Landgericht Bielefeld Urteil, 26. Nov. 2013 - 1 O 307/12


Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung iHv. 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit iHv. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die Kläger sind seit 1994 Eigentümer des Grundstücks N.-Str. x in 33615 C.. Dieses ist mit einem Reihenhaus-Flachdach-Bungalow bebaut. An der Südseite befindet sich eine 10 m Mal 10 m große Gartenfläche, welche mit kleineren aufgelockerten Beten bepflanzt ist, in denen u.a. anspruchsvolle Bonsai-Kulturen gepflegt werden.
3Die Gartenfläche grenzt an die im Eigentum der Beklagten stehende öffentliche Grünanlage zwischen S., A. Hof und Sportstadion von D.. Auf dieser Grünanlage befinden sich u.a. 2 Eschen, deren Baumkronen zusammengewachsen sind. Der Abstand zwischen den Bäumen und dem Grundstück der Kläger beträgt 9 m bzw. 10,30 m. Die Bäume sind ca. 25 m hoch. Im Jahr 1994 waren die Bäume nur halb so hoch und erheblich schmaler.
4Das Gebäude der Kläger ist Teil einer Wohnsiedlung, welche vor der Anlage der Grünfläche geplant und errichtet wurde. Die Gärten der Bungalows liegen an der Südseite und sind konzeptionell auf eine Sonnenbestrahlung aus Richtung Süden ausgerichtet. Durch die Reihenhausbauweise sind auch seitlich keine Fenster bzw. Freiflächen vorhanden.
5Die Kläger behaupten, dass die Gartenfläche des ihnen gehörenden Grundstücks durch die beiden Eschen durchgehend verschattet werde. Zugleich kühle das Grundstück aus. Damit eigne sich der Garten nicht zur Erholung sowie zur Hege und Pflege der Bonsai-Kulturen. Die zunächst aufgestellte Behauptung, die Bäume seien bruchgefährdet, wurde nach Bekanntwerden des Ergebnisses des eingeholten Sachverständigengutachtens nicht länger aufrechterhalten.
6Die Kläger beantragen,
7die Beklagte zu verurteilen, die beiden Eschen, die sich an der Südseite des Grundstücks der Kläger (C., N.-Str. x, Flur 40, Flurstück 574 – wie Anlage 1) in einem Abstand von 9 m bzw. 10,30m auf der im Eigentum der Beklagten stehenden öffentlichen Grünanlage befinden, zu beseitigen.
8Die Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Die Beklagte behauptet, dass die gemeinsame Krone der beiden Bäume aufgelockert und nicht dicht geschlossen sei. Daher würden während der Vegetationsperiode die Bäume nur einen lichten Schattenwurf erzeugen. In den Sommermonaten ende der Schattenwurf in einer Entfernung von 16 – 17m von den Eschen. Daher werde ein wesentlicher Teil des Grundstücks nicht beschattet.
11Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
12Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Dr. V.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten vom 10.02.2013, auf das Ergänzungsgutachten vom 03.04.2013 sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 29.10.2013 (Bl. 107ff. d.A.) Bezug genommen.
13Entscheidungsgründe:
14I.
15Die Klage ist zulässig aber unbegründet.
161.
17Die Klage ist zulässig.
18a)
19Der Zivilrechtsweg iSv. § 13 GVG ist eröffnet, weil es sich um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit handelt.
20Maßgebend für die Beurteilung der Frage, ob eine bürgerlich-rechtliche oder eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vorliegt, ist im Regelfall die Rechtsnatur des mit der Klage geltend gemachten Anspruchs, wie er sich aus dem Klageantrag in Verbindung mit den vom Kläger zur Begründung vorgetragenen Tatsachenbehauptungen ergibt, wobei es auf die Rechtsauffassungen der Parteien nicht ankommt. Daher genügt es nicht, wenn sich der Kläger auf eine zivilrechtliche Anspruchsgrundlage beruft. Handelt es sich um einen einheitlichen prozessualen Anspruch, der auf mehrere, verschiedenen Rechtswegen zugeordnete Anspruchsgrundlagen gestützt wird, so ist der Zivilrechtsweg nach Maßgabe von § 13 GVG eröffnet, wenn wenigstens ein Klagegrund eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit darstellt (Wittschier, in: Musielak, ZPO, 10. Aufl. (2013), § 13 GVG, Rn. 6f.).
21Soweit die Kläger die Beseitigung der beiden Eschen verlangen, geht es nicht um die Abwehr eines durch ein Subordinationsverhältnis geprägtes hoheitliches Handeln der Beklagten, zumal die Bäume nicht bewusst von dieser gepflanzt wurden. Vor diesem Hintergrund kommt zumindest ein Anspruch aus § 1004 Abs. 1 S.1 BGB in Betracht.
22b)
23Die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts Bielefeld ergibt sich aus §§ 23 Nr.1, 71 Abs. 1 GVG. Die örtliche Zuständigkeit folgt aus §§ 12, 17 ZPO.
24c)
25Die Kläger sind auch nicht zur Vorlage einer Erfolglosigkeitsbescheinigung iSv. § 56 Abs. 1 JustG NRW verpflichtet, weil eine vorheriger Güteversuch iSv. § 15a Abs. 1 EGZPO iVm. § 53 Abs. 1 Nr.1 lit.a) JustG NRW nicht erforderlich war. So unterfallen negative Einwirkungen iSd. Entzugs positiver Umweltgegebenheiten nicht § 906 BGB (BGH, NJW-RR 2003, 1313; OLG Karlsruhe, Urt. v. 09.09.2009 – 6 U 185/07, Rn. 43, zitiert nach juris; Lüke, in: Grziwotz /Lüke /Saller, Praxishandbuch Nachbarrecht, 2. Aufl. (2013), 3. Teil, Rn. 59; Bassenge, in: Palandt, BGB, 71. Aufl. (2012), § 906, Rn. 5; Säcker, in: MüKo, BGB, 6. Aufl. (2013), § 906, Rn. 49).
262.
27Die Klage ist unbegründet. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Beseitigung der beiden Eschen.
28a)
29Ein solcher Anspruch folgt nicht aus § 1004 Abs. 1 S.1 BGB. Eine Beeinträchtigung des Eigentums liegt nicht vor.
30aa)
31Eine Beeinträchtigung ist jeder dem Inhalt des Eigentums iSv. § 903 widersprechende Zustand (BGH, NJW-RR 2001, 232). Der mitunter durch Pflanzen verursachte Entzug von Licht wird nach weit überwiegender Ansicht in Rechtsprechung und Literatur nicht als Beeinträchtigung des Eigentums qualifiziert (BGH, NJW-RR 2003, 1313 (1314); OLG Düsseldorf, NVwZ 2001, 594 (595); NJW 1979, 2618; OLG Celle, Urt. v. 24.07.2000 – 4 U 38/00, Rn. 7, zitiert nach juris; OLG Hamm, Urt. v. 28.09.1998 – 5 U 67/98, Rn. 4, zitiert nach juris; Lüke, in: Grziwotz /Lüke /Saller, aaO, 3. Teil, Rn. 59; Inhuber, in: Motze /Bauer /Seewald, Prozesse in Bausachen, 1. Aufl. (2009), § 12, Rn. 37; Bassenge, in: Palandt, aaO, § 903, Rn. 9; Baldus, in: MüKo, aaO, § 1004, Rn. 127; a.A. unter bestimmten Voraussetzungen: Roth, in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2009, § 906, Rn. 126; Gursky, in: Staudinger, aaO, § 1004, Rn. 67).
32bb)
33Für die zuletzt genannte Ansicht mag sprechen, dass der Wortlaut von § 1004 Abs. 1 BGB keine Anhaltspunkte für eine Sonderbehandlung negativer Einwirkungen hergibt. Auf der anderen Seite muss bei der Auslegung von § 1004 Abs. 1 BGB der systematische Zusammenhang mit § 903 BGB berücksichtigt werden. Aus § 903 S.1 BGB ergibt sich, dass sich die an die räumlichen Grenzen des Grundstücks haltende Nutzung eine legitime Ausübung der Eigentümerbefugnisse darstellt. Dazu zählt auch eine Bepflanzung des Grundstücks. Die negativen Einwirkungen auf das Nachbargrundstück, wie der durch die Pflanzen verursachte Entzug von Licht, stellen indes nur einen Reflex dieser positiven Befugnisse des Eigentümers dar. § 903 S.1 BGB besagt gleichfalls, dass der Eigentümer seine Befugnisse (erst) dann überschreitet, wenn er gegen eine Rechtsnorm verstößt, die den Inhalt des Eigentumsrechts im Interesse des Nachbarn beschränkt. Darunter fallen insbesondere die Vorschriften des Nachbargesetzes der jeweiligen Länder. Auf diese Weise wird ein gerechter und transparenter Ausgleich zwischen den konfligierenden Eigentümerinteressen geschaffen. Zu folgen ist daher der ersten Ansicht.
34cc)
35Ein Verstoß gegen das NachbG NRW liegt nicht vor. Insbesondere ist der Grenzabstand iSv. § 41 Abs. 1 Nr.1 NachbG NRW eingehalten.
36b)
37Der Beseitigungsanspruch folgt auch nicht aus dem nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnis iVm. § 242 BGB.
38aa)
39Das nachbarschaftliche Gemeinschaftsverhältnis verpflichtet zur gegenseitigen Rücksichtnahme. Ein Beseitigungsanspruch auf der Grundlage von § 242 BGB lässt sich daraus wegen der bestehenden nachbarrechtlichen Sonderregelungen nur ausnahmsweise und nur dann herleiten, wenn ein über die gesetzliche Regelung hinausgehender billiger Ausgleich der widerstreitenden Interessen dringend geboten erscheint. Dies ist bei einer ungewöhnlich schweren, nicht mehr hinzunehmenden Beeinträchtigung der Fall (vgl. BGH, NJW-RR 2003, 1313 (1314); OLG Saarland, Urt. v. 11.01.2007 – 8 U 77/06 – 19, 8 U 77/8 U 77/06, Rn. 22, zitiert nach juris; OLG Karlsruhe, aaO; OLG Düsseldorf, aaO; OLG Celle, aaO; OLG Hamm, aaO, Rn. 5; OLG Düsseldorf, NJW 1979, 2618).
40bb)
41Ein derartiger Anspruch kann sich etwa bei vollständiger Abschattung eines gesamten Grundstücks während des überwiegenden Teils des Tages ergeben (OLG Hamm, aaO, Rn. 5). Davon ist hier jedoch nicht auszugehen.
42Der gerichtlich bestellte Sachverständige kommt in seinem Ergänzungsgutachten vom 03.04.2013 zu dem Ergebnis, dass das Grundstück der Kläger in Nord-Südausrichtung eine Gesamtlänge von 30m aufweise. Die Verschattung nehme im Juni kontinuierlich zu und erreiche im Dezember den höchsten Stand. Auf der Grundlage der von ihm vorgelegten Schattenwurf-Tabelle ist vom 21.09. bis zum 21.03. mit einer vollständigen Verschattung des Grundstücks zu rechnen.
43Das Gericht vermag sich diesen Ausführungen aus den folgenden Gründen nicht in allen Punkten anzuschließen. In der mündlichen Verhandlung vom 29.10.2013 führte der Sachverständige aus, dass Eschen ihr Laub für gewöhnlich Mitte /Ende November verlieren. Anfang April setze das Wachstum der Blätter wieder ein. Im Juni sei das Blattwerk dann wieder voll ausgebildet. In diesem Zusammenhang räumte der Sachverständige ein, dass er den Umstand, dass die Eschen von Dezember bis April kein Laub tragen, nicht bei der Erstellung seiner Schattenwurf-Tabelle berücksichtigt habe. Er sagte jedoch aus, dass sich durch das fehlende Laub die Lichtdurchlässigkeit der gemeinsamen Baumkrone vergrößere, sodass der Kernschatten in den Wintermonaten geringer sei. Diese Aussage deckt sich indes mit dem Eindruck, den das Gericht aus der Inaugenscheinnahme der Fotos 2 und 3 des Gutachtens vom 10.02.2013 gewonnen hat. Es ist davon überzeugt, dass durch die Lichtdurchlässigkeit der gemeinsamen Baumkrone auch in den Wintermonaten nicht mit einer vollständigen Abschattung des gesamten Grundstücks zu rechnen ist. Zwar nimmt die Lichtdurchlässigkeit ab April wieder ab, doch wird dieser Effekt durch den veränderten Sonnenstand wieder ausgeglichen. So beträgt der Schattenwurf am 21. Juni, wo das Blattwerk der Eschen wieder voll ausgebildet ist, zur Mittagszeit nur noch 3,25m. Dabei wird nicht verkannt, dass zu jedem anderen Zeitpunkt der Sonnenstand niedriger ist. Gleichwohl ist vor diesem Hintergrund mit einer vollständigen Verschattung des Grundstücks nur noch zwischen dem 21.09. und Mitte /Ende November zu rechnen, wo die Schatten wieder länger werden, die Baumkrone aber noch das volle Laub trägt. Um eine ungewöhnlich schwere, nicht mehr hinzunehmende Beeinträchtigung handelt es sich dabei nicht.
44Wie sich die Bäume in den kommenden Jahren entwickeln ist nur bedingt vorherzusagen, weil dies nach Aussage des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom 29.10.2013 von der genetischen Veranlagung abhängt. Diese Umstand ist im Übrigen auch nicht entscheidungserheblich, weil für einen Beseitigungsanspruch die Beeinträchtigung gegenwärtig sein muss (vgl. für den Anspruch aus § 1004: Fritzsche, in: BeckOK /BGB, § 1004, Rn. 50f.).
45cc)
46Die Kläger vermögen auch nicht mit dem Argument durchzudringen, dass sich der Beseitigungsanspruch bereits aus dem Umstand ergebe, dass jedenfalls der Gartenbereich durch die Eschen für einen Großteil des Jahres vollständig abgeschattet werde. Die Beeinträchtigung der Nutzbarkeit des Gartens ist keine ungewöhnliche oder unzumutbare Belastung, sondern eine typische und hinzunehmende Folge der zulässigen Bepflanzung der Beklagten (vgl. OLG Düsseldorf, NVwZ 2001, 594 (596)). Es ist nicht davon auszugehen – und wurde auch nicht vorgetragen – dass der Garten aufgrund des geringeren Lichteinfalls gar nicht mehr genutzt werden könne. Dem widersprechen bereits die von den Klägern selbst vorgelegten Lichtbilder, welche ihren Garten im gegenwärtigen Zustand zeigen. Abgesehen davon ist davon auszugehen, dass Schattengewächse, wie z.B. Farne, weiterhin in dem Garten gedeihen können. Es kann von den Klägern erwartet werden, dass sie die Nutzung ihres Grundstücks insoweit den vorhandenen Gegebenheiten anpassen, zumal die Eschen schon vorhanden waren, als sie das Grundstück im Jahre 1994 kauften (vgl. OLG Saarland, aaO, Rn. 27, zitiert nach juris).
47dd)
48Die „Auskühlung“ des Grundstücks ist wiederum eine unmittelbare Folge des geringeren Lichteinfalls und wie dieser hinzunehmen. Weitere Beeinträchtigungen, die über den Schattenwurf hinausgehen, werden nicht vorgetragen. Die Kläger haben insbesondere klargestellt, dass sie bereit sind, den von den Eschen ausgehenden Laubfall auf ihr Grundstück hinzunehmen.
49ee)
50Wenngleich es auf diesen Umstand im Ergebnis nicht mehr ankommt ist ferner anzumerken, dass die Beklagte die streitgegenständlichen Bäume nicht bewusst angepflanzt hat und deshalb schon kein treuwidriges oder rechtsmissbräuchliches Verhalten angenommen werden kann.
51II.
52Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr.11, 711 ZPO.
53III.
54Der Streitwert wird auf 6.000,00 € festgesetzt (§ 48 Abs. 1 S.1 GKG, § 4 Abs. 1 ZPO).

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Vor die ordentlichen Gerichte gehören die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die Familiensachen und die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Zivilsachen) sowie die Strafsachen, für die nicht entweder die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten begründet ist oder auf Grund von Vorschriften des Bundesrechts besondere Gerichte bestellt oder zugelassen sind.
(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.
Die Zuständigkeit der Amtsgerichte umfaßt in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, soweit sie nicht ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes den Landgerichten zugewiesen sind:
- 1.
Streitigkeiten über Ansprüche, deren Gegenstand an Geld oder Geldeswert die Summe von fünftausend Euro nicht übersteigt; - 2.
ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes: - a)
Streitigkeiten über Ansprüche aus einem Mietverhältnis über Wohnraum oder über den Bestand eines solchen Mietverhältnisses; diese Zuständigkeit ist ausschließlich; - b)
Streitigkeiten zwischen Reisenden und Wirten, Fuhrleuten, Schiffern oder Auswanderungsexpedienten in den Einschiffungshäfen, die über Wirtszechen, Fuhrlohn, Überfahrtsgelder, Beförderung der Reisenden und ihrer Habe und über Verlust und Beschädigung der letzteren, sowie Streitigkeiten zwischen Reisenden und Handwerkern, die aus Anlaß der Reise entstanden sind; - c)
Streitigkeiten nach § 43 Absatz 2 des Wohnungseigentumsgesetzes; diese Zuständigkeit ist ausschließlich; - d)
Streitigkeiten wegen Wildschadens; - e)
(weggefallen) - f)
(weggefallen) - g)
Ansprüche aus einem mit der Überlassung eines Grundstücks in Verbindung stehenden Leibgedings-, Leibzuchts-, Altenteils- oder Auszugsvertrag.
(1) Vor die Zivilkammern, einschließlich der Kammern für Handelssachen, gehören alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die nicht den Amtsgerichten zugewiesen sind.
(2) Die Landgerichte sind ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes ausschließlich zuständig
- 1.
für die Ansprüche, die auf Grund der Beamtengesetze gegen den Fiskus erhoben werden; - 2.
für die Ansprüche gegen Richter und Beamte wegen Überschreitung ihrer amtlichen Befugnisse oder wegen pflichtwidriger Unterlassung von Amtshandlungen; - 3.
für Ansprüche, die auf eine falsche, irreführende oder unterlassene öffentliche Kapitalmarktinformation, auf die Verwendung einer falschen oder irreführenden öffentlichen Kapitalmarktinformation oder auf die Unterlassung der gebotenen Aufklärung darüber, dass eine öffentliche Kapitalmarktinformation falsch oder irreführend ist, gestützt werden; - 4.
für Verfahren nach - a)
(weggefallen) - b)
den §§ 98, 99, 132, 142, 145, 258, 260, 293c und 315 des Aktiengesetzes, - c)
§ 26 des SE-Ausführungsgesetzes, - d)
§ 10 des Umwandlungsgesetzes, - e)
dem Spruchverfahrensgesetz, - f)
den §§ 39a und 39b des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes;
- 5.
in Streitigkeiten - a)
über das Anordnungsrecht des Bestellers gemäß § 650b des Bürgerlichen Gesetzbuchs, - b)
über die Höhe des Vergütungsanspruchs infolge einer Anordnung des Bestellers (§ 650c des Bürgerlichen Gesetzbuchs);
- 6.
für Ansprüche aus dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz.
(3) Der Landesgesetzgebung bleibt überlassen, Ansprüche gegen den Staat oder eine Körperschaft des öffentlichen Rechts wegen Verfügungen der Verwaltungsbehörden sowie Ansprüche wegen öffentlicher Abgaben ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes den Landgerichten ausschließlich zuzuweisen.
(4) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Entscheidungen in Verfahren nach Absatz 2 Nummer 4 Buchstabe a bis e und Nummer 5 einem Landgericht für die Bezirke mehrerer Landgerichte zu übertragen. In Verfahren nach Absatz 2 Nummer 4 Buchstabe a bis e darf die Übertragung nur erfolgen, wenn dies der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dient. Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen.
Das Gericht, bei dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, ist für alle gegen sie zu erhebenden Klagen zuständig, sofern nicht für eine Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist.
(1) Der allgemeine Gerichtsstand der Gemeinden, der Korporationen sowie derjenigen Gesellschaften, Genossenschaften oder anderen Vereine und derjenigen Stiftungen, Anstalten und Vermögensmassen, die als solche verklagt werden können, wird durch ihren Sitz bestimmt. Als Sitz gilt, wenn sich nichts anderes ergibt, der Ort, wo die Verwaltung geführt wird.
(2) Gewerkschaften haben den allgemeinen Gerichtsstand bei dem Gericht, in dessen Bezirk das Bergwerk liegt, Behörden, wenn sie als solche verklagt werden können, bei dem Gericht ihres Amtssitzes.
(3) Neben dem durch die Vorschriften dieses Paragraphen bestimmten Gerichtsstand ist ein durch Statut oder in anderer Weise besonders geregelter Gerichtsstand zulässig.
(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß, Wärme, Geräusch, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt. Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.
(2) Das Gleiche gilt insoweit, als eine wesentliche Beeinträchtigung durch eine ortsübliche Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die Benutzern dieser Art wirtschaftlich zumutbar sind. Hat der Eigentümer hiernach eine Einwirkung zu dulden, so kann er von dem Benutzer des anderen Grundstücks einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen, wenn die Einwirkung eine ortsübliche Benutzung seines Grundstücks oder dessen Ertrag über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt.
(3) Die Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.
(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.
Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen. Der Eigentümer eines Tieres hat bei der Ausübung seiner Befugnisse die besonderen Vorschriften zum Schutz der Tiere zu beachten.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.
(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts oder die Zulässigkeit des Rechtsmittels geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, soweit nichts anderes bestimmt ist. In Musterfeststellungsklagen nach Buch 6 der Zivilprozessordnung und in Rechtsstreitigkeiten aufgrund des Unterlassungsklagengesetzes darf der Streitwert 250 000 Euro nicht übersteigen.
(2) In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ist der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf nicht über eine Million Euro angenommen werden.
(3) Ist mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend.
(1) Für die Wertberechnung ist der Zeitpunkt der Einreichung der Klage, in der Rechtsmittelinstanz der Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels, bei der Verurteilung der Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, entscheidend; Früchte, Nutzungen, Zinsen und Kosten bleiben unberücksichtigt, wenn sie als Nebenforderungen geltend gemacht werden.
(2) Bei Ansprüchen aus Wechseln im Sinne des Wechselgesetzes sind Zinsen, Kosten und Provision, die außer der Wechselsumme gefordert werden, als Nebenforderungen anzusehen.