Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 18. Juli 2017 - 8 Sa 411/15

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2017:0718.8Sa411.15.00
bei uns veröffentlicht am18.07.2017

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Tenor

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 06.08.2015 - 6 Ca 220/15 - wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Zahlung von Schmerzensgeld.

2

Der Beklagte war bis zur fristlosen Kündigung des Arbeitgebers vom 16.06.2014 Betriebsleiter im Kompostwerk des Landkreises B. K.. Der Kläger ist langjähriger Arbeiter im Kompostwerk und war ebenso wie die Zeugen F., E., G. und H. dem Beklagten unterstellt.

3

In dem vom Beklagten angestrengten Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - Aktenzeichen 7 Ca 546/14 wurden der Kläger sowie die Arbeitskollegen F., E., G. und H. als Zeugen vernommen und die Klage mit erstinstanzlichen Urteil vom 18.12.2014 abgewiesen. Seine Berufung gegen dieses Urteil beim Landesarbeitsgericht nahm der Beklagte zurück.

4

Darüber hinaus ist der Beklagte durch Urteil des Amtsgerichts B. K. vom 26.02.2015 - ... Ds ... Js .../... – wegen gegenüber dem Kläger begangener gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 8 Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Gegenstand dieser Verurteilung war das Aufbringen und Abreißen eines Panzerklebebandes auf die behaarte Brust des Klägers am 09.04.2014 und das Eindrücken eines Stoßdämpfers in den rechten Rippenbereich des Klägers mit anschließendem Hämatom am 23.05.2014. Im Strafverfahren hat der hiesige Beklagte nach Vernehmung des Klägers als Zeuge und der weiteren Zeugen F., E., G. und H. sowie nach einem zwischen dem Gericht, dem Verteidiger, dem Nebenklägervertreter und dem Vertreter der Staatsanwaltschaft geführten Verständigungsgesprächs die angeklagten Handlungen vollumfänglich eingeräumt. Dieses Geständnis umfasste auch den sodann nach § 154 StPO eingestellten weiteren Tatvorwurf der Anklage, dass der Beklagten den Kläger ohne Anlass mit einem Obstmesser einen oberflächlichen schmerzhaften Stich zwischen die Rippen versetzte. Die Strafverfolgung wurde hinsichtlich weiterer Körperverletzungen zum Nachteil des Klägers im Jahr 2014 durch Haareschneiden und Schlagen mit einer Zeitung sowie Verreiben von Currywurst im Gesicht gemäß § 154 Abs. 1 StPO bereits bei Anklageerhebung eingestellt. Die Berufung gegen das amtsgerichtliche Strafurteil beim Landgericht nahm der Beklagte gleichfalls zurück.

5

Nachdem der Kläger den Beklagten mit anwaltlichen Schreiben vom 23.07.2014 vergeblich unter Fristsetzung zur Zahlung eines Schmerzensgeldes aufforderte, verfolgt er dieses Ziel mit seiner dem Beklagten am 20.03.2015 zugestellten Klage weiter.

6

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts sowie des wechselseitigen Vorbingens der Parteien erster Instanz wird ergänzend gem. § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 06.08.2015, Az. 6 Ca 220/15 (Bl. 53 ff.d.A.). Durch das genannte Urteil hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben und dem Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000,00 EUR zugesprochen. Zur Begründung hat es –zusammengefasst- im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beklagte zur Überzeugung des Gerichts aufgrund der Beweisaufnahme im Kündigungsschutzverfahren und infolge des im Rahmen des Strafverfahrens abgegebenen Geständnisses über Monate verbale und körperliche Schikanen gegenüber dem Kläger an den Tag gelegt habe, die vorsätzliche Körperverletzungen, zumindest aber schwerwiegende Beschädigungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstellten. Er habe den Kläger zu seinem Prügelknaben gemacht. Ferner sei bei der festgesetzten Höhe des Schmerzensgeldes berücksichtigt worden, dass die Belastungen des Klägers nicht so intensiv gewesen seien, dass er unmittelbar und zeitnah umfangreiche ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen musste und auch keine Arbeitsunfähigkeit aufgetreten sei.

7

Gegen dieses dem Beklagten am 14.08.2015 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 11.09.2015 vorab per Fax Berufung eingelegt und diese innerhalb der antragsgemäß verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 11.12.2016 vorab per Fax begründet.

8

Der Beklagte macht geltend,
die Vorfälle hätten nicht mit dem vom Kläger behaupteten Inhalt stattgefunden. Das Arbeitsgericht habe die Zeugen vernehmen müssen statt sich auf andere Verfahren zu beziehen, zumal keine Bindungswirkung dieser Verfahren für das vorliegende Verfahren bestünde. Sein Geständnis im Strafverfahren sei allein aus prozesstaktischen Gründen erfolgt und sei kein Schuldeingeständnis. Die angeblichen Verletzungen und Beschwerden – sofern überhaupt vorhanden - hätten andere Ursachen gehabt.

9

Er habe dem Kläger einmal geholfen, als dieser sich beim Currywurstessen mit Currysoße bekleckert habe und ihm die Gabel mit einem Stück Wurst zum Mund geführt, was ein Spaß unter erwachsenen Männern gewesen sei. Hinsichtlich des Haarschnitts habe er den Kläger zuvor gefragt, wer ihm die Haare so verkotzt habe und ihn gefragt, ob er dies korrigieren solle. Nach wie vor bestreite er, dass der Kläger durch sein Verhalten tatsächlich Verletzungen erlitten habe. Insbesondere würden die psychischen Beeinträchtigungen bestritten. Schließlich seien die Atteste, die der Kläger vorgelegt habe, nicht zeitnah ausgestellt und offensichtlich rein auf Zuruf erstellt worden.

10

Der Beklagte beantragt,

11

das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach – vom 06.08.2015 – Az. 6 Ca 220/15 abzuändern und die Klage abzuweisen.

12

Der Kläger beantragt,

13

die Berufung zurückzuweisen.

14

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil als zutreffend und verweist unter Konkretisierung seines Vortrags zu den einzelnen Handlungen auf das Straf- und das arbeitsgerichtliche Kündigungsschutzverfahren nebst der dortigen Zeugenaussagen und Urteile.

15

Das Landesarbeitsgericht hat aufgrund des Beschlusses vom 22.11.2016 (Bl. 262 f. d.A.) Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen F., E., G. und H.. Hinsichtlich des Ergebnisses wird auf das Protokoll der Sitzung vom 18.07.2017 (Bl. 260 ff. d.A.) Bezug genommen.

16

Ferner wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes zweiter Instanz auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen Bezug genommen. Die beigezogenen Akten des Amtsgerichts B. K. Az. ... Ds ... Js .../... und des Arbeitsgerichts Mainz Auswärtige Kammern Bad Kreuznach Az.: 7 Ca 546/16 waren insbesondere Gegenstand der mündlichen Berufungsverhandlung am 22.11.2016 (Bl. 261 d.A.).

Entscheidungsgründe

I.

17

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung des Beklagten ist gem. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und auch ordnungsgemäß begründet worden.

II.

18

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass der Kläger gemäß § 823 Abs.1 BGB und § 823 Abs.2 BGB in Verbindung mit Art. 1, 2 GG, 224 StGB und § 253 Abs.2 BGB gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld bzw. einer Entschädigung in Höhe von 10.000,00 EUR hat.

19

Der Kläger kann vom Beklagten ein Schmerzensgeld in dieser Höhe verlangen, weil er von diesem über einen längeren Zeitraum rechtswidrig und schwerwiegend in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt worden ist, wobei das Verhalten des Beklagten zumindest auch in zwei Fällen den Tatbestand der gefährlichen Köperverletzung erfüllte.

20

1. Unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der mündlichen Verhandlungen und des Ergebnisses der zweitinstanzlichen Beweisaufnahme steht für die Berufungskammer zur Überzeugung des Gerichts (§ 286 ZPO) fest, dass der Beklagte den Kläger zu seiner Zielscheibe gemacht hat und ihn über einen längeren Zeitraum nämlich über mehrere Monate bei unterschiedlichsten Gelegenheiten im Pausenraum vor Arbeitskollegen drangsalierte, indem er ohne ersichtlichen Anlass mehrfach die Hand des Klägers mit der heißen Currywurst durchs Gesicht schmierte, ihm zumindest einmal ein Obstmesser in die Rippen drückte, ihm einmalig wahrscheinlich am 09.04.2014 das Hemd aufriss, ein Panzerklebeband auf die Brust klebte und sodann mit einem Ruck schmerzhaft wieder abriss, ihm ein anderes Mal plötzlich Löcher in das Kopfhaar schnitt und schließlich am 23.05.2014 einen Stoßdämpfer (der nur durch hydraulischen Druck zusammengedrückt werden kann) in den rechten Rippenbereich des Klägers rammte, so dass es zu Hämatomen kam. Dabei gab er sowohl dem Kläger als auch seinen Arbeitskollegen den Zeugen F., E., G. und H. zu verstehen, dass er der Chef sei und er jeden, egal wie lange er dort schon arbeite, loswerden könne.

21

Die Zeugen haben in jeder Hinsicht glaubhaft die Vorfälle geschildert, bei denen sie jeweils dabei waren. Hinsichtlich des vom Beklagten häufiger gezeigten Verhaltens, wenn der Kläger in der Pause seine in der Mikrowelle erwärmte Currywurst aß, haben die Zeugen E., F. und G. jeweils geschildert, dass der Beklagte in den Pausenraum kam, den Kläger essen sah und dann sich hinter ihn gestellt habe und seine Hand mit der aufgespießten Currywurst genommen und durchs Gesicht geführt habe. Die Zeugen E. und F. haben bekundet, dass dies für den Kläger unangenehm war. Ferner haben die Zeugen F. und G. bekundet, dass der Beklagte das offensichtlich lustig fand. Der Zeuge G. gab hierzu an, dass der Beklagte einmal angemerkt habe, der Kläger könne nicht einmal anständig essen. Der Zeuge H. schilderte den Vorfall mit dem Obstmesser, der gleichfalls im Pausenraum stattfand und bei dem der Beklagte den Kläger in eine Art Schwitzkasten nahm und ihm das auf dem Tisch liegende Messer in die Seite drückte, um ihn zu provozieren, worauf er aber nicht reagiert habe. Hinsichtlich des Vorfalls mit dem Panzerklebeband haben die Zeugen E., F. und G. übereinstimmend geschildert, dass während Deckenarbeiten am Gebäude der Beklagte wieder reingekommen sei und ein in der Hand zunächst verstecktes Stück Klebeband hatte, dass aussah wie das, welches zum Folienabkleben bei den Deckenarbeiten verwendet wurde. Der Beklagte sei unvermittelt zum Kläger gegangen und habe nach Öffnen des klägerischen Hemdes dieses Stück Klebeband auf dessen Brust geklebt und wieder mit einem Ruck abgerissen und sei sodann wieder weggegangen. Der Kläger habe gezuckt. Der Zeuge F. konnte hierzu weiter angeben, dass er anschließend zum Kläger beim Schuhe anziehen gesagt habe, er blute. Er habe bei dieser Gelegenheit auch gesehen, dass Haare ausgerissen waren. Schließlich hat der Zeuge E. bekundet, dass der Beklagte, als er mit dem Kläger im Pausenraum allein gesessen habe, ohne Vorwarnung und ohne, dass er mit dem Kläger gesprochen habe, mit einer langen Schere aus seinem Büro hinter den Kläger gegangen sei und ihm vorne in Nähe der Geheimratsecken Haare weggeschnitten habe. Der Zeuge F. hat hierzu bekundet nicht dabei gewesen zu sein, sondern lediglich die Spätfolgen in Form der Löcher im Haarschnitt gesehen zu haben. Zum Stoßdämpfervorfall führte der Zeuge F. an, dass er sich mit dem Kläger in der Pause befunden habe, als der Beklagte einen Stoßdämpfer von einer Heckklappe mithatte und verlangte, diesen zusammendrücken. Er selbst habe es nicht probiert, nur der Kläger habe es vergeblich versucht, woraufhin der Beklagte zu ihm gegangen sei und ihm den Stoßdämpfer in die Rippe seitlich drückte und dabei sagte, geht doch. Beim Anziehen habe der Kläger ihn gefragt, wie er seiner Frau die blauen Flecken erklären solle. Die Abdrücke von diesem Vorfall habe er einen Tag später beim gemeinsamen Duschen gesehen. Ferner haben die Zeugen E., F. und H. allesamt bekundet, dass jeden Tag etwas anderes gewesen sei und man gar nicht mehr gewusst habe, was als nächstes komme. Auch gaben alle Zeugen an, dass der Beklagte direkt oder indirekt mit Kündigungen und Abmahnungen gedroht habe, wenn man nicht machte was er wolle. Alle soweit hierzu befragten Zeugen gaben an, dass von ihnen keine Aggressionen gegenüber dem Kläger ausgegangen seien, sondern allein der Beklagte so gehandelt habe. Schließlich bekundeten die Zeugen F. und H., dass ausschlaggebend für die Einschaltung des Personalrats gewesen sei, dass der Zeuge F., nachdem der Beklagte an seinem unverschlossenen Auto gewesen sei und ihm im im Streitgespräch gedroht habe, sich der Zeuge F. dies nicht mehr bieten haben lasse und alle aufgefordert habe mit zum Personalrat mit zukommen, um reinen Tisch zu machen. Herr G. bekundete hierzu, dass er glaubt, dass der Zeuge F. ihn gefragt habe, ob er mitkomme.

22

Soweit der Beklagte einwendet, dass die Angaben des Klägers und der Zeugen schon im Hinblick auf die Daten nicht rund seien, ändert dies an der Glaubhaftigkeit der Aussagen nichts. Die Zeugen schilderten die Vorfälle im Kern klar, dass Daten im vorliegenden Fall nicht genau erinnerlich sind, ist schon aufgrund der Vielzahl der Vorfälle nachvollziehbar. Zudem hatten zunächst weder der Kläger noch die Zeugen selbst wegen des Verhaltens des Beklagten gegenüber dem Kläger vor, etwas zu unternehmen geschweige denn belastendes Material zu sammeln, das sie den direkten und indirekten Drohungen des Beklagten allesamt glaubten. Auslöser des Schweigebrechens war vielmehr, dass der Zeuge F. sich über den Beklagten wegen des Öffnens seines PKW und der anschließenden Diskussion derart ärgerte, dass er dies nicht mehr hinnahm und die Kollegen seiner Aufforderung nachkamen, sich ihm anzuschließen.

23

Die Berufungskammer hat nach dem persönlichen Eindruck, den sie von den Zeugen während ihrer Vernehmung gewonnen hat, keinen Anlass, an deren Glaubwürdigkeit zu zweifeln. Sie schilderten anschaulich, in sich stimmig und lebensnah die von ihnen selbst wahrgenommenen Vorfälle. Abweichungen hinsichtlich der Beschreibungen einzelner Punkte im Umfeld ändern hieran nichts, da jeder das vom ihm tatsächlich erlebte Geschehen aus seiner eigenen Erinnerung schilderte. Ein Eigeninteresse am Ausgang des Rechtsstreits ist für keinen der Zeugen erkennbar.

24

Schließlich haben der Kläger und die Zeugen diese Vorfälle bereits auch im arbeitsgerichtlichen Kündigungsschutzverfahren des Beklagten vor dem Arbeitsgericht Bad Kreuznach Az. 7 Ca 546/14 am 18.12.2014 und damit zeitnäher geschildert, weshalb es auch nicht verwundert, dass die Aussagen nunmehr nicht mehr so detailreich ausgefallen sind wie damals. Inhaltlich decken sie sich jedoch.

25

Darüber hinaus deckt sich das Ergebnis der von der Berufungskammer durchgeführten Beweisaufnahme gleichfalls mit den Feststellungen zu diesen Geschehnissen im rechtskräftigen Strafurteil des Amtsgerichts B. K. vom 26.02.2015, AZ ... Ds ... Js .../..., wobei letzteres allein die Vorfälle am 09.04.2014 (Klebeband) und am 23.05.2014 (Stoßdämpfer) betraf. Auch diese Umstände sind in die Beweiswürdigung nach § 286 ZPO einzubeziehen. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass die strafrechtliche Verurteilung weder eine Beweislastumkehr noch eine Bindungswirkung für die Zivilgerichte entfaltet, sondern vielmehr die Tatbestandsvoraussetzungen (des Straftatbestandes) selbständig zu prüfen sind. Auch geht die Kammer im Einklang mit der Rechtsprechung davon aus, das ein in einem anderen Prozess abgelegtes Geständnis nicht die Wirkungen der §§ 288, 290 ZPO zukommt. Doch können die tatsächlichen Feststellungen in einem anderen Urteil, insbesondere in einem Strafurteil aber im Rahmen der eigenen freien Beweiswürdigung und der Überzeugungsbildung des Zivilrichters im Sinne von § 286 ZPO Berücksichtigung finden. Dabei ist das Urteil, - wie vorliegend geschehen - wenn eine Partei sich zu Beweiszwecken darauf beruft, im Wege des Urkundsbeweises gemäß §§ 415, 417 ZPO zu verwerten, wobei die in der Beweisurkunde dargelegten Feststellungen einer eigenen kritischen Prüfung zu unterziehen ist (vgl. BAG 23.10.2014 – 2 AZR 865, 13 Rn. 26 ff., NZA 2015, 353 ff., OLG Hamm, 07.09. 2012 - I-9 W 4/12, 9 W 4/12 - juris).

26

Das Arbeitsgericht hat im Kündigungsschutzverfahren des Beklagten Az. 7 Ca 546/14 am 18.12.2014 nach umfassender Beweisaufnahme ihre Feststellungen zum Geschehen getroffen. Dabei hat es neben den hiesigen Zeugen E., F., G. und H. auch den Kläger und damit das eigentliche Opfer der Attacken als Zeugen vernommen. Die Beweiswürdigung in diesem arbeitsgerichtlichen Urteil ist aus Sicht der Berufungskammer überzeugend und nicht zu beanstanden. Es hat sich ausführlich mit der Glaubhaftigkeit der Aussagen und der Glaubwürdigkeit der Zeugen auseinandergesetzt. Gleiches gilt für das Strafurteil des Amtsgerichts B. K. vom 26.02.2015, AZ.: ... Ds ... Js .../..., auch dieses hält einer kritischen Prüfung stand. So hat das Amtsgericht seine Feststellungen zu den Tatgeschehen am 09.04.2014 und am 23.05.2014 nach umfassender Beweisaufnahme gestützt auf Aussagen der von ihm vernommenen Zeugen E., F., G., H. und dem Kläger sowie die geständige Einlassung des Beklagten nach einer Verständigung im Strafverfahren. Dabei hat es umfassend alle Umstände gewürdigt und dabei auch mit nachvollziehbarer lebensnaher Begründung die Zeugen jeweils für glaubwürdig und ihre Aussagen für glaubhaft gehalten.

27

Ebenso kommt vorliegend auch dem vom Beklagten im Strafverfahren abgegebenen Geständnis hinsichtlich der Vorfälle vom 09.04.2014, 23.05.2014 und dem gleichfalls dort eingestandenen Vorfall mit dem Obstmesser eine Indizwirkung für die Wahrheit (vgl. hierzu LAG Rheinland-Pfalz 15.05.2008 – 10 Sa 70/08, BGH 15.03.2004, II ZR 136/02) der zugestandenen Tatsachen zu. Daran ändert auch nichts, dass der Beklagte im vorliegenden Verfahren behauptet, dieses allein aus prozesstaktischen Gründen unter dem Druck der Verhandlungssituation nach dem Verständigungsgespräch abgegeben zu haben. Ein Geständnis wird zwar regelmäßig zu einer milderen Strafe führen. Daraus ergibt sich aber noch nicht, dass die Aussage unzutreffend ist. Vorliegend spricht für die Richtigkeit zum einem, dass er es unter dem Eindruck der dort durchgeführten Beweisaufnahme abgelegt hat. Zudem bestätigt seine Einlassung letztlich nur die Aussagen der auch von der Berufungskammer im vorliegenden Verfahren selbst vernommenen Zeugen zu den eingestandenen Vorfällen. Schließlich räumt der Beklagte im vorliegenden Verfahren zumindest ein, dass er einmal den Kläger mit einem Stück Currywurst versucht habe zu füttern und er die Haare des Klägers nachgeschnitten habe, wobei er selbst meint, dass beides lediglich Scherze unter Männern dargestellt habe.

28

2. Der Beklagte hat mit diesem festgestellten Sachverhalt zum einen schwerwiegend das Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzt zum anderen hat er ferner zumindest in drei Fällen auch eine gefährliche Köperverletzung im Sinne des § 224 StGB begangen.

29

a) Das durch Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht ist im Privatrechtsverkehr und insbesondere auch im Arbeitsverhältnis zu beachten (vgl. ua. BAG 21.06.2012 - 2 AZR 153/11 - Rn. 30, BAGE 142, 176; 16.11.2010 - 9 AZR 573/09 - Rn. 37 ff., BAGE 136, 156; BGH 08.02.2011 - VI ZR 311/09 - Rn. 12; 20.12.2011 - VI ZR 262/10 - Rn. 10; BVerfG 14.02.1973 - 1 BvR 112/65 - zu C I 2 der Gründe, BVerfGE 34, 269). Ein auf § 823 Abs. 1 BGB gestützter Anspruch auf Geldentschädigung wegen einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung - nur eine solche kommt dafür in Betracht - setzt voraus, dass die Beeinträchtigung nicht auf andere Weise befriedigend ausgeglichen werden kann (BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 188/11 - Rn. 29, BAGE 142, 143; vgl. BGH 05.03.1963 - VI ZR 55/62 - zu II der Gründe, BGHZ 39, 124; BVerfG 23.09.2009 - 1 BvR 1681/09, 1 BvR 11 BvR 1742/09 - Rn. 2 mwN; 14.02.1973 - 1 BvR 112/65 - zu C III der Gründe, aaO). Die Zubilligung einer Geldentschädigung im Fall einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung beruht auf dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktion blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde. Bei dieser Entschädigung steht - anders als beim Schmerzensgeld - regelmäßig der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund. Außerdem soll sie der Prävention dienen (BAG 19.02.2015 – 8 AZR 1007/13, NZA 2015, 994, 995 f.;BGH 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03 - zu II 1 der Gründe, BGHZ 160, 298).

30

b) Auch nach Auffassung des Berufungsgerichts handelt es sich bei den Handlungen des Beklagten um eine besonders schwere Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers. Ausschlaggebend sind insbesondere Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner der Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad seines Verschuldens (vgl. std. Rspr. zuletzt BAG 19.02.2015 – 8 AZR 1007/13, NZA 2015, 994, 996 m.w.N.; BGH 17.12.2013 - VI ZR 211/12 - Rn. 38 m.w.N.).

31

Der Beklagte hat den Kläger ohne ersichtlichen Grund über Monate zu seiner Zielscheibe gemacht. Seine einzelnen Handlungen waren ohne ersichtlichen Anlass, insbesondere hat der Kläger sie in keinem Fall durch sein eigenes Verhalten provoziert. Alle Vorfälle sei es Currywurstfüttern, Haare schneiden, Obstmesser in die Seite drücken, unvermittelt Klebeband auf die Brust kleben und wieder abziehen sowie Stoßdämpfer in die Seite rammen zielten allein darauf ab, den Kläger zu demütigen und vor seinen Kollegen in seiner Ehre herabzuwürdigen. Dies belegt etwa auch die vom Beklagten einmal getätigte Äußerung, dass der Kläger nicht einmal anständig essen könne. Hierin kann auch kein harmloser Scherz unter erwachsenen Männern gesehen werden, wie der Beklagte insoweit meint. Gleiches gilt für das Haare abschneiden. Selbst der Beklagte behauptet nicht, dass irgendwer darüber gelacht habe, insbesondere auch nicht der Kläger. Zum anderen handelte es sich hinsichtlich der Currywurst auch nicht um einen einmaligen Vorfall. Schließlich hat der Beklagte den Kläger auch nicht um Erlaubnis gefragt. Zudem reihen sich diese Vorfälle in eine fortlaufende Kette ein. Für den Kläger war über Monate völlig unberechenbar, ob und was im Pausenraum als nächstes passieren würde. Der Kläger war diesem Verhalten aus seiner Sicht machtlos ausgeliefert. Insoweit ist ferner zu beachten, dass der Beklagte zudem der Vorgesetzte des Klägers war. Er hat diese Position dabei bewusst missbraucht, da er allen zu verstehen gab, dass er der Chef sei. Ferner hat er vorsätzlich und gezielt gehandelt und stets den Kläger für diese Art von Angriffen ausgesucht hat. Sein Handeln ist durch nichts gerechtfertigt. Es ist insbesondere kein - wie auch immer gearteter - auch nur entfernt nachvollziehbarer Beweggrund ersichtlich.

32

Darüber hinaus stellen zumindest auch das Obstmesser in die Seite drücken, sowie das Klebeband von der Brust abziehen und den Stoßdämpfer in die Seite drücken auch vorsätzliche tätliche Angriffe gegen die körperliche Unversehrtheit des Klägers dar, die Schmerzen und mindestens in einem Fall auch Hämatome verursachten.

33

3. Die Höhe des vom Arbeitsgericht festgesetzten Schmerzensgeldes ist ebenfalls Im Hinblick auf die Bedeutung der tangierten Persönlichkeitsbelange und der Schwere der Beeinträchtigung angemessen.

34

a) Soweit der Beklagte mit seiner Berufung einwendet, dass der Kläger überhaupt keine psychische Beeinträchtigung oder behandlungsbedürftigen körperlichen Schäden erlitten habe und die inhaltliche Richtigkeit der vorgelegten Atteste bestreitet, ist dies nicht weiterführend. Zutreffend hat nämlich bereits das Arbeitsgericht bei seiner Schmerzensgeldbemessung hierauf nicht abgestellt, sondern vielmehr im Gegenteil ausgeführt, dass bei der Bemessung zu berücksichtigen sei, dass trotz der massiven Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts und der körperlichen Integrität die Folgen des Handeln des Beklagten nicht so schwerwiegend gewesen seien, als dass der Kläger unmittelbar und zeitnah umfangreiche ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen musste oder arbeitsunfähig erkrankte. Der Beklagte verkennt weiterhin, dass die Zubilligung einer Geldentschädigung nicht von einer kausal mit der Persönlichkeitsrechtsverletzung zusammenhängenden psychischen Behandlungsbedürftigkeit abhängig ist. Denn bei der Entschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts handelt es sich nicht um ein Schmerzensgeld gemäß § 253 Abs. 2 BGB, sondern um eine Zahlung, die auf den Schutzauftrag aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG zurückgeht (vgl. std. Rspr. zuletzt BAG 19.02.2015 – 8 AZR 1007/13, NZA 2015, 994, 997, BGH 17.12.2013 - VI ZR 211/12 - Rn. 40 mwN, BGHZ 199, 237). Es bedarf deshalb für die Zubilligung einer Entschädigung gerade keiner kausal mit der Persönlichkeitsverletzung zusammenhängenden psychischen oder körperlichen Behandlungsbedürftigkeit, da ansonsten Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktion blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde, wie der vorliegende Fall anschaulich belegt. Denn der Beklagte hat den Kläger vorsätzlich monatelang schwerwiegend in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt und erniedrigt. Eine Genugtuung allein durch die strafrechtliche Verurteilung kommt vorliegend deshalb nicht in Betracht.

35

b) Auch bei der Höhe der Entschädigung sind die soeben unter I. 2. b) dargestellten Umstände zu berücksichtigen. Im Streitfall fällt insbesondere ins Gewicht, dass der Beklagte über einen längeren Zeitraum handelte und den Kläger bei verschiedensten Gelegenheiten vor Arbeitskollegen schikanierte und erniedrigte. Für den Kläger war auch das Arbeitsklima nachhaltig belastet. Ferner war zu berücksichtigen, dass der Beklagte vorsätzlich ohne einen ansatzweise nachvollziehbaren Beweggrund handelte. Dabei schreckte er auch nicht davor zurück, dem Kläger auch körperliche Schmerzen zuzufügen und gefährliche Köperverletzungen zu begehen. Er setzte dabei auch seine Vorgesetztenstellung als Mittel ein, um sein Opfer und auch die anwesenden Arbeitskollegen einzuschüchtern. Da der Kläger dennoch zeitnah keine umfangreiche ärztliche Hilfe benötigte und auch nicht arbeitsunfähig erkrankte kommt auch die Berufungskammer bei Abwägung aller Umstände des vorliegenden Falles zu dem Ergebnis, dass sie eine Entschädigung in Höhe von 10.000,00 EUR für angemessen erachtet.

36

4. Der Zinsanspruch beruht auf § 288 BGB.

III.

37

Die Berufung war daher mit der sich aus § 97 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen. Ein Revisionszulassungsgrund nach § 72 Abs. 2 ArbGG besteht nicht.

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Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 69 Urteil


(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Woch

Strafprozeßordnung - StPO | § 154 Teileinstellung bei mehreren Taten


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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 8


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Strafgesetzbuch - StGB | § 224 Gefährliche Körperverletzung


(1) Wer die Körperverletzung 1. durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,2. mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,3. mittels eines hinterlistigen Überfalls,4. mit einem anderen Beteiligten gemeins

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 253 Immaterieller Schaden


(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden. (2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbs

Zivilprozessordnung - ZPO | § 288 Gerichtliches Geständnis


(1) Die von einer Partei behaupteten Tatsachen bedürfen insoweit keines Beweises, als sie im Laufe des Rechtsstreits von dem Gegner bei einer mündlichen Verhandlung oder zum Protokoll eines beauftragten oder ersuchten Richters zugestanden sind. (

Zivilprozessordnung - ZPO | § 415 Beweiskraft öffentlicher Urkunden über Erklärungen


(1) Urkunden, die von einer öffentlichen Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse oder von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises in der vorgeschriebenen Form aufgenommen sind (öffen

Zivilprozessordnung - ZPO | § 290 Widerruf des Geständnisses


Der Widerruf hat auf die Wirksamkeit des gerichtlichen Geständnisses nur dann Einfluss, wenn die widerrufende Partei beweist, dass das Geständnis der Wahrheit nicht entspreche und durch einen Irrtum veranlasst sei. In diesem Fall verliert das Geständ

Zivilprozessordnung - ZPO | § 417 Beweiskraft öffentlicher Urkunden über amtliche Anordnung, Verfügung oder Entscheidung


Die von einer Behörde ausgestellten, eine amtliche Anordnung, Verfügung oder Entscheidung enthaltenden öffentlichen Urkunden begründen vollen Beweis ihres Inhalts.

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Bundesarbeitsgericht Urteil, 21. Juni 2012 - 8 AZR 188/11

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Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 14. Januar 2009 - 11 Sa 460/08 - aufgehoben, soweit es die Berufung des Klägers gegen das Ur

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(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden.

(2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Die von einer Partei behaupteten Tatsachen bedürfen insoweit keines Beweises, als sie im Laufe des Rechtsstreits von dem Gegner bei einer mündlichen Verhandlung oder zum Protokoll eines beauftragten oder ersuchten Richters zugestanden sind.

(2) Zur Wirksamkeit des gerichtlichen Geständnisses ist dessen Annahme nicht erforderlich.

Der Widerruf hat auf die Wirksamkeit des gerichtlichen Geständnisses nur dann Einfluss, wenn die widerrufende Partei beweist, dass das Geständnis der Wahrheit nicht entspreche und durch einen Irrtum veranlasst sei. In diesem Fall verliert das Geständnis seine Wirksamkeit.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Urkunden, die von einer öffentlichen Behörde innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse oder von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises in der vorgeschriebenen Form aufgenommen sind (öffentliche Urkunden), begründen, wenn sie über eine vor der Behörde oder der Urkundsperson abgegebene Erklärung errichtet sind, vollen Beweis des durch die Behörde oder die Urkundsperson beurkundeten Vorganges.

(2) Der Beweis, dass der Vorgang unrichtig beurkundet sei, ist zulässig.

Die von einer Behörde ausgestellten, eine amtliche Anordnung, Verfügung oder Entscheidung enthaltenden öffentlichen Urkunden begründen vollen Beweis ihres Inhalts.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
II ZR 136/02 Verkündet am:
15. März 2004
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
ZPO §§ 286 B, 287, 288, 290
Ein Geständnis in einem Strafverfahren entfaltet in einem Zivilprozeß nicht die
Wirkungen der §§ 288, 290 ZPO, stellt aber im Rahmen der freien Beweiswürdigung
nach § 286 ZPO ein wichtiges Indiz für die Wahrheit der zugestandenen
Tatsachen dar. Das Gericht darf diesen Beweis nur als geführt ansehen, wenn
es zuvor alle für die Unrichtigkeit des Geständnisses angetretenen Beweise
erhoben hat.
BGH, Urteil vom 15. März 2004 - II ZR 136/02 -OLG Hamburg
LG Hamburg
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 15. März 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht
und die Richter Prof. Dr. Goette, Kraemer, Dr. Graf und Dr. Strohn

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 7. März 2002 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger ist ein Verein, dessen Zweck darin besteht, die Volksfestveranstaltungen auf dem Heiligengeistfeld in H. sowie die Veranstaltungen anläßlich der Feier des Hafengeburtstags durch Werbemaßnahmen zu fördern. Der Beklagte war Oberregierungsrat und leitete in der H. Senatsverwaltung das Referat "Volksfeste, Sonderveranstaltungen und Märkte", das sog. Domreferat. Er war zeitweise auch Vorstandsmitglied des Klägers. Die übrigen Vorstandsmitglieder sind Schausteller. Wegen deren häufiger Ortsabwesenheit
wurden die Geschäfte des Vereins weitgehend von dem Beklagten geführt, auch nachdem er nicht mehr dem Vorstand angehörte.
Der Kläger verlangt von dem Beklagten Schadensersatz in Höhe von 286.191,69 DM. Dazu behauptet er, der Beklagte habe in 28 Fällen ohne Zustimmung des Vorstands Vereinsgelder für eigene Zwecke oder zugunsten ihm nahe stehender Personen verwandt. Unter anderem wegen dieser Vorwürfe hat gegen den Beklagten ein Strafverfahren stattgefunden, in dem er ein umfassendes Geständnis abgelegt hat und daraufhin wegen Untreue zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden ist.
Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß zum Schadensersatz verurteilt. Seine Berufung ist erfolglos geblieben. Dagegen richtet sich die Revision des Beklagten.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist begründet.
I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der Beklagte sei gemäß §§ 823 Abs. 2 BGB, 266 Abs. 1 StGB zum Schadensersatz in dem eingeklagten Umfang verpflichtet. Daß er den Tatbestand der Untreue erfüllt habe, stehe fest aufgrund seines Geständnisses in dem Strafverfahren. Zwar sei dieses Geständnis für den Zivilprozeß nicht bindend. Gleichwohl führe die Beweiswürdigung dazu, daß der Beklagte an dem Geständnis festzuhalten sei. Damit stehe auch der Umfang des Schadens fest.
II. Diese Ausführungen sind nicht frei von Rechtsfehlern. Das Berufungs- gericht hat den Prozeßstoff nicht erschöpfend ausgewertet.
1. Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, daß ein in einem anderen Prozeß abgelegtes Geständnis nicht die Wirkungen der §§ 288, 290 ZPO entfaltet, sondern lediglich im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach § 286 ZPO als Indiz für die Wahrheit der zugestandenen Tatsachen zu berücksichtigen ist (BGH, Urt. v. 30. Oktober 1984 - IX ZR 6/84, VersR 1985, 83, 85; Urt. v. 15. Juni 1994 - XII ZR 128/93, NJW 1994, 3165, 3167; BAG, Urt. v. 9. Februar 1995 - 2 AZR 389/94, NJW 1996, 1299, 1300; Stein/Jonas/Leipold, ZPO 21. Aufl. § 288 Rdn. 24, § 290 Rdn. 9; MünchKommZPO/Prütting, 2. Aufl. § 288 Rdn. 37, § 290 Rdn. 3). In diesem Rahmen kann das Geständnis eine so große Beweiskraft entfalten, daß es zur richterlichen Überzeugungsbildung auch dann ausreicht, wenn es widerrufen worden ist und die beweisbelastete Gegenpartei keine weiteren Beweismittel vorgebracht hat.
2. Das Berufungsgericht hat aber den im Zivilprozeßrecht geltenden Grundsatz der Pflicht zur Erschöpfung der angebotenen Beweismittel nicht beachtet. Danach darf das Gericht seiner Entscheidung keine für eine Partei ungünstige Tatsache zugrunde legen, ohne zuvor alle von dieser Partei dazu angebotenen Gegenbeweise erhoben zu haben, sofern nicht ein verfahrens- oder beweisrechtlicher Grund zur Ablehnung des Beweisantrags vorliegt (BVerfG, Beschl. v. 8. November 1978 - 1 BvR 158/78, NJW 1979, 413; BGHZ 53, 245, 259 f.; BGH, Urt. v. 29. Oktober 1996 - XI ZR 319/95, NJW-RR 1997, 238; Urt. v. 18. November 2003 - XI ZR 332/02, ZIP 2004, 159, 162).
Gegen diesen Grundsatz hat das Berufungsgericht verstoßen. Es hat versäumt, die von dem Beklagten angebotenen Beweise zu erheben. Der Beklagte hat die Vorwürfe des Klägers bestritten und dazu in den mit der Revisionsbegründung aufgezeigten Fällen Beweis angetreten. Er hat dieses Bestreiten auch nach seinem Geständnis in dem Strafverfahren aufrechterhalten. So hat er zur Begründung seiner Berufung nach der strafgerichtlichen Verurteilung vorgetragen, daß er an seinen Einwendungen festhalte. In dem Schriftsatz vom 4. Dezember 2001 hat er erklärt, daß er sein Geständnis aus dem Strafverfahren in allen Punkten widerrufe.
Damit hätte das Berufungsgericht die von dem Beklagten angetretenen Beweise erheben müssen. Das Vorbringen des Beklagten war erheblich. Dabei kommt es nicht darauf an, ob den angeblichen Auftragsvergaben Vorstandsbeschlüsse zugrunde gelegen haben. Eine zum Schadensersatz verpflichtende Untreue des Beklagten würde bereits dann ausscheiden, wenn den von ihm veranlaßten Zahlungen gleichwertige und dem Kläger nützliche Gegenleistungen entsprochen hätten.
Dieser Beweisaufnahme standen verfahrens- oder beweisrechtliche Gründe nicht entgegen. Auch war sie nicht nach § 287 ZPO entbehrlich. Diese Vorschrift bezieht sich nur auf die Höhe der Forderung, nicht auf den Haftungsgrund (BGH, Urt. v. 28. April 1982 - IVa ZR 8/81, NJW 1983, 998). Hier aber geht es um die Frage, ob der Beklagte in den streitigen Fällen jeweils eine unerlaubte Handlung begangen hat.
3. Soweit der Beklagte hinsichtlich einzelner Fälle keinen Beweis angetreten oder nur eine nach §§ 445 ff. ZPO unzulässige Parteivernehmung beantragt hat, war das Verfahren des Berufungsgerichts ebenfalls fehlerhaft. Der
Beklagte hat sich auch insoweit zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen im einzelnen erklärt. Dieses Vorbringen hätte das Berufungsgericht würdigen müssen. Der pauschale Hinweis auf das Geständnis in dem Strafverfahren reichte dazu nicht aus.
III. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die Würdigung des Vortrags des Beklagten und die Beweisaufnahme nachgeholt werden können.
Röhricht Goette Kraemer
Graf Strohn

(1) Wer die Körperverletzung

1.
durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2.
mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3.
mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4.
mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5.
mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
begeht, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 18. November 2010 - 6 Sa 817/10 - aufgehoben, soweit es ihre Berufung zurückgewiesen hat.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

2

Die Beklagte betreibt ein bundesweit tätiges Einzelhandelsunternehmen. Die 1958 geborene Klägerin war bei ihr und ihrer Rechtsvorgängerin seit September 1990 als Verkäuferin, zuletzt als stellvertretende Filialleiterin, beschäftigt. Sie erhielt als Teilzeitkraft eine monatliche Bruttovergütung von etwa 1.400,00 Euro.

3

Mit Zustimmung des bei ihr gebildeten Betriebsrats installierte ein von der früheren Arbeitgeberin beauftragtes Überwachungsunternehmen in der Zeit vom 1. bis 22. Dezember 2008 Videokameras in den Verkaufsräumen der Filiale. Am 12. Januar 2009 wertete die Arbeitgeberin das ihr übergebene Filmmaterial im Beisein eines Betriebsratsmitglieds aus. Sie hielt der Klägerin anschließend vor, diese habe sich heimlich Zigaretten angeeignet.

4

Nach Anhörung des Betriebsrats und mit dessen Zustimmung kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 23. Januar 2009 fristlos, hilfsweise fristgerecht zum nächstzulässigen Termin.

5

Dagegen hat die Klägerin rechtzeitig Klage erhoben. Sie hat bestritten, Zigaretten entwendet zu haben. Sie habe lediglich ihre Aufgaben erledigt, zu denen es gehöre, Zigarettenregale ein- und auszuräumen und ggf. zu ordnen. Im Übrigen sei der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört worden. Ihm sei nicht das komplette Videoband, sondern lediglich ein Zusammenschnitt vorgespielt worden. Überdies verstoße die heimliche Videoaufnahme gegen ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Daraus folge ein Verwertungsverbot.

6

Die Klägerin hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die fristlose Kündigung vom 23. Januar 2009 sein Ende gefunden hat;

        

2.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die fristgerechte Kündigung vom 23. Januar 2009 sein Ende gefunden hat, sondern zu den Konditionen des abgeschlossenen Arbeitsvertrags unverändert fortbesteht;

        

3.    

die Beklagte zu verurteilen, sie als stellvertretende Filialleiterin in der Niederlassung K in vereinbarter Teilzeit bei 24 Stunden pro Woche tatsächlich zu beschäftigen.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, aufgrund der vorliegenden Videoaufzeichnungen sei nachgewiesen, dass sich die Klägerin an zwei Tagen im Dezember 2008 jeweils mindestens eine Packung Zigaretten zugeeignet habe. Zumindest bestehe ein entsprechender Tatverdacht. Sie hat behauptet, Anlass für die verdeckte Videoüberwachung seien hohe Inventurverluste in der Filiale der Klägerin, insbesondere im Bereich Tabak, gewesen. Es habe der Verdacht bestanden, dass Mitarbeiterdiebstähle einen erheblichen Einfluss auf die Inventurdifferenzen gehabt hätten. Auf dem Filmmitschnitt sei zu sehen, wie die Klägerin am 6. und am 17. Dezember 2008, jeweils nach 20:00 Uhr, einen sog. Zigarettenträger einer Kasse öffne, ihm einige Schachteln Zigaretten entnehme, diese in den Fächern für (Einkaufs-)Tüten verstaue, den Zigarettenträger wieder verschließe, sich zunächst entferne, einige Minuten später wieder an die Kassen zurückkehre, den Tütenfächern die Zigarettenschachteln entnehme und diese in ihrer Bluse verstaue.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht nach erneuter Einnahme des Augenscheins in die Videoaufnahmen vom 6. und 17. Dezember 2008 festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht vor dem 31. Juli 2009 beendet worden ist. Im Übrigen hat es die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr gegen die Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung gerichtetes Feststellungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist begründet. Dies führt zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht ( § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO ), soweit dieses die Klage gegen die ordentliche Kündigung vom 23. Januar 2009 abgewiesen hat. Zwar ist die Kündigung nicht gem. § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam(I.). Auch die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die ordentliche Kündigung sei auf der Grundlage des festgestellten Kündigungssachverhalts sozial gerechtfertigt, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (II.). Es steht aber noch nicht fest, ob hinsichtlich der in Augenschein genommenen Videoaufzeichnungen ein Beweisverwertungsverbot wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin aus Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG bestand(III.).

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I. Die Kündigung ist nicht nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, der Betriebsrat sei ordnungsgemäß angehört worden, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Auch die Revision erhebt insoweit gegen das Berufungsurteil keine Einwände.

11

1. Der Betriebsrat ist ordnungsgemäß angehört, wenn ihm der Arbeitgeber die aus seiner Sicht tragenden Umstände unterbreitet hat (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 45, AP BGB § 626 Nr. 236 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 36; 22. April 2010 - 2 AZR 991/08 - Rn. 13, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 163 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 26).

12

2. Danach ist die Anhörung im Streitfall nicht deshalb unvollständig, weil die frühere Arbeitgeberin dem Betriebsrat nur die von dem beauftragten Überwachungsunternehmen zusammengestellten Ausschnitte der Videoüberwachung zur Verfügung gestellt hat. Die Arbeitgeberin war selbst nicht im Besitz des vollständigen Materials. Soweit die Videoauswertung Grundlage ihres Kündigungsentschlusses war, hat sie sie dem Betriebsrat zugänglich gemacht.

13

II. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung vom 23. Januar 2009 sei gem. § 1 Abs. 2 KSchG aus verhaltensbedingten Gründen sozial gerechtfertigt, hält - auf Basis des vom Landesarbeitsgericht als bewiesen erachteten Sachverhalts - einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

14

1. Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG ist eine Kündigung sozial gerechtfertigt, wenn sie durch Gründe, die im Verhalten des Arbeitnehmers liegen, bedingt ist. Sie ist durch solche Gründe „bedingt“, wenn der Arbeitnehmer seine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und in der Regel schuldhaft verletzt hat und eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten steht. Dann kann dem Risiko künftiger Störungen nur durch die (fristgemäße) Beendigung des Arbeitsverhältnisses begegnet werden. Das wiederum ist nicht der Fall, wenn schon mildere Mittel und Reaktionen von Seiten des Arbeitgebers geeignet gewesen wären, beim Arbeitnehmer künftige Vertragstreue zu bewirken (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 284/10 - Rn. 34, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 64 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 37; 28. Oktober 2010 - 2 AZR 293/09 - Rn. 12, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 62 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 78; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 34, 37, BAGE 134, 349).

15

Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 284/10 - Rn. 35, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 64 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 37; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 36, BAGE 134, 349). Einer Abmahnung bedarf es nach Maßgabe des auch in § 314 Abs. 2 iVm. § 323 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes demnach nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist(BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 284/10 - aaO; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 37 mwN, aaO).

16

2. Danach ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die ordentliche Kündigung vom 23. Januar 2009 sei iSv. § 1 Abs. 2 KSchG durch Gründe im Verhalten der Klägerin bedingt, auf der Grundlage des von ihm festgestellten Sachverhalts nicht zu beanstanden.

17

a) Begeht ein Arbeitnehmer bei oder im Zusammenhang mit seiner Arbeit rechtswidrige und vorsätzliche - ggf. strafbare - Handlungen unmittelbar gegen das Vermögen seines Arbeitgebers, verletzt er zugleich in schwerwiegender Weise seine schuldrechtliche Pflicht zur Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB) und missbraucht das in ihn gesetzte Vertrauen. Ein solches Verhalten kann sogar einen wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB darstellen, und zwar auch dann, wenn die rechtswidrige Handlung Sachen von nur geringem Wert betrifft oder zu einem nur geringfügigen, möglicherweise zu gar keinem Schaden geführt hat(BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 485/08 - Rn. 18, AP BGB § 626 Nr. 232 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 33; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 26, BAGE 134, 349). Maßgebend ist der mit der Pflichtverletzung verbundene Vertrauensbruch (BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 485/08 - aaO; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 27, aaO).

18

b) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat die Klägerin am 6. und am 17. Dezember 2008 jeweils zumindest eine Zigarettenpackung aus dem Warenbestand der Rechtsvorgängerin der Beklagten entwendet. Sie hat damit wiederholt vorsätzlich gegen ihre arbeitsvertragliche Pflicht aus § 241 Abs. 2 BGB verstoßen, keine gegen das Vermögen ihrer Arbeitgeberin gerichteten rechtswidrigen Handlungen zu begehen. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, unter diesen Umständen sei die ordentliche Kündigung nicht unverhältnismäßig, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

19

aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, durch die von der Klägerin begangenen Vermögensdelikte zulasten ihrer Arbeitgeberin sei ein irreparabler Vertrauensverlust entstanden, der dieser eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar gemacht habe. Das Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Klägerin sei durch die vorsätzlichen Pflichtverletzungen objektiv derart erschüttert gewesen, dass seine Wiederherstellung und ein künftig wieder störungsfreies Miteinander der Parteien nicht mehr zu erwarten seien. Dem Interesse der Arbeitgeberin an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei auch unter Berücksichtigung des Lebensalters und der langen Betriebszugehörigkeit der Klägerin der Vorrang einzuräumen. Ungeachtet des geringen Werts der entwendeten Gegenstände habe die Klägerin die Basis für eine weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit zerstört.

20

bb) Dies lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Die Klägerin hat - den vom Landesarbeitsgericht festgestellten Sachverhalt als wahr unterstellt - heimlich und vorsätzlich das in sie gesetzte Vertrauen als Verkäuferin und stellvertretende Filialleiterin zu einer Schädigung des Vermögens ihrer Arbeitgeberin missbraucht. Es ist angesichts dessen revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Landesarbeitsgericht angenommen hat, eine Wiederherstellung des Vertrauens sei auch angesichts der unbeanstandeten Betriebszugehörigkeit der Klägerin von 18 Jahren und des geringen Werts der entwendeten Gegenstände nicht zu erwarten gewesen. Für den Grad des Verschuldens und die Möglichkeit einer Wiederherstellung des Vertrauens macht es objektiv einen Unterschied, ob es sich bei einer Pflichtverletzung um ein Verhalten handelt, das insgesamt auf Heimlichkeit angelegt ist - wie nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts im Streitfall - oder nicht (vgl. BAG 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 45, BAGE 134, 349).

21

3. Die Beweiswürdigung des Landesarbeitsgerichts lässt für den Fall, dass hinsichtlich der Videoaufzeichnungen vom 6. und 17. Dezember 2008 ein Beweisverwertungsverbot nicht bestand, keinen Rechtsfehler erkennen.

22

a) Eine vom Berufungsgericht nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO vorgenommene Beweiswürdigung kann durch das Revisionsgericht nur begrenzt überprüft werden. Dieses kann lediglich prüfen, ob das Berufungsgericht die Voraussetzungen und Grenzen des § 286 ZPO gewahrt und eingehalten hat. Revisionsrechtlich von Bedeutung ist nur, ob das Berufungsgericht den gesamten Inhalt der Verhandlung berücksichtigt und alle erhobenen Beweise gewürdigt hat, ob die Beweiswürdigung in sich widerspruchsfrei und ohne Verletzung von Denkgesetzen sowie allgemeinen Erfahrungssätzen erfolgt ist und ob sie rechtlich möglich ist. Ausreichend ist, dass das Berufungsgericht insgesamt widerspruchsfrei und umfassend hinsichtlich aller wesentlichen Aspekte zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung genommen hat (BAG 27. Juli 2011 - 7 AZR 402/10 - Rn. 51, EzA TzBfG § 17 Nr. 14; 18. Januar 2007 - 2 AZR 759/05 - Rn. 28, PatR 2008, 34; 1. Oktober 1997 - 5 AZR 685/96 - zu II 3 a der Gründe, BAGE 86, 347; BGH 14. Januar 1993 - IX ZR 238/91 - zu B II 3 a der Gründe, NJW 1993, 935).

23

b) Danach ist die Beweiswürdigung des Landesarbeitsgerichts revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat umfassend, widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denkgesetze begründet, warum es für wahr erachte, dass die Klägerin am 6. und am 17. Dezember 2008 jeweils zumindest eine Zigarettenpackung aus dem Warenbestand der Rechtsvorgängerin der Beklagten entwendet habe.

24

aa) Soweit die Klägerin geltend macht, sie selbst habe eine derartige Feststellung auch bei intensiver Betrachtung der Aufnahmen nicht treffen können, schließt dies nicht aus, dass die Berufungskammer ohne Rechtsfehler zu einer anderen Überzeugung gelangt ist.

25

bb) Zur Überzeugung des Landesarbeitsgerichts ist nach dem Inhalt der Videoaufzeichnungen widerlegt, dass die Klägerin - wie von ihr behauptet - lediglich Aufräumarbeiten an dem Zigarettenträger durchgeführt hat. Das Landesarbeitsgericht hat insoweit auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts Bezug genommen. Dieses hatte das aus den Videoaufnahmen ersichtliche Verhalten der Klägerin näher beschrieben und im Einzelnen ausgeführt, warum es ein bloßes „Aufräumen“ in keiner Weise habe erkennen lassen.

26

cc) Das Landesarbeitsgericht hat in seine Würdigung einbezogen, dass es sich bei den in Augenschein genommenen Videoaufnahmen nicht um ungeschnittene Originalaufnahmen, sondern um Ausschnitte aus dem Gesamtmaterial handelte. Es hat angenommen, deren Beweiswert hinsichtlich der konkreten Tathandlungen sei dadurch nicht gemindert. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat es die Möglichkeit einer Manipulation zu deren Lasten nicht ohne Begründung, sondern wegen der im Bild mitlaufenden Zeit- und Datumsangaben ausgeschlossen. Dies lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

27

III. Aufgrund der bisherigen Feststellungen kann der Senat nicht abschließend entscheiden, ob der Verwertung der Videoaufzeichnungen zum Beweis des Verhaltens der Klägerin ein prozessuales Verbot wegen einer Verletzung von deren allgemeinem Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG entgegenstand. Die Frage, ob ein Beweisverwertungsverbot auch aus einer möglichen Verletzung von § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG folgt, stellt sich hingegen für die Videoaufzeichnungen aus dem Jahr 2008 nicht. § 32 BDSG ist erst mit Wirkung vom 1. September 2009 in Kraft getreten.

28

1. Im gerichtlichen Verfahren tritt der Richter den Verfahrensbeteiligten in Ausübung staatlicher Hoheitsgewalt gegenüber. Er ist daher nach Art. 1 Abs. 3 GG bei der Urteilsfindung an die insoweit maßgeblichen Grundrechte gebunden und zu einer rechtsstaatlichen Verfahrensgestaltung verpflichtet(BVerfG 13. Februar 2007 - 1 BvR 421/05 - Rn. 93 mwN, BVerfGE 117, 202). Dabei können sich auch aus materiellen Grundrechten wie Art. 2 Abs. 1 GG Anforderungen an das gerichtliche Verfahren ergeben, wenn es um die Offenbarung und Verwertung von persönlichen Daten geht, die grundrechtlich vor der Kenntnis durch Dritte geschützt sind(BVerfG 13. Februar 2007 - 1 BvR 421/05 - Rn. 94 mwN, aaO). Das Gericht hat deshalb zu prüfen, ob die Verwertung von heimlich beschafften persönlichen Daten und Erkenntnissen, die sich aus diesen Daten ergeben, mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Betroffenen vereinbar ist (BVerfG 13. Februar 2007 - 1 BvR 421/05 - aaO).

29

a) Bei der Abwägung zwischen dem Interesse an einer funktionstüchtigen Rechtspflege und dem Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts als Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts hat das Interesse an der Verwertung der einschlägigen Daten und Erkenntnisse nur dann höheres Gewicht, wenn weitere, über das schlichte Beweisinteresse hinausgehende Aspekte hinzukommen, die ergeben, dass das Verwertungsinteresse trotz der Persönlichkeitsbeeinträchtigung überwiegt. Allein das Interesse, sich ein Beweismittel zu sichern, reicht nicht aus (BVerfG 13. Februar 2007 - 1 BvR 421/05 - BVerfGE 117, 202). Die weiteren Aspekte müssen gerade eine bestimmte Informationsbeschaffung und Beweiserhebung als schutzbedürftig qualifizieren (BVerfG 9. Oktober 2002 - 1 BvR 1611/96, 1 BvR 805/98 - zu C II 4 a der Gründe, BVerfGE 106, 28; BAG 13. Dezember 2007 - 2 AZR 537/06 - Rn. 36, AP BGB § 626 Nr. 210 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 20; vgl. zur Problematik auch BAG 23. April 2009 - 6 AZR 189/08 - BAGE 130, 347).

30

b) Das durch Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistete, auch im Privatrechtsverkehr und insbesondere im Arbeitsverhältnis zu beachtende allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers ist - auch in seiner Ausprägung als Recht am eigenen Bild - nicht schrankenlos gewährleistet. Eingriffe können durch Wahrnehmung überwiegend schutzwürdiger Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt sein. Bei einer Kollision des allgemeinen Persönlichkeitsrechts mit den Interessen des Arbeitgebers ist durch eine Güterabwägung im Einzelfall zu ermitteln, ob dieses den Vorrang verdient (vgl. BVerfG 9. Oktober 2002 - 1 BvR 1611/96, 1 BvR 805/98 - zu C II 4 a der Gründe, BVerfGE 106, 28; BAG 13. Dezember 2007 - 2 AZR 537/06 - Rn. 36, AP BGB § 626 Nr. 210 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 20; 14. Dezember 2004 - 1 ABR 34/03 - zu B I der Gründe, AP BetrVG 1972 § 87 Überwachung Nr. 42 = EzA BetrVG 2001 § 87 Überwachung Nr. 1). Danach ist die heimliche Videoüberwachung eines Arbeitnehmers zulässig, wenn der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers besteht, weniger einschneidende Mittel zur Aufklärung des Verdachts ergebnislos ausgeschöpft sind, die verdeckte Videoüberwachung damit praktisch das einzig verbleibende Mittel darstellt und sie insgesamt nicht unverhältnismäßig ist (BAG 27. März 2003 - 2 AZR 51/02 - zu B I 3 b cc der Gründe, BAGE 105, 356). Der Verdacht muss in Bezug auf eine konkrete strafbare Handlung oder andere schwere Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers gegen einen zumindest räumlich und funktional abgrenzbaren Kreis von Arbeitnehmern bestehen. Er darf sich nicht auf die allgemeine Mutmaßung beschränken, es könnten Straftaten begangen werden, er muss sich jedoch nicht notwendig nur gegen einen einzelnen, bestimmten Arbeitnehmer richten (vgl. BAG 27. März 2003 - 2 AZR 51/02 - zu B I 3 b dd (1) der Gründe, aaO). Auch im Hinblick auf die Möglichkeit einer weiteren Einschränkung des Kreises der Verdächtigen müssen weniger einschneidende Mittel als eine verdeckte Videoüberwachung zuvor ausgeschöpft worden sein.

31

2. Nach diesen Grundsätzen stellten die verdeckte Videoüberwachung der Klägerin und die Verwertung der zum Beweis für ihr Verhalten angebotenen Videoaufnahmen vom 6. und 17. Dezember 2008 einen Eingriff in das Recht der Klägerin am eigenen Bild als Ausprägung ihres grundrechtlich gewährleisteten allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar. Ob der Eingriff gerechtfertigt war, steht dagegen noch nicht fest.

32

a) Das Landesarbeitsgericht hat bisher keine Feststellungen getroffen, aufgrund derer die Annahme berechtigt wäre, es habe der hinreichend konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung zu Lasten der Arbeitgeberin bestanden. Es hat nicht in einer den Senat gem. § 559 Abs. 2 ZPO bindenden Weise festgestellt, dass und welche Inventurdifferenzen tatsächlich vorgelegen haben. Soweit es ausführt, es habe der Verdacht bestanden, „dass Mitarbeiterdiebstähle erheblichen Einfluss auf die festgestellten Inventurdifferenzen“ gehabt hätten, ist nicht festgestellt, auf welche Tatsachen sich dieser Verdacht gründete und welcher zumindest eingrenzbare Kreis von Mitarbeitern hiervon betroffen war. Die von der Beklagten behaupteten Inventurdifferenzen hat die Klägerin bestritten. Das Landesarbeitsgericht hat hierzu keine eigenen Feststellungen getroffen. Ob zudem auf Tatsachen gegründete Verdachtsmomente oder Erkenntnisse vorlagen, die die Einschätzung rechtfertigten, weniger einschneidende Mittel zur Aufklärung als die verdeckte Videoüberwachung seien nicht (mehr) in Betracht gekommen, lässt sich aufgrund der bisherigen Feststellungen ebenfalls nicht beurteilen.

33

b) Der Umstand, dass der Betriebsrat der Überwachungsmaßnahme zugestimmt hat, vermag die Feststellung der den Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin rechtfertigenden Tatsachen nicht zu ersetzen. Dass die Betriebsparteien die Voraussetzungen für eine Rechtfertigung des Eingriffs als gegeben ansahen, genügt nicht. Diese müssen vielmehr tatsächlich vorgelegen haben. Die Betriebsparteien haben höherrangiges Recht zu beachten (BAG 26. August 2008 - 1 ABR 16/07 - Rn. 14, BAGE 127, 276; Byers Die Videoüberwachung am Arbeitsplatz 2010 S. 54; Fitting BetrVG 25. Aufl. § 77 Rn. 55). Sie können die Grenzen eines rechtlich zulässigen Eingriffs nicht zulasten der Arbeitnehmer verschieben (Byers aaO; Haußmann/Krets NZA 2005, 259, 262; Richardi in Richardi BetrVG 12. Aufl. § 87 Rn. 529; GK-BetrVG/Wiese 9. Aufl. § 87 Rn. 487 f.).

34

c) Umgekehrt erscheint nach dem Vorbringen der Beklagten nicht ausgeschlossen, dass auf ihrer Seite ein überwiegendes Interesse an der vorgenommenen Videoüberwachung und der Verwertung der dadurch gewonnenen Erkenntnisse bestand. Die Beklagte hat unter Beweisantritt behauptet, in der Filiale der Klägerin hätten erhebliche Inventurverluste in Höhe von monatlich etwa 7.600,00 Euro bestanden, die im Rahmen der üblichen Maßnahmen zur Reduzierung von Inventurdifferenzen nicht hätten aus der Welt geschafft werden können. So seien unter anderem die Anzahl der Inventuren sowie der Früh- und Spätkontrollen erhöht und der Umfang der Warenabschreibungen stärker kontrolliert worden. Die Aufklärungsbemühungen über das Warenwirtschaftssystem hätten ergeben, dass insbesondere im Bereich Tabak erhebliche Verluste aufgetreten seien. Da Tabakartikel unter Haltbarkeitsgesichtspunkten nicht abgeschrieben würden, habe der Verdacht bestanden, dass Mitarbeiterdiebstähle einen erheblichen Einfluss auf die Inventurdifferenzen gehabt hätten. Die Videoüberwachung sei auf die besonders sensiblen Filialbereiche, insbesondere auf die Kassenzone mit Zigarettenschütte, beschränkt worden.

35

3. Soweit es sich bei den in Augenschein genommenen Aufnahmen um Videoaufzeichnungen öffentlich zugänglicher Räume iSv. § 6b Abs. 1 BDSG gehandelt haben sollte, folgt ein Beweisverwertungsverbot nicht schon aus einer Verletzung des Gebots in § 6b Abs. 2 BDSG, den Umstand der Beobachtung und die verantwortliche Stelle durch geeignete Maßnahmen erkennbar zu machen.

36

a) § 6b BDSG wurde im Zuge der Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes im Jahr 2001 in das Gesetz aufgenommen und regelt die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen. Die Bestimmung gilt ua. für Videoaufzeichnungen in öffentlich zugänglichen Verkaufsräumen (BT-Drucks. 14/4329 S. 38). Unerheblich ist, ob Ziel der Beobachtung die Allgemeinheit ist oder die an Arbeitsplätzen in diesen Verkaufsräumen beschäftigten Arbeitnehmer (Bayreuther NZA 2005, 1038; Byers Die Videoüberwachung am Arbeitsplatz 2010 S. 73; Otto Anm. zu BAG 27. März 2003 - 2 AZR 51/02 - AP BetrVG 1972 § 87 Überwachung Nr. 36).

37

b) Im Streitfall haben die in Augenschein genommenen Videoaufzeichnungen möglicherweise deshalb keinen öffentlich zugänglichen Raum iSv. § 6b BDSG betroffen, weil die Verkaufsräume zum Zeitpunkt der der Klägerin zur Last gelegten Vorgänge bereits geschlossen und daher für die Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich waren. Nach dem Sachvortrag der Beklagten ging es um Handlungen der Klägerin „nach Geschäftsschluss“. Dies kann letztlich dahinstehen. Ein Verstoß gegen § 6b Abs. 2 BDSG führt nicht zu dem Verbot, eine im Verhältnis zum überwachten Arbeitnehmer ansonsten in zulässiger Weise beschaffte Information zu Beweiszwecken zu verwerten.

38

aa) Unter welchen Voraussetzungen eine Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume zulässig ist, bestimmt § 6b Abs. 1 BDSG. Dies ist nach § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG ua. dann der Fall, wenn und soweit sie zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Dass eine Videoüberwachung in öffentlich zugänglichen Räumen ausschließlich offen erfolgen dürfte, ergibt sich aus § 6b Abs. 1 BDSG nicht.

39

bb) Allerdings regelt § 6b Abs. 2 BDSG, dass der Umstand der Beobachtung und die verantwortliche Stelle bei Videoaufzeichnungen in öffentlich zugänglichen Räumen durch geeignete Maßnahmen erkennbar zu machen sind. Daraus wird teilweise gefolgert, eine verdeckte Videoüberwachung in öffentlich zugänglichen Räumen sei ausnahmslos unzulässig (ArbG Frankfurt 25. Januar 2006 - 7 Ca 3342/05 - RDV 2006, 214; Bayreuther NZA 2005, 1038, 1040 f.; Lunk NZA 2009, 457, 460; Otto Anm. zu BAG 27. März 2003 - 2 AZR 51/02 - AP BetrVG 1972 § 87 Überwachung Nr. 36). Diese Auffassung überzeugt nicht. Falls die verdeckte Videoüberwachung das einzige Mittel zur Überführung von Arbeitnehmern ist, die der Begehung von Straftaten konkret verdächtig sind, kann vielmehr eine heimliche Videoaufzeichnung auch in öffentlich zugänglichen Räumen nach § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG zulässig sein (so auch Bergwitz NZA 2012, 353, 357 f.; Byers Die Videoüberwachung am Arbeitsplatz 2010 S. 79; Forst RDV 2009, 204, 209; Gola/Schomerus BDSG 10. Aufl. § 6b BDSG Rn. 28; Grimm/Schiefer RdA 2009, 329, 334 f.; Grimm/Strauf ZD 2011, 188; Maschmann FS Hromadka 2008, 233, 244 f.; Müller Die Zulässigkeit der Videoüberwachung am Arbeitsplatz 2008 S. 126 f.; Oberwetter NZA 2008, 609, 610; Thüsing Arbeitnehmerdatenschutz und Compliance 2010 Rn. 358; Vietmeyer DB 2010, 1462, 1463).

40

(1) Das Kennzeichnungsgebot gem. § 6b Abs. 2 BDSG ist weder in § 6b Abs. 1 BDSG noch in § 6b Abs. 3 BDSG als Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Verarbeitung oder Nutzung von nach § 6b Abs. 1 BDSG erhobenen Daten aufgeführt. Auch aus der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drucks. 14/4329 S. 28, 30 und 38) ergibt sich nicht, dass die Einhaltung des Gebots nach § 6b Abs. 2 BDSG Voraussetzung für die materiellrechtliche Zulässigkeit der Maßnahme wäre. Nach dem Bericht des Innenausschusses normieren die Absätze 1, 3 und 5 der Vorschrift die Zulässigkeitsvoraussetzungen in den verschiedenen Verarbeitungsphasen (BT-Drucks. 14/5793 S. 61), während die Kennzeichnungspflicht des Abs. 2 lediglich die nach dem Gesetz bestehenden allgemeinen Verfahrenssicherungen ergänzt (BT-Drucks. 14/5793 S. 62).

41

(2) Im Hinblick auf die ihrerseits durch Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Integritätsinteressen des Arbeitgebers begegnete ein absolutes, nur durch bereichsspezifische Spezialregelungen (vgl. etwa § 100c und § 100h StPO)eingeschränktes Verbot verdeckter Videoaufzeichnungen in öffentlich zugänglichen Räumen verfassungsrechtlichen Bedenken. Ob und inwieweit eine verdeckte Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Verkaufsräume zulässig ist, wenn sie dem Ziel der Aufklärung eines gegen dort beschäftigte Arbeitnehmer bestehenden konkreten Verdachts der Begehung von Straftaten oder anderer schwerwiegender Pflichtverletzungen dient, lässt sich nur durch eine Abwägung der gegenläufigen Grundrechtspositionen unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall beurteilen. Dem trägt auch die Formulierung in § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG Rechnung. Ein uneingeschränktes Verbot der verdeckten Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume würde dem nicht gerecht. § 6b BDSG ist deshalb - verfassungskonform - dahin auszulegen, dass auch eine verdeckte Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume im Einzelfall zulässig sein kann(zutreffend Byers Die Videoüberwachung am Arbeitsplatz 2010 S. 79 f.; Müller Die Zulässigkeit der Videoüberwachung am Arbeitsplatz 2008 S. 126 f.; Vietmeyer DB 2010, 1462, 1463 f.).

42

(3) Die nach § 6b Abs. 2 BDSG gebotene Erkennbarkeit der Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume ist auch für die Verarbeitung oder Nutzung der nach § 6b Abs. 1 BDSG erhobenen Daten nicht zwingende materielle Voraussetzung. Nach § 6b Abs. 3 BDSG sind Verarbeitung oder Nutzung dann zulässig, wenn dies zum Erreichen des verfolgten Zwecks erforderlich ist und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Von der Einhaltung des Kennzeichnungsgebots gem. § 6b Abs. 2 BDSG hängt beides nicht zwingend ab.

43

4. Im Hinblick auf eine Unionsrechtskonformität besteht kein Klärungsbedarf. Die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. L 281 S. 31) enthält keine § 6b BDSG vergleichbare Regelung für die Videoüberwachung. Zweifel daran, dass diesbezüglich die Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes den allgemeinen Vorgaben für die Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten gem. Art. 7 RL 95/46/EG gerecht werden, sind nicht veranlasst. Art. 7 Buchst. f) RL 95/46/EG lässt die Verarbeitung personenbezogener Daten in der Sache ebenso wie das nationale Recht dann zu, wenn sie zur Verwirklichung eines berechtigten Interesses des für die Verarbeitung Verantwortlichen erforderlich ist und das Interesse oder die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person nicht überwiegen.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Rachor    

        

        

        

    Beckerle    

        

    Torsten Falke    

                 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 14. Januar 2009 - 11 Sa 460/08 - aufgehoben, soweit es die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 11. April 2008 - 39 Ca 14853/07 - hinsichtlich des Antrags zu 1. zurückgewiesen hat.

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 11. April 2008 - 39 Ca 14853/07 - teilweise abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Einsicht in die über den Kläger bei der Beklagten geführte Personalakte im Zeitraum 1. Januar 2006 bis 30. Juni 2007 einschließlich sämtlicher Sonder- und Nebenakten zu gewähren.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu 1/3, die Beklagte zu 2/3 zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Rechte des Klägers auf Einsichtnahme in seine Personalakte, „hilfsweise“ auf deren Herausgabe zum Zweck der Einsicht.

2

Der Kläger war bei der Beklagten, einem Versicherungsunternehmen, vom 1. Januar 2006 bis zum 30. Juni 2007 beschäftigt; in den ersten acht Monaten als Trainee, anschließend - seit 1. September 2006 - als Schadensbüroleiter. Die Parteien wendeten auf ihr Arbeitsverhältnis den zwischen dem Arbeitgeberverband der Versicherungsunternehmen und der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen am 28. Juni 1996 abgeschlossenen Manteltarifvertrag für das private Versicherungsgewerbe (MTV) an. Die Beklagte führte über den Kläger - wie über alle Mitarbeiter - eine Personalakte in Papierform.

3

Am 13. August 2007 äußerte eine Sachbearbeiterin, dass aufgrund der vorliegenden Zwischenbeurteilungen des Klägers allenfalls mit einer durchschnittlichen Zeugnisbeurteilung zu rechnen sei. Nach ihren Informationen seien Gründe vorhanden, die auf eine mangelnde Loyalität des Klägers hindeuteten. Mit Schreiben vom 13. September 2007 erhielt der Kläger von der Beklagten einen Zeugnisentwurf mit einer gegenüber dem vormaligen Entwurf angehobenen Benotung und der Maßgabe übersandt, dass - wenn der Kläger das Zeugnis annehme - „die Angelegenheit endgültig und abschließend geregelt“ sei. Die Parteien stellten im Laufe des vorliegenden Rechtsstreits klar, dass über das Zeugnis kein weiterer Streit bestehe. Die Beklagte bewahrt die Personalakte des Klägers über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus auf unbestimmte Zeit auf.

4

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, er habe einen Anspruch auf Zugänglichmachung der Personalakte aus § 83 BetrVG oder aus § 26 SprAuG, wobei dahinstehen könne, ob er leitender Angestellter gewesen sei oder nicht. Außerdem beruhe das Recht auf Einsichtnahme auf dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, welches Drittwirkung entfalte, und auf § 34 BDSG. Die Beklagte speichere in Form einer Personalakte Daten über ihn. Im Übrigen seien ihm während der gesamten Beschäftigungszeit keine Vorhalte gemacht worden, aus denen der Vorwurf der Illoyalität folge. Er habe deshalb den Verdacht, dass bei der Bearbeitung der Personalakte durch die Beklagte „Unregelmäßigkeiten“ vorgekommen seien. Wahrheitswidrige Tatsachenbehauptungen in der Personalakte müsse er nicht hinnehmen. Gegen sie seien rechtliche Schritte angezeigt. Es sei üblich, dass potenzielle neue Arbeitgeber bei Altarbeitgebern Informationen einholten.

5

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, ihm Einsicht in die über ihn geführte Personalakte im Zeitraum 1. Januar 2006 bis 30. Juni 2007 einschließlich sämtlicher Sonder- und Nebenakten zu gewähren;

        

2.    

hilfsweise die gesamte Personalakte des Klägers an diesen zur Einsicht herauszugeben.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, der Kläger habe kein schützenswertes Einsichtsinteresse dargetan. Der Zeugnisstreit sei endgültig beigelegt. Objektive Anhaltspunkte für eine fortwirkende Benachteiligung seien nicht vorgebracht. Auskünfte an Dritte würden ihrerseits allenfalls im Rahmen der gesetzlichen Verpflichtungen erteilt. Außerdem finde das BDSG auf traditionelle Personalakten keine Anwendung.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Der Kläger verfolgt mit der vom Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision seine Anträge weiter.

Entscheidungsgründe

8

A. Die Revision des Klägers ist im Hauptantrag begründet und im Übrigen unbegründet. Die Vorinstanzen haben den auf Einsicht in die Personalakte gerichteten Antrag zu Unrecht abgewiesen.

9

I. Die Klage ist im Hauptantrag zulässig und begründet.

10

1. Der Antrag ist zulässig.

11

a) Er genügt nach gebotener Auslegung dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Danach muss in der Klageschrift eine bestimmte Angabe von Gegenstand und Grund des erhobenen Anspruchs erfolgen und ein bestimmter Antrag enthalten sein. Die klagende Partei muss damit festlegen, welche Entscheidung sie begehrt. Über den Umfang der Rechtskraft darf keine Unklarheit entstehen. Der Streit der Parteien darf auch nicht unzulässigerweise in die Vollstreckung verlagert werden. Unter Heranziehung der Klageschrift und des sonstigen Vorbringens der klagenden Partei muss die Erfüllung der Voraussetzungen des Anspruchs festgestellt werden können (vgl. Senat 16. Oktober 2007 - 9 AZR 110/07 - Rn. 14, BAGE 124, 203; 13. Juni 2006 - 9 AZR 229/05 - Rn. 14, BAGE 118, 252). Die Auslegung des Klageantrags unterliegt der revisionsgerichtlichen Prüfung. Es gelten die für Willenserklärungen maßgeblichen Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB. Danach ist auf den erklärten, wirklichen Willen abzustellen und nicht am buchstäblichen Wortlaut der Antragsfassung zu haften (vgl. Senat 16. Dezember 2009 - 9 AZR 164/08 - Rn. 14, BAGE 129, 46 ; 19. Februar 2008 - 9 AZR 70/07 - Rn. 16, BAGE 126, 26).

12

b) Die vom Kläger vorliegend begehrte Einsicht in die über ihn bei der Beklagten „geführte Personalakte im Zeitraum 1. Januar 2006 bis 30. Juni 2007 einschließlich sämtlicher Sonder- und Nebenakten“ ist hinreichend bestimmt und der Vollstreckung zugänglich. Die Einsichtnahme bezieht sich erkennbar auf die Personalakte im sog. formellen Sinn.

13

aa) Unter Personalakten im formellen Sinn sind diejenigen Schriftstücke und Unterlagen zu verstehen, welche der Arbeitgeber als „Personalakte“ führt und die diesen als Bei-, Neben- oder Sonderakten zugeordnet sind (BAG 7. Mai 1980 - 4 AZR 214/78 - juris Rn. 12, AuR 1981, 124). Derartige Aktenbestände sind äußerlich erkennbar in Ordnern, Heftern oder Blattsammlungen geführt, entsprechend gekennzeichnet und nach der Art ihrer Registrierung oder Aufbewahrung als zueinander gehörend bestimmbar (vgl. Kammerer Personalakte und Abmahnung 3. Aufl. Rn. 188; Küttner/Reinecke Personalbuch 2010 17. Aufl. Stichwort: Personalakte Rn. 3; Kessler Personalaktenrecht S. 5 ff.; Bergauer Führung von Personalakten S. 19). Demgegenüber bestimmt sich die Zugehörigkeit von Unterlagen zur Personalakte nach dem materiellen Personalaktenbegriff aufgrund inhaltlicher Kriterien. Danach sind Personalakten eine Sammlung von Urkunden und Vorgängen, die die persönlichen und dienstlichen Verhältnisse des Bediensteten betreffen und in einem inneren Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis stehen ( BAG 15. November 1985 - 7 AZR 92/83 - zu II 1 der Gründe). Auf eine äußere Zuordnung kommt es nicht an.

14

bb) Dem Kläger geht es um solche äußerlich gekennzeichnete Unterlagen (Personalakte im formellen Sinn). Er hat seinen Antrag primär auf „die“ Personalakte bezogen. Die ggf. mitgeführten „Sonder- und Nebenakten“ beziehen Akten mit ein, die gegenständlich nicht mit der (Haupt-)Personalakte verbunden sind, aber äußerlich der Personalakte als Bei-, Neben- oder Sonderakten zugeordnet sind. Des Weiteren beschreibt der Kläger die Zeit der Aktenführung vom 1. Januar 2006 bis zum 30. Juni 2007. Das ist die Dauer des Arbeitsverhältnisses, auf die sich nach Ansicht des Schrifttums die Personalaktenführung im formellen Sinn bezieht (vgl. Breier/Dassau/Kiefer/ Lang/Langenbrinck TVöD Stand September 2010 § 3 Rn. 142 f.).

15

cc) Die Einsichtnahme der formell bezeichneten, äußerlich erkennbaren Personalakte ist wie die Einsichtnahme in Urkunden im Allgemeinen vollstreckbar (vgl. § 810 BGB). Über die umstrittene Frage der maßgeblichen Vollstreckungsart hat der Senat im Erkenntnisverfahren nicht zu befinden (vgl. hierzu MünchKommBGB/Habersack 5. Aufl. § 809 Rn. 17; Palandt/Sprau BGB 70. Aufl. § 809 Rn. 13).

16

c) Das Rechtsschutzinteresse ist gegeben. Das Landesarbeitsgericht weist zu Recht darauf hin, dass im Fall der Leistungsklage schon regelmäßig aus der Nichterfüllung des behaupteten materiellen Anspruchs ein Rechtsschutzbedürfnis erwächst (Senat 18. August 2009 - 9 AZR 617/08 - Rn. 27, AP BGB § 611 Personalakte Nr. 3 = EzA GG Art. 33 Nr. 37 ; 16. Oktober 2007 - 9 AZR 110/07 - Rn. 22, BAGE 124, 203).

17

2. Die Klage auf Einsichtnahme in die noch nach Arbeitsvertragsende von der Beklagten aufbewahrte Personalakte ist begründet.

18

a) Der Kläger hat - entgegen der Ansicht der Beklagten - auf eine etwaige Akteneinsichtnahme nicht schon mit Annahme der angebotenen Zeugnisfassung verzichtet. Sowohl der einseitige Verzicht als auch der Erlassvertrag bedürfen der unmissverständlichen Willensbekundung, von einer Forderung Abstand zu nehmen (vgl. BAG 20. April 2010 - 3 AZR 225/08 - Rn. 46 ff., NZA 2010, 883). Diesen Anforderungen war allein mit der Annahme des allenfalls den Zeugnisstreit endgültig abschließenden Vergleichsangebots nicht genügt. Es fehlt an jeglichem Bezug zur vorliegend in Streit stehenden Akteneinsichtnahme.

19

b) Der klägerische Anspruch ergibt sich weder aus § 83 Abs. 1 Satz 1 BetrVG noch aus § 26 Abs. 2 Satz 1 SprAuG. Es ist deshalb unerheblich, ob der Kläger leitender Angestellter iSv. § 5 Abs. 3 BetrVG war.

20

aa) § 83 Abs. 1 Satz 1 BetrVG vermittelt ausschließlich im bestehenden Arbeitsverhältnis einen Anspruch auf Personalakteneinsicht(vgl. BAG 11. Mai 1994 - 5 AZR 660/93 - zu III 1 der Gründe, EzBAT BAT § 13 Nr. 30). Bereits nach dem Wortlaut der Norm besteht der Einsichtsanspruch nur bei gegebener Arbeitnehmereigenschaft. Das setzt ein bestehendes Arbeitsverhältnis voraus, § 5 Abs. 1 BetrVG(vgl. Fitting BetrVG 25. Aufl. § 5 Rn. 15; Preis in Wlotzke/Preis/Kreft BetrVG 4. Aufl. § 5 Rn. 5; Richardi in Richardi BetrVG 12. Aufl. § 5 Rn. 14, 36 ff.). Der Anspruch steht zudem in enger systematischer Verknüpfung zum Anhörungs- und Erörterungsrecht gemäß § 82 BetrVG, welches ebenfalls vom bestehenden Arbeitsverhältnis ausgeht(vgl. Galperin/Löwisch BetrVG 6. Aufl. § 83 Rn. 2; Linnenkohl/Töfflinger AuR 1986, 199, 201). Außerdem legt auch die Entstehungsgeschichte des Akteneinsichtsrechts die zeitliche Begrenzung des Anspruchs auf das noch bestehende Arbeitsverhältnis nahe, da die im öffentlichen Dienst für Beamte bestehende Regelung, welche das Einsichtsrecht ausdrücklich „auch nach Beendigung des Beamtenverhältnisses“ (vgl. § 110 BBG nF) offenhält, in das BetrVG nicht übernommen wurde (vgl. BAG 11. Mai 1994 - 5 AZR 660/93 - zu III 1 der Gründe, aaO).

21

bb) Nichts anderes kann auch für § 26 Abs. 2 Satz 1 SprAuG gelten. Diese Norm ist § 83 Abs. 1 Satz 1 BetrVG wortgleich nachgebildet und hat deshalb den gleichen Regelungsinhalt(vgl. Bauer SprAuG 2. Aufl. § 26 Anm. I; ErfK/Oetker 11. Aufl. § 26 SprAuG Rn. 2). In den gesetzgeberischen Erwägungen ist lediglich sinngemäß wiedergegeben, was zur Begründung des § 83 BetrVG ausgeführt wurde(vgl. BT-Drucks. VI/1786 S. 48 einerseits und BT-Drucks. 11/2503 S. 42 andererseits).

22

c) Der Anspruch folgt auch nicht aus dem BDSG, obwohl § 32 Abs. 2 BDSG den Anwendungsbereich des § 32 Abs. 1 BDSG auf personenbezogene Daten, die nicht automatisiert verarbeitet sind, erweitert. Denn § 32 Abs. 2 BDSG verweist nicht auf den gesamten Dritten Abschnitt des BDSG, sondern nur auf § 32 Abs. 1 BDSG. Es kommt deshalb weder darauf an, ob das BDSG insoweit neben § 241 Abs. 2 BGB anzuwenden ist(vgl. § 1 Abs. 3 Satz 1 BDSG), oder sich aus § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 iVm. Abs. 9 Satz 1 BDSG und § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 iVm. Abs. 6 BDSG überhaupt ein entsprechendes Einsichtsrecht herleiten lässt.

23

aa) Gemäß § 27 Abs. 1 BDSG finden die Vorschriften des Dritten Abschnitts und damit § 34 BDSG nur Anwendung, soweit personenbezogene Daten automatisiert oder aus nicht automatisierten Dateien verarbeitet oder genutzt werden. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

24

(1) Durch Personalakten in Papierform werden keine personenbezogenen Daten unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen iSv. § 3 Abs. 2 Satz 1 BDSG verarbeitet.

25

(2) Ebenso wenig kann der Senat davon ausgehen, dass die Personalakte des Klägers eine nicht automatisierte Datei iSv. § 3 Abs. 2 Satz 2 BDSG ist.

26

Die vormals im Gesetz enthaltenen Sonderregelungen für Akten und Aktensammlungen setzte das „Gesetz zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes und anderer Gesetze“ vom 18. Mai 2001 (BGBl. I S. 904; dort Art. 1 Nr. 4 Buchst. a und b) mit Wirkung zum 22. Mai 2001 außer Kraft (zum begrifflichen Inhalt näher § 46 Abs. 2 BDSG). Mithin hat die seitens des Bundesarbeitsgerichts vertretene Auffassung, Personalaktenbestände seien als Akten bzw. Aktensammlungen iSd. Bundesdatenschutzgesetzes vom sachlichen Anwendungsbereich dessen Normen ausgenommen (4. April 1990 - 5 AZR 299/89 - zu I der Gründe, BAGE 64, 308; 18. Dezember 1984 - 3 AZR 389/83 - zu I der Gründe, AP BGB § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 8 = EzA BGB § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 2; 6. Juni 1984 - 5 AZR 286/81 - zu I der Gründe, BAGE 46, 98), keine Bedeutung mehr. Dem BDSG unterfallen nunmehr auch gleichförmig strukturierte, manuell auswertbar geführte Aktenbestände mit personenbezogenen Dateninhalt, wie etwa Personalkarteien (vgl. Dammann in Simitis BDSG 6. Aufl. § 3 Rn. 89 ff., 99; Gola/Schomerus BDSG 10. Aufl. § 3 Rn. 18). Erforderlich ist ein gleichartiger Aufbau, der einen leichten Zugriff auf die Daten ermöglicht (vgl. Gola/Schomerus § 3 Rn. 18). Ein derartig strukturelles Aktengefüge hat der Kläger nicht behauptet.

27

bb) Der Dritte Abschnitt des BDSG ist auch nicht nach § 32 Abs. 2 BDSG anzuwenden. Eine generelle Anwendung der Regelungen über die Rechte Betroffener auf die Verwendung personenbezogener Daten lässt sich nicht aus § 32 Abs. 2 Alt. 2 BDSG herleiten. Danach ist nur § 32 Abs. 1 BDSG für personenbezogene Daten, die nicht „in oder aus einer nicht automatisierten Datei verarbeitet, genutzt oder für die Verarbeitung oder Nutzung in einer solchen Datei erhoben werden“, anzuwenden; nicht aber der gesamte Dritte Abschnitt des BDSG.

28

(1) Die Regelung des § 32 BDSG wurde durch Art. 1 Nr. 12 des „Gesetzes zur Änderung datenschutzrechtlicher Vorschriften“ vom 14. August 2009 (BGBl. I S. 2814) zum 1. September 2009 in Kraft gesetzt und kann auf den noch nicht erfüllten Anspruch des Klägers angewandt werden, denn Maßstab für die Überprüfung des angefochtenen Urteils ist insofern die Rechtslage zum Zeitpunkt der Revisionsentscheidung (Musielak/Ball ZPO 7. Aufl. § 545 Rn. 6; Zöller/Heßler ZPO 28. Aufl. § 545 Rn. 7; AnwK-ArbR/Düwell § 73 ArbGG Rn. 60).

29

(2) § 32 Abs. 2 BDSG enthält eine begrenzte Ausnahmeregelung zu § 32 Abs. 1 BDSG und kann nicht verallgemeinernd auf den gesamten Dritten Abschnitt des BDSG, so auch nicht auf die §§ 33 bis 35, bezogen werden.

30

(a) Schon nach seinem Wortlaut bezieht sich § 32 Abs. 2 BDSG ausschließlich auf die Anwendung des § 32 Abs. 1 BDSG. § 32 Abs. 1 BDSG ist allein materielle Rechtfertigungsnorm der Datenverwendung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses.

31

(b) Die Absicht des Gesetzgebers war, wie sich aus den Materialien unzweifelhaft ergibt, mit Einführung des § 32 BDSG lediglich eine vorläufige und der Klarstellung dienende Regelung zum Arbeitnehmerdatenschutz zu treffen, ohne damit die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zum Datenschutz in Beschäftigungsverhältnissen weiter auszudehnen(BT-Drucks. 16/13657 S. 20 ff.; vgl. auch Schmidt RDV 2009, 193; Fröhlich ArbRB 2009, 300; Düwell dbr 12/2009 S. 10).

32

(c) Eine dem gleichzeitig zum 1. September 2009 geänderten § 12 Abs. 4 BDSG entsprechende pauschale Bezugnahme auf die §§ 33 bis 35 BDSG hat § 32 Abs. 2 BDSG nicht aufgenommen(vgl. zu § 12 Abs. 4 BDSG BT-Drucks. 16/13657 S. 18; Thüsing Arbeitnehmerdatenschutz und Compliance Rn. 75; ders. NZA 2009, 865, 869).

33

(d) Systematisch handelt es sich bei § 32 Abs. 2 BDSG lediglich um eine materielles Datenschutzrecht in Bezug nehmende Ausnahmevorschrift. Die „Kopfnorm“ des Dritten Abschnitts (§ 27 Abs. 1 BDSG) überlagert sie nur, soweit sie reicht. Hinsichtlich der Verfahrens- und Sanktionsvorschriften des Datenschutzes für nicht öffentliche Stellen ist das nicht der Fall (so etwa Gola/Schomerus § 32 Rn. 7 f.; Bergmann/Möhle/Herb Datenschutzrecht Stand April 2010 § 34 Rn. 8, 33; aA Däubler in Däubler/Klebe/Wedde/Weichert BDSG 3. Aufl. § 33 Rn. 4a; Däubler Gläserne Belegschaften? Rn. 512a).

34

d) Der Anspruch folgt aus der nachwirkenden arbeitgeberseitigen Schutz- und Rücksichtnahmepflicht gemäß § 241 Abs. 2 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG unter dem Gesichtspunkt des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung.

35

aa) Aus § 241 Abs. 2 BGB folgt, dass der Arbeitgeber im Rahmen seiner vertraglichen Schutz- und Rücksichtnahmepflicht auf das Wohl und die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen hat(BAG 13. August 2009 - 6 AZR 330/08 - Rn. 31, AP BGB § 241 Nr. 4; 13. März 2008 - 2 AZR 88/07 - Rn. 44, AP KSchG 1969 § 1 Nr. 87 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 73).

36

(1) Bei der Frage, was die Schutz- und Rücksichtnahmepflicht im Einzelfall gebietet, ist insbesondere auf die von den Grundrechten zum Ausdruck gebrachte Werteordnung der Verfassung Rücksicht zu nehmen (vgl. Senat 12. September 2006 - 9 AZR 271/06 - Rn. 20, BAGE 119, 238). Danach dürfen der Arbeitgeber und seine Repräsentanten das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers nicht verletzen (BAG 13. März 2008 - 2 AZR 88/07 - Rn. 44, AP KSchG 1969 § 1 Nr. 87 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 73 ; 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - Rn. 65, BAGE 124, 295). Dies gilt auch über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus, solange dem Arbeitgeber persönlichkeitsrelevante Lebensbereiche des Arbeitnehmers aufgrund der vormaligen Arbeitsbeziehungen noch in besonderer Weise eröffnet sind (vgl. zum nachwirkenden Schutzgehalt des Arbeitsverhältnisses etwa BAG 14. Dezember 1956 - 1 AZR 29/55 - juris Rn. 41, BAGE 3, 332; 24. November 1956 - 2 AZR 345/56 - juris Rn. 6, BAGE 3, 139; 17. Januar 1956 - 3 AZR 304/54 - zu I der Gründe, AP BGB § 611 Fürsorgepflicht Nr. 1; BGH 10. Juli 1959 - VI ZR 149/58 - AP BGB § 630 Nr. 2; MüArbR/Reichold 3. Aufl. § 83 Rn. 14; ErfK/Preis § 611 Rn. 752 ff.; MünchKommBGB/Müller-Glöge § 611 Rn. 1208 ff.).

37

(2) Zu dem nach Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers zählt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Dem Einzelnen ist danach gewährleistet, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen (BAG 12. Januar 1988 - 1 AZR 352/86 - zu III 1 c der Gründe, AP BPersVG § 75 Nr. 23 ). Der staatliche Schutz richtet sich gegen die unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung oder Weitergabe der auf die Einzelperson bezogenen, individualisierten oder individualisierbaren Daten (BVerfG 1. September 2008 - 2 BvR 939/08 - Rn. 10, RDV 2008, 237; 4. April 2006 - 1 BvR 518/02 - Rn. 70, BVerfGE 115, 320; 12. April 2005 - 2 BvR 1027/02 - zu C I 1 b aa der Gründe, BVerfGE 113, 29). Der einzelne Bürger soll mit hinreichender Sicherheit überschauen können, welche ihn betreffenden Informationen über bestimmte Bereiche seiner sozialen Umwelt bekannt sind und gegebenenfalls unter denkbaren Kommunikationspartnern kursieren können (vgl. BVerfG 10. März 2008 - 1 BvR 2388/03 - Rn. 59, BVerfGE 120, 351 ; 11. Juli 2007 - 1 BvR 1025/07 - Rn. 12, NJW 2007, 3707 ; 13. Juni 2007 1 BvR 1550/03, 1 BvR 2357/04, 1 BvR 603/05 - Rn. 87, BVerfGE 118, 168 ). Nicht erst gegen Verletzungen, sondern bereits gegen Gefährdungen oder Gefährdungslagen ist die grundrechtlich verbürgte Verhaltensfreiheit und Privatheit dem verfassungsrechtlichen Schutz unterstellt (vgl. BVerfG 11. März 2008 - 1 BvR 2074/05, 1 BvR 1 BvR 1254/07 - Rn. 63 ff., BVerfGE 120, 378). Dementsprechend kommt es für die Reichweite des Grundrechts nicht darauf an, ob die zu beachtenden persönlichen Daten inhaltlich besonders wertvoll bzw. sensibel oder für sich gesehen eher belanglos sind (vgl. BVerfG 11. März 2008 - 1 BvR 2074/05, 1 BvR 1 BvR 1254/07 - Rn. 66, aaO).

38

(3) Der grundrechtliche Schutz der informationellen Selbstbestimmung erschöpft sich nicht in einem Abwehrrecht gegen staatliche Datenerhebung und Datenverarbeitung (BVerfG 10. März 2008 - 1 BvR 2388/03 - Rn. 58, BVerfGE 120, 351 ). Im Sinne objektiver Normgeltung zeitigt der Schutzgehalt auch im Privatrecht Wirkung, indem er auf die Auslegung und Anwendung privatrechtlicher Vorschriften strahlt. Auch der Richter hat kraft Verfassung zu prüfen, ob Grundrechte von der Anwendung zivilrechtlicher Vorschriften betroffen sind und diese gegebenenfalls im Lichte des Grundrechts ausgelegt und angewendet werden müssen (vgl. BVerfG 23. Oktober 2006 - 1 BvR 2027/02 - Rn. 31 ff., WM 2006, 2270).

39

Dabei vermittelt das allgemeine Persönlichkeitsrecht keine absolute, uneingeschränkte Herrschaft über bestimmte Informationen (BVerfG 11. Juli 2007 - 1 BvR 1025/07 - Rn. 11, NJW 2007, 3707). Die grundrechtliche Gewährleistung gilt vielmehr in den Grenzen der verfassungsmäßigen Ordnung (BAG 26. August 2008 - 1 ABR 16/07 - Rn. 16, BAGE 127, 276). Der Einzelne muss deshalb Einschränkungen im überwiegenden Allgemeininteresse im Rahmen der Verhältnismäßigkeit hinnehmen (BVerfG 1. September 2008 - 2 BvR 939/08 - Rn. 10, RDV 2008, 237). Die Rechtfertigungsanforderungen richten sich im Einzelnen nach dem Gewicht des Eingriffs, insbesondere der Art der betroffenen Information, dem Anlass und den Umständen der Erhebung, dem Personenkreis der Betroffenen sowie der Art der möglichen Datenverwertung (vgl. BVerfG 11. März 2008 - 1 BvR 2074/05, 1 BvR�1 BvR 1254/07 - Rn. 76, BVerfGE 120, 378). Für den Privatrechtsverkehr kann die Rechtsordnung Pflichtenbindungen für persönlichkeitsrelevante Informationsverarbeitungen vorsehen, soweit dies hinreichend gewichtigen Belangen des Allgemeinwohls dient und angemessen ist (BVerfG 11. Juli 2007 - 1 BvR 1025/07 - Rn. 13, aaO).

40

bb) Aus dieser Ausstrahlung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers in Schutz- und Rücksichtnahmepflichten des Arbeitgebers gemäß § 241 Abs. 2 BGB folgt jedenfalls auch die Pflicht des Arbeitgebers, keine unrichtigen Daten über den Arbeitnehmer aufzubewahren. Dies muss der Arbeitnehmer durch sein auch nachvertragliches Einsichtsrecht kontrollieren können.

41

(1) Soweit das Bundesarbeitsgericht in seiner Rechtsprechung vor Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes durch das „Gesetz zur Änderung datenschutzrechtlicher Vorschriften“ vom 14. August 2009 angenommen hat, der nachvertragliche Arbeitnehmeranspruch auf Personalakteneinsicht setze voraus, dass der Arbeitnehmer ein konkretes berechtigtes Interesse darlegt (so etwa BAG 11. Mai 1994 - 5 AZR 660/93 - zu III 2 a der Gründe, EzBAT BAT § 13 Nr. 30), ist daran nicht festzuhalten.

42

(2) Bei der Einsichtnahme in Personalakten geht es lediglich um einen dem Beseitigungs- oder Korrekturanspruch vorgelagerten Transparenzschutz hinsichtlich des fremd geschaffenen und zeitlich aufbewahrten Meinungsbilds. Das ist aufgrund der geringeren Anspruchstiefe etwas anderes als die Beseitigung der etwaigen Grundlagen für dieses Bild. Zudem kann der Arbeitnehmer seine Rechte auf Beseitigung oder Korrektur unrichtiger Daten in seiner Personalakte nur geltend machen, wenn er von deren Inhalt bereits Kenntnis hat. Daran ändert auch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nichts. Indem der Arbeitgeber die Personalakte des Arbeitnehmers über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus aufbewahrt, besteht für den Arbeitnehmer die Gefährdungslage der Verwendung unrichtiger Daten fort. Dies gilt insbesondere für Auskünfte gegenüber Dritten.

43

(3) Diese notwendige Sensibilität hinsichtlich personenbezogener Daten wird durch die zurzeit geltende Fassung des BDSG bestätigt. Nach § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG dürfen personenbezogene Daten eines Beschäftigten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses nur erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn dies für die Entscheidung über dessen Begründung oder anschließend für dessen Durchführung oder Beendigung erforderlich ist. Die Regelung erfasst allein die Verwendung personenbezogener Daten „für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses“ (vgl. Gola/Klug RDV 2009 Sonderbeilage zu Heft 4 S. 1, 3 f.). Einer solchen Verwendung dienen auch Personalakten im formellen Sinn, da sie Informationen beinhalten, die (materiell) persönliche und beschäftigungsbezogene Inhalte des Arbeitsverhältnisses widerspiegeln. Im Bereich des Arbeitnehmerdatenschutzes wird über den sachlichen Geltungsbereich des BDSG für nicht öffentliche Stellen hinaus auch die nicht dateibezogene Verwendung iSd. § 3 Abs. 2 BDSG in Form der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung(iSv. § 3 Abs. 3 bis 5 BDSG) gemäß § 32 Abs. 2 BDSG der Rechtfertigungspflicht unterworfen. Die Personalaktenführung ist als Aufbewahren im Sinn einer dauerhaften Verwahrung auf (idR papierförmigen) Datenträgern eine von § 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 BDSG erfasste Form des „Speicherns“ und auch im Fall loser Blattsammlungen den materiellen Rechtfertigungsanforderungen des § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG unterlegt(vgl. Gola/Schomerus § 32 Rn. 7). Geschützt sind alle Beschäftigten iSd. § 3 Abs. 11 BDSG, also auch Personen, deren Beschäftigungsverhältnis beendet ist(§ 3 Abs. 11 Nr. 7 Alt. 2 BDSG). Der Gesetzgeber hat dadurch im Bereich des Personalaktenrechts einen Ausgleich konkurrierender Rechtspositionen vorgenommen (zum Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung von Unternehmen etwa BVerfG 27. Juni 1991 - 2 BvR 1493/89 - zu C II 2 c der Gründe, BVerfGE 84, 239; 17. Juli 1984 - 2 BvE 11/83, 2 BvE 15/83 - zu C II 3 a der Gründe, BVerfGE 67, 100).

44

(4) Diese gesetzgeberische Interessenentscheidung des § 32 BDSG ist für die Beurteilung des nachvertraglichen Akteneinsichtsrechts von Bedeutung. Mit der Begrenzung der Datenverwendungsfreiheit korrespondiert die Beschränkung der Unabhängigkeit der Datenbeherrschung. Zwar bezieht der Gesetzgeber die Regelung des § 32 Abs. 2 BDSG allein auf § 32 Abs. 1 BDSG. Damit unterstellt er die nicht dateigemäße Aktenführung nur den materiellen Voraussetzungen rechtmäßiger Datenverwendung, nicht jedoch den übrigen verfahrensgemäßen Instrumentarien und Sanktionen des Dritten Abschnitts des BDSG. Daraus folgt jedoch nicht, dass den Betroffenen jede Transparenz der Achtung ihrer grundrechtserheblichen Rechtsposition versagt ist. Der nachwirkende, vertraglich ausgelöste Schutz des Persönlichkeitsrechts findet vielmehr bereits in § 32 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 2 und § 3 Abs. 11 Nr. 7 Alt. 2 BDSG ein hinreichend normiertes berechtigtes Interesse, sich über den personenbezogenen Datenbestand zu informieren. Jede andere Bewertung wäre mit der gesetzgeberischen Entscheidung zum Beschäftigtendatenschutz nach Beschäftigungsende unvereinbar. Das Personalaktenrecht unterliegt zudem schon nach bisheriger Rechtsprechung des Senats zwingend den Erfordernissen der Kontinuität, Vollständigkeit und Wahrheit (Senat 18. No-vember 2008 - 9 AZR 865/07 - Rn. 30 f., BAGE 128, 299; 16. Oktober 2007 - 9 AZR 110/07 - Rn. 28, BAGE 124, 203; 12. September 2006 - 9 AZR 271/06 - Rn. 23, BAGE 119, 238). Der Arbeitgeber ist deshalb nicht befugt, Unterlagen oder Daten über Arbeitnehmer zu sammeln, die deren Einsichtnahme entzogen sind und deren Richtigkeit sie nicht überprüfen können (Senat 16. Oktober 2007 - 9 AZR 110/07 - Rn. 30, aaO).

45

cc) Das Personalakteneinsichtsrecht unterliegt keinen besonderen Geltendmachungserfordernissen. Es ist als „Ausfluss“ des fortlaufend zu beachtenden Persönlichkeitsrechts auch keiner Ausschlussfrist unterstellt (vgl. BAG 15. Juli 1987 - 5 AZR 215/86 - zu A III der Gründe, BAGE 54, 365).

46

II. Der vom Kläger weiterhin gestellte Hilfsantrag auf Herausgabe der Personalakte ist unbegründet.

47

1. Der Hilfsantrag fällt dem Senat zur Entscheidung an. Er ist - wie die Auslegung ergibt - als unechter Hilfsantrag auf den Fall des Erfolgs im Hauptantrag bezogen.

48

a) Die Antragstellung unterliegt als Prozesshandlung der Auslegung durch den Senat. Für die Auslegung von Prozesshandlungen ist auf den wirklichen Willen abzustellen. Neben dem Wortlaut ist dazu die Antragsbegründung sowie das allseitige Verständnis der Verfahrensbeteiligten heranzuziehen.

49

b) Danach kann der Hilfsantrag nur als auf den Erfolgsfall im Hauptantrag bezogen aufgefasst werden.

50

aa) Der Kläger hebt in seiner Klagebegründung hervor, der Hilfsantrag diene der verstärkten Geltendmachung seiner Rechte, namentlich der Vorbeugung (weiterer) Aktenvorenthaltung sowie der Effektivierung des Zwangsvollstreckungsverfahrens. Diese Erwägung macht nur Sinn, wenn überhaupt ein Recht zur Kenntnisnahme besteht.

51

bb) Offensichtlich in dieser Weise haben auch sämtliche Verfahrensbeteiligten den Antrag aufgefasst, da weder in der Erwiderung der Beklagten noch in den abweisenden Entscheidungen der Vorinstanzen nähere Ausführungen zu dem Hilfsantrag gemacht wurden. Dies hätte aber nahe gelegen, wenn es sich um einen echten Hilfsantrag handeln würde.

52

2. Der Antrag ist auch hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Kläger meint offenkundig mit der „gesamten Personalakte“ die bereits im Hauptantrag näher bezeichnete, vollständige Personalakte im formellen Sinn. Nach den hierzu gemachten Ausführungen ist dessen Kennzeichnung hinreichend bestimmt.

53

3. Der Hilfsantrag ist jedoch unbegründet. Die gesetzlichen Akteneinsichtsrechte aus § 83 Abs. 1 Satz 1 BetrVG und § 26 Abs. 2 Satz 1 SprAuG sowie die arbeitsvertragliche Nebenpflicht auf Schutz und Rücksichtnahme begründen keinen Anspruch auf Aktenherausgabe(HaKo-BetrVG/Lakies 2. Aufl. § 83 Rn. 11; Fitting § 83 Rn. 11; Franzen in GK-BetrVG 9. Aufl. § 83 Rn. 25; Thüsing in Richardi § 83 Rn. 17; Bauer § 26 Anm. III; MüArbR/Reichold § 87 Rn. 18 ). Andere Anspruchsgrundlagen sind nicht ersichtlich.

54

B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 iVm. § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Düwell    

        

    Düwell    

        

    Krasshöfer    

        

        

        

    Jungermann    

        

    Starke    

                 
12
bb) Das Berufungsgericht hat es zutreffend für geboten erachtet, das Recht des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit und Achtung seiner Privatsphäre aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK mit dem berechtigten Interesse der Beklagten, zur Durchsetzung ihrer behaupteten Ansprüche unmittelbar mit ihrem Vertragspartner in Kontakt zu treten, abzuwägen. Denn wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senat, Urteil vom 9. Februar 2010 - VI ZR 243/08, VersR 2010, 673 Rn. 14 mwN). Dies führt zu dem Ergebnis, dass im Streitfall ein Unterlassungsanspruch des Klägers nicht besteht.
10
a) Zutreffend hat es das Berufungsgericht für geboten erachtet, über den Unterlassungsantrag aufgrund einer Abwägung des Rechts der Klägerin auf Schutz ihrer Persönlichkeit und Achtung ihres Privatlebens aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK und dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK verankerten Recht der Beklagten auf freie Meinungsäußerung zu entscheiden. Denn wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind (vgl. BVerfGE 99, 185, 196 - Scientology; 101, 361, 388 - Caroline von Monaco II; 114, 339, 348 - Manfred Stolpe; 120, 180, 199 ff. - Caroline von Monaco IV; BVerfG, AfP 2009, 480 Rn. 61 mwN; Senatsurteile vom 9. Dezember 2003 - VI ZR 373/02, VersR 2004, 522, 523 mwN; vom 11. März 2008 - VI ZR 189/06, VersR 2008, 695 Rn. 13 und - VI ZR 7/07, VersR 2008, 793 Rn. 12 - Gen-Milch; vom 3. Februar 2009 - VI ZR 36/07, VersR 2009, 555 Rn. 17; vom 22. September 2009 - VI ZR 19/08, VersR 2009, 1545 Rn. 16; vom 20. April 2010 - VI ZR 245/08, NJW 2010, 2728 Rn. 12; EGMR, AfP 1999, 251, 252). Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senatsurteile vom 21. Juni 2005 - VI ZR 122/04, VersR 2005, 1403, 1404; vom 17. November 2009 - VI ZR 226/08, VersR 2010, 220 Rn. 21 f. mwN; vom 15. Dezember 2009 - VI ZR 227/08, BGHZ 183, 353 Rn. 11 - Onlinearchiv I; vom 9. Februar 2010 - VI ZR 243/08, VersR 2010, 673 Rn. 14 - Onlinearchiv II; vom 20. April 2010 - VI ZR 245/08, aaO).

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 27. Oktober 2010 - 5 Sa 3/09 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Klägerin macht gegen die Beklagte Entschädigungs- und Schadensersatzansprüche geltend, da sie von ihr bei einer Bewerbung wegen ihres Alters diskriminiert wurde.

2

Die Beklagte suchte mit einer am 15. November 2007 veröffentlichten Stellenanzeige Mitarbeiter für das von ihr betriebene Callcenter. Die Anzeige lautete auszugsweise:

        

„CALL CENTER AGENTS

        

Wir suchen für unser junges Team in der City motivierte Mitarbeiter/innen.

        

Du telefonierst gerne?

        

Dann bist Du genau richtig bei uns. Wir geben Dir die Möglichkeit sogar damit Geld zu verdienen.

        

Du bist zwischen 18 - 35 Jahre alt und verfügst über gute Deutschkenntnisse und suchst eine Vollzeitaufgabe?

        

Wir bieten Dir gute Verdienstmöglichkeiten und ein sehr nettes Arbeitsklima.“

3

Auf die Anzeige bewarb sich die damals 41-jährige, arbeitssuchende Klägerin. Ihrer Bewerbung fügte sie einen vollständigen tabellarischen Lebenslauf bei. Die Beklagte stellte zwei andere Bewerberinnen der Geburtsjahrgänge 1985 und 1987 zum 19. November 2007 ein. Am gleichen Tag sagte sie der Klägerin telefonisch ab, wobei der genaue Gesprächsinhalt streitig ist. Mit Poststempel vom 21. November 2007 schickte sie der Klägerin ihre Bewerbungsunterlagen zurück. Sie fügte eine handschriftliche Notiz bei, der zufolge „alle Plätze belegt“ seien. Weitere, ähnliche Stellenanzeigen schaltete die Beklagte am 22. November 2007 und am 9. April 2008.

4

Ohne vorherige schriftliche Geltendmachung reichte die Klägerin beim Arbeitsgericht Hamburg am 29. Januar 2008 die vorliegende Klage ein, die der Beklagten am 2. Februar 2008 zugestellt wurde.

5

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie sei wegen ihres Alters bei der Stellenbesetzung benachteiligt worden. Schon der Inhalt der Stellenanzeige weise auf eine solche Diskriminierung hin. Im Telefonat vom 19. November 2007 sei ihr zudem mitgeteilt worden, sie entspreche nicht dem Bewerberprofil der Beklagten. Neben einer Entschädigung iHv. drei Monatsgehältern sei ihr daher die Beklagte auch zum Ersatz der materiellen Schäden verpflichtet, wozu neben den Bewerbungskosten iHv. 1,59 Euro (Porto, Papier) die Anwaltskosten der ersten Instanz iHv. 1.139,43 Euro gehörten. Die Klägerin hat die Meinung vertreten, die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG verstoße gegen die unionsrechtlichen Gebote der Gleichwertigkeit und der Effektivität. Letzteres gelte auch für § 12a ArbGG, da die erstinstanzlich zu tragenden Anwaltskosten eine nach § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG begrenzte Entschädigung immer teilweise aufzehrten.

6

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie Schadensersatz iHv. 1,59 Euro zu zahlen nebst fünf Prozentpunkten Zinsen p.a. über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie eine Entschädigung von 5.709,00 Euro zu zahlen nebst fünf Prozentpunkten Zinsen p.a. über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit;

        

3.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie entstandene Kosten für die anwaltliche Vertretung im Verfahren erster Instanz iHv. 1.139,43 Euro zu zahlen.

7

Die Beklagte hat behauptet, die Bewerbung der Klägerin sei am 19. November 2007 bei ihr eingegangen, als die beiden offenen Stellen schon besetzt gewesen seien. Dies habe man der Klägerin im Telefongespräch vom 19. November 2007 mitgeteilt. Sie beschäftige auch ältere Arbeitnehmer. Jedenfalls habe die Klägerin die wirksame Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG nicht eingehalten.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit Beschluss vom 3. Juni 2009 hat das Landesarbeitsgericht dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

        

„Verstößt eine nationale Gesetzgebung, nach der (außerhalb von kollektivrechtlichen Regelungen) zur schriftlichen Geltendmachung eines Schadens- und/oder Entschädigungsanspruches wegen Diskriminierung bei der Einstellung eine Frist von zwei Monaten nach Empfang der Ablehnung - oder im Wege der Auslegung: nach Kenntnis der Diskriminierung - gilt, gegen Primärrecht der EG (Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes) und/oder das gemeinschaftsrechtliche Verbot der Altersdiskriminierung, Richtlinie 2000/78/EG vom 27. November 2000, wenn für gleichwertige Ansprüche nach nationalem Recht dreijährige Verjährungsfristen gelten und/oder das Verschlechterungsverbot gemäß Art. 8 der Richtlinie 2000/78/EG, wenn eine frühere nationale Vorschrift bei der Diskriminierung wegen des Geschlechts eine längere Ausschlussfrist vorsah?“

9

Mit Urteil vom 8. Juli 2010 (- C-246/09 - [Bulicke] Slg. 2010, I-7003 = AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 16 = EzA AGG § 15 Nr. 8) hat der Gerichtshof der Europäischen Union für Recht erkannt:

        

„1.     

Das Primärrecht der Union und Art. 9 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Verfahrensvorschrift nicht entgegenstehen, wonach derjenige, der bei der Einstellung wegen des Alters diskriminiert worden ist, seine Ansprüche auf Ersatz des Vermögens- und Nichtvermögensschadens gegenüber demjenigen, von dem diese Diskriminierung ausgeht, innerhalb von zwei Monaten geltend machen muss, sofern

                 

-       

zum einen diese Frist nicht weniger günstig ist als die für vergleichbare innerstaatliche Rechtsbehelfe im Bereich des Arbeitsrechts,

                 

-       

zum anderen die Festlegung des Zeitpunkts, mit dem der Lauf dieser Frist beginnt, die Ausübung der von der Richtlinie verliehenen Rechte nicht unmöglich macht oder übermäßig erschwert.

                 

Es ist Sache des nationalen Gerichts, zu prüfen, ob diese beiden Bedingungen erfüllt sind.

        

2.    

Art. 8 der Richtlinie 2000/78 ist dahin auszulegen, dass er einer zur Umsetzung dieser Richtlinie erlassenen nationalen Verfahrensvorschrift nicht entgegensteht, in deren Folge eine frühere Regelung geändert worden ist, die eine Frist für die Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs bei geschlechtsbezogener Diskriminierung vorsah.“

10

Sodann hat das Landesarbeitsgericht durch Urteil vom 27. Oktober 2010 die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Entschädigungs- und Schadensersatzansprüche weiter.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Ein ihr möglicherweise zustehender Entschädigungsanspruch ist wie ein etwa bestehender Schadensersatzanspruch verfallen.

12

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Zwar habe die Klägerin mit der von der Beklagten verfassten, gegen § 11 AGG verstoßenden Stellenanzeige ein Indiz iSd. § 22 AGG vorgetragen. Auch seien die Bewerbungsverfahren nicht abgeschlossen gewesen, da am 22. November 2007 die nächste diskriminierende Stellenausschreibung erschienen sei. Jedoch habe die Klägerin die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG nicht gewahrt. Um dem Effektivitätsgebot zu genügen, müsse § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG europarechtskonform dahin ausgelegt werden, dass die Frist erst mit Kenntniserlangung von der Diskriminierung beginne. In Anbetracht des diskriminierenden Inhalts der Stellenanzeige habe eine solche Kenntnis der Klägerin schon mit der Absage am 19. oder 21. November 2007 bestanden. Die Klageeinreichung am 29. Januar 2008 wahre daher die Zweimonatsfrist des § 15 Abs. 4 AGG nicht. Die Frist sei auch nicht weniger günstig als vergleichbare innerstaatliche Rechtsbehelfe im Bereich des Arbeitsrechts. Der deutsche Gesetzgeber habe selbst für das bestehende Arbeitsverhältnis eine Reihe von deutlich unter zwei Monaten liegenden Fristen normiert, die die Arbeitnehmer einzuhalten hätten, um ihre Rechte gegenüber dem Arbeitgeber nicht zu verlieren.

13

B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

14

I. Ein etwaiger Entschädigungsanspruch der Klägerin nach § 15 Abs. 2 AGG ist wegen verspäteter Geltendmachung verfallen(§ 15 Abs. 4 AGG).

15

1. Der von der Klägerin gestellte bezifferte Zahlungsantrag ist hinreichend iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO bestimmt. Die Klägerin hat die von ihr nach § 15 Abs. 2 AGG begehrte angemessene Entschädigung beziffert und Tatsachen benannt, die den geltend gemachten Entschädigungsbetrag rechtfertigen sollen.

16

2. Das am 18. August 2006 in Kraft getretene AGG findet auf den Streitfall Anwendung.

17

a) Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet. Die Klägerin ist als Bewerberin „Beschäftigte“ iSd. AGG. Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG gelten als Beschäftigte auch Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis. Dabei kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, die Bewerbung der Klägerin sei bei ihr erst nach der Besetzungsentscheidung über zwei Stellen eingegangen. Jedenfalls hat die Beklagte noch weitere Bewerber gesucht, wie sich ihrer Anzeige vom 22. November 2007 entnehmen lässt.

18

b) Die Beklagte ist als „Arbeitgeberin“ passivlegitimiert. Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG ist Arbeitgeber im Sinne des Gesetzes, wer „Personen nach Absatz 1“ des § 6 AGG „beschäftigt“. Arbeitgeber ist also derjenige, der um Bewerbungen für ein von ihm angestrebtes Beschäftigungsverhältnis bittet (BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - EzA AGG § 22 Nr. 3; 19. August 2010 - 8 AZR 370/09 - AP SGB IX § 81 Nr. 19 = EzA AGG § 15 Nr. 11).

19

3. Die Klägerin hat die nach § 15 Abs. 4 AGG für die Geltendmachung von Ansprüchen nach § 15 Abs. 2 AGG einzuhaltende Frist von zwei Monaten nicht gewahrt. Bei dieser Frist handelt es sich um eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist (vgl. Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 91; v. Roetteken AGG Stand April 2012 § 15 Rn. 101; Däubler/Bertzbach/Deinert 2. Aufl. § 15 Rn. 99; KR/Treber 9. Aufl. § 15 AGG Rn. 50; Stein in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 15 Rn. 66), deren Einhaltung - wie bei tarifvertraglichen Ausschlussfristen - von Amts wegen zu beachten ist (vgl. GMP/Germelmann 7. Aufl. § 61b Rn. 10; Palandt/Weidenkaff 71. Aufl. § 15 AGG Rn. 8; ErfK/Preis 12. Aufl. §§ 194 - 218 BGB Rn. 33).

20

a) Die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG verstößt nicht gegen Europarecht.

21

aa) Ausdrücklich lassen Art. 9 Abs. 3 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft und Art. 17 Abs. 3 der Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen einzelstaatliche Regelungen über Fristen für die Rechtsverfolgung betreffend den Gleichbehandlungsgrundsatz unberührt.

22

bb) Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist es mangels einer einschlägigen Gemeinschaftsregelung Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten, die zuständigen Gerichte und die Ausgestaltung von Verfahren, die den Schutz der dem Bürger aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, zu bestimmen. Dabei dürfen diese Verfahren nicht weniger günstig gestaltet sein als bei entsprechenden Klagen, die nur innerstaatliches Recht betreffen (Grundsatz der Äquivalenz), und die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Grundsatz der Effektivität; vgl. EuGH 8. Juli 2010 - C-246/09 - [Bulicke] Slg. 2010, I-7003 = AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 16 = EzA AGG § 15 Nr. 8).

23

cc) § 15 Abs. 4 AGG verstößt nicht gegen den Grundsatz der Gleichwertigkeit(Äquivalenz). Nach deutschem Recht besteht keine, einer Klage auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG vergleichbare, nach ihren Verfahrensmodalitäten günstigere Klageart. Dies hat der Senat bereits mit seinen Urteilen vom 15. März 2012 (- 8 AZR 37/11 - Rn. 32 - 48, NZA 2012, 910 und - 8 AZR 160/11 - Rn. 30 - 46) mit ausführlicher Begründung entschieden, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird.

24

dd) Ebenso wenig verstößt § 15 Abs. 4 AGG gegen den Effektivitätsgrundsatz, wie der Senat gleichfalls mit seinen Urteilen vom 15. März 2012 erkannt hat (- 8 AZR 37/11 - Rn. 49 - 53, NZA 2012, 910 und - 8 AZR 160/11 - Rn. 47 - 51). Allerdings ist § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG im Falle einer Bewerbung oder eines angestrebten beruflichen Aufstiegs unionsrechtskonform dahingehend auszulegen, dass die Frist nicht vor dem Zeitpunkt beginnt, zu dem der Beschäftigte Kenntnis von der Benachteiligung erlangt. Hierüber gibt die bloße Ablehnung der Bewerbung durch den Arbeitgeber nicht in jedem Fall zwingend Auskunft (BAG 15. März 2012 - 8 AZR 37/11 - Rn. 54 - 59, aaO).

25

b) Mit der Ablehnung im Telefongespräch vom 19. November 2007 hatte die Klägerin Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen. Durch das Telefonat wusste sie, dass ihre Bewerbung keine Berücksichtigung für das Auswahlverfahren gefunden hat oder finden wird. Ein Nachteil im Sinne einer unmittelbaren Benachteiligung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt im Falle einer Auswahlentscheidung bereits dann vor, wenn die Beschäftigte nicht in die Auswahl einbezogen, sondern vorab ausgeschieden wird. Die Benachteiligung liegt in der Versagung einer Chance (BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21). Da im Zeitpunkt der Absage die Klägerin Kenntnis vom Inhalt der Stellenanzeige hatte, die die Beklagte am 15. November 2007 veröffentlichen ließ und die gegen § 11 AGG verstieß, war sie seit dem 19. November 2007 in der Lage, Entschädigungsansprüche gegenüber der Beklagten geltend zu machen. Nach dem eigenen, von der Beklagten jedoch bestrittenen Vortrag, ist die Klägerin zudem in dem Telefongespräch direkt auf die unmittelbare Benachteiligung aufgrund des Diskriminierungsmerkmals „Alter“ verwiesen worden, da sie „dem Bewerberprofil nicht entspreche“.

26

Mit ihrer Ausschreibung suchte die Beklagte Bewerber im Alter „zwischen 18 - 35 Jahre“ und differenzierte damit nach dem verpönten Merkmal des Alters. Die Ausschreibung verstieß gegen § 7 Abs. 1 AGG, was nach der Rechtsprechung des Senats die Vermutung begründet, die Benachteiligung sei wegen des in der Ausschreibung bezeichneten Merkmals erfolgt(vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - Rn. 59, AP AGG § 15 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 10; 5. Februar 2004 - 8 AZR 112/03 - Rn. 63, BAGE 109, 265 = AP BGB § 611a Nr. 23 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 3 zu § 611b BGB aF; 14. März 1989 - 8 AZR 447/87 - BAGE 61, 209 = AP BGB § 611a Nr. 5 = EzA BGB § 611a Nr. 4 zu § 611a BGB aF).

27

c) Die Zweimonatsfrist begann danach am 20. November 2007 (§ 187 Abs. 1 BGB) und endete am 21. Januar 2008 (§ 188 Abs. 2, § 193 BGB), nachdem der 19. Januar 2008 auf einen Sonnabend fiel. Zwar wird die von § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG geforderte Schriftform auch durch eine gerichtliche Klage gewahrt(vgl. BAG 12. Dezember 2000 - 9 AZR 1/00 - zu I 2 b bb der Gründe, BAGE 96, 352 = AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 154 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 135; 24. Juni 1960 - 1 AZR 29/58 - zu 1 der Gründe, BAGE 9, 296 = AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 5 zu tariflichen Ausschlussfristen; Däubler/Bertzbach/Deinert 2. Aufl. § 15 Rn. 110; Stein in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 15 Rn. 73), allerdings setzt dies voraus, dass die Klage rechtzeitig zugestellt wird; § 167 ZPO findet keine Anwendung(vgl. BAG 8. März 1976 - 5 AZR 361/75 - zu 3 a der Gründe, AP ZPO § 496 Nr. 4 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 26). Die am 29. Januar 2008 bei Gericht eingereichte und der Beklagten am 2. Februar 2008 zugestellte Klage wahrte die am 21. Januar 2008 abgelaufene Frist nicht.

28

II. Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch keinen Anspruch auf Ersatz des Nichtvermögensschadens wegen Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts gemäß § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG.

29

1. Voraussetzung eines Anspruchs aus § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG ist, dass der Arbeitgeber das allgemeine Persönlichkeitsrecht schwerwiegend verletzt hat oder dem Arbeitgeber ein schwerwiegender Verschuldensvorwurf zu machen ist; geringfügige Eingriffe lösen keine Entschädigungsansprüche aus (vgl. BAG 24. September 2009 - 8 AZR 636/08 - AP BGB § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 41 = EzA AGG § 15 Nr. 3). Weitere Voraussetzung ist, dass die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann (vgl. BGH 1. Dezember 1999 - I ZR 49/97 - BGHZ 143, 214). Ob eine schwerwiegende Verletzung vorliegt, hängt von Art, Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie dem Grad seines Verschuldens ab, wobei zu berücksichtigen ist, in welche geschützten Bereiche eingegriffen wurde (vgl. BAG 24. September 2009 - 8 AZR 636/08 - aaO). Eine Haftung kommt insbesondere nur bei einem Verschulden (§ 276 BGB) in Betracht.

30

Nach den allgemeinen Darlegungs- und Beweislastregeln hat der Geschädigte sämtliche anspruchsbegründenden Tatsachen darzulegen und ggf. zu beweisen. § 22 AGG bietet für die Geltendmachung eines Anspruchs aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts keine Erleichterungen(BAG 15. März 2012 - 8 AZR 37/11 - Rn. 65 ff. mwN, NZA 2012, 910).

31

2. Weder aus den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts noch aus den Behauptungen der Klägerin ergibt sich eine schwerwiegende Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts oder ein schwerwiegender Verschuldensvorwurf, der der Beklagten zu machen wäre. Auch wenn diese unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1, § 11 AGG Arbeitsplätze altersdiskriminierend ausgeschrieben hat, genügt das nicht, um eine Entschädigungspflicht nach § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG auszulösen, wie es bei einer „Herabwürdigung“(BAG 24. September 2009 - 8 AZR 636/08 - AP BGB § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 41 = EzA AGG § 15 Nr. 3) gegebenenfalls anzunehmen wäre. Eine „Herabwürdigung“ ergibt sich nicht aus Form und Inhalt der Ablehnungen, und zwar weder aus dem Inhalt des Telefonats vom 19. November 2007, selbst wenn man dessen Inhalt mit der Darstellung der Klägerin unterstellt, noch aus der handschriftlichen Ablehnungsnotiz vom 21. November 2007.

32

III. Den Ersatz der von ihr geltend gemachten materiellen Schäden - Bewerbungskosten und Kosten der Rechtsverfolgung - kann die Klägerin schon deswegen nicht von der Beklagten nach § 15 Abs. 1 AGG verlangen, da sie auch insoweit die in § 15 Abs. 4 AGG geregelte Ausschlussfrist nicht eingehalten hat.

33

1. Auch und soweit die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG materielle Schadensersatzansprüche erfasst, verstößt sie nicht gegen den primärrechtlichen Grundsatz der Gleichwertigkeit. Nach nationalem Recht bestand kein dem Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 AGG vergleichbarer Anspruch eines erfolglosen Stellenbewerbers bei Verletzung des Inklusionsinteresses oder in Bezug auf andere, vergleichbare Merkmale. Es gilt insoweit grundsätzlich das für die Gleichwertigkeit des Entschädigungsanspruchs nach § 15 Abs. 2 AGG Ausgeführte.

34

a) Durch die Verabschiedung des AGG hat der deutsche Gesetzgeber in Umsetzung der Richtlinie 2000/43/EG, der Richtlinie 2000/78/EG, der Richtlinie 2002/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 zur Änderung der Richtlinie 76/207/EWG des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen und der Richtlinie 2004/113/EG des Rates vom 13. Dezember 2004 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen zuvor schon bestehende einzelne Diskriminierungsverbote erstmals zu einem umfassenden Diskriminierungsschutz in Deutschland ausgebaut. Zur effektiven Durchsetzung dient dabei in besonderer Weise die in § 22 AGG getroffene Beweislastverteilung. Die vom Grundsatz der Privatautonomie geprägte deutsche Rechtsordnung unterscheidet sich grundlegend vom europäischen Antidiskriminierungsrecht. Aufgaben, die in anderen Rechtsordnungen dem Diskriminierungsschutz zukamen und zukommen, übernahmen in der Vergangenheit in der deutschen Rechtsordnung für bestehende Arbeitsverhältnisse teilweise als funktionelle Äquivalente der allgemeine Kündigungsschutz oder bei der Gewährung von Leistungen der Gleichbehandlungsgrundsatz. An diesen ist jedoch der Arbeitgeber bei der Begründung von Arbeitsverhältnissen nicht gebunden (vgl. BAG 20. August 1986 - 4 AZR 272/85 - BAGE 52, 380 = AP TVG § 1 Tarifverträge - Seniorität Nr. 6 = EzA BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 44; ErfK/Preis 12. Aufl. § 611 BGB Rn. 311, 578; DFL/Kamanabrou 4. Aufl. § 611 BGB Rn. 287). Für die Nichteinstellung schuldet der Arbeitgeber nach deutschem Recht grundsätzlich keinerlei Rechtfertigung (vgl. ErfK/Preis aaO Rn. 311; Buchner NZA 1991, 577, 579). Zur Richtlinienumsetzung durch das AGG konnte der deutsche Gesetzgeber daher nicht an einen bereits im nationalen Recht bestehenden Diskriminierungsschutz anknüpfen (vgl. Kolbe EuZA 2011, 65, 68; Jacobs RdA 2009, 193, 200 f.; Wagner/Potsch JZ 2006, 1085, 1092). Keinen Vergleichsmaßstab können die Diskriminierungsverbote des § 611a BGB aF und § 81 Abs. 2 SGB IX aF bilden, da diese ihrerseits der Richtlinienumsetzung dienten(vgl. Jacobs RdA 2009, 193, 201).

35

Damit unterscheiden sich Ansprüche nach § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB von solchen aus § 15 Abs. 1 AGG hinsichtlich ihres Rechtsgrundes und ihrer wesentlichen Merkmale, sodass der deutsche Gesetzgeber nicht gehindert war, für Ansprüche nach § 15 Abs. 1 AGG eine besondere Ausschlussfrist vorzusehen.

36

b) Der Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 AGG ist auch nicht dem Anspruch auf Geldentschädigung wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts nach § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG vergleichbar.

37

Beide Ansprüche unterscheiden sich bereits hinsichtlich des Gegenstands. § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG gewährt bei Verletzung des Persönlichkeitsrechts eine Geldentschädigung. Der Ersatz materieller Schäden ist bei Verletzung des Persönlichkeitsrechts nur für vermögenswerte Bestandteile des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (bspw. der unerlaubten Verwertung des Bildes, des Namens, der Stimme oder anderer Persönlichkeitsmerkmale zu kommerziellen Zwecken) anerkannt (vgl. BGH 1. Dezember 1999 - I ZR 49/97 - BGHZ 143, 214; Palandt/Sprau 71. Aufl. § 823 BGB Rn. 125; MünchKommBGB/Wagner 5. Aufl. § 823 Rn. 180). Aufwendungen und Schäden des erfolglosen Stellenbewerbers, wie bspw. der entgangene Gewinn, fallen demgegenüber nicht in den Schutzbereich von § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG(vgl. BAG 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - Rn. 114, BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6). Demgegenüber gewährt § 15 Abs. 1 AGG Anspruch auf Ersatz des durch die Benachteiligung entstandenen materiellen Schadens.

38

2. § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG bestimmt ausdrücklich, dass neben einem Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG auch der Schadensersatzanspruch nach § 15 Abs. 1 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend zu machen ist(vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - Rn. 36, AP AGG § 15 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 10; v. Roetteken AGG Stand April 2012 § 15 Rn. 69; Meinel/Heyn/Herms AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 85, 87; ErfK/Schlachter 12. Aufl. § 15 AGG Rn. 15; Jacobs RdA 2009, 193, 199). Etwas anderes soll nur dann gelten, wenn die Tarifvertragsparteien dies vereinbart haben, § 15 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 2 AGG. Hinsichtlich des Fristbeginns differenziert § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG nicht zwischen Ansprüchen nach § 15 Abs. 1 AGG und solchen nach § 15 Abs. 2 AGG, sondern bestimmt für beide Ansprüche, dass die Frist im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt beginnt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt. Allerdings ist § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG unionsrechtskonform dahingehend auszulegen, dass die Frist auch im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs erst zu dem Zeitpunkt beginnt, zu dem der Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt. Aus dem Wortlaut von § 15 Abs. 4 AGG ergibt sich somit, dass es für den Fristbeginn zur Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs nach § 15 Abs. 1 AGG nicht auf die Entstehung des Schadens oder dessen Fälligkeit ankommt.

39

Die am 29. Januar 2008 eingereichte und der Beklagten am 2. Februar 2008 zugestellte Klage wahrte daher die Frist des § 15 Abs. 4 AGG auch hinsichtlich eines materiellen Schadensersatzanspruchs aus § 15 Abs. 1 AGG nicht.

40

IV. Ein Anspruch auf Ersatz der materiellen Schäden ergibt sich nicht aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB iVm. § 7 Abs. 3 AGG. Soweit diese Anspruchsgrundlage allein mit einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot begründet wird, kommt sie neben dem Anspruch aus § 15 Abs. 1 AGG nicht in Betracht.

41

1. Nach § 15 Abs. 5 AGG bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, im Übrigen unberührt. Aus der Begründung des Gesetzesentwurfs ergibt sich, dass der Gesetzgeber insbesondere an Ansprüche auf Unterlassung nach § 1004 BGB oder auf Ersatz des materiellen Schadens nach den §§ 252, 823 BGB dachte(vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 38). Eine abschließende und klare Regelung des Konkurrenzverhältnisses zu anderen möglichen Ansprüchen auf Schadensersatz und Entschädigung ergibt sich hieraus nicht. Insbesondere ist unklar, inwieweit der Beschäftigte Schadensersatzansprüche bei Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot auf § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB stützen kann, nachdem § 7 Abs. 3 AGG bestimmt, dass eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch den Arbeitgeber oder Beschäftigte eine Verletzung vertraglicher Pflichten darstellt.

42

2. In der Rechtslehre ist die Frage umstritten. Ein Teil der Literatur geht davon aus, dass Ansprüche aus § 280 BGB, die auf einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot gestützt werden, neben Ansprüchen aus § 15 AGG bestehen, ohne dass die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG Geltung erlangt(vgl. v. Roetteken AGG Stand April 2012 § 15 Rn. 69, 112; Bücker in Rust/Falke AGG § 15 Rn. 57; Palandt/Weidenkaff 71. Aufl. § 3 AGG Rn. 10 u. § 15 AGG Rn. 10; Thüsing Arbeitsrechtlicher Diskriminierungsschutz Rn. 535; KR/Treber 9. Aufl. § 15 AGG Rn. 8). Weiter wird auch vertreten, § 280 BGB finde zwar neben § 15 Abs. 1 AGG Anwendung, jedoch sei auch die Ausschlussfrist nach § 15 Abs. 4 AGG bei diesem Anspruch zu beachten(vgl. Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 15 Rn. 65, 67; Voigt in Schleusener/Suckow/Voigt AGG 3. Aufl. § 15 Rn. 70; Schaub/Linck ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 36 Rn. 102). Der überwiegende Teil der Literatur nimmt an, dass § 15 Abs. 1 AGG als speziellere Norm mögliche Ansprüche aus § 280 BGB verdrängt(vgl. Däubler/Bertzbach/Deinert 2. Aufl. § 15 Rn. 24, 126; Schiek/Kocher AGG § 15 Rn. 66; Meinel/Heyn/Herms AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 96; Stein in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 15 Rn. 88; Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 137; ErfK/Schlachter 12. Aufl. § 15 AGG Rn. 18; Kittner/Däubler/Zwanziger KSchR 8. Aufl. AGG Rn. 60; Richardi NZA 2006, 881, 886; HWK/Rupp 5. Aufl. § 15 AGG Rn. 14; ErfK/Preis 12. Aufl. § 611 BGB Rn. 270; Stoffels RdA 2009, 204, 214; Staudinger/Annuß [2005] § 611a Rn. 80 zu § 611a BGB aF; Walker NZA 2009, 5, 10 f. für Entschädigungsansprüche).

43

3. Der überwiegenden Auffassung der Literatur ist der Vorzug zu geben. Für die Annahme einer spezielleren Regelung durch § 15 Abs. 1 AGG spricht sowohl der gesetzliche Regelungszusammenhang als auch der Wortlaut von § 15 Abs. 1 und Abs. 5 AGG.

44

a) Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG ist der Arbeitgeber bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. § 15 Abs. 1 Satz 2 AGG bestimmt weiter, dass eine Ersatzpflicht nach § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG nicht eintritt, wenn der Arbeitgeber die „Pflichtverletzung“ nicht zu vertreten hat. Damit übernimmt § 15 Abs. 1 AGG das Regelungskonzept des § 280 Abs. 1 BGB, bezieht dies aber auf einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot. § 7 Abs. 3 AGG enthält dazu die Klarstellung, dass die vom Arbeitgeber oder Beschäftigten begangenen Benachteiligungen Vertragsverletzungen darstellen. Durch die Regelung in § 15 Abs. 1 Satz 2 AGG werden gleichzeitig die §§ 276 bis 278 BGB für den Anspruch aus § 15 Abs. 1 AGG anwendbar(vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 38). § 15 Abs. 1 AGG normiert daher einen vertraglichen Schadensersatzanspruch, der sich allein gegen den Arbeitgeber richtet und hinsichtlich seiner Voraussetzungen und Rechtsfolgen besonderen Regelungen unterliegt. So hat der Beschäftigte nach dem Wortlaut von § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG nur hinsichtlich eines Anspruchs nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG eine Ausschlussfrist einzuhalten. Auf der Rechtsfolgenseite stellt § 15 Abs. 6 AGG klar, dass ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungs- oder Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg begründet, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund. Damit wird eine Naturalrestitution ausgeschlossen. Hieran zeigt sich, dass der Gesetzgeber den materiellen Schadensersatz, der sich bei Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ergeben kann, innerhalb vertraglicher Beziehungen speziell ausgestaltet hat. Dies spricht dafür, den allgemeinen Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB als verdrängt zu betrachten, soweit dieser allein auf einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot gestützt wird(§ 7 Abs. 1, Abs. 3 AGG). Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die besonderen Voraussetzungen die der Gesetzgeber an einen Anspruch nach § 15 Abs. 1 AGG knüpft(insb. Ausschlussfrist), nicht durch Gewährung eines Anspruchs aus § 280 Abs. 1 BGB umgangen werden.

45

b) Ebenso spricht der Wortlaut von § 15 Abs. 5 AGG für die Annahme, § 15 Abs. 1 AGG stelle in seinem Anwendungsbereich eine § 280 Abs. 1 BGB verdrängende Norm dar. § 15 Abs. 5 AGG bestimmt, dass „im Übrigen“ Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt bleiben. Die vom Gesetzgeber verwendete Formulierung spricht maßgeblich dafür, dass die allgemeinen Regelungen nur insoweit zur Anwendung kommen sollen, als § 15 AGG keine eigene Regelung trifft. Hinsichtlich des Anspruchs auf Ersatz materieller Schäden auf (vor-)vertraglicher Grundlage ist dies aber in § 15 Abs. 1 AGG geschehen.

46

V. Den von ihr begehrten Ersatz ihres materiellen Schadens kann die Klägerin von der Beklagten vorliegend schließlich nicht nach § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 7 Abs. 1 oder § 11 AGG verlangen.

47

1. Grundsätzlich werden Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung nicht durch § 15 Abs. 1 AGG verdrängt. Insoweit regelt das AGG nur einen (vor-)vertraglichen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung des Benachteiligungsverbots, „im Übrigen“ werden aber nach § 15 Abs. 5 AGG Ansprüche gegen den Arbeitgeber aus anderen Rechtsvorschriften nicht berührt. Der Gesetzgeber hat zum Ausdruck gebracht, dass es insoweit bei der echten Anspruchskonkurrenz zwischen Schadensersatzansprüchen wegen der Verletzung vertraglicher Pflichten und solchen aus unerlaubter Handlung bleiben soll (BT-Drucks. 16/1780 S. 38).

48

2. Ob § 11 AGG oder, näherliegend, § 7 Abs. 1 AGG „Schutzgesetze“ iSd. § 823 Abs. 2 BGB sind, also zumindest auch Individualschutz wegen eines der vom Gesetzgeber mit einer Norm verfolgten Anliegens gewähren wollen, ist in der Rechtslehre umstritten, kann aber vorliegend dahinstehen. Denn wenn die Beklagte mit ihrem Vorgehen vorliegend § 7 Abs. 1 oder § 11 AGG als „Schutzgesetz“ iSv. § 823 Abs. 2 BGB verletzt hätte, wäre ein daraus resultierender Anspruch der Klägerin aufgrund der auch insoweit anzuwendenden Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG untergegangen.

49

a) Zwar gilt als Grundregel, dass vertragliche und deliktische Ansprüche nach ihren jeweiligen Voraussetzungen, ihrem Inhalt und ihrer Durchsetzung selbständig zu beurteilen sind und den jeweils eigenen Regeln folgen. Ausnahmen kommen aber dann in Betracht, wenn einer gesetzlichen Einschränkung der Vertragshaftung zu entnehmen ist, dass die Möglichkeit des Geschädigten, nach einem Ausschluss mit seinem vertraglichen Schadensersatzanspruch auf den aus demselben Sachverhalt hergeleiteten deliktischen Anspruch auszuweichen, jedenfalls den Zweck einer für den vertraglichen Schadensersatzanspruch geltenden gesetzlichen Vorschrift vereiteln und diese gesetzliche Regelung im Ergebnis aushöhlen würde (vgl. BGH 19. Oktober 2004 - X ZR 142/03 - zu 2 der Gründe mwN, NJW-RR 2005, 172; Palandt/Sprau 71. Aufl. Einf. v. § 823 Rn. 5). Deshalb sind die für Ansprüche aus Vertragsverletzung geltenden kurzen Verjährungsfristen auch auf konkurrierende Ansprüche aus unerlaubter Handlung anzuwenden, wenn das Ausweichen des Geschädigten auf einen aus demselben Lebenssachverhalt hergeleiteten deliktischen Anspruch eine Zweckvereitelung der kurzen Verjährungsvorschrift zur Folge hätte (vgl. BGH 8. März 2005 - XI ZR 170/04 - zu II 3 a der Gründe, BGHZ 162, 306; 11. Dezember 1991 - XII ZR 269/90 - zu 1 a der Gründe, BGHZ 116, 293). Auch wendet das Bundesarbeitsgericht eine Ausschlussfrist, die „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ erfasst, nicht nur auf vertragliche Erfüllungs- und Schadensersatzansprüche, sondern auch auf Ansprüche aus unerlaubter Handlung an, wenn diese auf einem einheitlichen Lebensvorgang beruhen (vgl. BAG 18. August 2011 - 8 AZR 187/10 - Rn. 26 mwN, EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 200; 16. Mai 2007 - 8 AZR 709/06 - Rn. 41, BAGE 122, 304 = AP BGB § 611 Mobbing Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 6), da andernfalls die angestrebte Rechtsklarheit und Rechtssicherheit nicht erreicht werden kann.

50

b) Danach fallen deliktische Ansprüche, die auf denselben Lebenssachverhalt wie Ansprüche aus § 15 Abs. 1 AGG gestützt werden, unter die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG.

51

3. Zwar hat der Gesetzgeber in § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG bestimmt, dass ein Anspruch „nach Absatz 1 oder 2“ innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden muss, es sei denn, die Tarifvertragsparteien hätten etwas anderes vereinbart. Der Zweck des § 15 Abs. 4 AGG besteht jedoch darin, angesichts der für das AGG durch § 22 geregelten Beweislastverteilung die Arbeitgeber nicht zu zwingen, Argumentationen über Einstellungsverfahren bis zum Ablauf der allgemeinen Verjährungsfrist von drei Jahren aufbewahren zu müssen(BT-Drucks. 16/1780 S. 38). Für Ansprüche aus dem AGG soll binnen kürzerer Frist Rechtssicherheit und Rechtsklarheit eintreten. Dem Sinn und Zweck der Regelung entspricht es, die Ausschlussfrist auch auf konkurrierende Ansprüche aus unerlaubter Handlung anzuwenden, die auf denselben Sachverhalt gestützt werden, also auf eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes. Da der Anspruch nach § 15 Abs. 1 AGG verschuldensabhängig ausgestaltet ist, tritt bei einer Verwirklichung des Haftungstatbestandes nach § 15 Abs. 1 AGG regelmäßig auch eine Verwirklichung des Tatbestandes des § 823 Abs. 2 BGB ein, sofern einzelnen Bestimmungen des AGG, etwa § 7 Abs. 1 AGG, Schutzgesetzcharakter zuzusprechen wäre. Der Zweck des § 15 Abs. 4 AGG, innerhalb einer kurzen Frist Rechtssicherheit und Rechtsklarheit in Bezug auf solche Ansprüche herbeizuführen, würde jedoch vereitelt, wollte man § 15 Abs. 4 AGG nicht auf alle Ansprüche erstrecken, die auf den besonderen gesetzlichen Schutz vor Diskriminierung gegründet werden.

52

C. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Volz    

        

    Pauli    

                 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 11. Juli 2013 - 11 Sa 312/13 - wird zurückgewiesen.

Die Anschlussrevision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 11. Juli 2013 - 11 Sa 312/13 - wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Klägerin 9/10 und die Beklagte 1/10.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über die Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin wegen einer Observation durch einen Detektiv eine Geldentschädigung zu zahlen.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten seit Mai 2011 als Sekretärin der Geschäftsleitung tätig. Ab dem 27. Dezember 2011 war sie arbeitsunfähig erkrankt, zunächst mit Bronchialerkrankungen und später mit einem Bandscheibenvorfall. Für die Zeit bis 28. Februar 2012 legte sie nacheinander sechs Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor, zuerst vier eines Facharztes für Allgemeinmedizin, dann ab 31. Januar 2012 zwei einer Fachärztin für Orthopädie. Der Geschäftsführer der Beklagten bezweifelte das Vorliegen eines Bandscheibenvorfalls und beauftragte zwecks Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit eine Detektei mit der Observation der Klägerin. Diese erfolgte von Mitte bis Ende Februar 2012 an vier Tagen. Beobachtet wurden ua. ihr Wohnhaus, sie und ihr Mann mit Hund vor dem Haus und der Besuch der Klägerin in einem Waschsalon. Dabei wurden auch Videoaufnahmen erstellt. Der abschließende Observationsbericht, der der Beklagten übergeben worden ist, enthält elf Bilder, neun davon aus Videosequenzen.

3

Der Rechtsstreit der Parteien betraf zuerst eine Kündigungsschutzklage der Klägerin und die Forderung der Beklagten betreffend die Erstattung von Detektivkosten. In diesem Rahmen berief sich die Beklagte auf den Observationsbericht und führte ihn in das Verfahren ein. Die Kündigungsschutzklage war vor dem Arbeitsgericht erfolgreich, nicht dagegen die Widerklage der Beklagten auf Erstattung von Detektivkosten. Betreffend beides wurde das Urteil des Arbeitsgerichts rechtskräftig, nicht aber bezogen auf einen zwischenzeitlich erhobenen Geldentschädigungsanspruch der Klägerin wegen einer Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts.

4

Die Klägerin ist der Auffassung, ihr stehe eine Entschädigung zu, da die durch die Beklagte beauftragte Observation einschließlich der Videoaufnahmen rechtswidrig gewesen sei und ihr Persönlichkeitsrecht verletzt habe. Das habe bei ihr zu erheblichen, eine psychotherapeutische Behandlung erfordernden psychischen Beeinträchtigungen geführt. Der Höhe nach stelle sie die Entschädigung in das Ermessen des Gerichts, wobei ein dreifaches Bruttomonatsgehalt, also 10.500,00 Euro, angemessen sei.

5

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie ein Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des erkennenden Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. Juli 2012 zu zahlen.

6

Zur Begründung ihres Antrags auf Klageabweisung hat die Beklagte die Auffassung vertreten, sie sei berechtigt gewesen, die Klägerin überwachen zu lassen um zu erfahren, ob die Klägerin eine Arbeitsunfähigkeit vortäusche oder sich zumindest genesungswidrig verhalte. Dahin gehende Anhaltspunkte hätten vorgelegen, insbesondere weil die Klägerin sich kurz nach einer Meinungsverschiedenheit zuerst mit Erkältung, Bronchitis und Rippenfellentzündung arbeitsunfähig gemeldet habe, jeweils unter Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für kurze Zeiträume. Dann sei ein Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit bezogen auf einen von der Klägerin angegebenen Bandscheibenvorfall zunächst nur durch eine Folgebescheinigung eines Hausarztes attestiert worden. Erst bei Auslaufen des Entgeltfortzahlungszeitraums habe die Klägerin eine Erstbescheinigung einer Orthopädin vorgelegt. Nach allem liege eine Rechtfertigung für einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin durch Überwachung vor. Jedenfalls sei ein Schmerzensgeld nicht erforderlich, insbesondere nicht in der zugesprochenen Höhe. Es seien ausschließlich Bewegungen der Klägerin im öffentlichen Raum beobachtet worden, die Videoaufnahmen seien nicht in der Öffentlichkeit verbreitet und von der Detektei nicht an den Arbeitgeber herausgegeben worden.

7

Das Arbeitsgericht hat die Entschädigungsklage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte insoweit Erfolg als das Landesarbeitsgericht ihr in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils eine Entschädigung iHv. 1.000,00 Euro zugesprochen hat. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Ziel einer höheren Entschädigung weiter, während die Beklagte mit ihrer Anschlussrevision die Abweisung der Klage begehrt.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision und die Anschlussrevision sind unbegründet. Die Observation einschließlich der heimlichen Aufnahmen war rechtswidrig. Die Beklagte hatte keinen berechtigten Anlass zur Überwachung. Die vom Landesarbeitsgericht angenommene Höhe des Schmerzensgeldes ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

9

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Klägerin könne eine Entschädigung beanspruchen, da sie durch die heimliche Beobachtung und Fertigung von Videoaufnahmen rechtswidrig iSv. § 32 Abs. 1 BDSG und schwerwiegend in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt worden sei. Für den Beobachtungszeitraum habe eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegen, der ein hoher Beweiswert zukomme. Die Observation sei zu dem Zweck erfolgt, ein (vermutetes) Fehlverhalten der Klägerin im Zusammenhang mit der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit aufzudecken. Die Beklagte habe keine begründeten Gesichtspunkte für ernsthafte Zweifel am Bestehen einer Arbeitsunfähigkeit genannt. Die Rechtsverletzung habe mit den heimlichen Videoaufzeichnungen im privaten Lebensbereich der Klägerin die Grenze zur entschädigungspflichtigen Persönlichkeitsverletzung überschritten. Sei bereits die Krankenkontrolle als solche nicht durch § 32 BDSG gedeckt, komme erschwerend hinzu, dass das gewählte Mittel heimlicher Videoaufzeichnung auch unabhängig davon nicht erforderlich sei, also auch in einem Fall gerechtfertigter Krankenkontrolle unverhältnismäßig wäre. Insgesamt habe die Überwachung eine Intensität erreicht, die nicht in anderer Weise befriedigend habe ausgeglichen werden können. Dies sei auch bei der Bemessung der Höhe einer Entschädigung zu berücksichtigen gewesen. Dabei sei einzubeziehen gewesen, dass die Bildaufzeichnungen nicht die Intim- oder Privatsphäre der Klägerin beträfen und nicht an beliebige andere Personen weitergegeben worden seien, sondern von der Detektei vertraulich aufbewahrt würden; allerdings seien Auszüge daraus dem Observationsbericht beigefügt worden und die Beklagte habe Videosequenzen im Kündigungsschutzprozess als Beweismittel angeboten. Der Hinweis der Klägerin auf eine noch andauernde psychotherapeutische Behandlung beziehe sich auf mehrere Umstände einer Therapiebedürftigkeit, nicht nur auf die Observation.

10

B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand.

11

I. Die Revision der Klägerin und die Anschlussrevision der Beklagten sind zulässig. Für die Revision der Klägerin ist die erforderliche Beschwer gegeben, obwohl die Höhe der beantragten Geldentschädigung in das Ermessen des Gerichts gestellt worden ist. Der Klägerin ist weniger zugesprochen worden als sie nach ihrem Klagevorbringen erkennbar erwartet hatte.

12

II. Die Revision und die Anschlussrevision sind unbegründet.

13

1. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Beklagte durch die von ihr in Auftrag gegebene Überwachung mit Videoaufzeichnungen rechtswidrig das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin verletzt hat und die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Geldentschädigung wegen einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung gegeben sind.

14

a) Das durch Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht ist im Privatrechtsverkehr und insbesondere auch im Arbeitsverhältnis zu beachten(vgl. ua. BAG 21. Juni 2012 - 2 AZR 153/11 - Rn. 30, BAGE 142, 176; 16. November 2010 - 9 AZR 573/09 - Rn. 37 ff., BAGE 136, 156; BGH 8. Februar 2011 - VI ZR 311/09 - Rn. 12; 20. Dezember 2011 - VI ZR 262/10 - Rn. 10; BVerfG 14. Februar 1973 - 1 BvR 112/65 - zu C I 2 der Gründe, BVerfGE 34, 269). Ein auf § 823 Abs. 1 BGB gestützter Anspruch auf Geldentschädigung wegen einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung - nur eine solche kommt dafür in Betracht - setzt voraus, dass die Beeinträchtigung nicht auf andere Weise befriedigend ausgeglichen werden kann(BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 188/11 - Rn. 29, BAGE 142, 143; vgl. BGH 5. März 1963 - VI ZR 55/62 - zu II der Gründe, BGHZ 39, 124; BVerfG 23. September 2009 - 1 BvR 1681/09, 1 BvR 1 BvR 1742/09 - Rn. 2 mwN; 14. Februar 1973 - 1 BvR 112/65 - zu C III der Gründe, aaO). Die Zubilligung einer Geldentschädigung im Fall einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung beruht auf dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktion blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde. Bei dieser Entschädigung steht - anders als beim Schmerzensgeld - regelmäßig der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund. Außerdem soll sie der Prävention dienen (BGH 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03 - zu II 1 der Gründe, BGHZ 160, 298).

15

Soweit das BDSG eingreift, stellt die Schadensersatzregelung in § 7 BDSG keine ausschließliche Regelung dar, sie verdrängt den auf § 823 Abs. 1 BGB gestützten Anspruch auf Geldentschädigung wegen einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht(allgemeine und zutreffende Auffassung, vgl. ua. Gola/Schomerus BDSG 12. Aufl. § 7 Rn. 16 ff.; Simitis in Simitis BDSG 8. Aufl. § 7 Rn. 33; Seifert in Simitis BDSG 8. Aufl. § 32 Rn. 191 mwN; ErfK/Franzen 15. Aufl. § 7 BDSG Rn. 1; Däubler in Däubler/Klebe/Wedde/Weichert BDSG 4. Aufl. § 7 Rn. 1 mwN, Rn. 26 ff.; Taeger/Gabel/Gabel § 7 BDSG Rn. 23, 25 ff.).

16

Ob eine so schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, dass die Zahlung einer Geldentschädigung erforderlich ist, kann nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Hierbei sind in gebotener Gesamtwürdigung insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad des Verschuldens zu berücksichtigen (ua. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - Rn. 69; 18. Dezember 1984 - 3 AZR 389/83 - zu III der Gründe; BGH 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12 - Rn. 38 mwN, BGHZ 199, 237; 24. November 2009 - VI ZR 219/08 - Rn. 11, BGHZ 183, 227).

17

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst neben dem Recht am gesprochenen Wort auch das Recht am eigenen Bild. Es gehört zum Selbstbestimmungsrecht eines jeden Menschen darüber zu entscheiden, ob Filmaufnahmen von ihm gemacht und möglicherweise verwendet werden dürfen (vgl. BAG 26. August 2008 - 1 ABR 16/07 - Rn. 15, BAGE 127, 276; 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - Rn. 44, BAGE 146, 303). Die Verwertung von personenbezogenen Daten greift in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ein, das die Befugnis garantiert, selbst über die Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten zu befinden (vgl. BVerfG 11. März 2008 - 1 BvR 2074/05, 1 BvR 1254/07 - BVerfGE 120, 378). Der Achtung dieses Rechts dient zudem Art. 8 Abs. 1 EMRK(BAG 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - aaO; BGH 15. Mai 2013 - XII ZB 107/08 - Rn. 14). Die Bestimmungen des BDSG über die Anforderungen an eine zulässige Datenverarbeitung konkretisieren und aktualisieren den Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung und am eigenen Bild (näher BAG 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - Rn. 45, aaO).

18

b) Eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung liegt vor.

19

aa) Vorliegend ist, wovon das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgegangen ist, an § 32 Abs. 1 BDSG (Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses) zu messen, ob ein rechtswidriger Eingriff in das Persönlichkeitsrecht vorliegt. Sensitive Daten iSv. § 3 Abs. 9 BDSG, die von § 28 Abs. 6 BDSG erfasst wären(vgl. BAG 7. Februar 2012 - 1 ABR 46/10 - Rn. 26 ff., BAGE 140, 350), sind ersichtlich hier nicht betroffen. Maßgebend ist § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG. Danach dürfen personenbezogene Daten eines Beschäftigten zur Aufdeckung von Straftaten - in Betracht kommt die Verschaffung eines rechtswidrigen Vermögensvorteils durch Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit, § 263 StGB(ua. BAG 17. Juni 2003 - 2 AZR 123/02 - Rn. 23) - nur dann erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn zu dokumentierende tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass der Betroffene im Beschäftigungsverhältnis eine Straftat begangen hat, die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung zur Aufdeckung erforderlich ist und das schutzwürdige Interesse des Beschäftigten an dem Ausschluss der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung nicht überwiegt, insbesondere Art und Ausmaß im Hinblick auf den Anlass nicht unverhältnismäßig sind. Nach § 3 Abs. 1 BDSG sind personenbezogene Daten Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener). Erheben ist das Beschaffen von Daten über den Betroffenen, § 3 Abs. 3 BDSG.

20

bb) Diese Vorgaben sind unionsrechtskonform unter Beachtung der Richtlinie 95/46/EG auszulegen, die nach ihrem Art. 3 Abs. 1 für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie für die nicht automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten gilt, die in einer Datei gespeichert sind oder gespeichert werden sollen. Als eine solche Datei mit personenbezogenen Daten gilt jede strukturierte Sammlung personenbezogener Daten, die nach bestimmten Kriterien zugänglich sind, gleichgültig ob diese Sammlung zentral, dezentralisiert oder nach funktionalen oder geographischen Gesichtspunkten aufgeteilt geführt wird, Art. 2 Buchst. c Richtlinie 95/46/EG.

21

Art. 7 der Richtlinie 95/46/EG sieht eine erschöpfende und abschließende Liste der Fälle vor, in denen eine Verarbeitung personenbezogener Daten als rechtmäßig angesehen werden kann(EuGH 24. November 2011 - C-468/10 - [ASNEF] Rn. 30, Slg. 2011, I-12181). Im vorliegenden Fall ist Art. 7 Buchst. f der Richtlinie 95/46/EG zu berücksichtigen, wonach die Verarbeitung der Daten (wozu bereits die Erhebung gehört, Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 95/46/EG wie auch § 3 Abs. 2 BDSG)zur Verwirklichung des berechtigten Interesses erfolgen darf, das von dem für die Verarbeitung Verantwortlichen oder von dem bzw. den Dritten wahrgenommen wird, denen die Daten übermittelt werden, sofern nicht das Interesse oder die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person (Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 95/46/EG) überwiegen. Der Schutz des in Art. 7 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union garantierten Grundrechts auf Privatleben verlangt, dass sich die Ausnahmen und Einschränkungen in Bezug auf den Schutz der personenbezogenen Daten auf das absolut Notwendige beschränken müssen(EuGH 11. Dezember 2014 - C-212/13 - [Ryneš] Rn. 28 f. mwN). Einschränkungen des Rechts auf Schutz der personenbezogenen Daten können gerechtfertigt sein, wenn sie denen entsprechen, die im Rahmen von Art. 8 EMRK geduldet werden(EuGH 9. November 2010 - C-92/09 und C-93/09 - [Volker und Markus Schecke] Rn. 52, Slg. 2010, I-11063).

22

cc) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht die Observation der Klägerin einschließlich der Bildaufnahmen und Videoaufzeichnungen als personenbezogene Datenerhebung eingeordnet.

23

Durch Privatdetektive erhobene Daten, die bestimmte oder bestimmbare natürliche Personen betreffen, sind personenbezogene Daten iSv. § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG und Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 95/46/EG. Ihre Erhebung, Aufbewahrung und Übermittlung durch einen Auftraggeber oder durch Privatdetektive, die auf eigene Rechnung handeln, ist eine „Verarbeitung personenbezogener Daten“ iSv. Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 95/46/EG (EuGH 7. November 2013 - C-473/12 - [IPI] Rn. 26; 16. Dezember 2008 - C-524/06 - [Huber] Rn. 43, Slg. 2008, I-9705). Auch das von einer Kamera aufgezeichnete Bild einer Person fällt unter den Begriff der personenbezogenen Daten iSv. Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 95/46/EG, sofern es die Identifikation der betroffenen Person ermöglicht (EuGH 11. Dezember 2014 - C-212/13 - [Ryneš] Rn. 22). Das ist hier der Fall.

24

dd) Die Observation der Klägerin einschließlich personenbezogener Datenerhebung war rechtswidrig. Ein berechtigtes Interesse der Beklagten iSv. Art. 7 Buchst. f der Richtlinie 95/46/EG, das nach § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG in der Aufdeckung einer Straftat im Beschäftigungsverhältnis liegen kann, zur Erhebung personenbezogener Daten im Wege der Observation der Klägerin einschließlich der Bildaufnahmen und Videoaufzeichnungen lag nicht vor.

25

(1) Im Hinblick auf das Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit als überwachungsrechtfertigende Straftat müssen angesichts des hohen Beweiswertes einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zumindest begründete Zweifel an der Richtigkeit dieser ärztlichen Bescheinigung aufgezeigt werden, um den Beweiswert der Bescheinigung zu erschüttern (ua. BAG 11. Oktober 2006 - 5 AZR 755/05 - Rn. 35; 26. Februar 2003 - 5 AZR 112/02 - zu I 1 der Gründe mwN, BAGE 105, 171).

26

(2) Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (zur beschränkten Revisibilität der nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewonnenen tatrichterlichen Überzeugung ua. BAG 11. Dezember 2014 - 8 AZR 1010/13 - Rn. 28 mwN; 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 42 mwN) hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass die Beklagte keine begründeten Zweifel an der Richtigkeit der von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen aufgezeigt hat. Weder hat die Klägerin beispielsweise im Rahmen einer Auseinandersetzung am Arbeitsplatz eine nachfolgende Arbeitsunfähigkeit angekündigt, noch war der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen dadurch erschüttert, dass sie von unterschiedlichen Ärzten stammten, noch durch eine Änderung im Krankheitsbild oder weil ein Bandscheibenvorfall zunächst hausärztlich behandelt worden war. Auch sonstige, begründete Zweifel zeigende Umstände lagen nicht vor.

27

(3) Angesichts eines von vornherein fehlenden berechtigten Interesses an einer Erhebung personenbezogener Daten der Klägerin kommt es auf eine Rechtfertigungs- und Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht mehr an. Es war auch nicht zu entscheiden, wie Videoaufnahmen in einem Fall zu beurteilen wären, in dem ein berechtigter Anlass zur Überwachung gegeben ist.

28

ee) Die vorliegende rechtswidrige Datenerhebung stellt eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung dar, wegen der das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen hat, dass der Klägerin dem Grunde nach ein Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung aus § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG zusteht.

29

Ein Eingriff in das durch Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin liegt bereits in der durch die Beklagte veranlassten Observation der Klägerin(vgl. auch BAG 27. März 2003 - 2 AZR 51/02 - zu B I 3 b der Gründe, BAGE 105, 356 im Hinblick auf Art. 2 Abs. 1 GG). Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, intensivieren die im Zusammenhang mit der Observation gefertigten Videoaufnahmen die Stärke des Eingriffs erheblich. Hinzu kommt die Heimlichkeit der Aufzeichnungen. Sie erfolgten im öffentlichen Raum und ohne eine Kenntlichmachung gemäß § 6b Abs. 1 und Abs. 2 BDSG. Auch eine Einwilligung der Klägerin (§ 4 BDSG) lag nicht vor.

30

Im Einklang mit der Rechtsprechung (BGH 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12 - Rn. 40 mwN, BGHZ 199, 237) hat das Landesarbeitsgericht die Zubilligung einer Geldentschädigung nicht von einer kausal mit der Persönlichkeitsrechtsverletzung zusammenhängenden psychischen Behandlungsbedürftigkeit abhängig gemacht. Denn bei der Entschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts handelt es sich nicht um ein Schmerzensgeld gemäß § 253 Abs. 2 BGB, sondern um eine Zahlung, die auf den Schutzauftrag aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG zurückgeht.

31

2. Die vom Landesarbeitsgericht angenommene Höhe des Schmerzensgeldes war revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

32

a) Die Bemessung der Höhe der Geldentschädigung obliegt in erster Linie tatrichterlicher Entscheidung und ist revisionsrechtlich nur beschränkt überprüfbar (zur beschränkten Revisibilität ua. BGH 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12 - Rn. 46 mwN, BGHZ 199, 237; BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - Rn. 97, zu einem Schmerzensgeldanspruch nach § 253 Abs. 2 BGB).

33

b) Das Landesarbeitsgericht hat alle maßgeblichen Umstände des Falles angemessen gewürdigt. Es hat zutreffend als einen der wichtigen Bemessungsfaktoren die Intensität der Persönlichkeitsrechtsverletzung (BGH 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03 - zu II 2 d der Gründe, BGHZ 160, 298; 15. November 1994 - VI ZR 56/94 - zu IV 2 der Gründe, BGHZ 128, 1) berücksichtigt und dabei einbezogen, dass der Detektiv die Klägerin nicht nur beobachtete, sondern von ihr darüber hinaus in Situationen, denen er besondere Bedeutung beimaß, heimliche Videoaufnahmen gemacht hat. Es hat weiter zutreffend sowohl bedacht, dass die Videoaufnahmen „im privaten Lebensbereich der Klägerin die Grenze zur entschädigungspflichtigen Persönlichkeitsverletzung überschritten“, jedoch die „Bildaufzeichnungen nicht die Intim- oder Privatsphäre“ der Klägerin betrafen, sondern sich auf Geschehnisse in der Öffentlichkeitssphäre (Straße und Waschsalon) beschränkten; weiter hat es berücksichtigt, dass eine vertrauliche Aufbewahrung und grundsätzliche Nichtweitergabe an Dritte erfolgten, wobei jedoch Auszüge der Beklagten zugänglich gemacht wurden, die diese vor Gericht präsentierte. Unbedenklich ist, dass das Landesarbeitsgericht im Rahmen der Bemessung der Höhe der Geldentschädigung den Hinweis der Klägerin auf eine psychotherapeutische Behandlung, die allerdings auf multikausaler Verursachung beruht, einbezogen hat. Den Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers, der ebenfalls, wie auch der der Prävention, einer der wichtigen Bemessungsfaktoren der Geldentschädigung ist, die sich je nach Lage des Einzelfalles unterschiedlich auswirken können (vgl. BGH 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03 - aaO), hat das Landesarbeitsgericht ebenfalls ausdrücklich einbezogen, so dass die Höhe der Entschädigung revisionsrechtlich noch nicht zu beanstanden war.

34

3. Die von der Klägerin erhobenen Verfahrensrügen zur weiteren Aufklärung und ggf. Beweiserhebung sind unzulässig (zu den Anforderungen ua. BAG 28. Januar 2009 - 4 AZR 912/07 - Rn. 11; 6. Januar 2004 - 9 AZR 680/02 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 109, 145), da weder das konkrete Beweisthema angegeben, noch ausgeführt worden ist, welches (mutmaßliche) Ergebnis die Beweisaufnahme erbracht hätte.

35

III. Wegen der Erfolglosigkeit der Revision und der Anschlussrevision sind die Kosten des Revisionsverfahrens gemäß § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1 ZPO verhältnismäßig zu teilen.

        

    Hauck    

        

    Breinlinger    

        

    Winter    

        

        

        

    Wein    

        

    Stefan Soost    

                 

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VI ZR 255/03 Verkündet am:
5. Oktober 2004
Holmes,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Die Zubilligung einer Geldentschädigung wegen einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung
hat ihre Wurzel im Verfassungsrecht und Zivilrecht und stellt keine
strafrechtliche Sanktion dar.

b) Bei der Bemessung der Geldentschädigung stellen der Gesichtspunkt der Genugtuung
des Opfers, der Präventionsgedanke und die Intensität der Persönlichkeitsrechtsverletzung
Bemessungsfaktoren dar, die sich je nach Lage des Falles unterschiedlich
auswirken können (Ergänzung der Senatsurteile BGHZ 128, 1; vom
5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94 - VersR 1996, 339 und vom 12. Dezember 1995
- VI ZR 223/94 - VersR 1996, 341).
BGH, Urteil vom 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03 - KG Berlin
LG Berlin
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. Oktober 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Müller, den Richter
Wellner, die Richterin Diederichsen und die Richter Stöhr und Zoll

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 26. Mai 2003 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung einer Geldentschädigung für Bildveröffentlichungen in Anspruch. Die Beklagte ist Verlegerin der Zeitschriften "die aktuelle" und "die zwei". In der Zeit vom 28. Juli 1999 bis zum 10. Juli 2000 veröffentlichte sie in diesen Zeitschriften neun Artikel, die jeweils ohne Zustimmung der Eltern, Prinzessin Caroline von Hannover und Prinz Ernst August von Hannover, mit Bildern der im Sommer 1999 geborenen Klägerin illustriert wurden. Unter anderem handelte es sich dabei um einen im August 1999 veröffentlichten Artikel, der unter der Schlagzeile "Caroline. Die ersten Fotos. Das heimliche Babyglück" auf der Titelseite und im Innenteil des Heftes Fotos enthielt, die heimlich aus großer Ent-
fernung auf einem Anwesen der Eltern der Klägerin aufgenommen worden waren. Im Juli 2000 veröffentlichte die Beklagte auf der gesamten Titelseite unter der Schlagzeile "Caroline & Ernst August Scheidung?" ein Foto, welches die Klägerin nach dem Schwimmen mit Schwimmflügeln in ein Handtuch gewickelt auf dem Arm ihrer Mutter zeigte. Auf den Innenseiten folgten sechs weitere Fotos der Klägerin, die sie gleichfalls beim Baden mit ihren Eltern zeigten. Die Beklagte gab nach jeweils zeitnaher Abmahnung - teilweise unter dem Druck entsprechender einstweiliger Verfügungen - jeweils Unterlassungsverpflichtungserklärungen ab. Unter anderem wegen zwei der hier streitgegenständlichen Veröffentlichungen, darunter den im August 1999 veröffentlichten Fotos, wurde sie zur Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von 125.000 DM an die Mutter der Klägerin verurteilt. Die Klägerin selbst hat u.a. wegen der Veröffentlichung dieser Fotos gegenüber zwei anderen Verlagen Geldentschädigungen erstritten. Das Landgericht hat der auf Zahlung einer Geldentschädigung von mindestens 300.000 DM gerichteten Klage in Höhe von 150.000 DM stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Mit der vom Kammergericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht führt aus, der Klägerin stehe gegen die Beklagte wegen der durch die Veröffentlichungen erfolgten wiederholten Eingriffe in deren allgemeines Persönlichkeitsrecht eine Geldentschädigung aus § 823 Abs. 1
BGB, Art. 1 und Art. 2 GG zu. In Bezug auf sämtliche beanstandeten Fotos könne sich die Beklagte nicht auf die Abbildungsfreiheit gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG berufen, wobei im Ergebnis dahinstehen könne, ob die Klägerin als relative Person der Zeitgeschichte im Sinne der Vorschrift zu behandeln sei, nur weil ihre Mutter eine absolute Person der Zeitgeschichte sei. Selbst dann wäre im Rahmen der nach § 23 Abs. 2 KUG vorzunehmenden Abwägung zu beachten , daß das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin Vorrang genieße, zumal bei Minderjährigen wegen der sich erst entfaltenden Persönlichkeit und der Schutzbedürftigkeit ihres Entwicklungsprozesses regelmäßig ein strengerer Maßstab an die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen anzulegen sei. Sowohl die Veröffentlichung der heimlich aufgenommenen Fotos im August 1999 als auch die im Juli 2000 beeinträchtige das Persönlichkeitsrecht der Klägerin so schwerwiegend, daß eine Geldentschädigung erforderlich sei. Die weiteren Veröffentlichungen zeigten zwar heimlich, jedoch an öffentlich zugänglichen Orten entstandene Fotos, die für sich genommen keine Zuerkennung einer Geldentschädigung rechtfertigten, aber doch zeigten, mit welcher Hartnäckigkeit die Beklagte unerlaubt Fotos der Klägerin veröffentliche. Bei der Höhe der Geldentschädigung könne deren Genugtuungsfunktion auch bei einem Kleinkind nicht völlig außer Acht bleiben, weil die Veröffentlichungen geeignet gewesen seien, die Eltern-Kind-Beziehung zu stören und dabei unmittelbar auf die Lebensbedingungen der Klägerin negativen Einfluß zu nehmen. In erster Linie aber rechtfertige sich die Höhe der Entschädigung aufgrund ihrer spezialpräventiven Wirkung. Wegen der gesteigerten Bedeutung des Persönlichkeitsschutzes bei einem Minderjährigen müsse in derartigen Fällen eine Geldentschädigung für den Schädiger fühlbar sein und der Berichter-
stattung den wirtschaftlichen Vorteil nehmen. Dem stehe nicht entgegen, daß die Mutter der Klägerin ihrerseits bereits eine Geldentschädigung erstritten habe. In jenem Verfahren sei es um das Persönlichkeitsrecht der Mutter gegangen , vorliegend gehe es aber um das Persönlichkeitsrecht der Klägerin selbst. Daß die Beklagte nunmehr nur noch solche Fotos veröffentlichen wolle, die die Klägerin in Begleitung ihrer Eltern bei offiziellen Anlässen zeigten, stehe angesichts ihrer bisherigen Hartnäckigkeit der zugesprochenen Geldentschädigung nicht entgegen. Deren Herabsetzung sei auch nicht wegen der von der Klägerin bereits gegen andere Verlage erstrittenen Entschädigungen geboten, weil diese Veröffentlichungen eigenständige Persönlichkeitsrechtsverletzungen darstellten. Für die Höhe der Geldentschädigung sei auch die Wirtschaftsmacht der hinter der Beklagten stehenden Gruppe von Bedeutung. Diese gebe 500 Printmedien in verschiedenen europäischen Ländern heraus, darunter über 4 Millionen Exemplare einer Tageszeitung und verfüge über Umsatzrenditen in zweistelliger Prozenthöhe.

II.

Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. 1. Die Revision macht geltend, der Zubilligung einer Geldentschädigung an die Klägerin stehe das Grundrecht der Beklagten aus Art. 103 Abs. 3 GG entgegen, nicht wegen derselben Tat aufgrund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft zu werden. Es sei ein Strafklageverbrauch eingetreten, weil sechs der neun Bildveröffentlichungen bereits in anderen Verfahren mit einer Geldentschädigung geahndet worden seien.
Entgegen dem Ansatz der Revision handelt es sich bei der Zubilligung einer Geldentschädigung jedoch nicht um eine Strafe im Sinne des Art. 103 GG. Das Bundesverfassungsgericht und der Bundesgerichtshof sehen den Anspruch auf eine Geldentschädigung wegen einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts vielmehr als ein Recht an, das auf den Schutzauftrag aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG zurückgeht. Demgemäß wird der Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 und Art. 2 GG hergeleitet (vgl. BVerfGE 34, 269, 292 – Soraya = NJW 1973, 1221, 1226; Senatsurteile BGHZ 128, 1, 15; vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94 - VersR 1996, 339, 340 und vom 12. Dezember 1995 – VI ZR 223/94 – VersR 1996, 341, 342; so auch BGHZ 143, 214, 218 f.). Die Zubilligung einer Geldentschädigung im Fall einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung beruht auf dem Gedanken, daß ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktion blieben mit der Folge, daß der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde. Bei dieser Entschädigung steht - anders als beim Schmerzensgeld - regelmäßig der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund. Außerdem soll sie der Prävention dienen (vgl. Senatsurteile, BGHZ 128, 1, 15; vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94 – aaO und vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94 - aaO). Auch unter Berücksichtigung kritischer Stimmen in der Literatur, die teilweise geltend machen, daß der Präventionszweck als Mittel der Verhaltenssteuerung ein pönales Element darstelle, und die deshalb die Frage aufwerfen, ob es sich nicht um eine Norm mit Strafcharakter handele (vgl. Deutsch, Anm. zum Urteil des Senats vom 5. Dezember 1995, LM § 823 (Ah) Nr. 122; Gounalakis, AfP 1998, 10, 14 ff.; Funkel, Schutz der Persönlichkeit durch Ersatz immaterieller Schäden in Geld, 2001, S. 164 ff.; Hoppe, Persönlichkeitsschutz durch Haftungsrecht, 2001, S. 123 ff., 133 ff.; Seitz, NJW 1996, 2848), hält der erkennende Senat an dem grundlegenden Ansatz fest, daß die Zubilligung einer Geldentschädigung ihre Wurzel im Verfassungsrecht
und Zivilrecht findet und keine strafrechtliche Sanktion darstellt (vgl. dazu auch Steffen, NJW 1997, 10; Körner, NJW 2000, 241 ff.). Dementsprechend hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, daß die zivilgerichtliche Verurteilung zu einem immateriellen Schadensersatz bei einer Persönlichkeitsverletzung - mögen ihr auch "pönale Elemente" nicht ganz fremd sein - keine Strafe im Sinne des Art. 103 Abs. 2 GG ist (vgl. BVerfGE 34, 269, 293 – Soraya = NJW 1973, 1221, 1226). Im Gegensatz zum staatlichen Strafanspruch soll die Zubilligung einer Geldentschädigung im Zivilrecht in Fällen der vorliegenden Art den Schutzauftrag aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG im Interesse des konkret Betroffenen gewährleisten. Dies wird bei der hier vorliegenden Verletzung des Rechts am eigenen Bild besonders deutlich, weil dem Verletzten - anders als in anderen Fällen , in denen er etwa den Widerruf oder die Richtigstellung einer sein Persönlichkeitsrecht beeinträchtigenden Äußerung verlangen kan n - gegen eine solche Rechtsverletzung keine anderen Abwehrmöglichkeiten als ein Anspruch auf eine Geldentschädigung zur Verfügung stehen (vgl. Senatsurteil vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94 - aaO). Deshalb unterliegt es keinem Zweifel , daß die Zivilgerichte zur Gewährleistung dieses Interesses des Betroffenen berufen sind. Der Präventionsgedanke stellt lediglich einen Bemessungsfaktor für die Entschädigung dar, der sich je nach Lage des Falles unterschiedlich auswirken kann. Soweit im Schrifttum für den "Strafcharakter" einer solchen Entschädigung auf eine Entscheidung zur Vollstreckbarerklärung eines USSchadensersatzurteils (BGHZ 118, 312, 344 ff.) verwiesen wird, betraf jenes Urteil einen ganz anders gelagerten Sachverhalt, der keine Parallele zum Streitfall aufweist.
2. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin sei nicht, jedenfalls nicht so schwerwiegend beeinträchtigt , daß dies eine Geldentschädigung rechtfertige.
a) Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, daß die Beklagte durch die Veröffentlichung der Fotos der Klägerin deren Recht am eigenen Bild und damit ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt hat. Bildnisse einer Person dürfen grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden (§ 22 Satz 1 KUG). Ist der Abgebildete minderjährig, bedarf es der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters (vgl. Löffler/Steffen, Presserecht , Bd. I, 4. Aufl., Rdn. 125 zu § 6 LPG; Wenzel/von Strobl-Albeg, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., Kap. 7, Rdn. 69 m.w.N.). Eine solche Einwilligung liegt nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, die die Revision nicht angreift, nicht vor.
b) In rechtlich nicht zu beanstandender Weise hat das Berufungsgericht den Ausnahmetatbestand des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG verneint, wonach Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte ohne Einwilligung des Abgebildeten veröffentlicht werden dürfen. Daß die Klägerin selbst nicht zu einem Kreis von Personen gehört, deren Bildnisse allein schon der Person wegen grundsätzlich einwilligungsfrei verbreitet werden dürfen, zieht auch die Revision nicht in Zweifel. Unter den Umständen des vorliegenden Falles kann es auch auf sich beruhen, ob und unter welchen Voraussetzungen die Klägerin dadurch zu einer Person der Zeitgeschichte werden könnte, daß sie auf Fotos zusammen mit ihrer Mutter abgebildet wird. Weil mit der Anwendung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG ein Rechtsverlust verbunden ist, ist es erforderlich, Kinder von Personen der Zeitgeschichte allenfalls dann in diesen Personenkreis einzubeziehen, wenn sie als deren Angehörige in
der Öffentlichkeit auftreten oder im Pflichtenkreis ihrer Eltern öffentliche Funktionen wahrnehmen (vgl. Senatsurteile vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94 - VersR 1996, 341 und vom 9. März 2004 - VI ZR 217/03 - VersR 2004, 863 - zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bedürfen Kinder eines besonderen Schutzes vor den Gefahren, die von dem Interesse der Medien und ihrer Nutzer an einer Berichterstattung über sie oder an Abbildungen von ihnen ausgehen. Ihre Persönlichkeitsentfaltung kann durch die Berichterstattung in Medien empfindlicher gestört werden als diejenige von Erwachsenen , so daß der Bereich, in dem sie sich frei von öffentlicher Beobachtung fühlen und entfalten dürfen, umfassender geschützt sein muß. Dieser Schutz verwirklicht sich nicht nur über das elterliche Erziehungsrecht des Art. 6 Abs. 1 GG, sondern folgt auch aus dem eigenen Recht des Kindes auf ungehinderte Entfaltung seiner Persönlichkeit im Sinne von Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 101, 361, 385 f. = NJW 2000, 1021, 1023; BVerfG, NJW 2000, 2191; NJW 2000, 2191 f. und NJW 2003, 3262 f.). Nach diesen Grundsätzen genießt im Streitfall das besondere Schutzbedürfnis der kindlichen Persönlichkeitsentwicklung der Klägerin grundsätzlich den Vorrang vor der Berichterstattung in den Medien. Die beanstandeten Fotos zeigen die Klägerin und deren Eltern im Alltagsleben, also bei rein privaten Tätigkeiten. Sie tragen in keiner Weise zu einer wichtigen öffentlichen Auseinandersetzung in einer demokratischen Gesellschaft bei, die den Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG in Anspruch nehmen könnte, sondern dienen nur dem Zweck, die Neugier eines bestimmten Publikums im Hinblick auf Einzelheiten aus dem Privatleben der Betroffenen zu befriedigen, wobei sich das Interesse an der Kläge-
rin ausschließlich aus der Einstufung ihrer Eltern als sogenannte Prominente ableitet. Auch wenn die Reichweite des Persönlichkeitsschutzes eines Kindes vom Schutzzweck her unter Berücksichtigung der Entwicklungsphasen des Kindes zu bestimmen ist, steht dem nicht entgegen, daß die Klägerin zum Zeitpunkt der Veröffentlichungen noch ein Kleinkind war. Eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts kann nämlich nicht nur dann vorliegen, wenn das Kind die persönlichkeitserheblichen Einwirkungen Dritter bemerkt, sondern auch dann, wenn andere Gründe den Schutz der Persönlichkeitsentwicklung erfordern (vgl. BVerfG, NJW 2003, 3262 f.). Hier kann die Persönlichkeitsentwicklung der Klägerin schon dadurch beeinträchtigt werden, daß wegen der ständigen Verfolgung durch die Presse eine natürliche Eltern-Kind-Beziehung gefährdet ist. Wenn sich die Eltern im Zusammenleben mit dem Kind nicht unbefangen verhalten können, weil sie befürchten müssen, daß auch gegen ihren Willen Fotos veröffentlicht werden, die den privaten Bereich betreffen, kann sich dies nachteilig auf die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes auswirken. Insoweit reicht bereits die Gefährdung aus, ohne daß es, wie die Revision meint, der Darlegung bedarf, daß tatsächlich bereits eine Störung des Eltern-KindVerhältnisses eingetreten sei.
c) Die Angriffe der Revision bleiben auch insoweit ohne Erfolg, als sie die Voraussetzungen für die Zubilligung einer Geldentschädigung in Zweifel zieht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats begründet eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf eine Geldentschädigung , wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann. Das hängt insbesondere von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs,
ferner von Anlaß und Beweggrund des Handelnden sowie von dem Grad seines Verschuldens ab (vgl. Senatsurteile BGHZ 128, 1, 12; 132, 13, 27 und vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94 - VersR 1996, 341; vgl. auch BVerfG, NJW 2004, 591). Eine wiederholte und hartnäckige Verletzung des Rechts am eigenen Bild, die um des wirtschaftlichen Vorteils willen erfolgt, kann sich als schwere , einen Anspruch auf Geldentschädigung rechtfertigende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Betroffenen darstellen, auch wenn die einzelne Bildveröffentlichung - jeweils für sich betrachtet - nicht als schwerwiegend einzustufen ist. Die Besonderheit einer Verletzung des Rechts am eigenen Bild besteht nämlich darin, daß dem Verletzten gegen eine solche Rechtsverletzung keine anderen Abwehrmöglichkeiten als ein Anspruch auf eine Geldentschädigung zur Verfügung stehen. Daraus folgt, daß in einem solchen Fall an die Zubilligung eines Entschädigungsanspruchs geringere Anforderungen als in anderen Fällen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung zu stellen sind (Senatsurteil vom 12. Dezember 1995 - VI ZR 223/94 - aaO, 342). Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht beachtet und unter den Umständen des vorliegenden Falles zu Recht die Voraussetzungen für die Zubilligung einer Geldentschädigung bejaht. Ebenso wie in dem dem vorstehend zitierten Senatsurteil zugrundeliegenden Fall läßt die Vorgehensweise der Beklagten eine besondere Hartnäckigkeit erkennen, indem sie die wiederholten Bildveröffentlichungen vorgenommen hat, obwohl sie nach dem Erscheinen der Fotos von den Eltern jeweils zeitnah abgemahnt worden ist, sie jeweils Unterlassungsverpflichtungserklärungen abgegeben hat und gegen sie mehrfach einstweilige Verfügungen erlassen worden sind.
d) Unter diesen Umständen ist auch die Höhe der zugebilligten Geldentschädigung , die in erster Linie Sache des Tatrichters ist, nicht unverhältnismäßig. In Fällen, in denen der Schädiger die Verletzung der Persönlichkeit seines
Opfers als Mittel zur Auflagensteigerung und damit zur Verfolgung eigener kommerzieller Interessen eingesetzt hat, ist die Erzielung von Gewinnen aus der Rechtsverletzung als Bemessungsfaktor in die Entscheidung über die Höhe der Geldentschädigung mit einzubeziehen. In solchen Fällen muß von der Höhe der Geldentschädigung ein echter Hemmungseffekt ausgehen; als weiterer Bemessungsfaktor kann die Intensität der Persönlichkeitsrechtsverletzung berücksichtigt werden, der hier angesichts der nachhaltigen Störung des Privatlebens ein hohes Gewicht zukommt. Zudem darf die Geldentschädigung nicht eine Höhe erreichen, die die Pressefreiheit unverhältnismäßig einschränkt (vgl. Senatsurteile BGHZ 128, 1, 16 und vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94 - VersR 1996, 339, 340). Im Hinblick darauf ist die Bemessung der Entschädigung durch das Berufungsgericht in Anbetracht der besonderen Hartnäckigkeit der Beklagten und der vom Berufungsgericht festgestellten Wirtschaftsmacht der hinter ihr stehenden Gruppe nicht zu beanstanden. Selbst wenn für diese keine rechtliche Verpflichtung besteht, etwaige Verluste wegen der Verurteilung zu einer Geldentschädigung zu ersetzen, dürfen die faktischen wirtschaftlichen Verhältnisse der Konzerngruppe hinter einem Presseorgan bei der Beurteilung, wie der Persönlichkeitsschutz gewährleistet werden kann, nicht außer Betracht bleiben. Im übrigen läßt der Beklagtenvortrag nicht erkennen, inwieweit die hier zuerkannte Geldentschädigung die Pressefreiheit gefährden könnte. Auch die weiteren Rügen der Revision stehen der zuerkan nten Entschädigung nicht entgegen. Wie vom Berufungsgericht zu Recht angenommen, stellen sowohl die Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht der Mutter der Klägerin als auch die Veröffentlichungen durch andere Verlage eigenständige Persönlichkeitsrechtsverletzungen dar. Die Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Mutter betrifft das Rechtsgut einer anderen Person, deren Persönlichkeitsschutz
ebenso wie der der Klägerin zu gewährleisten ist. Könnte sich ein später in Anspruch genommener Schädiger darauf berufen, daß bereits eine Entschädigung wegen einer Veröffentlichung durch einen anderen Verlag zuerkannt worden ist, bliebe eine eigenständige weitere Persönlichkeitsrechtsverletzung ohne ausreichenden Schutz des Betroffenen. Den Vortrag der Beklagten, sie wolle nunmehr nur noch solche Fotos der Klägerin veröffentlichen, die diese in Begleitung ihrer Eltern bei offiziellen Anlässen zeige, hat das Berufungsgericht berücksichtigt. Es hat jedoch gemeint, die Beklagte könne nur durch eine fühlbare Entschädigung in ihrem Verhalten beeinflußt werden. Diese tatrichterliche Wertung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Wellner Diederichsen Stöhr Zoll

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 11. Juli 2013 - 11 Sa 312/13 - wird zurückgewiesen.

Die Anschlussrevision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 11. Juli 2013 - 11 Sa 312/13 - wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Klägerin 9/10 und die Beklagte 1/10.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über die Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin wegen einer Observation durch einen Detektiv eine Geldentschädigung zu zahlen.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten seit Mai 2011 als Sekretärin der Geschäftsleitung tätig. Ab dem 27. Dezember 2011 war sie arbeitsunfähig erkrankt, zunächst mit Bronchialerkrankungen und später mit einem Bandscheibenvorfall. Für die Zeit bis 28. Februar 2012 legte sie nacheinander sechs Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor, zuerst vier eines Facharztes für Allgemeinmedizin, dann ab 31. Januar 2012 zwei einer Fachärztin für Orthopädie. Der Geschäftsführer der Beklagten bezweifelte das Vorliegen eines Bandscheibenvorfalls und beauftragte zwecks Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit eine Detektei mit der Observation der Klägerin. Diese erfolgte von Mitte bis Ende Februar 2012 an vier Tagen. Beobachtet wurden ua. ihr Wohnhaus, sie und ihr Mann mit Hund vor dem Haus und der Besuch der Klägerin in einem Waschsalon. Dabei wurden auch Videoaufnahmen erstellt. Der abschließende Observationsbericht, der der Beklagten übergeben worden ist, enthält elf Bilder, neun davon aus Videosequenzen.

3

Der Rechtsstreit der Parteien betraf zuerst eine Kündigungsschutzklage der Klägerin und die Forderung der Beklagten betreffend die Erstattung von Detektivkosten. In diesem Rahmen berief sich die Beklagte auf den Observationsbericht und führte ihn in das Verfahren ein. Die Kündigungsschutzklage war vor dem Arbeitsgericht erfolgreich, nicht dagegen die Widerklage der Beklagten auf Erstattung von Detektivkosten. Betreffend beides wurde das Urteil des Arbeitsgerichts rechtskräftig, nicht aber bezogen auf einen zwischenzeitlich erhobenen Geldentschädigungsanspruch der Klägerin wegen einer Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts.

4

Die Klägerin ist der Auffassung, ihr stehe eine Entschädigung zu, da die durch die Beklagte beauftragte Observation einschließlich der Videoaufnahmen rechtswidrig gewesen sei und ihr Persönlichkeitsrecht verletzt habe. Das habe bei ihr zu erheblichen, eine psychotherapeutische Behandlung erfordernden psychischen Beeinträchtigungen geführt. Der Höhe nach stelle sie die Entschädigung in das Ermessen des Gerichts, wobei ein dreifaches Bruttomonatsgehalt, also 10.500,00 Euro, angemessen sei.

5

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie ein Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des erkennenden Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. Juli 2012 zu zahlen.

6

Zur Begründung ihres Antrags auf Klageabweisung hat die Beklagte die Auffassung vertreten, sie sei berechtigt gewesen, die Klägerin überwachen zu lassen um zu erfahren, ob die Klägerin eine Arbeitsunfähigkeit vortäusche oder sich zumindest genesungswidrig verhalte. Dahin gehende Anhaltspunkte hätten vorgelegen, insbesondere weil die Klägerin sich kurz nach einer Meinungsverschiedenheit zuerst mit Erkältung, Bronchitis und Rippenfellentzündung arbeitsunfähig gemeldet habe, jeweils unter Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für kurze Zeiträume. Dann sei ein Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit bezogen auf einen von der Klägerin angegebenen Bandscheibenvorfall zunächst nur durch eine Folgebescheinigung eines Hausarztes attestiert worden. Erst bei Auslaufen des Entgeltfortzahlungszeitraums habe die Klägerin eine Erstbescheinigung einer Orthopädin vorgelegt. Nach allem liege eine Rechtfertigung für einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin durch Überwachung vor. Jedenfalls sei ein Schmerzensgeld nicht erforderlich, insbesondere nicht in der zugesprochenen Höhe. Es seien ausschließlich Bewegungen der Klägerin im öffentlichen Raum beobachtet worden, die Videoaufnahmen seien nicht in der Öffentlichkeit verbreitet und von der Detektei nicht an den Arbeitgeber herausgegeben worden.

7

Das Arbeitsgericht hat die Entschädigungsklage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte insoweit Erfolg als das Landesarbeitsgericht ihr in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils eine Entschädigung iHv. 1.000,00 Euro zugesprochen hat. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Ziel einer höheren Entschädigung weiter, während die Beklagte mit ihrer Anschlussrevision die Abweisung der Klage begehrt.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision und die Anschlussrevision sind unbegründet. Die Observation einschließlich der heimlichen Aufnahmen war rechtswidrig. Die Beklagte hatte keinen berechtigten Anlass zur Überwachung. Die vom Landesarbeitsgericht angenommene Höhe des Schmerzensgeldes ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

9

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Klägerin könne eine Entschädigung beanspruchen, da sie durch die heimliche Beobachtung und Fertigung von Videoaufnahmen rechtswidrig iSv. § 32 Abs. 1 BDSG und schwerwiegend in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt worden sei. Für den Beobachtungszeitraum habe eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegen, der ein hoher Beweiswert zukomme. Die Observation sei zu dem Zweck erfolgt, ein (vermutetes) Fehlverhalten der Klägerin im Zusammenhang mit der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit aufzudecken. Die Beklagte habe keine begründeten Gesichtspunkte für ernsthafte Zweifel am Bestehen einer Arbeitsunfähigkeit genannt. Die Rechtsverletzung habe mit den heimlichen Videoaufzeichnungen im privaten Lebensbereich der Klägerin die Grenze zur entschädigungspflichtigen Persönlichkeitsverletzung überschritten. Sei bereits die Krankenkontrolle als solche nicht durch § 32 BDSG gedeckt, komme erschwerend hinzu, dass das gewählte Mittel heimlicher Videoaufzeichnung auch unabhängig davon nicht erforderlich sei, also auch in einem Fall gerechtfertigter Krankenkontrolle unverhältnismäßig wäre. Insgesamt habe die Überwachung eine Intensität erreicht, die nicht in anderer Weise befriedigend habe ausgeglichen werden können. Dies sei auch bei der Bemessung der Höhe einer Entschädigung zu berücksichtigen gewesen. Dabei sei einzubeziehen gewesen, dass die Bildaufzeichnungen nicht die Intim- oder Privatsphäre der Klägerin beträfen und nicht an beliebige andere Personen weitergegeben worden seien, sondern von der Detektei vertraulich aufbewahrt würden; allerdings seien Auszüge daraus dem Observationsbericht beigefügt worden und die Beklagte habe Videosequenzen im Kündigungsschutzprozess als Beweismittel angeboten. Der Hinweis der Klägerin auf eine noch andauernde psychotherapeutische Behandlung beziehe sich auf mehrere Umstände einer Therapiebedürftigkeit, nicht nur auf die Observation.

10

B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand.

11

I. Die Revision der Klägerin und die Anschlussrevision der Beklagten sind zulässig. Für die Revision der Klägerin ist die erforderliche Beschwer gegeben, obwohl die Höhe der beantragten Geldentschädigung in das Ermessen des Gerichts gestellt worden ist. Der Klägerin ist weniger zugesprochen worden als sie nach ihrem Klagevorbringen erkennbar erwartet hatte.

12

II. Die Revision und die Anschlussrevision sind unbegründet.

13

1. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Beklagte durch die von ihr in Auftrag gegebene Überwachung mit Videoaufzeichnungen rechtswidrig das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin verletzt hat und die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Geldentschädigung wegen einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung gegeben sind.

14

a) Das durch Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht ist im Privatrechtsverkehr und insbesondere auch im Arbeitsverhältnis zu beachten(vgl. ua. BAG 21. Juni 2012 - 2 AZR 153/11 - Rn. 30, BAGE 142, 176; 16. November 2010 - 9 AZR 573/09 - Rn. 37 ff., BAGE 136, 156; BGH 8. Februar 2011 - VI ZR 311/09 - Rn. 12; 20. Dezember 2011 - VI ZR 262/10 - Rn. 10; BVerfG 14. Februar 1973 - 1 BvR 112/65 - zu C I 2 der Gründe, BVerfGE 34, 269). Ein auf § 823 Abs. 1 BGB gestützter Anspruch auf Geldentschädigung wegen einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung - nur eine solche kommt dafür in Betracht - setzt voraus, dass die Beeinträchtigung nicht auf andere Weise befriedigend ausgeglichen werden kann(BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 188/11 - Rn. 29, BAGE 142, 143; vgl. BGH 5. März 1963 - VI ZR 55/62 - zu II der Gründe, BGHZ 39, 124; BVerfG 23. September 2009 - 1 BvR 1681/09, 1 BvR 1 BvR 1742/09 - Rn. 2 mwN; 14. Februar 1973 - 1 BvR 112/65 - zu C III der Gründe, aaO). Die Zubilligung einer Geldentschädigung im Fall einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung beruht auf dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktion blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde. Bei dieser Entschädigung steht - anders als beim Schmerzensgeld - regelmäßig der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund. Außerdem soll sie der Prävention dienen (BGH 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03 - zu II 1 der Gründe, BGHZ 160, 298).

15

Soweit das BDSG eingreift, stellt die Schadensersatzregelung in § 7 BDSG keine ausschließliche Regelung dar, sie verdrängt den auf § 823 Abs. 1 BGB gestützten Anspruch auf Geldentschädigung wegen einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht(allgemeine und zutreffende Auffassung, vgl. ua. Gola/Schomerus BDSG 12. Aufl. § 7 Rn. 16 ff.; Simitis in Simitis BDSG 8. Aufl. § 7 Rn. 33; Seifert in Simitis BDSG 8. Aufl. § 32 Rn. 191 mwN; ErfK/Franzen 15. Aufl. § 7 BDSG Rn. 1; Däubler in Däubler/Klebe/Wedde/Weichert BDSG 4. Aufl. § 7 Rn. 1 mwN, Rn. 26 ff.; Taeger/Gabel/Gabel § 7 BDSG Rn. 23, 25 ff.).

16

Ob eine so schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, dass die Zahlung einer Geldentschädigung erforderlich ist, kann nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Hierbei sind in gebotener Gesamtwürdigung insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad des Verschuldens zu berücksichtigen (ua. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - Rn. 69; 18. Dezember 1984 - 3 AZR 389/83 - zu III der Gründe; BGH 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12 - Rn. 38 mwN, BGHZ 199, 237; 24. November 2009 - VI ZR 219/08 - Rn. 11, BGHZ 183, 227).

17

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst neben dem Recht am gesprochenen Wort auch das Recht am eigenen Bild. Es gehört zum Selbstbestimmungsrecht eines jeden Menschen darüber zu entscheiden, ob Filmaufnahmen von ihm gemacht und möglicherweise verwendet werden dürfen (vgl. BAG 26. August 2008 - 1 ABR 16/07 - Rn. 15, BAGE 127, 276; 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - Rn. 44, BAGE 146, 303). Die Verwertung von personenbezogenen Daten greift in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ein, das die Befugnis garantiert, selbst über die Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten zu befinden (vgl. BVerfG 11. März 2008 - 1 BvR 2074/05, 1 BvR 1254/07 - BVerfGE 120, 378). Der Achtung dieses Rechts dient zudem Art. 8 Abs. 1 EMRK(BAG 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - aaO; BGH 15. Mai 2013 - XII ZB 107/08 - Rn. 14). Die Bestimmungen des BDSG über die Anforderungen an eine zulässige Datenverarbeitung konkretisieren und aktualisieren den Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung und am eigenen Bild (näher BAG 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - Rn. 45, aaO).

18

b) Eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung liegt vor.

19

aa) Vorliegend ist, wovon das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgegangen ist, an § 32 Abs. 1 BDSG (Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses) zu messen, ob ein rechtswidriger Eingriff in das Persönlichkeitsrecht vorliegt. Sensitive Daten iSv. § 3 Abs. 9 BDSG, die von § 28 Abs. 6 BDSG erfasst wären(vgl. BAG 7. Februar 2012 - 1 ABR 46/10 - Rn. 26 ff., BAGE 140, 350), sind ersichtlich hier nicht betroffen. Maßgebend ist § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG. Danach dürfen personenbezogene Daten eines Beschäftigten zur Aufdeckung von Straftaten - in Betracht kommt die Verschaffung eines rechtswidrigen Vermögensvorteils durch Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit, § 263 StGB(ua. BAG 17. Juni 2003 - 2 AZR 123/02 - Rn. 23) - nur dann erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn zu dokumentierende tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass der Betroffene im Beschäftigungsverhältnis eine Straftat begangen hat, die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung zur Aufdeckung erforderlich ist und das schutzwürdige Interesse des Beschäftigten an dem Ausschluss der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung nicht überwiegt, insbesondere Art und Ausmaß im Hinblick auf den Anlass nicht unverhältnismäßig sind. Nach § 3 Abs. 1 BDSG sind personenbezogene Daten Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener). Erheben ist das Beschaffen von Daten über den Betroffenen, § 3 Abs. 3 BDSG.

20

bb) Diese Vorgaben sind unionsrechtskonform unter Beachtung der Richtlinie 95/46/EG auszulegen, die nach ihrem Art. 3 Abs. 1 für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie für die nicht automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten gilt, die in einer Datei gespeichert sind oder gespeichert werden sollen. Als eine solche Datei mit personenbezogenen Daten gilt jede strukturierte Sammlung personenbezogener Daten, die nach bestimmten Kriterien zugänglich sind, gleichgültig ob diese Sammlung zentral, dezentralisiert oder nach funktionalen oder geographischen Gesichtspunkten aufgeteilt geführt wird, Art. 2 Buchst. c Richtlinie 95/46/EG.

21

Art. 7 der Richtlinie 95/46/EG sieht eine erschöpfende und abschließende Liste der Fälle vor, in denen eine Verarbeitung personenbezogener Daten als rechtmäßig angesehen werden kann(EuGH 24. November 2011 - C-468/10 - [ASNEF] Rn. 30, Slg. 2011, I-12181). Im vorliegenden Fall ist Art. 7 Buchst. f der Richtlinie 95/46/EG zu berücksichtigen, wonach die Verarbeitung der Daten (wozu bereits die Erhebung gehört, Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 95/46/EG wie auch § 3 Abs. 2 BDSG)zur Verwirklichung des berechtigten Interesses erfolgen darf, das von dem für die Verarbeitung Verantwortlichen oder von dem bzw. den Dritten wahrgenommen wird, denen die Daten übermittelt werden, sofern nicht das Interesse oder die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person (Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 95/46/EG) überwiegen. Der Schutz des in Art. 7 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union garantierten Grundrechts auf Privatleben verlangt, dass sich die Ausnahmen und Einschränkungen in Bezug auf den Schutz der personenbezogenen Daten auf das absolut Notwendige beschränken müssen(EuGH 11. Dezember 2014 - C-212/13 - [Ryneš] Rn. 28 f. mwN). Einschränkungen des Rechts auf Schutz der personenbezogenen Daten können gerechtfertigt sein, wenn sie denen entsprechen, die im Rahmen von Art. 8 EMRK geduldet werden(EuGH 9. November 2010 - C-92/09 und C-93/09 - [Volker und Markus Schecke] Rn. 52, Slg. 2010, I-11063).

22

cc) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht die Observation der Klägerin einschließlich der Bildaufnahmen und Videoaufzeichnungen als personenbezogene Datenerhebung eingeordnet.

23

Durch Privatdetektive erhobene Daten, die bestimmte oder bestimmbare natürliche Personen betreffen, sind personenbezogene Daten iSv. § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG und Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 95/46/EG. Ihre Erhebung, Aufbewahrung und Übermittlung durch einen Auftraggeber oder durch Privatdetektive, die auf eigene Rechnung handeln, ist eine „Verarbeitung personenbezogener Daten“ iSv. Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 95/46/EG (EuGH 7. November 2013 - C-473/12 - [IPI] Rn. 26; 16. Dezember 2008 - C-524/06 - [Huber] Rn. 43, Slg. 2008, I-9705). Auch das von einer Kamera aufgezeichnete Bild einer Person fällt unter den Begriff der personenbezogenen Daten iSv. Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 95/46/EG, sofern es die Identifikation der betroffenen Person ermöglicht (EuGH 11. Dezember 2014 - C-212/13 - [Ryneš] Rn. 22). Das ist hier der Fall.

24

dd) Die Observation der Klägerin einschließlich personenbezogener Datenerhebung war rechtswidrig. Ein berechtigtes Interesse der Beklagten iSv. Art. 7 Buchst. f der Richtlinie 95/46/EG, das nach § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG in der Aufdeckung einer Straftat im Beschäftigungsverhältnis liegen kann, zur Erhebung personenbezogener Daten im Wege der Observation der Klägerin einschließlich der Bildaufnahmen und Videoaufzeichnungen lag nicht vor.

25

(1) Im Hinblick auf das Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit als überwachungsrechtfertigende Straftat müssen angesichts des hohen Beweiswertes einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zumindest begründete Zweifel an der Richtigkeit dieser ärztlichen Bescheinigung aufgezeigt werden, um den Beweiswert der Bescheinigung zu erschüttern (ua. BAG 11. Oktober 2006 - 5 AZR 755/05 - Rn. 35; 26. Februar 2003 - 5 AZR 112/02 - zu I 1 der Gründe mwN, BAGE 105, 171).

26

(2) Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (zur beschränkten Revisibilität der nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewonnenen tatrichterlichen Überzeugung ua. BAG 11. Dezember 2014 - 8 AZR 1010/13 - Rn. 28 mwN; 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 42 mwN) hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass die Beklagte keine begründeten Zweifel an der Richtigkeit der von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen aufgezeigt hat. Weder hat die Klägerin beispielsweise im Rahmen einer Auseinandersetzung am Arbeitsplatz eine nachfolgende Arbeitsunfähigkeit angekündigt, noch war der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen dadurch erschüttert, dass sie von unterschiedlichen Ärzten stammten, noch durch eine Änderung im Krankheitsbild oder weil ein Bandscheibenvorfall zunächst hausärztlich behandelt worden war. Auch sonstige, begründete Zweifel zeigende Umstände lagen nicht vor.

27

(3) Angesichts eines von vornherein fehlenden berechtigten Interesses an einer Erhebung personenbezogener Daten der Klägerin kommt es auf eine Rechtfertigungs- und Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht mehr an. Es war auch nicht zu entscheiden, wie Videoaufnahmen in einem Fall zu beurteilen wären, in dem ein berechtigter Anlass zur Überwachung gegeben ist.

28

ee) Die vorliegende rechtswidrige Datenerhebung stellt eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung dar, wegen der das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen hat, dass der Klägerin dem Grunde nach ein Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung aus § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG zusteht.

29

Ein Eingriff in das durch Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin liegt bereits in der durch die Beklagte veranlassten Observation der Klägerin(vgl. auch BAG 27. März 2003 - 2 AZR 51/02 - zu B I 3 b der Gründe, BAGE 105, 356 im Hinblick auf Art. 2 Abs. 1 GG). Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, intensivieren die im Zusammenhang mit der Observation gefertigten Videoaufnahmen die Stärke des Eingriffs erheblich. Hinzu kommt die Heimlichkeit der Aufzeichnungen. Sie erfolgten im öffentlichen Raum und ohne eine Kenntlichmachung gemäß § 6b Abs. 1 und Abs. 2 BDSG. Auch eine Einwilligung der Klägerin (§ 4 BDSG) lag nicht vor.

30

Im Einklang mit der Rechtsprechung (BGH 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12 - Rn. 40 mwN, BGHZ 199, 237) hat das Landesarbeitsgericht die Zubilligung einer Geldentschädigung nicht von einer kausal mit der Persönlichkeitsrechtsverletzung zusammenhängenden psychischen Behandlungsbedürftigkeit abhängig gemacht. Denn bei der Entschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts handelt es sich nicht um ein Schmerzensgeld gemäß § 253 Abs. 2 BGB, sondern um eine Zahlung, die auf den Schutzauftrag aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG zurückgeht.

31

2. Die vom Landesarbeitsgericht angenommene Höhe des Schmerzensgeldes war revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

32

a) Die Bemessung der Höhe der Geldentschädigung obliegt in erster Linie tatrichterlicher Entscheidung und ist revisionsrechtlich nur beschränkt überprüfbar (zur beschränkten Revisibilität ua. BGH 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12 - Rn. 46 mwN, BGHZ 199, 237; BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - Rn. 97, zu einem Schmerzensgeldanspruch nach § 253 Abs. 2 BGB).

33

b) Das Landesarbeitsgericht hat alle maßgeblichen Umstände des Falles angemessen gewürdigt. Es hat zutreffend als einen der wichtigen Bemessungsfaktoren die Intensität der Persönlichkeitsrechtsverletzung (BGH 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03 - zu II 2 d der Gründe, BGHZ 160, 298; 15. November 1994 - VI ZR 56/94 - zu IV 2 der Gründe, BGHZ 128, 1) berücksichtigt und dabei einbezogen, dass der Detektiv die Klägerin nicht nur beobachtete, sondern von ihr darüber hinaus in Situationen, denen er besondere Bedeutung beimaß, heimliche Videoaufnahmen gemacht hat. Es hat weiter zutreffend sowohl bedacht, dass die Videoaufnahmen „im privaten Lebensbereich der Klägerin die Grenze zur entschädigungspflichtigen Persönlichkeitsverletzung überschritten“, jedoch die „Bildaufzeichnungen nicht die Intim- oder Privatsphäre“ der Klägerin betrafen, sondern sich auf Geschehnisse in der Öffentlichkeitssphäre (Straße und Waschsalon) beschränkten; weiter hat es berücksichtigt, dass eine vertrauliche Aufbewahrung und grundsätzliche Nichtweitergabe an Dritte erfolgten, wobei jedoch Auszüge der Beklagten zugänglich gemacht wurden, die diese vor Gericht präsentierte. Unbedenklich ist, dass das Landesarbeitsgericht im Rahmen der Bemessung der Höhe der Geldentschädigung den Hinweis der Klägerin auf eine psychotherapeutische Behandlung, die allerdings auf multikausaler Verursachung beruht, einbezogen hat. Den Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers, der ebenfalls, wie auch der der Prävention, einer der wichtigen Bemessungsfaktoren der Geldentschädigung ist, die sich je nach Lage des Einzelfalles unterschiedlich auswirken können (vgl. BGH 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03 - aaO), hat das Landesarbeitsgericht ebenfalls ausdrücklich einbezogen, so dass die Höhe der Entschädigung revisionsrechtlich noch nicht zu beanstanden war.

34

3. Die von der Klägerin erhobenen Verfahrensrügen zur weiteren Aufklärung und ggf. Beweiserhebung sind unzulässig (zu den Anforderungen ua. BAG 28. Januar 2009 - 4 AZR 912/07 - Rn. 11; 6. Januar 2004 - 9 AZR 680/02 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 109, 145), da weder das konkrete Beweisthema angegeben, noch ausgeführt worden ist, welches (mutmaßliche) Ergebnis die Beweisaufnahme erbracht hätte.

35

III. Wegen der Erfolglosigkeit der Revision und der Anschlussrevision sind die Kosten des Revisionsverfahrens gemäß § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1 ZPO verhältnismäßig zu teilen.

        

    Hauck    

        

    Breinlinger    

        

    Winter    

        

        

        

    Wein    

        

    Stefan Soost    

                 
38
aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats begründet die schuldhafte Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf eine Geldentschädigung, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann. Ob eine so schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, dass die Zahlung einer Geldentschädigung erforderlich ist, kann nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Hierbei sind insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, also das Ausmaß der Verbreitung der Veröffentlichung, die Nachhaltigkeit und Fortdauer der Interessen- oder Rufschädigung des Verletzten, ferner Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad seines Verschuldens zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteile vom 9. Juli 1985 - VI ZR 214/83, BGHZ 95, 212 214 f.; vom 24. November 2009 - VI ZR 219/08, BGHZ 183, 227 Rn. 11; vom 20. März 2012 - VI ZR 123/11, AfP 2012, 260 Rn. 15, jeweils mwN; vgl. auch BVerfG NJW 2004, 591, 592). Die Zubilligung einer Geldentschädigung kommt auch in Betracht, wenn das Persönlichkeitsrecht, wie im Streitfall, durch eine nicht erweislich wahre rufschädigende Tatsachenbehauptung verletzt wird. In diesem Fall ist aber bei der Gewichtung der Schwere des Eingriffs die offen bleibende Möglichkeit mit zu berücksichtigen, dass die inkriminierte Behauptung wahr sein kann (vgl. Senatsurteile vom 9. Juli 1985 - VI ZR 214/83, BGHZ 95, 212, 215; vom 30. Januar 1996 - VI ZR 386/94, BGHZ 132, 13, 27). Außerdem ist der besonderen Funktion der Geldentschädigung bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen Rechnung zu tragen, die sowohl in einer Genugtuung des Verletzten für den erlittenen Eingriff besteht als auch ihre sachliche Berechtigung in dem Gedanken findet, dass das Persönlichkeitsrecht gegenüber erheblichen Beeinträchtigungen anderenfalls ohne ausreichenden Schutz bliebe (vgl. Senatsurteile vom 22. Januar 1985 - VI ZR 28/83, AfP 1985, 110, 113; vom 9. Juli 1985 - VI ZR 214/83, BGHZ 95, 212, 215). Zudem soll die Geldentschädigung der Prävention dienen (vgl. Senatsurteil vom 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03, BGHZ 160, 298, 302 mwN). In jedem Fall ist zu berücksichtigen, dass die Geldentschädigung nicht eine Höhe erreichen darf, die die Pressefreiheit unverhältnismäßig einschränkt (vgl. Senatsurteile vom 15. November 1994 - VI ZR 56/94, BGHZ 128, 1, 16; vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94, AfP 1996, 137, 138; vom 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03, BGHZ 160, 298, 307; BVerfGE 34, 269, 285).

(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden.

(2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 11. Juli 2013 - 11 Sa 312/13 - wird zurückgewiesen.

Die Anschlussrevision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 11. Juli 2013 - 11 Sa 312/13 - wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Klägerin 9/10 und die Beklagte 1/10.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über die Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin wegen einer Observation durch einen Detektiv eine Geldentschädigung zu zahlen.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten seit Mai 2011 als Sekretärin der Geschäftsleitung tätig. Ab dem 27. Dezember 2011 war sie arbeitsunfähig erkrankt, zunächst mit Bronchialerkrankungen und später mit einem Bandscheibenvorfall. Für die Zeit bis 28. Februar 2012 legte sie nacheinander sechs Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor, zuerst vier eines Facharztes für Allgemeinmedizin, dann ab 31. Januar 2012 zwei einer Fachärztin für Orthopädie. Der Geschäftsführer der Beklagten bezweifelte das Vorliegen eines Bandscheibenvorfalls und beauftragte zwecks Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit eine Detektei mit der Observation der Klägerin. Diese erfolgte von Mitte bis Ende Februar 2012 an vier Tagen. Beobachtet wurden ua. ihr Wohnhaus, sie und ihr Mann mit Hund vor dem Haus und der Besuch der Klägerin in einem Waschsalon. Dabei wurden auch Videoaufnahmen erstellt. Der abschließende Observationsbericht, der der Beklagten übergeben worden ist, enthält elf Bilder, neun davon aus Videosequenzen.

3

Der Rechtsstreit der Parteien betraf zuerst eine Kündigungsschutzklage der Klägerin und die Forderung der Beklagten betreffend die Erstattung von Detektivkosten. In diesem Rahmen berief sich die Beklagte auf den Observationsbericht und führte ihn in das Verfahren ein. Die Kündigungsschutzklage war vor dem Arbeitsgericht erfolgreich, nicht dagegen die Widerklage der Beklagten auf Erstattung von Detektivkosten. Betreffend beides wurde das Urteil des Arbeitsgerichts rechtskräftig, nicht aber bezogen auf einen zwischenzeitlich erhobenen Geldentschädigungsanspruch der Klägerin wegen einer Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts.

4

Die Klägerin ist der Auffassung, ihr stehe eine Entschädigung zu, da die durch die Beklagte beauftragte Observation einschließlich der Videoaufnahmen rechtswidrig gewesen sei und ihr Persönlichkeitsrecht verletzt habe. Das habe bei ihr zu erheblichen, eine psychotherapeutische Behandlung erfordernden psychischen Beeinträchtigungen geführt. Der Höhe nach stelle sie die Entschädigung in das Ermessen des Gerichts, wobei ein dreifaches Bruttomonatsgehalt, also 10.500,00 Euro, angemessen sei.

5

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie ein Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des erkennenden Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. Juli 2012 zu zahlen.

6

Zur Begründung ihres Antrags auf Klageabweisung hat die Beklagte die Auffassung vertreten, sie sei berechtigt gewesen, die Klägerin überwachen zu lassen um zu erfahren, ob die Klägerin eine Arbeitsunfähigkeit vortäusche oder sich zumindest genesungswidrig verhalte. Dahin gehende Anhaltspunkte hätten vorgelegen, insbesondere weil die Klägerin sich kurz nach einer Meinungsverschiedenheit zuerst mit Erkältung, Bronchitis und Rippenfellentzündung arbeitsunfähig gemeldet habe, jeweils unter Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für kurze Zeiträume. Dann sei ein Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit bezogen auf einen von der Klägerin angegebenen Bandscheibenvorfall zunächst nur durch eine Folgebescheinigung eines Hausarztes attestiert worden. Erst bei Auslaufen des Entgeltfortzahlungszeitraums habe die Klägerin eine Erstbescheinigung einer Orthopädin vorgelegt. Nach allem liege eine Rechtfertigung für einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin durch Überwachung vor. Jedenfalls sei ein Schmerzensgeld nicht erforderlich, insbesondere nicht in der zugesprochenen Höhe. Es seien ausschließlich Bewegungen der Klägerin im öffentlichen Raum beobachtet worden, die Videoaufnahmen seien nicht in der Öffentlichkeit verbreitet und von der Detektei nicht an den Arbeitgeber herausgegeben worden.

7

Das Arbeitsgericht hat die Entschädigungsklage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte insoweit Erfolg als das Landesarbeitsgericht ihr in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils eine Entschädigung iHv. 1.000,00 Euro zugesprochen hat. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Ziel einer höheren Entschädigung weiter, während die Beklagte mit ihrer Anschlussrevision die Abweisung der Klage begehrt.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision und die Anschlussrevision sind unbegründet. Die Observation einschließlich der heimlichen Aufnahmen war rechtswidrig. Die Beklagte hatte keinen berechtigten Anlass zur Überwachung. Die vom Landesarbeitsgericht angenommene Höhe des Schmerzensgeldes ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

9

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Klägerin könne eine Entschädigung beanspruchen, da sie durch die heimliche Beobachtung und Fertigung von Videoaufnahmen rechtswidrig iSv. § 32 Abs. 1 BDSG und schwerwiegend in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt worden sei. Für den Beobachtungszeitraum habe eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegen, der ein hoher Beweiswert zukomme. Die Observation sei zu dem Zweck erfolgt, ein (vermutetes) Fehlverhalten der Klägerin im Zusammenhang mit der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit aufzudecken. Die Beklagte habe keine begründeten Gesichtspunkte für ernsthafte Zweifel am Bestehen einer Arbeitsunfähigkeit genannt. Die Rechtsverletzung habe mit den heimlichen Videoaufzeichnungen im privaten Lebensbereich der Klägerin die Grenze zur entschädigungspflichtigen Persönlichkeitsverletzung überschritten. Sei bereits die Krankenkontrolle als solche nicht durch § 32 BDSG gedeckt, komme erschwerend hinzu, dass das gewählte Mittel heimlicher Videoaufzeichnung auch unabhängig davon nicht erforderlich sei, also auch in einem Fall gerechtfertigter Krankenkontrolle unverhältnismäßig wäre. Insgesamt habe die Überwachung eine Intensität erreicht, die nicht in anderer Weise befriedigend habe ausgeglichen werden können. Dies sei auch bei der Bemessung der Höhe einer Entschädigung zu berücksichtigen gewesen. Dabei sei einzubeziehen gewesen, dass die Bildaufzeichnungen nicht die Intim- oder Privatsphäre der Klägerin beträfen und nicht an beliebige andere Personen weitergegeben worden seien, sondern von der Detektei vertraulich aufbewahrt würden; allerdings seien Auszüge daraus dem Observationsbericht beigefügt worden und die Beklagte habe Videosequenzen im Kündigungsschutzprozess als Beweismittel angeboten. Der Hinweis der Klägerin auf eine noch andauernde psychotherapeutische Behandlung beziehe sich auf mehrere Umstände einer Therapiebedürftigkeit, nicht nur auf die Observation.

10

B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand.

11

I. Die Revision der Klägerin und die Anschlussrevision der Beklagten sind zulässig. Für die Revision der Klägerin ist die erforderliche Beschwer gegeben, obwohl die Höhe der beantragten Geldentschädigung in das Ermessen des Gerichts gestellt worden ist. Der Klägerin ist weniger zugesprochen worden als sie nach ihrem Klagevorbringen erkennbar erwartet hatte.

12

II. Die Revision und die Anschlussrevision sind unbegründet.

13

1. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Beklagte durch die von ihr in Auftrag gegebene Überwachung mit Videoaufzeichnungen rechtswidrig das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin verletzt hat und die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Geldentschädigung wegen einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung gegeben sind.

14

a) Das durch Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht ist im Privatrechtsverkehr und insbesondere auch im Arbeitsverhältnis zu beachten(vgl. ua. BAG 21. Juni 2012 - 2 AZR 153/11 - Rn. 30, BAGE 142, 176; 16. November 2010 - 9 AZR 573/09 - Rn. 37 ff., BAGE 136, 156; BGH 8. Februar 2011 - VI ZR 311/09 - Rn. 12; 20. Dezember 2011 - VI ZR 262/10 - Rn. 10; BVerfG 14. Februar 1973 - 1 BvR 112/65 - zu C I 2 der Gründe, BVerfGE 34, 269). Ein auf § 823 Abs. 1 BGB gestützter Anspruch auf Geldentschädigung wegen einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung - nur eine solche kommt dafür in Betracht - setzt voraus, dass die Beeinträchtigung nicht auf andere Weise befriedigend ausgeglichen werden kann(BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 188/11 - Rn. 29, BAGE 142, 143; vgl. BGH 5. März 1963 - VI ZR 55/62 - zu II der Gründe, BGHZ 39, 124; BVerfG 23. September 2009 - 1 BvR 1681/09, 1 BvR 1 BvR 1742/09 - Rn. 2 mwN; 14. Februar 1973 - 1 BvR 112/65 - zu C III der Gründe, aaO). Die Zubilligung einer Geldentschädigung im Fall einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung beruht auf dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktion blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde. Bei dieser Entschädigung steht - anders als beim Schmerzensgeld - regelmäßig der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund. Außerdem soll sie der Prävention dienen (BGH 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03 - zu II 1 der Gründe, BGHZ 160, 298).

15

Soweit das BDSG eingreift, stellt die Schadensersatzregelung in § 7 BDSG keine ausschließliche Regelung dar, sie verdrängt den auf § 823 Abs. 1 BGB gestützten Anspruch auf Geldentschädigung wegen einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht(allgemeine und zutreffende Auffassung, vgl. ua. Gola/Schomerus BDSG 12. Aufl. § 7 Rn. 16 ff.; Simitis in Simitis BDSG 8. Aufl. § 7 Rn. 33; Seifert in Simitis BDSG 8. Aufl. § 32 Rn. 191 mwN; ErfK/Franzen 15. Aufl. § 7 BDSG Rn. 1; Däubler in Däubler/Klebe/Wedde/Weichert BDSG 4. Aufl. § 7 Rn. 1 mwN, Rn. 26 ff.; Taeger/Gabel/Gabel § 7 BDSG Rn. 23, 25 ff.).

16

Ob eine so schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, dass die Zahlung einer Geldentschädigung erforderlich ist, kann nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Hierbei sind in gebotener Gesamtwürdigung insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, ferner Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad des Verschuldens zu berücksichtigen (ua. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - Rn. 69; 18. Dezember 1984 - 3 AZR 389/83 - zu III der Gründe; BGH 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12 - Rn. 38 mwN, BGHZ 199, 237; 24. November 2009 - VI ZR 219/08 - Rn. 11, BGHZ 183, 227).

17

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst neben dem Recht am gesprochenen Wort auch das Recht am eigenen Bild. Es gehört zum Selbstbestimmungsrecht eines jeden Menschen darüber zu entscheiden, ob Filmaufnahmen von ihm gemacht und möglicherweise verwendet werden dürfen (vgl. BAG 26. August 2008 - 1 ABR 16/07 - Rn. 15, BAGE 127, 276; 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - Rn. 44, BAGE 146, 303). Die Verwertung von personenbezogenen Daten greift in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ein, das die Befugnis garantiert, selbst über die Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten zu befinden (vgl. BVerfG 11. März 2008 - 1 BvR 2074/05, 1 BvR 1254/07 - BVerfGE 120, 378). Der Achtung dieses Rechts dient zudem Art. 8 Abs. 1 EMRK(BAG 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - aaO; BGH 15. Mai 2013 - XII ZB 107/08 - Rn. 14). Die Bestimmungen des BDSG über die Anforderungen an eine zulässige Datenverarbeitung konkretisieren und aktualisieren den Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung und am eigenen Bild (näher BAG 21. November 2013 - 2 AZR 797/11 - Rn. 45, aaO).

18

b) Eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung liegt vor.

19

aa) Vorliegend ist, wovon das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgegangen ist, an § 32 Abs. 1 BDSG (Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses) zu messen, ob ein rechtswidriger Eingriff in das Persönlichkeitsrecht vorliegt. Sensitive Daten iSv. § 3 Abs. 9 BDSG, die von § 28 Abs. 6 BDSG erfasst wären(vgl. BAG 7. Februar 2012 - 1 ABR 46/10 - Rn. 26 ff., BAGE 140, 350), sind ersichtlich hier nicht betroffen. Maßgebend ist § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG. Danach dürfen personenbezogene Daten eines Beschäftigten zur Aufdeckung von Straftaten - in Betracht kommt die Verschaffung eines rechtswidrigen Vermögensvorteils durch Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit, § 263 StGB(ua. BAG 17. Juni 2003 - 2 AZR 123/02 - Rn. 23) - nur dann erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn zu dokumentierende tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass der Betroffene im Beschäftigungsverhältnis eine Straftat begangen hat, die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung zur Aufdeckung erforderlich ist und das schutzwürdige Interesse des Beschäftigten an dem Ausschluss der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung nicht überwiegt, insbesondere Art und Ausmaß im Hinblick auf den Anlass nicht unverhältnismäßig sind. Nach § 3 Abs. 1 BDSG sind personenbezogene Daten Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener). Erheben ist das Beschaffen von Daten über den Betroffenen, § 3 Abs. 3 BDSG.

20

bb) Diese Vorgaben sind unionsrechtskonform unter Beachtung der Richtlinie 95/46/EG auszulegen, die nach ihrem Art. 3 Abs. 1 für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie für die nicht automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten gilt, die in einer Datei gespeichert sind oder gespeichert werden sollen. Als eine solche Datei mit personenbezogenen Daten gilt jede strukturierte Sammlung personenbezogener Daten, die nach bestimmten Kriterien zugänglich sind, gleichgültig ob diese Sammlung zentral, dezentralisiert oder nach funktionalen oder geographischen Gesichtspunkten aufgeteilt geführt wird, Art. 2 Buchst. c Richtlinie 95/46/EG.

21

Art. 7 der Richtlinie 95/46/EG sieht eine erschöpfende und abschließende Liste der Fälle vor, in denen eine Verarbeitung personenbezogener Daten als rechtmäßig angesehen werden kann(EuGH 24. November 2011 - C-468/10 - [ASNEF] Rn. 30, Slg. 2011, I-12181). Im vorliegenden Fall ist Art. 7 Buchst. f der Richtlinie 95/46/EG zu berücksichtigen, wonach die Verarbeitung der Daten (wozu bereits die Erhebung gehört, Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 95/46/EG wie auch § 3 Abs. 2 BDSG)zur Verwirklichung des berechtigten Interesses erfolgen darf, das von dem für die Verarbeitung Verantwortlichen oder von dem bzw. den Dritten wahrgenommen wird, denen die Daten übermittelt werden, sofern nicht das Interesse oder die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person (Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 95/46/EG) überwiegen. Der Schutz des in Art. 7 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union garantierten Grundrechts auf Privatleben verlangt, dass sich die Ausnahmen und Einschränkungen in Bezug auf den Schutz der personenbezogenen Daten auf das absolut Notwendige beschränken müssen(EuGH 11. Dezember 2014 - C-212/13 - [Ryneš] Rn. 28 f. mwN). Einschränkungen des Rechts auf Schutz der personenbezogenen Daten können gerechtfertigt sein, wenn sie denen entsprechen, die im Rahmen von Art. 8 EMRK geduldet werden(EuGH 9. November 2010 - C-92/09 und C-93/09 - [Volker und Markus Schecke] Rn. 52, Slg. 2010, I-11063).

22

cc) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht die Observation der Klägerin einschließlich der Bildaufnahmen und Videoaufzeichnungen als personenbezogene Datenerhebung eingeordnet.

23

Durch Privatdetektive erhobene Daten, die bestimmte oder bestimmbare natürliche Personen betreffen, sind personenbezogene Daten iSv. § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG und Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 95/46/EG. Ihre Erhebung, Aufbewahrung und Übermittlung durch einen Auftraggeber oder durch Privatdetektive, die auf eigene Rechnung handeln, ist eine „Verarbeitung personenbezogener Daten“ iSv. Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 95/46/EG (EuGH 7. November 2013 - C-473/12 - [IPI] Rn. 26; 16. Dezember 2008 - C-524/06 - [Huber] Rn. 43, Slg. 2008, I-9705). Auch das von einer Kamera aufgezeichnete Bild einer Person fällt unter den Begriff der personenbezogenen Daten iSv. Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 95/46/EG, sofern es die Identifikation der betroffenen Person ermöglicht (EuGH 11. Dezember 2014 - C-212/13 - [Ryneš] Rn. 22). Das ist hier der Fall.

24

dd) Die Observation der Klägerin einschließlich personenbezogener Datenerhebung war rechtswidrig. Ein berechtigtes Interesse der Beklagten iSv. Art. 7 Buchst. f der Richtlinie 95/46/EG, das nach § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG in der Aufdeckung einer Straftat im Beschäftigungsverhältnis liegen kann, zur Erhebung personenbezogener Daten im Wege der Observation der Klägerin einschließlich der Bildaufnahmen und Videoaufzeichnungen lag nicht vor.

25

(1) Im Hinblick auf das Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit als überwachungsrechtfertigende Straftat müssen angesichts des hohen Beweiswertes einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zumindest begründete Zweifel an der Richtigkeit dieser ärztlichen Bescheinigung aufgezeigt werden, um den Beweiswert der Bescheinigung zu erschüttern (ua. BAG 11. Oktober 2006 - 5 AZR 755/05 - Rn. 35; 26. Februar 2003 - 5 AZR 112/02 - zu I 1 der Gründe mwN, BAGE 105, 171).

26

(2) Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (zur beschränkten Revisibilität der nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewonnenen tatrichterlichen Überzeugung ua. BAG 11. Dezember 2014 - 8 AZR 1010/13 - Rn. 28 mwN; 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 42 mwN) hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass die Beklagte keine begründeten Zweifel an der Richtigkeit der von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen aufgezeigt hat. Weder hat die Klägerin beispielsweise im Rahmen einer Auseinandersetzung am Arbeitsplatz eine nachfolgende Arbeitsunfähigkeit angekündigt, noch war der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen dadurch erschüttert, dass sie von unterschiedlichen Ärzten stammten, noch durch eine Änderung im Krankheitsbild oder weil ein Bandscheibenvorfall zunächst hausärztlich behandelt worden war. Auch sonstige, begründete Zweifel zeigende Umstände lagen nicht vor.

27

(3) Angesichts eines von vornherein fehlenden berechtigten Interesses an einer Erhebung personenbezogener Daten der Klägerin kommt es auf eine Rechtfertigungs- und Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht mehr an. Es war auch nicht zu entscheiden, wie Videoaufnahmen in einem Fall zu beurteilen wären, in dem ein berechtigter Anlass zur Überwachung gegeben ist.

28

ee) Die vorliegende rechtswidrige Datenerhebung stellt eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung dar, wegen der das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen hat, dass der Klägerin dem Grunde nach ein Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung aus § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG zusteht.

29

Ein Eingriff in das durch Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin liegt bereits in der durch die Beklagte veranlassten Observation der Klägerin(vgl. auch BAG 27. März 2003 - 2 AZR 51/02 - zu B I 3 b der Gründe, BAGE 105, 356 im Hinblick auf Art. 2 Abs. 1 GG). Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, intensivieren die im Zusammenhang mit der Observation gefertigten Videoaufnahmen die Stärke des Eingriffs erheblich. Hinzu kommt die Heimlichkeit der Aufzeichnungen. Sie erfolgten im öffentlichen Raum und ohne eine Kenntlichmachung gemäß § 6b Abs. 1 und Abs. 2 BDSG. Auch eine Einwilligung der Klägerin (§ 4 BDSG) lag nicht vor.

30

Im Einklang mit der Rechtsprechung (BGH 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12 - Rn. 40 mwN, BGHZ 199, 237) hat das Landesarbeitsgericht die Zubilligung einer Geldentschädigung nicht von einer kausal mit der Persönlichkeitsrechtsverletzung zusammenhängenden psychischen Behandlungsbedürftigkeit abhängig gemacht. Denn bei der Entschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts handelt es sich nicht um ein Schmerzensgeld gemäß § 253 Abs. 2 BGB, sondern um eine Zahlung, die auf den Schutzauftrag aus Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG zurückgeht.

31

2. Die vom Landesarbeitsgericht angenommene Höhe des Schmerzensgeldes war revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

32

a) Die Bemessung der Höhe der Geldentschädigung obliegt in erster Linie tatrichterlicher Entscheidung und ist revisionsrechtlich nur beschränkt überprüfbar (zur beschränkten Revisibilität ua. BGH 17. Dezember 2013 - VI ZR 211/12 - Rn. 46 mwN, BGHZ 199, 237; BAG 25. Oktober 2007 - 8 AZR 593/06 - Rn. 97, zu einem Schmerzensgeldanspruch nach § 253 Abs. 2 BGB).

33

b) Das Landesarbeitsgericht hat alle maßgeblichen Umstände des Falles angemessen gewürdigt. Es hat zutreffend als einen der wichtigen Bemessungsfaktoren die Intensität der Persönlichkeitsrechtsverletzung (BGH 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03 - zu II 2 d der Gründe, BGHZ 160, 298; 15. November 1994 - VI ZR 56/94 - zu IV 2 der Gründe, BGHZ 128, 1) berücksichtigt und dabei einbezogen, dass der Detektiv die Klägerin nicht nur beobachtete, sondern von ihr darüber hinaus in Situationen, denen er besondere Bedeutung beimaß, heimliche Videoaufnahmen gemacht hat. Es hat weiter zutreffend sowohl bedacht, dass die Videoaufnahmen „im privaten Lebensbereich der Klägerin die Grenze zur entschädigungspflichtigen Persönlichkeitsverletzung überschritten“, jedoch die „Bildaufzeichnungen nicht die Intim- oder Privatsphäre“ der Klägerin betrafen, sondern sich auf Geschehnisse in der Öffentlichkeitssphäre (Straße und Waschsalon) beschränkten; weiter hat es berücksichtigt, dass eine vertrauliche Aufbewahrung und grundsätzliche Nichtweitergabe an Dritte erfolgten, wobei jedoch Auszüge der Beklagten zugänglich gemacht wurden, die diese vor Gericht präsentierte. Unbedenklich ist, dass das Landesarbeitsgericht im Rahmen der Bemessung der Höhe der Geldentschädigung den Hinweis der Klägerin auf eine psychotherapeutische Behandlung, die allerdings auf multikausaler Verursachung beruht, einbezogen hat. Den Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers, der ebenfalls, wie auch der der Prävention, einer der wichtigen Bemessungsfaktoren der Geldentschädigung ist, die sich je nach Lage des Einzelfalles unterschiedlich auswirken können (vgl. BGH 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03 - aaO), hat das Landesarbeitsgericht ebenfalls ausdrücklich einbezogen, so dass die Höhe der Entschädigung revisionsrechtlich noch nicht zu beanstanden war.

34

3. Die von der Klägerin erhobenen Verfahrensrügen zur weiteren Aufklärung und ggf. Beweiserhebung sind unzulässig (zu den Anforderungen ua. BAG 28. Januar 2009 - 4 AZR 912/07 - Rn. 11; 6. Januar 2004 - 9 AZR 680/02 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 109, 145), da weder das konkrete Beweisthema angegeben, noch ausgeführt worden ist, welches (mutmaßliche) Ergebnis die Beweisaufnahme erbracht hätte.

35

III. Wegen der Erfolglosigkeit der Revision und der Anschlussrevision sind die Kosten des Revisionsverfahrens gemäß § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1 ZPO verhältnismäßig zu teilen.

        

    Hauck    

        

    Breinlinger    

        

    Winter    

        

        

        

    Wein    

        

    Stefan Soost    

                 
38
aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats begründet die schuldhafte Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf eine Geldentschädigung, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann. Ob eine so schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, dass die Zahlung einer Geldentschädigung erforderlich ist, kann nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Hierbei sind insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, also das Ausmaß der Verbreitung der Veröffentlichung, die Nachhaltigkeit und Fortdauer der Interessen- oder Rufschädigung des Verletzten, ferner Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad seines Verschuldens zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteile vom 9. Juli 1985 - VI ZR 214/83, BGHZ 95, 212 214 f.; vom 24. November 2009 - VI ZR 219/08, BGHZ 183, 227 Rn. 11; vom 20. März 2012 - VI ZR 123/11, AfP 2012, 260 Rn. 15, jeweils mwN; vgl. auch BVerfG NJW 2004, 591, 592). Die Zubilligung einer Geldentschädigung kommt auch in Betracht, wenn das Persönlichkeitsrecht, wie im Streitfall, durch eine nicht erweislich wahre rufschädigende Tatsachenbehauptung verletzt wird. In diesem Fall ist aber bei der Gewichtung der Schwere des Eingriffs die offen bleibende Möglichkeit mit zu berücksichtigen, dass die inkriminierte Behauptung wahr sein kann (vgl. Senatsurteile vom 9. Juli 1985 - VI ZR 214/83, BGHZ 95, 212, 215; vom 30. Januar 1996 - VI ZR 386/94, BGHZ 132, 13, 27). Außerdem ist der besonderen Funktion der Geldentschädigung bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen Rechnung zu tragen, die sowohl in einer Genugtuung des Verletzten für den erlittenen Eingriff besteht als auch ihre sachliche Berechtigung in dem Gedanken findet, dass das Persönlichkeitsrecht gegenüber erheblichen Beeinträchtigungen anderenfalls ohne ausreichenden Schutz bliebe (vgl. Senatsurteile vom 22. Januar 1985 - VI ZR 28/83, AfP 1985, 110, 113; vom 9. Juli 1985 - VI ZR 214/83, BGHZ 95, 212, 215). Zudem soll die Geldentschädigung der Prävention dienen (vgl. Senatsurteil vom 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03, BGHZ 160, 298, 302 mwN). In jedem Fall ist zu berücksichtigen, dass die Geldentschädigung nicht eine Höhe erreichen darf, die die Pressefreiheit unverhältnismäßig einschränkt (vgl. Senatsurteile vom 15. November 1994 - VI ZR 56/94, BGHZ 128, 1, 16; vom 5. Dezember 1995 - VI ZR 332/94, AfP 1996, 137, 138; vom 5. Oktober 2004 - VI ZR 255/03, BGHZ 160, 298, 307; BVerfGE 34, 269, 285).

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.