn. 21, 25). Für den atypischen stillen Gesellschafter, dessen Rechtsstellung ausweislich des Gesellschaftsvertrages weitmöglichst der Rechtsstellung des Kommanditisten angeglichen werden sollte, gilt - bezogen auf seine Innenhaftung - nichts anderes.
40
(2) Allerdings kann in einem Gesellschaftsvertrag vereinbart werden, dass an die Kommanditisten gewinnunabhängige Ausschüttungen erfolgen sollen , denn die gesetzliche Regelung des § 169 Abs. 1 Satz 2 HGB ist abdingbar und steht einer abweichenden Vereinbarung nicht entgegen (BGH, Urteil vom 5. April 1979 - II ZR 98/76, WM 1979, 803 f; vom 12. März 2013 - II ZR 73/11, WM 2013, 1167 Rn. 10). Doch ist im streitgegenständlichen Gesellschaftsvertrag ein solches gewinnunabhängiges Entnahmerecht der Kommanditisten und stillen Gesellschafter nicht vereinbart worden. Daran ändert auch § 12 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages nichts. Danach durften die Kommanditisten und stillen Gesellschafter zwar monatlich einen Betrag in Höhe von 1 vom Hundert ihrer Pflichteinlage gewinnunabhängig entnehmen, bis der Kapitalanteil unter die Haftsumme sank. Die Entnahmen sollten nach dem Wortlaut der Regelung jedoch "im Vorgriff" auf den Gewinnanteil erfolgen, waren mithin Vorschusszahlungen auf die im laufenden Jahr erwirtschaften, festgestellten und auf den jeweiligen Gesellschafter verteilten Gewinne. Wenn nach der Feststellung des Jahresabschlusses eine Gutschrift mit einem höheren Gewinn für die Kommanditisten und stillen Gesellschafter erfolgte, als bislang durch diese entnommen worden war, durften sie nur den Überschuss zusätzlich entnehmen. Was geschehen sollte, wenn die Schuldnerin keine Gewinne oder weniger Gewinne erwirtschaftete, als die Gesellschafter im Vorgriff entnommen hatten, ist im Gesellschaftsvertrag nicht ausdrücklich geregelt. Aus dem Zweck der Vorschusszahlung ergibt sich jedoch, dass die Kommanditisten und stillen Gesellschafter in einem Fall der Überzahlung die ausbezahlten Vorschüsse an die Schuldnerin zurückzuzahlen hatten (vgl. BGH, Urteil vom 2. März 2009 - II ZR 264/07, ZInsO 2009, 1018 Rn. 21; v. Falkenhausen/Schneider, aaO § 22 Rn. 78). Keinesfalls hätte der Beklagte in einem solchen Fall die Vorschüsse behalten dürfen.
41
bb) Nach § 12 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages liegt es näher, die Schuldnerin habe an den Beklagten keine Scheingewinne ausgezahlt, sondern monatliche Vorschusszahlungen auf künftige Gewinne.
42
(1) Allerdings konnte der Beklagte den Vorschuss nach dem Wortlaut des Gesellschaftsvertrages verlangen, ohne dass eine begründete Erwartung eines Ergebnisses für das laufende Geschäftsjahr vorgelegen haben musste. Ob der Gesellschaftsvertrag einschränkend auszulegen ist, kann dahinstehen. Jedenfalls wird das gesetzliche wie auch das vertragliche Entnahmerecht durch die Treuepflicht der Gesellschafter untereinander und zur Gesellschaft beschränkt (v. Falkenhausen/Schneider, aaO § 24 Rn. 4). Das gilt auch für die Gesellschafter einer Publikumsgesellschaft. Sie mag hier mit Rücksicht darauf, dass die Anlagegesellschafter untereinander und zu den eigentlichen Unternehmensgesellschaftern in keinerlei persönlichen Beziehungen stehen, einen anderen Inhalt haben und andere Wirkungen zeitigen. Das kann aber nicht da- zu führen, die Treuepflicht überhaupt zu leugnen, sondern nur dazu, dass die Grenzen anders zu ziehen sind. Das Treuegebot bleibt insbesondere bestehen, wenn es um die Frage der Erhaltung des Gesellschaftsunternehmens geht (BGH, Urteil vom 19. November 1984 - II ZR 102/84, NJW 1985, 972, 973).
43
Anerkannt ist, dass ein Gesellschafter unter bestimmten Voraussetzungen Entnahmeverboten zustimmen muss. So muss ein Gesellschafter einem Zinsverzicht zustimmen, wenn diese Änderung der gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen erforderlich wird, um das Unternehmen zu erhalten (BGH, Urteil vom 5. November 1984 - II ZR 111/84, NJW 1985, 974 f; vom 19. November 1984, aaO). Solange keine Auflösung der GmbH beschlossen ist, muss der geschäftsführende Gesellschafter die GmbH als werbendes Unternehmen betrachten und darauf bedacht sein, es als solches wirtschaftlich zu unterhalten und zu fördern. Es ist ihm verwehrt, das Unternehmen auszuhöhlen und so einer Liquidation unerlaubt vorzugreifen (BGH, Urteil vom 19. Januar 2006 - IX ZR 232/01, WM 2006, 927 Rn. 16). Unter bestimmten Voraussetzungen muss ein Gesellschafter einer Kapitalerhöhung zustimmen (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 2011 - II ZR 122/09, NJW 2011, 1667 Rn. 20 ff). Ist die wirtschaftliche Lage einer Gesellschaft unhaltbar geworden und ergibt sich bei objektiver Beurteilung daraus die Notwendigkeit, den Geschäftsbetrieb aufzugeben , so besteht im Verhältnis unter den Gesellschaftern die Rechtspflicht, die insoweit notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. Es stellt eine Verletzung der gesellschaftlichen Treuepflicht dar, wenn sich ein Gesellschafter dieser Notwendigkeit entzieht (BGH, Urteil vom 17. Dezember 1959 - II ZR 81/59, NJW 1960, 434 f).
44
(2) Nach alledem hätte der Beklagte den Vorschuss auf künftigen Gewinn nicht geltend machen dürfen. Alleiniger Gesellschaftszweck der Schuldne- rin war, von ihren Kommanditisten und stillen Gesellschaftern Geld einzusammeln und dieses Geld gewinnbringend anzulegen. Seit 1997 war die Schuldnerin in wirtschaftlichen Schwierigkeiten und erwirtschaftete keine Gewinne mehr. Zu Ausschüttungen an die Gesellschafter war sie im Wesentlichen nur noch dadurch in der Lage, dass sie diese aus den Einlagen neu beitretender Gesellschafter finanzierte. In einer solchen Situation widerspricht es der Treuepflicht der Gesellschafter, auf einer Vorauszahlung auf künftig aller Voraussicht nach nicht anfallende Gewinne zu bestehen. Denn die Altgesellschafter würden sich zu Lasten der Neugesellschafter das betrügerische Schneeballsystem zu Nutze machen.
45
2. Die Zinsentscheidung des Berufungsgerichts ist richtig. Bei anfechtbarem Erwerb von Geld hat der Anfechtungsgegner gemäß § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO, § 819 Abs. 1, § 818 Abs. 4, § 291 BGB Prozesszinsen ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu entrichten (BGH, Urteil vom 1. Februar 2007 - IX ZR 96/04, BGHZ 171, 38 Rn. 11 f, 13 ff; vom 24. Mai 2012 - IX ZR 125/11, NZI 2012, 665 Rn. 6).

IV.

46
Das angefochtene Urteil kann deshalb keinen Bestand haben, soweit es auf die Berufung des Beklagten zum Nachteil der Klägerin entschieden hat. Es ist insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO), weil nicht festgestellt ist, ob und in welcher Höhe ein Abfindungsanspruch des Beklagten gegen die Schuldnerin aus § 16 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrages bestanden hat, mithin nicht geklärt ist, ob die Abfindungszahlung eine unentgeltliche Leistung im Sinne von § 134 Abs. 1 InsO ist. Die Sache muss deswegen an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), das der Klägerin Gelegenheit zu substantiiertem Vortrag zur Abfindungsbilanz zu geben und Feststellungen zu dem Abfindungsanspruch zu treffen haben wird. Die Anschlussrevision des Beklagten ist zurückzuweisen (§ 561 ZPO).
Kayser Gehrlein Fischer
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
LG Kassel, Entscheidung vom 26.01.2010 - 9 O 1829/08 -
OLG Frankfurt in Kassel, Entscheidung vom 02.11.2010 - 14 U 53/10 -

(1) Wird eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, mit dessen Einverständnis nur zum Schein abgegeben, so ist sie nichtig.

(2) Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so finden die für das verdeckte Rechtsgeschäft geltenden Vorschriften Anwendung.

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - 2 Ca 1711/10 - vom 09.06.2011 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Rahmen der Insolenzanfechtung über die Rechtsgrundlosigkeit einer gezahlten Arbeitsvergütung.

2

Der Kläger wurde mit Beschluss vom 1. Februar 2007 durch das Amtsgericht Dresden zum Insolvenzverwalter für das am gleichen Tag vor dem Amtsgericht Dresden eröffnete Insolvenzverfahren über das Vermögen der F C. & Sohn GmbH in B - 5 IN 0000 - bestellt. Die Beklagte ist die getrennt lebende Ehefrau des Geschäftsführers der Insolvenzschuldnerin.

3

Die Insolvenzschuldnerin F C. & Sohn GmbH war 1991 als Tochter der Firma C. & Sohn GmbH gegründet worden. 1996 wurde - unter Aufbau einer Fertigungsstätte mit zwei Produktionshallen, Büro- und Sozialanbau usw. - eine zweiten Niederlassung in B errichtet. Bis spätestens Mitte 2006 geriet die Insolvenzschuldnerin in eine nicht mehr überwindbare Krise, die zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens führte. Im Rahmen von Sanierungsbestrebungen der Hausbank war eine Sanierungsbewertung zustande gekommen, in welcher neben Daten, die für die wirtschaftliche Betrachtung wesentlich waren, auch ein Organigramm der Firmenstruktur mit Abteilungen und - nach Ansicht des Klägers: sämtlichen - Namen beschäftigter Mitarbeitern vorkamen, u.a. der der Tochter der Beklagten ( C. [-G.]) in der Personalabteilung, des Sohns (Manuel C.) in der Führungsebene und des Ehemanns der Beklagten (Herbert C.) als Geschäftsführer, nicht indes der der Beklagten (Bl. 20 ff. d.A.).

4

Seit Beginn der Ehe im September 1972 hatte die Beklagte in unterschiedlichen Tätigkeiten für den Betrieb gearbeitet und hierfür Lohn erhalten. Ein schriftlicher Vertrag nicht abgesetzt worden. Anlässlich der Geburt des ersten Kindes hatte sich die Arbeitszeit der Klägerin reduziert, nach der Geburt des zweiten Kindes in Übereinstimmung mit dem Arbeitgeber die Arbeitserledigung nach Hause verlagert. Auch als die Kinder nicht mehr betreut werden mussten, blieb die Praxis der Arbeit von zuhause aus unverändert. Zwischen den Parteien besteht kein Streit, dass die Beklagte 2005 und 2006 - als die Eheleute getrennt lebten - in einem „Beschäftigungsverhältnis“ stand. Der Beklagten gegenüber wurde monatlich ein Bruttogehalt von 1.329,96 EUR (einschließlich Direktversicherung und Pkw-Nutzung) abgerechnet - aufs Jahr besehen 23.513,15 EUR in 2005 und 23.524,69 EUR in 2006, zusammen 47.037,84 EUR (Ablichtungen der Lohn-/ Gehaltsabrechnung 12/05 und 12/06 in Bl. 26 f. d.A.). Auf einem Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung des Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen gab die Beklagte am 12. Juli 2007 unter Gegenzeichnung der Arbeitgeberseite an, seit 1. Januar 2005 „bis heute“ als kaufmännische Angestellte beschäftigt gewesen zu sein (Ort der Tätigkeit: zuhause; durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit: Arbeitstage: 5, Stunden: 40; Arbeitszeit: feste Arbeitszeit; Beschreibung der ausgeübten Tätigkeit: OP-Listen bearbeiten, Ausschreibungen anfordern; Tätigkeit wurde aufgrund einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung ausgeübt; der mitarbeitende Angehörige ist an Weisungen des Betriebsinhabers über die Ausführung der Arbeit gebunden und das Weisungsrecht wird tatsächlich auch ausgeübt; im Einzelnen Bl. 28-30 d.A.).

5

Der Kläger erklärte mit Schriftsatz vom 20. Mai 2009 gegenüber der Beklagten die Anfechtung gemäß § 134 InsO wie folgt (Bl. 31 f. d.A.):

6

„.. Aus den mir bislang vorliegenden Lohnunterlagen wurden sie zumindest in dem Zeitraum ab Januar 2005 als Arbeitnehmerin bei der Insolvenzschuldnerin geführt und haben in den Jahren 2005 und 2006 ein Bruttoentgelt von insgesamt rund 47.000 EUR erhalten. Da von ehemaligen Mitarbeitern auf Anfragen bezüglich ihrer konkreten Tätigkeit im Unternehmen keine plausiblen Angaben gemacht werden konnten und ihre eigenen Angaben vom 12.07.2007 in dem 'Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen' auch keine schlüssige Antwort auf Ihre tatsächlich geleistete Arbeit zu lassen, ist nach bisherigem Kenntnisstand nicht auszuschließen, dass es sich vorliegend um ein Scheinarbeitsverhältnis handelt. ... Die erhaltenen Zahlungen ohne adäquate Gegenleistung wären gemäß § 134 InsO anfechtbar mit der Konsequenz, dass die erhaltenen Zahlungen bzw. ein angemessener Teil davon an die Insolvenzmasse zurückzuzahlen sind. Insofern bitte ich Sie, mir bis zum 08.06.2009 mitzuteilen bzw. nachzuweisen, welche Tätigkeiten sie ausgeübt haben ...“

7

Die Beklagte antwortete am 30. Juni 2009, sie habe ihrem Gehalt entsprechend und wie im Feststellungsbogen vom 12. Juli 2007 erklärt gearbeitet.

8

Dem am 1. Juli 2009 klägerseits beim Amtsgericht Aschersleben beantragten, am 3. Juli 2009 erlassenen und am 8. Juli 2009 zugestellten Mahnbescheid über 47.037,85 EUR aus insolvenzrechtlicher Anfechtung gemäß § 134 InsO nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 1. Februar 2007 widersprach die Beklagte am 14. Juli 2009 insgesamt. Das Verfahren wurde am 17. August 2009 antragsgemäß an das Landgericht Kaiserslautern abgegeben.

9

Am 19. März 2010 rechnete der Kläger der Beklagten gegenüber die Arbeitsmonate Februar und März 2007, während derer er die Beklagte freigestellt hatte, mit jeweils 1.329,36 EUR (brutto) ab, woraus sich - unter Abzug auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangener 1.257,15 EUR netto - ein Zahlbetrag von 664,61 EUR ergab. Der Kläger meinte im vorliegenden Verfahren, zur Auskehr verpflichtet gewesen zu sein, solange die Anfechtung nicht anerkannt oder rechtskräftig festgestellt gewesen sei, weil das einer kanzleiinternen Vereinbarung entsprochen habe. Unstreitig blieb zwischen den Parteien, dass über den 31. März 2007 hinaus kein Arbeitsverhältnis mehr bestand.

10

Mit rechtskräftigem Beschluss vom 29. November 2010 - 3 O 566/09 - erklärte das Landgericht Kaiserslautern den ordentlichen Rechtsweg für unzulässig (Bl. 73 ff. d.A.) und verwies den Rechtsstreit an das örtliche Arbeitsgericht.

11

Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen:

12

Im Betrieb der Insolvenzschuldnerin sei keine nennenswerte Tätigkeit der Beklagten bekannt (Zeugnis Frau D., Herr E.). Die von ihr behaupteten Tätigkeiten seien nicht nach außen in Erscheinung getreten. Sie habe keine entlohnungsgemäßen Arbeitsleistungen erbracht (Zeugnis Herr A., Herr B., Herr Herbert C.). Frau D. habe für die Gemeinschuldnerin alle OP-Listen bearbeitet, Herr E. alle Angebote und Ausschreibungen (Zeugnis Frau D., Herr E.). Beklagtenseits behauptete Recherchen, Ausschreibungsermittlungen gegenüber der öffentlichen Hand, irgendwelches Ausfindigmachen von Bauträgern oder Generalunternehmern habe es nicht gegeben (Nichtwissen). Namentlich behauptete Präsentationen gegenüber Architekten und Bauträgern bedürften der Konkretisierung. Die Insolvenzschuldnerin habe immerhin über ein Hochglanz-Prospekt mit wesentlichen Angaben und eine eigene Homepage für den ersten Zugriff verfügt (was unstreitig blieb). Auch vermeintliche Zuständigkeiten als „Feuerwehr“ oder „Mädchen für alles“ bedürften der Substantiierung. Insbesondere im 40-stündigen Wochenumfang seien solche Arbeiten nicht möglich gewesen. Zudem habe es keinerlei dem Standard elektronischer Vernetzung entsprechende Verbindung zwischen dem vermeintlichen Arbeitsort der Beklagten und dem Betrieb der Insolvenzschuldnerin gegeben, um Arbeitsergebnisse dem kaufmännischen System zuführen zu können (was unstreitig blieb). Weiter hätte die Beklagte, wenn sie eine ihrem ausgezahlten Lohn entsprechende Tätigkeit ausgeführt haben wollte, unter Namensnennung im Organigramm erfasst sein müssen. Ohne erbrachte Arbeitsleistung könne es sich nur um ein Scheinarbeitsverhältnis mit Alimentcharakter gehandelt haben. Er (der Kläger) bestreite (mit Nichtwissen), dass der Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin seit 2004 Unterhaltsleistungen erbracht habe. Zwar habe auch er (der Kläger) noch im Frühjahr 2010 Lohn an die Beklagte gezahlt. Grund hierfür sei jedoch nur gewesen, dass Lohnzahlung, Lohnabrechnungen, Abgabenleistungen usw. aus der vormaligen Zeit den äußeren Eindruck eines bestehenden Arbeitsverhältnis erweckt hätten, d.h. der Vertrag von Anfang an gültig gewesen sei.

13

Der Kläger hat erstinstanzlich sinngemäß beantragt,

14

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zur Insolvenzmasse 47.037,85 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

15

Die Beklagte hat die Klageabweisung beantragt und ihrerseits vorgetragen:

16

Sie habe für die Firma unter Einsatz eines PC folgende Arbeiten von zuhause aus erbracht und sei hierfür anschließend wie vertraglich vereinbart entlohnt worden: (1) Recherchieren von Ausschreibungen potentieller Auftraggeber der öffentlichen Hand, von Bauträgern und Generalunternehmern, und zwar orientiert an der Produktpalette und den Kompetenzen und Leistungsvermögen der Insolvenzschuldnerin unter Anforderung von Ausschreibungsunterlagen, (2) Vorstellung der Insolvenzschuldnerin gegenüber Architekten und Bauträgern durch entsprechende Anschreiben unter Darstellung des Unternehmensprofils zum Ziel der Neukundenakquise, (3) Fertigstellung von Kalkulationen unter Übertragung der Kalkulationen in die notwendigen Formblätter, (4) Zuarbeiten in allen anderen Bereichen, je nach Bedarf und Notwendigkeit als „Mädchen für alles“ oder „Feuerwehr“. Aufgrund ihrer langjährigen und firmenbezogenen Berufserfahrung habe sie in den verschiedensten Bereiche eingesetzt werden und - teils eigenständig, teils in Ergänzung oder in Zusammenarbeit mit anderen Arbeitnehmern - anfallende Büroarbeiten zu erledigen vermocht. Eine feste Zuordnung von Arbeitsbereichen habe es nur für die jeweiligen Projekte gegeben. Die Verbindungsbrücke zwischen häuslichem Arbeitsplatz und Betrieb sei die im Betrieb beschäftigte Tochter gewesen, mit der sie tagtäglich in Kontakt gestanden habe. Sie (die Tochter) habe ihr - soweit notwendig - sämtliche Unterlagen und Informationen direkt überbracht bzw. umgekehrt auch wieder mit in die Firma genommen (Zeugnis Frau C.-G., Zeugnis Herr Herbert C.). Die fehlende Erwähnung im Organigramm habe möglicherweise darauf beruht, dass hiermit nur eine Stellungnahme zur Fortführungsfähigkeit und -Würdigkeit bezweckt gewesen sei, in der sie (die Beklagte) keine Rolle mehr gespielt habe, oder dass man sie schlicht übersah. Ansprüche auf Rückgewähr umfassten zumindest keine vollen Bruttolohnsummen und unterlägen der - vorliegend durchgreifenden - Verjährung.

17

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat der Klage mit Urteil vom 9. Juni 2011 - 2 Ca 1711/10 - (auf dessen Tatbestand wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz Bezug genommen wird, Bl. 138 ff. d.A.) vollumfänglich entsprochen. Es hat dafür gehalten, dass die Klägerin keine nachvollziehbaren Arbeitsleistungen erläutert habe, obgleich sie hierzu aufgrund sekundärer Darlegungslast verpflichtet gewesen sei. Das Geschilderte seien nur Tätigkeiten im Allgemeinen, ohne (wenigstens exemplarischen) Bezug zum genauen Inhalt und zeitlichen Umfang, was auch im Hinblick auf die im Feststellungsbogen aufgeführten Tätigkeiten einer Bearbeiterin von OP-Listen gelte. Auch wenn der Kläger für 2007 noch Vergütungsdifferenzen nachgezahlt habe, liege hierin kein Anerkenntnis einer Lohnzahlungspflicht in 2005 und 2006. Umgekehrt gelte statt dessen, dass, wenn für diese Jahre Arbeitsleistungen fehlten, solche offenbar auch nicht hätten erbracht werden müssen, was wiederum ein Scheinarbeitsverhältnis nahe lege. Es widerspreche jeglicher Lebenserfahrung, dass ein Arbeitsverhältnis, obwohl der Arbeitnehmer seiner Arbeitspflicht nicht nachkomme, zwei Jahre lang mit monatlichen Vergütungsleistungen bedacht werde.

18

Das Urteil wurde der Beklagten am 5. Juli 2011 zugestellt. Sie hat hiergegen mit Schriftsatz 27. Juli 2011, eingegangen 29. Juli 2011, Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 5. Oktober 2011 verlängerten Frist mit Schriftsatz vom 30. September 2011, eingegangen am gleichen Tag, begründet.

19

Die Beklagte trägt zweitinstanzlich vor:

20

Weil eine ausdrückliche Anfechtung nicht erklärt worden sei (das Schreiben vom 20. Mai 2009 habe allein der Sachverhaltsaufklärung gedient und auch die Klageerhebung stelle keine auslegungsfähige Erklärung dar) sei der Anspruch schon aus formellen Gründen nicht gegeben. Im Übrigen habe das Arbeitsgericht die sekundäre Darlegungslast überspannt. Es sei nicht möglich, alle Umstände der Arbeitstätigkeit einschließlich zeitlicher Anteile bis ins Detail zu rekonstruieren. Sie (die Beklagte) habe als kaufmännische Angestellte an fünf Tagen der Woche mit insgesamt 40 Stunden von zuhause aus folgende Aufgabenbereiche mit entsprechenden Zeitanteilen bearbeitet:

21

(1) Recherchieren von Ausschreibungen - hierzu habe sie die von ihrer Tochter erhaltenen Ausschreibungshefte (Bundesausschreibungsblatt; I-Hefte), in denen deutschlandweit Objekte für Fenster und Türen in Kunststoff- und Alu-Bauweise sowie in Holz- und Holz-Alu-Bauweise ausgeschrieben seien, auf passende Bauvorhaben im Angebotsprofil der Insolvenzschuldnerin geprüft und nach telefonischer Rücksprache mit dem Geschäftsführer zum Anlass der Anforderung von Ausschreibungsunterlagen genommen, wobei weitere vergleichbare Recherchen auch im Internet durchgeführt worden seien, was einen täglichen Arbeitsanfall von ein bis zwei Stunden ausgemacht habe -,

22

(2) Vorstellung des Unternehmens gegenüber Architekten / Unternehmen etc. pp. - hier habe sie (die Beklagte) über das Internet usw. Architekten, Bauträger und Generalunternehmer herausgesucht, um ihnen das Unternehmen anhand von Prospekten und Anschreiben mit dem Ziel, künftig Ausschreibungsunterlagen automatisch zugesandt zu erhalten, sofern neue Vergaben anstünden, präsentiert, was einen täglichen Arbeitsaufwand von etwa einer Stunde umfasst habe -,

23

(3) sonstige Arbeiten und Korrespondenz - dies habe die Erledigung von Korrespondenzen für den Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin auf telefonisch mitgeteilte oder per Handdiktiergerät vorbereitete Diktate beinhaltet, wobei die Kassetten von ihrer Tochter mitgebracht und die fertigen Briefe dieser wieder mitgegeben worden seien, was einen Zeitaufwand von 0,5 bis eine Stunde pro Tag ausgefüllt habe -,

24

(4) Bearbeitung der OP-Liste der Firma C. in St. J - bei der Insolvenzschuldnerin seien hierzu einmal im Monat Listen der offenen Posten ausgedruckt worden, welche sie von ihrer Tochter zur Abarbeitung überbracht erhalten habe, und die sie über Kontaktaufnahmen mit den Kunden sowie Nachfragen, aufgrund welcher Umstände Zahlungen noch nicht beglichen seien, Anhalten zu Zahlungen, Vereinbarung von Zahlungszielen bzw. (soweit Rückstände auf Mängeln beruht hätten) durch Mängelvermerke für ihre Tochter zur Weitergabe in den Betrieb, erfüllt hätte, dies alles bei einem täglichen Arbeitsaufwand von ein bis zwei Stunden -,

25

(5) Übertragung von Ausschreibungen und Fertigstellung von Ausschreibungsunterlagen - hier seien täglich ca. drei Ausschreibungen in die vorgesehenen Formulare übertragen worden, Bescheinigungen z.B. für die Berufsgenossenschaft, das Handelsregister, Krankenkassen oder das Finanzamt kopiert, den Unterlagen beigefügt, verpackt und versandt worden (einschließlich Verbringung zur Post mit ca. 20 Min. Fahrtaufwand), woraus abermals je nach Größe der Ausschreibung teilweise bis zu vier Stunden Arbeitszeit hervorgegangen seien (bei hohem Aufmerksamkeitsaufwand, weil die Übertragungen formell und inhaltlich richtig sein müsse, um die Teilnahme an der Ausschreibung zu gewährleisten, es handelte sich schließlich um Ausschreibungen mit Auftragswerten von 1 bis 2 Millionen, wobei pro Seite der Ausschreibung 3-7 Positionen anfielen, je Objekt ca. 200-400 Seiten) - Beweis Zeugnis Frau C.-G., Herr Herbert C., Herr G., Herr H., Herr I.).

26

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

27

das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 9. Juni 2011 abzuändern und die Klage - auch in ihrer hilfsweisen Fassung des Berufungsrechtszugs - abweisen.

28

Der Kläger beantragt,

29

die Berufung zurückzuweisen,

30

sowie hilfsweise sinngemäß

31

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zur Insolvenzmasse 37.199,67 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2009 zu zahlen,

32

2. die Beklagte zu verurteilen, ihre Erstattungsansprüche gemäß § 26 SGB IV gegenüber der Einzugsstelle (DAK B, K 4, B, Sozialversicherungsnummer: 00000000), ersatzweise gegenüber den Sozialversicherungsträgern (D, Bundesagentur für A, Deutsche Rentenversicherung/Mitteldeutschland) für das Jahr 2005 in Höhe von insgesamt 4.876,57 EUR und für das Jahr 2006 in Höhe von insgesamt 4.961,61 EUR an den Kläger abzutreten.

33

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil und trägt weiter vor:

34

Die Anfechtung sei mit Mahnbescheidsantrag und späterer Klagebegründung ausreichend geltend gemacht. Zu erstatten sei jedweder geldwerte Vorteil, auch in Gestalt von ersparten Aufwendungen (Dienstwagen o.ä.). Selbst mit weiterem Vortrag habe die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast nicht genügt. Die Beklagte habe die behaupteten Tätigkeiten nicht bei der Insolvenzschuldnerin erbracht, schon gar nicht im behaupteten Zeitumfang (Zeugnis Herr A., Herr B., Herr Herbert C.). Es seien keine Arbeitsergebnisse in den normalen Unternehmenskreislauf integriert worden. Vielmehr sei das Organigramm für den status quo der seinerzeitigen Belegschaft beachtlich. Bei Diktaten für den Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin könne es sich nicht um Gegenstände des Unternehmens gehandelt haben. Die in St. J ehemals ansässige C. & Sohn GmbH sei im Zeitraum 2005 bis 2006 in die M Verwaltungsgesellschaft mbH umbenannt worden. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahren sei fehlender Masse gescheitert (was unstreitig blieb).

35

Die Kammer hat über die Behauptung des Klägers, die Beklagte habe zwischen 2005 und 2006 keinerlei Arbeitsleistungen erbracht, namentlich nicht OP-Listen betreut oder Ausschreibungen und Angebote begleitet, Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Frau D., Herr E., Herr A., Herr B. und Herr Herbert C., sowie gegenbeweislich durch Vernehmung des Herrn Herbert C. und der Frau C.-G. erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift der Sitzung vom 15. Februar 2013 in Bl. 372 ff. d.A. Bezug genommen.

36

Des weiteren wird für den Sach- und Streitsstand zweiter Instanz ergänzend auf die wechselseitigen Schriftsätze (der Beklagten vom 30. September 2011 [Bl. 171 ff. d.A.], 17. Februar 2012 [Bl. 234 d.A.], 5. November 2012 [Bl. 192 f. d.A.], 30. November 2012 [Bl. 328 f. d.A.], 19. Dezember 2012 [Bl. 333, 336 d.A.], 8. Januar 2013 [Bl. 351 d.A.] und 17. Januar 2013 [Bl. 367 d.A.] sowie des Klägers vom 20. Oktober 2011 [Bl. 205 ff. d.A.], 7. Februar 2012 [Bl. 232 d.A.], 27. Februar 2012 [Bl. 235 d.A.], 12. September 2012 [Bl. 260 d.A.], 13. September 2012 [Bl. 262 ff. d.A.], 15. Oktober 2012 [Bl. 280 d.A.] und 29. Oktober 2012 [Bl. 286 f. d.A.]) nebst Anlagen, die zur Gerichtsakte gereichten Unterlage sowie die Protokolle vom 27. Januar 2012, 24. August 2012 und 15. Februar 2013 verwiesen.

Entscheidungsgründe

A.

37

Die zulässige Berufung ist begründet. Die Klage erweist sich zumindest nach ergänzendem Vorbringen der Beklagten in zweiter Instanz sowie durchgeführter Beweisaufnahme als unbegründet.

I.

38

Die Berufung ist zulässig (§§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 ArbGG). Die Beklagte ist im Umfang des erstinstanzlich ausgeurteilten Zahlungsbetrags, der die Grenze des § 64 Abs. 2 Buchst. b ArbGG übersteigt, beschwert. Sie hat ihr Rechtsmittel form- und fristgerecht angebracht (§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 519 ZPO) sowie rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet (§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO).

II.

39

Die Klage ist im Hauptantrag zulässig, aber nicht begründet. Spätestens aus dem Ergebnis der zweitinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme ergab sich unzweifelhaft, dass die Beklagte die in Abrede gestellten Arbeitstätigkeiten im geschuldeten Umfang doch erbracht hatte. Der auf den Erfolgsfall gerichtete Hilfsantrag fällt nicht mehr zur Entscheidung an.

40

1. Die Klage ist im Hauptantrag zulässig. Sie genügt den Anforderungen aus § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Kläger begehrt Wertersatz aus insolvenzrechtlicher Anfechtung gemäß § 143 Abs. 2 Satz 1, § 134 InsO. Den Bestimmtheitsanforderungen genügt ein solcher Klageantrag, wenn er den Wertersatz konkret beziffert und einen Sachvortrag umfasst, der die Tatsachen, aus denen der Anfechtungsanspruch hergeleitet wird, erkennen lässt (HK-InsO/ Kreft 5. Aufl. § 146 Rn. 8). Diesen Voraussetzungen wurde vorliegend genügt.

41

2. Die Klage ist im Hauptantrag aber nicht begründet. Dem Kläger steht kein Wertersatz aus insolvenzrechtlicher Anfechtung zu. Nach § 143 Abs. 2 Satz 1 InsO hat der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung die erzielte Bereicherung zwar zurück zu gewähren, wenn die Leistung unentgeltlich i.S.d. § 134 InsO erlangt war, nicht nur Gelegenheitsgeschenke betraf und im Erhalt nicht länger als vier Jahre bis zur Insolvenzeröffnung zurück lag. Die Voraussetzungen der Unentgeltlichkeit sind im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben.

42

a) Dem Kläger fehlte allerdings nicht schon die Anfechtungsbefugnis. Er hatte zwar in Anlage K 1 lediglich eine Ablichtung seiner Bestellung zum vorläufigen Insolvenzverwalter vom 10. Januar 2007 zur Gerichtsakte gereicht (Bl. 14 f. d.A.). Nach § 129 Abs. 1 InsO ist anfechtungsbefugt indes nur der (schlussendliche) Insolvenzverwalter. Zwischen den Parteien bestand aber über die nachfolgend zur vorläufigen Bestellung erfolgte Einsetzung als eigentlichem Insolvenzverwalter (Beschluss des Amtsgerichts L-Stadt vom 1. Februar 2007, Az. 000/00) kein Streit. Es gab bei Schluss der mündlichen Verhandlung weiter auch keinen Anhaltspunkt, dass das Insolvenzverfahren bereits vollständig und ohne Nachtragsverteilung beendet gewesen sein sollte (zu dieser sachlichen Begrenzung der Rechtsausübung etwa Huber in Gottwald Insolvenzrechts-Handbuch 4. Aufl. § 51 Rn. 10).

43

b) Entgegen dem Beklagteneinwand war das Anfechtungsrecht des Klägers auch nicht nach § 134 Abs. 1, § 146 Abs. 1 InsO i.V.m. §§ 195, 199 Abs. 1 BGB verjährt. Die Insolvenzanfechtung bedarf keiner gesonderten Erklärung (BGH 1.2.2007 - IX ZR 96/04 - Rn. 20, NZI 2007, 230). Die Würdigung des auf eine solche Erklärung gleichwohl deutenden Klägerschreibens vom 20.Mai 2009 konnte vor diesem Hintergrund letztlich auf sich beruhen. Das Anfechtungsrecht war mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden und zugleich - in Gestalt des Rückgewähranspruchs aus anfechtbarem Rechtsgeschäft - auch fällig geworden. Auf diesen Beginn vom 1. Februar 2007 endete die Verjährungsfrist nach §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB (zur Anwendbarkeit HK-InsO/ Kreft § 146 Rn. 11) mit Ablauf des 31. Dezember 2010 und war vorliegend mit Zustellung des Mahnbescheids - unter Hinweis auf das klägerseitige Anfechtungsrecht - unter dem 8. Juli 2009 rechtzeitig gehemmt worden (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB).

44

c) Der Beklagten war allerdings zwischen dem 1. Januar 2005 und dem 31. Dezember 2006 keine unberechtigte weil unentgeltliche Arbeitsentgeltleistung zugekommen, die sie an den Kläger zurückgewähren musste.

45

aa) Unentgeltlich ist eine Leistung, wenn ein Vermögenswert des Verfügenden zu Gunsten einer anderen Person aufgegeben wird, ohne dass dem Verfügenden ein entsprechender Vermögenswert zufließen soll (BGH 21.12.2010 - IX ZR 199/10 - Rn. 10, NZI 2011, 107). Bei einer Leistung im Rahmen eines entgeltlichen Vertrags liegt Entgeltlichkeit vor, soweit durch die Leistung eine bestehende Verbindlichkeit erfüllt wird; Gegenleistung ist dann die vom Schuldner erlangte Befreiung von seiner Verbindlichkeit (BGH 9.12.2010 - IX ZR 60/10 - Rn. 10, NJW 2011, 1732). Bei Zahlungen auf eine Nichtschuld fehlt es an der Entgeltlichkeit einer Leistung (BGH 21.12.2010 - IX ZR 199/10 - Rn. 12, a.a.O.). Leistung ist jede Schmälerung des Schuldnervermögens, durch welche die Insolvenzgläubiger unmittelbar oder mittelbar benachteiligt werden (BGH 19.4.2007 - IX ZR 79/05 - Rn. 14, NZI 2007, 403). Dem anfechtenden Insolvenzverwalter obliegt die Darlegungs- und Beweislast für die Vornahme einer unentgeltlichen Leistung sowie die Verursachung einer Gläubigerbenachteiligung. Soweit die Entscheidung von (sei es auch indiziellen) Umständen aus dem Bereich des Anfechtungsgegners abhängt - zum Beispiel ob dieser eine Gegenleistung erbracht hat -, trifft ihn eine sekundäre Darlegungslast (MünchKommInsO/ Kirchhof 2. Aufl. § 134 Rn. 49).

46

bb) Eine Leistung auf eine Nichtschuld ist nicht anzunehmen.

47

(1) Der Kläger selbst bringt zum Bestehen einer rechtswirksamen Verbindlichkeit schon Wesentliches vor. So führt er aus, dass die Beklagte in den Jahren 2005 und 2006 in einem „Beschäftigungsverhältnis“ zur Insolvenzschuldnerin gestanden habe (S. 3 der Anspruchsbegründungsschrift vom 8. Oktober 2009, Bl. 12 d.A.), was angesichts der klaren Regelung in § 7 Abs. 1 SGB IV kaum anders als durch Bestehen eines Arbeitsverhältnisses denkbar ist. Er legt zudem auch Abrechnungen des jeweils letzten Kalendermonats der bezeichneten Jahre vor, welche die Abführung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen wiedergeben (Anlagen K 6, 7, Bl. 27 f. d.A.), was gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 EStG bzw. §§ 28 e Abs. 1 Satz 1, § 7 Abs. 1 SGB IV wiederum nur unter der Voraussetzung eines bestehenden Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnisses Sinn ergeben konnte. Des Weiteren reichte der Kläger selbst den bereits in seinem Namen für die Insolvenzschuldnerin gegengezeichneten Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen vom 12. Juli 2007 zur Gerichtsakte, indem ebenfalls gerade der Bestand eines Arbeitsverhältnisses zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Beklagten ausgeführt wird (Anlage K 7, Bl. 28 ff. d.A.).

48

(2) Soweit der Kläger meint, von einem Scheingeschäft ausgehen zu können, folgt ihm die Berufungskammer nicht.

49

(a) Ob ein Rechtsgeschäft wirklich gewollt oder nur zum Schein abgeschlossen wird, hängt davon ab, ob die Parteien einverständlich nur den äußeren Schein des Abschlusses eines Rechtsgeschäfts hervorrufen, dagegen die mit ihm verbundenen Rechtswirkungen nicht eintreten lassen wollen, oder ob sie ein ernstlich gemeintes Rechtsgeschäft doch für notwendig erachten. Ein bei seinem Abschluss tatsächlich gewollter Vertrag wird nicht deshalb zum Scheingeschäft, weil der mit ihm bezweckte Erfolg in der gewählten Rechtsform nicht erreicht werden kann (BGH 20.7.2006 - IX ZR 226/03 - Rn. 11, NJW-RR 2006, 1555). Die Darlegungs- und Beweislast, dass ein nur dem äußeren Anschein nach bestehendes Rechtsverhältnis hervorgerufen werden sollte, liegt bei demjenigen, der sich auf die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts beruft (BAG 9.2.1995 - 2 AZR 389/94 - zu II 4 der Gründe, NZA 1996, 249).

50

(b) Vorliegend fehlt substantiierter Klägervortrag dazu, zwischen welchen Personen zu welchem Zweck wann welches andere als eine Arbeitsverhältnis für die Klägerin begründet worden sein mochte.

51

(aa) Nach dem nicht weiter in Abrede gestellte Beklagtenvorbringen, seit Beginn der Ehe (1972) unter wechselnden Tätigkeitsinhalten im Arbeitsverhältnis zur Insolvenzschuldnerin bzw. deren Rechtsvorgängerin gestanden zu haben, war von einem bereits lange bestehenden Rechtsverhältnis auszugehen. Dies hatte der Kläger weder in Abrede gestellt noch widerlegt, dass er den Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen vom 12. Juli 2007 in seinem Namen gegenzeichnete oder gegenzeichnen ließ, der immerhin bis auf das Datum der Eheschließung zurückreichte (Anlage K 7, dort Ziff. 3.8, Bl. 30 d.A.).

52

(bb) Der pauschale Beweisantritt unter Benennung dreier Zeugen für den Umstand, dass allein ein gegenleistungsfreier Lohnerhalt auf das Bestehen eines Scheinrechtsverhältnis hindeuten mochte (Schriftsatz 02.12.09, Bl. 46. d.A.), war unerheblich, weil dies auf eine Einvernahme über rechtliche Werturteile oder bloße Ausforschung hinauslief. Dem Beweis zugänglich sind allein Tatsachen, d.h. konkrete, nach Zeit und Raum bestimmte, der Vergangenheit oder der Gegenwart angehörende Geschehnisse oder Zustände (LAG Rheinland-Pfalz 16.8.2011 - 3 Sa 167/11 - zu A I 2 b aa der Gründe, NZA-RR 2012, 5), die der Kläger nicht weiter ausführte. Für einen allgemeinen Erfahrungssatz, dass Ehegattenarbeitsverhältnisse willensgemäß in jedem Trennungsfall automatisch in Scheingeschäfte zum Zweck der leistungsfreien Alimentation umschlagen sollen, fehlt jede verallgemeinerbare Tatsachenbasis.

53

(cc) Der Kläger konnte vor diesem Hintergrund nicht offen lassen, ob und ggf. seit wann welche trennungsbezogenen Unterhaltsansprüche seitens der Beklagten bestanden haben mochten und ggf. wie bedient oder nicht bedient wurden. Mit bloßem Nichtwissen, ob der Geschäftsführer Unterhalt gewährte, war der Darlegungslast des Klägers nicht genügt. Zudem war zu beachten, dass der Gesetzgeber im Rahmen der Regelungen zur Insolvenzanfechtung in § 143 i.V.m. §§ 130 ff. InsO von einer Umkehr der Beweislast gegenüber nahestehenden Personen gerade abgesehen hatte (HK-InsO/ Kreft § 143 Rn. 34).

54

(dd) Gegen ein Scheingeschäft sprach schlussendlich auch der Umstand, dass der Kläger selbst - und zwar noch nach Anhängigmachung des vorliegenden Anspruchs am 8. Juli 2009 und nach vorangegangener schriftlicher Erläuterung vom 20. Mai 2009 mithin in Kenntnis aller Umstände - mit Schreiben vom 19. März 2010 sämtliche Restlohnssummen aus 2007 an die Beklagte gezahlt hatte, ohne dabei irgendwelche Vorbehalte zu artikulieren (vgl. Bl. 122 d.A.). War damit für 2007 ein Rechtsgeschäft zumindest kraft Bestätigung i.S.d. § 141 BGB in Wirksamkeit erwachsen, ließ sich an der Tragfähigkeit der Rechtsgrundlage für die vorangegangene Zeit ebenfalls kaum ernsthaft zweifeln. Anderes konnte schließlich auch aus keiner irgendwie erläuterten oder nach außen kenntlich gemachten „Kanzleipraxis“ des Klägers folgen.

55

cc) Die Lohngewährung gegenüber der Beklagten war zwischen Januar 2005 und Dezember 2006 nicht gegenleistungsfrei erfolgt.

56

(1) Die Verbindlichkeiten der Insolvenzschuldnerin aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten betrafen Vergütungs- und Gratifikationsansprüche. Für Gratifikationen, die der Arbeitgeber im bestehenden Arbeitsverhältnis leistet, gilt generell, dass sie nicht unentgeltlich i.S.d. § 134 InsO erfolgen (Huber in Gottwald Insolvenzrechts-Handbuch § 49 Rn. 14). Soweit der Kläger daneben Lohnansprüche der Beklagten bezweifelte, gilt, dass zum Beleg von Vergütungsansprüchen regelmäßig ausreicht, wenn ein Arbeitnehmer darlegt, sich zur rechten Zeit am rechten Ort bereitgehalten zu haben, um die Arbeitsanweisungen seines Arbeitgebers zu befolgen - die konkret zu leistende Arbeit durch Weisungen zu bestimmen ist dann dessen Sache (§ 106 GewO) - (BAG 18.4.2012 - 5 AZR 248/11 - Rn. 14, NZA 2012, 998). Im insolvenzrechtlichen Anfechtungszusammenhang können an die sekundäre Darlegungslast von Arbeitnehmern keine höheren Anforderungen gestellt werden. Belegt der Arbeitnehmer sein ausreichendes Angebot ist es Sache des Anfechtenden das Gegenteil darzulegen und zu beweisen.

57

(2) Selbst wenn man das Klägervorbringen letztlich dahin auffassen wollte, die Beklagte habe nicht nur keine beim Arbeitgeber angekommenen Ergebnisse vorzuweisen, sondern auch keine ausreichenden Arbeitsleistungen angeboten, war die Beklagte dem spätestens in zweiter Instanz ausreichend entgegen getreten, indem sie nach Ort (zu Hause), Zeit (regelmäßig 40 Wochenstunden an 5 Tagen) und Inhalt (Recherchieren von Ausschreibungen, Vorstellung des Unternehmens gegenüber Architekten / Unternehmen etc. pp., sonstige Arbeiten und Korrespondenz, Bearbeitung der OP-Liste der Firma C. in St. J und Übertragung von Ausschreibungen und Fertigstellung von Ausschreibungsunterlagen) Leistungsangaben gemacht hatte. Den hiergegen gerichteten Vortrag konnte der Kläger nicht beweiskräftig widerlegen.

58

(3) Für das Ergebnis der Beweisaufnahme ist dabei gemäß § 286 Abs. 1 ZPO auszuführen, dass die klägerischen Zeugen weder explizit noch implizit ausschließen konnten, dass sich die Beklagte der Insolvenzschuldnerin zur Arbeit zur Verfügung gestellt und auf Zuweisung anforderungsgemäße Leistungen tatsächlich erbracht hatte. Im Gegenteil bekundeten teils Kläger- und durchgehen Beklagtenzeugen, dass tatsächlich und ordnungsgemäß gearbeitet worden war.

59

(a) Frau D. konnte die eine alleinige OP-Listenführung im Kundenbereich nur für den in B geführten Inhalt erläutern, worum den es nach dem Beklagtenvorbringen, OP-Listen für St. J erbracht zu haben, indes nicht weiter ging. Entgegen dem Klägervorbringen bestätigte sie ausdrücklich, dass nicht nur sie OP-Listen-Führerin war, sondern allein in B noch eine weitere Kraft vorhanden war. Sie erklärte zudem auch dass selbstständige Listenführungen des Weiteren in St. J, und zwar für die dortigen Firmen M und C., existierten. Dass die Beklagte zu denjenigen zählte, die dort OP-Listen bearbeiteten, schloss die Zeugin nicht aus, sondern ließ es explizit offen („wer dort was gemacht hat, weiß ich nicht“). Die Zeugin gab ihre Aussage flüssig und auf Nachfrage erklärend sowie widerspruchsfrei ab. Glaubwürdigkeitszweifel bestanden nicht.

60

(b) Auch Herr E. gab - und entgegen der Klägerbehauptung - an, keineswegs der einzige Ausschreibungs- und Angebotseinholer der Insolvenzschuldnerin gewesen zu sein, sondern sprach allein für den Standort B von zwei bis drei Kalkulatoren und weiteren am Standort „E“. Auszuschließen, dass die Beklagte zu den dort tätigen Sachbearbeitern gehörte, vermochte er - unter eindrucksvollem Andeuten der Masse von Ausschreibungen und Recherchen unter Aufheben der Hände - gerade nicht. Aus eigener Erfahrung schilderte er die zu leistende Arbeit auch als rein „händisch“ und von zu Hause aus ausführbar, was eine Bearbeitung in der beklagtenseits geschilderten Weise ohne Weiteres möglich erscheinen ließ. Auch dieser Zeuge machte seine Aussage bruchlos und auf Nachfrage illustrierend sowie widerspruchsfrei. Glaubwürdigkeitszweifel bestanden ebenfalls nicht.

61

(c) Weiter ließ auch Herr B. offen, wer bei der Insolvenzschuldnerin welche Recherchen betrieben haben sollte und wer nicht. Er verwies als Projektleiter in St. J - nachvollziehbar - auf die bereits fertig bei ihm angelangten Aufträge. Hinsichtlich der Begleitung von OP-Listen gab er indes - entgegen dem Klägervorbringen - an, mit der Beklagten wegen offener Posten aus Altfällen bisweilen zu tun gehabt zu haben, ohne dass er dies zeitlich näher abgrenzen und für die Jahre 2005 und 2006 ausschließen konnte. Die hierbei bekundeten Erinnerungslücken waren aufgrund des sechs- bis siebenjährigen Zeitabstands verständlich. Es gab auch sonst keinen Grund, an der Glaubhaftigkeit der Aussage oder der Glaubwürdigkeit des Zeugen zu zweifeln. Seine Einlassungen waren frei, auf Nachfrage klar stellend und in sich widerspruchsfrei gehalten.

62

(d) Auch Herr A. war als Beschäftigter der C. & Sohn GmbH in St. J nicht in der Lage Auskünfte über fehlende Beschäftigungslagen bei der Insolvenzschuldnerin zu geben. In Erläuterung der von Mitarbeitern für seinen Arbeitgeber - die C. & Sohn GmbH, St. J - erfüllten Aufgeben bezeichnete er statt dessen die Beklagte ausdrücklich und unter illustrierendem Hinweis auf faktische Verflechtungen im Geschäftslauf der Gesellschaften insgesamt als Sachbearbeiterin für Außenstände. Zudem verwies er auf externe Kräfte für die Angebotsbearbeitung und erinnerte sich auch an Ausführungen von B aus, ohne dabei die Beklagte in irgendeiner Weise auszuschließen. Weder Glaubwürdigkeitszweifel gegenüber dem Zeugen noch Glaubhaftigkeitszweifel an seiner Aussage ließen die Einlassung in Frage stehen.

63

(e) Darüber hinaus wurden vom Zeugen Herbert C. die Kerntätigkeiten der Beklagten nach Zuweisung und Durchführung für 2005 und 2006 bestätigt, und zwar sowohl im Hinblick auf den fraglichen Gesamtzeitraum, als auch den Ort und den wesentlichen Inhalt der Vornahmen. Hiernach war die Beklagte in Heimarbeit von ihm einerseits in die Realisierung von Außenständen der C. & Sohn GmbH sowie der M eingebunden gewesen, die einen erheblichen Wertumfang gehabt hatten, und hielt in schwierigen Fällen mit ihm (dem Zeugen) hierüber Rücksprache, so dass er an die Kunden selbst herantreten konnte. Zum anderen oblagen (so der Zeuge weiter) der Beklagten Recherche und Auswertung von Angebotsblättern, die mehrmals wöchentlich kamen und mehrstündigen sensiblem Aufwand erforderten. Auszuschließen, dass daneben nicht noch weitere Tätigkeiten anfielen, vermochte der Zeuge im Hinblick auf die lange Beschäftigungszeit der Beklagten ebenfalls nicht. Er verwies ergänzend etwa auf die Einbindung der Beklagten in Finanzierungsplanungen. Auch ohne nähere Kontrollen hegte der Zeuge insgesamt keinen Zweifel, dass die Beklagte ihre Arbeitszeiten in irgendeiner Form vernachlässigt haben sollte („ich musste ... nicht sagen, wann sie was zu tun hat“). Auch für die Kammer ergab sich aufgrund von Zahl, Umfang und Zeitaufwand für die Auswertung von Ausschreibungen, die erheblichen „Altlasten“ sowie die offenbar auf eingefahrenen Gleisen weiter vollzogenen Aufgabenfelder (wie etwa Finanzierungsplanungen) kein Anhalt für zeitliche Minderleistungen. Die Kammer hatte, da sich die Aussagen des Zeugen ohne weiteres in die der vorangehörten Zeugen fügte, auch keinen Grund eine parteinehmende oder begünstigende Einlassung anzunehmen. Schon Herr E. hatte die Massen von ausgewerteten Angebotsunterlagen angesprochen, die im Endwert der wöchentlich nötigen Angebotszahlen (40 bis 50) mit der des Zeugen (sechs Mitarbeiter mit 10 Angeboten) wesentlich übereinstimmte. Herrn B. hatte für seinen Dienst in St. J von Rückfragen der Beklagten zu „uralten“ offenen Posten gesprochen, was dem Geschäftsführerzeugnis entsprach. Allein wegen getrennten Lebens vermochte die Kammer auch nicht anzunehmen, dass die Jahrzehnte umfassende Aufbauarbeit für das Familienunternehmen schlagartig nicht mehr fortführbar war und eine professionelle Abwicklung des Arbeitsverhältnisses in der vom Zeugen geschilderten Art unwiederbringlich ausschloss. Die Kammer hielt den Zeugen mithin für glaubwürdig und seine Aussage zum Beleg des von ihm ihr gegenüber wahrgenommenen Direktionsrechts für glaubhaft.

64

(f) Frau C.-G. schließlich bestätigte ebenfalls die Bearbeitung von OP-Listen, die Auswertung von Ausschreibungen einschließlich nachfolgender Übertragungen und etwaigen Kundenakquisen nebst Recherchen im Internet. Aufgrund des geschilderten Umstand, dass sie der Beklagten Unterlagen persönlich überbrachte sowie kraft eigener Stellung in personalleitender Position war, musste die Zeugin in der Lage sein, aus eigener Wahrnehmung über die Arbeiten der Beklagten zu berichten. Die von ihr übereinstimmend mit Herrn Herbert C. und Herrn E. bekundete Masse von auszuwertenden Unterlagen für den betriebsnotwendigen Umsatz („... brauchte die Kalkulation großes Futter“), ließ trotz persönlicher Nähe der Zeugin zur Beklagtenpartei nicht am objektiven Einlassungswert zweifeln. Übereinstimmung bestand auch im Hinblick auf die OP-Listenführung zu den Darstellungen der Frau D.. Neben der Glaubhaftigkeit der Aussage stand auch die Glaubwürdigkeit der Zeugin - auch wegen ihres unbefangenen Auftretens - nicht in Frage.

65

(4) Die Kammer vermochte dem Kläger auch in der Bewertung von Indizien nicht zu folgen. Das Fehlen von Arbeitsergebnissen am Standort B ließ sich im Hinblick auf die für den Standort St. J geführten OP-Listen unschwer damit erklären, dass nach Bekundung der Zeugin Frau D. in B nur die dortige Liste war. Auch ergab sich hinsichtlich diverser Angebotsvorarbeiten schon aus der Masse und teilweisen Unergiebigkeit durchzuführender Arbeiten geradezu zwangsläufig, dass nur schwer nachvollziehbar sein konnte, ob wer wann welche Vorarbeit erbracht hatte. Die Schilderung des Projektleiters B., überlassene Aufträge nicht näher nach ihrer Entstehung erkannt zu haben, belegte die Untunlichkeit etwaiger Rückschlusserwägungen. Ähnliches mochte für weitere Zuarbeiten der Beklagten im Rahmen von Finanzplanungen o.ä. gelten, für die selbstverständliche Mitwirkungen aufgrund familiärer Abstimmungsstrukturen und betroffenen Persönlichkeitssphären (nachvollziehbar) ohne Kenntlichmachungen nach außen geblieben sein mochten. Auch das Fehlen des Beklagtennamens im Organigramm ließ sich zwanglos dieserart erklären. Organigramme tragen zudem keine generalisierbare Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit in sich. Dass Arbeiten von zuhause aus auch ohne besondere technische Vernetzung möglich waren, hatte Herr E. für sämtliche Angebotsvorbereitungen erläutert. Für die Führung von OP-Listen fehlte jeder Anhalt, die Dinge anders zu sehen, nachdem die Beklagte ihre Arbeit wie von Herrn Herbert C. und Frau C.-G. bekundet jahrzehntelang in Heimarbeit verrichtet hatte.

66

(5) Der Anspruch war damit in tatsächlicher Hinsicht nicht weiter belegt.

67

3. Der auf gerichtlichen Hinweis im Termin vom 24. August 2012 angebrachte Hilfsantrag war als echter Eventualantrag allein für den Fall der Begründetheit des Anspruchs gestellt. Er trug dem Umstand Rechnung, dass die Rechtsfolge der Anfechtung eine Rückgewähr entsprechend den Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung ausgelöst haben mochte (BGH 20.4. 2010 - IX ZR 163/09 - Rn. 7, NJW 2010, 2125), für die die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung Wertersatz als im Regelfall durch Nettolohnrückzahlung, Steuerbefreiung gegenüber dem Fiskus und Übertragung von Erstattungsansprüchen nach § 26 SGB IV geschuldet ansieht (BAG 9.4.2008 - 4 AZR 164/07 - Rn. 57, ZTR 2009, 95). Da der Anspruch vorliegend jedoch tatbestandlich schon nicht belegt war, fiel der Hilfsantrag nicht zur Entscheidung an.

B.

68

Die Kostenentscheidung ergab sich aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Eine Zulassung der Revision war nicht veranlasst, da es an Gründen hierzu i.S.d. § 72 Abs. 2 ArbGG fehlte.

(1) Anfechtbar ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden.

(2) Richtet sich die Leistung auf ein gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk geringen Werts, so ist sie nicht anfechtbar.

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - 2 Ca 1711/10 - vom 09.06.2011 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Rahmen der Insolenzanfechtung über die Rechtsgrundlosigkeit einer gezahlten Arbeitsvergütung.

2

Der Kläger wurde mit Beschluss vom 1. Februar 2007 durch das Amtsgericht Dresden zum Insolvenzverwalter für das am gleichen Tag vor dem Amtsgericht Dresden eröffnete Insolvenzverfahren über das Vermögen der F C. & Sohn GmbH in B - 5 IN 0000 - bestellt. Die Beklagte ist die getrennt lebende Ehefrau des Geschäftsführers der Insolvenzschuldnerin.

3

Die Insolvenzschuldnerin F C. & Sohn GmbH war 1991 als Tochter der Firma C. & Sohn GmbH gegründet worden. 1996 wurde - unter Aufbau einer Fertigungsstätte mit zwei Produktionshallen, Büro- und Sozialanbau usw. - eine zweiten Niederlassung in B errichtet. Bis spätestens Mitte 2006 geriet die Insolvenzschuldnerin in eine nicht mehr überwindbare Krise, die zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens führte. Im Rahmen von Sanierungsbestrebungen der Hausbank war eine Sanierungsbewertung zustande gekommen, in welcher neben Daten, die für die wirtschaftliche Betrachtung wesentlich waren, auch ein Organigramm der Firmenstruktur mit Abteilungen und - nach Ansicht des Klägers: sämtlichen - Namen beschäftigter Mitarbeitern vorkamen, u.a. der der Tochter der Beklagten ( C. [-G.]) in der Personalabteilung, des Sohns (Manuel C.) in der Führungsebene und des Ehemanns der Beklagten (Herbert C.) als Geschäftsführer, nicht indes der der Beklagten (Bl. 20 ff. d.A.).

4

Seit Beginn der Ehe im September 1972 hatte die Beklagte in unterschiedlichen Tätigkeiten für den Betrieb gearbeitet und hierfür Lohn erhalten. Ein schriftlicher Vertrag nicht abgesetzt worden. Anlässlich der Geburt des ersten Kindes hatte sich die Arbeitszeit der Klägerin reduziert, nach der Geburt des zweiten Kindes in Übereinstimmung mit dem Arbeitgeber die Arbeitserledigung nach Hause verlagert. Auch als die Kinder nicht mehr betreut werden mussten, blieb die Praxis der Arbeit von zuhause aus unverändert. Zwischen den Parteien besteht kein Streit, dass die Beklagte 2005 und 2006 - als die Eheleute getrennt lebten - in einem „Beschäftigungsverhältnis“ stand. Der Beklagten gegenüber wurde monatlich ein Bruttogehalt von 1.329,96 EUR (einschließlich Direktversicherung und Pkw-Nutzung) abgerechnet - aufs Jahr besehen 23.513,15 EUR in 2005 und 23.524,69 EUR in 2006, zusammen 47.037,84 EUR (Ablichtungen der Lohn-/ Gehaltsabrechnung 12/05 und 12/06 in Bl. 26 f. d.A.). Auf einem Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung des Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen gab die Beklagte am 12. Juli 2007 unter Gegenzeichnung der Arbeitgeberseite an, seit 1. Januar 2005 „bis heute“ als kaufmännische Angestellte beschäftigt gewesen zu sein (Ort der Tätigkeit: zuhause; durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit: Arbeitstage: 5, Stunden: 40; Arbeitszeit: feste Arbeitszeit; Beschreibung der ausgeübten Tätigkeit: OP-Listen bearbeiten, Ausschreibungen anfordern; Tätigkeit wurde aufgrund einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung ausgeübt; der mitarbeitende Angehörige ist an Weisungen des Betriebsinhabers über die Ausführung der Arbeit gebunden und das Weisungsrecht wird tatsächlich auch ausgeübt; im Einzelnen Bl. 28-30 d.A.).

5

Der Kläger erklärte mit Schriftsatz vom 20. Mai 2009 gegenüber der Beklagten die Anfechtung gemäß § 134 InsO wie folgt (Bl. 31 f. d.A.):

6

„.. Aus den mir bislang vorliegenden Lohnunterlagen wurden sie zumindest in dem Zeitraum ab Januar 2005 als Arbeitnehmerin bei der Insolvenzschuldnerin geführt und haben in den Jahren 2005 und 2006 ein Bruttoentgelt von insgesamt rund 47.000 EUR erhalten. Da von ehemaligen Mitarbeitern auf Anfragen bezüglich ihrer konkreten Tätigkeit im Unternehmen keine plausiblen Angaben gemacht werden konnten und ihre eigenen Angaben vom 12.07.2007 in dem 'Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen' auch keine schlüssige Antwort auf Ihre tatsächlich geleistete Arbeit zu lassen, ist nach bisherigem Kenntnisstand nicht auszuschließen, dass es sich vorliegend um ein Scheinarbeitsverhältnis handelt. ... Die erhaltenen Zahlungen ohne adäquate Gegenleistung wären gemäß § 134 InsO anfechtbar mit der Konsequenz, dass die erhaltenen Zahlungen bzw. ein angemessener Teil davon an die Insolvenzmasse zurückzuzahlen sind. Insofern bitte ich Sie, mir bis zum 08.06.2009 mitzuteilen bzw. nachzuweisen, welche Tätigkeiten sie ausgeübt haben ...“

7

Die Beklagte antwortete am 30. Juni 2009, sie habe ihrem Gehalt entsprechend und wie im Feststellungsbogen vom 12. Juli 2007 erklärt gearbeitet.

8

Dem am 1. Juli 2009 klägerseits beim Amtsgericht Aschersleben beantragten, am 3. Juli 2009 erlassenen und am 8. Juli 2009 zugestellten Mahnbescheid über 47.037,85 EUR aus insolvenzrechtlicher Anfechtung gemäß § 134 InsO nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 1. Februar 2007 widersprach die Beklagte am 14. Juli 2009 insgesamt. Das Verfahren wurde am 17. August 2009 antragsgemäß an das Landgericht Kaiserslautern abgegeben.

9

Am 19. März 2010 rechnete der Kläger der Beklagten gegenüber die Arbeitsmonate Februar und März 2007, während derer er die Beklagte freigestellt hatte, mit jeweils 1.329,36 EUR (brutto) ab, woraus sich - unter Abzug auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangener 1.257,15 EUR netto - ein Zahlbetrag von 664,61 EUR ergab. Der Kläger meinte im vorliegenden Verfahren, zur Auskehr verpflichtet gewesen zu sein, solange die Anfechtung nicht anerkannt oder rechtskräftig festgestellt gewesen sei, weil das einer kanzleiinternen Vereinbarung entsprochen habe. Unstreitig blieb zwischen den Parteien, dass über den 31. März 2007 hinaus kein Arbeitsverhältnis mehr bestand.

10

Mit rechtskräftigem Beschluss vom 29. November 2010 - 3 O 566/09 - erklärte das Landgericht Kaiserslautern den ordentlichen Rechtsweg für unzulässig (Bl. 73 ff. d.A.) und verwies den Rechtsstreit an das örtliche Arbeitsgericht.

11

Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen:

12

Im Betrieb der Insolvenzschuldnerin sei keine nennenswerte Tätigkeit der Beklagten bekannt (Zeugnis Frau D., Herr E.). Die von ihr behaupteten Tätigkeiten seien nicht nach außen in Erscheinung getreten. Sie habe keine entlohnungsgemäßen Arbeitsleistungen erbracht (Zeugnis Herr A., Herr B., Herr Herbert C.). Frau D. habe für die Gemeinschuldnerin alle OP-Listen bearbeitet, Herr E. alle Angebote und Ausschreibungen (Zeugnis Frau D., Herr E.). Beklagtenseits behauptete Recherchen, Ausschreibungsermittlungen gegenüber der öffentlichen Hand, irgendwelches Ausfindigmachen von Bauträgern oder Generalunternehmern habe es nicht gegeben (Nichtwissen). Namentlich behauptete Präsentationen gegenüber Architekten und Bauträgern bedürften der Konkretisierung. Die Insolvenzschuldnerin habe immerhin über ein Hochglanz-Prospekt mit wesentlichen Angaben und eine eigene Homepage für den ersten Zugriff verfügt (was unstreitig blieb). Auch vermeintliche Zuständigkeiten als „Feuerwehr“ oder „Mädchen für alles“ bedürften der Substantiierung. Insbesondere im 40-stündigen Wochenumfang seien solche Arbeiten nicht möglich gewesen. Zudem habe es keinerlei dem Standard elektronischer Vernetzung entsprechende Verbindung zwischen dem vermeintlichen Arbeitsort der Beklagten und dem Betrieb der Insolvenzschuldnerin gegeben, um Arbeitsergebnisse dem kaufmännischen System zuführen zu können (was unstreitig blieb). Weiter hätte die Beklagte, wenn sie eine ihrem ausgezahlten Lohn entsprechende Tätigkeit ausgeführt haben wollte, unter Namensnennung im Organigramm erfasst sein müssen. Ohne erbrachte Arbeitsleistung könne es sich nur um ein Scheinarbeitsverhältnis mit Alimentcharakter gehandelt haben. Er (der Kläger) bestreite (mit Nichtwissen), dass der Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin seit 2004 Unterhaltsleistungen erbracht habe. Zwar habe auch er (der Kläger) noch im Frühjahr 2010 Lohn an die Beklagte gezahlt. Grund hierfür sei jedoch nur gewesen, dass Lohnzahlung, Lohnabrechnungen, Abgabenleistungen usw. aus der vormaligen Zeit den äußeren Eindruck eines bestehenden Arbeitsverhältnis erweckt hätten, d.h. der Vertrag von Anfang an gültig gewesen sei.

13

Der Kläger hat erstinstanzlich sinngemäß beantragt,

14

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zur Insolvenzmasse 47.037,85 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

15

Die Beklagte hat die Klageabweisung beantragt und ihrerseits vorgetragen:

16

Sie habe für die Firma unter Einsatz eines PC folgende Arbeiten von zuhause aus erbracht und sei hierfür anschließend wie vertraglich vereinbart entlohnt worden: (1) Recherchieren von Ausschreibungen potentieller Auftraggeber der öffentlichen Hand, von Bauträgern und Generalunternehmern, und zwar orientiert an der Produktpalette und den Kompetenzen und Leistungsvermögen der Insolvenzschuldnerin unter Anforderung von Ausschreibungsunterlagen, (2) Vorstellung der Insolvenzschuldnerin gegenüber Architekten und Bauträgern durch entsprechende Anschreiben unter Darstellung des Unternehmensprofils zum Ziel der Neukundenakquise, (3) Fertigstellung von Kalkulationen unter Übertragung der Kalkulationen in die notwendigen Formblätter, (4) Zuarbeiten in allen anderen Bereichen, je nach Bedarf und Notwendigkeit als „Mädchen für alles“ oder „Feuerwehr“. Aufgrund ihrer langjährigen und firmenbezogenen Berufserfahrung habe sie in den verschiedensten Bereiche eingesetzt werden und - teils eigenständig, teils in Ergänzung oder in Zusammenarbeit mit anderen Arbeitnehmern - anfallende Büroarbeiten zu erledigen vermocht. Eine feste Zuordnung von Arbeitsbereichen habe es nur für die jeweiligen Projekte gegeben. Die Verbindungsbrücke zwischen häuslichem Arbeitsplatz und Betrieb sei die im Betrieb beschäftigte Tochter gewesen, mit der sie tagtäglich in Kontakt gestanden habe. Sie (die Tochter) habe ihr - soweit notwendig - sämtliche Unterlagen und Informationen direkt überbracht bzw. umgekehrt auch wieder mit in die Firma genommen (Zeugnis Frau C.-G., Zeugnis Herr Herbert C.). Die fehlende Erwähnung im Organigramm habe möglicherweise darauf beruht, dass hiermit nur eine Stellungnahme zur Fortführungsfähigkeit und -Würdigkeit bezweckt gewesen sei, in der sie (die Beklagte) keine Rolle mehr gespielt habe, oder dass man sie schlicht übersah. Ansprüche auf Rückgewähr umfassten zumindest keine vollen Bruttolohnsummen und unterlägen der - vorliegend durchgreifenden - Verjährung.

17

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat der Klage mit Urteil vom 9. Juni 2011 - 2 Ca 1711/10 - (auf dessen Tatbestand wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz Bezug genommen wird, Bl. 138 ff. d.A.) vollumfänglich entsprochen. Es hat dafür gehalten, dass die Klägerin keine nachvollziehbaren Arbeitsleistungen erläutert habe, obgleich sie hierzu aufgrund sekundärer Darlegungslast verpflichtet gewesen sei. Das Geschilderte seien nur Tätigkeiten im Allgemeinen, ohne (wenigstens exemplarischen) Bezug zum genauen Inhalt und zeitlichen Umfang, was auch im Hinblick auf die im Feststellungsbogen aufgeführten Tätigkeiten einer Bearbeiterin von OP-Listen gelte. Auch wenn der Kläger für 2007 noch Vergütungsdifferenzen nachgezahlt habe, liege hierin kein Anerkenntnis einer Lohnzahlungspflicht in 2005 und 2006. Umgekehrt gelte statt dessen, dass, wenn für diese Jahre Arbeitsleistungen fehlten, solche offenbar auch nicht hätten erbracht werden müssen, was wiederum ein Scheinarbeitsverhältnis nahe lege. Es widerspreche jeglicher Lebenserfahrung, dass ein Arbeitsverhältnis, obwohl der Arbeitnehmer seiner Arbeitspflicht nicht nachkomme, zwei Jahre lang mit monatlichen Vergütungsleistungen bedacht werde.

18

Das Urteil wurde der Beklagten am 5. Juli 2011 zugestellt. Sie hat hiergegen mit Schriftsatz 27. Juli 2011, eingegangen 29. Juli 2011, Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 5. Oktober 2011 verlängerten Frist mit Schriftsatz vom 30. September 2011, eingegangen am gleichen Tag, begründet.

19

Die Beklagte trägt zweitinstanzlich vor:

20

Weil eine ausdrückliche Anfechtung nicht erklärt worden sei (das Schreiben vom 20. Mai 2009 habe allein der Sachverhaltsaufklärung gedient und auch die Klageerhebung stelle keine auslegungsfähige Erklärung dar) sei der Anspruch schon aus formellen Gründen nicht gegeben. Im Übrigen habe das Arbeitsgericht die sekundäre Darlegungslast überspannt. Es sei nicht möglich, alle Umstände der Arbeitstätigkeit einschließlich zeitlicher Anteile bis ins Detail zu rekonstruieren. Sie (die Beklagte) habe als kaufmännische Angestellte an fünf Tagen der Woche mit insgesamt 40 Stunden von zuhause aus folgende Aufgabenbereiche mit entsprechenden Zeitanteilen bearbeitet:

21

(1) Recherchieren von Ausschreibungen - hierzu habe sie die von ihrer Tochter erhaltenen Ausschreibungshefte (Bundesausschreibungsblatt; I-Hefte), in denen deutschlandweit Objekte für Fenster und Türen in Kunststoff- und Alu-Bauweise sowie in Holz- und Holz-Alu-Bauweise ausgeschrieben seien, auf passende Bauvorhaben im Angebotsprofil der Insolvenzschuldnerin geprüft und nach telefonischer Rücksprache mit dem Geschäftsführer zum Anlass der Anforderung von Ausschreibungsunterlagen genommen, wobei weitere vergleichbare Recherchen auch im Internet durchgeführt worden seien, was einen täglichen Arbeitsanfall von ein bis zwei Stunden ausgemacht habe -,

22

(2) Vorstellung des Unternehmens gegenüber Architekten / Unternehmen etc. pp. - hier habe sie (die Beklagte) über das Internet usw. Architekten, Bauträger und Generalunternehmer herausgesucht, um ihnen das Unternehmen anhand von Prospekten und Anschreiben mit dem Ziel, künftig Ausschreibungsunterlagen automatisch zugesandt zu erhalten, sofern neue Vergaben anstünden, präsentiert, was einen täglichen Arbeitsaufwand von etwa einer Stunde umfasst habe -,

23

(3) sonstige Arbeiten und Korrespondenz - dies habe die Erledigung von Korrespondenzen für den Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin auf telefonisch mitgeteilte oder per Handdiktiergerät vorbereitete Diktate beinhaltet, wobei die Kassetten von ihrer Tochter mitgebracht und die fertigen Briefe dieser wieder mitgegeben worden seien, was einen Zeitaufwand von 0,5 bis eine Stunde pro Tag ausgefüllt habe -,

24

(4) Bearbeitung der OP-Liste der Firma C. in St. J - bei der Insolvenzschuldnerin seien hierzu einmal im Monat Listen der offenen Posten ausgedruckt worden, welche sie von ihrer Tochter zur Abarbeitung überbracht erhalten habe, und die sie über Kontaktaufnahmen mit den Kunden sowie Nachfragen, aufgrund welcher Umstände Zahlungen noch nicht beglichen seien, Anhalten zu Zahlungen, Vereinbarung von Zahlungszielen bzw. (soweit Rückstände auf Mängeln beruht hätten) durch Mängelvermerke für ihre Tochter zur Weitergabe in den Betrieb, erfüllt hätte, dies alles bei einem täglichen Arbeitsaufwand von ein bis zwei Stunden -,

25

(5) Übertragung von Ausschreibungen und Fertigstellung von Ausschreibungsunterlagen - hier seien täglich ca. drei Ausschreibungen in die vorgesehenen Formulare übertragen worden, Bescheinigungen z.B. für die Berufsgenossenschaft, das Handelsregister, Krankenkassen oder das Finanzamt kopiert, den Unterlagen beigefügt, verpackt und versandt worden (einschließlich Verbringung zur Post mit ca. 20 Min. Fahrtaufwand), woraus abermals je nach Größe der Ausschreibung teilweise bis zu vier Stunden Arbeitszeit hervorgegangen seien (bei hohem Aufmerksamkeitsaufwand, weil die Übertragungen formell und inhaltlich richtig sein müsse, um die Teilnahme an der Ausschreibung zu gewährleisten, es handelte sich schließlich um Ausschreibungen mit Auftragswerten von 1 bis 2 Millionen, wobei pro Seite der Ausschreibung 3-7 Positionen anfielen, je Objekt ca. 200-400 Seiten) - Beweis Zeugnis Frau C.-G., Herr Herbert C., Herr G., Herr H., Herr I.).

26

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

27

das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 9. Juni 2011 abzuändern und die Klage - auch in ihrer hilfsweisen Fassung des Berufungsrechtszugs - abweisen.

28

Der Kläger beantragt,

29

die Berufung zurückzuweisen,

30

sowie hilfsweise sinngemäß

31

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zur Insolvenzmasse 37.199,67 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2009 zu zahlen,

32

2. die Beklagte zu verurteilen, ihre Erstattungsansprüche gemäß § 26 SGB IV gegenüber der Einzugsstelle (DAK B, K 4, B, Sozialversicherungsnummer: 00000000), ersatzweise gegenüber den Sozialversicherungsträgern (D, Bundesagentur für A, Deutsche Rentenversicherung/Mitteldeutschland) für das Jahr 2005 in Höhe von insgesamt 4.876,57 EUR und für das Jahr 2006 in Höhe von insgesamt 4.961,61 EUR an den Kläger abzutreten.

33

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil und trägt weiter vor:

34

Die Anfechtung sei mit Mahnbescheidsantrag und späterer Klagebegründung ausreichend geltend gemacht. Zu erstatten sei jedweder geldwerte Vorteil, auch in Gestalt von ersparten Aufwendungen (Dienstwagen o.ä.). Selbst mit weiterem Vortrag habe die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast nicht genügt. Die Beklagte habe die behaupteten Tätigkeiten nicht bei der Insolvenzschuldnerin erbracht, schon gar nicht im behaupteten Zeitumfang (Zeugnis Herr A., Herr B., Herr Herbert C.). Es seien keine Arbeitsergebnisse in den normalen Unternehmenskreislauf integriert worden. Vielmehr sei das Organigramm für den status quo der seinerzeitigen Belegschaft beachtlich. Bei Diktaten für den Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin könne es sich nicht um Gegenstände des Unternehmens gehandelt haben. Die in St. J ehemals ansässige C. & Sohn GmbH sei im Zeitraum 2005 bis 2006 in die M Verwaltungsgesellschaft mbH umbenannt worden. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahren sei fehlender Masse gescheitert (was unstreitig blieb).

35

Die Kammer hat über die Behauptung des Klägers, die Beklagte habe zwischen 2005 und 2006 keinerlei Arbeitsleistungen erbracht, namentlich nicht OP-Listen betreut oder Ausschreibungen und Angebote begleitet, Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Frau D., Herr E., Herr A., Herr B. und Herr Herbert C., sowie gegenbeweislich durch Vernehmung des Herrn Herbert C. und der Frau C.-G. erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift der Sitzung vom 15. Februar 2013 in Bl. 372 ff. d.A. Bezug genommen.

36

Des weiteren wird für den Sach- und Streitsstand zweiter Instanz ergänzend auf die wechselseitigen Schriftsätze (der Beklagten vom 30. September 2011 [Bl. 171 ff. d.A.], 17. Februar 2012 [Bl. 234 d.A.], 5. November 2012 [Bl. 192 f. d.A.], 30. November 2012 [Bl. 328 f. d.A.], 19. Dezember 2012 [Bl. 333, 336 d.A.], 8. Januar 2013 [Bl. 351 d.A.] und 17. Januar 2013 [Bl. 367 d.A.] sowie des Klägers vom 20. Oktober 2011 [Bl. 205 ff. d.A.], 7. Februar 2012 [Bl. 232 d.A.], 27. Februar 2012 [Bl. 235 d.A.], 12. September 2012 [Bl. 260 d.A.], 13. September 2012 [Bl. 262 ff. d.A.], 15. Oktober 2012 [Bl. 280 d.A.] und 29. Oktober 2012 [Bl. 286 f. d.A.]) nebst Anlagen, die zur Gerichtsakte gereichten Unterlage sowie die Protokolle vom 27. Januar 2012, 24. August 2012 und 15. Februar 2013 verwiesen.

Entscheidungsgründe

A.

37

Die zulässige Berufung ist begründet. Die Klage erweist sich zumindest nach ergänzendem Vorbringen der Beklagten in zweiter Instanz sowie durchgeführter Beweisaufnahme als unbegründet.

I.

38

Die Berufung ist zulässig (§§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 ArbGG). Die Beklagte ist im Umfang des erstinstanzlich ausgeurteilten Zahlungsbetrags, der die Grenze des § 64 Abs. 2 Buchst. b ArbGG übersteigt, beschwert. Sie hat ihr Rechtsmittel form- und fristgerecht angebracht (§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 519 ZPO) sowie rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet (§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO).

II.

39

Die Klage ist im Hauptantrag zulässig, aber nicht begründet. Spätestens aus dem Ergebnis der zweitinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme ergab sich unzweifelhaft, dass die Beklagte die in Abrede gestellten Arbeitstätigkeiten im geschuldeten Umfang doch erbracht hatte. Der auf den Erfolgsfall gerichtete Hilfsantrag fällt nicht mehr zur Entscheidung an.

40

1. Die Klage ist im Hauptantrag zulässig. Sie genügt den Anforderungen aus § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Kläger begehrt Wertersatz aus insolvenzrechtlicher Anfechtung gemäß § 143 Abs. 2 Satz 1, § 134 InsO. Den Bestimmtheitsanforderungen genügt ein solcher Klageantrag, wenn er den Wertersatz konkret beziffert und einen Sachvortrag umfasst, der die Tatsachen, aus denen der Anfechtungsanspruch hergeleitet wird, erkennen lässt (HK-InsO/ Kreft 5. Aufl. § 146 Rn. 8). Diesen Voraussetzungen wurde vorliegend genügt.

41

2. Die Klage ist im Hauptantrag aber nicht begründet. Dem Kläger steht kein Wertersatz aus insolvenzrechtlicher Anfechtung zu. Nach § 143 Abs. 2 Satz 1 InsO hat der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung die erzielte Bereicherung zwar zurück zu gewähren, wenn die Leistung unentgeltlich i.S.d. § 134 InsO erlangt war, nicht nur Gelegenheitsgeschenke betraf und im Erhalt nicht länger als vier Jahre bis zur Insolvenzeröffnung zurück lag. Die Voraussetzungen der Unentgeltlichkeit sind im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben.

42

a) Dem Kläger fehlte allerdings nicht schon die Anfechtungsbefugnis. Er hatte zwar in Anlage K 1 lediglich eine Ablichtung seiner Bestellung zum vorläufigen Insolvenzverwalter vom 10. Januar 2007 zur Gerichtsakte gereicht (Bl. 14 f. d.A.). Nach § 129 Abs. 1 InsO ist anfechtungsbefugt indes nur der (schlussendliche) Insolvenzverwalter. Zwischen den Parteien bestand aber über die nachfolgend zur vorläufigen Bestellung erfolgte Einsetzung als eigentlichem Insolvenzverwalter (Beschluss des Amtsgerichts L-Stadt vom 1. Februar 2007, Az. 000/00) kein Streit. Es gab bei Schluss der mündlichen Verhandlung weiter auch keinen Anhaltspunkt, dass das Insolvenzverfahren bereits vollständig und ohne Nachtragsverteilung beendet gewesen sein sollte (zu dieser sachlichen Begrenzung der Rechtsausübung etwa Huber in Gottwald Insolvenzrechts-Handbuch 4. Aufl. § 51 Rn. 10).

43

b) Entgegen dem Beklagteneinwand war das Anfechtungsrecht des Klägers auch nicht nach § 134 Abs. 1, § 146 Abs. 1 InsO i.V.m. §§ 195, 199 Abs. 1 BGB verjährt. Die Insolvenzanfechtung bedarf keiner gesonderten Erklärung (BGH 1.2.2007 - IX ZR 96/04 - Rn. 20, NZI 2007, 230). Die Würdigung des auf eine solche Erklärung gleichwohl deutenden Klägerschreibens vom 20.Mai 2009 konnte vor diesem Hintergrund letztlich auf sich beruhen. Das Anfechtungsrecht war mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden und zugleich - in Gestalt des Rückgewähranspruchs aus anfechtbarem Rechtsgeschäft - auch fällig geworden. Auf diesen Beginn vom 1. Februar 2007 endete die Verjährungsfrist nach §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB (zur Anwendbarkeit HK-InsO/ Kreft § 146 Rn. 11) mit Ablauf des 31. Dezember 2010 und war vorliegend mit Zustellung des Mahnbescheids - unter Hinweis auf das klägerseitige Anfechtungsrecht - unter dem 8. Juli 2009 rechtzeitig gehemmt worden (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB).

44

c) Der Beklagten war allerdings zwischen dem 1. Januar 2005 und dem 31. Dezember 2006 keine unberechtigte weil unentgeltliche Arbeitsentgeltleistung zugekommen, die sie an den Kläger zurückgewähren musste.

45

aa) Unentgeltlich ist eine Leistung, wenn ein Vermögenswert des Verfügenden zu Gunsten einer anderen Person aufgegeben wird, ohne dass dem Verfügenden ein entsprechender Vermögenswert zufließen soll (BGH 21.12.2010 - IX ZR 199/10 - Rn. 10, NZI 2011, 107). Bei einer Leistung im Rahmen eines entgeltlichen Vertrags liegt Entgeltlichkeit vor, soweit durch die Leistung eine bestehende Verbindlichkeit erfüllt wird; Gegenleistung ist dann die vom Schuldner erlangte Befreiung von seiner Verbindlichkeit (BGH 9.12.2010 - IX ZR 60/10 - Rn. 10, NJW 2011, 1732). Bei Zahlungen auf eine Nichtschuld fehlt es an der Entgeltlichkeit einer Leistung (BGH 21.12.2010 - IX ZR 199/10 - Rn. 12, a.a.O.). Leistung ist jede Schmälerung des Schuldnervermögens, durch welche die Insolvenzgläubiger unmittelbar oder mittelbar benachteiligt werden (BGH 19.4.2007 - IX ZR 79/05 - Rn. 14, NZI 2007, 403). Dem anfechtenden Insolvenzverwalter obliegt die Darlegungs- und Beweislast für die Vornahme einer unentgeltlichen Leistung sowie die Verursachung einer Gläubigerbenachteiligung. Soweit die Entscheidung von (sei es auch indiziellen) Umständen aus dem Bereich des Anfechtungsgegners abhängt - zum Beispiel ob dieser eine Gegenleistung erbracht hat -, trifft ihn eine sekundäre Darlegungslast (MünchKommInsO/ Kirchhof 2. Aufl. § 134 Rn. 49).

46

bb) Eine Leistung auf eine Nichtschuld ist nicht anzunehmen.

47

(1) Der Kläger selbst bringt zum Bestehen einer rechtswirksamen Verbindlichkeit schon Wesentliches vor. So führt er aus, dass die Beklagte in den Jahren 2005 und 2006 in einem „Beschäftigungsverhältnis“ zur Insolvenzschuldnerin gestanden habe (S. 3 der Anspruchsbegründungsschrift vom 8. Oktober 2009, Bl. 12 d.A.), was angesichts der klaren Regelung in § 7 Abs. 1 SGB IV kaum anders als durch Bestehen eines Arbeitsverhältnisses denkbar ist. Er legt zudem auch Abrechnungen des jeweils letzten Kalendermonats der bezeichneten Jahre vor, welche die Abführung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen wiedergeben (Anlagen K 6, 7, Bl. 27 f. d.A.), was gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 EStG bzw. §§ 28 e Abs. 1 Satz 1, § 7 Abs. 1 SGB IV wiederum nur unter der Voraussetzung eines bestehenden Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnisses Sinn ergeben konnte. Des Weiteren reichte der Kläger selbst den bereits in seinem Namen für die Insolvenzschuldnerin gegengezeichneten Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen vom 12. Juli 2007 zur Gerichtsakte, indem ebenfalls gerade der Bestand eines Arbeitsverhältnisses zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Beklagten ausgeführt wird (Anlage K 7, Bl. 28 ff. d.A.).

48

(2) Soweit der Kläger meint, von einem Scheingeschäft ausgehen zu können, folgt ihm die Berufungskammer nicht.

49

(a) Ob ein Rechtsgeschäft wirklich gewollt oder nur zum Schein abgeschlossen wird, hängt davon ab, ob die Parteien einverständlich nur den äußeren Schein des Abschlusses eines Rechtsgeschäfts hervorrufen, dagegen die mit ihm verbundenen Rechtswirkungen nicht eintreten lassen wollen, oder ob sie ein ernstlich gemeintes Rechtsgeschäft doch für notwendig erachten. Ein bei seinem Abschluss tatsächlich gewollter Vertrag wird nicht deshalb zum Scheingeschäft, weil der mit ihm bezweckte Erfolg in der gewählten Rechtsform nicht erreicht werden kann (BGH 20.7.2006 - IX ZR 226/03 - Rn. 11, NJW-RR 2006, 1555). Die Darlegungs- und Beweislast, dass ein nur dem äußeren Anschein nach bestehendes Rechtsverhältnis hervorgerufen werden sollte, liegt bei demjenigen, der sich auf die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts beruft (BAG 9.2.1995 - 2 AZR 389/94 - zu II 4 der Gründe, NZA 1996, 249).

50

(b) Vorliegend fehlt substantiierter Klägervortrag dazu, zwischen welchen Personen zu welchem Zweck wann welches andere als eine Arbeitsverhältnis für die Klägerin begründet worden sein mochte.

51

(aa) Nach dem nicht weiter in Abrede gestellte Beklagtenvorbringen, seit Beginn der Ehe (1972) unter wechselnden Tätigkeitsinhalten im Arbeitsverhältnis zur Insolvenzschuldnerin bzw. deren Rechtsvorgängerin gestanden zu haben, war von einem bereits lange bestehenden Rechtsverhältnis auszugehen. Dies hatte der Kläger weder in Abrede gestellt noch widerlegt, dass er den Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen vom 12. Juli 2007 in seinem Namen gegenzeichnete oder gegenzeichnen ließ, der immerhin bis auf das Datum der Eheschließung zurückreichte (Anlage K 7, dort Ziff. 3.8, Bl. 30 d.A.).

52

(bb) Der pauschale Beweisantritt unter Benennung dreier Zeugen für den Umstand, dass allein ein gegenleistungsfreier Lohnerhalt auf das Bestehen eines Scheinrechtsverhältnis hindeuten mochte (Schriftsatz 02.12.09, Bl. 46. d.A.), war unerheblich, weil dies auf eine Einvernahme über rechtliche Werturteile oder bloße Ausforschung hinauslief. Dem Beweis zugänglich sind allein Tatsachen, d.h. konkrete, nach Zeit und Raum bestimmte, der Vergangenheit oder der Gegenwart angehörende Geschehnisse oder Zustände (LAG Rheinland-Pfalz 16.8.2011 - 3 Sa 167/11 - zu A I 2 b aa der Gründe, NZA-RR 2012, 5), die der Kläger nicht weiter ausführte. Für einen allgemeinen Erfahrungssatz, dass Ehegattenarbeitsverhältnisse willensgemäß in jedem Trennungsfall automatisch in Scheingeschäfte zum Zweck der leistungsfreien Alimentation umschlagen sollen, fehlt jede verallgemeinerbare Tatsachenbasis.

53

(cc) Der Kläger konnte vor diesem Hintergrund nicht offen lassen, ob und ggf. seit wann welche trennungsbezogenen Unterhaltsansprüche seitens der Beklagten bestanden haben mochten und ggf. wie bedient oder nicht bedient wurden. Mit bloßem Nichtwissen, ob der Geschäftsführer Unterhalt gewährte, war der Darlegungslast des Klägers nicht genügt. Zudem war zu beachten, dass der Gesetzgeber im Rahmen der Regelungen zur Insolvenzanfechtung in § 143 i.V.m. §§ 130 ff. InsO von einer Umkehr der Beweislast gegenüber nahestehenden Personen gerade abgesehen hatte (HK-InsO/ Kreft § 143 Rn. 34).

54

(dd) Gegen ein Scheingeschäft sprach schlussendlich auch der Umstand, dass der Kläger selbst - und zwar noch nach Anhängigmachung des vorliegenden Anspruchs am 8. Juli 2009 und nach vorangegangener schriftlicher Erläuterung vom 20. Mai 2009 mithin in Kenntnis aller Umstände - mit Schreiben vom 19. März 2010 sämtliche Restlohnssummen aus 2007 an die Beklagte gezahlt hatte, ohne dabei irgendwelche Vorbehalte zu artikulieren (vgl. Bl. 122 d.A.). War damit für 2007 ein Rechtsgeschäft zumindest kraft Bestätigung i.S.d. § 141 BGB in Wirksamkeit erwachsen, ließ sich an der Tragfähigkeit der Rechtsgrundlage für die vorangegangene Zeit ebenfalls kaum ernsthaft zweifeln. Anderes konnte schließlich auch aus keiner irgendwie erläuterten oder nach außen kenntlich gemachten „Kanzleipraxis“ des Klägers folgen.

55

cc) Die Lohngewährung gegenüber der Beklagten war zwischen Januar 2005 und Dezember 2006 nicht gegenleistungsfrei erfolgt.

56

(1) Die Verbindlichkeiten der Insolvenzschuldnerin aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten betrafen Vergütungs- und Gratifikationsansprüche. Für Gratifikationen, die der Arbeitgeber im bestehenden Arbeitsverhältnis leistet, gilt generell, dass sie nicht unentgeltlich i.S.d. § 134 InsO erfolgen (Huber in Gottwald Insolvenzrechts-Handbuch § 49 Rn. 14). Soweit der Kläger daneben Lohnansprüche der Beklagten bezweifelte, gilt, dass zum Beleg von Vergütungsansprüchen regelmäßig ausreicht, wenn ein Arbeitnehmer darlegt, sich zur rechten Zeit am rechten Ort bereitgehalten zu haben, um die Arbeitsanweisungen seines Arbeitgebers zu befolgen - die konkret zu leistende Arbeit durch Weisungen zu bestimmen ist dann dessen Sache (§ 106 GewO) - (BAG 18.4.2012 - 5 AZR 248/11 - Rn. 14, NZA 2012, 998). Im insolvenzrechtlichen Anfechtungszusammenhang können an die sekundäre Darlegungslast von Arbeitnehmern keine höheren Anforderungen gestellt werden. Belegt der Arbeitnehmer sein ausreichendes Angebot ist es Sache des Anfechtenden das Gegenteil darzulegen und zu beweisen.

57

(2) Selbst wenn man das Klägervorbringen letztlich dahin auffassen wollte, die Beklagte habe nicht nur keine beim Arbeitgeber angekommenen Ergebnisse vorzuweisen, sondern auch keine ausreichenden Arbeitsleistungen angeboten, war die Beklagte dem spätestens in zweiter Instanz ausreichend entgegen getreten, indem sie nach Ort (zu Hause), Zeit (regelmäßig 40 Wochenstunden an 5 Tagen) und Inhalt (Recherchieren von Ausschreibungen, Vorstellung des Unternehmens gegenüber Architekten / Unternehmen etc. pp., sonstige Arbeiten und Korrespondenz, Bearbeitung der OP-Liste der Firma C. in St. J und Übertragung von Ausschreibungen und Fertigstellung von Ausschreibungsunterlagen) Leistungsangaben gemacht hatte. Den hiergegen gerichteten Vortrag konnte der Kläger nicht beweiskräftig widerlegen.

58

(3) Für das Ergebnis der Beweisaufnahme ist dabei gemäß § 286 Abs. 1 ZPO auszuführen, dass die klägerischen Zeugen weder explizit noch implizit ausschließen konnten, dass sich die Beklagte der Insolvenzschuldnerin zur Arbeit zur Verfügung gestellt und auf Zuweisung anforderungsgemäße Leistungen tatsächlich erbracht hatte. Im Gegenteil bekundeten teils Kläger- und durchgehen Beklagtenzeugen, dass tatsächlich und ordnungsgemäß gearbeitet worden war.

59

(a) Frau D. konnte die eine alleinige OP-Listenführung im Kundenbereich nur für den in B geführten Inhalt erläutern, worum den es nach dem Beklagtenvorbringen, OP-Listen für St. J erbracht zu haben, indes nicht weiter ging. Entgegen dem Klägervorbringen bestätigte sie ausdrücklich, dass nicht nur sie OP-Listen-Führerin war, sondern allein in B noch eine weitere Kraft vorhanden war. Sie erklärte zudem auch dass selbstständige Listenführungen des Weiteren in St. J, und zwar für die dortigen Firmen M und C., existierten. Dass die Beklagte zu denjenigen zählte, die dort OP-Listen bearbeiteten, schloss die Zeugin nicht aus, sondern ließ es explizit offen („wer dort was gemacht hat, weiß ich nicht“). Die Zeugin gab ihre Aussage flüssig und auf Nachfrage erklärend sowie widerspruchsfrei ab. Glaubwürdigkeitszweifel bestanden nicht.

60

(b) Auch Herr E. gab - und entgegen der Klägerbehauptung - an, keineswegs der einzige Ausschreibungs- und Angebotseinholer der Insolvenzschuldnerin gewesen zu sein, sondern sprach allein für den Standort B von zwei bis drei Kalkulatoren und weiteren am Standort „E“. Auszuschließen, dass die Beklagte zu den dort tätigen Sachbearbeitern gehörte, vermochte er - unter eindrucksvollem Andeuten der Masse von Ausschreibungen und Recherchen unter Aufheben der Hände - gerade nicht. Aus eigener Erfahrung schilderte er die zu leistende Arbeit auch als rein „händisch“ und von zu Hause aus ausführbar, was eine Bearbeitung in der beklagtenseits geschilderten Weise ohne Weiteres möglich erscheinen ließ. Auch dieser Zeuge machte seine Aussage bruchlos und auf Nachfrage illustrierend sowie widerspruchsfrei. Glaubwürdigkeitszweifel bestanden ebenfalls nicht.

61

(c) Weiter ließ auch Herr B. offen, wer bei der Insolvenzschuldnerin welche Recherchen betrieben haben sollte und wer nicht. Er verwies als Projektleiter in St. J - nachvollziehbar - auf die bereits fertig bei ihm angelangten Aufträge. Hinsichtlich der Begleitung von OP-Listen gab er indes - entgegen dem Klägervorbringen - an, mit der Beklagten wegen offener Posten aus Altfällen bisweilen zu tun gehabt zu haben, ohne dass er dies zeitlich näher abgrenzen und für die Jahre 2005 und 2006 ausschließen konnte. Die hierbei bekundeten Erinnerungslücken waren aufgrund des sechs- bis siebenjährigen Zeitabstands verständlich. Es gab auch sonst keinen Grund, an der Glaubhaftigkeit der Aussage oder der Glaubwürdigkeit des Zeugen zu zweifeln. Seine Einlassungen waren frei, auf Nachfrage klar stellend und in sich widerspruchsfrei gehalten.

62

(d) Auch Herr A. war als Beschäftigter der C. & Sohn GmbH in St. J nicht in der Lage Auskünfte über fehlende Beschäftigungslagen bei der Insolvenzschuldnerin zu geben. In Erläuterung der von Mitarbeitern für seinen Arbeitgeber - die C. & Sohn GmbH, St. J - erfüllten Aufgeben bezeichnete er statt dessen die Beklagte ausdrücklich und unter illustrierendem Hinweis auf faktische Verflechtungen im Geschäftslauf der Gesellschaften insgesamt als Sachbearbeiterin für Außenstände. Zudem verwies er auf externe Kräfte für die Angebotsbearbeitung und erinnerte sich auch an Ausführungen von B aus, ohne dabei die Beklagte in irgendeiner Weise auszuschließen. Weder Glaubwürdigkeitszweifel gegenüber dem Zeugen noch Glaubhaftigkeitszweifel an seiner Aussage ließen die Einlassung in Frage stehen.

63

(e) Darüber hinaus wurden vom Zeugen Herbert C. die Kerntätigkeiten der Beklagten nach Zuweisung und Durchführung für 2005 und 2006 bestätigt, und zwar sowohl im Hinblick auf den fraglichen Gesamtzeitraum, als auch den Ort und den wesentlichen Inhalt der Vornahmen. Hiernach war die Beklagte in Heimarbeit von ihm einerseits in die Realisierung von Außenständen der C. & Sohn GmbH sowie der M eingebunden gewesen, die einen erheblichen Wertumfang gehabt hatten, und hielt in schwierigen Fällen mit ihm (dem Zeugen) hierüber Rücksprache, so dass er an die Kunden selbst herantreten konnte. Zum anderen oblagen (so der Zeuge weiter) der Beklagten Recherche und Auswertung von Angebotsblättern, die mehrmals wöchentlich kamen und mehrstündigen sensiblem Aufwand erforderten. Auszuschließen, dass daneben nicht noch weitere Tätigkeiten anfielen, vermochte der Zeuge im Hinblick auf die lange Beschäftigungszeit der Beklagten ebenfalls nicht. Er verwies ergänzend etwa auf die Einbindung der Beklagten in Finanzierungsplanungen. Auch ohne nähere Kontrollen hegte der Zeuge insgesamt keinen Zweifel, dass die Beklagte ihre Arbeitszeiten in irgendeiner Form vernachlässigt haben sollte („ich musste ... nicht sagen, wann sie was zu tun hat“). Auch für die Kammer ergab sich aufgrund von Zahl, Umfang und Zeitaufwand für die Auswertung von Ausschreibungen, die erheblichen „Altlasten“ sowie die offenbar auf eingefahrenen Gleisen weiter vollzogenen Aufgabenfelder (wie etwa Finanzierungsplanungen) kein Anhalt für zeitliche Minderleistungen. Die Kammer hatte, da sich die Aussagen des Zeugen ohne weiteres in die der vorangehörten Zeugen fügte, auch keinen Grund eine parteinehmende oder begünstigende Einlassung anzunehmen. Schon Herr E. hatte die Massen von ausgewerteten Angebotsunterlagen angesprochen, die im Endwert der wöchentlich nötigen Angebotszahlen (40 bis 50) mit der des Zeugen (sechs Mitarbeiter mit 10 Angeboten) wesentlich übereinstimmte. Herrn B. hatte für seinen Dienst in St. J von Rückfragen der Beklagten zu „uralten“ offenen Posten gesprochen, was dem Geschäftsführerzeugnis entsprach. Allein wegen getrennten Lebens vermochte die Kammer auch nicht anzunehmen, dass die Jahrzehnte umfassende Aufbauarbeit für das Familienunternehmen schlagartig nicht mehr fortführbar war und eine professionelle Abwicklung des Arbeitsverhältnisses in der vom Zeugen geschilderten Art unwiederbringlich ausschloss. Die Kammer hielt den Zeugen mithin für glaubwürdig und seine Aussage zum Beleg des von ihm ihr gegenüber wahrgenommenen Direktionsrechts für glaubhaft.

64

(f) Frau C.-G. schließlich bestätigte ebenfalls die Bearbeitung von OP-Listen, die Auswertung von Ausschreibungen einschließlich nachfolgender Übertragungen und etwaigen Kundenakquisen nebst Recherchen im Internet. Aufgrund des geschilderten Umstand, dass sie der Beklagten Unterlagen persönlich überbrachte sowie kraft eigener Stellung in personalleitender Position war, musste die Zeugin in der Lage sein, aus eigener Wahrnehmung über die Arbeiten der Beklagten zu berichten. Die von ihr übereinstimmend mit Herrn Herbert C. und Herrn E. bekundete Masse von auszuwertenden Unterlagen für den betriebsnotwendigen Umsatz („... brauchte die Kalkulation großes Futter“), ließ trotz persönlicher Nähe der Zeugin zur Beklagtenpartei nicht am objektiven Einlassungswert zweifeln. Übereinstimmung bestand auch im Hinblick auf die OP-Listenführung zu den Darstellungen der Frau D.. Neben der Glaubhaftigkeit der Aussage stand auch die Glaubwürdigkeit der Zeugin - auch wegen ihres unbefangenen Auftretens - nicht in Frage.

65

(4) Die Kammer vermochte dem Kläger auch in der Bewertung von Indizien nicht zu folgen. Das Fehlen von Arbeitsergebnissen am Standort B ließ sich im Hinblick auf die für den Standort St. J geführten OP-Listen unschwer damit erklären, dass nach Bekundung der Zeugin Frau D. in B nur die dortige Liste war. Auch ergab sich hinsichtlich diverser Angebotsvorarbeiten schon aus der Masse und teilweisen Unergiebigkeit durchzuführender Arbeiten geradezu zwangsläufig, dass nur schwer nachvollziehbar sein konnte, ob wer wann welche Vorarbeit erbracht hatte. Die Schilderung des Projektleiters B., überlassene Aufträge nicht näher nach ihrer Entstehung erkannt zu haben, belegte die Untunlichkeit etwaiger Rückschlusserwägungen. Ähnliches mochte für weitere Zuarbeiten der Beklagten im Rahmen von Finanzplanungen o.ä. gelten, für die selbstverständliche Mitwirkungen aufgrund familiärer Abstimmungsstrukturen und betroffenen Persönlichkeitssphären (nachvollziehbar) ohne Kenntlichmachungen nach außen geblieben sein mochten. Auch das Fehlen des Beklagtennamens im Organigramm ließ sich zwanglos dieserart erklären. Organigramme tragen zudem keine generalisierbare Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit in sich. Dass Arbeiten von zuhause aus auch ohne besondere technische Vernetzung möglich waren, hatte Herr E. für sämtliche Angebotsvorbereitungen erläutert. Für die Führung von OP-Listen fehlte jeder Anhalt, die Dinge anders zu sehen, nachdem die Beklagte ihre Arbeit wie von Herrn Herbert C. und Frau C.-G. bekundet jahrzehntelang in Heimarbeit verrichtet hatte.

66

(5) Der Anspruch war damit in tatsächlicher Hinsicht nicht weiter belegt.

67

3. Der auf gerichtlichen Hinweis im Termin vom 24. August 2012 angebrachte Hilfsantrag war als echter Eventualantrag allein für den Fall der Begründetheit des Anspruchs gestellt. Er trug dem Umstand Rechnung, dass die Rechtsfolge der Anfechtung eine Rückgewähr entsprechend den Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung ausgelöst haben mochte (BGH 20.4. 2010 - IX ZR 163/09 - Rn. 7, NJW 2010, 2125), für die die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung Wertersatz als im Regelfall durch Nettolohnrückzahlung, Steuerbefreiung gegenüber dem Fiskus und Übertragung von Erstattungsansprüchen nach § 26 SGB IV geschuldet ansieht (BAG 9.4.2008 - 4 AZR 164/07 - Rn. 57, ZTR 2009, 95). Da der Anspruch vorliegend jedoch tatbestandlich schon nicht belegt war, fiel der Hilfsantrag nicht zur Entscheidung an.

B.

68

Die Kostenentscheidung ergab sich aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Eine Zulassung der Revision war nicht veranlasst, da es an Gründen hierzu i.S.d. § 72 Abs. 2 ArbGG fehlte.

(1) Wird eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, mit dessen Einverständnis nur zum Schein abgegeben, so ist sie nichtig.

(2) Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so finden die für das verdeckte Rechtsgeschäft geltenden Vorschriften Anwendung.

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 20. September 2011 - 6 Sa 74/11 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Anspruch auf die am 31. Mai 2009 und 30. September 2009 entstandenen Teilbeträge eines Retention Payment (künftig: Halteprämie), deren Zahlung der Beklagte als Insolvenzverwalter in dem am 23. Januar 2009 beantragten und am 1. April 2009 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der Q AG (Schuldnerin) verweigert.

2

Der Kläger war bei der Schuldnerin als Senior Director Legal Consolidation and Subsidiaries beschäftigt. Zu seinen Aufgaben gehörte es, die zeitgerechte Erstellung der monatlichen, vierteljährlichen und jährlichen Geschäftsabschlüsse zu überwachen und die Erstellung der Lageberichts- und Anhangsangaben nach internationalen Rechnungslegungsvorschriften zu unterstützen. Außerdem war er verantwortlich für den Gruppenkontenplan und Ansprechpartner für Gutachter und externe Abschlussprüfer. Sein Jahresfixgehalt betrug zuletzt 92.250,00 Euro brutto, sein Jahreszielgehalt 132.200,00 Euro brutto.

3

Im Verlauf der Kalenderjahre 2007 und 2008 geriet die Schuldnerin in finanzielle Schwierigkeiten, die - wie auch die Suche nach Investoren und Kreditgebern - ab Januar 2008 Gegenstand überregionaler Presseberichterstattung waren. Ihre Bemühungen, einen Investor zu finden, hatten keinen Erfolg. Eine angedachte Finanzhilfe der I AG, der Muttergesellschaft der Schuldnerin, konnte nicht realisiert werden. Auch Verhandlungen mit dem Freistaat Sachsen über eine Finanzhilfe von 300 Millionen Euro, die im Sommer 2008 mit Sondierungsgesprächen begonnen hatten, scheiterten am 21./22. Januar 2009. Im Zuge dieser Gespräche hatte die vom Freistaat Sachsen beauftragte P AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (P) in einem Gutachten zur Plausibilität der mittelfristigen Geschäftsplanung der Schuldnerin in ihrem Bericht vom 4. Dezember 2008 zusammenfassend festgestellt, dass „ein Engagement des Freistaates Sachsen … möglich, aber mit hohen Risiken behaftet“ sei.

4

Ab August/September 2008 ließ die Schuldnerin von externen Beratern in Zusammenarbeit mit einer internen Arbeitsgruppe („Rocky Project Group“) wöchentliche Liquiditätsberichte erstellen. Der Kläger gehörte dieser Arbeitsgruppe nicht an. Hinsichtlich der laufenden Gehaltszahlungen an die Mitarbeiter der Schuldnerin kam es zu keinen Verzögerungen oder Rückständen.

5

Die von der Schuldnerin beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft K AG verweigerte wegen mangelnder Fortführungsprognose und Existenzbedrohung der Schuldnerin das Testat des Jahresabschlusses zum 30. September 2008. In einem Schreiben an den Vorstand der Schuldnerin vom 14. Oktober 2008 wiesen die bestellten Prüfer gemäß § 321 Abs. 1 Satz 3 HGB auf eine Bestandsgefährdung des Unternehmens hin. Das Geschäftsergebnis des 4. Quartals und der Jahresabschluss wurden nicht mehr veröffentlicht.

6

Mit Schreiben vom 16. Oktober 2008 sagte die Schuldnerin dem Kläger eine Halteprämie, die in ihrer Summe etwa einem Jahresfixgehalt des Klägers entsprach, wie folgt zu:

        

1Sehr geehrter Herr …,

        

wir freuen uns, dass wir Ihnen zum 31. Januar 2009 einen einmaligen Betrag in Höhe von

        

30.850,00 € brutto

        

und zum 31. Mai 2009 einen einmaligen Betrag in Höhe von

        

30.850,00 € brutto

        

sowie zum 30. September 2009 einen einmaligen Betrag in Höhe von

        

30.850,00 € brutto

        

zusagen können. 2Die Auszahlung des jeweiligen Betrages setzt voraus, dass Sie zu dem jeweiligen Zeitpunkt Ihr Arbeitsverhältnis mit der Q AG nicht von sich aus gekündigt haben. …

        

4Wir bestätigen Ihnen, dass die zugesagten Retention Zahlungen zu 100 % auch im Falle einer einseitigen Kündigung durch Ihren Arbeitgeber oder durch eine vom Arbeitgeber veranlasste Auflösung Ihres Arbeitsvertrages ausbezahlt wird. 5Die Auszahlung findet in diesem Fall mit Wirksamwerden der Kündigung bzw. des Auflösungsvertrags statt. …

        

7An dieser Stelle möchten wir uns für die bisher erbrachte Leistung sehr herzlich bei Ihnen bedanken!

        

8Wir setzen auch in Zukunft auf Ihre Unterstützung und Ihr Engagement, um unser Ziel zu erreichen, Q dauerhaft am Markt zu etablieren.

        

…“    

7

Die Schuldnerin sagte im Oktober 2008 einer Vielzahl von anderen Mitarbeitern Halteprämien in unterschiedlicher Höhe und mit unterschiedlichen Stichtagen zu.

8

Im Mai 2009 erhielt der Kläger ein standardisiertes Schreiben der Personalabteilung mit einer Aufstellung der zur Insolvenztabelle anzumeldenden Forderungen. Darin war auch der zum 31. Januar 2009 geschuldete Teilbetrag der Halteprämie aufgeführt. Der Kläger kündigte das Arbeitsverhältnis am 30. November 2009 zum 31. Dezember 2009.

9

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, ihm müssten die zum 31. Mai 2009 und 30. September 2009 zugesagten Teilbeträge der Halteprämie gezahlt werden.

10

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 61.700,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 30.850,00 Euro seit dem 1. Juli 2009 und aus weiteren 30.850,00 Euro seit dem 1. November 2009 zu zahlen.

11

Der Beklagte hat zur Begründung seines Klageabweisungsantrags vorgetragen, die erfolgreiche Sanierung und Fortführung des Geschäftsbetriebs der Schuldnerin sei Geschäftsgrundlage der Halteprämie gewesen. Jedenfalls sei die Vereinbarung vom 16. Oktober 2008 gemäß § 134 BGB bzw. § 119 InsO unwirksam, weil sie das Recht des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis außerordentlich zu kündigen, beeinträchtige und sein Kündigungsrecht nach § 113 Satz 1 InsO beschränke. Die Vereinbarung vom 16. Oktober 2008 unterliege schließlich der Anfechtung nach § 134 InsO und § 133 Abs. 1 InsO.

12

Der Beklagte hat den Streithelfern zu 1. und 2. mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2009 den Streit verkündet. Diese sind dem Rechtsstreit auf Beklagtenseite beigetreten.

13

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter. Erstmals hat er sich ausdrücklich auch auf § 133 Abs. 2 InsO berufen.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision des Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Anfechtbarkeit der zu den Stichtagen 31. Mai und 30. September 2009 zugesagten Halteprämie nach § 133 Abs. 1 InsO rechtsfehlerhaft verneint. Auf der Grundlage des bisher festgestellten Sachverhalts kann der Senat nicht entscheiden, ob dieser Anfechtungstatbestand erfüllt ist. Dazu bedarf es noch weiterer Feststellungen des Landesarbeitsgerichts. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

15

A. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht die Klage als zulässig angesehen. Der Kläger beruft sich darauf, dass die streitbefangenen Teilbeträge der Halteprämie eine Masseverbindlichkeit seien. Sollten diese Beträge demgegenüber - wie die Revision rügt - tatsächlich als Insolvenzforderungen zu bewerten sein, führte dies nicht zur Unzulässigkeit, sondern zur Unbegründetheit der Klage (BAG 21. Februar 2013 - 6 AZR 406/11 - Rn. 17 f.).

16

B. Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung der zum 31. Mai und 30. September 2009 zugesagten Teilbeträge der Halteprämie erworben.

17

I. Der Kläger hat - soweit ersichtlich - auf das Schreiben vom 16. Oktober 2008 nicht reagiert. Insbesondere hat er das darin liegende Angebot, eine Halteprämie zu den dargelegten Konditionen zu zahlen, nicht ausdrücklich angenommen. Einer solchen ausdrücklichen Annahme bedurfte es jedoch nicht. Er hat das Angebot einer Halteprämie nicht ausdrücklich abgelehnt. Darin liegt der erforderliche unzweideutige Annahmewille. Dadurch ist eine Vereinbarung über eine solche Prämie zu den Konditionen des Schreibens vom 16. Oktober 2008 nach § 151 Satz 1 BGB zustande gekommen, weil die Zusage einer Halteprämie für den Kläger lediglich rechtlich vorteilhaft war(vgl. BGH 22. Juli 2010 - I ZR 194/08 - Rn. 23). Er wurde dadurch in seiner Kündigungsfreiheit nicht beeinträchtigt. Er behielt die volle Wahlfreiheit, ob und wann er das Risiko einer Insolvenz mit den sich daraus ergebenden nachteiligen Entgeltfolgen und dem drohenden Verlust des Arbeitsplatzes nicht länger eingehen, sondern die Verdienstchancen bei einem Arbeitsplatzwechsel der Halteprämie vorziehen wollte. Auf die Gegenleistung für schon erbrachte Arbeit musste er bei einer Entscheidung, das Arbeitsverhältnis durch Kündigung zu beenden, nicht verzichten (vgl. BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 28, BAGE 140, 231).

18

II. Die Vereinbarung vom 16. Oktober 2008 ist wirksam.

19

1. Die Revision nimmt zu Unrecht an, das Landesarbeitsgericht habe rechtsfehlerhaft nicht beachtet, dass die Vereinbarung vom 16. Oktober 2008 gemäß § 134 BGB bzw. § 119 InsO nichtig sei, weil sie das Recht der Schuldnerin bzw. des Beklagten zur außerordentlichen Kündigung unzulässig beschränke.

20

a) Die Vereinbarung vom 16. Oktober 2008 ist nicht gemäß § 134 BGB nichtig. Zwar darf die Ausübung des Kündigungsrechts nicht durch die Verpflichtung zur Zahlung einer Abfindung, die auch dann zu zahlen ist, wenn der Gekündigte selbst den Kündigungsgrund schuldhaft gesetzt hat, unzumutbar erschwert werden (vgl. BAG 8. August 1963 - 5 AZR 395/62 - BAGE 14, 294; BGH 17. März 2008 - II ZR 239/06 - Rn. 16; 3. Juli 2000 - II ZR 282/98 - zu 2 der Gründe; für eine Vertragsstrafe bereits RG 15. Februar 1911 - I 387/10 - RGZ 75, 234, 238; Bötticher Anm. AP BGB § 626 Kündigungserschwerung Nr. 2). Eine nach diesen Maßstäben unzumutbare Kündigungserschwerung für die Schuldnerin oder den Beklagten enthielt die Regelung vom 16. Oktober 2008 jedoch nicht. Der Anspruch auf die Halteprämie setzte allein voraus, dass der Kläger bis zu den im Schreiben vom 16. Oktober 2008 genannten Stichtagen keine Eigenkündigung erklärt hatte. Satz 4 der Zusage, der die Schuldnerin verpflichtete, die Prämie auch bei einer von ihr erklärten Kündigung zu zahlen, war keine Anspruchsvoraussetzung, sondern ein Einwendungsausschluss (BAG 14. November 2012 - 10 AZR 3/12 - Rn. 33). Die Halteprämie war also nicht zu zahlen, weil die Schuldnerin bzw. der Beklagte kündigte, sondern auch, wenn sie oder der Beklagte kündigte, sofern der Kläger bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Arbeitgeberkündigung betriebstreu blieb (BAG 14. November 2012 - 10 AZR 3/12 - Rn. 33). Es hing allein vom Willen des Klägers ab, ob die Halteprämie zu zahlen war. Die Schuldnerin oder der Beklagte konnte das Entstehen des Anspruchs auf die Halteprämie durch ihr bzw. sein eigenes Verhalten nicht verhindern. Kündigte der Kläger nicht, entstand der Anspruch auf die Halteprämie unabhängig davon, ob die Schuldnerin oder der Beklagte (außerordentlich) kündigte oder eine solche Erklärung unterließ. Ihre Entschließungsfreiheit, das Arbeitsverhältnis außerordentlich zu beenden, wurde durch die Halteprämie nicht beeinträchtigt.

21

b) Entgegen der Annahme der Revision ist die Vereinbarung auch nicht gemäß § 119 InsO unwirksam. Diese Bestimmung stellt sicher, dass gegenseitige Verträge in der Insolvenz nach der Systematik der §§ 103 bis 118 InsO abgewickelt werden(MünchKommInso/Huber 2. Aufl. § 119 Rn. 2; Uhlenbruck/Sinz 13. Aufl. § 119 InsO Rn. 1). Anders als insolvenzabhängige Lösungsklauseln (dazu BGH 15. November 2012 - IX ZR 169/11 - Rn. 13 ff., BGHZ 195, 348) griff die Vereinbarung vom 16. Oktober 2008 in die Gestaltungsrechte des Beklagten nach §§ 103 ff. InsO nicht ein. Sie beschränkte insbesondere sein Kündigungsrecht rechtlich nicht und beeinträchtigte, wie ausgeführt, auch seine Entschließungsfreiheit nicht, weil eine Kündigung des Beklagten den Anspruch auf die Halteprämie nicht auslöste. Für die vorliegende Konstellation sieht die Insolvenzordnung allein die Anfechtungsrechte der §§ 130 ff. InsO vor.

22

2. Auch die Kündigungsfreiheit des Klägers wurde durch die Vereinbarung vom 16. Oktober 2008 nicht unzulässig beeinträchtigt. Es kann daher dahinstehen, ob die Vereinbarung insgesamt gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam wäre, wenn sie eine unangemessene Benachteiligung des Klägers iSv. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB enthielte, weil sie ohne eine Bindung des Klägers bis zu den genannten Stichtagen sinnentleert wäre.

23

a) Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, ob es sich bei den im Schreiben vom 16. Oktober 2008 enthaltenen Bestimmungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt. Dies ist jedoch offenkundig iSv. § 291 ZPO. Von einer Verwendungsabsicht für eine Vielzahl von Verträge iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB ist auszugehen, wenn ein Text in mindestens drei Fällen zur Grundlage von Vertragsbedingungen gemacht wird(BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 14, BAGE 140, 231). Es ist ohne besondere Fachkunde allein anhand allgemein zugänglicher, zuverlässiger Quellen (vgl. BAG 23. August 2011 - 3 AZR 650/09 - Rn. 53, BAGE 139, 69) festzustellen, dass die Schuldnerin im Oktober 2008 vergleichbare Prämien in deutlich mehr als drei Fällen zugesagt hat. Die einschlägigen Entscheidungen, insbesondere des Landesarbeitsgerichts München, können über eine Recherche mit Hilfe allgemein gebräuchlicher Suchmaschinen oder direkt auf der Homepage des Landesarbeitsgerichts München ohne Weiteres ermittelt werden.

24

b) Sieht eine Allgemeine Geschäftsbedingung eine Bindungsklausel vor, die den Anspruch auf eine Sonderzahlung, die jedenfalls auch Vergütung bereits erbrachter Arbeitsleistung ist, daran knüpft, dass das Arbeitsverhältnis zu einem Zeitpunkt außerhalb des Bezugszeitraums, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde, fortbesteht, ist die Klausel nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Eine solche Klausel steht im Widerspruch zum Grundgedanken des § 611 Abs. 1 BGB, weil sie dem Arbeitnehmer bereits erarbeitetes Entgelt entzieht. Sie verkürzt außerdem in nicht zu rechtfertigender Weise die nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit des Arbeitnehmers, indem sie die Ausübung seines Kündigungsrechts unzulässig erschwert. Seine entgegenstehende Rechtsprechung (BAG 28. März 2007 - 10 AZR 261/06 - Rn. 18) hat der Zehnte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgegeben (BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 22, 27 f., BAGE 140, 231; im Anschluss an BAG 5. Juli 2011 - 1 AZR 94/10 - Rn. 28, 39, 43; 7. Juni 2011 - 1 AZR 807/09 - Rn. 34).

25

Entgegen einer im Schrifttum vertretenen Ansicht (Mückl ZIP 2012, 1642, 1644 zu Fn. 17) steht diese Rechtsprechung nicht im Widerspruch zu der Entscheidung des Senats vom 7. Dezember 1989 (- 6 AZR 324/88 - zu II 2 b und II 3 c der Gründe, BAGE 63, 385). Diese Entscheidung betraf eine tarifliche Sonderzahlung. Einer AGB-Kontrolle unterliegen Tarifnormen gemäß § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB nicht. Ebenso wenig sind sie einer Kontrolle unmittelbar am Maßstab von Art. 12 Abs. 1 GG zu unterziehen. Außerhalb von Verstößen gegen Art. 3 und Art. 6 GG sind Tarifnormen nur darauf zu überprüfen, ob sie gegen elementare Gerechtigkeitsanforderungen aus den Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1 GG verstoßen(BAG 28. Mai 2009 - 6 AZR 144/08 - Rn. 29 f.).

26

c) Dem Arbeitgeber ist es dagegen durch § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht verwehrt, Betriebstreue zu honorieren, so einen finanziellen Anreiz für den Verbleib im Arbeitsverhältnis zu setzen und dem Arbeitnehmer deutlich zu machen, welchen Wert für ihn dessen Verbleib im Arbeitsverhältnis und damit der Bestand des Arbeitsverhältnisses als solcher darstellt(vgl. BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 28, BAGE 140, 231; 18. Januar 2012 - 10 AZR 667/10 - Rn. 13, BAGE 140, 239; kritisch Mückl ZIP 2012, 1642, 1644, der diese Unterscheidung als gekünstelt bezeichnet).

27

d) Nach diesen Grundsätzen steht § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB der Wirksamkeit der Vereinbarung einer Halteprämie nicht entgegen. Der Kläger sollte nach dem Verbleib im Arbeitsverhältnis für jeweils (knapp) vier Monate jeweils rund ein Drittel seines garantierten Jahresgehalts als Halteprämie erhalten. Dies beeinträchtigte ihn, wie ausgeführt, in seiner Kündigungsfreiheit nicht. Ungeachtet ihrer Höhe war die Prämie auch kein (verkapptes) Arbeitsentgelt, sondern sollte vor dem Hintergrund der schwierigen wirtschaftlichen Situation der Schuldnerin einen Anreiz für den Kläger schaffen, sein Kündigungsrecht trotz der finanziellen Schwierigkeiten der Schuldnerin nicht auszuüben und betriebstreu zu bleiben, also seine Betriebstreue honorieren. Die Halteprämie wurde für den bloßen Verbleib des Klägers im Arbeitsverhältnis gezahlt (vgl. BAG 14. November 2012 - 10 AZR 3/12 - Rn. 32 für eine von der Schuldnerin erteilte Zusage einer Halteprämie, die sich nur in der Höhe von der vorliegenden unterschied).

28

III. Der Kläger hat das Arbeitsverhältnis erst am 30. November 2009 zum 31. Dezember 2009 gekündigt.

29

IV. Das Landesarbeitsgericht hat mit zutreffenden Erwägungen angenommen, dass die Halteprämie nicht nur für den Fall einer erfolgreichen Restrukturierung zugesagt worden ist, so dass die Insolvenzeröffnung nicht zum Wegfall der Geschäftsgrundlage iSd. § 313 Abs. 1 BGB geführt habe. Dagegen führt die Revision keine Angriffe.

30

C. Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, ob infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin am 1. April 2009 der Anspruch des Klägers auf die am 31. Mai und 30. September 2009 entstandenen Teilbeträge der Halteprämie nicht durchsetzbar ist.

31

I. Die Revision rügt ohne Erfolg, das Landesarbeitsgericht habe die zum 31. Mai und 30. September 2009 entstandenen Teilansprüche auf die Halteprämie rechtsirrig als Masseverbindlichkeiten iSv. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO angesehen und es hätte sie stattdessen als aufschiebend bedingte Abfindungszahlung und damit als Insolvenzforderung einordnen müssen. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO unterfallen ua. die Ansprüche, die sich aus dem bloßen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses ergeben. Dazu gehören auch die streitbefangenen Teilbeträge. Die Revision sieht zu Unrecht einen Widerspruch zwischen der insolvenzrechtlichen Einordnung der Halteprämie als Masseverbindlichkeit und der insolvenzrechtlichen Behandlung bedingter Forderungen, insbesondere aufschiebend bedingter Abfindungsansprüche, bei denen es sich um Insolvenzforderungen handelt. Sie berücksichtigt dabei nicht, dass der Einzelanspruch auf die Teilbeträge der Prämie im Rahmen des nach § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO weiterbestehenden Arbeitsverhältnisses als Dauerschuldverhältnis an den vereinbarten Stichtagen nur entstand, wenn der Kläger bis dahin nicht gekündigt hatte und insoweit die verlangte Betriebstreue erwiesen hatte. Damit war der Anspruch auf die Halteprämie abhängig vom Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, dh. eines auf den Austausch von Leistung und Gegenleistung gerichteten Dauerschuldverhältnisses, und stand jedenfalls in einem weiten Sinn im Synallagma. Dieses zumindest teilweise synallagmatische Verhältnis bedingt die insolvenzrechtliche Einordnung der Halteprämie als Masseverbindlichkeit iSv. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO.

32

1. Die Einordnung eines Entgeltanspruchs als Masseverbindlichkeit iSd. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO setzt voraus, dass eine Leistung mit Entgeltcharakter vorliegt. Das folgt aus dem Zweck der Vorschrift, die sicherstellt, dass der Gläubiger, der noch voll zur Masse leisten muss, auch die volle vereinbarte Gegenleistung erhält und nicht die Masse auf seine Kosten bereichert wird (BAG 14. November 2012 - 10 AZR 3/12 - Rn. 17), sowie aus dem systematischen Zusammenhang des § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO mit § 108 Abs. 3 InsO. Eine tatsächliche Arbeitsleistung ist dabei nicht zwingend erforderlich (BAG 19. Juli 2007 - 6 AZR 1087/06 - Rn. 19, BAGE 123, 269). Darüber hinaus muss der geltend gemachte Anspruch erst nach Verfahrenseröffnung entstanden sein (BAG 19. Januar 2006 - 6 AZR 529/04 - Rn. 18, BAGE 117, 1). Voraussetzung für die Anerkennung als Masseverbindlichkeit ist demnach grundsätzlich, dass der Anspruch in einem zumindest teilweise synallagmatischen Verhältnis zu der erbrachten Arbeitsleistung steht. Es muss im weitesten Sinne Entgelt „für die Zeit“ nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschuldet sein. Es genügt nicht, dass die Forderung erst nach Eröffnung des Verfahrens fällig wird, also erst „in der Zeit“ nach Verfahrenseröffnung erfüllt werden muss (BAG 21. Februar 2013 - 6 AZR 406/11 - Rn. 28 f.). Auch Leistungen, die nur vom Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Stichtag abhängen, können danach Masseverbindlichkeiten sein (vgl. BAG 27. September 2007 - 6 AZR 975/06 - Rn. 20, BAGE 124, 150).

33

2. Nach diesen Grundsätzen waren die streitbefangenen Teilbeträge der Halteprämie Masseverbindlichkeiten iSd. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO. Ob Sonderleistungen, dh. Zuwendungen zum laufenden Arbeitsentgelt (MünchKommInso/Hefermehl 3. Aufl. § 55 Rn. 180), als Insolvenzforderungen oder Masseverbindlichkeiten einzuordnen sind, hängt vom Zweck der Leistungen ab (BAG 27. September 2007 - 6 AZR 975/06 - Rn. 19, BAGE 124, 150). Die Halteprämie sollte stichtagsbezogen die erwiesene Betriebstreue honorieren. Das bedingte ihre insolvenzrechtliche Einordnung als Masseverbindlichkeit.

34

a) Allerdings war die vom Kläger begehrte Halteprämie wegen der Anknüpfung an den Bestand des Arbeitsverhältnisses bis zu einem Stichtag auflösend bedingt (vgl. für die st. Rspr. bei Gratifikationen BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 27, BAGE 140, 231). Die sofort mit der Annahme des Angebots vom 16. Oktober 2008 wirksam gewordene Zahlungsverpflichtung der Schuldnerin sollte nur entfallen, wenn der Kläger vor den Stichtagen das Arbeitsverhältnis kündigte. Bei einer solchen Bedingung tritt die Rechtsänderung gemäß § 158 Abs. 2 BGB sofort ein(BAG 19. Januar 2006 - 6 AZR 529/04 - Rn. 26, BAGE 117, 1). Das Rechtsgeschäft zeitigt zunächst uneingeschränkte Rechtswirkungen und begründet Verpflichtungen der Parteien (BAG 6. Mai 2009 - 10 AZR 390/08 - Rn. 38).

35

aa) Ist der anspruchsbegründende Tatbestand schon vor Verfahrenseröffnung abgeschlossen, liegt eine Insolvenzforderung iSd. § 38 InsO auch dann vor, wenn sich eine Forderung des Gläubigers daraus erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ergibt(BGH 19. Januar 2012 - IX ZR 2/11 - Rn. 15, BGHZ 192, 221). Aufschiebend bedingte Forderungen sind danach auch dann Insolvenzforderungen, wenn die Bedingung erst nach Verfahrenseröffnung eintritt, weil der Rechtsgrund für sie schon vor der Eröffnung gelegt worden ist (BAG 27. April 2006 - 6 AZR 364/05 - Rn. 15, BAGE 118, 115). Das aufschiebend bedingte Rechtsgeschäft ist tatbestandlich mit seiner Vornahme vollendet. Seine Wirksamkeit tritt mit dem Bedingungsfall ipso iure ein (BGH 21. September 1994 - VIII ZR 257/93 - zu II 1 c der Gründe, BGHZ 127, 129). Eine Abfindung, die aufgrund einer Abfindungsklausel im Fall einer betriebsbedingten Kündigung des Arbeitgebers gezahlt wird, ist deshalb auch dann als Insolvenzforderung einzuordnen, wenn die Klausel vor Insolvenzeröffnung noch vom Schuldner vereinbart worden ist und der Anspruch auf eine solche Abfindung erst durch die Kündigung des Insolvenzverwalters ausgelöst wird (BAG 27. September 2007 - 6 AZR 975/06 - Rn. 21, BAGE 124, 150; 27. April 2006 - 6 AZR 364/05 - Rn. 15 f., aaO).

36

bb) Auflösend bedingte Forderungen, die schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestanden, sind Insolvenzforderungen (Uhlenbruck/Sinz 13. Aufl. § 38 InsO Rn. 33). Sie werden gemäß § 42 InsO wie unbedingte Insolvenzforderungen behandelt, solange die Bedingung nicht eingetreten ist(MünchKommInso/Ehricke 3. Aufl. § 38 Rn. 17). Bis zum Eintritt der Bedingung erhält der Gläubiger einer solchen Forderung die volle Quote (Bitter NZI 2000, 399, 400).

37

b) Bei Dauerschuldverhältnissen, die wie das Arbeitsverhältnis gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO zulasten der Masse zumindest zunächst fortbestehen, ist jedoch danach zu unterscheiden, ob der Anspruch allein aus einem vor Verfahrenseröffnung begründeten „Stammrecht“ resultiert oder ob es sich um nach der Eröffnung des Verfahrens neu entstehende (Einzel-)Forderungen handelt, deren Anspruchsvoraussetzungen daran gebunden sind, dass der Arbeitnehmer eine Leistung „für“ die Masse erbringt, und sei es auch nur - wie im vorliegenden Fall - in Form von weiter erwiesener Betriebstreue. Im ersten Fall sind die aus dem Stammrecht erwachsenden Ansprüche auch dann Insolvenzforderungen, wenn sie erst in der Zeit nach Insolvenzeröffnung fällig werden. Im letzteren Fall sind dagegen die nach Insolvenzeröffnung entstehenden Forderungen Masseverbindlichkeiten bzw. gegen den Schuldner gerichtete Neuverbindlichkeiten (Uhlenbruck/Sinz 13. Aufl. § 38 InsO Rn. 58). Das gilt auch für einzelne Forderungen aus dem einheitlichen Arbeitsverhältnis, die (auflösend) bedingt sind (vgl. BAG 27. April 2006 - 6 AZR 364/05 - Rn. 15, BAGE 118, 115; vgl. allgemein zur insolvenzrechtlichen Einordnung von stichtagsbezogenen Sonderzuwendungen BAG 14. November 2012 - 10 AZR 3/12 - Rn. 20).

38

c) Entgegen der Ansicht der Revision ist der Entscheidung des Senats vom 27. September 2007 (- 6 AZR 975/06 - BAGE 124, 150) keine andere Wertung zu entnehmen. Der Senat hat in dieser Entscheidung die im Rahmen eines Altersteilzeitverhältnisses vor der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu zahlenden monatlichen Raten allein deshalb als Abfindungszahlung und damit als Insolvenzforderung eingeordnet, weil dieser Anspruch kein Entgelt, sondern die Gegenleistung für die Zustimmung des Arbeitnehmers zur vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Altersteilzeitvertrag war. Mit der durch die Vereinbarung vom 16. Oktober 2008 zugesagten Halteprämie sollte dem Kläger, anders als die Revision annimmt, keine Abfindung gewährt werden.

39

aa) Ein solcher Zweck der Halteprämie ließ sich Satz 4 der Zusage nicht entnehmen. Dabei handelte es sich lediglich um einen Einwendungsausschluss (BAG 14. November 2012 - 10 AZR 3/12 - Rn. 33), der berücksichtigte, dass der Kläger bei einer berechtigten betriebsbedingten Kündigung der Schuldnerin nicht ausreichend abgesichert gewesen wäre. Satz 4 schloss diese Schutzlücke, versprach aber keine den Verlust des Arbeitsplatzes ausgleichende und/oder die Zustimmung des Arbeitnehmers zur vorzeitigen Vertragsauflösung honorierende Leistung und stellte damit keine Abfindung dar (zu dieser Definition vgl. BAG 27. September 2007 - 6 AZR 975/06 - Rn. 21, BAGE 124, 150). Die Zahlung war nicht für den Verlust des Arbeitsplatzes, sondern für den Verbleib im Arbeitsverhältnis zugesagt (vgl. Mückl ZIP 2012, 1642, 1646).

40

bb) Auch der Hinweis der Revision auf die Einordnung des Abfindungsanspruchs nach § 1a KSchG als Insolvenzforderung trägt nicht. Die Abfindung nach § 1a KSchG entspricht ihrem Charakter nach einer einzelvertraglich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer für die Hinnahme der Kündigung vereinbarten Abfindung(BAG 16. Dezember 2010 - 6 AZR 423/09 - Rn. 19). Eine solche Abfindung ist nicht zugesagt worden.

41

d) Nach diesen Grundsätzen stand der Umstand, dass die Halteprämie durch die Kündigung des Klägers auflösend bedingt war, der Einordnung der Prämie als Masseverbindlichkeit nicht entgegen.

42

aa) Die Schuldnerin schuldete die zugesagten Teilbeträge der Halteprämie erst, wenn der Kläger jeweils bis zu den drei in der Vereinbarung vom 16. Oktober 2008 genannten Stichtagen keine Eigenkündigung erklärt hatte. Die Prämie war als Gegenleistung für die angestrebte Betriebstreue des Klägers zugesagt. Die Zusage dieser Prämie sollte den Wert abbilden, den der bloße Bestand des Arbeitsverhältnisses für die Schuldnerin hatte (vgl. BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 28, BAGE 140, 231). Einzige Voraussetzung der Ansprüche auf die streitbefangenen Teilbeträge war, dass der Kläger das Arbeitsverhältnis bis zu den zeitlich nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens liegenden Stichtagen 31. Mai bzw. 30. September 2009 nicht kündigte und in vollem Umfang die geschuldete Betriebstreue erwies. Der Kläger hatte diese als Voraussetzung für die Ansprüche auf die streitbefangenen Teilbeträge der Halteprämie geforderte Betriebstreue im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht voll geleistet. Die Ansprüche auf diese Teilbeträge hingen nicht nur von einem reinen Zeitablauf ab, sondern entstanden nach ihrer Zwecksetzung als Einzelansprüche nur dann am 31. Mai bzw. 30. September 2009, wenn der Kläger bis zu diesen Stichtagen und damit „für“ die Zeit nach Insolvenzeröffnung uneingeschränkt betriebstreu blieb (vgl. Lohmann Anm. NZI 2013, 359, 360; vgl. MünchKommInso/Hefermehl 3. Aufl. § 55 Rn. 182). Der Gegenwert für die erst an den Stichtagen entstehenden Ansprüche auf die Teilbeträge der Halteprämie war weder bereits am 16. Oktober 2008 noch zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sondern erst jeweils an diesen Stichtagen erbracht. Die an den Stichtagen entstehenden Ansprüche auf die Teilbeträge der zugesagten Halteprämie waren das Äquivalent für die geleistete Betriebstreue im Rahmen des nach Insolvenzeröffnung für die Masse fortgesetzten Arbeitsverhältnisses (vgl. zu diesen Abgrenzungskriterien MünchKommInso/Ehricke 3. Aufl. § 38 Rn. 19 ff.; Henckel in Jaeger InsO § 38 Rn. 158; Uhlenbruck/Sinz 13. Aufl. § 38 InsO Rn. 58).

43

bb) Der Kläger erfüllte hinsichtlich der streitbefangenen Teilbeträge die verlangte Leistung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens voll zur Masse. Als dafür geschuldete Gegenleistung erwarb er gegen die Masse Ansprüche auf diese Teilbeträge der Halteprämie. Die an den Stichtagen 31. Mai und 30. September 2009 entstandenen, nicht ratierlich verdienten Teilbeträge waren deshalb insolvenzrechtlich dem Zeitraum zuzurechnen, in den die Stichtage fielen. Sie waren in vollem Umfang Masseverbindlichkeiten iSv. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO (vgl. Lohmann Anm. NZI 2013, 359, 360; MünchKommInso/Hefermehl 3. Aufl. § 55 Rn. 180, 182; Uhlenbruck/Sinz 13. Aufl. § 55 InsO Rn. 67; Mückl ZIP 2012, 1642, 1645 f.).

44

cc) Soweit die Revision geltend macht, es sei den Vertragsparteien jedenfalls ganz überwiegend darauf angekommen, vor Insolvenzantragstellung liegende Arbeitsleistungen für den Insolvenzfall zu sichern, weswegen die Stichtage von der Schuldnerin so gewählt worden seien, dass sie nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gelegen hätten, wird dies der Vereinbarung nicht gerecht. Durch sie ist ein Anreiz für den Kläger geschaffen worden, sein Kündigungsrecht trotz der schwierigen finanziellen Lage der Schuldnerin nicht auszuüben und betriebstreu zu bleiben. Wenn die Revision anführt, mit der Stellung des Insolvenzantrags sei das Thema (gemeint sein dürfte: Sanierungsbeitrag des Klägers) „vom Tisch“ gewesen, berücksichtigt sie nicht, dass gerade auch bei der Suche nach einem Investor der Verbleib von Know-how-Trägern sinnvoll sein kann. Zudem sind diese Behauptungen ohne Tatsachensubstanz.

45

II. Ob den Ansprüchen des Klägers die Einrede der Anfechtbarkeit entgegensteht, die gemäß § 146 Abs. 2 InsO unverjährbar ist(vgl. Karsten Schmidt/Büteröwe 18. Aufl. § 146 InsO Rn. 14), kann der Senat nicht abschließend entscheiden.

46

1. Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Erhebung der Einrede nicht rechtsmissbräuchlich. Der Beklagte ist als Insolvenzverwalter gesetzlich verpflichtet, Anfechtungsrechten zugunsten der Gläubiger nachzugehen. Die Anfechtung wäre deshalb nur ausgeschlossen, wenn der Beklagte als vorläufiger Verwalter mit Zustimmungsvorbehalt durch sein Handeln einen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand gesetzt hätte und der Kläger nach Treu und Glauben damit rechnen durfte, ein nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr entziehbares Recht erhalten zu haben (BGH 25. April 2013 - IX ZR 235/12 - Rn. 36). Das ist nicht der Fall. Die im Mai 2009 übersandte Aufstellung der zur Insolvenztabelle anzumeldenden Forderungen, in der der erste Teilbetrag der Halteprämie aufgeführt war, enthielt weder inhaltliche Aussagen dazu, ob diese Forderung zur Tabelle anerkannt werde, noch insbesondere zur Berechtigung der streitbefangenen Masseforderungen.

47

2. Rechtshandlungen, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind, können nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 InsO vom Insolvenzverwalter angefochten werden, § 129 InsO. Anfechtbare Rechtshandlung ist hier die gemäß § 151 Satz 1 BGB am 16. Oktober 2008 geschlossene Vereinbarung der Halteprämie. Diese Vereinbarung verschaffte dem Kläger bereits eine gesicherte Rechtsstellung iSd. § 140 Abs. 1 InsO. Die darin zugesagten Ansprüche konnten ihm von der Schuldnerin nicht mehr einseitig entzogen werden. Ob die Anspruchsvoraussetzungen eintraten, hing nicht von der freien Entscheidung der Schuldnerin ab (BGH 11. Dezember 2008 - IX ZR 194/07 - Rn. 12). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung, ob Anfechtungstatbestände vorliegen, ist demnach der 16. Oktober 2008. Dies beachtet das Landesarbeitsgericht nicht durchgehend.

48

3. Die Zusage der Halteprämie benachteiligte die Insolvenzgläubiger iSd. § 129 Abs. 1 InsO. Sie verkürzte das Vermögen der Schuldnerin, indem ihre in der Insolvenz zu befriedigenden Verbindlichkeiten vermehrt wurden. Durch die Begründung einer in der später eingetretenen Insolvenz der Schuldnerin als Masseverbindlichkeit zu befriedigenden Verbindlichkeit verringerte sich die Quote der Gesamtheit der Insolvenzgläubiger und damit deren Befriedigungsmöglichkeit im Insolvenzverfahren (BGH 8. November 2012 - IX ZR 77/11 - Rn. 18). Dies führte jedenfalls zu einer für die Anfechtungstatbestände der §§ 134 und 133 Abs. 1 InsO ausreichenden mittelbaren objektiven Gläubigerbenachteiligung. Hypothetische Kausalverläufe, die ebenfalls zu einer Benachteiligung der Insolvenzmasse geführt hätten, sind grundsätzlich nicht berücksichtigungsfähig (BGH 25. April 2013 - IX ZR 235/12 - Rn. 40). Deshalb ist es unerheblich, ob der Kläger ohne Halteprämie gekündigt hätte und durch teure externe Berater hätte ersetzt werden müssen.

49

4. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei den Anfechtungstatbestand des § 134 InsO verneint. Das hat der Senat im Verfahren - 6 AZR 913/11 - mit Urteil vom 12. September 2013 ausführlich begründet und nimmt darauf Bezug.

50

5. Das Landesarbeitsgericht hat jedoch rechtsfehlerhaft eine Anfechtbarkeit der Prämienzusage nach § 133 Abs. 1 InsO verneint. Die Begründung, mit der es die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung abgelehnt hat, ist nicht tragfähig. Insbesondere hat es die Beweisanforderungen zulasten des Beklagten überspannt, weil es die Inkongruenz der dem Kläger zugesagten Halteprämie nicht erkannt und diesen Umstand deshalb bei der erforderlichen Abwägung nach § 286 ZPO nicht als erhebliches Beweisanzeichen zugunsten des Beklagten berücksichtigt hat. Zudem hat es nicht festgestellt, ob die Schuldnerin zahlungsunfähig war oder deren Zahlungsunfähigkeit drohte und der Kläger dies wusste. Es hat insoweit ein weiteres erhebliches Beweisanzeichen für die subjektiven Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO nicht festgestellt. Darüber hinaus hat es die erforderliche abschließende Gesamtabwägung aller Umstände unterlassen. Darum kann das Urteil keinen Bestand haben.

51

a) Der Schuldner handelt mit Vorsatz iSd. § 133 Abs. 1 InsO, wenn er die Benachteiligung der Gläubiger als Erfolg seiner Rechtshandlung will oder als mutmaßliche Folge erkennt und billigt(BGH 10. Januar 2013 - IX ZR 13/12 - Rn. 14). Ein unlauteres Verhalten des Schuldners, ein unlauteres Zusammenwirken mit dem Anfechtungsgegner oder irgendeine Art von Treu- und Sittenwidrigkeit wird nach dem eindeutigen Wortlaut des § 133 InsO, der nur einen(bedingten) Benachteiligungsvorsatz voraussetzt, nicht verlangt (vgl. BGH 5. Juni 2008 - IX ZR 17/07 - Rn. 20; aA Jensen NZI 2013, 471).

52

aa) Das Vorliegen dieses subjektiven Tatbestandsmerkmals kann als innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsache regelmäßig nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden. Soweit es dabei auf Rechtsbegriffe wie die Zahlungsunfähigkeit ankommt, muss deren Vorliegen oft aus der Kenntnis von Anknüpfungstatsachen erschlossen werden (BAG 6. Oktober 2011 - 6 AZR 262/10 - Rn. 37, BAGE 139, 235; BGH 13. August 2009 - IX ZR 159/06 - Rn. 8; zur Stichhaltigkeit dieser Anknüpfungstatsachen Hutschenreuther/Neugebauer ZInsO 2013, 1221, 1222 ff.).

53

bb) Der Bundesgerichtshof hat für den Nachweis des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes des Schuldners verschiedene Beweisanzeichen („Indizien“; vgl. BGH 17. Februar 1970 - III ZR 139/67 - zu III 10 d der Gründe, BGHZ 53, 245; Huber FS Ganter S. 203, 206) entwickelt.

54

(1) Kennt der Schuldner seine Zahlungsunfähigkeit, kann daraus auf einen Benachteiligungsvorsatz geschlossen werden. Er weiß dann in aller Regel, dass sein Vermögen nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen. Auch die nur drohende Zahlungsunfähigkeit stellt ein starkes Beweisanzeichen für den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners dar, wenn sie ihm bei der Vornahme der Rechtshandlung bekannt war. In diesen Fällen handelt der Schuldner allerdings dann nicht mit Benachteiligungsvorsatz, wenn er aufgrund konkreter Umstände mit einer baldigen Überwindung bzw. Abwendung der Krise rechnen kann (BGH 10. Januar 2013 - IX ZR 13/12 - Rn. 14).

55

Diese Grundsätze gelten nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch dann, wenn eine kongruente Leistung angefochten wird (seit Urteil vom 10. Januar 2013 - IX ZR 13/12 - Rn. 15).

56

(2) Ein weiteres in der Regel erhebliches Beweisanzeichen für einen Benachteiligungsvorsatz des Schuldners ist es, wenn eine inkongruente Deckung vorliegt, also der Gläubiger eine Befriedigung oder Sicherung erhalten hat, die er nicht, nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte (BGH 10. Januar 2013 - IX ZR 13/12 - Rn. 19; zu den wesentlichen Tatbeständen der inkongruenten Deckung Kayser WM 2013, 293, 296 f.). Nach allgemeiner Erfahrung im Geschäftsverkehr sind Schuldner regelmäßig nicht bereit, anderes oder gar mehr zu leisten, als sie schulden. Tun sie dies dennoch, so müssen dafür im Allgemeinen besondere Beweggründe vorliegen. Eine solche Begünstigung muss deshalb beim Leistungsempfänger in der Regel den entsprechenden Verdacht wecken. Zugleich liegt auf der Hand, dass wegen der Bevorzugung einzelner Gläubiger über das ihnen von Rechts wegen zustehende Maß hinaus die Masse zulasten anderer Gläubiger entsprechend verkürzt wird. Nimmt allerdings der Schuldner trotz der Gewährung einer inkongruenten Deckung aufgrund konkreter Umstände an, mit Sicherheit alle seine Gläubiger befriedigen zu können, fehlt ihm der Benachteiligungsvorsatz (vgl. BGH 30. Januar 1997 - IX ZR 89/96 - zu II 2 a der Gründe; Kayser WM 2013, 293, 296). Zudem hängt die Bedeutung der Inkongruenz als Beweisanzeichen von deren Art und Ausmaß ab. Je geringer das Ausmaß der Inkongruenz im Einzelfall ist, desto mehr tritt ihre Bedeutung als Beweisanzeichen zurück (BGH 12. November 1992 - IX ZR 236/91 - zu III 3 c aa der Gründe). Die Indizwirkung einer inkongruenten Deckung fällt auch umso weniger ins Gewicht, je länger die Handlung vor der Verfahrenseröffnung liegt. Sie kann sogar ganz entfallen, wenn die Handlung bereits zu einer Zeit vorgenommen wird, in welcher noch keine ernsthaften Zweifel an der Liquidität des Schuldners bestehen oder aus Sicht des Zahlungsempfängers zu bestehen scheinen (BGH 18. Dezember 2003 - IX ZR 199/02 - zu II 2 b bb (4) und III 2 c der Gründe, BGHZ 157, 242).

57

(3) Beweisanzeichen von geringerer Bedeutung sind die unmittelbare Gläubigerbenachteiligung (BGH 4. Dezember 1997 - IX ZR 47/97 - zu III 3 c bb der Gründe), unentgeltliche Zuwendungen oder Verschleuderungsverträge (MünchKommInso/Kirchhof 2. Aufl. § 133 Rn. 32).

58

(4) Die Indizwirkung von Inkongruenz und Kenntnis der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit kann durch Umstände des Einzelfalles ausgeschlossen sein. Dies ist dann der Fall, wenn Einzelfallumstände ergeben, dass die angefochtene Rechtshandlung von einem anderen, anfechtungsrechtlich unbedenklichen Willen geleitet war und das Bewusstsein der Benachteiligung anderer Gläubiger infolgedessen in den Hintergrund getreten ist. Das kommt insbesondere dann in Betracht, wenn die angefochtene Rechtshandlung Bestandteil eines ernsthaften, letztlich aber fehlgeschlagenen Sanierungsversuches ist. Es muss dann allerdings zur Zeit der angefochtenen Handlung ein schlüssiges, von den tatsächlichen Gegebenheiten ausgehendes Sanierungskonzept vorliegen, das zumindest in den Anfängen schon in die Tat umgesetzt worden ist und beim Schuldner die ernsthafte und begründete Aussicht auf Erfolg rechtfertigt. Die bloße Hoffnung des Schuldners, die Krise überwinden bzw. noch abwenden zu können, genügt nicht, den Benachteiligungsvorsatz zu widerlegen (BGH 10. Januar 2013 - IX ZR 13/12 - Rn. 17 f.; 8. Dezember 2011 - IX ZR 156/09 - Rn. 11).

59

b) Die Anfechtung nach § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO setzt weiter voraus, dass der Anfechtungsgegner zur Zeit der angefochtenen Handlung den Vorsatz des Schuldners, seine Gläubiger zu benachteiligen, kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der Anfechtungsgegner wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit drohte und die Handlung die Gläubiger benachteiligte (§ 133 Abs. 1 Satz 2 InsO).

60

aa) Eine inkongruente Deckung bildet in der Regel ein Beweisanzeichen für die Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners iSd. § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO, wenn die Wirkungen der Rechtshandlung zu einem Zeitpunkt eintraten, als zumindest aus der Sicht des Empfängers der Leistung Anlass bestand, an der Liquidität des Schuldners zu zweifeln(BGH 25. Oktober 2012 - IX ZR 117/11 - Rn. 13).

61

bb) Kennt der Gläubiger die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners (ausführlich zu dieser Kenntnis für Arbeitnehmer BAG 6. Oktober 2011 - 6 AZR 262/10 - Rn. 22 ff., BAGE 139, 235), so weiß er auch, dass Leistungen aus dessen Vermögen die Befriedigungsmöglichkeit anderer Gläubiger vereiteln oder zumindest erschweren und verzögern, und ist zugleich regelmäßig über den Benachteiligungsvorsatz im Bilde. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Schuldner gewerblich tätig ist und der Gläubiger dies weiß. Dann muss er mit weiteren Gläubigern des Schuldners, deren Ansprüche ungedeckt sind, rechnen (vgl. BGH 6. Dezember 2012 - IX ZR 3/12 - Rn. 15).

62

cc) Der Kenntnis des Anfechtungsgegners von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit des Schuldners steht auch im Rahmen des § 133 Abs. 1 InsO die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit hinweisen(BAG 6. Oktober 2011 - 6 AZR 262/10 - Rn. 37, BAGE 139, 235).

63

(1) Die grob fahrlässige Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit genügt dafür nicht. Erforderlich ist vielmehr, dass der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände positiv kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die (drohende) Zahlungsunfähigkeit objektiv zweifelsfrei folgt, und dass er aus diesen Indiztatsachen zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit schließen muss. Das ist nur dann der Fall, wenn sich ein redlich Denkender, der vom Gedanken an den eigenen Vorteil nicht beeinflusst ist, angesichts der ihm bekannten Tatsachen der Einsicht nicht verschließen kann, der Schuldner sei zahlungsunfähig. Dann kann der Anfechtungsgegner sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er diesen Schluss nicht gezogen habe. Mischen sich dagegen in die Vorstellungen des Anfechtungsgegners - wenn auch irrtümlich - Tatsachen, die bei einer Gesamtbetrachtung den Schluss auf die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht zwingend nahelegen, fehlt ihm die für die Vorsatzanfechtung erforderliche Kenntnis (vgl. BAG 6. Oktober 2011 - 6 AZR 262/10 - Rn. 28, BAGE 139, 235; BGH 19. Februar 2009 - IX ZR 62/08 - Rn. 13 f., BGHZ 180, 63). Das Indizanzeichen der Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit entfällt ferner, wenn der Anfechtungsgegner, der zunächst die (drohende) Zahlungsunfähigkeit gekannt hat, aufgrund einer ihm bekannten Veränderung der Tatsachengrundlage es für möglich hält, dass die (drohende) Zahlungsunfähigkeit nunmehr behoben ist (BGH 10. Januar 2013 - IX ZR 13/12 - Rn. 25, 34).

64

(2) Bei der Beurteilung, ob ein Arbeitnehmer die erforderliche positive Kenntnis von Vermutungstatsachen, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners schließen lassen, hatte, ist die Stellung oder Funktion des Arbeitnehmers im Unternehmen nicht per se maßgebend. Unabhängig davon, ob er Einblick in die Liquiditäts- oder Zahlungslage des Unternehmens hat, trifft den Arbeitnehmer auch keine Beobachtungs- und Erkundigungspflicht. Der Insolvenzverwalter, der die Beweislast für die Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO trägt, muss im Einzelfall nachweisen, dass der Arbeitnehmer alle erforderlichen Informationen besaß(vgl. BAG 6. Oktober 2011 - 6 AZR 262/10 - Rn. 32, BAGE 139, 235; BGH 19. Februar 2009 - IX ZR 62/08 - Rn. 17, 22, BGHZ 180, 63).

65

dd) Die nach § 133 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 InsO erforderliche Kenntnis der Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn der Gläubiger weiß, dass werthaltiges Schuldnervermögen, das dem Insolvenzbeschlag unterliegen würde, vermindert oder die Schuldenmasse vermehrt wird, ohne dass das verbleibende Schuldnervermögen ausreicht, um alle verbleibenden Verbindlichkeiten zu befriedigen. Das wird widerleglich vermutet, wenn der Gläubiger Umstände kennt, die im oben genannten Sinn zwingend auf eine drohende Zahlungsunfähigkeit schließen lassen (vgl. BGH 20. November 2008 - IX ZR 188/07 - Rn. 10). Auch für ein Eingreifen der Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO genügt es nach dieser Rechtsprechung in aller Regel allein, dass der Anfechtungsgegner die drohende Zahlungsunfähigkeit bzw. die Umstände, aus denen diese zwingend folgt, kennt (MünchKommInso/Kirchhof 2. Aufl. § 133 Rn. 24d). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es damit praktisch nur auf den ersten Teil der Vermutungsvoraussetzung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO, die Kenntnis von der(drohenden) Zahlungsunfähigkeit, an (vgl. BGH 20. November 2008 - IX ZR 188/07 - Rn. 10). Der zweite Teil der Vermutungsgrundlage, die Kenntnis von der Gläubigerbenachteiligung, wird aus dem ersten Teil des Vermutungstatbestands gefolgert. Dreh- und Angelpunkt bei den meisten Anfechtungsprozessen ist damit der Nachweis, dass Schuldner und Anfechtungsgegner von der zumindest drohenden Zahlungsunfähigkeit oder den auf eine solche hindeutenden Tatsachen Kenntnis hatten (Kayser WM 2013, 293, 294 f.).

66

c) Die Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit und die übrigen Beweisanzeichen begründen allerdings keine gesetzliche Vermutung iSd. § 292 ZPO dafür, dass die Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung erfüllt sind(Fischer NZI 2008, 588, 592; missverständlich BGH 24. Mai 2007 - IX ZR 97/06 - Rn. 25).

67

aa) Solche Tatsachen sind vielmehr nur mehr oder weniger gewichtige Beweisanzeichen, die eine Gesamtwürdigung nicht entbehrlich machen und nicht schematisch im Sinne einer vom anderen Teil zu widerlegenden Vermutung angewandt werden dürfen. Ob die Voraussetzungen des § 133 InsO vorliegen, unterliegt der freien richterlichen Beweiswürdigung des Tatsachengerichts. Es ist dabei seine Aufgabe, das Vorliegen des Benachteiligungsvorsatzes und die Kenntnis des Anfechtungsgegners davon gemäß § 286 Abs. 1 ZPO unter Würdigung aller Beweisanzeichen und sonstigen Umstände des Einzelfalles isoliert und in ihrer Gesamtheit auf der Grundlage des Gesamtergebnisses der mündlichen Verhandlung sowie einer etwaigen Beweisaufnahme zu prüfen(vgl. BAG 6. Oktober 2011 - 6 AZR 262/10 - Rn. 37, BAGE 139, 235; vgl. BGH 10. Januar 2013 - IX ZR 13/12 - Rn. 25 unter ausdrücklicher Aufgabe von BGH 24. Mai 2007 - IX ZR 97/06 - Rn. 25; Kayser WM 2013, 293, 294, 298).

68

bb) Der Anfechtungsgegner kann die von der Rechtsprechung anerkannten Beweisanzeichen erschüttern, indem er gegenläufige Indizien geltend macht und nötigenfalls beweist (Kayser WM 2013, 293, 298 ff., der von „Entkräften des Vermutungstatbestands“ spricht; ausführlich zur Wirkungsweise von Indizien und zur indizienrechtlichen Beweisführung Huber FS Ganter S. 203, 206, 211 ff.), oder er kann die gesetzliche Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO widerlegen.

69

(1) Neben einem tragfähigen Sanierungskonzept gehört zu den gegenläufigen Indizien bei kongruenter Deckung insbesondere der Nachweis, dass die angefochtene Leistung in engem zeitlichen Zusammenhang mit einer gleichwertigen Gegenleistung in die künftige Masse erfolgt ist. In letzterem Fall spricht viel dafür, dass der Schuldner die Leistung nur wegen des im Gegenzug erhaltenen (gleichwertigen) Vermögensvorteils erbracht hat und ihm eine damit verbundene mittelbare Gläubigerbenachteiligung selbst bei schon eingetretener oder drohender Zahlungsunfähigkeit nicht bewusst geworden ist (Kayser WM 2013, 293, 298; Fischer NZI 2008, 588, 593 f.). Das gilt insbesondere, wenn die Leistung zur Fortführung des Betriebs bzw. Unternehmens notwendig ist und damit den Gläubigern im Allgemeinen nützt (Kreft in HK-InsO 6. Aufl. § 142 Rn. 12).

70

(2) Darüber hinaus erscheint bei derartigen kongruenten Leistungen, sofern es sich dabei um ein Bargeschäft handelt oder bei denen zumindest eine bargeschäftsähnliche Lage vorliegt (vgl. Kayser WM 2013, 293, 298), die Erschütterung des Beweisanzeichens der Kenntnis von der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners und der daraus folgenden Kenntnis der Gläubigerbenachteiligung auf Seiten des Anfechtungsgegners naheliegend. Wird eine Leistung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses in engem zeitlichen Zusammenhang mit einer gleichwertigen Gegenleistung erbracht (zu der insoweit maßgeblichen Zeitspanne BAG 6. Oktober 2011 - 6 AZR 262/10 - Rn. 16 bis 18, BAGE 139, 235), spricht viel dafür, dass der Arbeitnehmer davon ausgeht und ausgehen darf, dass sein Arbeitgeber noch liquide ist, er nur bekommen hat, was ihm zustand, die Unternehmensfortführung erfolgsversprechend ist (vgl. MünchKommInso/Kirchhof 2. Aufl. § 133 Rn. 38b) und er die Erfüllung des Entgeltanspruchs deshalb als nicht gläubigerbenachteiligend ansieht.

71

d) Ausgehend davon halten die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts einer rechtlichen Prüfung nicht stand.

72

aa) Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerhaft die Vereinbarung der Halteprämie als Gewährung einer kongruenten Deckung angesehen und deshalb das Beweisanzeichen der Inkongruenz im Rahmen seiner Prüfung der Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO nicht in seine Abwägung nach § 286 ZPO einbezogen. Die Zusage der Halteprämie stellte eine inkongruente Deckung dar.

73

(1) Inkongruenz liegt vor, wenn die konkrete Deckungshandlung vom Inhalt des Schuldverhältnisses abweicht, das zwischen Insolvenzgläubiger und Schuldner besteht (BGH 11. März 2004 - IX ZR 160/02 - zu II 1 c aa (3) der Gründe). Die Feststellung der Inkongruenz erfordert demnach den Abgleich von rechtlich geschuldetem Vorgehen und tatsächlichem Vorgehen des Schuldners (Schoppmeyer in Bork Handbuch des Insolvenzanfechtungsrechts Kap. 8 Rn. 30). Maßgeblich ist die materiell-rechtliche Rechtslage im Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung iSv. § 140 Abs. 1 InsO(vgl. BGH 29. September 2005 - IX ZR 184/04 - zu II 2 der Gründe; Schoppmeyer aaO Rn. 31), hier am 16. Oktober 2008. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger für den Fall, dass er weiter betriebstreu blieb, lediglich Anspruch auf die arbeitsvertraglich vereinbarte Gegenleistung, nicht aber auf die ihm mit der Vereinbarung vom 16. Oktober 2008 zugesagte Halteprämie. Das arbeitsvertragliche Leistungsprogramm wurde durch die Zusage einer Halteprämie nachträglich zugunsten des Klägers abgeändert, ohne dass dieser darauf einen Anspruch hatte. Dies begründet die inkongruente Deckung (vgl. Schoppmeyer aaO Rn. 35).

74

(2) Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts ist es unerheblich, dass die Parteien über die Halteprämie eine eigene Vereinbarung geschlossen haben. Zum einen hätte diese allenfalls die Kongruenz der Halteprämie selbst begründen können. Zum anderen übersieht das Landesarbeitsgericht, dass die Vereinbarung vom 16. Oktober 2008 kein kongruenzbegründender Schuldgrund sein kann, weil sie ihrerseits inkongruent ist (vgl. BGH 2. Februar 2006 - IX ZR 67/02 - Rn. 38 bis 40, BGHZ 166, 125). Die Arbeitsvertragsparteien können nicht durch den Abschluss einer Vereinbarung, die neue Ansprüche des Arbeitnehmers begründet, die Anfechtungstatbestände des § 131 InsO und § 133 Abs. 1 InsO umgehen.

75

(3) Der Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts ist auch entscheidungserheblich. Das Landesarbeitsgericht hat zwar im Rahmen seiner Ausführungen zur Widerlegung der Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO durch den Kläger angenommen, er habe schlüssig ein Restrukturierungskonzept der Schuldnerin dargelegt. Diese Annahme ist aber ihrerseits nicht frei von Rechtsfehlern. Die bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts tragen die Annahme des Vorliegens eines schlüssigen Sanierungskonzepts nicht. Das rügt die Revision mit Recht.

76

(a) Aus den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts lässt sich schon der wesentliche Inhalt des Sanierungskonzepts nicht entnehmen. Das Landesarbeitsgericht hat seine Annahme, die Voraussetzungen eines schlüssigen Sanierungskonzepts lägen vor, auf den auf fünf Jahre angelegten Businessplan der Schuldnerin gestützt. Aus dem Vortrag der Parteien hat das Landesarbeitsgericht gefolgert, im Businessplan sei geregelt, mit welcher Personalstärke und welcher unternehmerischen Ausrichtung die Schuldnerin habe fortgeführt werden sollen. Dieses Konzept sei durch P geprüft und für durchführbar erachtet worden. Aus diesen Feststellungen ist nicht ersichtlich, dass spätestens am 16. Oktober 2008 ein in sich geschlossenes Konzept zur Bereinigung sämtlicher Verbindlichkeiten der Schuldnerin entwickelt worden war oder dass der Kläger dies zumindest annehmen durfte. Es ist zum einen nicht erkennbar, auf welchen tatsächlichen Grundlagen ein solches Sanierungskonzept beruhen sollte und was bei einer unvoreingenommenen, fachkundigen Prüfung der Lage der Schuldnerin die Annahme rechtfertigte, bei einer Realisierung des Konzepts würden die übrigen Gläubiger vollständig befriedigt werden können. Zum anderen hat das Berufungsgericht nicht beachtet, dass das Gutachten von P erst am 4. Dezember 2008 vorlag. Die Indizwirkung der Inkongruenz entfiele nur, wenn bereits am 16. Oktober 2008 ein tragfähiges Sanierungskonzept existiert hätte oder wenn jedenfalls der Kläger davon aufgrund konkreter Umstände hätte ausgehen dürfen, was dieser allerdings - soweit ersichtlich - bisher nicht geltend gemacht hat.

77

(b) Die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts lassen auch nicht den Schluss zu, dass die Schuldnerin am 16. Oktober 2008 begründete Aussicht auf den Erhalt staatlicher Finanzhilfen zur Überbrückung der Liquiditätsprobleme hatte. Das Landesarbeitsgericht hat insoweit unter Bezug auf die Gespräche mit dem Freistaat Sachsen angenommen, es sei nicht unwahrscheinlich gewesen, dass die Schuldnerin weitere Mittel erhalten werde. Die am 21. Dezember 2008 verkündete Einigung mit dem Freistaat Sachsen spreche gegen eine unverbrüchlich ablehnende Haltung des Freistaats im Oktober 2008, öffentliche Mittel zu gewähren. Das Landesarbeitsgericht hat dabei nicht berücksichtigt, dass der Freistaat Sachsen die Bewilligung der Finanzhilfe vom Ergebnis der von ihm in Auftrag gegebenen Due-Diligence-Prüfung abhängig machen wollte. Es hat nicht festgestellt, dass die Schuldnerin aufgrund belastbarer Tatsachen bereits vor dem Ergebnis dieser Prüfung, also vor dem 4. Dezember 2008, die Prognose stellen durfte, sie werde Staatshilfen erhalten. Nach den bisher getroffenen Feststellungen waren die Bemühungen der Schuldnerin um eine Sanierung auch nach dem Vortrag des Klägers über die Entwicklung von Plänen und die Erörterung von Hilfsmöglichkeiten nicht hinausgekommen. Dies reicht für ein Ausräumen des durch die Inkongruenz indizierten Benachteiligungsvorsatzes nicht aus (BGH 8. Dezember 2011 - IX ZR 156/09 - Rn. 11).

78

(c) Ein Sanierungskonzept kann schließlich nur dann geeignet sein, den indizierten Benachteiligungsvorsatz auszuschließen, wenn die inkongruente Leistung auch Bestandteil des Sanierungskonzepts ist. Das Landesarbeitsgericht hat jedoch keine Feststellungen dazu getroffen, ob die zahlreichen Mitarbeitern zugesagten Halteprämien Bestandteil des Sanierungskonzepts der Schuldnerin waren.

79

bb) Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, ob die Schuldnerin am 16. Oktober 2008 bereits zahlungsunfähig war oder jedenfalls ihre Zahlungsunfähigkeit drohte und die Schuldnerin sowie der Kläger davon Kenntnis hatten, was ein weiteres wesentliches Beweisanzeichen für die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung wäre. Der Beklagte hat behauptet, die drohende Zahlungsunfähigkeit habe sich aus der Liquiditätsplanung der Schuldnerin ergeben. Er hat für seine Behauptung, die Schuldnerin sei spätestens am 16. Oktober 2008 drohend zahlungsunfähig gewesen, die Vorlegung eines Privatgutachtens vom 30. Dezember 2010 angeboten. Diesen Vortrag durfte das Landesarbeitsgericht nicht außer Acht lassen.

80

(1) Allerdings hat das Landesarbeitsgericht angenommen, der Kläger habe aus den vom Beklagten vorgetragenen Anknüpfungstatsachen nicht zwingend auf die drohende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin schließen müssen. Es hat weiter angenommen, der Beklagte habe nicht behauptet, dass der Kläger positive Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes der Schuldnerin gehabt habe. Auch diese Würdigung, nach der es auf eine (drohende) Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin nicht ankäme, ist nicht rechtsfehlerfrei. Das Landesarbeitsgericht hat nicht berücksichtigt, dass der Beklagte stets auf die Inkongruenz der Vereinbarung vom 16. Oktober 2008 hingewiesen hatte. Dies rügt die Revision mit Recht. Die Inkongruenz ist, wie ausgeführt, in der Regel ein Beweisanzeichen für eine Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners iSd. § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO, wenn der Empfänger Anlass hatte, an der Liquidität des Schuldners zu zweifeln. Der Beklagte hat unter Beweisantritt behauptet, der Kläger habe nicht nur derartige Zweifel haben müssen, er habe vielmehr Kenntnis von der zumindest drohenden Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin gehabt. Dies hat das Landesarbeitsgericht zu Unrecht als unzulässigen Antritt eines Ausforschungsbeweises angesehen. Die insoweit erhobene Verfahrensrüge hat Erfolg.

81

(a) Der Beklagte hat im Schriftsatz vom 31. März 2011 vorgetragen, der Kläger habe die Cashflow-Entwicklung auf Monatsbasis geprüft und Kenntnis von der drohenden Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin gehabt. Er habe Einblick in alle maßgeblichen Zahlen und Fakten des Konzerns gehabt. Ihm sei bei Übergabe der Zusage der Halteprämie die Auffassung der K AG zum Jahresabschluss 2008 und deren Schreiben vom 14. Oktober 2008 bekannt gewesen. Zum Beweis dieser Behauptungen hat er das Zeugnis des Vorgesetzten des Klägers und der Ansprechpartner des Klägers bei der K AG angeboten. Dieser Vortrag ist nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts streitig geblieben, wie sich aus II 3 b des Berichtigungsbeschlusses vom 8. März 2012 ergibt. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Beklagte habe nicht nachvollziehbar vorgetragen, weswegen der Kläger Kenntnis von der Auffassung der K AG und deren Schreiben vom 14. Oktober 2008 gehabt habe. Er habe keine Anknüpfungstatsachen für diese Kenntnis des Klägers vorgetragen. Er habe insbesondere nicht ausgeführt, welchen Inhalt die regelmäßigen Gespräche zwischen dem Kläger und dem benannten Zeugen Herrn Kl gehabt hätten und welche Informationen der Kläger darin erhalten habe.

82

(b) Damit hat das Landesarbeitsgericht die Anforderungen an einen ausreichenden Beweisantritt überspannt. Die beweisbelastete Partei muss keinen „Vorbeweis“ führen, indem sie Anhaltspunkte für - gegebenenfalls von ihr nur vermutete - Tatsachen konkretisiert und unter Beweis stellt (BAG 28. April 2004 - 10 AZR 370/03 - zu II 2 c der Gründe). Vielmehr genügt sie ihrer Darlegungslast bereits dadurch, dass sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, die geltend gemachte Rechtslage als entstanden erscheinen zu lassen. Hat eine Partei - wie hier der Beklagte als Insolvenzverwalter - keinen Einblick in die Geschehensabläufe und ist ihr deshalb die Beweisführung erschwert, kann sie auch solche Umstände unter Beweis stellen, die sie nur vermutet, aber nach Lage der Dinge für wahrscheinlich hält. Nähere Einzelheiten sind vom Tatsachengericht durch entsprechende Nachfrage bei der Beweisaufnahme zu klären. Zu einem unzulässigen Ausforschungsbeweis wird ein Beweisantrag unter solchen Umständen erst dann, wenn die beweispflichtige Partei Behauptungen „aufs Geratewohl“ oder „ins Blaue hinein“ aufstellt, ohne wenigstens greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts aufzuzeigen (BAG 27. September 2012 - 2 AZR 516/11 - Rn. 30; BGH 24. Mai 2007 - III ZR 176/06 - Rn. 15; vgl. für die Anforderungen an den Beweisantritt eines Konkursverwalters BGH 20. Juni 2002 - IX ZR 177/99 -). Angesichts der (Mit-)Zuständigkeit des Klägers für die Erstellung der monatlichen Konzernabschlüsse und des vom Beklagten behaupteten ständigen Austausches zwischen dem Kläger und den Wirtschaftsprüfern der K AG einerseits und seinem Vorgesetzten andererseits bestehen greifbare Anhaltspunkte dafür, dass in diesen Gesprächen die Liquidität und Zahlungsfähigkeit der Schuldnerin sowie die Einschätzung der Wirtschaftsprüfer, die am 14. Oktober 2008 zu dem Hinweis an die Schuldnerin nach § 321 Abs. 1 Satz 3 HGB auf eine Bestandsgefährdung des Unternehmens geführt hatte, angesprochen worden sind, zumal hier offensichtlich wegen der Dringlichkeit ein Vorabbericht erstellt worden ist(vgl. Habersack/Schürnbrand in Großkomm. HGB 5. Aufl. § 321 Rn. 22).

83

(2) Soweit das Landesarbeitsgericht im Rahmen einer Hilfsbegründung angenommen hat, der Kläger habe die gesetzliche Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO durch seinen Vortrag zum Sanierungskonzept der Schuldnerin widerlegt, tragen die insoweit von ihm getroffenen Feststellungen, wie ausgeführt, seine Annahme, es habe ein tragfähiges Sanierungskonzept vorgelegen, nicht.

84

cc) Schließlich hat das Landesarbeitsgericht die erforderliche abschließende Gesamtwürdigung aller Umstände nicht vorgenommen.

85

D. Der Beklagte hat sich erstmals in der Revisionsinstanz ausdrücklich hilfsweise auf das Anfechtungsrecht nach § 133 Abs. 2 InsO berufen. Danach wird bei Abschluss entgeltlicher Verträge mit Nahestehenden, die zu einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung führen, unterstellt, dass der Schuldner mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz handelte und der Gläubiger dies wusste. § 133 Abs. 2 InsO führt also zu einer Beweislastumkehr(MünchKommInso/Kirchhof 2. Aufl. § 133 Rn. 45, 39). Das Landesarbeitsgericht hat zu den Voraussetzungen dieses Anfechtungstatbestands keine Feststellungen getroffen. Die Zurückverweisung der Sache gibt den Parteien Gelegenheit, zu den bisher nicht festgestellten Voraussetzungen des § 133 Abs. 2 InsO, insbesondere dem Vorliegen einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung unter Einbeziehung der Gegenleistung des Klägers(dazu BGH 8. November 2012 - IX ZR 77/11 - Rn. 20 ff.) sowie eines Näheverhältnisses iSd. § 138 Abs. 2 Nr. 2 InsO aufgrund dienstvertraglicher Verbindung(dazu BGH 15. November 2012 - IX ZR 205/11 - Rn. 10 f., BGHZ 195, 358), vorzutragen. Gegebenenfalls wird das Landesarbeitsgericht unter Beachtung vorstehend dargelegter Maßstäbe, insbesondere der vorliegenden Inkongruenz prüfen müssen, ob eine Vorsatzanfechtung in Betracht kommt, und dabei unter Umständen das Vorliegen einer (drohenden) Zahlungsunfähigkeit festzustellen haben.

86

E. Es bestand kein Anlass, wie von der Revision angeregt, von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO iVm. § 72 Abs. 5 ArbGG Gebrauch zu machen.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Spelge    

        

        

        

    Wollensak    

        

    Lorenz    

                 

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 176/06
Verkündet am:
24. Mai 2007
K i e f e r
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, nach der der kündigende
Arbeitnehmer aus § 628 Abs. 2 BGB lediglich einen auf den Zeitraum der
fiktiven Kündigungsfrist für das Arbeitsverhältnis beschränkten Ersatzanspruch
hat und eine angemessene Vergütung entsprechend §§ 9, 10 KSchG
verlangen kann (BAGE 98, 275, 288 ff; BAG, Urteil vom 22. April 2004
- 8 AZR 269/03 - AP Nr. 18 zu § 628 BGB unter II 2 a), ist auf den Schadensersatzanspruch
des Arbeitnehmers gegen seinen Rechtsvertreter, durch
dessen Verschulden ein Kündigungsschutzprozess verloren geht, nicht übertragbar.
BGH, Urteil vom 24. Mai 2007 - III ZR 176/06 - OLG Düsseldorf
LG Wuppertal
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 24. Mai 2007 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter
Dr. Wurm, Dörr, Dr. Herrmann und Wöstmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 20. Juni 2006 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger nimmt die Beklagten, eine Gewerkschaft und eine gewerkschaftseigene Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Zweck unter anderem die Gewährung von Rechtsschutz für Gewerkschaftsmitglieder ist, als Gesamtschuldner auf Schadensersatz mit der Begründung in Anspruch, sie hätten ein arbeitsrechtliches Kündigungsschutzverfahren fehlerhaft durchgeführt. Dies habe zur Folge gehabt, dass sein Arbeitsverhältnis zum 30. April 2003 durch Kündigung der Arbeitgeberin beendet worden sei.
2
Der Kläger und ein weiterer Mitarbeiter waren in der Abteilung Apparatebau ihrer Arbeitgeberin beschäftigt. Am 11. September 2002 unterrichtete ein Vertreter der Arbeitgeberin beide Beschäftigten davon, dass diese Abteilung aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen werden solle. Er zeigte in dem Gespräch folgende Alternativen auf: Zum einen komme eine fristgerechte Kündigung des Arbeitsverhältnisses am 30. September 2002 mit einem Beschäftigungsende zum 30. April 2003 in Betracht; zum anderen sei eine Weiterbeschäftigung mit einem allerdings deutlich geringeren Lohn in einem anderen Unternehmensbereich möglich. Ein von dem Vertreter der Arbeitgeberin über dieses Gespräch angefertigtes Protokoll hält fest, dass die beiden Beschäftigten keine Stellungnahme abgegeben hätten und ein neuer Gesprächstermin für den 18. September 2002 vereinbart worden sei.
3
Die Arbeitgeberin sprach mit am 30. September 2002 zugegangenem Schreiben entsprechend der ersten im Gespräch vom 11. September 2002 erörterten Alternative die Kündigung des Klägers mit einem Beschäftigungsende zum 30. April 2003 aus. Die hiergegen erhobene Kündigungsschutzklage, mit deren Durchführung der Kläger die beiden Beklagten beauftragte, blieb ohne Erfolg. Zur Begründung führte das Arbeitsgericht aus, die Drei-Wochen-Frist des § 4 KSchG sei nicht gewahrt. Ein zuvor gestellter Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage war rechtskräftig zurückgewiesen worden.
4
Der Kläger macht geltend, die Versäumung der Klagefrist beruhe auf einer verschuldeten Pflichtverletzung beider Beklagten. Er hat behauptet, bereit gewesen zu sein, auf den von der Arbeitgeberin angebotenen geringer bezahlten Arbeitsplatz zu wechseln. Er nimmt die Beklagten deshalb auf Zahlung von Schadensersatz wegen in den Jahren 2003 und 2004 entgangenen Lohns auf der Grundlage des hypothetischen Arbeitsplatzwechsels in Anspruch. Darüber hinaus begehrt er die Feststellung, dass die Beklagten verpflichtet seien, ihm den weiteren Schaden zu ersetzen, der ihm infolge der fehlerhaften Durchführung des Kündigungsschutzverfahrens entstanden sei oder noch entstehen werde. Die Beklagten haben behauptet, der Kläger habe in dem Gespräch am 11. September 2002 die Umsetzung auf einen anderen Arbeitsplatz kategorisch verweigert. Deshalb sei, so haben sie gemeint, eine Änderungskündigung der Arbeitgeberin nicht mehr in Betracht gekommen, so dass die Klage gegen die Beendigungskündigung auch bei ihrer rechtzeitigen Erhebung keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätte.
5
Die Klage ist in erster Instanz erfolgreich gewesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe


6
Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


7
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Arbeitgeberin wäre im Kündigungsschutzprozess ohne die den Beklagten vorzuwerfende Fristversäumung mit ihrer Beendigungskündigung gescheitert, da sie zum milderen Mittel der Änderungskündigung hätte greifen müssen. Der Kläger habe zuvor ein entsprechendes Vertragsänderungsangebot nicht endgültig abgelehnt. Soweit die Beklagten ihre gegenteilige Behauptung unter Zeugenbeweis gestellt hätten, habe mit Rücksicht auf den schriftlichen Vermerk über das Gespräch am 11. September 2002 kein Anlass bestanden, dem Beweisangebot nachzugehen. Die Einwände gegen die Schadensberechnung seien nicht durchgreifend. Insbesondere komme es nicht darauf an, ob die Schadensersatzpflicht nach den vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Grundsätzen zum Schadensersatz wegen Auflösungsverschuldens entsprechend §§ 9, 10 KSchG zu begrenzen sei. Diese Rechtsfrage sei erst in einem etwaigen künftigen Betragsverfahren zu prüfen.

II.


8
1. Dies hält den Angriffen der Revision nicht in vollem Umfang stand.
9
Zutreffend und von der Revision auch nicht angegriffen sind die Vorinstanzen davon ausgegangen, dass die Versäumung der Frist für die Erhebung der Kündigungsschutzklage auf einem schuldhaften Versäumnis beider Beklagten beruht.
10
Das Berufungsgericht hätte jedoch der Behauptung der Beklagten, der Kläger habe das Angebot der Arbeitgeberin, ihm einen anderen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen, ernsthaft und endgültig abgelehnt, und dem Beweisantritt hierzu nachgehen müssen. Trifft die Behauptung der Beklagten, die die Darlegungs - und Beweislast dafür trägt, dass auch eine rechtzeitig erhobene Kündi- gungsschutzklage erfolglos geblieben wäre (vgl. BGH, Urteil vom 27. Januar 2000 - IX ZR 45/98 - NJW 2000, 1572, 1573), zu, war eine Änderungskündigung der Arbeitgeberin nicht mehr zuzumuten, so dass sie die Beendigungskündigung aussprechen durfte (vgl. BAGE 47, 26, 38; 114, 243, 254 m.w.N.; BAG NJW 2001, 2737, 2741).
11
a) Die Vorinstanz hätte nicht davon ausgehen dürfen, die Behauptung der Beklagten sei durch den von der Arbeitgeberseite gefertigten Gesprächsvermerk bereits widerlegt. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war eine detaillierte Auseinandersetzung der Beklagten mit der Urkunde nicht erforderlich. Es genügte die unter Beweis gestellte Behauptung des Gegenteils der in dem Schriftstück wiedergegebenen Tatsache, dass das Gespräch vom 11. September 2002 ohne Stellungnahme des Klägers zu den von der Arbeitgeberin aufgezeigten Alternativen endete. Das Vorbringen der Beklagten, der Kläger habe in dem Gespräch den Wechsel auf einen anderen Arbeitsplatz kategorisch abgelehnt, beinhaltet im Übrigen denknotwendig die von dem Berufungsgericht vermisste Behauptung einer "schriftlichen Lüge" in der Urkunde.
12
b) Entgegen der Auffassung des Klägers mussten die Beklagten auch nicht im Hinblick auf eine etwaige Vermutung für die inhaltliche Richtigkeit der Urkunde näher darlegen, aufgrund welcher Umstände die in dieser enthaltenen Erklärungen oder Feststellungen unrichtig seien.
13
Zwar besteht nach ständiger Rechtsprechung für die über ein Rechtsgeschäft aufgenommenen Urkunden die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit (z.B. BGH, Urteil vom 5. Juli 2002 - V ZR 143/01 - NJW 2002, 3164 f m.w.N.), so dass die Partei, die Tatsachen behauptet, die mit dem Inhalt des Schriftstücks im Widerspruch stehen, hierfür beweispflichtig ist (vgl. BGH aaO S. 3165). Ob dies auch für Urkunden gelten kann, die nicht ein Rechtsgeschäft dokumentieren, sondern, wie hier, den Gang arbeitsrechtlicher Verhandlungen, an denen zudem eine der Prozessparteien selbst nicht beteiligt war, kann auf sich beruhen.
14
Selbst wenn dies der Fall sein sollte, bedeutet dies nicht, dass dem unter Beweis gestellten Vorbringen einer Partei, mit dem sie Tatsachen geltend macht, die dem Inhalt der Urkunde widersprechen, nur dann nachzugehen ist, wenn sich der Prozessbeteiligte im Einzelnen mit dem Dokument auseinandersetzt und substantiiert vorträgt, aus welchen Gründen die darin enthaltenen Feststellungen unzutreffend sind. Insbesondere darf die Erhebung der insoweit angebotenen Beweise nicht davon abhängig gemacht werden, dass die Unrichtigkeit der Urkunde plausibel dargelegt wird. Erwägungen hierüber sind im Rahmen der Beweiswürdigung anzustellen, die erst erfolgen kann, wenn die angebotenen Beweise erhoben sind.
15
Aber auch im Übrigen hatten die Beklagten zu den Umständen der von ihnen behaupteten Weigerung des Klägers nicht näher vorzutragen. An die Substantiierungslast der darlegungspflichtigen Partei dürfen keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Die Partei ist nicht verpflichtet, den streitigen Lebenssachverhalt in allen Einzelheiten darzustellen. Vielmehr genügt sie nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ihrer Darlegungslast bereits dadurch, dass sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, die geltend gemachte Rechtslage als entstanden erscheinen zu lassen. Dabei muss das Gericht aufgrund dieser Darstellung beurteilen können, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der an eine Behauptung geknüpften Rechtsfolge erfüllt sind (z.B. Senatsbeschluss vom 15. Februar 2007 - III ZR 156/06 - Beschlussumdruck S. 5 Rn. 8; Senatsurteil vom 15. Mai 2003 - III ZR 7/02 - BGH-Report 2003, 891, 892 m.w.N.). Hierbei ist auch zu berücksichtigen, welche Angaben einer Partei zumutbar und möglich sind. Falls sie keinen Einblick in die maßgeblichen Geschehensabläufe hat und die Darlegung und die Beweisführung deshalb erschwert sind, kann sie auch nur vermutete Tatsachen behaupten und unter Beweis stellen. Zu einem unzulässigen Ausforschungsbeweis wird der Beweisantrag unter solchen Umständen erst, wenn die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich und rechtsmissbräuchlich Behauptungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufstellt (Senat aaO m.w.N.).
16
Die Behauptung der Beklagten, der Kläger habe das Änderungsangebot seiner Arbeitgeberin ernsthaft und endgültig abgelehnt, ist nicht in diesem Sinne rechtsmissbräuchlich, da die Beklagten bei dem Gespräch am 11. September 2002 nicht vertreten waren und ein Anknüpfungspunkt für die Behauptung, die in der Urkunde enthaltene Feststellung sei unzutreffend, vorhanden ist, weil die Arbeitgeberin nach dem Vorbringen der Beklagten im Kündigungsschutzprozess vorgetragen hat, der Kläger habe es abgelehnt, die Umsetzung auf einen anderen Arbeitsplatz auch nur in Erwägung zu ziehen.
17
c) Die notwendige Beweisaufnahme ist nachzuholen, weshalb die Sache unter Aufhebung des Berufungsurteils an die Vorinstanz zurückzuverweisen ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
18
2. Für die weiteren rechtlichen Auseinandersetzungen der Parteien weist der Senat darauf hin, dass entgegen der Ansicht der Beklagten die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, nach der der Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber wegen Auflösungsverschuldens begrenzt ist, auf die vorliegende Fallgestaltung nicht übertragbar ist. Danach tritt, wenn der Arbeitnehmer gegen seinen Arbeitgeber einen Anspruch nach § 628 Abs. 2 BGB geltend macht, neben den auf den Zeitraum der fiktiven Kündigungsfrist für das Arbeitsverhältnis beschränkten Ersatzanspruch lediglich eine angemessene Vergütung, für deren Bemessung auf die Abfindungsregelung der §§ 9, 10 KSchG abzustellen ist (BAGE 98, 275, 288 ff; BAG, Urteil vom 22. April 2004 - 8 AZR 269/03 - AP Nr. 18 zu § 628 BGB unter II 2 a). Für den Schadensersatzanspruch des Handelsvertreters aus § 89a Abs. 2 HGB hat der Bundesgerichtshof ebenfalls entschieden, dass sich die Forderung auf den Zeitraum bis zu dem von vornherein vereinbarten oder durch eine (fiktive) ordentliche Kündigung herbeigeführten Vertragsende beschränkt (BGHZ 122, 9, 12 ff).
19
a) Die Erwägungen, mit denen das Bundesarbeitsgericht die Begrenzung des Schadensersatzes im Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber rechtfertigt, sind auf die Rechtsbeziehungen zwischen dem Arbeitnehmer und seinem Rechtsvertreter nicht zu übertragen. Gleiches gilt für die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu dem Anspruch aus § 89a Abs. 2 HGB. Die Begrenzung des Schadensersatzanspruchs des § 628 Abs. 2 BGB hat das Bundesarbeitsgericht insbesondere aus der Entstehungsgeschichte der Norm hergeleitet, wonach in der zweiten Kommission zum Entwurf des BGB Einigkeit bestand, dass der zum Schadensersatz Verpflichtete so zu behandeln sei, als ob er seinerseits gekündigt hätte, sobald dies nach der Kündigung des anderen Teils statthaft gewesen sei (BAGE aaO, S. 291 m.w.N.). Da die Beschränkung des Schadensausgleichs auf den reinen "Verfrühungsschaden" nicht den gesetzlichen Wertungen des Kündigungsschutzes entspreche, sei der Schadensersatz allerdings um eine Vergütung zu ergänzen, die nach den Abfindungsregelungen der §§ 9, 10 KSchG zu bemessen sei (BAGE aaO, S. 291 f; BAG, Urteil vom 22. April 2004 aaO).
20
Die besondere Regelungssituation des § 628 Abs. 2 BGB ist, ebenso wie diejenige des § 89a Abs. 2 HGB, dadurch charakterisiert, dass ein Vertragsteil - auf die vorliegende Konstellation übertragen der Arbeitnehmer - das Dienstverhältnis auf eigenen Wunsch, wenn auch veranlasst durch das vertragswidrige Verhalten der Gegenseite, beendet. Der Arbeitnehmer verzichtet damit auf die ihm an sich zustehende Fortführung des im Rahmen des arbeitsrechtlichen Kündigungsschutzes bestandsgesicherten Arbeitsverhältnisses. Dementsprechend ist maßgebender Gesichtspunkt für die analoge Anwendung der Abfindungsregelung der §§ 9, 10 KSchG, dass der Arbeitnehmer, der einen Schadensersatzanspruch nach § 628 Abs. 2 BGB geltend macht, für den Verzicht auf den durch die Kündigungsschutzbestimmungen vermittelten Bestandsschutz einen Ausgleich verlangen kann. Die Lage des wegen schuldhafter Vertragspflichtverletzung des Arbeitgebers selbst kündigenden Arbeitnehmers ist vergleichbar mit derjenigen des Arbeitnehmers, dem gegenüber der Arbeitgeber eine unberechtigte Kündigung ausgesprochen hat und der nun seinerseits einen Auflösungsantrag stellt, weil ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist (BAGE aaO S. 292; BAG, Urteil vom 22. April 2004 aaO).
21
Eine derartige Lage besteht bei dem hier geltend gemachten Schadensersatzanspruch nicht; vielmehr liegt eine geradezu gegenläufige Situation vor. Der Arbeitnehmer, der, wie hier, eine Kündigungsschutzklage mit dem Ziel der Weiterbeschäftigung erhebt, verzichtet gerade nicht auf die Fortführung des Arbeitsverhältnisses und den durch die Kündigungsschutzbestimmungen vermittelten Bestandsschutz. Er macht ihn im Gegenteil geltend. Wird der Erfolg der auf Weiterbeschäftigung gerichteten Klage durch das Verschulden des Rechtsvertreters des Arbeitnehmers vereitelt, besteht deshalb der für die Begrenzung des Schadensersatzanspruchs nach § 628 Abs. 2 BGB maßgebende Grund nicht (so im Ergebnis auch OLG Düsseldorf OLGR 2006, 152, 153). Dies liegt auf der Linie der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, in der - allerdings ohne, dass es in den jeweils entschiedenen Sachverhalten im Ergebnis darauf ankam - in derartigen Fallgestaltungen eine solche Einschränkung des Schadensersatzes nicht erwogen wurde (vgl. z.B. Senatsurteile vom 10. Januar 2002 - III ZR 62/01 - NJW 2002, 1115, 1117 und vom 23. Mai 1991 - III ZR 73/90 - NJW-RR 1991, 1458, 1459 f; BGH, Urteile vom 6. Dezember 2001 - IX ZR 124/00 - NJW 2002, 593, 594 und vom 27. Januar 2000 - IX ZR 45/98 - NJW 2000, 1572, 1573 f).
22
b) Es hat demnach für die Schadensberechnung wegen des Verdienstausfalls des Klägers bei der Anwendung der allgemeinen, aus §§ 249 ff BGB folgenden materiell-rechtlichen Grundsätze (vgl. zur grundsätzlichen Dauer der Erwerbsschadensersatzverpflichtung z.B.: BGH, Urteile vom 30. Mai 1989 - VI ZR 193/88 - NJW 1989, 3150, 3151 und vom 10. November 1987 - VI ZR 290/86 - NJW-RR 1988, 470, 471) unter Berücksichtigung von § 287 ZPO sein Bewenden. Soweit die Beklagten für eine Beschränkung des Schadensersatzanspruchs anführen, eine "ewige Rente" könne wegen der Imponderabilien im Leben eines Arbeitnehmers, wie späterer wirksamer Kündigung, Krankheit, Insolvenz des Unternehmens oder Wegzugs des Arbeitnehmers, nicht gewährt werden, wird dem zumindest teilweise durch die Möglichkeit der Abänderungsklage gemäß § 323 ZPO Rechnung getragen, sofern ein entsprechender Leistungstitel vorliegt. Solange nur ein Feststellungsurteil existiert, können derartige Einwendungen gegen den "Dauerrentenanspruch" des Arbeitnehmers ohnehin geltend gemacht werden. Überdies besteht Aussicht für den Schädiger, nicht bis zum Erreichen des Rentenalters des Arbeitnehmers oder gar länger Ersatz leisten zu müssen, weil es dem Geschädigten im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs. 2 BGB) obliegt, sich nach rechtskräftigem Ab- schluss des Kündigungsschutzprozesses alsbald ernsthaft um einen anderen Arbeitsplatz zu bemühen (OLG Düsseldorf OLGR 2007, 98, 100).
23
3. Bei seiner neuen Entscheidung wird das Berufungsgericht auch die übrigen Rügen der Revision zu erwägen haben, auf die einzugehen der Senat im derzeitigen Verfahrensstadium keine Veranlassung hat.
Schlick Wurm Dörr
Herrmann Wöstmann
Vorinstanzen:
LG Wuppertal, Entscheidung vom 07.09.2005 - 19 O 162/04 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 20.06.2006 - I-24 U 149/05 -

(1) Wird eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, mit dessen Einverständnis nur zum Schein abgegeben, so ist sie nichtig.

(2) Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so finden die für das verdeckte Rechtsgeschäft geltenden Vorschriften Anwendung.

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - 2 Ca 1711/10 - vom 09.06.2011 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Rahmen der Insolenzanfechtung über die Rechtsgrundlosigkeit einer gezahlten Arbeitsvergütung.

2

Der Kläger wurde mit Beschluss vom 1. Februar 2007 durch das Amtsgericht Dresden zum Insolvenzverwalter für das am gleichen Tag vor dem Amtsgericht Dresden eröffnete Insolvenzverfahren über das Vermögen der F C. & Sohn GmbH in B - 5 IN 0000 - bestellt. Die Beklagte ist die getrennt lebende Ehefrau des Geschäftsführers der Insolvenzschuldnerin.

3

Die Insolvenzschuldnerin F C. & Sohn GmbH war 1991 als Tochter der Firma C. & Sohn GmbH gegründet worden. 1996 wurde - unter Aufbau einer Fertigungsstätte mit zwei Produktionshallen, Büro- und Sozialanbau usw. - eine zweiten Niederlassung in B errichtet. Bis spätestens Mitte 2006 geriet die Insolvenzschuldnerin in eine nicht mehr überwindbare Krise, die zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens führte. Im Rahmen von Sanierungsbestrebungen der Hausbank war eine Sanierungsbewertung zustande gekommen, in welcher neben Daten, die für die wirtschaftliche Betrachtung wesentlich waren, auch ein Organigramm der Firmenstruktur mit Abteilungen und - nach Ansicht des Klägers: sämtlichen - Namen beschäftigter Mitarbeitern vorkamen, u.a. der der Tochter der Beklagten ( C. [-G.]) in der Personalabteilung, des Sohns (Manuel C.) in der Führungsebene und des Ehemanns der Beklagten (Herbert C.) als Geschäftsführer, nicht indes der der Beklagten (Bl. 20 ff. d.A.).

4

Seit Beginn der Ehe im September 1972 hatte die Beklagte in unterschiedlichen Tätigkeiten für den Betrieb gearbeitet und hierfür Lohn erhalten. Ein schriftlicher Vertrag nicht abgesetzt worden. Anlässlich der Geburt des ersten Kindes hatte sich die Arbeitszeit der Klägerin reduziert, nach der Geburt des zweiten Kindes in Übereinstimmung mit dem Arbeitgeber die Arbeitserledigung nach Hause verlagert. Auch als die Kinder nicht mehr betreut werden mussten, blieb die Praxis der Arbeit von zuhause aus unverändert. Zwischen den Parteien besteht kein Streit, dass die Beklagte 2005 und 2006 - als die Eheleute getrennt lebten - in einem „Beschäftigungsverhältnis“ stand. Der Beklagten gegenüber wurde monatlich ein Bruttogehalt von 1.329,96 EUR (einschließlich Direktversicherung und Pkw-Nutzung) abgerechnet - aufs Jahr besehen 23.513,15 EUR in 2005 und 23.524,69 EUR in 2006, zusammen 47.037,84 EUR (Ablichtungen der Lohn-/ Gehaltsabrechnung 12/05 und 12/06 in Bl. 26 f. d.A.). Auf einem Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung des Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen gab die Beklagte am 12. Juli 2007 unter Gegenzeichnung der Arbeitgeberseite an, seit 1. Januar 2005 „bis heute“ als kaufmännische Angestellte beschäftigt gewesen zu sein (Ort der Tätigkeit: zuhause; durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit: Arbeitstage: 5, Stunden: 40; Arbeitszeit: feste Arbeitszeit; Beschreibung der ausgeübten Tätigkeit: OP-Listen bearbeiten, Ausschreibungen anfordern; Tätigkeit wurde aufgrund einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung ausgeübt; der mitarbeitende Angehörige ist an Weisungen des Betriebsinhabers über die Ausführung der Arbeit gebunden und das Weisungsrecht wird tatsächlich auch ausgeübt; im Einzelnen Bl. 28-30 d.A.).

5

Der Kläger erklärte mit Schriftsatz vom 20. Mai 2009 gegenüber der Beklagten die Anfechtung gemäß § 134 InsO wie folgt (Bl. 31 f. d.A.):

6

„.. Aus den mir bislang vorliegenden Lohnunterlagen wurden sie zumindest in dem Zeitraum ab Januar 2005 als Arbeitnehmerin bei der Insolvenzschuldnerin geführt und haben in den Jahren 2005 und 2006 ein Bruttoentgelt von insgesamt rund 47.000 EUR erhalten. Da von ehemaligen Mitarbeitern auf Anfragen bezüglich ihrer konkreten Tätigkeit im Unternehmen keine plausiblen Angaben gemacht werden konnten und ihre eigenen Angaben vom 12.07.2007 in dem 'Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen' auch keine schlüssige Antwort auf Ihre tatsächlich geleistete Arbeit zu lassen, ist nach bisherigem Kenntnisstand nicht auszuschließen, dass es sich vorliegend um ein Scheinarbeitsverhältnis handelt. ... Die erhaltenen Zahlungen ohne adäquate Gegenleistung wären gemäß § 134 InsO anfechtbar mit der Konsequenz, dass die erhaltenen Zahlungen bzw. ein angemessener Teil davon an die Insolvenzmasse zurückzuzahlen sind. Insofern bitte ich Sie, mir bis zum 08.06.2009 mitzuteilen bzw. nachzuweisen, welche Tätigkeiten sie ausgeübt haben ...“

7

Die Beklagte antwortete am 30. Juni 2009, sie habe ihrem Gehalt entsprechend und wie im Feststellungsbogen vom 12. Juli 2007 erklärt gearbeitet.

8

Dem am 1. Juli 2009 klägerseits beim Amtsgericht Aschersleben beantragten, am 3. Juli 2009 erlassenen und am 8. Juli 2009 zugestellten Mahnbescheid über 47.037,85 EUR aus insolvenzrechtlicher Anfechtung gemäß § 134 InsO nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 1. Februar 2007 widersprach die Beklagte am 14. Juli 2009 insgesamt. Das Verfahren wurde am 17. August 2009 antragsgemäß an das Landgericht Kaiserslautern abgegeben.

9

Am 19. März 2010 rechnete der Kläger der Beklagten gegenüber die Arbeitsmonate Februar und März 2007, während derer er die Beklagte freigestellt hatte, mit jeweils 1.329,36 EUR (brutto) ab, woraus sich - unter Abzug auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangener 1.257,15 EUR netto - ein Zahlbetrag von 664,61 EUR ergab. Der Kläger meinte im vorliegenden Verfahren, zur Auskehr verpflichtet gewesen zu sein, solange die Anfechtung nicht anerkannt oder rechtskräftig festgestellt gewesen sei, weil das einer kanzleiinternen Vereinbarung entsprochen habe. Unstreitig blieb zwischen den Parteien, dass über den 31. März 2007 hinaus kein Arbeitsverhältnis mehr bestand.

10

Mit rechtskräftigem Beschluss vom 29. November 2010 - 3 O 566/09 - erklärte das Landgericht Kaiserslautern den ordentlichen Rechtsweg für unzulässig (Bl. 73 ff. d.A.) und verwies den Rechtsstreit an das örtliche Arbeitsgericht.

11

Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen:

12

Im Betrieb der Insolvenzschuldnerin sei keine nennenswerte Tätigkeit der Beklagten bekannt (Zeugnis Frau D., Herr E.). Die von ihr behaupteten Tätigkeiten seien nicht nach außen in Erscheinung getreten. Sie habe keine entlohnungsgemäßen Arbeitsleistungen erbracht (Zeugnis Herr A., Herr B., Herr Herbert C.). Frau D. habe für die Gemeinschuldnerin alle OP-Listen bearbeitet, Herr E. alle Angebote und Ausschreibungen (Zeugnis Frau D., Herr E.). Beklagtenseits behauptete Recherchen, Ausschreibungsermittlungen gegenüber der öffentlichen Hand, irgendwelches Ausfindigmachen von Bauträgern oder Generalunternehmern habe es nicht gegeben (Nichtwissen). Namentlich behauptete Präsentationen gegenüber Architekten und Bauträgern bedürften der Konkretisierung. Die Insolvenzschuldnerin habe immerhin über ein Hochglanz-Prospekt mit wesentlichen Angaben und eine eigene Homepage für den ersten Zugriff verfügt (was unstreitig blieb). Auch vermeintliche Zuständigkeiten als „Feuerwehr“ oder „Mädchen für alles“ bedürften der Substantiierung. Insbesondere im 40-stündigen Wochenumfang seien solche Arbeiten nicht möglich gewesen. Zudem habe es keinerlei dem Standard elektronischer Vernetzung entsprechende Verbindung zwischen dem vermeintlichen Arbeitsort der Beklagten und dem Betrieb der Insolvenzschuldnerin gegeben, um Arbeitsergebnisse dem kaufmännischen System zuführen zu können (was unstreitig blieb). Weiter hätte die Beklagte, wenn sie eine ihrem ausgezahlten Lohn entsprechende Tätigkeit ausgeführt haben wollte, unter Namensnennung im Organigramm erfasst sein müssen. Ohne erbrachte Arbeitsleistung könne es sich nur um ein Scheinarbeitsverhältnis mit Alimentcharakter gehandelt haben. Er (der Kläger) bestreite (mit Nichtwissen), dass der Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin seit 2004 Unterhaltsleistungen erbracht habe. Zwar habe auch er (der Kläger) noch im Frühjahr 2010 Lohn an die Beklagte gezahlt. Grund hierfür sei jedoch nur gewesen, dass Lohnzahlung, Lohnabrechnungen, Abgabenleistungen usw. aus der vormaligen Zeit den äußeren Eindruck eines bestehenden Arbeitsverhältnis erweckt hätten, d.h. der Vertrag von Anfang an gültig gewesen sei.

13

Der Kläger hat erstinstanzlich sinngemäß beantragt,

14

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zur Insolvenzmasse 47.037,85 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

15

Die Beklagte hat die Klageabweisung beantragt und ihrerseits vorgetragen:

16

Sie habe für die Firma unter Einsatz eines PC folgende Arbeiten von zuhause aus erbracht und sei hierfür anschließend wie vertraglich vereinbart entlohnt worden: (1) Recherchieren von Ausschreibungen potentieller Auftraggeber der öffentlichen Hand, von Bauträgern und Generalunternehmern, und zwar orientiert an der Produktpalette und den Kompetenzen und Leistungsvermögen der Insolvenzschuldnerin unter Anforderung von Ausschreibungsunterlagen, (2) Vorstellung der Insolvenzschuldnerin gegenüber Architekten und Bauträgern durch entsprechende Anschreiben unter Darstellung des Unternehmensprofils zum Ziel der Neukundenakquise, (3) Fertigstellung von Kalkulationen unter Übertragung der Kalkulationen in die notwendigen Formblätter, (4) Zuarbeiten in allen anderen Bereichen, je nach Bedarf und Notwendigkeit als „Mädchen für alles“ oder „Feuerwehr“. Aufgrund ihrer langjährigen und firmenbezogenen Berufserfahrung habe sie in den verschiedensten Bereiche eingesetzt werden und - teils eigenständig, teils in Ergänzung oder in Zusammenarbeit mit anderen Arbeitnehmern - anfallende Büroarbeiten zu erledigen vermocht. Eine feste Zuordnung von Arbeitsbereichen habe es nur für die jeweiligen Projekte gegeben. Die Verbindungsbrücke zwischen häuslichem Arbeitsplatz und Betrieb sei die im Betrieb beschäftigte Tochter gewesen, mit der sie tagtäglich in Kontakt gestanden habe. Sie (die Tochter) habe ihr - soweit notwendig - sämtliche Unterlagen und Informationen direkt überbracht bzw. umgekehrt auch wieder mit in die Firma genommen (Zeugnis Frau C.-G., Zeugnis Herr Herbert C.). Die fehlende Erwähnung im Organigramm habe möglicherweise darauf beruht, dass hiermit nur eine Stellungnahme zur Fortführungsfähigkeit und -Würdigkeit bezweckt gewesen sei, in der sie (die Beklagte) keine Rolle mehr gespielt habe, oder dass man sie schlicht übersah. Ansprüche auf Rückgewähr umfassten zumindest keine vollen Bruttolohnsummen und unterlägen der - vorliegend durchgreifenden - Verjährung.

17

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat der Klage mit Urteil vom 9. Juni 2011 - 2 Ca 1711/10 - (auf dessen Tatbestand wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz Bezug genommen wird, Bl. 138 ff. d.A.) vollumfänglich entsprochen. Es hat dafür gehalten, dass die Klägerin keine nachvollziehbaren Arbeitsleistungen erläutert habe, obgleich sie hierzu aufgrund sekundärer Darlegungslast verpflichtet gewesen sei. Das Geschilderte seien nur Tätigkeiten im Allgemeinen, ohne (wenigstens exemplarischen) Bezug zum genauen Inhalt und zeitlichen Umfang, was auch im Hinblick auf die im Feststellungsbogen aufgeführten Tätigkeiten einer Bearbeiterin von OP-Listen gelte. Auch wenn der Kläger für 2007 noch Vergütungsdifferenzen nachgezahlt habe, liege hierin kein Anerkenntnis einer Lohnzahlungspflicht in 2005 und 2006. Umgekehrt gelte statt dessen, dass, wenn für diese Jahre Arbeitsleistungen fehlten, solche offenbar auch nicht hätten erbracht werden müssen, was wiederum ein Scheinarbeitsverhältnis nahe lege. Es widerspreche jeglicher Lebenserfahrung, dass ein Arbeitsverhältnis, obwohl der Arbeitnehmer seiner Arbeitspflicht nicht nachkomme, zwei Jahre lang mit monatlichen Vergütungsleistungen bedacht werde.

18

Das Urteil wurde der Beklagten am 5. Juli 2011 zugestellt. Sie hat hiergegen mit Schriftsatz 27. Juli 2011, eingegangen 29. Juli 2011, Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 5. Oktober 2011 verlängerten Frist mit Schriftsatz vom 30. September 2011, eingegangen am gleichen Tag, begründet.

19

Die Beklagte trägt zweitinstanzlich vor:

20

Weil eine ausdrückliche Anfechtung nicht erklärt worden sei (das Schreiben vom 20. Mai 2009 habe allein der Sachverhaltsaufklärung gedient und auch die Klageerhebung stelle keine auslegungsfähige Erklärung dar) sei der Anspruch schon aus formellen Gründen nicht gegeben. Im Übrigen habe das Arbeitsgericht die sekundäre Darlegungslast überspannt. Es sei nicht möglich, alle Umstände der Arbeitstätigkeit einschließlich zeitlicher Anteile bis ins Detail zu rekonstruieren. Sie (die Beklagte) habe als kaufmännische Angestellte an fünf Tagen der Woche mit insgesamt 40 Stunden von zuhause aus folgende Aufgabenbereiche mit entsprechenden Zeitanteilen bearbeitet:

21

(1) Recherchieren von Ausschreibungen - hierzu habe sie die von ihrer Tochter erhaltenen Ausschreibungshefte (Bundesausschreibungsblatt; I-Hefte), in denen deutschlandweit Objekte für Fenster und Türen in Kunststoff- und Alu-Bauweise sowie in Holz- und Holz-Alu-Bauweise ausgeschrieben seien, auf passende Bauvorhaben im Angebotsprofil der Insolvenzschuldnerin geprüft und nach telefonischer Rücksprache mit dem Geschäftsführer zum Anlass der Anforderung von Ausschreibungsunterlagen genommen, wobei weitere vergleichbare Recherchen auch im Internet durchgeführt worden seien, was einen täglichen Arbeitsanfall von ein bis zwei Stunden ausgemacht habe -,

22

(2) Vorstellung des Unternehmens gegenüber Architekten / Unternehmen etc. pp. - hier habe sie (die Beklagte) über das Internet usw. Architekten, Bauträger und Generalunternehmer herausgesucht, um ihnen das Unternehmen anhand von Prospekten und Anschreiben mit dem Ziel, künftig Ausschreibungsunterlagen automatisch zugesandt zu erhalten, sofern neue Vergaben anstünden, präsentiert, was einen täglichen Arbeitsaufwand von etwa einer Stunde umfasst habe -,

23

(3) sonstige Arbeiten und Korrespondenz - dies habe die Erledigung von Korrespondenzen für den Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin auf telefonisch mitgeteilte oder per Handdiktiergerät vorbereitete Diktate beinhaltet, wobei die Kassetten von ihrer Tochter mitgebracht und die fertigen Briefe dieser wieder mitgegeben worden seien, was einen Zeitaufwand von 0,5 bis eine Stunde pro Tag ausgefüllt habe -,

24

(4) Bearbeitung der OP-Liste der Firma C. in St. J - bei der Insolvenzschuldnerin seien hierzu einmal im Monat Listen der offenen Posten ausgedruckt worden, welche sie von ihrer Tochter zur Abarbeitung überbracht erhalten habe, und die sie über Kontaktaufnahmen mit den Kunden sowie Nachfragen, aufgrund welcher Umstände Zahlungen noch nicht beglichen seien, Anhalten zu Zahlungen, Vereinbarung von Zahlungszielen bzw. (soweit Rückstände auf Mängeln beruht hätten) durch Mängelvermerke für ihre Tochter zur Weitergabe in den Betrieb, erfüllt hätte, dies alles bei einem täglichen Arbeitsaufwand von ein bis zwei Stunden -,

25

(5) Übertragung von Ausschreibungen und Fertigstellung von Ausschreibungsunterlagen - hier seien täglich ca. drei Ausschreibungen in die vorgesehenen Formulare übertragen worden, Bescheinigungen z.B. für die Berufsgenossenschaft, das Handelsregister, Krankenkassen oder das Finanzamt kopiert, den Unterlagen beigefügt, verpackt und versandt worden (einschließlich Verbringung zur Post mit ca. 20 Min. Fahrtaufwand), woraus abermals je nach Größe der Ausschreibung teilweise bis zu vier Stunden Arbeitszeit hervorgegangen seien (bei hohem Aufmerksamkeitsaufwand, weil die Übertragungen formell und inhaltlich richtig sein müsse, um die Teilnahme an der Ausschreibung zu gewährleisten, es handelte sich schließlich um Ausschreibungen mit Auftragswerten von 1 bis 2 Millionen, wobei pro Seite der Ausschreibung 3-7 Positionen anfielen, je Objekt ca. 200-400 Seiten) - Beweis Zeugnis Frau C.-G., Herr Herbert C., Herr G., Herr H., Herr I.).

26

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

27

das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 9. Juni 2011 abzuändern und die Klage - auch in ihrer hilfsweisen Fassung des Berufungsrechtszugs - abweisen.

28

Der Kläger beantragt,

29

die Berufung zurückzuweisen,

30

sowie hilfsweise sinngemäß

31

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zur Insolvenzmasse 37.199,67 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2009 zu zahlen,

32

2. die Beklagte zu verurteilen, ihre Erstattungsansprüche gemäß § 26 SGB IV gegenüber der Einzugsstelle (DAK B, K 4, B, Sozialversicherungsnummer: 00000000), ersatzweise gegenüber den Sozialversicherungsträgern (D, Bundesagentur für A, Deutsche Rentenversicherung/Mitteldeutschland) für das Jahr 2005 in Höhe von insgesamt 4.876,57 EUR und für das Jahr 2006 in Höhe von insgesamt 4.961,61 EUR an den Kläger abzutreten.

33

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil und trägt weiter vor:

34

Die Anfechtung sei mit Mahnbescheidsantrag und späterer Klagebegründung ausreichend geltend gemacht. Zu erstatten sei jedweder geldwerte Vorteil, auch in Gestalt von ersparten Aufwendungen (Dienstwagen o.ä.). Selbst mit weiterem Vortrag habe die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast nicht genügt. Die Beklagte habe die behaupteten Tätigkeiten nicht bei der Insolvenzschuldnerin erbracht, schon gar nicht im behaupteten Zeitumfang (Zeugnis Herr A., Herr B., Herr Herbert C.). Es seien keine Arbeitsergebnisse in den normalen Unternehmenskreislauf integriert worden. Vielmehr sei das Organigramm für den status quo der seinerzeitigen Belegschaft beachtlich. Bei Diktaten für den Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin könne es sich nicht um Gegenstände des Unternehmens gehandelt haben. Die in St. J ehemals ansässige C. & Sohn GmbH sei im Zeitraum 2005 bis 2006 in die M Verwaltungsgesellschaft mbH umbenannt worden. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahren sei fehlender Masse gescheitert (was unstreitig blieb).

35

Die Kammer hat über die Behauptung des Klägers, die Beklagte habe zwischen 2005 und 2006 keinerlei Arbeitsleistungen erbracht, namentlich nicht OP-Listen betreut oder Ausschreibungen und Angebote begleitet, Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Frau D., Herr E., Herr A., Herr B. und Herr Herbert C., sowie gegenbeweislich durch Vernehmung des Herrn Herbert C. und der Frau C.-G. erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift der Sitzung vom 15. Februar 2013 in Bl. 372 ff. d.A. Bezug genommen.

36

Des weiteren wird für den Sach- und Streitsstand zweiter Instanz ergänzend auf die wechselseitigen Schriftsätze (der Beklagten vom 30. September 2011 [Bl. 171 ff. d.A.], 17. Februar 2012 [Bl. 234 d.A.], 5. November 2012 [Bl. 192 f. d.A.], 30. November 2012 [Bl. 328 f. d.A.], 19. Dezember 2012 [Bl. 333, 336 d.A.], 8. Januar 2013 [Bl. 351 d.A.] und 17. Januar 2013 [Bl. 367 d.A.] sowie des Klägers vom 20. Oktober 2011 [Bl. 205 ff. d.A.], 7. Februar 2012 [Bl. 232 d.A.], 27. Februar 2012 [Bl. 235 d.A.], 12. September 2012 [Bl. 260 d.A.], 13. September 2012 [Bl. 262 ff. d.A.], 15. Oktober 2012 [Bl. 280 d.A.] und 29. Oktober 2012 [Bl. 286 f. d.A.]) nebst Anlagen, die zur Gerichtsakte gereichten Unterlage sowie die Protokolle vom 27. Januar 2012, 24. August 2012 und 15. Februar 2013 verwiesen.

Entscheidungsgründe

A.

37

Die zulässige Berufung ist begründet. Die Klage erweist sich zumindest nach ergänzendem Vorbringen der Beklagten in zweiter Instanz sowie durchgeführter Beweisaufnahme als unbegründet.

I.

38

Die Berufung ist zulässig (§§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 ArbGG). Die Beklagte ist im Umfang des erstinstanzlich ausgeurteilten Zahlungsbetrags, der die Grenze des § 64 Abs. 2 Buchst. b ArbGG übersteigt, beschwert. Sie hat ihr Rechtsmittel form- und fristgerecht angebracht (§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 519 ZPO) sowie rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet (§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO).

II.

39

Die Klage ist im Hauptantrag zulässig, aber nicht begründet. Spätestens aus dem Ergebnis der zweitinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme ergab sich unzweifelhaft, dass die Beklagte die in Abrede gestellten Arbeitstätigkeiten im geschuldeten Umfang doch erbracht hatte. Der auf den Erfolgsfall gerichtete Hilfsantrag fällt nicht mehr zur Entscheidung an.

40

1. Die Klage ist im Hauptantrag zulässig. Sie genügt den Anforderungen aus § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Kläger begehrt Wertersatz aus insolvenzrechtlicher Anfechtung gemäß § 143 Abs. 2 Satz 1, § 134 InsO. Den Bestimmtheitsanforderungen genügt ein solcher Klageantrag, wenn er den Wertersatz konkret beziffert und einen Sachvortrag umfasst, der die Tatsachen, aus denen der Anfechtungsanspruch hergeleitet wird, erkennen lässt (HK-InsO/ Kreft 5. Aufl. § 146 Rn. 8). Diesen Voraussetzungen wurde vorliegend genügt.

41

2. Die Klage ist im Hauptantrag aber nicht begründet. Dem Kläger steht kein Wertersatz aus insolvenzrechtlicher Anfechtung zu. Nach § 143 Abs. 2 Satz 1 InsO hat der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung die erzielte Bereicherung zwar zurück zu gewähren, wenn die Leistung unentgeltlich i.S.d. § 134 InsO erlangt war, nicht nur Gelegenheitsgeschenke betraf und im Erhalt nicht länger als vier Jahre bis zur Insolvenzeröffnung zurück lag. Die Voraussetzungen der Unentgeltlichkeit sind im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben.

42

a) Dem Kläger fehlte allerdings nicht schon die Anfechtungsbefugnis. Er hatte zwar in Anlage K 1 lediglich eine Ablichtung seiner Bestellung zum vorläufigen Insolvenzverwalter vom 10. Januar 2007 zur Gerichtsakte gereicht (Bl. 14 f. d.A.). Nach § 129 Abs. 1 InsO ist anfechtungsbefugt indes nur der (schlussendliche) Insolvenzverwalter. Zwischen den Parteien bestand aber über die nachfolgend zur vorläufigen Bestellung erfolgte Einsetzung als eigentlichem Insolvenzverwalter (Beschluss des Amtsgerichts L-Stadt vom 1. Februar 2007, Az. 000/00) kein Streit. Es gab bei Schluss der mündlichen Verhandlung weiter auch keinen Anhaltspunkt, dass das Insolvenzverfahren bereits vollständig und ohne Nachtragsverteilung beendet gewesen sein sollte (zu dieser sachlichen Begrenzung der Rechtsausübung etwa Huber in Gottwald Insolvenzrechts-Handbuch 4. Aufl. § 51 Rn. 10).

43

b) Entgegen dem Beklagteneinwand war das Anfechtungsrecht des Klägers auch nicht nach § 134 Abs. 1, § 146 Abs. 1 InsO i.V.m. §§ 195, 199 Abs. 1 BGB verjährt. Die Insolvenzanfechtung bedarf keiner gesonderten Erklärung (BGH 1.2.2007 - IX ZR 96/04 - Rn. 20, NZI 2007, 230). Die Würdigung des auf eine solche Erklärung gleichwohl deutenden Klägerschreibens vom 20.Mai 2009 konnte vor diesem Hintergrund letztlich auf sich beruhen. Das Anfechtungsrecht war mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden und zugleich - in Gestalt des Rückgewähranspruchs aus anfechtbarem Rechtsgeschäft - auch fällig geworden. Auf diesen Beginn vom 1. Februar 2007 endete die Verjährungsfrist nach §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB (zur Anwendbarkeit HK-InsO/ Kreft § 146 Rn. 11) mit Ablauf des 31. Dezember 2010 und war vorliegend mit Zustellung des Mahnbescheids - unter Hinweis auf das klägerseitige Anfechtungsrecht - unter dem 8. Juli 2009 rechtzeitig gehemmt worden (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB).

44

c) Der Beklagten war allerdings zwischen dem 1. Januar 2005 und dem 31. Dezember 2006 keine unberechtigte weil unentgeltliche Arbeitsentgeltleistung zugekommen, die sie an den Kläger zurückgewähren musste.

45

aa) Unentgeltlich ist eine Leistung, wenn ein Vermögenswert des Verfügenden zu Gunsten einer anderen Person aufgegeben wird, ohne dass dem Verfügenden ein entsprechender Vermögenswert zufließen soll (BGH 21.12.2010 - IX ZR 199/10 - Rn. 10, NZI 2011, 107). Bei einer Leistung im Rahmen eines entgeltlichen Vertrags liegt Entgeltlichkeit vor, soweit durch die Leistung eine bestehende Verbindlichkeit erfüllt wird; Gegenleistung ist dann die vom Schuldner erlangte Befreiung von seiner Verbindlichkeit (BGH 9.12.2010 - IX ZR 60/10 - Rn. 10, NJW 2011, 1732). Bei Zahlungen auf eine Nichtschuld fehlt es an der Entgeltlichkeit einer Leistung (BGH 21.12.2010 - IX ZR 199/10 - Rn. 12, a.a.O.). Leistung ist jede Schmälerung des Schuldnervermögens, durch welche die Insolvenzgläubiger unmittelbar oder mittelbar benachteiligt werden (BGH 19.4.2007 - IX ZR 79/05 - Rn. 14, NZI 2007, 403). Dem anfechtenden Insolvenzverwalter obliegt die Darlegungs- und Beweislast für die Vornahme einer unentgeltlichen Leistung sowie die Verursachung einer Gläubigerbenachteiligung. Soweit die Entscheidung von (sei es auch indiziellen) Umständen aus dem Bereich des Anfechtungsgegners abhängt - zum Beispiel ob dieser eine Gegenleistung erbracht hat -, trifft ihn eine sekundäre Darlegungslast (MünchKommInsO/ Kirchhof 2. Aufl. § 134 Rn. 49).

46

bb) Eine Leistung auf eine Nichtschuld ist nicht anzunehmen.

47

(1) Der Kläger selbst bringt zum Bestehen einer rechtswirksamen Verbindlichkeit schon Wesentliches vor. So führt er aus, dass die Beklagte in den Jahren 2005 und 2006 in einem „Beschäftigungsverhältnis“ zur Insolvenzschuldnerin gestanden habe (S. 3 der Anspruchsbegründungsschrift vom 8. Oktober 2009, Bl. 12 d.A.), was angesichts der klaren Regelung in § 7 Abs. 1 SGB IV kaum anders als durch Bestehen eines Arbeitsverhältnisses denkbar ist. Er legt zudem auch Abrechnungen des jeweils letzten Kalendermonats der bezeichneten Jahre vor, welche die Abführung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen wiedergeben (Anlagen K 6, 7, Bl. 27 f. d.A.), was gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 EStG bzw. §§ 28 e Abs. 1 Satz 1, § 7 Abs. 1 SGB IV wiederum nur unter der Voraussetzung eines bestehenden Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnisses Sinn ergeben konnte. Des Weiteren reichte der Kläger selbst den bereits in seinem Namen für die Insolvenzschuldnerin gegengezeichneten Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen vom 12. Juli 2007 zur Gerichtsakte, indem ebenfalls gerade der Bestand eines Arbeitsverhältnisses zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Beklagten ausgeführt wird (Anlage K 7, Bl. 28 ff. d.A.).

48

(2) Soweit der Kläger meint, von einem Scheingeschäft ausgehen zu können, folgt ihm die Berufungskammer nicht.

49

(a) Ob ein Rechtsgeschäft wirklich gewollt oder nur zum Schein abgeschlossen wird, hängt davon ab, ob die Parteien einverständlich nur den äußeren Schein des Abschlusses eines Rechtsgeschäfts hervorrufen, dagegen die mit ihm verbundenen Rechtswirkungen nicht eintreten lassen wollen, oder ob sie ein ernstlich gemeintes Rechtsgeschäft doch für notwendig erachten. Ein bei seinem Abschluss tatsächlich gewollter Vertrag wird nicht deshalb zum Scheingeschäft, weil der mit ihm bezweckte Erfolg in der gewählten Rechtsform nicht erreicht werden kann (BGH 20.7.2006 - IX ZR 226/03 - Rn. 11, NJW-RR 2006, 1555). Die Darlegungs- und Beweislast, dass ein nur dem äußeren Anschein nach bestehendes Rechtsverhältnis hervorgerufen werden sollte, liegt bei demjenigen, der sich auf die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts beruft (BAG 9.2.1995 - 2 AZR 389/94 - zu II 4 der Gründe, NZA 1996, 249).

50

(b) Vorliegend fehlt substantiierter Klägervortrag dazu, zwischen welchen Personen zu welchem Zweck wann welches andere als eine Arbeitsverhältnis für die Klägerin begründet worden sein mochte.

51

(aa) Nach dem nicht weiter in Abrede gestellte Beklagtenvorbringen, seit Beginn der Ehe (1972) unter wechselnden Tätigkeitsinhalten im Arbeitsverhältnis zur Insolvenzschuldnerin bzw. deren Rechtsvorgängerin gestanden zu haben, war von einem bereits lange bestehenden Rechtsverhältnis auszugehen. Dies hatte der Kläger weder in Abrede gestellt noch widerlegt, dass er den Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen vom 12. Juli 2007 in seinem Namen gegenzeichnete oder gegenzeichnen ließ, der immerhin bis auf das Datum der Eheschließung zurückreichte (Anlage K 7, dort Ziff. 3.8, Bl. 30 d.A.).

52

(bb) Der pauschale Beweisantritt unter Benennung dreier Zeugen für den Umstand, dass allein ein gegenleistungsfreier Lohnerhalt auf das Bestehen eines Scheinrechtsverhältnis hindeuten mochte (Schriftsatz 02.12.09, Bl. 46. d.A.), war unerheblich, weil dies auf eine Einvernahme über rechtliche Werturteile oder bloße Ausforschung hinauslief. Dem Beweis zugänglich sind allein Tatsachen, d.h. konkrete, nach Zeit und Raum bestimmte, der Vergangenheit oder der Gegenwart angehörende Geschehnisse oder Zustände (LAG Rheinland-Pfalz 16.8.2011 - 3 Sa 167/11 - zu A I 2 b aa der Gründe, NZA-RR 2012, 5), die der Kläger nicht weiter ausführte. Für einen allgemeinen Erfahrungssatz, dass Ehegattenarbeitsverhältnisse willensgemäß in jedem Trennungsfall automatisch in Scheingeschäfte zum Zweck der leistungsfreien Alimentation umschlagen sollen, fehlt jede verallgemeinerbare Tatsachenbasis.

53

(cc) Der Kläger konnte vor diesem Hintergrund nicht offen lassen, ob und ggf. seit wann welche trennungsbezogenen Unterhaltsansprüche seitens der Beklagten bestanden haben mochten und ggf. wie bedient oder nicht bedient wurden. Mit bloßem Nichtwissen, ob der Geschäftsführer Unterhalt gewährte, war der Darlegungslast des Klägers nicht genügt. Zudem war zu beachten, dass der Gesetzgeber im Rahmen der Regelungen zur Insolvenzanfechtung in § 143 i.V.m. §§ 130 ff. InsO von einer Umkehr der Beweislast gegenüber nahestehenden Personen gerade abgesehen hatte (HK-InsO/ Kreft § 143 Rn. 34).

54

(dd) Gegen ein Scheingeschäft sprach schlussendlich auch der Umstand, dass der Kläger selbst - und zwar noch nach Anhängigmachung des vorliegenden Anspruchs am 8. Juli 2009 und nach vorangegangener schriftlicher Erläuterung vom 20. Mai 2009 mithin in Kenntnis aller Umstände - mit Schreiben vom 19. März 2010 sämtliche Restlohnssummen aus 2007 an die Beklagte gezahlt hatte, ohne dabei irgendwelche Vorbehalte zu artikulieren (vgl. Bl. 122 d.A.). War damit für 2007 ein Rechtsgeschäft zumindest kraft Bestätigung i.S.d. § 141 BGB in Wirksamkeit erwachsen, ließ sich an der Tragfähigkeit der Rechtsgrundlage für die vorangegangene Zeit ebenfalls kaum ernsthaft zweifeln. Anderes konnte schließlich auch aus keiner irgendwie erläuterten oder nach außen kenntlich gemachten „Kanzleipraxis“ des Klägers folgen.

55

cc) Die Lohngewährung gegenüber der Beklagten war zwischen Januar 2005 und Dezember 2006 nicht gegenleistungsfrei erfolgt.

56

(1) Die Verbindlichkeiten der Insolvenzschuldnerin aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten betrafen Vergütungs- und Gratifikationsansprüche. Für Gratifikationen, die der Arbeitgeber im bestehenden Arbeitsverhältnis leistet, gilt generell, dass sie nicht unentgeltlich i.S.d. § 134 InsO erfolgen (Huber in Gottwald Insolvenzrechts-Handbuch § 49 Rn. 14). Soweit der Kläger daneben Lohnansprüche der Beklagten bezweifelte, gilt, dass zum Beleg von Vergütungsansprüchen regelmäßig ausreicht, wenn ein Arbeitnehmer darlegt, sich zur rechten Zeit am rechten Ort bereitgehalten zu haben, um die Arbeitsanweisungen seines Arbeitgebers zu befolgen - die konkret zu leistende Arbeit durch Weisungen zu bestimmen ist dann dessen Sache (§ 106 GewO) - (BAG 18.4.2012 - 5 AZR 248/11 - Rn. 14, NZA 2012, 998). Im insolvenzrechtlichen Anfechtungszusammenhang können an die sekundäre Darlegungslast von Arbeitnehmern keine höheren Anforderungen gestellt werden. Belegt der Arbeitnehmer sein ausreichendes Angebot ist es Sache des Anfechtenden das Gegenteil darzulegen und zu beweisen.

57

(2) Selbst wenn man das Klägervorbringen letztlich dahin auffassen wollte, die Beklagte habe nicht nur keine beim Arbeitgeber angekommenen Ergebnisse vorzuweisen, sondern auch keine ausreichenden Arbeitsleistungen angeboten, war die Beklagte dem spätestens in zweiter Instanz ausreichend entgegen getreten, indem sie nach Ort (zu Hause), Zeit (regelmäßig 40 Wochenstunden an 5 Tagen) und Inhalt (Recherchieren von Ausschreibungen, Vorstellung des Unternehmens gegenüber Architekten / Unternehmen etc. pp., sonstige Arbeiten und Korrespondenz, Bearbeitung der OP-Liste der Firma C. in St. J und Übertragung von Ausschreibungen und Fertigstellung von Ausschreibungsunterlagen) Leistungsangaben gemacht hatte. Den hiergegen gerichteten Vortrag konnte der Kläger nicht beweiskräftig widerlegen.

58

(3) Für das Ergebnis der Beweisaufnahme ist dabei gemäß § 286 Abs. 1 ZPO auszuführen, dass die klägerischen Zeugen weder explizit noch implizit ausschließen konnten, dass sich die Beklagte der Insolvenzschuldnerin zur Arbeit zur Verfügung gestellt und auf Zuweisung anforderungsgemäße Leistungen tatsächlich erbracht hatte. Im Gegenteil bekundeten teils Kläger- und durchgehen Beklagtenzeugen, dass tatsächlich und ordnungsgemäß gearbeitet worden war.

59

(a) Frau D. konnte die eine alleinige OP-Listenführung im Kundenbereich nur für den in B geführten Inhalt erläutern, worum den es nach dem Beklagtenvorbringen, OP-Listen für St. J erbracht zu haben, indes nicht weiter ging. Entgegen dem Klägervorbringen bestätigte sie ausdrücklich, dass nicht nur sie OP-Listen-Führerin war, sondern allein in B noch eine weitere Kraft vorhanden war. Sie erklärte zudem auch dass selbstständige Listenführungen des Weiteren in St. J, und zwar für die dortigen Firmen M und C., existierten. Dass die Beklagte zu denjenigen zählte, die dort OP-Listen bearbeiteten, schloss die Zeugin nicht aus, sondern ließ es explizit offen („wer dort was gemacht hat, weiß ich nicht“). Die Zeugin gab ihre Aussage flüssig und auf Nachfrage erklärend sowie widerspruchsfrei ab. Glaubwürdigkeitszweifel bestanden nicht.

60

(b) Auch Herr E. gab - und entgegen der Klägerbehauptung - an, keineswegs der einzige Ausschreibungs- und Angebotseinholer der Insolvenzschuldnerin gewesen zu sein, sondern sprach allein für den Standort B von zwei bis drei Kalkulatoren und weiteren am Standort „E“. Auszuschließen, dass die Beklagte zu den dort tätigen Sachbearbeitern gehörte, vermochte er - unter eindrucksvollem Andeuten der Masse von Ausschreibungen und Recherchen unter Aufheben der Hände - gerade nicht. Aus eigener Erfahrung schilderte er die zu leistende Arbeit auch als rein „händisch“ und von zu Hause aus ausführbar, was eine Bearbeitung in der beklagtenseits geschilderten Weise ohne Weiteres möglich erscheinen ließ. Auch dieser Zeuge machte seine Aussage bruchlos und auf Nachfrage illustrierend sowie widerspruchsfrei. Glaubwürdigkeitszweifel bestanden ebenfalls nicht.

61

(c) Weiter ließ auch Herr B. offen, wer bei der Insolvenzschuldnerin welche Recherchen betrieben haben sollte und wer nicht. Er verwies als Projektleiter in St. J - nachvollziehbar - auf die bereits fertig bei ihm angelangten Aufträge. Hinsichtlich der Begleitung von OP-Listen gab er indes - entgegen dem Klägervorbringen - an, mit der Beklagten wegen offener Posten aus Altfällen bisweilen zu tun gehabt zu haben, ohne dass er dies zeitlich näher abgrenzen und für die Jahre 2005 und 2006 ausschließen konnte. Die hierbei bekundeten Erinnerungslücken waren aufgrund des sechs- bis siebenjährigen Zeitabstands verständlich. Es gab auch sonst keinen Grund, an der Glaubhaftigkeit der Aussage oder der Glaubwürdigkeit des Zeugen zu zweifeln. Seine Einlassungen waren frei, auf Nachfrage klar stellend und in sich widerspruchsfrei gehalten.

62

(d) Auch Herr A. war als Beschäftigter der C. & Sohn GmbH in St. J nicht in der Lage Auskünfte über fehlende Beschäftigungslagen bei der Insolvenzschuldnerin zu geben. In Erläuterung der von Mitarbeitern für seinen Arbeitgeber - die C. & Sohn GmbH, St. J - erfüllten Aufgeben bezeichnete er statt dessen die Beklagte ausdrücklich und unter illustrierendem Hinweis auf faktische Verflechtungen im Geschäftslauf der Gesellschaften insgesamt als Sachbearbeiterin für Außenstände. Zudem verwies er auf externe Kräfte für die Angebotsbearbeitung und erinnerte sich auch an Ausführungen von B aus, ohne dabei die Beklagte in irgendeiner Weise auszuschließen. Weder Glaubwürdigkeitszweifel gegenüber dem Zeugen noch Glaubhaftigkeitszweifel an seiner Aussage ließen die Einlassung in Frage stehen.

63

(e) Darüber hinaus wurden vom Zeugen Herbert C. die Kerntätigkeiten der Beklagten nach Zuweisung und Durchführung für 2005 und 2006 bestätigt, und zwar sowohl im Hinblick auf den fraglichen Gesamtzeitraum, als auch den Ort und den wesentlichen Inhalt der Vornahmen. Hiernach war die Beklagte in Heimarbeit von ihm einerseits in die Realisierung von Außenständen der C. & Sohn GmbH sowie der M eingebunden gewesen, die einen erheblichen Wertumfang gehabt hatten, und hielt in schwierigen Fällen mit ihm (dem Zeugen) hierüber Rücksprache, so dass er an die Kunden selbst herantreten konnte. Zum anderen oblagen (so der Zeuge weiter) der Beklagten Recherche und Auswertung von Angebotsblättern, die mehrmals wöchentlich kamen und mehrstündigen sensiblem Aufwand erforderten. Auszuschließen, dass daneben nicht noch weitere Tätigkeiten anfielen, vermochte der Zeuge im Hinblick auf die lange Beschäftigungszeit der Beklagten ebenfalls nicht. Er verwies ergänzend etwa auf die Einbindung der Beklagten in Finanzierungsplanungen. Auch ohne nähere Kontrollen hegte der Zeuge insgesamt keinen Zweifel, dass die Beklagte ihre Arbeitszeiten in irgendeiner Form vernachlässigt haben sollte („ich musste ... nicht sagen, wann sie was zu tun hat“). Auch für die Kammer ergab sich aufgrund von Zahl, Umfang und Zeitaufwand für die Auswertung von Ausschreibungen, die erheblichen „Altlasten“ sowie die offenbar auf eingefahrenen Gleisen weiter vollzogenen Aufgabenfelder (wie etwa Finanzierungsplanungen) kein Anhalt für zeitliche Minderleistungen. Die Kammer hatte, da sich die Aussagen des Zeugen ohne weiteres in die der vorangehörten Zeugen fügte, auch keinen Grund eine parteinehmende oder begünstigende Einlassung anzunehmen. Schon Herr E. hatte die Massen von ausgewerteten Angebotsunterlagen angesprochen, die im Endwert der wöchentlich nötigen Angebotszahlen (40 bis 50) mit der des Zeugen (sechs Mitarbeiter mit 10 Angeboten) wesentlich übereinstimmte. Herrn B. hatte für seinen Dienst in St. J von Rückfragen der Beklagten zu „uralten“ offenen Posten gesprochen, was dem Geschäftsführerzeugnis entsprach. Allein wegen getrennten Lebens vermochte die Kammer auch nicht anzunehmen, dass die Jahrzehnte umfassende Aufbauarbeit für das Familienunternehmen schlagartig nicht mehr fortführbar war und eine professionelle Abwicklung des Arbeitsverhältnisses in der vom Zeugen geschilderten Art unwiederbringlich ausschloss. Die Kammer hielt den Zeugen mithin für glaubwürdig und seine Aussage zum Beleg des von ihm ihr gegenüber wahrgenommenen Direktionsrechts für glaubhaft.

64

(f) Frau C.-G. schließlich bestätigte ebenfalls die Bearbeitung von OP-Listen, die Auswertung von Ausschreibungen einschließlich nachfolgender Übertragungen und etwaigen Kundenakquisen nebst Recherchen im Internet. Aufgrund des geschilderten Umstand, dass sie der Beklagten Unterlagen persönlich überbrachte sowie kraft eigener Stellung in personalleitender Position war, musste die Zeugin in der Lage sein, aus eigener Wahrnehmung über die Arbeiten der Beklagten zu berichten. Die von ihr übereinstimmend mit Herrn Herbert C. und Herrn E. bekundete Masse von auszuwertenden Unterlagen für den betriebsnotwendigen Umsatz („... brauchte die Kalkulation großes Futter“), ließ trotz persönlicher Nähe der Zeugin zur Beklagtenpartei nicht am objektiven Einlassungswert zweifeln. Übereinstimmung bestand auch im Hinblick auf die OP-Listenführung zu den Darstellungen der Frau D.. Neben der Glaubhaftigkeit der Aussage stand auch die Glaubwürdigkeit der Zeugin - auch wegen ihres unbefangenen Auftretens - nicht in Frage.

65

(4) Die Kammer vermochte dem Kläger auch in der Bewertung von Indizien nicht zu folgen. Das Fehlen von Arbeitsergebnissen am Standort B ließ sich im Hinblick auf die für den Standort St. J geführten OP-Listen unschwer damit erklären, dass nach Bekundung der Zeugin Frau D. in B nur die dortige Liste war. Auch ergab sich hinsichtlich diverser Angebotsvorarbeiten schon aus der Masse und teilweisen Unergiebigkeit durchzuführender Arbeiten geradezu zwangsläufig, dass nur schwer nachvollziehbar sein konnte, ob wer wann welche Vorarbeit erbracht hatte. Die Schilderung des Projektleiters B., überlassene Aufträge nicht näher nach ihrer Entstehung erkannt zu haben, belegte die Untunlichkeit etwaiger Rückschlusserwägungen. Ähnliches mochte für weitere Zuarbeiten der Beklagten im Rahmen von Finanzplanungen o.ä. gelten, für die selbstverständliche Mitwirkungen aufgrund familiärer Abstimmungsstrukturen und betroffenen Persönlichkeitssphären (nachvollziehbar) ohne Kenntlichmachungen nach außen geblieben sein mochten. Auch das Fehlen des Beklagtennamens im Organigramm ließ sich zwanglos dieserart erklären. Organigramme tragen zudem keine generalisierbare Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit in sich. Dass Arbeiten von zuhause aus auch ohne besondere technische Vernetzung möglich waren, hatte Herr E. für sämtliche Angebotsvorbereitungen erläutert. Für die Führung von OP-Listen fehlte jeder Anhalt, die Dinge anders zu sehen, nachdem die Beklagte ihre Arbeit wie von Herrn Herbert C. und Frau C.-G. bekundet jahrzehntelang in Heimarbeit verrichtet hatte.

66

(5) Der Anspruch war damit in tatsächlicher Hinsicht nicht weiter belegt.

67

3. Der auf gerichtlichen Hinweis im Termin vom 24. August 2012 angebrachte Hilfsantrag war als echter Eventualantrag allein für den Fall der Begründetheit des Anspruchs gestellt. Er trug dem Umstand Rechnung, dass die Rechtsfolge der Anfechtung eine Rückgewähr entsprechend den Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung ausgelöst haben mochte (BGH 20.4. 2010 - IX ZR 163/09 - Rn. 7, NJW 2010, 2125), für die die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung Wertersatz als im Regelfall durch Nettolohnrückzahlung, Steuerbefreiung gegenüber dem Fiskus und Übertragung von Erstattungsansprüchen nach § 26 SGB IV geschuldet ansieht (BAG 9.4.2008 - 4 AZR 164/07 - Rn. 57, ZTR 2009, 95). Da der Anspruch vorliegend jedoch tatbestandlich schon nicht belegt war, fiel der Hilfsantrag nicht zur Entscheidung an.

B.

68

Die Kostenentscheidung ergab sich aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Eine Zulassung der Revision war nicht veranlasst, da es an Gründen hierzu i.S.d. § 72 Abs. 2 ArbGG fehlte.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 230/12 Verkündet am:
19. Februar 2014
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Umweltengel für Tragetasche

a) Der primär darlegungsbelastete Kläger muss greifbare Anhaltspunkte für eine
behauptete Irreführung nicht nur behaupten, sondern gegebenenfalls sowohl
die Tatsachen, denen Indizwirkung zukommen soll, als auch die Indizwirkung
selbst beweisen.

b) Ist im Rahmen der Beweisaufnahme ein Betriebsversuch beim Beklagten
erforderlich und widerspricht der Beklagte zum Schutz von Betriebsgeheimnissen
der Anwesenheit des Klägers, so kann sich dieser beim Betriebsversuch
durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen vertreten
lassen, der vom Gericht ausdrücklich zur Verschwiegenheit auch gegenüber
der eigenen Partei verpflichtet worden ist.
BGH, Urteil vom 19. Februar 2014 - I ZR 230/12 - OLG Hamm
LG Dortmund
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Februar 2014 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Dr. h.c. Bornkamm und die Richter Prof. Dr. Schaffert, Dr. Kirchhoff,
Dr. Koch und Dr. Löffler

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 25. Oktober 2012 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin und die Beklagte zu 1 (nachfolgend: die Beklagte) sind Wettbewerber auf dem Gebiet der Herstellung von Kunststofftragetaschen. Der Beklagte zu 3 ist Geschäftsführer der Beklagten. Daneben waren die Beklagte zu 2 bis zum 11. November 2008 und der Beklagte zu 4 bis zum 18. Dezember 2008 Geschäftsführer.
2
Die Beklagte stellt Kunststofftragetaschen für die G. SB-Warenhaus Holding GmbH & Co. KG (nachfolgend: G. ) her, die das Umwelt- zeichen "DER BLAUE ENGEL" tragen. Dieses Umweltzeichen wird von der RAL gGmbH als beliehener Zeichengeberin auch für Produkte aus RecyclingKunststoffen lizenziert. Die Beklagte ist aufgrund von Verträgen aus den Jahren 2000 und 2007 Lizenznehmerin. Danach müssen die mit dem Umweltzeichen gekennzeichneten Produkte während der Dauer der Zeichennutzung allen Anforderungen und Zeichenbenutzungsbedingungen entsprechen, die in der "Vergabegrundlage für Umweltzeichen RAL-ZU 30a" in der jeweils gültigen Fassung enthalten sind. Nach Nr. 3 der Vergabegrundlage in den Fassungen von Januar 2004 und März 2010 dürfen Fertigerzeugnisse mit dem Umweltzeichen nur gekennzeichnet werden, wenn sie zumindest zu 80% aus Kunststoffrezyklaten bestehen, worunter aus bereits gebrauchten Produkten gewonnene Mahlgüter, Folienschnitzel, Granulate oder Agglomerate verstanden werden.
3
Die Klägerin macht geltend, die von der Beklagten im Jahr 2007 an G. gelieferten, mit dem "BLAUEN ENGEL" versehenen Tragetaschen seien nicht zumindest zu 80% aus Kunststoffrezyklaten hergestellt. Sie nimmt die Beklagten daher auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Schadensersatz in Anspruch.
4
Der vom Landgericht beauftragte Sachverständige Prof. Dr. J. hat festgestellt , dass sich mit den von ihm durchgeführten Untersuchungen der quantitative Gehalt an Rezyklat-Kunststoffen in den Tragetaschen nicht erfassen lasse. Er hat deshalb einen Betriebsversuch bei der Beklagten angeregt, bei dem die von ihr verwendeten Altfolien aufbereitet und zu Folientaschen verarbeitet werden könnten, deren Übereinstimmung mit den Tragetaschen für G. sodann in Vergleichsuntersuchungen überprüft werden könnte. Das Landgericht hat den Sachverständigen daraufhin gebeten, den Betriebsversuch durchzuführen , sofern die Klägerin ausdrücklich auf eine Teilnahme dabei verzichtet. Die Klägerin hat diesen Verzicht erklärt. Das Landgericht hat der Klägerin jedoch gestattet, sich bei der Beweisaufnahme durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen vertreten zu lassen. Diesem hat es untersagt, beim Betriebsversuch offenbar werdende Betriebsgeheimnisse der Beklagten an die Klägerin weiterzugeben. Die Beklagten haben den Betriebsversuch abgesagt , weil sie gleichwohl der Anwesenheit eines Parteisachverständigen der Klägerin nicht zustimmen könnten.
5
Das Landgericht hat dies als Beweisvereitelung gewertet und die Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln verurteilt, es zu unterlassen, für Kunststofftragetaschen mit dem Umweltzeichen "DER BLAUE ENGEL" zu werben, wenn diese Kunststofftragetaschen als Fertigerzeugnis nicht zumindestens zu 80% aus Kunststoffrezyklaten (Mahlgüter, Folienschnitzel , Granulate oder Agglomerate aus bereits gebrauchten Produkten) bestehen, insbesondere wenn dies wie nachfolgend eingeblendet als Aufdruck auf Kunststofftragetaschen geschieht: (Es folgen Abbildungen einer an G. gelieferten Kunststofftragetasche der Beklagten)
6
Außerdem hat das Landgericht den auf Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten gerichteten Anträgen stattgegeben.
7
Die Berufung der Beklagten hat zur Abweisung der Klage geführt. Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen , erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


8
I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
9
Es könne nicht festgestellt werden, dass die Beklagte die Bedingungen für die Kennzeichnung ihrer Tragetaschen mit dem "BLAUEN ENGEL" nicht eingehalten habe. Die Klägerin habe die ihr obliegende Darlegungslast für die Behauptung, die streitgegenständlichen Tragetaschen bestünden nicht zumindest zu 80% aus Kunststoffrezyklaten, zwar in der Klagebegründung zunächst vollumfänglich erfüllt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme reduziere sich dieses Vorbringen der Klägerin jedoch auf bloße Verdachtsmomente. Damit werde sie den ihr obliegenden Darlegungsanforderungen nicht mehr gerecht. Nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen komme den visuellen , haptischen und olfaktorischen Unterschieden der Taschen der Beklagten im Vergleich zu Taschen aus Altkunststoffen (PCR-Taschen) kein zwingender naturwissenschaftlich begründbarer Beweiswert für die Behauptung der Klägerin zu. Die genannten Parameter erlaubten gerade keine Rückschlüsse auf den Anteil an Kunststoffrezyklat. Dasselbe gelte für die übrigen vom gerichtlichen Sachverständigen durchgeführten Untersuchungen. Nach dessen mündlichen Ausführungen seien beide Parteien tatsächlich schon 2007 in der Lage gewesen , den angegriffenen Taschen vergleichbare Rezyklatware herzustellen, wenn sie hochwertige Rezyklate einsetzten und diese entsprechend aufbereiteten.
10
II. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision der Klägerin mit Erfolg. Das Berufungsgericht konnte die Klage auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen nicht mit der Begründung abweisen, die Klägerin habe die ihr obliegenden Darlegungsanforderungen nicht erfüllt.
11
1. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass irreführend wirbt, wer im geschäftlichen Verkehr ein Umweltzeichen verwendet, ohne die dafür erforderlichen Voraussetzungen zu erfüllen. Das entspricht sowohl der Rechtslage bei Auslieferung der angegriffenen Kunststofftragetaschen im Jahr 2007 als auch dem geltenden Recht. Die Regelungen des bis 27. Dezember 2008 geltenden § 5 Abs. 1, 2 Nr. 1 UWG 2004 und des § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG stimmen insoweit überein. Die unberechtigte Nutzung eines Umweltzeichens stellt eine Irreführung über die Beschaffenheit einer Ware oder Dienstleistung dar. Allerdings zitiert das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang unzutreffend auch § 5 Abs. 1 Nr. 4 UWG. Umweltzeichen sind keine Symbole, die im Zusammenhang mit direktem oder indirektem Sponsoring stehen oder sich auf eine Zulassung des Unternehmens oder der Waren oder Dienstleistungen beziehen.
12
2. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin sei den ihr obliegenden Darlegungsanforderungen nicht gerecht geworden, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand, da sie auf einem Verfahrensfehler beruht (§ 286 Abs. 1 ZPO).
13
a) Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist die Klägerin der ihr obliegenden (primären) Darlegungslast in der Klagebegründung - zunächst - vollumfänglich nachgekommen. Sie habe mit der Darlegung der typischen visuellen, haptischen und olfaktorischen Produkteigenschaften aus Kunststoffrezyklat hergestellter Produkte und deren Unterschieden zu den beanstandeten Tragetaschen unter Vorlage zahlreicher Gutachten nicht nur bloße Verdachtsmomente, sondern greifbare Anhaltspunkte dafür dargetan, die in Rede stehende Ware bestehe nicht zumindest zu 80% aus Kunststoffrezyklat. Die Klägerin habe damit die für eine Wettbewerbswidrigkeit sprechenden Tatsachen dargetan und unter Beweis gestellt. Da sie keinen Einblick in die innerbetrieblichen Vorgänge der Beklagten gehabt habe, sei der Klägerin ein weitergehender tatsächlicher Vortrag nicht zumutbar gewesen. Vielmehr sei hinsichtlich derjenigen tatsächlichen Umstände, deren Aufklärung nach Sachlage von der Klägerin billigerweise nicht erwartet werden könne, eine prozessuale (sekundäre) Erklärungspflicht der Beklagten anzunehmen.
14
Diese Erwägungen stehen mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Einklang und lassen keinen Rechtsfehler erkennen (vgl. BGH, Urteil vom 19. September 1996 - I ZR 124/94, GRUR 1997, 229, 230 = WRP 1997, 183 - Beratungskompetenz; Urteil vom 17. Februar 2000 - I ZR 239/97, GRUR 2000, 820, 822 = WRP 2000, 724 - Space Fidelity Peep-Show; Urteil vom 27. November 2003 - I ZR 94/01, GRUR 2004, 246, 247 = WRP 2004, 343 - Mondpreise?; Urteil vom 4. Dezember 2008 - I ZR 3/06, GRUR 2009, 871 Rn. 27 = WRP 2009, 967 - Ohrclips). Der Grundsatz der vollenDarlegungslast des Klägers bedarf insbesondere dann einer Einschränkung, wenn der Kläger außerhalb des maßgeblichen Geschehensablaufs steht und den Sachverhalt von sich aus nicht ermitteln kann, während dem Beklagten die erforderliche tatsächliche Aufklärung ohne weiteres möglich und auch zuzumuten ist. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass im Streitfall eine solche Konstellation vorlag, weil die Klägerin keine Kenntnis von den konkreten Rohmaterialien haben konnte, aus denen die Produkte der Beklagten hergestellt wurden, und ihr zudem das Herstellungsverfahren unbekannt war. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts lässt eine Analyse der beanstandeten Kunststofftragetaschen durch die Klägerin keine eindeutige Bestimmung des bei ihrer Herstellung verwendeten Kunststoffrezyklatanteils zu.
15
b) Das Berufungsgericht hat jedoch sodann gemeint, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe sich das Vorbringen der Klägerin auf bloße Verdachtsmomente reduziert, mit denen sie den ihr obliegenden Darlegungsanforderungen nicht mehr gerecht geworden sei. Damit hat das Berufungsgericht die erforderliche klare Differenzierung zwischen dem Nachweis greifbarer Anhalts- punkte für eine Irreführung und dem Nachweis der Irreführung selbst vermissen lassen. Seine Beweiswürdigung ist infolgedessen fehlerhaft (§ 286 ZPO).
16
aa) Um ihre primäre Darlegungslast zu erfüllen, musste die Klägerin greifbare Anhaltspunkte für die geltend gemachte Irreführung allerdings nicht nur behaupten, sondern diese bei Bestreiten durch die Beklagten auch beweisen (vgl. BGH, GRUR 1997, 229, 230 - Beratungskompetenz; GRUR 2000, 820, 822 - Space Fidelity Peep-Show). Das gilt sowohl für die Tatsachen, denen Indizwirkung zukommen soll, als auch für die Indizwirkung selbst.
17
bb) Das Berufungsgericht hat nicht ausdrücklich festgestellt, inwieweit die Beklagten die von der Klägerin geltend gemachten Anhaltspunkte bestritten haben. Es hat aber Bezug auf die Wiedergabe des Vortrags der Beklagten im Urteil des Landgerichts genommen. Danach verwende die Beklagte für die Herstellung ihrer Tragetaschen saubere und ausgewählte gebrauchte Kunststoffprodukte , die nicht die sonst in Recyclinggrundstoffen enthaltenen Verunreinigungen aufwiesen. Das mache auch den Zusatz künstlicher Aromen überflüssig. Anhand des Fehlens solcher Zusätze könne deshalb nicht auf die Verwendung von Kunststoffrezyklat geschlossen werden, das den Anforderungen des RAL e.V. nicht entspreche. Ferner verwende die Beklagte zur Reinigung des Ausgangsstoffs modernste Maschinen wie zum Beispiel Laserfilter und ein Extrudersystem des Unternehmens EREMA. Die weiße Farbe ihrer Taschen erziele sie durch Zugabe eines Farbbatches. Diese Umstände seien bei den von der Klägerin vorgelegten Gutachten nicht hinreichend berücksichtigt worden. Damit haben die Beklagten geltend gemacht, das Fehlen der von der Klägerin behaupteten typischen Eigenschaften von Tragetaschen aus Altrezyklaten habe keine Indizwirkung dafür, dass ihre beanstandeten Tragetaschen für G. zu weniger als 80% aus Altrezyklaten bestehen.
18
cc) Das Berufungsgericht konnte deshalb davon ausgehen, dass die Indizwirkung der von der Klägerin behaupteten Anhaltspunkte des Beweises bedurfte. Dem Berufungsgericht war auch nicht grundsätzlich verwehrt, dafür auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. J. und dessen dazu erfolgte Befragung im Termin am 25. Oktober 2012 Bezug zu nehmen. Die Gutachtenfrage an den Sachverständigen lautete aber, ob die von der Beklagten gefertigten Kunststofftragetaschen für G. nicht zu mindestens 80% aus Kunststoffrezyklaten bestanden. Sie ging damit deutlich über den der Klägerin im Rahmen ihrer primären Darlegungslast obliegenden Nachweis hinaus, dass sich aus den typischen visuellen, haptischen und olfaktorischen Produkteigenschaften aus Kunststoffrezyklat hergestellter Produkte im Vergleich zu den streitgegenständlichen Tragetaschen greifbare Anhaltspunkte dafür ergaben, dass diese Taschen zu weniger als 80% aus Kunststoffrezyklat bestanden.
19
Es bestehen nicht ausräumbare Zweifel, ob das Berufungsgericht diesen wesentlichen Unterschied beachtet hat. Es hat ausgeführt, nach dem Gutachten des Sachverständigen komme den visuellen, haptischen und olfaktorischen Unterschieden der beanstandeten Taschen im Vergleich zu typischen aus Altkunststoffen hergestellten Taschen kein zwingender naturwissenschaftlich begründbarer Beweiswert für die Behauptung der Klägerin zu, die beanstandeten Tragetaschen bestünden zu weniger als 80% aus Kunststoffrezyklat; die genannten Parameter erlaubten gerade keine Rückschlüsse auf den Masseanteil an Rezyklatkunststoff. Ein naturwissenschaftlich zwingender Nachweis für ihre Behauptung konnte von der Klägerin im Rahmen der primären Darlegungslast indes nicht verlangt werden. Zwar hätte sie ihre Darlegungslast nicht erfüllt, wenn die von ihr vorgetragenen Indizien überhaupt keine Rückschlüsse auf den Rezyklatanteil zuließen. Das lässt sich den Feststellungen des Berufungsgerichts aber nicht entnehmen. In der von ihm in Bezug genommenen Passage seines Gutachtens führt der Sachverständige lediglich aus, die Parameter Ge- ruch, Haptik und Optik erlaubten keine eindeutigen Rückschlüsse auf die Masseanteile von Rezyklatkunststoff in den verschiedenen Tragetaschen. Damit ist eine Indizwirkung dieser Parameter keineswegs ausgeschlossen.
20
c) Auf der Grundlage seiner Feststellungen durfte das Berufungsgericht somit nicht annehmen, die Klägerin sei den ihr obliegenden Darlegungsanforderungen nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht mehr gerecht geworden. Insoweit bedarf es einer erneuten tatrichterlichen Beurteilung.
21
III. Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da der Senat nicht selbst in der Sache entscheiden kann, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
22
IV. Für die neue Verhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
23
Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangen, dass die Klägerin ihre primäre Darlegungspflicht erfüllt hat und auch die Beklagten ihrer sekundären Darlegungslast genügt haben, wird es zu prüfen haben, ob und gegebenenfalls mit welchen Folgen die Grundsätze der Beweisvereitelung zulasten der Beklagten Anwendung finden, weil sie den vom Sachverständigen angeregten und vom Landgericht angeordneten Betriebsversuch abgesagt haben.
24
a) Der Sachverständige wollte mit dem Betriebsversuch feststellen, ob die Beklagte technisch in der Lage ist, mit den von ihr verwendeten Altfolien Tragetaschen mit den qualitativen Eigenschaften der an G. gelieferten Taschen und einem Altrezyklatanteil von 80% herzustellen. Nach den mündlichen Ausführungen des Sachverständigen vor dem Berufungsgericht sind - und waren schon 2007 - allerdings beide Parteien in der Lage, den beanstandeten Taschen vergleichbare, hochwertige Rezyklatware herzustellen, wenn sie hochwertige Rezyklate einsetzen und diese entsprechend aufbereiten. Die Beklagten machen geltend, solches Ausgangsmaterial zu verwenden. Unter diesen Umständen ist der Betriebsversuch nur dann erforderlich, wenn die Klägerin behauptet, Tragetaschen entsprechender Qualität hätten sich - jedenfalls im Jahr 2007 - nicht mit den Anlagen der Beklagten produzieren lassen. Ein solcher Vortrag der Klägerin ist bislang nicht festgestellt.
25
b) Sollte sich die Erforderlichkeit des Betriebsversuchs bestätigen, dürfte es den Beklagten allerdings oblegen haben, ihn zu dulden.
26
Die Beklagten haben geltend gemacht, die Anwesenheit eines Parteisachverständigen der Klägerin beim Betriebsversuch könne ihnen nicht zugemutet werden, weil dadurch ihre Betriebsgeheimnisse gefährdet würden. Das Landgericht hatte aber eine Vertretung der Klägerin bei der Beweisaufnahme nur durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen zugelassen , dem es untersagt hatte, beim Betriebsversuch offenbar werdende Betriebsgeheimnisse der Beklagten an die Klägerin weiterzugeben.
27
Auf der Grundlage dieses vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalts wäre die Weigerung der Beklagten, den Betriebsversuch durchzuführen, gegebenenfalls als Beweisvereitelung anzusehen. Ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger, der vom Gericht ausdrücklich zur Verschwiegenheit auch gegenüber der eigenen Partei verpflichtet wird, handelt grob pflichtwidrig , wenn er seiner Partei dennoch Betriebsgeheimnisse des Prozessgegners mitteilt. Ein derart grob pflichtwidriges Verhalten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen kann nicht unterstellt werden. Der Sachverständige befindet sich auch nicht in einem Konflikt zwischen gerichtlicher Anordnung und seinen Vertragspflichten gegenüber dem Auftraggeber, weil ihm der Auftrag von vornherein nur beschränkt durch die gerichtliche Anordnung erteilt werden kann. Es hätte im Übrigen auch nicht ausgereicht, im vorliegenden Fall die Durchführung des Betriebsversuchs allein durch den gerichtlichen Sachverständigen ohne Beteiligung von Sachverständigen der Parteien anzuordnen. Bei einem Betriebsversuch haben die Parteien ein berechtigtes Interesse daran, den Versuchsaufbau und die Durchführung des Versuchs durch den gerichtlichen Sachverständigen von Personen ihres Vertrauens beobachten und gegebenenfalls kritisch hinterfragen zu lassen. Ein für sie in keiner Weise überprüfbarer "Geheimversuch" kommt daher nicht in Betracht.
Bornkamm Schaffert Kirchhoff
Koch Löffler
Vorinstanzen:
LG Dortmund, Entscheidung vom 18.05.2011 - 20 O 16/08 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 25.10.2012 - I-4 U 131/11 -

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Bremen vom 12. April 2011 - 1 Sa 36/09 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Hauptsache über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung.

2

Die Beklagte erbringt mit mehreren hundert Arbeitnehmern bundesweit industrielle Dienstleistungen. Der 1962 geborene Kläger war seit Juni 1990 bei ihr beschäftigt, seit April 2004 als Leiter der Außenstelle B. Diese war zuständig für die Auftragsabwicklung im Werk B der D. Die Beklagte führte dort Reinigungsarbeiten aus. Dem Kläger oblag ua. die Pflege der Kundenkontakte. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fand der Rahmentarifvertrag für Angestellte im Gebäudereiniger-Handwerk in der jeweiligen Fassung Anwendung.

3

Nach der Gehaltsvereinbarung für das Geschäftsjahr 2005/2006 erhielt der Kläger zuletzt ein Grundgehalt in Höhe von 3.666,67 Euro. Darüber hinaus war eine variable Vergütung vereinbart, die zu 80 vH ergebnisabhängig war und zu 20 vH vom Wachstumszuwachs zum 30. September 2006 im Verhältnis zum Umsatz per 30. September 2005 abhing. Der Kläger erhielt auf die variable Vergütung monatliche Vorauszahlungen.

4

Vorgesetzter des Klägers war der Leiter der Niederlassung B. Dies war seit Februar 2005 Herr W. Leiter des verantwortlichen Geschäftsbereichs N war zuletzt Herr S.

5

In der Niederlassung B führte die Beklagte in der Zeit vom 11. bis 15. Juli 2005 eine sog. Standard-Innenrevision durch. Deren Ergebnisse waren Gegenstand eines Gesprächs am 2. August 2005 zwischen dem Leiter der Revision - Herrn M -, den Herren S und W sowie dem Kläger.

6

Am 17. November 2005 erhielt der Kläger vom Leiter der Revision eine E-Mail, in der auf eine Richtlinie der Beklagten mit dem Titel „Zuwendungen an Kundenmitarbeiter“ hingewiesen wurde. Außerdem wurde auf die Konzernrichtlinie Nr. 03/05 - Antikorruption - vom 7. Juli 2002 Bezug genommen.

7

Im Jahre 2006 veranlasste D wegen des Verdachts auf Unregelmäßigkeiten bei der Vertragsabwicklung durch die Beklagte ein sog. Joint Audit. In dessen Rahmen fand in der Außenstelle B in der Zeit vom 19. bis 23. Juni 2006 eine Revision statt. Dabei fielen vom Kläger erstellte Eigenbelege für Auszahlungen mit dem Vermerk „Auftragsunterstützung“ auf. Sie reichten bis zum 28. Februar 2005 zurück. Der Kläger hatte gegen sie von der dafür zuständigen Mitarbeiterin Bargeld in Höhe von insgesamt 23.700,00 Euro erhalten. Als Empfänger waren auf den Belegen einzelne - insgesamt 29 - D-Mitarbeiter genannt. Die Belege waren in die Kasse gelegt und im Kassenbuch als „Auftragsunterstützung“ eingetragen worden. Der Leiter der Niederlassung B hatte die Kassenbücher monatlich geprüft.

8

Unter dem 27. Juni 2006 fertigte der Leiter der Revision eine Aktennotiz über die vorläufigen Erkenntnisse zu den Eigenbelegen. Er brachte sie am 29. Juni 2006 dem damaligen Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der Beklagten zur Kenntnis. Den Kläger befragte er am 7. Juli 2006. Am 12. Juli 2006 führte er Telefonate mit den Herren W und S und dem Kläger. Dieser gab an, die Eigenbelege zur „Auftragsunterstützung“ hätten Barauszahlungen betroffen, welche er in Wirklichkeit nur an vier verschiedene, namentlich benannte Mitarbeiter von D weitergegeben habe. Am 14. Juli 2006 konfrontierte der Geschäftsführer den Kläger mit dem Verdacht, dieser habe sich Bestechung im geschäftlichen Verkehr, Veruntreuung, Unterschlagung, jedenfalls aber eine grobe Verletzung seiner arbeitsvertraglicher Pflichten zuschulden kommen lassen.

9

Mit Schreiben vom 20. Juli 2006 hörte die Beklagte den bei ihr gebildeten Betriebsrat zu einer fristlosen, hilfsweise ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger an. Nach abschließender Stellungnahme des Betriebsrats kündigte sie das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 27. Juli 2006 fristlos, hilfsweise ordentlich zum 30. November 2006.

10

Der Kläger hat rechtzeitig die vorliegende Kündigungsschutzklage erhoben. Er hat gemeint, es liege kein Kündigungsgrund vor. Er habe nicht gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstoßen. Er hat behauptet, die Zuwendungen an die Mitarbeiter von D seien mit Wissen und Wollen der Beklagten erfolgt. Seit dem 28. Februar 2005 habe er auf Anweisung des Leiters seines Geschäftsbereichs die bereits vorher geübte Praxis der „Auftragsunterstützung“ übernommen und fortgeführt. Er habe das Geld aus der Kasse entnehmen und dazu Eigenbelege erstellen sollen, wobei die Beträge in einzelne Belege aufgesplittet und einzelnen Namen hätten zugeordnet werden sollen. Der Geschäftsbereichsleiter habe ausdrücklich erklärt, St „wisse Bescheid“, er könne das Geld verwenden, wie er wolle. Das Geld sei dafür bestimmt gewesen, Mitarbeitern von D, welche für die Vergabe von Aufträgen und deren Abnahme zuständig seien, kleinere Aufmerksamkeiten zukommen zu lassen. Er habe Geschenke verteilt, Beiträge für Jubiläen, Kaffeekassen, Verabschiedungen von Kollegen und Frühstücke geleistet, Eintrittskarten für Fußballspiele und Tennisturniere vergeben, Alkoholika verteilt und eine Geburtstagskasse aufgefüllt. In einzelnen Fällen sei auch Geld gezahlt worden, allerdings nicht zur persönlichen Verwendung an einzelne Mitarbeiter, sondern als Spende, etwa an Gemeinschaftskassen. An Wochenenden habe er gelegentlich die eigenen Gabelstapler zu kleineren Reparaturen in die Werkstatt gefahren und für die Benutzung der Bühne 10,00 bis 20,00 Euro gezahlt. Seine beiden Mitarbeiter hätten die Kunden ebenfalls betreut und dafür Geld von ihm erhalten. Die Richtlinien zu Zuwendungen seien ihm nicht bekannt gewesen. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, eine Bestechung im geschäftlichen Verkehr liege nicht vor, weil die Gewährung von kleinen Vorteilen nicht strafbar und sozialadäquat sei. Da die Beklagte auf die Benennung der Empfänger verzichtet habe, sei es ihm nicht anzulasten, wenn er sich nicht mehr im Einzelnen erinnern könne, an wen welche Geschenke erfolgt seien. Der Kläger hat behauptet, er habe nichts für sich verwendet. Er hat ferner gemeint, die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei nicht eingehalten, auch sei der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß beteiligt worden.

11

Der Kläger hat - soweit für die Revision noch von Interesse - beantragt

        

festzustellen, dass die außerordentliche fristlose, hilfsweise fristgerechte Kündigung vom 27. Juli 2006 unwirksam ist und hierdurch das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst wird.

12

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise, das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt werde, aufzulösen. Widerklagend hat sie beantragt,

        

1.    

den Kläger zu verurteilen, an sie 2.483,93 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1. August 2006 zu zahlen;

        

2.    

den Kläger zu verurteilen, an sie 23.700,00 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1. August 2006 zu zahlen.

13

Die Beklagte hat gemeint, es bestehe der dringende Verdacht, dass sich der Kläger entweder selbst bereichert oder Mitarbeitern von D unerlaubte Vorteile verschafft habe. Dies berechtige sie zur außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Die Vorgesetzten des Klägers hätten nicht gewusst, dass dieser Mitarbeitern von D Geld oder Sachleistungen habe zukommen lassen. Sie hätten ihn nicht angewiesen, für die Vergabe und Kontrolle von Reinigungsaufgaben verantwortliche Mitarbeiter und deren Abteilungen durch Geschenke oder Bewirtungen „bei Laune zu halten“. Es sei auch keine Anweisung erfolgt, fiktive Namen und Verwendungszwecke anzugeben. Der Kläger sei wie alle Arbeitnehmer verpflichtet gewesen, jede Ausgabe, die er für sie tätige, durch Rechnungsbelege nachzuweisen, auf denen erkennbar sei, wieviel Geld für welche Ausgaben und für welchen Zweck wer aus der Kasse erhalten habe. Das Verhalten des Klägers sei auch nicht aufgrund der Gegenzeichnung der Kasse durch Niederlassungs- und Geschäftsbereichsleiter gerechtfertigt. Sie könne zudem nicht ausschließen, dass der Kläger die Barauszahlungen für sich selbst vereinnahmt habe. Sie habe nicht aufklären können, ob er das in den Eigenbelegen aufgeführte Geld für sich verwendet oder Dritten übergeben habe.

14

Das Verhalten des Klägers sei von der Revision im Jahr 2005 nicht etwa gebilligt worden. Die Revision könne Kassenfälschungen nicht immer feststellen. Sie habe keine Anhaltspunkte oder Veranlassung gehabt, Zweifel im Hinblick auf die inhaltliche Richtigkeit der Eigenbelege zu hegen und diese zu überprüfen. Mangels Angaben auf den Belegen von März bis Juli 2005 hätten die Revisoren nicht erkennen können, dass die entsprechenden Beträge nicht ordnungsgemäß verwendet worden seien. Der Fokus der Prüfung im Jahre 2005 habe nicht auf einem möglichen Fehlverhalten des Klägers gelegen. Trotz der Beanstandungen in dem Revisionsbericht sei dieser mit der Erstellung von Eigenbelegen fortgefahren. Erst durch die Revision im Juni 2006 seien die Belege mit Pflichtverletzungen des Klägers in Verbindung gebracht worden. Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Zwei-Wochen-Frist für den Ausspruch der fristlosen Kündigung habe erst am 14. Juli 2006 zu laufen begonnen. Hilfsweise sei das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen.

15

Was ihr Zahlungsbegehren betreffe, sei der Kläger im Hinblick auf den variablen Teil seiner Vergütung um die mit der Widerklage verlangten 2.483,93 Euro überzahlt, die er ihr zurückzuerstatten habe. Der Kläger schulde auch den weiteren Betrag von 23.700,00 Euro, der sich aus den Kassenentnahmen zusammensetze. Es sei nicht aufgeklärt, wie er das entnommene Geld verwendet habe. Wenn er in kollusivem Tun mit seinen Vorgesetzten gehandelt habe, könne dies sein Verhalten nicht rechtfertigen. Falls er das Geld für Zuwendungen an Mitarbeiter von D ausgegeben habe, so habe dies jedenfalls nicht in ihrem Interesse gelegen.

16

Der Kläger hat beantragt, die Widerklage abzuweisen. Ein Anspruch auf Rückzahlung der variablen Vergütung bestehe nicht. Die angebliche Überzahlung sei nicht nachvollziehbar. Zudem benachteilige ihn die vertragliche Rückzahlungsklausel unangemessen. Ein Schadensersatzanspruch über 23.700,00 Euro stehe der Beklagten nicht zu. Er habe die Gelder weder gestohlen noch veruntreut oder unterschlagen. Durch die Zahlungen an die Mitarbeiter von D sei kein Schaden entstanden. Er habe die Gelder bestimmungsgemäß und im Interesse der Beklagten für Geschenke und andere Vorteile zu Zwecken der Verkaufsförderung verwendet.

17

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Ablauf des 31. Januar 2007 gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 50.462,53 Euro aufgelöst. Im Übrigen hat es die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte weiterhin, die Klage in vollem Umfang abzuweisen und der Widerklage stattzugeben.

Entscheidungsgründe

18

Die Revision ist unbegründet. Sowohl die außerordentliche als auch die hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten sind unwirksam (I.). Der Zeitpunkt, zu dem das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgelöst worden ist, und die Höhe der Abfindung halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand (II.). Die Widerklage hat keinen Erfolg (III.).

19

I. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, das Arbeitsverhältnis der Parteien sei weder durch die außerordentliche, noch durch die hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten vom 27. Juli 2006 aufgelöst worden, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat die Bestimmungen des § 626 Abs. 1 BGB und des § 1 KSchG ohne Rechtsfehler auf den Streitfall angewandt.

20

1. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, dh. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile - jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar ist oder nicht (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 14, AP BGB § 626 Nr. 236 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 36; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 16, BAGE 134, 349).

21

2. Auch der Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung kann einen wichtigen Grund bilden. Eine Verdachtskündigung kann gerechtfertigt sein, wenn sich starke Verdachtsmomente auf objektive Tatsachen gründen, die Verdachtsmomente geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören, und der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat (BAG 25. November 2010 - 2 AZR 801/09 - Rn. 16, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 48 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 9; 23. Juni 2009 -  2 AZR 474/07  - Rn. 51, BAGE 131, 155). Der Verdacht muss auf konkrete Tatsachen gestützt sein. Der Verdacht muss ferner dringend sein. Es muss eine große Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass er zutrifft ( vgl. BAG 25. November 2010 - 2 AZR 801/09 - aaO; 12. Mai 2010 -  2 AZR 587/08  - Rn. 27, AP KSchG 1969 § 15 Nr. 67 = EzA KSchG § 15 nF Nr. 67). Die Umstände, die ihn begründen, dürfen nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht ebenso gut durch ein Geschehen zu erklären sein, das eine außerordentliche Kündigung nicht zu rechtfertigen vermöchte. Dabei ist für die arbeitsrechtliche Beurteilung nicht entscheidend, ob das Verhalten, dessen der Arbeitnehmer verdächtigt wird, Straftatbestände erfüllt. Entscheidend sind der Verstoß gegen vertragliche Haupt- oder Nebenpflichten und der mit ihm verbundene Vertrauensbruch. Auch eine nicht strafbare, gleichwohl erhebliche Verletzung der sich aus dem Arbeitsverhältnis ergebenden Pflichten kann deshalb ein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB sein(BAG 25. November 2010 - 2 AZR 801/09 - Rn. 17, aaO; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 30, BAGE 134, 349).

22

3. Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG ist eine Kündigung sozial gerechtfertigt, wenn sie durch Gründe, die im Verhalten des Arbeitnehmers liegen, bedingt ist. Sie ist durch solche Gründe „bedingt“, wenn der Arbeitnehmer seine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und in der Regel schuldhaft verletzt hat und eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten steht (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 284/10 - Rn. 34, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 64 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 37; 28. Oktober 2010 - 2 AZR 293/09 - Rn. 12, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 62 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 78).

23

4. Danach hält die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, es fehle sowohl an einem wichtigen Grund nach § 626 Abs. 1 BGB als auch an einem im Verhalten liegenden Grund iSv. § 1 Abs. 2 KSchG, einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei entschieden, weder bestehe ein hinreichender Verdacht, der Kläger habe sich unerlaubt selbst bereichert oder doch mit dem aus der Kasse erhaltenen Geld Mitarbeitern von D unerlaubte Vorteile verschafft, noch habe der Kläger dadurch, dass er die Empfänger der Leistungen nicht zutreffend auf den Eigenbelegen angegeben habe, in erheblicher Weise gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen. Darauf, ob die Frist des § 626 Abs. 2 BGB eingehalten und der Betriebsrat ordnungsgemäß beteiligt worden ist, kommt es nicht mehr an.

24

a) Vereinnahmt ein Arbeitnehmer Geld des Arbeitgebers unerlaubt für sich oder wendet er Kundenmitarbeitern unerlaubt Vorteile zu, besteht insoweit zumindest ein dringender Verdacht, ist dies „an sich“ geeignet, eine (fristlose) Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen. Dabei kommt es nicht entscheidend auf die strafrechtliche Würdigung an (etwa nach §§ 246, 266, 299 Abs. 2 StGB). Der Arbeitnehmer verletzt mit solchen Handlungen in jedem Falle in erheblichem Maße seine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen seines Arbeitgebers gem. § 241 Abs. 2 BGB.

25

b) Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht aber angenommen, die Beklagte habe keine hinreichenden Umstände vorgetragen, aufgrund derer der dringende Verdacht berechtigt wäre, der Kläger habe die auf den fraglichen Eigenbelegen ausgewiesenen Gelder entweder für sich behalten oder pflichtwidrig Mitarbeitern von D zugewendet.

26

aa) Unstreitig hat der Kläger die entsprechenden Gelder aus der Kasse erhalten. Hingegen ist nicht aufgeklärt, ob er sie (teilweise) für sich vereinnahmt bzw. sonst pflichtwidrig verwendet hat. Der Kläger hat behauptet, er habe die Beträge zum Zwecke der ihm obliegenden Pflege von Kundenkontakten in zulässiger Weise ausgegeben. Die Beklagte bestreitet dies zwar, hat aber nicht etwa geltend gemacht, die vom Kläger benannten Mitarbeiter hätten in Wirklichkeit keine Zuwendungen erhalten.

27

bb) Ein hinreichender Verdacht der Selbstbereicherung oder pflichtwidrigen Verwendung der Gelder ergibt sich nicht schon daraus, dass der Kläger nicht im Einzelnen vorgetragen hat, welche Beträge er welchen Mitarbeitern von DC in welcher Weise zugewendet hat. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, es könne dem Kläger nicht zum Nachteil gereichen, wenn er im Einzelnen weder darlegen noch nachweisen könne, wo die von ihm vereinnahmten Beträge geblieben seien. Nach der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Würdigung des Landesarbeitsgerichts ist die Behauptung des Klägers nicht widerlegt, die Beklagte habe ihn davon befreit, die Verwendung der auf die Eigenbelege ausgezahlten Beträge im Einzelnen nachweisen zu müssen.

28

(1) Eine vom Berufungsgericht nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO vorgenommene Beweiswürdigung kann durch das Revisionsgericht nur begrenzt überprüft werden. Dieses kann lediglich prüfen, ob das Berufungsgericht die Voraussetzungen und Grenzen des § 286 ZPO gewahrt und eingehalten hat. Revisionsrechtlich von Bedeutung ist nur, ob es den gesamten Inhalt der Verhandlung berücksichtigt und alle erhobenen Beweise gewürdigt hat, ob diese Würdigung in sich widerspruchsfrei und ohne Verletzung von Denkgesetzen sowie allgemeinen Erfahrungssätzen erfolgt ist und ob sie rechtlich möglich ist (BAG 27. Juli 2011 - 7 AZR 402/10 - Rn. 51, EzA TzBfG § 17 Nr. 14; 18. Januar 2007 - 2 AZR 759/05 - Rn. 28, PatR 2008, 34; BGH 14. Januar 1993 - IX ZR 238/91 - zu B II 3 a der Gründe, NJW 1993, 935).

29

(2) Die Beweiswürdigung des Landesarbeitsgerichts hält der revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Es hat umfassend, widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze begründet, warum nach seiner Überzeugung die Behauptung des Klägers nicht widerlegt sei, die Beklagte habe ihn davon befreit, die Verwendung der ausgezahlten Beträge im Einzelnen nachweisen zu müssen. Der Kläger habe die Beträge, wie sie sich aus den Eigenbelegen ergäben, so zur Kundenbetreuung verwenden dürfen, wie er es für richtig gehalten habe. Aufgrund der Äußerungen des Leiters des Geschäftsbereichs habe bei ihm der Eindruck entstehen können, dass es nicht so genau darauf ankomme, welchen Empfänger und welchen Grund für die Ausgaben er angäbe. Entscheidend sei gewesen, dass überhaupt etwas angegeben werde. Der Kläger habe den Geschäftsbereichsleiter so verstehen können, dass er freie Hand bei der Ausgabe der Beträge habe und es nicht auf den Wahrheitsgehalt der Angaben auf den Belegen ankomme. Dies lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

30

(a) Das Landesarbeitsgericht hat nicht unberücksichtigt gelassen, dass der Kläger später - im November 2005 - auf die Richtlinie „Zuwendungen an Kundenmitarbeiter“ und die Konzernrichtlinie Nr. 03/05 - Antikorruption - vom Juli 2002 hingewiesen wurde. Es hat angenommen, dass es darauf nicht ankomme, da der Geschäftsbereichsleiter das den Richtlinien widersprechende Verhalten des Klägers abgesegnet und der Niederlassungsleiter die Praxis der Eigenbelege geduldet habe. Darin liegt kein Rechtsfehler. Es ist nicht etwa nach allgemeinen Erfahrungssätzen ausgeschlossen, dass einem Arbeitnehmer von seinen Vorgesetzten ein den eigenen Antikorruptions-Richtlinien möglicherweise widersprechendes Verhalten gestattet wird.

31

(b) Das Landesarbeitsgericht hat auch die Ergebnisse der im Jahr 2005 durchgeführten Innenrevision nicht unberücksichtigt gelassen. Es hat angenommen, die Beklagte habe den Belegen für „Auftragsunterstützung“ mehr Augenmerk schenken müssen. Das schließt die Annahme ein, dass dies anlässlich der fraglichen Revision unterblieben sei. Das wiederum entspricht dem eigenen Vortrag der Beklagten. Danach hatten sich bei der Revision im Juli 2005 noch keine Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit der Angaben in den Eigenbelegen ergeben. Soweit der Kläger, wie die Beklagte mit der Revision geltend macht, in dem Gespräch am 2. August 2005 angewiesen worden sein sollte, „die Verwendungsempfänger“ zu benennen, musste sich dies folglich nicht notwendig auf die Eigenbelege für Barentnahmen beziehen.

32

c) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dem Kläger falle eine kündigungsrelevante Pflichtverletzung auch nicht deshalb zur Last, weil ihm ein kollusives Handeln mit seinen Vorgesetzten vorzuwerfen wäre. Auch diese Würdigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Es fehlt an einer schuldhaften Pflichtverletzung, wenn der Arbeitnehmer aus vertretbaren Gründen annehmen durfte, er handele nicht pflichtwidrig (vgl. BAG 28. August 2008 - 2 AZR 15/07 - Rn. 22, AP BGB § 626 Nr. 214 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 22). So war es nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hier.

33

aa) Das Landesarbeitsgericht ist aufgrund der Aussage des von ihm als Zeuge vernommenen Geschäftsbereichsleiters davon ausgegangen, die Vorgehensweise bei den Eigenbelegen sei auch in anderen Niederlassungen üblich gewesen. Die Beklagte treffe angesichts dieses Umstands ein Organisationsverschulden. Sie habe durch effektive Kontrollen dafür sorgen müssen, dass diese Praxis nicht jahrelang habe fortgeführt werden können, dass sie ihr zumindest zeitnah gemeldet werde.

34

bb) Dies lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Beklagte ein Organisationsverschulden traf. Jedenfalls hatte der Kläger unter den vom Landesarbeitsgericht festgestellten Umständen keine Veranlassung anzunehmen, die Praxis bei der Erstellung der Eigenbelege werde lediglich von seinen Vorgesetzten gebilligt, ohne dass die Beklagte selbst, dh. ihre gesetzlichen Vertreter davon Kenntnis hätten und dies akzeptierten. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass sich beim Kläger entsprechende Zweifel weder nach dem Ergebnis der Innenrevision 2005 noch aufgrund des Hinweises auf die Antikorruptions-Richtlinien in der E-Mail vom November 2005 aufdrängen mussten. Eine eindeutige Anweisung, die bisherige Praxis bei den Eigenbelegen einzustellen, ist ihm auch nach dem Vorbringen der Beklagten selbst zu keiner Zeit erteilt worden.

35

II. Das Landesarbeitsgericht hat das Arbeitsverhältnis der Parteien auf Antrag der Beklagten zum 31. Januar 2007 gegen Zahlung einer Abfindung von 50.462,53 Euro aufgelöst. Da der Kläger dagegen kein Rechtsmittel eingelegt hat, steht die Auflösung als solche rechtskräftig fest. Die Beklagte wendet sich gegen den Zeitpunkt der Auflösung und die Höhe der Abfindung. Sie hält den 30. November 2006 für den rechtlich gebotenen Termin und die Abfindung für zu hoch. Beides trifft nicht zu. Richtig ist der vom Landesarbeitsgericht festgesetzte Auflösungszeitpunkt; die Abfindungshöhe ist rechtlich unbedenklich.

36

1. Gem. § 9 Abs. 2 KSchG ist für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses der Zeitpunkt festzusetzen, an dem dieses bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte. Dies ist der Zeitpunkt, zu dem die maßgebliche Kündigungsfrist abgelaufen wäre (Schwarze in Schwarze/Eylert/Schrader KSchG § 9 Rn. 73). Zugrunde zu legen ist die objektiv zutreffende Kündigungsfrist. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber sie nicht eingehalten hat (Bauer DB 1985, 1180, 1181; APS/Biebl 4. Aufl. KSchG § 9 Rn. 84; Linck in v. Hoyningen-Huene/Linck KSchG 14. Aufl. § 9 Rn. 82; KR/Spilger 9. Aufl. KSchG § 9 Rn. 31, Löwisch/Spinner KSchG 9. Aufl. § 9 Rn. 72). Es kommt nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist im Rechtsstreit gerügt hat. Ist eine Kündigung sozial ungerechtfertigt, ist sie in jeder Hinsicht unwirksam. Es gibt deshalb iSv. § 9 Abs. 2 KSchG keinen anderen als den sich unter Berücksichtigung der rechtlich zutreffenden Frist ergebenden Zeitpunkt, zu dem das Arbeitsverhältnis bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte. Dazu muss nicht neben der Sozialwidrigkeit der Kündigung ein Verstoß gegen die ordnungsgemäße Kündigungsfrist geltend gemacht worden sein.

37

2. Danach hat das Landesarbeitsgericht mit dem 31. Januar 2007 den zutreffenden Auflösungszeitpunkt festgesetzt. Die Kündigung vom 27. Juli 2006 ist dem Kläger am 28. Juli 2006 zugegangen. Zu diesem Zeitpunkt war er mehr als 16 Jahre bei der Beklagten beschäftigt. Die Kündigungsfrist betrug damit sowohl nach § 622 Abs. 2 Nr. 6 BGB als auch nach § 14 Nr. 2 des regional einschlägigen Rahmentarifvertrags sechs Monate zum Ende des Kalendermonats.

38

3. Die Festsetzung der Höhe der Abfindung durch das Landesarbeitsgericht lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

39

a) Die Festsetzung der Abfindungssumme liegt im Ermessen des Tatsachengerichts. Das Revisionsgericht ist nicht befugt, dessen Ermessen durch eigenes zu ersetzen. Es kann lediglich prüfen, ob das Berufungsgericht die Voraussetzungen und Grenzen seines Ermessens beachtet oder stattdessen den Rechtsbegriff der angemessenen Entschädigung verkannt, wesentliche Umstände nicht berücksichtigt oder gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungsgrundsätze verstoßen hat (BAG 28. Mai 2009 - 2 AZR 282/08 - Rn. 22, AP KSchG 1969 § 9 Nr. 60 = EzA KSchG § 9 nF Nr. 56).

40

b) Danach ist die vom Landesarbeitsgericht festgesetzte Abfindungshöhe nicht zu beanstanden. Es hat alle wesentlichen Umstände des Streitfalls widerspruchsfrei berücksichtigt. Unter Berücksichtigung der beruflichen Situation des Klägers, der ab 15. Februar 2008 eine neue Arbeit mit etwa vergleichbarem Verdienst gefunden habe, einerseits und dem als nicht übermäßig schwerwiegend eingeschätzten Grad der Sozialwidrigkeit der Kündigung andererseits hat es als Abfindung gem. § 10 KSchG ein halbes Bruttomonatsentgelt pro Beschäftigungsjahr für angemessen gehalten. Dies ist frei von Ermessensfehlern.

41

aa) Die Rüge der Beklagten, das Landesarbeitsgericht habe nicht berücksichtigt, dass sie das Arbeitsverhältnis am 24. September 2009 wegen Verstoßes gegen das arbeitsvertragliche Wettbewerbsverbot vorsorglich erneut gekündigt habe, ist unzulässig. Die Beklagte hat nicht dargelegt, an welcher Stelle welchen Schriftsatzes sie im vorliegenden Rechtsstreit auf diese Kündigung hingewiesen und zu deren Rechtfertigung näher vorgetragen hat. Die Rüge wäre zudem unbegründet. Zwar kann auch die voraussichtliche weitere Dauer des Arbeitsverhältnisses für die Höhe der Abfindung von Bedeutung sein (BAG 28. Mai 2009 - 2 AZR 282/08 - Rn. 22, AP KSchG 1969 § 9 Nr. 60 = EzA KSchG § 9 nF Nr. 56). Das Landesarbeitsgericht hat aber der Bemessung der Abfindung schon für die Zeit nach dem 15. Februar 2008 keinen Verdienstausfall mehr zugrunde gelegt.

42

bb) Das Landesarbeitsgericht hat auch gewürdigt, dass die Beklagte nach seiner Beurteilung keine grob sozialwidrige Kündigung ausgesprochen hat. Es hat aus diesem Grund nur die von ihm so genannte „Regelabfindung“ festgesetzt. Es kann dahinstehen, ob es die Regelung des § 10 KSchG erlaubt, eine Abfindung in Höhe von einem halben Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr als die „in der Regel“ festzusetzende Abfindung anzusehen. Die Begründung des Landesarbeitsgerichts lässt erkennen, dass es diesen Wert auch unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des vorliegenden Streitfalls als angemessen erachtet hat.

43

III. Die Widerklage ist unbegründet.

44

1. Die Beklagte hat keinen Anspruch auf Rückzahlung von 2.483,93 Euro. Ein solcher Anspruch folgt weder aus den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien noch aus § 812 Abs. 1 BGB. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte habe nicht hinreichend dargelegt, dass der Kläger durch die Vorauszahlungen auf seine variablen Bezüge in Höhe von 2.483,93 Euro brutto überzahlt sei, ist frei von Rechtsfehlern.

45

a) Das Landesarbeitsgericht hat dahinstehen lassen, ob im Falle der Überzahlung ein Rückzahlungsanspruch bestünde. Die Beklagte habe ihrem Anspruch lediglich die Geschäftsergebnisse bis zum tatsächlichen Ausscheiden des Klägers Ende Juli 2006 zugrunde gelegt. Zum Geschäftsverlauf im verbleibenden Rest des Geschäftsjahrs, insbesondere zu dem von ihr behaupteten negativen Ergebnis im August und September 2006 fehle es an näheren Darlegungen. Der Anspruch sei damit nicht schlüssig.

46

b) Dies ist rechtlich zutreffend. Das Arbeitsverhältnis des Klägers hat bis zum 31. Januar 2007 und damit auch während der restlichen Monate des Geschäftsjahrs 2005/2006 fortbestanden. Für die schlüssige Darlegung einer Überzahlung hätte es vollständiger Angaben für das gesamte Geschäftsjahr bedurft (vgl. BAG 3. Juni 1958 - 2 AZR 406/55 - zu I der Gründe, BAGE 5, 317). Daran fehlte es nach der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts. Die Beklagte hat insoweit keine beachtlichen Verfahrensrügen erhoben. Sie hat insbesondere nicht geltend gemacht, das Landesarbeitsgericht habe in einem bestimmten Schriftsatz gehaltenen konkreten Sachvortrag übergangen.

47

2. Die Beklagte hat keinen Anspruch auf Zahlung von 23.700,00 Euro.

48

a) Ein solcher Anspruch folgt nicht als Schadensersatz aus § 280 Abs. 1 BGB. Die Beklagte hat weder im Einzelnen dargelegt noch gar bewiesen, dass der Kläger die aus der Kasse erhaltenen Beträge oder doch einen Teil davon für sich selbst vereinnahmt oder nicht bestimmungsgemäß verwendet hat.

49

aa) Die Beklagte als Gläubigerin des Anspruchs aus § 280 Abs. 1 BGB trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Kläger das Geld aus den Barentnahmen nicht pflichtgemäß verwendet und damit seine Pflicht aus § 241 Abs. 2 BGB verletzt hat(vgl. BGH 23. Oktober 2007 - XI ZR 423/06 - Rn. 18 mwN, ZIP 2008, 168). Dies gilt für sie als Arbeitgeberin gem. § 619a BGB auch für die weitere Voraussetzung, dass der Kläger als Arbeitnehmer die Pflichtverletzung zu vertreten hat(vgl. nur ErfK/Preis 12. Aufl. § 619a BGB Rn. 2).

50

bb) Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass der Kläger das Geld aus den Barentnahmen pflichtwidrig verwendet und es für sich behalten oder in unzulässiger Weise Kundenmitarbeitern zugewendet hätte. Der Kläger hat zwar eingeräumt, die entnommenen Gelder für Zahlungen oder Geschenke an Mitarbeiter von D verwendet zu haben, hat aber nicht etwa eingeräumt, dies pflichtwidrig getan zu haben.

51

cc) Obwohl der Kläger seinerseits die pflichtgemäße Verwendung der Gelder ebenso wenig im Einzelnen dargelegt hat, ist ihre pflichtwidrige Verwendung nicht als zugestanden iSv. § 138 Abs. 3 ZPO anzusehen. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass den Kläger keine (sekundäre) Darlegungslast mit Blick auf den Verbleib des Geldes trifft.

52

(1) Eine sekundäre Darlegungslast der nicht darlegungsbelasteten Partei kommt dann in Betracht, wenn es dieser zuzumuten ist, ihrem Prozessgegner die Darlegung durch nähere Angaben über die zu ihrem Wahrnehmungsbereich gehörenden Verhältnisse zu ermöglichen, weil sie, anders als der außerhalb des maßgeblichen Geschehensablaufs stehende Darlegungsbelastete, die wesentlichen Tatsachen kennt (BGH 23. Oktober 2007 - XI ZR 423/06 - Rn. 19 mwN, ZIP 2008, 168).

53

(2) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, der Kläger sei gleichwohl nicht zu einer näheren Darlegung des Verbleibs der Gelder verpflichtet, ist rechtlich unbedenklich. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme war zur Überzeugung des Landesarbeitsgerichts nicht widerlegt, dass die Beklagte den Kläger davon befreit habe, die Verwendung der Beträge im Einzelnen nachweisen zu müssen. Unter diesen Umständen kann eine solche Darlegung vom Kläger auch prozessual nicht verlangt werden.

54

dd) Zur Annahme einer Pflichtverletzung reicht es nicht aus, dass der Kläger überhaupt Bargeld zur Zuwendung an Kundenmitarbeiter gegen Eigenbelege entnommen hat. Die Beklagte behauptet nicht, dass dies schlechthin pflichtwidrig gewesen sei. Soweit sie stattdessen geltend macht, der Kläger sei gehalten gewesen, zutreffende Angaben zu Empfängern und Grund der Zuwendungen zu machen, ist diese Vorgabe nach der Würdigung des Landesarbeitsgerichts gerade nicht erwiesen.

55

b) Ein Schadensersatzanspruch folgt nicht aus § 823 Abs. 2 BGB iVm. §§ 246, 266 oder 299 Abs. 2 StGB bzw. aus § 826 BGB. Die Beklagte hat auch insoweit die Voraussetzungen nicht dargelegt. Eine sekundäre Darlegungslast hinsichtlich eines pflichtgemäßen Verhaltens trifft den Kläger aus den dargestellten Gründen auch in diesem Rahmen nicht.

56

c) Ein Bereicherungsanspruch aus §§ 812 ff. BGB ist nicht gegeben. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass der Kläger die erhaltenen Gelder für sich behalten hat. Auch insoweit trifft diesen keine sekundäre Darlegungslast. Soweit er die entnommenen Gelder nach seinem eigenen Vorbringen Kundenmitarbeitern zugewendet hat, hat er die Leistungen für die Beklagte erbracht. Einen Bereicherungsanspruch könnte die Beklagte daher allenfalls gegen die Leistungsempfänger geltend machen. Sie hat weder vorgetragen noch ist sonst ersichtlich, dass der Kläger in Wirklichkeit im eigenen Namen gehandelt und dadurch etwa eigene Aufwendungen erspart habe.

57

IV. Die Kosten ihres erfolglos gebliebenen Rechtsmittels hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Beklagte zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Rachor    

        

        

        

    Krichel    

        

    Pitsch    

                 

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 423/06 Verkündet am:
23. Oktober 2007
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: Ja
BGHZ: Nein
BGHR: Ja
_____________________
Wer ein Kreditinstitut aufgrund eines Vermögensverwaltungsvertrages
auf Schadensersatz in Anspruch nimmt, hat die Darlegungs- und Beweislast
für eine objektive Pflichtverletzung als Voraussetzung eines
Anspruchs aus positiver Vertragsverletzung. Das Kreditinstitut ist nach
den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast nicht gehalten, interne
Berichte und Entscheidungsabläufe offen zu legen und zu begründen
, warum es im Rahmen der vereinbarten Anlagerichtlinien bestimmte
Anlageentscheidungen getroffen hat.
BGH, Urteil vom 23. Oktober 2007 - XI ZR 423/06 - OLG Karlsruhe
LG Karlsruhe
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 23. Oktober 2007 durch den Vorsitzenden Richter
Dr. h.c. Nobbe, den Richter Dr. Joeres, die Richterin Mayen und die
Richter Dr. Ellenberger und Prof. Dr. Schmitt

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 27. Oktober 2006 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Klägerin Die nimmt die beklagte Bank wegen Verletzung eines Vermögensverwaltungsvertrages auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Am 14. Dezember 1999 schloss die 1978 geborene Klägerin, vertreten durch ihren Vater, mit der Beklagten einen entgeltlichen Vermögensverwaltungsvertrag. Dabei vereinbarten die Parteien die Basisstrategie "Einkommen und Wachstum". Danach betrug der Anteil an Aktien und Aktienfonds zwischen 30% und 60%. Der Anteil der Wertpapiere bestimmter Risikoklassen (u.a. Euro-Anleihen, -Standardaktien, -Standardaktienfonds , spekulative Euro-Anleihen, sehr spekulative Anleihen, Optionsscheine , Options und Futures) konnte bis zu 70% betragen. In diesem Rahmen konnte die Beklagte das ihr anvertraute Vermögen nach ihrem Ermessen in Aktien, fest verzinslichen Wertpapieren und Investmentfonds , auch solchen der D. Gruppe, anlegen. Über eine im Gesamtportfolio eingetretene Wertminderung, die seit Übersendung der letzten Unterrichtung über den Stand des verwalteten Vermögens eingetreten war und mehr als 20% betrug, hatte die Beklagte die Klägerin gesondert zu unterrichten.
3
In der Folgezeit übertrug die Klägerin der Beklagten Vermögenswerte von insgesamt etwa 600.000 €, die ihr von Familienangehörigen geschenkt worden waren. Die Beklagte legte diesen Betrag in Wertpapieren an. Nach einer zunächst positiven Entwicklung des Depots traten seit Mitte 2000 Verluste ein. Am 13. Juni 2002 kündigte die Klägerin den Vermögensverwaltungsvertrag fristlos.
4
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte habe ihre Vertragspflichten verletzt, weil sie trotz des erheblichen Kursverfalls der erworbenen Wertpapiere untätig geblieben sei und keine Stop-Loss-Marken gesetzt habe. Jedenfalls nach einem Kursverfall von 15% seien verlustbegrenzende Maßnahmen geboten gewesen. Die Beklagte habe sie weder rechtzeitig auf den Kursverfall und die Verluste bei einzelnen Wertpapieren noch auf die fehlende Möglichkeit, bessere Anlageergebnisse als Privatanleger zu erzielen, hingewiesen.
5
Die Klage auf Ersatz der 15% überschreitenden Kursverluste von 26 Wertpapieren, insgesamt auf Zahlung von 94.964,56 € nebst Zinsen, ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:


6
Die Revision ist unbegründet.

I.


7
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
8
Es sei nicht feststellbar, dass die Beklagte schuldhaft Pflichten aus dem Vermögensverwaltungsvertrag verletzt habe.
9
Beklagte Die sei nicht verpflichtet gewesen, durch Stop-LossMarken den Verkauf von Wertpapieren sicherzustellen, deren Börsenkurs mehr als 15% unter den Erwerbspreis gefallen sei. Der Vermögensverwaltungsvertrag sehe dies nicht vor. Die Beklagte habe durch das Unterlassen von Stop-Loss-Marken nicht ermessensfehlerhaft gehandelt. Der Senat folge dem in einem anderen Verfahren erstatteten Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. W. Danach . könne aus einem Kursverfall, auch von mehr als 15%, nicht geschlossen werden, dass der Kursverfall sich fortsetze. Da die weitere Kursentwicklung nicht prognostizierbar sei, gebe es aus Sicht der Finanzierungstheorie keinen zwingenden Grund, im Rahmen langfristig ausgerichteter Anlagestrategien Stop-Loss-Marken zu setzen.
10
Eine Pflichtverletzung sei auch nicht darin zu sehen, dass die Beklagte sich zur Prognose künftiger Kursentwicklungen nicht der Charttechnik bedient habe. Diese stelle nach den Ausführungen des Sachverständigen keine allgemein anerkannte Methode zur Ableitung von Anlagestrategien dar. Aus Informationen über frühere Aktienkurse ließen sich keine statistisch signifikanten Daten für sinnvolle Investitionsentscheidungen herleiten.
11
Die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass die Beklagte die Vermögensdispositionen unter Verletzung einer anerkannten Theorie der Kursprognose getroffen habe. Sie habe den Vortrag der Beklagten nicht widerlegt, sie, die Beklagte, habe die wirtschaftlichen, politischen, rechtlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen auf dem Weltmarkt sowie alle zur Verfügung stehenden Informationen über die betroffenen Unternehmen und Emittenten beobachtet und auf dieser Grundlage regelmä- ßig Prognoseberichte über den weiteren Kursverlauf der Wertpapiere erstellt. Die Klägerin habe auch nicht dem Vortrag der Beklagten widersprochen , dass diese an volks- und betriebswirtschaftlichen Daten orientierte , fundamental-analytische Bewertung eine anerkannte Analysemethode sei.
12
Die Klägerin habe keine konkreten Gründe vorgetragen, aus denen die für sie angeschafften Wertpapiere zum jeweiligen Zeitpunkt nicht hätten gekauft, gehalten oder verkauft werden dürfen. Der Auffassung der Klägerin, substantiierter Vortrag sei ihr ohne vorherigen näheren Vortrag der Beklagten, insbesondere zu Researchberichten und Protokollen aus Anlageausschusssitzungen, nicht möglich, sei nicht zu folgen. Der erstinstanzliche Vortrag der Klägerin, die Beklagte habe pflichtwidrig Anteile an D. fonds gekauft, obwohl zuvor in Fachpublikationen vor einem Crash gewarnt worden sei, sei vom Landgericht zu Recht gemäß § 296a ZPO nicht berücksichtigt worden. Der zweitinstanzliche Vortrag der Klägerin zum ermessensfehlerhaften Kauf, Halten und Verkauf verschiedener Wertpapiere sei gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht zuzulassen.
13
Beklagte Die habe ihre Vertragspflichten nicht dadurch verletzt, dass sie die Klägerin außerhalb der regelmäßigen Benachrichtigungen über die Entwicklung und Zusammensetzung des Depots zum Ende eines Quartals nicht gesondert über Verluste einzelner Wertpapiere unterrichtet habe. Die Parteien hätten eine solche Benachrichtigung nur für den Fall einer im Gesamtportfolio eingetretenen Wertminderung von mehr als 20% seit Übersendung der letzten quartalsmäßigen Unterrichtung vorgesehen. Angesichts dieser Vereinbarung sei die Beklagte auch nicht verpflichtet gewesen, aufgrund der Kursverluste Weisungen der Klägerin zur weiteren Vermögensverwaltung einzuholen oder zu einem Strategiewechsel zu raten.
14
Eine Schadensersatzpflicht der Beklagten ergebe sich auch nicht daraus, dass sie der Klägerin vor Abschluss des Vermögensverwaltungsvertrages nicht erklärt habe, dass sie über keine besseren Analysemethoden verfüge als ein informierter Privatmann. Es sei nicht anzunehmen , dass der Vermögensverwaltungsvertrag nach einer solchen Erklärung nicht abgeschlossen worden wäre. Insoweit sei auf das Verhalten des Vaters der Klägerin abzustellen, der den Vertrag für sie abgeschlossen habe. Dieser habe den Vertrag, ebenso wie seinen eigenen Vermögensverwaltungsvertrag, nicht geschlossen, weil er von der Beklagten eine einem Privatmann nicht zugängliche Analysemethode erwartet habe, sondern weil er keine ausreichende Zeit gehabt habe, sein Vermögen selbst zu verwalten. Außerdem könne nicht angenommen werden, dass der Vater der Klägerin, dessen Wissen diese sich gemäß § 166 BGB zurechnen lassen müsse, nicht gewusst habe, dass auch professionelle Kapitalanleger Aktienkurse nicht sicher vorhersagen könnten.

II.


15
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung stand. Die Beklagte schuldet der Klägerin keinen Schadensersatz wegen positiver Vertragsverletzung des Vermögensverwaltungsvertrages. Das Berufungsgericht hat die haftungsbegründende Verletzung einer Vertragspflicht rechtsfehlerfrei verneint.

16
1. Die Beklagte hat ihre Vertragspflichten entgegen der Auffassung der Revision nicht dadurch verletzt, dass sie die für die Klägerin erworbenen Wertpapiere zu lange gehalten und ihren Wert als Folge des allgemeinen Kursrückgangs hat verfallen lassen.
17
Ein a) Vermögensverwalter wird durch einen Vermögensverwaltungsvertrag , einen entgeltlichen Dienstvertrag in Form eines Geschäftsbesorgungsvertrages , verpflichtet, das Vermögen seines Kunden in dessen Interesse zu verwalten. Er darf ohne Einholung von Weisungen im Einzelfall fortlaufend über das Vermögen des Kunden disponieren und selbständig Anlageentscheidungen treffen. Sind, wie im vorliegenden Fall, Anlagerichtlinien vereinbart, muss er sich in deren Rahmen halten (Senat BGHZ 137, 69, 73). Er hat sich um eine optimale Umsetzung der durch die Richtlinien vorgegebenen Ziele zu bemühen und eine produktive Vermögensverwaltung zu betreiben (Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht 3. Aufl. Rdn. 10.19; Schäfer, in: Hellner/Steuer, Bankrecht und Bankpraxis, Rdn. 11/36).
18
Eine b) Verletzung dieser Pflichten hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei nicht festzustellen vermocht. Dabei ist es zu Recht davon ausgegangen, dass derjenige, der eine objektive Pflichtverletzung als Voraussetzung eines Anspruches aus positiver Vertragsverletzung geltend macht, dafür die Beweislast trägt (BGHZ 28, 251, 253; 48, 310, 312). Dies gilt auch für die Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten (vgl. Senat BGHZ 166, 56, 60) sowie von sonstigen Pflichten eines Vermögensverwalters (Balzer, Vermögensverwaltung durch Kredit- institute S. 178 f.; Schäfer, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts 3. Aufl. § 23 Rdn. 59, jeweils m.w.Nachw.).
19
c) Entgegen der Auffassung der Revision trifft die Beklagte keine sekundäre Darlegungslast. Eine solche kommt nur in Betracht, wenn einer nicht darlegungsbelasteten Partei zuzumuten ist, ihrem Prozessgegner die Darlegung durch nähere Angaben über die zu ihrem Wahrnehmungsbereich gehörenden Verhältnisse zu ermöglichen, weil sie, anders als der außerhalb des maßgeblichen Geschehensablaufs stehende Darlegungsbelastete , die wesentlichen Tatsachen kennt (BGHZ 86, 23, 29; 140, 156, 158, jeweils m.w.Nachw.). Eine sekundäre Darlegungslast kann auch bei der Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten bestehen (Senat BGHZ 166, 56, 60, m.w.Nachw.).
20
Diese Grundsätze sind auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Die Klägerin wirft der Beklagten keine Aufklärungs- oder Beratungspflichtverletzung vor, sondern macht geltend, die Beklagte habe für sie erworbene Wertpapiere trotz des starken Rückgangs der Börsenkurse pflichtwidrig nicht rechtzeitig verkauft. Die Tatsachen, die für die substantiierte Darlegung einer solchen Pflichtverletzung erforderlich sind, sind der Klägerin bekannt oder können von ihr unabhängig von der Beklagten in Erfahrung gebracht werden. Von den Daten der einzelnen Wertpapierkäufe und -verkäufe hatte die Klägerin ausweislich der vorgelegten Schadensaufstellung Kenntnis. Die erforderlichen Informationen über volks- und betriebswirtschaftliche, politische, rechtliche und gesellschaftliche Entwicklungen und Veränderungen, die die Beklagte, ihrem Vortrag zufolge, einer fundamental-analytischen Bewertung unterzogen und ihren Anlageentscheidungen zugrunde gelegt hat, liegen nicht au- ßerhalb des Wahrnehmungsbereichs der Klägerin, sondern sind grundsätzlich allgemein zugänglich.
21
Soweit die Revision meint, die Beklagte habe nicht nur diese Informationen darzulegen, sondern darüber hinaus ihre internen Berichte und Entscheidungsabläufe offen zu legen und zu begründen, warum sie trotz Kenntnis negativer kursrelevanter Fakten bestimmte Aktien nicht verkauft hat, wird ihr Anliegen durch die Grundsätze der sekundären Darlegungslast nicht getragen. Es ist der Klägerin möglich und zumutbar, zunächst ihrerseits darzulegen, aus welchen Gründen konkrete Anlageentscheidungen der Beklagten als Vermögensverwalterin angesichts der einschlägigen, öffentlich zugänglichen Informationen über die Marktsituation sowie die Unternehmen und Emittenten der Wertpapiere als Pflichtverletzungen anzusehen sein sollen (vgl. Sprockhoff WM 2005, 1739, 1743 f.; anders S. 1740 für die hier nicht relevante Frage, welche Erwägungen der Vermögensverwalter bei der Umsetzung der Anlagerichtlinien angestellt hat). Aus den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast ergibt sich auch keine zivilprozessuale Pflicht zur Vorlage von Urkunden der nicht beweisbelasteten Partei (Senat, Urteil vom 26. Juni 2007 - XI ZR 277/05, WM 2007, 1651, 1653), etwa von Researchberichten und Protokollen aus Anlageausschusssitzungen der Beklagten.
22
d) Eine konkrete Pflichtverletzung hat die Klägerin, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei erkannt hat, nicht vorgetragen.
23
aa) Das Unterlassen so genannter Stop-Loss-Marken kann, anders als die Revision meint, auch angesichts der erheblichen Kursverluste seit Mitte 2000 nicht als Pflichtverletzung angesehen werden. Das Beru- fungsgericht hat unter Heranziehung eines Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. W. festgestellt, dass aufgrund des Verlustes einer Aktie gegenüber einem vorgegebenen Kurs die weitere Kursentwicklung nicht vorhergesehen werden kann (vgl. hierzu auch Senat, Urteil vom 21. März 2006 - XI ZR 63/05, WM 2006, 851, 853). Stop-Loss-Marken in Höhe von 15% sind danach bei langfristigen Anlageentscheidungen wie der vorliegenden Vermögensverwaltung nicht heranzuziehen. Die Revision zeigt keinen Rechtsfehler dieser Feststellung auf.
24
Rechtsfehlerfrei bb) und von der Revision nicht angegriffen ist auch die weitere, auf das Gutachten des Sachverständigen gestützte Feststellung, dass die so genannte Charttechnik keine allgemein anerkannte Methode zur Ableitung von Anlagestrategien ist und ihre Nichtbeachtung deshalb keine Pflichtverletzung darstellt.
25
cc) Die Begründung, mit der das Berufungsgericht Vorbringen der Klägerin gemäß § 296a ZPO und § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO als nicht berücksichtigungsfähig angesehen hat, ist ebenfalls rechtsfehlerfrei.
26
2. Rechtlich nicht zu beanstanden ist ferner die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe keine Benachrichtigungspflicht gegenüber der Klägerin verletzt.
27
Allerdings sind Vermögensverwalter grundsätzlich gemäß §§ 666, 675 Abs. 2 BGB verpflichtet, Kunden über Verluste, die einen erheblichen Teil des eingesetzten Kapitals ausmachen, zu unterrichten (Senat, Urteil vom 29. März 1994 - XI ZR 31/93, WM 1994, 834, 835 f.). Wann ein Verlust erheblich ist und ob bei der Beurteilung dieser Frage auf die Entwicklung des Gesamtportfolios oder auf die jeder einzelnen Anlage abzustellen ist (vgl. hierzu Balzer, in: Welter/Lang, Handbuch der Informationspflichten im Bankverkehr Rdn. 9.53-9.56), bedarf hier keiner Entscheidung. Jedenfalls ist die Benachrichtigungspflicht dispositiver Natur und kann vertraglich konkretisiert werden (vgl. Kienle, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 3. Aufl. § 111 Rdn. 25; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht 3. Aufl. Rdn. 10.41; Balzer, in: Welter/Lang, Handbuch der Informationspflichten im Bankverkehr Rdn. 9.70 m.w.Nachw.). Im vorliegenden Fall haben die Parteien neben den regelmäßigen Berichten über Zusammensetzung und Entwicklung des Depots zum Ende eines Quartals, die die Beklagte erteilt hat, eine gesonderte Benachrichtigung nur für eine im Gesamtportfolio eingetretene Wertminderung von mehr als 20% vereinbart. Dass dieser Wert erreicht worden ist, macht die Klägerin nicht geltend.
28
Die Revision beruft sich ohne Erfolg auf eine Vereinbarung zwischen dem Vater der Klägerin und der Beklagten vom 4./8. Juni 1998. Diese ist vor Abschluss des Vermögensverwaltungsvertrages der Klägerin getroffen worden und betrifft nicht das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien. Aus dieser Abrede ergibt sich, anders als die Revision meint, auch keine Erweiterung der Informationspflicht dahin, dass die Beklagte über einen Wertverlust von 15% zu unterrichten hatte. Die in der Vereinbarung angesprochene Erweiterung der Informationspflicht besteht vielmehr darin, dass der Vater der Klägerin unabhängig von den quartalsmäßigen Benachrichtigungen zusätzlich informiert wird, wenn das verwaltete Vermögen eine Wertminderung von mehr als 20% erfährt. Eine solche Wertminderung ist, wie dargelegt, nicht eingetreten.
29
Ob eine Warnpflicht besteht, wenn die Kursentwicklung der Aktien Anlass gibt, eine Änderung des Vermögensverwaltungsvertrages in Erwägung zu ziehen, bedarf keiner Entscheidung, weil dies hier nicht geltend gemacht worden ist.
30
3. Die Beklagte hat sich auch nicht dadurch schadensersatzpflichtig gemacht, dass sie die Klägerin nicht darüber aufgeklärt hat, dass weder sie noch irgendein anderer Vermögensverwalter über wissenschaftlich fundierte Methoden verfügt, die gewährleisten, bessere Anlageergebnisse als Privatanleger zu erzielen.
31
Ob die - ohne Vernehmung des von der Klägerin zur Kausalität benannten Zeugen, ihres Vaters, getroffene - Feststellung des Berufungsgerichts , der Vermögensverwaltungsvertrag wäre auch nach einer solchen Erklärung geschlossen worden, rechtsfehlerfrei ist, kann dahinstehen. Es liegt bereits keine Pflichtverletzung vor, weil die Beklagte die von der Klägerin geforderte Aufklärung nicht schuldete. Die Beklagte hat sich durch den Abschluss des Vermögensverwaltungsvertrages nicht zur Herbeiführung eines bestimmten Anlageergebnisses, d.h. eines konkreten Erfolges, verpflichtet. Der Vermögensverwaltungsvertrag ist vielmehr ein Dienstvertrag in Form eines Geschäftsbesorgungsvertrages, der die Beklagte zur Verwaltung des Vermögens der Klägerin in deren Interesse verpflichtete (vgl. Senat BGHZ 137, 69, 73). Da bereits aus dieser Vereinbarung des Inhalts der vertraglichen Hauptleistungspflicht hervorgeht, dass die Beklagte sich nicht zur Erzielung eines bestimmten Anlageergebnisses verpflichtet hat, bedurfte es einer diesbezüglichen ausdrücklichen Aufklärung nicht. Zudem hat die Beklagte nach ihrem nicht widerlegten Vortrag ihre Dienstleistung aufgrund einer umfassenden, an volks- und betriebswirtschaftlichen Daten orientierten, fundamental-analytischen Bewertung der Wertpapiermärkte erbracht, die über den durchschnittlichen Aufwand eines Privatanlegers bei der Verwaltung seiner Wertpapiere hinausgeht.

III.


32
Die Revision war demnach als unbegründet zurückzuweisen.
Nobbe Joeres Mayen
Ellenberger Schmitt
Vorinstanzen:
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 11.05.2004 - 4 O 545/03 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 27.10.2006 - 10 U 77/04 -

(1) Der Schuldner ist verpflichtet, dem Insolvenzgericht, dem Insolvenzverwalter, dem Gläubigerausschuß und auf Anordnung des Gerichts der Gläubigerversammlung über alle das Verfahren betreffenden Verhältnisse Auskunft zu geben. Er hat auch Tatsachen zu offenbaren, die geeignet sind, eine Verfolgung wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit herbeizuführen. Jedoch darf eine Auskunft, die der Schuldner gemäß seiner Verpflichtung nach Satz 1 erteilt, in einem Strafverfahren oder in einem Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten gegen den Schuldner oder einen in § 52 Abs. 1 der Strafprozeßordnung bezeichneten Angehörigen des Schuldners nur mit Zustimmung des Schuldners verwendet werden.

(2) Der Schuldner hat den Verwalter bei der Erfüllung von dessen Aufgaben zu unterstützen.

(3) Der Schuldner ist verpflichtet, sich auf Anordnung des Gerichts jederzeit zur Verfügung zu stellen, um seine Auskunfts- und Mitwirkungspflichten zu erfüllen. Er hat alle Handlungen zu unterlassen, die der Erfüllung dieser Pflichten zuwiderlaufen.

(1) Wenn es zur Herbeiführung wahrheitsgemäßer Aussagen erforderlich erscheint, ordnet das Insolvenzgericht an, daß der Schuldner zu Protokoll an Eides Statt versichert, er habe die von ihm verlangte Auskunft nach bestem Wissen und Gewissen richtig und vollständig erteilt. Die §§ 478 bis 480, 483 der Zivilprozeßordnung gelten entsprechend.

(1a) Das Gericht kann an Stelle des Gerichtsvollziehers die Maßnahmen nach § 802l Absatz 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung durchführen, wenn

1.
eine Aufforderung zur Auskunftserteilung nach § 97 Absatz 1 nicht zustellbar ist und
a)
die Anschrift, unter der die Zustellung ausgeführt werden sollte, mit der Anschrift übereinstimmt, die von einer der in § 755 Absatz 1 und 2 der Zivilprozessordnung genannten Stellen innerhalb von drei Monaten vor oder nach dem Zustellungsversuch mitgeteilt wurde, oder
b)
die Meldebehörde nach dem Zustellungsversuch die Auskunft erteilt, dass ihr keine derzeitige Anschrift des Schuldners bekannt ist, oder
c)
die Meldebehörde innerhalb von drei Monaten vor der Aufforderung zur Auskunftserteilung die Auskunft erteilt hat, dass ihr keine derzeitige Anschrift des Schuldners bekannt ist;
2.
der Schuldner seiner Auskunftspflicht nach § 97 nicht nachkommt oder
3.
dies aus anderen Gründen zur Erreichung der Zwecke des Insolvenzverfahrens erforderlich erscheint.
§ 802l Absatz 2 der Zivilprozessordnung ist entsprechend anzuwenden.

(2) Das Gericht kann den Schuldner zwangsweise vorführen und nach Anhörung in Haft nehmen lassen,

1.
wenn der Schuldner eine Auskunft oder die eidesstattliche Versicherung oder die Mitwirkung bei der Erfüllung der Aufgaben des Insolvenzverwalters verweigert;
2.
wenn der Schuldner sich der Erfüllung seiner Auskunfts- und Mitwirkungspflichten entziehen will, insbesondere Anstalten zur Flucht trifft, oder
3.
wenn dies zur Vermeidung von Handlungen des Schuldners, die der Erfüllung seiner Auskunfts- und Mitwirkungspflichten zuwiderlaufen, insbesondere zur Sicherung der Insolvenzmasse, erforderlich ist.

(3) Für die Anordnung von Haft gelten die § 802g Abs. 2, §§ 802h und 802j Abs. 1 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Der Haftbefehl ist von Amts wegen aufzuheben, sobald die Voraussetzungen für die Anordnung von Haft nicht mehr vorliegen. Gegen die Anordnung der Haft und gegen die Abweisung eines Antrags auf Aufhebung des Haftbefehls wegen Wegfalls seiner Voraussetzungen findet die sofortige Beschwerde statt.

(1) Der Schuldner ist verpflichtet, dem Insolvenzgericht, dem Insolvenzverwalter, dem Gläubigerausschuß und auf Anordnung des Gerichts der Gläubigerversammlung über alle das Verfahren betreffenden Verhältnisse Auskunft zu geben. Er hat auch Tatsachen zu offenbaren, die geeignet sind, eine Verfolgung wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit herbeizuführen. Jedoch darf eine Auskunft, die der Schuldner gemäß seiner Verpflichtung nach Satz 1 erteilt, in einem Strafverfahren oder in einem Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten gegen den Schuldner oder einen in § 52 Abs. 1 der Strafprozeßordnung bezeichneten Angehörigen des Schuldners nur mit Zustimmung des Schuldners verwendet werden.

(2) Der Schuldner hat den Verwalter bei der Erfüllung von dessen Aufgaben zu unterstützen.

(3) Der Schuldner ist verpflichtet, sich auf Anordnung des Gerichts jederzeit zur Verfügung zu stellen, um seine Auskunfts- und Mitwirkungspflichten zu erfüllen. Er hat alle Handlungen zu unterlassen, die der Erfüllung dieser Pflichten zuwiderlaufen.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 9. November 2010 - 14 Sa 945/10 - aufgehoben, soweit der Beklagte verurteilt worden ist, an den Kläger 449,50 Euro brutto (Vergütungsdifferenz für August und September 2009) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 181,25 Euro brutto seit dem 16. September 2009 und aus weiteren 268,25 Euro brutto seit dem 16. Oktober 2009 zu zahlen.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche.

2

Der Kläger war beim Beklagten, der ein Bauunternehmen betreibt, bis zum 11. September 2009 als Maurer beschäftigt.

3

Der Arbeitsvertrag vom 16. März 2009 regelt ua.:

        

㤠3

Arbeitszeit

        
        

1.    

Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit für Vollzeitkräfte beträgt 40 Stunden, sofern der BRTV BAU - WEST DEUTSCHLAND keine anderen Regelungen vorsieht.

        

…       

        
        

§ 6

Arbeitsentgelt

        

1.    

Für die bei Einstellung vorgesehene Tätigkeit erhält der AN einen Stundenlohn von 14,50 Euro, der jeweils am 15. des Folgemonats bargeldlos zahlbar ist.

        

2.    

Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, über seine tägliche Arbeitszeit nachvollziehbare Aufzeichnungen zu führen und diese spätestens bis zum 3. Werktag des Folgemonats bei dem Arbeitgeber einzureichen. Eine Vergütung erfolgt nur für nachgewiesene Stunden. Erfolgt keine Meldung, ist der Arbeitgeber zur Schätzung berechtigt. Eine spätere Korrektur ist nur in begründeten Ausnahmefällen möglich.“

4

In § 3 des allgemeinverbindlichen Bundesrahmentarifvertrags für das Baugewerbe(BRTV-Bau) vom 4. Juli 2002 idF des Änderungstarifvertrags vom 20. August 2007 ist bestimmt:

        

„1.     

Allgemeine Regelung

        

1.1     

Durchschnittliche Wochenarbeitszeit

                 

Die durchschnittliche regelmäßige Wochenarbeitszeit im Kalenderjahr beträgt 40 Stunden.

        

1.2     

Tarifliche Arbeitszeit

                 

In den Monaten Januar bis März und Dezember beträgt die regelmäßige werktägliche Arbeitszeit ausschließlich der Ruhepausen montags bis donnerstags 8 Stunden und freitags 6 Stunden, die wöchentliche Arbeitszeit 38 Stunden (Winterarbeitszeit). In den Monaten April bis November beträgt die regelmäßige werktägliche Arbeitszeit ausschließlich der Ruhepausen montags bis donnerstags 8,5 Stunden und freitags 7 Stunden, die wöchentliche Arbeitszeit 41 Stunden (Sommerarbeitszeit).

        

1.3     

Arbeitszeitausgleich innerhalb von zwei Wochen

                 

Die nach betrieblicher Regelung an einzelnen Werktagen ausfallende Arbeitszeit kann durch Verlängerung der Arbeitszeit ohne Mehrarbeitszuschlag an anderen Werktagen innerhalb von zwei Kalenderwochen ausgeglichen werden (zweiwöchiger Arbeitszeitausgleich). Die Wochenarbeitszeit kann somit nach den betrieblichen Erfordernissen und den jahreszeitlichen Lichtverhältnissen im Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat oder, wenn kein Betriebsrat besteht, im Einvernehmen mit dem Arbeitnehmer auf die Werktage verteilt werden.

        

1.4     

Betriebliche Arbeitszeitverteilung in einem zwölfmonatigen Ausgleichszeitraum

        

1.41   

Durchführung

                 

Durch Betriebsvereinbarung oder, wenn kein Betriebsrat besteht, durch einzelvertragliche Vereinbarung kann für einen Zeitraum von zwölf zusammenhängenden Lohnabrechnungszeiträumen (zwölfmonatiger Ausgleichszeitraum) eine von der tariflichen Arbeitszeitverteilung abweichende Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Werktage ohne Mehrarbeitszuschlag vereinbart werden, wenn gleichzeitig ein Monatslohn nach Nr. 1.42 gezahlt wird. Aus dieser Betriebsvereinbarung bzw. der einzelvertraglichen Vereinbarung muss sich ergeben, in welcher Form und mit welcher Ankündigungsfrist die jeweilige werktägliche Arbeitszeit festgelegt wird.

                 

…       

        

1.42   

Monatslohn

                 

Bei betrieblicher Arbeitszeitverteilung wird während des gesamten Ausgleichszeitraumes unabhängig von der jeweiligen monatlichen Arbeitszeit in den Monaten April bis November ein Monatslohn in Höhe von 178 Gesamttarifstundenlöhnen und in den Monaten Dezember bis März ein Monatslohn in Höhe von 164 Gesamttarifstundenlöhnen gezahlt.

                 

…“    

5

Für August 2009 rechnete der Beklagte 153,5 Stunden und ein Guthaben aus einem Arbeitszeitkonto ab. Für September 2009 erteilte er keine Abrechnung.

6

Der Kläger hat für August und September 2009 von ihm auf Vordrucken des Beklagten erstellte Arbeitszeiterfassungen mit Angabe des täglichen Arbeitsbeginns, des Arbeitsendes, der Pausendauer, der täglich und monatlich geleisteten Arbeitsstunden sowie der jeweiligen Baustellen vorgelegt und behauptet, er habe in diesen beiden Monaten weitere 31 Stunden gearbeitet.

7

Der Kläger hat, soweit für die Revision von Interesse, beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 449,50 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 181,50 Euro brutto seit dem 16. September 2009 und aus weiteren 268,25 Euro brutto seit dem 16. Oktober 2009 zu zahlen.

8

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, im August habe sich der Kläger an einzelnen Tagen krankgemeldet. Am 1. September 2009 habe der Kläger eine halbe Stunde weniger als behauptet und am 2. und 7. September 2009 gar nicht gearbeitet.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 ZPO). Der Senat ist an einer eigenen Sachentscheidung gehindert, weil das Landesarbeitsgericht hinsichtlich der streitigen 31 Stunden noch nicht die notwendigen Feststellungen getroffen hat (§ 563 Abs. 3 ZPO).

11

I. Der Kläger kann die Vergütung für die streitigen Stunden nicht gemäß § 3.1.42 BRTV-Bau beanspruchen. Hiernach hat der Arbeitnehmer in den Monaten April bis November Anspruch auf einen Monatslohn iHv. 178 Gesamttarifstundenlöhnen, wenn durch Betriebsvereinbarung oder einzelvertraglich ein zwölfmonatiger Ausgleichszeitraum für eine von der tariflichen Arbeitszeitverteilung abweichende Verteilung der Arbeitszeit unter gleichzeitiger Zahlung eines verstetigten Monatslohns vereinbart worden ist. Die Voraussetzungen dieser Tarifnorm liegen nicht vor, ein zwölfmonatiger Ausgleichszeitraum galt im Arbeitsverhältnis der Parteien nicht. Im Streitfall ist vielmehr davon auszugehen, dass für den Kläger auf der Grundlage des § 3.1.3 Satz 1 BRTV-Bau die nach betrieblicher Regelung an einzelnen Werktagen ausfallende Arbeitszeit durch Verlängerung der Arbeitszeit an anderen Werktagen innerhalb von zwei Kalenderwochen ausgeglichen werden konnte.

12

II. Der Kläger hat gemäß § 611 Abs. 1 BGB Anspruch auf Zahlung des vereinbarten Stundenlohns für die im Klagezeitraum tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden. Für welche Arbeitsstunden dem Kläger noch Vergütungsansprüche zustehen, kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen nicht entscheiden.

13

1. Der Arbeitnehmer trägt für die Behauptung, er habe die geschuldete Arbeit verrichtet, die Darlegungs- und Beweislast.

14

a) Ausgehend von den Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts iVm. § 614 BGB gilt im Arbeitsverhältnis der Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“( BAG GS 17. Dezember 1959 - GS 2/59 - zu B IV der Gründe, BAGE 8, 285; vgl. auch BAG 13. Februar 2002 - 5 AZR 470/00 - zu I 2 a der Gründe, BAGE 100, 256; 7. Juni 1988 - 1 AZR 597/86 - zu III 2 a der Gründe, BAGE 58, 332). Verlangt der Arbeitnehmer gemäß § 611 BGB Arbeitsvergütung für Arbeitsleistungen, hat er deshalb darzulegen und - im Bestreitensfall - zu beweisen, dass er Arbeit verrichtet oder einer der Tatbestände vorgelegen hat, der eine Vergütungspflicht ohne Arbeit regelt(zB § 1 BUrlG, §§ 615, 616 Satz 1 BGB, § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 EntgeltFG, § 37 Abs. 2 BetrVG). Da die konkret zu leistende Arbeit idR vom Arbeitgeber durch Weisungen zu bestimmen ist (§ 106 GewO), genügt der Arbeitnehmer seiner Darlegungslast, indem er vorträgt, er habe sich zur rechten Zeit am rechten Ort bereitgehalten, um Arbeitsanweisungen des Arbeitgebers zu befolgen. Auf diesen Vortrag muss der Arbeitgeber im Rahmen einer gestuften Darlegungslast substantiiert erwidern. Deshalb hat der Arbeitgeber im Einzelnen vorzutragen, welche Arbeiten er dem Arbeitnehmer zugewiesen hat und ob der Arbeitnehmer den Weisungen nachgekommen ist. Trägt er nichts vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, gelten die vom Arbeitnehmer vorgetragenen Arbeitsstunden als zugestanden.

15

b) Gelingt dem Arbeitnehmer die Darlegung und im Fall substantiierten Bestreitens der Beweis nicht, muss er das Risiko des Prozessverlustes tragen, wenn sich die sein Begehren tragenden Tatsachen nicht feststellen lassen. Denn die Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen trägt, wer den Anspruch erhebt (BAG 24. Oktober 2001 - 5 AZR 245/00 - zu I 1 der Gründe, AP EntgeltFG § 2 Nr. 8 = EzA EntgeltfortzG § 2 Nr. 3; BGH 18. Mai 1999 - X ZR 158/97 - NJW 1999, 2887; Stein-Jonas/Leipold ZPO 22. Aufl. § 286 Rn. 61, 62; Rosenberg Die Beweislast 5. Aufl. S. 98). Ausgehend von den Motiven zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Motive I, 383) wird im Anschluss an die Rechtsprechung des Reichsgerichts (RG 28. Februar 1898 - VI 352/97 - RGZ 41, 220; 6. November 1898 - VI 241/99 - RGZ 45, 356; 20. September 1910 - II 592/09 - JW 1910, 937 Nr. 10; 20. November 1928 - III 51/28 - HRR 1929 Nr. 373) dem Schuldner die Beweislast für die Erfüllung einer ihm obliegenden Verpflichtung auch dann zugewiesen, wenn der Gläubiger aus der Nichterfüllung Rechte herleitet bzw. wenn sich an die Nichterfüllung einer positiven vertraglichen Vereinbarung oder die nicht rechtzeitige Erfüllung ungünstige Rechtsfolgen knüpfen, die der Gläubiger geltend macht (BGH 29. Januar 1969 - IV ZR 545/68 - NJW 1969, 875; 17. Januar 2007 - VIII ZR 135/04 - MDR 2007, 703; vgl. auch BGH 15. November 2006 - XII ZR 120/04 - NJW 2007, 2394; Stein-Jonas/Leipold ZPO 22. Aufl. § 286 Rn. 87, 88; Rosenberg Die Beweislast 5. Aufl. S. 346).

16

2. Im Streitfall kommen vertragliche Besonderheiten hinzu.

17

a) Nach § 6 Ziff. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrags hat der Kläger nachvollziehbare Tätigkeitsnachweise zu erstellen, die sich auch auf die Art der Tätigkeit erstrecken. Diese vertragliche Abrede ist wirksam. § 6 Ziff. 2 Satz 1 des Verbrauchervertrags (§ 310 Abs. 3 BGB) verstößt weder gegen eines der in §§ 308, 309 BGB bestimmten Klauselverbote, noch benachteiligt die Vereinbarung den Arbeitnehmer unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 BGB. Gerade weil der Kläger auf auswärtigen Baustellen in Abwesenheit von Vorgesetzten zu arbeiten hatte, konnte ihm vertraglich auferlegt werden, Tätigkeitsnachweise zu führen und dem Arbeitgeber vorzulegen.

18

b) Die vom Kläger für August und September 2009 vorgelegten Tätigkeitsnachweise sind zwar auf dem vom Beklagten hierfür vorgehaltenen Vordruck erstellt worden, enthalten aber nicht die in der rechten Spalte vorgesehenen Angaben zur „Art der Tätigkeit“ und „etwaigen Gründen von Arbeitsausfällen“. Ergänzenden Vortrag zu diesen Punkten hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und hat der Kläger auch nicht geltend gemacht. Die Vorinstanzen hätten der Klage deshalb nicht stattgeben dürfen. Da sie unzutreffend von der Darlegungs- und Beweislast des Beklagten ausgegangen sind, konnten sie dem Kläger keine sachdienlichen Hinweise erteilen. Dies ist nachzuholen. Dem Kläger muss Gelegenheit gegeben werden, die in den Tätigkeitsnachweisen fehlenden Angaben schriftsätzlich vorzutragen. Sodann wird der Beklagte im Sinne der gestuften Darlegungslast im Einzelnen zu erwidern haben. Sollte substantiierter Vortrag streitig bleiben, wird das Landesarbeitsgericht die angetretenen Beweise zu erheben haben.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Zorn    

        

    Rahmstorf    

                 

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - 2 Ca 1711/10 - vom 09.06.2011 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Rahmen der Insolenzanfechtung über die Rechtsgrundlosigkeit einer gezahlten Arbeitsvergütung.

2

Der Kläger wurde mit Beschluss vom 1. Februar 2007 durch das Amtsgericht Dresden zum Insolvenzverwalter für das am gleichen Tag vor dem Amtsgericht Dresden eröffnete Insolvenzverfahren über das Vermögen der F C. & Sohn GmbH in B - 5 IN 0000 - bestellt. Die Beklagte ist die getrennt lebende Ehefrau des Geschäftsführers der Insolvenzschuldnerin.

3

Die Insolvenzschuldnerin F C. & Sohn GmbH war 1991 als Tochter der Firma C. & Sohn GmbH gegründet worden. 1996 wurde - unter Aufbau einer Fertigungsstätte mit zwei Produktionshallen, Büro- und Sozialanbau usw. - eine zweiten Niederlassung in B errichtet. Bis spätestens Mitte 2006 geriet die Insolvenzschuldnerin in eine nicht mehr überwindbare Krise, die zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens führte. Im Rahmen von Sanierungsbestrebungen der Hausbank war eine Sanierungsbewertung zustande gekommen, in welcher neben Daten, die für die wirtschaftliche Betrachtung wesentlich waren, auch ein Organigramm der Firmenstruktur mit Abteilungen und - nach Ansicht des Klägers: sämtlichen - Namen beschäftigter Mitarbeitern vorkamen, u.a. der der Tochter der Beklagten ( C. [-G.]) in der Personalabteilung, des Sohns (Manuel C.) in der Führungsebene und des Ehemanns der Beklagten (Herbert C.) als Geschäftsführer, nicht indes der der Beklagten (Bl. 20 ff. d.A.).

4

Seit Beginn der Ehe im September 1972 hatte die Beklagte in unterschiedlichen Tätigkeiten für den Betrieb gearbeitet und hierfür Lohn erhalten. Ein schriftlicher Vertrag nicht abgesetzt worden. Anlässlich der Geburt des ersten Kindes hatte sich die Arbeitszeit der Klägerin reduziert, nach der Geburt des zweiten Kindes in Übereinstimmung mit dem Arbeitgeber die Arbeitserledigung nach Hause verlagert. Auch als die Kinder nicht mehr betreut werden mussten, blieb die Praxis der Arbeit von zuhause aus unverändert. Zwischen den Parteien besteht kein Streit, dass die Beklagte 2005 und 2006 - als die Eheleute getrennt lebten - in einem „Beschäftigungsverhältnis“ stand. Der Beklagten gegenüber wurde monatlich ein Bruttogehalt von 1.329,96 EUR (einschließlich Direktversicherung und Pkw-Nutzung) abgerechnet - aufs Jahr besehen 23.513,15 EUR in 2005 und 23.524,69 EUR in 2006, zusammen 47.037,84 EUR (Ablichtungen der Lohn-/ Gehaltsabrechnung 12/05 und 12/06 in Bl. 26 f. d.A.). Auf einem Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung des Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen gab die Beklagte am 12. Juli 2007 unter Gegenzeichnung der Arbeitgeberseite an, seit 1. Januar 2005 „bis heute“ als kaufmännische Angestellte beschäftigt gewesen zu sein (Ort der Tätigkeit: zuhause; durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit: Arbeitstage: 5, Stunden: 40; Arbeitszeit: feste Arbeitszeit; Beschreibung der ausgeübten Tätigkeit: OP-Listen bearbeiten, Ausschreibungen anfordern; Tätigkeit wurde aufgrund einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung ausgeübt; der mitarbeitende Angehörige ist an Weisungen des Betriebsinhabers über die Ausführung der Arbeit gebunden und das Weisungsrecht wird tatsächlich auch ausgeübt; im Einzelnen Bl. 28-30 d.A.).

5

Der Kläger erklärte mit Schriftsatz vom 20. Mai 2009 gegenüber der Beklagten die Anfechtung gemäß § 134 InsO wie folgt (Bl. 31 f. d.A.):

6

„.. Aus den mir bislang vorliegenden Lohnunterlagen wurden sie zumindest in dem Zeitraum ab Januar 2005 als Arbeitnehmerin bei der Insolvenzschuldnerin geführt und haben in den Jahren 2005 und 2006 ein Bruttoentgelt von insgesamt rund 47.000 EUR erhalten. Da von ehemaligen Mitarbeitern auf Anfragen bezüglich ihrer konkreten Tätigkeit im Unternehmen keine plausiblen Angaben gemacht werden konnten und ihre eigenen Angaben vom 12.07.2007 in dem 'Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen' auch keine schlüssige Antwort auf Ihre tatsächlich geleistete Arbeit zu lassen, ist nach bisherigem Kenntnisstand nicht auszuschließen, dass es sich vorliegend um ein Scheinarbeitsverhältnis handelt. ... Die erhaltenen Zahlungen ohne adäquate Gegenleistung wären gemäß § 134 InsO anfechtbar mit der Konsequenz, dass die erhaltenen Zahlungen bzw. ein angemessener Teil davon an die Insolvenzmasse zurückzuzahlen sind. Insofern bitte ich Sie, mir bis zum 08.06.2009 mitzuteilen bzw. nachzuweisen, welche Tätigkeiten sie ausgeübt haben ...“

7

Die Beklagte antwortete am 30. Juni 2009, sie habe ihrem Gehalt entsprechend und wie im Feststellungsbogen vom 12. Juli 2007 erklärt gearbeitet.

8

Dem am 1. Juli 2009 klägerseits beim Amtsgericht Aschersleben beantragten, am 3. Juli 2009 erlassenen und am 8. Juli 2009 zugestellten Mahnbescheid über 47.037,85 EUR aus insolvenzrechtlicher Anfechtung gemäß § 134 InsO nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 1. Februar 2007 widersprach die Beklagte am 14. Juli 2009 insgesamt. Das Verfahren wurde am 17. August 2009 antragsgemäß an das Landgericht Kaiserslautern abgegeben.

9

Am 19. März 2010 rechnete der Kläger der Beklagten gegenüber die Arbeitsmonate Februar und März 2007, während derer er die Beklagte freigestellt hatte, mit jeweils 1.329,36 EUR (brutto) ab, woraus sich - unter Abzug auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangener 1.257,15 EUR netto - ein Zahlbetrag von 664,61 EUR ergab. Der Kläger meinte im vorliegenden Verfahren, zur Auskehr verpflichtet gewesen zu sein, solange die Anfechtung nicht anerkannt oder rechtskräftig festgestellt gewesen sei, weil das einer kanzleiinternen Vereinbarung entsprochen habe. Unstreitig blieb zwischen den Parteien, dass über den 31. März 2007 hinaus kein Arbeitsverhältnis mehr bestand.

10

Mit rechtskräftigem Beschluss vom 29. November 2010 - 3 O 566/09 - erklärte das Landgericht Kaiserslautern den ordentlichen Rechtsweg für unzulässig (Bl. 73 ff. d.A.) und verwies den Rechtsstreit an das örtliche Arbeitsgericht.

11

Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen:

12

Im Betrieb der Insolvenzschuldnerin sei keine nennenswerte Tätigkeit der Beklagten bekannt (Zeugnis Frau D., Herr E.). Die von ihr behaupteten Tätigkeiten seien nicht nach außen in Erscheinung getreten. Sie habe keine entlohnungsgemäßen Arbeitsleistungen erbracht (Zeugnis Herr A., Herr B., Herr Herbert C.). Frau D. habe für die Gemeinschuldnerin alle OP-Listen bearbeitet, Herr E. alle Angebote und Ausschreibungen (Zeugnis Frau D., Herr E.). Beklagtenseits behauptete Recherchen, Ausschreibungsermittlungen gegenüber der öffentlichen Hand, irgendwelches Ausfindigmachen von Bauträgern oder Generalunternehmern habe es nicht gegeben (Nichtwissen). Namentlich behauptete Präsentationen gegenüber Architekten und Bauträgern bedürften der Konkretisierung. Die Insolvenzschuldnerin habe immerhin über ein Hochglanz-Prospekt mit wesentlichen Angaben und eine eigene Homepage für den ersten Zugriff verfügt (was unstreitig blieb). Auch vermeintliche Zuständigkeiten als „Feuerwehr“ oder „Mädchen für alles“ bedürften der Substantiierung. Insbesondere im 40-stündigen Wochenumfang seien solche Arbeiten nicht möglich gewesen. Zudem habe es keinerlei dem Standard elektronischer Vernetzung entsprechende Verbindung zwischen dem vermeintlichen Arbeitsort der Beklagten und dem Betrieb der Insolvenzschuldnerin gegeben, um Arbeitsergebnisse dem kaufmännischen System zuführen zu können (was unstreitig blieb). Weiter hätte die Beklagte, wenn sie eine ihrem ausgezahlten Lohn entsprechende Tätigkeit ausgeführt haben wollte, unter Namensnennung im Organigramm erfasst sein müssen. Ohne erbrachte Arbeitsleistung könne es sich nur um ein Scheinarbeitsverhältnis mit Alimentcharakter gehandelt haben. Er (der Kläger) bestreite (mit Nichtwissen), dass der Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin seit 2004 Unterhaltsleistungen erbracht habe. Zwar habe auch er (der Kläger) noch im Frühjahr 2010 Lohn an die Beklagte gezahlt. Grund hierfür sei jedoch nur gewesen, dass Lohnzahlung, Lohnabrechnungen, Abgabenleistungen usw. aus der vormaligen Zeit den äußeren Eindruck eines bestehenden Arbeitsverhältnis erweckt hätten, d.h. der Vertrag von Anfang an gültig gewesen sei.

13

Der Kläger hat erstinstanzlich sinngemäß beantragt,

14

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zur Insolvenzmasse 47.037,85 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

15

Die Beklagte hat die Klageabweisung beantragt und ihrerseits vorgetragen:

16

Sie habe für die Firma unter Einsatz eines PC folgende Arbeiten von zuhause aus erbracht und sei hierfür anschließend wie vertraglich vereinbart entlohnt worden: (1) Recherchieren von Ausschreibungen potentieller Auftraggeber der öffentlichen Hand, von Bauträgern und Generalunternehmern, und zwar orientiert an der Produktpalette und den Kompetenzen und Leistungsvermögen der Insolvenzschuldnerin unter Anforderung von Ausschreibungsunterlagen, (2) Vorstellung der Insolvenzschuldnerin gegenüber Architekten und Bauträgern durch entsprechende Anschreiben unter Darstellung des Unternehmensprofils zum Ziel der Neukundenakquise, (3) Fertigstellung von Kalkulationen unter Übertragung der Kalkulationen in die notwendigen Formblätter, (4) Zuarbeiten in allen anderen Bereichen, je nach Bedarf und Notwendigkeit als „Mädchen für alles“ oder „Feuerwehr“. Aufgrund ihrer langjährigen und firmenbezogenen Berufserfahrung habe sie in den verschiedensten Bereiche eingesetzt werden und - teils eigenständig, teils in Ergänzung oder in Zusammenarbeit mit anderen Arbeitnehmern - anfallende Büroarbeiten zu erledigen vermocht. Eine feste Zuordnung von Arbeitsbereichen habe es nur für die jeweiligen Projekte gegeben. Die Verbindungsbrücke zwischen häuslichem Arbeitsplatz und Betrieb sei die im Betrieb beschäftigte Tochter gewesen, mit der sie tagtäglich in Kontakt gestanden habe. Sie (die Tochter) habe ihr - soweit notwendig - sämtliche Unterlagen und Informationen direkt überbracht bzw. umgekehrt auch wieder mit in die Firma genommen (Zeugnis Frau C.-G., Zeugnis Herr Herbert C.). Die fehlende Erwähnung im Organigramm habe möglicherweise darauf beruht, dass hiermit nur eine Stellungnahme zur Fortführungsfähigkeit und -Würdigkeit bezweckt gewesen sei, in der sie (die Beklagte) keine Rolle mehr gespielt habe, oder dass man sie schlicht übersah. Ansprüche auf Rückgewähr umfassten zumindest keine vollen Bruttolohnsummen und unterlägen der - vorliegend durchgreifenden - Verjährung.

17

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat der Klage mit Urteil vom 9. Juni 2011 - 2 Ca 1711/10 - (auf dessen Tatbestand wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz Bezug genommen wird, Bl. 138 ff. d.A.) vollumfänglich entsprochen. Es hat dafür gehalten, dass die Klägerin keine nachvollziehbaren Arbeitsleistungen erläutert habe, obgleich sie hierzu aufgrund sekundärer Darlegungslast verpflichtet gewesen sei. Das Geschilderte seien nur Tätigkeiten im Allgemeinen, ohne (wenigstens exemplarischen) Bezug zum genauen Inhalt und zeitlichen Umfang, was auch im Hinblick auf die im Feststellungsbogen aufgeführten Tätigkeiten einer Bearbeiterin von OP-Listen gelte. Auch wenn der Kläger für 2007 noch Vergütungsdifferenzen nachgezahlt habe, liege hierin kein Anerkenntnis einer Lohnzahlungspflicht in 2005 und 2006. Umgekehrt gelte statt dessen, dass, wenn für diese Jahre Arbeitsleistungen fehlten, solche offenbar auch nicht hätten erbracht werden müssen, was wiederum ein Scheinarbeitsverhältnis nahe lege. Es widerspreche jeglicher Lebenserfahrung, dass ein Arbeitsverhältnis, obwohl der Arbeitnehmer seiner Arbeitspflicht nicht nachkomme, zwei Jahre lang mit monatlichen Vergütungsleistungen bedacht werde.

18

Das Urteil wurde der Beklagten am 5. Juli 2011 zugestellt. Sie hat hiergegen mit Schriftsatz 27. Juli 2011, eingegangen 29. Juli 2011, Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 5. Oktober 2011 verlängerten Frist mit Schriftsatz vom 30. September 2011, eingegangen am gleichen Tag, begründet.

19

Die Beklagte trägt zweitinstanzlich vor:

20

Weil eine ausdrückliche Anfechtung nicht erklärt worden sei (das Schreiben vom 20. Mai 2009 habe allein der Sachverhaltsaufklärung gedient und auch die Klageerhebung stelle keine auslegungsfähige Erklärung dar) sei der Anspruch schon aus formellen Gründen nicht gegeben. Im Übrigen habe das Arbeitsgericht die sekundäre Darlegungslast überspannt. Es sei nicht möglich, alle Umstände der Arbeitstätigkeit einschließlich zeitlicher Anteile bis ins Detail zu rekonstruieren. Sie (die Beklagte) habe als kaufmännische Angestellte an fünf Tagen der Woche mit insgesamt 40 Stunden von zuhause aus folgende Aufgabenbereiche mit entsprechenden Zeitanteilen bearbeitet:

21

(1) Recherchieren von Ausschreibungen - hierzu habe sie die von ihrer Tochter erhaltenen Ausschreibungshefte (Bundesausschreibungsblatt; I-Hefte), in denen deutschlandweit Objekte für Fenster und Türen in Kunststoff- und Alu-Bauweise sowie in Holz- und Holz-Alu-Bauweise ausgeschrieben seien, auf passende Bauvorhaben im Angebotsprofil der Insolvenzschuldnerin geprüft und nach telefonischer Rücksprache mit dem Geschäftsführer zum Anlass der Anforderung von Ausschreibungsunterlagen genommen, wobei weitere vergleichbare Recherchen auch im Internet durchgeführt worden seien, was einen täglichen Arbeitsanfall von ein bis zwei Stunden ausgemacht habe -,

22

(2) Vorstellung des Unternehmens gegenüber Architekten / Unternehmen etc. pp. - hier habe sie (die Beklagte) über das Internet usw. Architekten, Bauträger und Generalunternehmer herausgesucht, um ihnen das Unternehmen anhand von Prospekten und Anschreiben mit dem Ziel, künftig Ausschreibungsunterlagen automatisch zugesandt zu erhalten, sofern neue Vergaben anstünden, präsentiert, was einen täglichen Arbeitsaufwand von etwa einer Stunde umfasst habe -,

23

(3) sonstige Arbeiten und Korrespondenz - dies habe die Erledigung von Korrespondenzen für den Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin auf telefonisch mitgeteilte oder per Handdiktiergerät vorbereitete Diktate beinhaltet, wobei die Kassetten von ihrer Tochter mitgebracht und die fertigen Briefe dieser wieder mitgegeben worden seien, was einen Zeitaufwand von 0,5 bis eine Stunde pro Tag ausgefüllt habe -,

24

(4) Bearbeitung der OP-Liste der Firma C. in St. J - bei der Insolvenzschuldnerin seien hierzu einmal im Monat Listen der offenen Posten ausgedruckt worden, welche sie von ihrer Tochter zur Abarbeitung überbracht erhalten habe, und die sie über Kontaktaufnahmen mit den Kunden sowie Nachfragen, aufgrund welcher Umstände Zahlungen noch nicht beglichen seien, Anhalten zu Zahlungen, Vereinbarung von Zahlungszielen bzw. (soweit Rückstände auf Mängeln beruht hätten) durch Mängelvermerke für ihre Tochter zur Weitergabe in den Betrieb, erfüllt hätte, dies alles bei einem täglichen Arbeitsaufwand von ein bis zwei Stunden -,

25

(5) Übertragung von Ausschreibungen und Fertigstellung von Ausschreibungsunterlagen - hier seien täglich ca. drei Ausschreibungen in die vorgesehenen Formulare übertragen worden, Bescheinigungen z.B. für die Berufsgenossenschaft, das Handelsregister, Krankenkassen oder das Finanzamt kopiert, den Unterlagen beigefügt, verpackt und versandt worden (einschließlich Verbringung zur Post mit ca. 20 Min. Fahrtaufwand), woraus abermals je nach Größe der Ausschreibung teilweise bis zu vier Stunden Arbeitszeit hervorgegangen seien (bei hohem Aufmerksamkeitsaufwand, weil die Übertragungen formell und inhaltlich richtig sein müsse, um die Teilnahme an der Ausschreibung zu gewährleisten, es handelte sich schließlich um Ausschreibungen mit Auftragswerten von 1 bis 2 Millionen, wobei pro Seite der Ausschreibung 3-7 Positionen anfielen, je Objekt ca. 200-400 Seiten) - Beweis Zeugnis Frau C.-G., Herr Herbert C., Herr G., Herr H., Herr I.).

26

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

27

das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 9. Juni 2011 abzuändern und die Klage - auch in ihrer hilfsweisen Fassung des Berufungsrechtszugs - abweisen.

28

Der Kläger beantragt,

29

die Berufung zurückzuweisen,

30

sowie hilfsweise sinngemäß

31

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger zur Insolvenzmasse 37.199,67 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2009 zu zahlen,

32

2. die Beklagte zu verurteilen, ihre Erstattungsansprüche gemäß § 26 SGB IV gegenüber der Einzugsstelle (DAK B, K 4, B, Sozialversicherungsnummer: 00000000), ersatzweise gegenüber den Sozialversicherungsträgern (D, Bundesagentur für A, Deutsche Rentenversicherung/Mitteldeutschland) für das Jahr 2005 in Höhe von insgesamt 4.876,57 EUR und für das Jahr 2006 in Höhe von insgesamt 4.961,61 EUR an den Kläger abzutreten.

33

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil und trägt weiter vor:

34

Die Anfechtung sei mit Mahnbescheidsantrag und späterer Klagebegründung ausreichend geltend gemacht. Zu erstatten sei jedweder geldwerte Vorteil, auch in Gestalt von ersparten Aufwendungen (Dienstwagen o.ä.). Selbst mit weiterem Vortrag habe die Beklagte ihrer sekundären Darlegungslast nicht genügt. Die Beklagte habe die behaupteten Tätigkeiten nicht bei der Insolvenzschuldnerin erbracht, schon gar nicht im behaupteten Zeitumfang (Zeugnis Herr A., Herr B., Herr Herbert C.). Es seien keine Arbeitsergebnisse in den normalen Unternehmenskreislauf integriert worden. Vielmehr sei das Organigramm für den status quo der seinerzeitigen Belegschaft beachtlich. Bei Diktaten für den Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin könne es sich nicht um Gegenstände des Unternehmens gehandelt haben. Die in St. J ehemals ansässige C. & Sohn GmbH sei im Zeitraum 2005 bis 2006 in die M Verwaltungsgesellschaft mbH umbenannt worden. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahren sei fehlender Masse gescheitert (was unstreitig blieb).

35

Die Kammer hat über die Behauptung des Klägers, die Beklagte habe zwischen 2005 und 2006 keinerlei Arbeitsleistungen erbracht, namentlich nicht OP-Listen betreut oder Ausschreibungen und Angebote begleitet, Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Frau D., Herr E., Herr A., Herr B. und Herr Herbert C., sowie gegenbeweislich durch Vernehmung des Herrn Herbert C. und der Frau C.-G. erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift der Sitzung vom 15. Februar 2013 in Bl. 372 ff. d.A. Bezug genommen.

36

Des weiteren wird für den Sach- und Streitsstand zweiter Instanz ergänzend auf die wechselseitigen Schriftsätze (der Beklagten vom 30. September 2011 [Bl. 171 ff. d.A.], 17. Februar 2012 [Bl. 234 d.A.], 5. November 2012 [Bl. 192 f. d.A.], 30. November 2012 [Bl. 328 f. d.A.], 19. Dezember 2012 [Bl. 333, 336 d.A.], 8. Januar 2013 [Bl. 351 d.A.] und 17. Januar 2013 [Bl. 367 d.A.] sowie des Klägers vom 20. Oktober 2011 [Bl. 205 ff. d.A.], 7. Februar 2012 [Bl. 232 d.A.], 27. Februar 2012 [Bl. 235 d.A.], 12. September 2012 [Bl. 260 d.A.], 13. September 2012 [Bl. 262 ff. d.A.], 15. Oktober 2012 [Bl. 280 d.A.] und 29. Oktober 2012 [Bl. 286 f. d.A.]) nebst Anlagen, die zur Gerichtsakte gereichten Unterlage sowie die Protokolle vom 27. Januar 2012, 24. August 2012 und 15. Februar 2013 verwiesen.

Entscheidungsgründe

A.

37

Die zulässige Berufung ist begründet. Die Klage erweist sich zumindest nach ergänzendem Vorbringen der Beklagten in zweiter Instanz sowie durchgeführter Beweisaufnahme als unbegründet.

I.

38

Die Berufung ist zulässig (§§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 ArbGG). Die Beklagte ist im Umfang des erstinstanzlich ausgeurteilten Zahlungsbetrags, der die Grenze des § 64 Abs. 2 Buchst. b ArbGG übersteigt, beschwert. Sie hat ihr Rechtsmittel form- und fristgerecht angebracht (§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 519 ZPO) sowie rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet (§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO).

II.

39

Die Klage ist im Hauptantrag zulässig, aber nicht begründet. Spätestens aus dem Ergebnis der zweitinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme ergab sich unzweifelhaft, dass die Beklagte die in Abrede gestellten Arbeitstätigkeiten im geschuldeten Umfang doch erbracht hatte. Der auf den Erfolgsfall gerichtete Hilfsantrag fällt nicht mehr zur Entscheidung an.

40

1. Die Klage ist im Hauptantrag zulässig. Sie genügt den Anforderungen aus § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Kläger begehrt Wertersatz aus insolvenzrechtlicher Anfechtung gemäß § 143 Abs. 2 Satz 1, § 134 InsO. Den Bestimmtheitsanforderungen genügt ein solcher Klageantrag, wenn er den Wertersatz konkret beziffert und einen Sachvortrag umfasst, der die Tatsachen, aus denen der Anfechtungsanspruch hergeleitet wird, erkennen lässt (HK-InsO/ Kreft 5. Aufl. § 146 Rn. 8). Diesen Voraussetzungen wurde vorliegend genügt.

41

2. Die Klage ist im Hauptantrag aber nicht begründet. Dem Kläger steht kein Wertersatz aus insolvenzrechtlicher Anfechtung zu. Nach § 143 Abs. 2 Satz 1 InsO hat der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung die erzielte Bereicherung zwar zurück zu gewähren, wenn die Leistung unentgeltlich i.S.d. § 134 InsO erlangt war, nicht nur Gelegenheitsgeschenke betraf und im Erhalt nicht länger als vier Jahre bis zur Insolvenzeröffnung zurück lag. Die Voraussetzungen der Unentgeltlichkeit sind im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben.

42

a) Dem Kläger fehlte allerdings nicht schon die Anfechtungsbefugnis. Er hatte zwar in Anlage K 1 lediglich eine Ablichtung seiner Bestellung zum vorläufigen Insolvenzverwalter vom 10. Januar 2007 zur Gerichtsakte gereicht (Bl. 14 f. d.A.). Nach § 129 Abs. 1 InsO ist anfechtungsbefugt indes nur der (schlussendliche) Insolvenzverwalter. Zwischen den Parteien bestand aber über die nachfolgend zur vorläufigen Bestellung erfolgte Einsetzung als eigentlichem Insolvenzverwalter (Beschluss des Amtsgerichts L-Stadt vom 1. Februar 2007, Az. 000/00) kein Streit. Es gab bei Schluss der mündlichen Verhandlung weiter auch keinen Anhaltspunkt, dass das Insolvenzverfahren bereits vollständig und ohne Nachtragsverteilung beendet gewesen sein sollte (zu dieser sachlichen Begrenzung der Rechtsausübung etwa Huber in Gottwald Insolvenzrechts-Handbuch 4. Aufl. § 51 Rn. 10).

43

b) Entgegen dem Beklagteneinwand war das Anfechtungsrecht des Klägers auch nicht nach § 134 Abs. 1, § 146 Abs. 1 InsO i.V.m. §§ 195, 199 Abs. 1 BGB verjährt. Die Insolvenzanfechtung bedarf keiner gesonderten Erklärung (BGH 1.2.2007 - IX ZR 96/04 - Rn. 20, NZI 2007, 230). Die Würdigung des auf eine solche Erklärung gleichwohl deutenden Klägerschreibens vom 20.Mai 2009 konnte vor diesem Hintergrund letztlich auf sich beruhen. Das Anfechtungsrecht war mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden und zugleich - in Gestalt des Rückgewähranspruchs aus anfechtbarem Rechtsgeschäft - auch fällig geworden. Auf diesen Beginn vom 1. Februar 2007 endete die Verjährungsfrist nach §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB (zur Anwendbarkeit HK-InsO/ Kreft § 146 Rn. 11) mit Ablauf des 31. Dezember 2010 und war vorliegend mit Zustellung des Mahnbescheids - unter Hinweis auf das klägerseitige Anfechtungsrecht - unter dem 8. Juli 2009 rechtzeitig gehemmt worden (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB).

44

c) Der Beklagten war allerdings zwischen dem 1. Januar 2005 und dem 31. Dezember 2006 keine unberechtigte weil unentgeltliche Arbeitsentgeltleistung zugekommen, die sie an den Kläger zurückgewähren musste.

45

aa) Unentgeltlich ist eine Leistung, wenn ein Vermögenswert des Verfügenden zu Gunsten einer anderen Person aufgegeben wird, ohne dass dem Verfügenden ein entsprechender Vermögenswert zufließen soll (BGH 21.12.2010 - IX ZR 199/10 - Rn. 10, NZI 2011, 107). Bei einer Leistung im Rahmen eines entgeltlichen Vertrags liegt Entgeltlichkeit vor, soweit durch die Leistung eine bestehende Verbindlichkeit erfüllt wird; Gegenleistung ist dann die vom Schuldner erlangte Befreiung von seiner Verbindlichkeit (BGH 9.12.2010 - IX ZR 60/10 - Rn. 10, NJW 2011, 1732). Bei Zahlungen auf eine Nichtschuld fehlt es an der Entgeltlichkeit einer Leistung (BGH 21.12.2010 - IX ZR 199/10 - Rn. 12, a.a.O.). Leistung ist jede Schmälerung des Schuldnervermögens, durch welche die Insolvenzgläubiger unmittelbar oder mittelbar benachteiligt werden (BGH 19.4.2007 - IX ZR 79/05 - Rn. 14, NZI 2007, 403). Dem anfechtenden Insolvenzverwalter obliegt die Darlegungs- und Beweislast für die Vornahme einer unentgeltlichen Leistung sowie die Verursachung einer Gläubigerbenachteiligung. Soweit die Entscheidung von (sei es auch indiziellen) Umständen aus dem Bereich des Anfechtungsgegners abhängt - zum Beispiel ob dieser eine Gegenleistung erbracht hat -, trifft ihn eine sekundäre Darlegungslast (MünchKommInsO/ Kirchhof 2. Aufl. § 134 Rn. 49).

46

bb) Eine Leistung auf eine Nichtschuld ist nicht anzunehmen.

47

(1) Der Kläger selbst bringt zum Bestehen einer rechtswirksamen Verbindlichkeit schon Wesentliches vor. So führt er aus, dass die Beklagte in den Jahren 2005 und 2006 in einem „Beschäftigungsverhältnis“ zur Insolvenzschuldnerin gestanden habe (S. 3 der Anspruchsbegründungsschrift vom 8. Oktober 2009, Bl. 12 d.A.), was angesichts der klaren Regelung in § 7 Abs. 1 SGB IV kaum anders als durch Bestehen eines Arbeitsverhältnisses denkbar ist. Er legt zudem auch Abrechnungen des jeweils letzten Kalendermonats der bezeichneten Jahre vor, welche die Abführung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen wiedergeben (Anlagen K 6, 7, Bl. 27 f. d.A.), was gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 EStG bzw. §§ 28 e Abs. 1 Satz 1, § 7 Abs. 1 SGB IV wiederum nur unter der Voraussetzung eines bestehenden Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnisses Sinn ergeben konnte. Des Weiteren reichte der Kläger selbst den bereits in seinem Namen für die Insolvenzschuldnerin gegengezeichneten Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen vom 12. Juli 2007 zur Gerichtsakte, indem ebenfalls gerade der Bestand eines Arbeitsverhältnisses zwischen der Insolvenzschuldnerin und der Beklagten ausgeführt wird (Anlage K 7, Bl. 28 ff. d.A.).

48

(2) Soweit der Kläger meint, von einem Scheingeschäft ausgehen zu können, folgt ihm die Berufungskammer nicht.

49

(a) Ob ein Rechtsgeschäft wirklich gewollt oder nur zum Schein abgeschlossen wird, hängt davon ab, ob die Parteien einverständlich nur den äußeren Schein des Abschlusses eines Rechtsgeschäfts hervorrufen, dagegen die mit ihm verbundenen Rechtswirkungen nicht eintreten lassen wollen, oder ob sie ein ernstlich gemeintes Rechtsgeschäft doch für notwendig erachten. Ein bei seinem Abschluss tatsächlich gewollter Vertrag wird nicht deshalb zum Scheingeschäft, weil der mit ihm bezweckte Erfolg in der gewählten Rechtsform nicht erreicht werden kann (BGH 20.7.2006 - IX ZR 226/03 - Rn. 11, NJW-RR 2006, 1555). Die Darlegungs- und Beweislast, dass ein nur dem äußeren Anschein nach bestehendes Rechtsverhältnis hervorgerufen werden sollte, liegt bei demjenigen, der sich auf die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts beruft (BAG 9.2.1995 - 2 AZR 389/94 - zu II 4 der Gründe, NZA 1996, 249).

50

(b) Vorliegend fehlt substantiierter Klägervortrag dazu, zwischen welchen Personen zu welchem Zweck wann welches andere als eine Arbeitsverhältnis für die Klägerin begründet worden sein mochte.

51

(aa) Nach dem nicht weiter in Abrede gestellte Beklagtenvorbringen, seit Beginn der Ehe (1972) unter wechselnden Tätigkeitsinhalten im Arbeitsverhältnis zur Insolvenzschuldnerin bzw. deren Rechtsvorgängerin gestanden zu haben, war von einem bereits lange bestehenden Rechtsverhältnis auszugehen. Dies hatte der Kläger weder in Abrede gestellt noch widerlegt, dass er den Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen vom 12. Juli 2007 in seinem Namen gegenzeichnete oder gegenzeichnen ließ, der immerhin bis auf das Datum der Eheschließung zurückreichte (Anlage K 7, dort Ziff. 3.8, Bl. 30 d.A.).

52

(bb) Der pauschale Beweisantritt unter Benennung dreier Zeugen für den Umstand, dass allein ein gegenleistungsfreier Lohnerhalt auf das Bestehen eines Scheinrechtsverhältnis hindeuten mochte (Schriftsatz 02.12.09, Bl. 46. d.A.), war unerheblich, weil dies auf eine Einvernahme über rechtliche Werturteile oder bloße Ausforschung hinauslief. Dem Beweis zugänglich sind allein Tatsachen, d.h. konkrete, nach Zeit und Raum bestimmte, der Vergangenheit oder der Gegenwart angehörende Geschehnisse oder Zustände (LAG Rheinland-Pfalz 16.8.2011 - 3 Sa 167/11 - zu A I 2 b aa der Gründe, NZA-RR 2012, 5), die der Kläger nicht weiter ausführte. Für einen allgemeinen Erfahrungssatz, dass Ehegattenarbeitsverhältnisse willensgemäß in jedem Trennungsfall automatisch in Scheingeschäfte zum Zweck der leistungsfreien Alimentation umschlagen sollen, fehlt jede verallgemeinerbare Tatsachenbasis.

53

(cc) Der Kläger konnte vor diesem Hintergrund nicht offen lassen, ob und ggf. seit wann welche trennungsbezogenen Unterhaltsansprüche seitens der Beklagten bestanden haben mochten und ggf. wie bedient oder nicht bedient wurden. Mit bloßem Nichtwissen, ob der Geschäftsführer Unterhalt gewährte, war der Darlegungslast des Klägers nicht genügt. Zudem war zu beachten, dass der Gesetzgeber im Rahmen der Regelungen zur Insolvenzanfechtung in § 143 i.V.m. §§ 130 ff. InsO von einer Umkehr der Beweislast gegenüber nahestehenden Personen gerade abgesehen hatte (HK-InsO/ Kreft § 143 Rn. 34).

54

(dd) Gegen ein Scheingeschäft sprach schlussendlich auch der Umstand, dass der Kläger selbst - und zwar noch nach Anhängigmachung des vorliegenden Anspruchs am 8. Juli 2009 und nach vorangegangener schriftlicher Erläuterung vom 20. Mai 2009 mithin in Kenntnis aller Umstände - mit Schreiben vom 19. März 2010 sämtliche Restlohnssummen aus 2007 an die Beklagte gezahlt hatte, ohne dabei irgendwelche Vorbehalte zu artikulieren (vgl. Bl. 122 d.A.). War damit für 2007 ein Rechtsgeschäft zumindest kraft Bestätigung i.S.d. § 141 BGB in Wirksamkeit erwachsen, ließ sich an der Tragfähigkeit der Rechtsgrundlage für die vorangegangene Zeit ebenfalls kaum ernsthaft zweifeln. Anderes konnte schließlich auch aus keiner irgendwie erläuterten oder nach außen kenntlich gemachten „Kanzleipraxis“ des Klägers folgen.

55

cc) Die Lohngewährung gegenüber der Beklagten war zwischen Januar 2005 und Dezember 2006 nicht gegenleistungsfrei erfolgt.

56

(1) Die Verbindlichkeiten der Insolvenzschuldnerin aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten betrafen Vergütungs- und Gratifikationsansprüche. Für Gratifikationen, die der Arbeitgeber im bestehenden Arbeitsverhältnis leistet, gilt generell, dass sie nicht unentgeltlich i.S.d. § 134 InsO erfolgen (Huber in Gottwald Insolvenzrechts-Handbuch § 49 Rn. 14). Soweit der Kläger daneben Lohnansprüche der Beklagten bezweifelte, gilt, dass zum Beleg von Vergütungsansprüchen regelmäßig ausreicht, wenn ein Arbeitnehmer darlegt, sich zur rechten Zeit am rechten Ort bereitgehalten zu haben, um die Arbeitsanweisungen seines Arbeitgebers zu befolgen - die konkret zu leistende Arbeit durch Weisungen zu bestimmen ist dann dessen Sache (§ 106 GewO) - (BAG 18.4.2012 - 5 AZR 248/11 - Rn. 14, NZA 2012, 998). Im insolvenzrechtlichen Anfechtungszusammenhang können an die sekundäre Darlegungslast von Arbeitnehmern keine höheren Anforderungen gestellt werden. Belegt der Arbeitnehmer sein ausreichendes Angebot ist es Sache des Anfechtenden das Gegenteil darzulegen und zu beweisen.

57

(2) Selbst wenn man das Klägervorbringen letztlich dahin auffassen wollte, die Beklagte habe nicht nur keine beim Arbeitgeber angekommenen Ergebnisse vorzuweisen, sondern auch keine ausreichenden Arbeitsleistungen angeboten, war die Beklagte dem spätestens in zweiter Instanz ausreichend entgegen getreten, indem sie nach Ort (zu Hause), Zeit (regelmäßig 40 Wochenstunden an 5 Tagen) und Inhalt (Recherchieren von Ausschreibungen, Vorstellung des Unternehmens gegenüber Architekten / Unternehmen etc. pp., sonstige Arbeiten und Korrespondenz, Bearbeitung der OP-Liste der Firma C. in St. J und Übertragung von Ausschreibungen und Fertigstellung von Ausschreibungsunterlagen) Leistungsangaben gemacht hatte. Den hiergegen gerichteten Vortrag konnte der Kläger nicht beweiskräftig widerlegen.

58

(3) Für das Ergebnis der Beweisaufnahme ist dabei gemäß § 286 Abs. 1 ZPO auszuführen, dass die klägerischen Zeugen weder explizit noch implizit ausschließen konnten, dass sich die Beklagte der Insolvenzschuldnerin zur Arbeit zur Verfügung gestellt und auf Zuweisung anforderungsgemäße Leistungen tatsächlich erbracht hatte. Im Gegenteil bekundeten teils Kläger- und durchgehen Beklagtenzeugen, dass tatsächlich und ordnungsgemäß gearbeitet worden war.

59

(a) Frau D. konnte die eine alleinige OP-Listenführung im Kundenbereich nur für den in B geführten Inhalt erläutern, worum den es nach dem Beklagtenvorbringen, OP-Listen für St. J erbracht zu haben, indes nicht weiter ging. Entgegen dem Klägervorbringen bestätigte sie ausdrücklich, dass nicht nur sie OP-Listen-Führerin war, sondern allein in B noch eine weitere Kraft vorhanden war. Sie erklärte zudem auch dass selbstständige Listenführungen des Weiteren in St. J, und zwar für die dortigen Firmen M und C., existierten. Dass die Beklagte zu denjenigen zählte, die dort OP-Listen bearbeiteten, schloss die Zeugin nicht aus, sondern ließ es explizit offen („wer dort was gemacht hat, weiß ich nicht“). Die Zeugin gab ihre Aussage flüssig und auf Nachfrage erklärend sowie widerspruchsfrei ab. Glaubwürdigkeitszweifel bestanden nicht.

60

(b) Auch Herr E. gab - und entgegen der Klägerbehauptung - an, keineswegs der einzige Ausschreibungs- und Angebotseinholer der Insolvenzschuldnerin gewesen zu sein, sondern sprach allein für den Standort B von zwei bis drei Kalkulatoren und weiteren am Standort „E“. Auszuschließen, dass die Beklagte zu den dort tätigen Sachbearbeitern gehörte, vermochte er - unter eindrucksvollem Andeuten der Masse von Ausschreibungen und Recherchen unter Aufheben der Hände - gerade nicht. Aus eigener Erfahrung schilderte er die zu leistende Arbeit auch als rein „händisch“ und von zu Hause aus ausführbar, was eine Bearbeitung in der beklagtenseits geschilderten Weise ohne Weiteres möglich erscheinen ließ. Auch dieser Zeuge machte seine Aussage bruchlos und auf Nachfrage illustrierend sowie widerspruchsfrei. Glaubwürdigkeitszweifel bestanden ebenfalls nicht.

61

(c) Weiter ließ auch Herr B. offen, wer bei der Insolvenzschuldnerin welche Recherchen betrieben haben sollte und wer nicht. Er verwies als Projektleiter in St. J - nachvollziehbar - auf die bereits fertig bei ihm angelangten Aufträge. Hinsichtlich der Begleitung von OP-Listen gab er indes - entgegen dem Klägervorbringen - an, mit der Beklagten wegen offener Posten aus Altfällen bisweilen zu tun gehabt zu haben, ohne dass er dies zeitlich näher abgrenzen und für die Jahre 2005 und 2006 ausschließen konnte. Die hierbei bekundeten Erinnerungslücken waren aufgrund des sechs- bis siebenjährigen Zeitabstands verständlich. Es gab auch sonst keinen Grund, an der Glaubhaftigkeit der Aussage oder der Glaubwürdigkeit des Zeugen zu zweifeln. Seine Einlassungen waren frei, auf Nachfrage klar stellend und in sich widerspruchsfrei gehalten.

62

(d) Auch Herr A. war als Beschäftigter der C. & Sohn GmbH in St. J nicht in der Lage Auskünfte über fehlende Beschäftigungslagen bei der Insolvenzschuldnerin zu geben. In Erläuterung der von Mitarbeitern für seinen Arbeitgeber - die C. & Sohn GmbH, St. J - erfüllten Aufgeben bezeichnete er statt dessen die Beklagte ausdrücklich und unter illustrierendem Hinweis auf faktische Verflechtungen im Geschäftslauf der Gesellschaften insgesamt als Sachbearbeiterin für Außenstände. Zudem verwies er auf externe Kräfte für die Angebotsbearbeitung und erinnerte sich auch an Ausführungen von B aus, ohne dabei die Beklagte in irgendeiner Weise auszuschließen. Weder Glaubwürdigkeitszweifel gegenüber dem Zeugen noch Glaubhaftigkeitszweifel an seiner Aussage ließen die Einlassung in Frage stehen.

63

(e) Darüber hinaus wurden vom Zeugen Herbert C. die Kerntätigkeiten der Beklagten nach Zuweisung und Durchführung für 2005 und 2006 bestätigt, und zwar sowohl im Hinblick auf den fraglichen Gesamtzeitraum, als auch den Ort und den wesentlichen Inhalt der Vornahmen. Hiernach war die Beklagte in Heimarbeit von ihm einerseits in die Realisierung von Außenständen der C. & Sohn GmbH sowie der M eingebunden gewesen, die einen erheblichen Wertumfang gehabt hatten, und hielt in schwierigen Fällen mit ihm (dem Zeugen) hierüber Rücksprache, so dass er an die Kunden selbst herantreten konnte. Zum anderen oblagen (so der Zeuge weiter) der Beklagten Recherche und Auswertung von Angebotsblättern, die mehrmals wöchentlich kamen und mehrstündigen sensiblem Aufwand erforderten. Auszuschließen, dass daneben nicht noch weitere Tätigkeiten anfielen, vermochte der Zeuge im Hinblick auf die lange Beschäftigungszeit der Beklagten ebenfalls nicht. Er verwies ergänzend etwa auf die Einbindung der Beklagten in Finanzierungsplanungen. Auch ohne nähere Kontrollen hegte der Zeuge insgesamt keinen Zweifel, dass die Beklagte ihre Arbeitszeiten in irgendeiner Form vernachlässigt haben sollte („ich musste ... nicht sagen, wann sie was zu tun hat“). Auch für die Kammer ergab sich aufgrund von Zahl, Umfang und Zeitaufwand für die Auswertung von Ausschreibungen, die erheblichen „Altlasten“ sowie die offenbar auf eingefahrenen Gleisen weiter vollzogenen Aufgabenfelder (wie etwa Finanzierungsplanungen) kein Anhalt für zeitliche Minderleistungen. Die Kammer hatte, da sich die Aussagen des Zeugen ohne weiteres in die der vorangehörten Zeugen fügte, auch keinen Grund eine parteinehmende oder begünstigende Einlassung anzunehmen. Schon Herr E. hatte die Massen von ausgewerteten Angebotsunterlagen angesprochen, die im Endwert der wöchentlich nötigen Angebotszahlen (40 bis 50) mit der des Zeugen (sechs Mitarbeiter mit 10 Angeboten) wesentlich übereinstimmte. Herrn B. hatte für seinen Dienst in St. J von Rückfragen der Beklagten zu „uralten“ offenen Posten gesprochen, was dem Geschäftsführerzeugnis entsprach. Allein wegen getrennten Lebens vermochte die Kammer auch nicht anzunehmen, dass die Jahrzehnte umfassende Aufbauarbeit für das Familienunternehmen schlagartig nicht mehr fortführbar war und eine professionelle Abwicklung des Arbeitsverhältnisses in der vom Zeugen geschilderten Art unwiederbringlich ausschloss. Die Kammer hielt den Zeugen mithin für glaubwürdig und seine Aussage zum Beleg des von ihm ihr gegenüber wahrgenommenen Direktionsrechts für glaubhaft.

64

(f) Frau C.-G. schließlich bestätigte ebenfalls die Bearbeitung von OP-Listen, die Auswertung von Ausschreibungen einschließlich nachfolgender Übertragungen und etwaigen Kundenakquisen nebst Recherchen im Internet. Aufgrund des geschilderten Umstand, dass sie der Beklagten Unterlagen persönlich überbrachte sowie kraft eigener Stellung in personalleitender Position war, musste die Zeugin in der Lage sein, aus eigener Wahrnehmung über die Arbeiten der Beklagten zu berichten. Die von ihr übereinstimmend mit Herrn Herbert C. und Herrn E. bekundete Masse von auszuwertenden Unterlagen für den betriebsnotwendigen Umsatz („... brauchte die Kalkulation großes Futter“), ließ trotz persönlicher Nähe der Zeugin zur Beklagtenpartei nicht am objektiven Einlassungswert zweifeln. Übereinstimmung bestand auch im Hinblick auf die OP-Listenführung zu den Darstellungen der Frau D.. Neben der Glaubhaftigkeit der Aussage stand auch die Glaubwürdigkeit der Zeugin - auch wegen ihres unbefangenen Auftretens - nicht in Frage.

65

(4) Die Kammer vermochte dem Kläger auch in der Bewertung von Indizien nicht zu folgen. Das Fehlen von Arbeitsergebnissen am Standort B ließ sich im Hinblick auf die für den Standort St. J geführten OP-Listen unschwer damit erklären, dass nach Bekundung der Zeugin Frau D. in B nur die dortige Liste war. Auch ergab sich hinsichtlich diverser Angebotsvorarbeiten schon aus der Masse und teilweisen Unergiebigkeit durchzuführender Arbeiten geradezu zwangsläufig, dass nur schwer nachvollziehbar sein konnte, ob wer wann welche Vorarbeit erbracht hatte. Die Schilderung des Projektleiters B., überlassene Aufträge nicht näher nach ihrer Entstehung erkannt zu haben, belegte die Untunlichkeit etwaiger Rückschlusserwägungen. Ähnliches mochte für weitere Zuarbeiten der Beklagten im Rahmen von Finanzplanungen o.ä. gelten, für die selbstverständliche Mitwirkungen aufgrund familiärer Abstimmungsstrukturen und betroffenen Persönlichkeitssphären (nachvollziehbar) ohne Kenntlichmachungen nach außen geblieben sein mochten. Auch das Fehlen des Beklagtennamens im Organigramm ließ sich zwanglos dieserart erklären. Organigramme tragen zudem keine generalisierbare Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit in sich. Dass Arbeiten von zuhause aus auch ohne besondere technische Vernetzung möglich waren, hatte Herr E. für sämtliche Angebotsvorbereitungen erläutert. Für die Führung von OP-Listen fehlte jeder Anhalt, die Dinge anders zu sehen, nachdem die Beklagte ihre Arbeit wie von Herrn Herbert C. und Frau C.-G. bekundet jahrzehntelang in Heimarbeit verrichtet hatte.

66

(5) Der Anspruch war damit in tatsächlicher Hinsicht nicht weiter belegt.

67

3. Der auf gerichtlichen Hinweis im Termin vom 24. August 2012 angebrachte Hilfsantrag war als echter Eventualantrag allein für den Fall der Begründetheit des Anspruchs gestellt. Er trug dem Umstand Rechnung, dass die Rechtsfolge der Anfechtung eine Rückgewähr entsprechend den Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung ausgelöst haben mochte (BGH 20.4. 2010 - IX ZR 163/09 - Rn. 7, NJW 2010, 2125), für die die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung Wertersatz als im Regelfall durch Nettolohnrückzahlung, Steuerbefreiung gegenüber dem Fiskus und Übertragung von Erstattungsansprüchen nach § 26 SGB IV geschuldet ansieht (BAG 9.4.2008 - 4 AZR 164/07 - Rn. 57, ZTR 2009, 95). Da der Anspruch vorliegend jedoch tatbestandlich schon nicht belegt war, fiel der Hilfsantrag nicht zur Entscheidung an.

B.

68

Die Kostenentscheidung ergab sich aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Eine Zulassung der Revision war nicht veranlasst, da es an Gründen hierzu i.S.d. § 72 Abs. 2 ArbGG fehlte.

(1) Anfechtbar ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden.

(2) Richtet sich die Leistung auf ein gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk geringen Werts, so ist sie nicht anfechtbar.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 5. Oktober 2011 - 11 Sa 112/11 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den am 30. September 2009 entstandenen Anspruch auf ein Retention Payment (künftig: Halteprämie), dessen Zahlung der Beklagte als Insolvenzverwalter in dem am 23. Januar 2009 beantragten und am 1. April 2009 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der Q AG (Schuldnerin) verweigert.

2

Die Klägerin war bei der Schuldnerin als leitende Angestellte und sog. Senior Director im kaufmännischen Bereich beschäftigt. Ihr Jahreszielgehalt lag zuletzt bei 116.600,00 Euro brutto. Sie führte bis zu 25 Arbeitnehmer und war unternehmensweit Ansprechpartnerin für alle Markt- und Wettbewerbsanalysen. Zu ihren Aufgaben gehörte die Marktforschung, die Entwicklung und Pflege von Markt- und Preismodellen, die Entwicklung und Pflege von Wettbewerbsanalysen, die Erstellung von Portfoliobewertungen und die Bilanz- und Kostenanalyse der Schuldnerin im Vergleich zu Wettbewerbern.

3

Im Verlauf der Kalenderjahre 2007 und 2008 geriet die Schuldnerin in finanzielle Schwierigkeiten, die - wie auch die Suche nach Investoren und Kreditgebern - ab Januar 2008 Gegenstand überregionaler Presseberichterstattung waren. Ihre Bemühungen, einen Investor zu finden, hatten keinen Erfolg. Eine angedachte Finanzhilfe der I AG, der Muttergesellschaft der Schuldnerin, konnte nicht realisiert werden. Auch Verhandlungen mit dem Freistaat Sachsen über eine Finanzhilfe von 300 Millionen Euro, die im Sommer 2008 mit Sondierungsgesprächen begonnen hatten, scheiterten am 21./22. Januar 2009. Während dieser Gespräche hatte die vom Freistaat Sachsen beauftragte P AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (P) in einem Gutachten zur Plausibilität der mittelfristigen Geschäftsplanung der Schuldnerin in ihrem Bericht vom 4. Dezember 2008 zusammenfassend festgestellt, dass „ein Engagement des Freistaates Sachsen … möglich, aber mit hohen Risiken behaftet“ sei.

4

Ab August/September 2008 ließ die Schuldnerin von externen Beratern in Zusammenarbeit mit einer internen Arbeitsgruppe („Rocky Project Group“) wöchentliche Liquiditätsberichte erstellen.

5

Die von der Schuldnerin beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft K AG verweigerte wegen mangelnder Fortführungsprognose und Existenzbedrohung der Schuldnerin das Testat des Jahresabschlusses zum 30. September 2008. In einem Schreiben an den Vorstand der Schuldnerin vom 14. Oktober 2008 wiesen die bestellten Prüfer nach § 321 Abs. 1 Satz 3 HGB auf eine Bestandsgefährdung des Unternehmens hin. Das Geschäftsergebnis des vierten Quartals und der Jahresabschluss wurden nicht mehr veröffentlicht.

6

Mit Schreiben vom 21. Oktober 2008 sagte die Schuldnerin der Klägerin eine Halteprämie zu, die in ihrer Summe etwa einem Jahresfixgehalt der Klägerin entsprach. Das Schreiben lautet auszugsweise:

        

„Sehr geehrte Frau …,

        

wir freuen uns, dass wir Ihnen zum 30. September 2009 einen einmaligen Betrag in Höhe von

        

81.600,00 € brutto

        

zusagen können. Die Auszahlung des Betrages setzt voraus, dass Sie zu diesem Zeitpunkt Ihr Arbeitsverhältnis mit der Q AG nicht von sich aus gekündigt haben. Die Auszahlung erfolgt mit der nächsten Gehaltsabrechnung.

        

An dieser Stelle möchten wir uns für die bisher erbrachte Leistung sehr herzlich bei Ihnen bedanken!

        

Wir setzen auch in Zukunft auf Ihre Unterstützung und Ihr Engagement, um unser Ziel zu erreichen, Q dauerhaft am Markt zu etablieren.

        

…“    

7

Die Schuldnerin sagte im Oktober 2008 einer Vielzahl von anderen Mitarbeitern Halteprämien in unterschiedlicher Höhe und mit unterschiedlichen Stichtagen zu.

8

Im Mai 2009 erhielt die Klägerin ein standardisiertes Schreiben der Personalabteilung mit einer Aufstellung der zur Insolvenztabelle anzumeldenden Forderungen. Die der Klägerin zugesagte Halteprämie war dort nicht genannt. Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis unter dem 27. Mai 2009 zum 31. August 2009. Die Klägerin kündigte das Arbeitsverhältnis bis zum 30. September 2009 ihrerseits nicht.

9

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, ihr müsse die zum 30. September 2009 zugesagte Halteprämie gezahlt werden.

10

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an sie 81.600,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. November 2009 zu zahlen.

11

Der Beklagte hat zur Begründung seines Klageabweisungsantrags vorgetragen, die erfolgreiche Sanierung und Fortführung des Geschäftsbetriebs der Schuldnerin sei Geschäftsgrundlage der Halteprämie gewesen. Jedenfalls sei die Vereinbarung über die Halteprämie nach § 134 BGB bzw. § 119 InsO unwirksam, weil sie das Recht des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis außerordentlich zu kündigen, beeinträchtige und sein Kündigungsrecht nach § 113 Satz 1 InsO beschränke. Die Vereinbarung unterliege schließlich der Anfechtung nach §§ 134 und 133 Abs. 1 InsO.

12

Der Beklagte hat den Streithelfern zu 1. und 2. mit Schriftsatz vom 1. Februar 2010 den Streit verkündet. Diese sind dem Rechtsstreit auf Beklagtenseite beigetreten.

13

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die zum Stichtag des 30. September 2009 zugesagte Halteprämie zu Unrecht als Insolvenzforderung eingeordnet. Ferner hat es rechtsfehlerhaft die Anfechtbarkeit des Anspruchs nach § 134 Abs. 1 InsO bejaht. Auf der Grundlage des bisher festgestellten Sachverhalts kann der Senat nicht entscheiden, ob der Anfechtungstatbestand des § 133 Abs. 1 InsO erfüllt ist. Dazu bedarf es noch weiterer Feststellungen des Landesarbeitsgerichts. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

15

A. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht die Klage als zulässig angesehen. Die Klägerin beruft sich darauf, dass die streitbefangene Halteprämie eine Masseverbindlichkeit sei. Sollte der Anspruch demgegenüber als Insolvenzforderung zu bewerten sein, führte dies nicht zur Unzulässigkeit, sondern zur Unbegründetheit der Klage (vgl. BAG 21. Februar 2013 - 6 AZR 406/11 - Rn. 17 f.).

16

B. Die Klägerin hat den Anspruch auf die zum 30. September 2009 zugesagte Halteprämie erworben.

17

I. Sie hat - soweit ersichtlich - auf das Schreiben vom 21. Oktober 2008 nicht reagiert. Insbesondere hat sie das darin liegende Angebot, eine Halteprämie zu den dargelegten Bedingungen zu zahlen, nicht ausdrücklich angenommen. Einer solchen ausdrücklichen Annahme bedurfte es jedoch nicht. Sie hat das Angebot einer Halteprämie nicht ausdrücklich abgelehnt. Darin liegt der erforderliche unzweideutige Annahmewille. Dadurch ist eine Vereinbarung über eine solche Prämie zu den Konditionen des Schreibens vom 21. Oktober 2008 nach § 151 Satz 1 BGB zustande gekommen, weil die Zusage einer Halteprämie für die Klägerin lediglich rechtlich vorteilhaft war(vgl. BGH 22. Juli 2010 - I ZR 194/08 - Rn. 23). Die Klägerin wurde dadurch nicht in ihrer Kündigungsfreiheit beeinträchtigt. Sie behielt die volle Wahlfreiheit, ob und wann sie das Risiko einer Insolvenz mit den sich daraus ergebenden nachteiligen Entgeltfolgen und dem drohenden Verlust des Arbeitsplatzes nicht länger eingehen, sondern die Verdienstchancen bei einem Arbeitsplatzwechsel der Halteprämie vorziehen wollte. Auf die Gegenleistung für schon erbrachte Arbeit musste sie bei einer Entscheidung, das Arbeitsverhältnis durch Kündigung zu beenden, nicht verzichten (vgl. BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 28, BAGE 140, 231).

18

II. Die Vereinbarung über die Halteprämie ist wirksam.

19

1. Der Beklagte nimmt zu Unrecht an, dass die Vereinbarung gemäß § 134 BGB bzw. § 119 InsO nichtig sei, weil sie das Recht der Schuldnerin bzw. des Beklagten zur außerordentlichen Kündigung unzulässig beschränke.

20

a) Die Vereinbarung aufgrund des Vertragsangebots vom 21. Oktober 2008 ist nicht gemäß § 134 BGB nichtig. Zwar darf die Ausübung des Kündigungsrechts nicht durch die Verpflichtung zur Zahlung einer Abfindung, die auch dann zu zahlen ist, wenn der Gekündigte selbst den Kündigungsgrund schuldhaft gesetzt hat, unzumutbar erschwert werden (vgl. BAG 8. August 1963 - 5 AZR 395/62 - zu I 2 der Gründe, BAGE 14, 294; BGH 17. März 2008 - II ZR 239/06 - Rn. 16; 3. Juli 2000 - II ZR 282/98 - zu 2 der Gründe; für eine Vertragsstrafe bereits RG 15. Februar 1911 - I 387/10 - RGZ 75, 234, 238; Bötticher Anm. AP BGB § 626 Kündigungserschwerung Nr. 2). Eine nach diesen Maßstäben unzumutbare Kündigungserschwerung für die Schuldnerin oder den Beklagten enthielt die Regelung aufgrund der Zusage vom 21. Oktober 2008 jedoch nicht. Der Anspruch auf die Halteprämie setzte allein voraus, dass die Klägerin bis zu dem im Schreiben vom 21. Oktober 2008 genannten Stichtag des 30. September 2009 keine Eigenkündigung erklärt hatte. Die Halteprämie war zu zahlen, sofern die Klägerin bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Arbeitgeberkündigung betriebstreu blieb (BAG 14. November 2012 - 10 AZR 3/12 - Rn. 33). Es hing allein vom Willen der Klägerin ab, ob die Halteprämie zu zahlen war. Die Schuldnerin oder der Beklagte konnte das Entstehen des Anspruchs auf die Halteprämie durch ihr bzw. sein eigenes Verhalten nicht verhindern. Kündigte die Klägerin nicht, entstand der Anspruch auf die Halteprämie unabhängig davon, ob die Schuldnerin oder der Beklagte (außerordentlich) kündigte oder eine solche Erklärung unterließ. Ihre Entschließungsfreiheit, das Arbeitsverhältnis außerordentlich zu beenden, wurde durch die Halteprämie nicht beeinträchtigt.

21

b) Entgegen der Annahme des Beklagten ist die Vereinbarung auch nicht gemäß § 119 InsO unwirksam. Diese Bestimmung stellt sicher, dass gegenseitige Verträge in der Insolvenz nach der Systematik der §§ 103 bis 118 InsO abgewickelt werden(MünchKommInso/Huber 2. Aufl. § 119 Rn. 2; Uhlenbruck/Sinz 13. Aufl. § 119 InsO Rn. 1). Anders als insolvenzabhängige Lösungsklauseln (dazu BGH 15. November 2012 - IX ZR 169/11 - Rn. 13 ff., BGHZ 195, 348) griff die Vereinbarung aufgrund der Zusage vom 21. Oktober 2008 in die Gestaltungsrechte des Beklagten nach §§ 103 ff. InsO nicht ein. Sie beschränkte insbesondere sein Kündigungsrecht rechtlich nicht und beeinträchtigte, wie ausgeführt, seine Entschließungsfreiheit nicht, weil eine Kündigung des Beklagten den Anspruch auf die Halteprämie nicht auslöste. Für die vorliegende Konstellation sieht die Insolvenzordnung allein die Anfechtungsrechte der §§ 130 ff. InsO vor.

22

2. Auch die Kündigungsfreiheit der Klägerin wurde durch die Vereinbarung über die Halteprämie nicht unzulässig beeinträchtigt. Es kann daher dahinstehen, ob die Vereinbarung insgesamt gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam wäre, wenn sie eine unangemessene Benachteiligung der Klägerin iSv. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB enthielte, weil sie ohne eine Bindung der Klägerin bis zu dem genannten Stichtag sinnentleert wäre.

23

a) Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, ob es sich bei den im Schreiben vom 21. Oktober 2008 enthaltenen Bestimmungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt. Das ist jedoch offenkundig iSv. § 291 ZPO. Von einer Verwendungsabsicht für eine Vielzahl von Verträgen iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB ist auszugehen, wenn ein Text in mindestens drei Fällen zur Grundlage von Vertragsbedingungen gemacht wird(BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 14, BAGE 140, 231). Es ist ohne besondere Fachkunde allein anhand allgemein zugänglicher, zuverlässiger Quellen (vgl. BAG 23. August 2011 - 3 AZR 650/09 - Rn. 53, BAGE 139, 69) festzustellen, dass die Schuldnerin im Oktober 2008 vergleichbare Prämien in deutlich mehr als drei Fällen zugesagt hat. Die einschlägigen Entscheidungen, insbesondere des Landesarbeitsgerichts München, können über eine Recherche mit Hilfe allgemein gebräuchlicher Suchmaschinen oder direkt auf der Homepage des Landesarbeitsgerichts München ohne Weiteres ermittelt werden.

24

b) Sieht eine Allgemeine Geschäftsbedingung eine Bindungsklausel vor, die den Anspruch auf eine Sonderzahlung, die jedenfalls auch Vergütung bereits erbrachter Arbeitsleistung ist, daran knüpft, dass das Arbeitsverhältnis zu einem Zeitpunkt außerhalb des Bezugszeitraums, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde, fortbesteht, ist die Klausel nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Eine solche Klausel steht im Widerspruch zum Grundgedanken des § 611 Abs. 1 BGB, weil sie dem Arbeitnehmer bereits erarbeitetes Entgelt entzieht. Sie verkürzt außerdem in nicht zu rechtfertigender Weise die nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit des Arbeitnehmers, indem sie die Ausübung seines Kündigungsrechts unzulässig erschwert. Seine entgegenstehende Rechtsprechung (BAG 28. März 2007 - 10 AZR 261/06 - Rn. 18) hat der Zehnte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgegeben (BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 22, 27 f., BAGE 140, 231; im Anschluss an BAG 5. Juli 2011 - 1 AZR 94/10 - Rn. 28, 39, 43; 7. Juni 2011 - 1 AZR 807/09 - Rn. 34).

25

Entgegen einer im Schrifttum vertretenen Ansicht (Mückl ZIP 2012, 1642, 1644 zu Fn. 17) steht diese Rechtsprechung nicht im Widerspruch zu der Entscheidung des Senats vom 7. Dezember 1989 (- 6 AZR 324/88 - zu II 2 b und II 3 c der Gründe, BAGE 63, 385). Diese Entscheidung betraf eine tarifliche Sonderzahlung. Einer AGB-Kontrolle unterliegen Tarifnormen gemäß § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB nicht. Ebenso wenig sind sie einer Kontrolle unmittelbar am Maßstab von Art. 12 Abs. 1 GG zu unterziehen. Außerhalb von Verstößen gegen Art. 3 und Art. 6 GG sind Tarifnormen nur darauf zu überprüfen, ob sie gegen elementare Gerechtigkeitsanforderungen aus den Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1 GG verstoßen(BAG 28. Mai 2009 - 6 AZR 144/08 - Rn. 29 f.).

26

c) Dem Arbeitgeber ist es dagegen durch § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht verwehrt, Betriebstreue zu honorieren, so einen finanziellen Anreiz für den Verbleib im Arbeitsverhältnis zu setzen und dem Arbeitnehmer deutlich zu machen, welchen Wert für ihn dessen Verbleib im Arbeitsverhältnis und damit der Bestand des Arbeitsverhältnisses als solcher darstellt(vgl. BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 28, BAGE 140, 231; 18. Januar 2012 - 10 AZR 667/10 - Rn. 13, BAGE 140, 239; kritisch Mückl ZIP 2012, 1642, 1644, der diese Unterscheidung als gekünstelt bezeichnet).

27

d) Nach diesen Grundsätzen steht § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB der Wirksamkeit der Vereinbarung einer Halteprämie nicht entgegen. Die Klägerin sollte nach dem Verbleib im Arbeitsverhältnis für etwas mehr als elf Monate rund ein garantiertes Jahresgehalt als Halteprämie erhalten. Dies beeinträchtigte sie, wie ausgeführt, in ihrer Kündigungsfreiheit nicht. Ungeachtet ihrer Höhe war die Prämie auch kein (verkapptes) Arbeitsentgelt, sondern sollte vor dem Hintergrund der schwierigen wirtschaftlichen Situation der Schuldnerin einen Anreiz für die Klägerin schaffen, ihr Kündigungsrecht trotz der finanziellen Schwierigkeiten der Schuldnerin nicht auszuüben und betriebstreu zu bleiben, also ihre Betriebstreue honorieren. Die Halteprämie wurde für den bloßen Verbleib der Klägerin im Arbeitsverhältnis zugesagt (vgl. BAG 14. November 2012 - 10 AZR 3/12 - Rn. 32 für eine von der Schuldnerin erteilte Zusage einer Halteprämie, die sich nur in der Höhe von der vorliegenden unterschied). Der Anspruch war nicht an den ungekündigten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gebunden. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Beklagten zum 31. August 2009 hinderte das Entstehen des Anspruchs auf die Halteprämie daher nicht.

28

III. Die Klägerin kündigte das Arbeitsverhältnis bis zum 30. September 2009 ihrerseits nicht.

29

IV. Das Landesarbeitsgericht hat mit zutreffenden Erwägungen angenommen, dass die Halteprämie nicht nur für den Fall einer erfolgreichen Restrukturierung zugesagt worden ist, so dass die Insolvenzeröffnung nicht zum Wegfall der Geschäftsgrundlage iSd. § 313 Abs. 1 BGB geführt habe.

30

C. Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, ob infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin am 1. April 2009 der am 30. September 2009 entstandene Anspruch der Klägerin nicht durchsetzbar ist.

31

I. Die Revision rügt mit Erfolg, das Landesarbeitsgericht habe den zum 30. September 2009 entstandenen Anspruch auf die Halteprämie rechtsirrig als Insolvenzforderung iSv. §§ 38, 108 Abs. 3 InsO und nicht als Masseverbindlichkeit iSv. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO angesehen. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO unterfallen ua. die Ansprüche, die sich aus dem bloßen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses ergeben. Dazu gehört auch die streitbefangene Halteprämie. Ein Widerspruch zwischen der insolvenzrechtlichen Einordnung der Halteprämie als Masseverbindlichkeit und der insolvenzrechtlichen Behandlung bedingter Forderungen, insbesondere aufschiebend bedingter Abfindungsansprüche, bei denen es sich um Insolvenzforderungen handelt, besteht nicht. Der Anspruch auf die Prämie entstand im Rahmen des nach § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO weiterbestehenden Arbeitsverhältnisses als Dauerschuldverhältnis am vereinbarten Stichtag nur, wenn die Klägerin bis dahin nicht gekündigt hatte und insoweit die verlangte Betriebstreue erwiesen hatte. Damit war der Anspruch auf die Halteprämie abhängig vom Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, dh. eines auf den Austausch von Leistung und Gegenleistung gerichteten Dauerschuldverhältnisses, und stand jedenfalls in einem weiten Sinn im Synallagma. Dieses zumindest teilweise synallagmatische Verhältnis bedingt die insolvenzrechtliche Einordnung der Halteprämie als Masseverbindlichkeit iSv. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO.

32

1. Die Einordnung eines Entgeltanspruchs als Masseverbindlichkeit iSd. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO setzt voraus, dass eine Leistung mit Entgeltcharakter vorliegt. Das folgt aus dem Zweck der Vorschrift, die sicherstellt, dass der Gläubiger, der noch voll zur Masse leisten muss, auch die volle vereinbarte Gegenleistung erhält und nicht die Masse auf seine Kosten bereichert wird (BAG 14. November 2012 - 10 AZR 3/12 - Rn. 17), sowie aus dem systematischen Zusammenhang des § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO mit § 108 Abs. 3 InsO. Eine tatsächliche Arbeitsleistung ist dabei nicht zwingend erforderlich (BAG 19. Juli 2007 - 6 AZR 1087/06 - Rn. 19, BAGE 123, 269). Darüber hinaus muss der geltend gemachte Anspruch erst nach Verfahrenseröffnung entstanden sein (BAG 19. Januar 2006 - 6 AZR 529/04 - Rn. 18, BAGE 117, 1). Voraussetzung für die Anerkennung als Masseverbindlichkeit ist demnach grundsätzlich, dass der Anspruch in einem zumindest teilweise synallagmatischen Verhältnis zu der erbrachten Arbeitsleistung steht. Es muss im weitesten Sinne Entgelt „für die Zeit“ nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschuldet sein. Es genügt nicht, dass die Forderung erst nach Eröffnung des Verfahrens fällig wird, also erst „in der Zeit“ nach Verfahrenseröffnung erfüllt werden muss (BAG 21. Februar 2013 - 6 AZR 406/11 - Rn. 28 f.). Auch Leistungen, die nur vom Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Stichtag abhängen, können danach Masseverbindlichkeiten sein (vgl. BAG 27. September 2007 - 6 AZR 975/06 - Rn. 20, BAGE 124, 150).

33

2. Nach diesen Grundsätzen war die streitbefangene Halteprämie eine Masseverbindlichkeit iSd. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO. Ob Sonderleistungen, dh. Zuwendungen zum laufenden Arbeitsentgelt (MünchKommInso/Hefermehl 3. Aufl. § 55 Rn. 180), als Insolvenzforderungen oder Masseverbindlichkeiten einzuordnen sind, hängt vom Zweck der Leistungen ab (BAG 27. September 2007 - 6 AZR 975/06 - Rn. 19, BAGE 124, 150). Die Halteprämie sollte stichtagsbezogen die erwiesene Betriebstreue honorieren. Das bedingte ihre insolvenzrechtliche Einordnung als Masseverbindlichkeit.

34

a) Allerdings war die von der Klägerin begehrte Halteprämie wegen der Anknüpfung an den Bestand des Arbeitsverhältnisses bis zu einem Stichtag auflösend bedingt (vgl. für die st. Rspr. bei Gratifikationen BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 27, BAGE 140, 231). Die sofort mit der Annahme des unter dem 21. Oktober 2008 abgegebenen Angebots wirksam gewordene Zahlungsverpflichtung der Schuldnerin sollte nur entfallen, wenn die Klägerin vor den Stichtagen das Arbeitsverhältnis kündigte. Bei einer solchen Bedingung tritt die Rechtsänderung gemäß § 158 Abs. 2 BGB sofort ein(BAG 19. Januar 2006 - 6 AZR 529/04 - Rn. 26, BAGE 117, 1). Das Rechtsgeschäft zeitigt zunächst uneingeschränkte Rechtswirkungen und begründet Verpflichtungen der Parteien (vgl. BAG 6. Mai 2009 - 10 AZR 390/08 - Rn. 38).

35

aa) Ist der anspruchsbegründende Tatbestand schon vor Verfahrenseröffnung abgeschlossen, liegt eine Insolvenzforderung iSd. § 38 InsO auch dann vor, wenn sich eine Forderung des Gläubigers daraus erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ergibt(BGH 19. Januar 2012 - IX ZR 2/11 - Rn. 15, BGHZ 192, 221). Aufschiebend bedingte Forderungen sind danach auch dann Insolvenzforderungen, wenn die Bedingung erst nach Verfahrenseröffnung eintritt, weil der Rechtsgrund für sie schon vor der Eröffnung gelegt worden ist (BAG 27. April 2006 - 6 AZR 364/05 - Rn. 15, BAGE 118, 115). Das aufschiebend bedingte Rechtsgeschäft ist tatbestandlich mit seiner Vornahme vollendet. Seine Wirksamkeit tritt mit dem Bedingungsfall ipso iure ein (BGH 21. September 1994 - VIII ZR 257/93 - zu II 1 c der Gründe, BGHZ 127, 129). Eine Abfindung, die aufgrund einer Abfindungsklausel im Fall einer betriebsbedingten Kündigung des Arbeitgebers gezahlt wird, ist deshalb auch dann als Insolvenzforderung einzuordnen, wenn die Klausel vor Insolvenzeröffnung noch vom Schuldner vereinbart worden ist und der Anspruch auf eine solche Abfindung erst durch die Kündigung des Insolvenzverwalters ausgelöst wird (BAG 27. September 2007 - 6 AZR 975/06 - Rn. 21, BAGE 124, 150; 27. April 2006 - 6 AZR 364/05 - Rn. 15 f., aaO).

36

bb) Auflösend bedingte Forderungen, die schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestanden, sind Insolvenzforderungen (vgl. Uhlenbruck/Sinz 13. Aufl. § 38 InsO Rn. 33). Sie werden gemäß § 42 InsO wie unbedingte Insolvenzforderungen behandelt, solange die Bedingung nicht eingetreten ist(MünchKommInso/Ehricke 3. Aufl. § 38 Rn. 17). Bis zum Eintritt der Bedingung erhält der Gläubiger einer solchen Forderung die volle Quote (Bitter NZI 2000, 399, 400).

37

b) Bei Dauerschuldverhältnissen, die wie das Arbeitsverhältnis gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 InsO zulasten der Masse zumindest zunächst fortbestehen, ist jedoch danach zu unterscheiden, ob der Anspruch allein aus einem vor Verfahrenseröffnung begründeten „Stammrecht“ resultiert oder ob es sich um nach der Eröffnung des Verfahrens neu entstehende (Einzel-)Forderungen handelt, deren Anspruchsvoraussetzungen daran gebunden sind, dass der Arbeitnehmer eine Leistung „für“ die Masse erbringt, und sei es auch nur - wie im vorliegenden Fall - in Form von weiter erwiesener Betriebstreue. Im ersten Fall sind die aus dem Stammrecht erwachsenden Ansprüche auch dann Insolvenzforderungen, wenn sie erst in der Zeit nach Insolvenzeröffnung fällig werden. Im letzteren Fall sind dagegen die nach Insolvenzeröffnung entstehenden Forderungen Masseverbindlichkeiten bzw. gegen den Schuldner gerichtete Neuverbindlichkeiten (Uhlenbruck/Sinz 13. Aufl. § 38 InsO Rn. 58). Das gilt auch für (einzelne) Forderungen aus dem einheitlichen Arbeitsverhältnis, die (auflösend) bedingt sind (vgl. BAG 27. April 2006 - 6 AZR 364/05 - Rn. 15, BAGE 118, 115; vgl. allgemein zur insolvenzrechtlichen Einordnung von stichtagsbezogenen Sonderzuwendungen BAG 14. November 2012 - 10 AZR 3/12 - Rn. 20).

38

c) Entgegen der Ansicht der Revision ist der Entscheidung des Senats vom 27. September 2007 (- 6 AZR 975/06 - BAGE 124, 150) keine andere Wertung zu entnehmen. Der Senat hat in dieser Entscheidung die im Rahmen eines Altersteilzeitverhältnisses vor der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu zahlenden monatlichen Raten allein deshalb als Abfindungszahlung und damit als Insolvenzforderung eingeordnet, weil dieser Anspruch kein Entgelt, sondern die Gegenleistung für die Zustimmung des Arbeitnehmers zur vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Altersteilzeitvertrag war. Mit der durch die Vereinbarung aufgrund des Angebots vom 21. Oktober 2008 zugesagten Halteprämie sollte der Klägerin, anders als der Beklagte annimmt, keine Abfindung gewährt werden. Die Zahlung war nicht für den Verlust des Arbeitsplatzes, sondern für den Verbleib im Arbeitsverhältnis zugesagt (vgl. Mückl ZIP 2012, 1642, 1646). Auch der Hinweis des Beklagten auf die Einordnung des Abfindungsanspruchs nach § 1a KSchG als Insolvenzforderung trägt nicht. Die Abfindung nach § 1a KSchG entspricht ihrem Charakter nach einer einzelvertraglich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer für die Hinnahme der Kündigung vereinbarten Abfindung(BAG 16. Dezember 2010 - 6 AZR 423/09 - Rn. 19). Eine solche Abfindung ist nicht zugesagt worden.

39

d) Nach diesen Grundsätzen stand der Umstand, dass die Halteprämie durch eine Kündigung der Klägerin auflösend bedingt war, der Einordnung der Prämie als Masseverbindlichkeit nicht entgegen.

40

aa) Die Schuldnerin schuldete die Halteprämie erst, wenn die Klägerin bis zu dem in der Vereinbarung aufgrund der Zusage vom 21. Oktober 2008 genannten Stichtag des 30. September 2009 keine Eigenkündigung erklärt hatte. Die Prämie war als Gegenleistung für die angestrebte Betriebstreue der Klägerin zugesagt. Die Zusage dieser Prämie sollte den Wert abbilden, den der bloße Bestand des Arbeitsverhältnisses für die Schuldnerin hatte (vgl. BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 612/10 - Rn. 28, BAGE 140, 231). Einzige Voraussetzung des Anspruchs war, dass die Klägerin das Arbeitsverhältnis bis zu dem zeitlich nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens liegenden Stichtag des 30. September 2009 nicht kündigte und in vollem Umfang die geschuldete Betriebstreue erwies. Die Klägerin hatte diese als Voraussetzung für den Anspruch auf die Halteprämie geforderte Betriebstreue im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht voll geleistet. Der Anspruch hing nicht nur vom reinen Zeitablauf ab, sondern entstand nach seiner Zwecksetzung nur dann am 30. September 2009, wenn die Klägerin bis zu diesem Stichtag und damit „für“ die Zeit nach Insolvenzeröffnung uneingeschränkt betriebstreu blieb (vgl. Lohmann Anm. NZI 2013, 359, 360; MünchKommInso/Hefermehl 3. Aufl. § 55 Rn. 182). Der Gegenwert für den erst am 30. September 2009 entstehenden Anspruch war weder bereits bei Zugang des Schreibens vom 21. Oktober 2008 noch zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. April 2009, sondern erst am Stichtag des 30. September 2009 erbracht. Der an diesem Stichtag entstehende Anspruch auf die Halteprämie war das Äquivalent für die geleistete Betriebstreue im Rahmen des nach Insolvenzeröffnung für die Masse fortgesetzten Arbeitsverhältnisses (vgl. zu diesen Abgrenzungskriterien MünchKommInso/Ehricke 3. Aufl. § 38 Rn. 19 ff.; Henckel in Jaeger InsO § 38 Rn. 158; Uhlenbruck/Sinz 13. Aufl. § 38 InsO Rn. 58).

41

bb) Die Klägerin erfüllte hinsichtlich des streitbefangenen Anspruchs die verlangte Leistung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens voll zur Masse. Als dafür geschuldete Gegenleistung erwarb sie gegen die Masse den Anspruch auf die Halteprämie. Der am Stichtag 30. September 2009 entstandene, nicht ratierlich verdiente Anspruch war deshalb insolvenzrechtlich dem Zeitraum zuzurechnen, in den der Stichtag fiel. Er war in vollem Umfang Masseverbindlichkeit iSv. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO (vgl. Lohmann Anm. NZI 2013, 359, 360; MünchKommInso/Hefermehl 3. Aufl. § 55 Rn. 180, 182; Uhlenbruck/Sinz 13. Aufl. § 55 InsO Rn. 67; Mückl ZIP 2012, 1642, 1645 f.).

42

cc) Soweit der Beklagte geltend macht, es sei den Vertragsparteien jedenfalls ganz überwiegend darauf angekommen, vor Insolvenzantragstellung liegende Arbeitsleistungen für den Insolvenzfall zu sichern, weswegen der Stichtag von der Schuldnerin so gewählt worden sei, dass er nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gelegen habe, wird dies der Vereinbarung nicht gerecht. Durch sie ist ein Anreiz für die Klägerin geschaffen worden, ihr Kündigungsrecht trotz der schwierigen finanziellen Lage der Schuldnerin nicht auszuüben und betriebstreu zu bleiben. Wenn der Beklagte anführt, mit der Stellung des Insolvenzantrags sei das Thema (gemeint sein dürfte: Sanierungsbeitrag der Klägerin) „vom Tisch“ gewesen, berücksichtigt er nicht, dass gerade auch bei der Suche nach einem Investor der Verbleib von Know-how-Trägern sinnvoll sein kann. Zudem sind diese Behauptungen ohne Tatsachensubstanz.

43

II. Ob dem Anspruch der Klägerin die Einrede der Anfechtbarkeit entgegensteht, die gemäß § 146 Abs. 2 InsO unverjährbar ist(vgl. Karsten Schmidt/Büteröwe 18. Aufl. § 146 InsO Rn. 14), kann der Senat nicht abschließend entscheiden.

44

1. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die Erhebung der Einrede nicht rechtsmissbräuchlich. Der Beklagte ist als Insolvenzverwalter gesetzlich verpflichtet, Anfechtungsrechten zugunsten der Gläubiger nachzugehen. Die Anfechtung wäre deshalb nur ausgeschlossen, wenn der Beklagte als vorläufiger Verwalter mit Zustimmungsvorbehalt durch sein Handeln einen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand gesetzt hätte und die Klägerin nach Treu und Glauben damit rechnen durfte, ein nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr entziehbares Recht erhalten zu haben (BGH 25. April 2013 - IX ZR 235/12 - Rn. 36). Das ist nicht der Fall. In der im Mai 2009 übersandten Aufstellung der zur Insolvenztabelle anzumeldenden Forderungen war der Anspruch der Klägerin auf die Halteprämie nicht aufgeführt. Sie konnte demnach keine inhaltlichen Aussagen dazu enthalten, ob diese Forderung zur Tabelle anerkannt werde, noch insbesondere zur Berechtigung der streitbefangenen Masseforderung.

45

2. Rechtshandlungen, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind, können nach Maßgabe der §§ 130 bis 146 InsO vom Insolvenzverwalter angefochten werden, § 129 InsO. Anfechtbare Rechtshandlung ist hier die nach § 151 Satz 1 BGB durch Annahme des Angebots vom 21. Oktober 2008 geschlossene Vereinbarung der Halteprämie. Diese Vereinbarung verschaffte der Klägerin bereits eine gesicherte Rechtsstellung iSd. § 140 Abs. 1 InsO. Der darin zugesagte Anspruch konnte der Klägerin von der Schuldnerin nicht mehr einseitig entzogen werden. Ob die Anspruchsvoraussetzungen eintraten, hing nicht von der freien Entscheidung der Schuldnerin ab (BGH 11. Dezember 2008 - IX ZR 194/07 - Rn. 12). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung, ob Anfechtungstatbestände vorliegen, ist demnach der Zugang des Schreibens der Schuldnerin vom 21. Oktober 2008.

46

3. Die Zusage der Halteprämie benachteiligte die Insolvenzgläubiger iSd. § 129 Abs. 1 InsO. Sie verkürzte das Vermögen der Schuldnerin, indem ihre in der Insolvenz zu befriedigenden Verbindlichkeiten vermehrt wurden. Durch die Begründung einer in der später eingetretenen Insolvenz der Schuldnerin als Masseverbindlichkeit zu befriedigenden Verbindlichkeit verringerte sich die Quote der Gesamtheit der Insolvenzgläubiger und damit deren Befriedigungsmöglichkeit im Insolvenzverfahren (BGH 8. November 2012 - IX ZR 77/11 - Rn. 18). Dies führte jedenfalls zu einer für die Anfechtungstatbestände der § 134 Abs. 1 und § 133 Abs. 1 InsO ausreichenden mittelbaren objektiven Gläubigerbenachteiligung. Hypothetische Kausalverläufe, die ebenfalls zu einer Benachteiligung der Insolvenzmasse geführt hätten, sind grundsätzlich nicht berücksichtigungsfähig (BGH 25. April 2013 - IX ZR 235/12 - Rn. 40). Deshalb ist es unerheblich, ob die Klägerin ohne Halteprämie gekündigt hätte und durch teure externe Berater hätte ersetzt werden müssen.

47

4. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerhaft den Anfechtungstatbestand des § 134 Abs. 1 InsO bejaht. Danach ist eine unentgeltliche Leistung anfechtbar, wenn sie in den letzten vier Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen wurde.

48

a) Die innerhalb von vier Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom 23. Januar 2009 erteilte Zusage vom 21. Oktober 2008 ist eine Leistung iSv. § 134 Abs. 1 InsO. Der Begriff ist weit zu verstehen und umfasst alle Rechtsgeschäfte, unabhängig davon, ob sie verpflichtender oder verfügender Natur sind. Ihm unterfällt auch der Abschluss von Verträgen mit der Übernahme von Leistungspflichten durch den Schuldner (vgl. BGH 26. April 2012 - IX ZR 146/11 - Rn. 38).

49

b) Die Zusage der Halteprämie ist keine unentgeltliche Leistung iSv. § 134 Abs. 1 InsO.

50

aa) Unentgeltlich ist eine Leistung im Zwei-Personen-Verhältnis, wenn ihr nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts keine Leistung gegenübersteht, dem Leistenden also keine Gegenleistung zufließen soll, die dem aufgegebenen Vermögenswert oder der eingegangenen Verpflichtung entspricht (vgl. BGH 26. April 2012 - IX ZR 146/11 - Rn. 40; 19. November 2009 - IX ZR 9/08 - Rn. 8). Entgeltlich ist eine Leistung, wenn der Schuldner für seine Leistung etwas erhält, was objektiv ein Ausgleich für seine Leistung ist oder das jedenfalls subjektiv nach dem Willen der Beteiligten sein soll (vgl. BGH 21. Januar 1999 - IX ZR 429/97 - zu I 1 b der Gründe; 29. November 1990 - IX ZR 29/90 - zu II 2 b der Gründe, BGHZ 113, 98; Gehrlein WM Sonderbeil. Nr. 1/2009 S. 40, 46). Das ausgleichende Entgelt muss keine Gegenleistung iSd. §§ 320 ff. BGB sein. Vielmehr genügt jeder entsprechend werthaltige Vermögensvorteil, den der Schuldner durch die Rechtshandlung erlangt (vgl. MünchKommInsO/Kirchhof 2. Aufl. § 134 Rn. 17a). Einseitige Vorstellungen des Schuldners über mögliche wirtschaftliche Vorteile, die nicht in rechtlicher Abhängigkeit zu seiner Zuwendung stehen, können Entgeltlichkeit jedoch nicht begründen (vgl. Uhlenbruck/Hirte 13. Aufl. § 134 InsO Rn. 27). Der gläubigerschützende Zweck der Vorschrift verlangt eine weite Auslegung des Begriffs der Unentgeltlichkeit (vgl. BGH 26. April 2012 - IX ZR 146/11 - Rn. 37).

51

bb) Ob für die Leistung des Schuldners ein Gegenwert in dessen Vermögen geflossen ist bzw. fließen soll, bestimmt sich in erster Linie nach dem objektiven Sachverhalt (vgl. BGH 21. Januar 1999 - IX ZR 429/97  - zu I 1 b der Gründe). Sonst könnten die Beteiligten allein dadurch, dass sie in ihren rechtsgeschäftlichen Erklärungen einer für den Schuldner objektiv wertlosen Leistung einen subjektiven Wert beimessen, den vom Gesetz beabsichtigten Gläubigerschutz vereiteln. Erst wenn feststeht, dass dem Schuldner objektiv betrachtet ein Gegenwert für seine Zuwendung zugeflossen oder versprochen worden ist, besteht Anlass zu der Prüfung, ob die Beteiligten die erbrachte oder versprochene Gegenleistung als Entgelt angesehen haben oder mit der Leistung des Schuldners Freigebigkeit bezweckt war (vgl. BGH 28. Februar 1991 - IX ZR 74/90 - zu 2 b bb der Gründe, BGHZ 113, 393; Gehrlein WM Sonderbeil. Nr. 1/2009 S. 40, 48).

52

cc) Der Insolvenzschuldnerin bzw. dem Beklagten floss eine objektiv werthaltige Gegenleistung für die Zusage der Halteprämie zu.

53

(1) § 134 Abs. 1 InsO ist von dem Gedanken getragen, dass der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung weniger schutzwürdig ist als ein Gläubiger, dessen Forderung ein entgeltliches Geschäft zugrunde liegt.

54

(2) Die Klägerin erbrachte jedoch eine Gegenleistung für die Zusage der Halteprämie.

55

(a) Diese Gegenleistung ist nicht die Arbeitsleistung, die die Klägerin nach der Zusage vom 21. Oktober 2008 erbrachte. Die Arbeit wurde ausschließlich zu dem Zweck geleistet, den Arbeitsvertrag zu erfüllen.

56

(b) Der Insolvenzschuldnerin bzw. später dem Beklagten kam aber die von der Klägerin geleistete Betriebstreue zugute.

57

(aa) Die Betriebstreue ist eine objektiv werthaltige Gegenleistung für die zugesagte Halteprämie. In einer wirtschaftlichen Krisensituation kann es von entscheidender Bedeutung für die Fortentwicklung eines Unternehmens sein, wenn Führungskräfte oder sonstige Leistungsträger im Unternehmen bleiben (vgl. OLG Karlsruhe 17. September 2003 - 1 U 167/02 -). Das gilt zunächst für die Suche nach Investoren. In Verhandlungen mit potenziellen Investoren ist es ein wichtiger Faktor, wenn erfahrene und motivierte Führungskräfte vorhanden sind, auf die ein Übernehmer zurückgreifen kann. Umgekehrt schwächt es die Verhandlungsposition des in der Krise befindlichen Unternehmens, wenn die Führungskräfte das Unternehmen verlassen und dadurch gegenüber den potenziellen Investoren der Eindruck entsteht, dass sie das Unternehmen aufgegeben haben und eine Sanierung nicht mehr für wahrscheinlich halten. Kommt es zu einer Unternehmenssanierung, kann auf das Know-how der angestammten Leistungsträger zurückgegriffen werden.

58

(bb) Die Klägerin nahm finanzielle Risiken in Kauf, um der Schuldnerin bzw. dem Beklagten die Betriebstreue zu erweisen, zB die Gefahr eines insolvenzbedingten Ausfalls von Vergütungsansprüchen. Anders als eine Beschenkte nahm sie nicht lediglich eine Zuwendung entgegen, sondern beantwortete sie mit einer eigenen Leistung, der Betriebstreue in der Krise.

59

(3) Der Schuldnerin und später dem Beklagten floss durch die Betriebstreue der Klägerin eine der Halteprämie angemessene Gegenleistung zu.

60

(a) In der Frage, ob eine Gegenleistung den Wert der Leistung des Schuldners erreicht, steht den Beteiligten ein angemessener Bewertungsspielraum zu (vgl. BGH 9. November 2006 - IX ZR 285/03 - Rn. 16; 2. April 1998 - IX ZR 232/96 - zu II 2 c der Gründe). Die Bewertung darf sich von den objektiven Verhältnissen jedoch nicht zu weit entfernen. Subjektive Bewertungen der Beteiligten können wegen des vom Gesetzgeber bezweckten Gläubigerschutzes nur berücksichtigt werden, soweit sie eine reale Grundlage haben (vgl. BGH 1. April 2004 - IX ZR 305/00 - zu 3 c der Gründe; s. auch BGH 25. Juni 1992 - IX ZR 4/91 - zu II 4 der Gründe; MünchKommInsO/Kirchhof 2. Aufl. § 134 Rn. 40).

61

(b) Für die Frage, ob die Beteiligten ihren Bewertungsspielraum bereits überschritten oder noch gewahrt haben, können nicht die Grundsätze herangezogen werden, die das Bundesarbeitsgericht zu der zulässigen Bindungsdauer einer Rückzahlungsklausel in Abhängigkeit von der Gratifikationshöhe entwickelt hat. In der Krise muss ein Unternehmen einen erheblichen Zuschlag zu den der Höhe nach üblichen Gratifikationen leisten, um leitende oder herausgehobene Arbeitnehmer dazu zu bewegen, im Unternehmen zu bleiben. Der Zuschlag muss zusätzlich zum Anreiz für die Betriebstreue auch eine wirtschaftliche Kompensation für mögliche finanzielle Risiken enthalten.

62

(c) Gemessen daran überschritt es den Bewertungsspielraum der Klägerin und der Schuldnerin nicht, dass sie ein Jahresfixgehalt als Gegenwert für die etwas über elfmonatige Bindungsdauer der Klägerin ansetzten. Die Klägerin sagte damit eine der Halteprämie angemessene Gegenleistung zu (vgl. BGH 20. Oktober 1971 - VIII ZR 212/69 - zu IV 4 der Gründe, BGHZ 57, 123; OLG Karlsruhe 17. September 2003 - 1 U 167/02 -).

63

5. Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif iSv. § 563 Abs. 3 ZPO. Das Landesarbeitsgericht hat zu Unrecht - wenn auch aus seiner Sicht konsequent - offengelassen, ob die Prämienzusage nach § 133 Abs. 1 InsO anfechtbar ist. Bei der Prüfung des § 133 Abs. 1 InsO wird das Landesarbeitsgericht die Inkongruenz der der Klägerin zugesagten Halteprämie zugrunde zu legen haben. Das Berufungsgericht wird zudem feststellen müssen, ob die Schuldnerin bei Zugang der Zusage zahlungsunfähig war oder deren Zahlungsunfähigkeit drohte und die Klägerin dies wusste. Sollte das zutreffen, handelte es sich dabei um ein weiteres erhebliches Beweisanzeichen für die subjektiven Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO. Das Landesarbeitsgericht wird darüber hinaus die erforderliche abschließende Gesamtabwägung aller Umstände vorzunehmen haben. Dieses Prüfungsprogramm hat der Senat in der Sache - 6 AZR 980/11 - mit Urteil vom 12. September 2013 (Rn. 50 ff.) ausführlich begründet und nimmt darauf Bezug. Aufgrund der fehlenden Feststellungen kann der Senat nicht abschließend in der Sache entscheiden. Der Beklagte hat insbesondere unter Beweisantritt behauptet, die Klägerin habe bei Zugang der Zusage vom 21. Oktober 2008 Kenntnis von der drohenden Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin gehabt. Sie habe von diesem Umstand aufgrund der Presseberichterstattung und ihrer in E-Mails dokumentierten Gespräche mit Mitarbeitern der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft P wissen müssen. Sie sei in die Rettungsbemühungen an führender Stelle eingebunden gewesen. Dem wird das Landesarbeitsgericht nachzugehen haben.

64

D. Der Beklagte hat sich erstmals in der Revisionsinstanz ausdrücklich hilfsweise auf das Anfechtungsrecht nach § 133 Abs. 2 InsO berufen. Danach wird bei Abschluss entgeltlicher Verträge mit Nahestehenden, die zu einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung führen, unterstellt, dass der Schuldner mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz handelte und der Gläubiger dies wusste. § 133 Abs. 2 InsO führt also zu einer Beweislastumkehr(MünchKommInso/Kirchhof 2. Aufl. § 133 Rn. 45, 39). Das Landesarbeitsgericht hat zu den Voraussetzungen dieses Anfechtungstatbestands keine Feststellungen getroffen. Die Zurückverweisung der Sache gibt den Parteien Gelegenheit, zu den bisher nicht festgestellten Voraussetzungen des § 133 Abs. 2 InsO, insbesondere dem Vorliegen einer möglichen unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung unter Einbeziehung der Gegenleistung der Klägerin(dazu BGH 8. November 2012 - IX ZR 77/11 - Rn. 20 ff.) sowie eines Näheverhältnisses iSd. § 138 Abs. 2 Nr. 2 InsO aufgrund dienstvertraglicher Verbindung(dazu BGH 15. November 2012 - IX ZR 205/11 - Rn. 10 f., BGHZ 195, 358), vorzutragen. Gegebenenfalls wird das Landesarbeitsgericht unter Beachtung vorstehend dargelegter und in Bezug genommener Maßstäbe, insbesondere der vorliegenden Inkongruenz prüfen müssen, ob eine Vorsatzanfechtung in Betracht kommt, und dabei unter Umständen das Vorliegen einer (drohenden) Zahlungsunfähigkeit festzustellen haben.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Spelge    

        

        

        

    Lorenz    

        

    Wollensak    

                 

(1) Anfechtbar ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden.

(2) Richtet sich die Leistung auf ein gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk geringen Werts, so ist sie nicht anfechtbar.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(1) Wer in der Absicht, den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen, in öffentlichen Bekanntmachungen oder in Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind, durch unwahre Angaben irreführend wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer es im geschäftlichen Verkehr unternimmt, Verbraucher zur Abnahme von Waren, Dienstleistungen oder Rechten durch das Versprechen zu veranlassen, sie würden entweder vom Veranstalter selbst oder von einem Dritten besondere Vorteile erlangen, wenn sie andere zum Abschluss gleichartiger Geschäfte veranlassen, die ihrerseits nach der Art dieser Werbung derartige Vorteile für eine entsprechende Werbung weiterer Abnehmer erlangen sollen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

(1) Anfechtbar ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden.

(2) Richtet sich die Leistung auf ein gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk geringen Werts, so ist sie nicht anfechtbar.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 198/10
Verkündet am:
18. Juli 2013
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Insolvenzverwalter kann die Auszahlung eines gesellschaftsrechtlichen Scheinauseinandersetzungsguthaben
als unentgeltliche Leistung anfechten, wenn tatsächlich
keine Erträge erwirtschaftet worden sind, sondern die Auszahlung aus einer im
Schneeballsystem gewonnenen Einlage ermöglicht wird; das gilt auch für eine Gewinnvorauszahlung.
Die bewusste Erfüllung einer nicht bestehenden Forderung ist unentgeltlich, auch
wenn der Leistungsempfänger irrtümlich vom Bestehen der Forderung ausgegangen
ist (Anschluss an BGHZ 179, 137 Rn. 6).
BGH, Urteil vom 18. Juli 2013 - IX ZR 198/10 - OLG Frankfurt in Kassel
LG Kassel
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 18. April 2013 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter
Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Fischer, Grupp und die Richterin Möhring

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 14. Zivilsenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 2. November 2010 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerin entschieden worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Anschlussrevision des Beklagten gegen das vorgenannte Urteil wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die F. Co. KG (künftig: Schuldnerin) war als Kapitalanlageunternehmen tätig. Sie warb europaweit mit ihren Anlagen und stellte hohe Gewinne in Aussicht. Die Anleger sollten ihr als Kommanditisten beitreten, wobei die vereinbarte Pflichteinlage in Höhe von 65 vom Hundert als Hafteinlage in das Handelsregister eingetragen werden sollte. Persönlich haftende Gesell- schafterin war die F AG (künftig: Komplementärin). Die Schuldnerin geriet spätestens ab 1997 in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Um diese zu vertuschen, manipulierten die beiden Vorstandsmitglieder ihrer Komplementärin die Geschäftsunterlagen ; dabei spiegelte die Schuldnerin den Anlegern werthaltige Kapitalkonten und Gewinne vor, die tatsächlich nicht erwirtschaftet wurden. Die Einlagen der neu beitretenden Gesellschafter verwendete die Schuldnerin in der Art eines "Schneeballsystems" für Auszahlungen an die Altgesellschafter.
2
Der Beklagte erbrachte im Oktober 2001 eine Einlage in die Schuldnerin in Höhe von 73.980 € und erhielt vom 27. November 2001 bis zum 22. Dezember 2004 monatliche Auszahlungen in Höhe von insgesamt 19.682,59 € und am 12. Januar 2005 nach Kündigung der Beteiligung weitere 63.000 €.
3
Am 6. Oktober 2005 stellte der von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht bestellte Abwickler gemäß § 37 Abs. 2 Kreditwesengesetz Insolvenzantrag, am 7. Oktober 2005 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und die Klägerin zur Insolvenzverwalterin bestellt. Diese focht die Auszahlungen an den Beklagten in den letzten vier Jahren vor Antragstellung nach § 134 InsO an.
4
Die Klägerin hat mit ihrer Klage vom Beklagten Zahlung von 82.682,59 € (63.000 € zuzüglich 19.682,59 €) zuzüglich Zinsen ab 7. Oktober 2005 gefordert. Das Landgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 82.682,59 € zuzüglich Zinsen ab 6. Oktober 2008 verurteilt und die Klage auf weitergehende Zinsen abgewiesen. Auf die Berufung beider Parteien hat das Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil abgeändert und den Beklagten - unter Klageabweisung im Übrigen - verurteilt, an die Klägerin 19.682,59 € zuzüglich Zinsen seit dem 7. Oktober 2005 zu zahlen. Die weitergehende Berufung des Beklagten hat es zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision möchte die Klägerin die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von weiteren 63.000 € zuzüglich Zinsen erreichen. Mit der Anschlussrevision erstrebt der Beklagte die Abweisung der Klage insgesamt.

Entscheidungsgründe:


5
Die Revision der Klägerin hat Erfolg, die Anschlussrevision des Beklagten ist dagegen unbegründet.

I.


6
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Klage sei aus §§ 143, 134, 129 InsO nur in Höhe von 19.682,59 € begründet. Die Schuldnerin habe lediglich in dieser Höhe nicht erwirtschaftete Gewinne an den Beklagten ausgezahlt. Es sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass Gewinnausschüttungen, denen kein tatsächlicher Gewinn zu Grunde liege und auf die der Anleger nach dem Vertrag keinen Anspruch habe, unentgeltliche Leistungen darstellten (BGH, Urteil vom 11. Dezember 2008 - IX ZR 195/07, BGHZ 179, 137).
7
Bei der Zahlung der Schuldnerin an den Beklagten am 12. Januar 2005 in Höhe von 63.000 € handele es sich hingegen nicht um eine unentgeltliche Leistung. Die Schuldnerin habe diesen Geldbetrag vielmehr als Auseinandersetzungsguthaben gemäß § 16 Nummer 5 des Gesellschaftsvertrages infolge einer wirksamen Kündigung der Beteiligung durch den Beklagten geleistet; damit sei dessen Anspruch auf Rückzahlung der erbrachten Einlage nebst künfti- ger Gewinnerwartungen abgefunden worden. Der aus der Anfechtung von Ausschüttungen im Rahmen eines Schneeballsystems resultierende Rückgewähranspruch des Insolvenzverwalters erstrecke sich mangels Unentgeltlichkeit nicht auf Auszahlungen, mit denen nach einer Kündigung der Mitgliedschaft in der Anlegergemeinschaft vom Anleger erbrachte Einlagen zurückgewährt worden seien (BGH, Urteil vom 22. April 2010 - IX ZR 225/09, NZI 2010, 764).

II.


8
Diese Ausführungen halten in Bezug auf die Revision der Klägerin rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
9
1. Allerdings kann der Insolvenzverwalter die Auszahlung von in "Schneeballsystemen" erzielten Scheingewinnen durch den späteren Insolvenzschuldner als objektiv unentgeltliche Leistung nach § 134 Abs. 1 InsO anfechten. Auszahlungen, mit denen nach einer Kündigung der Mitgliedschaft in der Anlegergemeinschaft vom Anleger erbrachte Einlagen zurückgewährt worden sind, sind dagegen als entgeltliche Leistungen nicht nach dieser Vorschrift anfechtbar (vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember 2008 - IX ZR 195/07, BGHZ 179, 137 Rn. 6; vom 2. April 2009 - IX ZR 197/07, ZInsO 2009, 1202 Rn. 6; vom 22. April 2010 - IX ZR 225/09, NZI 2010, 764 Rn. 11 ff; vom 9. Dezember 2010 - IX ZR 60/10, NJW 2011, 1732 Rn. 6; vom 29. März 2012 - IX ZR 207/10, NJW 2012, 2195 Rn. 8). Die Ausschüttungen erfolgen dabei in der Regel zunächst auf ausgewiesene Scheingewinne und erst danach auf die geleistete Einlage (BGH, Urteil vom 10. Februar 2011 - IX ZR 18/10, NZI 2011, 324 Rn. 10,12).
10
2. Das Berufungsgericht hat jedoch nicht gesehen, dass die Rechtsstellung der Anleger in den vom Senat bisher entschiedenen Fällen in einem für die Frage, ob die Rückzahlung der getätigten Einlage eine unentgeltliche Leistung darstellt, wesentlichen Punkt von der Rechtsstellung des Beklagten abweicht, weil der Beklagte anders als dort eine gesellschaftliche Beteiligung an der Anlagegesellschaft erworben hatte. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung können deswegen die Voraussetzungen der Anfechtung nach § 134 Abs. 1 InsO nicht verneint werden.
11
a) Der Beklagte hatte der Schuldnerin die Geldmittel nicht im Rahmen eines Geschäftsbesorgungsvertrages zur Verfügung gestellt, sondern war der Anlagegesellschaft als Gesellschafter beigetreten und hatte nach Kündigung seiner Beteiligung nur einen Anspruch auf Abfindung in Höhe des Werts seiner Beteiligung, nicht aber auf Rückerstattung seiner Einlage.
12
aa) Der Beklagte ist der Schuldnerin entweder als Kommanditist oder aber - wenn es nicht zur Eintragung im Handelsregister gekommen ist - als atypischer stiller Gesellschafter beigetreten. Nach dem Gesellschaftsvertrag sollte der Beitritt der Kommanditisten unter der aufschiebenden Bedingung ihrer Eintragung in das Handelsregister erfolgen. Ab der Annahme der Beitrittserklärung durch die Komplementärin bis zu ihrer Eintragung in das Handelsregister sollten sie an der Schuldnerin als atypische stille Gesellschafter beteiligt sein; sämtliche Regelungen des Gesellschaftsvertrages sollten für diese Zeit entsprechende Anwendung finden. Dieser Gesellschaftsvertrag ist mithin Grundlage der Ansprüche des Beklagten gegen die Schuldnerin. Er ist ebenso wenig unwirksam wie der Beitritt des Beklagten, der wie alle seit dem Jahr 1997 der Schuldnerin beitretenden Gesellschafter über das zumindest seit dem Jahr 1997 betriebene "Schneeballsystem" getäuscht wurde. Denn die gegebenenfalls fehler- haft errichtete, aber jedenfalls in Vollzug gesetzte Schuldnerin ist wie der möglicherweise fehlerhafte, aber auch in Vollzug gesetzte Beitritt des Beklagten nach der Lehre der fehlerhaften Gesellschaft als wirksam zu behandeln.
13
(1) Nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft wird eine Gesellschaft , deren Gründungsakt an einem Fehler leidet, die aber in Vollzug gesetzt worden ist, als wirksam behandelt. Ebenso wenig führt ein fehlerhafter, aber vollzogener Gesellschaftsbeitritt zur Unwirksamkeit des Beitritts nach allgemeinen Grundsätzen. Der Gesellschafter, der sich auf den Mangel berufen will, hat aber das Recht, sich jederzeit auf dem Wege der außerordentlichen Kündigung von seiner Beteiligung für die Zukunft zu lösen. An die Stelle des ihm nach allgemeinen Grundsätzen zustehenden Anspruchs auf Rückzahlung der geleisteten Einlage tritt - auch bei einem durch arglistige Täuschung verursachten Beitritt - ein Anspruch auf das ihm nach den Grundsätzen gesellschaftsrechtlicher Abwicklung zustehende Abfindungsguthaben. Dessen Höhe bemisst sich nach dem Wert der Beteiligung im Kündigungszeitpunkt. Denn der Anleger nimmt an den bis zu diesem Zeitpunkt eingetretenen Gewinnen und Verlusten der Gesellschaft im Verhältnis seiner Beteiligung teil, weil seiner Kündigung nach den Regeln des Gesellschaftsrechts keine Rückwirkung zukommt (BGH, Urteil vom 21. Juli 2003 - II ZR 387/02, BGHZ 156, 46, 52 f; vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juli 2010 - II ZR 160/09, ZIP 2010, 2497 Rn. 6; Konzen , FS Harm Peter Westermann, 2008, S. 1133, 1134 ff). Dies gilt sowohl für die Kommanditgesellschaft (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juli 2010, aaO) als auch für die stille Gesellschaft, unabhängig von der Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses als typische oder atypische stille Gesellschaft (BGH, Urteil vom 29. November 2004 - II ZR 6/03, ZIP 2005, 254, 255).
14
(2) Die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft kommen nur dann nicht zur Anwendung, wenn ausnahmsweise die rechtliche Anerkennung des von den Parteien gewollten und tatsächlich vorhandenen Zustands aus gewichtigen Belangen der Allgemeinheit oder bestimmter besonders schutzwürdiger Personen unvertretbar ist. So hat der Bundesgerichtshof Ausnahmen unteranderem dann anerkannt, wenn der Vertrag gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, der Zweck der Gesellschaft mit den guten Sitten unvereinbar ist oder eine besonders grobe Sittenwidrigkeit vorliegt (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 2004, aaO; vom 21. März 2005 - II ZR 310/03, NJW 2005, 1784, 1785).
15
Diese Ausnahmen sind hier nicht gegeben. Gesellschaftsvertrag und Gesellschafterbeitritt waren nicht wegen des von der Schuldnerin betriebenen Schneeballsystems gemäß § 138 BGB sittenwidrig; sittenwidrig war lediglich das von ihr tatsächlich betriebene, nicht aber das mit dem gutgläubigen Beklagten und den anderen Kommanditisten und stillen Gesellschaftern vereinbarte System der Kapitalanlage (vgl. BGH, Urteil vom 21. März 2005 - II ZR 140/03, ZIP 2005, 753, 756; vom 9. Dezember 2010 - IX ZR 60/10, NJW 2011, 1732 Rn. 11; vom 22. September 2011 - IX ZR 209/10, NZI 2011, 976 Rn. 12).
16
bb) Mithin hat der Beklagte entweder als Kommanditist oder als atypischer stiller Gesellschafter nach § 16 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrages in Verbindung mit § 161 Abs. 2, § 105 Abs. 3 HGB, § 738 Abs. 2 BGB nach Kündigung seiner Beteiligung und Ausscheiden aus der Gesellschaft gegen die Schuldnerin einen Anspruch auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens , nicht aber einen Anspruch auf Rückerstattung der Einlage. Die erfolgte Abfindungszahlung der Schuldnerin an den Beklagten ist deswegen nur dann entgeltlich, wenn der Abfindungsanspruch in Höhe der ausgezahlten 63.000 € bestand.

17
(1) Die Höhe des Abfindungsanspruchs ergibt sich aus der auf den Abfindungsstichtag zu erstellenden Abfindungsbilanz (vgl. Piehler/Schulte, Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. II, 3. Aufl., § 37 Rn. 44 f mwN; MünchKomm-BGB/Ulmer/Schäfer, 5. Aufl., § 738 Rn. 26 ff). Für seine Zusammensetzung gelten die gleichen Grundsätze wie für die Ermittlung des Auseinandersetzungsguthabens bei Auflösung der Gesellschaft. Allgemein sind einzubeziehen der Anspruch auf Rückzahlung der Einlage oder ihres Wertes, der anteilige Anspruch auf den in der Abfindungsbilanz ausgewiesenen, nach dem beim Ausscheiden geltenden Gewinnverteilungsschlüssel zwischen dem Ausgeschiedenen und den übrigen Gesellschaftern aufzuteilenden fiktiven Liquidationsüberschuss sowie die sonstigen in die Abfindungsbilanz als Rechnungsposten einzustellenden gegenseitigen Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis (MünchKomm-BGB/Ulmer/Schäfer, aaO § 738 Rn. 37). Im Gesellschaftsvertrag ist zur Höhe des Abfindungsanspruchs geregelt, dass das Auseinandersetzungsguthaben aufgrund des Jahresabschlusses auf den Bilanzstichtag , der mit dem Ausscheiden zusammenfällt, zu ermitteln ist, wobei das Auseinandersetzungsguthaben aus dem Saldo der beiden für jeden Kommanditisten und stillen Gesellschafter zu errichtenden Kapitalkonten und eines eventuellen Verlustkontos errechnet werden sollte.
18
(2) Eine solche Abfindungsbilanz hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und haben die Parteien nicht vorgetragen. Deswegen lässt sich weder feststellen, ob dem Beklagten ein Abfindungsanspruch in Höhe von 63.000 € zugestanden hat, noch, ob die Abfindungszahlung unentgeltlich im Sinne von § 134 Abs. 1 InsO war. Dabei kann sich der Beklagte nicht darauf berufen, dass die Schuldnerin den Abfindungsanspruch aufgrund der von ihr erstellten (mani- pulierten) Geschäftsunterlagen wirksam festgestellt hat. Diese manipulierten Zahlen sind für die Berechnung seines Abfindungsanspruchs ohne Belang.
19
Die von der Schuldnerin dem Beklagten überlassenen monatlichen Kontomitteilungen begründen keinen Anspruch des Beklagten gegen die Schuldnerin aus einem abstrakten Schuldversprechen oder Schuldanerkenntnis. Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs , nach der sich die Gutschrift auf einem Girokonto als abstraktes Schuldversprechen oder Schuldanerkenntnis einer Bank gegenüber dem Kunden darstellt. Ein zwischen der Schuldnerin und dem Beklagten geschlossener Girovertrag fehlt hier. Auf andere Rechtsbeziehungen lassen sich die vorgenannten Grundsätze nicht übertragen (vgl. BGH, Urteil vom 23. November 2010 - XI ZR 26/10, BGHZ 187, 327 Rn. 18 mwN; vgl. v. Falkenhausen/Schneider, Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. II, 3. Aufl., § 22 Rn. 39 f). Aber auch mit Hilfe anderer Erwägungen lässt sich ein Anspruch des Beklagten aus einem abstrakten Schuldversprechen oder Schuldanerkenntnis der Schuldnerin nach §§ 780, 781 BGB nicht bejahen (vgl. BGH, aaO Rn. 19). Aus dem Inhalt der monatlichen Kontomitteilungen ergibt sich eindeutig, dass die Schuldnerin nicht erklären wollte, den genannten Betrag dem Beklagten auf jeden Fall auch ohne endgültige Feststellung ihrer Gewinne in der Jahresbilanz zu schulden, sondern sie den Beklagten nur über den aktuellen vorläufigen Stand seiner Gesellschafterkonten informiert hat. Sie stellen deswegen bloße Wissenserklärungen dar, mit welcher der Gesellschafter vom Stand seiner Gesellschafterkonten unterrichtet wird (vgl. BGH, aaO Rn. 20).
20
Etwas anderes gilt auch nicht für die Abrechnung des Abfindungsanspruchs durch die Schuldnerin und die Feststellung der auf den manipulierten Zahlen beruhenden Jahresabschlüsse und deren Mitteilung an den Beklagten.
Einem Jahresabschluss kann allerdings der Rechtscharakter eines Schuldanerkenntnisses beigemessen werden (BGH, Urteil vom 11. Januar 1960 - II ZR 69/59, WM 1960, 187, 188 f; vom 29. März 1996 – II ZR 263/94, BGHZ 132, 263, 266; vom 2. März 2009 - II ZR 264/07, WM 2009, 986 Rn. 15). Vortrag hierzu fehlt. Selbst wenn die Schuldnerin diesbezüglich Anerkenntnisse abgegeben oder sie sich mit dem Beklagten über seinen Abfindungsanspruch verglichen hätte, wären diese Rechtsgeschäfte nach § 134 Abs. 1 InsO anfechtbar und angefochten, wenn ein Abfindungsanspruch nicht bestanden hätte (für das Schuldanerkenntnis vgl. BGH, Urteil vom 18. März 2010 - IX ZR 57/09, NZI 2010, 439 Rn. 11; für den Vergleich vgl. BGH, Urteil vom 8. März 2012 - IX ZR 51/11, NJW 2012, 2099 Rn. 28 ff). Zwar scheidet die Annahme einer unentgeltlichen Leistung aus, wenn ein Vergleich abgeschlossen wird, um die bei verständiger Würdigung des Sachverhalts oder der Rechtslage bestehende Ungewissheit durch gegenseitiges Nachgeben zu beseitigen. Doch muss das vergleichsweise Nachgeben eines Teils dann als unentgeltliche Leistung gewertet werden, wenn der Vergleichsinhalt den Bereich verlässt, der bei objektiver Beurteilung ernstlich zweifelhaft sein kann. Findet sich ein Gläubiger ohne Ungewissheit der Sach- oder Rechtslage infolge eines Liquiditätsengpasses oder aus sonstigen Gründen bereit, vergleichsweise einen Teil seiner Forderungen aufzugeben , so ist ein solcher Vergleich in der Regel nach § 134 InsO anfechtbar, sofern seine Vorteile das Nachgeben des Gläubigers nicht aufwiegen (BGH, Urteil vom 8. März 2012, aaO Rn. 35 mwN).
21
b) Sollte die Schuldnerin objektiv keinen Gegenwert für die Zahlung im Januar 2005 erhalten haben und von einer Verbindlichkeit nicht oder jedenfalls nicht annähernd in der Höhe der Auszahlung befreit worden sein, weil kein nennenswerter Abfindungsanspruch bestand, hätte der Beklagte eine - gegebenenfalls teilweise (vgl. hierzu MünchKomm-InsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 134 Rn. 41 ff) - unentgeltliche Leistung erhalten (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2012 - IX ZR 146/11, NZI 2012, 562 Rn. 39; vom 9. Dezember 2010 - IX ZR 60/10, NJW 2011, 1732 Rn. 10). Die Schuldnerin hätte in diesem Fall gewusst, dass sie auf eine nicht bestehende Verbindlichkeit - mithin ohne Rechtsgrund - geleistet hat. Ihr wäre bekannt gewesen, dass die Geschäftsunterlagen manipuliert waren und sie seit 1997 keine Gewinne mehr erwirtschaftete, sondern sie die Auszahlungen an die Altgesellschafter durch die Einlagen neu beitretender Gesellschafter finanzierte. Denn jedenfalls die bewusste Erfüllung einer nicht bestehenden Forderung ist unentgeltlich im Sinne von § 134 Abs. 1 InsO (Jaeger/Henckel, InsO, § 134 Rn. 13; Bork in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2012, § 134 Rn. 46; Gehrlein in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, § 134 Rn. 19; Uhlenbruck/Hirte, InsO, 13. Aufl., § 134 Rn. 24, 36). Dass der Beklagte aufgrund der Täuschungshandlung der Schuldnerin irrtümlich davon ausgegangen ist, sein Abfindungsanspruch habe in Höhe der Auszahlung bestanden, ist anfechtungsrechtlich ohne Belang (vgl. BGH, Urteil vom 29. November 1990 - IX ZR 29/90, BGHZ 113, 98, 101; vom 11. Dezember 2008 - IX ZR 195/07, BGHZ 179, 137 Rn. 6).
22
3. Das Urteil erweist sich insoweit auch nicht aus anderen Gründen als zutreffend.
23
a) Dem Beklagten stand zum Zeitpunkt der Zahlung im Januar 2005 gegen die Schuldnerin ein Schadensersatzanspruch auf Rückerstattung seiner Einlage nicht zu, obwohl er nach den Feststellungen des Berufungsgerichts durch betrügerisches Handeln zumindest eines der Vorstandsmitglieder der Komplementärin dazu verleitet worden war, die Einlage im Jahr 2001 zu erbringen. Denn die Schuldnerin war eine Publikumsgesellschaft, weil ihr eine zahlenmäßig unbestimmte Vielzahl von Anlegern als Kommanditisten oder atypi- sche stille Gesellschafter beitreten sollten, der Gesellschaftsvertrag von der Komplementärin vorformuliert war und vom Anleger nicht verhandelt werden konnte, die Gesellschafter europaweit eingeworben wurden, sie untereinander in keiner besonderen Beziehung standen, sie auf die Entscheidung über den Beitritt weiterer Gesellschafter keinen Einfluss hatten und sie der Schuldnerin zum Zwecke der Kapitalanlage und nicht mit dem Ziel einer aktiven unternehmerischen Betätigung beigetreten sind (vgl. hierzu Gummert/Horbach, Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, aaO § 61 Rn. 2 mwN).
24
aa) Sofern der Beklagte durch Eintragung in das Handelsregister der Schuldnerin als Kommanditist beigetreten war, war es ihm nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft verwehrt, gegen die in Vollzug gesetzte Schuldnerin und nach vollzogenem Beitritt im Wege des Schadensersatzes einen Anspruch auf ungeschmälerte Rückerstattung der Einlage geltend zu machen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juli 2003 - II ZR 387/02, BGHZ 156, 46, 52 f; vgl. BGH, Beschluss vom 5. Mai 2008 - II ZR 292/06, ZIP 2008, 1018 Rn. 11 ff, 20; vom 12. Juli 2010 - II ZR 160/09, ZIP 2010, 2497 Rn. 6; Konzen, FS Harm Peter Westermann, 2008, S. 1133, 1134 ff).
25
Bei rein kapitalistisch organisierten Gesellschaftsbeteiligungen hat der einzelne Gesellschafter auf die Beitrittsverträge neuer Gesellschafter keinerlei Einwirkungsmöglichkeiten; demgemäß treten die Gesellschafter dem am Beitritt interessierten Dritten gegenüber nicht in Erscheinung. Der (getäuschte) Beitrittswillige bringt regelmäßig nur dem die Verhandlung führenden Vertreter der Gesellschafter, nicht aber diesen oder der Gesellschaft Vertrauen entgegen. Daher ist es gerechtfertigt, nur diesen Vertreter persönlich und nicht auch die übrigen Gesellschafter haften zu lassen. Anders lässt sich eine geordnete Auseinandersetzung der Gesellschaft nach dem Regelwerk über die fehlerhafte Gesellschaft oder den fehlerhaften Gesellschaftsbeitritt nicht durchführen (BGH, Urteil vom 21. Juli 2003, aaO Seite 51 f). Eine andere Sichtweise würde die Interessen der übrigen Gesellschafter vernachlässigen; gerade bei Publikumsgesellschaften findet sich die Erscheinung, dass die anderen Gesellschafter unter ähnlichen Bedingungen beigetreten und daher im Ausgangspunkt nicht weniger schutzwürdig sind als der sich auf die Täuschung berufende Gesellschafter. Sie müssten zusätzlich zu der Last des eigenen Beitritts die Lasten tragen, die sich aus der Rückabwicklung der Beteiligung und der Rückzahlung der vollen Einlage ergeben würden. Sie wären dem sogenannten "Windhundrennen" ausgesetzt : Die Gesellschafter, die schnell handelten, erlangten die volle Einlage zurück ; die übrigen ebenso getäuschten Anleger gingen leer aus. Dies wirkt in besonderem Maße dann nachteilig, wenn die Gesellschaft aufgrund der Erfüllung der zuerst geltend gemachten Rückzahlungsverlangen in die Insolvenz getrieben wird. Derartige rechtliche und vor allem wirtschaftliche und finanzielle Folgen sind unvereinbar mit dem gesellschaftsrechtlichen Gebot einer gleichmäßigen Behandlung aller (betroffenen) Gesellschafter (BGH, Beschluss vom 5. Mai 2008 - II ZR 292/06, ZIP 2008, 1018 Rn. 14, 20). Dies gilt umso mehr, als in dem von der Schuldnerin praktizierten Schneeballsystem die Auszahlungen an die ausscheidenden Gesellschafter durch die Einlagen der Neugesellschafter ermöglicht worden sind.
26
bb) Doch auch wenn der Beklagte mangels Eintragung im Handelsregister atypischer stiller Gesellschafter der Schuldnerin war, gilt nichts anderes. Auch auf eine stille Gesellschaft finden die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft Anwendung, unabhängig von der Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses als typische oder atypische stille Gesellschaft (BGH, Urteil vom 29. November 2004 - II ZR 6/03, ZIP 2005, 254, 255).
27
(1) Allerdings stehen die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft in diesem Fall einem Anspruch auf Rückgewähr der Einlage dann nicht entgegen, wenn der Vertragspartner des stillen Gesellschafters - der Inhaber des Handelsgeschäfts im Sinne des § 230 HGB - verpflichtet ist, den stillen Gesellschafter im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, als hätte er den Gesellschaftsvertrag nicht abgeschlossen und seine Einlage nicht geleistet. Demjenigen , der sich aufgrund eines Prospektmangels, einer Verletzung der Aufklärungspflicht oder aus sonstigen Gründen schadensersatzpflichtig gemacht hat, darf es nicht zugutekommen, dass er gleichzeitig auch an dem mit dem geschädigten Anleger geschlossenen Gesellschaftsvertrag beteiligt ist. Dies hat der Bundesgerichtshof jedenfalls für die zweigliedrige stille Gesellschaft entschieden ; die Frage, ob dies auch für die mehrgliedrige stille Gesellschaft gelten soll, hat er ausdrücklich offen gelassen (BGH, Urteil vom 29. November 2004 - II ZR 6/03, ZIP 2005, 254, 256; vgl. zur mehrgliedrigen stillen Gesellschaft OLG München, ZIP 2013, 414, 415 f, die zugelassene Revision ist beim BGH anhängig unter dem Aktenzeichen II ZR 383/12; OLG Dresden, Urteil vom 30. Januar 2013 - 13 U 1683/12, nv, die zugelassene Revision beim BGH anhängig unter dem Aktenzeichen II ZR 102/13).
28
Denn bei der (zweigliedrigen) stillen Gesellschaft tritt der Anleger nicht einer bestehenden Publikumsgesellschaft bei, sondern bildet mit seinem Vertragspartner die stille Gesellschaft. Dabei beschränken sich seine Rechtsbeziehungen ausschließlich auf den als Inhaber des Handelsgewerbes im Sinne von § 230 HGB auftretenden Vertragspartner, mit dem allein der stille Gesellschaftsvertrag zustande kommt; dieser schuldet ihm bei einer Beendigung der stillen Gesellschaft das Auseinandersetzungsguthaben. Zugleich haftet er ihm nach den Grundsätzen der Prospekthaftung und des Verschuldens bei Vertragsschluss , jeweils in Verbindung mit § 31 BGB und gegebenenfalls § 278 BGB, auf Schadensersatz. Anders als bei einer Publikumsgesellschaft richten sich der Auseinandersetzungs- und der Schadensersatzanspruch gegen dieselbe Person. Dann aber kann der Schadensersatzanspruch nicht nach den Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft beschränkt sein. Auch der Schutz der Gläubiger gebietet eine solche Beschränkung nicht, schon weil es bei der stillen Gesellschaft an einem durch Kapitalaufbringungs- und Kapitalerhaltungsvorschriften geschützten Gesellschaftsvermögen fehlt (BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 354/02, ZIP 2004, 1706, 1707 f).
29
(2) Doch müssen sich im vorliegenden Fall die atypischen stillen Gesellschafter - so auch gegebenenfalls der Beklagte - infolge der gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung, wonach auf sie bis zu ihrer Eintragung als Kommanditisten im Handelsregister sämtliche Regelungen des Gesellschaftsvertrages entsprechend Anwendung finden, auch insoweit wie Kommanditisten behandeln lassen. Die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft finden auf sie ohne jede Einschränkung Anwendung. Diese rechtliche Gleichbehandlung von Kommanditisten und stillen Gesellschaftern infolge der vertraglichen Gleichstellungsvereinbarung findet ihre Rechtfertigung in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu treuhandvermittelten Beteiligungen an Publikumsgesellschaften. Danach sind die Grundsätze, die im Innenverhältnis der Gesellschaft und der Gesellschafter gelten, auch auf den nur mittelbar, etwa über einen Treuhänder, Beteiligten anzuwenden, wenn diesem im Innenverhältnis die einem unmittelbaren Gesellschafter vergleichbare Stellung eingeräumt worden ist (vgl. Urteil vom 23. April 2012 - II ZR 211/09, ZIP 2012, 1231 Rn. 10; vom 24. Juli 2012 - II ZR 297/11, ZIP 2012, 1706 Rn. 32 ff zVb in BGHZ 194, 180; vom 18. September 2012 - II ZR 201/10, ZIP 2012, 2291 Rn. 11; vom 5. Februar 2013 - II ZR 134/11, ZIP 2013, 570 Rn. 11; vom 5. Februar 2013 - II ZR 136/11, ZIP 2013, 619 Rn. 14 ff).

30
b) Ebenso wenig kann der Beklagte gegen einen etwaigen Rückgewähranspruch mit einem Schadensersatzanspruch, wenn ein solcher gegen die Schuldnerin bestand, aufrechnen. Denn eine solche Aufrechnung mit vorinsolvenzlichen Schadensersatzansprüchen gegen den insolvenzrechtlichen Rückgewähranspruch ist ausgeschlossen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember 2008 - IX ZR 195/07, BGHZ 179, 137 Rn. 7 ff; vom 22. April 2010 - IX ZR 163/09, NJW 2010, 2125 Rn. 11). Der Anfechtungsanspruch ist im Sinne von § 96 Abs. 1 Nr. 1, § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO erst als Folge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und somit nach dieser entstanden (MünchKomm-InsO/ Kirchhof, aaO § 143 Rn. 11).
31
c) Die Geltendmachung des Rückgewähranspruchs aus § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO verstößt auch nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB). Nur in Extremfällen hindert § 242 BGB die Durchsetzung dieses Anspruchs (BGH, Urteil vom 11. Dezember 2008, aaO Rn. 21; MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO § 134 Rn. 45). Im Streitfall ist ein solcher Ausnahmefall nicht gegeben. Der Schutz des Beklagten als einer der getäuschten Anleger gebietet es nicht, den Grundsatz der Gleichbehandlung der Gläubiger zurücktreten zu lassen (vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember 2008, aaO).

III.

32
Die Ausführungen im angefochtenen Urteil sind in Bezug auf die Anschlussrevision im Ergebnis richtig, soweit das Oberlandesgericht die Berufung des Beklagten zurückgewiesen und das landgerichtliche Urteil wegen des Zinsbeginns zu Gunsten der Klägerin abgeändert hat.
33
1. Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Anspruch auf Rückgewähr der in der Zeit von November 2001 bis Dezember 2004 erfolgten Zahlungen in Höhe von insgesamt 19.682,59 € aus § 143 Abs. 1 Satz 1, § 134 Abs. 1 InsO zu. Bei diesen Zahlungen der Schuldnerin, die innerhalb der vier Jahre vor Stellung des Insolvenzantrags erfolgt sind, handelt es sich um unentgeltliche Leistungen. Denn die Schuldnerin hat nicht bestehende Forderungen des Beklagten erfüllt; dieser hatte keinen Anspruch auf die ihm gewährten Ausschüttungen, wie die Schuldnerin wusste.
34
a) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht entschieden, dass der Beklagte der Schuldnerin die auf dem Kapitalkonto II verbuchten 35 vom Hundert der geleisteten Einzahlung nicht als Darlehen gewährt hat und deswegen die monatlichen Auszahlungen keine Darlehensrückzahlungen darstellen. Der Beklagte leitet die Darlehensgewährung allein aus dem Gesellschaftsvertrag und der ersten Kontomitteilung ab. Folgerichtig hat das Berufungsgericht den Gesellschaftsvertrag dahin ausgelegt, dass der Beklagte der Schuldnerin kein Darlehen gewährt, sondern lediglich die im Gesellschaftsvertrag vereinbarte Pflichteinlage geleistet hat.
35
Der Gesellschaftsvertrag unterscheidet zwischen der Pflichteinlage, zu deren Erbringung sich der Kommanditist im Gesellschaftsvertrag im Innenverhältnis der Gesellschafter verpflichtet, und der Hafteinlage (Haftsumme), mit der ein Kommanditist nach § 161 Abs. 1, § 172 Abs. 1 und 2 HGB gegenüber den Gesellschaftsgläubigern im Außenverhältnis haftet. Die Erbringung der Pflichteinlage dient in voller Höhe der Erfüllung der gesellschaftsvertraglichen Pflichten im Innenverhältnis, in Höhe der Hafteinlage zusätzlich der Befreiung von der persönlichen Haftung im Außenverhältnis (v. Falkenhausen/Schneider, aaO § 17 Rn. 6 f; Weipert in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., § 167 Rn. 6). Die Haftsumme des Kommanditisten sollte auf dem Kapitalkonto I, die über die Haftsumme hinausgehende Pflichteinlage (35 vom Hundert) sowie die entnahmefähigen Gewinnanteile, sonstige Entnahmen, Zinsen und der sonstige Zahlungsverkehr zwischen der Schuldnerin und den Gesellschaftern sollten auf dem Kapitalkonto II gebucht werden. Danach sollte auf diesem nicht allein eine rein schuldrechtliche Forderung des Beklagten gegen die Schuldnerin ausgewiesen werden, sondern jedenfalls in Höhe von 35 vom Hundert der Pflichteinlage ein Teil der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung.
36
Die Gesellschafter können vereinbaren, dass als Gesellschafterbeitrag ein Darlehen gewährt wird (v. Falkenhausen/Schneider, aaO § 17 Rn. 17 ff). Eine solche Vereinbarung findet sich im Gesellschaftsvertrag nicht. Nur in der monatlichen Kontoübersicht wird das Kapitalkonto II als "Darlehen" bezeichnet. Diese Bezeichnung des Kapitalkontos II alleine bewirkt keine rechtliche Umqualifizierung der Pflichteinlage in ein Darlehen. Vielmehr hätte es hierfür einer gesellschaftsvertraglichen Regelung bedurft. Solches hat der Beklagte jedoch nicht vorgetragen.
37
b) Im Ergebnis zutreffend ist auch die Wertung des Berufungsgerichts, dass der Beklagte nicht aufgrund seiner Stellung als Gesellschafter einen Anspruch auf die monatlichen Ausschüttungen hatte. Bei diesen handelte es sich entweder um die Auszahlung von Scheingewinnen oder aber um monatliche Vorauszahlungen auf künftige Gewinne. In beiden Fällen hatte der Beklagte auf die Zahlungen keinen Anspruch.
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aa) Einen Anspruch auf Zahlung von tatsächlich nicht erwirtschafteten Gewinnen hatte der Beklagte nicht.
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(1) Nach § 169 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 HGB hat ein Kommanditist nur Anspruch auf Auszahlung des ihm zukommenden, tatsächlich erwirtschafteten Gewinns. Hat er Gewinnausschüttungen bezogen, die ihm nicht zustanden, liegt ein "Scheingewinnbezug" ohne Rechtsgrund vor. Die Gesellschaft hat dann (außerhalb der Insolvenz) einen bereicherungsrechtlichen Rückzahlungsanspruch ; anders als im Falle von § 172 Abs. 5 HGB für die Außenhaftung führt die Gutgläubigkeit nicht zur Enthaftung des Kommanditisten im Innenverhältnis (Weipert, aaO § 169 Rn. 16; v. Falkenhausen/Schneider, aaO § 24 Rn. 21, 25). Für den atypischen stillen Gesellschafter, dessen Rechtsstellung ausweislich des Gesellschaftsvertrages weitmöglichst der Rechtsstellung des Kommanditisten angeglichen werden sollte, gilt - bezogen auf seine Innenhaftung - nichts anderes.
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(2) Allerdings kann in einem Gesellschaftsvertrag vereinbart werden, dass an die Kommanditisten gewinnunabhängige Ausschüttungen erfolgen sollen , denn die gesetzliche Regelung des § 169 Abs. 1 Satz 2 HGB ist abdingbar und steht einer abweichenden Vereinbarung nicht entgegen (BGH, Urteil vom 5. April 1979 - II ZR 98/76, WM 1979, 803 f; vom 12. März 2013 - II ZR 73/11, WM 2013, 1167 Rn. 10). Doch ist im streitgegenständlichen Gesellschaftsvertrag ein solches gewinnunabhängiges Entnahmerecht der Kommanditisten und stillen Gesellschafter nicht vereinbart worden. Daran ändert auch § 12 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages nichts. Danach durften die Kommanditisten und stillen Gesellschafter zwar monatlich einen Betrag in Höhe von 1 vom Hundert ihrer Pflichteinlage gewinnunabhängig entnehmen, bis der Kapitalanteil unter die Haftsumme sank. Die Entnahmen sollten nach dem Wortlaut der Regelung jedoch "im Vorgriff" auf den Gewinnanteil erfolgen, waren mithin Vorschusszahlungen auf die im laufenden Jahr erwirtschaften, festgestellten und auf den jeweiligen Gesellschafter verteilten Gewinne. Wenn nach der Feststellung des Jahresabschlusses eine Gutschrift mit einem höheren Gewinn für die Kommanditisten und stillen Gesellschafter erfolgte, als bislang durch diese entnommen worden war, durften sie nur den Überschuss zusätzlich entnehmen. Was geschehen sollte, wenn die Schuldnerin keine Gewinne oder weniger Gewinne erwirtschaftete, als die Gesellschafter im Vorgriff entnommen hatten, ist im Gesellschaftsvertrag nicht ausdrücklich geregelt. Aus dem Zweck der Vorschusszahlung ergibt sich jedoch, dass die Kommanditisten und stillen Gesellschafter in einem Fall der Überzahlung die ausbezahlten Vorschüsse an die Schuldnerin zurückzuzahlen hatten (vgl. BGH, Urteil vom 2. März 2009 - II ZR 264/07, ZInsO 2009, 1018 Rn. 21; v. Falkenhausen/Schneider, aaO § 22 Rn. 78). Keinesfalls hätte der Beklagte in einem solchen Fall die Vorschüsse behalten dürfen.
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bb) Nach § 12 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages liegt es näher, die Schuldnerin habe an den Beklagten keine Scheingewinne ausgezahlt, sondern monatliche Vorschusszahlungen auf künftige Gewinne.
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(1) Allerdings konnte der Beklagte den Vorschuss nach dem Wortlaut des Gesellschaftsvertrages verlangen, ohne dass eine begründete Erwartung eines Ergebnisses für das laufende Geschäftsjahr vorgelegen haben musste. Ob der Gesellschaftsvertrag einschränkend auszulegen ist, kann dahinstehen. Jedenfalls wird das gesetzliche wie auch das vertragliche Entnahmerecht durch die Treuepflicht der Gesellschafter untereinander und zur Gesellschaft beschränkt (v. Falkenhausen/Schneider, aaO § 24 Rn. 4). Das gilt auch für die Gesellschafter einer Publikumsgesellschaft. Sie mag hier mit Rücksicht darauf, dass die Anlagegesellschafter untereinander und zu den eigentlichen Unternehmensgesellschaftern in keinerlei persönlichen Beziehungen stehen, einen anderen Inhalt haben und andere Wirkungen zeitigen. Das kann aber nicht da- zu führen, die Treuepflicht überhaupt zu leugnen, sondern nur dazu, dass die Grenzen anders zu ziehen sind. Das Treuegebot bleibt insbesondere bestehen, wenn es um die Frage der Erhaltung des Gesellschaftsunternehmens geht (BGH, Urteil vom 19. November 1984 - II ZR 102/84, NJW 1985, 972, 973).
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Anerkannt ist, dass ein Gesellschafter unter bestimmten Voraussetzungen Entnahmeverboten zustimmen muss. So muss ein Gesellschafter einem Zinsverzicht zustimmen, wenn diese Änderung der gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen erforderlich wird, um das Unternehmen zu erhalten (BGH, Urteil vom 5. November 1984 - II ZR 111/84, NJW 1985, 974 f; vom 19. November 1984, aaO). Solange keine Auflösung der GmbH beschlossen ist, muss der geschäftsführende Gesellschafter die GmbH als werbendes Unternehmen betrachten und darauf bedacht sein, es als solches wirtschaftlich zu unterhalten und zu fördern. Es ist ihm verwehrt, das Unternehmen auszuhöhlen und so einer Liquidation unerlaubt vorzugreifen (BGH, Urteil vom 19. Januar 2006 - IX ZR 232/01, WM 2006, 927 Rn. 16). Unter bestimmten Voraussetzungen muss ein Gesellschafter einer Kapitalerhöhung zustimmen (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 2011 - II ZR 122/09, NJW 2011, 1667 Rn. 20 ff). Ist die wirtschaftliche Lage einer Gesellschaft unhaltbar geworden und ergibt sich bei objektiver Beurteilung daraus die Notwendigkeit, den Geschäftsbetrieb aufzugeben , so besteht im Verhältnis unter den Gesellschaftern die Rechtspflicht, die insoweit notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. Es stellt eine Verletzung der gesellschaftlichen Treuepflicht dar, wenn sich ein Gesellschafter dieser Notwendigkeit entzieht (BGH, Urteil vom 17. Dezember 1959 - II ZR 81/59, NJW 1960, 434 f).
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(2) Nach alledem hätte der Beklagte den Vorschuss auf künftigen Gewinn nicht geltend machen dürfen. Alleiniger Gesellschaftszweck der Schuldne- rin war, von ihren Kommanditisten und stillen Gesellschaftern Geld einzusammeln und dieses Geld gewinnbringend anzulegen. Seit 1997 war die Schuldnerin in wirtschaftlichen Schwierigkeiten und erwirtschaftete keine Gewinne mehr. Zu Ausschüttungen an die Gesellschafter war sie im Wesentlichen nur noch dadurch in der Lage, dass sie diese aus den Einlagen neu beitretender Gesellschafter finanzierte. In einer solchen Situation widerspricht es der Treuepflicht der Gesellschafter, auf einer Vorauszahlung auf künftig aller Voraussicht nach nicht anfallende Gewinne zu bestehen. Denn die Altgesellschafter würden sich zu Lasten der Neugesellschafter das betrügerische Schneeballsystem zu Nutze machen.
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2. Die Zinsentscheidung des Berufungsgerichts ist richtig. Bei anfechtbarem Erwerb von Geld hat der Anfechtungsgegner gemäß § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO, § 819 Abs. 1, § 818 Abs. 4, § 291 BGB Prozesszinsen ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu entrichten (BGH, Urteil vom 1. Februar 2007 - IX ZR 96/04, BGHZ 171, 38 Rn. 11 f, 13 ff; vom 24. Mai 2012 - IX ZR 125/11, NZI 2012, 665 Rn. 6).

IV.

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Das angefochtene Urteil kann deshalb keinen Bestand haben, soweit es auf die Berufung des Beklagten zum Nachteil der Klägerin entschieden hat. Es ist insoweit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO), weil nicht festgestellt ist, ob und in welcher Höhe ein Abfindungsanspruch des Beklagten gegen die Schuldnerin aus § 16 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrages bestanden hat, mithin nicht geklärt ist, ob die Abfindungszahlung eine unentgeltliche Leistung im Sinne von § 134 Abs. 1 InsO ist. Die Sache muss deswegen an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), das der Klägerin Gelegenheit zu substantiiertem Vortrag zur Abfindungsbilanz zu geben und Feststellungen zu dem Abfindungsanspruch zu treffen haben wird. Die Anschlussrevision des Beklagten ist zurückzuweisen (§ 561 ZPO).
Kayser Gehrlein Fischer
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
LG Kassel, Entscheidung vom 26.01.2010 - 9 O 1829/08 -
OLG Frankfurt in Kassel, Entscheidung vom 02.11.2010 - 14 U 53/10 -

(1) Wer in der Absicht, den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen, in öffentlichen Bekanntmachungen oder in Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind, durch unwahre Angaben irreführend wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer es im geschäftlichen Verkehr unternimmt, Verbraucher zur Abnahme von Waren, Dienstleistungen oder Rechten durch das Versprechen zu veranlassen, sie würden entweder vom Veranstalter selbst oder von einem Dritten besondere Vorteile erlangen, wenn sie andere zum Abschluss gleichartiger Geschäfte veranlassen, die ihrerseits nach der Art dieser Werbung derartige Vorteile für eine entsprechende Werbung weiterer Abnehmer erlangen sollen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(1) Wer in der Absicht, den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen, in öffentlichen Bekanntmachungen oder in Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind, durch unwahre Angaben irreführend wirbt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer es im geschäftlichen Verkehr unternimmt, Verbraucher zur Abnahme von Waren, Dienstleistungen oder Rechten durch das Versprechen zu veranlassen, sie würden entweder vom Veranstalter selbst oder von einem Dritten besondere Vorteile erlangen, wenn sie andere zum Abschluss gleichartiger Geschäfte veranlassen, die ihrerseits nach der Art dieser Werbung derartige Vorteile für eine entsprechende Werbung weiterer Abnehmer erlangen sollen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.