Landgericht Bielefeld Urteil, 22. Juli 2015 - 6 O 74/15
Tenor
Es wird festgestellt, dass der Kläger seine Vertragserklärungen zum Abschluss der mit der Beklagten vereinbarten Darlehensverträge mit der Nummer xxx über einen Nennbetrag in Höhe von 50.000,00 EUR, mit der Nummer yyy über einen Nennbetrag in Höhe von 50.000,00 EUR sowie mit der Nummer zzz über einen Nennbetrag in Höhe von 15.000,00 EUR mit Schreiben vom 22.08.2014 wirksam widerrufen hat.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.706,94 EUR zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Zwischen den Parteien ist die Wirksamkeit des durch den Kläger erklärten Widerrufs dreier Darlehensverträge im Streit.
3Die Parteien schlossen im Juni und Juli 2006 die folgenden Darlehensverträge über einen Gesamtnennbetrag in Höhe von 115.000,00 EUR:
4 Vertrag unter der Kontonummer xxx, Nennbetrag 50.000,00 EUR, fest verzinslich bis zum 30.06.2016 mit einem Jahreszinssatz von 4,35 %,
5 Vertrag unter der Kontonummer yyy, Nennbetrag 50.000,00 EUR, fest verzinslich bis zum 30.06.2016 mit einem Jahreszinssatz von 4,65 %,
6 Vertrag für einen Förderkredit aus dem KfW-Wohnungseigentumsprogramm unter der Kontonummer zzz, Nennbetrag 15.000,00 EUR, fest verzinslich bis zum 30.06.2016 mit einem Jahreszinssatz von 4,55 %.
7Die Darlehenssumme verwendete der Kläger für den Kauf einer selbst genutzten Eigentumswohnung. Wegen des genauen Wortlauts und weiteren Inhalts der einzelnen Darlehensverträge wird auf die Anlagen K1 bis K3 verwiesen.
8Zusammen mit den Darlehensverträgen unterzeichnete der Kläger zu jedem Vertrag eine ihm ebenfalls ausgehändigte Widerrufsbelehrung. In den verwendeten Belehrungen heißt es jeweils unter der Überschrift „Widerrufsrecht“: „Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen2 ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. [...]“. Unterhalb der jeweiligen Unterschrift des Klägers befindet sich u.a. folgender Fußnotentext: „2 Bitte Frist im Einzelfall prüfen.“ Wegen des genauen Wortlauts und weiteren Inhalts der Belehrungen wird Bezug genommen auf die Anlagen K1 bis K3 sowie K15 bis K17.
9In der Folgezeit zahlte der Kläger die vereinbarten monatlichen Zins- und Tilgungsraten. Mit Schreiben vom 22.08.2014 (Anlage K4) erklärte der Kläger den Widerruf der streitgegenständlichen Darlehensverträge. Mit Schreiben vom 27.08.2014 (Anlage K5) wies die Beklagte den Widerruf als unwirksam zurück.
10Der Kläger ist der Auffassung, sein Widerrufsrecht habe zum Zeitpunkt des Widerrufs mangels ordnungsgemäßer Belehrung noch bestanden. Die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung habe insbesondere durch die Verwendung des Begriffs „frühestens“ gegen das Deutlichkeitsgebot verstoßen. Da die Belehrung insbesondere durch die Fußnoten von der Musterwiderrufsbelehrung der Anlage 2 des § 14 BGB-InfoV a.F. abweiche, könne sich die Beklagte auch nicht auf eine Gesetzlichkeitsfiktion berufen.
11Der Kläger beantragt,
12festzustellen, dass er seine Vertragserklärung zum Abschluss der mit der Beklagten vereinbarten Darlehensverträge mit der Nummer xxx über einen Nennbetrag in Höhe von 50.000,00 EUR, mit der Nummer yyy über einen Nennbetrag in Höhe von 50.000,00 EUR sowie mit der Nummer zzz über einen Nennbetrag in Höhe von 15.000,00 EUR mit anwaltlichem Schreiben vom 22.08.2014 wirksam widerrufen hat.
13Die Beklagte beantragt,
14die Klage abzuweisen.
15Sie ist der Auffassung, der Widerruf sei verfristet, jedenfalls aber rechtsmissbräuchlich erfolgt bzw. verwirkt. Insbesondere entspreche die streitgegenständliche Belehrung der Musterbelehrung. Die verwendeten Fußnoten hätten keine relevante Auswirkung auf Inhalt oder Form der Belehrung. Die Widerrufserklärung des Klägers sei zudem rechtsmissbräuchlich. Das Darlehen habe der Finanzierung einer Immobilie gedient, so dass dem Kläger ein Widerruf nach dem Vertragsschluss auch bei ordnungsgemäßer Belehrung nicht möglich gewesen wäre. Er wolle nunmehr lediglich von dem niedrigen Zinsniveau profitieren. Darüber hinaus habe sie auf den Fortbestand des Vertrages vertrauen dürfen, da der Kläger acht Jahre beanstandungsfrei seine Raten gezahlt habe.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen zur Akte gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe
18Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.
19I.
20Der Feststellungsantrag zu Ziffer 1 ist gemäß § 256 ZPO zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
211.
22Ein Feststellungsinteresse besteht, weil die Beklagte die Berechtigung des Widerrufs vorprozessual in Abrede gestellt hat. Da sich das Vertragsverhältnis aufgrund der laufenden Darlehensrückzahlung noch in der Fortentwicklung befindet – weshalb eine vollständige Bezifferung möglicher Ansprüche dem Kläger derzeit nicht möglich wäre –, ist die Klage nicht subsidiär gegenüber einer Leistungsklage (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 256, Rn. 7a).
232.
24Der Kläger hat die streitgegenständlichen Darlehensverträge wirksam widerrufen. Ihm stand ein Widerrufsrecht gemäß §§ 495, 355 I BGB in den Fassungen vom 23.07.2002/02.12.2004, welche gemäß Art. 229 § 22 II EGBGB auf die im Jahr 2006 geschlossenen Vertragsverhältnisse anzuwenden sind, zu. Dieses Widerrufsrecht war zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung noch nicht erloschen.
25a) Bei den streitgegenständlichen Darlehen handelt es sich um Verbraucherdarlehen i.S.d. §§ 491 I, 495 I BGB a.F. Dies gilt auch bezüglich des Vertrags für einen Förderkredit aus dem KfW-Wohnungseigentumsprogramm. Der Ausschluss des gemäß Art. 229 § 22 II EGBGB anzuwendenden § 491 II Nr. 3 BGB in der Fassung vom 23.07.2002 ist nicht einschlägig. Denn der Vertrag wurde nicht unmittelbar mit der Fördermittel vergebenden Anstalt öffentlichen Rechts (der Kreditanstalt für Wiederaufbau), sondern mit der Beklagten geschlossen.
26b) Die zweiwöchige Widerrufsfrist des § 355 I 2 BGB a.F. hat mangels ordnungsgemäßer Belehrung i.S.d. § 355 II 1 BGB a.F. nicht zu laufen begonnen. Die in der Widerrufsbelehrung enthaltene Formulierung „frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“ ist unzureichend, weil der Verbraucher im Unklaren gelassen wird, welche weiteren Voraussetzungen für den Fristbeginn zu erfüllen sind (BGH, Urteil v. 01.12.2010, Az. VIII ZR 82/10, juris-Rn. 12; BGH, Urteil v. 09.12.2009, Az. VIII ZR 219/08, juris-Rn. 15).
27Die Beklagte kann sich auch nicht auf den Vertrauensschutz des § 14 I BGB-InfoV a.F. berufen. Denn die verwendete Belehrung entspricht dem Muster der Anlage 2 zu § 14 I, III BGB-InfoV a.F. nicht (vgl. BGH, Urteil v. 01.12.2010, Az. VIII ZR 82/10, juris-Rn. 15; BGH, Urteil v. 09.12.2009, Az. VIII ZR 219/08 juris-Rn. 20). Insbesondere hat die Beklagte am Ende der ersten Zeile, wonach der Widerruf innerhalb von zwei Wochen zu erklären ist, eine Fußnote „²“ angebracht, die zu der unten stehenden Erläuterung „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“ führt. Dabei handelt es sich sowohl um eine formale Abweichung vom Mustertext als auch um eine inhaltliche, da diese Fußnote eine Aufforderung an den Kunden beinhaltet, die der Mustertext nicht vorsieht. Es handelt es sich auch nicht um eine marginale Abweichung zum Mustertext, da der Kunde durch die Fußnote den Eindruck gewinnen kann, er müsse die Frist selbständig prüfen. Damit hat die Beklagte das Muster einer eigenständigen Bearbeitung unterzogen und einen Zusatz aufgenommen, der zu weiteren Unklarheiten des Verbrauchers hinsichtlich des Fristbeginns führen kann (vgl. u.a. OLG München, Urteil v. 21.10.2013, Az. 19 U 1208/13, juris-Rn. 37; OLG Brandenburg, Urteil v. 17.10.2012, Az. 4 U 194/11, juris-Rn. 27; LG Düsseldorf, Urteil vom 17.03.2015, Az. 10 O 131/14, juris-Rn. 48 f.; LG Köln, Urteil v. 26.02.2015, Az. 15 O 454/14, juris-Rn. 15; LG Essen, Urteil v. 24.04.2014, Az. 6 O 12/14, juris-Rn. 27; anders u.a. OLG Schleswig, Urteil v. 26.02.2015; Az. 5 U 175/14, S. 9; LG Nürnberg-Fürth, Urteil v. 27.10.2014, Az. 10 O 3952/14, juris-Rn. 42).
28Unerheblich ist dabei, dass sich die Fußnotentexte unterhalb des Belehrungstextes und der Unterschrift des Darlehensnehmers befinden, während der Belehrungstext selbst lediglich die Ziffern enthält. Denn es ist Fußnoten immanent, dass sie als Ziffern im Text erkennbar sind und sich der dazugehörige Text am Ende der Seite befindet. Eine Fußnote ist eine Anmerkung, welche aus dem Fließtext ausgelagert wird, um den Text flüssig lesbar zu gestalten. Entsprechend dieser Funktion bezieht der Leser (automatisch) durch die Fußnotenverweise den Text der Fußnoten in den Belehrungstext mit ein. Den Inhalt der Fußnote bei der Bewertung des Belehrungstextes nicht zu berücksichtigen, würde daher eine künstliche Aufspaltung der zusammengehörigen Textelemente darstellen, welche dem Sinn und Zweck der Verwendung einer Fußnote widerspräche (vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 17.03.2015, Az. 10 O 131/14, juris-Rn. 50). Die Fußnote richtet sich auch nicht für den Verbraucher offensichtlich an Mitarbeiter der Beklagten. Vielmehr ist die Fußnote gerade auch in der Ausfertigung an den Verbraucher enthalten und auch ihr Inhalt bietet keine hinreichend deutlichen Anhaltspunkte, dass es sich allein um eine Anweisung an den Sachbearbeiter handeln soll. Die Formulierung „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“ ist nicht ergänzt durch die Nennung eines potentiellen Adressaten wie etwa „Anweisung an Mitarbeiter“ o.ä. und kann vom Kunden daher nachvollziehbar so verstanden werden, dass er selbst die in Betracht kommende Frist zu ermitteln hat (vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 17.03.2015, Az. 10 O 131/14, juris-Rn. 50; anders LG Nürnberg-Fürth, Urteil v. 27.10.2014, Az. 10 O 3952/14, juris-Rn. 42).
29Angesichts dieser wesentlichen Abweichung von der Musterbelehrung kann dahingestellt bleiben, ob die Belehrung auch in Bezug auf den Zusatz zu finanzierten Geschäften oder weitere Unterschiede zu dem Muster der Anlage 2 zu § 14 I, III BGB-InfoV a.F. fehlerhaft ist.
30c) Auch eine Verwirkung des Widerrufsrechts i.S.d. § 242 BGB ist nicht gegeben. Das – neben dem Zeitmoment – als weitere Voraussetzung einer Verwirkung erforderliche Umstandsmoment liegt nicht vor. Ein Verhalten des Klägers, aufgrund dessen die Beklagte sich darauf einrichten konnte, er werde sein Widerrufsrecht nicht mehr ausüben, ist nicht ersichtlich. Insbesondere war die ordnungsgemäße, regelmäßige Tilgung der Darlehensschuld nicht geeignet, ein entsprechendes Vertrauen zu begründen. Denn hierbei handelte es sich lediglich um die vertraglich geschuldete Verpflichtung des Darlehensnehmers (vgl. OLG Köln, Urteil v. 23.01.2013, Az. 13 U 69/12, juris-Rn. 33; LG Düsseldorf, Urteil v. 17.03.2015, Az. 10 O 131/14, juris-Rn. 61). Mangels ordnungsgemäßer Belehrung über sein Widerrufsrecht konnte und musste der Kläger davon ausgehen, dass er – mangels Möglichkeit, von dem Vertrag Abstand zu nehmen – seiner vertraglich geschuldeten Verpflichtung nachkommen musste.
31d) Der Widerruf ist auch nicht rechtsmissbräuchlich i.S.d. § 242 BGB. Der Lauf der Widerrufsfrist hat aufgrund der nicht ordnungsgemäßen Belehrung durch die Beklagte nicht begonnen. Die Beklagte hat auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt Gebrauch von der Möglichkeit einer Nachbelehrung gemacht, um die Frist in Gang zu setzen und Rechtssicherheit zu erlangen. Sie kann sich daher ihrerseits nicht darauf berufen, es sei treuwidrig, dass der Kläger dieses Recht nunmehr in Anspruch nimmt und ausübt. Bei Ausübung seines Widerrufsrechts innerhalb der Widerrufsfrist hat der Darlehensnehmer weder ein schutzwürdiges Interesse nachzuweisen, noch darzulegen, aus welchen Gründen er sein Widerrufsrecht ausübt. Könnte sich die Beklagte auf eine Treuwidrigkeit der Ausübung des durch ihr Verhalten ausgelösten unbefristeten Widerrufsrechts berufen, wäre der Kläger im Ergebnis so gestellt, als sei die Widerrufsbelehrung wirksam gewesen und ein Widerrufsrecht nicht (mehr) gegeben. Damit würde der durch § 355 II 1, III 3 BGB a.F. bezweckte Verbraucherschutz unterlaufen (vgl. BGH Urteil v. 15.05.2014, Az. III ZR 368/13; OLG Hamm, Beschluss v. 25.08.2014, Az. 31 U 74/14, juris-Rn. 14). Vor diesem Hintergrund muss der Kläger auch nicht darlegen, dass er innerhalb der Frist bei ordnungsgemäßer Belehrung zu einem Widerruf – mit Blick auf die angestrebte Immobilienfinanzierung – in der Lage gewesen wäre. § 355 II 1, III 3 BGB a.F. setzt keine Kausalität der fehlenden oder fehlerhaften Belehrung für einen nicht innerhalb der Zweiwochenfrist erfolgten Widerruf voraus (vgl. BGH, Urteil v. 23.06.2009, Az. XI ZR 156/08, juris-Rn. 25; OLG Hamm, Urteil v. 19.11.2012, 31 U 97/12, Rn. 81).
32II.
33Der Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten folgt in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe aus §§ 280 I, 249 I BGB. Es handelt sich um erforderliche Kosten der Rechtsverfolgung, denn nach Zurückweisung des Widerrufs durch die Beklagte war die Beauftragung eines Rechtsanwalts durch den Kläger angesichts der komplexen Rechtsmaterie angemessen und erforderlich. Hierbei ist jedoch nur der Geschäftswert zugrundezulegen, der seiner Höhe nach dem Streitwert der Klage entspricht (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 74. Aufl. 2015, § 249, Rn. 57). Dieser ist auf bis 45.000,00 EUR festzusetzen. Im Rahmen der gemäß §§ 3 ZPO, 48 I GKG nach billigem Ermessen zu treffenden Wertfestsetzung ist nicht der volle Betrag der Darlehensverträge oder die Restvaluta in Ansatz zu bringen. Dies entspräche nicht dem wirtschaftlichen Interesse des Klägers an der Feststellung, da die Darlehensvaluta auch nach einem wirksamen Widerruf vollständig zurückzuzahlen ist (vgl. LG Wuppertal, Urteil v. 25.11.2014, Az. 5 O 215/14). Bei einem Widerruf entfällt jedoch – unabhängig von möglichen beiderseitigen Nutzungsersatzansprüchen, die nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sind – der Rechtsgrund für den geleisteten und bis zum Ablauf der Vertragsbindung noch zu leistenden Vertragszins, so dass das klägerische Interesse an der Feststellung hiernach zu bemessen ist. Im Übrigen war die Klage daher abzuweisen.
34III.
35Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 II Nr. 1, 709 ZPO.
36Der Streitwert wird auf bis 45.000,00 EUR festgesetzt.
Urteilsbesprechung zu Landgericht Bielefeld Urteil, 22. Juli 2015 - 6 O 74/15
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Landgericht Bielefeld Urteil, 22. Juli 2015 - 6 O 74/15 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).
(1) Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.
(2) Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen.
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger bestellte am 26. Januar 2007 bei der Beklagten über deren Website einen Computer zum Gesamtpreis von 1.866,45 €. Nachdem der Kläger Vorkasse geleistet hatte, lieferte die Beklagte den Computer am 14. Februar 2007 an den Kläger aus. Die der Warensendung beigefügte Rechnung enthält unter der Überschrift "Widerrufsrecht" eine Widerrufsbelehrung, in der es unter anderem heißt: "Verbraucher können ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) oder durch Rücksendung der Sache widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung."
- 2
- Nachdem der Kläger Mängelrügen erhoben und den Computer mehrmals an die Beklagte zurückgesandt hatte, trat er am 18. Juli 2007 per E-Mail vom Vertrag zurück. Mit Anwaltsschreiben vom 30. Juli 2007 erklärte er hilfsweise den Widerruf des Vertrages.
- 3
- Mit seiner Klage begehrt der Kläger Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 1.866,45 € nebst Zinsen sowie Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 229,55 €. Das Amtsgericht hat der Klage zunächst durch Versäumnisurteil stattgegeben. Auf den Einspruch der Beklagten hat das Amtsgericht das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und das Versäumnisurteil des Amtsgerichts in Höhe von 1.866,45 € nebst Zinsen aufrechterhalten. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des die Klage vollständig abweisenden erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
- 5
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 6
- Der Kläger habe Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 1.866,45 €, da er seine auf Abschluss des Kaufvertrags gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen habe. Ihm stehe diesbezüglich ein Widerrufsrecht gemäß § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB zu, weil es sich um einen Fernabsatzvertrag im Sinne dieser Vorschrift handele.
- 7
- Der Widerruf sei nicht gemäß § 355 Abs. 1 Satz 2 BGB verfristet. Zwar habe der Kläger den Vertrag nicht innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt der Ware widerrufen. Dies sei jedoch unerheblich, da die Widerrufsfrist mangels ordnungsgemäßer Belehrung der Beklagten nicht zu laufen begonnen habe. Die von der Beklagten verwendete Klausel enthalte keinen ausreichenden Hinweis auf den nach § 355 Abs. 2 BGB maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist und trage damit nicht den gesetzlichen Anforderungen Rechnung, die an eine Belehrung gestellt würden. Die Belehrung sei nicht unmissverständlich und auch nicht umfassend. Der Verbraucher könne der Klausel wegen des verwendeten Worts "frühestens" zwar entnehmen, dass der Beginn des Fristlaufs noch von weiteren Voraussetzungen abhänge, werde jedoch darüber im Unklaren gelassen, um welche Voraussetzungen es sich dabei handele.
- 8
- Dass die Widerrufsbelehrung der Beklagten inhaltlich der damals geltenden , inzwischen mit Wirkung vom 1. April 2008 hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist geänderten Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV entspreche , führe zu keiner anderen Beurteilung. Denn die auf der Ermächtigung in Art. 245 EGBGB beruhende Verordnung alter Fassung halte sich nicht in den Grenzen der Verordnungsermächtigung und sei daher nichtig. Art. 245 EGBGB gestatte keine den Verbraucher benachteiligenden Abweichungen von den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Die Verordnung müsse daher den Grundanforderungen des § 355 Abs. 2 BGB genügen. Sie entspreche aber nicht diesen gesetzlichen Anforderungen.
II.
- 9
- Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Die Beklagte ist gemäß § 312d Abs. 1 Satz 1, § 355 Abs. 1 Satz 1, § 357 Abs. 1 Satz 1, § 346 Abs. 1 BGB verpflichtet, dem Kläger den gezahlten Kaufpreis für den Computer zurückzuzahlen, weil der Kläger seine auf Abschluss des Fernabsatzvertrags gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen hat. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen , dass der Kläger den Widerruf rechtzeitig erklärt hat, weil die Widerrufsfrist von zwei Wochen mangels ordnungsgemäßer Belehrung des Klägers über deren Beginn noch nicht zu laufen begonnen hatte.
- 10
- Im Revisionsverfahren ist nur noch im Streit, ob die dem Kläger mit der Rechnung erteilte Belehrung über das Widerrufsrecht den Lauf der Frist in Gang gesetzt hat. Das ist nicht der Fall.
- 11
- 1. Durch Art. 1 Nr. 7 - 13 des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie , des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2355; im Folgenden: VerbrKrRL-UG) sind die Bestimmungen der §§ 355 ff. BGB über das Widerrufs- und Rückgaberecht bei Verbraucherverträgen geändert worden. Diese Änderungen sind am 11. Juni 2010 - nach Erlass des Berufungsurteils - in Kraft getreten (Art. 11 Abs. 1 VerbrKrRL-UG). Darüber hinaus sind zu diesem Zeitpunkt § 14 BGB-InfoV und die in den Anlagen 2 und 3 zu § 14 BGB-InfoV geregelten Muster für die Belehrungen über das Widerrufs- und das Rückgaberecht aufgehoben worden (Art. 9 Nr. 4 VerbrKrRL-UG). Auf das vorliegende Vertragsverhältnis finden das Bürgerliche Gesetzbuch und die BGB-Informationspflichten-Verordnung jedoch noch in der bis zum 11. Juni 2010 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB). Gemäß § 16 BGB-InfoV ist für die Beurteilung der von der Beklagten am 14. Februar 2007 erteilten Widerrufsbelehrung das bis zum 31. März 2008 geltende Muster für die Belehrung über das Widerrufsrecht maßgebend.
- 12
- 2. Die Revision stellt nicht in Frage, dass diese Belehrung hinsichtlich des Beginns der Frist nach der Rechtsprechung des Senats unzureichend ist und deshalb den Lauf der Frist nicht gemäß § 355 Abs. 2 BGB in Gang setzen konnte. Der Senat hat bereits entschieden, dass die Formulierung "frühestens mit Erhalt dieser Belehrung" den Verbraucher über den nach § 355 Abs. 2 BGB maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist nicht richtig belehrt, weil sie nicht umfassend ist. Der Verbraucher kann der Verwendung des Wortes "frühestens" zwar entnehmen, dass der Beginn des Fristlaufs noch von weiteren Voraussetzungen abhängt, wird jedoch darüber im Unklaren gelassen, um welche Voraussetzungen es sich dabei handelt (Senatsurteil vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 219/08, NJW 2010, 989 Rn. 13, 15). Das gilt auch im vorliegenden Fall.
- 13
- 3. Die Revision meint aber, dass die Widerrufsfrist gleichwohl zu laufen begonnen habe, weil die Belehrung dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung entsprochen habe und sich die Beklagte deshalb auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV berufen könne. Das trifft nicht zu.
- 14
- Es kann dahingestellt bleiben, ob die Auffassung des Berufungsgerichts zutrifft, dass das in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV geregelte Muster für die Widerrufsbelehrung in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung vom 2. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3102) nichtig sei, weil die damalige Fassung der Musterbelehrung den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht entsprochen habe. Eine Berufung auf § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV und das Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung (BGBl I 2004 S. 3102) ist der Beklagten schon deshalb verwehrt, weil die Beklagte gegenüber dem Kläger für die Widerrufsbelehrung kein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der damaligen Fassung vollständig entspricht (vgl. Senatsurteil vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 219/08, aaO Rn. 20, zur Belehrung über das Rückgaberecht; BGH, Urteil vom 12. April 2007 - VII ZR 122/06, BGHZ 172, 58 Rn. 12).
- 15
- a) Nach § 14 Abs. 1 BGB-InfoV genügt die Belehrung den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB, wenn das Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGBInfoV in Textform verwandt wird. Dafür reicht es nicht aus, dass die von der Beklagten verwendete Belehrung, wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat, hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist mit der entsprechenden Formulierung in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung des Musters für die Widerrufsbelehrung in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV wörtlich übereinstimmt. Auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV könnte sich die Beklagte nur berufen, wenn sie ein Formular verwendet hätte, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung vollständig entsprochen hätte (vgl. Senatsurteil vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 219/08, aaO; BGH, Urteil vom 12. April 2007 - VII ZR 122/06, aaO). Das hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und ist auch nicht der Fall. Auch die Revision macht dies nicht geltend. Sie meint nur, dass die Widerrufsbelehrung der Beklagten inhaltlich dem Muster in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgeblichen Fassung entsprochen habe und die Abweichungen in der äußeren Gestaltung der Widerrufsbelehrung vom Muster unerheblich seien. Das trifft nicht zu. Die Widerrufsbelehrung der Beklagten entspricht, wie der Senat durch einen Vergleich selbst feststellen kann, weder inhaltlich noch insbesondere in ihrer äußeren Gestaltung dem Muster in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung.
- 16
- b) Die Widerrufsbelehrung der Beklagten stimmt schon inhaltlich nicht vollständig mit dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV überein. Es fehlen die im Muster vorgeschriebene Überschrift "Widerrufsbelehrung" und die die Belehrung gliedernden Zwischenüberschriften "Widerrufsrecht", "Widerrufsfolgen" und "finanzierte Geschäfte". Stattdessen enthält die Widerrufsbelehrung der Beklagten nur die einzige Überschrift "Widerrufsrecht". Durch diese Überschrift wird verschleiert, dass der Verbraucher nicht nur ein Widerrufsrecht hat, sondern auch erhebliche Pflichten im Falle der Ausübung dieses Rechts. Die Belehrung wendet sich auch nicht, wie es das Muster vorsieht, konkret an den Adressaten der Belehrung ("Sie"), sondern ist abstrakt formuliert ("Verbraucher" ), ohne den Rechtsbegriff "Verbraucher" zu erläutern. Schließlich fehlt in der Belehrung über das Widerrufsrecht für finanzierte Geschäfte der zweite Satz des Gestaltungshinweises 9 der Musterbelehrung.
- 17
- Vor allem aber genügt die Widerrufsbelehrung der Beklagten in ihrer äußeren Gestaltung weder den gesetzlichen Anforderungen noch der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der für den Vertragsschluss maßgeblichen Fassung. Zwar darf die vom Unternehmer verwendete Widerrufsbelehrung in Format und Schriftgröße von dem Muster abweichen (§ 14 Abs. 3 BGB-InfoV). Dies ändert aber nichts daran, dass die Widerrufsbelehrung - auch bei Verwendung des Textes der Musterbelehrung - "deutlich gestaltet" sein muss (§ 355 Abs. 2 Satz 1 BGB). Diesem Deutlichkeitsgebot genügt die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung - anders als die Musterbelehrung - nicht annähernd.
- 18
- Durch das Fehlen der in der Musterbelehrung vorgeschriebenen Überschrift "Widerrufsbelehrung" wird für den Verbraucher schon nicht hinreichend deutlich, dass die kleingedruckten Ausführungen unter der Überschrift "Widerrufsrecht" eine für den Verbraucher wichtige Belehrung enthalten, und zwar nicht nur über sein Widerrufsrecht, sondern auch über die mit der Ausübung des Rechts verbundenen Pflichten.
- 19
- Darüber hinaus ist die Widerrufsbelehrung der Beklagten für einen durchschnittlichen Verbraucher nur mit großer Mühe lesbar, weil die Schrift extrem klein ist und jegliche Untergliederung des Textes fehlt. Es fehlen nicht nur die in der Musterbelehrung vorgeschriebenen Zwischenüberschriften, sondern auch jegliche Absätze. So wird insbesondere nicht deutlich, dass sich unter der Überschrift "Widerrufsrecht" auch Ausführungen zu den Widerrufsfolgen und zu finanzierten Geschäften verbergen und an welcher Textstelle die betreffenden Ausführungen beginnen und enden. Es kann deshalb keine Rede davon sein, dass die Widerrufsbelehrung insgesamt in einer der Musterbelehrung entsprechenden Weise deutlich gestaltet wäre; diese gilt insbesondere im Hinblick auf die Informationen über die für den Verbraucher nachteiligen Widerrufsfolgen.
- 20
- Damit weicht die Widerrufsbelehrung der Beklagten insbesondere in ihrer äußeren Gestaltung so erheblich von den gesetzlichen Anforderungen und dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung ab, dass nicht festgestellt werden kann, die Beklagte hätte ein Formular verwendet, das diesem Muster vollständig entspricht. Ball Dr. Frellesen Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Bünger
AG Gießen, Entscheidung vom 28.04.2009 - 43 C 1798/07 -
LG Gießen, Entscheidung vom 24.02.2010 - 1 S 202/09 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Klage wird bezüglich der Klausel "Das Rückgaberecht besteht entsprechend § 312d Abs. 4 BGB unter anderem nicht bei Verträgen - zur Lieferung von Waren die nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind oder die aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet sind oder schnell verderben können oder deren Verfallsdatum überschritten würde; - zur Lieferung von Audio- und Videoaufzeichnungen (u.a. auch CDs oder DVDs) oder von Software, sofern die gelieferten Datenträger vom Verbraucher entsiegelt worden sind oder - zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierten." abgewiesen. Die weitergehende Revision wird zurückgewiesen. Von den Kosten der Rechtsmittelinstanzen tragen der Kläger 1/3 und die Beklagte 2/3.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger ist der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände. Er ist in die gemäß § 4 des Unterlassungsklagengesetzes (UKlaG) bei dem Bundesverwaltungsamt geführte Liste qualifizierter Einrichtungen eingetragen. Die Beklagte betreibt über die Internethandelsplattform eBay Handel unter anderem mit Heimtextilien, Kinder- und Babybekleidung sowie Babyausstattungen. Auf der bei eBay bestehenden Internetseite der Beklagten können durch Anklicken des unterstrichenen Worts "AGB" ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufgerufen und ausgedruckt werden. Darin heißt es unter anderem: "Die M. Versandhaus GmbH [Beklagte] (…) bietet Kunden ihr Sortiment unter anderem auch über den Online Marktplatz eBay zum Kauf an. Für die auf diesem Marktplatz begründeten Geschäftsbeziehungen zum Kunden gelten die nachstehenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). 4. Rückgaberecht und -folgen [im Folgenden im Original im Fettdruck hervorgehoben:] Verbrauchern steht nach den Vorschriften über Fernabsatzverträge in Bezug auf die gekauften Artikel ein Rückgaberecht nach Maßgabe der folgenden Belehrung zu: 4.1 Der Verbraucher kann die erhaltene Ware ohne Angabe von Gründen innerhalb eines Monats durch Rücksendung der Ware zurückgeben. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt der Ware und dieser Belehrung. Nur bei nicht paketversandfähiger Ware (...) kann die Rückgabe auch durch Rücknahmeverlangen in Textform, also z.B. per Brief, Fax oder eMail erklärt werden. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung der Ware oder des Rücknahmeverlangens. In jedem Fall erfolgt die Rücksendung auf Kosten und Gefahr der M. Versandhaus GmbH. (…) 4.3 Das Rückgaberecht besteht entsprechend § 312d Abs. 4 BGB unter anderem nicht bei Verträgen • zur Lieferung von Waren die nach Kundenspezifikation angefer- tigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind oder die aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet sind oder schnell verderben können oder deren Verfallsdatum überschritten würde; • zur Lieferung von Audio- und Videoaufzeichnungen (u.a. auch CDs oder DVDs) oder von Software, sofern die gelieferten Datenträger vom Verbraucher entsiegelt worden sind oder • zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierten. 4.4 Im Falle einer wirksamen Rückgabe sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und ggfs. gezogene Nutzungen (z.B. Gebrauchsvorteile) heraus zu geben. Bei einer Verschlechterung der Ware kann Wertersatz verlangt werden. Dies gilt nicht, wenn die Verschlechterung der Ware ausschließlich auf deren Prüfung - wie sie dem Verbraucher etwa im Ladengeschäft möglich gewesen wäre - zurückzuführen ist."
- 2
- Mit seiner Klage nimmt der Kläger die Beklagte auf Unterlassung der künftigen Verwendung der Bestimmungen Ziffer 4.1 Satz 2 (im Folgenden Klausel 1), Ziffer 4.3 (im Folgenden Klausel 2) und Ziffer 4.4 Sätze 2 und 3 (im Folgenden Klausel 3) in mit Verbrauchern über die Internethandelsplattform eBay zu schließenden Kaufverträgen sowie darauf in Anspruch, es zu unterlassen, sich bei der Abwicklung von nach dem 31. Dezember 2004 in dieser Form geschlossenen Kaufverträgen auf diese Bestimmungen zu berufen. Er verlangt ferner Aufwendungsersatz in Höhe von 200 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung für die von ihm mit Schreiben vom 17. Januar 2007 ausgesprochene, fruchtlos gebliebene Abmahnung.
- 3
- Das Landgericht hat der Klage zum überwiegenden Teil - hinsichtlich der Klauseln 2 und 3 und hinsichtlich des Zahlungsanspruchs - stattgegeben. Auf die Berufungen beider Parteien hat das Berufungsgericht das Urteil abgeändert und der Klage unter Ermäßigung der Zinsen auf 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz auch hinsichtlich der Klausel 1 stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger hat seinen Unterlassungsantrag bei der Abwicklung bestehender Verträge, der ursprünglich weitergehend auf die Zeit ab dem 1. April 1977 gerichtet war, im Revisionsverfahren hinsichtlich aller drei Klauseln auf die Zeit nach dem 31. Dezember 2004 beschränkt.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Revision hat nur teilweise Erfolg.
I.
- 5
- Das Berufungsgericht (OLG München, OLGR 2008, 609 ff.) hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
- 6
- Dem Kläger stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach § 1 UKlaG wegen der Klausel 1 zu. Die Klausel verstoße gegen das Transparenzgebot und sei deshalb unwirksam (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Sie stelle nur auf zwei Umstände für den Beginn des Fristlaufs ab, nämlich den Erhalt der Ware und den Erhalt "dieser Belehrung". Nach dem Gesetz sei der Beginn des Fristlaufs aber noch von weiteren Voraussetzungen abhängig. Das könne der Durchschnittsverbraucher der Klausel 1 zwar entnehmen, er werde aber im Unklaren darüber gelassen, welche Voraussetzungen dies seien. Es bestehe deshalb die Gefahr, dass er bei Nichterfüllung der betreffenden weiteren Voraus- setzungen die Frist irrig für bereits abgelaufen halte und von der Ausübung eines ihm an sich noch zustehenden Rückgaberechts absehe. Es könne dahinstehen , ob die Klausel 1 auch deshalb unwirksam sei, weil dem Verbraucher nicht hinreichend verdeutlicht werde, dass es für den Fristbeginn auf den Erhalt der Belehrung über das Rückgaberecht in Textform ankomme.
- 7
- Auch die Klausel 2 verstoße gegen das Transparenzgebot und sei deshalb unwirksam. Sie sei aufgrund der verwendeten Worte "entsprechend" und "unter anderem" dahin auszulegen, dass über die in der Klausel aufgeführten Ausschlussfälle hinaus ein Ausschluss des Rückgaberechts auch in weiteren nicht näher bestimmten Fällen vereinbart werde. Der Durchschnittsverbraucher werde die Vorschrift des § 312d Abs. 4 BGB in der Regel weder nachlesen, noch werde ihm ihr Inhalt bekannt sein. Selbst wenn dies der Fall sei, verblieben Zweifel, ob mit der Klausel nur die in § 312d Abs. 4 BGB wiedergegebenen Ausschlussfälle gemeint seien. Es bestehe die Gefahr der Benachteiligung des Verbrauchers, wenn die Beklagte ihm über die aufgeführten Fälle hinaus weitere entgegensetze, in denen kein Rückgaberecht bestehe.
- 8
- Ein Unterlassungsanspruch bestehe auch wegen der Klausel 3. Die Bestimmung sei dahin auszulegen, dass die Beklagte im Falle der Ausübung des Rückgaberechts Wertersatz auch für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der gekauften Sache eintretende Verschlechterung verlangen könne. In dieser Auslegung weiche die Klausel 3 von § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Halbs. 2 BGB ab und sei deshalb unwirksam. Die Sonderregelung des § 357 Abs. 3 BGB greife nicht ein. Den Voraussetzungen von § 357 Abs. 3 BGB werde bei von der Beklagten mit Verbrauchern über die Internethandelsplattform eBay zu schließenden Kaufverträgen nicht genügt, weil dabei der von § 357 Abs. 3 BGB vorausgesetzte Hinweis in Textform spätestens bei Vertragsschluss nicht möglich sei. Allein das Bereithalten von Informationen über eine Internetseite erfülle die Voraussetzungen der Textform nicht. Da der Vertragsschluss zwischen der Beklagten und dem Verbraucher nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay bereits dann zustande komme, wenn der Verbraucher die Festpreis-Funktion "Sofort-Kaufen" ausübe, könne bis zu einem Vertragschluss kein Hinweis in Textform erfolgen. Davon gehe auch die Beklagte aus.
- 9
- Wegen der Abmahnung stehe dem Kläger der geltend gemachte Anspruch auf Aufwendungsersatz nach § 5 UKlaG in Verbindung mit § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu.
II.
- 10
- Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.
- 11
- 1. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der Klausel 1 zusteht (§ 1 UKlaG in Verbindung mit § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die Rügen der Revision greifen dagegen nicht durch. Die Klausel 1 enthält keinen ausreichenden Hinweis auf den Beginn der Rückgabefrist und trägt damit nicht den gesetzlichen Anforderungen Rechnung, die an eine Belehrung gestellt werden (§ 312d Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2, § 356 Abs. 2, § 355 Abs. 2 BGB). Die formularmäßige Verwendung der nicht den Anforderungen des Gesetzes entsprechenden Belehrung begründet die Gefahr der Irreführung der Verbraucher und benachteiligt sie unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).
- 12
- a) Nach § 356 Abs. 2, § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB beginnt die Rückgabefrist mit dem Zeitpunkt, zu dem dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Beleh- rung über sein Rückgaberecht, die unter anderem einen Hinweis auf den Fristbeginn zu enthalten hat, in Textform mitgeteilt worden ist. Ziel dieser Vorschrift ist es, den regelmäßig rechtsunkundigen Verbraucher über den Beginn der Rückgabefrist eindeutig zu informieren, damit der Verbraucher über die sich daraus ergebende Berechnung ihres Ablaufs nicht im Unklaren ist. Der mit der Einräumung des befristeten Rückgaberechts beabsichtigte Schutz des Verbrauchers erfordert eine möglichst umfassende, unmissverständliche und aus dem Verständnis der Verbraucher eindeutige Belehrung (BGHZ 172, 58, Tz. 13; BGH, Urteil vom 10. März 2009 - XI ZR 33/08, WM 2009, 932, Tz. 14; jeweils m.w.N.).
- 13
- b) Diesen Anforderungen genügt die von der Beklagten verwendete Klausel 1 nicht. Sie belehrt den Verbraucher über den nach § 355 Abs. 2 BGB maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist nicht richtig.
- 14
- aa) Die Belehrung ist nicht unmissverständlich. Aus der Sicht eines unbefangenen durchschnittlichen Verbrauchers, auf den abzustellen ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 2009, aaO, Tz. 16), kann die Klausel 1 den Eindruck erwecken , die Belehrung sei bereits dann erfolgt, wenn er sie lediglich zur Kenntnis nimmt, ohne dass sie ihm entsprechend den gesetzlichen Anforderungen in Textform mitgeteilt worden ist (aA OLG Köln, OLGR 2007, 695, 699 f.). Ein in knapper Form möglicher Hinweis - beispielsweise durch die Worte "des Erhalts dieser Belehrung in Textform" (so nunmehr auch die insoweit geänderte Anlage 3 zu § 14 Abs. 2 und 3 BGB-InfoV [BGB-Informationspflichten-Verordnung in der Fassung der Dritten Verordnung zur Änderung der BGB-Informationspflichten -Verordnung vom 4. März 2008, BGBl. I S. 292; dazu Föhlisch, MMR 2008, 205 f.]) - verdeutlicht dem Verbraucher dagegen, dass die Widerrufsfrist erst und nur dann zu laufen beginnt, wenn ihm die Belehrung in einer bestimmten Form zugegangen ist. Der Schwierigkeit, dass der Verbraucher - wie die Revision meint - unter Umständen den Begriff der Textform nicht kennt, kann dadurch begegnet werden, dass der Begriff erklärend definiert wird, wie dies die Beklagte selbst in Ziffer 4.1 Satz 3 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen tut.
- 15
- bb) Die Belehrung ist ferner nicht möglichst umfassend. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Verbraucher der Klausel 1 wegen des verwendeten Worts "frühestens" zwar entnehmen kann, dass der Beginn des Fristlaufs noch von weiteren Voraussetzungen abhängt, jedoch darüber im Unklaren gelassen wird, um welche Voraussetzungen es sich dabei handelt.
- 16
- Zwar ist der Revision zuzugeben, dass die Formulierung einer möglichst umfassenden und trotzdem für den durchschnittlichen Verbraucher verständlichen und seine Auffassungsbereitschaft nicht überfordernden Belehrung bei einem Fernabsatzvertrag im elektronischen Geschäftsverkehr Schwierigkeiten bereitet. Es reicht für eine umfassende Belehrung aber nicht aus, nur zwei Voraussetzungen für den Fristlauf anzugeben, wenn es möglich ist, die gesetzlichen Voraussetzungen für den Beginn des Laufs der Rückgabefrist - wenn auch gegebenenfalls unter Verweis auf die Vorschriften der § 312c Abs. 2, § 312e Abs. 1 Satz 1 BGB - in kurzer Form anzugeben und dem Verbraucher dadurch zu verdeutlichen, woraus sich die weiteren Voraussetzungen für den Fristlauf ergeben (aA OLG Köln, aaO). Davon geht, wie die insoweit geänderte Anlage 3 zu § 14 Abs. 2 und 3 BGB-InfoV zeigt (vgl. Gestaltungshinweis 2 Satz 2 zur Anlage 3 der BGB-Informationspflichten-Verordnung, aaO), nunmehr auch der Verordnungsgeber aus.
- 17
- c) Die formularmäßige Verwendung der nicht den Anforderungen des Gesetzes entsprechenden Belehrung begründet die Gefahr der Irreführung der Verbraucher und benachteiligt sie unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).
- 18
- d) Zutreffend geht das Berufungsgericht schließlich davon aus, dass eine gemäß § 1 UKlaG bestehende Unterlassungspflicht auch auf diejenigen Fälle erstreckt werden kann, in denen der beklagte Verwender die unwirksamen Klauseln bereits in vor dem Erlass des Urteils abgeschlossene, aber noch nicht abgewickelte Verträge eingeführt hat und sich nach Urteilserlass zur Durchsetzung seiner Rechte auf diese Klauseln berufen will (Senatsurteil vom 11. Februar 1981 - VIII ZR 335/79, NJW 1981, 1511, unter II 2 c, III; BGHZ 127, 35, 37; Senatsurteil vom 21. September 2005 - VIII ZR 284/04, WM 2005, 2250, unter II). Eine Pflicht, sich bei der Abwicklung bestehender Verträge nicht auf eine bestimmte Klausel zu berufen, besteht allerdings nur dann, wenn die Klausel nach den für den jeweiligen Vertrag geltenden gesetzlichen Regelungen unwirksam ist (vgl. BGH, Urteil vom 23. Januar 2003 - III ZR 54/02, NJW 2003, 1237, unter I 2).
- 19
- Das war indes hinsichtlich der Klausel 1 für die noch streitgegenständliche Zeit seit dem 1. Januar 2005 der Fall. Seit dem 1. Januar 2005 gelten die Vorschriften der §§ 312c, 355, 356 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) mit den durch das Gesetz zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträge bei Finanzdienstleistungen vom 2. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3102) vorgenommenen Änderungen, sowie § 14 Abs. 2 der BGB-InformationspflichtenVerordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. August 2002 (BGBl. I S. 3002).
- 20
- Zwar war eine der Klausel 1 entsprechende Regelung bis zum Inkrafttreten der Dritten Verordnung zur Änderung der BGB-InformationspflichtenVerordnung vom 4. März 2008 (aaO) am 1. April 2008 wortgleich in dem Muster für die Rückgabebelehrung (Anlage 3 zu § 14 Abs. 2 BGB-InfoV) enthalten. Das führt aber für den Zeitraum vor dem 1. April 2008 nicht zur Wirksamkeit der Klausel 1 (§ 14 Abs. 2 BGB-InfoV), weil die Beklagte - wie das Berufungsgericht von der Revision unangegriffen festgestellt hat - kein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 3 zur BGB-Informationspflichten-Verordnung in der vor dem 1. April 2008 geltenden Fassung vollständig entsprach (vgl. BGHZ 172, 58, Tz. 12). Sie kann deshalb aus § 14 Abs. 2 BGB-InfoV keine ihr günstigen Rechtswirkungen herleiten.
- 21
- 2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der Klausel 2 hingegen nicht zu. Die Klausel 2 genügt - auch unter Berücksichtigung der Änderung von § 312d Abs. 4 Nr. 3 BGB durch das Gesetz zur Bekämpfung unlauterer Telefonwerbung und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2413) - den gesetzlichen Anforderungen an eine möglichst umfassende, unmissverständliche und aus dem Verständnis der Verbraucher eindeutige Belehrung (§ 312d Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2, § 356 Abs. 2, § 355 Abs. 2 BGB).
- 22
- a) Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Beklagte nicht verpflichtet , für jeden angebotenen Artikel gesondert anzugeben, ob dem Verbraucher insoweit ein Rückgaberecht zusteht, und folglich für Fernabsatzverträge im elektronischen Geschäftsverkehr verschiedene Versionen ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu verwenden. Eine solche Pflicht lässt sich aus dem sich aus § 355 Abs. 2 BGB ergebenden Erfordernis einer möglichst umfassenden , unmissverständlichen und aus dem Verständnis der Verbraucher eindeutigen Belehrung nicht ableiten.
- 23
- aa) Zwar weist der Kläger zu Recht darauf hin, dass die Belehrung grundsätzlich keine anderen Erklärungen enthalten darf, um die vom Gesetz bezweckte Verdeutlichung (§ 355 Abs. 2 Satz 1 BGB) des Rechts zum Widerruf beziehungsweise der Rückgabe nicht zu beeinträchtigen (BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, NJW 2002, 3396, unter II 3 a). So liegt es hier aber schon deshalb nicht, weil die Belehrung Angaben über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rückgaberechts enthalten muss (§ 312c Abs. 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV), so dass die Angaben über die Ausschlusstatbestände einen Teil der Belehrung bilden (vgl. auch MünchKomm BGB/Wendehorst, 5. Aufl., § 312c Rdnr. 40).
- 24
- bb) Eine Belehrung, die dem Verbraucher die Beurteilung überlässt, ob die von ihm erworbene Ware unter einen Ausschlusstatbestand fällt, ist auch nicht missverständlich. Es trifft zwar zu, dass über die Auslegung der Ausschlusstatbestände Zweifel bestehen (vgl. Senatsurteil vom 18. März 2009 - VIII ZR 149/08, ZGS 2009, 277, Tz. 9 ff.). Diese Auslegungszweifel werden aber nicht dadurch beseitigt, dass die Beklagte bei - ihrer Meinung nach - den Ausschlusstatbeständen unterfallenden Fernabsatzverträgen lediglich darüber belehrt, dass ein Rückgaberecht nicht bestehe. Der Verbraucher erhielte in diesem Fall deutlich weniger Informationen, als wenn er über den gesetzlichen Wortlaut der Ausschlusstatbestände informiert wird. Dies ermöglicht dem Verbraucher vielmehr, sich eine abweichende Meinung zu bilden und auf eine Klärung hinzuwirken.
- 25
- b) Die Beklagte ist nicht verpflichtet, sämtliche in § 312d Abs. 4 BGB enthaltenen Ausschlusstatbestände in der Klausel 2 aufzuführen. Die Revision weist hinsichtlich der nicht in der Klausel 2 enthaltenen Ausschlusstatbestände zu Recht darauf hin, dass sie von vornherein in dem Geschäftsbetrieb der Beklagten nicht relevant werden können und deshalb aus Gründen der Klarheit und Übersichtlichkeit nicht in die Belehrung aufgenommen wurden. Dagegen ist nichts einzuwenden. Im Gegenteil bestünde bei einer Aufnahme des Ausschlusstatbestandes des § 312d Abs. 4 Nr. 5 BGB die Gefahr, dass der durchschnittliche Verbraucher - weil ihm nicht bekannt ist, dass die auf der Internethandelsplattfom eBay veranstalteten Online-Auktionen keine Versteigerungen im Sinn des § 156 BGB darstellen (Senatsurteil vom 3. November 2004 - VIII ZR 375/03, WM 2004, 2457, unter II 2) - fälschlich davon ausgeht, dass ein Rückgaberecht bei Online-Auktionen generell nicht besteht. Die vollständige Aufnahme der von vornherein nicht relevanten Ausschlusstatbestände mit dem erläuternden Zusatz, dass sich die Ausnahme der Nummer 5 nicht auf OnlineAuktionen bezieht, würde die Belehrung dagegen unnötig kompliziert gestalten (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 2002, aaO).
- 26
- c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts erweckt die Klausel 2 aus der Sicht eines unbefangenen durchschnittlichen Kunden, auf den abzustellen ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 2009, aaO, Tz. 16), nicht den Eindruck, dass über die in der Klausel aufgeführten drei Ausschlusstatbestände hinaus ein Ausschluss des Rückgaberechts auch für weitere Fälle vereinbart wird, die nicht näher bestimmt sind und die von der Beklagten im Einzelfall geltend gemacht werden könnten. Der Senat kann die Auslegung der Klausel 2 unbe- schränkt nachprüfen, weil sie bundesweit Verwendung findet (st. Rspr., Senatsurteil vom 18. Juli 2007 - VIII ZR 227/06, WM 2007, 2078, Tz. 20).
- 27
- Das in der Klausel 2 enthaltene Wort "entsprechend" verweist im Sinne einer Bezugnahme auf die gesetzliche Regelung, die - in der bis zum 3. August 2009 geltenden Fassung - wörtlich wiedergegeben wird. Auf die den Worten "gemäß" und "entsprechend" in der juristischen Fachsprache beigelegten Bedeutungsabstufungen kommt es dabei nicht an. Vielmehr ist die Bedeutung maßgeblich, die dem Wort "entsprechend" nach dem allgemeinen Sprachgebrauch zukommt (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juni 1983 - IVa ZR 31/82, NJW 1983, 2638, unter 1). Danach wird das Wort "entsprechend" synonym mit "gemäß" verwendet. Aus den verwendeten Worten "unter anderem" kann der Verbraucher ableiten, dass in der Vorschrift des § 312d Abs. 4 BGB weitere Ausschlusstatbestände genannt sind. Der Klausel 2 lässt sich deshalb nur entnehmen , dass die in der Vorschrift des § 312d Abs. 4 BGB angegebenen Ausschlusstatbestände gelten sollen, nicht aber, dass die Beklagte sich auf weitere, dort nicht genannte Fälle soll berufen dürfen.
- 28
- Die Gefahr, dass die Beklagte dem Verbraucher unter Berufung auf die Klausel 2 missbräuchlich weitere Ausschlusstatbestände entgegenhält, mag zwar nicht auszuschließen sein. Dabei handelt es sich aber um die generell bestehende Gefahr, dass der Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer wirksamen Klausel missbräuchlich eine Bedeutung beilegt, die sie in Wirklichkeit nicht besitzt. Dagegen bietet das Unterlassungsklageverfahren keinen Schutz.
- 29
- d) Etwas anderes gilt schließlich auch nicht, soweit § 312d Abs. 4 Nr. 3 BGB durch das Gesetz zur Bekämpfung unlauterer Telefonwerbung und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen vom 29. Juli 2009 (aaO) mit Wirkung vom 4. August 2009 geändert worden ist (aaO). Nach § 312d Abs. 4 Nr. 3 BGB nF, an dem der in die Zukunft gerichtete Unterlassungsanspruch zu messen ist (vgl. BGHZ 160, 393, 395 m.w.N.), besteht ein Widerrufsrecht nicht bei Fernabsatzverträgen zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierten, es sei denn, dass der Verbraucher seine Vertragserklärung telefonisch abgegeben hat. Der Umstand, dass die Klausel 2 wegen der zwischenzeitlich erfolgten Gesetzesänderung die nunmehr in § 312d Abs. 4 Nr. 3 BGB enthaltene, die telefonische Abgabe der Vertragserklärung betreffende Gegenausnahme nicht aufführt, ist vorliegend allerdings unschädlich. Der Kläger macht Unterlassungsansprüche nur wegen mit Verbrauchern über die Internethandelsplattform eBay zu schließende Kaufverträge geltend, so dass ein Fall, in dem die Voraussetzungen der Vorschrift des § 312d Abs. 4 Nr. 3 Halbs. 2 BGB erfüllt sind, von vornherein nicht gegeben sein kann.
- 30
- 3. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der Klausel 3 zusteht (§ 1 UKlaG in Verbindung mit § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).
- 31
- a) Nach § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB hat der Schuldner im Falle des Rücktritts Wertersatz zu leisten, soweit der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist; jedoch bleibt die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung außer Betracht. Abweichend von § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Halbs. 2 BGB hat der Verbraucher im Fall der Ausübung eines Rückgaberechts gemäß § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB Wertersatz auch für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandene Verschlechterung zu leisten, wenn er spätestens bei Vertragsschluss in Textform auf diese Rechtsfolge und eine Möglichkeit hingewiesen worden ist, sie zu vermeiden. Dies gilt nicht, wenn die Verschlechterung ausschließlich auf die Prüfung der Sache zurückzuführen ist (§ 357 Abs. 3 Satz 2 BGB).
- 32
- Bei der Auslegung dieser Bestimmungen ist zu beachten, dass Art. 6 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (ABl. EG Nr. L 144 S. 19; im Folgenden: Richtlinie) einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der der Verkäufer vom Verbraucher für die Nutzung einer durch Vertragsabschluss im Fernabsatz gekauften Ware in dem Fall, dass der Verbraucher sein Widerrufsrecht fristgerecht ausübt, generell Wertersatz für die Nutzung der Ware verlangen kann. Art. 6 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 der Richtlinie stehen jedoch nicht einer Verpflichtung des Verbrauchers entgegen, für die Benutzung der Ware Wertersatz zu leisten, wenn er sie auf eine mit den Grundsätzen des bürgerlichen Rechts wie denen von Treu und Glauben oder der ungerechtfertigten Bereicherung unvereinbare Art und Weise benutzt hat, sofern die Zielsetzung der Richtlinie und insbesondere die Wirksamkeit und die Effektivität des Rechts auf Widerruf nicht beeinträchtigt werden (EuGH, Urteil vom 3. September 2009 - Rs. C-489/07, NJW 2009, 3015 - Messner/Krüger).
- 33
- b) Es kann hier offen bleiben, wie die Vorschrift des § 357 Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB unter Berücksichtigung der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 3. September 2009 (aaO) auszulegen ist (vgl. Lapp, jurisPR-ITR 19/2009 Anm. 2, unter D). Denn die Klausel 3 ist bereits deshalb unwirksam, weil sie den gesetzlichen Anforderungen an eine Belehrung gemäß § 356 Abs. 2, § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB - unabhängig von den sich nach der Entscheidung des Gerichtshofs (aaO) hinsichtlich der Auslegung der Vorschriften der §§ 312d, 355, 357, 346 BGB stellenden Fragen - nicht genügt. Die formularmäßige Verwendung dieser nicht den Anforderungen des Gesetzes entsprechenden Belehrung begründet die Gefahr der Irreführung der Verbraucher und stellt eine unangemessene Benachteiligung dar (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).
- 34
- Zwar erfordert das Gesetz keine umfassende, alle möglicherweise in Betracht kommenden Fallgestaltungen berücksichtigende Belehrung über die für den Fall der Ausübung des Rückgaberechts eintretenden Rechtsfolgen (§§ 346 ff. BGB). Die Belehrung muss aber einen Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 357 Abs. 1 und 3 BGB enthalten. Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut von § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV in der seit dem 8. Dezember 2004 geltenden Fassung (Art. 3 des Gesetzes zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträge bei Finanzdienstleistungen vom 2. Dezember 2004; BGBl. I S. 3102), der die Überschrift zu § 357 BGB wiederholt (vgl. BT-Drs. 15/2949, S. 26). Es folgt ferner aus der Entstehungsgeschichte von § 312 Abs. 2 BGB, weil diese Vorschrift geschaffen wurde, um einen Gleichlauf der Belehrungspflichten über die Rechtsfolgen bei Fernabsatzverträgen und Haustürgeschäften zu erreichen (vgl. BT-Drs. 14/7052, S. 190 f.).
- 35
- Wenn - wovon das Berufungsgericht ausgeht - die Erteilung eines den Voraussetzungen des § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB genügenden Hinweises bei Vertragsschlüssen über eBay von vornherein ausgeschlossen ist, weil der Vertrag zustande kommt, ohne dass der erforderliche Hinweis spätestens bei Vertragsschluss in Textform erteilt werden kann (str.; so auch OLG Stuttgart, ZGS 2008, 197, 200; KG, MMR 2008, 541, 543), ist die Klausel 3 unwirksam, weil sie keinen Hinweis darauf enthält, dass für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandene Verschlechterung kein Wertersatz zu leisten ist (vgl. Gestaltungshinweis 6 zu Anlage 3 BGB-InfoV).
- 36
- Selbst wenn aber - wie die Revision meint - die Beklagte einen den Voraussetzungen des § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB genügenden Hinweis in der erforderlichen Textform auch noch bis zum Erhalt der Ware erteilen könnte (§ 312c Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB; so OLG Hamburg, OLGR 2007, 657 f.), müsste die Klausel 3 jedenfalls darauf hinweisen, dass eine Wertersatzpflicht für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandene Verschlechterung nur unter dieser Voraussetzung besteht (§ 312c Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV). Auch das ist hier nicht der Fall.
- 37
- c) Ein Verbot der Klausel im abstrakten Kontrollverfahren ist - anders als die Revision meint - auch dann nicht ausgeschlossen, wenn die Beklagte die Möglichkeit hat, im Einzelfall oder auch generell einen Hinweis gemäß § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB gesondert zu erteilen und damit die Voraussetzungen für das Bestehen einer Wertersatzpflicht bei bestimmungsgemäßer Ingebrauchnahme (noch) zu schaffen (vgl. BGHZ 116, 1, 3). Eine solche etwaige gesonderte Hinweiserteilung ist ein Merkmal der konkreten Fallgestaltung, das nicht Bestandteil der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist und deshalb bei der vom Einzelfall losgelösten abstrakten Wirksamkeitsprüfung im Unterlassungsverfahren außer Betracht bleiben muss (BGHZ 116, 1, 5).
- 38
- d) Wie bereits ausgeführt, erstreckt sich die Unterlassungspflicht - unter der Voraussetzung, dass die Klausel nach den für den jeweiligen Vertrag geltenden gesetzlichen Regelungen unwirksam ist - auch auf diejenigen Fälle, in denen der beklagte Verwender die unwirksamen Klauseln bereits in vor dem Erlass des Urteils abgeschlossene, aber noch nicht abgewickelte Verträge eingeführt hat und sich nach Urteilserlass zur Durchsetzung seiner Rechte auf diese Klauseln berufen will. Das war hinsichtlich der Klausel 3 für die noch streitgegenständliche Zeit seit dem 1. Januar 2005 der Fall. Seit dem 1. Januar 2005 gelten die Vorschriften der §§ 357, 346 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (aaO) sowie § 10 Abs. 1 Nr. 10 der BGB-Informationspflichten-Verordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. August 2002 (aaO), jeweils mit den durch das Gesetz zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträge bei Finanzdienstleistungen vom 2. Dezember 2004 (aaO) vorgenommenen Änderungen.
- 39
- 4. Zu Recht geht das Berufungsgericht davon aus, dass dem Kläger wegen der Abmahnung ein Anspruch auf Aufwendungsersatz in der geltend gemachten und von der Revision nicht angegriffenen Höhe zusteht (§ 5 UKlaG, § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG). Der Anspruchsberechtigte kann die Kostenpauschale auch dann in voller Höhe verlangen, wenn die Abmahnung nur zum Teil berechtigt war (BGHZ 177, 253, Tz. 50 m.w.N.). Das ist hier der Fall.
III.
- 40
- Das Berufungsurteil kann danach mit der gegebenen Begründung keinen Bestand haben, soweit das Berufungsgericht die Berufung der Beklagten wegen der Klausel 2 zurückgewiesen hat. Es ist daher wie aus dem Tenor ersichtlich aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat entscheidet in der Sache selbst, weil keine weiteren Feststellungen zu treffen sind (§ 563 Abs. 3 ZPO). Wegen der Klausel 2 ist die Unterlassungsklage nach dem oben Ausgeführten abzuweisen. Im Übrigen ist die Revision zurückzuweisen. Ball Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Milger Dr. Hessel ist erkrankt und daher gehindert, zu unterschreiben. Ball Dr. Fetzer Dr. Bünger
LG München I, Entscheidung vom 24.01.2008 - 12 O 12049/07 -
OLG München, Entscheidung vom 26.06.2008 - 29 U 2250/08 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger bestellte am 26. Januar 2007 bei der Beklagten über deren Website einen Computer zum Gesamtpreis von 1.866,45 €. Nachdem der Kläger Vorkasse geleistet hatte, lieferte die Beklagte den Computer am 14. Februar 2007 an den Kläger aus. Die der Warensendung beigefügte Rechnung enthält unter der Überschrift "Widerrufsrecht" eine Widerrufsbelehrung, in der es unter anderem heißt: "Verbraucher können ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) oder durch Rücksendung der Sache widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung."
- 2
- Nachdem der Kläger Mängelrügen erhoben und den Computer mehrmals an die Beklagte zurückgesandt hatte, trat er am 18. Juli 2007 per E-Mail vom Vertrag zurück. Mit Anwaltsschreiben vom 30. Juli 2007 erklärte er hilfsweise den Widerruf des Vertrages.
- 3
- Mit seiner Klage begehrt der Kläger Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 1.866,45 € nebst Zinsen sowie Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 229,55 €. Das Amtsgericht hat der Klage zunächst durch Versäumnisurteil stattgegeben. Auf den Einspruch der Beklagten hat das Amtsgericht das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und das Versäumnisurteil des Amtsgerichts in Höhe von 1.866,45 € nebst Zinsen aufrechterhalten. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des die Klage vollständig abweisenden erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
- 5
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 6
- Der Kläger habe Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 1.866,45 €, da er seine auf Abschluss des Kaufvertrags gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen habe. Ihm stehe diesbezüglich ein Widerrufsrecht gemäß § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB zu, weil es sich um einen Fernabsatzvertrag im Sinne dieser Vorschrift handele.
- 7
- Der Widerruf sei nicht gemäß § 355 Abs. 1 Satz 2 BGB verfristet. Zwar habe der Kläger den Vertrag nicht innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt der Ware widerrufen. Dies sei jedoch unerheblich, da die Widerrufsfrist mangels ordnungsgemäßer Belehrung der Beklagten nicht zu laufen begonnen habe. Die von der Beklagten verwendete Klausel enthalte keinen ausreichenden Hinweis auf den nach § 355 Abs. 2 BGB maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist und trage damit nicht den gesetzlichen Anforderungen Rechnung, die an eine Belehrung gestellt würden. Die Belehrung sei nicht unmissverständlich und auch nicht umfassend. Der Verbraucher könne der Klausel wegen des verwendeten Worts "frühestens" zwar entnehmen, dass der Beginn des Fristlaufs noch von weiteren Voraussetzungen abhänge, werde jedoch darüber im Unklaren gelassen, um welche Voraussetzungen es sich dabei handele.
- 8
- Dass die Widerrufsbelehrung der Beklagten inhaltlich der damals geltenden , inzwischen mit Wirkung vom 1. April 2008 hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist geänderten Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV entspreche , führe zu keiner anderen Beurteilung. Denn die auf der Ermächtigung in Art. 245 EGBGB beruhende Verordnung alter Fassung halte sich nicht in den Grenzen der Verordnungsermächtigung und sei daher nichtig. Art. 245 EGBGB gestatte keine den Verbraucher benachteiligenden Abweichungen von den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Die Verordnung müsse daher den Grundanforderungen des § 355 Abs. 2 BGB genügen. Sie entspreche aber nicht diesen gesetzlichen Anforderungen.
II.
- 9
- Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Die Beklagte ist gemäß § 312d Abs. 1 Satz 1, § 355 Abs. 1 Satz 1, § 357 Abs. 1 Satz 1, § 346 Abs. 1 BGB verpflichtet, dem Kläger den gezahlten Kaufpreis für den Computer zurückzuzahlen, weil der Kläger seine auf Abschluss des Fernabsatzvertrags gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen hat. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen , dass der Kläger den Widerruf rechtzeitig erklärt hat, weil die Widerrufsfrist von zwei Wochen mangels ordnungsgemäßer Belehrung des Klägers über deren Beginn noch nicht zu laufen begonnen hatte.
- 10
- Im Revisionsverfahren ist nur noch im Streit, ob die dem Kläger mit der Rechnung erteilte Belehrung über das Widerrufsrecht den Lauf der Frist in Gang gesetzt hat. Das ist nicht der Fall.
- 11
- 1. Durch Art. 1 Nr. 7 - 13 des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie , des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2355; im Folgenden: VerbrKrRL-UG) sind die Bestimmungen der §§ 355 ff. BGB über das Widerrufs- und Rückgaberecht bei Verbraucherverträgen geändert worden. Diese Änderungen sind am 11. Juni 2010 - nach Erlass des Berufungsurteils - in Kraft getreten (Art. 11 Abs. 1 VerbrKrRL-UG). Darüber hinaus sind zu diesem Zeitpunkt § 14 BGB-InfoV und die in den Anlagen 2 und 3 zu § 14 BGB-InfoV geregelten Muster für die Belehrungen über das Widerrufs- und das Rückgaberecht aufgehoben worden (Art. 9 Nr. 4 VerbrKrRL-UG). Auf das vorliegende Vertragsverhältnis finden das Bürgerliche Gesetzbuch und die BGB-Informationspflichten-Verordnung jedoch noch in der bis zum 11. Juni 2010 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB). Gemäß § 16 BGB-InfoV ist für die Beurteilung der von der Beklagten am 14. Februar 2007 erteilten Widerrufsbelehrung das bis zum 31. März 2008 geltende Muster für die Belehrung über das Widerrufsrecht maßgebend.
- 12
- 2. Die Revision stellt nicht in Frage, dass diese Belehrung hinsichtlich des Beginns der Frist nach der Rechtsprechung des Senats unzureichend ist und deshalb den Lauf der Frist nicht gemäß § 355 Abs. 2 BGB in Gang setzen konnte. Der Senat hat bereits entschieden, dass die Formulierung "frühestens mit Erhalt dieser Belehrung" den Verbraucher über den nach § 355 Abs. 2 BGB maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist nicht richtig belehrt, weil sie nicht umfassend ist. Der Verbraucher kann der Verwendung des Wortes "frühestens" zwar entnehmen, dass der Beginn des Fristlaufs noch von weiteren Voraussetzungen abhängt, wird jedoch darüber im Unklaren gelassen, um welche Voraussetzungen es sich dabei handelt (Senatsurteil vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 219/08, NJW 2010, 989 Rn. 13, 15). Das gilt auch im vorliegenden Fall.
- 13
- 3. Die Revision meint aber, dass die Widerrufsfrist gleichwohl zu laufen begonnen habe, weil die Belehrung dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung entsprochen habe und sich die Beklagte deshalb auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV berufen könne. Das trifft nicht zu.
- 14
- Es kann dahingestellt bleiben, ob die Auffassung des Berufungsgerichts zutrifft, dass das in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV geregelte Muster für die Widerrufsbelehrung in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung vom 2. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3102) nichtig sei, weil die damalige Fassung der Musterbelehrung den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht entsprochen habe. Eine Berufung auf § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV und das Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung (BGBl I 2004 S. 3102) ist der Beklagten schon deshalb verwehrt, weil die Beklagte gegenüber dem Kläger für die Widerrufsbelehrung kein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der damaligen Fassung vollständig entspricht (vgl. Senatsurteil vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 219/08, aaO Rn. 20, zur Belehrung über das Rückgaberecht; BGH, Urteil vom 12. April 2007 - VII ZR 122/06, BGHZ 172, 58 Rn. 12).
- 15
- a) Nach § 14 Abs. 1 BGB-InfoV genügt die Belehrung den Anforderungen des § 355 Abs. 2 BGB, wenn das Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGBInfoV in Textform verwandt wird. Dafür reicht es nicht aus, dass die von der Beklagten verwendete Belehrung, wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat, hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist mit der entsprechenden Formulierung in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung des Musters für die Widerrufsbelehrung in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV wörtlich übereinstimmt. Auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV könnte sich die Beklagte nur berufen, wenn sie ein Formular verwendet hätte, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung vollständig entsprochen hätte (vgl. Senatsurteil vom 9. Dezember 2009 - VIII ZR 219/08, aaO; BGH, Urteil vom 12. April 2007 - VII ZR 122/06, aaO). Das hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und ist auch nicht der Fall. Auch die Revision macht dies nicht geltend. Sie meint nur, dass die Widerrufsbelehrung der Beklagten inhaltlich dem Muster in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgeblichen Fassung entsprochen habe und die Abweichungen in der äußeren Gestaltung der Widerrufsbelehrung vom Muster unerheblich seien. Das trifft nicht zu. Die Widerrufsbelehrung der Beklagten entspricht, wie der Senat durch einen Vergleich selbst feststellen kann, weder inhaltlich noch insbesondere in ihrer äußeren Gestaltung dem Muster in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung.
- 16
- b) Die Widerrufsbelehrung der Beklagten stimmt schon inhaltlich nicht vollständig mit dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV überein. Es fehlen die im Muster vorgeschriebene Überschrift "Widerrufsbelehrung" und die die Belehrung gliedernden Zwischenüberschriften "Widerrufsrecht", "Widerrufsfolgen" und "finanzierte Geschäfte". Stattdessen enthält die Widerrufsbelehrung der Beklagten nur die einzige Überschrift "Widerrufsrecht". Durch diese Überschrift wird verschleiert, dass der Verbraucher nicht nur ein Widerrufsrecht hat, sondern auch erhebliche Pflichten im Falle der Ausübung dieses Rechts. Die Belehrung wendet sich auch nicht, wie es das Muster vorsieht, konkret an den Adressaten der Belehrung ("Sie"), sondern ist abstrakt formuliert ("Verbraucher" ), ohne den Rechtsbegriff "Verbraucher" zu erläutern. Schließlich fehlt in der Belehrung über das Widerrufsrecht für finanzierte Geschäfte der zweite Satz des Gestaltungshinweises 9 der Musterbelehrung.
- 17
- Vor allem aber genügt die Widerrufsbelehrung der Beklagten in ihrer äußeren Gestaltung weder den gesetzlichen Anforderungen noch der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der für den Vertragsschluss maßgeblichen Fassung. Zwar darf die vom Unternehmer verwendete Widerrufsbelehrung in Format und Schriftgröße von dem Muster abweichen (§ 14 Abs. 3 BGB-InfoV). Dies ändert aber nichts daran, dass die Widerrufsbelehrung - auch bei Verwendung des Textes der Musterbelehrung - "deutlich gestaltet" sein muss (§ 355 Abs. 2 Satz 1 BGB). Diesem Deutlichkeitsgebot genügt die von der Beklagten erteilte Widerrufsbelehrung - anders als die Musterbelehrung - nicht annähernd.
- 18
- Durch das Fehlen der in der Musterbelehrung vorgeschriebenen Überschrift "Widerrufsbelehrung" wird für den Verbraucher schon nicht hinreichend deutlich, dass die kleingedruckten Ausführungen unter der Überschrift "Widerrufsrecht" eine für den Verbraucher wichtige Belehrung enthalten, und zwar nicht nur über sein Widerrufsrecht, sondern auch über die mit der Ausübung des Rechts verbundenen Pflichten.
- 19
- Darüber hinaus ist die Widerrufsbelehrung der Beklagten für einen durchschnittlichen Verbraucher nur mit großer Mühe lesbar, weil die Schrift extrem klein ist und jegliche Untergliederung des Textes fehlt. Es fehlen nicht nur die in der Musterbelehrung vorgeschriebenen Zwischenüberschriften, sondern auch jegliche Absätze. So wird insbesondere nicht deutlich, dass sich unter der Überschrift "Widerrufsrecht" auch Ausführungen zu den Widerrufsfolgen und zu finanzierten Geschäften verbergen und an welcher Textstelle die betreffenden Ausführungen beginnen und enden. Es kann deshalb keine Rede davon sein, dass die Widerrufsbelehrung insgesamt in einer der Musterbelehrung entsprechenden Weise deutlich gestaltet wäre; diese gilt insbesondere im Hinblick auf die Informationen über die für den Verbraucher nachteiligen Widerrufsfolgen.
- 20
- Damit weicht die Widerrufsbelehrung der Beklagten insbesondere in ihrer äußeren Gestaltung so erheblich von den gesetzlichen Anforderungen und dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung ab, dass nicht festgestellt werden kann, die Beklagte hätte ein Formular verwendet, das diesem Muster vollständig entspricht. Ball Dr. Frellesen Dr. Achilles Dr. Schneider Dr. Bünger
AG Gießen, Entscheidung vom 28.04.2009 - 43 C 1798/07 -
LG Gießen, Entscheidung vom 24.02.2010 - 1 S 202/09 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Klage wird bezüglich der Klausel "Das Rückgaberecht besteht entsprechend § 312d Abs. 4 BGB unter anderem nicht bei Verträgen - zur Lieferung von Waren die nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind oder die aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet sind oder schnell verderben können oder deren Verfallsdatum überschritten würde; - zur Lieferung von Audio- und Videoaufzeichnungen (u.a. auch CDs oder DVDs) oder von Software, sofern die gelieferten Datenträger vom Verbraucher entsiegelt worden sind oder - zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierten." abgewiesen. Die weitergehende Revision wird zurückgewiesen. Von den Kosten der Rechtsmittelinstanzen tragen der Kläger 1/3 und die Beklagte 2/3.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Der Kläger ist der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände. Er ist in die gemäß § 4 des Unterlassungsklagengesetzes (UKlaG) bei dem Bundesverwaltungsamt geführte Liste qualifizierter Einrichtungen eingetragen. Die Beklagte betreibt über die Internethandelsplattform eBay Handel unter anderem mit Heimtextilien, Kinder- und Babybekleidung sowie Babyausstattungen. Auf der bei eBay bestehenden Internetseite der Beklagten können durch Anklicken des unterstrichenen Worts "AGB" ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufgerufen und ausgedruckt werden. Darin heißt es unter anderem: "Die M. Versandhaus GmbH [Beklagte] (…) bietet Kunden ihr Sortiment unter anderem auch über den Online Marktplatz eBay zum Kauf an. Für die auf diesem Marktplatz begründeten Geschäftsbeziehungen zum Kunden gelten die nachstehenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). 4. Rückgaberecht und -folgen [im Folgenden im Original im Fettdruck hervorgehoben:] Verbrauchern steht nach den Vorschriften über Fernabsatzverträge in Bezug auf die gekauften Artikel ein Rückgaberecht nach Maßgabe der folgenden Belehrung zu: 4.1 Der Verbraucher kann die erhaltene Ware ohne Angabe von Gründen innerhalb eines Monats durch Rücksendung der Ware zurückgeben. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt der Ware und dieser Belehrung. Nur bei nicht paketversandfähiger Ware (...) kann die Rückgabe auch durch Rücknahmeverlangen in Textform, also z.B. per Brief, Fax oder eMail erklärt werden. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung der Ware oder des Rücknahmeverlangens. In jedem Fall erfolgt die Rücksendung auf Kosten und Gefahr der M. Versandhaus GmbH. (…) 4.3 Das Rückgaberecht besteht entsprechend § 312d Abs. 4 BGB unter anderem nicht bei Verträgen • zur Lieferung von Waren die nach Kundenspezifikation angefer- tigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind oder die aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet sind oder schnell verderben können oder deren Verfallsdatum überschritten würde; • zur Lieferung von Audio- und Videoaufzeichnungen (u.a. auch CDs oder DVDs) oder von Software, sofern die gelieferten Datenträger vom Verbraucher entsiegelt worden sind oder • zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierten. 4.4 Im Falle einer wirksamen Rückgabe sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und ggfs. gezogene Nutzungen (z.B. Gebrauchsvorteile) heraus zu geben. Bei einer Verschlechterung der Ware kann Wertersatz verlangt werden. Dies gilt nicht, wenn die Verschlechterung der Ware ausschließlich auf deren Prüfung - wie sie dem Verbraucher etwa im Ladengeschäft möglich gewesen wäre - zurückzuführen ist."
- 2
- Mit seiner Klage nimmt der Kläger die Beklagte auf Unterlassung der künftigen Verwendung der Bestimmungen Ziffer 4.1 Satz 2 (im Folgenden Klausel 1), Ziffer 4.3 (im Folgenden Klausel 2) und Ziffer 4.4 Sätze 2 und 3 (im Folgenden Klausel 3) in mit Verbrauchern über die Internethandelsplattform eBay zu schließenden Kaufverträgen sowie darauf in Anspruch, es zu unterlassen, sich bei der Abwicklung von nach dem 31. Dezember 2004 in dieser Form geschlossenen Kaufverträgen auf diese Bestimmungen zu berufen. Er verlangt ferner Aufwendungsersatz in Höhe von 200 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung für die von ihm mit Schreiben vom 17. Januar 2007 ausgesprochene, fruchtlos gebliebene Abmahnung.
- 3
- Das Landgericht hat der Klage zum überwiegenden Teil - hinsichtlich der Klauseln 2 und 3 und hinsichtlich des Zahlungsanspruchs - stattgegeben. Auf die Berufungen beider Parteien hat das Berufungsgericht das Urteil abgeändert und der Klage unter Ermäßigung der Zinsen auf 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz auch hinsichtlich der Klausel 1 stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger hat seinen Unterlassungsantrag bei der Abwicklung bestehender Verträge, der ursprünglich weitergehend auf die Zeit ab dem 1. April 1977 gerichtet war, im Revisionsverfahren hinsichtlich aller drei Klauseln auf die Zeit nach dem 31. Dezember 2004 beschränkt.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Revision hat nur teilweise Erfolg.
I.
- 5
- Das Berufungsgericht (OLG München, OLGR 2008, 609 ff.) hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
- 6
- Dem Kläger stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach § 1 UKlaG wegen der Klausel 1 zu. Die Klausel verstoße gegen das Transparenzgebot und sei deshalb unwirksam (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Sie stelle nur auf zwei Umstände für den Beginn des Fristlaufs ab, nämlich den Erhalt der Ware und den Erhalt "dieser Belehrung". Nach dem Gesetz sei der Beginn des Fristlaufs aber noch von weiteren Voraussetzungen abhängig. Das könne der Durchschnittsverbraucher der Klausel 1 zwar entnehmen, er werde aber im Unklaren darüber gelassen, welche Voraussetzungen dies seien. Es bestehe deshalb die Gefahr, dass er bei Nichterfüllung der betreffenden weiteren Voraus- setzungen die Frist irrig für bereits abgelaufen halte und von der Ausübung eines ihm an sich noch zustehenden Rückgaberechts absehe. Es könne dahinstehen , ob die Klausel 1 auch deshalb unwirksam sei, weil dem Verbraucher nicht hinreichend verdeutlicht werde, dass es für den Fristbeginn auf den Erhalt der Belehrung über das Rückgaberecht in Textform ankomme.
- 7
- Auch die Klausel 2 verstoße gegen das Transparenzgebot und sei deshalb unwirksam. Sie sei aufgrund der verwendeten Worte "entsprechend" und "unter anderem" dahin auszulegen, dass über die in der Klausel aufgeführten Ausschlussfälle hinaus ein Ausschluss des Rückgaberechts auch in weiteren nicht näher bestimmten Fällen vereinbart werde. Der Durchschnittsverbraucher werde die Vorschrift des § 312d Abs. 4 BGB in der Regel weder nachlesen, noch werde ihm ihr Inhalt bekannt sein. Selbst wenn dies der Fall sei, verblieben Zweifel, ob mit der Klausel nur die in § 312d Abs. 4 BGB wiedergegebenen Ausschlussfälle gemeint seien. Es bestehe die Gefahr der Benachteiligung des Verbrauchers, wenn die Beklagte ihm über die aufgeführten Fälle hinaus weitere entgegensetze, in denen kein Rückgaberecht bestehe.
- 8
- Ein Unterlassungsanspruch bestehe auch wegen der Klausel 3. Die Bestimmung sei dahin auszulegen, dass die Beklagte im Falle der Ausübung des Rückgaberechts Wertersatz auch für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der gekauften Sache eintretende Verschlechterung verlangen könne. In dieser Auslegung weiche die Klausel 3 von § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Halbs. 2 BGB ab und sei deshalb unwirksam. Die Sonderregelung des § 357 Abs. 3 BGB greife nicht ein. Den Voraussetzungen von § 357 Abs. 3 BGB werde bei von der Beklagten mit Verbrauchern über die Internethandelsplattform eBay zu schließenden Kaufverträgen nicht genügt, weil dabei der von § 357 Abs. 3 BGB vorausgesetzte Hinweis in Textform spätestens bei Vertragsschluss nicht möglich sei. Allein das Bereithalten von Informationen über eine Internetseite erfülle die Voraussetzungen der Textform nicht. Da der Vertragsschluss zwischen der Beklagten und dem Verbraucher nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay bereits dann zustande komme, wenn der Verbraucher die Festpreis-Funktion "Sofort-Kaufen" ausübe, könne bis zu einem Vertragschluss kein Hinweis in Textform erfolgen. Davon gehe auch die Beklagte aus.
- 9
- Wegen der Abmahnung stehe dem Kläger der geltend gemachte Anspruch auf Aufwendungsersatz nach § 5 UKlaG in Verbindung mit § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu.
II.
- 10
- Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.
- 11
- 1. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der Klausel 1 zusteht (§ 1 UKlaG in Verbindung mit § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die Rügen der Revision greifen dagegen nicht durch. Die Klausel 1 enthält keinen ausreichenden Hinweis auf den Beginn der Rückgabefrist und trägt damit nicht den gesetzlichen Anforderungen Rechnung, die an eine Belehrung gestellt werden (§ 312d Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2, § 356 Abs. 2, § 355 Abs. 2 BGB). Die formularmäßige Verwendung der nicht den Anforderungen des Gesetzes entsprechenden Belehrung begründet die Gefahr der Irreführung der Verbraucher und benachteiligt sie unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).
- 12
- a) Nach § 356 Abs. 2, § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB beginnt die Rückgabefrist mit dem Zeitpunkt, zu dem dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Beleh- rung über sein Rückgaberecht, die unter anderem einen Hinweis auf den Fristbeginn zu enthalten hat, in Textform mitgeteilt worden ist. Ziel dieser Vorschrift ist es, den regelmäßig rechtsunkundigen Verbraucher über den Beginn der Rückgabefrist eindeutig zu informieren, damit der Verbraucher über die sich daraus ergebende Berechnung ihres Ablaufs nicht im Unklaren ist. Der mit der Einräumung des befristeten Rückgaberechts beabsichtigte Schutz des Verbrauchers erfordert eine möglichst umfassende, unmissverständliche und aus dem Verständnis der Verbraucher eindeutige Belehrung (BGHZ 172, 58, Tz. 13; BGH, Urteil vom 10. März 2009 - XI ZR 33/08, WM 2009, 932, Tz. 14; jeweils m.w.N.).
- 13
- b) Diesen Anforderungen genügt die von der Beklagten verwendete Klausel 1 nicht. Sie belehrt den Verbraucher über den nach § 355 Abs. 2 BGB maßgeblichen Beginn der Widerrufsfrist nicht richtig.
- 14
- aa) Die Belehrung ist nicht unmissverständlich. Aus der Sicht eines unbefangenen durchschnittlichen Verbrauchers, auf den abzustellen ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 2009, aaO, Tz. 16), kann die Klausel 1 den Eindruck erwecken , die Belehrung sei bereits dann erfolgt, wenn er sie lediglich zur Kenntnis nimmt, ohne dass sie ihm entsprechend den gesetzlichen Anforderungen in Textform mitgeteilt worden ist (aA OLG Köln, OLGR 2007, 695, 699 f.). Ein in knapper Form möglicher Hinweis - beispielsweise durch die Worte "des Erhalts dieser Belehrung in Textform" (so nunmehr auch die insoweit geänderte Anlage 3 zu § 14 Abs. 2 und 3 BGB-InfoV [BGB-Informationspflichten-Verordnung in der Fassung der Dritten Verordnung zur Änderung der BGB-Informationspflichten -Verordnung vom 4. März 2008, BGBl. I S. 292; dazu Föhlisch, MMR 2008, 205 f.]) - verdeutlicht dem Verbraucher dagegen, dass die Widerrufsfrist erst und nur dann zu laufen beginnt, wenn ihm die Belehrung in einer bestimmten Form zugegangen ist. Der Schwierigkeit, dass der Verbraucher - wie die Revision meint - unter Umständen den Begriff der Textform nicht kennt, kann dadurch begegnet werden, dass der Begriff erklärend definiert wird, wie dies die Beklagte selbst in Ziffer 4.1 Satz 3 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen tut.
- 15
- bb) Die Belehrung ist ferner nicht möglichst umfassend. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Verbraucher der Klausel 1 wegen des verwendeten Worts "frühestens" zwar entnehmen kann, dass der Beginn des Fristlaufs noch von weiteren Voraussetzungen abhängt, jedoch darüber im Unklaren gelassen wird, um welche Voraussetzungen es sich dabei handelt.
- 16
- Zwar ist der Revision zuzugeben, dass die Formulierung einer möglichst umfassenden und trotzdem für den durchschnittlichen Verbraucher verständlichen und seine Auffassungsbereitschaft nicht überfordernden Belehrung bei einem Fernabsatzvertrag im elektronischen Geschäftsverkehr Schwierigkeiten bereitet. Es reicht für eine umfassende Belehrung aber nicht aus, nur zwei Voraussetzungen für den Fristlauf anzugeben, wenn es möglich ist, die gesetzlichen Voraussetzungen für den Beginn des Laufs der Rückgabefrist - wenn auch gegebenenfalls unter Verweis auf die Vorschriften der § 312c Abs. 2, § 312e Abs. 1 Satz 1 BGB - in kurzer Form anzugeben und dem Verbraucher dadurch zu verdeutlichen, woraus sich die weiteren Voraussetzungen für den Fristlauf ergeben (aA OLG Köln, aaO). Davon geht, wie die insoweit geänderte Anlage 3 zu § 14 Abs. 2 und 3 BGB-InfoV zeigt (vgl. Gestaltungshinweis 2 Satz 2 zur Anlage 3 der BGB-Informationspflichten-Verordnung, aaO), nunmehr auch der Verordnungsgeber aus.
- 17
- c) Die formularmäßige Verwendung der nicht den Anforderungen des Gesetzes entsprechenden Belehrung begründet die Gefahr der Irreführung der Verbraucher und benachteiligt sie unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).
- 18
- d) Zutreffend geht das Berufungsgericht schließlich davon aus, dass eine gemäß § 1 UKlaG bestehende Unterlassungspflicht auch auf diejenigen Fälle erstreckt werden kann, in denen der beklagte Verwender die unwirksamen Klauseln bereits in vor dem Erlass des Urteils abgeschlossene, aber noch nicht abgewickelte Verträge eingeführt hat und sich nach Urteilserlass zur Durchsetzung seiner Rechte auf diese Klauseln berufen will (Senatsurteil vom 11. Februar 1981 - VIII ZR 335/79, NJW 1981, 1511, unter II 2 c, III; BGHZ 127, 35, 37; Senatsurteil vom 21. September 2005 - VIII ZR 284/04, WM 2005, 2250, unter II). Eine Pflicht, sich bei der Abwicklung bestehender Verträge nicht auf eine bestimmte Klausel zu berufen, besteht allerdings nur dann, wenn die Klausel nach den für den jeweiligen Vertrag geltenden gesetzlichen Regelungen unwirksam ist (vgl. BGH, Urteil vom 23. Januar 2003 - III ZR 54/02, NJW 2003, 1237, unter I 2).
- 19
- Das war indes hinsichtlich der Klausel 1 für die noch streitgegenständliche Zeit seit dem 1. Januar 2005 der Fall. Seit dem 1. Januar 2005 gelten die Vorschriften der §§ 312c, 355, 356 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) mit den durch das Gesetz zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträge bei Finanzdienstleistungen vom 2. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3102) vorgenommenen Änderungen, sowie § 14 Abs. 2 der BGB-InformationspflichtenVerordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. August 2002 (BGBl. I S. 3002).
- 20
- Zwar war eine der Klausel 1 entsprechende Regelung bis zum Inkrafttreten der Dritten Verordnung zur Änderung der BGB-InformationspflichtenVerordnung vom 4. März 2008 (aaO) am 1. April 2008 wortgleich in dem Muster für die Rückgabebelehrung (Anlage 3 zu § 14 Abs. 2 BGB-InfoV) enthalten. Das führt aber für den Zeitraum vor dem 1. April 2008 nicht zur Wirksamkeit der Klausel 1 (§ 14 Abs. 2 BGB-InfoV), weil die Beklagte - wie das Berufungsgericht von der Revision unangegriffen festgestellt hat - kein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 3 zur BGB-Informationspflichten-Verordnung in der vor dem 1. April 2008 geltenden Fassung vollständig entsprach (vgl. BGHZ 172, 58, Tz. 12). Sie kann deshalb aus § 14 Abs. 2 BGB-InfoV keine ihr günstigen Rechtswirkungen herleiten.
- 21
- 2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der Klausel 2 hingegen nicht zu. Die Klausel 2 genügt - auch unter Berücksichtigung der Änderung von § 312d Abs. 4 Nr. 3 BGB durch das Gesetz zur Bekämpfung unlauterer Telefonwerbung und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2413) - den gesetzlichen Anforderungen an eine möglichst umfassende, unmissverständliche und aus dem Verständnis der Verbraucher eindeutige Belehrung (§ 312d Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2, § 356 Abs. 2, § 355 Abs. 2 BGB).
- 22
- a) Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Beklagte nicht verpflichtet , für jeden angebotenen Artikel gesondert anzugeben, ob dem Verbraucher insoweit ein Rückgaberecht zusteht, und folglich für Fernabsatzverträge im elektronischen Geschäftsverkehr verschiedene Versionen ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu verwenden. Eine solche Pflicht lässt sich aus dem sich aus § 355 Abs. 2 BGB ergebenden Erfordernis einer möglichst umfassenden , unmissverständlichen und aus dem Verständnis der Verbraucher eindeutigen Belehrung nicht ableiten.
- 23
- aa) Zwar weist der Kläger zu Recht darauf hin, dass die Belehrung grundsätzlich keine anderen Erklärungen enthalten darf, um die vom Gesetz bezweckte Verdeutlichung (§ 355 Abs. 2 Satz 1 BGB) des Rechts zum Widerruf beziehungsweise der Rückgabe nicht zu beeinträchtigen (BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, NJW 2002, 3396, unter II 3 a). So liegt es hier aber schon deshalb nicht, weil die Belehrung Angaben über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rückgaberechts enthalten muss (§ 312c Abs. 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV), so dass die Angaben über die Ausschlusstatbestände einen Teil der Belehrung bilden (vgl. auch MünchKomm BGB/Wendehorst, 5. Aufl., § 312c Rdnr. 40).
- 24
- bb) Eine Belehrung, die dem Verbraucher die Beurteilung überlässt, ob die von ihm erworbene Ware unter einen Ausschlusstatbestand fällt, ist auch nicht missverständlich. Es trifft zwar zu, dass über die Auslegung der Ausschlusstatbestände Zweifel bestehen (vgl. Senatsurteil vom 18. März 2009 - VIII ZR 149/08, ZGS 2009, 277, Tz. 9 ff.). Diese Auslegungszweifel werden aber nicht dadurch beseitigt, dass die Beklagte bei - ihrer Meinung nach - den Ausschlusstatbeständen unterfallenden Fernabsatzverträgen lediglich darüber belehrt, dass ein Rückgaberecht nicht bestehe. Der Verbraucher erhielte in diesem Fall deutlich weniger Informationen, als wenn er über den gesetzlichen Wortlaut der Ausschlusstatbestände informiert wird. Dies ermöglicht dem Verbraucher vielmehr, sich eine abweichende Meinung zu bilden und auf eine Klärung hinzuwirken.
- 25
- b) Die Beklagte ist nicht verpflichtet, sämtliche in § 312d Abs. 4 BGB enthaltenen Ausschlusstatbestände in der Klausel 2 aufzuführen. Die Revision weist hinsichtlich der nicht in der Klausel 2 enthaltenen Ausschlusstatbestände zu Recht darauf hin, dass sie von vornherein in dem Geschäftsbetrieb der Beklagten nicht relevant werden können und deshalb aus Gründen der Klarheit und Übersichtlichkeit nicht in die Belehrung aufgenommen wurden. Dagegen ist nichts einzuwenden. Im Gegenteil bestünde bei einer Aufnahme des Ausschlusstatbestandes des § 312d Abs. 4 Nr. 5 BGB die Gefahr, dass der durchschnittliche Verbraucher - weil ihm nicht bekannt ist, dass die auf der Internethandelsplattfom eBay veranstalteten Online-Auktionen keine Versteigerungen im Sinn des § 156 BGB darstellen (Senatsurteil vom 3. November 2004 - VIII ZR 375/03, WM 2004, 2457, unter II 2) - fälschlich davon ausgeht, dass ein Rückgaberecht bei Online-Auktionen generell nicht besteht. Die vollständige Aufnahme der von vornherein nicht relevanten Ausschlusstatbestände mit dem erläuternden Zusatz, dass sich die Ausnahme der Nummer 5 nicht auf OnlineAuktionen bezieht, würde die Belehrung dagegen unnötig kompliziert gestalten (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 2002, aaO).
- 26
- c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts erweckt die Klausel 2 aus der Sicht eines unbefangenen durchschnittlichen Kunden, auf den abzustellen ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. März 2009, aaO, Tz. 16), nicht den Eindruck, dass über die in der Klausel aufgeführten drei Ausschlusstatbestände hinaus ein Ausschluss des Rückgaberechts auch für weitere Fälle vereinbart wird, die nicht näher bestimmt sind und die von der Beklagten im Einzelfall geltend gemacht werden könnten. Der Senat kann die Auslegung der Klausel 2 unbe- schränkt nachprüfen, weil sie bundesweit Verwendung findet (st. Rspr., Senatsurteil vom 18. Juli 2007 - VIII ZR 227/06, WM 2007, 2078, Tz. 20).
- 27
- Das in der Klausel 2 enthaltene Wort "entsprechend" verweist im Sinne einer Bezugnahme auf die gesetzliche Regelung, die - in der bis zum 3. August 2009 geltenden Fassung - wörtlich wiedergegeben wird. Auf die den Worten "gemäß" und "entsprechend" in der juristischen Fachsprache beigelegten Bedeutungsabstufungen kommt es dabei nicht an. Vielmehr ist die Bedeutung maßgeblich, die dem Wort "entsprechend" nach dem allgemeinen Sprachgebrauch zukommt (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juni 1983 - IVa ZR 31/82, NJW 1983, 2638, unter 1). Danach wird das Wort "entsprechend" synonym mit "gemäß" verwendet. Aus den verwendeten Worten "unter anderem" kann der Verbraucher ableiten, dass in der Vorschrift des § 312d Abs. 4 BGB weitere Ausschlusstatbestände genannt sind. Der Klausel 2 lässt sich deshalb nur entnehmen , dass die in der Vorschrift des § 312d Abs. 4 BGB angegebenen Ausschlusstatbestände gelten sollen, nicht aber, dass die Beklagte sich auf weitere, dort nicht genannte Fälle soll berufen dürfen.
- 28
- Die Gefahr, dass die Beklagte dem Verbraucher unter Berufung auf die Klausel 2 missbräuchlich weitere Ausschlusstatbestände entgegenhält, mag zwar nicht auszuschließen sein. Dabei handelt es sich aber um die generell bestehende Gefahr, dass der Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer wirksamen Klausel missbräuchlich eine Bedeutung beilegt, die sie in Wirklichkeit nicht besitzt. Dagegen bietet das Unterlassungsklageverfahren keinen Schutz.
- 29
- d) Etwas anderes gilt schließlich auch nicht, soweit § 312d Abs. 4 Nr. 3 BGB durch das Gesetz zur Bekämpfung unlauterer Telefonwerbung und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen vom 29. Juli 2009 (aaO) mit Wirkung vom 4. August 2009 geändert worden ist (aaO). Nach § 312d Abs. 4 Nr. 3 BGB nF, an dem der in die Zukunft gerichtete Unterlassungsanspruch zu messen ist (vgl. BGHZ 160, 393, 395 m.w.N.), besteht ein Widerrufsrecht nicht bei Fernabsatzverträgen zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierten, es sei denn, dass der Verbraucher seine Vertragserklärung telefonisch abgegeben hat. Der Umstand, dass die Klausel 2 wegen der zwischenzeitlich erfolgten Gesetzesänderung die nunmehr in § 312d Abs. 4 Nr. 3 BGB enthaltene, die telefonische Abgabe der Vertragserklärung betreffende Gegenausnahme nicht aufführt, ist vorliegend allerdings unschädlich. Der Kläger macht Unterlassungsansprüche nur wegen mit Verbrauchern über die Internethandelsplattform eBay zu schließende Kaufverträge geltend, so dass ein Fall, in dem die Voraussetzungen der Vorschrift des § 312d Abs. 4 Nr. 3 Halbs. 2 BGB erfüllt sind, von vornherein nicht gegeben sein kann.
- 30
- 3. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der Klausel 3 zusteht (§ 1 UKlaG in Verbindung mit § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).
- 31
- a) Nach § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB hat der Schuldner im Falle des Rücktritts Wertersatz zu leisten, soweit der empfangene Gegenstand sich verschlechtert hat oder untergegangen ist; jedoch bleibt die durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme entstandene Verschlechterung außer Betracht. Abweichend von § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Halbs. 2 BGB hat der Verbraucher im Fall der Ausübung eines Rückgaberechts gemäß § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB Wertersatz auch für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandene Verschlechterung zu leisten, wenn er spätestens bei Vertragsschluss in Textform auf diese Rechtsfolge und eine Möglichkeit hingewiesen worden ist, sie zu vermeiden. Dies gilt nicht, wenn die Verschlechterung ausschließlich auf die Prüfung der Sache zurückzuführen ist (§ 357 Abs. 3 Satz 2 BGB).
- 32
- Bei der Auslegung dieser Bestimmungen ist zu beachten, dass Art. 6 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (ABl. EG Nr. L 144 S. 19; im Folgenden: Richtlinie) einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der der Verkäufer vom Verbraucher für die Nutzung einer durch Vertragsabschluss im Fernabsatz gekauften Ware in dem Fall, dass der Verbraucher sein Widerrufsrecht fristgerecht ausübt, generell Wertersatz für die Nutzung der Ware verlangen kann. Art. 6 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 der Richtlinie stehen jedoch nicht einer Verpflichtung des Verbrauchers entgegen, für die Benutzung der Ware Wertersatz zu leisten, wenn er sie auf eine mit den Grundsätzen des bürgerlichen Rechts wie denen von Treu und Glauben oder der ungerechtfertigten Bereicherung unvereinbare Art und Weise benutzt hat, sofern die Zielsetzung der Richtlinie und insbesondere die Wirksamkeit und die Effektivität des Rechts auf Widerruf nicht beeinträchtigt werden (EuGH, Urteil vom 3. September 2009 - Rs. C-489/07, NJW 2009, 3015 - Messner/Krüger).
- 33
- b) Es kann hier offen bleiben, wie die Vorschrift des § 357 Abs. 3 Satz 1 und 2 BGB unter Berücksichtigung der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 3. September 2009 (aaO) auszulegen ist (vgl. Lapp, jurisPR-ITR 19/2009 Anm. 2, unter D). Denn die Klausel 3 ist bereits deshalb unwirksam, weil sie den gesetzlichen Anforderungen an eine Belehrung gemäß § 356 Abs. 2, § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB - unabhängig von den sich nach der Entscheidung des Gerichtshofs (aaO) hinsichtlich der Auslegung der Vorschriften der §§ 312d, 355, 357, 346 BGB stellenden Fragen - nicht genügt. Die formularmäßige Verwendung dieser nicht den Anforderungen des Gesetzes entsprechenden Belehrung begründet die Gefahr der Irreführung der Verbraucher und stellt eine unangemessene Benachteiligung dar (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).
- 34
- Zwar erfordert das Gesetz keine umfassende, alle möglicherweise in Betracht kommenden Fallgestaltungen berücksichtigende Belehrung über die für den Fall der Ausübung des Rückgaberechts eintretenden Rechtsfolgen (§§ 346 ff. BGB). Die Belehrung muss aber einen Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 357 Abs. 1 und 3 BGB enthalten. Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut von § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV in der seit dem 8. Dezember 2004 geltenden Fassung (Art. 3 des Gesetzes zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträge bei Finanzdienstleistungen vom 2. Dezember 2004; BGBl. I S. 3102), der die Überschrift zu § 357 BGB wiederholt (vgl. BT-Drs. 15/2949, S. 26). Es folgt ferner aus der Entstehungsgeschichte von § 312 Abs. 2 BGB, weil diese Vorschrift geschaffen wurde, um einen Gleichlauf der Belehrungspflichten über die Rechtsfolgen bei Fernabsatzverträgen und Haustürgeschäften zu erreichen (vgl. BT-Drs. 14/7052, S. 190 f.).
- 35
- Wenn - wovon das Berufungsgericht ausgeht - die Erteilung eines den Voraussetzungen des § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB genügenden Hinweises bei Vertragsschlüssen über eBay von vornherein ausgeschlossen ist, weil der Vertrag zustande kommt, ohne dass der erforderliche Hinweis spätestens bei Vertragsschluss in Textform erteilt werden kann (str.; so auch OLG Stuttgart, ZGS 2008, 197, 200; KG, MMR 2008, 541, 543), ist die Klausel 3 unwirksam, weil sie keinen Hinweis darauf enthält, dass für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandene Verschlechterung kein Wertersatz zu leisten ist (vgl. Gestaltungshinweis 6 zu Anlage 3 BGB-InfoV).
- 36
- Selbst wenn aber - wie die Revision meint - die Beklagte einen den Voraussetzungen des § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB genügenden Hinweis in der erforderlichen Textform auch noch bis zum Erhalt der Ware erteilen könnte (§ 312c Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB; so OLG Hamburg, OLGR 2007, 657 f.), müsste die Klausel 3 jedenfalls darauf hinweisen, dass eine Wertersatzpflicht für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandene Verschlechterung nur unter dieser Voraussetzung besteht (§ 312c Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoV). Auch das ist hier nicht der Fall.
- 37
- c) Ein Verbot der Klausel im abstrakten Kontrollverfahren ist - anders als die Revision meint - auch dann nicht ausgeschlossen, wenn die Beklagte die Möglichkeit hat, im Einzelfall oder auch generell einen Hinweis gemäß § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB gesondert zu erteilen und damit die Voraussetzungen für das Bestehen einer Wertersatzpflicht bei bestimmungsgemäßer Ingebrauchnahme (noch) zu schaffen (vgl. BGHZ 116, 1, 3). Eine solche etwaige gesonderte Hinweiserteilung ist ein Merkmal der konkreten Fallgestaltung, das nicht Bestandteil der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist und deshalb bei der vom Einzelfall losgelösten abstrakten Wirksamkeitsprüfung im Unterlassungsverfahren außer Betracht bleiben muss (BGHZ 116, 1, 5).
- 38
- d) Wie bereits ausgeführt, erstreckt sich die Unterlassungspflicht - unter der Voraussetzung, dass die Klausel nach den für den jeweiligen Vertrag geltenden gesetzlichen Regelungen unwirksam ist - auch auf diejenigen Fälle, in denen der beklagte Verwender die unwirksamen Klauseln bereits in vor dem Erlass des Urteils abgeschlossene, aber noch nicht abgewickelte Verträge eingeführt hat und sich nach Urteilserlass zur Durchsetzung seiner Rechte auf diese Klauseln berufen will. Das war hinsichtlich der Klausel 3 für die noch streitgegenständliche Zeit seit dem 1. Januar 2005 der Fall. Seit dem 1. Januar 2005 gelten die Vorschriften der §§ 357, 346 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (aaO) sowie § 10 Abs. 1 Nr. 10 der BGB-Informationspflichten-Verordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. August 2002 (aaO), jeweils mit den durch das Gesetz zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträge bei Finanzdienstleistungen vom 2. Dezember 2004 (aaO) vorgenommenen Änderungen.
- 39
- 4. Zu Recht geht das Berufungsgericht davon aus, dass dem Kläger wegen der Abmahnung ein Anspruch auf Aufwendungsersatz in der geltend gemachten und von der Revision nicht angegriffenen Höhe zusteht (§ 5 UKlaG, § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG). Der Anspruchsberechtigte kann die Kostenpauschale auch dann in voller Höhe verlangen, wenn die Abmahnung nur zum Teil berechtigt war (BGHZ 177, 253, Tz. 50 m.w.N.). Das ist hier der Fall.
III.
- 40
- Das Berufungsurteil kann danach mit der gegebenen Begründung keinen Bestand haben, soweit das Berufungsgericht die Berufung der Beklagten wegen der Klausel 2 zurückgewiesen hat. Es ist daher wie aus dem Tenor ersichtlich aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat entscheidet in der Sache selbst, weil keine weiteren Feststellungen zu treffen sind (§ 563 Abs. 3 ZPO). Wegen der Klausel 2 ist die Unterlassungsklage nach dem oben Ausgeführten abzuweisen. Im Übrigen ist die Revision zurückzuweisen. Ball Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Milger Dr. Hessel ist erkrankt und daher gehindert, zu unterschreiben. Ball Dr. Fetzer Dr. Bünger
LG München I, Entscheidung vom 24.01.2008 - 12 O 12049/07 -
OLG München, Entscheidung vom 26.06.2008 - 29 U 2250/08 -
Tenor
Es wird festgestellt, dass der Darlehensvertrag vom 30.07.2007 über einen Nettokredit in Höhe von 100.000,00 € mit der Darlehens-Nr. 6 200 125 810 durch den Widerruf des Klägers vom 22.08.2013 beendet worden ist.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.358,69 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.05.2014 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtstreits tragen der Kläger zu 2/3 und die Beklagten zu 1/3.
Das Urteil ist für die Parteien in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
T a t b e s t a n d :
3Die Parteien schlossen am 30.07.2007 einen Darlehensvertrag (Nr. 6 200 125 810) über eine Gesamtsumme in Höhe von 100.000,00 €. Der Kläger verwendete das Geld zur Zahlung des Kaufpreises des von ihm bewohnten Grundbesitzes. Hierzu hatte er unter dem 19.07.2007 einen notariellen Kaufvertrag geschlossen (UR-Nr. 1586/2007S), der den Kaufpreis zum 31.07.2007 fällig stellte. Zur Sicherung des Darlehens wurde eine erstrangige Buchgrundschuld in Höhe von 100.000,00 € im Grundbuch von Ratingen, Blatt X, Flur X, Flurstück X bestellt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Darlehensvertrages wird auf Anlage K 5 verwiesen.
4Im Zusammenhang mit dem Darlehensvertrag unterzeichnete der Kläger eine ihm ebenfalls ausgehändigte Widerrufsbelehrung. In der verwendeten Widerrufsbelehrung heißt es:
5„Widerrufsbelehrung zu 1 Darlehen Nr. 6 200 125 810
6Widerrufsrecht
7Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen2
8ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an:
9(Name, Firma und ladungsfähige Anschrift des Kreditinstituts, ggf. Fax-Nr., E-Mail-Adresse und/oder, wenn der Verbraucher eine Bestätigung seiner Widerrufserklärung erhält, auch eine Internet –Adresse).
10X
11[…]
12Unterhalb der Unterschrift des Klägers befinden sich folgende Fußnotentexte:
13„ 1 Bezeichnung des konkret betroffenen Geschäfts, z.B. Darlehensvertrag vom ….
142 Bitte Frist im Einzelfall prüfen.“
15Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf Anlage K 5 Bezug genommen.
16In der Folgezeit zahlte der Kläger die vereinbarten monatlichen Zins- und Tilgungsraten in Höhe von jeweils 529,17 €. Im Januar 2009 stellte er seine diesbezügliche erteilte Einzugsermächtigung auf eine andere Kontoverbindung um.
17Mit Schreiben vom 22.08.2013 erklärte der Kläger den Widerruf des Darlehensvertrages (Anlage K4). Mit Schreiben vom 09.09.2013 teilte er der Beklagten mit, die weiteren Darlehensraten unter Vorbehalt zu zahlen und bot an, „den aktuellen Darlehenssaldo zu zahlen“, Anlage K5.
18Der Kläger ist der Auffassung, die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung verstoße durch die Verwendung des Begriffs „frühestens“ gegen das Deutlichkeitsgebot. Da die Belehrung nicht der Musterwiderrufsbelehrung der Anlage 2 des § 14 BGB-InfoV entspreche, könne sich die Beklagte auch nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen, weshalb eine inhaltliche Überprüfung der Belehrung vorzunehmen sei. Vorliegend verstoße die Belehrung - nicht nur marginal - gegen die Vorgaben der Musterbelehrung, und dies insbesondere im Hinblick auf die von der Beklagten abweichend eingefügten zwei Fußnoten. Die zweite Fußnote mit dem Inhalt „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“ führe zur Irritationen auf Seiten des Darlehensnehmers. Des Weiteren weise die Belehrung einen erheblichen Fehler im Bereich der Belehrung zu den „finanzierten Geschäften“ auf, weil vorliegend zum Einen kein finanziertes Geschäft gegeben sei, zum Anderen kumulative Belehrungen im zweiten Satz des ersten Absatzes verbundene Geschäfte beträfen und damit der Darlehensnehmer sich aussuchen könne, auf welche Vertragsart sich diese Belehrung beziehen solle.
19Der Kläger behauptet weiter, ausweislich der handschriftlichen Berechnungen seines Prozessvertreters (Anlage 1) belaufe sich der aktuelle Darlehenssaldo auf 87.460,06 € abzüglich seiner weiterhin gezahlten monatlichen Darlehensraten in Höhe von 529,17 €. Er müsse an die Beklagte jedenfalls keinen höheren Betrag als 86.822,19 € zahlen.
20Der Kläger hat ursprünglich angekündigt zu beantragen,
211.
22festzustellen, dass der Darlehensvertrag vom 30.07.2007 über einen Nettokredit in Höhe von 100.00,00 € mit der Darlehens-Nr. 6 200 125 810 durch seinen Widerruf vom 22.08.2013 zum 22.08.2013 beendet worden ist;
232.
24festzustellen, dass er der Beklagten aus dem Kreditvertrag Nr. 6 200 125 810 zum 30.03.2014 die fällige Restvaluta in Höhe von 87.460,06 € schuldet;
253.
26festzustellen, dass die Beklagte sich mit der Annahme der Restvaluta gemäß Klageantrag zu Ziffer 2 im Annahmeverzug befindet;
274.
28die Beklagte zu verurteilen, ihre Zustimmung zur Löschung der im Grundbuch von Ratingen, Blatt 4276 Abt. 3 zu ihren Gunsten eingetragene Grundschuld im Nennwert von 100.000,00 € zu erteilen;
295.
30die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.348,94 € nebst gesetzlichem Verzugszins ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
31Mit Schriftsatz vom 25.09.2014 hat er seine Klage in Bezug auf den Klageantrag zu Ziffer 2 geändert und um den Hilfsantrag zu Ziffer 2b ergänzt. Mit Schriftsatz vom 15.01.2015 hat er den Klageantrag zu Ziffer 2 um einen weiteren Hilfsantrag (Ziffer 2a) ergänzt.
32Er beantragt daher nunmehr,
331.
34festzustellen, dass der Darlehensvertrag vom 30.07.2007 über einen Nettokredit in Höhe von 100.00,00 € mit der Darlehens-Nr. 6 200 125 810 durch seinen Widerruf vom 22.08.2013 zum 22.08.2013 beendet worden ist;
352.
36festzustellen, dass er der Beklagten aus dem Kreditvertrag Nr. 6 200 125 810 zum 30.03.2014 die fällige Restvaluta in Höhe von 87.460,06 € abzüglich ab dem 01.04.2014 monatlich gezahlter 529,17 € schuldet;
37hilfsweise,
38a)
39festzustellen, dass er der Beklagten aus dem Kreditvertrag Nr. 6 200 125 810 zum 30.03.2014 nicht mehr als 86.822,19 € abzüglich ab dem 01.04.2014 monatlich gezahlter 529,17 € schuldet;
40hilfsweise,
41b)
42festzustellen, dass er der Beklagten aus dem Darlehensvertrag Nummer 6 200 125 810 nur die nach Abzug sämtlicher Zahlungen des Klägers an die Beklagte zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit Zahlung der einzelnen Raten, die verbleibende Nettodarlehenssumme nebst Wertersatz in Form banküblicher Verzinsung der Nettodarlehenssumme schulde;
433.
44festzustellen, dass die Beklagte sich mit der Annahme der Restvaluta gemäß Klageantrag zu Ziffer 2 im Annahmeverzug befindet;
454.
46die Beklagte zu verurteilen, ihre Zustimmung zur Löschung der im Grundbuch von Ratingen, Blatt 4276 Abt. 3 zu ihren Gunsten eingetragene Grundschuld im Nennwert von 100.000,00 € zu erteilen;
475.
48die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.348,94 € nebst gesetzlichem Verzugszins ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
49Die Beklagte beantragt,
50die Klage abzuweisen.
51Sie ist der Auffassung, der Widerruf sei verfristet, jedenfalls aber rechtsmissbräuchlich erfolgt bzw. verwirkt. Die streitgegenständliche Belehrung entspreche der Musterbelehrung sowohl inhaltlich als auch im Hinblick auf ihre Form. Sie sei lediglich – und zwar allein, um die Verständlichkeit aus Sicht des maßgeblichen „Durchschnittskunden“ zu erhöhen – sprachlich geringfügig umformuliert worden. Diese Modifikationen würden sich aber allein auf den Zusatz für verbundene Geschäfte beziehen, dieser Zusatz sei vorliegend jedoch nicht einmal erforderlich, da es sich nicht um ein verbundenes Geschäft handele. Die verwendete Hochzahl sei lediglich ein Bearbeitungshinweis und habe keine Auswirkung auf den Inhalt oder die Form der Belehrung.
52Die Widerrufserklärung des Klägers sei zudem rechtsmissbräuchlich. Sie behauptet, da dieser bereits den notariellen Kaufvertrag unterzeichnet gehabt und sich gezwungen gesehen habe, bis zum 31.08.2007 eine Finanzierung des Kaufpreises zu erhalten, hätte er den Darlehensvertrag vom 30.08.2007 auch bei einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung nicht widerrufen. Der Kläger habe sich die Widerrufsbelehrung nicht einmal durchgelesen. Mangels Kenntnisnahme des Inhaltes, könnten Abweichungen von der Musterwiderrufsbelehrung ihn erst recht nicht verwirrt haben.
53Der Kläger habe kein schutzwürdiges Interesse geltend gemacht, das einen Widerruf rechtfertige. Ihm gehe es allein darum, von dem gesunkenen Zinsniveau zu profitieren. Zweck eines Widerrufs sei es jedoch, nach einer übereilten Entscheidung die Möglichkeit zu haben, diese zu überdenken und im Anschluss zu widerrufen. Der Kläger, der vorgetragen habe, verwirrt und abgelenkt gewesen zu sein, habe bereits in der Besprechung die Möglichkeit gehabt, Nachfragen zu stellen. Stattdessen habe er die nachfolgenden Raten gezahlte und selbst im Januar 2009 nach Umstellung der Einzugsermächtigung vorbehaltlos weitergezahlt, weshalb sie von einem Fortbestand des Vertrages habe ausgehen dürfen. Sie habe nach sechs Jahren seit Abschluss des Vertrages nicht mehr mit einem Widerruf rechnen müssen. Ein Widerrufsrecht sei daher, ihrer Auffassung nach, verwirkt gewesen. Wegen des weiteren diesbezüglichen Vorbringens der Beklagten wird auf die Klageerwiderung vom 19.08.2014, Bl. 18 ff. GA Bezug genommen.
54Sie behauptet weiter, die handschriftliche Berechnung der Restdarlehensvaluta sei nicht nachvollziehbar. Auch sei nach Auffassung der Beklagten bei der Berechnung der vertraglich vereinbarte Zinssatz zu berücksichtigen, da dieser als marktüblich gelte. Soweit der Kläger Nutzungsersatz geltend mache, betreffe dies allein den gezahlten Zinsanteil und nicht die Tilgungsraten. Auch sei bei einem Immobiliendarlehen lediglich ein Zinssatz von 2,5 Prozentpunkten anzusetzen.
55Ferner befinde sie sich nicht im Annahmeverzug, weil ihr die Restdarlehensvaluta einschließlich Zinsen bisher nicht angeboten worden sei.
56Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitig zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf die im Folgenden getroffenen tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen.
57E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
58Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
59I.
60Der Feststellungsantrag zu Ziffer 1 ist gemäß § 256 ZPO zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Die Widerrufserklärung des Klägers vom 22.08.2013 ist wirksam, da dem Kläger gemäß §§ 495, 355 Abs. 1 BGB in der Fassung vom 02.12.2004 ein Widerrufsrecht zustand, das zum Zeitpunkt der Erklärung noch nicht erloschen war.
61Entgegen der Auffassung der Beklagten hat die zweiwöchige Widerrufsfrist des § 355 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. mangels ordnungsgemäßer Belehrung gemäß § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. nicht zu laufen begonnen.
62Der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben. Er ist daher gemäß § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. auch über den Beginn der Widerrufsfrist eindeutig zu informieren (vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil v. 17.10.2012, Az. 4 U 194/11). An einer solchen hinreichenden Belehrung fehlt es im vorliegenden Fall, weshalb auch das Widerrufsrecht nicht gemäß § 355 Abs. 3 S. 1 BGB a.F. sechs Monate nach Vertragsschluss erloschen ist. Unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist die in der vorliegenden Vertragsurkunde enthaltende Widerrufsbelehrung hinsichtlich des Beginns der Frist unzureichend (vgl. BGH, Urteil vom 01.03.2012, Az. III ZR 83/11 m.w.N.).
63Durch die Verwendung des Begriffs „frühestens“ wird der Verbraucher nach geltender Rechtsprechung (vgl. BGB a.a.O.) nicht eindeutig über den Beginn der Widerrufsfrist belehrt. Der Verbraucher kann der verwendeten Formulierung zwar entnehmen, dass der Beginn des Fristlaufs gegebenenfalls noch von weiteren Vor-aussetzungen abhängt, er wird jedoch darüber im Unklaren gelassen, um welche (etwaigen) Umstände es sich dabei handelt.
64Ohne Erfolg wendet die Beklagte ein, dass die Widerrufsfrist gleichwohl zu laufen begonnen habe, weil die Belehrung dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der bis zum 31.03.2008 geltenden Fassung entsprochen habe, und sie sich daher auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV berufen könne. Entgegen der Auffassung der Beklagten kann sie sich nicht auf diese Gesetzesfiktion berufen, da sie gegenüber dem Kläger kein Formular für die Widerrufsbelehrung verwendet hat, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der damaligen Fassung in der jeder Hinsicht entspricht. Der Bundesgerichtshof hat bereits mehrfach entschieden, dass sich ein Unternehmer auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV von vornherein nur dann berufen kann, wenn er gegenüber dem Verbraucher ein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der jeweils maßgeblichen Fassung sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht (vgl. BGH, Urteil v. 01.12.2010, Az. VIII ZR 82/10; BGH, Urteil v. 01.03.2012, Az. III ZR 83/11; BGH, Urteil v. 18.03.2014, Az. II ZR 109/13). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
65Die verwendete Widerrufsbelehrung enthält zwei Fußnotenverweise ( „ zu 1 “ sowie „Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen 2 “ […]), die in dem Mustertext nicht enthalten sind und damit eine Abweichung hiervon darstellen.
66Bei den eingefügten Fußnoten handelt sich sowohl um eine formale Abweichung vom Mustertext als auch um eine inhaltliche, da insbesondere die Ausführung zur zweiten Fußnote („Bitte Frist im Einzelfall prüfen“) eine Aufforderung an den Kunden beinhaltet, die der Mustertext nicht vorsieht. Hierbei handelt es sich auch nicht um eine marginale Abweichung zum Mustertext, da der Kunde – insbesondere durch die Ausführungen zur zweiten Fußnote – den Eindruck gewinnen kann, er müsse den Fristbeginn selbständig prüfen. Dies führt ganz offensichtlich zu weiteren Unklarheiten des Verbrauchers hinsichtlich des Fristbeginns (so auch: OLG München, Urteil v. 21.10.2013, Az., 19 U 1208/13, Brandenburgisches OLG a.a.O). Die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung kann daher nicht an die Fiktionswirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV anknüpfen.
67Die Kammer folgt damit nicht der in der Rechtsprechung teilweise verfolgten Auffassung, wonach eine Abweichung vom Mustertext durch die eingefügten Fußnotenverweisungen nicht ersichtlich sei, da sich lediglich die Ziffern in dem Belehrungstext befänden, während der dazugehörige Text zum Einen unterhalb der Unterschrift des Darlehensnehmer stehe und diese sich zum Anderen erkennbar an den Sachbearbeiter der Bank wende (vgl. LG Berlin GWR 2013, S. 232; LG Hagen, Urteil v. 30.10.2014, Az. 9 O 73/14; LG Nürnberg-Fürth, Urteil v. 13.03.2014, Az. 10 O 7640/13).
68Fußnoten ist es immanent, dass sie als Ziffern im Text erkennbar sind und sich der dazugehörige Text am Ende der Seite befindet. Eine Fußnote ist eine Anmerkung, die im Druck-Layout aus dem Fließtext ausgelagert wird, um den Text flüssig lesbar zu gestalten. Angesichts dessen bezieht der Leser (automatisch) durch die Fußnotenverweise den Text der Fußnoten in den Belehrungstext mit ein. Die teilweise angenommene Trennung (vgl. LG Berlin a.a.O.) ist lebensfremd und widerspricht dem Sinn und Zweck der Verwendung einer Fußnote.
69Soweit die Beklagte die Auffassung, vertritt die Fußnote richte sich ganz offensichtlich an ihre Mitarbeiter (so auch: LG Berlin a.a.O, LG Hagen a.a.O, LG Nürnberg-Fürth a.a.O.), die nach Prüfung die jeweils einschlägige Frist einsetzen sollten, überzeugt dies nicht, denn wenn es sich um eine Art Arbeitsanweisung für Mitarbeiter handeln soll, erklärt das nicht, warum die Fußnote dann in der Ausfertigung für den Verbraucher verblieben ist.
70Auch ist dem Inhalt der Fußnote nicht zweifelsfrei zu entnehmen, dass es sich hierbei allein um eine Anweisung an den Sachbearbeiter handelt. Die Formulierung „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“ ist nicht ergänzt durch die Nennung eines potentiellen Adressaten wie etwa „Anweisung an Sparkassen-Mitarbeiter“ o.ä. und kann vom Kunden durchaus so verstanden werden, dass er die in Betracht kommende Frist zu ermitteln hat. Die durch diese missverständliche Formulierung entstehenden Unsicherheiten können nach Auffassung der Kammer nicht zu Lasten des Widerrufsberechtigten gehen.
71Ohne Erfolg wendet die Beklagte in diesem Zusammenhang ein, dass der Kläger die Widerrufsbelehrung nicht gelesen habe und damit auch keine (weitere) Unklarheit bei ihm entstehen konnte. Für die Frage der Abweichung von dem Muster in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV und der hieran anknüpfenden Fiktion kommt es nicht auf den Leser im Einzelfall an, vielmehr ist allein der objektive Empfängerhorizont maßgebend (vgl. hierzu BGH, Urteil v. 15.08.2012, Az. VIII ZR 378/11 m.w.N.; OLG Karlsruhe, Urteil v. 08.12.2011, Az. 9 U 52/11; Landgericht Dessau-Roßlau, Urteil v. 15.03.2013, Az. 1 T 338/12). Von daher war auch der als Beweismittel für die Behauptung der Beklagten angegebenen Parteivernehmung nicht nachzugehen.
72Angesichts der bereits festgestellten Abweichung von der Musterbelehrung kann dahingestellt bleiben, ob die Belehrung in Bezug auf den Zusatz zu finanzierten Geschäften ebenfalls fehlerhaft ist.
73Der am 22.08.2013 eingelegte Widerruf des Klägers war damit nicht verfristet.
74Auch eine Verwirkung des Widerrufsrechts i.S.d. § 242 BGB ist - entgegen der Auffassung der Beklagten – nicht gegeben.
75Zwar hat das Oberlandesgericht Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 09.01.2014 (Az. I-14 U 55/13) entschieden, dass das für eine Verwirkung erforderliche Zeitmoment bereits nach fünf Jahren angenommen werden könne, was vorliegend erfüllt wäre. Eine Verwirkung scheitert vorliegend jedoch jedenfalls daran, dass das ebenfalls erforderliche sogenannte Umstandmoment nicht vorliegt (vgl. hierzu OLG Nürnberg WM 2014, S. 1953 m.w.N.). In dem vom 14. Senat des Oberlandesgerichts Düsseldorf zu entscheidenden Fall (vgl. OLG Düsseldorf a.a.O) war der Widerruf des Vertrages erst fünf Jahre nach vollständiger beiderseitiger Erfüllung sämtlicher Verpflichtungen aus dem Kreditvertrag erfolgt. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Unstreitig war der streitgegenständliche Darlehensvertrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht abgelöst worden, weshalb eine Verwirkung auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des 14. Senats des Oberlandesgerichts Düsseldorf nicht angenommen werden kann.
76Auch sonst sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die eine Verwirkung des Widrrufsrechts i.S.d. § 242 BGB stützen.
77Zwar ist zwischen den Parteinen unstreitig, dass der Kläger seinen Darlehensverpflichtungen uneingeschränkt Folge geleistet und darüber hinaus im Jahr 2009 seine diesbezügliche Einzugsermächtigung geändert hat.
78Allein die ordnungsgemäße, regelmäßige Tilgung eines Kreditvertrages reicht jedoch zur Begründung eines Vertrauensschutzes i.S.d. § 242 BGB nicht aus. Denn hierbei handelte es sich lediglich um die vertraglich geschuldete Verpflichtung des Darlehensnehmers. Der Darlehensnehmer konnte und musste mangels ordnungsgemäßer Belehrung über sein Widerrufsrecht davon ausgehen, dass er mangels Möglichkeit, vom Vertrag Abstand nehmen zu können, seiner vertraglich geschuldeten Verpflichtung nachkommen musste, um finanzielle Nachteile bei einer Nichtleistung zu vermeiden. Gleiches gilt, soweit der Kläger seine Einzugsermächtigung im Jahr 2009 geändert hat. Auch dies stellte lediglich seine vertragliche geschuldete Leistung sicher.
79Soweit die Beklagte zudem einwendet, der Widerruf sei rechtsmissbräuchlich i.S.d. § 242 BGB erfolgt, vermag auch dieser Einwand nicht durchzugreifen.
80Ist eine Widerrufsbelehrung unwirksam, so weiß der Belehrte regelmäßig nicht, dass er den Vertrag gegebenenfalls noch widerrufen kann. Ein Vertrauenstatbestand zugunsten desjenigen, der die Belehrung nicht bzw. nicht richtig erteilt hat, kann daher regelmäßig nicht entstehen (BGH, Urteil v. 12.12.2005, Az. II ZR 327/04). So entschied der Bundesgerichtshof jüngst mit Urteil vom 05.05.2014 (IV ZR 76/11) im Hinblick auf § 5a VVG a.F., dass die dortige Beklagte schon deshalb kein schutzwürdiges Vertrauen in Anspruch nehmen könne, weil sie die Situation selbst herbeigeführt habe, indem sie dem Kläger keine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erteilt habe. Ist dem Belehrenden an Rechtssicherheit gelegen, so steht es ihm frei, durch die Nachholung der Widerrufsbelehrung die Widerrufsfrist in Gang zu setzen (Palandt-Grüneberg, BGB-Kommentar 73. Auflage 2014, § 242 Rdnr. 107). Dies ist vorliegend nicht erfolgt.
81Die Beklagte hat danach durch ihr eigenes Verhalten – der Verwendung einer unwirksamen Widerrufsbelehrung – dem Kläger ein unbefristet bestehendes Widerrufsrecht eingeräumt. Sie kann sich daher ihrerseits nicht darauf berufen, es sei treuwidrig, dass der Kläger dieses Recht, das sie ihm selbst eingeräumt hat, nunmehr in Anspruch nimmt und ausübt. Bei Ausübung seines Widerrufsrechts innerhalb der Widerrufsfrist hat der Darlehensnehmer weder ein schutzwürdiges Interesse nachzuweisen, noch darzulegen, aus welchen Gründen er sein Widerrufsrecht ausübt, § 355 Abs.1 S. 4 BGB. Dieses Recht muss ihm auch dann zustehen, wenn er sein Widerrufsrecht mangels eines Fristablaufs zu einem späteren Zeitpunkt ausübt. Würde sich die Beklagte auf eine Treuwidrigkeit der Ausübung des durch ihr Verhalten ausgelösten unbefristeten Widerrufsrechts berufen können, würde der Kläger im Ergebnis so gestellt werden, als sei die Widerrufsbelehrung wirksam gewesen und ein Widerrufsrecht nicht (mehr) gegeben. So würde die Belehrung gerade jene Wirkung ausüben, die ihr von Rechts wegen versagt ist und der bezweckte Verbraucherschutz hierdurch unterlaufen werden (vgl. hierzu: BGH Urteil v. 15.05.2014, Az. III ZR 368/13).
82Vor diesem Hintergrund hat der Kläger - entgegen der Auffassung der Beklagten - weder ein schutzwürdiges Interesse am Widerruf seines Darlehensvertrages darzulegen, noch ist ihm anzulasten, er habe die Widerrufsbelehrung nicht gelesen und hätte angesichts bestehender Zeitnot im Hinblick auf die fällige Kaufpreiszahlung ohnehin – auch bei ordnungsgemäßer Belehrung – den Darlehensvertrag nicht widerrufen. Diesen Einwänden der Beklagten war auch nicht im Rahmen einer Beweisaufnahme nachzugehen, da der Kläger nicht verpflichtet ist, diese Nachweise zu erbringen. Da ein Vertrauenstatbestand – wie bereits ausgeführt – für die Beklagte nicht bestand, konnte der Kläger gemäß den gesetzlichen Vorgaben sein Widerrufsrecht ausüben. Danach bedurfte es einer Widerrufserklärung, die den Anforderungen des § 355 Abs. 1 BGB genügt. Dies ist bei der Widerrufserklärung vom 22.08.2013 unstreitig der Fall.
83II.
84Der Klageantrag zu Ziffer 2 hat in der Sache indessen weder in Bezug auf den Hauptantrag noch hinsichtlich der gestellten Hilfsanträge Erfolg. Soweit der Hauptantrag sich auf ein Restvaluta in Höhe von 87.460,06 € bezieht, ist bereits nicht schlüssig dargelegt, wie der Kläger diese Summe im Einzelnen berechnet hat. Ohne Erfolg stützt der Kläger sein Vorbringen auf die als Anlage zur Gerichtsakte gereichte handschriftliche Berechnung, die – insbesondere auch mangels Lesbarkeit – für die Kammer in keiner Weise nachvollziehbar und damit überprüfbar ist.
85Gleiches gilt, soweit der Kläger im Hilfsantrag festgestellt haben will, dass er der Beklagten aus dem Kreditvertrag Nr. 6 200 125 810 zum 30.03.2014 nicht mehr als 86.822,19 € abzüglich ab dem 01.04.2014 monatlich gezahlter 529,17 € schuldet. Auch insoweit ist nicht nachvollziehbar, wie der Kläger diese Summe errechnet hat.
86Auch der weitere hilfsweise gestellt Antrag, festzustellen, dass der Kläger der Beklagten aus dem Darlehensvertrag Nummer 6 200 125 810 nur die nach Abzug sämtlicher Zahlungen an die Beklagte zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit Zahlung der einzelnen Raten, die verbleibende Nettodarlehenssumme nebst Wertersatz in Form banküblicher Verzinsung der Nettodarlehenssumme schulde, hat in der Sache keinen Erfolg.
87Entgegen der Auffassung des Klägers schuldet er der Beklagten nicht zwangsläufig Wertersatz in Form banküblicher Verzinsung. Vielmehr muss er dafür darlegen, dass die bankübliche bzw. marktübliche Verzinsung unterhalb der vertraglich vereinbarten Verzinsung lag. Dies hat der Kläger jedoch nicht vorgetragen.
88Bei einem erfolgreichen Widerruf wandelt sich das Schuldverhältnis in ein Rückgewährschuldverhältnis um. Seit dem 13.6.2014 enthält zwar§ 357 a BGB abschließende Regelungen über die Rechtsfolgen des Widerrufs von Verträgen über Finanzdienstleistungen. Für Verbraucherverträge, die vor dem 13.6.2014 abgeschlossen wurden, gilt die Norm allerdings nicht, Artikel 229 § 32 Abs. 1 EGBGB. Vielmehr sind danach die Regelungen des BGB in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung anzuwenden, wodurch für die Altverträge auf Grund der Verweisung in§ 357 Abs. 1 BGB die Vorschriften über den Rücktritt (§§ 346 ff. BGB) einschlägig sind. Nach § 346 Abs. 1 BGB sind die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben bzw. es ist nach § 346 Abs. 2 BGB Wertersatz zu leisten. Danach ist dem Darlehensgeber die ausgezahlte Nettodarlehenssumme zurückzugewähren. Hinsichtlich des erhaltenen Darlehens schuldet der Darlehensnehmer ferner Wertersatz für die zeitlich begrenzte Möglichkeit der Kapitalnutzung (vgl. hierzu: OLG Düsseldorf, Urteil v. 17.01.2013, Az. I-6 U 64/12).
89Nach § 346 Abs. 2 Hs. 1 BGB ist der vertraglich vereinbarte Darlehenszins bei der Berechnung des Wertersatzes zu Grunde zu legen. Allerdings steht dem Darlehensnehmer nach § 346 Abs. 2, S. 2 Hs. 2 BGB der Nachweis offen, dass der Wert des Gebrauchsvorteils niedriger war. Dadurch kann statt des vertraglich vereinbarten Darlehenszinses der unter Umständen deutlich günstigere Marktzins, das heißt eine objektive Größe, maßgeblich sein (vgl. hierzu BGH, Urteil v. 12.11.2002, Az. XI ZR 47/01: KG Berlin, Urteil v. 22.12.2014, Az. 24 U 169/13; OLG Köln, Beschluss vom 19.06.2013, Az. 13 U 122/12; OLG Düsseldorf, Urteil v. 17.01.2013, Az. I-6 U 64/12)).
90Dass der marktübliche Zinssatz für ein vergleichbares Darlehen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geringer gewesen ist, hat der Kläger nicht vorgetragen. Damit kann jedoch nicht festgestellt werden, dass er – wie beantragt - bei der Wertersatzberechnung auf eine marktübliche/banküblich Verzinsung zurückgreifen kann.
91III.
92Auch der Feststellungsantrag, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Restvaluta aufgrund des Schreibens des Klägers vom 09.09.2013 im Annahmeverzug befindet, hat in der Sache keinen Erfolg. Die Voraussetzungen für einen Annahmeverzug, § 293 BGB, liegen nicht vor. In dem Schreiben vom 09.03.2013 hat der Kläger lediglich „den aktuellen Darlehenssaldo“ angeboten, ohne einen konkreten Betrag zu beziffern und ohne den Anspruch der Beklagten auf Wertersatz zu berücksichtigen. Der Beklagten ist mangels dieser Angaben die Leistung nicht verzugsauslösend angeboten worden.
93IV.
94Entsprechend hat auch der Klageantrag zu Ziffer 4, die Zustimmung auf Löschung der eingetragenen Grundschuld im Grundbuch von Ratingen, Blatt 4276 Abt. 3 im Nennwert von 100.000,00 €, in der Sache keinen Erfolg. Ein Anspruch hierauf besteht mangels eines Annahmeverzuges seitens der Beklagten erst nach Rückzahlung der Restdarlehensvaluta zuzüglich Wertersatz. Dies ist bisher nicht erfolgt.
95V.
96Der zuerkannte Anspruch auf vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen ergibt sich aus §§ 280 Abs. 1, 288, 291 BGB. Hierbei ist jedoch nur der Geschäftswert zugrundezulegen, der seiner Höhe nach dem Streitwert der berechtigten Forderung entspricht (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB-Kommentar 73. Auflage 2014, § 249 RdNr. 39). Im Übrigen ist die Klage daher abzuweisen.
97VI.
98Der Inhalt nachgelassenen Schriftsatzes der Beklagten vom 09.02.2015 gab keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung i.S.d des § 156 ZPO, da kein entscheidungserheblicher neuer Tatsachenvortrag erfolgt ist.
99VII.
100Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
101Streitwert: bis 90.000,00 €
102Klageantrag zu Ziffer 1: bis 30.000,00 €
103Klageantrag zu Ziffer 2: bis 30.000,00 €
104Klageantrag zu Ziffer 3,5: 0,00 €
105Klageantrag zu Ziffer 4: bis 30.000,00 €
106Wenzel |
Dr. Webler |
Richterin Dr. Schumacherist wegen der Abordnung an ein Amtsgericht an der Unterschrift gehindert. Wenzel |
Rechtsbehelfsbelehrung:
108Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
109a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
110b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist.
111Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf, Cecilienallee 3, 40474 Düsseldorf, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
112Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Düsseldorf zu begründen.
113Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
114Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Die Kläger nahmen zur Finanzierung eines Eigenheimes in F 2005 und 2006 insgesamt drei Darlehen bei der Beklagten in Anspruch. Zwei Darlehensverträge schlossen die Parteien am 05.08.2005 ab, und zwar zum einen den Vertrag Nr. … über 220.000 € (1,5 % Tilgung pro Jahr, 4,3 % Zinsen pro Jahr, monatliche Rate 1.063,33 €), zum anderen den Vertrag Nr. … über 160.000 € (1,5 % Tilgung pro Jahr, 3,8 % Zinsen pro Jahr, monatliche Rate 706,67 €). Einen dritten Darlehensvertrag Nr. … über 30.000 € schlossen die Parteien am 20.04.2006, hierbei handelte es sich um ein Darlehen der L (2 % Zinsen pro Jahr, quartalsweise Rate 475,45 €). Die Darlehensverträge enthielten jeweils Widerrufsbelehrungen. In diesen hieß es übereinstimmend unter anderem: „Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen… widerrufen“, wobei hinter „Wochen“ eine Fußnote gesetzt war, in der es wie folgt hieß: „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“. Weiter lautet die Formulierung: „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“. Hinsichtlich des weiteren Inhalts der Darlehensverträge wird auf Anlage K3 (Bl. 26 - 28 d. A.) verwiesen.
3Im Jahre 2012 baten die Kläger um Ablösung der Darlehensverträge zum 01.09.2012. Die Beklagte erklärte sich hierzu bereit, errechnete für die drei Darlehensverträge jeweils Vorfälligkeitsentschädigungen und unterbreitete entsprechende Angebote mit mehreren Schreiben vom 06.07.2012. Hinsichtlich des genauen Inhalts und der Berechnungen wird auf die Anlagen K5 (Bl. 30 - 55 d. A.) Bezug genommen. Dieses Angebot zum Abschluss eines Auflösungsvertrags nahmen die Kläger mit Schreiben vom 01.08.2012 an. Die Kläger zahlten die vereinbarten Vorfälligkeitsentschädigungen in Höhe der ursprünglichen Klageforderung (= 26.194,04 €).
4Nach Beratung durch die Verbraucherzentrale I erklärten die Kläger den Widerruf der drei Darlehensverträge mit Schreiben vom 27.08.2013 und forderten die Beklagte zur Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigungen in Höhe der Klageforderung bis zum 15.09.2013 auf. Die Beklagte widersprach dem Widerruf, zahlte aber nach weiterem Schriftverkehr die – wegen eines jederzeitigen Kündigungsrechts der Kläger hinsichtlich des L-Darlehens unstreitig zu Unrecht – begehrte Vorfälligkeitsentschädigung für das L-Darlehen in Höhe von 214,94 € zurück.
5Darüber hinaus erklärten die Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 22.11.2013 die Anfechtung ihrer Annahme der Ablösungsverträge wegen Täuschung über Grund und Höhe der Vorfälligkeitsentschädigungen.
6Die Kläger meinen, sowohl ihr Widerruf der Darlehensverträge als auch ihre Anfechtung der Ablösungsverträge seien wirksam.
7Die Widerrufsbelehrungen seien unwirksam, sie hätten den Anforderungen des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a. F. nicht genügt. Der Hinweis, die Widerrufsfrist begänne „frühestens mit dem Erhalt dieser Belehrung“ sei nicht hinreichend und daher unrichtig. Verwirrend sei außerdem der Fußnotenhinweis „2“ hinter „innerhalb von zwei Wochen“ mit dem Inhalt „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“. Aus diesem Grund hätten sie – die Kläger – auch zum Zeitpunkt des Widerrufs am 27.08.2013 ein Widerrufsrecht noch wirksam ausüben können, zumal es die Beklagte pflichtwidrig unterlassen habe, sie – die Kläger – später über ihr noch vorhandenes Widerrufsrecht aufzuklären.
8Die Beklagte habe ferner bei Abschluss der Ablösungsverträge über mehrere Punkte arglistig getäuscht. Erstens sei ein Widerruf der Verträge möglich gewesen. Zweitens sei der Beklagten kein Schaden in behaupteter Höhe durch die Ablösung der Verträge entstanden. Sie habe über die Höhe der Verwaltungskosten, die Werte für das entfallene Risiko und die Höhe der Zinssätze vorsätzlich getäuscht und habe keine Bearbeitungsentgelte in Höhe von 300,- € und abstrakt berechnete Vorfälligkeitsentschädigung für das L-Darlehen verlangen können. Hinsichtlich der Einzelheiten des Sachvortrags wird auf die Klageschrift (Bl. 12 f. d. A.) verwiesen. Außerdem habe es der Zustimmung der L1-Bank zur Ablösung nicht bedurft; jenes Darlehen habe im Gegenteil – unstreitig – jederzeit ohne Kosten abgelöst werden dürfen.
9Die Vorfälligkeitsentschädigung sei insgesamt deutlich zu hoch berechnet; hinsichtlich der verwendeten Berechnungsmethoden und -grundlagen bedürfe es ohnehin einer Korrektur der allzu bankenfreundlichen Rechtsprechung des BGH. Diese sei für die Zukunft zu erwarten und sei im Rechtsstreit BGH XI ZR 512/11 nur deswegen nicht erfolgt, weil die beklagte Bank die Forderung der Kläger anerkannt habe, um ein begründetes Urteil zu vermeiden. Der Senat habe in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht, dass die Banken bei Berechnung ihrer Vorfälligkeitsentschädigung jedenfalls auf den gesetzlichen Verzugsschaden gemäß § 503 Abs. 2 BGB – 2,5 % pro Jahr – beschränkt seien.
10Die Kläger meinen ferner, die Beklagte habe einen zu geringen eigenen Zinserlös angesetzt; hier sei anhand des Jahresberichts 2012 der Beklagten von einem Zinssatz von 6 % auszugehen; ihre Wiederanlagezinssätze seien darüber hinaus falsch berechnet. Hinsichtlich der Einzelheiten der Berechnungsweisen wird auf die Klageschrift (Bl. 11 f. d. A.) verwiesen. Auch habe die Beklagte die Darlehen nicht laufzeitkongruent refinanziert. Sie habe ferner fälschlich einen Erhalt der Vorfälligkeitsentschädigung bereits am 01.09.2012 angenommen.
11Hinsichtlich des L-Darlehens habe die Beklagte keinen eigenen Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung, da die gezahlten Gelder nicht der Beklagten zugestanden hätten, sie also keinen Schaden erlitten habe. Die Beklagte wisse dies, weise aber – so die Behauptung der Kläger – ihre Mitarbeiter dennoch an, systematisch auch für diese Darlehen Vorfälligkeitsentschädigung zu verlangen.
12Die Kläger sind schließlich der Ansicht, sie seien auf Nachfrage beim Abschluss der Darlehensverträge pflichtwidrig nicht darüber aufgeklärt worden, dass eine Vorfälligkeitsentschädigung anfallen könne.
13Die Kläger beantragen nach Rücknahme der Klage in Höhe von 214,94 € betreffend die Vorfälligkeitsentschädigung aus dem L-Darlehen nunmehr,
141. die Beklagte zu verurteilen, an sie 25.976,10 € nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 15.09.2013 zu zahlen,
152. die Beklagte zu verurteilen, an sie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.872,35 € nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
16Die Beklagte beantragt,
17die Klage abzuweisen.
18Sie ist der Auffassung, dass die Kläger die Darlehensverträge nicht hätten wirksam widerrufen können, da die Verträge bereits durch Aufhebungsverträge, die erfüllt worden seien, vollständig beendet worden seien. Der Zweck des Widerrufs lasse sich seitdem nicht mehr erreichen. Außerdem sei das Widerrufsrecht nach 8 bzw. 7 ½ Jahren nach Abschluss der Darlehensverträge verwirkt.
19Die Aufhebungsverträge seien wirksam, und zwar auch hinsichtlich der Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung, da diese zwischen den Parteien vereinbart und die abschließenden Beträge daher von den Klägern akzeptiert worden seien. Die Beklagte meint, auf die Frage, ob die Berechnung durch sie – die Beklagte – richtig und entsprechend der Rechtsprechung des BGH erfolgt sei, komme es daher nicht an. Dies finde seinen Grund darin, dass die Kläger kein berechtigtes Interesse an der Aufhebung der Darlehensverträge gehabt hätten, sie – die Beklagte – einer Aufhebung also nicht habe zustimmen müssen. Ohnehin seien die Berechnungen korrekt abstrakt nach Maßgabe des Urteils des BGH zum Aktenzeichen XI ZR 27/00 – Aktiv-Passiv-Methode – erfolgt. Im Hinblick auf die Details der Berechnungsweise wird auf die Klageerwiderung (Bl. 88 ff. d. A.) verwiesen.
20Die Kläger hätten die Aufhebungsverträge nicht wirksam angefochten. Es fehle an einer arglistigen Täuschung. Sie – die Beklagte – habe insbesondere nicht über ein etwaig noch bestehendes Widerrufsrecht der Kläger, von dem sie ohnehin keine Kenntnis gehabt habe bzw. hätte haben müssen, aufklären müssen. Die Beklagte behauptet, über die Bearbeitungsentgelte in Höhe von 300,- € hätten sich die Parteien geeinigt. Hinsichtlich der Forderung nach einer Vorfälligkeitsentschädigung für das L-Darlehen liege ein Versehen vor, weil sie – die Beklagte – übersehen habe, dass das Darlehen jederzeit ohne Kosten auflösbar gewesen sei – deswegen habe sie den Betrag schließlich zurückgezahlt.
21Die Beklagte vertritt zudem die Ansicht, die Anfechtung der Kläger beziehe sich lediglich auf die Aufhebungsverträge, so dass die Darlehensverträge nach wie vor wirksam seien und die Kläger ohnehin Zins- und Tilgungsleistungen zu erbringen hätten – selbst wenn die Anfechtung „Erfolg“ hätte.
22Wegen des weiteren Parteivorbringens wird Bezug genommen auf die wechselseitig zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen.
23Entscheidungsgründe
24Die zulässige Klage ist nicht begründet.
251)
26Die Kläger haben keinen Anspruch auf Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung als von der Beklagten empfangene Leistung gemäß §§ 355 Abs. 1 Satz 1, 357 Abs. 1 Satz 1, 346 Abs. 1 BGB. Der von den Klägern erklärte Widerruf der Darlehensverträge war nicht wirksam. Im Einzelnen:
27a) Die Parteien schlossen insgesamt drei Darlehensverträge, wobei der Vertrag über die Gewährung eines Darlehens durch die L und die für die Aufhebung dieses Vertrags gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung nicht mehr streitgegenständlich ist, nachdem die Kläger ihre Klage in Höhe eines Betrages von 214,94 € zurückgenommen haben (§ 269 ZPO).
28b) Die Kläger erklärten mit Schreiben vom 27.08.2013 den Widerruf der Darlehensverträge. Der Wortlaut des Schreibens ist insofern klar und eindeutig, auch wenn die Kläger im Anschluss lediglich die Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung forderten. Die Kläger machten jedoch darüber hinaus deutlich – vgl. §§ 133, 157 BGB –, dass ihnen aus der vollständigen Aufhebung der Verträge aufgrund ihres Widerrufs noch weitergehende Ansprüche auf Zahlung der von ihnen geleisteten Zinsen usw. zustünden.
29Es handelte sich jeweils um Verbraucherdarlehensverträge im Sinne der §§ 491ff. BGB, so dass den Klägern als Darlehensnehmern grundsätzlich ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB – hier in der Fassung vom 02.12.2004, gültig bis zum 10.06.2010 – zustand (§ 495 Abs. 1 BGB). Die Darlehensverträge enthalten dementsprechend jeweils eine Widerrufsbelehrung.
30Auch ist die Rechtsauffassung der Kläger zutreffend, dass die Widerrufsbelehrungen missverständlich waren und daher die Frist von 14 Tagen gemäß § 355 Abs. 1 BGB a.F. nicht in Gang setzen konnten. Die Belehrungen entsprachen nicht den Erfordernissen des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. So ist die Formulierung „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“ unvollständig, weil nicht ausgeführt wird, wann sie spätestens beginnt bzw. welche anderen Anknüpfungspunkte es für den Beginn der Frist geben kann (vgl. BGH, Urteil vom 17.01.2013, III ZR 145/12, zitiert nach juris, dort Rnr. 10; OLG Hamm, Urteil vom 19.11.2012, 31 U 97/12). Auch die Fußnote „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“ hinter der Frist „von zwei Wochen“ ist aus sich heraus nicht verständlich und bürdet dem Verbraucher eine Prüfungspflicht auf, die er nicht zu tragen hat und außerdem schon mangels genauer weiterer Angaben zum Fristbeginn nicht erfüllen kann.
31c) Ein Widerruf war jedoch nicht mehr möglich, nachdem die Darlehensverträge durch Vertrag aufgehoben und abgewickelt wurden.
32Die Kläger schlossen mit der Beklagten durch Schreiben vom 06.07.2012 und 01.08.2012 Verträge zur Aufhebung der drei Darlehensverträge. Die Verträge wurden vollständig abgewickelt. Unter diesen Umständen ist der Widerruf der Darlehensverträge ausgeschlossen (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 31.08.2011, 20 U 81/11, zitiert nach juris, dort Rnr. 15f.).
33Indem die Kläger die Aufhebung der Darlehensverträge vereinbarten, machten sie von einer im Zuge der Privatautonomie bestehenden Möglichkeit Gebrauch, die Verträge gerade nicht durch einen Widerruf ex nunc in ein Abwicklungsschuldverhältnis umzuwandeln. Vielmehr erkannten die Kläger dadurch eigenverantwortlich ihre Bindung für die Vergangenheit an. Anders als im Falle einer Kündigung oder Anfechtung, die auf gleiche bzw. ähnliche Rechtsfolgen wie ein Widerruf gerichtet wären (dazu BGH, Urteil vom 16.10.2013, IV ZR 52/12, zitiert nach juris, dort Rnr. 24 mit weiteren, auch abweichenden Nachweisen) – nämlich bei Anfechtung die rückwirkende Wirkung (ex tunc) – ist eine Widerrufsmöglichkeit nach Aufhebung der Darlehensverträge durch vertragliche Vereinbarung auch aus Gründen des Verbraucherschutzes nicht geboten. Das Widerrufsrecht soll vor vertraglichen Bindungen schützen, die der Verbraucher möglicherweise übereilt und ohne gründliche Abwägung des Für und Wider eingegangen ist. Als die Kläger den Widerruf erklärten, erfolgte dies nicht nur acht Jahre nach Abschluss der Darlehensverträge, sondern auch deutlich nach Abschluss der Aufhebungsverträge. Die Kläger handelten nicht, um sich von übereilt abgeschlossenen Darlehensverträgen zu lösen, sondern um jedenfalls die Vorfälligkeitsentschädigung zurück zu erhalten. Sie befanden sich zudem schon bei Vertragsschluss nicht in völliger Unkenntnis eines Widerrufsrechts. Vielmehr ist eine Belehrung erfolgt. Diese war zwar missverständlich, jedoch nur im Hinblick auf die Widerrufsfrist, nicht auf das Bestehen eines Widerrufsrechts als solches.
342)
35Die Kläger haben ferner keinen Anspruch auf Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB.
36Die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung war eine Leistung der Kläger an die Beklagte zur Erfüllung der Aufhebungsverträge. Für diese Leistung besteht nach wie vor ein Rechtsgrund in Form der wirksamen Aufhebungsverträge. Diese sind nicht durch Anfechtung der Kläger rückwirkend nichtig (§ 142 Abs. 1 BGB).
37Ein Anfechtungsgrund für die mit anwaltlichem Schreiben vom 22.11.2013 fristgerecht im Sinne der § 143 Abs. 1, § 124 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BGB erklärte Anfechtung der Kläger bestand nicht.
38Die Beklagte täuschte die Kläger bei Abschluss der Aufhebungsverträge nicht arglistig (§ 123 Abs. 1, 1. Alt. BGB); dies ergibt sich weder aus dem Parteivorbringen noch aus den sonstigen Umständen des Sachverhalts.
39Arglistig täuscht, wer zum Zweck der Erregung oder Aufrechterhaltung eines Irrtums täuscht, wobei der Täuschende die Unrichtigkeit seiner Angaben kennen oder für möglich halten muss (Palandt-Ellenberger, Bürgerliches Gesetzbuch, 73. Aufl. 2014, § 123 Rnr. 2, 11). Der Täuschende muss also nicht absichtlich, wohl aber mindestens vorsätzlich handeln. Dabei stellt nicht jede unrichtige Angabe eine Täuschung dar.
40a) Die Mitarbeiter der Beklagten mussten die Kläger bei Abschluss der Darlehensverträge nicht über die Möglichkeit, dass ggf. eine Vorfälligkeitsentschädigung verlangt werden könne, aufklären. Die Vorfälligkeitsentschädigung ist weder Hauptpflicht des Darlehensvertrags noch sonst zwingende Folge des Abschlusses eines Darlehensvertrags. Im Gegenteil entstand der Anspruch der Beklagten auf Zahlung von Vorfälligkeitsentschädigung erst mit Abschluss der Aufhebungsverträge.
41b) Die Vorfälligkeitsentschädigung ist zudem weder nicht grundlegend falsch berechnet noch zu hoch, sondern orientiert sich vielmehr durchgängig an den Grundsätzen der Entscheidung des BGH vom 07.11.2000 zum Az. XI ZR 27/00. Die Beklagte übervorteilt die Kläger nicht rechtswidrig, indem sie sich an dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung orientiert, auch wenn mittlerweile andere, für die Darlehensnehmer günstigere Rechtsauffassungen wie jene der Kläger existieren mögen.
42Insbesondere ist der von den Klägern herangezogene, dem Anerkenntnisurteil des BGH vom 17.01.2013 zum Az. XI ZR 512/11 zugrunde liegende Rechtsstreit mit dem streitgegenständlichen nicht vergleichbar, so dass sich aus dessen Umständen keine andere, für die Kläger vorteilhaftere Rechtsanwendung ergibt. Jenem Fall der Geltendmachung einer Vorfälligkeitsentschädigung lag nämlich kein Aufhebungsvertrag zugrunde, sondern die Kündigung eines Darlehens durch die Bank wegen Nichtzahlung von Raten. Neben der Forderung der Vorfälligkeitsentschädigung hatte die Bank auch die Zwangsvollstreckung in das Grundstück (erfolgreich) betrieben und gleichzeitig Verzugszinsen geltend gemacht. Diese doppelte Anspruchshaltung der Bank lehnte der BGH ab. Im vorliegenden Fall forderte die Beklagte jedoch „lediglich“ eine Vorfälligkeitsentschädigung und keine weiteren Verzugszinsen; darüber hinaus liegt diesem Anspruch keine Kündigung der Bank, sondern jeweils – wie bereits ausgeführt – ein Aufhebungsvertrag zugrunde.
43c) Die konkrete, von der Beklagten vorgenommene Anwendung der Aktiv-Passiv-Methode bei Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung begegnet keinen Bedenken. Sie orientiert sich an der aktuellen Rechtsprechung des BGH (vgl. oben
44b)). Hinsichtlich der Details der Berechnungsweise wird auf die Darstellung in der Klageerwiderung (Bl. 88-91 d. A.) verwiesen.
45Im Einzelnen:
46Insbesondere folgt aus der zitierten Rechtsprechung des BGH, dass eine abstrakte Berechnung des der Bank entstandenen Schadens möglich und rechtmäßig ist. Die Beklagte war folglich nicht verpflichtet, den von ihr bei Darlehensgewährungen zugrunde gelegten durchschnittlichen Zinssatz oder aber besonders hohe, von ihr erhaltene Zinssätze wie beispielsweise bei Überziehungskrediten für die Berechnung zu verwenden.
47Darüber hinaus musste die Beklagte keine weitere Berechnung zum tatsächlichen Aufhebungsdatum vornehmen, das geringfügig nach dem im Angebot der Kläger benannten Tag lag. Die Beklagte berechnete nämlich für die verzögerte Ablösung nach dem 01.09.2012 Tageszinsen.
48Ferner erscheinen die durch die Beklagte angesetzten Verwaltungskosten von lediglich 1,25 €/Monat für EDV realistisch und damit im Sinne des § 287 ZPO schätzbar. Werden Darlehen – wie hier – regelmäßig bedient, beschränken sich die Verwaltungskosten der Bank in der Regel auf die monatlichen Kosten für die Anschaffung, den Unterhalt und die Wartung und Kontrolle von Computerprogrammen, die die monatlichen Zahlungseingänge zuordnen, verbuchen und kontrollieren. Dagegen ist der von den Klägern „ins Blaue hinein“ behauptete Betrag von 45 € monatlichen Verwaltungskosten weder durch Sachvortrag untermauert noch sonst für die Kammer nachvollziehbar. Gleiches gilt hinsichtlich des Vortrags zu den Risikokosten. Ebenso ist nicht deutlich, aus welchem Grunde die Beklagte zwangsläufig einen EURIBOR-Zinssatz für die Laufzeit von 3 Monaten hätte zugrunde legen sollen, zumal dies nicht der Laufzeit der Darlehen entsprach.
49Das Bearbeitungsentgelt wurde zwischen den Parteien ausdrücklich vereinbart, und zwar bereits zu Beginn der Verhandlungen über den Abschluss von Aufhebungsverträgen. Es wurde individualvertraglich und damit wirksam vereinbart. Zudem betrifft es nicht einen Teil der Vorfälligkeitsentschädigung, sondern einen anderen Schadensposten der Beklagten, nämlich im Wesentlichen die Kosten für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung sowie für die Verhandlungen und für den Schriftverkehr mit den Klägern. Das Entgelt war schließlich auch nicht unangemessen hoch (§ 287 ZPO).
50Unklar bleibt darüber hinaus bereits nach dem Vortrag der Kläger, inwiefern die Beklagte über die Berechnungsgrundlagen bewusst getäuscht haben sollte. Die Berechnungen wurden vollständig offen gelegt und konnten durch die Kläger vor Abschluss des Aufhebungsvertrages im Einzelnen überprüft werden, ggf. unter Zuhilfenahme rechtlichen Beistandes.
51d) Eine arglistige Täuschung der Beklagten lässt sich schließlich auch nicht aus der Forderung einer Vorfälligkeitsentschädigung für das L-Darlehen herleiten. Diese erfolgte zwar unberechtigt. Die Beklagte hat hierzu jedoch ausgeführt, ihre Mitarbeiter seien irrtümlich von einem möglichen Anspruch auch im Hinblick auf jenes Darlehen ausgegangen. Dies bestreiten die Kläger zwar, treten für ihre Behauptung einer systematischen unberechtigten Forderung von Vorfälligkeitsentschädigungen durch die Beklagte jedoch keinen Beweis an. Die anschließende Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung für dieses Darlehen nach vorgerichtlichem Schriftverkehr bestätigt zudem den Vortrag der Beklagten.
52e) Darüber hinaus fehlt es am Vortrag der Kläger zum Vorsatz der Mitarbeiter der Beklagten hinsichtlich einer Täuschung im Sinne des § 123 Abs. 1 BGB.
533)
54Andere Zahlungsansprüche der Kläger sind nicht erkennbar. Insbesondere scheiden aufgrund der obigen Ausführungen zu Ziffer 2) Ansprüche wegen Verletzung einer Nebenpflicht zur korrekten Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung aus. Abgesehen davon, dass die Kläger der Vorfälligkeitsentschädigung in dieser Höhe mitsamt ihrer Berechnung durch Annahme des Aufhebungsvertrags zustimmten, erscheinen die Bedenken der Kläger gegen die Berechnung nicht durchgreifend.
554)
56Mangels Anspruch auf Zahlung der Hauptforderung haben die Kläger auch keinen Anspruch auf Zahlung der beantragten Zinsen und außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten (§§ 280 Abs. 1 Satz 1, 286, 288 Abs. 1, 249 ff. BGB).
575)
58Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 Satz 1, Satz 2 ZPO.
Tenor
Es wird festgestellt, dass der Darlehensvertrag vom 30.07.2007 über einen Nettokredit in Höhe von 100.000,00 € mit der Darlehens-Nr. 6 200 125 810 durch den Widerruf des Klägers vom 22.08.2013 beendet worden ist.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.358,69 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.05.2014 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtstreits tragen der Kläger zu 2/3 und die Beklagten zu 1/3.
Das Urteil ist für die Parteien in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
T a t b e s t a n d :
3Die Parteien schlossen am 30.07.2007 einen Darlehensvertrag (Nr. 6 200 125 810) über eine Gesamtsumme in Höhe von 100.000,00 €. Der Kläger verwendete das Geld zur Zahlung des Kaufpreises des von ihm bewohnten Grundbesitzes. Hierzu hatte er unter dem 19.07.2007 einen notariellen Kaufvertrag geschlossen (UR-Nr. 1586/2007S), der den Kaufpreis zum 31.07.2007 fällig stellte. Zur Sicherung des Darlehens wurde eine erstrangige Buchgrundschuld in Höhe von 100.000,00 € im Grundbuch von Ratingen, Blatt X, Flur X, Flurstück X bestellt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Darlehensvertrages wird auf Anlage K 5 verwiesen.
4Im Zusammenhang mit dem Darlehensvertrag unterzeichnete der Kläger eine ihm ebenfalls ausgehändigte Widerrufsbelehrung. In der verwendeten Widerrufsbelehrung heißt es:
5„Widerrufsbelehrung zu 1 Darlehen Nr. 6 200 125 810
6Widerrufsrecht
7Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen2
8ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an:
9(Name, Firma und ladungsfähige Anschrift des Kreditinstituts, ggf. Fax-Nr., E-Mail-Adresse und/oder, wenn der Verbraucher eine Bestätigung seiner Widerrufserklärung erhält, auch eine Internet –Adresse).
10X
11[…]
12Unterhalb der Unterschrift des Klägers befinden sich folgende Fußnotentexte:
13„ 1 Bezeichnung des konkret betroffenen Geschäfts, z.B. Darlehensvertrag vom ….
142 Bitte Frist im Einzelfall prüfen.“
15Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf Anlage K 5 Bezug genommen.
16In der Folgezeit zahlte der Kläger die vereinbarten monatlichen Zins- und Tilgungsraten in Höhe von jeweils 529,17 €. Im Januar 2009 stellte er seine diesbezügliche erteilte Einzugsermächtigung auf eine andere Kontoverbindung um.
17Mit Schreiben vom 22.08.2013 erklärte der Kläger den Widerruf des Darlehensvertrages (Anlage K4). Mit Schreiben vom 09.09.2013 teilte er der Beklagten mit, die weiteren Darlehensraten unter Vorbehalt zu zahlen und bot an, „den aktuellen Darlehenssaldo zu zahlen“, Anlage K5.
18Der Kläger ist der Auffassung, die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung verstoße durch die Verwendung des Begriffs „frühestens“ gegen das Deutlichkeitsgebot. Da die Belehrung nicht der Musterwiderrufsbelehrung der Anlage 2 des § 14 BGB-InfoV entspreche, könne sich die Beklagte auch nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen, weshalb eine inhaltliche Überprüfung der Belehrung vorzunehmen sei. Vorliegend verstoße die Belehrung - nicht nur marginal - gegen die Vorgaben der Musterbelehrung, und dies insbesondere im Hinblick auf die von der Beklagten abweichend eingefügten zwei Fußnoten. Die zweite Fußnote mit dem Inhalt „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“ führe zur Irritationen auf Seiten des Darlehensnehmers. Des Weiteren weise die Belehrung einen erheblichen Fehler im Bereich der Belehrung zu den „finanzierten Geschäften“ auf, weil vorliegend zum Einen kein finanziertes Geschäft gegeben sei, zum Anderen kumulative Belehrungen im zweiten Satz des ersten Absatzes verbundene Geschäfte beträfen und damit der Darlehensnehmer sich aussuchen könne, auf welche Vertragsart sich diese Belehrung beziehen solle.
19Der Kläger behauptet weiter, ausweislich der handschriftlichen Berechnungen seines Prozessvertreters (Anlage 1) belaufe sich der aktuelle Darlehenssaldo auf 87.460,06 € abzüglich seiner weiterhin gezahlten monatlichen Darlehensraten in Höhe von 529,17 €. Er müsse an die Beklagte jedenfalls keinen höheren Betrag als 86.822,19 € zahlen.
20Der Kläger hat ursprünglich angekündigt zu beantragen,
211.
22festzustellen, dass der Darlehensvertrag vom 30.07.2007 über einen Nettokredit in Höhe von 100.00,00 € mit der Darlehens-Nr. 6 200 125 810 durch seinen Widerruf vom 22.08.2013 zum 22.08.2013 beendet worden ist;
232.
24festzustellen, dass er der Beklagten aus dem Kreditvertrag Nr. 6 200 125 810 zum 30.03.2014 die fällige Restvaluta in Höhe von 87.460,06 € schuldet;
253.
26festzustellen, dass die Beklagte sich mit der Annahme der Restvaluta gemäß Klageantrag zu Ziffer 2 im Annahmeverzug befindet;
274.
28die Beklagte zu verurteilen, ihre Zustimmung zur Löschung der im Grundbuch von Ratingen, Blatt 4276 Abt. 3 zu ihren Gunsten eingetragene Grundschuld im Nennwert von 100.000,00 € zu erteilen;
295.
30die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.348,94 € nebst gesetzlichem Verzugszins ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
31Mit Schriftsatz vom 25.09.2014 hat er seine Klage in Bezug auf den Klageantrag zu Ziffer 2 geändert und um den Hilfsantrag zu Ziffer 2b ergänzt. Mit Schriftsatz vom 15.01.2015 hat er den Klageantrag zu Ziffer 2 um einen weiteren Hilfsantrag (Ziffer 2a) ergänzt.
32Er beantragt daher nunmehr,
331.
34festzustellen, dass der Darlehensvertrag vom 30.07.2007 über einen Nettokredit in Höhe von 100.00,00 € mit der Darlehens-Nr. 6 200 125 810 durch seinen Widerruf vom 22.08.2013 zum 22.08.2013 beendet worden ist;
352.
36festzustellen, dass er der Beklagten aus dem Kreditvertrag Nr. 6 200 125 810 zum 30.03.2014 die fällige Restvaluta in Höhe von 87.460,06 € abzüglich ab dem 01.04.2014 monatlich gezahlter 529,17 € schuldet;
37hilfsweise,
38a)
39festzustellen, dass er der Beklagten aus dem Kreditvertrag Nr. 6 200 125 810 zum 30.03.2014 nicht mehr als 86.822,19 € abzüglich ab dem 01.04.2014 monatlich gezahlter 529,17 € schuldet;
40hilfsweise,
41b)
42festzustellen, dass er der Beklagten aus dem Darlehensvertrag Nummer 6 200 125 810 nur die nach Abzug sämtlicher Zahlungen des Klägers an die Beklagte zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit Zahlung der einzelnen Raten, die verbleibende Nettodarlehenssumme nebst Wertersatz in Form banküblicher Verzinsung der Nettodarlehenssumme schulde;
433.
44festzustellen, dass die Beklagte sich mit der Annahme der Restvaluta gemäß Klageantrag zu Ziffer 2 im Annahmeverzug befindet;
454.
46die Beklagte zu verurteilen, ihre Zustimmung zur Löschung der im Grundbuch von Ratingen, Blatt 4276 Abt. 3 zu ihren Gunsten eingetragene Grundschuld im Nennwert von 100.000,00 € zu erteilen;
475.
48die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.348,94 € nebst gesetzlichem Verzugszins ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
49Die Beklagte beantragt,
50die Klage abzuweisen.
51Sie ist der Auffassung, der Widerruf sei verfristet, jedenfalls aber rechtsmissbräuchlich erfolgt bzw. verwirkt. Die streitgegenständliche Belehrung entspreche der Musterbelehrung sowohl inhaltlich als auch im Hinblick auf ihre Form. Sie sei lediglich – und zwar allein, um die Verständlichkeit aus Sicht des maßgeblichen „Durchschnittskunden“ zu erhöhen – sprachlich geringfügig umformuliert worden. Diese Modifikationen würden sich aber allein auf den Zusatz für verbundene Geschäfte beziehen, dieser Zusatz sei vorliegend jedoch nicht einmal erforderlich, da es sich nicht um ein verbundenes Geschäft handele. Die verwendete Hochzahl sei lediglich ein Bearbeitungshinweis und habe keine Auswirkung auf den Inhalt oder die Form der Belehrung.
52Die Widerrufserklärung des Klägers sei zudem rechtsmissbräuchlich. Sie behauptet, da dieser bereits den notariellen Kaufvertrag unterzeichnet gehabt und sich gezwungen gesehen habe, bis zum 31.08.2007 eine Finanzierung des Kaufpreises zu erhalten, hätte er den Darlehensvertrag vom 30.08.2007 auch bei einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung nicht widerrufen. Der Kläger habe sich die Widerrufsbelehrung nicht einmal durchgelesen. Mangels Kenntnisnahme des Inhaltes, könnten Abweichungen von der Musterwiderrufsbelehrung ihn erst recht nicht verwirrt haben.
53Der Kläger habe kein schutzwürdiges Interesse geltend gemacht, das einen Widerruf rechtfertige. Ihm gehe es allein darum, von dem gesunkenen Zinsniveau zu profitieren. Zweck eines Widerrufs sei es jedoch, nach einer übereilten Entscheidung die Möglichkeit zu haben, diese zu überdenken und im Anschluss zu widerrufen. Der Kläger, der vorgetragen habe, verwirrt und abgelenkt gewesen zu sein, habe bereits in der Besprechung die Möglichkeit gehabt, Nachfragen zu stellen. Stattdessen habe er die nachfolgenden Raten gezahlte und selbst im Januar 2009 nach Umstellung der Einzugsermächtigung vorbehaltlos weitergezahlt, weshalb sie von einem Fortbestand des Vertrages habe ausgehen dürfen. Sie habe nach sechs Jahren seit Abschluss des Vertrages nicht mehr mit einem Widerruf rechnen müssen. Ein Widerrufsrecht sei daher, ihrer Auffassung nach, verwirkt gewesen. Wegen des weiteren diesbezüglichen Vorbringens der Beklagten wird auf die Klageerwiderung vom 19.08.2014, Bl. 18 ff. GA Bezug genommen.
54Sie behauptet weiter, die handschriftliche Berechnung der Restdarlehensvaluta sei nicht nachvollziehbar. Auch sei nach Auffassung der Beklagten bei der Berechnung der vertraglich vereinbarte Zinssatz zu berücksichtigen, da dieser als marktüblich gelte. Soweit der Kläger Nutzungsersatz geltend mache, betreffe dies allein den gezahlten Zinsanteil und nicht die Tilgungsraten. Auch sei bei einem Immobiliendarlehen lediglich ein Zinssatz von 2,5 Prozentpunkten anzusetzen.
55Ferner befinde sie sich nicht im Annahmeverzug, weil ihr die Restdarlehensvaluta einschließlich Zinsen bisher nicht angeboten worden sei.
56Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitig zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf die im Folgenden getroffenen tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen.
57E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
58Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
59I.
60Der Feststellungsantrag zu Ziffer 1 ist gemäß § 256 ZPO zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Die Widerrufserklärung des Klägers vom 22.08.2013 ist wirksam, da dem Kläger gemäß §§ 495, 355 Abs. 1 BGB in der Fassung vom 02.12.2004 ein Widerrufsrecht zustand, das zum Zeitpunkt der Erklärung noch nicht erloschen war.
61Entgegen der Auffassung der Beklagten hat die zweiwöchige Widerrufsfrist des § 355 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. mangels ordnungsgemäßer Belehrung gemäß § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. nicht zu laufen begonnen.
62Der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben. Er ist daher gemäß § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. auch über den Beginn der Widerrufsfrist eindeutig zu informieren (vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil v. 17.10.2012, Az. 4 U 194/11). An einer solchen hinreichenden Belehrung fehlt es im vorliegenden Fall, weshalb auch das Widerrufsrecht nicht gemäß § 355 Abs. 3 S. 1 BGB a.F. sechs Monate nach Vertragsschluss erloschen ist. Unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist die in der vorliegenden Vertragsurkunde enthaltende Widerrufsbelehrung hinsichtlich des Beginns der Frist unzureichend (vgl. BGH, Urteil vom 01.03.2012, Az. III ZR 83/11 m.w.N.).
63Durch die Verwendung des Begriffs „frühestens“ wird der Verbraucher nach geltender Rechtsprechung (vgl. BGB a.a.O.) nicht eindeutig über den Beginn der Widerrufsfrist belehrt. Der Verbraucher kann der verwendeten Formulierung zwar entnehmen, dass der Beginn des Fristlaufs gegebenenfalls noch von weiteren Vor-aussetzungen abhängt, er wird jedoch darüber im Unklaren gelassen, um welche (etwaigen) Umstände es sich dabei handelt.
64Ohne Erfolg wendet die Beklagte ein, dass die Widerrufsfrist gleichwohl zu laufen begonnen habe, weil die Belehrung dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der bis zum 31.03.2008 geltenden Fassung entsprochen habe, und sie sich daher auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV berufen könne. Entgegen der Auffassung der Beklagten kann sie sich nicht auf diese Gesetzesfiktion berufen, da sie gegenüber dem Kläger kein Formular für die Widerrufsbelehrung verwendet hat, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der damaligen Fassung in der jeder Hinsicht entspricht. Der Bundesgerichtshof hat bereits mehrfach entschieden, dass sich ein Unternehmer auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV von vornherein nur dann berufen kann, wenn er gegenüber dem Verbraucher ein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der jeweils maßgeblichen Fassung sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht (vgl. BGH, Urteil v. 01.12.2010, Az. VIII ZR 82/10; BGH, Urteil v. 01.03.2012, Az. III ZR 83/11; BGH, Urteil v. 18.03.2014, Az. II ZR 109/13). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
65Die verwendete Widerrufsbelehrung enthält zwei Fußnotenverweise ( „ zu 1 “ sowie „Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen 2 “ […]), die in dem Mustertext nicht enthalten sind und damit eine Abweichung hiervon darstellen.
66Bei den eingefügten Fußnoten handelt sich sowohl um eine formale Abweichung vom Mustertext als auch um eine inhaltliche, da insbesondere die Ausführung zur zweiten Fußnote („Bitte Frist im Einzelfall prüfen“) eine Aufforderung an den Kunden beinhaltet, die der Mustertext nicht vorsieht. Hierbei handelt es sich auch nicht um eine marginale Abweichung zum Mustertext, da der Kunde – insbesondere durch die Ausführungen zur zweiten Fußnote – den Eindruck gewinnen kann, er müsse den Fristbeginn selbständig prüfen. Dies führt ganz offensichtlich zu weiteren Unklarheiten des Verbrauchers hinsichtlich des Fristbeginns (so auch: OLG München, Urteil v. 21.10.2013, Az., 19 U 1208/13, Brandenburgisches OLG a.a.O). Die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung kann daher nicht an die Fiktionswirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV anknüpfen.
67Die Kammer folgt damit nicht der in der Rechtsprechung teilweise verfolgten Auffassung, wonach eine Abweichung vom Mustertext durch die eingefügten Fußnotenverweisungen nicht ersichtlich sei, da sich lediglich die Ziffern in dem Belehrungstext befänden, während der dazugehörige Text zum Einen unterhalb der Unterschrift des Darlehensnehmer stehe und diese sich zum Anderen erkennbar an den Sachbearbeiter der Bank wende (vgl. LG Berlin GWR 2013, S. 232; LG Hagen, Urteil v. 30.10.2014, Az. 9 O 73/14; LG Nürnberg-Fürth, Urteil v. 13.03.2014, Az. 10 O 7640/13).
68Fußnoten ist es immanent, dass sie als Ziffern im Text erkennbar sind und sich der dazugehörige Text am Ende der Seite befindet. Eine Fußnote ist eine Anmerkung, die im Druck-Layout aus dem Fließtext ausgelagert wird, um den Text flüssig lesbar zu gestalten. Angesichts dessen bezieht der Leser (automatisch) durch die Fußnotenverweise den Text der Fußnoten in den Belehrungstext mit ein. Die teilweise angenommene Trennung (vgl. LG Berlin a.a.O.) ist lebensfremd und widerspricht dem Sinn und Zweck der Verwendung einer Fußnote.
69Soweit die Beklagte die Auffassung, vertritt die Fußnote richte sich ganz offensichtlich an ihre Mitarbeiter (so auch: LG Berlin a.a.O, LG Hagen a.a.O, LG Nürnberg-Fürth a.a.O.), die nach Prüfung die jeweils einschlägige Frist einsetzen sollten, überzeugt dies nicht, denn wenn es sich um eine Art Arbeitsanweisung für Mitarbeiter handeln soll, erklärt das nicht, warum die Fußnote dann in der Ausfertigung für den Verbraucher verblieben ist.
70Auch ist dem Inhalt der Fußnote nicht zweifelsfrei zu entnehmen, dass es sich hierbei allein um eine Anweisung an den Sachbearbeiter handelt. Die Formulierung „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“ ist nicht ergänzt durch die Nennung eines potentiellen Adressaten wie etwa „Anweisung an Sparkassen-Mitarbeiter“ o.ä. und kann vom Kunden durchaus so verstanden werden, dass er die in Betracht kommende Frist zu ermitteln hat. Die durch diese missverständliche Formulierung entstehenden Unsicherheiten können nach Auffassung der Kammer nicht zu Lasten des Widerrufsberechtigten gehen.
71Ohne Erfolg wendet die Beklagte in diesem Zusammenhang ein, dass der Kläger die Widerrufsbelehrung nicht gelesen habe und damit auch keine (weitere) Unklarheit bei ihm entstehen konnte. Für die Frage der Abweichung von dem Muster in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV und der hieran anknüpfenden Fiktion kommt es nicht auf den Leser im Einzelfall an, vielmehr ist allein der objektive Empfängerhorizont maßgebend (vgl. hierzu BGH, Urteil v. 15.08.2012, Az. VIII ZR 378/11 m.w.N.; OLG Karlsruhe, Urteil v. 08.12.2011, Az. 9 U 52/11; Landgericht Dessau-Roßlau, Urteil v. 15.03.2013, Az. 1 T 338/12). Von daher war auch der als Beweismittel für die Behauptung der Beklagten angegebenen Parteivernehmung nicht nachzugehen.
72Angesichts der bereits festgestellten Abweichung von der Musterbelehrung kann dahingestellt bleiben, ob die Belehrung in Bezug auf den Zusatz zu finanzierten Geschäften ebenfalls fehlerhaft ist.
73Der am 22.08.2013 eingelegte Widerruf des Klägers war damit nicht verfristet.
74Auch eine Verwirkung des Widerrufsrechts i.S.d. § 242 BGB ist - entgegen der Auffassung der Beklagten – nicht gegeben.
75Zwar hat das Oberlandesgericht Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 09.01.2014 (Az. I-14 U 55/13) entschieden, dass das für eine Verwirkung erforderliche Zeitmoment bereits nach fünf Jahren angenommen werden könne, was vorliegend erfüllt wäre. Eine Verwirkung scheitert vorliegend jedoch jedenfalls daran, dass das ebenfalls erforderliche sogenannte Umstandmoment nicht vorliegt (vgl. hierzu OLG Nürnberg WM 2014, S. 1953 m.w.N.). In dem vom 14. Senat des Oberlandesgerichts Düsseldorf zu entscheidenden Fall (vgl. OLG Düsseldorf a.a.O) war der Widerruf des Vertrages erst fünf Jahre nach vollständiger beiderseitiger Erfüllung sämtlicher Verpflichtungen aus dem Kreditvertrag erfolgt. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Unstreitig war der streitgegenständliche Darlehensvertrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht abgelöst worden, weshalb eine Verwirkung auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des 14. Senats des Oberlandesgerichts Düsseldorf nicht angenommen werden kann.
76Auch sonst sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die eine Verwirkung des Widrrufsrechts i.S.d. § 242 BGB stützen.
77Zwar ist zwischen den Parteinen unstreitig, dass der Kläger seinen Darlehensverpflichtungen uneingeschränkt Folge geleistet und darüber hinaus im Jahr 2009 seine diesbezügliche Einzugsermächtigung geändert hat.
78Allein die ordnungsgemäße, regelmäßige Tilgung eines Kreditvertrages reicht jedoch zur Begründung eines Vertrauensschutzes i.S.d. § 242 BGB nicht aus. Denn hierbei handelte es sich lediglich um die vertraglich geschuldete Verpflichtung des Darlehensnehmers. Der Darlehensnehmer konnte und musste mangels ordnungsgemäßer Belehrung über sein Widerrufsrecht davon ausgehen, dass er mangels Möglichkeit, vom Vertrag Abstand nehmen zu können, seiner vertraglich geschuldeten Verpflichtung nachkommen musste, um finanzielle Nachteile bei einer Nichtleistung zu vermeiden. Gleiches gilt, soweit der Kläger seine Einzugsermächtigung im Jahr 2009 geändert hat. Auch dies stellte lediglich seine vertragliche geschuldete Leistung sicher.
79Soweit die Beklagte zudem einwendet, der Widerruf sei rechtsmissbräuchlich i.S.d. § 242 BGB erfolgt, vermag auch dieser Einwand nicht durchzugreifen.
80Ist eine Widerrufsbelehrung unwirksam, so weiß der Belehrte regelmäßig nicht, dass er den Vertrag gegebenenfalls noch widerrufen kann. Ein Vertrauenstatbestand zugunsten desjenigen, der die Belehrung nicht bzw. nicht richtig erteilt hat, kann daher regelmäßig nicht entstehen (BGH, Urteil v. 12.12.2005, Az. II ZR 327/04). So entschied der Bundesgerichtshof jüngst mit Urteil vom 05.05.2014 (IV ZR 76/11) im Hinblick auf § 5a VVG a.F., dass die dortige Beklagte schon deshalb kein schutzwürdiges Vertrauen in Anspruch nehmen könne, weil sie die Situation selbst herbeigeführt habe, indem sie dem Kläger keine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erteilt habe. Ist dem Belehrenden an Rechtssicherheit gelegen, so steht es ihm frei, durch die Nachholung der Widerrufsbelehrung die Widerrufsfrist in Gang zu setzen (Palandt-Grüneberg, BGB-Kommentar 73. Auflage 2014, § 242 Rdnr. 107). Dies ist vorliegend nicht erfolgt.
81Die Beklagte hat danach durch ihr eigenes Verhalten – der Verwendung einer unwirksamen Widerrufsbelehrung – dem Kläger ein unbefristet bestehendes Widerrufsrecht eingeräumt. Sie kann sich daher ihrerseits nicht darauf berufen, es sei treuwidrig, dass der Kläger dieses Recht, das sie ihm selbst eingeräumt hat, nunmehr in Anspruch nimmt und ausübt. Bei Ausübung seines Widerrufsrechts innerhalb der Widerrufsfrist hat der Darlehensnehmer weder ein schutzwürdiges Interesse nachzuweisen, noch darzulegen, aus welchen Gründen er sein Widerrufsrecht ausübt, § 355 Abs.1 S. 4 BGB. Dieses Recht muss ihm auch dann zustehen, wenn er sein Widerrufsrecht mangels eines Fristablaufs zu einem späteren Zeitpunkt ausübt. Würde sich die Beklagte auf eine Treuwidrigkeit der Ausübung des durch ihr Verhalten ausgelösten unbefristeten Widerrufsrechts berufen können, würde der Kläger im Ergebnis so gestellt werden, als sei die Widerrufsbelehrung wirksam gewesen und ein Widerrufsrecht nicht (mehr) gegeben. So würde die Belehrung gerade jene Wirkung ausüben, die ihr von Rechts wegen versagt ist und der bezweckte Verbraucherschutz hierdurch unterlaufen werden (vgl. hierzu: BGH Urteil v. 15.05.2014, Az. III ZR 368/13).
82Vor diesem Hintergrund hat der Kläger - entgegen der Auffassung der Beklagten - weder ein schutzwürdiges Interesse am Widerruf seines Darlehensvertrages darzulegen, noch ist ihm anzulasten, er habe die Widerrufsbelehrung nicht gelesen und hätte angesichts bestehender Zeitnot im Hinblick auf die fällige Kaufpreiszahlung ohnehin – auch bei ordnungsgemäßer Belehrung – den Darlehensvertrag nicht widerrufen. Diesen Einwänden der Beklagten war auch nicht im Rahmen einer Beweisaufnahme nachzugehen, da der Kläger nicht verpflichtet ist, diese Nachweise zu erbringen. Da ein Vertrauenstatbestand – wie bereits ausgeführt – für die Beklagte nicht bestand, konnte der Kläger gemäß den gesetzlichen Vorgaben sein Widerrufsrecht ausüben. Danach bedurfte es einer Widerrufserklärung, die den Anforderungen des § 355 Abs. 1 BGB genügt. Dies ist bei der Widerrufserklärung vom 22.08.2013 unstreitig der Fall.
83II.
84Der Klageantrag zu Ziffer 2 hat in der Sache indessen weder in Bezug auf den Hauptantrag noch hinsichtlich der gestellten Hilfsanträge Erfolg. Soweit der Hauptantrag sich auf ein Restvaluta in Höhe von 87.460,06 € bezieht, ist bereits nicht schlüssig dargelegt, wie der Kläger diese Summe im Einzelnen berechnet hat. Ohne Erfolg stützt der Kläger sein Vorbringen auf die als Anlage zur Gerichtsakte gereichte handschriftliche Berechnung, die – insbesondere auch mangels Lesbarkeit – für die Kammer in keiner Weise nachvollziehbar und damit überprüfbar ist.
85Gleiches gilt, soweit der Kläger im Hilfsantrag festgestellt haben will, dass er der Beklagten aus dem Kreditvertrag Nr. 6 200 125 810 zum 30.03.2014 nicht mehr als 86.822,19 € abzüglich ab dem 01.04.2014 monatlich gezahlter 529,17 € schuldet. Auch insoweit ist nicht nachvollziehbar, wie der Kläger diese Summe errechnet hat.
86Auch der weitere hilfsweise gestellt Antrag, festzustellen, dass der Kläger der Beklagten aus dem Darlehensvertrag Nummer 6 200 125 810 nur die nach Abzug sämtlicher Zahlungen an die Beklagte zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit Zahlung der einzelnen Raten, die verbleibende Nettodarlehenssumme nebst Wertersatz in Form banküblicher Verzinsung der Nettodarlehenssumme schulde, hat in der Sache keinen Erfolg.
87Entgegen der Auffassung des Klägers schuldet er der Beklagten nicht zwangsläufig Wertersatz in Form banküblicher Verzinsung. Vielmehr muss er dafür darlegen, dass die bankübliche bzw. marktübliche Verzinsung unterhalb der vertraglich vereinbarten Verzinsung lag. Dies hat der Kläger jedoch nicht vorgetragen.
88Bei einem erfolgreichen Widerruf wandelt sich das Schuldverhältnis in ein Rückgewährschuldverhältnis um. Seit dem 13.6.2014 enthält zwar§ 357 a BGB abschließende Regelungen über die Rechtsfolgen des Widerrufs von Verträgen über Finanzdienstleistungen. Für Verbraucherverträge, die vor dem 13.6.2014 abgeschlossen wurden, gilt die Norm allerdings nicht, Artikel 229 § 32 Abs. 1 EGBGB. Vielmehr sind danach die Regelungen des BGB in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung anzuwenden, wodurch für die Altverträge auf Grund der Verweisung in§ 357 Abs. 1 BGB die Vorschriften über den Rücktritt (§§ 346 ff. BGB) einschlägig sind. Nach § 346 Abs. 1 BGB sind die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben bzw. es ist nach § 346 Abs. 2 BGB Wertersatz zu leisten. Danach ist dem Darlehensgeber die ausgezahlte Nettodarlehenssumme zurückzugewähren. Hinsichtlich des erhaltenen Darlehens schuldet der Darlehensnehmer ferner Wertersatz für die zeitlich begrenzte Möglichkeit der Kapitalnutzung (vgl. hierzu: OLG Düsseldorf, Urteil v. 17.01.2013, Az. I-6 U 64/12).
89Nach § 346 Abs. 2 Hs. 1 BGB ist der vertraglich vereinbarte Darlehenszins bei der Berechnung des Wertersatzes zu Grunde zu legen. Allerdings steht dem Darlehensnehmer nach § 346 Abs. 2, S. 2 Hs. 2 BGB der Nachweis offen, dass der Wert des Gebrauchsvorteils niedriger war. Dadurch kann statt des vertraglich vereinbarten Darlehenszinses der unter Umständen deutlich günstigere Marktzins, das heißt eine objektive Größe, maßgeblich sein (vgl. hierzu BGH, Urteil v. 12.11.2002, Az. XI ZR 47/01: KG Berlin, Urteil v. 22.12.2014, Az. 24 U 169/13; OLG Köln, Beschluss vom 19.06.2013, Az. 13 U 122/12; OLG Düsseldorf, Urteil v. 17.01.2013, Az. I-6 U 64/12)).
90Dass der marktübliche Zinssatz für ein vergleichbares Darlehen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geringer gewesen ist, hat der Kläger nicht vorgetragen. Damit kann jedoch nicht festgestellt werden, dass er – wie beantragt - bei der Wertersatzberechnung auf eine marktübliche/banküblich Verzinsung zurückgreifen kann.
91III.
92Auch der Feststellungsantrag, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Restvaluta aufgrund des Schreibens des Klägers vom 09.09.2013 im Annahmeverzug befindet, hat in der Sache keinen Erfolg. Die Voraussetzungen für einen Annahmeverzug, § 293 BGB, liegen nicht vor. In dem Schreiben vom 09.03.2013 hat der Kläger lediglich „den aktuellen Darlehenssaldo“ angeboten, ohne einen konkreten Betrag zu beziffern und ohne den Anspruch der Beklagten auf Wertersatz zu berücksichtigen. Der Beklagten ist mangels dieser Angaben die Leistung nicht verzugsauslösend angeboten worden.
93IV.
94Entsprechend hat auch der Klageantrag zu Ziffer 4, die Zustimmung auf Löschung der eingetragenen Grundschuld im Grundbuch von Ratingen, Blatt 4276 Abt. 3 im Nennwert von 100.000,00 €, in der Sache keinen Erfolg. Ein Anspruch hierauf besteht mangels eines Annahmeverzuges seitens der Beklagten erst nach Rückzahlung der Restdarlehensvaluta zuzüglich Wertersatz. Dies ist bisher nicht erfolgt.
95V.
96Der zuerkannte Anspruch auf vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen ergibt sich aus §§ 280 Abs. 1, 288, 291 BGB. Hierbei ist jedoch nur der Geschäftswert zugrundezulegen, der seiner Höhe nach dem Streitwert der berechtigten Forderung entspricht (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB-Kommentar 73. Auflage 2014, § 249 RdNr. 39). Im Übrigen ist die Klage daher abzuweisen.
97VI.
98Der Inhalt nachgelassenen Schriftsatzes der Beklagten vom 09.02.2015 gab keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung i.S.d des § 156 ZPO, da kein entscheidungserheblicher neuer Tatsachenvortrag erfolgt ist.
99VII.
100Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
101Streitwert: bis 90.000,00 €
102Klageantrag zu Ziffer 1: bis 30.000,00 €
103Klageantrag zu Ziffer 2: bis 30.000,00 €
104Klageantrag zu Ziffer 3,5: 0,00 €
105Klageantrag zu Ziffer 4: bis 30.000,00 €
106Wenzel |
Dr. Webler |
Richterin Dr. Schumacherist wegen der Abordnung an ein Amtsgericht an der Unterschrift gehindert. Wenzel |
Rechtsbehelfsbelehrung:
108Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
109a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
110b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist.
111Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf, Cecilienallee 3, 40474 Düsseldorf, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
112Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Düsseldorf zu begründen.
113Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
114Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Tenor
Es wird festgestellt, dass der Darlehensvertrag vom 30.07.2007 über einen Nettokredit in Höhe von 100.000,00 € mit der Darlehens-Nr. 6 200 125 810 durch den Widerruf des Klägers vom 22.08.2013 beendet worden ist.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.358,69 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.05.2014 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtstreits tragen der Kläger zu 2/3 und die Beklagten zu 1/3.
Das Urteil ist für die Parteien in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
T a t b e s t a n d :
3Die Parteien schlossen am 30.07.2007 einen Darlehensvertrag (Nr. 6 200 125 810) über eine Gesamtsumme in Höhe von 100.000,00 €. Der Kläger verwendete das Geld zur Zahlung des Kaufpreises des von ihm bewohnten Grundbesitzes. Hierzu hatte er unter dem 19.07.2007 einen notariellen Kaufvertrag geschlossen (UR-Nr. 1586/2007S), der den Kaufpreis zum 31.07.2007 fällig stellte. Zur Sicherung des Darlehens wurde eine erstrangige Buchgrundschuld in Höhe von 100.000,00 € im Grundbuch von Ratingen, Blatt X, Flur X, Flurstück X bestellt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Darlehensvertrages wird auf Anlage K 5 verwiesen.
4Im Zusammenhang mit dem Darlehensvertrag unterzeichnete der Kläger eine ihm ebenfalls ausgehändigte Widerrufsbelehrung. In der verwendeten Widerrufsbelehrung heißt es:
5„Widerrufsbelehrung zu 1 Darlehen Nr. 6 200 125 810
6Widerrufsrecht
7Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen2
8ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Der Widerruf ist zu richten an:
9(Name, Firma und ladungsfähige Anschrift des Kreditinstituts, ggf. Fax-Nr., E-Mail-Adresse und/oder, wenn der Verbraucher eine Bestätigung seiner Widerrufserklärung erhält, auch eine Internet –Adresse).
10X
11[…]
12Unterhalb der Unterschrift des Klägers befinden sich folgende Fußnotentexte:
13„ 1 Bezeichnung des konkret betroffenen Geschäfts, z.B. Darlehensvertrag vom ….
142 Bitte Frist im Einzelfall prüfen.“
15Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf Anlage K 5 Bezug genommen.
16In der Folgezeit zahlte der Kläger die vereinbarten monatlichen Zins- und Tilgungsraten in Höhe von jeweils 529,17 €. Im Januar 2009 stellte er seine diesbezügliche erteilte Einzugsermächtigung auf eine andere Kontoverbindung um.
17Mit Schreiben vom 22.08.2013 erklärte der Kläger den Widerruf des Darlehensvertrages (Anlage K4). Mit Schreiben vom 09.09.2013 teilte er der Beklagten mit, die weiteren Darlehensraten unter Vorbehalt zu zahlen und bot an, „den aktuellen Darlehenssaldo zu zahlen“, Anlage K5.
18Der Kläger ist der Auffassung, die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung verstoße durch die Verwendung des Begriffs „frühestens“ gegen das Deutlichkeitsgebot. Da die Belehrung nicht der Musterwiderrufsbelehrung der Anlage 2 des § 14 BGB-InfoV entspreche, könne sich die Beklagte auch nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion berufen, weshalb eine inhaltliche Überprüfung der Belehrung vorzunehmen sei. Vorliegend verstoße die Belehrung - nicht nur marginal - gegen die Vorgaben der Musterbelehrung, und dies insbesondere im Hinblick auf die von der Beklagten abweichend eingefügten zwei Fußnoten. Die zweite Fußnote mit dem Inhalt „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“ führe zur Irritationen auf Seiten des Darlehensnehmers. Des Weiteren weise die Belehrung einen erheblichen Fehler im Bereich der Belehrung zu den „finanzierten Geschäften“ auf, weil vorliegend zum Einen kein finanziertes Geschäft gegeben sei, zum Anderen kumulative Belehrungen im zweiten Satz des ersten Absatzes verbundene Geschäfte beträfen und damit der Darlehensnehmer sich aussuchen könne, auf welche Vertragsart sich diese Belehrung beziehen solle.
19Der Kläger behauptet weiter, ausweislich der handschriftlichen Berechnungen seines Prozessvertreters (Anlage 1) belaufe sich der aktuelle Darlehenssaldo auf 87.460,06 € abzüglich seiner weiterhin gezahlten monatlichen Darlehensraten in Höhe von 529,17 €. Er müsse an die Beklagte jedenfalls keinen höheren Betrag als 86.822,19 € zahlen.
20Der Kläger hat ursprünglich angekündigt zu beantragen,
211.
22festzustellen, dass der Darlehensvertrag vom 30.07.2007 über einen Nettokredit in Höhe von 100.00,00 € mit der Darlehens-Nr. 6 200 125 810 durch seinen Widerruf vom 22.08.2013 zum 22.08.2013 beendet worden ist;
232.
24festzustellen, dass er der Beklagten aus dem Kreditvertrag Nr. 6 200 125 810 zum 30.03.2014 die fällige Restvaluta in Höhe von 87.460,06 € schuldet;
253.
26festzustellen, dass die Beklagte sich mit der Annahme der Restvaluta gemäß Klageantrag zu Ziffer 2 im Annahmeverzug befindet;
274.
28die Beklagte zu verurteilen, ihre Zustimmung zur Löschung der im Grundbuch von Ratingen, Blatt 4276 Abt. 3 zu ihren Gunsten eingetragene Grundschuld im Nennwert von 100.000,00 € zu erteilen;
295.
30die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.348,94 € nebst gesetzlichem Verzugszins ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
31Mit Schriftsatz vom 25.09.2014 hat er seine Klage in Bezug auf den Klageantrag zu Ziffer 2 geändert und um den Hilfsantrag zu Ziffer 2b ergänzt. Mit Schriftsatz vom 15.01.2015 hat er den Klageantrag zu Ziffer 2 um einen weiteren Hilfsantrag (Ziffer 2a) ergänzt.
32Er beantragt daher nunmehr,
331.
34festzustellen, dass der Darlehensvertrag vom 30.07.2007 über einen Nettokredit in Höhe von 100.00,00 € mit der Darlehens-Nr. 6 200 125 810 durch seinen Widerruf vom 22.08.2013 zum 22.08.2013 beendet worden ist;
352.
36festzustellen, dass er der Beklagten aus dem Kreditvertrag Nr. 6 200 125 810 zum 30.03.2014 die fällige Restvaluta in Höhe von 87.460,06 € abzüglich ab dem 01.04.2014 monatlich gezahlter 529,17 € schuldet;
37hilfsweise,
38a)
39festzustellen, dass er der Beklagten aus dem Kreditvertrag Nr. 6 200 125 810 zum 30.03.2014 nicht mehr als 86.822,19 € abzüglich ab dem 01.04.2014 monatlich gezahlter 529,17 € schuldet;
40hilfsweise,
41b)
42festzustellen, dass er der Beklagten aus dem Darlehensvertrag Nummer 6 200 125 810 nur die nach Abzug sämtlicher Zahlungen des Klägers an die Beklagte zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit Zahlung der einzelnen Raten, die verbleibende Nettodarlehenssumme nebst Wertersatz in Form banküblicher Verzinsung der Nettodarlehenssumme schulde;
433.
44festzustellen, dass die Beklagte sich mit der Annahme der Restvaluta gemäß Klageantrag zu Ziffer 2 im Annahmeverzug befindet;
454.
46die Beklagte zu verurteilen, ihre Zustimmung zur Löschung der im Grundbuch von Ratingen, Blatt 4276 Abt. 3 zu ihren Gunsten eingetragene Grundschuld im Nennwert von 100.000,00 € zu erteilen;
475.
48die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.348,94 € nebst gesetzlichem Verzugszins ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
49Die Beklagte beantragt,
50die Klage abzuweisen.
51Sie ist der Auffassung, der Widerruf sei verfristet, jedenfalls aber rechtsmissbräuchlich erfolgt bzw. verwirkt. Die streitgegenständliche Belehrung entspreche der Musterbelehrung sowohl inhaltlich als auch im Hinblick auf ihre Form. Sie sei lediglich – und zwar allein, um die Verständlichkeit aus Sicht des maßgeblichen „Durchschnittskunden“ zu erhöhen – sprachlich geringfügig umformuliert worden. Diese Modifikationen würden sich aber allein auf den Zusatz für verbundene Geschäfte beziehen, dieser Zusatz sei vorliegend jedoch nicht einmal erforderlich, da es sich nicht um ein verbundenes Geschäft handele. Die verwendete Hochzahl sei lediglich ein Bearbeitungshinweis und habe keine Auswirkung auf den Inhalt oder die Form der Belehrung.
52Die Widerrufserklärung des Klägers sei zudem rechtsmissbräuchlich. Sie behauptet, da dieser bereits den notariellen Kaufvertrag unterzeichnet gehabt und sich gezwungen gesehen habe, bis zum 31.08.2007 eine Finanzierung des Kaufpreises zu erhalten, hätte er den Darlehensvertrag vom 30.08.2007 auch bei einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung nicht widerrufen. Der Kläger habe sich die Widerrufsbelehrung nicht einmal durchgelesen. Mangels Kenntnisnahme des Inhaltes, könnten Abweichungen von der Musterwiderrufsbelehrung ihn erst recht nicht verwirrt haben.
53Der Kläger habe kein schutzwürdiges Interesse geltend gemacht, das einen Widerruf rechtfertige. Ihm gehe es allein darum, von dem gesunkenen Zinsniveau zu profitieren. Zweck eines Widerrufs sei es jedoch, nach einer übereilten Entscheidung die Möglichkeit zu haben, diese zu überdenken und im Anschluss zu widerrufen. Der Kläger, der vorgetragen habe, verwirrt und abgelenkt gewesen zu sein, habe bereits in der Besprechung die Möglichkeit gehabt, Nachfragen zu stellen. Stattdessen habe er die nachfolgenden Raten gezahlte und selbst im Januar 2009 nach Umstellung der Einzugsermächtigung vorbehaltlos weitergezahlt, weshalb sie von einem Fortbestand des Vertrages habe ausgehen dürfen. Sie habe nach sechs Jahren seit Abschluss des Vertrages nicht mehr mit einem Widerruf rechnen müssen. Ein Widerrufsrecht sei daher, ihrer Auffassung nach, verwirkt gewesen. Wegen des weiteren diesbezüglichen Vorbringens der Beklagten wird auf die Klageerwiderung vom 19.08.2014, Bl. 18 ff. GA Bezug genommen.
54Sie behauptet weiter, die handschriftliche Berechnung der Restdarlehensvaluta sei nicht nachvollziehbar. Auch sei nach Auffassung der Beklagten bei der Berechnung der vertraglich vereinbarte Zinssatz zu berücksichtigen, da dieser als marktüblich gelte. Soweit der Kläger Nutzungsersatz geltend mache, betreffe dies allein den gezahlten Zinsanteil und nicht die Tilgungsraten. Auch sei bei einem Immobiliendarlehen lediglich ein Zinssatz von 2,5 Prozentpunkten anzusetzen.
55Ferner befinde sie sich nicht im Annahmeverzug, weil ihr die Restdarlehensvaluta einschließlich Zinsen bisher nicht angeboten worden sei.
56Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitig zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf die im Folgenden getroffenen tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen.
57E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
58Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
59I.
60Der Feststellungsantrag zu Ziffer 1 ist gemäß § 256 ZPO zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Die Widerrufserklärung des Klägers vom 22.08.2013 ist wirksam, da dem Kläger gemäß §§ 495, 355 Abs. 1 BGB in der Fassung vom 02.12.2004 ein Widerrufsrecht zustand, das zum Zeitpunkt der Erklärung noch nicht erloschen war.
61Entgegen der Auffassung der Beklagten hat die zweiwöchige Widerrufsfrist des § 355 Abs. 1 S. 2 BGB a.F. mangels ordnungsgemäßer Belehrung gemäß § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. nicht zu laufen begonnen.
62Der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben. Er ist daher gemäß § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a.F. auch über den Beginn der Widerrufsfrist eindeutig zu informieren (vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil v. 17.10.2012, Az. 4 U 194/11). An einer solchen hinreichenden Belehrung fehlt es im vorliegenden Fall, weshalb auch das Widerrufsrecht nicht gemäß § 355 Abs. 3 S. 1 BGB a.F. sechs Monate nach Vertragsschluss erloschen ist. Unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist die in der vorliegenden Vertragsurkunde enthaltende Widerrufsbelehrung hinsichtlich des Beginns der Frist unzureichend (vgl. BGH, Urteil vom 01.03.2012, Az. III ZR 83/11 m.w.N.).
63Durch die Verwendung des Begriffs „frühestens“ wird der Verbraucher nach geltender Rechtsprechung (vgl. BGB a.a.O.) nicht eindeutig über den Beginn der Widerrufsfrist belehrt. Der Verbraucher kann der verwendeten Formulierung zwar entnehmen, dass der Beginn des Fristlaufs gegebenenfalls noch von weiteren Vor-aussetzungen abhängt, er wird jedoch darüber im Unklaren gelassen, um welche (etwaigen) Umstände es sich dabei handelt.
64Ohne Erfolg wendet die Beklagte ein, dass die Widerrufsfrist gleichwohl zu laufen begonnen habe, weil die Belehrung dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der bis zum 31.03.2008 geltenden Fassung entsprochen habe, und sie sich daher auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV berufen könne. Entgegen der Auffassung der Beklagten kann sie sich nicht auf diese Gesetzesfiktion berufen, da sie gegenüber dem Kläger kein Formular für die Widerrufsbelehrung verwendet hat, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV in der damaligen Fassung in der jeder Hinsicht entspricht. Der Bundesgerichtshof hat bereits mehrfach entschieden, dass sich ein Unternehmer auf die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV von vornherein nur dann berufen kann, wenn er gegenüber dem Verbraucher ein Formular verwendet hat, das dem Muster der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV in der jeweils maßgeblichen Fassung sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht (vgl. BGH, Urteil v. 01.12.2010, Az. VIII ZR 82/10; BGH, Urteil v. 01.03.2012, Az. III ZR 83/11; BGH, Urteil v. 18.03.2014, Az. II ZR 109/13). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
65Die verwendete Widerrufsbelehrung enthält zwei Fußnotenverweise ( „ zu 1 “ sowie „Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen 2 “ […]), die in dem Mustertext nicht enthalten sind und damit eine Abweichung hiervon darstellen.
66Bei den eingefügten Fußnoten handelt sich sowohl um eine formale Abweichung vom Mustertext als auch um eine inhaltliche, da insbesondere die Ausführung zur zweiten Fußnote („Bitte Frist im Einzelfall prüfen“) eine Aufforderung an den Kunden beinhaltet, die der Mustertext nicht vorsieht. Hierbei handelt es sich auch nicht um eine marginale Abweichung zum Mustertext, da der Kunde – insbesondere durch die Ausführungen zur zweiten Fußnote – den Eindruck gewinnen kann, er müsse den Fristbeginn selbständig prüfen. Dies führt ganz offensichtlich zu weiteren Unklarheiten des Verbrauchers hinsichtlich des Fristbeginns (so auch: OLG München, Urteil v. 21.10.2013, Az., 19 U 1208/13, Brandenburgisches OLG a.a.O). Die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung kann daher nicht an die Fiktionswirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV anknüpfen.
67Die Kammer folgt damit nicht der in der Rechtsprechung teilweise verfolgten Auffassung, wonach eine Abweichung vom Mustertext durch die eingefügten Fußnotenverweisungen nicht ersichtlich sei, da sich lediglich die Ziffern in dem Belehrungstext befänden, während der dazugehörige Text zum Einen unterhalb der Unterschrift des Darlehensnehmer stehe und diese sich zum Anderen erkennbar an den Sachbearbeiter der Bank wende (vgl. LG Berlin GWR 2013, S. 232; LG Hagen, Urteil v. 30.10.2014, Az. 9 O 73/14; LG Nürnberg-Fürth, Urteil v. 13.03.2014, Az. 10 O 7640/13).
68Fußnoten ist es immanent, dass sie als Ziffern im Text erkennbar sind und sich der dazugehörige Text am Ende der Seite befindet. Eine Fußnote ist eine Anmerkung, die im Druck-Layout aus dem Fließtext ausgelagert wird, um den Text flüssig lesbar zu gestalten. Angesichts dessen bezieht der Leser (automatisch) durch die Fußnotenverweise den Text der Fußnoten in den Belehrungstext mit ein. Die teilweise angenommene Trennung (vgl. LG Berlin a.a.O.) ist lebensfremd und widerspricht dem Sinn und Zweck der Verwendung einer Fußnote.
69Soweit die Beklagte die Auffassung, vertritt die Fußnote richte sich ganz offensichtlich an ihre Mitarbeiter (so auch: LG Berlin a.a.O, LG Hagen a.a.O, LG Nürnberg-Fürth a.a.O.), die nach Prüfung die jeweils einschlägige Frist einsetzen sollten, überzeugt dies nicht, denn wenn es sich um eine Art Arbeitsanweisung für Mitarbeiter handeln soll, erklärt das nicht, warum die Fußnote dann in der Ausfertigung für den Verbraucher verblieben ist.
70Auch ist dem Inhalt der Fußnote nicht zweifelsfrei zu entnehmen, dass es sich hierbei allein um eine Anweisung an den Sachbearbeiter handelt. Die Formulierung „Bitte Frist im Einzelfall prüfen“ ist nicht ergänzt durch die Nennung eines potentiellen Adressaten wie etwa „Anweisung an Sparkassen-Mitarbeiter“ o.ä. und kann vom Kunden durchaus so verstanden werden, dass er die in Betracht kommende Frist zu ermitteln hat. Die durch diese missverständliche Formulierung entstehenden Unsicherheiten können nach Auffassung der Kammer nicht zu Lasten des Widerrufsberechtigten gehen.
71Ohne Erfolg wendet die Beklagte in diesem Zusammenhang ein, dass der Kläger die Widerrufsbelehrung nicht gelesen habe und damit auch keine (weitere) Unklarheit bei ihm entstehen konnte. Für die Frage der Abweichung von dem Muster in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV und der hieran anknüpfenden Fiktion kommt es nicht auf den Leser im Einzelfall an, vielmehr ist allein der objektive Empfängerhorizont maßgebend (vgl. hierzu BGH, Urteil v. 15.08.2012, Az. VIII ZR 378/11 m.w.N.; OLG Karlsruhe, Urteil v. 08.12.2011, Az. 9 U 52/11; Landgericht Dessau-Roßlau, Urteil v. 15.03.2013, Az. 1 T 338/12). Von daher war auch der als Beweismittel für die Behauptung der Beklagten angegebenen Parteivernehmung nicht nachzugehen.
72Angesichts der bereits festgestellten Abweichung von der Musterbelehrung kann dahingestellt bleiben, ob die Belehrung in Bezug auf den Zusatz zu finanzierten Geschäften ebenfalls fehlerhaft ist.
73Der am 22.08.2013 eingelegte Widerruf des Klägers war damit nicht verfristet.
74Auch eine Verwirkung des Widerrufsrechts i.S.d. § 242 BGB ist - entgegen der Auffassung der Beklagten – nicht gegeben.
75Zwar hat das Oberlandesgericht Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 09.01.2014 (Az. I-14 U 55/13) entschieden, dass das für eine Verwirkung erforderliche Zeitmoment bereits nach fünf Jahren angenommen werden könne, was vorliegend erfüllt wäre. Eine Verwirkung scheitert vorliegend jedoch jedenfalls daran, dass das ebenfalls erforderliche sogenannte Umstandmoment nicht vorliegt (vgl. hierzu OLG Nürnberg WM 2014, S. 1953 m.w.N.). In dem vom 14. Senat des Oberlandesgerichts Düsseldorf zu entscheidenden Fall (vgl. OLG Düsseldorf a.a.O) war der Widerruf des Vertrages erst fünf Jahre nach vollständiger beiderseitiger Erfüllung sämtlicher Verpflichtungen aus dem Kreditvertrag erfolgt. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Unstreitig war der streitgegenständliche Darlehensvertrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht abgelöst worden, weshalb eine Verwirkung auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des 14. Senats des Oberlandesgerichts Düsseldorf nicht angenommen werden kann.
76Auch sonst sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die eine Verwirkung des Widrrufsrechts i.S.d. § 242 BGB stützen.
77Zwar ist zwischen den Parteinen unstreitig, dass der Kläger seinen Darlehensverpflichtungen uneingeschränkt Folge geleistet und darüber hinaus im Jahr 2009 seine diesbezügliche Einzugsermächtigung geändert hat.
78Allein die ordnungsgemäße, regelmäßige Tilgung eines Kreditvertrages reicht jedoch zur Begründung eines Vertrauensschutzes i.S.d. § 242 BGB nicht aus. Denn hierbei handelte es sich lediglich um die vertraglich geschuldete Verpflichtung des Darlehensnehmers. Der Darlehensnehmer konnte und musste mangels ordnungsgemäßer Belehrung über sein Widerrufsrecht davon ausgehen, dass er mangels Möglichkeit, vom Vertrag Abstand nehmen zu können, seiner vertraglich geschuldeten Verpflichtung nachkommen musste, um finanzielle Nachteile bei einer Nichtleistung zu vermeiden. Gleiches gilt, soweit der Kläger seine Einzugsermächtigung im Jahr 2009 geändert hat. Auch dies stellte lediglich seine vertragliche geschuldete Leistung sicher.
79Soweit die Beklagte zudem einwendet, der Widerruf sei rechtsmissbräuchlich i.S.d. § 242 BGB erfolgt, vermag auch dieser Einwand nicht durchzugreifen.
80Ist eine Widerrufsbelehrung unwirksam, so weiß der Belehrte regelmäßig nicht, dass er den Vertrag gegebenenfalls noch widerrufen kann. Ein Vertrauenstatbestand zugunsten desjenigen, der die Belehrung nicht bzw. nicht richtig erteilt hat, kann daher regelmäßig nicht entstehen (BGH, Urteil v. 12.12.2005, Az. II ZR 327/04). So entschied der Bundesgerichtshof jüngst mit Urteil vom 05.05.2014 (IV ZR 76/11) im Hinblick auf § 5a VVG a.F., dass die dortige Beklagte schon deshalb kein schutzwürdiges Vertrauen in Anspruch nehmen könne, weil sie die Situation selbst herbeigeführt habe, indem sie dem Kläger keine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erteilt habe. Ist dem Belehrenden an Rechtssicherheit gelegen, so steht es ihm frei, durch die Nachholung der Widerrufsbelehrung die Widerrufsfrist in Gang zu setzen (Palandt-Grüneberg, BGB-Kommentar 73. Auflage 2014, § 242 Rdnr. 107). Dies ist vorliegend nicht erfolgt.
81Die Beklagte hat danach durch ihr eigenes Verhalten – der Verwendung einer unwirksamen Widerrufsbelehrung – dem Kläger ein unbefristet bestehendes Widerrufsrecht eingeräumt. Sie kann sich daher ihrerseits nicht darauf berufen, es sei treuwidrig, dass der Kläger dieses Recht, das sie ihm selbst eingeräumt hat, nunmehr in Anspruch nimmt und ausübt. Bei Ausübung seines Widerrufsrechts innerhalb der Widerrufsfrist hat der Darlehensnehmer weder ein schutzwürdiges Interesse nachzuweisen, noch darzulegen, aus welchen Gründen er sein Widerrufsrecht ausübt, § 355 Abs.1 S. 4 BGB. Dieses Recht muss ihm auch dann zustehen, wenn er sein Widerrufsrecht mangels eines Fristablaufs zu einem späteren Zeitpunkt ausübt. Würde sich die Beklagte auf eine Treuwidrigkeit der Ausübung des durch ihr Verhalten ausgelösten unbefristeten Widerrufsrechts berufen können, würde der Kläger im Ergebnis so gestellt werden, als sei die Widerrufsbelehrung wirksam gewesen und ein Widerrufsrecht nicht (mehr) gegeben. So würde die Belehrung gerade jene Wirkung ausüben, die ihr von Rechts wegen versagt ist und der bezweckte Verbraucherschutz hierdurch unterlaufen werden (vgl. hierzu: BGH Urteil v. 15.05.2014, Az. III ZR 368/13).
82Vor diesem Hintergrund hat der Kläger - entgegen der Auffassung der Beklagten - weder ein schutzwürdiges Interesse am Widerruf seines Darlehensvertrages darzulegen, noch ist ihm anzulasten, er habe die Widerrufsbelehrung nicht gelesen und hätte angesichts bestehender Zeitnot im Hinblick auf die fällige Kaufpreiszahlung ohnehin – auch bei ordnungsgemäßer Belehrung – den Darlehensvertrag nicht widerrufen. Diesen Einwänden der Beklagten war auch nicht im Rahmen einer Beweisaufnahme nachzugehen, da der Kläger nicht verpflichtet ist, diese Nachweise zu erbringen. Da ein Vertrauenstatbestand – wie bereits ausgeführt – für die Beklagte nicht bestand, konnte der Kläger gemäß den gesetzlichen Vorgaben sein Widerrufsrecht ausüben. Danach bedurfte es einer Widerrufserklärung, die den Anforderungen des § 355 Abs. 1 BGB genügt. Dies ist bei der Widerrufserklärung vom 22.08.2013 unstreitig der Fall.
83II.
84Der Klageantrag zu Ziffer 2 hat in der Sache indessen weder in Bezug auf den Hauptantrag noch hinsichtlich der gestellten Hilfsanträge Erfolg. Soweit der Hauptantrag sich auf ein Restvaluta in Höhe von 87.460,06 € bezieht, ist bereits nicht schlüssig dargelegt, wie der Kläger diese Summe im Einzelnen berechnet hat. Ohne Erfolg stützt der Kläger sein Vorbringen auf die als Anlage zur Gerichtsakte gereichte handschriftliche Berechnung, die – insbesondere auch mangels Lesbarkeit – für die Kammer in keiner Weise nachvollziehbar und damit überprüfbar ist.
85Gleiches gilt, soweit der Kläger im Hilfsantrag festgestellt haben will, dass er der Beklagten aus dem Kreditvertrag Nr. 6 200 125 810 zum 30.03.2014 nicht mehr als 86.822,19 € abzüglich ab dem 01.04.2014 monatlich gezahlter 529,17 € schuldet. Auch insoweit ist nicht nachvollziehbar, wie der Kläger diese Summe errechnet hat.
86Auch der weitere hilfsweise gestellt Antrag, festzustellen, dass der Kläger der Beklagten aus dem Darlehensvertrag Nummer 6 200 125 810 nur die nach Abzug sämtlicher Zahlungen an die Beklagte zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit Zahlung der einzelnen Raten, die verbleibende Nettodarlehenssumme nebst Wertersatz in Form banküblicher Verzinsung der Nettodarlehenssumme schulde, hat in der Sache keinen Erfolg.
87Entgegen der Auffassung des Klägers schuldet er der Beklagten nicht zwangsläufig Wertersatz in Form banküblicher Verzinsung. Vielmehr muss er dafür darlegen, dass die bankübliche bzw. marktübliche Verzinsung unterhalb der vertraglich vereinbarten Verzinsung lag. Dies hat der Kläger jedoch nicht vorgetragen.
88Bei einem erfolgreichen Widerruf wandelt sich das Schuldverhältnis in ein Rückgewährschuldverhältnis um. Seit dem 13.6.2014 enthält zwar§ 357 a BGB abschließende Regelungen über die Rechtsfolgen des Widerrufs von Verträgen über Finanzdienstleistungen. Für Verbraucherverträge, die vor dem 13.6.2014 abgeschlossen wurden, gilt die Norm allerdings nicht, Artikel 229 § 32 Abs. 1 EGBGB. Vielmehr sind danach die Regelungen des BGB in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung anzuwenden, wodurch für die Altverträge auf Grund der Verweisung in§ 357 Abs. 1 BGB die Vorschriften über den Rücktritt (§§ 346 ff. BGB) einschlägig sind. Nach § 346 Abs. 1 BGB sind die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben bzw. es ist nach § 346 Abs. 2 BGB Wertersatz zu leisten. Danach ist dem Darlehensgeber die ausgezahlte Nettodarlehenssumme zurückzugewähren. Hinsichtlich des erhaltenen Darlehens schuldet der Darlehensnehmer ferner Wertersatz für die zeitlich begrenzte Möglichkeit der Kapitalnutzung (vgl. hierzu: OLG Düsseldorf, Urteil v. 17.01.2013, Az. I-6 U 64/12).
89Nach § 346 Abs. 2 Hs. 1 BGB ist der vertraglich vereinbarte Darlehenszins bei der Berechnung des Wertersatzes zu Grunde zu legen. Allerdings steht dem Darlehensnehmer nach § 346 Abs. 2, S. 2 Hs. 2 BGB der Nachweis offen, dass der Wert des Gebrauchsvorteils niedriger war. Dadurch kann statt des vertraglich vereinbarten Darlehenszinses der unter Umständen deutlich günstigere Marktzins, das heißt eine objektive Größe, maßgeblich sein (vgl. hierzu BGH, Urteil v. 12.11.2002, Az. XI ZR 47/01: KG Berlin, Urteil v. 22.12.2014, Az. 24 U 169/13; OLG Köln, Beschluss vom 19.06.2013, Az. 13 U 122/12; OLG Düsseldorf, Urteil v. 17.01.2013, Az. I-6 U 64/12)).
90Dass der marktübliche Zinssatz für ein vergleichbares Darlehen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geringer gewesen ist, hat der Kläger nicht vorgetragen. Damit kann jedoch nicht festgestellt werden, dass er – wie beantragt - bei der Wertersatzberechnung auf eine marktübliche/banküblich Verzinsung zurückgreifen kann.
91III.
92Auch der Feststellungsantrag, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Restvaluta aufgrund des Schreibens des Klägers vom 09.09.2013 im Annahmeverzug befindet, hat in der Sache keinen Erfolg. Die Voraussetzungen für einen Annahmeverzug, § 293 BGB, liegen nicht vor. In dem Schreiben vom 09.03.2013 hat der Kläger lediglich „den aktuellen Darlehenssaldo“ angeboten, ohne einen konkreten Betrag zu beziffern und ohne den Anspruch der Beklagten auf Wertersatz zu berücksichtigen. Der Beklagten ist mangels dieser Angaben die Leistung nicht verzugsauslösend angeboten worden.
93IV.
94Entsprechend hat auch der Klageantrag zu Ziffer 4, die Zustimmung auf Löschung der eingetragenen Grundschuld im Grundbuch von Ratingen, Blatt 4276 Abt. 3 im Nennwert von 100.000,00 €, in der Sache keinen Erfolg. Ein Anspruch hierauf besteht mangels eines Annahmeverzuges seitens der Beklagten erst nach Rückzahlung der Restdarlehensvaluta zuzüglich Wertersatz. Dies ist bisher nicht erfolgt.
95V.
96Der zuerkannte Anspruch auf vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen ergibt sich aus §§ 280 Abs. 1, 288, 291 BGB. Hierbei ist jedoch nur der Geschäftswert zugrundezulegen, der seiner Höhe nach dem Streitwert der berechtigten Forderung entspricht (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB-Kommentar 73. Auflage 2014, § 249 RdNr. 39). Im Übrigen ist die Klage daher abzuweisen.
97VI.
98Der Inhalt nachgelassenen Schriftsatzes der Beklagten vom 09.02.2015 gab keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung i.S.d des § 156 ZPO, da kein entscheidungserheblicher neuer Tatsachenvortrag erfolgt ist.
99VII.
100Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
101Streitwert: bis 90.000,00 €
102Klageantrag zu Ziffer 1: bis 30.000,00 €
103Klageantrag zu Ziffer 2: bis 30.000,00 €
104Klageantrag zu Ziffer 3,5: 0,00 €
105Klageantrag zu Ziffer 4: bis 30.000,00 €
106Wenzel |
Dr. Webler |
Richterin Dr. Schumacherist wegen der Abordnung an ein Amtsgericht an der Unterschrift gehindert. Wenzel |
Rechtsbehelfsbelehrung:
108Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
109a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
110b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Landgericht zugelassen worden ist.
111Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf, Cecilienallee 3, 40474 Düsseldorf, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils (Datum des Urteils, Geschäftsnummer und Parteien) gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
112Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Oberlandesgericht Düsseldorf zu begründen.
113Die Parteien müssen sich vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
114Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Die Kosten des Revisionsrechtszugs hat die Klägerin zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
- 1
- Die Klägerin veranstaltet Lehrgänge für Naturheilverfahren. Sie verlangt von der Beklagten die Zahlung einer restlichen Kursgebühr in Höhe von 1.782 € nebst Zinsen und vorgerichtlichen Anwaltskosten.
- 2
- Die Beklagte meldete sich am 9. August 2010 über die Internetseite (Homepage, Webseite) der Klägerin zu dem Seminar "Gestalttherapie" an, das in der Zeit vom 9. April 2011 bis zum 20. Mai 2012 stattfand. Die Kursgebühr betrug 1.980 €. Die Beklagte erhielt hierüber mit Datum vom 9. August 2010 eine Anmeldebestätigung der Klägerin. Eine Widerrufsbelehrung war dieser Bestätigung nicht beigefügt. Mit E-Mail vom 19. Dezember 2010 sagte die Beklagte ihre Teilnahme an dem Seminar ab und nahm ihre Anmeldung mit der Bitte um Stornierung der ausgestellten Rechnung zurück. In Erwartung einer gütlichen Einigung zahlte die Beklagte an die Klägerin 198 € (= 10 % der Kurs- gebühr). Die Differenz zur vollen Kursgebühr (1.980 €) ist Gegenstand der Kla- ge.
- 3
- Die Klägerin hat behauptet, die Anmeldung der Beklagten sei über eine Eingabemaske erfolgt, die abschließend mit folgendem Ankreuzkästchen (Kontrollkasten ; sogenannte Checkbox) versehen gewesen sei: "Widerrufserklärung □ Widerrufsbelehrung zur Kenntnis genommen und ausgedruckt oder abgespeichert?"
- 4
- Die Beklagte habe den Kontrollkasten anklicken und damit zugleich dort auch ein Häkchen setzen müssen, um den Anmeldevorgang abschließen und ihre Daten an die Klägerin übersenden zu können.
- 5
- Die Klägerin hat geltend gemacht, die Möglichkeit, die Widerrufsbelehrung auf ihrer Internetseite einzusehen und sodann abzuspeichern oder auszudrucken , genüge den gesetzlichen Anforderungen, so dass die Beklagte die Widerrufsfrist versäumt habe. Jedenfalls sei es der Beklagten nach Treu und Glauben versagt, sich auf einen etwaigen Mangel der Widerrufsbelehrung zu berufen, weil sie mit dem Anklicken des Kontrollkastens und dem Setzen des Häkchens eindeutig zum Ausdruck gebracht habe, die Widerrufsbelehrung ordnungsgemäß erhalten zu haben.
- 6
- Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
- 7
- Die Revision ist unbegründet.
I.
- 8
- Das Berufungsgericht hat einen (restlichen) Vergütungsanspruch der Klägerin verneint, weil die Beklagte ihre auf den Abschluss des Vertrags über die Teilnahme an dem Seminar gerichtete Willenserklärung fristgerecht widerrufen habe.
- 9
- Die von der Klägerin vorgetragene Widerrufsbelehrung habe den gesetzlichen Anforderungen nicht genügt, so dass die zweiwöchige Widerrufsfrist nicht zu laufen begonnen habe. Für die Mitteilung der Widerrufsbelehrung in Textform gemäß § 355 Abs. 3 Satz 1 BGB reiche die bloße Möglichkeit des Abspeicherns oder Ausdruckens einer auf der Internetseite des Unternehmers abrufbaren Widerrufsbelehrung durch den Verbraucher nicht aus. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Gerichtshofs der Europäischen Union sei im Hinblick auf den gemeinschaftsrechtlichen Hintergrund der Regelungen zu dem Widerrufsrecht der Verbraucher bei Abschluss eines Fernabsatzvertrags der Zugang der Widerrufsbelehrung beim Verbraucher in einer zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeigneten Weise erforderlich. Daher müsse der Verbraucher die elektronische Widerrufsbelehrung - wenn er sie nicht per Post oder E-Mail übersandt erhalte - auf seinem eigenen Computer abspeichern oder ausdrucken. Dafür, dass dies hier geschehen sei, habe die Klägerin indes keinen Beweis angeboten.
- 10
- Ob die Beklagte bei ihrer Anmeldung tatsächlich, wie von der Klägerin behauptet, den Kontrollkasten angeklickt und dort ein Häkchen gesetzt habe und es ihr deshalb nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt sei, sich auf den Formverstoß zu berufen, könne offen bleiben. Denn die betreffende Passage innerhalb der behaupteten Eingabemaske der Klägerin sei als Allgemeine Geschäftsbedingung einzuordnen, welche die Beweislast zum Nachteil des Verbrauchers verschiebe und somit gemäß § 309 Nr. 12 Buchst. b BGB unwirksam sei. Die vom Verbraucher im Anmeldevorgang abzugebende Bestätigung, die Widerrufsbelehrung ausgedruckt oder gespeichert zu haben, bringe ihn in die - ihm von Gesetzes wegen nicht zugedachte - Position, darlegen und gegebenenfalls beweisen zu müssen, dass dem gerade nicht so gewesen sei.
II.
- 11
- Auf die Revision der Klägerin ist das angefochtene Urteil einer uneingeschränkten Prüfung zu unterziehen. Entgegen der Meinung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Revision unbeschränkt zugelassen. Es hat im Tenor des Urteils die Revisionszulassung ohne Einschränkungen ausgesprochen. Zwar kann sich eine Beschränkung der Rechtsmittelzulassung auch aus den Entscheidungsgründen ergeben (vgl. etwa BGH, Urteile vom 13. November 2012 - XI ZR 334/11, NJW 2013, 450 Rn. 7 mwN und vom 11. Mai 2012 - V ZR 193/11, NJW 2012, 2648, 2649 Rn. 5). Dies muss sich allerdings klar und eindeutig aus den Gründen des Urteils ableiten lassen. Unzureichend ist es, wenn das Berufungsgericht lediglich eine Begründung für die Zulassung der Revision nennt, ohne weiter erkennbar zu machen, dass es die Zulassung auf den durch die Rechtsfrage betroffenen Teil des Streitgegenstands hat beschränken wollen (s. etwa Senatsurteile vom 8. März 2012 - III ZR 191/11, NZS 2012, 546 Rn. 6 und vom 15. April 2010 - III ZR 196/09, BGHZ 185, 185, 187 Rn. 7; BGH, Urteile vom 11. Mai 2012 aaO; vom 18. März 2010 - I ZR 158/07, BGHZ 185, 11, 16 Rn. 17 und vom 18. Dezember 2008 - I ZR 63/06, GRUR 2009, 515, 516 Rn. 17). Mit seiner Ausführung, es stelle eine klärungsbedürftige grundsätzliche Rechtsfrage dar, ob eine vorformulierte Erklärung des Verbrauchers, er habe eine Widerrufsbelehrung zur Kenntnis genommen und ausgedruckt oder abgespeichert , gemäß § 309 Nr. 12 Buchst. b BGB unwirksam sei, hat das Berufungsgericht seine Zulassungsentscheidung nur erläutert, ohne die Zulassung der Revision erkennbar auf die erwähnte Frage einschränken zu wollen.
- 12
- Abgesehen davon wäre eine Beschränkung der Revisionszulassung auf die Frage der Wirksamkeit dieser Erklärung nicht zulässig, da sich die Beantwortung dieser Rechtsfrage nicht auf einen rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teil des Streitgegenstands beziehen würde (vgl. nur Senatsbeschluss vom 16. Dezember 2010 - III ZR 127/10, WM 2011, 526 Rn. 5 mwN).
III.
- 13
- Das angefochtene Urteil hält der rechtlichen Überprüfung stand. Der Klägerin steht der von ihr geltend gemachte Vergütungsanspruch (§ 611 Abs. 1 BGB) nicht zu, weil die Beklagte ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichtete Willenserklärung nach Maßgabe von § 312d Abs. 1 Satz 1, § 355 Abs. 1 Satz 1 BGB fristgerecht widerrufen hat; maßgeblich ist insoweit, ebenso wie bei allen anderen einschlägigen, Fernabsatzverträge und die damit verbundenen Widerrufs - und Rückgaberechte betreffenden Vorschriften, die bis zum 12. Juni 2014, also bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermitt- lung vom 20. September 2013 (BGBl. I S. 3642), geltende Fassung. Der Beklagten ist es auch nicht - nach Treu und Glauben oder unter Schadensersatzgesichtspunkten - verwehrt, sich auf die mit dem Widerruf verbundenen Rechtsfolgen zu berufen.
- 14
- 1. Bei dem hier im Streit stehenden Vertrag über die Teilnahme an einem Seminar handelt es sich um einen Fernabsatzvertrag im Sinne von § 312b BGB, den die Beklagte als Verbraucher (§ 13 BGB) mit der Klägerin als Unternehmer (§ 14 BGB) abgeschlossen hat. Gemäß § 312d Abs. 1 Satz 1, § 355 BGB steht der Beklagten ein Widerrufsrecht zu.
- 15
- 2. Das Berufungsgericht hat die E-Mail der Beklagten vom 19. Dezember 2010 als Widerrufserklärung ausgelegt. Dies begegnet in rechtlicher Hinsicht keinen Bedenken und wird auch von der Revision nicht beanstandet. Mit ihrer E-Mail vom 19. Dezember 2010 hat die Beklagte gegenüber der Klägerin hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie den Vertrag nicht mehr gegen sich gelten lassen wolle.
- 16
- 3. Der Widerruf der Beklagten ist auch fristgemäß erfolgt.
- 17
- a) Die in § 355 Abs. 2 BGB bestimmte Widerrufsfrist beginnt gemäß § 355 Abs. 3 Satz 1 BGB erst dann, wenn dem Verbraucher eine den Anforderungen des § 360 Abs. 1 BGB entsprechende Belehrung über sein Widerrufsrecht in Textform mitgeteilt wird.
- 18
- b) Nach dem im Revisionsrechtszug zugrunde zu legenden Vorbringen der Klägerin fehlte es an einer formgerechten Mitteilung der Widerrufsbelehrung an die Beklagte, so dass die Widerrufsfrist bis zur Erklärung des Widerrufs der Beklagten nicht zu laufen begonnen hatte.
- 19
- aa) Aus dem Erfordernis der "Mitteilung" der Widerrufsbelehrung an den Verbraucher "in Textform" (§ 355 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 sowie § 126b BGB, ebenfalls in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung) und der Betrachtung der mit den bis zum 12. Juni 2014 gültigen einschlägigen Normen des Bürgerlichen Gesetzbuchs korrespondierenden Vorschriften des Gemeinschaftsrechts (s. insb. Art. 4 Abs. 1 Buchst. f und Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz, ABl. EG 1997 Nr. L 144 S. 19; Erwägungsgrund Nummer 20 der Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG, ABl. EG 2002 Nr. L 271 S. 16) ergibt sich, dass die für die Widerrufsbelehrung erforderlichen Informationen in einer zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeigneten Weise sowohl vom Unternehmer abgegeben werden als auch dem Verbraucher zugehen müssen. Die bloße Abrufbarkeit der Widerrufsbelehrung auf einer gewöhnlichen Webseite ("ordinary website") des Unternehmers reicht hiernach nicht aus, weil die Belehrung auf diese Weise nicht in einer unveränderlichen textlich verkörperten Gestalt in den Machtbereich des Verbrauchers gelangt. Erforderlich ist in diesem Falle vielmehr, dass der Verbraucher die Belehrung per Briefpost oder E-Mail erhält oder auf seinem Computer abspeichert oder selbst ausdruckt. Dies entspricht der nahezu einhelligen Ansicht in der Rechtsprechung und im Schrifttum (vgl. BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 66/08, NJW 2010, 3566, 3567 f Rn. 17 ff; OLG Stuttgart, MMR 2008, 616, 617; KG, MMR 2007, 185, 186 und NJW 2006, 3215, 3216; OLG Hamburg, MMR 2008, 44 und GRUR-RR 2007, 174 f; OLG Naumburg, NJW-RR 2008, 776, 777 f; OLG Köln, GRUR-RR 2008, 88, 89 f; MüKoBGB/Wendehorst, 6. Aufl., § 312c Rn. 112 f; Bamberger/Roth/Grothe, BGB, 3. Aufl., § 355 Rn. 9; Palandt/Ellenberger, BGB, 73. Aufl., § 126b Rn. 3; Bonke/Gellmann, NJW 2006, 3169 ff; Ludwig, ZGS 2011, 58, 60; Schmidt-Räntsch, WuB IV D. § 312c BGB 1.11; Woitkewitsch/Pfitzer, MDR 2007, 61 ff; s. auch Entwurf der Bundesregierung für das Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts und anderer Vorschriften an den modernen Rechtsgeschäftsverkehr, BT-Drucks. 14/4987, S. 20; insoweit - für gewöhnliche Webseiten - zustimmend wohl auch Reiff, ZJS 2012, 432, 440 ff; ders. in Festschrift für Bernd von Hoffmann, 2011, S. 823, 834 f; ders., VersR 2011, 540, 541 f; krit. hingegen Härting, Internetrecht , 4. Aufl., Rn. 715). Diese Auffassung wird auch vom Gerichtshof der Europäischen Union geteilt (Urteil vom 5. Juli 2012 - C-49/11 Content Services, NJW 2012, 2637, 2638 f Rn. 32 ff). Es ist Aufgabe des Unternehmers, dem Verbraucher die Belehrung in Textform zu übermitteln, und nicht Aufgabe des Verbrauchers, sich diese Belehrung selbst zu verschaffen (vgl. hierzu EuGH aaO S. 2638 Rn. 32 bis 37; Schlussantrag des Generalanwalts Paolo Mengozzi vom 6. März 2012 in der Rechtssache C-49/11 Nr. 24 f).
- 20
- bb) Dass die Beklagte die Widerrufsbelehrung auf der Webseite der Klägerin aufgerufen und bei sich abgespeichert oder ausgedruckt hätte, haben die Vorinstanzen nicht festzustellen vermocht. Hierfür hat die insoweit beweisbelastete Klägerin (s. § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB) keinen Beweis angeboten. Die Revision erhebt hierzu auch keine Einwände.
- 21
- cc) Unter Zugrundelegung des revisionsrechtlich maßgeblichen Vortrags der Klägerin haben sich ihr Online-Anmeldeformular und die damit verlinkte Widerrufsbelehrung auf einer gewöhnlichen Webseite ("ordinary website") und nicht auf einer sogenannten fortgeschrittenen Webseite ("sophisticated website" ) befunden. Es bedarf hier deshalb keiner Entscheidung, ob es für die Mitteilung der Widerrufsbelehrung in Textform im Sinne von § 355 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1, § 126b BGB genügen kann, wenn der Unternehmer die Widerrufsbelehrung für den Verbraucher auf einer fortgeschrittenen Internetseite ("sophisticated website") zur Verfügung stellt.
- 22
- (1) Der Gerichtshof der Europäischen Union (aaO S. 2638 f Rn. 42 ff) hat im Anschluss an das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA-Gerichtshof) vom 27. Januar 2010 (E-4/09, VersR 2010, 793, 797 Rn. 61 ff) erwogen, ob eine fortgeschrittene Webseite den Anforderungen an einen für den Verbraucher verfügbaren dauerhaften Datenträger im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 97/7/EG gerecht wird. Nach Auffassung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist es entscheidend, ob der Datenträger dem Verbraucher die Speicherung der an ihn persönlich gerichteten Informationen erlaubt sowie die Gewähr dafür bietet, dass ihr Inhalt und ihre Zugänglichkeit während einer angemessenen Dauer nicht verändert werden, und dass dem Verbraucher die Möglichkeit ihrer originalgetreuen Wiedergabe eröffnet wird (aaO S. 2638 Rn. 43 f unter Hinweis auf Art. 2 Buchst. f der Richtlinie 2002/65/EG). Dementsprechend gehören zu den dauerhaften Datenträgern insbesondere Disketten, CD-Roms, DVDs und die Festplatte des Computers des Verbrauchers, auf der die elektronische Post gespeichert wird, InternetWebseiten dagegen nur dann, wenn sie die in der Definition des Begriffs "dau- erhaftes Medium” enthaltenen Voraussetzungen erfüllen (vgl. Erwägungsgrund 20 der Richtlinie 2002/65/EG).
- 23
- (2) Eine fortgeschrittene Webseite kann als den Anforderungen an einen für den Verbraucher verfügbaren dauerhaften Datenträger im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 97/7/EG genügend in Betracht gezogen werden, wenn sie Elemente enthält, die den Verbraucher mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dazu anhalten, die Informationen in Papierform zu sichern oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger zu speichern (EFTA-Gerichtshof aaO Rn. 65) oder wenn sie einen sicheren Speicherbereich für den einzelnen Verbraucher vorsieht, auf welchen nur dieser mittels Eingabe von Benutzernamen und Passwort zugreifen kann, so dass der Unternehmer keine Möglichkeit hat, die dort einmal eingestellten Informationen zu ändern (EFTA-Gerichtshof aaO Rn. 66).
- 24
- (3) Ob eine solchermaßen gestaltete fortgeschrittene Webseite für die Mitteilung der Widerrufsbelehrung in Textform im Sinne von § 355 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1, § 126b BGB in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung ausreicht (so Reiff, ZJS 2012, 432, 434 ff, 442 f; ders. in Festschrift für Bernd von Hoffmann, 2011, S. 823 ff, 834 f; ders., VersR 2011, 540, 542; wohl auch Ludwig, ZGS 2011, 58, 61, 62), braucht hier indessen nicht entschieden zu werden, weil das Online-Anmeldeformular der Klägerin keine fortgeschrittene Webseite im vorerwähnten Sinne darstellt.
- 25
- (a) Dass die Webseite der Klägerin einen sicheren Speicherbereich für den einzelnen Verbraucher enthält, auf welchen allein dieser mittels Eingabe des Benutzernamens und seines persönlichen Passworts zugreifen kann, so dass die Klägerin keine Möglichkeit hat, die dort einmal eingestellten Informationen zu ändern, hat die Klägerin nicht vorgetragen und ist auch ansonsten nicht ersichtlich.
- 26
- (b) Entgegen der Meinung der Klägerin hält der vorgegebene Kontrollkasten den Verbraucher auch nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dazu an, die Widerrufsbelehrung durch Ausdrucken in Papierform zu sichern oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger abzuspeichern. Der Anmeldevorgang kann nach dem Ankreuzen des Kontrollkastens nämlich auch dann ungehindert fortgesetzt werden, wenn die Widerrufsbelehrung weder aufgerufen noch ausgedruckt oder abgespeichert worden ist. Ein "Zwangsdownload" (zu diesem Begriff s. Reiff, ZJS 2012, 432, 435, 436; ders. in Festschrift für Bernd von Hoffmann, 2011, S. 823, 831, 832 f) ist nicht vorgesehen. Die bloße Möglichkeit des Ausdruckens oder Speicherns reicht nicht, um den erforderlichen Zugang der Informationen beim Verbraucher ohne dessen weiteres Zutun sicherzustellen. Die Widerrufsbelehrung war zudem auf der Webseite der Klägerin nicht abgebildet, sondern lediglich über einen Hyperlink aufrufbar. Dies genügt den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung nicht (vgl. EuGH aaO S. 2638 f Rn. 32 ff).
- 27
- 4. Der Beklagten ist es entgegen der Ansicht der Revision auch nicht gemäß § 242 BGB verwehrt, sich auf den Mangel der (formgerechten) Mitteilung der Widerrufsbelehrung zu berufen, weil die Beklagte - wie von der Klägerin behauptet - durch Setzen eines Häkchens im betreffenden Kontrollkasten bestätigt habe, die Widerrufsbelehrung ausgedruckt oder abgespeichert zu haben. Eine derartige von der Beklagten abgegebene "Bestätigung" hätte keine Wirkungen entfaltet. Denn die von der Klägerin vorformulierte Bestätigung hält einer Inhaltskontrolle gemäß § 309 Nr. 12 Buchst. b BGB nicht stand und weicht von den verbraucherschützenden Regelungen in § 355 Abs. 2 und 3, § 360 Abs. 1 BGB zum Nachteil des Verbrauchers ab.
- 28
- a) Die von der Klägerin vorformulierte Empfangsbestätigung der Beklagten stellt eine der Inhaltskontrolle unterliegende Allgemeine Geschäftsbedingung dar, die mit § 309 Nr. 12 Buchst. b BGB nicht zu vereinbaren ist.
- 29
- aa) Bei der von der Klägerin vorformulierten Bestätigung handelt es sich um eine gemäß §§ 305 ff BGB kontrollfähige Allgemeine Geschäftsbedingung.
- 30
- (1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind gemäß § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss des Vertrags stellt. Dem Schutzzweck der Regelungen zur Gestaltung rechtsgeschäftlicher Schuldverhältnisse durch Allgemeine Geschäftsbedingungen entspricht es, auch die vom Verwender vorformulierten einseitigen rechtsgeschäftlichen Erklärungen der anderen Vertragspartei einer AGB-rechtlichen Kontrolle zu unterwerfen (s. BGH, Urteile vom 16. März 1999 - XI ZR 76/98, BGHZ 141, 124, 126 und vom 5. Mai 1986 - II ZR 150/85, BGHZ 98, 24, 28; vgl. auch Senatsurteile vom 9. April 1987 - III ZR 84/86, NJW 1987, 2011 und vom 19. September 1985 - III ZR 213/83, BGHZ 95, 362, 363 ff; MüKoBGB/Basedow aaO § 305 Rn. 9; Staudinger/Schlosser, BGB [2013], § 305 Rn. 8; Ulmer/ Habersack in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 11. Aufl., § 305 Rn. 16 f; Pfeiffer in Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht, 5. Aufl., § 305 Rn. 11). Es reicht aus, wenn die vorformulierte Erklärung nach ihrem objektiven Wortlaut bei dem Empfänger den Eindruck hervorruft, es solle damit der Inhalt eines vertraglichen oder vorvertraglichen Rechtsverhältnisses bestimmt werden (s. BGH, Urteile vom 4. Februar 2009 - VIII ZR 32/08, BGHZ 179, 319, 323 Rn. 11 und vom 8. März 2005 - XI ZR 154/04, BGHZ 162, 294, 297; OLG München, MMR 2007, 47, 49). Auch sonstige im Zusammenhang mit einer vertraglichen Beziehung stehende rechtserhebliche Erklärungen des Kunden sind der Überprüfung nach den §§ 305 ff BGB zugänglich (vgl. MüKoBGB/Basedow aaO).
- 31
- (2) Die hier im Streit stehende Bestätigung ist im Hinblick auf die mit ihr verbundene Beweiswirkung als Allgemeine Geschäftsbedingung zu qualifizieren. Die Rechtsprechung unterwirft vergleichbare (Empfangs-)Bestätigungen der AGB-rechtlichen Klauselkontrolle (s. zu §§ 9, 11 Nr. 15 Buchst. b AGBG: BGH, Urteil vom 29. April 1987 - VIII ZR 251/86, BGHZ 100, 373, 381; OLG Koblenz, NJW-RR 1994, 58, 59; OLG Hamburg, NJW-RR 1987, 47, 48; OLG München, ZIP 1982, 1455 und AGBE II, § 9 AGBG Nummer 33; OLG Schleswig , AGBE I, § 11 Nr. 15 AGBG Nummer 129). Die Regelungen in § 308 Nr. 5 und § 309 Nr. 12 Buchst. b BGB beziehen sich dementsprechend gerade auf vom Verwender vorformulierte einseitige Erklärungen des Kunden (s.Palandt/ Grüneberg aaO § 305 Rn. 5; vgl dazu auch Entwurf der Bundesregierung zum Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, BTDrucks. 7/3919 S. 39). Mit dem von der Klägerin vorgegebenen Setzen eines Häkchens durch Anklicken des Kontrollkastens wird seitens des Kunden (hier: der Beklagten) eine rechtserhebliche Erklärung abgegeben. Die Bedeutung dieser Erklärung für den Vertrag wird zusätzlich dadurch hervorgehoben, dass der Vertrag - nach dem Vortrag der Klägerin - ohne diese Bestätigung nicht hätte abgeschlossen werden können. Mit dem Abhaken durch Anklicken des Kontrollkastens wird die Bestätigung nicht zu einer individuellen Erklärung des Kunden. Eine Individualabrede (§ 305 Abs. 1 Satz 3 BGB) wäre nur gegeben, wenn für den Kunden die Möglichkeit einer inhaltlichen Einflussnahme bestanden hätte. Hierzu muss der Verwender die Klausel inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellen und dem Verhandlungspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumen; der Kunde muss die reale Möglichkeit erhalten, den Inhalt der Vertragsbedingungen zu beeinflussen (st. Rspr.; s. nur Senatsurteil vom 19. Mai 2005 - III ZR 437/04, NJW 2005, 2543, 2544 mwN; s. auch Ulmer/ Habersack aaO § 305 Rn. 53 f). Die Klägerin hat ihren Kunden eine solche Gestaltungsmöglichkeit indes nicht eingeräumt. Wollen die Kunden sich zu einem Seminar über die Webseite der Klägerin anmelden, so muss das Häkchen durch Anklicken des Kontrollkastens gesetzt werden, ohne dass hierzu eine Alternative eröffnet ist.
- 32
- bb) Die von der Klägerin vorformulierte "Bestätigung" hat die Wirkung einer Beweislastumkehr und ist deshalb gemäß § 309 Nr. 12 Buchst. b BGB unwirksam.
- 33
- (1) Gemäß § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB trägt der Unternehmer die Beweislast für alle Tatsachen, aus denen er die Nichteinhaltung der Widerrufsfrist herleiten will, insbesondere für die formgerechte Mitteilung der Widerrufsbelehrung (Palandt/Grüneberg aaO § 355 Rn. 23). Mit der von ihm vorformulierten Bestätigung würde sich der Unternehmer im Falle ihrer Wirksamkeit ein gegen den Kunden gerichtetes Beweismittel verschaffen, mit dem er seiner Beweislast genügen könnte, bis der Kunde die Unrichtigkeit der Empfangsbestätigung bewiesen hätte; damit verkörpert die Bestätigung den typischen Fall einer Beweislaständerung (vgl. BGH, Urteile vom 29. April 1987 aaO und vom 26. Mai 1986 - VIII ZR 229/85, MDR 1987, 51, 52).
- 34
- (2) Der Anwendung von § 309 Nr. 12 Buchst. b BGB steht nicht entgegen , dass die Klägerin die Bestätigung durch das Setzen des Häkchens mittels Anklicken des Kontrollkastens erklärt hat. Zwar gilt die Unwirksamkeit nach § 309 Nr. 12 Buchst b BGB nach Halbsatz 2 dieser Regelung nicht, wenn die Bestätigung gesondert unterschrieben oder mit einer gesonderten qualifizierten Signatur versehen ist. Das Setzen eines Häkchens durch Anklicken des Kon- trollkastens im Rahmen eines Online-Anmeldevorgangs ist mit der Unterzeichnung oder Anbringung einer qualifizierten Signatur jedoch nicht vergleichbar. Mit der gesonderten Unterzeichnung einer Bestätigung oder dem Anbringen einer gesonderten qualifizierten elektronischen Signatur ist eine Warnfunktion verknüpft, die dem - oftmals unbedachten - Anklicken eines Kontrollkastens in einer Online-Anmeldemaske nicht zugemessen werden kann.
- 35
- b) Die von der Klägerin vorformulierte Bestätigungserklärung ist weiter deswegen unwirksam, weil hierdurch und durch die mit ihr verbundene Ausgestaltung des Online-Anmeldevorgangs von der gesetzlichen Regelung zur Belehrung der Verbraucher über das Widerrufsrecht zu deren Nachteil abgewichen wird.
- 36
- aa) Gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB ist eine den Anforderungen des § 360 Abs. 1 BGB entsprechende Widerrufsbelehrung dem Verbraucher bei Vertragsschluss in Textform mitzuteilen. Gemäß § 355 Abs. 3 Satz 1 BGB beginnt die Widerrufsfrist erst mit der Mitteilung einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung. Die Regelung des § 355 BGB ist halbzwingendes Recht. Lediglich zugunsten des Verbrauchers darf von dieser Vorschrift abgewichen werden (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, NJW-RR 2009, 709, 710 Rn. 17; OLG Düsseldorf, Urteil vom 7. April 2011 - I-6 U 134/10, juris Rn. 41; Bamberger/Roth/Grothe aaO § 355 Rn. 2; Erman/Saenger, BGB, 13. Aufl., § 355 Rn. 1; MüKoBGB/Masuch aaO § 355 Rn. 4; Palandt/Grüneberg aaO § 355 Rn. 2; Staudinger/Kaiser, BGB [2012], § 355 Rn. 94). Mit dem am 13. Juni 2014 in Kraft tretenden § 361 Abs. 2 BGB in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung vom 20. September 2013 (BGBl. I S. 3642) hat der Gesetzgeber diese halbzwingende Wirkung - deklaratorisch - festgestellt.
- 37
- bb) Durch die von der Klägerin gewählte Gestaltung des Online-Anmeldevorgangs und die dem Kunden abverlangte Bestätigungserklärung verlagert die Klägerin die Aufgaben, die ihr als Unternehmer im Zusammenhang mit der Pflicht obliegen, den Zugang der Widerrufsbelehrung beim Verbraucher sicherzustellen, auf den Verbraucher. Zwar ist die Widerrufsbelehrung zugegangen , wenn der Verbraucher die Belehrung ausdruckt oder abspeichert (s.o., unter 3 b, aa). Dies ändert aber nichts daran, dass der Unternehmer verpflichtet ist, die Widerrufsbelehrung so zu erteilen, dass die hierzu nötigen Informationen dem Verbraucher ohne dessen Zutun zugehen. Mit der Ausgestaltung des Online -Anmeldevorgangs und der Formulierung der Bestätigung versucht die Klägerin zu erreichen, dass der Verbraucher selbst aktiv den (formgerechten) Zugang der Widerrufsbelehrung herbeiführt, wenn er die abgeforderte Bestätigung wahrheitsgemäß abgeben will. Gibt der Verbraucher die Bestätigung wahrheitswidrig ab, so soll er sich nach der Vorstellung der Klägerin letztlich so behandeln lassen müssen, als habe er die Widerrufsbelehrung gespeichert oder ausgedruckt, also den Zugang bewirkt. Damit wird zu Lasten des Verbrauchers von § 355 BGB abgewichen. Die von der Klägerin vorgegebene Ausgestaltung des Online-Anmeldeformulars lässt es zu, dass dem Verbraucher die Widerrufsbelehrung tatsächlich nicht zugeht, gleichwohl soll er so behandelt werden, als sei sie ihm (formgerecht) mitgeteilt worden. Gerade dies wollte der Gesetzgeber im Interesse des Verbraucherschutzes verhindern, indem er dem Unternehmer die Pflicht zu einer aktiven Belehrung des Verbrauchers auferlegt hat. Nur hierdurch wird der erforderliche Schutz des Verbrauchers vor übereilten Entscheidungen in hinreichendem Maße gewährleistet.
- 38
- c) Ist die von der Klägerin vorformulierte Bestätigung demnach unwirksam , so kann die Klägerin hieraus nicht den Einwand herleiten, die Beklagte übe ihr Widerrufsrecht treuwidrig aus.
- 39
- Die Unwirksamkeitsfolge beschränkt sich nicht lediglich darauf, dass es nun bei der gesetzlichen Verteilung der Darlegungs- und Beweislast zwischen den Parteien (s. § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB) verbleibt. Vielmehr vermag die von ihr erfasste Klausel überhaupt keine Wirkungen zu Lasten des Vertragsgegners zu entfalten.
- 40
- Nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. EG 1993 Nr. L 95 S. 29) sind missbräuchliche Klauseln in Verträgen, die ein Gewerbetreibender mit einem Verbraucher geschlossen hat, für den Verbraucher unverbindlich. § 309 Nr. 12 Buchst. b BGB sieht die Unwirksamkeit einer die Beweislast ändernden Bestätigung des Kunden vor. Modifiziert eine Klausel das dispositive Recht und räumt sie dem Verwender unangemessene Vorteile ein, führt regelmäßig nur die ersatzlose Streichung der unwirksamen Klausel zur Wiederherstellung der Vertragsgerechtigkeit (vgl. hierzu BGH, Urteile vom 12. Oktober 1995 - I ZR 172/93, NJW 1996, 1407, 1408 und vom 11. Oktober 1984 - VII ZR 248/83, NJW 1985, 852 f; Erman/Roloff aaO § 306 Rn. 7; s. auch § 306 Abs. 1 und 2 BGB). Dem liefe es zuwider, wenn diese Klausel noch irgendeine Wirkung zu Gunsten des Verwenders oder gar die gleiche Wirkung wie im Falle ihrer Geltung hätte. Würde die von der Klägerin gestellte Klausel ungeachtet ihrer Unwirksamkeit dazu führen, dass sich der Verbraucher (hier: die Beklagte) nicht mit Erfolg auf die unterbliebene (formgerechte) Mitteilung der Widerrufsbe- lehrung berufen könnte, so würde die Klausel gerade jene Wirkung ausüben, die ihr von Rechts wegen versagt worden und die zugleich der innere Grund der Anordnung ihrer Unwirksamkeit ist. Der durch die formgerechte Mitteilung der Widerrufsbelehrung bezweckte Verbraucherschutz würde hierdurch unterlaufen.
- 41
- 5. Soweit die Klägerin die Klageforderung mit ihrer Revision auf einen Schadensersatzanspruch nach § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 BGB stützen will und hierfür geltend macht, die Beklagte habe sie durch die wahrheitswidrige Bestätigung des Ausdruckens oder Abspeicherns der Widerrufsbelehrung arglistig getäuscht, dringt sie damit nicht durch. Zwar haftet derjenige, der eine Wissenserklärung abgibt, für deren Richtigkeit (BGH, Urteil vom 12. März 2008 - VIII ZR 253/05, NJW 2008, 1517, 1518 Rn. 16). Jedoch entfaltet die von der Beklagten abgegebene und von der Klägerin vorformulierte "Bestätigung" , wie bereits ausgeführt, keinerlei Wirkung. Infolgedessen kann die Klägerin auf deren Unrichtigkeit auch keinen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte gründen.
- 42
- 6. Nach alldem ist die Revision der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen. Einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV, wie von der Revision (vorsorglich) angeregt, bedarf es nicht. Soweit es darum geht, dass die (bloße) Abrufbarkeit einer Widerrufsbelehrung auf einer gewöhnlichen Webseite den Anforderungen des Gemeinschaftsrechts und des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht genügt, befindet sich die Senatsentscheidung in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs. Auf die - vom Gerichtshof bislang wohl nicht abschließend entschiedene - Frage, ob und unter welchen Umständen die Bereitstellung einer Widerrufsbelehrung auf einer fortgeschrittenen Webseite ausreichen kann, kommt es hier nicht an, weil die Klä- gerin unter Zugrundelegung ihres Vorbringens eine solche Webseite nicht verwendet hat.
Tombrink Remmert
Vorinstanzen:
AG Ettlingen, Entscheidung vom 11.10.2012 - 1 C 98/12 -
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 26.07.2013 - 1 S 146/12 -
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines Darlehensvertrages , den der Beklagte mit der klagenden Bank zur Finanzierung einer Immobilienfondsbeteiligung geschlossen hat.
- 2
- Der Beklagte, ein damals 31 Jahre alter IT-Systembetreuer, wurde im November 2003 von einem Vermittler geworben, sich über eine Treuhänderin wirtschaftlich an der I. KG (im Folgenden: Fondsgesellschaft) mit einem Anteil von 20.000 € zuzüglich 5% Agio zu beteiligen.
- 3
- Zur Finanzierung des Fondsbeitritts schloss der Beklagte - geworben durch denselben Vermittler - mit der Klägerin am 27./30. Dezember 2003 einen Darlehensvertrag über einen Nettokreditbetrag von 21.000 € zu einem anfänglichen effektiven Jahreszins von 6,5% mit einer Zinsfestschreibung bis zum 30. Dezember 2010. Als Kreditsicherheiten sah der Darlehensvertrag, der den Gesamtbetrag der Zahlungen nur bis zum Ende der Zinsbindung angab, die Verpfändung des treuhänderisch gehaltenen Fondsanteils und die Abtretung des laufenden Arbeitseinkommens sowie der Ansprüche aus zwei Lebensversicherungen vor. Der Weisung des Beklagten folgend zahlte die Klägerin den Darlehensbetrag direkt an die Treuhänderin zur Tilgung der Beitragsschuld der Fondsbeteiligung aus.
- 4
- Dem Darlehensvertrag war eine von dem Beklagten gesondert unterschriebene Widerrufsbelehrung beigefügt. Diese lautet auszugsweise wie folgt: "Ich bin darüber belehrt worden, dass ich meine auf den Abschluss dieses Verbraucherdarlehensvertrages gerichtete Willenserklärung binnen 2 Wochen widerrufen kann, sofern dieses Recht nicht nach Satz 3 ausgeschlossen ist. Widerrufe ich diesen Verbraucherdarlehensvertrag, so bin ich auch an meine auf den Abschluss des verbundenen Vertrages gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden. Steht mir für den verbundenen Vertrag ein gesetzliches Widerrufsrecht zu, so ist mein Recht zum Widerruf dieses Verbraucherdarlehensvertrages ausgeschlossen. Erkläre ich dennoch den Widerruf dieses Verbraucherdarlehensvertrages gegenüber der Bank, so gilt dies als Widerruf des verbundenen Vertrages gegenüber dem Unternehmen."
- 5
- Mit Anwaltsschreiben vom 9. August 2007 ließ der Beklagte den Darlehensvertrag und die von ihm erteilte Einzugsermächtigung mit der Begründung widerrufen, die Widerrufsbelehrung sei fehlerhaft.
- 6
- Die Klägerin ist dem entgegen getreten und begehrt mit der Klage die Feststellung, dass der Darlehensvertrag wirksam ist mit der Maßgabe , dass - im Hinblick auf die fehlende Gesamtbetragsangabe - nur der gesetzliche Zinssatz in Höhe von 4% p.a. geschuldet wird.
- 7
- Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
- 8
- Die Revision ist nicht begründet.
I.
- 9
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 10
- Der Beklagte habe seine Darlehensvertragserklärung wirksam nach § 495 BGB widerrufen. Der Widerruf sei auch noch mit Schreiben vom 9. August 2007 möglich gewesen, da der Beklagte nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden sei (§ 495 BGB i.V.m. § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB). Die ihm erteilte Widerrufsbelehrung sei verwirrend und missverständlich.
- 11
- Die Bestimmung des § 14 BGB-InfoV greife zugunsten der Klägerin nicht ein, da die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung nicht dem dort vorgegebenen Muster entsprochen habe. Die verwendete Belehrung könne aus Sicht eines durchschnittlichen rechtsunkundigen Verbrauchers unzutreffende Vorstellungen hervorrufen, da die Formulierung im ersten und dritten Satz, wonach das Widerrufsrecht "ausgeschlossen" sei, den Eindruck erwecken könne, es gebe Fälle, in denen der Beklagte trotz wirksamen Widerrufs an den Darlehensvertrag gebunden sei. Die Belehrung sei auch unvollständig, da sie die Regelung des § 358 Abs. 5 BGB nicht beachte, wonach in Fällen, in denen - wie hier - ein verbundenes Geschäft vorliege, auch auf die Rechtsfolgen gemäß § 358 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB hingewiesen werden müsse. Aus der von der Klägerin verwendeten Belehrung sei für den Verbraucher nicht eindeutig ersichtlich, dass er im Falle eines wirksamen Widerrufs des verbundenen Vertrages auch nicht mehr an den Darlehensvertrag gebunden ist. Durch den Hinweis auf den Ausschluss des Widerrufsrechts im letzten Halbsatz des ersten und dritten Satzes werde für den Laien vielmehr der Eindruck erweckt, er könne sich bei einem rechtlich zulässigen Widerruf des finanzierten Geschäfts von dem Verbraucherdarlehensvertrag nicht lösen.
II.
- 12
- Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass der Beklagte seine Darlehensvertragserklärung wirksam widerrufen hat.
- 13
- 1. Das Berufungsgericht hat unangegriffen festgestellt, dass es sich bei dem Fondsbeitritt und dem zu seiner Finanzierung geschlossenen Verbraucherdarlehensvertrag um verbundene Verträge im Sinne von § 358 BGB handelt. Weiter ist das Berufungsgericht stillschweigend davon ausgegangen, dass dem Beklagten jedenfalls ursprünglich ein Recht zum Widerruf des Verbraucherdarlehensvertrages nach §§ 495, 355 BGB zugestanden hat, das nicht durch ein vorrangiges Widerrufsrecht gemäß § 358 Abs. 2 Satz 2 BGB ausgeschlossen war. Auch hiergegen wendet sich die Revision nicht.
- 14
- 2. Die Revision beanstandet allein die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt ist, der Beklagte habe sein Widerrufsrecht mit dem Widerruf am 9. August 2007 noch wirksam ausüben können. Die Annahme des Berufungsgerichts, das dem Beklagten zustehende Widerrufsrecht habe im Zeitpunkt der Widerrufserklärung noch gemäß § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB bestanden, da die von der Klägerin erteilte Widerrufsbelehrung den gesetzlichen Anforderungen des § 355 Abs. 2 Satz 1, § 358 Abs. 5 BGB nicht entspreche, lässt Rechtsfehler indes nicht erkennen.
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- a) Die Klägerin hat für die Belehrung kein Formular verwendet, das dem Muster gemäß Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV entspricht. Der Wortlaut der von der Klägerin erteilten Belehrung stimmt weder mit der ursprünglichen Fassung der BGB-InfoV gemäß Verordnung vom 5. August 2002 (BGBl. I, S. 3002) überein noch - was die Revision verkennt - mit der geänderten Fassung gemäß Verordnung vom 4. März 2008 (BGBl. I, S. 292). Das Berufungsgericht geht daher zu Recht davon aus, dass die Klägerin schon aus diesem Grund aus der BGB-InfoV keine ihr günstigen Rechtsfolgen ableiten kann (BGHZ 172, 58, Tz. 12; BGH, Urteil vom 10. März 2009 - XI ZR 33/08, WM 2009, 932, Tz. 13, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).
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- b) Eine den gesetzlichen Vorgaben (§ 355, § 358 Abs. 5, § 358 Abs. 2 Satz 2 BGB) entsprechende Widerrufsbelehrung hat sie - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - nicht erteilt.
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- Dabei kann offen bleiben, von wem (Darlehensgeber, Unternehmer ) und in welchem Umfang im Einzelnen der Verbraucher über die Rechtsfolgen des § 358 Abs. 2 Satz 2 BGB zu informieren ist und ob die Klägerin im konkreten Fall zu einer solchen Belehrung verpflichtet war. Da sie eine entsprechende Belehrung erteilt hat, musste diese jedenfalls ordnungsgemäß sein, um dem Schutzzweck der §§ 355, 358 BGB Rechnung zu tragen. Der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung. Der Verbraucher soll dadurch nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben (BGH, Urteile vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350, Tz. 14 und vom 10. März 2009 - XI ZR 33/08, WM 2009, 932, Tz. 14, jeweils m.w.N.). Dies kommt im nunmehr einheitlich geregelten Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen darin zum Ausdruck, dass § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB eine Gestaltung der Belehrung verlangt, die dem Verbraucher seine Rechte deutlich macht (BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, WM 2002, 1989, 1991).
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- aa) Dem wird die von der Klägerin erteilte Widerrufsbelehrung nicht gerecht. Nach der gesetzlichen Regelung des § 358 BGB ist der Verbraucher bei der Verbindung des Verbraucherdarlehensvertrages mit einem anderen Vertrag durch den wirksamen Widerruf des einen verbundenen Vertrags auch nicht an den anderen Vertrag gebunden; hierbei kommt einem hinsichtlich des finanzierten Geschäfts bestehenden Widerrufsrecht zwar Vorrang zu; durch dessen wirksame Ausübung wird aber auch die Bindung des Verbrauchers an den Darlehensvertrag beseitigt (§ 358 Abs. 2 Satz 2, § 358 Abs. 1 BGB). Die einem Verbraucher erteilte Widerrufsbelehrung, die ihm seine Rechte verdeutlichen soll, darf daher jedenfalls kein Missverständnis dahin wecken, der Verbraucher bleibe bei einem wirksamem Widerruf des finanzierten Geschäfts entgegen § 358 Abs. 1, § 358 Abs. 2 Satz 2 BGB an den Darlehensvertrag gebunden.
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- bb) Dieses Fehlverständnis legt jedoch die von der Klägerin verwendete Widerrufsbelehrung nahe. Sie belehrt den Verbraucher - wie das Berufungsgericht und auch das Oberlandesgericht Hamm, das über eine wortgleiche Belehrung zu entscheiden hatte (OLG Hamm, Urteil vom 25. August 2008 - 31 U 59/08, zitiert nach Juris, Tz. 3, 29 ff.), zutreffend ausgeführt haben - nicht unmissverständlich darüber, dass durch einen wirksamen Widerruf des finanzierten Vertrags auch die Bindung des Verbrauchers an den Darlehensvertrag entfällt. Vielmehr entsteht dort in der konkreten Ausgestaltung der Belehrung und aus dem Zusammenspiel der einzelnen Sätze aus Sicht eines unbefangenen durchschnittlichen Verbrauchers, auf den abzustellen ist (BGH, Urteile vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350, Tz. 16 und vom 10. März 2009 - XI ZR 33/08, WM 2009, 932, Tz. 16, jeweils m.w.N.), der unzutreffende Eindruck, er könne sich in bestimmten Fällen ausschließlich von den Bindungen des finanzierten Geschäfts, nicht aber von den Bindungen des Darlehensvertrags lösen, da sein Widerrufsrecht in Bezug auf den Darlehensvertrag wegen des nach der gesetzlichen Rege- lung vorrangigen Widerrufs in Bezug auf das finanzierte Geschäft ausgeschlossen sei.
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- (1) In Satz 1 der Belehrung wird der Verbraucher zwar über sein grundsätzliches Widerrufsrecht - bezogen auf den Verbraucherdarlehensvertrag - belehrt und für diesen Fall durch Satz 2 der Widerrufsbelehrung darüber unterrichtet, dass ein solcher Widerruf auf das finanzierte Geschäft durchgreift. Durch die ebenfalls bereits in Satz 1 enthaltene Verweisung auf Satz 3 und zusätzlich durch Satz 3 selbst wird der Blick des Verbrauchers aber darauf gerichtet, dass ihm ein Recht zum Widerruf des Darlehensvertrags nicht zusteht, wenn er den finanzierten Vertrag widerrufen kann, wobei - wie dem Verbraucher durch Satz 4 der Belehrung mitgeteilt wird - ein dennoch erfolgter Widerruf gegenüber der Bank als Widerruf des verbundenen Vertrages gilt. Die in Satz 3 enthaltene Belehrung über den Ausschluss des Widerrufsrechts entspricht zwar isoliert betrachtet - worauf die Revision zutreffend hinweist - dem Wortlaut der gesetzlichen Vorrangregelung des § 358 Abs. 2 Satz 2 BGB. Sie ist jedoch unvollständig und darüber hinaus im Kontext - insbesondere auch angesichts der in Satz 4 enthaltenen Information über eine Umdeutung eines gleichwohl gegen den Darlehensvertrag gerichteten Widerrufs in einen Widerruf des verbundenen Vertrages - irreführend. Sie legt nämlich durch den sowohl in Satz 1 als auch in Satz 3 enthaltenen, und dadurch besonders hervorgehobenen, Hinweis darauf, dass in bestimmten Fällen das Widerrufsrecht des Verbrauchers gegen den Darlehensvertrag ausgeschlossen ist, verbunden mit dem Hinweis, dass ein gleichwohl gegen den Darlehensvertrag gerichteter Widerruf als gegen das finanzierte Geschäft gerichtet gelte, das Verständnis nahe, es gebe Fälle, in denen der Darlehensvertrag trotz einer gegen den finan- zierten Vertrag bestehenden Widerrufsmöglichkeit in jedem Fall wirksam bleibe.
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- (2) Entgegen der Auffassung der Revision ist nach dieser konkreten Ausgestaltung der Belehrung keinesfalls klar, dass für den Beklagten allein die Belehrung des Satzes 1 maßgeblich bleibt, nach welcher er seine Darlehensvertragserklärung widerrufen kann. Auch ist der Beklagte - anders als die Revision meint - mit der erteilten Widerrufsbelehrung keineswegs umfassend und zutreffend über die in § 358 Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB getroffene Regelung unterrichtet worden. Vielmehr beschränkt sich die § 358 Abs. 2 Satz 2 BGB betreffende Belehrung der Klägerin darauf, den Beklagten über den Vorrang des Widerrufs des verbundenen Geschäfts und den damit verbundenen Ausschluss des aus § 495 BGB folgenden Widerrufsrechts zu informieren. Die ebenfalls in § 358 Abs. 2 Satz 2 BGB geregelte Verweisung auf § 358 Abs. 1 BGB und damit die Information, dass der Verbraucher bei einem wirksamen Widerruf des finanzierten Geschäfts auch an den mit diesem verbundenen Darlehensvertrag nicht mehr gebunden ist, wird in der Belehrung hingegen nicht erwähnt. Ohne einen Hinweis auf diese Erstreckungswirkung aber wird bei dem Verbraucher angesichts des weiteren Inhalts der Belehrung ein Fehlverständnis geweckt, weil insbesondere durch die zusätzliche Belehrung in Satz 4 über die Umdeutung der Widerrufserklärung nahegelegt wird, dass selbst der gegenüber dem Darlehensgeber erklärte Widerruf des Darlehensvertrages unter Umständen ausschließlich zur Unwirksamkeit des finanzierten Vertrags führen, nicht aber die Bindung an den Darlehensvertrag beseitigen könnte.
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- Diese Gestaltung der Widerrufsbelehrung ist damit zumindest missverständlich und demgemäss - worauf die Revisionserwiderung zu Recht hinweist - geeignet, den Verbraucher von der Ausübung seines Widerrufsrechts insgesamt abzuhalten. Gerade Darlehensnehmer, denen es - wie dem Beklagten - um den Widerruf des Darlehensvertrags geht, können sich auf der Grundlage einer solchen Belehrung kein klares Bild darüber verschaffen, ob sie von einem Widerrufsrecht Gebrauch machen möchten, da sie nach dem Verständnis, das die Belehrung nahe legt, nur sicher sein können, mit einem wirksamen Widerruf das finanzierte Geschäft zu Fall zu bringen, der Widerruf jedoch hinsichtlich des Vertrags, um dessen Beseitigung es ihnen eigentlich geht, aus ihrer Sicht mit der Gefahr behaftet ist, ins Leere zu gehen.
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- (3) Entgegen der Auffassung der Revision ist die von der Klägerin erteilte Belehrung auch nicht etwa deswegen wirksam, weil - wie die Revision meint - § 358 Abs. 5 BGB eine "Pflichtenteilung" der Unternehmer in dem Sinne vorsehe, dass allein der Vertragspartner des Verbundgeschäfts über die Erstreckungswirkung des § 358 Abs. 1 BGB und der Darlehensgeber - wie geschehen über den Ausschluss des § 495 BGB zu belehren habe. Eine solche Pflichtenteilung ist mit dem Schutzzweck der gemäß § 355 Abs. 2, § 358 Abs. 5 BGB qualifizierten Widerrufsbelehrung nicht zu vereinbaren; die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung belegt vielmehr, dass die von der Revision befürwortete "Pflichtenteilung" für den Verbraucher unübersichtliche und missverständliche Belehrungen zur Folge hätte, die durch die Regelungen der §§ 355, 358 BGB vermieden werden sollen.
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- Dem Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 BGB entsprechend muss die Belehrung nicht nur inhaltlich richtig und vollständig sein, sondern dem Verbraucher die Rechtslage auch unübersehbar zur Kenntnis bringen. Diesen Anforderungen ist bereits dann nicht Genüge getan, wenn sich innerhalb einer einheitlichen Vertragsurkunde die Belehrung aus dem übrigen Vertragstext drucktechnisch nicht deutlich heraushebt (MünchKommBGB/Masuch, 5. Aufl., § 355 Rn. 49; Palandt/Grüneberg, BGB, 68. Aufl., § 355 Rn. 16; so schon die gefestigte Rechtsprechung zu § 1 b AbzG, § 2 HWiG aF, § 7 VerbrKrG aF: BGHZ 126, 56, 60; BGH, Urteile vom 25. April 1996 - X ZR 139/94, WM 1996, 1149, 1150 und vom 18. Oktober 2004 - II ZR 352/02, WM 2004, 2491, 2493). Erst recht unvereinbar mit dem Deutlichkeitsgebot ist es danach, wenn eine Belehrung, die erst in der Gesamtschau eine unmissverständliche und lückenlose Information ergibt, auf die Urkunden zweier Verträge aufgespalten wird (vgl. MünchKommBGB/Habersack, BGB, 5. Aufl., § 358 Rn. 70; Staudinger/Kessal-Wulf, BGB (2004), § 358 Rn. 59; aA Bülow/Artz, Verbraucherkreditrecht, 6. Aufl., § 495 Rn. 274). Dies wird besonders deutlich, wenn - wie hier - der Abschluss des Darlehensvertrages dem des finanzierten Geschäfts in einem zeitlichen Abstand von mehreren Wochen nachfolgt. Selbst wenn der Darlehensnehmer - anders als hier der Beklagte - bei Abschluss des finanzierten Geschäfts auf die Rechtsfolge des § 358 Abs. 1 BGB hingewiesen wird, so ist diese Belehrung von vornherein mit dem mit zunehmendem zeitlichen Abstand immer größer werdenden Risiko behaftet, dass sie zum Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrages bereits in Vergessenheit geraten ist (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 2002 - I ZR 55/00, WM 2002, 1989, 1992).
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- c) Anders als die Revision meint, kommt es für den Lauf der Widerrufsfrist auch nicht auf die Kausalität der Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung im Einzelfall an. Insbesondere ist es entgegen der Auffassung der Revision in Fällen, in denen das finanzierte Geschäft nicht widerrufbar ist, keineswegs unerheblich, wenn das Finanzierungsinstitut missverständlich über die Rechtsfolgen eines gegenüber dem Unternehmer im konkreten Fall nicht bestehenden Widerrufsrechts informiert hat. Entscheidend ist vielmehr, ob die erteilte Belehrung durch ihre missverständliche Fassung - wie hier - objektiv geeignet ist, den Verbraucher von der Ausübung seines gegen den Darlehensvertrag gerichteten Widerrufsrechts abzuhalten. Nach § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB erlischt dieses Widerrufsrecht nur, wenn der Unternehmer dem Verbraucher eine Belehrung übermittelt hat, die allen Anforderungen des Gesetzes entspricht (Palandt/Grüneberg, aaO, § 355 Rn. 12, 22). Nur dann wird der Verbraucher - dem Schutzzweck des Widerrufsrechts entsprechend (BGH, Urteile vom 13. Januar 2009 - XI ZR 118/08, WM 2009, 350, Tz. 14 und vom 10. März 2009 - XI ZR 33/08, WM 2009, 932, Tz. 14, jeweils m.w.N.) - in die Lage versetzt, zu entscheiden, ob er sein Widerrufsrecht ausüben will. Eine Belehrung, die wie die von der Klägerin verwendete, diesen Anforderungen - gerade auch bezogen auf den Darlehensvertrag - objektiv nicht entspricht, ist daher nicht geeignet, zum Wegfall des diesbezüglichen Widerrufsrechts zu führen (§ 355 Abs. 2 Satz 1, § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB). Dies hat zur Folge, dass der Beklagte, dem nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ein Widerrufsrecht nach § 495 BGB zu- stand, von diesem auch weiter Gebrauch machen und seine Darlehensvertragserklärung wirksam widerrufen konnte.
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 06.12.2007 - 22 O 16325/07 -
OLG München, Entscheidung vom 28.04.2008 - 17 U 1546/08 -
Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.