Landgericht Bonn Urteil, 29. Juli 2015 - 5 S 23/15
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Bonn vom 18.02.2015 (109 C 323/14) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des jeweiligen Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Gründe
2I.
3Die Klägerin begehrt von dem beklagten Haftpflichtversicherer aus abgetretenem Recht Ersatz restlicher Sachverständigenkosten aus einem Verkehrsunfall.
4Die Klägerin ist eine Einzugsstelle, unter anderem für KfZ-Sachverständigenhonorar. Sie finanziert in Rechnung gestellte Sachverständigenkosten abzüglich einer vereinbarten Gebühr vor und bekommt im Gegenzug die aus dem Unfallereignis entstandenen Forderungen der Unfallgeschädigten abgetreten.
5Nach einem Verkehrsunfall, bezüglich dessen die volle Einstandspflicht des Unfallverursachers außer Streit steht, beauftragte der Geschädigte das Kfz-Sachverständigenbüro B GmbH mit der Erstellung eines Gutachtens zur Feststellung des aus dem Unfall resultierenden Schadens. Zu diesem Zweck unterzeichnete der Unfallgeschädigte am 16.05.2014 ein Auftragsformular (Anlage K3, Bl. ## GA), in dem es unter dem Abschnitt „Abtretung und Zahlungsanweisung“ auszugsweise heißt:
6„Zur Sicherung des Sachverständigenhonorars in der o. g. Angelegenheit trete ich meine Ansprüche gegen den Fahrer, den Halter und den Haftpflichtversicherer des unfallbeteiligten gegnerischen Fahrzeugs in Höhe des Honoraranspruchs einschließlich der Mehrwertsteuer des Sachverständigen gemäß Rechnung für die Erstellung des Beweissicherungsgutachtens ab an die
7E2 für Kfz-Sachverständige – L –
8ein Geschäftsbereich der E AG […]
9Zugleich weise ich hiermit die Anspruchsgegner unwiderruflich an, den Forderungsbetrag aus der Rechnung des Sachverständigen unmittelbar durch Zahlung an die L zu begleichen. Die Abtretung erfolgt in der Reihenfolge: Sachverständigenkosten, Wertminderung, Nutzungsausfallentschädigung, Nebenkosten, Reparaturkosten. Dabei wird eine nachfolgende Position nur abgetreten, wenn die zuvor genannte Position nicht ausreicht, um den gesamten Honoraranspruch des Sachverständigen zu decken. Sollte die Abtretung der Ansprüche den tatsächlichen Honoraranspruch übersteigen, erfolgt die Abtretung dergestalt, dass hinsichtlich der zuletzt abgetretenen Anspruchsposition ein erstrangiger Teilbetrag in Höhe des restlichen Sachverständigenhonorars abgetreten wird […].“
10Dieses Abtretungsformular wird in vergleichbarer Form in einer Vielzahl von Fällen, auch von anderen Kunden der Klägerin, im Rahmen der Zusammenarbeit mit der Klägerin verwendet.
11Für die Erstellung des Gutachtens stellte der Sachverständige dem Geschädigten am 22.05.2014 einen Betrag in Höhe von 654,81 Euro in Rechnung. Die Beklagte zahlte darauf einen Betrag in Höhe von 592,03 Euro. Eine weitergehende Zahlung lehnte sie ab.
12Wegen des weiteren Sachverhalts wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
13Die Klägerin hat im ersten Rechtszug beantragt,
14die Beklagte zu verurteilen, an sie 62,78 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
15Die Beklagte hat im ersten Rechtszug beantragt,
16die Klage abzuweisen.
17Durch das der Klägerin am 26.02.2015 zugestellte Urteil vom 18.02.2015 hat das Amtsgericht Bonn die Klage abgewiesen. Die Abtretung der Ansprüche des Geschädigten gegen den Fahrer, den Halter und den Haftpflichtversicherer des unfallbeteiligten gegnerischen Fahrzeugs in Höhe des Honoraranspruchs einschließlich Mehrwertsteuer sei mangels Bestimmtheit und Bestimmbarkeit der Abtretungsvereinbarung unwirksam. Der erste Satz der Vereinbarung beschränke die von der Abtretung erfasste Forderung zwar der Höhe nach, sei ansonsten jedoch allumfassend auch hinsichtlich im Folgenden nicht aufgeführter Forderungen. Ausdrücklich beziehe sich die Abtretung auf sämtliche in Betracht kommenden Ansprüche. Hieran ändere auch die später erfolgte Rangfolgebestimmung nichts. Unter diese fielen nicht all jene Ansprüche, die der Geschädigte unter Satz 1 abgetreten habe. Die Auflistung von einigen Schadenspositionen des Geschädigten solle lediglich die Reihenfolge der Abtretung und nicht den Umfang der materiell-rechtlichen Ansprüche erfassen. Die Abtretung sei daher wegen der nicht aufgeführten weiteren Ansprüche trotz Beschränkung auf die Höhe nicht bestimmt und bestimmbar.
18Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 27.02.2015 eingelegten und begründeten Berufung. Sie ist der Auffassung, die Abtretungserklärung sei hinreichend bestimmt und damit wirksam. Die streitgegenständliche Abtretungsvereinbarung müsse als einheitliche Regelung gesehen werden. Der der Abtretung in Satz 1 nachfolgende Satz zur Reihenfolge der Abtretung beziehe sich ausdrücklich auf die vorher in Satz 1 erklärte Abtretung und konkretisiere diese. Damit entspreche die Abtretungserklärung den in der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen zu der Frage der Bestimmtheit einer Abtretung von Forderungsmehrheiten aus einem Unfallgeschehen.
19Die Klägerin beantragt,
20unter Abänderung des am 18.02.2015 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Bonn, Az. 109 C 323/14, die Beklagte zu verurteilen, an sie 62,78 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
21Die Beklagte beantragt,
22die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
23Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und ist mit dem Amtsgericht der Ansicht, dass der Umfang der Abtretung nicht hinreichend bestimmt sei.
24II.
25Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.
261.
27Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch aus abgetretenem Recht auf Zahlung der geltend gemachten weiteren Sachverständigenkosten, §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG, 398 BGB. Der Klägerin fehlt es an der erforderlichen Aktivlegitimation.
28a)
29Die dem Anspruch zu Grunde liegende Abtretungsvereinbarung ist nicht hinreichend bestimmt oder bestimmbar und daher unwirksam (anders mit abweichender Begründung etwa LG Oldenburg, Urt. v. 31.07.2014, 4 S 108/14; LG Hannover, Urt. v. 16.03.2015, 19 S 44/14; LG Köln, Urt. v. 23.04.2015, 6 S 199/14). Nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Rechtslehre ist eine Abtretung aus Gründen der Rechtssicherheit nur wirksam, wenn die Forderung, die Gegenstand der Abtretung ist, bestimmt oder wenigstens bestimmbar ist (BGH, Urt. v. 25.10.1952, I ZR 48/52; BGH, Urt. v. 07.06.2011, VI ZR 260/10; Grüneberg in: Palandt, BGB, 74. Aufl. 2015, § 398 Rn 14 m.w.N.). Gegenstand und Umfang einer Forderung müssen im Wege der Auslegung so genau zu bestimmen sein, dass feststeht, wer Inhaber der jeweiligen Forderung ist; dabei muss sich auch der Schuldner in zumutbarer Weise Gewissheit darüber verschaffen können, ob und in welcher Höhe seine Verpflichtung von der Abtretung erfasst ist (vgl. BGH, Urt. v. 22.09.1965, VIII ZR 265/63, juris [Rn.5]). Bei einer Mehrheit von Forderungen ist erforderlich, in der Abtretungserklärung den Umfang der von der Abtretung erfassten Forderungen der Höhe und der Reihenfolge nach aufzuschlüsseln (BGH, Urt. v. 07.06.2011, VI ZR 260/10, juris [Rn. 7 f.]). Aus der Abtretungsvereinbarung muss sich zweifelsfrei entnehmen lassen, ob eine konkrete Forderung von der Abtretung erfasst wird (vgl. BGH, Urt. v. 07.06.2011, VI ZR 260/10, juris [Rn. 6 f.]). Die Abtretung einer Forderungsmehrheit wird diesen Anforderungen nicht gerecht, wenn nicht erkennbar ist, auf welche (Teil-) Forderungen sich die Abtretung bezieht (vgl. BGH, Urt. v. 07.06.2011, VI ZR 260/10, juris [Rn. 7 f. m.w.N.]). Es ist deshalb unzulässig, von der Gesamtsumme der Forderungen aus und im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall nur einen summenmäßig bestimmten Teil abzutreten (BGH, Urt. v. 07.06.2011, VI ZR 260/10, juris [Rn. 7]). Genau dies ist hier jedoch geschehen. Von der Abtretung umfasst sind nach der offenen Formulierung des unter dem Abschnitt „Abtretung und Zahlungsanweisung“ der Abtretungserklärung angeführten Satzes 1 einschränkungslos sämtliche Ansprüche gegen den Fahrer, den Halter und den Haftpflichtversicherer des unfallbeteiligten gegnerischen Fahrzeugs. Die Abtretungserklärung betrifft damit eine Vielzahl an Forderungen und nicht lediglich unselbstständige Positionen eines einheitlichen Anspruchs. Die Abtretung ist lediglich in der Summe bis zur Höhe der Sachverständigenkosten begrenzt. In dem nachfolgenden Satz 3 wird zwar in Umsetzung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urt. v. 07.06.2011, VI ZR 260/10, juris [Rn. 7 f.]) hinsichtlich eines Teils aller denkbaren Schadenspositionen eine Rangfolge aufgestellt. Der Umfang der nach Satz 1 abgetretenen Ansprüche wird indes nicht auf diese Positionen beschränkt. Die Abtretung erfasst auch danach noch eine Mehrzahl selbstständiger Forderungen, und zwar auch solche, die über die in Satz 3 konkret benannten Forderungen hinausgehen – etwa Schmerzendgeldansprüche, Verdienstausfall, Mietwagenkostenersatzansprüche etc.. Hinsichtlich der nicht konkret benannten, von der Abtretung nach Satz 1 jedoch erfassten Forderungen fehlt es an einer ausreichenden Aufschlüsselung der Höhe und der Reihenfolge nach.
30Die Abtretungsvereinbarung kann auch nicht dahingehend ausgelegt werden, dass von Satz 1 der Erklärung lediglich die in Satz 3 genannten Schadenspositionen umfasst sind. Bei dem in einer Vielzahl von Fällen verwendeten Abtretungsformular handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB. Formularverträge sind ausgehend von den Verständnismöglichkeiten eines Durchschnittskunden objektiv und einheitlich so auszulegen, wie ihr Wortlaut von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden wird (Ellenberger in: Palandt, 74. Aufl. 2015, § 133 Rn 26a; Grüneberg in: Palandt, 74. Aufl. 2015, § 305c Rn 16). Danach werden von der Abtretung einschränkungslos sämtliche Ansprüche gegen den Fahrer, den Halter und den Haftpflichtversicherer des unfallbeteiligten gegnerischen Fahrzeugs umfasst. Der Wortlaut ist eindeutig offen formuliert und umfasst generell alle Ansprüche aus dem Unfallereignis. Satz 3 wiederum regelt ausschließlich – unvollständig – die Reihenfolge, indes nicht den in Satz 1 bestimmten Umfang der Abtretung. Die dadurch weit gefasste Abtretung macht aus Sicht eines verständigen und redlichen Vertragspartners auch Sinn. Es erscheint nicht abwegig, dass die Klägerin sich zur Sicherung des Sachverständigenhonoraranspruchs möglichst umfassend die Ansprüche des Geschädigten abtreten lassen möchte. Im Übrigen gehen bestehende Unklarheiten bei der Auslegung zu Lasten der Klägerin, § 305c Abs. 2 BGB (vgl. BGH, Urt. v. 07.06.2011, VI ZR 260/10, juris [Rn. 8]).
31Die von der Klägerin vorgelegten Urteile anderer Gerichte, insbesondere des Landgerichts Köln vom 23.04.2015, 6 S 199/14, veranlassen keine anderweitige Beurteilung der Rechtslage. Die dortigen Entscheidungsgründe befassen sich zwar mit der Frage der Bestimmtheit der Abtretungsvereinbarung, setzen sich indes nicht mit der hier aufgeworfenen Problematik auseinander.
32b)
33Zudem ist die Abtretung auch wegen Verstoßes gegen das in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB geregelte Transparenzgebot unwirksam. Danach sind in Allgemeinen Geschäftsbedingungen die jeweiligen Rechte und Pflichten möglichst klar, einfach und präzise darzustellen (Grüneberg, in: Palandt, 74. Auflage 2015, § 307 Rn. 21). Diesen Anforderungen entspricht die streitgegenständliche Abtretungserklärung nicht. Denn die Abtretungserklärung lässt aufgrund der Widersprüche in Satz 1 und Satz 3 jedenfalls nicht mit hinreichender Sicherheit und damit möglichst klar und präzise erkennen, ob nunmehr alle Ansprüche abgetreten sind oder aber nur die in Satz 3 aufgelisteten. Eine eindeutige Regelung, die keinerlei vernünftige Zweifel aufkommen lässt, ist nicht gegeben. Der Unfallgeschädigte / Zedent kann angesichts der in Satz 1 und 3 auftretenden Unklarheiten in der Abtretungserklärung beispielsweise nicht mit hinreichender Sicherheit für sich in Anspruch nehmen, Forderungsinhaber eines etwaigen Verdienstausfallanspruchs zu sein. Bei der Geltendmachung eines solchen Anspruchs gegenüber dem Unfallgegner stünde nicht mit der erforderlichen Sicherheit fest, dass er diesen mit Erfolg für sich beanspruchen könnte. Ein solcher Verstoß gegen das Transparenzgebot führt zur Unwirksamkeit der Klausel (vgl. dazu Grüneberg, in: Palandt, 74. Auflage 2015, § 307 Rn. 24). Denn die Verletzung des Transparenzgebots begründet die Gefahr einer sachlichen Benachteiligung – wie das vorgenannte Beispiel bezüglich der Durchsetzung eines Verdienstausfallschadens zeigt.
342.
35Mangels Begründetheit des Hauptanspruchs war die Klage auch bezüglich des als Nebenforderung geltend gemachten Zinsanspruchs als unbegründet abzuweisen.
363.
37Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
384.
39Die Revision war zuzulassen, da die Sache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Die streitgegenständliche Abtretungserklärung wird in dieser oder vergleichbarer Form tagtäglich von Sachverständigen und anderen Dienstleistern im Rahmen der Zusammenarbeit mit der Klägerin verwendet. Die Rechtsfrage, ob die Abtretungsvereinbarung den Bestimmtheitsanforderungen genügt, wird sich daher in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen künftiger Rechtsstreitigkeiten stellen und wirft mithin ein besonderes Interesse für die Allgemeinheit auf.
40Die Revision war zudem zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO), dies im Hinblick auf die zu vergleichbaren Abtretungserklärungen ergangenen unterschiedlichen amts- und landgerichtlichen Entscheidungen.
41Wert des Berufungsverfahrens: 62,78 Euro
Urteilsbesprechung zu Landgericht Bonn Urteil, 29. Juli 2015 - 5 S 23/15
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Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
1
Tatbestand
(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil
- 1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen, - 2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
1
Tatbestand
(1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
(2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.
(3) Benutzt jemand das Kraftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Fahrzeughalters, so ist er anstelle des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet; daneben bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet, wenn die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch sein Verschulden ermöglicht worden ist. Satz 1 findet keine Anwendung, wenn der Benutzer vom Fahrzeughalter für den Betrieb des Kraftfahrzeugs angestellt ist oder wenn ihm das Kraftfahrzeug vom Halter überlassen worden ist.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des AG Leverkusen vom 16.7.2014, Az. 22 C 638/13, dahingehend abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 30,75 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz seit dem 9.1.2014 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben, die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Gründe:
2Die Klägerin ist eine Einzugsstelle, unter anderen für Kfz-Sachverständigenhonorar.
3Nach einem Verkehrsunfall, für dessen Folgen die Versicherungsnehmerin der Beklagten allein verantwortlich war, unterzeichnete der Geschädigte, Herr P, am 23.1.2013 einen Gutachtenauftrag, durch den er das Sachverständigenbüro B GmbH mit der Begutachtung des Fahrzeugschadens beauftragte. Auf dem Antragsformular trat der Geschädigte seine Ansprüche gegen den Fahrer, den Halter und den Haftpflichtversicherer in Höhe des Honoraranspruchs einschließlich der Mehrwertsteuer des Sachverständigen gemäß Rechnung für die Erstellung des Beweissicherungsgutachtens an die Klägerin ab. Zugleich wurde der Anspruchsgegner unwiderruflich angewiesen, den Forderungsbetrag aus der Rechnung des Sachverständigen unmittelbar durch Zahlung an die Klägerin (bezeichnet als KfzVS) zu begleichen. Ferner heißt es in dem Formular wie folgt:
4„Die Abtretung erfolgt in der Reihenfolge: Sachverständigenkosten, Wertminderung, Nutzungsausfallentschädigung, Nebenkosten, Reparaturkosten. Dabei wird eine nachfolgende Position nur abgetreten, wenn die zuvor genannte Position nicht ausreicht, um den gesamten Honoraranspruch des Sachverständigen zu decken. Sollte die Abtretung der Ansprüche den tatsächlichen Honoraranspruch übersteigen, erfolgt die Abtretung dergestalt, dass hinsichtlich der zuletzt abgetretenen Anspruchsposition ein erstrangiger Teilbetrag in Höhe des restlichen Sachverständigenhonorars abgetreten wird.“ Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Anl. K3 (Bl. 26 der Akte) Bezug genommen. Der Sachverständige kam in seinem Gutachten vom 6.2.2013 zu Reparaturkosten von 1083,86 € brutto. In der Rechnung vom selben Tag stellte er für das Gutachten 431,38 € in Rechnung. Auf die Rechnung wird ebenfalls verwiesen (Anl. K2 , Bl. 25 der Akte).
5Die Beklagte zahlte vorprozessual 400,63 € und lehnte eine weitere Zahlung ab, da das Honorar überhöht sei. Mit Schreiben vom 26.11.2013 bestellten sich die jetzigen Prozessbevollmächtigten für die Klägerin und forderten restliche 32,04 € und berechneten zugleich 39 € vorgerichtliche Anwaltskosten, die sie aus Verzug forderten.
6Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Abtretung wirksam sei, insbesondere dem Bestimmtheitserfordernis genüge. Das Honorar sei angemessen und jedenfalls aus Sicht des Geschädigten nicht erkennbar überhöht, so dass diesen jedenfalls kein Auswahlverschulden treffe. Die Rechnung des Sachverständigen liege im Korridor der Honorare der BVSK-Befragung.
7Die Klägerin hat beantragt,
8die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 30,75 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit
9sowie vorgerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 39 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
10Die Beklagte hat beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Die Beklagte hält die Abtretung mangels Bestimmtheit für unwirksam. Sie macht geltend, bereits mehr bezahlt zu haben als geschuldet. Es habe sich erkennbar um einen Bagatellschaden gehandelt, bei dem die Einholung eines Gutachtens nicht erforderlich gewesen sei. Jedenfalls sei das Honorar übersetzt und liege über dem ortsüblichen Niveau. Hierzu hat die Beklagte in der Klageerwiderung näher ausgeführt, hierauf wird insoweit verwiesen.
13Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, da die Abtretung mangels Bestimmtheit nicht wirksam sei. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil Bezug genommen.
14Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt. Sie wiederholt und vertieft ihren bisherigen Vortrag.
15Die Klägerin beantragt,
16unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 30,75 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
17Die Beklagte beantragt,
18die Berufung zurückzuweisen.
19Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und ist der Ansicht, dass der Umfang der Abtretung, insbesondere die Höhe der erfassten Ansprüche nicht bestimmt sei. Für den Zedenten sei der Umfang der abgetretenen Ansprüche nicht überschaubar. Er werde gehindert, seine Forderungen gegen den Schädiger einzuziehen, bis die Honorarrechnung vollständig befriedigt sei. Allein das bedeute eine unangemessene Benachteiligung. Auch versteckte sich die Klägerin hinter dem Zedenten bei der Prüfung der Erforderlichkeit der Honorarforderung, die überhöht sei. Dies könne der Klägerin entgegengehalten werden.
20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil und die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
21Nach Auffassung der Kammer ist die Abtretung nicht wegen eines Verstoßes gegen das Bestimmtheitserfordernis unwirksam, so dass die Klägerin aktivlegitimiert ist. Eine wirksame Abtretung setzt voraus, dass die abgetretene Forderung bestimmt oder zumindest bestimmbar ist. Bei der Abtretung einer Forderungsmehrheit ist erforderlich, dass der Umfang der von der Abtretung erfassten Forderungen der Höhe und der Reihenfolge nach aufgeschlüsselt wird (BGH, Urteil vom 7.6.2011, VI ZR 260/10). Hier handelt es sich bei der Abtretung der Ersatzansprüche um eine Mehrzahl von selbstständigen Forderungen, nicht nur um unselbstständige Rechnungsposten. Die Forderungen sind im 3. Abschnitt der Abtretungserklärung bezeichnet, nämlich Sachverständigenkosten, Wertminderung, Nutzungsausfallentschädigung, Nebenkosten, Reparaturkosten, so dass insoweit dem Bestimmtheitserfordernis genüge getan ist. Auch die Reihenfolge ist festgelegt, wobei die jeweils nachfolgende Position nur abgetreten wird, wenn die vorhergehenden Positionen nicht ausreichen, um den gesamten Honoraranspruch zu decken. Insgesamt ist die Abtretung der Höhe nach begrenzt auf die Höhe des Honoraranspruchs gemäß Sachverständigenrechnung. Nach Auffassung der Kammer ist danach die Höhe der abgetretenen Forderungen zwar nicht betragsmäßig bestimmt, jedoch bestimmbar. Ob und in welcher Höhe die Abtretung eingreift, hängt einerseits von der Höhe der Sachverständigenrechnung ab, andererseits von der Höhe der abgetretenen Forderungen, die teilweise bereits entstanden sind, der Höhe nach aber noch nicht bezifferbar sind, teilweise in ihrer Entstehung noch von der weiteren Entwicklung, etwa von der Dauer der Ausfallzeit abhängen können. Das steht jedoch dem Bestimmtheitserfordernis nicht entgegen, denn auch zukünftige Forderungen können bereits abgetreten werden, auch wenn deren Entstehung noch nicht gewiss ist. Die Abtretung wird gegenstandslos, wenn die Forderung nicht entsteht. In diesem Fall rückt die nächste Position nach. Unerheblich ist es daher, dass unter Umständen ungewiss ist, ob etwa Nutzungsausfallentschädigung anfallen wird, denn insoweit reicht, dass die Forderung im Zeitpunkt ihrer Entstehung bestimmbar ist.
22Die Abtretung ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer unangemessenen Benachteiligung des Geschädigten nach § 307 BGB unwirksam. Die Abtretung der Ansprüche erfolgt erfüllungshalber und ist mit einer Stundung der Honorarforderung verbunden. Nach den Bestimmungen in der Abtretungserklärung darf der Sachverständige oder die KfzVS den Auftraggeber des Sachverständigen erst nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung wieder in Anspruch nehmen. Der Höhe nach ist die Abtretung auf den Rechnungsbetrag begrenzt. Auch wenn dem Geschädigten durch die Abtretung unter Umständen die Verfolgung seiner Ansprüche erschwert wird, bis die Honorarrechnung beglichen ist, so ist andererseits das Sicherungsbedürfnis des Sachverständigen zu berücksichtigen, dem das Risiko, dass der Zedent etwa nur zu einem Bruchteil Ersatz verlangen kann, nicht aufgebürdet werden kann. Der Zedent kann die Ungewissheit beenden, indem er die Rechnung begleicht oder seiner Ansprüche in Höhe der Rechnung des Sachverständigen reduziert.
23Die Beklagte kann dem Anspruch auf Ersatz des Sachverständigenhonorars aus abgetretenem Recht des Geschädigten auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die Einholung eines Gutachtens nicht erforderlich gewesen seien, weil es sich erkennbar um einen Bagatellschaden gehandelt habe. Der Sachverständige hat die Kosten auf 910,980 € netto = 1083,96 € brutto ermittelt, die Beklagte hat bei Zugrundelegen von Preisen einer nichtmarkengebundenen Fachwerkstatt 756,83 € ermittelt, wobei es sich unwidersprochen um den Nettobetrag handelt. Nach der Kommentierung bei Palandt-Grüneberg (Kommentar zum BGB, 74. Auflage, § 249 Rn. 58) wird die Bagatellgrenze bei 700 € angenommen, so dass der Geschädigte die Einholung eines Gutachtens selbst bei den von der Beklagten ermittelten Reparaturkosten für erforderlich halten durfte, unabhängig davon, dass auch nicht ersichtlich ist, dass der Geschädigte die Höhe des Schadens hätte selbst erkennen müssen.
24Auch mit den weiteren Einwänden gegen die Höhe der Kosten kann die Beklagte nicht durchdringen. Dabei ist von der so genannten subjektbezogenen Schadensbetrachtung auszugehen, d.h. es ist Rücksicht zu nehmen auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten. Dabei darf sich ein Geschädigter regelmäßig damit begnügen, den ihm in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen, ohne dass er vorher eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben muss (vergleiche BGH, Urteil vom 11.2.2014, VI ZR 225/13). Daher genügt er regelmäßig seiner Darlegungslast, wenn er die Rechnung des Sachverständigen vorlegt. Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet dabei ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des gemäß § 287 ZPO zu schätzenden erforderlichen Betrages. Hieran ändert sich nach Auffassung der Kammer nichts dadurch, dass die Klägerin aus abgetretenem Recht des Geschädigten vorgeht. Die Abtretung ändert nämlich nichts daran, dass es sich um einen in der Person des Geschädigten entstandenen Anspruch handelt. Bei der Frage der Erforderlichkeit der Kosten ist daher auch auf die Person des Zedenten abzustellen. Dem kann nach Auffassung der Kammer nicht gleichgestellt werden, dass der Sachverständige selbst oder nach Abtretung der Zessionar des Sachverständigen dessen Honorarforderung geltend macht.
25Bei der Prüfung, in welcher Höhe der abgetretene Anspruch in der Person des Zedenten entstanden ist, greift aber der Grundsatz der subjektbezogenen Schadensbetrachtung ein. Dass der Geschädigte erkennen konnte, dass die Rechnung des Sachverständigen unangemessen ist, hat die Beklagte durch den Hinweis auf die Berechnung nach ihrer Honorarliste, die auf einer BVSK-Honorarbefragung beruhen soll, nicht schlüssig dargetan. Demgegenüber weist die Klägerin zu Recht darauf hin, dass die Beklagte die Rechnung um nur 8 % gekürzt hat, was schon dagegen spricht, dass es sich um eine erkennbar überhöhte Rechnung handelt. Dabei ist nach Auffassung der Kammer auch nicht nur auf die einzelnen Positionen der Rechnung abzustellen, sondern auf das Gesamtergebnis, das den letztlich zu zahlenden Betrag wiedergibt.
26Im übrigen hat die Beklagte die Angemessenheit der vorgelegten Rechnung auch nicht ausreichend bestritten. Sie wendet sich lediglich gegen einzelne Positionen, insbesondere bei den Nebenkosten, gibt aber keine nachvollziehbare Darstellung, welches nach ihrer Auffassung das angemessene und ortsübliche Honorar ist. Demgegenüber hat die Klägerin schon in der Klageschrift unbestritten aufgezeigt, dass die Honorarforderung des Sachverständigen sich im Rahmen der Werte des HB V-Korridors hält, und zwar noch leicht unterhalb des Durchschnitts. Dabei ist es nach Ansicht der Kammer durchaus zulässig, bei Bestehen einer bestimmten Bandbreite für die übliche Vergütung von dem Mittelwert als angemessener Vergütung auszugehen (vergleiche Palandt-Sprau, BGB, 74. Auflage, § 632, Rn. 16 mit weiteren Nachweisen).
27Die Klage hat daher hinsichtlich der restlichen Sachverständigenkosten Erfolg.
28Der Zinsanspruch ist aus Verzug nach §§ 286, 288 BGB gerechtfertigt. Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten hat die Klägerin mit ihrer Berufung nicht mehr verfolgt.
29Die Kostenentscheidung für die 1. Instanz beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Obwohl die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sich im Gebührenstreitwert nicht ausgewirkt haben, ist für die 1. Instanz von einem Teilunterliegen auszugehen. Die erstinstanzlich verlangten vorgerichtlichen Anwaltskosten waren betragsmäßig höher als die Hauptforderung, so dass es in einem solchen Fall angemessen erscheint, eine Kostenquote zu bilden, bzw. hier die Kosten gegeneinander aufzuheben. Die Kostenentscheidung für die 2. Instanz folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
30Die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 708 Z. 10, 711 ZPO.
31Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO zuzulassen, da die Frage, ob die Abtretungsklausel in der jetzt vorliegenden Fassung den Anforderungen an die Bestimmtheit der Abtretung bei einer Mehrzahl von Forderungen genügt, in einer Vielzahl von Fällen auftritt und klärungsbedürftig scheint.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin, die ein Kfz-Sachverständigenbüro betreibt, begehrt von dem beklagten Haftpflichtversicherer aus abgetretenem Recht des Geschädigten H. Ersatz restlichen Schadens aus einem Verkehrsunfall. Die volle Einstandspflicht der Beklagten steht außer Streit. H. beauftragte die Klägerin mit der Erstattung eines Gutachtens zur Schadenshöhe und trat seine gegen den Fahrer, den Halter und den Versicherer des unfallbeteiligten Fahrzeugs bestehenden Schadensersatzansprüche in Höhe der Gutachterkosten einschließlich Mehrwertsteuer formularmäßig erfüllungshalber an die Klägerin ab. Diese berechnete ein Honorar von 1.202,32 €, wovon die Beklagte vorprozessual 471 € erstattete. Der Restbetrag von 731,32 € sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten sind Gegenstand der Klage.
- 2
- Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt sie ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 3
- Das Berufungsgericht, dessen Urteil in Schaden-Praxis 2010, 446 veröffentlicht ist, hält die Abtretung für unwirksam. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts liege zwar keine nach §§ 3, 5 Abs. 1 RDG erlaubnispflichtige Inkassotätigkeit vor, doch sei die Abtretung inhaltlich nicht hinreichend bestimmt. Sie erfasse nämlich - der Höhe nach beschränkt auf die Gutachterkosten - sämtliche Schadensersatzansprüche aus dem Verkehrsunfall, ohne diese der Höhe und der Reihenfolge nach aufzuschlüsseln. Die Abtretungserklärung lasse offen, ob und gegebenenfalls in welcher anteiligen Höhe der Zessionar Inhaber der Ansprüche auf Ersatz einzelner Schäden (z.B. Sachverständigenkosten, Reparaturkosten, gegebenenfalls Mietwagenkosten, Heilbehandlungskosten etc.) werde. Eine Umdeutung in eine Ermächtigung zur Geltendmachung des fremden Anspruchs im eigenen Namen scheide aus, denn diese dürfe den Vertragsgegenstand , den die Parteien regeln wollten, nicht erweitern. So läge es aber hier, denn weil die Abtretungserklärung nicht bestimme, dass die Sachverständigenkosten im Ganzen abgetreten seien, ginge eine Umdeutung in eine Einzugsermächtigung hinsichtlich der (gesamten) Sachverständigenkosten insoweit über den Gegenstand der nichtigen Vereinbarung hinaus. Die infolge der Unwirksamkeit der Abtretungsvereinbarung entstehende Lücke könne auch nicht im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung geschlossen werden. Dies komme im Falle der Unwirksamkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedin- gung, wie sie hier gegeben sei, nämlich nur ausnahmsweise in Betracht und setze voraus, dass sich die mit dem Wegfall der unwirksamen Vertragsklausel entstehende Lücke nicht durch dispositives Gesetzesrecht füllen lasse und deswegen zu einem Ergebnis führe, das den beiderseitigen Interessen nicht mehr in vertretbarer Weise Rechnung trage, sondern das Vertragsgefüge völlig einseitig verschiebe. Letzteres sei hier nicht der Fall, da der Klägerin ihr Honoraranspruch gegen den Geschädigten verbleibe und die aufgrund der unwirksamen Abtretung fehlende Besicherung dieses Anspruchs nicht zu einem unzumutbaren Ergebnis führe.
II.
- 4
- Das angefochtene Urteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
- 5
- 1. Die von dem Geschädigten H. erklärte Abtretung ist unwirksam.
- 6
- a) Eine Abtretung ist, wie in der Rechtsprechung und Rechtslehre anerkannt ist, nur wirksam, wenn die Forderung, die Gegenstand der Abtretung ist, bestimmt oder wenigstens bestimmbar ist (BGH, Urteile vom 25. Oktober 1952 - I ZR 48/52, BGHZ 7, 365, 357; vom 3. April 1974 - VIII ZR 235/72, NJW 1974, 1130 und vom 16. März 1995 - IX ZR 72/94, NJW 1995, 1668, 1969; MünchKommBGB /Roth, 5. Aufl., § 398 Rn. 67). Dieses Erfordernis ergibt sich aus der Rechtsnatur der Abtretung, die ein dingliches Rechtsgeschäft ist. Die Abtretung bewirkt, dass das Gläubigerrecht an einer Forderung von dem bisherigen Gläubiger auf eine andere Person als neuen Gläubiger übergeht (§ 398 BGB). Wie ein Gläubigerrecht nur an einer bestimmten oder mindestens bestimmbaren Forderung bestehen kann, so kann auch nur das Gläubigerrecht an einer bestimmten oder bestimmbaren Forderung Gegenstand der Abtretung sein (RG, Urteil vom 27. Februar 1920 - VII 296/19, RGZ 98, 200, 202). An diesem Erfordernis der Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit fehlt es, wenn von mehreren selbständigen Forderungen ein Teil abgetreten wird, ohne dass erkennbar ist, von welcher oder von welchen Forderungen ein Teil abgetreten werden soll (BGH, Urteile vom 18. Februar 1965 - II ZR 166/62, WM 1965, 562; vom 27. Mai 1968 - VIII ZR 137/66, WarnR 1968, Nr. 165 und vom 2. April 1970 - VII ZR 153/68, WM 1970, 848; OLG München, OLGR 1993, 248; OLG Köln VersR 1998, 1269, 1270 und MDR 2005, 975; Staudinger/Busche, BGB [2005], § 398 Rn. 61; MünchKommBGB/Roth, aaO, Rn. 75).
- 7
- b) Entstehen aus einem Verkehrsunfall für den Geschädigten mehrere Forderungen, so kann von der Gesamtsumme dieser Forderungen nicht ein nur summenmäßig bestimmter Teil abgetreten werden (Senatsurteil vom 8. Oktober 1957 - VI ZR 128/56, VersR 1957, 753). Um verschiedene Forderungen handelt es sich etwa dann, wenn neben dem Anspruch auf Ersatz des an dem beschädigten Kraftfahrzeug entstandenen Sachschadens ein Anspruch auf Ersatz von Verdienstausfall geltend gemacht wird (Senatsurteile vom 19. November 1957 - VI ZR 122/57, VersR 1958, 91, 93 f. und vom 22. Mai 1984 - VI ZR 228/82, VersR 1984, 782, 783). Dasselbe gilt für das Verhältnis zwischen dem Anspruch auf Ersatz des Fahrzeugschadens und dem Anspruch auf Ersatz von Schäden an der Ladung des Fahrzeugs (vgl. Senatsurteil vom 8. Oktober 1957 - VI ZR 128/56 aaO). Für die Annahme verschiedener Forderungen spricht in diesen Fällen schon die Möglichkeit unterschiedlicher Entwicklungen in der Anspruchsinhaberschaft , die sich daraus ergibt, dass die Ersatzansprüche im Regulierungsfall gegebenenfalls auf verschiedene Versicherer übergehen können (Kaskoversicherung, Betriebsausfallversicherung, Transportversicherung; vgl. Senatsurteil vom 22. Mai 1984 - VI ZR 228/82, aaO). Eine Verschiedenheit von Forderungen liegt nur dann nicht vor, wenn es sich bei einzelnen Beträgen um lediglich unselbständige Rechnungsposten aus einer klar abgrenzbaren Sach- gesamtheit handelt (vgl. Senatsurteile vom 26. Februar 1980 - VI ZR 53/79, BGHZ 76, 216, 219 f. und vom 22. Mai 1984 - VI ZR 228/82, aaO), wie dies etwa bei Einzelelementen der Reparaturkosten der Fall ist (vgl. BGH, Urteile vom 19. Juni 2000 - II ZR 319/98, NJW 2000, 3718, 3719 und vom 13. März 2003 - VII ZR 418/01, MDR 2003, 824 f.; Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs , 4. Aufl., § 37 Rn. 17 [Stand: 10. Januar 2010]).
- 8
- c) Die Abtretung des Geschädigten H. wird diesen Erfordernissen nicht gerecht, denn sie ist weder hinreichend bestimmt noch bestimmbar. Nach ihrem eindeutigen Wortlaut erfasst sie eine Mehrzahl von Forderungen, nämlich sämtliche Ansprüche des Geschädigten aus dem betreffenden Verkehrsunfall. Mit Recht hat das Berufungsgericht in der Bezugnahme der Abtretung auf die Höhe der Gutachterkosten lediglich eine Beschränkung hinsichtlich des Umfangs der Abtretung gesehen. Die Abtretung sollte ersichtlich nicht nur die Forderung auf Ersatz der Gutachterkosten erfassen. Dieser Anspruch ist entgegen der Auffassung der Revision auch kein unselbständiger Rechnungsposten, sondern im Verhältnis zu dem Anspruch auf Ersatz des Fahrzeugschadens vielmehr eine selbständige Forderung. Dies folgt schon aus der Möglichkeit unterschiedlicher Entwicklungen in der Anspruchsinhaberschaft, denn anders als der Anspruch auf Ersatz des Fahrzeugschadens geht der hiervon schon dem Gegenstand nach klar abgrenzbare (vgl. Senatsurteil vom 22. Mai 1984 - VI ZR 228/82, aaO) Anspruch auf Ersatz der Gutachterkosten im Regulierungsfall gemäß § 86 Abs. 1 VVG nur unter engen Voraussetzungen auf den Kaskoversicherer über (vgl. Ziffer A.2.8 AKB 08 [Stand: 9. Juli 2008]). Um dem Bestimmbarkeitserfordernis zu genügen, wäre es deshalb erforderlich gewesen, in der Abtretungserklärung den Umfang der von der Abtretung erfassten Forderungen der Höhe und der Reihenfolge nach aufzuschlüsseln. Daran fehlt es bei der hier verwendeten Abtretungserklärung. Da es sich dabei nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen um von der Klägerin gestellte Allgemeine Ge- schäftsbedingungen handelt, gehen bestehende Unklarheiten zu ihren Lasten (§ 305c Abs. 2 BGB).
- 9
- 2. Mit Recht hat es das Berufungsgericht abgelehnt, die nichtige Abtretung gemäß § 140 BGB in eine Prozessführungsermächtigung umzudeuten.
- 10
- a) Eine Umdeutung in ein Ersatzgeschäft darf nicht dazu führen, dass an die Stelle des nichtigen Geschäfts ein solches gesetzt wird, das über den Erfolg des ursprünglich gewollten Geschäfts hinausgeht (BGH, Urteile vom 15. Dezember 1955 - II ZR 204/54, BGHZ 19, 269, 275 und vom 14. Mai 1956 - II ZR 229/54, BGHZ 20, 363, 370 f.; BAG, NJW 1976, 592; MünchKommBGB/ Busche, aaO, § 140 Rn. 17 mwN). Dies wäre hier entgegen der Auffassung der Revisionsbegründung aber der Fall, wenn die (unwirksame) Abtretung umgedeutet würde in die Ermächtigung, die Gutachterkosten im eigenen Namen geltend zu machen. Da sich der Abtretungserklärung gerade nicht entnehmen lässt, dass die Klägerin Gläubigerin der gesamten Forderung auf Ersatz der Gutachterkosten werden sollte, verbietet sich eine Umdeutung dahin gehend, sie als ermächtigt anzusehen, im Wege der Prozessstandschaft diese Forderung in voller Höhe im eigenen Namen geltend zu machen.
- 11
- b) Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der Revision auch nicht aus der in der Abtretungsvereinbarung enthaltenen Anweisung an den regulierungspflichtigen Versicherer, die Sachverständigenkosten unmittelbar an die Klägerin zu zahlen. Diese Zahlungsanweisung darf nicht isoliert ausgelegt werden, sondern ist im Zusammenhang mit der im vorausgehenden Satz geregelten Abtretung zu sehen. Sie nimmt ersichtlich Bezug auf die Höhe des von der vorgesehenen Abtretung erfassten Betrags und bezieht sich nicht auf einen von der (unwirksamen) Abtretung möglicherweise nicht erfassten Teil der Forderung auf Ersatz der Gutachterkosten. Eine auf diese Zahlungsanweisung ge- stützte Klage wäre mangels hinreichender Bestimmtheit unzulässig (vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember 1953 - III ZR 66/52, BGHZ 11, 192, 194; Greger, aaO Rn. 17, 19).
III.
- 12
- Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Pauge von Pentz
Vorinstanzen:
AG Saarlouis, Entscheidung vom 19.05.2010 - 26 C 372/10 -
LG Saarbrücken, Entscheidung vom 15.10.2010 - 13 S 68/10 -
(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.
(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss
- 1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und - 2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.
(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin, die ein Kfz-Sachverständigenbüro betreibt, begehrt von dem beklagten Haftpflichtversicherer aus abgetretenem Recht des Geschädigten H. Ersatz restlichen Schadens aus einem Verkehrsunfall. Die volle Einstandspflicht der Beklagten steht außer Streit. H. beauftragte die Klägerin mit der Erstattung eines Gutachtens zur Schadenshöhe und trat seine gegen den Fahrer, den Halter und den Versicherer des unfallbeteiligten Fahrzeugs bestehenden Schadensersatzansprüche in Höhe der Gutachterkosten einschließlich Mehrwertsteuer formularmäßig erfüllungshalber an die Klägerin ab. Diese berechnete ein Honorar von 1.202,32 €, wovon die Beklagte vorprozessual 471 € erstattete. Der Restbetrag von 731,32 € sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten sind Gegenstand der Klage.
- 2
- Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt sie ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 3
- Das Berufungsgericht, dessen Urteil in Schaden-Praxis 2010, 446 veröffentlicht ist, hält die Abtretung für unwirksam. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts liege zwar keine nach §§ 3, 5 Abs. 1 RDG erlaubnispflichtige Inkassotätigkeit vor, doch sei die Abtretung inhaltlich nicht hinreichend bestimmt. Sie erfasse nämlich - der Höhe nach beschränkt auf die Gutachterkosten - sämtliche Schadensersatzansprüche aus dem Verkehrsunfall, ohne diese der Höhe und der Reihenfolge nach aufzuschlüsseln. Die Abtretungserklärung lasse offen, ob und gegebenenfalls in welcher anteiligen Höhe der Zessionar Inhaber der Ansprüche auf Ersatz einzelner Schäden (z.B. Sachverständigenkosten, Reparaturkosten, gegebenenfalls Mietwagenkosten, Heilbehandlungskosten etc.) werde. Eine Umdeutung in eine Ermächtigung zur Geltendmachung des fremden Anspruchs im eigenen Namen scheide aus, denn diese dürfe den Vertragsgegenstand , den die Parteien regeln wollten, nicht erweitern. So läge es aber hier, denn weil die Abtretungserklärung nicht bestimme, dass die Sachverständigenkosten im Ganzen abgetreten seien, ginge eine Umdeutung in eine Einzugsermächtigung hinsichtlich der (gesamten) Sachverständigenkosten insoweit über den Gegenstand der nichtigen Vereinbarung hinaus. Die infolge der Unwirksamkeit der Abtretungsvereinbarung entstehende Lücke könne auch nicht im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung geschlossen werden. Dies komme im Falle der Unwirksamkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedin- gung, wie sie hier gegeben sei, nämlich nur ausnahmsweise in Betracht und setze voraus, dass sich die mit dem Wegfall der unwirksamen Vertragsklausel entstehende Lücke nicht durch dispositives Gesetzesrecht füllen lasse und deswegen zu einem Ergebnis führe, das den beiderseitigen Interessen nicht mehr in vertretbarer Weise Rechnung trage, sondern das Vertragsgefüge völlig einseitig verschiebe. Letzteres sei hier nicht der Fall, da der Klägerin ihr Honoraranspruch gegen den Geschädigten verbleibe und die aufgrund der unwirksamen Abtretung fehlende Besicherung dieses Anspruchs nicht zu einem unzumutbaren Ergebnis führe.
II.
- 4
- Das angefochtene Urteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand.
- 5
- 1. Die von dem Geschädigten H. erklärte Abtretung ist unwirksam.
- 6
- a) Eine Abtretung ist, wie in der Rechtsprechung und Rechtslehre anerkannt ist, nur wirksam, wenn die Forderung, die Gegenstand der Abtretung ist, bestimmt oder wenigstens bestimmbar ist (BGH, Urteile vom 25. Oktober 1952 - I ZR 48/52, BGHZ 7, 365, 357; vom 3. April 1974 - VIII ZR 235/72, NJW 1974, 1130 und vom 16. März 1995 - IX ZR 72/94, NJW 1995, 1668, 1969; MünchKommBGB /Roth, 5. Aufl., § 398 Rn. 67). Dieses Erfordernis ergibt sich aus der Rechtsnatur der Abtretung, die ein dingliches Rechtsgeschäft ist. Die Abtretung bewirkt, dass das Gläubigerrecht an einer Forderung von dem bisherigen Gläubiger auf eine andere Person als neuen Gläubiger übergeht (§ 398 BGB). Wie ein Gläubigerrecht nur an einer bestimmten oder mindestens bestimmbaren Forderung bestehen kann, so kann auch nur das Gläubigerrecht an einer bestimmten oder bestimmbaren Forderung Gegenstand der Abtretung sein (RG, Urteil vom 27. Februar 1920 - VII 296/19, RGZ 98, 200, 202). An diesem Erfordernis der Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit fehlt es, wenn von mehreren selbständigen Forderungen ein Teil abgetreten wird, ohne dass erkennbar ist, von welcher oder von welchen Forderungen ein Teil abgetreten werden soll (BGH, Urteile vom 18. Februar 1965 - II ZR 166/62, WM 1965, 562; vom 27. Mai 1968 - VIII ZR 137/66, WarnR 1968, Nr. 165 und vom 2. April 1970 - VII ZR 153/68, WM 1970, 848; OLG München, OLGR 1993, 248; OLG Köln VersR 1998, 1269, 1270 und MDR 2005, 975; Staudinger/Busche, BGB [2005], § 398 Rn. 61; MünchKommBGB/Roth, aaO, Rn. 75).
- 7
- b) Entstehen aus einem Verkehrsunfall für den Geschädigten mehrere Forderungen, so kann von der Gesamtsumme dieser Forderungen nicht ein nur summenmäßig bestimmter Teil abgetreten werden (Senatsurteil vom 8. Oktober 1957 - VI ZR 128/56, VersR 1957, 753). Um verschiedene Forderungen handelt es sich etwa dann, wenn neben dem Anspruch auf Ersatz des an dem beschädigten Kraftfahrzeug entstandenen Sachschadens ein Anspruch auf Ersatz von Verdienstausfall geltend gemacht wird (Senatsurteile vom 19. November 1957 - VI ZR 122/57, VersR 1958, 91, 93 f. und vom 22. Mai 1984 - VI ZR 228/82, VersR 1984, 782, 783). Dasselbe gilt für das Verhältnis zwischen dem Anspruch auf Ersatz des Fahrzeugschadens und dem Anspruch auf Ersatz von Schäden an der Ladung des Fahrzeugs (vgl. Senatsurteil vom 8. Oktober 1957 - VI ZR 128/56 aaO). Für die Annahme verschiedener Forderungen spricht in diesen Fällen schon die Möglichkeit unterschiedlicher Entwicklungen in der Anspruchsinhaberschaft , die sich daraus ergibt, dass die Ersatzansprüche im Regulierungsfall gegebenenfalls auf verschiedene Versicherer übergehen können (Kaskoversicherung, Betriebsausfallversicherung, Transportversicherung; vgl. Senatsurteil vom 22. Mai 1984 - VI ZR 228/82, aaO). Eine Verschiedenheit von Forderungen liegt nur dann nicht vor, wenn es sich bei einzelnen Beträgen um lediglich unselbständige Rechnungsposten aus einer klar abgrenzbaren Sach- gesamtheit handelt (vgl. Senatsurteile vom 26. Februar 1980 - VI ZR 53/79, BGHZ 76, 216, 219 f. und vom 22. Mai 1984 - VI ZR 228/82, aaO), wie dies etwa bei Einzelelementen der Reparaturkosten der Fall ist (vgl. BGH, Urteile vom 19. Juni 2000 - II ZR 319/98, NJW 2000, 3718, 3719 und vom 13. März 2003 - VII ZR 418/01, MDR 2003, 824 f.; Greger, Haftungsrecht des Straßenverkehrs , 4. Aufl., § 37 Rn. 17 [Stand: 10. Januar 2010]).
- 8
- c) Die Abtretung des Geschädigten H. wird diesen Erfordernissen nicht gerecht, denn sie ist weder hinreichend bestimmt noch bestimmbar. Nach ihrem eindeutigen Wortlaut erfasst sie eine Mehrzahl von Forderungen, nämlich sämtliche Ansprüche des Geschädigten aus dem betreffenden Verkehrsunfall. Mit Recht hat das Berufungsgericht in der Bezugnahme der Abtretung auf die Höhe der Gutachterkosten lediglich eine Beschränkung hinsichtlich des Umfangs der Abtretung gesehen. Die Abtretung sollte ersichtlich nicht nur die Forderung auf Ersatz der Gutachterkosten erfassen. Dieser Anspruch ist entgegen der Auffassung der Revision auch kein unselbständiger Rechnungsposten, sondern im Verhältnis zu dem Anspruch auf Ersatz des Fahrzeugschadens vielmehr eine selbständige Forderung. Dies folgt schon aus der Möglichkeit unterschiedlicher Entwicklungen in der Anspruchsinhaberschaft, denn anders als der Anspruch auf Ersatz des Fahrzeugschadens geht der hiervon schon dem Gegenstand nach klar abgrenzbare (vgl. Senatsurteil vom 22. Mai 1984 - VI ZR 228/82, aaO) Anspruch auf Ersatz der Gutachterkosten im Regulierungsfall gemäß § 86 Abs. 1 VVG nur unter engen Voraussetzungen auf den Kaskoversicherer über (vgl. Ziffer A.2.8 AKB 08 [Stand: 9. Juli 2008]). Um dem Bestimmbarkeitserfordernis zu genügen, wäre es deshalb erforderlich gewesen, in der Abtretungserklärung den Umfang der von der Abtretung erfassten Forderungen der Höhe und der Reihenfolge nach aufzuschlüsseln. Daran fehlt es bei der hier verwendeten Abtretungserklärung. Da es sich dabei nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen um von der Klägerin gestellte Allgemeine Ge- schäftsbedingungen handelt, gehen bestehende Unklarheiten zu ihren Lasten (§ 305c Abs. 2 BGB).
- 9
- 2. Mit Recht hat es das Berufungsgericht abgelehnt, die nichtige Abtretung gemäß § 140 BGB in eine Prozessführungsermächtigung umzudeuten.
- 10
- a) Eine Umdeutung in ein Ersatzgeschäft darf nicht dazu führen, dass an die Stelle des nichtigen Geschäfts ein solches gesetzt wird, das über den Erfolg des ursprünglich gewollten Geschäfts hinausgeht (BGH, Urteile vom 15. Dezember 1955 - II ZR 204/54, BGHZ 19, 269, 275 und vom 14. Mai 1956 - II ZR 229/54, BGHZ 20, 363, 370 f.; BAG, NJW 1976, 592; MünchKommBGB/ Busche, aaO, § 140 Rn. 17 mwN). Dies wäre hier entgegen der Auffassung der Revisionsbegründung aber der Fall, wenn die (unwirksame) Abtretung umgedeutet würde in die Ermächtigung, die Gutachterkosten im eigenen Namen geltend zu machen. Da sich der Abtretungserklärung gerade nicht entnehmen lässt, dass die Klägerin Gläubigerin der gesamten Forderung auf Ersatz der Gutachterkosten werden sollte, verbietet sich eine Umdeutung dahin gehend, sie als ermächtigt anzusehen, im Wege der Prozessstandschaft diese Forderung in voller Höhe im eigenen Namen geltend zu machen.
- 11
- b) Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der Revision auch nicht aus der in der Abtretungsvereinbarung enthaltenen Anweisung an den regulierungspflichtigen Versicherer, die Sachverständigenkosten unmittelbar an die Klägerin zu zahlen. Diese Zahlungsanweisung darf nicht isoliert ausgelegt werden, sondern ist im Zusammenhang mit der im vorausgehenden Satz geregelten Abtretung zu sehen. Sie nimmt ersichtlich Bezug auf die Höhe des von der vorgesehenen Abtretung erfassten Betrags und bezieht sich nicht auf einen von der (unwirksamen) Abtretung möglicherweise nicht erfassten Teil der Forderung auf Ersatz der Gutachterkosten. Eine auf diese Zahlungsanweisung ge- stützte Klage wäre mangels hinreichender Bestimmtheit unzulässig (vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember 1953 - III ZR 66/52, BGHZ 11, 192, 194; Greger, aaO Rn. 17, 19).
III.
- 12
- Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Pauge von Pentz
Vorinstanzen:
AG Saarlouis, Entscheidung vom 19.05.2010 - 26 C 372/10 -
LG Saarbrücken, Entscheidung vom 15.10.2010 - 13 S 68/10 -
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des AG Leverkusen vom 16.7.2014, Az. 22 C 638/13, dahingehend abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 30,75 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über Basiszinssatz seit dem 9.1.2014 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben, die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
1
Gründe:
2Die Klägerin ist eine Einzugsstelle, unter anderen für Kfz-Sachverständigenhonorar.
3Nach einem Verkehrsunfall, für dessen Folgen die Versicherungsnehmerin der Beklagten allein verantwortlich war, unterzeichnete der Geschädigte, Herr P, am 23.1.2013 einen Gutachtenauftrag, durch den er das Sachverständigenbüro B GmbH mit der Begutachtung des Fahrzeugschadens beauftragte. Auf dem Antragsformular trat der Geschädigte seine Ansprüche gegen den Fahrer, den Halter und den Haftpflichtversicherer in Höhe des Honoraranspruchs einschließlich der Mehrwertsteuer des Sachverständigen gemäß Rechnung für die Erstellung des Beweissicherungsgutachtens an die Klägerin ab. Zugleich wurde der Anspruchsgegner unwiderruflich angewiesen, den Forderungsbetrag aus der Rechnung des Sachverständigen unmittelbar durch Zahlung an die Klägerin (bezeichnet als KfzVS) zu begleichen. Ferner heißt es in dem Formular wie folgt:
4„Die Abtretung erfolgt in der Reihenfolge: Sachverständigenkosten, Wertminderung, Nutzungsausfallentschädigung, Nebenkosten, Reparaturkosten. Dabei wird eine nachfolgende Position nur abgetreten, wenn die zuvor genannte Position nicht ausreicht, um den gesamten Honoraranspruch des Sachverständigen zu decken. Sollte die Abtretung der Ansprüche den tatsächlichen Honoraranspruch übersteigen, erfolgt die Abtretung dergestalt, dass hinsichtlich der zuletzt abgetretenen Anspruchsposition ein erstrangiger Teilbetrag in Höhe des restlichen Sachverständigenhonorars abgetreten wird.“ Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Anl. K3 (Bl. 26 der Akte) Bezug genommen. Der Sachverständige kam in seinem Gutachten vom 6.2.2013 zu Reparaturkosten von 1083,86 € brutto. In der Rechnung vom selben Tag stellte er für das Gutachten 431,38 € in Rechnung. Auf die Rechnung wird ebenfalls verwiesen (Anl. K2 , Bl. 25 der Akte).
5Die Beklagte zahlte vorprozessual 400,63 € und lehnte eine weitere Zahlung ab, da das Honorar überhöht sei. Mit Schreiben vom 26.11.2013 bestellten sich die jetzigen Prozessbevollmächtigten für die Klägerin und forderten restliche 32,04 € und berechneten zugleich 39 € vorgerichtliche Anwaltskosten, die sie aus Verzug forderten.
6Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Abtretung wirksam sei, insbesondere dem Bestimmtheitserfordernis genüge. Das Honorar sei angemessen und jedenfalls aus Sicht des Geschädigten nicht erkennbar überhöht, so dass diesen jedenfalls kein Auswahlverschulden treffe. Die Rechnung des Sachverständigen liege im Korridor der Honorare der BVSK-Befragung.
7Die Klägerin hat beantragt,
8die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 30,75 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit
9sowie vorgerichtliche Anwaltskosten i.H.v. 39 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
10Die Beklagte hat beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Die Beklagte hält die Abtretung mangels Bestimmtheit für unwirksam. Sie macht geltend, bereits mehr bezahlt zu haben als geschuldet. Es habe sich erkennbar um einen Bagatellschaden gehandelt, bei dem die Einholung eines Gutachtens nicht erforderlich gewesen sei. Jedenfalls sei das Honorar übersetzt und liege über dem ortsüblichen Niveau. Hierzu hat die Beklagte in der Klageerwiderung näher ausgeführt, hierauf wird insoweit verwiesen.
13Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, da die Abtretung mangels Bestimmtheit nicht wirksam sei. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil Bezug genommen.
14Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt. Sie wiederholt und vertieft ihren bisherigen Vortrag.
15Die Klägerin beantragt,
16unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 30,75 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
17Die Beklagte beantragt,
18die Berufung zurückzuweisen.
19Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und ist der Ansicht, dass der Umfang der Abtretung, insbesondere die Höhe der erfassten Ansprüche nicht bestimmt sei. Für den Zedenten sei der Umfang der abgetretenen Ansprüche nicht überschaubar. Er werde gehindert, seine Forderungen gegen den Schädiger einzuziehen, bis die Honorarrechnung vollständig befriedigt sei. Allein das bedeute eine unangemessene Benachteiligung. Auch versteckte sich die Klägerin hinter dem Zedenten bei der Prüfung der Erforderlichkeit der Honorarforderung, die überhöht sei. Dies könne der Klägerin entgegengehalten werden.
20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil und die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
21Nach Auffassung der Kammer ist die Abtretung nicht wegen eines Verstoßes gegen das Bestimmtheitserfordernis unwirksam, so dass die Klägerin aktivlegitimiert ist. Eine wirksame Abtretung setzt voraus, dass die abgetretene Forderung bestimmt oder zumindest bestimmbar ist. Bei der Abtretung einer Forderungsmehrheit ist erforderlich, dass der Umfang der von der Abtretung erfassten Forderungen der Höhe und der Reihenfolge nach aufgeschlüsselt wird (BGH, Urteil vom 7.6.2011, VI ZR 260/10). Hier handelt es sich bei der Abtretung der Ersatzansprüche um eine Mehrzahl von selbstständigen Forderungen, nicht nur um unselbstständige Rechnungsposten. Die Forderungen sind im 3. Abschnitt der Abtretungserklärung bezeichnet, nämlich Sachverständigenkosten, Wertminderung, Nutzungsausfallentschädigung, Nebenkosten, Reparaturkosten, so dass insoweit dem Bestimmtheitserfordernis genüge getan ist. Auch die Reihenfolge ist festgelegt, wobei die jeweils nachfolgende Position nur abgetreten wird, wenn die vorhergehenden Positionen nicht ausreichen, um den gesamten Honoraranspruch zu decken. Insgesamt ist die Abtretung der Höhe nach begrenzt auf die Höhe des Honoraranspruchs gemäß Sachverständigenrechnung. Nach Auffassung der Kammer ist danach die Höhe der abgetretenen Forderungen zwar nicht betragsmäßig bestimmt, jedoch bestimmbar. Ob und in welcher Höhe die Abtretung eingreift, hängt einerseits von der Höhe der Sachverständigenrechnung ab, andererseits von der Höhe der abgetretenen Forderungen, die teilweise bereits entstanden sind, der Höhe nach aber noch nicht bezifferbar sind, teilweise in ihrer Entstehung noch von der weiteren Entwicklung, etwa von der Dauer der Ausfallzeit abhängen können. Das steht jedoch dem Bestimmtheitserfordernis nicht entgegen, denn auch zukünftige Forderungen können bereits abgetreten werden, auch wenn deren Entstehung noch nicht gewiss ist. Die Abtretung wird gegenstandslos, wenn die Forderung nicht entsteht. In diesem Fall rückt die nächste Position nach. Unerheblich ist es daher, dass unter Umständen ungewiss ist, ob etwa Nutzungsausfallentschädigung anfallen wird, denn insoweit reicht, dass die Forderung im Zeitpunkt ihrer Entstehung bestimmbar ist.
22Die Abtretung ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer unangemessenen Benachteiligung des Geschädigten nach § 307 BGB unwirksam. Die Abtretung der Ansprüche erfolgt erfüllungshalber und ist mit einer Stundung der Honorarforderung verbunden. Nach den Bestimmungen in der Abtretungserklärung darf der Sachverständige oder die KfzVS den Auftraggeber des Sachverständigen erst nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung wieder in Anspruch nehmen. Der Höhe nach ist die Abtretung auf den Rechnungsbetrag begrenzt. Auch wenn dem Geschädigten durch die Abtretung unter Umständen die Verfolgung seiner Ansprüche erschwert wird, bis die Honorarrechnung beglichen ist, so ist andererseits das Sicherungsbedürfnis des Sachverständigen zu berücksichtigen, dem das Risiko, dass der Zedent etwa nur zu einem Bruchteil Ersatz verlangen kann, nicht aufgebürdet werden kann. Der Zedent kann die Ungewissheit beenden, indem er die Rechnung begleicht oder seiner Ansprüche in Höhe der Rechnung des Sachverständigen reduziert.
23Die Beklagte kann dem Anspruch auf Ersatz des Sachverständigenhonorars aus abgetretenem Recht des Geschädigten auch nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass die Einholung eines Gutachtens nicht erforderlich gewesen seien, weil es sich erkennbar um einen Bagatellschaden gehandelt habe. Der Sachverständige hat die Kosten auf 910,980 € netto = 1083,96 € brutto ermittelt, die Beklagte hat bei Zugrundelegen von Preisen einer nichtmarkengebundenen Fachwerkstatt 756,83 € ermittelt, wobei es sich unwidersprochen um den Nettobetrag handelt. Nach der Kommentierung bei Palandt-Grüneberg (Kommentar zum BGB, 74. Auflage, § 249 Rn. 58) wird die Bagatellgrenze bei 700 € angenommen, so dass der Geschädigte die Einholung eines Gutachtens selbst bei den von der Beklagten ermittelten Reparaturkosten für erforderlich halten durfte, unabhängig davon, dass auch nicht ersichtlich ist, dass der Geschädigte die Höhe des Schadens hätte selbst erkennen müssen.
24Auch mit den weiteren Einwänden gegen die Höhe der Kosten kann die Beklagte nicht durchdringen. Dabei ist von der so genannten subjektbezogenen Schadensbetrachtung auszugehen, d.h. es ist Rücksicht zu nehmen auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere seine individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten. Dabei darf sich ein Geschädigter regelmäßig damit begnügen, den ihm in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen, ohne dass er vorher eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben muss (vergleiche BGH, Urteil vom 11.2.2014, VI ZR 225/13). Daher genügt er regelmäßig seiner Darlegungslast, wenn er die Rechnung des Sachverständigen vorlegt. Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet dabei ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des gemäß § 287 ZPO zu schätzenden erforderlichen Betrages. Hieran ändert sich nach Auffassung der Kammer nichts dadurch, dass die Klägerin aus abgetretenem Recht des Geschädigten vorgeht. Die Abtretung ändert nämlich nichts daran, dass es sich um einen in der Person des Geschädigten entstandenen Anspruch handelt. Bei der Frage der Erforderlichkeit der Kosten ist daher auch auf die Person des Zedenten abzustellen. Dem kann nach Auffassung der Kammer nicht gleichgestellt werden, dass der Sachverständige selbst oder nach Abtretung der Zessionar des Sachverständigen dessen Honorarforderung geltend macht.
25Bei der Prüfung, in welcher Höhe der abgetretene Anspruch in der Person des Zedenten entstanden ist, greift aber der Grundsatz der subjektbezogenen Schadensbetrachtung ein. Dass der Geschädigte erkennen konnte, dass die Rechnung des Sachverständigen unangemessen ist, hat die Beklagte durch den Hinweis auf die Berechnung nach ihrer Honorarliste, die auf einer BVSK-Honorarbefragung beruhen soll, nicht schlüssig dargetan. Demgegenüber weist die Klägerin zu Recht darauf hin, dass die Beklagte die Rechnung um nur 8 % gekürzt hat, was schon dagegen spricht, dass es sich um eine erkennbar überhöhte Rechnung handelt. Dabei ist nach Auffassung der Kammer auch nicht nur auf die einzelnen Positionen der Rechnung abzustellen, sondern auf das Gesamtergebnis, das den letztlich zu zahlenden Betrag wiedergibt.
26Im übrigen hat die Beklagte die Angemessenheit der vorgelegten Rechnung auch nicht ausreichend bestritten. Sie wendet sich lediglich gegen einzelne Positionen, insbesondere bei den Nebenkosten, gibt aber keine nachvollziehbare Darstellung, welches nach ihrer Auffassung das angemessene und ortsübliche Honorar ist. Demgegenüber hat die Klägerin schon in der Klageschrift unbestritten aufgezeigt, dass die Honorarforderung des Sachverständigen sich im Rahmen der Werte des HB V-Korridors hält, und zwar noch leicht unterhalb des Durchschnitts. Dabei ist es nach Ansicht der Kammer durchaus zulässig, bei Bestehen einer bestimmten Bandbreite für die übliche Vergütung von dem Mittelwert als angemessener Vergütung auszugehen (vergleiche Palandt-Sprau, BGB, 74. Auflage, § 632, Rn. 16 mit weiteren Nachweisen).
27Die Klage hat daher hinsichtlich der restlichen Sachverständigenkosten Erfolg.
28Der Zinsanspruch ist aus Verzug nach §§ 286, 288 BGB gerechtfertigt. Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten hat die Klägerin mit ihrer Berufung nicht mehr verfolgt.
29Die Kostenentscheidung für die 1. Instanz beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Obwohl die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sich im Gebührenstreitwert nicht ausgewirkt haben, ist für die 1. Instanz von einem Teilunterliegen auszugehen. Die erstinstanzlich verlangten vorgerichtlichen Anwaltskosten waren betragsmäßig höher als die Hauptforderung, so dass es in einem solchen Fall angemessen erscheint, eine Kostenquote zu bilden, bzw. hier die Kosten gegeneinander aufzuheben. Die Kostenentscheidung für die 2. Instanz folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
30Die vorläufige Vollstreckbarkeit richtet sich nach § 708 Z. 10, 711 ZPO.
31Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO zuzulassen, da die Frage, ob die Abtretungsklausel in der jetzt vorliegenden Fassung den Anforderungen an die Bestimmtheit der Abtretung bei einer Mehrzahl von Forderungen genügt, in einer Vielzahl von Fällen auftritt und klärungsbedürftig scheint.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
- 1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.